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German Pages 528 Year 1886
Das Slusland. Wohenſhrift für Länder- und Völkerkunde, Unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
I. G. Gotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart. ESS RY F CONGR A R B I O L DUPLICATE EXCHANGED
Neunundfünfzigſter Jahrgang . HilLBE
1886. Mit 1 Karte und 22 3lluſtrationen .
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Stuttgart und Münden. Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung. 1886 .
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Truck der Buchdruderei der H. G. Coita'ſchen Buchhandlung in München.
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1587
Inhalts -Verzeichnis. Jahrgang 1886.
A. = Aufſatz. M. =
Kleinere Mitteilung. N. = Notiz. K. = Korreſponden z. Reich . Von
Europa.
Paul Dehn.
961.
Die Häuſer. 334.
Ein Ausflug in den Altai.
Deutſchen in der Bufowina. Von Gregor Von G. semman. 351. — Von Hanoi bis A. Fußreiſe über den Buccecci, von Buka- Kupczanko. 981 . Malta . 985. Die zur Grenze der Provinz Kulang Si, Mittei reſt bis nach Terzburg . Vou G. Albert. 21. alte Kosmogonie der Großruſjen. Mitgeteilt lungen einer 1881 ausgefiihrten Forſchungs - Die Sitten und Bräuche der alten von N. v . Seidltiz. 999. Mythiſche Ele : Dithmarſchen bei Verlöbniſſen uud Hoch- mente in Rumänien. Von Profeſſor O. MaiWeiße Sklaven in Galizien . zeiten . 34 . - Die isländiſchen Fiſchereien. landt. 1008. Der geologiſche Bau der öſterreichi. 1025. 43. ſchen Küſtenländer . Von Dr. G. Weisbrodt . M. Die deutſche Sprachgrenze in den 49.
126 .
Die neue blaue Grotte auf Buſi . Alpen. 298.
Interſeeiſcher Tuwel in der
reiſe. 394.– Eine Bauernhochzeit auf dem Libanon. Von Emma Kunder-Leithe. 509. — Die Andamanen und ihre Bewohner. Von Siarl Liiders . 543. -- Die eingeborenen Raſſen
des öſtlichen Judochina. Von R.Poſtel.551. Unter den Mongolen . 604.
Die Ab
Siidoſteuropäiſche Nationalitäten : Meerenge von Meſſina und Projekt eines ſichten Frankreichs auf Forinoſa . 621 . kämpfe. Von Paul Dehu. 201. 223. Timuels im Cerejuud. 780. Bosnien aus dem rujjijchen Petroleum Die Gemeindewirtſchaft und der deutſche und Herzegowina. 977. Ein neuentdeckter Mitteilungen Eldorado. Briefe aus Bafu . 624. Die Koloniſt in Rußland. Von Dr. E. Petri. See an der ſpaniſchen Grenze. 999. Cedern auf dem Libanon . Von Dr. Leo 285. Die Kulturmiſſion der Deutſchen, N. Die Bevölferung von Italien. 180. Anderlind. 650 . Schiwa und ſeine Be vom Geſichtspunkt der vergleichenden ErdDie Waſſerſtraße zwiſchen der Oſtſee und wohner. Von Heinrich Moſer. Mit Holz kunde beleuchtet von H. Habenicht. 290 . dem Weißen Meer. 359. Die Statiſtik ichnitten. 681. 108. 724. 749. · Die Dia : Eine lappiſche Schule. Von Joſef Sorensky. der franzöſiſchen Meerfiſcherei. 360.-- Boden- mantfelder in Borneo. Von Dr.Th . Poſewitz. 326. Bilder aus dem ruſſiſchen Volks- jee Vermeſſung. 379. Zur Erforſchung 705 . Konſthiu's Erforſchung des Usboi. leben . I. Der Smolenski- Tag. 345. 375.- von Zentralaſien . 420. Niederländiſche Von Wilh. Geiger. 735. Die Jeziden Der alpineCretinismus, beſonders in Steier- Bevölkerungsſtatiſtik. 560. Der Hafen und ihre Religion. Von Dr. 2. E. Browsti. 170.
ποτηοηπητος
mark. Von Dr. Vinzent Boehlert. 412 . von libau. 659. -- Die Gletſcher der Alpen. 761. 785. Babylonien als Koloniſations Der Winter in Florenz. 414 . Sechs 759. -- Die Tiefe der Schweizer Seen . 760. feld. Von Prof. Dr. Fritz Hommel. 767. Wochen in Sizilien. 433. Die Brüden Die Bevölkerung von Paris . 760. Die Salzlager Borneo's. Von Dr. Th. von London . Mit Abbildungen . 466. Die Einteilung von Bulgarien . 760. — Be Pojewitz. 790. Aus Sibirien. 804. 828. Edinburgh. Mit 1 Illuſtration. 483. - Die völferung von Wien .. 919. Flächenraum Die Finanzausſichten in Oberbirma. 810 . Armenier in Europa und beſonders in md Bevölferung von jreland. 919. – BeAus Formcja. Von E. Rubſtrat. I Das
Oeſterreich. Von Dr. Vinzent Goehlert. 489. völkerung von Madrid. 919. – Bevölkerung Klima und die Cholera. 812. Ii . Phyſikali Fiſchfang und Hungersioth Lieutenant Ryder's ches . 825. Eng. von Serbien. 919. Brighton . Mit 1 Anſicht. 506 . Birmia nach Land und in Indien. 817. land und ſeine Kolonien . Von Emil Jung. Expedition nach Grönland. 1020. -
541. 566. —- Die Kanal- Inſeln . Mit 1 Julu Ein Schulfeſt der Dent
ſtration . 548 .
Leuten . 872. 894. 913 .
Das Turkmenien
Afien .
ſchen und Schweizer Schulgemeinde in Therapia am Bosporus. Von G. Albert. 561 . Die franzöſiſchen Pyrenäen . Von Rich. Fritſche. 572. Die Seen von Kil
Land. Von Heinrich Moſer. Mit Abbil A. Chineſiſche Seeräuber. Bon E. Kuh: dungen. 925. 952. 961. - Der Hauràn und ſtrat. 14. Die holländiſche Kolonie Deli ſeine Bewohner. 943. Die Philippinen auf Sumatra. 36. - Ueber die Rechts - Inſeln nach dem Spaniſchen des D. Fran begriffe der Kirghiſen . Von Profeſſor Dr. cisco de Maya y Jimenez. Von Alerander
larney . Mit 1 Juuſtration. 585.
E. Petri. 70.
Die
-
Die ruſſiſche centralaſiati- Bram . 1002. 1028 ..
budlige Welt. Von G. Weisbrodt. 647.-- | jde Eiſenbahn. 73. Aus Java's Bergen. M. Die chineſiſche Triad -Geſellſchaft. 460. Der Golfſtrom und das Klima von Nor- Von Emil Menger. 83. – Kambod!cha mud Sibiriſche Sage über die Entſtehung der wegen . 652. Die geographiſche Evolution ſeine Bewohner. Von Ch. Nuſſer. 93. 110. Rinderpeſt. 918. von Europa. Von Profeſſor James Geifie. Die Häfen am Rothen Meer und an der N. Eine in Kleinaſien gefundene Trümmer
661. 689.– Der italieniſche Karneval. 686. Nordoſikiiſte Afrifa's. 105. Neuere Berichte | ſtadt. 100. Das Kolonienweſen im
öſterreichiſchen aus Kambodſcha. 124.
Denkmäler aus der babylo
Die Alpenwelt niſchen Zeit. 100. – Die transſibiriſche
20 1'13
Lic
Friaul. Von F. v. Thümen. 701. - Der des Himalaya. 165. – Das häusliche Leben Eiſenbahn. 100. — Die Entdeđung des alten Mittelrhein und ſein Vullangebiet. 717. Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe Bulgariens. 728. Kinderſpiele und Kinderreime in Portugal. Von a W. Sellin. 741 . Ueber Theaterweſen und Malerei in Stambul. Von G. Albert. 781.- Deutſche Kolonien in Galizieni. Bon A. C. Wiesner. 801 . Die Waffenfabrik in Toledo. Vou Th. v. Bern-
der Tibetaner. Von Charles H. Lepper. 181. Betts des Amu- Darja. 180. Neueſtes von Oberſt Prſchewalsky . 204. und Bokhara . 358.
Phyſiographie von Südindien . 206. 227. Pfingſtgebräuche und Frühlingsgeiſter im ſüdöſtlichen Ural. Von Fr. W. Groß. 221. 251. N. M. Prſchewalsky's Reiſe in Zentralaſien. Von Gregor Jw. Kupczanfo. 244 . Bräuche und Sitten der Tagalen
Rußland Werchojanisk in Scheit- Said. 420 .
Sibirien . 359. Aus Afghaniſtan und Turkmenien . 559. Die Suche nach Mammuten im Lena- Delta. 560. Beſuch der ſogen . Neuſibiriſchen Juſeli. 659. Der Aufruhr in Kajgar.
659. hardi. 567. - Eine Sprachprobe der Munda (Yuzon ). Von F. Blumentritt. 281 . Ein Afrika. art der „ Weißen Zigeuner “ in Bosnien und Beſuch bei einem aſiatiſchen Heiligen . 293. A. Die Wa-Taita in Oſtafrika. 71 . Die anglo-indiſche Armee. Bon Emil der Herzegowina . Von Dr. Friedr. S. Krauß.
881. – Die Urproduktion im osmaniſchen Jung. 307. - Bagdad. 311. – Japaniſche Aus den Jugenderinnerungen eines Afrifan
250990
IV
ders. Von Dr. A. Zimmermam . 81 . Die Forſchungsreiſen von Wißmam . Gren : fell und François . Von Dr. Moriz Wollmann. 151.- Die portugieſiſchen Beſigungen in Weſtafrika. Von H. H. Johnſton. 190. 210. 231.
Unter den ; Die ökonomiſche Entwidelung der Vereinigten
ungen in Nordamerika. 144.
Apadien . Von Dr. Ten Kate jun. 152. 171. Staaten. 977. 184. Die Canada: Pacific Eiſenbahn. Von N. Der Yellowſtone Nationalpark. 100. Dr. R. Meyer. 187. Zur Geſchichte des Eine neue interozeaniſche Eiſenbahn. 180. Weinbautes in Tenneſſee. Von O. Blimacher. Die Erforſchung der Hudſonsbay. 180.
Dr. Ballay's Erforſchung des 226. - Die Baumarys . Aus Guſtav Wallis
Ogowe. 235. – Südoſtafrifa zwiſchen Sam
Die Volkszählung im Staat Wisconſin.
Ein | 180 .
Nachlaß. Von Þ. Þeterjeu . 261.
Die Bevölkerung von Guatemala. Der Poſtdienſt in den Vereinigten Ein ſeltſamer Brauch der Die Vegetation am graphie der Republik (Guatemala . Von B. Staaten. 299. Timbukti. 371. Fort Griffin im nord- Navajo - Indianer. 299. Künſtlicher Wald Kongo bis zum Stanley Pool. Vou Dr. Cangkavel. 287.
beſi und Rovuma.
Nach O'Neill. 314 .
Beſuch auf Bermuda, 277. – Zur Ethno- 180 .
Der Kilima- weſtlichen Teras . Von Albert S. (Vatichet. Pechuel - Loeſche . 381. 405 . Das Beden des Orinoco . Nach Nüdblick auf die wiſjen = | 321. 'aidſcharo. 387. ſchaftlichen Arbeiten der Franzoſen am Sene- I. Chaffanjoni. 323. - Die neueſte fran : Die Die ver- zöſiſche Amerion am Maroni. 341 . gal . Von Dr. A. Oppel. 481 .
ungliidte Expedition des Mailänder Handelsvereins nach Harrar. 491. – Von Loango nach Majombe am fimilu -Niadi. Von H. Nipperdey. 587. — Uleberſicht der Oberflächengeſtaltung Afrika's 11ach den neueſten Forſchun-
Die Rückehr des in den Prairien. 360 . | Fiirſten Karl von Irach aus Siidamerika. 379. Die Reije des Frhrn. Ernſt von
Der Heſje-Martegg in Californien. 379. Die Be Grönländer. Nach dem Tagebud) eines mericaniſche Volfſtrom . 420. Miſſionars. Aus dem Där hen . 348. - völkerung von Guatemala. 659. 879. Ein canadiſches Meffa. Con Dr. G. Weis Anftralien und Polyneſien. brodt. 354. Teras, ſeine Natur und ſein Das amerikaniſche Boarding land. 385. A. Die Kolonie Neuſeeland. Von A. Grefi
gen. Von H. Habenicht. 607. - Eine Fahrt haus. Von einer Amerikanerin . 410 . rath . 101. 131 , 146. Nordweſt -Auſtralien . Bon Adolf Ban- 247. Eine Nachricht von H. D. Forbes In Vriefen an einen Freund. Vou Joſef delici. 451. 476. 418. 516. 535. 555. Eine Erpedition aus Neu - Guinea. 569. den Niger hinauf nach dem zentralen Sudan. Briefe aus Neu -Mexico.
Thomſon. 612. 633. 656. 673. 694.
Die
Emanzipation der Neger und ihre nach Neu - Guinea . 592.
-
Die auſtraliſchen
Fetiſch und Fetiſchglaube im Weſten Afrika's. ietige Stellung in den Vereinigten Staaten . Kolonien im Jahre 1884–85. Don Henry Von H. Nipperder). 712. Die Rio del Von D. Mojebad. 461. – Alaſchfa Greffrath. , das
618.
Neu -Guinea . 744. 774.
Rey - Frage. Mit Karte. 721 . Die Eng. Pelzland. 511 . Chihuahua. Von einer Die Höhlen am Fiſh - River in Auſtralien . länder und die Deutſchei ain Niger und deutſchen Dame 528. Zn Geſchichte der 807. Die Fidſchi. Juſeln am Schluſſe des
Binuë . Eine nachträgliche Bemerkung von Romantichen und Deutſchen in Teraš. 533. Jahres 1884. Von Henry Greffrath . 868. Die Dr. Richard W. Semou . 748. Ein Vorſchlag zur Uruguay. 564. Der Seen - Diſtrikt auf der Nordinſel Forſchungen in Afrika in nenteſter Zeit. 770. Verbeſſerung des Klima's der Oſtfiijte der Neuſeelands und die jüngſten vulkaniſchen 792 Zur Kenntnis des Herero -Landes. Vereinigten Staaten . 568. – Die Zukunft Ausbriiche daſelbſt. Von Ennil Jung. 883. Von Dr. Pechuel-Loeſche. 841. 849. 869. der deutſchen Auswanderung nach Siid. M. Die Kolonie Victoria . 219. Die 889. Zur Ethnographie des lamerun amerika. 581 . Die eingeborenen Stämine Goldfelder Auſtraliens . 419. Tasmanien . Gebietes . Von Dr. Mar Buchner. 901. von Alaſchka. 590 . Skizzen aus Nord- 419. Herr Miklucho - Maclay in Neu
Meine jüngſte Reiſedurch die Kalahari- amerika . Ein geöffneter Mound. 593. Die Guinea. 910. Wüſte. Von 6. A. Farini. 929. 947. Arbeiterſtadt Pullman. 595. Die Seiden N. Petition wegen der Trennung von Forbes Forſchungen Grenfell's Erforſchung des Kongo-Gebietes zucht in den Bereinigten Staaten .608. Die Queensland. 139 . Benennungen Nacht : Schneeziege. 605. Die Geheininiſſe des Nia
in den Jahren 1884–85. 933. fahrt durch den Silez- Stanal. 1034.
in Neu -Guinea. 139.
Nütz- gara. 609. Lake George. 631. Aušrotting in Polyneſien. 140.
Neue Die Ausrottung von
Hunden liche und imbare Pflanzen des Damara: amerikaniſder Tiere und Wälder. 632. Ein Kaninchen , Sperlingen und wilden Auffindung Dorf auf Pfählen. 633. Die Gerichtsſprache. in Siidauſtralien. 299. Die 633. Der Diebſtand in den Vereinigten der Ueberreſte von Dr. Leichhardt. 359. lleber die Ermordung der Borro'ichen Erpe- Staaten. 667. Die landfrage in den Ver- Kapitän Strachan's Rickfehrans Neu
Landes. Von R. Marloth . 1021 . M. Die Metzeleien in Darrar. 399.
dition. 439. – Portugieſiſche Forſchungs- einigten Staaten . 668. Das Zurückweichen Guinea. 359.
Die Duboisia Hopwoodii
unternehmungen in Afrika. 410. – Nelle der Wiiſte. 669. Das Lid Obſervatorium in in Zentralauſtralien . 359. -
Einzelheiten über die Ermordung der Porro - Californien. 971.
Sinken des
Die Indianer in der Wohlſtandes in Ausſtralien . 359.
Linda
ſchen Erpedition. 579. – Ein madagaſſiſcher „ Dominion.“ 972. Der Schat der mezifani- jay's Forſchungsreiſe in Zentralauſtralien . Paß. 620. --- Neuigkeiten vom oberen Kongo. idhen Wälder. 972. Mexico. 973. Die Neger- 359.
Die Bevölkerung der Kolonie
819 .--Enthüllung der Mumie König Ramſes ' Frage in den Vereinigten Staaten. 1009. Queensland. 659. des Großen . 939. oberen
Congo. 939.
Riidfkehr des Miſſio
Menſchenfreſjer am Eine Koloſſal- Drahtſeilbahı. 1010. Dr. nars McFarlane aus Neu -Guinea. 660." Neueſte Nachrichten Ten Kate's Reijen in Siidamerika. 629.- Die neue Erpedition der Neu -Guinea
von Emin Bey (Dr. Schnitzler) aus den Die Rechtspflege in den Vereinigten Staaten . Geſellſchaft. 759. H. D. Forbes ' Reiſe einſt ägyptiſchen Aequatorial - Provinzen . 641. 670 . Die Xingu -Erpedition . 644 .-- pläne. 879. Der vulkaniſche Ausbruch 1017.
Bevölkerung von Nordamerikaniſche Tornados. Vou Dr.Emil auf Neuſeeland. 879. Bevölkerung der Hamai Franzöſiſche Kolonien in Victoria . 919. N. Die franzöſiſchen Stationen am Awilu Deckert. 666. Der Vogelfrieg in oder Sandwichs - Inſeln. 919. Njari. 140. Die Forſchungen des Bo- Nordamerika. 733 . tanifers Moller auf San Thomé. 180.
Die pata
den Vereinigten Staaten. 753.
Polarwelt.
Dr. Zintgraff's Rückkehr vom Kongo. 180. goniſchen Andes. Von Oberſt Fontana. 853. Die Spanier am Weſtrand der Sahara. 240 .
Die Mündung des Miſijipi. 989.
A. Die däniſche Erpedition nach Oſtgrön
- Lieutenant Wißmann's Riidfehr nach Die geologiſchen Sammlungen der Vereinigten land im Jahre 1884. 161 .
dem Kongo. 379.
Die neue ſpaniſche Staaten . Von Dr. Emil Deckert. 1001 .
- Die Reiſen
der Gebrüder Zeni in den nordiſchen Län
Expedition nach der Weſtfüiſte Afrika’s. 420. Der Schlangentanz der Mofis in Arizona. dern . Von Profeſſor Oscar Breuner. 921 . Der Nicaragua -See und N. Eine nelle Polarexpedition . 139. Auguſt Einwald's Reiſen in Afrika. 420. 1011. 1023. Nacrichten über Dr. Schnitzler (Emin -kanal. 1032. Dr. H. Ten Kate's Eine neue Erpedition nach Grönland. 659. Bey ) und Dr. Junker. 420.
Aunerion neuere Reiſen in Guiana. 1026 .
Ueber die Navigation in der europäi
der Komoren durch die Franzoſen . 559. - 1
M. Archäologiſche Betrügereien in Nord - ſchen Polarmeeren . 659. Eine neue Ers Neue Afrika -Expeditionen . 760. — Die Petro- amerifa. 119. Gold- und Silberumlauf pedition der „ Dymphiia “ nach Grönland. leum - Quellen am Roten Meer. 760. – Be- in Nordamerika . 218. -
völkerung von Aegypten . 919. Amerika.
Deutſch -amerikani- 760.
ſche Geſchichtsforſchung. 218.
Lieutenant Ryder's Expedition nach
Alasta . 219. Grönland. 1020.
Die Ausbeute der Gold- und Silber
Tier- und Pflanzenkunde. minen in den Vereinigten Staaten. 219. --A. Botaniſche Expedition des Dr. O. A. Die kiinftige iiberſeeijche deutſche Straf: Das große Waideland in den Vereinigten Die Tierwelt Die Olivenzucht in Cali- Stapf nach Perſien. 24. Vom Rio Grande zum Popo- Staaten. 278. folonie. 1 . Die Petroleum -Produktion in Holländiſch-Guiana. Von Auguſt Kappler. fatepetl . Von Ernſt v. Heſſe-Wartegg. 3. fornien. 279. San 117. 137. 158. 176. 196. 216. 237. 257. der Vereinigten Staaten . 420. Der Panamá- kanal. I. 29. 53 .
Kreuz- und Querfahrten in den Vereinigten Antonio in Teras . 459 .
Der Kohlen-
Notizen über den Rieſent - Encalyptus
Staaten. 67. – Die Zeiteinteilung bei den reichtum der Vereinigten Staaten . 579. Auſtraliens. Aus dem Franzöſiſchen von alten Mericanern . 90. Die Armee der Das Ausſterben des Biſon oder Buffalo. L. Rösler. 424. 447. – Eine Walfiſch iago Vereinigten Staatent . 96 . Halifar in 819 . Indianer -Dörfer in Merico. 879. im Varanger Fjord. Von einem Norweger. Neuſchottland. 113. Dr. H. F. C. Ten Die Ausfuhr der Vereinigten Staaten. 430. Niitliche und nutzbare Pflanzen Kate jun . und ſeine Reiſen und Unterſuch : 939. Verkehrswege in Bolivia. 939. des Damara- Landes. Von R. Marloth. 1021 .
V
M. Eine neue Inſekten -Wanderung. 460 . Bemerkungen zur Flora und Fauna der
Allgemeine Naturkunde.
auf dem Orinoco. 296 .
Der Zuſtand der
A. Zur Frage der Glazial-Eroſion. Bon holländijd)-indijden Kolonien . 296. – Die
Das Ausſterben A. Nizchat. 11. – Die Glazial-Ablage- Bevölkerung vonVraſilien .296. Nikobaren Inſelni. 578. Arktiſche Forſchung. 297. (Grenfell am Kongo. des Biſon oder Buffalo. 819. ringen im europäiſchen Rußland und am Die Hiilisquellen N. Der Giftbaum (Pohon Upas)auf Nordabhange der starpathen . Von A. Rzehak . 317. Afrifa's. 318 . Die Goldproduktion Die Bevölfe . 336.Java . 240. Ein neues Del aus einer 301. 331. -
Bambusart. 760.
M. Obſervationen in upjala iiber den rung und die Zuſtände in Macedonien . 338. Die Die antarktiſchen Regionen . 338. letten großen Sternſchuppenfall. 759. Wälder Sibiriens. 356 . Statiſtik von
Geſellſchaften und Berſammlungen . A. Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden. 421. 444 .
Die Expedition der Herrer Altertumskunde, Kulturge djidhte. Judien . 356. A. Einiges zur Hijjarlit Frage. Von Profeſſor Paulitſchke und Dr. V. Hardegger
Verhandlungen
der Generalverſammlung des Weſtdeutſchen Artillerie-Hauptmann 6. Böttider. 141. nach dem Somali-lande. 356.
Die Wär
Der Wolga- Don Vereins für Koloniſation und Erport. 525. 167. Tiryns. Von Artillerie-Hauptmann der Canada's. 357. Ueber das Bater- sanal. 357 . Das Malpais in Michoacan, - Der allgemeine Deutſche Kongreß zur E. Böttider. 241. 266 .
Fördernng überſeeiſcher Intereſſen. Von Karl land des Seladon -Porzellans. Bon A. B. Verico. 377. Hager. 841. 861. Die Geographie auf der 59. Berſammlung deutſcher Naturforſcher | und Aerzte. Von Karl Hager. 861. 892. 908. N. Der Kongo -Staat dem Weltpoſtverein Deſterreichiſcher Tour beigetreten. 140. Protokoll über die am 8. und 10. September 1885 311 Eiſenach
Die translaſpiſche Eiſeit : Die alte Kosmogonie der bahn llac Merm , Vuthara imd Samar fand. 378. Die Erforſchung von Sulu Großruſſen . Von N. v . Seidlitz. 991 . M. Das Steinkochen. Von 28. Oeſterhaus. Land. 379. Mr. David Lindjay's Erpe 219. Find von Spuren vorhiſtoriſcher dition zur Aufſuchung der Spuren von Dr. Meyer. 474 .
Bewohner bei Kiew . 659.
Leidshardt. 398 .
Die neueſten Nachrichten Die Cabot - Straße , Aus den Polar Neufuudland. 399.
riſten-Klub. 140.
abgehaltene Jahresverſammlung der Dia-
aus Alasla . 398 .
Klimatologie u. ſ. w. A. Die Europäer in den Tropenländerit. regionen . 416 .
ſpora-Konferenz. 140. - Der ſediſte Deutſche Von A. Woeifoff. 41. 64. Feſt- eigener Forſchungsreiſen über Geographentag in Dresden . 240.
Die Entdeđung eines
Ergebniſſe i neuen Nebenfluſſes des Kaſſai. 417. - Der die Anbau- Weg nach laos. 417. Der Meeresgrund Der Ent
Ozeans. 418. des Atlantiſchen Geſell- fähigkeit des Kamerun- Gebietes von A. Bodenſee Geographiſchen der Ruſſiſchen und der Genferſee. 418. Geograph iſche Geſellſchaft in Frhru . v. Hammerſtein . 304.
fißung ſchaf t. 359.
Minchen . 539. Die Deutſche Braſiliani ſche Geſellſchaft. 540 . Mitteilungen des
panbels: und Gewerbe Geographie. A. Die Bedeutung der Molkerei Produkte Naturwiſſenſchaftlichen Vereins für Steierim Welthandels - Verfehr. Vou F. v . Tyümen . mart 1885, 759. 521 . Ein franzöſijdes Muſterlager in
deckung von Lagern goldfiihrenden Sandes Der Vulfan Tuna in Patagonien . 418. Verſchwinden eines Sees. giraqua. 418. 419. Birma in Gegenwart und Zukunft. 436 Forſchungen in der Krim . 438.
Drographie und Geologie, Methodiſches San Sebaſtian . 816. - Die Korallen Expedition nach dem nördliden Sibirien . und Allgemeines .
Fijderei. 831 .
Die chineſiſche Tuſche. 834. 438 .
Die künſtliche Bewäſſerung der
Der Küſtenſchutz durch Leuchtfeuer. 834. Oaje Merw . 438. – Die Erforſchung des öſterreichiſch-ungariſche Induſtrie Bogungberges in den auſtraliſchen Alpen . Abjatwege Von Theodor Overbed in Hamburg. 274. undM.ihreDie . 619. Die franzöſiſche | 139. Die Safais oder Cafis der Ma Wann wird die Erde übervölkert ſein ? Seefiſderei. 959 . laviſchen Halbinſel. 439. – Die Erforſchung A. Ob Drift- oder Gletſcher - Theorie?
Bon Dr. A. Oppel. 361. 391. Ueber die Geſetzmäßigteit in den geographiſchen Elementen des nordalpiniſchen Seephäno
Geographiſche Neuigkeiten.
Der wahre Lauf des fiaſjai. 15. ſchung des MiſtaſimiSees. 16. mens und deren wahrſcheinliche Urſache ; ein DieM. Erfor
Beitrag zur Morphologie der Alpeniſeen. Vou Dr. Alois Geiſtbed . 441. 470 .
Die Inſel Ceylon. 18. 28 .
Bolivia .
29.
des Bunga. 456. Bhamo. 457 .
Der Moerisſee. 457.
Der Meeresgrund. 457 . Nildelta und Nilvaſjer. jee n . 458. 457. DerDas Krater in Orego Die
Melbourne. Erpedition nach dem Fly River in Neu Neuere Nachrichten von Die canadiſche Guinea. 458.
Richthofen's Führer fiir Forſdungsreiſende. transkontinentale Eiſenbahn .57. Poi Herrn Savorgnan de Brazza. 496. 610. – Die geiſtige Entwidelig, die Ge des Afrifareijenden Reidard. 58. Vortrag Die dichery. 514 . Juden Die weſtlichen im lehrten und die Wiſſenſchaft
Indianer
den Vereinigten Staaten. 76. Jodien. 514.
Von Dr. Ed. in Studien zur. Bevölkerungs Aus Die Bewegung der Bevölkerung von Die Erforſchung des Ikata 515. lehre , insbeſondere die Frage der Volfs Frankreich. 77. Die Bevölferung von Neu -Guinea. 516 . Fortſchritte der Zivis vermehrung. Von Dr. Damara -land. 515 .
Reich. 855.
Ed. Reich . 904 .
Dr. Neis ' Konſtantinopel. 77. Von Oberſt Pridhe liſation in Venezuela . 538 . Dr. Oskar Lenz' Die geologiſchen Samm der Mohammedaner in Weſtafrika. 78 . Neijen nach dem Kongo. 539 . Der neueſte lungen der Vereinigten Staaten. Von Dr. Venezuela. 78. Die Deutſchen in Bra: Staat der nordamerikaniſchen Union . 539. Emil Dedert . 1001. Forſchungen in Perat. 558. ſilien . 78. - Der Nicaragua Kanal. 97 . Dr.
Die Berge im Zend-Aveſta. Von Dr. Riid. walety's Expedition . 77. - Ein Aufſtand Reiſen in Laos. 538. v . Scala . 941.
M. Bemerkungen zur Prographie des Der Nicaragua- und der Tehuantepec -Kanal. Sievers' Reijen in Venezuela. 558. ſüdlichen Ural. Von Dr. C. Hiefiſch. 758.
Eine
98 .
Die von Indianer Goajira. 98 . neue Expedition nad Neu -Guinea. 559. N. Die höchſte meteorologiſche Station Die Reiſen KapitänvonStorms . 114. Die Expedition Dr. Neueſte Wolff niach dem Eine ſubmarine Petro- Sofia, die Hauptſtadt von Bulgarien . 115. Quango. 559, desDas in Europa. 180. über den 560. Die Identität des Neneſtes aus Korea . 116. mittleren Meeresniveau's an den entgegen: torium Alaska. 134.
leum Quelle.
Das Terri: Panamá Hanal. 576.
Die Erpedition
Der Grau Chaco. der Auſtraliſchen Geographiſchen Gcjellſchaft Die Kongo-Eiſenbahı. 135. nach Neu - Guinea . 577. Die Schaffung
gelegten Enden der Kanäle vou Suez iud 135, Erdbeben Panamá. 659. Die Chineſen in Canada. 136. Die Lava- | einer neuen Oaſe Merw . 597. felder in Korea . 136. Eiſen ruſſiſche Die 597. Guatemala. in der Senkung Die Ethnographie. Patagonien. Die auſtraliſchenbahn nach Zentralaſien .598 . Faröer - Inſelii. 156 Die Vulkane von Java . 616 . Der Paß von Bariloche. 599. A. Die Buſchneger in Guiana. 61. 88. Wälder . 157. Erforſchung von Paläſtina. 158. Eine Handelsſtraße zwiſchen Bolivia und Der Volfscharakter der Blämer ind 157 . Die Republik. 616. Argentiniſchen der 193. Die Hudious Bay -lompagnie. Wallonen . Von Dr. Moriz Wollmann. 121 .
Die Mythen der TlinkitVon Die den Provinzen Bosnien llape- Jüdianer des Amazonas. 617. Grönländer. Herzegowina. in193. DieIndianer. und Volkszählung Das Indianer Die Kaſſen in Erdſtöße in Chimbo. 617.
Dr. W. Robelt. 367 .
Nach dem
Tagebuche eines Miſſionars, aus den Vereinigten Staaten. 194 .
Die Ein
Gebiet in den Vereinigten Staaten. 637.
dem Däniſchen. 348. 369. Zur Ethno- geborenen der Andamanen . 194. Braſi- Eine neue vulkaniſche Inſel in der Siidſee. logie der Japaner. Von Dr. M. Alsberg. I lianiſche Eiſenbahnen . 214 . Die Beſitz ( 38. Die Hydrographie des oberen Webi . 401. 426 . Die Raſſenfrage der inſularen nahme der Marſhaus- Inſeln von Seiten | 654. Das Neueſte über Tasmania. Völker, beſonders der Mifroneſier, eine Deutſchlands. 255. Die Neiſe der Herren 654. Needham’s Reiſe bebuſs der Löſung
Ueberſicht der neueren Hypothefen .Von Karl Brito Capello und Ivens in Siidafrika. der Frage des San Po in Indien. 655. Hager. 501. Die Früchte der Pflege der 257 . Eine Unterredung mit Stanley. | Chaffanjon's zweite Reiſe nach dem Orinoco. Das Ethnologie für die vergleichende Rechts- 277. Die Provinz Kars . 277. Berg= 678 . Die Dobrudicha. 678 . Rabot's Beob- Schidſal des Biſchofs Hannington. 678. wiſſenſchaft. 601. Die ethnographiſche höhen in Lappland. 278.
Sammlung des Herrn Heinrich Moſer. 714. achtungen im nördlichen Norwegen und Der Gran Chaco. 679. Die auſtraliſche Zur Ethnographie des Kamerun -Gebietes. Finnland. 278. Eine neuere Forſchungs- | Expedition auf dem Fly ,River in Neu Bon Dr. Mar Buchner. 901.
|reiſe in Sibirien . 278. -- Chafjaujon's Reiſen Guinea. 679.
Handelsſtraßen nach Si
VI
Die Ruſſen der Inſel Formoſa. 916 . Die Deutſchen auf in Abeſſinien. 916 . Die Deutſchen der Oſtfiiſte Afrika's. 917. Charles Winnede's in Siidbraſilien . 918. Forſchungsreiſe in Zentralauſtralien . 936 . Die Brücke über den britiſchen Kanal. 937. Das Somali- land. 937.--- Neu -Guinea. Der neuentdeckte nach Neu - Guinea. 739. PolarFinſch -Hafen. 938. Nebenfluß des Kongo. 739. H. O. Forbes' : 938. Temperatur und RegenEine neue regionen . 938. Reiſen in Neu - Guinea 756. Durch querung Afrika's durch Lieutenant fall am unteren Kongo. 956 . Die Bun . Gleerup . 796 . Ein franzöſiſches Muſter- desgebiete Alto Orinoco und Amazonas in lager in San Sebaſtian. 816 . Ein Venezuela. 956 . Die Erforſchung der neuer großer Zufluß des Kongo. 817 . Flüſſe Pilcomayo und Bermejo . 957 . Obok. 958. Die Erpedition der Herren Serpa Pinto Der Gran Chaco. 957 .
birien . 737. — Teilung von Patagonien. Ueber die Deutſchen in Neu -Guinea. 737 . Der neue Nongoſtaat wechſelt ſeine 737. François’ Expedition Hauptſtadt. 738. Das mexicaniſche nad Siidafrika. 738. Reich. 738. - Die Forbes'iche Expedition
M. Marſhall, der Entdecker des california Dr. Wetzel +. 297 . ichen Goldes . 139.
Ein Brief von Dr. Wilhelm Junker, mitgeteilt von G. Schweinfurth. 959. N. Die Ermordung des franzöſiſchen Rei Die Lieutenants jenden Palat. 559 , Nyder und Bloch in Upernawit. 559. Herr Miklucho-Maclay aus Neu - Guinea zurückgekehrt. 559. Hugo Zöller. 559.
Dr. Elijejew's Reiſe nach Meſopotamien . 559. - Charles Soler's Reiſe nach Marokko. 559. Die ruſſiſche Reiſende Frau Gantſdarow . 659. Dr. Jiihlke †. 1010. Korreſpondenzen . Das Terri
Die Buldmänner. 974 . und Cardoſo nach dem Nyaſſa .See. 818. Die Kalahari-Wiiſte. 835 . Aus Britiſch . torium Chubut. 975 . General Sir Peter
M. Frauen als Ammien von Vierfüßlern .
Guiana. 836. – Entdedung alter Bergwerke Scratchley's Berichte über das britiſche Neil Bon O. Pliimadher. 280 .
Berichtigung
in Merico. 836. Ueber die auſtraliſche Guinea . 996 . Die Muslimen in Ruß beziiglich Neuſeelands. Vou Emil Jung. Forſchungsreiſe nach Neu -Guinea . 837. land. 997 . Die Quellen des Miſſiſſippi. 280, Zul „ Frauen als Ammen von Vier
Dr. G. Kadde's Reiſen in Zentralaſien . 859. Die portugieſiſchen Forſchungen zwiſchen der Oſtküſte und dem Nyaſja -See von 1884 bis 1886. 860. Neueres über Alajdła.
997. Die Comoren . 998 . Neuere fiißlerni.“ Von W. Jocſt. 360. Forſchungen im Gran Chaco. 998 . Der Berichtigungen. Der Rio Pilcomayo. Sankuru . 1035 . Die transſibiriſche Eiſenbahn betreffend. 1036. – Die Miongs. 1037. — Atſchin. 1038.
2C0 . Zum Aufjatz über Neuſeeland. 340 . Berjonalien . Der große Alaſdhfa -Gletſder. 877. Paul Der Nachtrag 311 einer Recenſion. 540 . A. Robert Flegel † : 779. Das weſtliche Tasmania . 877. Tanganyika -See. 998 . Die britiſche An- Soleillet f. 799. Dr. Guſtav Adolf Berichtigung in Betreff der deutſchen Ko nierion der Kermadec- Juſeln . 900. lonien in Galizien. 919. Von Fiſcher †. 958. 877 .
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VII
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te eicAbt Das näre Fra h . hei dritnkr II.oluBan tiodes pzig g: , Abe l, rev Leilun
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Spezialfarte.
Von
Umlauft, Dr. Fr.: Die Alpen . Hand- Wönig, Franz: Die Pflanzen im alten H. Habenicht u . A. Gotha, I. Perthes, 1885. 199 . e. 239 turh,, Pol ung hich,teFrie und6. 80. 480 entleAlp 886 , Kul Geſczig , ihre Aeg Lie.fer500. g u.Hei buch6.derWiegeſ benenf n,amtHar wenendun en1., die, dric 4, 188 Verypt i. mat w ., Leip in . Deutſchland : Karto es
Tableau . Weimar , Geos graphiſch s en ion es hi ſch nn iat ſch rap ogi ma réc phi titut, 1886. 440re. ichiſch u nog s ss nol d nen .: en Inſ gra Me App , : Lie Wi eth un eth in ſei y ieh man. nLei mbnérBez fenhavol Dags, Tür Vaiche : pzi 1886.les600 , Her ust, ungeni der Oeſteer Congo Spezialfarte Brod sur cri.tiques de l'oeuvre du ch en bru ſch sen ari les 6 eis Monarchi , im Maße xel Ung . , 188 . P.W ete. Bru 1 : 75,000 . Wien , f. [ Militärgeographia 5. r K.und ger tin itut s ,ngl eſſone . 60. land rre ſches Die Meteoro. h220 . afrika in 12 Blät W .:ihre A.ete . ,. Pari T'Ir .l'E1886 cos ars et Zen360 , Tech L'A P.: , 20 Vill188 r ems . mar kme s Syſt nikse tſc Deu -Oſt Otto : Quan Die logie. ,derProfSon Vol von Inſt der terii, 1 : 3,000,000 . Weimar, Geographi ältingungwid en , tion gsreiſen in den ielfarte . 298. ler, , Hart Plän nebſt ihrer Mili go: n , Forſ Vervtärk ac. Zöl Reproduk Wien 1886chun Guilebe ſches Inſtitut, 1886. 659. Mitteleuropa , pon bon deutſchen Kolonien Kamerun . II, Theil . Ueberſichtskarte 1 : 750,000. Wien , t. t. Militärgeographic ern ,. 188 Walte A.:5.Algäu, Stuttgart, Spemann , 1885. 40. Wien ,nberg Hartlebe 320. Voralberg es Inſ 220n. Oſtafrifa und der . re ſchdes le ttut mitit tenwerke . Ncue Karten und Kar l den tiro egen und Weſt nebſt den anli t, 1886. 100. deutſchen Beſitzungen . Weimar, Geographi Andree , Rich .: Allgemeiner Handatlas Augsbuenrg, Lamparwei Gebiet der Sch z . Fünfte Auflage. ſches Inſtitut, 1886. 840. in 120 Startenſeiten , mit vollſtändigem Wanderbilder , Europäiſche : Wallis und Chamounir. III. Die Viſper - Thäler . Von Namenverzeichnis. Zweite weſentlich ver 3
Das Suslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
I. G. Cotta’ſchen Budhandlung in Stuttgart und Nünchen.. Neunundfünfzigſter Zahrgang.
Stuttgart, 4. Januar
Pr. 1 .
1886 .
Fährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durd alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſkripte und Rezenſions -Exemplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurjeſtraße Nr. 6/11 , ju jenden. Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Juhalt : 1. Die fünftige überſeeiſche deutſche Straffolonie. Ein umaßgeblider Borſchlag. S. 1. - 2. Bom Rio Grande zum Popocatepetl. Eine Reiſe durch Mexico von Nord nact) Süd. Von Ernſt v. Heſſe-Wartegg. I. S. 3. 3. Der Panamá Ranal. S. 9 . 4. Zur Frage der Glazialeroſion. Von A. Rzehat. Š. 11 . 5. Chineſiſche Seeräuber. Von E. Rubſtrat. S. 14 . 6. Geographiſche Neuigkeiten . S. 15. – 7. Litteratur. S. 19.
Die künftige überſeriſche deutſche Strafkolonie. Ein unmaßgeblicher Vorſchlag.
ſtrafe, welcher wir gewiß noch beſſer die lebenslängliche Deportation ſubſtituieren könnten , weldie nody tvirtjainer und ſicher wohlfeiler wäre.
Es iſt wohl bei keinem aufmerkſamen denkenden Be
Wir überlaſſen es der Statiſtik, den Betrag nachzu
obachter der neuen deutſchen Kolonialbewegung mehr ein
weiſen, welchen die geſamten Staaten des Deutſchen Reiches alljährlich für den umfaſſenden Apparat der Strafanſtalten verausgaben . Derſelbe wird ſich ſicherlich als jo bedeutend
Zweifel darüber vorhanden, daß in der Kolonialpolitik
unſeres großen Reidskanzlers auch der Gedanke einer fünftigen Straffolonie für das Deutſche Reich vorwaltet. Jeder Denkende iſt von der Notwendig feit einer derartigen Straffolonie für unſer Deutſches
ausweiſen, daß der Aufwand für eine Strafkolonie daneben noch milde erſcheinen wird. Allerdings wird die Arbeit der Sträflinge bei uns nach Kräften ausgenüßt, aber nur,
Reich überzeugt , denn ſie wird ein wirkſames Mittel ſein,
wie man neuerdings in allen deutſdhen Landesvertretungen
uns eines Teils unſerer gefährlichen Klaſſen dauernd zu entledigen und unſere ſoziale und moraliſche Atmoſphäre
klagen hört, nur zum Nachteil der freien Arbeit. Die landwirtſchaftliche Beſchäftigung der Sträflinge in einer
zu reinigen. Die ſtetig wachſende Bevölkerung und die
Straffolonie wird dieſe unliebſame Konkurrenz für unſer
Zunahme der Verarmung mehren die Zahl der Verbrechen und nötigen den Staat , die Zahl der Gefängniſſe und Strafanſtalten immer wieder zu vermehren, ohne daß wir
ehrliches und freies Handwerk beſeitigen und die Koſten des Unterhalts der Sträflinge weſentlich erleichtern und wohlfeiler geſtalten, wie wir im weiteren Verlaufe zeigen werden. Das Beſtehen einer Straffolonie wird einen Teil unſerer deutſchen Flotte beſchäftigen und unſerem Schiff
dadurch eine weſentliche Minderung der Verbrechen und Vergeben erzielen oder eine nur irgend erhebliche Zahl unſerer Verurteilten beſſern. Wir machen im Gegenteil die traurige Wahrnehmung, daß unſere Zucht- und Arbeits häuſer ſich in den meiſten Fällen nur als Hochſchulen für Verbrecher erweiſen, welde dann gewißter und erfahrener ins bürgerliche Leben zurückfehren und dann wie hungrige
Wölfe mit geſteigerter Wut ſich wieder gegen die menſch liche Geſellſchaft wenden. Wir wollen in unſeren Staaten die Todesſtrafe abſchaffen , weil ſie doch nicht einſdüchtert und abſchreckt, und wir haben kein Aequivalent dafür, als
die lebenslängliche oder fünfundzwanzigjährige Zuchthaus: Ausland 1886, Nr. 1 .
fahrts- und Handelsverkehr Vorſchub leiſten. Wir glauben die Notwendigkeit einer deutſchen Straf kolonie nicht weiter begründen zu müſſen , denn dieſelbe
iſt ſchon genügend erwieſen, und die Verwirklichung dieſer opportunen Idee iſt eigentlich nur noch eine Frage der Zeit und der Gelegenheit. Die nächſte Frage iſt die : wird ſich eine der ſeither erworbenen deutſchen Kolonien zu einer Straffolonie eignen ? und dieſe Frage glauben wir ver neinen zu müſſen. Nicht der Umſtand, daß unſere ſeither erworbenen Kolonien den Tropenländern angehören, macht 1
2
Die fünftige überſeeiſche deutſche Straffolonie.
dieſelben dazu ungeeignet, denn nicht alle Tropengegenden ſind für den Europäer ungeſund, und derſelbe kann ſich unter dem Zwang und Druck der Notwendigkeit auch an ein Tropenklima gewöhnen, ſondern es ſind vorwiegend ört liche Urſachen , welche unſere dermaligen deutſchen Kolonien zum Zwecke einer Strafkolonie ungeeignet machen. Unſere
Hollands Kolonialbeſig iſt idon jeßt zu groß für das kleine Mutterland ; es muß das Hauptgewicht ſeiner kolo : nial Politik auf das foloſſale Gebiet des Niederländiſch: Indien , beſonders auf die verſchiedenen Sunda - Inſeln , legen , too ihin neuerdings der Wettbewerb und die Niva
lität anderer europäiſcher Seemädyte drohen , welche ſid,
äquatorialen weſtafrikaniſchen Kolonien ſind zu ungeſund,
Stücke von jenem herrlichen Ardipel fichern möchten, und
zu bevölkert und im allgemeinen zu wenig für den Ader bau 2c. geeignet, Angra Pequena und Namaqua-Land ſind zu waſſerarm und unfruchtbar, die neuen oſtafrikaniſchen
ſo iſt nicht zu bezweifeln, daß Holland ſid ſeines Anteils an Guiana gern entledigen würde.
Erwerbungen zwar angeblich fruchtbar, aber auch zu ſehr
oder wenigſtens einen Teil derſelben zu erwerben, ſo haben wir nur die Befähigung derſelben zu einer Straffolonie für Europäer zu unterſuchen, und auch dieſe Frage glauben wir bejahen zu dürfen. Thatſächlich iſt das Klima von Guiana nicht ſo ſchlecht wie ſein Ruf und namentlich nid) t ſo ungünſtig für Europäer. Es leben z. B. verſchiedene Deutſche in Baramaribo, welche in den Siebzigen ſtehen
bevölkert und noch zu wenig bekannt und erforſdit, und die Karolinen-Injeln und Neu -Guinea nebſt dem Bismarck
Archipel ſind zu weit entlegen für eine Straffolonie, da die Transportation des einzelnen Sträflings uns zu teuer
kommen würde – ein Nachteil , welchen Großbritannien bei der Deportation ſeiner Sträflinge nach Auſtralien nachgerade erfahren hat. Hiedurd) wirft ſich denn von ſelbſt die Frage auf :
Iſt ſomit die Möglichkeit gegeben , dieſe Kolonie
und ein halbes Jahrhundert und mehr dort zugebracht haben. Die dortigen Juden , welche einen beträchtlichen
Wo ſoll das Deutſche Reich alſo eine Straffolonie er:
Teil der einheimiſchen weißen Bevölkerung bilden und ſchon
richyten ? und darauf antworten wir : Es muß eine ſolche
über zweihundert Jahre dort leben, haben ſich fortgepflanzt, vermehrt und vollkommen akklimatiſiert, und unſer geehr
erwerben und zwar käuflich, wozu dermalen Gelegenheit Dieſe Kolonie wäre Holländiſch Guiana oder wenigſtens der öſtlichſte Teil desſelben, das
ter Mitarbeiter, der frühere holländiſche Beamte Auguſt
linke Ufer des Maroni oder der Landſtrich zwiſchen dieſem
verläſſigſten Nachrichten über Surinam1 verdanken, nun mehr ein rüſtiger, geſunder Siebziger, hat 43 Jahre dort verlebt, mit Landwirtſchaft, Viehzucht und Handel beſchäf tigt, und war Jahrzehnte-lang beinahe der einzige Euro päer auf dem linken Ufer des Maroni. Bekanntlid, hat
zu ſein ſcheint.
und dem Suriname, bis zum 9.0 n. Br. Daß ein ſolches Gebiet leicht fäuflich zu erwerben wäre, iſt außer allem Zweifel. Schon im vorigen Jahr
war in engliſchen Zeitungen zu leſen, die niederländiſche Regierung habe der britiſchen die Kolonie Holländiſch: Guiana zum Kauf angeboten, ſei aber abſchlägig beſchieden worden . Thatſache iſt, daß das Königreich der Niederlande in ſeiner Kolonie. Guiana oder Surinam nur noch eine Laſt ſieht, daß dieſe Kolonie keine Erträgniſſe mehr abwirft, ſondern noch Dpfer fordert, und daß Surinam als Plan
tagen-Kolonie feit der Aufhebung der Sklaverei herunter:
Kappler , dem wir die neueſten, umfaſſendſten und zus
Frankreich nach Aufhebung der Bagni ſeine Sträflinge nach Franzöſiſch Guiana geſchickt und Straffolonien auf dem rechten Ufer des Maroni (St. Laurent u. a. m .) an :
gelegt, welche noch exiſtieren und gedeihen, obwohl ſie infolge verfehrter Anſtalten und grober Fehler in der Ver waltung in den erſten Jahren eine große Sterblidhkeits ziffer zeigten.
gekommen und wertlos geworden iſt. Die drei haupt
Das Klima am Maroni iſt durchaus nicht ſo ungeſund,
fächlichſten Produkte , auf welchen früher ſeine Ausfuhr
wie man meint. Unmittelbar an ſeiner Mündung und an der Küſte, wo der niedrige, mit Mangroven -Wäldern be:
beruhte, Zucker, Kaffee und Baumwolle, ſind weſentlich von Sklavenarbeit abhängig, und werfen ſelbſt mit der Arbeit
decte Strand ſich ſeewärts in ein Sdylick- und Schlamm
von indiſchen oder chineſiſchen Kulies zu wenig mehr ab.
bett von Stundenbreite ausdehnt, ſo daß man ihm nur
Dazu kam dann noch eine jahrzehntelange Mißregierung,
in Kähnen ſich nähern kann , mag der Aufenthalt aller
welche weniger von den Perſönlichkeiten der General
dings durch die in der Trockenzeit herrſchende Malaria
gouverneure als von der Knauſerei des Mutterlandes und
ungeſund ſein.
Allein ſchon fünf Stunden oberhalb der
von veralteten geſeßlichen und adminiſtrativen Inſtitutionen
Mündung des Maroni iſt das ſandige Ufer geſund; die
herrührte, und die Unterhaltung von Straßen und Waſſer wegen und die verſtändige Beſiedelung mit europäiſchen
Creeks oder kleinen Flüſſe mit ihren ſumpfigen Umgebungen
und anderen Kolonien und die Heranbildung der frei
treten zurück und ſind nur bei Hodywaſſer in der Regen zeit überſchwemmt ; aber dieſe Gewäſſer verlaufen ſich bald,
gelaſſenen Schwarzen und Farbigen zur Arbeit und zur Mit Einem Worte : Die Kolonie
1 Vergl. „ Holländiſch - Guiana “ ; Erlebniſſe imd Erfah
Guiana iſt für das Königreich der Niederlande eine Laſt geworden, deren es ſich ebenſo gern entledigen möchte, als
rungen eines 43 jährigen Aufenthalts in der Kolonie Surinam .
Kultur verſäumte.
es ſich ſeiner weſtafrikaniſchen Beſißungen entledigte, die
Von Auguſt Kappler. Stuttgart, W. Roblhammer, 1881. Ferner: „ Surinam und ſeine Vegetation “ und „ Die Tierwelt von Holländiſch -Guiana “, von demſelben, in unſerem vorigen Jahr
es vor einigen Jahren an Großbritannien abgetreten hat.
gange.
Vom Rio Grande z1
Popocatepetl.
3
wenn diejenigen des Maroni ſinken, und von der Nieder
aus deren Zuſammenfluß der Maroni gebildet wird, die
laſſung Albina bis hinauf nach den Fällen des Armina, alſo den franzöſiſchen Strafkolonien gerade gegenüber und
Aukan: und andere Budyneger, welde aber nicht innerhalb
des hier genannten Gebietes wohnen , ſondern dasſelbe
nur durd, den 3—4 Km, breiten Strom geſdieden, iſt das Gelände geſund und zur Anſiedelung ganz geeignet,
nur gelegentlid um des Tauſd handels willen betreten . Die deutſche Straffolonie, landwärts von ungeheuren,
und der Boden von einer bewundernsiverten , üppigen
pfadloſen Wäldern umgeben, würde dem Sträfling ivenig
Fruchtbarkeit, welche dem Menſchen bei der leidyteſten Feld arbeit ſpielend ſeinen Unterhalt liefert. Die Ernährung der Sträflinge wäre hier eine unendlich leichte. Die Ges
Gelegenheit zum Entkommen , dagegen Raum genug zu ſeiner Anſiedelung nach erſtandener Strafe und die mög lichſten Erleichterungen für ſein phyſiſches Daſein geben , und hieraus fönnte mit Zeit und Weile eine Bevölkerung entſtehen, welche den Wert der Kolonie erhöhen und die darauf verwendeten Koſten rückvergüten würde. Aus den obigen Andeutungen , welche wir uns nur ganz unmaßgeblich erlaubt haben , dürfte zu erſehen ſein , daß Surinam für den Zweck einer Straffolonie unleugbare Vorzüge bieten würde. Die Mündung des Maroni iſt zwar durch eine Barre geſperrt, die nur auf franzöſiſdier Seite eine Einfahrt für Dampfer und größere Fahrzeuge läßt,
wäſſer ſind ungemein reich an herrlichen Fiſchen , an Sdildkröten, Krabben und Sdyaltieren ; auch an Wild und namentlich an. Federwild fehlt es nicht, und der Boden iſt
ſtellenweiſe zur Viehzucht ganz geeignet : Pferde, die ſeither hier gänzlid, fehlen, wären nebſt Maultieren und Gjeln
leicht zu züchten, ebenſo Rindvieh und Ziegen und befon: ders Hühner und Waſſergeflügel. Vorzüglich gedeiht alles tropiſche Obſt und aud Südfrüchte, Mais trägt drei Ernten im Jahre und die Kaſſabe oder Maniot-Wurzel, welche die Cerealien erſeßt und ein Hauptnahrungsmittel der Bewohner bildet, ſowie die Yams-Wurzel und andere
allein auch auf der linken , holländiſchen Seite, wo früher
Wurzel- und Knollen - Nährgewädyſe gedeihen bei der
ein derartiges Fahrwaſſer beſtand, wäre ein ſolcher Kanal leicht wieder herzuſtellen. Der Maroni iſt unterhalb Albina
geringſten Pflege.
.
Cocos:Palmen tragen doon im ſediſten -
und St. Laurent mindeſtens 4 m . tief, ſo daß Dampfer und
Jahr nach der Ausſaat, mehrere Arten von Brotfrudyt: bäumen liefern in ihren Früchten eine wertvolle Zubuße
Schiffe von minderem Tiefgang leidyt bis dorbin und ſogar bis nad dem höher gelegenen Armina ohne Mühe gelangen
zur menſdzlichen Nahrung. Gemüſe aller Art, europäiſche
können .
wie tropiſdie, kommen vortrefflich fort, und beinahe jede
tungen nidit ausgeſeßt, ſein Waſſer iſt rein und geſund
Kulturpflanze gedeiht unter der leichteſten Pflege, ſo daß
und vorzügliches Trinkwaſſer. Sein Bett zeigt nur einige wenige Sandbänke und Inſeln, welche meiſt durd, einen Anflug von Vegetation gekennzeichnet ſind, und weiſt keine
die Arbeit der Sträflinge, auf die Morgen- und Abends
ſtunden verteilt, keine allzu anſtrengende und erſchöpfende wäre.
erheblichen Untiefen auf, ſo daß er die natürlichſte Waſſer:
Die Hauptbeſchäftigung der Sträflinge außer den
nötigen Handwerken und dem Anbau der Nährgewächſe wäre ſomit Viehzudyt und die Kultur von Handelspflanzen, in erſter Linie Cacao und Tabat, für welche Boden und
Klima vorzugsweiſe geeignet ſind, und Holzſchlagen , um die wertvollen Hölzer auszubeuten, welche in den unabſehbaren Wäldern der Kolonie wachſen. Außerdem wären Verſuche zu machen , ob nicht auch die Del -Palme, Elais guineensis, die Kola- Nuß , verſchiedene Geſpinnſt- und Nußpflanzen Afrika's, die unter gleichen Breitegraben gedeihen, hier zu kultivieren wären.
ſtraße für einen künftigen Handelsverkehr bildet und die Abfuhr der verſchiedenen Landeserzeugniſſe ungemein er leichtert. Wir begnügen uns einſtweilen, dieſen Gegenſtand hier angeregt und den maßgebenden Behörden unterbreitet zu
haben. Die weitere Erörterung dieſer Frage, welche ja eine der dringendſten ſozialen unſerer Zeit iſt, wird nicht ausbleiben und ſich dadurch bald klären.
Pom Rio Grande zum Popocatepetl .
Was Surinam für eine Anſiedelung von Sträflingen aber beſonders geeignet macht, das iſt ſeine dünne Be völkerung. Es hatte im Jahre 1881 bei einem Flächen raum von 2167 geogr. 2.-MI. oder 119,321 Q.-Km. nur 52,476 Einwohner, worunter ausſchließlich des Militärs nur etwa 600 Europäer.
Seine Ufer ſind hoch und daher den Ueberflu
Der Diſtrikt am
Maroni,
welchen wir hier im Auge haben und der etwa 70,000 bis 75,000 Q.-Km. umfaſſen würde, hat faum 700 Ein:
Eine Reiſe durch Mexico von Nord nach Süd.
Vor Ernſt v. Heiſe - Wartegg. I.
Merico iſt in neuerer Zeit dank den interozeaniſchen Kanalbauten im Süden und der Invaſion des Yankee von Norden her wieder ein wenig in den Vordergrund
getreten. Nicht wenige Reiſende wandten ihr Augenmerk
wohner, worunter zumeiſt die Indianer von den Stämmen
dahin , aber faſt unabänderlich wählten ſie die einzige
der Karaiben und Arowacken, welche durchaus harmlos und friedlich, wenn auch noch nidt ziviliſiert ſind, und einige freie Neger und Farbige, weldje nicht in Betracht kommen,
Fahrt aus der Heimat des gelben Fiebers durch die tropi
ſowie höher hinauf am Maroni und den beiden Flüſſen ,
bequeme Reiſeroute von Vera Cruz nach Mexico. Die îchen Savannen, die ſteilen Abſtürze der Felſengebirge hinauf zum Hochplateau der Aztekenſtadt iſt unſtreitig
Vom Rio Grande zum Popocatepetl.
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eine der intereſſanteſten und großartigſten, die man unter nehmen kann, denn mit den Naturſchönheiten eines Brenner, Semmering und Gotthard vereinigen dieſe Ketten der
Felſengebirge den Reiz der tropiſchen Vegetation und die Romantik altſpaniſchen Weſens. Indefien mir ſchien ein anderer Weg nach Merico body nod, intereſſanter: Jener von Nord nach Süd, von Teras und Neu -Merico der Länge nach durch das ganze große Territorium des ein ſtigen Aztekenreiches. Dieſer Weg iſt allerdings zehnmal
ſo lang, hundertmal ſo ſchwierig und gefährlich als der andere, aber darum nur deſto reizvoller für den, der nicht als Handelsreiſender oder Touriſt nach Merico will. Dazu
iſt er origineller – und gewiß bis auf die allerneueſte Zeit wenig betreten . Die anderen wanderten in den Pfaden
von Hernando Cortez – ich in jenen von Montezuma. Mexico iſt allerdings heute nidyt mehr ſo groß wie zu den Zeiten des Aztefenfaiſers oder ſelbſt zu jenen des zweiten Kaiſerreiches unter Sturbide's Szepter, wo es an Ausdehnung nur von China und Rußland übertroffen wurde, aber die Diſtanz von El Paſo del Norte, meinem Ausgangspunkte, bis nach El Progreſſo in Yucatan, wo ich das Aztekenreich wieder verließ, iſt doch ganz reſpef tabel geblieben. Ob die Yankees wieder einmal ihre große Scheere irgendivo anſeßen werden ? Die koloſſalen Reiche, die ſie bisher von Merico
abgeſchnißelt haben : Californien, Utah, Colorado, Neu Mexico, Arizona, Teras, zuſammengenommen an Aus 1
dehnung dem halben Europa gleich, haben ihren urſprüng
lidhen hiſpano-amerikaniſchen Charakter faſt vollſtändig ver loren. Neues Blut, neues Leben pulſiert in jenen Län dern, und nur ein paar zerfallene Ruinen und ein paar alte Städtenamen erinnern an die Spanier.
In San
Antonio, Laredo, Tucſon, San Xaver de Bac herrſcht der Amerikaner an Stelle des Ranchero. Als ich das erſtemal 1876 nach Teras kam, gab es noch recht viel
ſpaniſch Blut und ſpaniſch Leben hier. Heute erheben fich an der Stelle der ſpaniſchen Miſſionen vielleicht deutſche
Bierbrauereien. Man befleißt ſich nicht mehr Spaniſch zu lernen, und wer es gekonnt, hat es halb vergeſſen . Leider ſind es nicht immer die beſten Elemente, die in jene Grenz länder kommen. In San Antonio fielen während der paar Tage meiner Anweſenheit fechs Schießereien und drei Morde vor. Auf der Fahrt nad) Auſtin, der Staatshaupt
ſtadt, machte ich die Bekanntſchaft eines der berüchtigtſten teraniſchen Banditen, Ben Thompſon, der mich auf das liebenswürdigſte in Beſchlag nahm , und in Auſtin ſelbſt mit aller Gewalt dem Staatsgouverneur vorſtellen wollte. Das Blut von 36 Menſchenleben klebte an ſeinen Fingern und doch lief dieſer Menſch unter den Augen der Staats gewalten frei herum, im herzlichſten Einvernehmen mit
der Geſellſchaft ſeiner Spießgeſellen zubringen, durchwegs mehrfache Mörder, dabei aber joviale, lebensluſtige, mars tialiſche Kerle, bei denen leider nur die ſlechte Gewohnheit auszuſeßen war , daß ſie jedes zehnte Wort mit einem
derben Fluch und jeden zehnten Fluch mit einem Re volverſchuß begleiteten. Ben Thompſon ſchoß aus ſeiner Waffe mit jener ſagenhaften Präziſion, weldie Cooper ſeinen
Mohikanern, und allenfalls aud Dumas ſeinem Monte: dhriſto aufdiſputiert. Vierzehn Tage nachdem ich unfrei weilig die Gaſtfreundſchaft dieſes teraniſdien Rinaldini genoſſen , war er, wie der Teraner ſagt, in ſeinen Stiefeln
geſtorben. In einer der häufigen Schießaffairen, die dies mal noch dazu in einem Theater vorfiel, war Ben Thompſon mit ein paar anderen Spießgeſellen erſchoſſen worden. „Friede feiner Afde!" Er wurde feierlich beerdigt und viele trauerten um ihn.
Eine faſt zweitägige Eiſenbahnfahrt durch die Plains des weſtlichen Teras bradyte mid nach den Ufern des Rio
Grande, nach El Paſo, das ich vor ein paar Jahren ſchon von Neu -Merico aus beſucht hatte. El Paſo iſt nicht mehr das
tolle Grenzneſt, ,,die Hölle auf Rädern " von damals . An Stelle der elenden Bretterbuden , der Spelunken, Spielhöllen, Indianerzelte und mericaniſchen Adobehütten, welche damals El Paſo bildeten, waren ſtattliche Stein
gebäude, Hotels, Geſchäftshäuſer getreten, und mit dem ,,Scheibenſchießen auf bewegliche Ziele", zu welchen man einſtens die Spaziergänger benüßte, war es auch halb vor über. Aber nur halb, denn man liebt hier das Schießen. Mein Freund Studebader, der Sheriff, war nicht mehr unter den Lebenden. Man zeigte mir den Fleck vor dem
Hotel, wo er ins Gras gebiſſen. Er war ein braver Ge ſelle, aber fein Schickſal war vorauszuſehen . Ein Nachteil ſeiner Eriſtenz war, daß er niemals ohne geſpannten Re volver auf die Straße treten dufte, und für ſeinen Rücken ſtets an den Häuſern oder Bäumen Dedung ſuchen mußte. Studebacker hatte unter den Vagabunden von Neu-Merico auf brillante Weiſe aufgeräumt und ſeiner Stellung als Sheriff alle Ehre gemacht. Es fonnte ſich rühmen, in der Bar: bierſtube, gegenüber dem erſten und einzigen Hotel von
El Paſo, vier dieſer teraniſchen Gentlemen faſt gleichzeitig niedergeſchoſſen zu haben. Man kann ſich vorſtellen, wie uns
angenehm die Gegenwart Studebacker's den übrigen Gaunern von El Paſo ſein mußte. Der Guerilla-Krieg entbrannte heftiger denn je und endete ſchließlich in dem Tode des Sheriffs. Beſſere Elemente waren, dank der zahlreichen
Eiſenbahnverbindungen und der geſchäftlichen Ausſichten, der Grenzſtadt zugewandert, und El Paſo ſieht jeßt ziem lich friedfertig aus, ja es iſt beinahe die wichtigſte und .
größte Stadt in dem weiten Prairie- und Steppengebiete getvorden, welches die weſtliche Hälfte von Teras und die
der Polizei, auf vertraulichſtem Fuße mit einer Anzahl
Südhälften von Neu-Merico und Arizona umfaßt. Dieſes
ſchöner Damen. Einmal in den Klauen ſeiner Gaſtfreund ſchaft, warnten mich meine Freunde davor, ihn zurückzu weiſen oder ihm auszuweichen . So mußte ich drei Tage in
moderne, geſchäftige, rührige Yankeetum nimmt ſich in der ſonſt ſtreng mericaniſchen Umgebung eigentümlich genug Das amerikaniſche Reis erſcheint hier nicht auf
Vom Rio Grande zum Popocatepetl.
mericaniſchem Stamm aufgepfropft, es hat auf der Stelle des entwurzelten Stammes ſelbſt Wurzeln gefaßt, und blüht und ſproßt ganz wie am Michigan - See oder in Neu England. El Paſo iſt der Knotenpunkt eines foloſſalen , mehrere Tauſend engliſche Meilen umfaſſenden Eiſenbahn neşes. Die in Europa ja auch nicht unbekannte Teras Pazififbahn verbindet es mit Galveſton und New - Orleans, die nach Norden laufende Atchiſon - Topeka- und Santa 2
Fé- Eiſenbahn ſtellt die Verbindung mit Saint Louis
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ſelbſt; allein die in dem Jahrhunderte -lang vollſtändig abgeſchloſſenen Stromgebiete des Rio Grande befindlichen Anſiedelungen bewahrten den mauriſch -andaluſiſchen Cha rakter bis auf den heutigen Tag. Die Häuſer ſind ſo gebaut, wie es die Andaluſier von den Mauren gelernt. Die Werkzeuge ſind dieſelben, wie die Sarazenen ſie aus Kleinaſien und Arabien mit nach Spanien gebracht hatten. Der bibliſche Pflug, der bibliſche Wagen iſt heute in
Mexico noch in Verwendung, wie in Paläſtina, ja ſelbſt in den Trachten äußert ſich manche Aehnlichkeit.
und Chicago , die Southern Pazifikbahn jene mit San Francisco und die Merican-Zentralbahn jene mit Merico, Guatemala und Vera Cruz her. Gar viele Züge dieſes ausgedehnten Schienenfreuzes vereinigen ſich hier an einer Stelle, wo vor kaum zehn Jahren eines der berüchtigtſten Räuber- und Schmuggler - Neſter des zügelloſen wilden ,,Weſtens" war. Man lieſt heute in dem dönen Hotel von El Paſo ein paar tägliche Zeitungen mit europäi ſchen Kabeldepeſchen , fährt in Pullmann -Salonwagen in
Energie feiner amerikaniſchen Schweſterſtadt nichts gelernt. Ein Spaziergang von einigen Minuten bringt uns über
Arizona und den teranijden Steppen umber und bekommt
den reißenden, ſtets trüben Rio Grande aus ,, Amerika "
in den glänzenden Apothekerläden der Stadt alle nur er
denklichen Pillen, Salben und Pulver zum Magenverderben ,
nach Mexico, aus dem Lande des zwanzigſten Jahrhun derts in jenes des ſechzehnten. Der Rio Grande bildet
geradejo wie in New York oder Chicago.
die Grenze zwiſchen vier Jahrhunderten.
Allein man
braucht nur irgendeine der breiten, mit modernen, typiſchen Yankee- Paläſten beſeßten Straßen bis an's Ende zu wan dern und ſofort wieder in teraniſchem und mericaniſdem
So kommt man hier bei dem Beſuche des nördlichen
Merico's aus den Träumereien, aus Erinnerungen an Drientfahrten und dem Auffinden der größten Kulturkon : traſte gar nicht heraus ; man findet ſelbſt in dieſem öden, halb wvüſten Lande die intereſſanteſten Details. Das mericaniſche El Paſo del Norte hat von der
Wie dort der
fieberhafte Geſchäftsmann aus Chicago und St. Louis, ſo iſt hier der ſchläferige, träumende Caballero und Randero aus dem mauriſchen Granada oder Cordoba zu Hauſe.
Urlande zu ſein. Der herrliche blaue Himmel, die wun derbar klare Luft, die ſcharf vom Horizont ſich abhebenden,
Zwiſden Vlumen-, Obſt- und Weingärten verſteckt, durd
das Rio Grande Thal begrenzenden kahlen Felſenketten und die ſtellenweiſe von den Mericanern kultivierten Ufer des Gelben Stromes erinnerten mich lebhaft an die Nils landſchaft in Ober-Aegypten oder an den oberen Euphrat, wie denn überhaupt das nördliche Merico nicht nur in ſeiner Natur, ſondern auch mit ſeinen menſchlichen Anſiede lungen, ſeiner Agrikultur u. 1. w. lebhaft an den Orient er innert. Das iſt es, was mir das Reiſen in dieſen Gegens
fließendem Waſſer, ſchlafen hier die vereinſamten, ſonnigen
den ſo ungemein intereſſant und anziehend machte. Ueberall, wohin man ſich auch wenden mag, ſtößt man auf die hete
rogenſten Elemente , auf die verſchiedenſten Kulturen und Menſchenraſſen im ſchroffſten Gegenſaß zu einander. Hier El Paſo, dieſes uramerikaniſche, angloſächſiſche Em porium mit ſpaniſchem Namen, inmitten einer lebhaften,
an den Orient erinnernden, großartigen Flußlandſchaft. Vor den Thoren dieſer Yankeeſtadt, auf dem Wege
nach Isleta, die lekten Ueberreſte der ſterbenden Indianer
zogen von reich beſchatteten Acequias mit raſch dahin Straßen der nördlichſten Stadt Mexico's. Die alten , niedrigen Parterrehäuſer mit ihren flachen Dächern , kleinen , feſt vergitterten Fenſtern und verſchloſſenen Thüren ähneln einander wie Eier. Wie im alten Mauritanien , zeigen ſie alle die ſtillen , ſchattigen Patios, innere Hofräume mit Blumen und Zierpflanzen . Selten begegnet man weib :
lidhen Weſen, und nur auf der typiſchen Plaza, mit Alamos (Silberpappeln) überſchattet, zeigt ſich Morgene und Abends einiges Leben . Nehme man von der alten idhneeweißen Kirche das Kreuz herunter und feße den Halbmond dar: auf, ſo iſt das Bild der arabiſchen Stadt faſt vollſtändig. Und body iſt dieſe ſtille ſchläferige Stadt die wichs
tigſte Grenzſtadt Merico's gegen Norden , mit einem kos loſſalen Güterdurchzug von Amerika nach Chihuahua, Durango und noch weiter nach Süden. Der Mericaner hat davon nichts zu profitieren gewußt ; die Geſchäfte
raſſe, und gerade gegenüber, am Südufer des Rio Grande,
wideln ſich jenſeit des Fluſies ab.
das alte mericaniſche El Paljo del Norte, nicht etwa
Douane und Kaſerne für ein paar Hundert zerlumpte,
mericaniſch oder ſpaniſch in ſeinem Charakter -- nein, auch morgenländiſch, daß man ſich in manden Straßen ebenſo gut in Damaskus, Tunis, Tlemcen wähnte .
Hier iſt nur die
verlottert ausſehende Infanteriſten , die ſeit Monaten keinen Sold mehr erhielten -- ein brillantes Seitenſtüd zu der Soldateska von Marokko oder Tunis. Unverhältnismäßig
hohe Zölle werden hier faſt allen. nad Merico eingeführ ten Gütern auferlegt, und daß dabei mit wenig Syſtem
Das iſt leicht zu erklären. Merico wurde zuerſt von Andaluſiern durchzogen und beſiedelt, und in jener fernen Zeit ſteckte dieſen mauriſche Kultur und mauriſdies Weſen noch lebhaft im Blute.. Im ſüdlichen Merico haben die
noch kurz vor der Eröffnung der Eiſenbahn für jede
Jahrhunderte dies wohl ebenſo vermiſcht, wie in Andaluſien
einzelne Wagenladung (nicht etwa Eiſenbahnwagen, ſondern
Ausland 1886, Nr. 1 .
vorgegangen wird, geht aus der Thatſache hervor, daß
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Vom Rio Grande zum Popocatepetl .
gewöhnliche Straßenfuhrwerke) 500 Dollars Zoll abver: langt wurden, ob nun der ganze Wagen mit goldenen Uhren oder mit Heu beladen war ! Ich ſah während meines erſten Aufenthalts in El Paſo noch viele dieſer Wagen: farawanen , welche damals den Güterverkehr zwiſchen Amerika und Merico allein vermittelten. Zwölf bis dreißig Wagen mit unförmigen, maſſiven , auf hölzernen Achſen ſtedenden Rädern, überzogen mit Leinwand auf Reifen geſpannt und gezogen von adyt bis zwölf Maultieren, paarweiſe hintereinander laufend, formierten eine ſolche Karawane, zu welcher noch ein ,,Kapitän", eine Anzahl Kutſcher und Knedyte und einige Reſervetiere gehörten.
den Dolmetſcher madyen mußte. Aberdings hatten wir nicht viele Paſſagiere. Ich befand mich allein in einem Waggon , während im anderen ein paar alte, bis an den Hals bewaffnete Mericaner auf den Bänken fauerten. Und dennoch hatte ſich bereits ſelbſt hier ſchon der ameri kaniſche Zeitungsjunge eingeſchmuggelt, wie er auf jedem
Bis über die Dhren betvaffnet und auf flinken, mageren
unkundigen Gauchos ausgebreitet, während der unterneh
Pferden ſißend, bildeten dieſe Caballeros gleichzeitig die Bedeckung der Karawane, welche auf ihrem mitunter mehr monatlichen Mariche durch Merico gar häufig den An griffen der blutdürftigen Apaches ausgeſeßt waren und früher oder ſpäter doch ins Gras beißen mußten. Die Merican-Zentral-Eiſenbahn, von unternehmenden Boſtoner Kapitaliſten gebaut und heute idon bis nad Merico führend, machte dieſen Karawanenreiſen ein Ende. Das ganze Verkehrsweſen Merico's wurde durch das eiſerne Dampfroß verändert. Städte, welche, an 1500 engliſche Meilen von der Hauptſtadt entfernt, nur nach zwei
mende junge Yankee ſelbſt eifrigſt einen ſpaniſchen „ Dllen dorff“ ſtudierte. Auch die Rörbe mit Drangen, Bananen,
bis drei- monatlichem Marſche durch unwirtliche Steppen auf den elendeſten Pfaden zu erreichen waren, ſind heute
in faum zwei Tagereiſen von Mexico zu erreichen. Der Carretero hat ſeine Rolle in Merico ausgeſpielt, feine Karren ruhen, und ſeine Maulefel freuen ſich endlich des Daſeins.
Der mericaniſche Zollwächter hat ſeit der Herſtellung der Eiſenbahn all ſeine Sdyrecen gleichfalls eingebüßt.
Die ,,Gringos " haben ihn Reſpekt gelehrt. Er frug mich auf die höflichſte Weiſe, ob meine drei Koffer irgend etwas
Eiſenbahnzuge von Dregon und Manitoba bis nad Florida zu finden iſt! Die neueſten Zeitungsnummern von New York und St. Louis, in grellen , buntfarbenen Einbänden ſtedende Senſationsnovellen, amerikaniſche Romane,ſpaniſche Wörterbücher und die Kunſt, Spaniſch in adit Tagen zu
erlernen " , lagen hier mitten unter den des Leſers ſo abſolut
und Nüſſen fehlten nicht. Die Unmaſſe von Revolvern , Gewehren und Meſſern,
welche unſere kleine Reiſegeſellſchaft mit ſich führts , wäre erſtaunlich geweſen, hätten wir nidyt auf der ganzen Fahrt das beliebteſte Jagdrevier der Apadien - Indianer zu paſ ſieren gehabt, die gerade wieder einmal im Kriege gegen die Weißen begriffen waren. Kurz vorher hatten ſie bei San Joſé ein Rancho geplündert, ein halbes Dußend
Hirten niedergemacht und ſieben Frauen mit ſich in die Berge geſchleppt. Aus dieſer Urſache ſaßen auch zwölf mericaniſche Gendarmen mit im Zuge, ſo daß derſelbe eher einem Arſenal auf Rädern glid ). Indeffen, wir bekamen keine Gelegenheit, von Gens
darmen , Revolvern und Dolchen Gebrauc) zu machen. Die ganze Strecke von El Paſo bis nach Chihuahua iſt mit Ausnahme weniger Stellen öde trockene Wüſte, und
es iſt nur zu wundern , daß ſich die Apaden hier jemals heimiſch fühlen konnten . Ganz Chihuahua, von einer Deutſchland beinahe erreichenden Ausdehnung , iſt Wüſte
,,Steuerbares " enthielten, ohne auch nur einen öffnen
und nur in den Thälern der Felſengebirgsketten und an
zu laſſen . Am leßten Tage des März beſtieg ich in dem neuen hübſchen Stationsgebäude von El Paſo den eben aus St. Louis gekommenen Zug, um meine Fahrt nach Merico diesmal per Eiſenbahn zu unternehmen. Sonder barerweiſe ſollte id, der erſte Paſſagier ſein, welcher dieſe 1500 Meilen lange Reiſe durchwegs per Eiſenbahn zu
einzelnen Flüſſen findet ſidy fruchtbares oder doch zum mindeſten Weideland, das zuſammengenommen vielleidyt ein Viertel des ganzen Areals ausmachen dürfte. Das Land zu beiden Seiten der Bahn iſt eine Steinwüſte, vollſtändig waſſerlos, flach wie ein Tiſch bis zu den am fernen Horizont ſich ſcharf abzeicynenden Bergketten. Weſt lich und öſtlich begleiten dieſe die Bahn ununterbrochen
rücklegen konnte, denn obſchon die einzelnen Sektionen dieſer
bis weit über Chihuahua hinaus auf viele Hunderte Meilen ,
langen Strecke wohl ſchon fertig waren, ſo fehlte ihnen doch noch die Verbindung untereinander, welche erſt während meiner Fahrt nach Süden allmählich hergeſtellt wurde. Mein erſtes Ziel war Chihuahua, die Hauptſtadt des
an manchen Stellen faum zwei Meilen von einander, jo
gleichnamigen Staates, 225 e. MI., etwa eine Eiſenbahn tagereiſe , von El Paſo entfernt. Unſer Zug beſtand aus einem ziemlich leeren Gepäckwagen , einem
daß die Bahn durch ihre Ausläufer durchidneiden mußte, an anderen Stellen ſich wieder auf dreißig , vierzig und
mehr Meilen entfernend. Das ganze nördliche Merico iſt in derlei von Nord nach Süd laufende Längs thäler geſpalten, von denen beſonders die öſtlichen recht
fruchtbar ſind. Im Staate Chihuahua ſchließen die Berg züge jedoch nur elende Stein- und Alfali-Wüſten ein . Die
Waggon erſter und einem Waggon dritter Klaſſe, alle ganz nach dem amerikaniſchen Syſtem eingerichtet und mit amerikaniſchem , der ſpaniſchen Sprache unkundigem
auf den Karten angegebenen Flußläufe enthalten kaum während zwei oder drei Monaten im Jahre Waſſer, und
Zugperſonal bemannt, ſo daß ich auf der ganzen Fahrt
dann dywellen ſie
311 reißenden Strömen an , deren
Vom Kio Grande zımi Popocatepetl.
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Gewalt nichts zu widerſtehen vermag, ſonſt aber enthalten
Ausſicht vorhanden ; denn der größte Teil des Landes iſt eben
die weiten flachen , mit Felstrümmern bededten Flußbette
trockene kahle Stein- und Cactuswüſte, ja an vielen Stellen nicht einmal das : Zwanzig Meilen ſüdlid; von El Paſo
auch nicht ein Tröpfchen Waſſer. Die großen Seen, Laguna Guzman, Laguna Carmen und andere, welche die Karten verzeichnen , wetteifern mit den Flüſſen an Waſſerarmut und zeigen faſt das ganze Jahr über jene blendend -weißen, mitunter zolldicken Salz kruſten , welche häufig der Schauplaß brillanter Luft ſpiegelungen ſind. Die Bahn fährt auf niedrigen hölzernen
weiße Höhenzüge gefeſſelt, die den dunklen Urgeſteinketten der Felſengebirge vorgelagert waren. Wir waren bei den berüchtigten Medanos, den wandernden Sandbergen, an gelangt, und nachdem wir eine Zeit lang ihnen entlang gefahren waren, mitten in ſie hineingeraten. Wie dieſe
Brücken über die trockenen Flüſſe hinweg. Auf Hunderte
koloſſalen, viele Quadratmeilen bedeckenden Maſſen feinſten
von Meilen ſieht man kein Haus , keinen Baum , und die einzigen Punkte, auf welchen das Auge zu ruhen vermag, ſind die lange Reihe von Telegraphenſtangen, welde, längs
weißen Dünenſandes auf die Hochplateaur der Felſen gebirge gekommen waren, iſt nod, nicht erklärt worden
der Bahn hinlaufend, endlich zu Zündhölzchen verkleinert
aller Karawanen geweſen, die ihnen gewöhnlich auf viele
ſich in weiter Ferne verlieren. Stationen gibt es auf dem ganzen 225 Meilen langen Wege nur zwei oder drei. Waſſer für die Speiſung der Lokomotiven iſt nicht vor handen, und es mußten an den entſprechenden Stellen tiefe Brunnen gebohrt und Dampfmaſchinen aufgeſtellt
Meilen Umwegen auszuweichen trachteten, und jeßt wieder
werden, um das Waſſer an die Oberfläche zu pumpen.
Hie und da dienen Windmühlen auf 50 bis 80 Fuß hohen eiſernen Türmen als bewegende Kraft hiefür. Aber ſelbſt in der Tiefe konnte man das Waſſer an manchen Stellen nicht finden , und dort ließen dann die erfindungsreichen Yankees auf Seitengeleiſen Waſſerbehälter auf Rädern
aufſtellen. Je zwei große Waſſertonnen ſißen auf einem flachen Laſtwagen, und iſt der Waſſervorrat erſchöpft, ſo werden ſie einfach dem Zug angehängt, nach der nächſten Dampfpumpe geſchleppt und dort aufs friſche gefüllt.
Die Eiſenbahnſtationen in dieſen Wüſtengebieten des nördlichen Mexico können an Einfachheit faum überboten werden. Ein kleines amerikaniſches Häuschen aus Eiſen blech, gegen alfällige Angriffe und Ueberfälle wohl ge ſchüßt, enthält den Telegraphenapparat und ein kleines Arſenal von Waffen, in welchem der ,,Stationschef" (dläft. Daneben eine der geſchilderten Waſſerpumpen und gegens
wurde nämlich meine Aufmerkſamkeit durch große blendend
genug, dieſe Medanos ſind ſeit Jahrhunderten der Schrecken
find ſie der Schreden der Eiſenbahn.
Häufig ſieht man
aus dieſem loſen, vom Winde wie Waſſer gepeitſchten Sandmeere gebleidyte Gebeine hervorragen , ein grauen hafter Anblick! Merkwürdig ſind die ſcharfen Kanten, Spißen und
Grate, welche der Wind dieſen flüchtigen Sandbergen gegeben , und die ſteilen Rinnen und Schludhten , die er in ſie geriſſen , ähnlich jenen , die man häufig bei großen, vom Sturm zuſammengeblaſenen Schneemaſſen antrifft. Heute meilenweit von der Eiſenbahn oder der
Karawanenroute entfernt, begraben fie morgen beide mit einer mehrere Meter tiefen Schichte des feinſten Sandes, der erſt wieder von eigens konſtruierten Maſchinen weg
geſchafft werden muß. Wir fuhren durch meilenlange Strecken einer ſolchen Sandverwehung. Zu beiden Seiten
lag derſelbe bis zur Höhe des Waggondadhes aufgetürmt. An manchen Stellen hat die Eiſenbahnverwaltung hölzerne Schußwände errichtet, ähnlich jenen, welche auf den Pazifik bahnen gegen Schneeverwehungen errichtet wurden. An
über auf einem Seitengeleiſe irgend ein alter Güterwagen,
anderen Stellen ließ ſie den Sand mit Raſenziegeln bekleiden , die aus weiter Ferne herbeigeſchafft werden müſſen. Hie und da hilft wohl die barmherzige Natur ſelbſt den Ingenieuren,
der den Arbeitern als Wohnung dient Rings um dieſen Außenpoſten amerikaniſcher Ziviliſation " zieht ſich ein im
indem ſie die Sandflächen durch eine Art Dünengras feſt hält, ähnlich jenem, das man in Norderney oder Borkum
Sonnenlicht hell ſtrahlender Kranz leerer Blechbüchſen, von
antrifft. Hier in dieſem Sandmeere befand ſich bis auf
den konſerven herrührend, aus welchen in dieſen Steins
die jüngſte Zeit das Hauptrevier der Apachen. Der kürzeſte Weg von El Paſo nach Chihuahua führt mitten durch den Sand, und einzelne Karawanen wagten es un:
und Cactuswüſten die Mahlzeiten der „ Weißen “ allein beſtehen. Es wiederholen ſich bei dieſem Eiſenbahnbau die ſelben Bilder, dieſelben Kulturanfänge, wie ich ſie vor zehn
geachtet der haarſträubenden Mordthaten, die hier alljähr:
Jahren auf meinen erſten Reiſen durch Kanſas und Nebraska
lich vorfielen, doch noch unter ſtarker Militär-Bedeckung
geſehen. Auch dort hatte man mit den größten Natur
durch die Medanos zu ziehen . Die Apadyen trugen jedodh
hinderniſſen und überdies jahrelang mit den Attaken der Arrapahoes, hier die Apachen waren ; aber in einer Hin
in den meiſten Fällen den Sieg davon. Denn während ſie mit den Terrainſdwierigkeiten vertraut waren , gab es für die Rarawanen bei dem beſchwerlichen , anſtrengenden
ſicht unterſchieden ſich die Anfänge der Pazifikbahn von
Waten durch den Sand wenig Ausſicht auf Rettung. Sie
jenen der mexicaniſchen Bahn doch: während die kahlen
wurden überfallen , geplündert, getötet. Hat man dieſe Medanos, deren Schrecken auch ſchon Humboldt und Fröbel ſchildern, paſſiert, ſo gelangt man doch nur aus dem Regen in die Traufe oder, um gut
Indianer zu kämpfen, nur daß es dort die Siour und
Prärieländer der erſteren ſich innerhalb eines Jahrzehnts in die fruchtbarſten Agrikulturgebiete des Weſtens ver wandelten, iſt hiezu in Nord-Mexiko nicht die mindeſte
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Bom Nio Grande zum Popocatepeti.
nordmericaniſch zu ſprechen, aus der Sand: in die Stein
Hand. 31 ihrem mit Patronen garnierten Gürtel ſtaken
wüſte. Hier iſt das Vaterland einer reinen Stachelſdywein Vegetation : Agaven, Stechpalmen , Dornen, Palmettos und Cacteen in den unglaublichſten Formen und Größen,
ein paar Revolver und an ihrer Seite baumelte ein Sähti.
bedecken die weiten öden Flädjen bis an den Rand der
kahlen Bergketten auf Hunderte Meilen in die Runde, jene berüchtigten Cactus- Wüſten bildend, welche unter allen Ländern Merico allein aufzuweiſen hat. Wie mußte ich bei dem Gedanken lächeln, welche Sorgfalt wir in der Heimat an das Großziehen der verſchiedenen Cacteen ver wenden ; wie wir ſie in Porzellantöpfe jeßen und in Treib häuſer ſtellen und uns ihrer rühmen ! Millionen und
Millionen der koloſſalſten Stachelpflanzen ſtehen hier dicht
beieinander, vom Blätter- und Kugel-Cactus bis zu dem majeſtätiſchen , fäulenförmig bis auf ſechzig Fuß Höhe emporſteigenden Orgel-Cactus ! Die Mehrzahl dieſer grauen , unſchönen blattloſen Pflanzen erhebt ſich auf brei bis vier Fuß Höhe, und über dieſe Felder erheben ſich nur, wie geſagt, die graugrünen Stämme des Drgel- Caetus, ſowie
die ſchwarzen , blättrigen , mit einer wie aus Bayonnetten zuſammengefeßten Krone gezierten Yuccas , aus welchem noch dünne, ſechs bis zehn Fuß hohe Blütenſtengel empor
ſchießen. Die einzige Blattpflanze, welche ſich mit dieſer grauſigen Stachel-Geſellſchaft verträgt, iſt der Mesquit Baum (von dem aztelijden Worte Mezquitl) , obſchon ihre mit kleinen Blättchen nach Art der Pfefferpflanze
Auf dem Sattelknopf hing das unvermeidlide Laffo, das ſie mit ſo erſtaunlider Geſdicklichkeit zu handhaben wiſſen.. Auf der ganzen ferneren Fahrt nad Chihuahua ſaben wir derlei Caballeros wo immer die Cactuswüſte
ebenem Prärieland Plat madyte.
Waſſer iſt hier häu
figer zu finden, und nac) ſo langer Fahrt ſahen wir hier bei dem Rancho von Don Joſé ſogar wirkliche Bäume. Wie wohlthuend nach einer ſolchen Wüſtenfahrt ! Heerden, viele Tauſende von Kindern zählend, finden in den Prärien hinreidende Nahrung und leben hier ganz friedlich mit den zahlreichen Antilopen, die wir in Rudeln von fünfzig und hundert an unſerem Zuge vorbei raſen
ſahen. Der Boden iſt gut und fruchtbar und würde ſich bei hinreichender Bewäſſerung ausgezeichnet zum Feldbau eignen. Deshalb träumen auch ſchon amerikaniſche Ingenieure von einer künſtlichen Ableitung der Gebirgsſtröme nach den Prärien dieſes Hochplateau's, oder von der Anlage von arteſiſchen Brunnen, und vergeſſen dabei , daß heute noch mehrere Hundert Millionen Aker des beſten Agrikultur bodens in den Vereinigten Staaten , ja in dem unmittelbar benachbarten Teras und Neu - Merico des Landmannes warten.
auf der Fahrt nad Merico kommt, deſto feltener werden
Etwa drei Viertel des Weges zwiſchen El Paſo und Chihuahua, der Hauptſtadt des Wüſtenſtaates, den wir durchfliegen, liegt ein See , die Lagune de las Encinillas
die Cacteen und deſto zahlreicher erſcheinen die Agaven
(Lebenseichen ).
und der Mesquite, bis er endlich füdlich von Chihuahua ganz reſpektable Baumhöhe erreicht. Das rote Holz
Morgana gleichend, treten die grünen, fruchtbaren, ja mit Bäumen beſchatteten Ufer des Sees immer deutlicher hervor, und ſchließlich gewahrt man aud jenſeit des Sees eine
befekten Aeſte auch ihre Stacheln tragen. Je ſüdlicher man
feines Stammes iſt von ungemeiner Zähigkeit. Ich habe vergeblich verſucht, mit dem Meſſer in das knorrige, viel fach gewundene Holz einzubringen oder auch nur einen Span abzuſchneiden.
Aus der Ferne einem Bild der Fata
jener befeſtigten Haciendas , welche in Mexico die Stelle
Eidechſen und Klapperſchlangen haben hier ihre Heimat, während am Rande der Wüſte Präriehunde, Kanindyen
unſerer Ritterburgen vertraten und viele Gebräuche aus früheren Jahrhunderten mit in die Gegenwart herüber genommen haben. Hier in dieſem fernen, alles Fortſchritts baren Lande herrſchen eben , Dank dem Mangel an Straßen, Dank der Unſicherheit und der häufigen Anfälle der Apachen , auch ähnliche Verhältniſſe wie bei uns vor Jahrhunderten, und da iſt es nicht wunder zu nehmen , wenn ſich der Haciendero in feſte Burgen einſchließt, mit einer Art Soldaten umgibt, Wachen auf ſeine Mauern ſtellt, und mit ſeinem Fähnlein manchmal in den Krieg zieht. Gerade auf dieſe reichen Haciendas haben es die
und Feldmäuſe ihr keineswegs beneidenswertes Daſein
Indianer abgeſehen und faſt alljährlich verlieren eine An
friſten. Erſt ſüdlich von dem waſſerloſen Rio Cannen gelangten wir in eine beſſere Gegend. In Gallego, zirka 140 MI. ſüdlich von El Paſo, nahmen wir unſer Mittag mahl ein, und dort ſaben wir auch die erſte Hacienda :
zahl der Randyeros und Hirten ihren Stalp im blutigen Rampfe gegen dieſe Erbfeinde alles Beſites. Id vermutete
Aber nicht nur die Vegetation zeigt hier dieſe un: ſchönen, abſtoßenden Formen, ſelbſt die Bergketten, welche die Wüſte einſchließen, find zerklüftet und zerſpalten, mit Spißen, ſcharfen Kanten und Graten, wie eine Reihe Glasflaſchen mit abgebrochenen Hälſen. Auch die Tier welt dieſer Stachelwüſten hat ſich ihrer Umgebung ange
paßt. Skorpione, gehörnte Fröſche, Taranteln , hornige
in dem „Schloßherrn“ der Hacienda „ de las Encinillas“ und ihres ausgedehnten, über hundert Quadratmeilen um
Auf den kahlen, mit niedrigem grauem Gras bewachſenen
faſſenden Landgebietes einen editen Hidalgo, einen Ab
Steppen graſen große Viehheerden, bewacht von berittenen
kömmling jener ſpaniſchen Eroberer, welche vor Jahr hunderten das Kreuz und gleichzeitig auch den Durſt nach Gold in dieſes Land brachten . Seine erſten beiden Namen aber ſtatt klingen auch ganz darnad : Don Enriquez
Hacienderos, pittoresken Geſtalten in ledernen Beinkleidern,
ebenſolchen mit Silberknöpfen beſeşten Jacken, den mädy tigen Sombrero auf dem Kopf und den Karabiner in der
Der Panamá-Kanal.
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den Familiennamen Pizarro oder Alvaredo oder Mendoza
Verhaftung dieſes leßteren ? Verurteilung ? Dnein ! Er
folgt einfach ,,Müller", nichts weiter als Don Enriquez
hatte ja aus Notwehr gehandelt. Spät Abends erreichten wir endlid Chihuahua, die
Müller ! Ein biderber Deutſcher, der ſid) in Chihuahua niedergelaſſen und durch glückliche Thätigkeit zu einem der erſten Caballeros des Staates geworden ! Seine Heerden zählen über 70,000 Stücke Rindvieh, viele Tauſende von Sdafen , Hunderte von Pferden ! Aehnliche ,,Randos " und Haciendas, wenn auch nicht von ſolcher Ausdehnung, gibt es in dem ſüdlichen Teile des Staates mehrere ; allein Dörfer, Städte und eine feſte anſäſſige Bevölkerung wird man hier vergebens ſuchen. Das einzige Dorf längs der
märchenhafte Hauptſtadt des Staates, den Mittelpunkt
einer der reichſten Minenregionen Amerika's, aus welchem Hunderte Millionen Dollars gewonnen und durch die Spanier nach dem Mutterlande fortgeführt worden waren .
Chihuahua war bis vor wenigen Jahren eine der unzu
gänglichſten Städte der Welt, ſozuſagen das amerikaniſche Irkutsk oder Taſdykend , denn es bedurfte von irgend
beſtehend, die im Schatten einer Daſe von Silberparpeln
welcher Seite aus mehrmonatlicher Karawanenreiſen , um es zu erreichen. Weld' Ereignis mußte es deshalb für die naive, um Jahrhunderte zurückgebliebene Bevölkerung
und Weiden verborgen liegen. Deshalb iſt es auch ſdwer,
ſein, als vor wenigen Monaten zum erſten Male das
etwas von der Einwohnerſchaft zu erzählen. Ein Dußend Mericaner, elende, ausgehungerte , ſonnverbrannte Ge ſtalten , und etwa ein Dußend Weiße waren alles, was wir davon auf der über zweihundert Meilen weiten
Dampfroß hier vorbei brauſte! Ganz Chihuahua, Jung und Alt war auf den Beinen, um das Wunder zu ſehen.
ganzen Bahnlinie iſt Jauz , aus elenden Adobe-Hütten
Strede ſahen .
Und dennod, ereignen ſich hier blutige Dramen , nicht etwa im Kriege gegen die Indianer allein , nein, die Weißen gegen die Mericaner und ſelbſt unter einander. Die Welt
Als jedoch das ſchwarze Ungetüm mit den blendenden Lichtern unter Schnauben, Pfeifen und Toſen wie der Bliß angefahren fam , warfen ſie ſich zitternd auf die Kniee und ſchlugen ein Kreuz ums andere : Ave Maria
Santissima ! murmelten ſie - estan llegando al diablo salvarnos ! nahmen die Beine auf den Rücken und find
iſt nicht groß genug für den Abſchaum des amerikaniſchen
bis heute nicht zu bewegen, in die Nähe der Station zu
Grenzgeſindels, für die Räuber, Mörder und Banditen
kommen !
von Teras und Arizona, die, ihres Lebens ,,drüben in den
Fortſegung folgt .)
Staaten" nicht mehr ſicher, mit der Eiſenbahn nach Merico
gezogen waren und nun auch dieſes Land unſicher machen . Die Hälfte aller Raub- und Mordthaten fällt auf ſie. Ihnen iſt großenteils der tötliche Haß zuzuſchreiben, den heute der Mericaner feinen Nadybarn , den ,,Gringos ," gegenüber hegt. Alwöchentlich vollführen ſie Gräuelthaten,
die das gute Einvernehmen zwiſden den beiden Völkern zerſtören müſſen. Nur ein Beiſpiel davon : Unter den Gepädſtücken unſeres Zuges befand ſich auch eine lange,
leere fargähnliche Kiſte. In einer der Scheinſtationen
Der Panamá-Kanal. Rein dermalen im Bau befindliches Werk der Ingenieur: kunſt beſdäftigt das allgemeine Intereſſe mehr, macht über die Chancen ſeiner erfolgreichen Vollendung mehr reden oder greift durch dieſe Vollendung tiefer in die Intereſſen und Gefdäfte der handeltreibenden Nationen der Welt ein , als der Panamá-Kanal.. Wie geteilt ſind nun ſelbſt heute
hielt der Zug ungewöhnlich lange an, und ich ſah , wie
noch die Anſidyten der Techniker über die Möglidykeit der
der Sarg aus dem Wagen gehoben und etwa 40 Sdritte
Vollendung dieſes Kanals, über ſeine zweckentſprechende
weit in die Steppe getragen wurde. Ich verließ den
Ausführung, Sicherheit und Leiſtungsfähigkeit, und wie viele Aeußerungen und Erörterungen über denſelben haben
Waggon und folgte dem halben Dußend Amerikaner auf ihrem Wege. Zu meinem Entfeßen lag dort der ſchon ſtark in Verweſung übergegangene Leidynam eines Weißen, mit dem Geſichte nach abwärts, Stiefel und der untere Teil der Beinkleider waren verſchwunden , und grauenhafte
Details verrieten, daß die Coyoten zur Nachtzeit bereits ihre Beſuche gemacht haben mußten. Ohne viel Feder: leſens wurden die Ueberreſte in den Sarg geſtopft, dieſer zugenagelt und in das ſchon bereite Grab daneben geſenkt. In wenigen Minuten war dieſes verſchüttet, die Männer fehrten zum Zuge zurück ein Pfiff und weiter gings
in den jüngſten Jahren die Preſſe beſchäftigt! Da die Arbeit im Jahre 1880 oder, genauer, im Jahre 1881 be: gonnen und die Vollendung des Unternehmens für das Jahr 1886 verſprochen wurde, ſo iſt es an der Zeit, darnad, zu fragen : wie weit das Werf bis zu dieſem Augenblick vorangeſchritten iſt und was für Ausſidyten es für die Zukunft darbietet ? Zur Beantwortung dieſer Fragen kommt ein ſoeben erſchienenes Buch ſehr gelegen ,
nämlich: „The Panama-Canal : its History, its political Aspects, and its financial Difficulties ; by J. C, Rodri
nach Süden. Der Leidynam gehörte dem Stationschef
gues. New-York , Scribner , 1885. “ Das Buch iſt der
an , der in einer der häufigen Schießereien mit einem Untergebenen einfach niedergeblaſen worden war. Er hatte zuerſt geſchoſſen , gefehlt, und ehe die zweite Kugel den Lauf verlaſſen , hatte ihn jene ſeines Gegners erreicht.
Wiederabdruck einer Reihe von Artikeln, welche für die
Ausland 1886 , Nr. 1.
Londoner „Financial News“ geſchrieben wurden , und gibt eine allgemeine Ueberſicht der Dperationen vom An fang bis zur Gegenwart, nebſt ſeiner Anſicht über die 3
Der Banamá- Kanal.
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Lage der Geſellſchaft, die politiſche Tragweite des Unter nehmens, ſoweit es die Vereinigten Staaten betrifft, und die bevorſtehende Kataſtrophe. Es verdient, von jedem denkenden Geſchäftsmann geleſen zu werden , und bietet
eine bündigere und gleichzeitig umfaſſendere Darlegung des Falles, als je eine ſolche ſeither erſchienen iſt.
Franken ohne vorläufige, Bant- und Verwaltungsausgaben und Zinſen während der Erbauung foſten, und ſchäßte
die weiteren möglichen Ausgaben auf nur 10 Prozent. Sie berichtete, es müſſen 75 Mil. Kubikmeter, anſtatt der früher in Anſchlag genommenen 45 Mill. Rubikmeter, aus: gehoben werden. Die Koſtenberechnung hiefür ſeßte Herr
Nach einer kurzen Ueberſicht über die vorangegangenen
v. Leſſeps zuerſt auf 658 Mill. und ſpäter auf 530 Mill. Fr.
Erforſchungen der Landenge ſchildert das Buch uns die
herab. Eine ausgedehntere Bekanntſchaft mit der Aufgabe bat aber die Schäßung der abzuhebenden Menge Erdreichy
Erpedition des Commodore Lucian Napoleon Bonaparte
Wyſe von der franzöſiſden Flotte und die Konzeſſion , welche er im Jahre 1878 von den Vereinigten Staaten
auf 125 Millionen Rubikmeter erhöht.
von Columbia für einen Kanal über die Landenge von
Die Baggerung durch das niedrige alluviale Gelände in der Nähe der See und die Ausführung der Hafen
Panamá erlangte.
Der ſogen. „ Internationale wiſſen
arbeiten würde natürlich keine Shwierigkeiten darbieten ;
ſchaftliche Kongreß." welcher 1879 unter den Auſpizien
die tiefſte an der Culebra, aber die Felſenſprengungen am Gipfel 820 Fuß breit und 25-30 Millionen Kubif meter enthaltend, von denen nur erſt ein ſehr kleiner Teil beſeitigt worden iſt, und der Einſdynitt des Emperador, wel cher zwar nicht ſo tief iſt, aber ungefähr dieſelbe Maſſe
des Herrn Ferdinand von Leſſeps in Paris tagte, be: ídloß, die Erbauung eines Schifffahrts -Kanals über die
Landenge von Panamá zu empfehlen, welcher ohne Schleuſen und als ein offener Durchſchnitt von Ozean zu Dzean er:
baut werden ſollte. Jene amerikaniſchen Delegierten zu
Felsgeſtein enthält - ſind ganz fürchterliche Hinderniſſe,
dem Kongreſſe, welche imſtande waren , die Thatſachen aus
die bei dem Maßſtabe, womit man bisher die Arbeiten
eigener Prüfung oder nach Berichten über die Vermeſſungen
vor ſich gingen , zu ihrer Ueberwindung noch viele Jahre
zu Darien, Tehuantepec, Panamá und Nicaragua zu be
erfordern werden. Dazu kommt noch ebenſo die Unſicher: heit, ob man in den unteren Teilen dieſer Einſanitte wenig oder viel Waſſer finden wird. Die Beſeitigung des anſtehenden Felsgeſteins unter Waſſer wird nämlich die
urteilen, und andere durch praktiſche Erfahrungen dazu befähigte Delegierte widerſeşten ſich vergeblich dieſem Be ſchluß und deuteten auf die Schwierigkeiten und uner meßlichen Mängel hin, welche damals ein beſonnenes Urteil und eine zuverläſſige Berechnung unmöglich machten , und hoben die Vorteile anderer Punkte hervor. Das Unter nehmen ſollte jedod) von Franzoſen in die Hand genommen und ausgeführt werden ; die Beihülfe des Herrn v. Leſſeps
Koſten bedeutend ſteigern . Der Rio Grande und der Nio Obiſpo freuzen den
Kanal beziehungsweiſe elf- und ſiebzehnmal und müſſen deshalb abgeleitet werden , ivas etwa dreißig Meilen neuer Flußbetten erfordert. Das furchtbarſte Hindernis jedody
ward ihm zugeſichert, und ſein Erfolg in der Durchfüh
und eines welches viele Ingenieure veranlaßt, an der
rung des Suez-Kanals - eines Unternehmens, das im Charakter der Materialien und der zu überwindenden Hin
derniſſe weſentlich davon verſchieden war – wurde als
Möglichkeit der Aufrechthaltung des Panamá -Ranals zu zweifeln , iſt die Veherrſdung der fürchterlichen Hodywaſſer und Ueberflutungen des oberen Chagres – eines Fluſſes,
Antwort auf alle Einwendungen hervorgehoben. Die Ab ficht ſchien dahin zu gehen, irgendeiner Arbeit zuvorzu
der in der Trockenzeit nur eine Tiefe von zwei Fuß hat, in der Regenzeit aber ein wütender, reißender Bergſtrom
kommen, welche andere an Punkten unternehmen möchten,
Koſtenpunkt auf 1040 Mill. Franken gefeßt und hin
wird, der zuweilen binnen weniger Stunden zu einer Höhe von vierzig Fuß anſteigt und ganz ungeheure Scuttmaſſen mit ſich führt. Die projektierte Ranallinie wird von ihm zuerſt bei Gamboa, in einer Höhe von ungefähr fünfzig Fuß über der Sohle des Kanals, gekreuzt; zwiſchen Gam boa und dem Meere wird der Kanal aber noch neununda zwanzigmal von dem Chagres durdſdynitten. Es find
zugefügt hatte : ,, Die Ausführung derartiger Arbeiten und
daher offenbar einige der ſolideſten und koſtſpieligſten Ar
hauptſächlich diejenige folder Einſchnitte , deren Stabili tät problematiſch ſei , und ebenſo die Operationen be
beiten erforderlic ), um die Hochwaſſer des Chagres abzu leiten, weil der Kanal ſonſt durd) ihren Einbrudy ruiniert werden würde. Es muß zunächſt ein ungeheurer Damm
die für weit günſtiger angeſehen worden ſind und noch angeſehen werden. Der Kanalkongreß idäßte die Koſten eines im Meeres: niveau liegenden Kanals auf 700 Mill. Franken oder
28 Mil. Pid. St., obwohl ein Unterkomité praktiſch den
züglich des Laufs des Fluſſes Chagres bilden eine Rompli kation von Sdwierigkeiten, welche man unmöglich ſchäßen könne." Zu den urſprünglichen Koſten wurden dann noch geſchlagen : 25 Prozent für unvorhergeſehene Ausgaben, 5 Prozent für Bantjpeſen und Verwaltungskoſten und
von Mauerwerk oder Erde, oder aus beiderlei Material,
dem Vorſchlage nad, in der Länge von einer engl. Meile und in einer Höhe von 150-200 Fuß an ſeinem höchſten
3 Prozent jährlicher Zinſen während der Dauer des Baues.
Punkte, in der Nähe von Gamboa aufgeführt werden, um die Wildwaſſer des Fluſjes in einem künſtlichen See auf
Eine „ Internativnale Kommiſſion “ beſuchte die Landenge
zufangen und aufzuſtauen, aus welchem ſie dann all
im Jahre 1880 und berichtete, der kanal iverde 843 Mill.
mählich durch eigens dazu angelegte Sdıleuſen und Kanäle
Zur Frage der Glazialeroſion .
ablaufen können. Die Aufnahme- Fähigkeit dieſes Reſervoirs wird auf.ſechstauſend Millionen Kubikmeter ge däßt, was gar nicht zu viel iſt für eine Waſſerſcheide,
auf welcher erfahrungsgemäß binnen 24 Stunden eine Regenmenge von fünf und einem halben Zoll Höhe nieder
fällt. Das Eintreten eines zweiten tropiſchen Regens bevor der erſte Zeit gehabt hat zu verlaufen, dürfte die
ſchwerſten Folgen nad ſich ziehen. Dieſe idywierige Auf gabe, auf welche ſchon einige Delegierte zum Internatio nalen Wiſſenſchaftlichen Kongreß hingedeutet und die ſie geltend gemacht haben, worüber jedoch, die Mehrheit des Rongreſſes leicht hinwegging , ſcheint von ſeiten der fran
zöſiſchen Ingenieure noch immer nicht gelöſt zu ſein, ob wohl die Vollendung ihrer Studien hierüber von Jahr zu Jahr verſprochen worden iſt.
Die Kanal-Geſellſchaft hat die Panamá-Eiſenbahn angekauft ; es ſind Wohnhäuſer, Hoſpitäler, Werkſtätten, Magazine errichtet, es ſind Bagger- und andere Maſchinen und Werkzeuge aller Art angeſchafft worden und man hat mit der Ausgrabung begonnen. Es ſind bedeutende Erd
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nehmens und den Bankerott der Geſellſchaft in fürzeſter Friſt zu prophezeien. Herr Rodrigues widmet ferner einen bedeutenden Raum der Erörterung der politiſchen Ausſichten der Frage,
des Standpunktes, welchen die Vereinigten Staaten in dieſer Angelegenheit eingenommen haben, der Monroe Doktrin und des Clayton -Bulwer-Vertrags, ſowie der ernſten Verwickelungen, welche daraus entſtehen können, wenn die franzöſiſche Regierung nach dem Bankerott der gegenwär: tigen Aktiengeſellſchaft das Unternehmen amtlich in die Hand nimmt. Die Kapitel, welche der Diskuſſion dieſer
Fragen gewidmet, ſind von großem Intereſſe, allein vor wiegend politiſcher Natur und daher zu näherer Ausfüh rung in dieſen Blättern nicht geeignet. Allein das ganze Werk von Rodrigues fann als eines bezeichnet werden, welches im hohen Grade intereſſant und lehrreich iſt und
die Fehler genau und mit thatſächlicher Begründung nach weiſt, welche bei dieſer allzu übereilten und allzu fanguinis ſchen Inangriffnahme eines mehr als rieſigen Unternehmens begangen worden ſind.
und einige Felsmaſſen beſeitigt worden, und man hat von Zeit zu Zeit raſchere Fortſchritte verſprodjen , aber nichts erreicht. Man hoffte monatlich zwei Millionen Kubikmeter zu bewältigen, allein man hat ſeither noch in keinem Monat mehr als 800,000 Kubikmeter beſeitigt, und die Geſamtmenge, welche von 1881 bis zum Mai 1885 entfernt worden iſt, betrug 12,376,000 Kubikmeter. Der Betrag des hinweg
Zur Frage der Glazialeroſion. In den zwei bedeutendſten Werken moderner Glazial
zuräumenden Materials war anfangs auf 46, dann auf
geologie, nämlich in Pend's : „ Die Vergletſcherung der deutſchen Alpen ", und in Heim's : „ Gletſcherkunde", findet
75 Millionen Rubikmeter geſchäßt worden , iſt aber jett auf 125 Millionen Kubikmeter angeſd wollen , und kom
ſich die Frage der Glazialeroſion in ausführlicher Weiſe erörtert. Leider ſind bekanntlich die diesbezüglichen An
petente Sachverſtändige halten ſogar dieſe Sdäßung noch
ſichten der beiden Forſcher durchaus nicht übereinſtimmend, denn während Penck der Glazialeroſion das Wort redet,
für zu tief gegriffen . Herr v. Leſſeps hat bisher Gelt
beträge in folgendem Betrage erhoben : 50 Prozent von den Aktien der Geſellſchaft mit 117,500,000 Franken ;
Anleihe von 1882 mit 125,000,000 Franken ; Anleihe von 1883 mit 300,000,000 Franken, und Anleihe von 1884
mit 193,692,500 Franken , thut im ganzen 766,192,500 Franken. Er hat ſich nun bei der franzöſiſchen Regierung um die Erlaubnis beworben, neue Kanal-Schuldſcheine
bis zum Betrage von 600,000,000 Franken auszugeben, und beabſichtigt nun auch zu einer Lotterie ſeine Zuflucht zu nehmen ; auch ſoll ein weiterer Anſprud) an die Aktio: näre gemacht werden.
Die Speſen für Diskonto und die
Zinſen werden ſich auf eine fabelhafte Summe belaufen . Der eine beobachtende Augenzeuge des Ranalbaues be
rechnet die noch zur Vollendung des Kanals erforderliche Zeit auf ſechs, ein anderer auf zwölf und noch andere auf zwanzig und ſogar auf fünfzig Jahre. Herr Rodrigues
ſucht Heim mit allem Auftvande feiner beſtedenden Dias
lektik die Unmöglichkeit derſelben nachzuweiſen. Dieſer Umſtand beweiſt, daß die Frage an ſich ſehr ſchwer zil entſcheiden iſt, und daß wir im Augenblicke noch ziemlich weit davon entfernt ſind, über die Glazialeroſion in dieſem
oder jenem Sinne aburteilen zu können. Bedauerlich iſt es hiebei, daß einzelne der neueſten Handbücher der Geos
phyſik der noch immer herrſchenden Unſicherheit nicht mit der entſprechenden Dbjektivität Rechnung tragen, ſondern die Angelegenheit als ausgemacht, und zwar zumeiſt im Sinne der Gegner der Glazialeroſion , hinſtellen. Um ſo wertvoller iſt jeder neue Beitrag, der geeignet iſt, die Frage
ihrer Löſung näher zu rücken ; eine rein theoretiſche Speku lation führt hier nicht zum Ziele, ebenſo wenig das Er periment. Schon Pend hat („ Vergletſcherung der deutſchen
Alpen ", S. 379) darauf hingewieſen, daß die auf unzu
verſtärkt ſeine Angaben durch Zitate aus amtlichen Ur
reichenden phyſikaliſchen Grundlagen beruhenden Rechnungen
kunden und aus Berichten von Beamten, Offizieren und Ingenieuren der Vereinigten Staaten , welche zu wieder:
Reſultate ergeben, die mit den natürlichen Verhältniſſen durchaus nicht in Einklang ſtehen. Dies gilt unter anderem
holtenmalen vom Fortſchreiten der Kanal-Arbeiten Einſicht
auch von den vielbeſprochenen Unterſudungen Didham's über
genommen haben , und nimmt gar keinen Anſtand, der gegenwärtigen Geſellſchaft das Fehlſchlagen des Unter:
den Cohäſionsmodul des Eijes , deren Ergebniſſe auch von Gegnern der Glazialeroſion, wie z. V. von Davis,
Zur Frage der Glazialeroſion.
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nidit anerkannt werden konnten. In einer ſehr gediegenen
Mächtigkeit das Hinabgelangen von oberflächlichem Schutt
Abhandlung über „ die alten Gletſcher der Enns und Steyr"
in die Grundmoräne ſehr unwahrſcheinlich madit. Dazu kommt noch der Umſtand, daß dieſe alten Gletſcher infolge ihrer größeren Flächenausdehnung verhältnismäßig geringe Obermoränen beſaßen, ähnlich, wie wir es jeßt bei den ſkandi
(,,Jahrb. d. f. f. geol. Reichsanſtalt", Wien, 1885, S. 429 bis 612) hat A. Böhm der Glazialeroſion ein eigenes Ka
pitel gewidmet; er ging nicht von der Annahme der Eroſionsfähigkeit des Gletſchereiſes aus, ſondern hat dieſe
naviſchen und grönländiſchen Gletſchern beobachten. Bei
leştere auf ſtreng induktivem Wege, durch Kombination
folchen Gletſchern ſtammt die Grundmoräne nach der An:
zahlreicher Detailbeobachtungen, erſchloſſen. So konnte ſeiner Anſicht nach für die Eroſion der Schotter im oberen
ſicht Heim's von dem präglazialen, in den Thälern ange ſammelten Verwitterungsſchutt. Dieſer Umſtand iſt auch ſchon
Ennsthale, für die Bildung der kleinen Hochgebirgs- und der alten, größtenteils ausgetrodneten Thal-Seen, ſowie
von älteren Glazialforſchern hervorgehoben worden und wird
endlich für die Erklärung der eigentümlichen Hohlformen der Rare nur die erodierende Kraft des Gletſchereiſes als causa efficiens in Betracht kommen. Böhm ſchließt ſich in ſeinen Anſichten vollſtändig an
wohl von niemandem beſtritten. Fraglich iſt es aber, ob die vor der Vergletſderung angeſammelten Schuttmaſſen genügend ſind, die oft erſtaunlichen Detritusanhäufungen der Grundmoränen zu erklären. Heim umgeht dieſe Frage inſoferne, als er annimmt, das ,, Ausfegen " des alten
Penck an und richtet ſeine Polemik vornehmlich gegen
Schuttes hätte eine Jahrhunderte oder Jahrtauſende an
Heim , welcher ſich bekanntlich in ſeinem „Handbuch der
dauernde Gletſcherthätigkeit erfordert. Schon Pend jedoch machte darauf aufmerkſam , daß die vor der Vergletiche: rung gelockert geweſenen Geſteinsmaſſen nicht genügen
Gletſcherkunde als Gegner der Glazialeroſion bekannt hat. Folgende Säße ſtellt Böhm als unbeſtreitbare That fachen hin : 1. Die alten Eisſtröme haben ſich nicht nur ober
flädylid), ſondern auch in ihren unterſten Partieen bewegt, und waren hiebei von der Geſtaltung des Untergrundes inſoferne unabhängig, als ſie auch imſtande waren, unter nicht allzu großen Winkeln und auf nicht allzu große
Höhe der Neigung des Terrains entgegen ſich zu bewegen.
konnten, die Menge des am Fuße der Gletſcher angehäuf ten Materiales zu erklären. Böhm geht nod) näher auf
dieſe widytige Frage ein, indem er zunächſt annimmt, daß die vorrüdenden Gletſcher der Eiszeit keine intenſivere Verwitterung, alſo relativ nicht mehr Sdutt vorfanden, als den heutigen Verhältniſſen entſpricht. Wohl wurden
2. Das Eis an und für ſidy iſt imſtande, eine ge
die verſchiedenen Verwitterungszonen während der Eiszeit verſchoben, und die Region ſtärkſter Verwitterung fenkte ſich
ringe abſchleifende Wirkung auf den feſten Felsgrund
abwärts bis in die großen Thäler und überzog nach und
auszuüben , welche Wirkung fich bei genügend langer Dauer zu jeder beliebigen Größe ſummieren kann. 3. Zwiſchen dem Eiſe und ſeiner feſten Unterlage befindet ſich die Grundmoräne, welche an der Bewegung des erſteren unter hohem Druce teilnimmt und infolge deſſen eine beträchtliche Abnüßung ihrer eigenen Beſtand
teile erleidet, wobei aber auch nicht minder eine Abnüßung der feſten Unterlage bewirkt wird.
Nad Böhm liegt nun der Kernpunkt der Frage nach der Glazialeroſion in den Verhältniſſen und Erſcheinungen der Grundmoräne, und zwar ſowohl nad ihrer Bildung, als auch mit Bezug auf ihre Bewegung ." Was nun zu
nächſt die Entſtehung der Grundmoräne anbelangt, ſo nimmt Heim bekanntlich an, daß das Materiale derſelben größtenteils von den Obermoränen herſtammt. Im Gegen ſabe hiezu ſucht nun Böhm darzulegen, daß Geſteinstrüm
mer durch die Gletſcherſpalten, die, wie ja auch Heim zu gibt, ſehr ſelten bis auf den Grund der Eismaſſe reichen, und ſelbſt durch die ſogen. „ Firnſdründe " nicht unter die Gletſchermaſſe gelangen können , höchſtens in beſon deren Ausnahmsfällen . Speziell am Hüfigletſcher, der von
Heim als Beiſpiel angeführt wird, ſtammt der eozäne Taveyanazſandſtein der Grundmoräne wahrſcheinlich vom
nadh das ganze Gebirge ; die Intenſität der Verwitterung in den einzelnen Zonen wurde aber durch deren Verſchies
bung nicht geändert. Daß die Verwitterung im Hoch gebirge auch jeßt noch in einem ungeheuren Maßſtabe thätig iſt, davon haben uns Heim's bekannte Berechnungen
überzeugt. Durch eine auf ſeine Beobachtungen im Inn thale baſierte Beredynung ſah ſich Böhm zu der Annahme genötigt, daß auch ein Teil der mächtigen Glazialſchotter in letter Linie auf die erobierende Thätigkeit der Gletſcher
zurückzuführen ſei. In ähnlicher Weiſe kann die oft un geheure Mächtigkeit der eiszeitlichen Grundmoränen nur erklärt werden durch die Annahme, daß der Gletſcher ſeine Grundmoräne zum großen Teile durch ſich ſelbſt erzeugt.
Die Eigenſchaften eines plaſtiſch-flüſſigen Mediums be: nehmen dem Gletſchereiſe ſeine Eroſionsfähigkeit durchaus
nicht ; man müßte ja ſonſt auch dem Waſſer die erodierende Kraft abſprechen. Die leßtere ſteigert ſich bekanntlich, wenn das Waſſer mit Detritus beladen iſt ; dasſelbe iſt bei einem Gletſcher der Fall; hier wird das Eis, um einen
von Bend herrührenden Vergleich zu gebrauchen , zum „ Kitt, in welchem die Schleifſteine gefaßt ſind." Daß ein dieſen Vergleich illuſtrierendes Experiment mißlingen müßte,
Boden der Firnmulde und nicht von dem Rande der:
wie Zöppriß („ Geogr. Jahrb., X., S. 28) meint, wird durch einen bezüglichen Verſuch, den Daubrée anſtellte,
ſelben. Noch ſchwieriger als bei den heutigen, geſtaltet
widerlegt. Die an der Sohle des Gletſchers befindlichen
ſich dies bei den diluvialen Gletſdyern , deren oft ungeheure
Geſteinsſtücke, die ja in ihrer Geſamtheit die Grundmoräne
Zur Frage der Gletſchereroſion .
bilden , können nach keiner Seite hin ausweichen und müſſen an der Bervegung des Eiſes teilnehmen ; daß ſie ſich im
allgemeinen langſamer bewegen als die eigentliche Eis: maſſe, wurde von Niles („Proceed. Boston Soc. Nat. Hist. XIX., p. 332 ") durch durch direkte Beobachtungen nach: gewieſen.
Die Anſicht, daß ſich die Grundmoräne als Ganzes bewegt, wurde zuerſt von Agaſſiz ausgeſprochen. Von
Heim wird dieſe Anſicht nicht geteilt, von Böhm jedoch in Uebereinſtimmung mit Penď acceptiert. Eine wichtige Frage iſt nun, ob die Grundmoräne imſtande iſt, unter dem Einfluſſe des von der überlagernden Eismaſſe aus : geübten Druckes den Felsgrund in merklicher Weiſe auf:
zuarbeiten ". Was den Druck, den das Gletſchereis auf ſeine Unterlage ausübt, anbelangt, jo ſucht Heim die Bes deutung desſelben durch die Annahme abzuſchwächen, daß dieſer Druck bei noch ſo bedeutender Mädytigkeit des
Gletſchers nicht über ein gewiſſes Maximum hinaus zu ſteigen vermag ; was darüber geht, wird in „raſder, pla
ſtiſcher Umformung des Eiſes aufgezehrt." Troß ſeiner Plaſtizität darf man aber dem Gletſchereiſe die Eroſions fähigkeit nicht abſprechen . Simony hat vom Karlseisfelde am Dachſtein berichtet, daß ,,die Eroſion häufiger den
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geeignete Schichtenſtellung) vom Gletſcher ſelbſt hervors gebracht werden ; auf der Stoßſeite wird die Schleifung begünſtigt, weil ſich da das Eis langſamer und zugleich aufwärts bewegt.
Für die Aufarbeitung " des Untergrundes des Glet: ſchers wäre übrigens meiner Anſicht nach auch noch fol gendes zu erwägen : Wir wiſſen durch Rodler, daß das Marimum der Verwitterung im Gebirge in jener Zone
zu ſuchen iſt, in welcher die Temperatur am häufigſten um den Nullpunkt dywankt. Leßtere Bedingung iſt aber auf dem Grunde der Gletſcher gegeben , wenigſtens was jenen Teil des Gletſchers anbelangt, der durdy ſubglaziales Ab ſchmelzen das Waſſer für den dem Gletſcherthore ent ſtrömenden Gletſcherbach liefert. Da das Eis bekanntlich diatherman iſt, ſo wird ſelbſt bei bedeutender Mächtigkeit des Gletiders eine länger andauernde Infolation , wie ſie
zweifellos auch in den Sommermonaten der Glazialepoche ſtattgefunden hat, imſtande ſein , das Eis am Gletſcher grunde zu ſchmelzen. Nun ſind aber alle Geſteine, die maffigen ſowohl wie die geſdichteten, oft bis in bedeutende Tiefen von mikroſkopiſchen und capillaren Klüften durch zogen . Das Schmelzwaſſer des Gletſchergrundes bringt natürlid in dieſe Klüfte ein und wird hier, ſobald die
Charakter fortgeſekter Zertrümmerung beibehält und zer
Wirkung der Inſolation nachläßt, mitunter ſchon zur Nacht
klüftete, jeder Spur von Sdiliff entbehrende Felshänge
zeit, auf jeden Fall aber während der kälteren Jahreszeit,
auch dort zurückbleiben können, wo lange Zeit ein mäch:
wieder zu Eis. Der mechaniſche Effekt dieſes Vorganges
tiger Eisſtrom vorbeigefloſſen iſt.“ Die Transportierung von Geſchieben am Grunde des Gletſchers iſt gleichbedeutend mit einer Groſion in lojen Maſſen ; hiebei ſpielt die Wider: ſtandsfähigkeit des Untergrundes eine ſehr große Rolle, ſo daß der Gletſcher bald í leifend, bald aufarbeitend wirken wird.
iſt vorauszuſehen ; es müſſen einzelne Geſteinsſtücke los
Daß ein Gletſcher härtere Geſteinspartieen aus umgeben dem weicherem Materiale gleichſam herauspräparieren kann, wird von Heim nicht für wahrſcheinlich gehalten. Mit
Recht hebt jedoch Bend hervor, daß audi petrographiſch ganz übereinſtimmende Geſteinspartieen ſich der Verwitte rung gegenüber ſehr ungleich verhalten. Ebenſo richtig iſt die Bemerkung Böhm's, daß aus dem Thalboden vor
ragende Felsfuppen auch aus den Schottern, deren Ab lagerung der Vergletſcherung voranging, herausmodelliert werden konnten, indem der Gletſcher das die Ruppe um gebende oder auch ganz verhüllende loſe Material verhält nismäßig leicht zu entfernen imſtande war. Das Vor
handenſein von Felsbuckeln und Riegeln im Thalboden kann demnach durchaus nid)t als ein Argument gegen die
Möglichkeit einer erodierenden Gletſcherwirkung hingeſtellt
gelöſt werden und die entſtandenen Unebenheiten bieten
neue Angriffspunkte der zerſtörenden Einwirkung. Auf dieſe Weiſe muß das Geſteinsmaterial des Gletſchergrundes in die Grundmoräne aufgenommen werden , wobei natür
lich zu berückſichtigen iſt, daß die petrographiſche Be ſchaffenheit, der Grad der Zerklüftung und das Gefälle des Gletſcherbettes, ſowie die mit der Mädytigkeit in geradem Verhältnis ſtehende Transportfähigkeit des Gletſchers den geſchilderten Vorgang und ſomit auch das Endreſultat des: ſelben weſentlich beeinfluſſen . So wird es leicht zu er klären ſein, warum der eine Gletſcher ſehr reichliche, der andere nur ſpärliche Grundmoränen aufweiſt , warum in einem Falle das Gletſcherbett geid liffen , in einem anderen
,,aufgearbeitet" erſcheint. Weitere Zwiſchenſchichten oder ſchichtenartig fortſtreichende ,, Zerrüttungszonen ", wie ſolche z . B. am Gotthard beobachtet worden ſind, werden natürlich
leichter aufgewühlt werden, als das umgebende, härtere oder weniger zerrüttete Geſtein ; auf dieſe Weiſe wird man vielleicht auch die beſonders in den alten Gletſcher- Terri
werden .
torien Nordamerika's beobachteten Gletſcherfurchen (grooves)
Daß die neben Schliffen vorkommenden Rauhigkeiten ebenfalls nichts gegen die Gletſcher-Eroſion beweiſen , hat
erklären können, ohne eine außerordentliche Eroſionskraft des Eiſes annehmen zu müſſen. Reicht die Zerklüftung
idon Penck gegen Whymper dargethan; durd, das immer
des Geſteins nicht ſehr tief, ſo wird die Aufloderung desſelben in vielen Fällen ganz aufhören, und es tritt
währende Auflodern des Felsgrundes kommen ja immer
neue Bruchflächen zum Vorſchein . Die Rauhigkeiten auf den Leeſeiten von Rundhöckern , die auf der Stoßſeite ge ſdhliffen ſind, können unter gewiſſen Verhältniſſen (z. B.
Abſchleifung auf. Aehnlich wird es ſich mit den , roches
moutonées“ verhalten ; zerklüftete oder nicht ſehr reſiſtente Felsvorſprünge werden, ſofern ſie unter dem Eife liegen,
Chineſiſche Seeräuber.
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gewöhnlich eine rauhe Oberfläche befißen ; iſt die Zerſtö
rung jedoch bis zu einer Zone gedrungen, wo der Grad der Zerklüftung dem Eindringen des Schmelzwaſſers nicht mehr günſtig iſt, ſo wird die Auflockerung unterbrochen und der Fels erleidet nur mehr eine Polierung und Krißung.
bis in ihre Schlupfwinkel verfolgt und dort niedergemacht wurden, hätte dauernde Früchte getragen. Strandräuberei gehört allerdings hier auch jeßt noch nicht zu den Selten beiten. So wurde vor ein paar Jahren ein deutſches , an
der ſüdchineſiſchen Küſte geſtrandetes Schiff geplündert,
Im allgemeinen wird man ſagen dürfen, daß polierte
und nid )t beſſer erging es vor einem Jahre einer engli
Flächen eine längere Dauer der Gletſcherbedeckung vers raten als rauhe ; in ſehr vielen Fällen dürfte jedoch erſt
den Barke, die an der Weſtküſte von Formoja auf eine
eine nachträgliche Polierung durch die Schmelzwaſſer des ſich zurückziehenden Gletſchers erfolgt ſein. Was die Fähigkeit der Gletſder, Beden aushöhlen zu können, anbelangt, ſo weiſt Böhm zunächſt darauf hin , daß diesbezüglich zahlreiche Mißverſtändniſſe vorgekommen ſind und noch vorkommen. So wird z. B. von vielen Gegnern der Glazialeroſionslehre geglaubt , daß die An hänger dieſer Lehre auch die Thäler als Produkte der
erodierenden Gletſcherwirkung auffaſſen , während dies thatſächlich nur ein ganz kleiner Teil der Glazialforſcher thut. Für gewiſſe, in ehemaligen Gletſchergebieten ſtets auftretende, in einſt gletſcherfreien Gebieten aber ebenſo
Sandbank geraten war. In folchen Fällen werden natür lich ſtets von den zuſtändigen Konſuln Reklamationen er: hoben , was dann gewöhnlich die Erdroſſelung, Köpfung
oder ſonſtige Beſtrafung von ein paar Chineſen zur Folge hat, ohne daß jedoch viel Garantie dafür da iſt, ob wirls
lich die Hauptübelthäter haben büßen müſſen .
Der eigentliche Seeraub ſchien, wie geſagt, ſchon be vor die Chineſen felbſt ihre Küſten beſſer zu bewachen begannen , auf offenem Meere bedeutend abzunehmen , wozu
nächſt den Anſtrengungen der engliſden Marine wohl am meiſten die allmähliche Verdrängung der Segelſchiffe durch Dampfer beitrug. Indeſſen famen bis vor ungefähr zehn Jahren doch immer noch hin und wieder Fälle von Pira
konſtant fehlende Terraingeſtaltungen glaubt auch Böhm
terie vor.
die modellierenden Wirkungen des Eiſes annehmen zu müſſen. Dies gilt insbeſondere auch für die ſogenannten „ Kare “ und für die in Glazialterritorien ſo oft beobachteten Seebecken, welche beide von Pend ſehr treffend als „oro graphiſche Leitfoſſilien “ der alten Gletſcher bezeichnet worden ſind. Die mitunter an deinend ſehr bedeutende Eroſion mancher Seebecken iſt in Wahrheit faſt verſchwin
eine neue, ſehr gefährliche Methode angewandt. Eine Anzahl Seeräuber überrumpelte nämlich einen zwiſchen
Im Jahre 1874 wurde dabei zum erſtenmale
Hongkong und Canton fahrenden Flußdampfer dadurd), daß fie fich als Paſſagiere an Bord begeben hatten, und während der Fahrt unvermutet die nichts ahnenden Schiffs
offiziere angriffen und niederſdoſſen. Seit jener Zeit läßt
durch Böhm's Beobachtungen , die daraus gezogenen Schlüſſe und die gegen Heim vorgebrachten Einwände die Lehre
man die Mannſchaften dieſer Flußdampfer Waffen tragen , was ähnliche Ueberfälle auf dem Berlfluſſe verhindert hat. Da ferner in den lezten Jahren die Chineſen ſelbſt mit ihren neuen, kleinen Kanonenbooten den Seeräubern beſſer auf die Finger zu ſehen vermochten als früher, ſo hörte inan ſchließlich nichts mehr von Beunruhigung der ausländi den Fahrzeuge, auch nicht einmal der Segelſchiffe unter ihnen, weshalb mehr und mehr jedermann zu glauben be
von der Glazialeroſion eine neue Stüße erhalten hat ; wenn auch vieles noch unklar iſt, ſo läßt ſich doch hoffen,
gann, die alte Plage wäre nun endlich wirklid, verſchwunden . Aus dieſer vermeintlichen Sicherheit ſollte man aber vor
daß die ſtrittige Frage bald ihre endliche Löſung finden wird. Brünn. A. Rzehak.
kurzem in ſehr unangenehmer Weiſe aufgerüttelt werden . Für die hier folgende Beſchreibung des unlängſt vorge
dend gering, wenn man nur auch die räumlichen Verhält: niſſe der Umgebung mit in Betracht zieht und ſich nicht, wie es eben gewöhnlich der Fall iſt, durch die Dimenſionen des einen Objekts über die der anderen täuſchen läßt.
Alles zuſammengenommen , kann man ſagen , daß
kommenen fredyen Seeraubes iſt hauptſächlich die Darſtel lung in der Hongkong Daily Preßz" benußt worden . Der engliſche Dampfer ,,Greyhound " trat am 17. Dkt.
Chineſiſche Seeräuber. Wieder einmal hat es ſich kürzlid gezeigt, daß die Gewäſſer in der Umgegend von Hongkong, und beſonders das Aeſtuarium des Canton- oder Perl- Fluſſes mit ſeinen
Hunderten von Inſeln und Inſelchen leider noch immer zu denjenigen Orten der Erde gehören, wo offene Seeräuberei
ſeine gewöhnliche Fahrt von Hongkong nach Hoihau auf Hainan und nach Pakhoi an , eine Tour, welche er ſchon mehrere Jahre lang ununterbrochen gemacht hatte. Der Kapitän, die Steuerleute und die Ingenieure auf ſolchen Küſtendampfern ſind ſtets Europäer oder Amerikaner, wo gegen die Bemannung zumeiſt aus Chineſen oder Japaneſen beſteht. Auf der erwähnten Fahrt waren außer den dyineſi
zu fürchten iſt. Seit langer Zeit war fein folcher Fall mehr vorgekommen, weshalb man ſich bereits in Hongkong und den ſüdchineſiſchen Häfen der Hoffnung hingab, die Energie, mit welcher die Seeräuber früher wiederholt von kleinen eng
ſchen Matroſen noch 140 dhineſiſche Paſſagiere an Bord. Während der erſten Stunden verlief alles wie gewöhnlich. Aber als der Dampfer ungefähr 70 Seemeilen von Hong
liſchen Kanonenbooten und zulegt von den Chineſen ſelbſt
gefährlichen Gäſte ſich unter den Paſſagieren befanden.
kong entfernt war, zeigte es ſich plößlich , welche höchſt
Geographiſche Neuigkeiten.
Bis zu dieſem Augenblick war gar nichts Verdächtiges vorgekommen, welches den Kapitän hätte im geringſten
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drohten, ſofort zurüdkommen zu wollen , ſobald ſie Rauch aufſteigen ſehen würden.
ahnen laſſen können, daß ſich 30 wohlbewaffnete, verwegene
Sie hatten aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Seeräuber mit der Abſicht eingeſchifft hatten, ihn zu er: morden und ſein Schiff auszuplündern. Es waren des:
Zum Glück befand ſich nämlich ein Erſakhebel an Bord, ſo daß der Dampfer ſich ſchon nach einigen Stunden wieder in Bewegung ſeben konnte und am folgenden Morgen,
balb gar keine Vorſichtsmaßregeln getroffen ; keiner der Offiziere hatte irgend eine Waffe zur Hand, und da ſie noch dazu im Augenblick des Ueberfalls über das ganze Schiff zerſtreut waren, fo vermochten ſich die Räuber im Nu zu Herren der Situation zu machen. Ohne daß es ſidy jemand verſah, begannen ſie plößlich mit Revolvern auf die ganz wehrloſen Offiziere zu feuern. Der Kapitän erhielt ſofort mehrere Kugeln, und bevor er ſeine Kajüte zu erreichen imſtande war, wurde er von den Schurken
nach kurzem Widerſtande überwältigt und erbarmungslos mit einem langen Meſſer erſtochen , worauf man ſeinen Leichnam über Bord warf.
Den beiden Steuerleuten und dem erſten Ingenieur gelang es, die Treppen hinunterzukommen , aber alle wurden
dabei mehr oder weniger ſchwer verwundet. Die Seeräuber unterhandelten darauf mit ihnen und gaben das Ver
ſprechen ab, ſie ſollten nicht weiter verlegt werden, wenn ſie unbewaffnet auf Ded kommen wollten . Da jeder weitere Widerſtand nußlos war , ſo gingen die Offiziere hierauf ein, worauf alle an einen fichern Ort gebracht und dort bewacht wurden. Die Bande, welche ſich auf dieſe Weiſe in faum fünf Minuten in den unbeſtrittenen Befiß des Schiffes geſeßt tatte –- denn die eingeſchüchterten anderen Chineſen konnten nichts ausridten, weil ſie keine Waffen
24 Stunden nach ſeiner Abfahrt, glüdlich Hongkong er reichte. Natürlid) wurden ſofort die britiſchen Behörden
auf der Inſel , ſowie die Mandarinen auf dem Feſtlande von dem Vorgefallenen in Kenntnis gefeßt, und noch am Abend desſelben Tages ſchickte der engliſche Admiral ein
Kanonenboot zur Aufſpürung der Räuber ab, welchem es hoffentlich gelingen wird , dieſelben abzufaſſen . Auch die
Chineſen ſagten ſofort ihre Unterſtüßung zu ; aber nachdem von den Franzoſen die meiſten der kleinen chineſiſchen Kanonenboote leider im vergangenen Jahre bei Futichau zerſtört worden ſind, ſehen ſich die Mandarinen dieſer Hauptwerkzeuge beraubt , die Seeräuberei niederzuhalten, eine um ſo bedauerlichere Thatſache, als viele der ent laſſenen dyineſiſchen Soldaten ſich wahrſcheinlich jeßt dem
Seeraube ergeben haben. Es wäre daher durchaus nicht auffallend, wenn in nächſter Zeit noch weitere Beunruhi gungen von europäiſchen Schiffen vorkommen würden. Und das haben mit ihrer „ offiziöſen " Kriegführung die Herren Franzoſen gethan. Taiwanfu auf Formoſa.
hatten — begann darauf zu plündern. Alles, was irgend
E. Ruhſtrat.
Geographiſche Neuigkeiten.
des Mitnehmens wert war, wurde von ihnen zuſammen
gebäuft, einſchließlich der Habſeligkeiten der chineſiſchen Paſſagiere. Unterdeſſen war das Schiff gewendet worden, und die Räuber, welche faſt alle ziemlich gut Engliſch und Portu gieſiſch ſprachen, gaben dem im Maſdinenraum während
* Der wahre Lauf des Raiſai. Unſer deutſcher Landsmann , Lieutenant Wißmann , hat, wie wir kürzlich meldeten, den ganzen Lauf des Kaſſai bis zum Kongo verfolgt und iſt in Kwamouth angekommen , wodurch er die Identität des Mfini mit dem Kaſſai nachgewieſen hat.
dieſer Vorgänge die Aufſicht führenden zweiten Ingenieur
Dieſe wichtige Entdeckung beweiſt, daß der Kaſſai ein
den Befehl, ſeinen Poſten weiter zu verſehen .
Strom von mächtigen Dimenſionen iſt, ſtellenweiſe ſich ſogar mit dem Kongo meſſen kann und eine hauptſächliche
Ein viers
( chrötiger Kerl mit einem Revolver wurde ihm zur Seite, und ein zweiter auf die in den Maſchinenraum führende Treppe geſtellt. Als der Dampfer nach einigen , für die unglüdlichen
Opfer ſehr bangen Stunden bei den ungefähr 40 See meilen weſtlich von Hongkong liegenden Ladronen-Inſeln, dieſem altberüchtigten Schlupfwinkel der Piraten , ange langt war, famen drei Dichunken heran , in welche als: bald die Beute gebracht wurde. Einige der Räuber machten ſodann den Vorſchlag, das Fahrzeug anzuzünden, aber merkwürdigerweiſe begnügte die Bande ſich ſchließlich damit, ſämtlichen Booten den Boden auszuſchlagen, ſowie
diffbare Waſſerſtraße nach dem Innerſten des Kongo Freiſtaates bildet. Man wußte, daß eines der Hauptziele von Wißmann's Erpedition der Verſuch war, ein Gebiet am linken Ufer des Lulua behufs der Errichtung einer
Station zu erwerben , welche ſeither den Namen Lulua: burg erhalten hat. Wir ſind nun imſtande, nach einem im Mouvement géographique“ veröffentlichten Auszug aus Wißmann's Bericht einige weitere Einzelheiten über 79
ſeine Reiſe zu geben. Die Erpedition verließ die Station
die Feuer auszugießen und einige wichtige Teile von der
Luluaburg unter der Leitung von Buſchlag mit 25 Sol daten und 30 Arbeitern. Die Karawane, aus 200 Per fonen beſtehend, ſchiffte ſich an Bord von 12 großen und
Maſchine mitzunehmen, vor allem den Steuerungshebel. Darauf verließen ſie das nach ihrer Meinung nun völlig hülflos gemachte Schiff, indem ſie zum Abſchied nody
„ Paul Pogge“ ein. Sie fuhr drei Tage lang den Lulua in nordweſtlicher Richtung hinab, ohne auf irgend ein
10 kleinen Kähnen der Eingeborenen und des Stahlboots
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Geographiſche Neuigkeiten .
Hindernis zu ſtoßen, bis ſie die Stromſchnellen erreichte, bei deren Paſſierung zwei Eingeborene ertranken und einige
dieſem Teil ſeines Laufes wird der Kaſſai, welcher noch immer nach Nordweſt fließt, zwar ichmäler, aber tiefer ;
pedition zu ihrer Linken den Zuſammenfluß des Luebo,
ſeine Ufer ſind nicht mehr bewaldet, zeigen aber eine außerordentlich dichte Bevölkerung. Am 2. Juli erreichte
welcher von Süden herkommt, und am 5. lief ſie in den
die Erpedition eine Stelle, wo der Kaſſai ungeheure Ver
Kaſſai ein. Nachdem er den Luebo aufgenommen, zeigt der Kaſſai großartige Proportionen ; ſeine Oberfläche iſt
hältniſſe (manchmal eine Breite von 9–11,000 Yards) annimmt und mit inſeln bedeckt iſt. Auf dem linken
mit maleriſchen Inſeln beſeßt und ſeine Ufer mit Urwäl
Ufer entdeckte man einen wichtigen Zufluß, den Kwango,
dern und wuchernd üppigem Pflanzenwuchs bedeckt. Die Eingeborenen nennen dieſen Teil des Landes Saïré , was die ſchon vor dreißig Jahren von Livingſtone gegebene
Artikel verloren gingen. Am 2. Juni paſſierte die Er
Nadzricht beſtätigt, daß der Kaſſai ſich mit dem Kwango
der von Süden kommt. Die Eingeborenen führten Schieß gewehre und waren von dieſem Punkte an weniger bar bariſ) als weiter ſtromaufwärts und bekannter mit Weißen und Dampfſchiffen. Am 8. Juli erreichten Wißmann und
vereinige und den Zaïré bilde. Auf dem rechten Ufer
ſeine Begleiter den Mfini, der aus dem Leopold See im
wohnen eingeborene Stämme der Bakuba -Nation, auf dem
Norden austritt (was Stanley entdeckt hatte) und langten
linken Ufer Stämme der Bachilele, welche die Erpedition freundlich aufnahmen. Jeden Morgen kamen die Ein
am 9. Juli nach einer Reiſe von dreiundvierzig Tagen in Kwamouth an. Lieutenant François, der Geograph der
geborenen in großer Anzahl ins Lager, um ihre Waren, hauptſächlich Kautſdut und Elfenbein , zu vertauſden. Alle Wälder in den Umgebungen der Ströme Kaſjai und Lulua ſcheinen ungemeine Reichtümer an Rautſduk
Erpedition, hat eine Karte des burdireiſten Bezirks in drei Blättern nach Hauſe geſchickt. Wir reproduzieren hier
zu enthalten.
Von dieſem Punkte aus betrat die Erpedi
tion unbekannte Regionen, welche wahrſcheinlich noch nie
cinige der darauf angegebenen Poſitionen : Dorf Katende Dorf Mona Tenda Lubuku
mals von einem Weißen beſucht worden waren. Die erſte wichtige Entdeckung war auf dem rechten Ufer die Müns dung eines mächtigen Stromes, der ſich als der Sankuru
Luluaburg Lulua-Stromſdynellen
ſ. Br. 60 15' 60 17 "
3. L. v . Gr. 220 554 230 37
60 10 50 584
220 484
50 16-
220 49
Einmündung des Luebo (linfes llfer)
50 25
210 50 210 350
Einmindung des Lukua
50
210
Armen von 270 und 300 Yards Breite ; den Eingeborenen zufolge unterbrechen keine Fälle oder Stromſdynellen den Lauf desſelben. Er kommt aus Dſten,, wo er vielleidyt mit dem 1881 von Wißmann und Pogge entdeckten Lubi laſch, den Stanley für einen Zufluß des Lomami und
Einmündung des Sanfuru (rechtes Ufer) Einmündung des Loango ( linfes Ufer) Dorf Gana Daneata (linfes Ufer )
40 204 40 25 40 5
200 250 200 5 ' 190 45
Lager in der Nähe der Bakutu - Rannibalen Lager in der Nähe der Badima Einmiindung des Koango ( linkes Ufer)
30 45' 30 17'
190 20 180 7
30 151
170 50
Einmündung des Müni (rechtes Ufer)
0 0
170 35 170 30 '
etwas oberhalb der Stanley Fälle in den Rongo mündend
Dorf Mutici
30 30
Station Kwamouth
30 10
160 450
auswies, und die die Erpedition am 16. Juni erreichte. Dieſer große Zufluß ergießt ſich in den Kaſſai in zwei
50
50
hielt, identifiziert werden kann. Von der Einmündung des Sankurn jeßt der Kaſſai -- anſtatt nach Norden zu
(Sc. G. M.)
fließen , wie man annahm und es noch auf den Karten
* Die Erforſchung des Miſtaſinni - Sees. Die
verzeichnet findet – ſeinen Lauf nach Nordweſten fort ;
canadiſche Regierung traf zu Anfang des Jahres 1884 Vorkehrungen zur Organiſation einer Erpedition zu dem Zwecke, die ſchon 1870 begonnene und 1871 fortgeſeşte
ſeine Breite nimmt noch immer zu und erreicht ſtellenweiſe
656 Yards. Am 20. Juni gelangte die Erpedition zu den Badinga, kam durch eine dichtbevölkerte Gegend und paſſierte am folgenden Tag auf dem linken Ufer die Mün dung eines 44 Yards breiten Nebenfluſſes, welcher ein rötlich gefärbtes Waſſer und eine ſehr raſche Strömui batte, den Namen Temba führte und vielleicht der mit dem Lutſchiko vereinigte Loango iſt. Die Expedition, welche
bisher von ſolchem Erfolg begleitet geweſen war, näherte ſid nun den berüchtigten Bakutu, welche Kannibalen und ſehr kriegeriſd) und händelſüchtig ſind. Es ward daher
Erforſchung und Vermeſſung der bis jeßt noch wenig be fannten Region fortzuführen, welche nördlich vom St. Johns: See liegt, und darin die Vollendung der Vermeſſung des Miſtaſinni-Sees und eine Unterſuchung der Gegend zwiſchen ihm und der St. James-Bucht einzubegreifen. Zum Führer der Erforſchungs-Geſellſchaft wurde Herr I. Bignell, zum Gcologen und zweiten Befehlshaber derſelben Herr A. P. Low ernannt. Die Zwecke der Erpedition wurden folgen: dermaßen feſtgefekt: 1 ) vollſtändige hydrographiſche und
vor der Ankunft in ihrem erſten Dorf jede erforderliche Vorſichtsmaßregel getroffen, und am 24. Juni lagerte man in ihrer Nähe. Am folgenden Tage machten die Ein
topographiſche Vermeſſung des Miſtaſinni-Sees, beſonders
geborenen, welche ſich von Anfang an feindſelig gezeigt
Teiles des anliegenden Landes; 3) Sammlung von pflanz
hatten , zu Waſſer und zu Lande einen entid loſſenen An griff auf das Lager, wurden aber zurückgeſchlagen. An
Illuſtration dieſer Region dienen. Eine Vermeſſung des
der nördlichen und öſtlichen Teile ; 2) eine geologiſche Unterſuchung des Seegeſtades und des etwa zugänglichen lidhen, mineraliſchen und tieriſchen Spezimina, welche zur
Geographiſche Neuigkeiten.
17
Rupert- Fluſſes, durch welchen die Gewäſſer des Miſtaſinni:
wan-See begab, während Herr Bignell den Berſimis-See
Sees ihren Abfluß nach der St. James -Bucht nehmen,
glaubte aber , dieſe Arbeit werde einen anderen Sommer
hinauffuhr. Herr Low ſchäßt die von ihm zurückgelegte Strecke auf nahezu 100 Meilen ; er hatte aber viele Zeit verloren, weil ſeine Abteilung nicht imſtande war , bei
in Anſpruch nehmen, wenn die Geſellſchaft ſid, nidt trennen
vorherrſchenden ſtarken Winden in kleinen Kähnen über die
und der eine Teil den See vermeſſen , der andere ben
großen Seen zu fahren. Das Land zwiſchen dem Pip muafan und dem Manwan-See ſchildert er als flach und mit vielen Seen bedeckt; er hatte am Manwan - Fluſſe nur eine einzige Hügelreihe von ungefähr 300 Fuß Höhe zu paſſieren . Die Gegend war nadı allen Richtungen von Waldbränden heimgeſucht worden, infolge deren beinahe aller Hodwald
ward für einen beſonders wichtigen Zweck angeſehen ; man
Rupert-Fluß hinabfahren könne. Man nahm an , dieſer Plan werde die größtmögliche Belehrung über jene nordöſtlichen Gebiete der Dominion und die anliegenden Teile der Provinz Quebec liefern , welche zwiſchen dem 72. und 79.0 w. L. und dem 50.0 und 52. n. Br. liegen, einer Area von ungefähr 42,000 e. D.-MI., über welche man bisher nur ſehr wenig weiß, von welcher man aber annimmt, daß ſie wertvolle Mineralien und zur
Anſiedelung geeignete Landſtriche enthalten werde. Der einzuſchlagende Weg war folgendermaßen beſtimmt worden : Herr Bignell follte vom Großen Pipmuakam - See auf brechen und den Betſiamites- Fluß bis zum Manwanis-See, in der Nähe der Quelle dieſes Fluſſes, hinauffahren. Vom Manwanis -See ſollte er in weſtlicher Ridhtung nach dem Großen Miſtaſinni-See reiſen und den Flüſſen und Seen folgen , welche die Quellen der ſüdwärts in den St. John See ſich ergießenden oder in entgegengeſetter Richtung
niedergebrannt war ; auch Fiſche und Wildpret gab es nur wenig. Er hoffte nod vor Ende Novembers den Miſta ſinni zu erreichen . Das Thermometer fiel jede Nacht unter den Gefrierpunkt und am 8. Oktober fiel der erſte Schnee drei Zoll tief.
Mittlerweile reiſte Herr Bignell mit zwei Begleitern, um die Haupterpedition zu treffen, nach dem Themiscomie
See, welches der einzige praktikable Weg war, um zuerſt den Miſtaſinni-See zu erreichen. Dabei fuhr er von der Foam - Bay aus den Großen Miſtaſinni 120 Min. weit
hinauf und machte denſelben Weg wieder 60 MIn. zurück,
weil es einen anderen Weg gab, den die Hauptexpedition
verlaufenden Flüſſe bilden ; ebenſo ſollte er über den
vielleicht einſchlagen mochte. Dann feßte er nach dem
Croßen Manwan-See fahren, über welchen er auf ſeiner früheren Vermeſſungsreiſe Nadyridyten von den Indianern
Kleinen Miſtaſinni hinüber, eine Entfernung von etwa
erhalten hatte. Kürzlich traf ein Brief des Herrn Low, vom 1. Sept.
6 Min., und wanderte 80 Min . weit bis zu deſſen oberem Ende. Man bemerkte, daß der Zug des kleineren Sees derſelbe war, wie der des größeren, nämlich von Südweſt
und vom Pipmuakan-See datiert , ein, worin derſelbe
nad Nordoſt.
berichtet, daß in einer Entfernung von 65 e. Mi. den
kleinen Miſtaſinni ergießt ſich der Rupert-Fluß in den
Berſimis - Fluß aufwärts ein gelber Gneis vorkomme, der große Mengen von Magnet-Eiſenerz führe. Das Geſtein beſtehe wirklich in einzelnen Fällen beinahe ganz aus Magneteiſenerz und ſei in Schichten von 1 bis zu 20 Fuß Mächtigkeit dem Fluß entlang und auf den Tragepläßen auf eine Strecke von 40 e. MI. zu ſehen und ſcheine eine ungeheure Menge des wertvollſten Erzes zu enthalten.
felben und verläßt ihn wieder, und Ein- und Auslauf liegen einander beinahe gegenüber. Der Ablauf vom fleinen in den großen See iſt nur etwa fünf Viertelmeilen lang, aber durch Stromſchnellen vielfad, unterbrochen . Der kleine Miſtaſinni-See, ungefähr 100 MI. lang und 6 MI. breit, iſt ein wunderſchöner See, namentlich an ſeinen nördlichen
Dazu habe der Fluß ſich auf einer Strecke von 45 e. ML
in ſanfter Böſdung bis zum Waſſerrande herabſenken. Auch enthält er am nördlichen Ende, wo die Ufer vorzugs
von ſeiner Mündung an chiffbar gezeigt. Seine Ufer und die benachbarten Berge feien mit ſdyönem Hochwald, vorzugsweiſe aus Sproſſenfichten , Rotfidyten , Kiefern, Birken, Tamarat- und Balſam - Tannen und Pappeln bes ſtehend, bekleidet. In der angegebenen Entfernung befindet
ſich ein Waſſerfall von etwa hundert Fuß Höhe und über demſelben bildet der Fluß eine Reihefolge von Fällen und Stromſchnellen ; dann aber werde er wieder ſchiffbar bis zum See. Der Hochwald erſtrecke ſich nur ungefähr acht Meilen über den erſten Fall hinaus. Der Fluß wimmle oberhalb des Falls von Fijden : großen Hechten, Stein ſaugern, Bachforellen u. ſ. w. Nach der Rüdkehr von ſeinem Ausflug ſtieß Herr Low zu Herrn Bignell am Bipmuakan -See, weldhen ſie dann am 10. September ge meinſam verließen.
Sie trennten ſich ſpäter wieder, indem
ſich Herr Low über den Manwan-Fluß nach dem Man
Ungefähr 30 Min. vom oberen Ende des
Geſtaden, welche ſich, dicht mit Sproſſenfichten bewachſen,
weiſe aus Kalkſtein beſtehen und niedrig ſind, eine Menge Inſeln. Herr Bignell fuhr vom kleinen Miſtaſinni nicht den Rupert- Fluß hinauf , ſondern kreuzte ihn vom oberen Teil des Sees her auf einem Trageplaß von ungefähr brittehalb Meilen. Derjenige Teil des Rupert, welchen er etwa 25 Min. weit bereiſte, kam aus Oſten und war ein ſtarker ſchöner Strom. Vom Rupert- Fluß aus erreichte er am 23. September den Themiscomie-See und fand
daſelbſt einen verlaſſenen Poſten der Hudſonsbay-Kom pagnie, dagegen keine Spur von der Haupterpedition. Er wanderte jedod weiter über die Tragepläße und Seen, bis er die Landhöhen über dyritt und die Gewäſſer erreichte, welche in die Flüſſe Shipſhaw und Manwan und durdy
den Manwan in den großen Peribonka ſich ergießen. Endlich erreichte er am 8. Oktober den St. John-See,
18
Geographiſche Neuigkeiten .
ohne die Hauptexpedition getroffen zu haben, welche den Shipſhaw erreicht zu haben ſcheint, nachdem er ihn paſſiert
zahl ſoll früher 10 Millionen überſtiegen haben. ' Ver-:
See, auf dem Kahnwege etwa 285 Min. vom Berſimis Fluſſe, geweſen zu ſein und vollkommen erwartet zu haben , den Miſtaſinni in Kähnen zu erreidien. (Sc. G. M.)
tilgungskriege verurſachten die Zerſtörung der Waſſer: behälter und Kanäle, welche die Fruchtbarkeit in das Herz des Landes trugen, und verivandelten jene reidyen Gegen den, wo das alte Aueradſhapur, die heilige Stadt des Buddhismus , in unvergleichlidem Glanze prangte, in
* Die Inſel Ceylon. Monſeigneur Bonjean, der Biſchof von Colombo, gibt in den „ Missions catholiques
Inſel kaum mehr drei Millionen Menſchen.
hatte. Die Erpedition ſcheint am 12. Oktober am Manwan
im Auszuge nachſtehende Nachrichten über dieſe Inſel : Am ſüdlichen Ende von Indien gelegen und von dieſem durch den Golf von Manaar getrennt, erſtreckt ſidh Ceylon von 5 ° 56' bis 90 48 ' n . Br. und von 770 34' bis 790
40' ö. L. von Paris ; ſeine Länge beträgt 360 Km ., ſeine feine größte Breite 190, ſein Umfang 1060 Km., ſeine Oberfläche 64,000 Q -Km . Sein Klima iſt im Norden trocken und heiß, im Süden feucht und gemäßigt; in den am Meere gelegenen weſtlichen und ſüdlichen Provinzen , die das apoſtoliſche Vicariat Colombo bilden, ſind die Schwan:
kungen des Thermometers : Minimum 24, Maximum 36, Mittel 300 C. Während des größten Teils des Jahres wird daſelbſt die Hiße durch die Seewinde gemildert. Mit Ausnahme der periodiſchen Einfälle der Cholera und der Durch die Malaria erzeugten Fieber in einigen ſumpfigen Bezirken iſt das Klima im allgemeinen geſund, und man kann bei Beobachtungen einiger hygieiniſchen Vorſichts: maßregeln ſeine Geſundheit leicht bewahren. Auf dem ganzen Teile der Inſel, welcher die Breite des Kaps Como rin überſchreitet, iſt das Land fruchtbar; der Norden das gegen iſt trocken und unfruchtbar ; die Ebenen des Innern ſind mit Wäldern oder Dichungeln bedeckt, in welchen der
Elefant, der Bär, der Panther, das Wildſdywein und an dere wilde Tiere hauſen. Die Verge des Innern erheben ſich zu einer Höhe, die zwiſchen 1000 und 7000 Fuß über der Meeresfläche ſchwankt; auf dieſen, von europäiſchen An ſiedlern urbar gemachten Bergen dehnen ſich die ungeheuren Kaffee- Plantagen aus, welche bis 1878 den Wohlſtand der Inſel bildeten, die aber ſeither durch ein mikroſkopiſches Inſekt
gänzlich verheert worden ſind, deſſen Zerſtörungswut die Wiſſenſchaft ſeither nicht Einhalt zu thun vermochte. Die
unheilbare Verheerung dieſer großen Wohlſtandsquelle hat eine landwirtſchaftliche, induſtrielle und kommerzielle Kriſis hervorgerufen und überall Armut, Elend und Ruin ver
förmlidie Wüſten. Heutzutage beträgt die Bevölkerung der Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die am
Meere gelegenen Gegenden von Ceylon durch die Portu: gieſen erobert. Die Holländer nahmen ihnen 100 Jahre ſpäter dieſelben ab und wurden ihrerſeits im Jahre 1795
durd, die Engländer vertrieben. Seither iſt die Inſel im Beſiß von Großbritannien und bildet eine der ſchönſten Kolonien desſelben. Unter der engliſchen Herrſchaft hat die Ziviliſation große Fortſchritte in Ceylon gemadyt ; die engliſche Sprache wird von den Eingeborenen ſehr kulti viert, aber Handel und Induſtrie ſind in den Händen der Europäer ; die Steuern werden jedes Jahre ſchwerer, und
troß ſeiner zahlreichen Schulen, ſeiner guten Straßen, ſeiner ſchönen Häfen, feiner Eiſenbahnen und zahlreichen Zeitungen iſt Ceylon nicht das Eldorado, welches die Ein bildungskraft der Dichter entflammte und die Habgier der Handelsleute anlodte, und wird es auch niemals werden. Heutzutage umfaßt die Inſel Ceylon drei apoſtoliſche Vikariate :
Colombo, im Süden, Geſamtbevölkerung 1,700,000 ;
katholiſche Bevölkerung 150—200,000 Seelen ; Miſſionare 29, Sdüler in den katholiſchen Schulen 11,300. Apo ſtoliſcher Vifar Monſigneur Bonjean, von den Oblaten der unbefleckten Maria.
Jaffna, im Norden , Geſamtbevölkerung 800,000 ; katholiſde Bevölkerung 75-85,000 Seelen ; Miſſionare 38,
Schüler in den katholiſchen Schulen 7700. Apoſtoliſcher Vifar Migr. Metizan von derſelben Kongregation. Kandy, in der Mitte der Inſel, Geſamtbevölkerung
400,000 ; katholiſche Bevölkerung 8—12,000 ; Miſſionare 8, katholiſche Schüler 452. Apoſtoliſcher Vikar Mſgr. Pagnani, von der Kongregation der Benediktiner von Saint-Sylveſter. Ceylon mit der Miſſion Verapoly auf der Ma
labar-Küſte nimmt den erſten Rang unter den indiſchen
breitet.
Miſſionen für die Zahl der Katholiken im Verhältnis zur Geſamtbevölkerung ein, und das Vikariat Colombo be
Ceylon iſt das Taprobane der Alten. Seit dem fern ſten Altertum denjenigen europäiſchen Nationen bekannt, mit welchen es regelmäßige Handelsverbindungen unterhielt,
Es kommt auf Ceylon ein Katholik auf vierzehn Ein
wohner und im Vikariat Colombo ein Katholik auf zwölf
war es berühmt wegen ſeiner Edelſteine und Perlen, wegen feines Zimmet, feiner Gewürze und Wohlgerüche, und
Bevölkerung beinahe ganz katholiſch.
galt lange Zeit für das Ende der Welt im Morgenlande, dem man eine ungeheure Ausdehnung beimaß. Die Ur
Dr. R. v. Lendenfeld hat dem Oberbergamte von Neu
bewohner der Inſel ſind nur noch durch den Stamm der Weddahs vertreten, deſſen Ueberbleibſel im Zuſtande reiner
Wildheit im Schooße der Wälder leben und jede Berüh rung mit den übrigen Raſſen meiden.
Die Einwohner
hauptet dieſelbe Stellung unter den Vikariaten der Inſel.
Einwohner. An gewiſſen Orten, wie in Negombo, iſt die * Die auſtraliſchen Alpen. Unſer Landsmann ſüdwales einen ausführlichen und ſorgfältigen Bericht über
die Ergebniſſe feiner jüngſten Unterſuchung des zentralen Teiles der Auſtraliſchen Alpen, nebſt einer intereſſanten Beſchreibung der Berge Townsend und Kosciusko, eins
Litteratur.
19
Meteorologie, praktiſche Ergebniſſe und Reiſebeſchreibung.
ein wunderſchönes Angebinde für alle diejenigen , welche jenſeit des Ozeans gelebt haben oder Verwandte drüben beſigen – ein Fall, welcher dermalen beinahe in jeder Familie vorkommt. Herr
Nach einigen vorläufigen Bemerkungen allgemeiner Art
v. Hellwald hat einen vortrefflichen Text unter Benügung der
geſandt. Der Bericht umfaßt ſieben Abſchnitte: Geographiſche Züge, Beredynung der Höhen, Geologie, Flora und Fauna,
gibt Dr. v. Lendenfeld eine geographiſche Schilderung des Hauptgebirgszuges und äußert in Betreff desjelben : ,, Die Hauptfette der Auſtraliſchen Alpen hat im Durchidhnitt
auf eine Entfernung von etwa 50 Min. eine Höhe von über 5000 Fuß, und erreicht ihre größte mittlere Höhe in der Nachbarſchaft des Mount Kosciusko. Die Richtung iſt beinahe genau von Nord nach Süd mit einem kleinen Zuge nach Südweſt. Er betradytet einen Teil derſelben als zur Berggruppe des Rosciusko gehörig, die zwiſchen ihrer Verbindung mit den Widderkopf-(Ramshead )-Gebirgen und der Hauptquelle des Murray-Fluſſes liegt. Dieſer Teil hat eine mittlere Höhe von etwa 3600 Fuß. Von Südjüdweſt herkommend, ſchließt ſie ſich an die Ramshead
Kette an, welche einen öſtlichen und einen weſtlichen Aſt, im Mount Clarke, hat. Von hier idlägt die Hauptfette eine nördliche Richtung ein. Gerade unterhalb derſelben, öſtlich von Mount Townsend , befindet ſich ein Paß in der öſtlichen ſekundären oder ſogenannten Ramshead-Kette, welcher den nördlichen Aſt des Crodenbach mit dem vom
Snowy-River durchzogenen Thal verbindet. Lendenfeld chäßt die Höhe dieſes Paſſes auf 7052 Fuß und nennt ihn Ramshead- Paß. Nachdem er noch andere Päſſe von
neueſten Reiſewerke und beſten Quellen geliefert und in der Ans. wahl der zahlreichen und prächtigen Fluſtrationen einen vorziig lichen Taft und Geſchmack bethätigt, und die umſichtigen und
unternehmenden Verleger haben ihr möglichſtes gethan , um dieſem Prachtwerk die gediegenſte und eleganteſte Ausſtattung zıl geben , und ſo hat dieſes Werk reichlich alles erfüllt, was ſein Proſpekt
verſprochen , und hat wohl unbedingt die Erwartungen der Sub. ſkripenten itbertroffen. Wir können hier nur all das Lob beſtätigen , das in dieſen Blättern ſchon von Zeit zu Zeit während ſeines Erſcheinens dieſem Werke geſpendet worden iſt, und müſſen ihm
die verdiente Anerkennung zollen, daß es eine der beſten und voll ſtändigſten Shilderingen dieſes Poloſſalen Ländergebiets und die hervorragendſte Erſcheinung in der Litteratur über die Ver
einigten Staaten und ein Buch iſt, welches nach allen Seiten umſerer deutſchen Litteratur zur hohen Ehre gereicht. Hellwald , Friedr. v.: Die weite Welt. Reiſen und Forſchungen in allen Teilen der Erde. Ein geographiſches Jahr buch.
Berlin und Stuttgart, W. Spemann, 1885.
Wir haben
zwar bereits ein geographiſches Jahrbuch für wiſſenſdaftliche Streiſe, aber das vorliegende nenie Unternehmen iſt ein Jahrbuch des geographiſchen Wiſſens und der neueſten Ergebniſſe deutſcher
Forſchung in Geographie , Reiſen und länder- und Völkerkunde für den größeren lejerkreis der Gebildeten und dazu beſtimmt, denſelben eine möglid)ſt vollſtändige Ueberſicht über alle Fortſchritte
und Bereicherungen des geo- und ethnographiſchen Wiſſens zu geben. Das Unternehmen hat in dieſer Richtung ſeine Berechti gung, und der als geiſt- und geſchmadvoller Kompilator und
großem Intereſſe geſchildert, äußert er bezüglid, der praktis
Sammler wohlbekannte Herausgeber hat es in dieſem ſtattlichen,
ichen Reſultate : Das ganze Plateau des Kosciusko, mit
mit ſchönen Illuſtrationen und einer Ueberſichtskarte der kolonialen
einem Flächenraum von etwa 160 e. Q.-Min , werde faum
Fleiß fehlen laſſen , um dieſes Rundgemälde der geographiſchen
ausgenüßt. In den unteren Regionen find ſchöne Hoch: wälder, und über dieſen ein wohlbewäſſerter, nüßlicher, baumloſer Weidegrund, der kaum von den Weiden in den europäiſchen Alpen übertroffen werden kann. Die Anlage von Wegen und Straßen nach irgend einem Teile dieſer Hochebene verurſacht keine Schwierigkeiten , und Herr v. Lendenfeld vermißt fich, jeden Tag im Einſpänner von Sydney aus bis auf den Gipfel des Mount Townsend zu futſchieren. Die ganze Gegend eignet ſich vorzüglich für die Rindviehzucht, aber Schafe müſſen aus Furcht vor dem Bindwurm von den moorigen Strecken fern gehalten werden. Die einheimiſchen wilden Hunde ſind allerdings ein weiteres Hindernis für die Schafzudyt, allein ſie könnten mit der Zeit ausgerottet werden. („ The Colonies and India .“ )
Forſchungs-Ergebniſſe des letzten Jahres ſo mannigfaltig, unter haltend und vollſtändig wie möglich zu machen. Er hofft es dadurch zu einem in jeder gebildeten Familie gern geſehenen und unent behrlichen Hausbuch zu machen. * Rat el, Dr. Friedrich : Völkerkunde. Erſter Band: Die Naturvölker Afrika's. Mit 494 Ab en im Tert, zehn Aquareltafeln und zwei Karten . Leipzig , Bibliographiſches Inſtitut, 1885. – Die Verlagshandlung des gediegenen Pracht werkes „ Brehm's Tierleben “, welches nun ſchon in dritter Auflage vorliegt, hat ein neues großartiges Unternehmen vorbereitet, eine „ Allgemeine Naturkunde“, welche nach einem klaren , wohldurch dad ten , praktiſchen Plan angelegt iſt und auf welche wir noch mehrfach zuriidkommen werden . Zu dieſer „ Naturkunde “ gehört als integrierender Teil eine „ Völkerkunde“ in drei Bänden, die
Beſitzungen der europäiſchen Staaten geſchmidten Werke nicht an
Schilderung der Naturvölfer der verſchiedenen Erdteile, und für
die Bearbeitung dieſer Aufgabe hat die Verlagshandlung eine hervorragend tichtige Kraft in Herrn Profeſſor Dr. Fr. Kaşel in München , dem früheren Redakteur des „ Ausland “, gewonnen. Von ſeiner Arbeit liegt nun hier der erſte Band vollendet vor und erweiſt ſich als ein in jeder Hinſicht tichtiges und gediegenes Werk. Dieſer erſte Band bietet zunächſt in einer allgemeinen Einleitung die !
weſentlichen Grundzüge der Völkerkunde und dann die Spezialſchilde
Litteratur.
rung der Naturvölfer des jüdlichen, des zentralen und des weſtlichen
Afrika . Nad) einer Beſchreibung von Land und Volt führt uns der * Hellwald , Friedrich v.: Amerifa in Wort und Bild . Eine Schilderung der Vereinigten Staaten , mit zirka 700 Dieſes ges Anſichten. Leipzig , Schmidt und Giinther, 1885. diegene Prachtwerk, wohl eines der ſchönſten, welches der deutſche Buchhandel jemals hervorgebracht hat , iſt noch vor der Weih nachtszeit zu Ende gefiihrt worden und liegt jetzt als Ganzes vor, -
Verfaſſer die Landſchaften und Naturerzeugniſſe der großen Haupt
zonen , ſodann die anthropologiſchen und klimatiſchen Verhältniſſe, das leibliche, geiſtige und geſellige Leben, die Religion , die Sitten und Bräuche , das Familienleben, die Wohnung, die politiſchen,
wirtſchaftlichen und rechtlichen Zuſtände, die Beſchäftigung mit Acerbau, Viehzucht oder Jagd, den Handelsverkehr, die Bewaff
20
Litteratur.
nung, die einheimiſchen Kunſtfertigkeiten , das Leben in Krieg und Frieden , die Sklavenjagden und den Sklavenhandel u . f. w . in
klarer, lebendiger und anſchanlicher Darſtellung vor. Profeſſor Rapel hat die beſten Reiſewerke und ſonſtigen Quellen gewiſſen haft benüßt und vortrefflich verarbeitet, um ſeinen Leſern alle Eigentümlichkeiten vorzuführen , welche die verſchiedenen Völfer ſchaften Afrika's auszeichnen , und die zahlreichen vorziiglichen Fluſtrationen veranſchaulichen in treffender Weiſe das im Text angeregte ; ſie fiihren dem Leſer die Typen der verſchiedenen Völfer, Szenen aus ihrem häuslichen Leben , ihre Wohnungen , Gräber, Tempel, Gößenbilder, Hausgeräte, Ader- und andere Werkzeuge, Kleidungsſticke, Putz, Zierrateit, Waffen u . f. w. nach den beſten Spezimina der ethnographiſchen Muſeen Europa's vor und ſchaffen auf dieſe Weiſe ein ebenſo anziehendes und lehrreiches wie echt populärwiſſenſchaftliches Geſamtbild vom afrikaniſchen Völkerleben. So iſt das Werk, das keinen ebenbiirtigen Vorgänger hat, ein bahnbrechendes und muſtergültiges, namentlich durch die taktvolle Auswahl und fritiſche Verarbeitung des reichen Stoffes und er wedt von dem Ganzen dieſer „ Allgemeinen Naturkunde “ wie vou der Sektion „ Völkerkunde “ die beſten Hoffnungen. Wir ſind iiber zeugt, daß das nene Unternehmen , welches eine wirkliche Lücke in unſerer populär-wiſſenſchaftlichen Litteratur in muſtergiltiger Weiſe
und ethnologiſchen Einleitung über die erſten Anfänge, das ge ſchichtliche Auftreten, die Altertümer und Denkmäler, die ethnologiſche
Stellung und die Wanderungen des Türkenvoltes teilt Profeſſor Vámbéry die verſchiedenen Völkerſchaften und Stämine dieſer Nation in ſibiriſche, mittelaſiatiſche , Wolga-,1 Pontus- und Weſt
Türken und beſchreibt deren einzelne Stämme ſpeziell nach den zilverläſſigſten geſchichtlichen und ethnographiſchen Quellen, nämlich die Jaluten , Kara - Kirgizen , Kazak Kirgizen , Uiguren und Oſt
turkeſtanen , Oezbegen , Kara-Kalpakent, Turfomanen , Kazane Tataren , Tſchuwaſchen , Vaſchkiren , Meſchtſcheren und Tepteren, Krim -Tataren , Nogai- Tatarent, Kunduren, Kumiifen und Karatſchais, die iraniſchen Türken und die Osmanen . Dieſe auf ein um
faſſendes Quellenſtudium und gründliche eigene Anſchauung und Beobachtung gegründete Monographie enthält des Neuen und Belehrenden ſo viel, daß ſie als einer der gehaltvollſten Beiträge der Völkerkunde von Weſt- und Hochaſien bezeichnet werden darf
und in allen ethnologiſchen Kreiſen Aufſehen erregen wird, denn ſie hat den praktiſchen Wert aller Vámbéry'ſchen Werke.
* gölzel's Geographiſche Charakterbilder für Schule und Hans. Herausgegeben unter pädagogiſcher und
wiſſenſchaftlicher Leitung von Dr. Joſef Chavanne, V. v. Haardt, W. Prauſek, k. f. Landesſchulinſpektor, Dr. Friedr. Simony, l. t.
ausfüllt, denſelben großen Erfolg haben wird, wie Brehm's Tier
Univerſitäts - Profeſſor, Dr. Fr. Toula , Realſchul- Profeſſor, Dr. Karl
leben , zu welchem es eine Ergänzung bildet, und wir möchten es in dieſer Richtung der allgemeinen Veadytung aller wirklich Gebildeten
Zehden, k. k. Profeſſor an der Handels-Afademie. Neunte Liefe Dieſes Prad )twerk zuun An ring. Wien , Ed. Hölzel , 1885. channungsunterricht für gereiftere Schiller höherer Bildungsanſtalten,
als eine der bedeutendſten litterariſchen Erſcheinungen der Gegente wart angelegentlichſt empfehlen. * Erman , Adolf: Aegypten und ägyptiſdes Leben im Altertum . Tiibingen, Laupp'ſche Buchhandlung, 1885. Mit den uns vorliegenden Lieferungen 3-8 iſt der erſte Band dieſes ſchönen Werkes vollendet, welches die geſchickte und gewiſſenhafte Arbeit eines unſerer tiichtigſten, jüngeren, nun an die Berliner Univerſität berufenen Aegyptologen iſt. Dieſer erſte Band umfaßt die Schilderung des alten Nillandes in ſeiner allgemeinen ge ſchichtlichen Bedeutung als die Wiege einer der früheſten und höchſten
Kulturen und ſeiner geſchichtlichen Entwicelung, dann die Schilde rung von Land und Volk Aegypteus, ſeines alten Königtums, ſeiner ſtaatlichen Einrichtungen und Verwaltung und Rechtspflege in älteſter und jüngerer Zeit, ſeiner Zuſtände in Familie und Haus, ſowie der Trachten und Vergnügungen, alles in der lebendigſten und anregendſten Darſtellung und verſinnlicht durch eine Menge ſchöner Illuſtrationen, welche nicht bloß zum Schmucke, ſondern zu wirklich belehrendem Zwecke vorhanden und meiſt den beſt erhaltenen antiken Denkmälern entlehnt ſind . Wir haben dadurch ein vorzügliches populär-wiſſenſchaftliches Wert erhalten , welches ſeine Vorgänger in der engliſchen und franzöſiſchen Litteratur weit
in denſelben durch gute bildliche Darſtellungen von intereſſanten
Punkten der Erde einen deutlichen Begriff von deren Konfiguration und Erſcheinung zu geben, iſt ſchon in den friiher erſchienenen
Lieferungen mit verdienter Anerkennung in unſerer Zeitſchrift be ſprochen worden , und wir fömien uns bezüglich der vorliegenden
neunten Lieferung nur wieder den friiheren Aeußerungen der
lobendſten Anerkenning anſchließen. Dieſe Lieferung bietet drei ſehr ſchöne Anſichten von Hammerfeſt, von den Bocche di Cattaro imd von dem Tafelberg mit der Kapſtadt in vor ziiglichem lithographiſchen Farbendruct. Jedes dieſer Blätter iſt 59 x 79 Centimeter groß, in ſchöner fünſtleriſch vollendeter Aus führung und liefert ein darafteriſtiſches Bild von der betreffenden
Dertlichkeit, ſo daß der Lehrer an der Hand einer ſolchen Tafel die Konfiguration der Landichaft, die lokale Natur und die klima tiſchen und Zonen -Verhältniſſe eines ſolchen Orts den Schülern ſehr hübſch und deutlich veranſchaulichen fann. Wir halten daher
dieje „ Geographiſchen Charakterbilder “ fiir ein ausgezeichnetes Lehrmittel, auf welches wir alle Intereſſenten aufmerkſam machen zu müſſen glauben .
überflügelt, eine ſchmerzlich gefühlte Lüde in der deutſchen Litteratur
ausfüllt und handlicher, kompendiöſer , lehrhafter und wohlfeiler iſt als das bekannte große Prachtwert von Ebers. Wir ſehen mit Spannung dem zweiten oder Schlußband entgegen, nach deffen Erſcheinen wir nochmals auf das Ganze zuriidfommen werden.
Vámbéry , Hermann : Das Türkenvolk in ſeinen ethno logiſchen und ethnographiſchen Beziehungen . Mit zwei Tafeln Das und mehreren Holzſchuitten . Leipzig , Brodhaus , 1885.
Imerika von Friedrich von Hellwald.
Türkenvolk, eines der am weiteſten verbreiteten , wanderluſtigſten und friegeriſcheſten , welches ſeit dem Ausgang des Mittelalters
In 65 Heften à 1 Mark und ca. 700 Anſichten.
eine ſo große Rolle in der Geſchichte Europa's geſpielt hat, ver
And in 2 eleganten Prachtbänden à 40 Mark vorrätig.
diente längſt , der Gegenſtand einer eingehenden gründlichen Mono
Zu beziehen durd alle Buchhandlungen .
graphie zu werden , wie ſie uns hier von einem der beſten Kenner Afiens geboten wird. Nach einer geſchichtlichen , kulturgejchichtlichen
Verlag Schmidt & Günther in Leipzig.
Druck und Verlag der F. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
.
Das Juslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, der
unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von 3. G. Gotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
1886 .
Stuttgart , 11. Januar
Nr. 2.
Fährlich 62 Nummern à 20 Seiten in Duart . Preis pro Quartal M. 7.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. -
Manuſkripte und Rezenſions-Exemplare von Werten der einjdlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11, zu ſenden . -Inſertiongpreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Juhalt: 1. Fußreiſe über den Buccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg. Ein charakteriſtiſches Reiſebild aus den 3. Vom Rio Grande zum rumäniſchen Bergen von G. Albert. S. 21. - 2. Botaniſche Expedition des Dr. O. Štapf. S. 24 . Popocatepetl. Eine Reiſe durch Merico von Nord nac) Siid. Von Ernſt v . Heſje- Wartegg. II. S. 29. · 4. Die Sitten und 5. Die holländiſche Kolonie Deli auf Sumatra. S. 36. Bräuche der alten Dithmarſcher bei Berlöbniſſen und Hochzeiten . S. 34. 6. Geographiſche Neuigkeiten. S. 38. – 7. Litteratur. S. 40.
Fußreiſe über den Buccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg. Ein charafteriſtiſches Reiſebild aus den rumäniſchen Bergen . Von G. Albert.
In feiner Stadt Europa's treten die klimatiſchen Ertreme entſchiedener auf, als in Bukareſt, und ſind auch
die Abſtufungen zwiſchen Winterkälte und Sommerhiße im mittleren Spanien faum geringer, ſo ſind ſie doch in der Regel weniger dauernd, als im ſüdlichen Rumänien. Der Aufenthalt in der rumäniſchen Metropole wird einem in den Juli- und Auguſttagen, wo das Thermometer ſelten unter 25 ° ſinft, dagegen oft bis 350 ſteigt, noch befon: ders durch die Fieber verleidet, die man mit der um dieſe Zeit an Miasmen reichen Luft einzuatmen Gefahr läuft. Zwar ſind ſeit der Regulierung der Dimboviţa die im Innern der Stadt ſtehenden Teiche weniger gefährlich, aber immer noch wirbelt ein ungeſunder Staub durd, die den Winden preisgegebenen Straßen der Stadt, ſo daß derjenige, welcher Zeit und Geld hat, in den heißen Tagen Bukareſt mehr aus Geſundheits- als aus Moderückſichten verläßt. Man hatte auch in dieſem Sommer den St. Dimitriu
umſonſt ausgetragen. Nämlich wenn unerträgliche Trocken beit eintritt, ſo beſchließt die waladiſche Kleriſei eine Pro:
ſo wird dieſe Reliquie unter obligaten Gebeten durch die Straßen der Stadt getragen , allerdings mit Ausnahmen , da der heilige Sarg den tragenden Popen zu ſchwer wird, wenn ſie in eine Gaſſe geraten, wo viel fündhafte Menſchen
kinder wohnen und ſie zur Umkehr nötigt. St. Demetrius brachte keinen Regen, und da ich das Wunder nicht ab warten wollte, ſuchte ich mir einen Gefährten zu einem Streifzug ins Gebirge. Den Mittelpunkt unſerer Fahrt ſollte der Buccecci bilden, die mächtigſte Erhebung der Karpathen, welche ſich
zwiſchen der Walachei und Transſylvanien als Grenzwall türmen. Man wollte uns abraten : Es ſei ein toller Plan
zu zweien eine Partie in jene wilden Gebirge zu unter: nehmen. Aber unſere Mutter hatte nicht zu weinen nötig .
Torniſter wurden mit entſprechendem Lebensmittelvorrate wobei wir durch ein nicht zu unterſchäßendes Quantum an Zwiebeln und Speck die Landesſitte ehrten – für acht Tage hinreichend verſehen.
Aud das unentbehrlichſte
Kochgeſchirr mußten wir mitſchleppen . Unſere Ausrüſtung vervollſtändigten Waffen zu perſönlichem Schuße, endlich zwei Beile, welche wir, entgegen dem Uſus rumäniſcher Landsleute, die ſie im Gürtel tragen , auf unſere Ranzen
dnallten. Zeichnenapparat, Fernrohre, Thermometer und derlei Geräte ſollten der wiſſenſchaftlichen Seite unſerer Ercurſion Anſehen verſchaffen. Wenn es gleich kein heller Sonntagmorgen war, als wir mit ſtillem Graun " von
zeſſion mit dem Stadtheiligen St. Demetrius, von dem
Bukareſt aufbrachen: Post nubila Phoebus ! und ſo fuhren
ſich freilich nur ein Arm in Bukareſt befindet, und wenn dann das Sinken des Barometers auf Erfolg hindeutet,
wir ab.
Ausland 1886 , Nr . 2
Bis nach Sinaia fährt man auf der Eiſenbahn ſechs 4
Fußreiſe iiber den Buccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg.
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Unterwegs hatten wir in Ploieſti, einer Stadt mit zirka 25,000 Einwohnern und einem Gymnaſium ,
Stunden.
einen einſtündigen Aufenthalt.
Nachdem wir in der ab:
und Nonnen ihre Eriſtenz finden. Daß eine große Zahl rumäniſcher Klöſter durch Krankenpflege und Unterſtands gewährung an Reiſende Gutes wirken und ſich Achtung verſchaffen , ſoll nicht abgeſprochen werden . Viele neu und meiſt im Stile Louis le Petit erbaute, ſchloßähnliche Villen, die nebſt einigen Hotels einzig nen nenswerten unter den 150 Gebäuden Sinaia's, geben der
ſeits gelegenen Station ein Stomachale uns zugeführt, fuhren wir ab, in nördlicher, nur wenig weſtlicher Richtung. Die Eiſenbahn läuft von Câmpin å an, einem durd Salinen in ſeiner Nähe etwas renommierten Städtchen , in bereits hügelreicher Landſchaft, durch das Flußbett der
Landſchaft ein höchſt nobles Gepräge. Im Hintergrunde
Prabowa; pittoreske Felspartieen zu beiden Seiten der
der Dorfſchaft, der Waldſeite zu, ſteht auf einer milden An
Geleiſe bieten dem Auge die überraſchendſte Abwechslung
höhe das fürzlich vollendete fönigliche Sdloß, abgeſchloſſen
und die Melodie des jeßt kulturgewohnten Fluſſes ergößt das Dhr. Starke Dämme und Böſchungen ſchüßen die Bahnlinie gegen den Braus der Waſſer, die ſich noch bie und da urgewohnter Alleinherrſchaft erinnern ſollen. Die Landſchaften an der Prabowa ſind reich an Fruchtbarkeit,
ergiebig für Weinbau und hohe Jagd. Die Ausbeutung
und einſam im dunkeln Grün duftender Tannen. Im Weſten ſchauen die ſteilen, hohen Gebirgskegel des Buccecci herunter auf die glänzende Eremitage einer hohen Dichterin . Da ſich das Gewölk indeſſen verzogen, der Nebel ſich zerteilt hatte, requirierten wir nod im Verlaufe des Vor: mittags einen kräftigen Führer und machten uns auf die
erdölführender Schichten wird durch angelegte Brunnen nachläſſig betrieben . Schwefelfieſe, alaunhaltige Erden, Adern von Thon- und Mergelſchiefer harren der Erpropria-
Socken. Webmütig lächelnd ſchaute der Forſter uns nad), als ob er ſagen wollte : ,,Von eurer Fahrt kehrt ſich's nicht immer wieder.“ Wir aber waren überaus guter Dinge und
Der Diſtrikt Prahowa würde ſicher ein lohnender
indes wir den jeßt noch wohl geebneten, in das Gehölz anſteigenden Waldweg rüſtig paſſierten, erzählte uns der kundige Cicerone von dem Einſiedler, der hier in einer
tion .
Fundort mineraliſder Schäße werden können , wenn mit
entſprechendem Kapital und nötiger Energie an deren Ausbeutung gejdritten würde. Wir ſind indeſſen in Sinaia angelangt. Ein müder Wind trägt den leßten Blütenduft über die Hänge. Einem zarten Nebel gleich ſchwebt die Nacht durch das Thal und nur wie matte Schattenriſje treten ringsum die Gebirge
Schlucht wohnt, von einer Bärenfamilie, die ſich den höheren Waldbezirk des Berges zum Revier erkürte und deren Häupter von Zeit zu Zeit dem Wanderer brummend das Geleite geben .
Gefährten, von unſerem Eintreffen aviſiert, gibt uns thalaufwärts das Geleite. Die ſchwarzen Tannen neigen ihre Arme, der Vogel hat ſich ins Neft geduckt und der Regen rauſcht durch die Hecken. Wir waren der freundlichen
Um 2 Uhr Nachmittags hatten wir bereits die Wald region überſchritten . Nunmehr ohne Pfad, feuchten wir aufwärts, nur dem ſteilen Zug des Gebirges und mäch tigen Bänken von Jurakalt in faſt nördlicher Richtung folgend. Weldy ein Kontraſt hier : Unter uns die tief : grünen Wälder, die aſchfarbigen Felder, die öden Flächen
Aufnahme froh, die uns der Förſter in ſeiner heimeligen
der Ebene, gegen die maſſiven Höhen des Kalkgebirges
Wohnung auf königlichem Grund und Boden anwies. es nach Norden über den Bergen und wir durften uns zur Auffahrt kaum entſchließen. Wir madyten jedoch mögs
mit den geſtreiften Abhängen, den Felsrüden, die hie und da blank geſcheuert den Karpathen -Sandſtein " maleriſd) hervortreten laſſen ; dazu die Stille um uns her, durdy keinen Laut geſtört. Die Jauchzer, welche ſich der Bruſt
lichſt guten Gebrauch von der Zeit und unternahmen einen
entringen, ſchallen wieder von den Hängen, an denen ſich
Streifzug durch Sinaia , die Sommerreſidenz der Bukareſter
vielleicht ſeit Jahren nur der einſame Sdrei eines Raub vogels gebrochen hat. Hart an der Felswand kniſterte noch das Feuer, wir
hervor.
Der Förſter von Sinaia, ein Landsmann meines
Der Morgen täuſchte uns. Trüb und regneriſch lag
vornehmen Welt.
Der Ort verdankt ſeine moderne Be-
rühmtheit und Entfaltung zunächſt der regierenden Familie, welche ſich hier zum Sommeraufenthalte ein lururiöſes Schloß ( Peleſch) erbauen ließ, ſein altes Renommé aber einem Kloſter, deſſen einer Flügel dem königliden Hauſe als Landſitz genügen mußte, der ſich aber lediglich ſeiner romantiſchen , hohen und daher vorteilhaften Lage wegen ,
feinestvegs aber durch Komfortabilität auszeichnen konnte. Das Kloſter wird von Mönchen bewohnt, die ſich dem
dolce far niente mit Leib und Seele hingeben, wie dies der Lebenszweck der meiſten hierländiſchen Mönche zu ſein cheint; es iſt jedenfalls als ein Mißverhältnis zu bezeich-
nen , wenn im Diſtrikte Prahowa auf 221,000 Einwohner
legten zwei Scheiter zu und brachen auf. Wenn bis jeßt eine Spur teilweiſe vorhanden war, die uns bergan führte, ſo verſchwand dieſe Richtichnur endlich ganz und der Marſd wurde um ſo unangenehner, als er uns über weichen , { chlüpferigen Raſen führte. Wir gelangten zu einer graſenden Sdafbeerde, und der Hirte, ein überaus ſtrup piger, verwahrloſter Geſelle, begrüßte mißtrauiſch die Berg fahrer. Seine Wohnung iſt eine etwa 4 Fuß hohe Erd hütte, mit grell-blau angeſtrichenen Wänden. Im Sumpfe vor derſelben lag, an eine Kette gebunden und mit Bän dern geidmüdt , ſein Lieblingsídywein ; einige Hühner,
acht Kloſter entfallen oder im Bezirke Neamtſu nur 2300
nach abergläubiſdier Sitte blau und rot bemalt, leiſteten
Rinder die Schulen beſuden , dagegen aber ca. 1000 Möndje
ihr Geſellſchaft. Vor der Hütte fauerten die beiden Filii
Fußreiſe iiber den Vuccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg.
des Nomaden , fonnverbrannte, abgehärmte Burſche, denen
1
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animiert fühlten. Ohne Adytung diätetiſcher Regeln, ſtreďte
man einen wohlthätigen Einfluß der Gebirgsluft nicht
ſich jeder auf ſein Lager hin, nadidem das Brett abgekraßt,
anmerkte ; doch waren ſie uns willfommen, da wir nun
den Führer, der uns von Sinaia bis hier geleitet, ent-
die Finger abgeſchleckt und der ſaftige Mund mit dem Hemdärmel abgewiſcht worden war. Dbgleich unſere Freunde
laſſen konnten, weil dieſe Zwei ſich bereit erklärten, uns
mir nicht bedenklich ſdienen, konnte ich dody nidyt ſdhlafen,
von hier ab weiter zu führen . Ein bei ihnen bedienſtetes Maultier wurde beladen und nachdem wir die mäßige
ſondern wachte mit geſchloſſenen Augen und filtrierte die
rauch und dunſtgeſchwängerte Luft durch mein Taſchen tud. Mitternacht war vorüber, als lautes Hundegebell
Tare von 6 Franken pränumerando erlegt hatten --- denn nur unter der Bedingung der Vorausbezahlung wollten
die Sdnarcher aufweckte und ein nachtwadhhabender Hirt
dieſe Gebirgsſöhne, bei denen ſo viel Mißtrauen befrem-
vor der Hütte erſchien : Die Wölfe ſeien in die Sdaf
det,, uns folgen -- ging die Auffahrt von ſtatten, die uns nur wenig Ueberraſchendes bot, zuweilen ſogar recht un: gemütlich wurde, wenn Regenſdauer und kalte Nebel uns
Der Regen floß in Strömen. Wild fuhren die aufge: ſcheuchten Schafe durcheinander. Die Wölfe batten fida ſich
in dichte Dämmerung hüllten . Gegen acht Uhr Abends
bereits zurüdgezogen, verſcheucht durch das Gefläff der
Das Wetter hatte ſid, etwas
Hunde und das Lamento der Hirten. Ein bluttriefendes
aufgeheitert. Unter uns lag es Berge-tief in ſchwarzer Finſternis, über uns erhob ſich der Gebirgskegel noch zirfa 1000 Fuß hoch. Heftiges Hundegebell annoncierte den Buccecci-Hirten unſere Ankunft, worauf aud) bald zwei derſelben ſichtbar wurden und ſo freundlich als es von ſo wildnisgewohnten Menſchen zu erwarten war, uns begrüßten,
Schaf, das man den Beſtien auf ihrer Flucht abgejagt
erreichten wir die Höhe.
auch ihren Hunden , die, an 20 Stück, uns umbeulten ,
heerde eingebrodien ! Ich ſprang auf und eilte hinaus.
hatte, wurde vor die Hütte geſchleppt und geſchlachtet. Die Hirten zeigten keinerlei Verwunderung über das Ge: ſchehene, das ihnen offenbar nicht ſelten ſein muß. Nun herrſchte wieder tiefe Stille. Nur die Regen tropfen klopften auf das Dach der Erdhütte und es war mir, mit einer Reminiſzenz an Lenau, zu Mute, wie einem ,
Einhalt geboten und uns zu ihrer gaſtlichen Hütte ges leiteten . Ihre Wohnung präſentierte ſich als ein etiva
der im Grabe ſchläft und in ſeinem Traume nur den Regen
5 Fuf tief in die Erde gegrabenes Lody, mit einem Dad)
Der Morgen tagte. Nadidem wir ein Stück des nächtlich umgekommenen Schafes am Spieße gebraten und
aus Aeſten und mit Raſen zugedeckt, von höchſtens drei Quadratmetern Raum .
Wir frochen hinein, um hier die
Nacht zuzubringen. Auf einer Seite der finſteren Höhle,
auf ſeinen Hügel fallen hört.
uns hatten wohl ſchmecken laſſen, machten wir uns auf um womöglich vor Sonnenaufgang auf der Höhe des
dem Ausgange nahe, kniſterte ein Feuer und füllte die Hütte mit beißendem Dualm. Nach und nach fanden ſich die Hirten alle ein , und nun fauerten wir, unſere zehn Mann, in einem Verließ, weldjes bei uns mindeſtens ebenſo
Buccecci anzulangen. Da kein Weg und die einzuſdla gende Richtung andeutete, waren wir der Begleitung eines
komfortabel einem ordentlichen Haus-Cerberus zugemutet
Dſtwind trieb dünne Regenſchauer vor ſich hin und Wolfen fegten über die Alpe, ſo daß wir faum 50 Schritte weit ſehen konnten . Auch nachdem der Regen nachgelaſſen, vermochte die Sonne nur auf Augenblide das Gewölt zu durchdringen. Wir gelangten auf ziemlich ſteiniges Ter rain, was uns vermuten ließ, daß wir den Gipfel bald erreicht haben müſſen . Wie Schaumgeborene tauchten wir
wird. Mein Kollege legte ſich auf den Boden hin, wo ihm ein Schafspelz ausgebreitet ward, ich mich ſelbſt auf eine blanke Pritiche an der Längswand. Unſere Wirte machten ſich an die Bereitung des Nachtmahls. In einem über dem Feuer hängenden Refſel wurde eine Mamaliga aus Maismehl und Waſſer (eine ſehr primitive Polenta)
kundigen Hirtenjungen froh und entließen unſere bisherigen Träger. Das Wetter begünſtigte uns nicht. Ein ſcharfer
angerührt, indeſſen der jüngſte auf einem flachen Stein
aus dem Nebel und waren oben. Der Wind brauſte jo
das Salz zerrieb. Dieſer junge Menſch war von recht fräftiger und angenehmer Geſtalt; ſeine Geſichtszüge ver-
gewaltig, daß wir uns kaum aufrecht hielten ; es fing aud wieder zu regnen und zu ſchneien an . In einer Erdver tiefung lagerten wir uns dermaßen, daß die Regenſchauer über uns weggepeitſcht wurden . Der Führer fing an zu murren und war zum Aushalten nidyt zu bewegen. Wir
rieten geiſtige Anlagen, ſein Auge glänzte ſchwarz, lebhaft und ſein ganzer Habitus hätte, natürlich gewaſchen (denn er hatte in dieſem Sommer ſein Hemd nod nicht gewechſelt), etwas Empfehlendes haben müſſen . Die Mamaliga war gar , der Keſſel wurde auf
ein Brett umgeſtülpt und im Halbkreis lagerten ſich die rußigen Aelpler um den heißen Brei . Jeder brach ſich fünf Finger voll davon ab und was der trockenen Speije an Fettgehalt abging, erſeşte ein Stück klaren Specks,
aber hatten vor, dem Schickſal die Stange zu halten und ließen ihn ziehen. Freilich war unſere Lage feine gemüt :
liche Aufforderung, energiſd und in ihrer Weiſe zuzulangen ,
liche. In unſerem Loche froren wir und wurden , trotz der ausgebreiteten Plaids, bedenklid) angefeuchtet. Zwei Stunden harrten wir aus, dann heiterte ſich der Himmel auf, ſo daß wir nun genügende Fernſicht hatten. Die hödyſte Spiße der Karpathen auf walachiſchem Gebiete, genannt Vïrfu Caraiman, war erſtiegen . Ein kleiner
nicht von der Hand weiſen, wiewohl wir uns feineswegs
Streifzug über den faſt nadten Grat bietet nördlich die
das a tempo verzehrt wurde.
Wir durften die freund:
Botaniſche Erpedition des Dr O. Stapf nach Perſien.
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Ausſicht über zerklüftete Feljen in die Tiefe, die mit ver:
krüppelten Fichten und dichtem Geſtrüpp bewachſen ſind. Gegen Süden öffnet ſich der Ausblick über ſanft terraſſen-
an, daß die Vegetation um etwa zwei Wochen gegen ſonſt zurück iſt. Sie iſt um Sdiraz eben in voller Entwide: lung begriffen , auf den Bergen nod in den erſten An
förmig abſinkende Alpenlandſchaften. Spuren menſchlicher
fängen. Doch Sie werden das ja aus meinen weiteren
Wohnungen ſucht das Auge in dieſer herrliden Alpen: weide umſonſt, doch erblicken wir in entlegener Ferne, tief unten in der Ebene, die weißen Mauern des Städtchens Tirgoveſti. Wir ſteigen ſüdöſtlid in eine kleine Einſat: telung, um die dem Caraiman gegenüberſtehende höchſte Spiße des Buccecci zu erklimmen , „ Omul“, die etwa 50 bis 60 m . über jene hinwegſchaut. Gegen Dſten, etwas unterhalb der Spiße , findet ſid) eine keſſelartige Vertiefung, wie wir eine ähnlide von weiterem Umfange be:
Auseinanderſeßungen erſehen. Vorerſt ſoviel, daß ich ſtets in vollſter Geſundheit
reits auf der Höhe des Caraiman bemerkten , deutlide
Spuren einſtiger Vulkane.
Jn öſtlicher Richtung, aber
bedeutend tiefer gelegen , erhebt ſich der Vîrfu cu Doru,
die ,,Sdmerzensípiße" ; ein Mädden , erzählt der Volfs: mund, habe ſich von dieſer ſchruff abfallenden Höhe in die Tiefe geſtürzt, um der Verfolgung roher Geſellen zu entgehen . Dort finden ſich durd Regen und Schnee wun : derlich ausgewajdene Karpaten -Sandſteinblöde, die einem Tiſch, einem Pilz oder ſelbſt menſchlichen Geſtalten ähnlich ſehen , wie denn auch zwei Sandſteinblöde auf einer Abſtufung am unteren Teile des Vîrfu cu Doru ( gegen
das Kloſter Peſchtera zu, deſſen nähere Bekanntſchaft wir
und Kraft und Arbeitsluſt bin . Meine Chinin-Vorräte ſind nocy unangetaſtet, weil auch ſonderbarerweiſe die Kranfen , die allenthalben zu mir kommen , niemals am
Fieber, ſondern ſtets an anderen wahren und eingebildeten
Uebeln litten .
Ihre Briefe erhielt ich und zwar fand
ich denjenigen vom
30. März bei meiner Ankunft vor,
während ich den anderen vom 1. Mai in Driginal und
Kopie durd Herrn Colignon mit der geſtrigen Poſt erhielt. Mein leßter Brief an Sie war vom 10. Mai aus Kazerun datiert. Seitdem war id ſo mit Arbeit überhäuft, daß id nid)t dazu kam , an Sie zu ſchreiben ; doch haben Sie wohl von meinem Vater etwas erfahren.
Jd ſchrieb an
ihn aus Doeſcht-ardjen. Am 10. Mai hatten wir in Kazerun um 4h 11 pm leichtes Erdbeben, in der folgenden Nacht ebenſo um
1 h 12 pm . Leider waren die Stöße zu ſchwach, um die Kidytung konſtatieren zu können . Am 11. Morgens ver: ließ id) Kazerun und ritt mit meiner kleinen Karawane
noch machen werden ) zwei alten Frauen ähnlich ſehen und daher unter dem Namen „ Babele " bekannt ſind .
auf ſelbſtgewählten Wegen freuz und quer durch die Ebene gegen Shahpur. Die Ebene iſt meiſt Kunar-Steppe (Kunar, Zizyphus), ſteinig und wenig kultiviert, der Boden
Von hier aus bezeichnet ein Weg deutlich die Rid):
aber dort, wo nur die geringſte Mühe verwendet wird,
tung nach dem Jalomita - Thal. Um aber das Gebirge
von großer fruchtbarkeit. Gegen Schahpur nimmt die
von der weniger bekannten Seite kennen zu lernen, traten
Zahl der Quellen zu, an ihnen oft dichte Vegetation. Dehriz iſt ein armſeliges Dorf ohne jede Bedeutung. Nach
wir über die Vîrfu cu Doru gegenüberliegende ,, Adlerſpiße" (Vîrfu Vulturu) den Rüdzug an, überſchritten dann die faſt in einem Halbkreis Omul und Caraiman verbindenden niedrigeren Spißen Turnica und Jepi Teti und jeßten nun, von der Einſattelung des Caraiman an , un-
ſere Fahrt in ſüdweſtlicher Richtung fort , einzig dem Kompaß folgend. ( Schluß folgt . )
Botaniſche Expedition des Dr. O. Stapf nad Perſien. Dr. Otto Stapf, der ſeit dem Winter v. 38. behufs
wiſſenſchaftlicher Durchforſchung in Süd-Perſien weilt, richtete vor kurzem einen Brief an Dr. S. E. Polak in
mittags kamen wir nach Daule-kuhoef, wo ich beim Raets
chuda (Schulzen) blieb. Es iſt ein kleines Dorf zwiſchen dein Dorfe Schahpur und dem Eingang in den Tong-i
Tichirkun , wo bekanntlid die Skulpturen ſind. Die zirka 20 Schilfhütten liegen innerhalb der Mauern eines alten großen Sdiloſſes. In der Mitte iſt eine Art Warte, das Haus des Raetdjuda. Hier ſah ich die erſten Mauls beerbäume. Waſſer iſt hier in Fülle, doch wird es kaum verwendet und die Kunar-Steppe herrſcht ebenſo hier uns geſtört, wie zwiſchen Kazerun und Dehriz , nur daß alles Kraut in die Höhe dießt und die Vegetation oft den Charakter der Au annimmt. Am nächſten Morgen ritten wir früh zeitig nach Daleh -i-dachter, Tochter - (Jungfrau-) Feſtung, wo der Eintritt in den Tong (Tong , Enge, Bergenge,
Bergteich in der Enge). Die Waſſermenge nimmt immer
Wien, den Veranſtalter dieſer Erpedition, den wir im ! zu und die Vegetation erreicht eine unglaubliche Ueppig Nachfolgenden in Kürze mitteilen : Sie werden überraſcht ſein, zu hören , daß ich erſt am 5. Juli nad Schiraz fam, allein die Verhältniſſe, wie ich ſie Borfand, beſtimmten mich, volle zwei Wochen der Um :
gebung von Doeſcht-ardien zu widmen . Zudem ſind die Witterungsverhältniſſe heuer hier ſo abnorme, d. h. die Temperatur iſt ſo nieder und die Regenzeit hält ſo lange
feit. Der Kunar gleicht den ſchlechtgepflegten mageren
Apfelbäumen in unſerem Traunthal, Maiden treten auf, dazu kommen undurchdringlide Didichte von Myrten und 1 Die in Süden verrujene Malaria , an welcher Minutoli
erlegen und Profeſſor Brugſch erkrankte, herrſchen erſt von Mitte Juni bis Mitte Oktober.
Dr. Polak.
Botaniſche Erpedition des Dr. O. Stapf nach Berfien.
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an anderen Stellen von Rubus, die Gräſer und Kräuter
wänden ſind hier die anderen in Ritter vorzüglich be
ſchießen zu Meterhöhe auf und endlich kommt noch die
ſchriebenen Skulpturen, dank der Härte des Felſens, in vor: züglicher Erhaltung. Von da ritten wir über alte ver
perſiſche Rebe dazu und wirft ihr herrliches Laub über das Geſträuch. An den Quellen ſteht in düſterem Grün
eine Celtis, und im kryſtallklaren Waſſer wehen die 3-4 m. hohen Stämme der Arundo donax mit ihren Blättern und den trođenen vorjährigen Blütenſtänden . Eine Menge
laſſene Reisfelder weiter in den Tong hinein , der ſich bald bedeutend erweitert. Am linken Ufer des Saefid Rub
treten die Ralffelſen weit zurück, und zwar annähernd im Halbkreis, vor ſich einen mäßig anſteigenden mit ſchönen
Singvögel beivohnen das Didicht und ſchmettern ihre Lieder
Eichen bewachſenen Schuttkegel. Am rechten Ufer ſteigt
in die Luft. Sie fragen ſich : „ und das in Perſien" ? Und die Antwort iſt: nahezu fo fönnte es in der ganzen großen Ebene von Kazerun ſein , ſo im Deſchtibam Plateau = Ebene), ſo um Doeſcht-ardjen und Deſdhtibam, ( ſo um Schiraz. Daleh-i-bachter liegt etwa 100 Fuß über
das Gehänge ſteil zu den Kalfwänden empor, welche in
flachem Bogen zu dem nordöſtlichen Ende des Tongs îdwenken. So hart der Ralf iſt, ſo neigt er doch ſehr zur Höhlenbildung, und die Felswände des Tong-i-Tſchirkun weiſen wohl mehr als 10 Höhlen auf , die meiſten unzus
dem Fluß, der nicht weit davon aus dem Tong hervor
gänglich. Die größte derſelben iſt diejenige , welche die
bricht. Es iſt ein Ruinenhaufen, der wenig Intereſſantes
Statue enthält. Ich beſudite ſie am nächſten Tag. Man ſteigt eine ſtarke Stunde über das ſteile Gehänge auf wärts. Die Höhle iſt von koloſſaler Ausdehnung. Nahe dem Eingang, aber innerhalb der Höhle liegt die bekannte Statue, offenbar denſelben König vorſtellend, welcher auf den
bietet, der ganze Berg zu feinen Füßen gegen Südweſten iſt mit den Reſten alter Bauten bedeckt, denen ſich in der Ebene andere anſchließen , oft von koloſſalem Umfang,
aber arg zerſtört. Das Ruinenfeld dehnt ſich wohl über mehr als eine Quadratmeile aus, wobei Sie aber nicht
Skulpturfeldern überall hervortritt. Die Wände ſind teil
an ein geſchloſſenes Ganze denken dürfen. Vielmehr taucht
weiſe behauen, als wären fie für Skulpturen vorbereitet
nur da oder dort aus der grünen Ebene Gemäuer auf. Größere Bauten liegen auf dem Weſtufer des Fluſſes, der aber ſo groß war, daß er kaum zu paſſieren geweſen wäre. Dies, ſowie die Ueberzeugung, daß dieſe zerſtreuten Ruinen pläße Tage für ihr Studium bedürfen und vor allen einen Archäologen , beſtimmten mich, mich zu beſchränken, obwohl ich es heute faſt bereue , nicht doch einen Ritt durch das
worden. Andere Statuen oder dergleichen finden ſich nicht;
graue Waſſer des Saefid Rud gewagt zu haben. In den
was in Ritter als Thon bezeichnet iſt, ſind Tropfſtein gebilde. Dagegen ſind mehrere Töngs vorhanden (Waſſers becken ).
Die Höhle ſteigt nach hinten ſteil hinab.
Ich
ging mit Lichtern ein gutes Stück abwärts, ohne daß
irgendwo ein Ende abzuſehen war. Wir verſuchten ſeit wärts vorzubringen, ſtießen aber auf Waſſer, und als wir an einer Stelle darüber wegkamen, befanden wir uns,
Bauten, wo ich war, fand ich keine Inſchriften , noch ſonſt Erwähnenswertes, auch nicht jenen Jezder-Marmor, von dem geſprodjen ward. Intereſſant ſind zwei große Tamarinden
finden . Nur Taubenmiſt bedeckt in großen Mengen den
Bäume auf den Mauern vor Qaleb -i-bachter, Bäume von
Boden der vorderen Höble.
unendlich dichtem , idwarzgrünem , glänzendem Laub und übervoll von Früchten. Sie finden ſich auch in geringer Zahl im Anfang des Tonges, ſonſt nicht mehr. Der Ein
Graben Thonſcherben. Troß des antiken Ausſehens mödyte ich ſie aber für neu halten. Die Bedeutung der Koloſſal
gang in den Tong iſt außerordentlich ſchmal. Rechts am Fuß der faſt unerſteigbaren Felſen unter den Mauern von Qaleh -i-daditer ſind die zwei erſten Skulpturfelder. Der Fels iſt nicht Jaſvis, wvie in Ritter angegeben iſt, ſondern derſelbe ſtahlharte Kalt, welcher hier überall verbreitet iſt, ſo hart, daß ich meiſt nach wenigen Verſuchen darauf ver zichtete, Teile mit Flechten oder Foſſilien mit dem Meißel zu gewinnen. Zwei Bäche ſtrömen hier durch die Enge, der Saefid Rud (Weißfluß), der aus dem unteren Deichti bam kommt, und der Saſun, der als fertiger kleiner Fluß
oberhalb der anderen Sfulpturenfelder aus der Erde ſpringt. Hier war es möglidy, das Waſſer zu durchreiten. Um die Quellen des Sajun findet ſich eine Vegetation von tropis
(der Ueppigkeit. Zu den Bäumen, die ich früher nannte,
kommt noch Populus euphratica, Ricinus, Feigen, Gra
indem
wir ein paar Gänge paſſierten, plößlich nahe der
Statue. Von Tierknochen oder dergleichen war nichts zu In demſelben fand ich beim
ſtatue an einem ſo abgelegenen, ſchwer zugänglichen Punkt iſt mir ganz unverſtändlich und es ſcheint mehr Laune als etwas anderes geweſen zu ſein, das ſie hier entſtehen ließ. Ich hatte die Nacht im luftigen Zelte eines der Jliot (Nomaden) zugebracht, die gegenwärtig für kurze Zeit hier ihre Heerden weiden. Von Aderbau kaum irgendwo eine
Spur. Jď ſandte einen Teil meiner Leute nach Kazerun zurück und ritt ſelbſt mit meinem erſten Diener und einem Tidharwadar (Maulefeltreiber) nach dem Nordoſt-Ende des Tongs. Nahe demſelben lag, offenbar erſt vor kurzem aus:
gegraben, ein Sarkophag mit prachtvoller Ornamentik, aber offenbar aus relativ neuer Zeit. Das Ende des Tongs iſt ſchlecht zu paſſieren. Wir mußten abermals durch den reißenden Saefid Rud und dann auf ſchmalem Pfad an den Felſen durch die Enge hindurch. Hier iſt noch die Ruine des Kaſtells zu ſehen , welches, wie Daleh-i-dachter den jüdweſtlichen, lo dieſes den nordöſtlichen Eingang in
naten und Tamarisken. Unter dem Dach, das dieſe Bäume, überrankt von Rubus, Vitis, Clematis u. ſ. w., bilden,
den Tong ſchloß, ohne aber von folder Ausdehnung zu
fließt das Waſſer in tiefem Dämmerdunkel. An den Fels:
ſein. Es iſt arg zerſtört. Inídriften oder ähnliches war
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Botaniſche Erpedition des Dr. D. Stapf nach Berfien .
nicht zu ſehen. Die Eiche, welche das Bett des Saefid Rud innerhalb des Tonges nicht überſchreitet, geht hier nur bis an das Waſſer herab und bildet in dem Thal von Nadaun, in welches wir nun eintraten, ausgedehnte Wälder. Die Beſtände ſind ſehr licht, die Stämme aber fräftig, oft 1 m . im Durchmeſſer und die Krone weit ausgebreitet, kühlen Schatten ſpendend. Die Vegetation
1
darunter iſt aber genau dieſelbe, wie in der Steppe, arm
war noch keines zu haben. Eine Art Drange mit feiner Schale und ſehr ſaurem Fleiſch und eine Limonie mit genießbarer Schale werden als ſpezielle Kazeruner Erzeug niſſe verkauft. In der Stadt iſt in den kleinen Hausgärten neben der Dattel, dem Ricinus, der Feige und dem Maul : beerbaum auch ab und zu Celtis und 3 elcovia 1 zu finden . Von den Gärten vor der Stadt beſuchte ich den:
jenigen, der als der erſte gilt, den Bag-i-Nazir (Inten danten-Garten). Er iſt gegenwärtig, nach dem Tode feines
und einförmig. Im oberen Teil des Thales zwiſchen Nadaun und Girgedaun iſt das Ufer des Saefid Rud teilweiſe verſumpft und hier wird ſchwache Reiskultur ge-
lekten Beſißers, ziemlid vernacläſſigt und in der von
koloſſalen Orangenbäumen gebildeten Mittel-Allee liegt jo viel Unrat, daß der Duft der Blüten daduro wett ge macht wird. Außer den Orangen werden Zitronen, beſon
trieben, dod ſieht man überall die Spuren alter aus:
gedehnter Reisfelder. Jd wollte von hier zu dem KotelHenan (Rotel, Bergkuppe, auch Bergpaß, in den Alpen Kogel) hinaufſteigen, das ich wenige Tage vorher von der
ders aber Granaten , die in vorzüglicher Qualität gedeihen , Feigen, Roſen u. 1. w. kultiviert. Gewöhnlich enthält aud
anderen Seite beſucht hatte. Schlechte Auskünfte führten
jeder Garten etliche Saefidar (Ejpen, Zitterpappel). Ka:
uns aber auf einen ſchlechten Weg, ſo daß ich mein Pferd zurüdſchicken mußte und mein Diener und ich allein mit
zerun iſt gegenwärtig ein armer Drt, ohne bejondere Bez deutung, aber mit allen Vorbedingungen zu großer Blüte. Am 16. früh Morgens verließ ich Kazerun. Nady
einem Maultiere emporſtiegen. Die Eiche geht hier bis zum Gipfel, untermiſdyt mit Ahorn, Weißdorn und GulchongPiſtazien. Sie wird aber hier ſelten baumartig, wie in
zweiſtündigem Ritte erreichten wir den See von Kazerun, der infolge der vielen Regen ſehr angeſchwollen war. Er
der Ebene. Bei 6000 Fuß bildete ſie ſtellenweiſe lichtere
iſt von der Kazerun-Ebene durch einen niederen Hügelrücken
Beſtände, dann waren wieder Wieſen eingeſchaltet mit herrlich grünen Gräſern, Gladiolus, Peltaria uud Sisy-
getrennt und ebenſo gegen die Ebene von Jeh'ren abge
rhinchium, hie und da war noch eine halberblüte Tulpe zu ſehen. Wir wußten (?) erſt, als wir den Rücken erreicht hatten, wo wir waren . Wir hatten das Rotel Henan verfehlt und ſtanden nun vor dem Kotel Daun, weiter weſtwärts. Es war das ſehr unangenehm, weil es ſoviel weiter war und die Sonne bereits tief ſtand und der Weg ſo ſteil war, daß das Maultier kaum gehen konnte. Eine Entſchädigung, die mich ganz damit ausſöhnte, fand ich in einer prachtvollen alpinen Primel, von der wenige reiche Büſche die Felſen des Engpaſſes ſchmückten , den wir binab-
unterirdiſden Abfluß hat. Die geologiſchen Verhältniſſe
idhloſſen, und ich möchte ſelbſt ſehr bezweifeln, ob er einen ſprechen dagegen. Ueber der Brücke, in deren Nähe Skulp
turen ſein ſollen , wie ich leider erſt in Doeſcht-ardjen er :
ſtiegen . Am Fuß desſelben, bei nahezu 7000 Fuß, fand' id) die erſte Nebe, einen Flüchtling aus den Weingärten, die ihre
1
fuhr, betritt man ein amphitheaterähnliches Thal, an deſſen Nordoſt-Seite ſteil die mit Mauern und Pflaſter ver : ſebene Straße binaufführt. Es iſt Kotel-i-dachter. Hier tritt zum leştenmale der Kunar in Menge auf. In den höheren Lagen tritt er vor Amygdalus scoparia und der Beneb - Piſtazie nebſt einzelnen Celtis-Bäumen zurück. Auf der Höhe des Kotels bei der Imam Zadeh (Santon-Grab) ſah id die leßten fümmerlichen Kunar -Sträucher. Von hier geht es ein wenig bergab auf die nabe Ebene von
mittlere Höhengrenze hier bei ca. 5500 Fuß haben . Als wir ! Abdui, oder wie ſie allgemein heißt , das Daeſchtibam . das ſtattliche Dorf Daun erreichten, war es bereits Dunkel. Das Daeſchtibam und in ſeiner Fortſeßung die Ebene Von da windet ſich der Weg zwiſchen Hügeln in die Ebene hinaus. Beim Eintritt in dieſelbe ritt ich auf dem Maul:
den koloſſalen Wellenbergen des Kuh -i- Daeſchteh im Süden
tiere in perſiſchem Padſattel) an einer großen Eiche vorbei, der einzigen, die ſo tief herabgeht und die wahrſcheinlich
welche alle einer Kette angehören, im Norden. Das Thal
gepflanzt iſt. Wir famen erſt nach 10 Uhr nach Kazerun, wo wir eine halbe Stunde ſuchen mußten, bis wir jemand fanden, der ſo gefällig war, uns in das Telegraphenhaus,
von Nabaun und Girgedaun entſprechen dem Thal zwiſchen
und des Kuh-i-Nadaun, Kuh-i-Bungi und Kuh -i-Mandeh ſteigt gegen Südoſten an, bis es in einer Höhe von 9000 Fuß am Kuh -i-Mandeh ausläuft, indem hier die Kette des Daeſhteh und Maudeh zuſammenſchließen. Der Boden
meine Station, zu führen. Am 14. war ich vollauf mit
des Daeſchtibam iſt mit Eichenwald bedeckt. Die Eichen
der Ordnung der Ausbeute vom vorhergehenden Tage bes ſchäftigt. Am 15. gedachte ich abzureiſen , allein meine
ſind groß, kräftig, erinnern habituell am meiſten an mittel große Eremplare unſerer Zerr-Eiche. Das Laub begann eben ſeinen Frühlingsfilz abzuſtreifen und zu erhärten , ſo daß die Blätter halbledrig und dunkelgrünglänzend werden . Auch hier keine Spur einer ſelbſtändigen Vegetation unter
Tidyarwadare erklärten, das Maultier, das über das Kotel Daun gegangen, ſei zu müde, und ich müßte, wollte id) oder wollte id nicht, noch einen Tag warten.
Die Stadt Kazerun ſelbſt bietet febr wenig inter
eſſantes. Es iſt mehr ein großer Ruinenhaufen, als etwas
1 Die Zelcovia, ein prächtiger Baum , bedegt einen bedeuten den Beſtand im Tiefland am Kaſpi - See. Es iſt von Intereſſe ,
anderes. In den Bazars iſt redyt wenig zu haben . Obſt
ihn auch im Siiden zu finden.
Botaniſche Expedition des Dr. O Stapf nach Perſien .
den Bäumen , wie etwa der ungariſche oder fraineriſche Eidenwald eine eigene Flora hat. Die Karawanenſtraße führt im Thal aufwärts, wir überquerten dasſelbe, um
nad Abdui zu gelangen, wo ich bleiben wollte. Ein
fallender Regen zwang uns wiederholt, unter Bänmen Schuß zu ſuchen. Endlich erreichten wir doch das Dorf, das maleriſch am Ende des gleichnamigen Tong und am
Fuße des Kuh-i-Bungi liegt. An die Stelle der Palmen: hütten des Taſchtiſtan und der Ebene von Chiſcht und der
Shilfhütten der Schahpur-Ebene treten hier zum erſten
mal Steinhütten, den Wechſel des Klima's charakteriſierend. Es iſt ein armes Neſt mit ganz bedeutungsloſem Ader:
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Sattel des Rotels. Nordwärts ſtürzt das Gehänge der Thon- und Schieferhalden, die unter dem Tong-Kalk liegen,
ſteil ab zum Tong-i-Kaeldu, der parallel der Kette des Kuh-i-Bungi ſtreicht und einer über den Wellenberg einer Falte verlaufenden Bruchlinie entſpridit. Es war falt und als ein Regenſchauer kam , ſanf das Thermometer
ſogar auf 90 C. Troßdem beſchloſſen wir, den Verſuch zu machen, den Gipfel des Kuh-i-Burgi zu erreichen. Jd ſandte alles voraus bis auf meinen Hauptdiener und einen Mann aus Abdui, der mitgekommen war, um in Schiraz Arbeit zu ſuchen, ſich aber nun als Führer anbot. Bei 7350 Fuß ſah ich den leßten verwilderten Weinſtoc. Hier ſtanden die Eichen in voller Blüte und die Fritillaria
und Gartenbau und doch könnte das ganze Thal ein ein ziger Acker und Garten ſein. Ich quartierte mich beim
imper, entfaltete zum erſtenmale ihre Pracht vor meinen
Ich erfuhr hier, daß durch den
Augen. Nun kamen zu den Eichen und den bereits häufigen
Tong-i-Abdui eine Straße nach Doeſcht-ardjen führe, und Jd beſchloß daher am nächſten zwar durdy Gärten.. Id
Aerdjen auch Lonicera -Sträucher und nahe der oberen Eichengrenze bei 7900 Fuß ſtand der erſte Juniperus, ein
Kaetcuda (Schulzen ) an.
Morgen dieſen Weg einzuſchlagen und womöglich den
foloſſaler Baum, der Vertreter unſerer Zirbe in mehr als
Kuh-i-Bungi zu beſteigen . Der 17. Mai begann mit Regen und es war fühl und unfreundlich, als wir auf
einer Hinſicht. Bei 8000 Fuß war hier die Eidengrenze erreicht, doch ſtanden auch noch kräftige Eremplare der
brachen. Mein Gepäck ging jedoch den andern Weg über
Beneh - Piſtazie und der Celtis an dem Fuß der Kalkmauer.
Mian-i-Kotael (Mittelpaß ) und Kotel-Pir-i-Zaen ( Alt: weiber-Paß), da die Straße von Abdui zu ſchlecht und zu
Dieſe war hier unerſteiglich ; wir verſudyten daher von anderer Seite in die Höhe zu kommen. Allein es war
ſteil iſt. In der engen Schlucht, die wir paſſierten, hatten wir dieſelbe Flora, wie am Ruh-i-Kible oder der Südſeite
darauf verzichten.
des Kuh-i-Daeſhteh bei 5—6000 Fuß , auch die ſchöne
zwei anderen alpinen Primeln , die in großen Mengen
blaue Drosma vom Rotael-i-Dalieh fand ich hier wieder. Weiter aufwärts erweitert ſich der Tong, zu beiden Seiten von den nahezu ſenkrechten Mauern der Raltſchicht flanfiert. Von 5100 Fuß an ſchalten ſich eine Reihe neuer charakte riſtiſcher Gewächſe ein (Abdui liegt 4500 Fuß hoch), ins: beſondere eine Euphorbia, die von der Ferne wie eine
in den Spalten der Felſen, an denen Sdneevaſſer herab:
Helleborus foetidus ausſieht und mit unſerer E. amyg
daloides verwandt iſt, und ein Opoponar (?) mit großen Blättern . Von Bäumen ſind neben der Eiche die Beneh Piſtazie und die Binſenmandel zu erwähnen. Hier be ginnen auch die Gärten, zunächſt Granat- und Feigen
kulturen, und bei 6300 Fuß die erſten Birnen. Doch ſehen die Birnbäume ſchlecht aus .
Schon in tieferer Lage
hatte der Weinbau begonnen. Er ſeşte fich nun fort bis zum Sattel des Kotel. Man kann ſich nichts ſonderbareres denken als dieſe Kulturen in dieſer wilden Umgebung.
Bei 6400 Fuß beginnt der Ardjen , jedoch vereinzelt. Wie ſich dann der Tong immer mehr erweitert, wird der Eichen wald dichter und nimmt ganz das Anſehen junger Buchen beſtände nahe der oberen Buchengrenze in den Alpen, wie Ž. B. am Plaſjen bei Hallſtadt, an.
Auf dem Waldboden
überal ſchlechterdings unmöglich. Ich mußte für diesmal Dafür aber fand ich reichen Lohn in
ſickert, wuchſen. Beſonders an einer Stelle, wo die Felſen
überhiengen und eine Art Grotte bildeten, entwickelten ſie ſich in unbeſchreiblicher Bradt. Beide haben kleine Blüten,
die einzeln aus der Spiße dichtbeblätterter, ſehr kurzer Stämmchen kommen, die ihrerſeits wieder zu dichten, fiſſen : förmigen Polſtern vereinigt ſind. . Die eine iſt vom leuch tendſten Purpur, ſpäter violett , die andere goldgelb von
feinem Duft.
Der größte Stock der erſteren enthielt
ſchäßungsweiſe berechnet an 500 bis 600 Blüten. Ein ſchönes friſches Grün überzog die kleine Fläche am Fuß der Felſen, aus den Gräſern der Steppe, aus Scandig, Iſatis, Geranium 2c. beſtehend. Selbſt ein kleiner Acer
gedeiht noch hier. Von Farnen war nur Adianth,. Cap. Ver . vertreten. Mooſe waren in großern Polſtern vom ſchönſten Grün, aber in unglaublicher Einförmigkeit vor
handen. Es blieb uns nun nichts übrig, als umzukehren , und zu Fuß den weiten Weg bis in die Ebene von Doeſcht ardjen zurüdzulegen , wo die Tiere unſerer warteten.
Glücklicherweiſe beſſerte ſich das Wetter etivas. Wir ſtiegen
Bei 7100 Fuß fand ich das erſtemal die Ajuga Chamae
auf einem Fußſteig über die Thon- und Schieferhalden, wo zum erſtenmal Rheum Ribes auftritt, in den Eichen : wald des Tong-i-Kaelbu hinab und über die Waſſerſcheide,
cistus, welche weiter nordwärts ſo häufig wird, hier aber eine Seltenheit iſt. Ein wenig höher erreichten wir den
erreichten wir Doeſcht-ardjen, tüchtig müde, aber auch reich
viel von einem Aſtragalus in großen ſtechenden Büſchen.
die ihn von der Ebene trennt, in dieſe ſelbſt. Um 6 Uhr an Beute.
| Ardien, ein Strauch , wahrſcheinlich ein Amygdalus , mit ſilbermeißer Rinde. Es werden aus den Trieben Stöcke gemacht,
Mr. A. Smith, Inſpektor des Anglo- Ind. Telegraphen,
meiſt in Curiſtan. Sie ſind wegen ihrer Härte ſehr geſchätt.
war von Mr. Jeffrey bereits von meiner Ankunft verſtändigt
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Botanijdic Expedition des Dr. O. Stapf nach Perſien.
worden und ſtellte mir, da das Haus in Reparatur war, ein Zelt zur Verfügung. Mein Papier war voll Pflanzen und es war auch bei der feuchten Witterung ein raſches Trocknen derſelben nicht zu erwarten . Ich war daher weniger irritiert, als der nächſte Tag einen Regen brachte,
der Salzburgs würdig geweſen wäre. Dabei ſtand die Temperatur meiſt auf 13—170, und ſant wohl auch in der Nacht auf 90. Der 19. Mai war etwas beſſer. Ich fonnte zum See hinabgehen und auf der Wieſe am Ufer desſelben ſammeln. Der See batte heuer wohl das Drei bis Vierfache der Größe, welche auf den Karten angegeben iſt, und nahm über 3
der Ebene der Länge nach und
ebenſoviel in der Breite ein. Die Wieſen an ſeinen Ufern
Sulayman, aber in der Richtung von NW nach SO an :
ſteigend, ſo daß die Mauer des Tong-Kalfes um zirka 100—150 m . höher als auf der Weſtſeite ſteht, und ſüd lidh davon ſchließen die zerſpalteten Hälften des Kuh-i
Tideng und Kuh-i-Bungi im Kuh -i-Mandeh zuſammen. Die reiche Gliederung des Bodens, die hohe Lage an der Grenze von Germſir (Warmland) und Saerhad (Ralt: land), beſtimmten mich ſofort, hier zu bleiben und die
Gegend nach jeder Richtung zu ſtudieren. Darin beſtärkte
mich die Auffaſſung meiner Aufgabe. Ich möchte nicht blos Sammler, ja nidyt einmal in erſter Linie Sammler
ſein, ſondern Beobachter, 8. h., ich möchte die Natur in ihrem Zuſammenhange erfaſſen, weil ohne dieſes ein Vers
ſtanden in reichem Grün und waren ſtets von vielen Vieh
ſtändnis der einzelnen Teile, ſo auch der Flora, unmöglich
heerden belebt. Sie haben vollſtändig den Charakter unſerer
iſt. Id legte mir einen Plan zu recht und führte ihn
Seewieſen. Ein Ranunkel mit goldgelben Blüten, Tri
innerhalb der Tage vom 20. Mai bis 1. Juni, wie ich
folium repens, zwei Potentillen, ähnlich unſerer P. rep tans und P. anserina , Carices, Phleum , am Waſſer
heute ſagen kann , zu meiner eigenen vollen Befriedigung
Scirpus und Holoschoerus, Orchis palustris, Pedicularis, im Waſſer Ranunculus, ähnlich dem R. fluviatilis, Spar: ganium und Phragmites bilden die Hauptmaſſe der Vege tation. Dazu kommt noch ſtellenweiſe ein Potamogeton und Polygonium amphibium . An den Salomonsquellen,
die eine ungeheure Menge Waſſer geben, das nach einigen Hundert Schritten in den See fällt, ſtehen rieſige Weiden , hie und da Rubus - Büſche, Mentha, Epilobium, Sondus,
Cirſium (?) zc. Der See enthält eine große Menge Fiſche, eine Art Barbe, welche ſehr wohlſchmecend find. Leider waren alle meine Gläſer zu klein dafür. Am Ufer ſind
viele Schlangen, wovon ich einige fieng. Im Schilf niſten Waſſerhühner und Taudyer, während die Enten und Gänſe in dem nahen Baumgürtel ihre Neſter haben dürften, der wie ein Band den See umſchlingt, vom Waſſer durch die Seewieſen und eine Zone von Gundelia-Steppe getrennt. Das Thal von Doe dyte-ardjen oder richtiger der Thal keſſel von Doeſcht-aredjem iſt ebenfalls nur ein Tong, aber von mächtiger Ausdehnung und zwei Ketten, aller dings unvollſtändig, durchbrechend: die Rette des Rub-i: Bungi im Süden und diejenige des Kuh-i:Schah-Sulayman und Kuh-i-Bil (Beilberg) im Norden . Im Süden ſchiebt der Rüden bes Rotel-i-Pir- i-Zaen, der den Kuh-Bungi mit dem Kuh-i-Mandeh verbindet, einen Riegel vor, während
der Tong-Kalt im Norden unter das Niveau des See's ſinkt und von jüngeren Bildungen, die eine Hügelkette zu ſammenſeßen, überlagert iſt. Wenn ich noch hinzufüge, daß die beiden Ketten von NW nach SD ſtreichen, der Tong aber von S nach N durchſeßt, ſo werden Sie das
folgende leicht verſtehen . Der Thalfefſel iſt im Weſten begrenzt von dem ſteilen Abfall des Kuh- i-Sdah-i-Sulay: man , deſſen Tong-Kalt eine ſteile Mauer bildet, und von der Rette des Ruh-i-Bungi und Ruh -i- Ticheng (Klauenberg),
die obwohl durch den Tong-i-Kaeldu geſpalten, doch eine geologiſche Einheit bilden. Auf der Dítſeite finden Sie im Kuh-i-Bil die Fortſeßung der Welle des Kuh-i-Schah
durch. Es koſtete viel Arbeit und oft den entſchiedenſten Willen meinen Leuten gegenüber – galt es doch, acht mal innerhalb jener kurzen Zeit Höhen von 9500 bis 10,200 Fuß zu erſteigen, d. h . meiſt hinauf zureiten, aber es ward jeder Tag zu einem Genuß für mich, und meine Notizen , Skizzen und Sammlungen ſind ein reicher Lohn geworden , abgeſehen davon, daß mid, der ſtundenlange Aufenthalt auf den Gipfeln audy körperlich erfriſcht und gekräftigt hat, daß ich mich wohler denn je fühlte. Vier Tage habe ich der Aufnahme des Panorama's vom Kuh i-Bungi , deſſen höchſter Gipfel, der Ser -i-tſchah -i-barfi, zirka 9800 Fuß hod) iſt, gewidmet , eines Panorama's von überwältigender Großartigkeit und großer Anſchaulich: feit für das Verſtändnis des Baues des Landes. Es iſt
nach der Simony'ichen Methode aufgenommen , d. h. mit
dem Zirkel und von möglichſter Genauigkeit. Es reicht im Süden und Südweſten bis an das Meer von Bender
Rig, im Weſten bis Baybahan, im Norden bis zu den
Bachtianiſchen Bergen und dem Kuh-i-Kelat bei Schiraz. Nur der weniger wichtige Teil im Dſten , etwa 16 der ganzen Runde, iſt in freier Zeichnung aufgenommen. Das Wetter war im allgemeinen günſtig, nur einmal mußte icy infolge heftiger Regenſchauer etwa 14 Stunde unter dem Gipfel des Ser-i-tica-i-barfi, Gipfel des Sdynee-Reſervoirs, umkehren und einen Tag des Regens wegen ganz zu
Hauſe bleiben. An zwei Tagen insbeſondere war die Luft ſo klar, daß ich in Doeſdhtiſtan nicht blos den Lauf des Saefid Rud verfolgen, ſondern auch die Dattelpflanzungen unterſcheiden konnte.
Von botaniſchen Notizen nur einiges : Quercus persica nur im Tong Raeldeh, am Fuße des Kuh-Bungi gegen den See und am Fuße des Kuh-i-Diſcg und Kotel i - Pir - i - Zaen. Kub - i - Diſdg iſt der untere Teil des Kuh-Mandeh. Obere Grenze am Kuh-i-Bungi, Nordoſt Erpoſ. 8200 Fuß, Ejde, überall von der Gundelia-Steppe (nicht im Lande benannte Steppen bezeichnet Herr Dr. Stapf nach der vorherrſchenden Vegetation , fo Kunar-Steppe
Vom Rio Grande zııın Popocatepeti.
nach dem häufigen Zizyphus, Gundelia-Steppe nach der delikaten Diſtel Gundelia Tournefortii .) aufwärts, oft in prächtigen Bäumen ; oberer Gr. a. Kuh -i- Tſcheng, Nordoſt Erpoſ. 8550 Fuß, am Kuh -i- Diſchg 8200 Fuß, am Kuh-i
Bungi 7900 Fuß, Acer, am Kuh -i-Diſchg, 8400 Fuß, am Kuh-i-Bil 8000 Fuß, Ardjen geht am Kuh -i-Mandeh bis
zum Gipfel 10,200 Fuß ; ebenſo auf den übrigen Bergen,
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ritt ich nach den Bergen zwiſchen Pir-i-Skaft und Maſarm ,
1
am 4. beſtieg ich den Kuh- Tſcharmekan (Vierortig, vier flächiger Ort) nördlich von Khan-i-Zaeniun, deſſen Höhe ich auf 10,000 Fuß beſtimmte. Er ſteigt über einer weiten
Reihe von Vorhügeln ſteil auf und iſt ſowohl durch die rote Farbe ſeines Geſteins, als auch durch die Schichtung
i-Bil, bis 8500 Fuß. Juniperus, auf dem Kuh-Bungi in
ſehr auffallend. Dieſe ſieht aus , als ob der Berg in horizontaler Richtung ſchraffiert wäre. Auch hier geht der Aerdien bis zum Gipfel. Jenſeit des Berges ſind
zirka 100 Stämmen, fehlt auf dem Kuh-i-Tſcheng, iſt auf dem Kuh-Mandeh auf den Gipfel beſdränkt, während er
noch einzelne Sträucher ſichtbar, dann beginnt gegen Dſten und Nordoſten die ſtrauchloſe Steppe. Der Berg
auf der ſüdöſtlichen Fortſeßung des Kuh-i-Bil, dem Ruh-i Pir-i-Skaft, häufiger iſt und gegen Norden tief herabſteigt.
iſt geologiſch ſehr intereſſant. Er iſt ein Reſt einer früher
Amygdalus scoparia ſelten am Fuße des Kuh-i-Ticheng . Colutea allenthalben häufig, Cotoneaſter zerſtreut auf Kuh-i
noch auf den Gipfeln des Kuh -i-Bil, des Kuh -i-Pir-Skaft und Mandeh zu finden ſind. Es iſt eine Wechſellagerung von rotem Sandſtein und roter Nagelflue. Hier zum erſtenmale Eremurus persicus in großer Menge bis zum
Lonicera nahezu ebenſo hoch. Crataegus, auf dem Kuh
Tſdheng, Bungi und Mandeh. Salir, gepflanzt und wild an Bächen und Quellen, am Kuh-i-Bungi bei 8700 Fuß an einer Quelle noch ein Rieſeneremplar neben Juniperus. Celtis in ſchönen Bäumen am Südoſt-Ufer des Sees, Zelcova mit Celtis und Salir an einer Luelle am Kuh i-Dijdag. Fritill. imper, allenthalben von 7500 oder meiſt
erſt von 8000-9000 Fuß. Tulipa, zwei Arten , eine rote und eine weiße, nahe dem
ſchmelzenden Schnee.
Merendera, am Sdynee des Kuh -i-Mandeh, 9800--10,100 Fuß. Von Drchideen fand ich nur 0. saccata am Kuh Bungi und Kub - Tideng und O. palustris in den Seewieſen . Die Roſen waren nirgends in Blüte, dod ſind zwei Arten
offenbar weiter verbreiteten jüngeren Schicht, deren Reſte
Gipfel. Meine Karawane war voraus gegangen, um in Qaleh -i-Schayd , Feſtung des Scheifs, Station zu machen ,
wo ich ſpät Abends zu Fuß eintraf. Am nächſten Morgen ritt ich nach Sciraz. Vorher fand ich noch bei Dichinar Radar, Platanen - Weghüter, fleine Muſcheln , welche mir Klarheit über die unverſtandenen Formationsverhältniſſe im Rotael- i-Kamaraed verſchafften , wo ich ſie vorher in derſelben Schicht gefunden hatte. d) babe hier nun alles ſo gerichtet, daß ich es nur in die Kiſten , die heute bereits fertig ſein ſollten, zu legen
ſicher. Von Umbell. finden ſich maſſenhaft Diplotaenia cachridifolia bis 10,000 Fuß, Ferula ovina (?) und Ferula
habe. Morgen gehe ich vermutlich zum Gouverneur und
persica faſt ebenſo hoch.
der näheren Umgebung widmen und zwei andere Tage dem Kuh -i-Barfi, Schneeberg, um dann nach Ispahan auf zubrechen, wennmöglich den Nayriz-See zu berühren und
In den abſterbenden Wurzel
ſtöden derſelben häufig das Mycel eines großen weißen Agaricus , der nach Regen die Fruchtkörper treibt. Am Kotael-j-Abdui, im Eidyenwald, ein Geaſter. Gräſer nicht
fehe mir die Bazars an, dann will ich noch 1--2 Tage
dann gegen die Saerhad, Kalkland-Straße, einzubiegen.
ſelten, aber wenig Arten. Mooſe nur am Waſſer, Farne angeblich bei der Salomons -Quelle Adianth. Ich konnte es nicht finden. Algen wenig -- ebenſo Flechten -- und ſehr einförmig. Petrefacten im Tong-Kalk, beſonders am
Kuh -i-Bungi. Korallen in großer Menge, Pecten, Dſtrea u. 1. w., in einer der Schieferſchichten unter dem Tong Kalk : Typha-Blätter . Am 2. verließ id Doeſcht-ardjen und ritt über den Zin -i-Saefid, Weißſattel-, Weißberg -Rücken, wo noch reicher
Baumwuchs iſt, nach Khan-i-Zaeniun. Am Zin -i-Saefid
Vom Rio Grande zum Popocatepetl. Eine Reiſe durch Merico von Nord nach Siid. Von Ernſt v. Heiſe - Wartegg. II .
Auf der Eiſenbahnſtation einer ſpaniſchen oder mexi faniſchen Stadt ankommen, heißt noch lange nicht in der
iſt ſicher eine andere, als gewöhnlich angenommen, ebenſo
Stadt ſein. Wie in Spanien , ſo liegen auch in Mexico die Bahnhöfe durchwegs etwa eine engliſche Meile von der Stadt entfernt. Aber während in Spanien Tramway oder Stellwagen die Verbindung zwiſchen beiden herſtellten , hat der Yankeegeiſt hier noch nicht die Zeit gehabt, derlei Kommunikationsmittel einzuführen. Zweifellos iſt dies nur mehr eine Frage von Wochen, wenn nicht die Stadt:
wie der Schiraz-Wein nicht zwiſchen Doeſdht -ardjen und Schiraz gebaut wird. Aus den wenigen Trauben von
ſollten . Da mir außer den eigenen Beinen kein anderes
Gyps, daher der Name. Von hier gegen das Ufer des Rara-aghatid ( Schwarzbaum ) Elaeagnus, Pyrus mit weidenähnlichen Blättern, am Ufer ſelbſt zwei Salir und Tamarir, Rubus, Roſa, ſtellenweiſe üppige Vegetation, ſo
an der Brücke über den genannten Fluß. Khan-i-Zaeniun hat feine Kümmelkultur und die Etymologie des Wortes
Doeſcht- ardien wird nur Melaſſe gemacht. In Khan - i Zaeniun wohnte ich im Rarawanſerai. Am 3. ds. Mts. Außland 1886, Nr. 2.
behörden den Amerikanern weitere Schwierigkeiten bereiten Transportmittel zur Verfügung ſtand , als der Burro, mußte id) denn eines dieſer bereitſtehenden mageren Tiere 6
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Vom Rio Grande zumn Popocatepetl .
beſteigen und ganz, wie ſeinerzeit in Aegypten und Syrien, mit auf den Boden ſchlenkernden Beinen meinen Einzug in Chihuahua halten. Dieſes Fernehalten der Eiſenbahn von den Städten hat wahrhaftig ſeine guten Seiten ſpeziell für den aus
den Vereinigten Staaten kommenden Reiſenden, der dort oft die ganze Nacht durch das ewige Pfeifen , Läuten und Schnauben der mitten in den Straßen herumkutſchierenden Lokomotiven wachgehalten wird. Hier iſt man davor ſicher, ja die Stadtbehörden crteilten nicht einmal die Er:
laubnis, auf eine Meile im Umkreis des Bahnhofes Hotels
oder ſonſtige Gebäude zu errichten , ganz wie man es bei uns mit den Blattern- und Cholera - Spitälern macht. Von amerikaniſchem Unternehmungsgeiſte dürften die Meyi
caner bei ſolcher Iſolierung und Fernhaltung desſelben kaum angeſteckt werden. Chihuahua mit ſeinen weißen Mauern und fladen
Meſon ( Hotel) ſteht. So aud, hier in Chihuahua. Es ivar gerade am Abend vor den Oſterfeiertagen , als ich hier eintraf, und auf der Plaza herrſchte ungewöhnliches Leben, d. h. jede Bank in dem baum- und blumenreichen Square, jeder Edſtein , jede Stufe der zur mächtigen Kathedrale emporführenden Treppe war von Menſchen beſeßt, die entweder ſchliefen oder im ruhigen flüſternden Geſpräch
miteinander begriffen waren. Vor dem offenen Juſtiz palaſt fauerten in feſten Schlaf verſunken Soldaten, die Gewehre neben ſich am Boden , den ungeheuren Sombrero tief in die Stirne gedrückt, und den Shawl, die Serape, dicht über die Dhren gezogen. Aus ihren Lagen und Stellungen allein hätte man ſchon den Indianer erraten können. So wie ſie hier mit angezogenen Knieen, die Hände über die Unterbeine gefaltet, die Stirne auf den Knieen ruhend, an den Mauern entlang ſaßen, ſo ſah ich aud) bie Rothäute in den nordamerikaniſchen Prärien um
Dächern inmitten des herrlichſten Grün der Cottonwood Bäume erinnerte mich wieder lebhaft an die ſyriſchen
das Feuer gelagert, ſo werden auch die Inkas und Azteken begraben. Keiner dieſer ſchlafenden oder Zigarretten
Städte, nur die hohen ſchlanken Türme der berühmten
Kathedrale zerſtören dieſe Jlluſion. In den geraden, rein
ſchmauchenden Soldaten wehrte mir den Eintritt in den Juſtizpalaſt, wo bei offenen Thüren und Fenſtern noch
lichen Straßen ſtehen ähnlidie Häuſer wie im Drient; hier wie dort lange Mauern mit kleinen Fenſteröffnungen und
es war gegen neun Uhr – einige ſo ſpät Abends Gerichtsfälle ruhig verhandelt wurden . Die Ridyter und
feſtverſchloſſenen Thüren, ja ſogar die hölzernen Fenſter gitter, die Mucharabikfs der Häuſer von Rairo trifft man noch an manchen Gebäuden an. Die amerikaniſche In
Advokaten waren in gewöhnlichen ſchwarzen Anzügen ohne
vaſion hat den altſpaniſchen Charakter der Stadt nicht zu ändern vermocht. Nicht ein einziges der grellen , rot angeſtrichenen , mit Plakaten und Reklamen beklebten
Yankeehäuſer ſtört die ſtille friedliche Harmonie der Stadt, wie dies leider in ſo auffälliger Weiſe in Santa Fé, San Antonio und Monterey ſchon geſchehen iſt. Dem aus dem Dollarlande kommenden Reiſenden zeigen ſich hier ſeltſame Kontraſte. Dort alles Leben Lärm , Bewegung, Geraſſel, Geldrei, hier tiefe Rube, ja Einſamkeit. Dort alles hell erleuchtet, Elektrizität, Gas, und weiß Gott was alles, hier alles finſter, ſofern nicht der helle Mond auf dem ewig klaren Firmament ſteht. Dort alle Häuſer voll Kaufmannsläden , Wirtshäuſern, Schenkſtuben , hier nichts als feſt verſchloſſene, ſtille Häuſer und lange einförmige Mauern, über deren Zinnen ganze
Batterien von Waſſerröhren wie Kanonenſchlünde hervor ragen, als wäre jedes Haus eine Feſtung. Das Haupt
leben, wenn von einem ſolchen überhaupt die Rede ſein kann, konzentriert ſich auf der Plaza. In dieſer Hinſicht gleichen die mericaniſchen Städte einander wie ein Ei dem anderen . Ob in Hermoſillo im Staate Sonora oder in
irgendwelche Abzeiden ihres Amtes. Der Delinquent ſtand unbewacht in einem Verſchlag, und hätte er nur gewollt, er hätte bequem zwiſchen den ſchlafenden Apoſteln der Hermandad herausſpazieren können.
Auf der anderen Seite der Plaza erhebt ſich die majeſtätiſche Kathedrale, ihre prachtvolle, mit kunſtvollen Skulpturen überladene Façade vom fahlen Mondlicht ſchräge beleuchtet. Ungeachtet der vielen Menſchen und, was noch mehr zu verwundern iſt, der vielen geſchwäßigen Frauen herrſchte eine derartige Stille auf dem großen Plaße, daß man die kleine Fontaine inmitten der Blumen beete plätſchern hörte. Die Indianer, welche eben den größten Teil der Bevölkerung ausmachen , haben neben manchen Schattenſeiten dieſe ſchöne Eigenſchaft für ſich, im Gegenſaß zu dem lärmenden , brüllenden „ Border Yankee". Eben verriet ſich die Gegenwart der leşteren durch kräftige, laut durch den Square (dallende Flüche, grelles Gelächter und heiſeres Brüllen laſciver ,,Lieder". Sie zeigten mir wenigſtens damit das idmußige, jeden Komfort entbehrende Hotel an, wo ich meine Nachtruhe finden ſollte. Es war eine jener Grenzkneipen , in denen ich in früheren Jahren in Arizona und Teras ſo häufig Unterkunft nehmen mußte, nur noch dymieriger, lärmender
geſchmückt. Eine Seite der Plaza wird in der Regel von
und von noch ſchlimmerem Grenzgeſindel gefüllt. Es führte den Namen ,,American Hotel". Meine Frage nach einem Zimmer wurde von dem baumlangen , durch einen Som brero und gewaltigen im Gürtel ſteckenden Revolver bereits
der Rathedrale, eine andere vom Regierungsgebäude, eine
„mericaniſierten " Yankee mit Hohngelächter beantwortet.
Guadalajara oder in Tehuantepec, jede Stadt hat dieſelben geradlinigen, hinreichend breiten Straßen und im Mittel punkt eine Plaza , gewöhnlich mit hübſchen Baumanlagen
dritte vom Juſtizpalaſt oder dem Gefängnis eingenommen,
We are full -- ja, wenn Ihr hier im Patio unter
während auf der vierten gewöhnlich eine Fonda oder ein
freiem Himmel ſchlafen wollt, könnt Ihr Plaß bekommen !"
no
Vom Rio Grande zum Popocatepetí . Weiter abwärts zu befand ſich eine echte mericaniſdie
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ſind unverwüſtlich, und Fußbekleidung brauchen ſie keine.
Fonda, wo allerdings die Zimmer keine Fenſter und ihre
Für den Reſt ihrer Bedürfniſſe ſorgt die fleißige, beſchei
auf den Hof mündenden Thüren keine Sdylöſſer hatten,
bene, ja ſittſame Frau, die ihr Leben in dywerer Arbeit
aber dennod war mir dieſes Indianer-Hotel lieber, ale
verbringt.
das amerikaniſde. Wie in den Privathäuſern, Reſtaurants
Nach ein paar intereſſanten Tagen in den Silberminen und den Schmelzwerken hieß es weiter, denn die Bahn
u. f. w., gab es natürlich auch hier keine hölzernen Fußboden und da überdies in meinem Zimmer fein Bett vor: handen war, hieß es auf der falten Erde ſchlafen, welch
war mittlererweile bis nad Zacatecas, ein paar Hundert
eigentümlicher Gegenſaß! Bei uns ſind alle Räume mit
ſtellten ſich dieſem dennoch gigantiſden Eiſenbahnbau von
hölzernem Parquet verſehen, nur nicht die Kirchen, und in Merico find gerade umgekehrt die Kirchen die einzigen Gebäude, wo ſich hölzerne Fußböden befinden. Schon aus der Schilderung dieſes Hotels, des beſten der Stadt, wird man erkennen , daß der Fremdenverkehr in Chihuahua nicht gerade bedeutend iſt. Ebenſo elend iſt es um die Café Reſtaurants und ſonſtigen öffentlichen Anſtalten in dieſer body an 20,000 Einwohner zählenden Stadt beſtellt. Aller Unternehmungsgeiſt konzentriert ſid)
El Paſo nad Merico nicht entgegen. Humboldt behauptete mit Redyt, daß man die ganze Reiſe der Länge nach durch Merico in einem Wagen ganz bequem unternehmen könnte. Was jedoch der Eiſenbahn Schwierigkeiten bereitete, war der Waſſermangel und die Feindſeligkeit der Mericaner
in dieſer Hinſicht auf die Ausländer.
Ter Mericaner hat
abſolut keinen Sinn dafür. In jeder Stadt des nördlichen Mexico, und ſo auch in Chihuahua, fand ich einen franzöſiſchen Barbier, italieniſche Fruchthändler, dyineſiſdhe Wäſcher, amerikaniſche Trinkſtuben und deutſche Kaufleute. Chihuahua beſigt ſogar ein chineſiſdes Reſtaurant, das beſte der Stadt. Wo dieſe Chineſen doch überall zu finden ſind ! 3d nahm mein Abendbrot bei ihnen ein – benſelben Reis in gleicher Weiſe bereitet, wie id) ihn bei den
Chineſen in Singapore und in San Francisco gegeſſen. Sie bleiben ſich überall gleich in ihrer Tradit wie in ihrer Lebensweiſe. wovon die Bevölkerung von Chihuahua lebt, iſt mir trotz mehrtägigen Aufenthalts hier ein Rätſel geblieben. Sie beſchäftigen ſich mit nichts, ſie lungern den ganzen Tag über auf der Plaza oder unter den großen ſchattigen Bäumen der Alameda umher : ein Viertel von ihnen bringt
Meilen ſüdlicher, fertig gebaut worden. Terrainhinderniſſe
gegen die Invaſion der Gringos ober Amerikaner.
Wie
idyon früher erwähnt, zogen ſid, die elendeſten Elemente aus
den amerikaniſchen geſetloſen Grenzgebieten nach Merico und hauſten dort – man fönnte beinahe ſagen mit Feuer und Sdivert - in ähnlicher Weiſe wie die Spanier vor vierhundert Jahren. Sie betrachteten Merico wie etwa ein zweites Arizona, und die indianiſdie Städte- und Dorf bevölkerung als Vetternder wilden Indianerhorden nörd-: lidh des Rio Grande. Sie verfuhren mit den Mericanern
als wären ſie Eroberer in einem feindlichen Lande, Frauen wurden geſchändet, Geld und Gut geraubt , und wer's
nidyt zufrieden war, bekam eine Ladung Blei hinter die Ohren. Allerdings wurden viele unter ihnen dingfeſt ge macht und in die Calaboza (das mericaniſche Gefängnis) geſtedt; aber das verſtärkte nur noch die gegenſeitige Er bitterung. Die Mehrzahl der Mericaner iſt nicht ſchlimm oder bösartig, was immer leichtſinnige Reiſende über ſie ſagen mögen . In ihren Städten und Dörfern kamen ſeit Jahrzehnten nidyt ſo viele Morde und Raube vor, wie
feit der Invaſion der Gringos innerhalb weniger Wochen .
Deshalb haſſen ſie die Eindringlinge und rächen fich, wo
Das Klima iſt aller-
ſie können. Sie haben der Eiſenbahn den Krieg erklärt,
dings föſtlich, eine Wiederholung jenes von Italien, allein
und wir harmloſe nicht-amerikaniſche Paſſagiere mußten nun dafür büßen, wie wir nachher unter Lebensgefahr
die Nacht unter freiem Himmel zu.
von was leben ſie ? Viele ſind in der Münze beſchäftigt, andere in den fruchtbaren Feldern der Umgebung, die dritten in den ungemein reichen Silberminen , die ſeit Jahrhunderten in Betrieb und doch nod unerſchöpflich ſind. Die indianiſche Stadtbevölkerung iſt anſcheinend ſo beſcheiden und anſpruchslos , ein ſo angenehmer Rontraſt zu ihren wilden Brüdern auf den Prärien, daß ſie unwillkürlich Sympathien erweden .
Sie ſind entidieben beſſer als ihr
Ruf. Das iſt die Meinung aller, die ſeit Jahrzehnten unter ihnen leben. Ihr großes National-Uebel iſt ihre angeborene Faulheit und Läſſigkeit. Sie arbeiten nur gerade ſo viel als hinreicht, um ſich ein elendes Daſein unter freiem Himmel zu friſten ; ein paar Tortillas und Drangen, ein Pädchen Zigaretten, die um einige Centavos
erfuhren.
Die Hochebene, welche wir auf dem zirka 150 e. Min. langen Wege bis Ximenes, unſerer Mittagsſtation, durch : fuhren, (dien im Vergleich zu der Wüſtenfahrt durch das
nördliche Chihuahua ein wahres Meſopotamien zu ſein. Beſonders das weite Thal des San Pedro- Fluſſes und noch weiter jenes des Rio Conchos waren mit Maisfeldern und kleinen Baumwoll- Plantagen bedeckt.. Das Land nördlich dieſer Flüſſe iſt vortrefflicher, mit graugrünem Buffalogras bebedter Prärieboden , auf welchem viele
Tauſende von Rindvieh und Schafen weideten . Wo immer eine Senkung im Boden, ein kleines Flüßchen aus den benachbarten Bergketten Waſſer bringt, wuchert die Natur aufs üppigſte. Alles was hier erforderlich iſt, um aus
zu kaufen find, genügen ihnen ; Toiletten brauchen ſie nicht zu wechſeln, denn ihre Canvaß-Hemden und -Beinkleider den Prärien das fruchtbarſte Aderland zu machen , iſt überdauern ein Jahr. Der Sombrero und die Serape | Waſſer. Zwiſchen den mitunter ganz ſtattlichen Cotton
Vom Rio Grande zuim Popocatepety.
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wood Bäumen neſtelten kleine Indianerdörfer, niedrige,
hörten wir vom Süden her einen Zug heranbrauſen.
ärmliche Adobehäuſer um die unvermeidliche Kirche herum
Hurrah ! Es war der erſte Eiſenbahnzug, welder von
gelagert, und ihrerſeits wieder umgeben von den aus kleinen
Zacatecas, nur etwa 400 e. Min. von Merico entfernt, ununterbrochen nordwärts bis El Paſo fuhr. Einige Dußend Paſjagiere, zumeiſt Amerikaner, entſtiegen dem Zuge, und drängten ſich in unſeren ,,Speiſeſaal", andere ſchüttelten draußen wahrhaftig fingerdicken Staub und
Zweigen und Aeſten geflochtenen Corrals für das Vieh. Der bedeutendſte Drt während unſerer tagelangen
Eiſenbahnfahrt bis Lerdo, 300 e. Min. ſüdlich von Chi huahua, war Santa Roſalia , das ſich mit ſeinen weißen
Häuſern und ſeiner blendend weißen Kirche, auf einem Berge prachtvoll gelegen, idon aus weiter Ferne zeigte.
Sand von ihren Kleidern und buſteten ihn aus ihren
Wie wohlthuend war es, in dem den Fuß des Berges
und Süd ihre Erfahrungen und Erlebniſſe aus. Die neuen Anfömmlinge waren zumeiſt ſpekulative Yankees : Mineure, Goldſucher, Abenteurer, welche in Erwartung
.
beſpülenden Rio Conchos ſogar Waſſer zu finden ! Welche
vertrodneten Kehlen. Uff! Neugierig tauſchten nun Nord
Seltenheit im nördlichen Merico ! Ich mödyte wahrhaftig gern wiſſen, was die Mericaner zu einen Greenwich- Fiſch ſie , die in ihren waſſerloſen Diner ſagen würden Steppen von der Eriſtenz der Fiſche vielleicht gar keine Ahnung haben. Station Ximenes ! Twenty minutes for dinner ! Wir waren in Ximenes angekommen. Weit und breit kein Haus, kein Baum . Ximenes, wenn ein ſolcher Ort überhaupt eriſtierte, mußte mehrere Meilen von der Bahn entfernt liegen. Ringsum wieder nichts als Cactus-Wüſte, denn wir waren an der Grenze des fruchtbaren Landes angekommen, an jener Stelle, wo die nordmericaniſdye Wüſte, Bolſon di Mapimi genannt , ſich in jüdweſtlicher Richtung bis an die Felſengebirge zieht. Ganz wie in
Rehlen geſtatteten es nicht, fräftig zu fluchen, wie es an ſtändige Gringos in Arizona und Teras thun . Nein , es
den nordamerikaniſchen Prärien ſtanden auf den Geleiſen
waren langgezogene leiſe Ergüſſe, die ſich wie dünne
Gringos umher, mit geſpreizten Beinen, die Hände in den Taſchen , den Revolver im Gürtel, gleidhgültig Tabak fauend, und zeitweilig Verſuche unternehmend, den Tabat: ſaft im hohen Bogen über die Lokomotive hinwegzuſprigen. Ein Gringo im Schurzfell ſchlug den Mittags-Gong, das Zugsperſonal verließ den Zug , es war offenbar
Spinnenfäden aus ihrer überfüllten Fluchdrüſe ſpannen .
1
.
Mittagsſtation , aber wo war das Dining Room ? Wo das Stationsgebäude ? Du ſchwere Not! Da ſtanden auf einem Seitengeleiſe inmitten der Wüſte unter den glühendſten Sonnenſtrahlen zwei alte Viehwaggons hintereinander, durch ein loſes Brett mit einander verbunden . Durch die breite
Eingangsthür, durch welche in der Glanzzeit des Waggons ſtattliche Ochſen ſtolzen Sdrittes ein- und ausmarſdierten, begaben wir uns in den Waggon, der als ,, Dining Room " als „ Comidor “ eingerichtet worden war. Einige Bretter auf leeren Fäſſern ruhend, dienten als Tiſd ), leere Biscuit
Kiſten als Siße. Der zweite Wagen diente den zwei (deutſchen ) Reſtaurateuren als Küche und Wohnung. In einer Ecke des Waggons ſtand ein Waſſerfaß, aus welchem die Durſtigen mittelſt eines roſtigen Metallöffels ihren Durſt ſtillten . Im Salle à manger ſtanden große Schüſſeln mit allerhand übrigens vortrefflich zubereiteten Speiſen zum Zulangen bereit . Aber halt ! Pay first if you please ! Die Bezahlung eines Silberdollars ermächtigte uns zur Teilnahme an dem Mahle. Während wir alſo auf den Riſten ſaßen und mit Federmeſſern , Reiſebeſteden, Dolden oder ,, Bowie-Knifes " unſere Bijjen aus der gemeinſchaftliden Sdyüſſel fiſdten,
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der nun bald fertigen Cijenbahn per Schiff über Vera Cruz nach Merico vorausgeeilt waren und ziemlich ent täuſcht den erſten Zug benüßten, um auf dem Landwege nadı „The States “ zurüđzukehren . Sie hatten noch etwa
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hundert Meilen in der mericaniſchen Diligence zurücklegen müſſen, auf weldier Strecke die Bahn noch nid)t fertig war. Welche Flüche ! Welche Kollektion von Schimpf wörtern auf die Mericaner, die Poſtwagen, die Briganten , die elenden Wege, das noch elendere Futter! Am aller: ärgſten wurde über die Wüſtenfahrt gejdimpft, welche ſie
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eben überſtanden hatten. Ihre verſtopften und vertrockneten
Ah ! und Dh ! Wie glüdlid; wären ſie, bald wieder nach Yankeeland zu kommen ! Merico iſt kein Land ! ,, is no country !“ Kehrt lieber um, liebe Freunde ! geht nicht weiter! Als ſie uns aber dazu nicht bewegen konnten, gaben ſie uns noch gute Ratſchläge auf den Weg . „ Look here, young friend “, meinte einer zu mir, nehmt Euch eine Decke nad; Lerdo mit, denn Ihr müßt auf der Erde unter laßt's Euch geſagt freiem Himmel übernadyten. Und ſein cock your pistol, ſpannt Euren Revolver!
„ All aboard ! Einſteigen, weiter !" In Bezug auf die Wüſte hatten ſie wahr geſprochen , die Guten , denn ein elenderes Stück Erde als die Wüſte zwiſchen Ximenes und dem hundertfünfzig Meilen ſüdlich gelegenen Villa Lerdo gibt es ſchwerlich anderswo. Der Staub, durch die raſche Dampffahrt aufgewirbelt, drang Wolfen gleich in unſeren Waggon und bedeďte unſere Kleider, Bärte, Augenlider in diden Sdidyten . Zwiſchen den Zähnen verſpürten wir den Sand und das Atmen verurſachte die größten Sdywierig
feiten . Von der Gegend war nichts zu ſehen, denn der Staub umwirbelte alles. Dazu die drückendſte mexicaniſche Mittagshite, von der man ſich ſchwer einen Begriff machen kann, und die um ſo unerträglicher war, als die Staubſchichte alle Poren unſeres Körpers verſtopfte, alles vertrodnete.
So hieß es ſieben lange Stunden zubringen. Ich hatte glücklicherweiſe einen hinreichenden Vorrat Orangen und
Zitronen bei mir, an denen ich unaufhörlich ſaugte. Ich babe in meinem Leben nie mehr Drangen verzehrt.
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Nom Nio Grande zlim Popocatepetl.
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Es iſt ein unausſtehliches Gefühl, wenn die Zunge
Rande der Cactus-Wüſte gelegenen Rancho herbeigeritten,
wie ein hölzerner Glodenſchwengel im Munde baumelt, anders läßt es ſich nicht beſchreiben. Nur zeitweilig hielt der Zug, um die Lokomotive trinken zu laſſen , dann ließ aud) der Staub nach, wir ſchüttelten uns ab und ſchöpften
auf ſtolzen Pferden , wie ein Centaur mit ihnen verbun
den, und ſtets ein Arſenal von Waffen mit ſich führend. Die zahlloſen, um die Halteſtellen herumſtreichenden Hunde, Vetter der Scafale, attafieren gewöhnlich dieſe Caballeros, allein ein Wurf mit dem Laſſo, von deren geſchickter Hand, zerichmettert den Schädel des einen und verjagt die anderen. Dann laſſen ſie das Pferd vor den „ Gringos " ein wenig
ein wenig heiße trođene Luft, die über den Ebenen zittert. Wehe den Rarawanen, welche dieſe Wüſte durchziehen, wenn Stürme den feinen Sand aufwirbeln und neben allen individuellen Qualen auch noch den Ausblid nad
pirouettieren, und fort geht es wieder über die Steppe,
der allernächſten Umgebung verſperren ! Gegen Abend
im jauſenden Galopp nach dem Rancho zurück. Mit einem Glaſe ſehen wir dort wohl auch foloſſale Heerden
kamen wir in eine beſſere Gegend. Die Sand- und ſchnees weißen Alkali-Steppen des Lagunen - Diſtrikts wichen ſtei-
von Schafen und Rindern , aber die Bahn kann dieſen
nigem Boden, auf welchem ſich die ſeltſamſte, eigenartigſte
Ranchos nicht folgen. Sie wählte den fürzeſten Weg
Stachelvegetation Merico's zeigte. Ueber die verſchiedenen
quer durd die Wüſte.
Cactus-Gewächſe, welche den Boden hier auf viele Dußende Meilen dicht bedeđen , erheben ſich die häßlichen , ſchwarzen
Endlich, ſpät am Abend, nach einer der elendeſten Fahrten, die ich je unternommen , erreichte der Zug Villa Lerdo, wo wir Nachtlager machen ſollten. Ich ſah auf der Karte bei Lerdo ein ganz reſpektables Ringelchen. Dazu der Name ,, Villa" Lerdo und dachte mir, wir wür den wohl hinreichende Unterkunft finden. Aber die ,,Stadt" lag einige Meilen von der Station entfernt, und der Weg dahin führte durch weißen , fußtiefen Wüſtenſtaub.
borſtigen Kronen der Yuka-Palme mit ihrem plumpen,
vielverſchlungenen Gezweige, auf welchem die ſtruppigſten Blattbüſchel ſißen. Sie ſind die Struwelpeter des Pflanzenreiches. Meilenweite Wälder dieſer unbrauchbaren , un-
ſchönen Pflanze ziehen ſich längs der Bahn hin , aber doch keinen Schatten ſpendend, denn ihre Kronen ſind zu Manche dieſer Bäume erheben ſich auf adyt bis
Ueberdies wollte ſich keiner meiner Reiſegenoſſen durch die
zehn Fuß bei zwei bis drei Fuß Durchmeſſer. Der dünnſte
finſtere Nacht nad dem Orte wagen . Mericaniſche Bri
klein.
Zweig iſt noch immer einen halben Fuß dic. Die ge-
ganten ſind zwar in der Regel ſehr höflich, aber deshalb
wöhnlichſte Pflanze iſt jedoch der Blätter- Cactus, prickly
ziehen ſie einem doch die Haut vom Leibe. Alſo auf der Station " geblieben. Aber wo ſchlafen ? In den Waggons ? Das war ausdrüdlich verboten, denn dort machte ſich's
pear, der hier auch ſchon zu hohen Bäumen emporwächſt. Wie richtig, daß fidy ein Zweig dieſer Pflanze im meyicaniſchen Wappen befindet! Wie richtig auch die Schlange darauf , aber der Adler, der dieſe Schlange im Sdınabel hält, paßt in das Wappen keineswegs. Wo immer die periodiſchen Wüſtenflüſſe des Hoch: plateau's zeitweilig Waſſer hinbringen, findet man auch idon in dieſen Breitengraden die eigentliche National-
das Zugsperſonal bequem.
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Weit und breit nidts als die
ſandige Wüſte. Nur einige Hundert Schritte von den Ge leiſen erheben ſich einige Reiſig - Buden oder vielmehr Flug dächer, in welchen Lichter brannten. Eine dieſer Buden
führte in großen, durch eine Lampe erleuchteten Lettern die Aufſdrift ,,Restaurant Français . Vielleicht finden
pflanze Merico's, die Agave, mit ihren breiten , diden,
wir bort Rube.
ſchön geſchwungenen Blättern und auf hochaufgeſchoſſenen Stengeln fißenden Blüten. Was die Palme für den
Maison dorée von Lerdo war, wie geſagt, eine nach zwei
Seiten offene Bude, mit Reiſig und Palmblättern eingedect.
Drient, das iſt die amerikaniſche Aloë, die Agave, für das
Eine elende, rauchige Fettlampe erbellte das Innere. Auf
Hochplateau von Mexico, ebenſo nugbringend, ebenſo allgemein , wenn auch weniger ſchön. Hier unter dem 25. Breitegrad ſind ſie freilich noch ſpärlid, zu finden, im Vergleich zu den Millionen Agaven auf dem Plateau von Anahuac, weiter gegen Süden. Auch der ſchon früher erwähnte Mesquite wird jeßt häufiger und erreicht ganz reſpektable Baumgröße. Nur der Menſd fehlt noch immer ! Der Herr der Schöpfung iſt hier ungemein ſpärlich gejäet und noch dazu in recht verkümmerten Arten. Ueberall, wo uns Seitengeleiſe, Waſſertanks, Gebälke und alte Blechbüchſen den
einem langen Tiſche ſtanden die Speiſen, deren Schilde: rung man mir erlaſſen möge. Ein baumlanger Franzoſe, den Revolver im Gürtel, ſtand an der Thüre. Entrez, Messieurs. Pare usted aqui. Señores aqui es el comidor. Wir traten ein, denn der Hunger überwand allen Abſcheu . Vous êtes français ? Oui , Señor, Lyonnais, Republicain ? Dam, je suis Royaliste, mais c'est égal, donnez-moi à manger, für welche politiſche Erklärung dieſer Lyoneſer Galgenſtrid
Drt anzeigten, wo eine Station gegründet werden ſoll,
Boden von dlafenden Yankees bejeßt waren und ich nur durch ein Wunder nicht auf ſie getreten war. Es war wohl zu überlegen, ob man den langen Teraner auf der
ſahen wir auch ein oder zwei Dußend des elendeſten Indianergeſindels, ebenſo verwahrloft und balbnackt, wie die
Alſo vorwärts, ſieben Mann hoch ! Das
mir einen Peſo abverlangte. Als wir Plaß nehmen wollten, ſah ich erſt, daß nicht nur die Bänke , ſondern auch der
lieblichen Apaches und Yumas in Arizona. Nur ſelten | Bank wecken ſollte. kommt irgend ein Caballero von dem weit abſeits am
Ich ſchlug ihm auf den Rücken .
Halloh ! Landsmann, laßt uns 'mal zum Futter ! Der
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Die Sitten und Bräuche der alten Dithmarſcher bei Verlöbniſſen und Hochzeiten .
Rerl fuhr auf, als ſteckten die Gendarmen hinter ihm , aber
Zitronen , aber die anderen Reiſenden mußten mit den Tor
er machte gutwillig Plaß, als er uns ins Geſicht ſah.
tillas vorlieb nehmen, die die Indianerweiber unter ihren
Es war finſtere Nacht, als wir zur ,,Station " zurück kehrten. Neben den Geleiſen lagen eine Anzahl Mericaner, in ihre Serapes gehüllt, im Sande. Meine Kollegen
Augen auf den Stationen zubereiteten ; für einige Centavos zerrieben ſie den Mais zwiſchen zwei Steinen, fneteten den Teig, buken dieſe mericaniſchen Pfannenkuchen auf heißen Steinen und beſtrichen ſie mit Chile Colorado, einer roten
thaten desgleichen, ich aber ſchlich mich jachte in den Waggon. Für zwei Peſos erhielt ich ein lauſchiges Shlaf Pläßchen neben dem Lokomotivheizer. Ich war an das Puſten des eiſernen Roſſes zu ſehr gewöhnt, als daß mich
Pfeffer -Sauce.
Auf den Stationen wurde eifrig gebaut
das bischen Schnarchen viel am Schlafen gehindert hätte.
und gezimmert, denn für den 5. Mai, den großen natio: nalen Unabhängigkeitstag der Mericaner, war die feierliche Eröffnung der Bahn feſtgelegt worden , und es war nur
Um 7 Uhr früh ging es bei prächtigem Sonnenſdein,
mehr zwei Monate Zeit bis dahin. Und die Yankees wurden
der uns bis in den leeren Magen drang, weiter ſüdwärts,
in der That fertig, denn als ich Anfang Mai denſelben Weg zurück nach den Vereinigten Staaten nahm, flog ich im Pulmann -Sleeping- Car an hübſchen neuen Stations gebäuden vorüber, nahm meine Mahlzeiten ( und vortreff
denn für heute Abend war uns ein gutes Bett im Hotel Zacatecano in der alten Minenſtadt Zacatecas verſprochen worden. Wir hatten von Chihuahua bis Lerdo feine Militärbedeckung gehabt, und dachten ſchon, die ſchlimmſte Strecke wäre vorbei, als wir, kaum aus der „ Station " fahrend, eine Kavalkade von zwanzig Reitern auf uns heranſprengen ſahen. Der Herr Profeſſor , ein frommer Sprachgelehrter aus St. Louis, dachte, nun wäre das lekte Stündlein gekommen. Er fiel in die Knie und rief den Almächtigen um Hülfe an. Wir anderen zogen unſere Revolver, obſchon ich mir im Stillen dachte, daß wir body
damit nichts ausrichten würden . Der erſte Reiter, bis über die Dhren bewaffnet, war mittlererweile am Zuge angelangt, und hieß den Zugführer halten. Es war uns unbegreiflich, warum wir nicht mit vollem Dampfe davon gefahren waren. Der ſpaßhafte Rondufteur hatte uns nur einen Schreck einjagen wollen , denn es waren zwanzig Rurales oder Gendarmen , die auf telegraphiſchen Befehl von Lerdo zu unſerem Schuße gekommen waren. Sie ſprangen von den Pferden , beſtiegen den Zug und weiter gings. Nun erfuhr ich erſt, daß zwiſchen Lerdo und
liche überdies) in einem Buffet-Salonwagen ein und ers
reichte El Paſo von der Stadt Mexico aus in etwas mehr als zwei Tagen, während ich, meine eigenen Aufenthalte abgerechnet, auf der Hinfahrt eine Woche im Eiſenbahn wagen zubrachte! Spät Abends, es war neun Uhr, erreichten wir end lich Zacatecas, nahezu 9000 Fuß über dem Meere gelegen ! Wir waren alſo von El Paſo aus ganz unmerklich 6000 Fuß geſtiegen ! Diesmal war es mit dem Verſprechen eines guten Bettes ernſt. Eine Stunde nach unſerer Ankunft hatte id im Hotel Zacatecano, einem alten aufgehobenen Nonnenkloſter, ein „ Quarto " ſo groß wie eine Kirche, mit einer Thüre, groß wie ein Hausthor, und einen gut meri caniſchen Schlüſſel von einem Pfund Getricht dazu, aber Fenſter war keines vorhanden. ( Schluß folgt .)
Fresnillo von Mericanern ein Angriff auf unſeren Zug
geplant war, von welchem man in Fresnillo rechtzeitig Wind erhalten hatte. Indeſſen unſer Fehlgriff war nicht groß geweſen, denn es bedurfte der Verſicherung des Kon dukteurs, daß dieſe zwanzig Kerle nicht Banditen, ſondern
Rurales wären. Werden die leßteren doch gewöhnlich unter den erſteren rekrutiert ! Diesmal ſchienen ſie's ernſt zu nehmen. Sie blieben mit den Karabinern in den Händen auf den Waggon
Platformen, und drei von ihnen beſtiegen die Lokomotive. Die Vorſicht war auch nicht vergeblich geweſen, denn ob ſchon ſich an den Waſſerſtationen niemand zeigte, wurden doch während der Fahrt , die Scheiben des Waggons mit
großen Steinen eingeſchlagen und Sdüſſe auf den Zug abgefeuert, ohne viel Schaden zu thun. Die Fahrt vom 25. zum 23. Breitegrad, unſer heus tiges Tagwerk, ähnelte der geſtrigen. Dieſetben Cactus und Salpeter-Wüſten , dieſelben menſchenleeren Steppen, auf den elenden Stationen lungerte dasſelbe mericaniſche Gefindel umher, und eine Mittagsſtation gab es diesmal überhaupt nicht. Ich beſaß noch Chocolade, Drangen und
Die Sitteu und Gebräude der alten Dithmarſcher bei Verlöbuiſſen und Hochzeiten. Nach der Darſtellung des Dithmarſiſchen Sdriftſtellers Neocorus in ſeiner von Profeſſor Dahlmann in Kiel im Jahre 1827 herausgegebenen, in niederſächſiſcher Mundart geſchriebenen Chronik des Landes Dithmarſchen aus dem
Anfang des 17. Jahrhunderts waren die Sitten und Ge bräuche der alten Dithmarſcher bei den Verlobungen und
Hodyzeiten im weſentlichen folgende : Der Bräutigam ließ durch ſeine Eltern oder Freunde um die Hand der Braut anhalten. Hatte die Braut zu der Partie keine Neigung, ſo wurde neben die Hausthür eine Schaufel geſtellt. Daher hieß es von dem, deſſen Heirats: antrag zurückgewieſen war, ,, er hat eine Schaufel be:
kommen .“ War dagegen die Braut nicht abgeneigt, den Antrag anzunehmen, dann wurden die Brautwerber auf
einen anderen Tag beſchieden. In der Zwiſchenzeit be fuchten nun der Bräutigam und die Brautwerber zu wieder holtenmalen die Braut und die Verwandten derſelben. Am
Die Sitteu und Gebräuche der alten Dithmarſcher bei Verlöbniſſen und Hochzeiten.
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feſtgeſeşten Tage begaben die Brautwerber ſich aufs neue
Empfang zu nehmen und auf den Wagen zu paden. So
nad der Wohnung der Braut. Hatte dieſe fich nun zur Annahme des Antrages entſcloſſen, dann ſette ſie einen Tag zur Erklärung -feſt, an welchem die Braut von ihrem Vater oder nächſten Verwandten dem Bräutigam, der in Begleitung mehrerer Freunde erſchienen war, verlobt und dabei Bier aus einer Schale von Eichenholz getrunken.
bald die Reiter und die Wagen bei der Wohnung der Braut angelangt waren, trat als Wortführer der älteſte
Brautknedit vor mit der Bitte um Verabfolgung der für die Braut beſtimmten Sachen. Nun trugen die Kleider frauen das Brautzeug und das ſog. Brautbrot, weldes
Darauf folgte ein ſtattliches Mahl, bei dem man oft bis
von Menſdenlänge und mit allerlei Figuren, z. B. mit Noſen, Herzen, Händen, Kindern, Wiegen 2c. verziert war,
an den lichten Tag beiſammen blieb. In der Regel wurde
ſowie den Brautfäſe auf den Wagen, während die Braut
ſchon bei dieſer Gelegenheit der Tag des feierlichen Ver löbniſjes beſtimmt, welches oftmals erſt nach Ablauf von 1, 12, unter Umſtänden wohl gar von 2 Jahren ſtatt:
fand. Dazu kamen beide Teile mit ihren Angehörigen
knechte die übrigen Sachen hinaufſchafften. Nach Abfahrt dieſes Wagens, des ſog. Brautivagens, wurde zur Tafel gegangen, bei der namentlich ein gutes Getränk nicht zu
fehlen pflegte. Auf die Mahlzeit folgte ein Tanz, wobei der älteſte Brautknecht den Reigen eröffnete. Darnach
und Freunden entweder in einem Privathauſe, oder, wir es an einigen Drten gebräuchlich war, in der Kirche zu: ſammen, wo nun ein förmlicher Ehevertrag errichtet ward. Dann ſeşte man ſich zu Tiſche, und war es an einigen Stellen Sitte, beim Abſchied dem Bräutigam ein rotes Banner zu überreichen , welches derſelbe unter Gefang nach Hauſe trug. Nad Albert Kranz 1' beſtand noch um das Jahr 1500 der altgermaniſche Gebrauch, daß die Koſten der Mitgift nicht von den Eltern der Braut, ſondern von dem Bräuti gam beſtritten wurden. Die Feſtjeßung derſelben war entweder der Sache der Vereinbarung zwiſchen dem Bräu tigam und dem Gewalthaber der Braut oder in das freie
noch zu wenig Ehre erwieſen worden ſei 2c. So wurden die Gäſte oft über Mitternacht hinaus zurückgehalten, bis
Ermeſſen des Bräutigams geſtellt. Und wenngleich in
dann endlich die Braut, welche ſich ſo lange mit ihren
dieſer Hinſicht die Töchter günſtiger geſtellt worden ſind, wahrſcheinlich (wie Neocorus meint) infolge des übrigens wohl in das Gebiet der Sage gehörigen heldenmütigen
Auftretens der dithmarſiſchen Jungfrau von Oldenwöhr den (in der Schlacht bei Hemmingſtedt, am 17. Februar 1500, gegen den König Jobann von Dänemark und deſſen
Bruder den Herzog Friedrich ), ſo behielten die Söhne vor den Töchtern doch immer noch einen großen Vorzug bei der Erbteilung , indem ſie dieſelben von dem Grundbeſig ausſchloſſen , ja es waren mit den Töchtern ſogar die ent
bedankte ſich derſelbe für die Verabfolgung des Braut wagens und bat, daß man die Braut in die Hörn kommen laſſe. Hörn oder Horn iſt die Stelle im Saal (Peſel oder Piſel) der Thür gegenüber, wo ein reichgeſchnißter Schrank ſtand, „ Hörn- oder Horn-Schapp" genannt. Neben dieſem
nahm die Braut am Hochzeitstage Plaß, kurz bevor ſie fich zur Abreiſe nach der Wohnung des Bräutigams an didte.
Dbige Bitte des wortführenden Brautknechtes
wurde indeſſen wiederholt mit dem Bemerken abgeſchlagen, daß es dazu ja noch zu früh in der Zeit und den Gäſten
Veiſißerinnen und einigen Jungfrauen in einem beſonderen Gemach aufgehalten hatte, von zwei Beiſißerinnen in den Saal hineingeführt wurde. Die Braut trug um den Hals den ihr vom Bräuti gam geſchenkten Hoifen, d. i. ein faltenreiches grünes oder braunes Manteltuch mit einer Kapuze, als Kopfpuß den Peel, d. h. eine ſchmale Kopfbinde aus Leder mit vergol deten Pfennigſtüden befekt und hinten mit drei vergoldeten
Spangen verziert, darüber ein weißes Tuc und als Kopf bedeckung die Kappkapel, welche an der linken Seite von
fernteren männlichen, Verwandten zur Erbſchaft berufen.
ſchwarzem Stoff gefertigt war und Kopf und Geſicht ganz
Eine beſondere Wichtigkeit hatte der ſog. „ Ausſchub ", d. i. die mit beſonderen Förmlichkeiten ſtattfindende Be: förderung der Ausſteuer nach der Wohnung des Bräuti gams. Waren nämlid; die Brautleute, nad zweimaligem Aufgebot, an einem Sonntage am Wohnort der Braut öffentlich vor verſammelter Gemeinde in der Kirche getraut worden, dann ſandte der Bräutigam am folgenden Donners
verhüllte.
nächſten Verwandten , unter den Glüdwünſchen aller Ans
tag 6, 8, mitunter ſogar 10 fog. Brautknechte zu Pferde
Bräutigams hatte die Bedeutung, daß die Braut von nun
und daneben 4 Wagen ab, welche dazu beſtimmt waren ,
an ihrem Bräutigam und Freud mit ihm Schirin ſtehen ſollte. und Muſifbegleitung
die Braut und die Ausſteuer zu holen.
Der erſte Wagen war für die Braut , ihre beiden Beifißerinnen (Altersfrauen) und die Muſikanten beſtimmt; auf den beiden anderen Wagen ſaßen 4-6 fog. Kleiders frauen, deren Aufgabe darin beſtand, das Brautzeug in 1 Domdechant in þamburg, geſtorben 1517 .
In dieſem Anzug betrat die Braut den Saal
und nahm zwiſchen den Altersfrauen den Ehrenſiß in der
Hörn ein, von wo ſie ſchließlich von ihrem Vater oder weſenden, dem Brautknecht übergeben wurde, welcher ſie, nachdem er ihr den Hut des Bräutigams aufgelegt hatte, dem Verlobten zuführte. Die Bededung mit dem Hut des mit Leib und Seele angehören, Leid teilen umd unter ſeinem Schuß und War dann die Braut unter Reiter bei der Wohnung des Bräutigams
angelangt, ſo trat dieſer heraus und fragte dreimal: ,,Darf id in Ehren meine Braut ins Haus führen ?" Auf dieſe Frage wurde ihm jedesmal geantwortet: „ Führe ſie in Gottes Namen hinein !" Darauf geleitete er die Braut
Die holländijde Kolonie Deli auf Simatra.
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mit den Worten : „ In Ehren führe ich meine Braut hinein ",
Umzug durch den Ort, wobei der Vortänzer drei Becher
bis an die Thür des Saales, ſchwenkte ſie dreimal herum
an einem Stock vorantrug .
und beim leßtenmale in den Saal hinein . Alsdann be
Am Donnerſtag darauf pflegte die junge Frau ihre Eltern zu beſuchen, von wo der Ehemann ſie am Sonn tag wieder abholte.
1
gab er ſich in ſein Gemach, während die Braut mit ihren
Beiſißerinnen in der Hörn Piaß nahm . Dann begann die Mahlzeit, bei welcher es gewöhnlic außer Butter und Brot zwei Gerichte gab. Darauf wurde getanzt. Die
Braut aber und ihre Beiſigerinnen nahmen am Tanze erſt beim ſog. Brauttanz teil, welcher in folgender Weiſe aufgeführt wurde : Vortänzer war der älteſte Brautknecht, dann folgten der Bräutigam , die anderen Schaffner und nach ein- oder zweimaligem Rundtanz die älteſte Bei ſißerin, dann die Braut und nach ihr die übrigen Hoch zeitsgäſte. Am Tage darauf (Freitag) wurde die Feier fortgeſetzt,
indem der Bräutigam die Nachbarn zum Frühſtück einlud. Bei dieſer Gelegenheit verteilte die Braut Geſchenke an den Bräutigam und deſſen Freunde. Nach dem Frühſtück wurde an einigen Stellen die Braut, geſchmüdt mit dem Spangentuch und dem Hengelſche, d. i. einem vom Kopf bis auf den Rüden hinabbängenden roten Schleier, von den Frauen aus der nächſten Verwandtſchaft des Bräuti gams in die Kirche geführt, um ihr Gebet zu verrichten . Inzwiſchen luden der Bräutigam und die Schaffner Gäſte zu Mittag ein. Nun erſt ſcheint das eigentliche Hochzeits mahl ſtattgefunden zu haben. Sobald der Braten auf dem Tiſche ſtand, wurden gewaltige Schalen und Trink:
hörner bereingebracht. Zum Sdylufſe trugen die Sdíaffner den Brautfäſe und das Brautbrot mit folgender Anrede auf : ,, Die ehr- und tugendjame Braut hat uns Räſe und Brot verehrt, was hat ſie dafür verdient ?" Auf dieſe drei malige Anſprache antwortete die vornehmſte Beiſißerin, welche zur Rechten der Braut ſaß : ,, Chre und Tugend, Glück und Heil, Ehre und Tugend ſoll ihr widerfahren !" Darauf wurden Käſe und Brot von den Schaffnern an : geſchnitten. Das erſte Stück befam die Braut, die beiden nächſten Stüde erhielten die Beiſiterinnen, dann wurde dem Roch, den Muſikanten und den übrigen Gäſten im Namen der Braut davon gereicht, der Reſt an Käſe und Brot aber von der Braut am Tiſde herumgereicht, damit , nach Belieben davon nehme. Zum Schluſſe des jeder ſich Mahls tranken der Bräutigam und die beiden Schaffner jeder aus einem ſilbernen Becher der Braut, ihren Bei fißerinnen und den vornehmſten Gäſten mit den Worten
zu : „ Es ſei Euc) ein fröhliches Jahr im heiligen Geiſte beſchieden !" Dann wurde geſungen und getanzt, wobei
Die holländiſche Kolonie Deli auf Sumatra . Dem Bericht des engliſchen Konſuls auf Sumatra über die in der Ueberſdrift genannte Niederlaſſung (engl.
Blaubuch 4446 ) entnehmen wir folgende, auch für eini größeres Publikum intereſiante Mitteilungen : Der Diſtrift Deli liegt etwa 4 nördlich vom Aequa:
tor unter 98-990 öſtlicher Länge ; er beſteht aus drei Staaten ; dem eigentlichen Deli in der Mitte unter einem Sultan , dem nördlich gelegenen Langkat unter einem Prinzen ( Pangheran) und Serdang im Süden, ebenfalls unter einem Sultan . An der Spiße der Verwaltung ſteht
ein europäiſcher Beamter mit dem Titel Aſſiſtent-Reſident, dem einige Kontroleure beigegeben ſind. Man darf wohl behaupten , daß Deli in den lekten fünfzehn Jahren ſich zu ſeiner gegenwärtigen Blüte ents widelt hat, und feit etwa zwölf Jahren hat die nieders
ländiſche Regierung ſich der Verwaltung des Landes an genommen , wobei ihr namentlich von den eingeborenen Fürſten, denen ſie als Aequivalent ein feſtes jährliches Einkommen gewährt, das Recht der Steuererhebung über
tragen worden iſt. Die Juſtizverwaltung iſt inſofern recht unvollkommen , als ſelbſt zivilrechtliche Forderungen, ſobald ſie einen gewiſſen Betrag überſchreiten (500 Gulden) zu Batavia anhängig gemacht werden müſſen . Da die
Koſten der Verwaltung nur unbedeutend und die Ausgaben für die (dwache Garniſon - etwa 250 europäiſche und einheimiſche Soldaten
nicht bedeutend ſind , ſo liefert
Deli der Regierung einen hübſchen , auf 200,000 Lſtr. geſchäßten Ueberſchuß, der jedoch äußerlich verſcwindet, da es unit anderen Landſchaften adminiſtrativ zu einer Reſidenz, ,,Sumatra's Oſtküſte" , verbunden iſt und mit dieſen im Budget unter einem gemeinſchaftlichen Poſten vorkommt.
Da das Land dem Namen nach den eingeborenen Fürſten gehört, dient dieſer Umſtand der Regierung als Entſchuldigung, daß ſie ſo wenig für dasſelbe thut und
ſich namentlich die Verbeſſerung der Verkehrsinittel nicht
die Braut und die Beiſißerinnen den Gäſten einſchenkten und jeder den Becher bis auf die Neige austrinken mußte. Mitunter aber wurde die Hodyzeitsfeier audy nod) am
mehr angelegen ſein läßt ; glüdlicherweiſe iſt in dieſer Hinſicht die Privatinduſtrie eingetreten und legt jeßt eine
darauffolgenden Tage (am Sonnabend) fortgeſeßt. Am Sonntag ging die Neuvermählte im Frauenputz
Medan an ; von bier wird die Linie nad Alt - Deli fort geſeßt werden und man beabſichtigt auch mit Langkat und
unter Muſikbegleitung zur Kirche.
Serdang eine Eiſenbahnverbindung herzuſtellen.
An einzelnen Stellen , namentlich in den Hauptorten der Marſch, fanden noch andere Zeremonien ſtatt, z. B.
1
Eiſenbahn zwiſchen dem Landeplag (Labuan Deli) und
Es iſt bekannt, daß das ſchnelle Aufblühen der Kolonie hauptſächlich dem
Erfolg der Tabakkultur zuzuſchreiben
Die holländiſde Kolonic Deli auf Sumatra.
iſt; die erſte Ernte wurde 1868 und 1869 von Deli verſchifft; die Ernte von 1884 wird auf 2,080,000 Lſtr. veranſchlagt. Die Preiſe für den Deli-Tabak ſind im allgemeinen hoch , namentlich des leichten und elaſtiſchen Blattes wegen. Folgendes möge als eine Ueberſicht über die Art des
Betriebes der Pflanzungen dienen : Einzelne Perſonen oder Geſellſchaften padyten Ländereien, welche gewöhnlich eine ſolde Ausdehnung haben, daß jährlich eine neue Parzelle bearbeitet werden kann , und dies wird noch viele Jahre dauern. Unter den Unternehmern findet man einige große
holländiſche Geſellſchaften und Pflanzer, welche verſchie-
37
Die holländiſche Regierung hat jede für die Kulies nur wünſchenswerte Vorſorge getroffen ; auf jeder Plantage muß ſich ein für dieſelben beſtimmtes Hoſpital befinden ,
an deſſen Spiße ein wirklicher Doktor ſteht, und im allge meinen kann man wohl ſagen , daß das Loos der in Deli befindlichen Arbeiter, ſelbſt im Vergleich mit ſolchen Ge
genden, wo die Kuli-Arbeit unter engliſcher Aufſicht ſteht, als ein günſtiges betrachtet werden darf. Die Einfuhr von Arbeitern aus Engliſch - Indien iſt bekanntlich nicht erlaubt, obwohl einzelne Leute, angelodt durch die hohen Löhne, den Weg nach Deli gefunden
denen Nationalitäten angehören , worunter namentlid ! haben; die Bezahlung wechſelt zwiſchen 7 und 10 Doll., Deutſche engliſche Deli – verträge
und Schweizer ſtark vertreten ſind ; aud) eine Geſellſchaft, deren Siß zu London iſt, beſteht in die Langkat Plantation Society. Die Pachtwerden mit den einheimiſchen Fürſten direft ab :
geſchloſſen , aber durch die europäiſche Autorität beſtätigt ; ſie ſind gewöhnlich auf 75 Jahre gültig und die Badt beträgt 1-2 Doll. per Bau (ein Bau = 500 rheinl. Duadr. Ruthen) in baarem Gelde, während außerdem vom fünften
je nadı den Fähigkeiten . Wenn die engliſche Gefeßgebung die Auswanderung nach den Straits -Settlements ordnet, wird, wie man fürchtet, der Ausweg nach Deli den Ar beitern verſchloſſen werden . Dies erregt mehrfach Bedauern, beſonders mit Rückſicht auf die Kulies, die ihren Vertrag in den Settlements erfüllt haben und ſich nach einer neuen
Stellung umſehen. Der geringe Verkehr macht die Ausgaben für den Lebensunterhalt in Deli teuer, und wegen der ein:
Jahre an noch etwa 1 Gulden jährlich Steuer bezahlt wird. Man glaubt, daß jeßt etwa 2,000,000 Lſtrl. in Tabakplantagen dort angelegt ſind; die Ernte wird ſpäter
famen Lage der meiſten Pflanzungen bietet der Küchenzettel wenig Abwechslung. Im ganzen iſt der Geſundheitszuſtand
via Singapore nad, Amſterdam geſchickt; die Fracht beträgt
gleid, veränderliches Wetter häufig von Fieberepidemien und Berri -Berri begleitet wird. Dies iſt hauptſächlich bei neuangekommenen Perſonen der Fall, die häufig ſdon
3 Lſtr. 25 Sh. 6 P. per Tonne und der Tabak wird zwiſden Januar und Juni verſchifft. Die Ernte von 1884 iſt die beſte, welche je in Deli erzielt worden iſt. Wenn der Wald für die Tabakpflanzungen aufge: räumt wird, liefert er prächtiges Bauholz, weldes für Trockenhäuſer und Kuli-Wohnungen Verwendung findet; aber ein großer Teil dieſes Holzes, welches exportiert oder als Brennſtoff verbraucht werden könnte, wird aus Mangel an Transportmitteln nicht benußt oder an Drt und Stelle
gut, Nächte und Morgenſtunden ſind fühl und friſch , ob
nicht in der beſten Geſundheit das Land betreten und deshalb für ſolche Krankheiten ſehr empfänglich ſind. Die Chineſen haben aus den Straits Settlements ihr gefähr:
liches Syſtem der geheimen Geſellſchaften mitgebracht, was namentlich in den leßten zwei Jahren der Regierung manche Unbequemlichkeit verurſacht hat. Die Obrigkeit hat hiergegen ſtrenge Maßregeln nehmen
verbrannt. Allerdings kann man nicht bezweifeln, daß ! müſſen, manche der Rädelsführer ſind deportiert worden, dieſe Aſche einen ausgezeichneten Dünger liefert. Die Arbeiter kann man in drei Klaſſen cinteilen ;
man hat da zunächſt Malayen und Battas, welche das ſtärkſte Holz fällen, um mit dem Aufräumen des Waldes
und gegen die übrigen iſt man auf das ernſtlichſte vor gegangen. Es gibt zwei ſolcher Geſellſchaften, die Ghi Hin und die Ho-Sing ; fie haben ſchon wiederholt Strikes veranlaßt und troß der eben angedeuteten Maßregeln,
einen Anfang zu machen, und dann die Schuppen erbauen ; ! welche gegen ſie genommen worden ſind, kann man ſie doch Sie kennen kein
hierauf kommen die Kling aus Madras, die ſich mit den Bewäſſerungsanlagen und dem Wegebau beſchäftigen , und endlich die Chineſen, welche den Tabak pflanzen, ſortieren
noch nicht als unterdrückt betracyten .
und zubereiten. Das Pflanzen wird gewiſſermaßen gemein-
gehören zu den von ihnen angewendeten Maßregeln. Jedem neuen Kuli, der in das Land kommt, wird von vornherein
ſchaftlid betrieben . Den Kulies wird ein Stück Feld an: gewieſen, welches ſie unter Aufſidit auf eigene Rechnung und Gefahr bebauen ; ihre Einnahme hängt vom Ertrage ab ; ein tüchtiger Kulie verdient jährlich etwa 100-150
Gefeß, und Handlungen , wie das Lebendigbegraben eines
Feindes, das Verbrennen ſeines Eigentums und ähnliches,
begreiflich gemacht, daß er ſich irgendeiner geheimen Ge fellſchaft anſchließen muß . und ſo kommt es, daß die
Scharen derjenigen, welche den Fahnen derſelben folgen ,
holl. Gulden und davon bezahlt er der holländiſchen Re-
durch die fortwährend angewendete Einſchüchterungsmethode
gierung 2 % als Kopfſteuer ; da er jedoch bei ſeiner An-
ſtets wachſen. Der Zweck dieſer geheimen Geſellſchaften
kunft ſchon 100—150 Gulden Schulden hat, iſt er gewöhn-
iſt es, ſich der Herrſchaft des Arbeitermarktes zu bemäch tigen und die Löhne zu regeln, auch ſich manches Monopol zu ſichern, wie z. B. die Erlangung von Pachtkontrakten
lich erſt im zweiten Jahre imſtande, etwas zu erübrigen ; meiſtens wird er für ein Jahr angeworben, doch verlängert er gewöhnlich ſeinen Vertrag und erſt im Anfange des dritten Jahres fehrt er in ſeine Heimat zurück.
unter günſtigen Bedingungen. Jederzeit aber ſind ſie auch
bereit, ihre Mitglieder in ihren privaten Streitigkeiten zu
Geographiſche Neuigkeiteni.
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1
ſchüßen ; mit einem Wort, ſie ſuchen in jeder Hinſicht, und I Geſtade des Golfs Port Philipp, auf der Küſte der Hobſon zwar natürlid zu ihrem Vorteil, ihren Willen zum Geſetz zu Bai und auf den beiden Ufern des Fluſſes Yarra arra,
erheben. Dieſe Geſellſchaften ſtammen eigentlid aus China
13 Kilometer von deſſen Mündung. Die Stadt Melbourne
und ſie ſind da vielleicht zwedmäßig geweſen , um der 1 umfaßt die eigentliche Stadt oder die City nebſt den Vor: Unterdrückung durch die Mandarinen ein Gegengewicht zu ſtädten Prahran , Richmond und Eaſt-Catlingwood. Shr bieten, ſind aber ganz unverträglid) mit der Handhabung Umfang beträgt 16 Km.. Die City liegt auf dem rechten en Ufer des Yarra -Yarra, eines ſchmalen und gewundenen des Geſeßes unter mehr ziviliſierten Zuſtänd . Auch mit Waſſerlaufes , welcher nur bis zu den Stromſdynellen, den Battas ſind die Pflanzer wohl einmal in Streit gewelche ihn etwa unterhalb der ſogen. Princes' Bridge kommen , wenn dieſelben an den Pflanzungen Schaden r iſt. Sie nimmt die ( Fürſtenbrücke) verſperren, diffba anrichten, um ſich für wirklides oder vermeintliches In( redyt zu rächen. Ein bedeutender Sd)aden iſt jedoch vor urſprünglid ) von Kapitän Lonsdale auserſehene Dertlid) furzem erſt zum erſtenmale durch den Brand von Binji keit ein . Die Stadt wird von ihren Vorſtädten durch verurſacht worden , durch den ein Geſamtverluſt von Parke und prächtige Gärten geſchieden , iſt regelmäßig ge 800,000 Lſtr. entſtanden iſt, weldier großenteils die Pächter baut mit geraden breiten Straßen und beſißt zahlreiche des Opium- und Branntweinvertriebes betroffen hat. Audy und prächtige öffentliche Denkmäler. Unter den Straßen
von Melbourne ſind hervorzuheben : Bourke-Street, welche
Deutſchland iſt jeßt in Deli durch einen Konſul vertreten .
3 1/2 Km. lang, mit breiten Bürgerſteigen eingefaßt und mit ſchönen Bauten geſchmückt iſt, von denen die merk würdigſten die Banken und Gaſthöfe, leştere namentlid wahre Paläſte, ſind.
Geographiſche Neuigkeiten.
Man bewundert in ihr den Lurus
der Magazine, den Reichtum ihrer Auslagen und die ver dywenderiſche Pradyt ihrer Gasbeleudytung. Dieſe in
Melbourne. Es gibt nur wenige Städte, welche ſich einer ſo raſden, gedeihlichen Entwidelung rühmen können wie Melbourne. Im Jahre 1841 ergab die Volfs:
mitten der Stadt gelegene Straße iſt gewiſſermaßen die
zählung eine Bevölkerung von 4400 Seelen ; 1846 zählte man icon 10,945, und 1851 , zwei Monate vor der Ents
Die Stadt beſißt vier Theater und eine Anzahl Kirchen von allen Kulten, unter denen ſich die katholiſche Kathe
Pariſer Rue de Rivoli für Melbourne.
drale des heiligen Franz und die Kirche der ſchottiſchen
dedung der Goldgruben, ergaben ſich 23,143 Einwohner. Als man erkannt hatte, daß die goldführende Region ſich
Presbyterianer auszeichnen . Die vorhandene Univerſität beſißt ein treffliches Muſeum der Naturgeſchichte, einen botaniſden Garten unter der Leitung unſeres berühmten
über eine noch unbeſtimmte Breite des Staates Victoria
erſtrecke, bemächtigte ſich ein Goldfieber der Kolonialbevölferung und dasſelbe erreichte ſeinen Parorysmus, als man durch einen Zufall zwei Barren von 300 Pfund Sdwere
Landsmannes Dr. Ferdinand von Müller und eine Stern warte. Es erſcheinen bier viele Zeitungen, worunter auch
ſtrömten Abenteurer von allen Nationen in Menge herbei, und in dem einzigen Monat Dezember 1852 chifften 152
eine deutſdie. Sein ſicherer Hafen , ſeine zentrale Lage und das Netz von Eiſenbahnen und Waſſerläufen, welches die Stadt mit einem großen Teil von Südauſtralien in
Fahrzeuge nicht weniger als 12,000 Perſonen in Port
Verbindung legt, ſcheinen Melbourne zu befähigen , das
fand, welche 106 Pfund reines Gold enthielten. Jeßt
Philipp aus, und noch vor Ende des Jahres betrug die I hauptſädyliche Zentrum des ungeheuren Ausfuhr- und Ein fuhrhandels eines bedeutenden , nur Landwirtſchaft und Vieh Zahl der Goldſucher über 50,000 Kopfe. Im Jahre 1856 zucht treibenden Landes zu werden, und zwar unabhängig hatte Melbourne 53,253 Einwohner , im Jahre 1861 von den goldführenden Bezirken, wo man noch immer Ent 117,778 ; im Jahre 1871 194,090 ; 1877 ſchon 256,500 ; deckungen von einer großen Widytigkeit macht. 1881 282,947 und 1884 322,690 Einwohner. Im ſelben Im Hafen von Melbourne ſind die Anländen ſo an Jahre hatte man in Melbourne 11,911 Geburten und 6628 Todesfälle.
geordnet, daß 85 Fahrzeuge von allen Dimenſionen darin
Die erſten Gründer von Melbourne, die Herren Bates man und Fawiner, ließen ſich im Jahre 1835 hier nieder. Im September 1836 wählte Kapitän Lonsdale die Stelle, auf welcher die Stadt heutzutage erbaut iſt, um hieher den
gleidhzeitig eine gewiſſe Strecke von Quais für ſich hat, auf welcher es feine Ladung im Verhältnis von 60 bis
anlegen und flott bleiben können, und daß jedes Schiff
200 Tonnen jährlich, je nach Beſchaffenheit derſelben, aus Man fann ſich eine Idee von den Behag laden kann.
Hauptort der Niederlaſſung von Port Philipp zu verlegen, welcher Sir Richard Bourke, der damalige Gouverneur von
Neu -Südwales, ſpäter ſeinen Namen gab , der der Grafſchaft, worin Melbourne liegt, bis jeßt verblieben iſt. Heutzutage iſt Melbourne die Hauptſtadt der Kolonie oder des Staates Victoria und die volkreichſte Stadt von
it
Auſtralien und Dzeanien. Sie liegt auf dem nördlichen
!
lichkeiten, welche man gegenwärtig im Hafen von Melbourne hat, aus der einzigen Thatſache madjen, daß man in ge wöhnlichen Zeiten dort täglich 4000 Tonnen Waren aus den Schiffen längs der Quais löſchen oder ausladen kann.
!
In der Hobſon-Bay ſind ein ſchwimmendes Dod und
zwei Rampendocks, und auf dem ſüdlichen Ufer des Yarra
Geographiſche Neuigkeiten.
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Yarra ein Ausbeſſerungsdod, ſo daß die Schiffe bis zu 2000 Tonnen Laſt daſelbſt alle Arten von Ausbeſſerungen
der Telegraph bis zum Januar 1886 hergeſtellt werden und
vornehmen können.
Melbourne beſißt auch einige große
wird binnen Jahresfriſt einer der wichtigſten Flüſſe Bo
Eiſengießerei- und Maſchinen - Werkſtätten, worin die Dampf:
livia's erforſcht werden und für dieſes Land ein neues
ſchiffe ihre ſämtlichen Maſdinenteile ausbeſſern oder er
Mittel des Fortſdyrittes werden. Das Tracé der neuen Straße geht von Bahia-Negra oder ſeinen Umgebungen
gänzen laſſen können. Hauptgegenſtände der Einfuhr find alle Manufaktur
Artifel, Lebensmittel, Maſchinen , Eiſenbahnmaterial, Stein kohlen, Bauholz, Wein, Branntwein, Liköre, Möbeln, Eiſen : waren 2c. Die hauptſächlichen Ausfuhrartikel beſtehen in Gold, Vieh, Wolle, Wein, Bau- und Nußhölzern. Der be: deutendſte Handel wird mit Großbritannien und Frland
getrieben und iſt dreimal ſtärker als derjenige mit allen anderen Ländern zuſammen .
* Bolivia .
(G. g.)
beide dem Handel unberechenbare Dienſte leiſten ; endlich
aus, durchſchneidet den nördlichen bolivianiſchen Chaco bis zu einem Punkte namens Carumbey, wo es ſich teilt ; einer der beiden Arme wendet ſich dann aufwärts bis nach Santa Cruz und dem Hafen Higuerones in dem Departement Beni ; der andere wendet ſich nach Sucre, Potoſi, Tarija und Codyabamba, welche er durch Straßen verbindet, die bereits dem Verkehr übergeben ſind. Die Entfernungen zwiſchen den genannten Punkten , dem Pa
Nach der „ Revue . sudaméricaines
raguay und dem Stillen Dzean, ſind folgende : von der
findet dermalen eine vollſtändige ſoziale, wirtſchaftliche und
Hauptſtadt Sucre nad Cobija und Antofagaſta 187 Leguas ; von der Hauptſtadt Sucre nach Puerto Pacheco am weſts lichen Ufer des Paraguay 166 Leguas. Die übrigen auf
induſtrielle Umwälzung in Bolivia ſtatt, infolge der Er öffnung eines Verbindungswegs , welder dazu beſtimmt iſt, ihm durch die Gewäſſer des Paraguay und des La Plata den Weg nach dem Atlantiſchen Dzean zu eröffnen. Die bolivianiſche Regierung hat die Erlaubnis dazu dem Herrn Suarez Arana erteilt , und das Unternehmen be
ſteht darin , Sucre und Santa Cruz, welche im Mittel
punkt von Bolivia liegen, auf eine Entfernung von vierzehn Tagen dem La Plata nahe zu bringen . Dank dieſem Handelswege wird Bolivia aus der Iſolierung heraus treten können , worin es icon ſo lange im Herzen des
ſüdamerikaniſchen Feſtlandes geſchlummert hat und fünftig an dem rührigen Handel auf dem La Plata teilnehmen . Die Bolivianer haben lange Jahre hindurch mit Ungeduld
auf die Löſung dieſer Aufgabe gewartet, weldie für ein an Bergwerken und anderen Produkten ſo reiches Land von der allerhöchſten Bedeutung iſt. Die Erpedition , welche das Tracé dieſes Weges ſtudiert und unter der Leitung des Herrn Suarez Arana von Boca de Riachuelo ausgehen mußte, beſtand aus einem Dampfer und zwei Schleppſchiffen , welche die zum Bohren von arteſiſchen Brunnen nötigen Maſchinen , ein telegraphiſches Material zur Einrichtung
einer Telegraphenlinie zwiſchen Sucre und Puerto Pacheco am Paraguay , ſowie aſtronomijde, meteorologiſde und topographiſche Inſtrumente , ſeds Fuhrwerke und eine Menge Werkzeuge aller Art mit ſich führten , um die Wälder niederzuſchlagen , den Weg zu eröffnen und Landſtraßen zu bauen , wo es nötig war. In den Plan ihrer Aufgabe können die Reiſenden daher außer der Erforſdung der Flüſſe, welche die zu bereiſenden fruchtbaren Länder be:
geführten Städte liegen mit geringen Schwankungen in einer Entfernung von 160-180 Leguas. Man muß wohl in Redynung nehmen, daß die Waren
oder Ein- und Ausfuhrartikel von Bolivia mittelſt des Weges des oberen Paraguay auf dieſe Art direkt zum Atlantiſchen Ozean durch den La Plata gehen, während jie, mittelſt der Route des Stillen Ozeans verſchifft, erſt eine weite Seereiſe machen und die Magellansſtraße paſ ſieren müſſen, was einen großen Zeitverluſt und bedeuten den Koſtenaufwand veranlaßt. Abgeſehen von dieſem Vorteil, verbindet der Weg durd) den Chaco nach Oſten hin die hauptſächlidyſten Zuflüſſe des Amazonas mit dem La Plata und zieht auf dieſe Weiſe die bevorzugten Er zeugniſſe der heißen Zone, vom Kautſchuk bis zur China rinde, der Vanille und dem Cacao, nach dieſem großen Waſſerbeđen hin . Vom Süden her wird dieſelbe Ader die mineraliſden Erzeugniſſe der reichen bolivianiſchen Hoch ebenen, vom Waſchgold, Silber und Wismuth bis zum Blei, herbeiführen , welches auf den Märkten von Bolivia mit
10 Centavos ( = 80 Pfennige) per Arroba bezahlt wird. Für die Verwirklichung einer ſo hochwichtigen Unter: nehmung hat die Regierung die Zugeſtändniſſe in Kraft
geſeßt, welche der Bolivianiſche Kongreß dem Unternehmer durch die Anordnungen von 1875 und 1878 gemacht hat ; ſie hat dieſe in der Ausübung noch erweitert und die Freis heiten ratifiziert, welche ihm
zugeſtanden worden waren
und in folgenden Privilegien beſtanden : 1. Verleihung
von mehr als 600 Quadrat-Leguas Grundeigentum an
ſpülen, noch alle möglichen intereſſanten Aufgaben ein :
den ſchon hergeſtellten und noch herzuſtellenden Straßen ;
reiben, um die don von wiſſenſchaftlichen Vereinen ermittel
2. Verleihung der Nußnießung von zwei Dritteln der durch
ten Nachridhten und Thatſachen zu vermehren . Außerdem
die Häfen Suarez, La Gaiba und Pacheco (in der Bahia Negra ) eingehenden Zollgefälle auf eine Dauer von 35 Jahren ; 3. Ausbeutung aller Naturprodukte des Bodens in der von den Straßen durchſchnittenen Region auf gleidhe Dauer von Jahren ; 4. Das Vorzugsrecht für die Erbau ung von Eiſenbahnen in derſelben Region vor allen an:
muß ein Ingenieur die Wegſpur einer Eiſenbahn aufnehmen , welche von Sucre aus nach Pacheco auf dem rechten Ulfer des Paraguay erbaut werden ſoll. Der Fahrweg, welcher die beiden genannten Punkte mit: einander verbinden ſoll, wird angeblich bis zum Oktober 1885,
Litteratur.
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deren Vorſchlägen, welche etwa eingereicht werden könnten ; 5. Ernennung und Ausübung des Amts eines National kommiſſars im Bezirk Otuques (im Umkreis der Straßen ) nebſt der Oberaufſicht über die Zölle und andere politiſdie und Verwaltungsbefugniſſe. ( G. g. )
Fahrt im Kamerun - Gebiete folgen, wie ſolche ebenfalls urſprüng lid) in der „ Kölniſchen Zeitung" erſchien. Unſer Reichskanzler Fiirſt Bismarck hat die Widmung dieſes vorliegenden neuen Bandes anzunehmen geruht, welcher den dritten Band von Zöller's
Schilderung der „ Deutſchen Beſigungen an der weſtafrikaniſchen Küſte “ bildet. Dieſer dritte Band (der zweite iſt uns nicht zu
gekommen) enthält nun die Darſtellung des Lebens und der Sitten der Eingeborenen, des Klima's und der kulturellen Bedeutung des
fitteratur. * Dr. F. G. Þabi , Die Städte der norddeutſchen
landes, Handels derſelben und der deutſchen Faktoreien, alles auf grund eigener Anſchauung. Zöller führt uns zunächſt in das heiße, wuchernd fruchtbare aber ungeſunde Mündungs- Delta der Kamerun Fliiſie und in das von ihm gemeinſam mit Dr. Nachtigal be ſuchte Mungo -land; wir erleben mit ihm afrikaniſche Jagdabentenier,
Tiefebene in ihrer Beziehung zur Bodengeſtaltung. Chr. Gruber: Das Stuttgart, J. Engelhorn , 1885.
beobachten das Duala -Volf, das Leben der Schwarzen im allge
Münchener Beden . Ein Beitrag zur phyſikaliſchen Geographie
den Wert , die Zukunft und das Klima unſerer weſtafrikaniſchen Beſitzungen, lernen durch ihn die ältere Geſchichte von Hamerun fennen und verfolgen mit ihin den Verlauf der kriegeriſchen Er
Siidbayerns. Ebendaſelbſt.
Die beiden vorſtehenden Schriften
bilden die 3. und 4. Lieferung des Sammelwerkes „ Forſchungen zur deutſchen Landes- und Volfskunde, im Auftrag der Zentral tommiſſion für wiſſenſchaftliche Landeskunde von Deutſchland, herausgegeben von Profeſſor Dr. Richard Lehmann “. Der Ver faſſer der erſteren Schrift führt uns auf einer Wanderung von Leipzig über die norddeutſche Tiefebene bis an die Oſtjee zunädiſt die Bodenbildung und Beſchaffenheit der einzelnen Gegenden und die Bedeutung der Terrainformen für die Beſiedelung vor ; er weiſt nach , in weldh innigem Zuſammenhang dieſe phyſikaliſchen
meinen , das der Europäer in Kamerun , ſtudieren den Handel,
eigniſſe im Dezember 1884 und die Entwickelung von Kamerun unter deutſcher Verwaltung. Im Anhang bietet Zöller uns ein kleines Vokabular der hervorragendſten Sprachen und Dialekte des Kamerun - Gebietes nebſt drei lehrreichen Ueberſichtskarten . Dieſe Ueberſicht des Inhalts wird genügend zeigen , welche Fülle
von anziehender und intereſſanter Belehrung und welche wichtigen Beiträge zur genaueren Kunde dieſer Kolonie und des Weltteils Afrifa iiberhaupt auch dieſer dritte Band von Zöller's afrikani
ſonſtigen Verhältniſſen ſtehen, und eremplifiziert ſeine Theorie oder
ſchem Reiſewerf darbietet . * Revue coloniale internationale , fondée par l'Association Coloniale Néerlandaise à Amsterdam . Amsterdam , J. H.
ſein Syſtem an den verſchiedenſten Städten jenes norddeutſchen
de Bussy , 1885. - Von dieſer gehaltvollen neuen Zeitſchrijt,
Verhältniſſe mit der Beſiedelung und namentlich mit der Bildung und Entwicelung der Städte, mit Verkehrs- , militäriſchen und
Gebietes : an Lübben, Cöpenik, Berlin, Brandenburg, Havelberg , Breslau, Bremen , Papenburg, Elbing , Danzig, Stettin , Magde burg, Braunſchweig, Hannover, Staßfurt, Riga, Memel, Rönigs berg, Greifswald und Stralſund, Roſtoc und Wismar, Liibeck, Kiel, Wilhelmshafen, Emden, Hamburg 2c .
Es iſt eine geiſta
und gehaltvolle Schrift, voù intereſſanter Thatſachen und Bes merkungen, welche beſonders auf die Entwidelung des deutjdjen Städteweſens und die deutſche Kulturgeſchichte ſehr intereſſante Die zweite Schrift von Chr. Gruber über Streiflichter wirft . das „ Münchener Becken “ bezeichnet ſich richtig als ein Beitrag zur phyſikaliſchen Geographie Siidbayerns ; ſie iſt eine kleine
Monographie über die geologiſchen imd geognoſtiſchen Verhältniſſe eines genau umſchriebenen Gebietes an der Iſar, deren geſtaute Gewäſier hier Moore geſchaffen, deren Fluten dort durd, Av : ſchwemmung Haiden erzeugt haben ; ſie zeigt uns die Jjar und ihre hydrographiſchen Verhältniſſe nach den vorhandenen Aufzeich
von welcher wir ſchon in einer früheren Nummer (S. 759 des vor.
Jahrgaugs) die beiden erſten Hefte angezeigt haben, liegen uns nun auch die Hefte 3–6, September bis Dezember, vor, welche die Erwartungen noch iibertreffen, welche wir von dieſer Zeitſchrift nach ihrem Programm und dem Juhalt der beiden erſten Hefte gehegt haben . Der Inhalt dieſer Zeitſchrift, an welcher ſich die bedeutendſten Geographen von Europa aktiv beteiligen, verbreitert
und vertieft ſich von Heft zu Heft, wie aus nachſtehender Inhalts iiberſicht 311 erſehen iſt. Die nun vorliegenden weiteren vier Lieferungen enthalten nachſtehende Aufſätze : Martinique von
1789-1790 , von Hurard, Deputierten von Martinique; der Kongo- Freiſtaat, von W. Lovett-Cameron ; die produktiven Kräfte des britiſchen Auſtralaſiens , von E. Levaſſeur (Schluß ); der neue
Kongo- Freiſtaat, engliſche Kolonien , laufende Begebenheiten ; die
nungen in Vorzeit und Gegenwart und die Wechſelbeziehungen
Meſtizen der Philippinen - Inſelii, von Profeſſor F. Blumentritt; das Syſtem der Opiumkultur in Bengalen , vou J. A. B. Wiſelius ; die Sawu: oder Haawu- Gruppe, mit einer Kartenſkizze von F. (G.
zwiſchen dieſem ungeſtiimen Gebirgswaſſer und den Bodens und ſonſtigen Verhältniſſen und den geognoſtiſchen und anderen lokalen
F. Riedel ; Auſtralien in ſeinen Beziehungen zu Frankreich und Deutſchland, von Charles H. Pearſon ; Eine vergeſſene holländiſche
Erſcheinungen der Ilfergelände und weiteren Umgebung und hat
Kolonie ( Formoſa ), von Dr. Franz Ritter von Le Mounier ; das franzöſiſche Indo - China : Cochinchina , Kambodſcha, Annam und Tongting, von Louis Vignon ; Sanſibar, feine Bergangenheit, Gegenwart und Zufunft, von W. Lovett-Cameron ; die Organic ſation der Kongſi anf Borneo, von Profeſſor (G. Schlegel; die
in dieſer Richtung für die ſpezielle lokalbeſchreibung von München und ſeiner Umgebung einen großen Wert. * Hugo Zöller , Forſchungsreiſen in der deutſchen Kolonie i amerun. Zweiter Teil : Das Flußgebiet von Ka
merun, jeine Bewohner und ſeine Hinterländer. Berlin und Der madere Reiſende Hugo Stuttgart, W. Spemann, 1885. Zöller, welcher an der Anexion umjeres weſtafrifaniſchen Kolonial gebietes ſolch thätigen Anteil genommen und dieſe Ereigniſje in ſeinen lebensvollen friſchen Artikeln im Feuilleton der „ Kölniſchen Zeitung “
ſo prächtig geſchildert hat, läßt hier ſeinem früher von uns be ſprochenen Buche über das Togo- Land die Beſchreibung ſeiner
Europäer in den Tropenländern, von Dr. A. Woeikoff. Hiezu kommen noch eine monatliche und eine vierteljähliche Bibliographie
iiber alle neuen Erſcheinungen auf dem Gebiete der Geographie, Reiſen und des Kolonialweſens , eine Kartographie von Nieder
ländiſch - Jndien, von Major F. de Bas, und intereſſante Notizen .
Wir wünſchen dieſem verdienten und gediegenen internationalen Unternehmen von Herzen den größtmöglichen Erfolg.
Druđ und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart,
r.
Das Juslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, der
unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von 3. G. Gotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 18. Januar
Nr. 3.
1886 .
Jährlich 62 Nummern à 20 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7. – Zu beziehen durd alle Budhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſtripte und Hezenſione -Gremplare von Werten der einſdlägigen Litteratur ſind dirett an berrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Aurjeſtraße Nr. 6/11 , ju ſenden . -Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Die Europäer in den Tropenländern. Von A. Woeitoff. S. 41 . 2. Die isländiſchen Fiſchereien. S. 43. 3. Fußreiſe über den Buccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg. Ein charakteriſtiſches Reiſebild aus den rumäniſchen Bergen von G. Albert. (Schluß .) S. 59. 4. Vom Rio Grande zum Popocatepetl. Eine Reiſe durch Mexico von Nord nach Siid. Von Ernſt v. Heſſe -Wartegg. 11. (Schluß.) S. 53 . 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 57. 6. Litteratur. S. 59 .
Die Europäer in den Tropeuländeru. Von A. Woeikoff.1
welche wohl niemand beſtreiten wird : es gibt ſo hohe Temperaturen , daß der Menſch bei ihnen nur kurze Zeit leben kann, und ſelbſt, wenn der verderbliche Einfluß zwar
In den germaniſchen Ländern Europa's, beſonders in
derſelben durch natürliche oder fünſtliche Wirkungen bekämpft
England und Deutſchland, iſt die öffentliche Meinung ſehr gegen eine europäiſche Auswanderung nad, den Tropen : ländern . Die zumeiſt vorwaltende und angenommene An ſicht iſt, daß die Europäer in Tropenländern nicht leben und namentlich keine Handarbeit verrichten fönnen, außer in beträchtlichen Meereshöhen, und daß ſelbſt diejenigen, welche als Beamte , Pflanzer, Kaufleute 2c. dort leben, große Gefahr laufen. Die Lebensverſicherungs -Geſellſchaften in England und den Vereinigten Staaten (und auch in
wird, d. h. durch die Tranſpiration in einer trockenen Luft, wo dieſelbe ſich ſchnell verdunſtet oder durch eine ſehr energiſche Ventilation. Die Tranſpiration hilft dem Menſchen Temperaturen über ſeiner Blutwärme in den
(In den lateiniſchen Ländern , beſonders in Frank
Wüſten ertragen , und eine energiſche Lüftung ermöglicht allein die Arbeiten in den Bergwerken oder Tunnels, tvo eine Temperatur über 300 herrſcht. Allein in der Aufgabe der Afflimatiſierung des Euro päers in den Tropenländern handelt es ſich nicht um Temperaturen über der Wärme des menſchlichen Blutes. Die Wüſten ſind nicht die Länder , welche die Europäer anziehen, und in den feuchten Tropenländern, an der Meeresküſte wie in den ungeheuren Wäldern des Ama
reich, hegt man eine minder ungünſtige Anſicht über den
zonenſtromes, bemerkt man keine höheren Temperaturen
Einfluß der Tropenländer auf die Europäer.) Gewiß wird uns eine Zeitſchrift, wie die ,,Revue Coloniale Internationales, viel Material in dieſer Hinſicht
als diejenigen, welche alljährlich im ſüdlichen und zuweilen felbſt im zentralen Europa vorkommen. Das abſolute Marimum von Batavia iſt weniger hoch als dasjenige von Paris. Der Europäer möchte jedoch gerade in jenen feuchten Tropenländern wohnen können, wegen des Reich tums ihres Pflanzenwuchſes, welcher mit wenigerer Arbeit zu leben erlaubt, als in den kälteren Ländern. Wer hat nicht ſchon von der Verminderung des Pauperismus in Europa mittelſt der Auswanderung in Länder, wo es ſo
Deutſchland) fordern eine höhere Prämie für diejenigen , welche ſüdlich vom 30. Breitengrad reiſen oder dort ſich aufhalten .
verſchaffen. Allein iſt es denn möglich, audy ohne dieſe unzweifelhaft ſehr wünſchenswerten Nachrichten dieſe Frage
mit den Thatſachen aufzuklären, welche wir ſchon beſigen ? Jd beginne damit, daß ich eine Thatſache einräume, 1 Nach ſeinem franzöſiſchen Aujjat im 6. Heft der Amſter „ Revue Coloniale Internationale “ ins Deutſche über
damer
tragen. Ausland 1886 , Nr. 3 .
leicht iſt, ſich ſeinen Lebensunterhalt zu erwerben, geträumt? Da man der Glut der Sonnenſtrahlen durch Hüte, welche 7
Die Europäer in den Tropenländern .
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dem Klima angepaßt find, und durch Kleidungsſtücke von heller Farbe ausweichen kann , ſo handelt es ſich alſo für die Tropenländer, wo der Europäer die meiſten Hülfs-
quellen finden würde, nicht um die Erhißung des Blutes über ſeine normale Temperatur, um die ſo oft tötlideri ſogenannten Sonnenſtidye. Die Urſachen , welche die Tropenländer für die Europäer ungeſund machen, müſſen andere ſein. Man muß anſcheinend unterſcheiden: 1 ) zwiſchen
der Verſchiedenheit unter dieſem Geſichtspunkte der Nordund der Süd-Europäer ; 2) der angenommenen Lebensweiſe ; 3) der Wirkung einer wenn nicht ſtarken, ſo doch
polizei aufrecht, daß bis zum Jahre 1873, d. h. acht Jahre nach dem Ende des Krieges und dem Aufgeben der von General Butler eingeführten janitären Maßregeln, nur einige ganz vereinzelte Fälle von gelbem Fieber vor : famen . Noch die Epidemie von 1873 war weit weniger heftig als in anderen Städten , wie Shreveport und Memphis , wo die fanitären Maßregeln mangelhafter waren .
So bleiben nur noch die unter dem Namen Wechſel fieber bekannten Krankheiten , die gefährlichſten für den Europäer, welcher außerhalb der Städte in Tropenländern
ſehr gleichförmigen Hiße, welche nach einer ſehr verbreiteten i lebt, und am allergefährlichſten da, wo der Boden ange Anſicht die an einen Wechſel des Klima's gewöhnten Eu: ropäer entnervt ; 4) den Krankheiten , welche durd mikro-
baut zu werden beginnt. Wir ſind aber auch beſſer im ſtande, uns vor dieſer Krankheit zu ſchüßen, als unſere
ſkopiſche Organismen verurſacht werden und aus heißen
Väter.
Ländern ſtammen (wie die Cholera), oder die dort nodi gefährlicher ſind als anderswo , wie die Wechſelfieber 2c., die Dyſenterien, die Diarrhöen, das gelbe Fieber u. 1. w . Die Wiſſenſchaft hat in dieſen lezten Jahren ſoviel für das Studium dieſer mikroſkopiſchen Organismen gethan,
regeln leiſten fönnen, namentlich die Drainierung des Bodens, verſtändige Wohnungsanlagen , Anpflanzen von Bäumen 2c., das bezeugt der europäiſche Stadtteil des
.
daß wir hoffen dürfen, uns binnen ziemlich kurzer Zeit vor dieſen unſichtbaren Feinden düßen zu fönnen. Die Hygieine hat, abgeſehen vom Studium der Mikroben , ſo
viele Fortſchritte gemacht, daß gewiß von jeßt an die
Was in dieſer Hinſidit allgemeine ſanitäre Maß
modernen Batavia, hauptſächlid ), wenn man die heutigen
Eriſtenzbedingungen mit denjenigen des adytzehnten Jahr: hunderts vergleidyt, wo Batavia mit Recht der Friedhof der Europäer genannt wurde.
Aud außerhalb der Städte läßt ſich in dieſer Bis ziehung viel thun, wenn man trockene Dertlichkeiten für
aufgezählten Krankheiten weit weniger zu fürdyten ſind als früher. Die Cholera hat viel von ihren Screden verloren und die Engländer unter allen Völkern Europa's fürchten ſie am wenigſten, denn ihr Land hat in der öffentlichen und privaten Hygieine die meiſten Fortſchritte ges macht. Ueberdies haben die Europäer in heißen Ländern
die Wohnungen wählt und ſich durch Vorhänge von Bäumen und Sträuchern vor den aus den Sümpfen kommenden
niemals viel von dieſer Krankheit gelitten.
dieſer Hinſicht beſonders nüßlich ſein.
Es herrſcht anſcheinend fein Zweifel darüber, daß die Diarrhöen und Dyſenterien, von weldoen alle Europäer in den Tropenländern befallen werden, von dem Gebrauch ſchlechten Waſſers herrühren. Da, wo man ſich kein Quellwaſſer verſchaffen kann, muß man daber gänzlich auf den Gebrauch des rohen Waſſers verzichten , wie es die in der Ebene lebenden Chineſen und Japaneſen thun. Jhr Ge:
Zahl der ſpezifiſchen Mittel gegen das Fieber, und der
Winden düßt. ( Der Pflanzenwuchs iſt unter den Tropen ſo raſch, beſonders da wo es genug Waſſer hat, daß der artige Anpflanzungen don in ſehr kurzer Zeit Dienſte leiſten würden.)
Anpflanzungen von Eucalypten würden in
Außerdem wädyſt die
Fortſdyritt der Kultur der Chinarinden-Bäume in den eng liſchen und holländiſchen Kolonien trägt weſentlich dazu bei,
dieſe Mittel wohlfeiler zu machen. Auf den Mascarenen, den Inſeln Mauritius (Jle de France) und Bourbon ( Réunion ) eriſtiert ſeit dem
ſiebzehnten Jahrhundert eine Bevölkerung von rein euros
tränk iſt der Thee, welcher für die Maſſe der Bevölkerung
päiſchem Urſprung, welche ſich mit Ackerbau befaßt und
ein Getränk ohne alles Aroma , ja man könnte beinahe
nicht vom Klima leidet. Dieſe Bevölferung iſt urſprüng: lich franzöſiſch. Das ſüdliche Frankreich hat ein viel heißeres Klima als das zentrale und nördliche Frankreich,
jagen nur ein Vorwand iſt, um nicht robes Waſſer zu trinfen .
,
Bezüglich des gelben Fiebers, dieſer Geißel des tropi-
allein die Mehrheit der Bevölkerung der Mascarenen
iden Amerika, iſt es noch nicht gelungen, den Mikroben
ſtammt durchaus nicht aus dem mittäglichem Frankreich); im Gegenteil haben die Normandie und die Bretagne am meiſten zu der Koloniſation dieſer Inſeln , wie auch zu
zu entdecken , welcher es verurſadyt; allein es unterliegt
feinem Zweifel, daß ſanitäre Maßregeln ſeine Einſchleppung verhüten, und daß, wenn dieſe geſchickt angewendet würden,
derjenigen der anderen franzöſiſchen Kolonien : Canada,
es gelingen müßte, dasſelbe in der Havana und in Vera-
Antillen u. . w. beigetragen. Die Bretagne und die Nor
cruz, wo es endemiſch iſt, auszurotten. So wurde es
mandie haben ſo ziemlich dasjelbe Klima wie das füblide
2. B. vor dem Sezeſſionskriege der Vereinigten Staaten
England, und überdies iſt die Mehrzahl der normandiſchen
alljährlich nach New - Orleans eingeſchleppt und raffte dort
Bevölkerung ſkandinaviſchen Urſprungs. Was iſt alſo der Grund, der den Nordfranzoſen , ſogar den Normannen ,
viele Opfer hin.
Der General Butler, der damalige
Stadtkommandant während ihrer Befeßung durch die för
deralen Truppen, hielt eine ſold ſorgfältige Geſundheits-
erlaubt hat, eine Ackerbaukolonie in den Tropenländern zu gründen, während die germaniſchen Völker ſo oft, aber
I
Die Europäer in den Tropenländern.
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ohne ohne Erfolg derartige Kolonien zu gründen verſucht
iſt, allein jene Zähigkeit und ſein Fernhalten von anderen
baben ?
Völkern, unter denen er lebt, hat ihn nicht dazu geeignet
Der Grund ſcheint mir die Lebensweiſe der Franzoſen
in ihrer Heimat und die Leichtigkeit zu ſein, mit weldier ſie ſich der Hygieine der Tropen anbequemen.
Die Franzoſen eſſen im allgemeinen weniger als die germaniſchen Völker, aber ihre Nahrung iſt beſſer zubereitet und geſünder ; ſodann trinken ſie weniger alkoholiſdie Ge tränke, beſonders weniger Branntwein und Bier.
Eine
gemađit, Ackerbau -Kolonien in Tropenländern zu gründen, und macht ihn viel unter dem Klima leiden, auch wenn er nicht von ſeiner Handarbeit leben muß und die Mittel hat, um ſich mit einem behaglichen Wohlſtand zu umgeben . Es iſt intereſſant, unter dieſem Geſichtspunkt die beiden Völker zu vergleichen, welche die wichtigſten Beſißungen in den heißen Ländern des äußerſten Orients haben : die
allzu reichliche Koſt, beſonders zuviel Fett , iſt in den
Engländer und die Holländer.
heißen Ländern ungeſund, wo die Nahrung nicht nod) zur Erhißung des Körpers beitragen darf ; ein Uebermaß von
temperatur iſt ſelbſt in den Ebenen im Norden des briti
iden Indiens nod; ganz tropiſch. Hier alſo , wie im
alkoholiſchen Getränken iſt in den Tropenländern ebenfalls fehr verderblid). Die heimiſde Lebensweiſe der Franzoſen
Malaviſchen Archipel, wo ſich die Holländer ihr Kolonial reich gegründet haben, findet man gemäßigte Klimate nur
Die mittlere Jahres:
mußte ſie daher geeigneter machen, in den Tropenländern
in den Bergen. Gleichwohl iſt, wenn audy die mittlere
zu wohnen und dort ihre Raſſe fortzupflanzen, als die germaniſchen Völker. Allein biezu kommen noch andere
Temperatur wenig verſchieden, die Verteilung derſelben im nördlichen Indien eine ganz andere als im Malaviſden Archipel. Im letteren herrſcht eine feuchte Hiße, wiewohl
Erwägungen . Der Franzoje wandert nur ungern und mit Mühe aus ; ſehr häufig geht er ins Ausland mit der Hoffnung, nad Frankreich zurückzukehren , und dieſe Ab neigung vor der Ausivanderung hat im neunzehnten Fahr:
hundert noch ſehr zugenommen. Aber der Franzoſe, welcher
ohne ſehr hohe Marima, beinahe gar kein Unterſchied zwiſchen der Temperatur der Monate (höchſtens 2 % ),
wenig Unterſchied zwiſchen Tag und Nacht, alſo genau diejenigen Bedingungen, welche den Aufenthalt auf die
ohne die Abſicht der Rückfehr auswandert, dabei aber an der Sprache und Religion ſeines Vaterlandes mit ſolcher
Dauer für den Europäer entnervend machen.
Zähigkeit feſthält, paßt ſich leichter allen Veränderungen der Lebensweiſe an , wvelche das Klima, die Natur des
April bis zum Juni außerordentlich hoch, die Marima in dieſer Jahreszeit ſind ebenfalls ſehr hoch, die Nächte verhält
Candes und die Sitten der Bevölkerungen nötig machen , unter denen er ſich niederläßt. Dies mußte ſie geeignet
nismäßig friſd. Ueberdies iſt die Hiße von ſtarken und trođenen Winden begleitet, ſo daß man die Deffnungen
machen, in den Tropenländern zu eriſtieren und ihre Raſſe
auf der Windſeite mit beſtändig befeuchteten Matten ver ſdíließt, wo die ſtarke Verdunſtung dann Kühle erzeugt. Die Monate vom November bis zum Februar ſind im
fortzupflanzen, ſelbſt wenn ſie von Handarbeit lebten, und
ebenſo kräftige und dauernde Meſtizenraſſen hervorzurufen, welche Franzöſijd ſprachen und ſich zur katholiſchen Religion bekannten .
Im Norden von Indien iſt die Temperatur von
nördlichen Indien föſtlich, und von der Breite von Be2
nares an iſt ein Kaminfeuer am Abend angenehm . Kurz,
Im ſiebzehnten und achtzehnten Jahrhundert waren die Franzoſen weit mehr zur Auswanderung geneigt als heutzutage und ihr Koloniſations- Talent iſt ſehr merkwürdig. Wenn ſie nicht mehr geleiſtet haben , ſo iſt dies nicht der Fehler der Koloniſten , ſondern derjenige des Mutterlandes.
das Klima iſt im ganzen dem Europäer günſtiger und weniger erſchlaffend als dasjenige im Malayiſden Ardyipel.
Kolonialherrſchaft Frankreichs verhängnisvoll, und die Ges jeße der Revolutionszeit, beſonders die gleiche und obliga
Ueberdies benüßen die Engländer häufiger die „ Sani tarien ", d. h. die im Gebirge liegenden Stationen, und verwenden mehr Zeit auf ihre Geſundheit und ihr Ver gnügen , als die Holländer. Dennoch wird jeder Beobachter, welcher sur einigermaßen mit den beiden Ländern bekannt iſt, konſtatieren, daß die Holländer das tropiſche Klima weit beſſer ertragen als die Engländer, daß ſie es nicht
toriſche Teilung der Güter, haben die Quelle der Koloniſten
wie die Engländer als ſehr ſchädlid für Kinder von 7 bis
Die ſchmachvolle Regierung des fünfzehnten Ludwig und die Kriege der Revolution und des Kaiſerreichs waren der
verſiegen gemacht. Der Engländer wandert vielleichter •aus als der Franzoſe, und denkt nicht an Rüdkehr ; die Neigung zum Auswandern wird unterhalten durch die engliſchen Inſti
tutionen , durch die ungeheure Entwickelung des Handels, und der Politik in England. Dennod nimmt der Enga länder, wie man zu ſagen pflegt , einen Teil des Bodens
ſeines „ Did England" mit ſich ; er iſt ſehr zäh in ſeinen Gewohnheiten und ſelbſt in ſeinen Vorurteilen .
Er hat
viel Erfolg gehabt in der Koloniſation gemäßigter Länder,
wo die engliſche Lebensweiſe mit dem Klima verträglich
15 Jahren betrachten, und daß es ihnen ſogar gelungen
iſt, dort ihre Raſſe dauernd fortzupflanzen. Die morali ſchen Gefühle werden teilweiſe durch die phyſiſchen Lebens bedingungen verurſacht und beeinfluſſen ſie ihrerſeits. Daher betrachten viele Engländer, welche in Indien leben und gelebt haben, dieſes nur für ein häßlides, armſeliges Land, wo man zwar Geld machen kann, welches man aber raſch wieder verlaſſen muß, um in Ländern, die angenehmer zu bewohnen ſind, ſein Vermögen oder ſeine Penſion zu genießen. Ganz anders iſt es bei den Holländern, wenig ſtens bei vielen von ihnen, denn ſehr oft ſehnen ſie ſich,
Die isländiſchen Fiſchereien.
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wenn ſie ihre Dienſtzeit zurückgelegt und Indien verlaſſen haben , nad jenem ſchönen Lande zurück, und manche fehren
und möchte mich nun auch in Kürze über die übrigen dor:
wieder dorthin zurüc, um ihr Leben auf einer Pflanzung
ſich einbilden, ein mit Schnee und Eis bedectes Land,
zu beſchließen .
eine einzige ungeheure Gletſchermaſſe, welche nur ſtellen weiſe von einigen noch thätigen Vulkanen und heißen
Welcher iſt wohl der Grund für dieſe Verſdjiedenheit bei zwei Völkern , welche in Europa zwei benachbarte und im Klima wenig von einander verſchiedene Länder be: wohnen ? Jeder Reiſende, der beide in Indien geſehen hat, erwidert, daß die Holländer ſich beſſer dem Klima angepaßt haben , und daß dies der Grund ihres Erfolges iſt. Im ſiebzehnten Jahrhundert ſoll man ſtart getrunken haben. Dies iſt heutzutage nicht mehr der Fall. Das
tigen Fiſchereien äußern. Jsland iſt zwar nicht, wie viele
Quellen unterbrochen wird, allein es iſt kein fruchtbares
Land. Gewaltige Strecken des Innern ſind wirklich kahl und unfruchtbar, entweder bedeckt von Sdyneebergen oder 1
von Lavawüſten und Niederungen voll vulkaniſcher Aſche und Sand. Die fruchtbaren Landesteile geben zwar fette
gewöhnliche Getränke wohlhabender Leute iſt Rotwein in
Waiden und ernähren große Schaf- und kleinere Pferde heerden und eine ziemliche Menge Rindvieh, deſſen Zucht beinahe der halben Bevölkerung Beſchäftigung und Lebens:
ſehr mäßiger Menge, und Erzeſje bei Tiſche ſind eben:
unterhalt liefert, und die Waiden und Heerden könnten
falls ſelten. Die Engländer dagegen eſſen viel Fleiſch
bei energiſcherem und wirtſchaftlicherem Betriebe auch einen
und fette Speiſen , trinken im Uebermaß ſtarke Biere, al : koholiſierte ſüdliche Weine , Cognac u. f. w. Ein gleiches iſt der Fall mit der Kleidung, hauptſächlich in den bedeu tenderen Städten. Ich habe in Madras, wo die Hiße ſtärker iſt als in Batavia, Herren um Mittag in Tuch kleidern und einem dwarzen Hut Beſuch machen ſehen. Die Einwohner von Batavia würden eine ſolche Abge: Ichmacktheit nicht für möglich halten. Im britiſchen Indien hat ſich in Betreff der Lebens:
doppelten oder dreifachen Ertrag liefern ; allein der Boden und ſeine Bebauung ſpielen im Daſein und Wohlſtand der isländer keine bedeutende Rolle, und die hauptſäch
liche Quelle ihrer fünftigen Entwicklung liegt in den Ge: wäſſern, welche die Küſten ihrer Inſel beſpülen. Im Meere mit ſeinen endloſen und unerſchöpflichen Vorräten von
Lebeweſen liegt der wahre Wert von Jsland, und wenn auch die Landesprodukte von jeher ein bedeutender Faktor im Wohlſtande der Isländer geweſen ſind und bleiben
bedingungen der Europäer in den legten 30—40 Jahren
werden, ſo muß doch die Hauptquelle ihres künftigen Ges
eine bedeutende Veränderung geltend gemacht: die Trunk. ſucht hat abgenommen, die Sitten ſind anſtändiger, die Wohnungen geſünder geworden, und in dieſer Hinſicht iſt es bedeutend beſſer geworden. Allein andererſeits haben ſich die Engländer bei der Vermehrung der Europäer und dem erleichterten Verkehr mit England mehr und mehr vom Lande abgelöſt; ihre Lebensweiſe iſt mehr und mehr engliſch geworden. Früher näherte man ſich mehr den Eingeborenen und ihrer Lebensweiſe ; heutzutage iſt dies weniger der Fall, denn die öffentliche Meinung in den kleinen britiſchen Kolonien nötigt alle Engländer, wie die anderen zu leben, um nicht herunterzukommen,
deihens in der Entwidelung ihrer Fiſchereien liegen. Die namhafteſte Fiſderei iſt dermalen der Stockfiſch oder Kabeljaufang. Es werden alljährlich ungeheure Mengen von Kabeljaus und Schellfiſden um die Küſten von Island
nicht ſeine Kaſte einzubüßen ." Ein britiſcher Dffizier beklagte ſich gegen mich über das abſcheuliche Land, worin er zu leben gezwungen ſei. „ Uber dieſes abſcheuliche Land bezahlt Sie gut“, ſagte ich ihm. - ,,Das iſt wahr", ver feßte er, aber ich habe keinen Vorteil davon. Wenn die Gehalte aller auf die Hälfte heruntergejeßt werden würden ,
herum gefangen.
Der größere Teil davon wird ein
geſalzen und als „ Labberdan " ausgeführt, beſonders nad) Spanien ; ein kleinerer Teil wird an der Luft getrocknet und
bildet in dieſem Zuſtande eines der ſtehenden Nahrungs mittel des Landes, und die Bewohner des Innern der
Inſel reiſen jeden Sommer große Strecken weit heraus an die Küſte, um fid) ihren Vorrat von getrodneten Fiſchen
zu verſchaffen. Es wird verhältnismäßig wenig Kabeljau oder Stodfiſch getrocknet, denn er bringt geſalzen einen beſſeren
Preis ein ; dagegen bilden Schellfiſche, Heilbutten, Klump fiſche, Rochen 2c. und die getrockneten Köpfe der Stodfiſche die Hauptmaſſe der getrodneten Fiſche. Man ſammelt nämlich die Köpfe aller Stockfiſche und trocknet ſie ſorg fältig, denn ſie bilden in dieſer Geſtalt ein höchſt wert: voles und geſchäßtes Nahrungsmittel für Menſchen und Vieh, obwohl der ökonomiſche Wert ſeiner Verwendung
müßten wir nicht darunter leiden . Aber jeßt ſind wir genötigt, einen ungeheuren Aufwand zu machen, um nicht herunterzukommen und um uns nichts zu vergeben.
bezweifelt werden darf, beſonders wenn der Konſument fie
(Schluß folgt .)
mit einem bedeutenden Aufwand von Zeit und Mühe aus
weiter Entfernung herbeizuholen hat. Die Fiſcherbevöl kerung lebt vorwiegend von friſchem und getrocknetem Fiſch
Die isländiſchen Fiſchereien.
- das geſalzene Produkt wird beinahe ausſchließlich zur Ausfuhr verwendet - ſo daß ungefähr die Hälfte des ganzen Fanges im Lande verzehrt wird.
Ich habe jüngſt in dieſen Blättern eine kurze Schilderung des Häringsfanges in den isländiſchen Gewäſſern verſucht
Der Fiſchfang wird mehr oder weniger das ganze Jahr hindurch betrieben, aber die eigentliche Vertid oder
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Die isländiſchen Fiſchereien .
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Fangzeit beginnt ungefähr mit Anfang Februar. Dann kommen außer den regelmäßigen Fiſchern noch große Mengen Männer aus allen Teilen des Inneren nach den Rüſten
geführt wird, ſo muß er ſorgfältig in wind- und wetter dichten Behauſungen aufbewahrt werden, da Feuchtigkeit
heraus, um dieſem Erwerbszweig obzuliegen. In vielen
ſie ſich an die regelmäßigen Fiſcher an und bilden Boots
üben. Es gibt keine handwerksmäßigen Einpökler, ſon dern das Einpökeln geſchieht beinahe ganz zu Hauſe und jeder Fiſcher pöfelt unter Zuhülfenahme ſeiner Familie ſeinen eigenen Anteil und verkauft ihn an die Kaufleute. Hierdurch finden die Fiſcher Beſdäftigung für ihre Weiber und Kinder und erzielen einen beſſeren Preis, als ſie beim Verkauf des friſchen Fiſdes erhalten würden. Dagegen ſteht feſt, daß wenn der Fiſch in großem Maßſtabe von gewerbsmäßigen Einpöklern zubereitet würde, man einen
bemannungen, welche je nad der Größe der Boote an
beſſeren Artikel befäme. Der zur Ausfuhr nad Spanien
Zahl von ſechs bis zu zwölf und fünfzehn Köpfen wedy ſeln. Jedes Boot ſteht unter dem Befehl eines erfahrenen Mannes, welcher Fórmadur oder Vormann genannt wird. Außer dieſen großen Booten ſind aber auch nod) kleinere, nur mit zwei oder vier Leuten bemannte Boote im Ge brauch, die aber vorzugsweiſe in der Nähe des Landes
beſtimmte Fiſch muß von einer beſtimmten Größe und Qualität ſein, und wird vor der Verſchiffung durch er fahrene und von den Behörden zu dieſem Zwecke aufge ſtellte Sachverſtändige unterſucht, welche alle Fiſche zu: rüdweiſen , die dem geforderten Maße nid )t entſprechen .
Bezirken des Innern der Inſel wandern beinahe alle arbeitsfähigen Männer um dieſe Zeit nach der Küſte und überlaſſen die Sorge für Haus und Hof und die Haus tiere den Weibern, Knaben und Greifen.
Sie reifen oft
weite Strecken zu Fuß , und ihre Wanderungen in dieſer rauhen Jahreszeit ſind mit nicht wenig Strapazen und
Gefahren verbunden. An der Küſte angekommen, ſchließen
fiſchen .
Der Frühlingsfang geſchieht vorwiegend mittelſt Hand: leinen ; in den übrigen Jahreszeiten bedient man ſidy langer Leinen, deren Anwendung jedoch im Frühjahre nid )t für ratjam gilt. In der Fara -Floa - der großen Bucht im ſüdweſtlichen Jsland, welche der Hauptſdauplatz des Stodfiſdfanges iſt -- bedient man ſich auch der Neße. Der Gebrauch derſelben vor dem 15. März iſt jedod, nicht geſtattet, da man annimmt, das frühere Ausſtecen der
Neße könnte die Fiſche abhalten, ſich in die Buchten und Fjorde bereinzuwagen , und könnte ſie möglicherweiſe ganz vertreiben. Der Eigentümer des Bootes liefert die Leinen und Angelhaken und gewöhnlich aud) die Neße, wenn ſolche gebraucht werden, und in dieſem Falle erhält er die Hälfte des ganzen Fanges, während die andere Hälfte zu gleichen Teilen unter die Bemannung verteilt wird ; im anderen Falle wird der Fang nach der Kopfzahl in gleiche Teile verteilt und dem Boote je nach ſeiner Größe ein oder zwei Teile zugeſchieden . Die Teilung findet ſo : gleich beim Landen ſtatt und die Fiſche werden alsbald ausgeweidet und in Salz eingelegt. Köpfe und Sd,wimm blaſen werden gereinigt und getrodnet und Lebern und
Rogen in Tönnchen geſammelt. Nachdem die Fiſche, je nach der Beſchaffenheit des Wetters und der Bequemlich feit der Fiſcher, längere Zeit in Salz gelegen haben, wer: den ſie in Seewaſſer gewaſchen , um das Uebermaß von Salz zu entfernen , in Haufen zum Abtrocknen aufgeſchidytet, dann einſdichtig zum Trocnen an die Sonne gelegt, in Haufen gepreßt, indem man ſie mit Brettern bedeckt und
dieſe mit großen Steinen beſchwert, bis ſie ganz durchaus
und Zugluft eine wertvermindernde Wirkung auf ihn aus
Die ausgeſchoſſenen Fiſde nebſt den kleinen Stod- und Schellfiſchen, welche weniger geſchäßt werden als die großen Kabeljaue, gehen dann meiſtens nach Dänemark, Deutſch land und England. Von den übrigen Teilen der vorer wähnten Fiſcharten werden die Köpfe und Schwimmblaſen ſorgfältig getrocknet und die erſteren , wie ſchon erwähnt, als Nahrungsmittel im Lande verſpeiſt oder dem Vieh mit Heu gereidt ; die getrodneten Blaſen aber werden aus:
geführt und zu Gelatine und Hauſenblaſe verwendet. Der Rogen wird eingeſalzen und nad Frankreich und dem Mittelländiſchen Meere ausgeführt, wo man ihn bei der Sardinenfiſdierei als Köder verwendet. Die Lebern wer den ebenfalls geſammelt und auf Thran verarbeitet, erſt auf faltem Wege, dann mit Hülfe von Hiße ; der durd
lekteren Prozeß gewonnene Thran iſt gröber und von ge ringerem Werte. Da die Lebern gewöhnlich ſo lange auf bewahrt werden, bis ſie mehr oder weniger faul ſind,
ehe man den Thran daraus zieht, und da das ganze Ver fahren ein mehr oder weniger rohes iſt, ſo iſt der gewon nene Leberthran von geringer Qualität, und man bereitet daher wenig oder gar keinen reinen Stockfiſch -Leberthran
in Island. Anſtatt die Knochen, Eingeweide und ſonſtigen Abfälle des Fiſches zu ſammeln, und in Fiſchguano zu zu verwandeln, wie dies in Norwegen geſchieht, läßt man
ſie leider am Strande liegen und verfaulen, obwohl neuer dings einige der wohlhabenderen Fiſcher ſie ſammeln und
ihre Felder und Gemüſegärten damit düngen. Das Leben, welches dieſe Männer während der Fiſch fangszeit führen, iſt im höchſten Grade mühe- und ſtra pazenvoll. Infolge der vielen Männer, welche aus dem Innern der Inſel kommen , ſammelt ſich während der
Dieſes Verfahren erfordert bedeutende und
Fiſchfangszeit eine große Menſchenmenge an der Küſte an .
große Sorgfalt in allen Einzelheiten, und es gehört große
Ich habe eine abgelegene Fiſchfangsſtation beſucht, welche etwa für 24 Perſonen ein dauerndes Unterkommen ge
gepökelt ſind.
Geſchicklichkeit und Erfahrung dazu , guten geſalzenen Fiſch herzuſtellen . Wenn der Fiſd) gepökelt iſt und nicht alsbald aus: Ausland 1886 , Nr. 3 .
währt, aber während der Fiſdfangszeit über 300 Perſonen
beherbergen mußte. Die Männer ſchlafen in rohen Hütten 8
Die isländiſchen Fiſchereien.
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oder Schuppen von Stein und Raſen , die ſelten waſſer dicht ſind, leben von der gröbſten Nahrung und ſind oft unzureichend gekleidet für die ſtrenge Witterung, der ſie zu troßen haben ; nur zur See tragen ſie gewöhnlich einen vollkommen wind- und waſſerdichten Anzug von unge gerbtem Schaffell. Iſt der Fang ergiebig, ſo ſind ſie bei nahe beſtändig zur See, und erlauben ſich nur den kürzeſt möglichen Aufenthalt am Lande für Schlaf und Ejjen . Häufig werden ſie von plöbliden Stürmen überfallen , und obwohl ſie tüchtige Seeleute und ihre Boote, in Anbetracht ihres geringen Umfangs und ihrer Zerbrechlidykeit, wunder: bar ſeetüchtig ſind, ſo vermehrt doch jedes Jahr die Ver: luſtliſte durch Ertrinken.
Sie arbeiten in der Regel
während der Fiſdfangszeit ſehr hart und zwar mit vollem
Recht, denn ein geſchickter Fiſcher kann in einer guten
zelnen beſonders gewogen und mit dem auf ſeine Perſon fallenden Anteil an der Menge von Lebern , Blaſen und Rogen in zwei gleiche Teile geteilt, wovon der Fiſcher den einen, der Schiffseigentümer den anderen erhält. Der Fiſder erhält von dem Schiffseigentümer, dein Raufmann
oder dem Einſalzer den Marktwert ſeines Anteils abzüglich der Koſten des Einſalzens. Der Schiffseigentümer liefert die Leinen und Angelhafen und jedem Manne täglich Eine
warme Mahlzeit und dreimal Kaffee ; für das übrige muß ſich jeder ſelbſt verföſtigen. Der Kapitän , Maat und
Koch erhalten ihre Rationen gratis, und die beiden erſteren haben noch dazu verídiedene Nebeneinnahmen , z. B. der Kapitän eine Prämie von zwei Kronen (Mark 2.30 ) für jedes Hundert Fiſche. Die Vorteile des Fiſchfangs in Häringsbüſen über
Saiſon ſo viel vor fid) bringen , daß er ſich das ganze
denjenigen in Booten wird allgemein zugegeben, und nur
übrige Jahr hindurch damit erhalten kann.
der Mangel an dem nötigen Kapital hindert die Isländer an der Vermehrung ihrer Flotte von größeren Fiſchers fahrzeugen. Dieſe machen ſich in der Regel ſehr gut be zahlt. So machte ſich z. B. ein kleines Fahrzeug, weldes etwa 200 Lſtr. koſtete, ſchon in der erſten Saiſon bezahlt,
Um die Mitte Mai ſchließt der Fiſchfang mit Booten, wenigſtens für die Landbewohner, und dieſe kehren zu ihren Gehöften zurück. Die eigentligen berufsmäßigen Fiſder aber ſeken ihre Arbeit fort, und nun beginnt der Fang in Häringsbüſen und größeren Fahrzeugen ; aber es iſt unmöglich, ſich früher Bemannungen zu verſchaffen , da die Leute während der früheren Periode die gewöhnlichen Boote vorziehen. Die Fahrzeuge wechſeln in Größe von 20—50 Tonnen und ſind gewöhnlic) Sloops oder Sdjooner; es find meiſt alte, wohlfeil erſtandene Fahrzeuge : engliſde Vergnügungsyachten, Häringsbüfen aus Grimsby, nicht felten auch franzöjiſche Luggers. Sie führen 12--20 Mann mit Einſchluß von Kapitän, Maat und Koch, welche aber alle an den Leinen mit Hand anlegen müſſen. Sie fijden ausſchließlich mit Handleinen, und jeder Mann bezeichnet
die von ihm gefangenen Fiſche, ſo daß am Ende des
wo es gebraucht wurde, obwohl es nur eine mittelmäßige Saiſon war. Die Häringsbüſen können dem Fiſch von Ort zu Ort folgen, während der Bereid) und Wirkungs freis der kleinen offenen Boote notgedrungen ein ſehr beſchränkter iſt. Die erſteren können auf den Fiſchgrün den liegen bleiben und ſelbſt bei ſtürmiſchem Wetter fiſchen , wenn die Boote Tage und Wochen lang nacheinander außer ſtande ſind auszulaufen ; ſie vermeiden alſo den vergeblichen Aufwand von Zeit und Mühe, welchen das Hin- und Herrudern nad und von dem Fiſdgrunde jeden Tag herbeiführt. Die Mannſchaften ſind der Un bill der Witterung und den Gefahren der Tiefe weniger
Fanges die Beute jedes einzelnen erkannt und ausgeſchie den werden kann. Die Fahrzeuge laufen mit einem ge nügenden Vorrat von Salz für einen vollen Fang und mit Lebensmitteln für drei oder vier Wochen aus und
ausgeſeßt , und die Fiſche werden einer ſorgfältigeren
kehren, wenn ſie voll ſind, oder früher, wenn das Wetter
von Island, denn der ungefähre Ertrag ihres Fijdfangs beträgt bedeutend mehr als der geſamte Ertrag des Fangs
oder der Mangel an Proviant oder Salz ſie dazu zwingt, an die Küſte zurück. Sie weiden den Fiſch aus und ſalzen ihn ein, ſobald er gefangen iſt, und ſammeln die Lebern, Schwimmblaſen, den Rogen und, wenn thunlich, auch die Köpfe. Bei der Rüdfehr von jeder Fahrt wer den die Fiſche gelandet, gewaſchen und nach der oben ge ſchilderten Weiſe eingepökelt, und zwar geſchieht dies ent weder durch den Eigentümer des Fahrzeuges oder durch den Kaufmann, mit welchem er handelt. Wahrſcheinlich infolge davon, daß der Fiſch auf dieſe Weiſe im großen und durch erfahrene Hände eingeſalzen wird, gelten die von den Häringsbüſen gefangenen Salzfiſche im allgemeinen für beſſer und behaupten eine höhere Qualität und einen
Behandlung unterworfen , als diejenigen von den kleinen
Booten gefangenen. Die Franzoſen betreiben auf ihren Häringsbüſen eine ſehr bedeutende Fiſcherei um die Küſte
der Isländer. Aud die Engländer, Schotten, Norweger und Feringer nehmen ebenfalls mit ihren Büſen und Schoonern einen bedeutenden Anteil an der isländiſchen Fiſcherei. Man ſchäßt, daß wenn die Isländer ſich der Häringsbüſen und Smacks, anſtatt der offenen Boote, be dienen und nur dieſelbe Zahl von Männern beſchäftigen
würden wie bisher, ihr jährlicher Fang ſich auf das Fünf fache des gegenwärtigen belaufen müßte. Auf den wenigen isländiſchen Smads bebient man ſich nur der Handleinen ;
höheren Preis, als das Produkt des Fanges der kleinen
wenn aber jede derſelben zwei oder drei kleine Boote führen würde, ſo könnten lange Leinen, an welche Hunderte von beföderten Angelhaken angebunden werden, und wenn rätlich auch Neße, mit gleicher Leichtigkeit benüßt werden .
Boote.
Der einzige Vorteil, welchen die offenen Boote darbieten,
Am Schluſſe des Fanges wird die Beute jedes Ein
iſt, abgeſehen von dem kleinen Kapital, das in dieſelben
Die isländiſchen Fiſchereien.
geſteckt werden muß, der, daß ſie, ſo lange man ſie nicht braucht, gelandet und auf den Strand gezogen werden
fönnen, während man die Häringsbüſen in einem Hafen unterbringen muß.
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noch immer eine günſtige Gelegenheit dar. Die Einge: borenen haben weder die nötige Energie noch die erforder: lichen Mittel, um ihrem Fiſchfang die geeignete Entwickelung
Jsland beſißt aber rings um ſeine
zu geben. Zum Beweis, wie ſehr ſie noch in dieſer Hin
Küſten herum eine ſo hinreichende Anzahl vortrefflicher
Naturhäfen, daß fich Zufluchtshäfen bei ſtürmiſchem Wetter und gedeckte Ankergründe, worin die Häringsbüſen wäh rend des Nichtgebrauchs angelegt werden könnten, häufig
ſicht zurück ſind, will ich nur die Thatſache erwähnen, daß Island nicht einmal auf der Londoner Fiſcherei-Ausſtel lung vertreten war. Der Antrieb zu jedem Fortſchritte in dieſer Richtung muß von außen, beſonders von Deutſchland
vorfinden .
kommen, denn wir wollen uns auf dieſem Gebiet nicht
Unverkennbar aber könnte durch die Verwendung
kleiner Fahrzeuge anſtatt offener Boote der Stocfiidfang
auf Jsland ganz ungeheuer gehoben, entwickelt und nuß:
wieder von England überflügeln laſſen ; und wenn wir Rat und Mittel richtig anwenden, ſo werden unſere Unter nehmer nicht nur ein febr gutes Geſchäft machen , ſondern
bar gemacht werden. Außerdem gibt es noch manche an
gleichzeitig Jsland und unſerem Vaterlande eine große,
dere mit der Fiſcherei in Verbindung ſtehende Dinge,
dauernde Wohlthat erweiſen .
welche daſelbſt einer ungemeinen Verbeſſerung fähig ſind. Obwohl der geſalzene Fiſch ohne Zweifel immer die haupt:
Ueber die Häringsfiſcherei habe ich mich bereits in einem früheren kurzen Artikel geäußert ; aber über den Haifiſchfang muß ich nod) einiges anführen . Die Jagd
jädylidſte und paſſendſte Form der Ausfuhr ſein wird, ſo deint doch kein Grund dafür vorhanden zu ſein, warum
auf Haie wird in einem bedeutenden Umfang betrieben,
nicht auch ein Teil der gefangenen Fiſche in friſchem Zu
beſonders an den nördlichen und weſtlichen Küſten Jslands,
ſtande auf den deutſchen und engliſchen Markt geſchidt
und man bedient ſich zu dieſer Fiſcherei gededter Fahr:
werden könnte , entweder lebendig
zeuge und offener Boote. Die hier gefangene Haifiſch Art iſt der Blauhai, Squalus carcharias ( Carcharias
in Sdiffen , welche
mit Waſſerbehältern verſehen ſind oder, was offenbar noch leichter iſt, in gefrorenem Zuſtande, in Eis verpackt oder in Refrigeratoren. Man hat ja bereits den Anfang ges macht, Rabeljaue und Heilbutten in Eis von den Faröern nach England zu verſenden, und ſo dürfte es ſich ſehr verlohnen, auch von Island aus anderweitige Verſuche zu machen. Feland hat ja den großen Vorzug, daß man daſelbſt mit wenig Roſten das Eis an Ort und Stelle
haben kann , während es auf den Faröern mit einem be: deutenden Aufwande eingeführt werden muß, und da Js land für direkte Dampfidiffe nur viertehalb Tage von
Großbritannien und fünftehalb bis fünf Tage von Deutſch land entfernt iſt, ſo bietet auch dieſe Entfernung keine großen Schwierigkeiten dar. Ferner fönnte noch manches für das Räuchern und Trocknen der Fiſche geſchehen ; und es wäre um ſo wünſchenswerter, daß für den isländiſchen Fiſdfang ein neuer Marft eröffnet würde, als die ver mehrte Einfuhr von geſalzenem Stockfiſch aus Frant
reich nach Spanien bereits für die Ausfuhr Jslands auf den ſpaniſchen Markt ſich etwas fühlbar zu machen beginnt. Neben dem Fiſch ſelbſt fonnten aud die anderen
Produkte der Fiſcherei mit weit größerem Vorteil aus: gebeutet werden, als es bisher geſchehen iſt. Durch ge ſchicktere Behandlung und die Verwendung beſſerer Appa rate könnte eine reinere und wertvollere Qualität, ſowie
eine größere Menge von Leberthran erzielt, die Knochen, Eingeweide und anderer Abgang dagegen in einen wert vollen Dünger verwandelt werden, wie dies in Norwegen, Neufundland , den Shetlands -Inſeln und faſt überall
glaucus oder coeruleus), welcher nur wegen des aus ſeiner Leber gewonnenen Thrans gejagt wird, denn der übrige Kadaver wird gewöhnlich weggeworfen und nur hie und
da das Fleiſch als Nahrungsmittel aufbewahrt. Dieſe Haie wechſeln ſehr an Größe, von 2 bis zu 5 und 6 m . Länge und 0,90 bis 1,50 m . Umfang am dickſten Teil des Körpers ; je nach dem Umfang des Fiſches gibt jede Leber von 4 oder 5 bis zu 50 Gallonen (à 4,543 L.). Fette Lebern geben zwei Drittel ihres Umfangs an Thran , magere etwa die Hälfte. Die zum Haifiſchfang verwen deten Fahrzeuge ſind größtenteils kleine Sdyooner von 30 bis 50 Tonnen Laſt, mit einer Bemannung von 8—10 Köpfen, und die gewöhnliche Fangzeit iſt von Januar und Februar bis Auguſt.
Während der Wintermonate beſuchen die Haie ſeichtere Gewäſſer und werden ungefähr 4 geographiſche Meilen vom Lande in 50-60 Faden Tiefe angetroffen ; im Sommer ſuchen ſie tieferes Waſſer auf und werden etwa 20 g. MI. vom Lande in einer Tiefe von beiläufig 200 Faden gefangen. Sobald man durch Peilen ermittelt hat, daß das Schiff in Waſſer von paſſender Tiefe und womöglich mit einem abfallenden , weichen, ſchlammigen Grunde liegt, jo wird es verankert und der Fang beginnt. Der ge brauchte Angelhaken iſt 40 bis 50 cm . lang, mit Robben: ſpeck oder Pferdefleiſch befödert, mit einem adytpfündigen
Bleigewicht beſchwert und mittelſt einer mehrere Meter langen ſtarfen Kette an eine Leine von 4 bis 5 cm. Dicke befeſtigt. Man läßt den Haken bewegungslos einige Faden über dein Meeresgrund hängen, und in der Regel ſcheuen ſich die Haie anfangs, den Köder anzunehmen, und die Fiſcher
geſdieht. Der isländiſche Stockfiſchfang im großen Ganzen
müſſen lange auf den erſten Biß warten ; ſobald aber die
bietet für ausländiſchen Unternehmungsgeiſt und Kapital
Haie denſelben „anzunehmen " beginnen, kommen ſie in
Die isländiſchen Fiſchereien .
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Menge zur Stelle und können in raſcher Aufeinander folge geangelt werden, denn ſie nehmen dann den Köder gierig und mit wenig Vorſicht. Es geſchieht häufig, daß ein Hai, welcher vom Haken
abgeſdılüpft iſt, nachdem er bis an die Schiffsſeite herauf gezogen und harpuniert wurde, nad) einem kurzen Zwiſchen raume den Köder noch einmal annimmt und mit den
noch in ihm
ſteckenden Harpunen heraufgezogen wird.
Sobald der Hai die Oberflädie erreicht, werden ihm Speere und Harpunen in den Leib geſtoßen und die Wirbelſäule durchgehauen ; dann befeſtigt man große Haken in ſeinem Körper, legt Ketten um denſelben , zieht ihn an Bord, (dyneidet ihn, wenn er auf dieſe Weiſe feſtgemacht worden iſt, auf und nimmt die Leber heraus. Früher war es üblidy, nach dem Herausnehmen der Leber die Radaver an den Stern des Schiffes zu befeſtigen und auf dieſe Weiſe
der Säfte los zu werden , worauf man das Fleiſch in lange Streifen ſchneidet, welche unter Dach und Fach zum Trodnen aufgehangen werden , bis ſie vollkommen winds
dürr find. Dann erſt iſt der Hai zum Gebrauch fertig und gilt bei manchen Rennern für einen großen Lecker biſſen. Dieſes getrodnete Fleiſch iſt nicht unſchmachaft, hat aber etwas Hautgoût, und ſein ſtarker Geruch ſchredt gewöhnlich die Uneingeweihten vom Koſten desſelben ab. Die Lebern werden ans Land gebracht und in Rufen oder Fäſſern aufbewahrt, bis die feſten Teile fich zu
Boden geſeßt haben, worauf der flüſſigere Teil in eiſernen Töpfen über einem offenen Feuer geſchmolzen wird. Der auf dieſe Weiſe gewonnene Thran iſt mehr oder weniger
dunkelfarbig je nach dem Grade der Zerſeßung, welchen die Leber vor dem Ausidymelzen erlitten hat, und der Tem
andere Haie an die Oberfläche zu locken, welche man dann
peratur, welcher ſie ausgeſeßt geweſen iſt. Bei dieſem Verfahren gibt die Leber ungefähr zwei Drittel ihres Ge
ebenfalls harpunierte, ſobald ſie herauffamen , um ſic) an ihren toten Kameraden zu äſen . Jeßt werden die Kadaver nach dem Herausnehmen der Leber gewöhnlich ins Meer geworfen, wo ſie auf den Boden hinunterſinken und andere Haie zur Stelle loden , wodurch das Schiff in den Stand geſeßt wird, an Drt und Stelle liegen zu
widits an einem rohen und nicht ſehr ſchmadhaften und appetitliden Thran. Eine Haifiſchthran - Deſtillerie kann im allgemeinen ſchon an ihrem Geruch auf eine bedeutende Entfernung hin entdeckt werden. In neuerer Zeit iſt das Aus dimelzen mittelſt Dampfs in namhafte Aufnahme ge kommen und man verwendet die Leber ſo friſd wie mög
bleiben und eine längere Zeit hindurch zu fiſden , ohne
lich. Dadurch erhält man einen ſchöneren, hellfarbigen
feinen Ankergrund zu wechſeln. Manche Fiſcher behaupten jedoch, wenn man die Kadaver der Haie unterſinken laſſe, ſo freſſen ſich die zur Stelle kommenden Haie an den ſelben ſo voll, daß ſie ſchlafend liegen und Wochen-lang den Köder nidt mehr annehmen . Ob dieſe Anſicht nun ridytig iſt oder nid)t, jedenfalls hat ſie ſoviel Glaubwürdiges für ſich, daß man bereits vorgeſchlagen hat, das Preisgeben , toter Haie zur See geſeßlich zu verbieten, weil dasſelbe den Fang ſchädige. Dieſe Verordnung hat jedoch noch
und nicht ſo ſtark riedenden Thran, wenn auch eine etwas
nicht Gefeßeskraft erlangt, und der Vollzug dieſes Ver botes würde ſehr ſchwer zu bewerkſtelligen ſein. Während die Kadaver der von gedeckten Fahrzeugen
gefangenen Haie meiſt weggeworfen werden, da es unmöglich ſein würde, dieſelben über die lange Zeit, während deren dieſe
Schiffe in See ſind, aufzubewahren, werden diejenigen Haie,
geringere Menge desſelben. Auch die Kadaver, bezw. die Fleiſchteile, enthalten noch eine ziemliche Menge Thran,
welche wahrſcheinlich durch Auspreſſung oder irgend andere Mittel ausgezogen werden könnte, worauf die übrig bleibende
Maſſe noch guten Dünger geben würde. Vielleicht könnte man die Fleiſchteile in Dampf kochen und dann auspreſſen, um den Thran von der Brühe abzuſchöpfen, dann das ge preßte Muskelfleiſch ſalzen , räuchern und ſo zu einer ges nießbaren, nahr- und jdmachaften Speiſe machen. Die beim Haifiſchfang beſchäftigten Mannſchaften er: halten eine Löhnung von etwa 36 Mark per Monat und eine Prämie von 50 Pfennigen auf das Barrel Leber. Der Kapitän bekommt 2.30 Mark per Barrel von den erſten 100 Barrels des Fanges der Saiſon , und 3.40 M. per Barrel von den weiteren .
die von offenen Booten gefangen werden , welche in der Regel nur einige Stunden in See liegen, häufig ans Land gebracht und als Nahrung verwendet, nadidem man ſie folgender Behandlung unterworfen hat. Die Eingeweide und Knorpel werden herausgenommen, die Radaver in der Erde oder im Sand vergraben und so forgfältig bedeckt,
bedten Fahrzeuge müſſen oft ſehr rauhes Wetter beſtehen und gehen bisweilen verloren , und die offenen Boote ſind
daß ſie von der Luft vollkommen abgeſchloſſen werden .
dann natürlich noch größeren Gefahren ausgeſeßt. Erſt
In dieſem Zuſtande liegen ſie dann zwölf Monate und manchmal noch bedeutend länger, während welcher Zeit dann eine teilweiſe Zerſeßung ſtattfindet, wodurch die
vor wenigen Monaten gingen drei Boote welche im Fara: Fiord mit dem Haifiſchfang beſchäftigt waren , an Einem
jenigen ſchädlichen Stoffe beſeitigt werden ſollen, welche nach der Anſicht der Isländer das Fleiſch des friſchen
30 Köpfe, fam dabei um. Die Verwendung von offenen Booten nimmt daher ab, und die Zahl der gedeďten Fahrzeuge wächſt ſo raſch, als es nur die beſchränkten Mittel der Isländer erlauben. Der Haifiſchfang iſt ein ent
Haies ungeſund, wo nidyt giftig machen. Iſt dieſe Ver
änderung nun vollſtändig vor ſich gegangen, ſo wird der Hai ausgegraben, manchmal leicht gepreßt, um einen Teil
Der Haifiſchfang in den Wintermonaten iſt ein ziem: lich gefährlicher Beruf wegen der Häufigkeit der Stürme und der Kürze des Tages unter hohen Breiten. Die ge
Tage verloren und ihre ſämtliche Bemannung, im Ganzen
ſchieden lohnender Erwerbszweig und kann durch Anwendung
1
Fußreiſe ilber den Buccecei.
von beſſeren Schiffen und Vorkehrungen und durch Ver-
beſſerungen des Ausſchmelzeverfahrens, wodurch man eine beſſere Qualität von Thran erzielt, noch weit gewinnbringender gemacht werden.
(C. J.)
Von Butareſt bis nach Terzburg.
reichlich Holz herbei zu einem Feuer. Mein Kollege rupfte die Vögel , briet den Speck und tranchierte die Wurſt, indeſſen idy Heidelbeeren pflückte, die das Menu vervollſtändigen ſollten. Außerſt guter Laune ſoupierten wir, und ich muß geſtehen , daß mir Speck mit Zwiebeln das walachiſche Bauerndiner – nie ſo vortrefflid mundete wie hier.
Fußreiſe über den Buccecci. Yon Bukareſt bis nad Terzburg. Ein charakteriſtiſches Reiſebild aus den rumäniſchen Bergen . Von G. Albert.
(Soluß.)
Der Buccecci iſt kein einzelner Gebirgskegel, wie uns richtige Anſichten häufig verbreiten , vielmehr ein verzweigter Gebirgsſtod, der allerdings nördlich droff abfällt, aber nach Süden und Weſten bedeutende Ausläufer ſendet. Auffallend iſt die grasreiche Trift , die ſic) bis faſt auf die Gipfel des Gebirges ausdehnt , während beiſpiele:
weiſe in den Schweizeralpen der eigentliche Graswudis
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Nun breiteten wir unſere Plaids links
und rechts vom Feuer aus und legten die geladenen Re volver unter unſere grünen Riſſen . Der Mond blickte durch die hohen Tannenäſte ſo munter als freute er ſich, wieder einmal zwei fidele Burſde zu beherbergen ; ich nicte ihm freundlich zu , dann ſchliefen wir ein. Mein Freund würde den ganzen Vormittag verſchlafen haben, wenn ich ihn nicht aufgerüttelt hätte. Wir ſtimmten darin überein, daß wir eine nach unſeren Strapazen doppelt föſtliche Nacht genoſſen hatten. Aufgepackt und weiter ! Der Abſtieg durch den Bach wurde unmöglich, weswegen wir den Wald au einer lichteren Stelle traverſierten und
auf freien Raſen gelangten. Ein etwa 500 m . langes Wäldchen von Knieholz (im Volksmund Sneppene ge nannt) mußte durchwandert werden , und nad wohl zwei
dieſe Höhe nicht erreicht. Für Alpenwirtſchaft würden fic daber die Walachiiden Karpathen vortrefflich eignen.
Stunden hatten wir obgeſiegt.
Dagegen fehlt dieſen Gebirgspartien die Romantik und
ſelbe wird gebildet durch die Zwergkiefer, welche einen aſtartigen Stamm treibt, der ſich nicht ſelten act bis
Großartigkeit beinahe vollſtändig , welche die Alpen der
Schweiz und Tirols dem Touriſten bieten. Der Kidytung des öſtliden Bergabhanges folgend, gelangten wir an ein Rinnjal, welches mit Eis und Schnee angefüllt war. Die Sonne ſchien, die Torniſter, mit denen wir uns jeßt ſelbſt beladen mußten, wurden dwer und wir machten Raſt. In Völkchen von 15 bis 20 Stück büpften in dem ſteini-
gen Bache Bergfinken (Montefringillae), die fid) durdy ihr ,,ind ! indf !" von weitem verrieten. Nachdem wir deren mehrere geſchoſſen , zogen wir ab. Nun hatten wir zwar Hoffnung, noch vor einbrechender Nacht das Jalomiķa-Thal zu erreichen , allein wir ſaben uns plößlich vor einem ſteilen Abhang, der den Marſd hemmte. Nach kurzem Conſilium beſchloſſen wir - es war eigentlich nichts anderes möglich - durch den Bac hinabzuſteigen, der ſich von hier über Stock und Stein in die Tiefe ergießt. Da wir vermuten konnten, er werde
der Jalomißa zufließen, war er uns zudem ein Wegweiſer. An gefährlicheren und ſchwer paſſierbaren Stellen kroch einer von uns voran und nahm dann Flinten und Gepäck
Knieholz trifft man in den Karpathen häufig. Das
zehn Meter über den Boden hinſtredt. Die äſtigen Stämme
lagern nun elaſtiſch und ſehr dicht übereinander, ein faſt undurchdringliches Dididyt bildend. Wir befanden uns jeßt nod; zirka 2050 m. hoch, in einer Einſenkung, gebildet nördlid, durch die beiden Hauptgipfel des Buccecci (Dmu! und Caraiman), im Südweſten durch einen waldbewachſenen Gebirgswall, der die Waſſerſcheide bildet zwiſchen Trans ſilvanien und der Walachei. Gegen vier Uhr Abends
gelangten wir an die ſchon erwähnte Jalomißa, ein klares Gebirgswaſſer, welches am Buccecci ( ſpeziell am Dmul) entſpringt, einen ſüdſüdöſtlichen Lauf hat und, nachdem es eine Strecke weit den Diſtrikt Ilfov (mit Bukareſt) be
grenzt, mit der Prahowa vereinigt, fid in die Donau ergießt. Wir zogen das linke Ufer entlang ſtromaufwärts, um nach einem Dorfe Sfit zu gelangen, woſelbſt wir in dem dortigen Kloſter die Nacht zubringen wollten. Um ſonſt hofften wir eine Brücke zu entdecken , die uns nady
dem jenſeitigen Ufer brächte; ein Brett, welches wir zufällig
umſtellten Plaß aus und entſchieden uns dafür, die Nacht
fanden, wurde an eine Stelle geſchleppt, wo das Flüßchen fic in zwei ſchmale Arme teilt und durch zweimaliges Ueber werfen des Brettes gelang uns das Hinüberkommen. Bei einbrechender Nacht langten wir in Sfit an und gewannen den Weg nach dem Kloſter Beſchtera. Dieſes liegt in einer großen Felshöhle, etwa 120 m. über dem Fluſſe. Das Gebäude iſt ein altes, baufälliges Bretterhaus, mit einem
hier unter Gottes freiem Himmel zuzubringen . Das meterhohe Gras wurde abgeſchnitten und hingebettet. Mit
hölzernen morſchen Türmchen, in dem ein Glödklein hängt. Als wir ankamen, wurden wir von den drei anweſenden
Stöcken und Aeſten umſchloß man den Plaß und ſchaffte
Mönchen -- die übrigen befanden ſich auf Bettelreiſen -
in Empfang, welches ihm
der andere an einem Strice
nachließ . Immerhin fehlte uns der Humor nicht einen Augenblick; allein es war bereits fünf Uhr Abends und
es ſtand außer Zweifel, daß wir unmöglich vor der Nacht ins Thal gelangen können. Daher forſchten wir in der Nähe des Badhes einen geſchüßten, von hohen Tannen
Ausland 1886 , Nr. 3 .
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Fußreiſe über den Buccecci. Von Bukareſt bis nach Terzburg.
zuvorkommend empfangen. Man wies uns eine Wohnung an, die einem der Kuttenmänner als Behauſung zu dienen chien. Die Wände ſind aus Lehm , verraucht und die ganze Wohnung jah außerordentlich dürftig aus. Das Bett beſtand aus einer mit Kleidern und Lappen bedeckten
Pritſche, als Kopfkiſſen ſollte ein Bündel Zwiebeln dienen . Wir machten uns das Lager ſo bequem, als es fich thun ließ, und da wir müde waren , ſchätten wir uns glüdlich, wenigſtens eine Stätte gefunden zu haben , wo wir das Haupt hinlegen konnten. In der Früh beſichtigten wir die Höhle, die in einem Durchmeſſer von 15 m. hundert Schritte weit in den Fels
hinein ſich ausdehnt und ſich dann zu einem Lode ver engert, aus dem ein friſches Bächlein quillt. Man kann
ſidy durch dieſe Deffnung hineinzivängen und gewahrt dann wieder einen weiteren Raum , der viele Tropfſteingebilde aufweiſt. Die Grotte ſoll ſich, nach wahrſcheinlich unzu : verläſſigen Angaben der Mönde, in einer Kurve unter dem Buccecci hinziehen . Unmittelbar vor der Verengerung der Höhle ſällt dem genauen Beobachter eine Schicht foſſiler Knochen auf, die hier in den Jurafalt eingebettet liegen . Nun verſäumten wir auch nicht , der Morgen andacht der Mönche beizuwohnen , die in nichts anderem beſteht, als einem Gebimmel, welches durch Aufichlagen zweier Eiſenſtäbe auf die Toaca (ein eiſernes Klopfbrett)
unter der Fidytenwaldung, die den ſüdöſtlichen Teil des Omul bekleidet, eine Schäferei. Ein wilder Bach , der ſid hier von dem Gebirgswall nad ungariſcher Seite zu in die Jalomika ergießt, führt eiskaltes Waſſer, was auf cine hochgelegene Quelle ſchließen läßt, die wahrſcheinlich auch das Bächlein ſpeiſt , welches durch die Kloſtergrotte rieſelt. Von hier an führt ein Fußweg bergan , den wir auch einſchlugen , weil wir eben jenen Gebirgswall über: ſchreiten mußten, wenn wir nach Terzburg gelangen wollten. Um aber die Höhe raſcher zu erklimmen , wichen wir vom Wege ab, was ſich in der Folge bitter rädyte. Bereits auf dem Gipfel angelangt, wurden wir eines Hirten an : ſichtig, von dem wir einigen Aufſchluß zu erlangen hofften, in welcher Richtung wir nun unſerem Ziele zuſteuern dürften. Der Nomade wagte ſich jedoch nicht in unſere Nähe, ob wir gleid alle Ueberredungskunſt aufboten , ſondern gloßte uns mit großen Augen an. Seid ihr Kräuterſammler ? " fragte er uns. „ Was thut ihr denn hier ?" Wir gehen ſpazieren.
„ Ja, aber wer bezahlt euch denn ? " Daß man
Vergnügens halber eine ſolde Bergfahrt unternehmen fönne, wollte ihm nidyt einleudyten ; es war aber heute aud) wirklich wenig Vergnügen Sabei. Der Hirte wollte uns weder begleiten noch uns zu ſeiner Wohnung führen ; dodh erfuhren wir von ihm von einer Vama, einem Zoll amte, das ſich hier in der Nähe befinde; wir machten uns
Da nur höcyſt ſelten ein Touriſt -- Tous
alſo in der von ihm angedeuteten Ridytung auf, froh bald
riſten im Sinne des Wortes gibt es hier eigentlich nicht - in dieſe Gegend gerät , der den Mönchen einen „ Back
das ungemütliche waladhiſche Terrain verlaſſen zu können . Plöblid) fing es wieder zu regnen an . Das hatte uns noch gefehlt ! Wir hatten kurz zuvor die Waldregion
erzeugt wird.
ſchiſch “ zuführt, ſind dieſe genötigt, vom Bettel zu leben. Ihre Hauptnahrung beſteht daher aus Mamaliga und Zwiebeln . Ebenſo tief wie die leiblidhe, ſteht die geiſtige
Anſpruchsloſigkeit dieſer Mönche.
Von der Außenwelt
faſt gänzlich abgeſchloſſen, fühlen ſie kein Bedürfnis, als notdürftig zu vegetieren. Der Hauptmönch, Senior oder was für ein Attribut id dem Dberprieſter dieſes Bettel
kleeblattes beilegen ſoll, erkundigte ſich nad dem Befinden des Souverains ſeines Vaterlandes und war wie aus den
Wolken gefallen, als wir ihm mitteilten, daß der jeßige rumäniſche Herrſcher König Carol I. ſei. Daß dieſe Mönche weder leſen nod; ſchreiben, werde ich kaum zu beſtätigen brauchen. Bei unſerem Abſchied machten wir ihnen unter
anderem eine Portion Kaffee zum Präſent, worüber ſie ſehr glücklich waren und uns unter rührenden Segnungen entließen. Wie gut dieſelben angeſchlagen, ſollten wir innerhalb 24 Stunden erfahren . Nachdem wir uns mit eiskaltem Waſſer der Falomița gewaſchen, ſchritten wir den „ Weiler“ hinunter, der aus einer primitiven Sägmühle und einem öde feiernden Schafſtall beſteht , um den ſid)
einige Bauernhütten gruppieren. Zwanzig Minuten wan derten wir im Bette der Jalomiķa abwärts (wo wir geſtern Abend hinaufgekommen waren). ) Das Waſſer hat hier kein ſtarkes Gefälle und durchfließt eine milde, vor Wind und Wetter geſchüßte Landſd)aft. Wir fanden einige weidende Pferde und bemerkten im Hintergrunde
überſchritten , und entſchloſſen uns nun kurz und gut zum
Rüdzug, um unter den Tannen Shuß zu ſuchen . Nebel und hereinbrechende Dämmerung (dienen zu wetteifern um unſer Verderben.
Die Lage wurde drohend ; mein
Kollege fing bereits zu hüſteln an und ſelbſt die Alpen roſen, die uns am Wege blühten , übten keine Anziehung aus. So eilten wir denn tief ins Didkidt, ohne natür lich vor den Regenſtrömen Sduß zu finden. Wir dritten an die Erridtung eines Notzeltes : das zu dieſem Zwecke
mitgenommene Leintuch wurde mittels Stricken an vier
Tannen ſo befeſtigt, daß es ein ſchräges Dach bildete. Unter dieſes lagerte man ſich. Ich zog den Rock aus, der durch ſeine wäſſerige Schwere die Bewegung der Arme hinderte, und ſchaffte Holz herbei, indeſſen mein Freund nad wohl einer Stunde und nachdem er fich beinahe heiſer gepuſtet, die naſſen Späne in Flammen ſeşte. Das
Feuer brannte jeßt und wurde, nachdem es den Boden auf kleinem Umkreis getrocknet , zur Seite geſchoben , und mein Leidensgefährte fauerte ſich nun auf die ausgedörrte Stelle hin. Ein Strid , der unter dem Leintuch von einem Baum zum andern gezogen wurde, diente zum Aufhängen
der Kleider. Ich ſchaffte eine für die Nadyt hinreichende Menge Holz auf Lager. Wir hatten Hunger und Durſt und
machten uns daher ans Kochen, nur fehlte uns das Waſſer zum Kaffee, und eine ſinnreiche Einrichtung mußte helfen,
Fußreiſe über den Buccecci . Von Bukareſt bis nach Terzburg. die id) zu Nuß in ähnlichen Lagen nicht verſchweigen will . Am unteren Rande befeſtigte man eine Schnur und an dieſe ein Töpfchen , welches vermöge ſeiner Schwere das
Leintuch anzog , daß es eine Rinne bildete, durch welche der Regen längs der Schnur ins Gefäß hinabfloß, das ſich dann auch außerordentlich raſch füllte. Der Kaffee ſchmedte gerade nicht fein, da das Waſſer vom Rauch ein fades und widerliches Bouquet erhielt, ließ ſich aber trinken. Es gibt Fälle, in denen man außerordentlich genügſam wird.
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recht abfallende Felspartie aus vulkaniſdem Geſtein ; Granit, Gneis und Hornblende geben dieſer Fluh nach Süden zu ein glaſiertes und geſchliffenes Ausſehen. Die Gebirgsformation beſteht der Hauptſache nach aus Kalk,
dem der Karpathenſandſtein untergeordnet iſt; tiefer im Gerölle findet ſich Schiefer (Mergelſchiefer ).
Weil von der rumäniſchen Seite kein Weg die Rich tung durchs Gebirge bezeidynet, iſt die Tour auf den Buccecci eine äußerſt mühſame und bildet einen empfind
Mein Freund ſtreckte ſich nun zum Schlafe am Feuer
lichen Gegenſaß zu den Verhältniſſen , unter denen wir
hin ; ich ſollte ſeine Träume bewaden und ihm die Füße zurückſchieben , wenn ſie dem Feuer zu nahe glitten. Es war eine ſaubere Nacht ! Hier oben in einer Höhe von beiläufig 2000 m. , bei einer Temperatur von 100, dazu durchnäßt bis auf die Haut. Ich machte mich daran, die Flinten zu reinigen und neu zu laden, damit wir dem etwaigen
jekt vom ungariſden Zollamte aus weiterziehen, denn
Beſuche eines neugierigen Wolfes zu begegnen in der Lage ſeien. Kaum hatte ich durch dieſe Zubereitung der Waffen den Teufel an die Wand gemalt, ſo kam er auch. Unverwandt (daute ich nach dem finſteren Gebüſche, aus dem mir zwei
hier hebt die Kultur an.
Ja es gibt kaum etwas gegens
fäßlicheres, auffallenderes, als der Unterſchied zwiſchen den Gebirgslandſchaften des Burzenlandes , die wir nun vor
uns haben, und den walachiſchen Bergen hinter uns. Haben auch die größeren Städte Rumäniens und beſons ders Bukareſt ſich außergewöhnlich raſch entwickelt und große Fortſchritte gemacht: bis in die Provinzen oder gar bis ins Gebirge ſind Rumäniens Kulturbeſtrebungen noch nicht gedrungen , ſelbſt die kleineren Städte im
gierige Augen unheilvoll entgegen blißten. Ich rüttelte
Inneren des Landes machen keinen beneidenswerten Ein
mit der einen Hand den Schläfer auf, mit der anderen zum Revolver greifend. „Siehſt Du bort den Kopf im Didicht? Ich ſtand auf -- man wird meine Offenſive
druck ; überall in der Provinz, im Thal wie im Gebirge, ſtellt ſich der Verfall bar. Ohne agrikulturelle Kenntniſſe nüßt dem Landmann der fruchtbare Boden nichts, und der
bewundern – und rückte der Gefahr näher. Die Beſtie
Bauer friſtet ſein Daſein auf ſo troſtloſe Weiſe wie der
bewegte ſid, nicht und ſdien einen Angriff meinerſeits zu erwarten . Wären es nicht zwei im Widerſdeine des Feuers glänzende Waſſertropfen geweſen , jene Augen
Hirte im Gebirge, nur genießt dieſer zu ſeiner Mamaliga
würden ſidy unter der Wirkung meiner Kugel geſchloſſen
durch Tannen und tiefer durch Laubwaldungen abwärts.
haben.
Links und rechts wohlgepflegte Abhänge, die in Parzellen geteilt, einen freundlichen Eindruck machen . An umzäunten reinlichen Schäferhütten vorbei gelangten wir an den Terzbach. Es war bereits dunkel geworden und wir konnten die beiden Dörfer nicht mehr beſuchen, die wir
Um ſechs Uhr Morgens, als ich ſelbſt noch einen
Schlaf gethan hatte, ſchnürten wir unſere Bündel. Das Wetter war günſtig. Wir überſchritten die Waſſerſcheide zwiſchen der Walachei und Ungarn und erreichten gegen Mittag das ungariſche Zollhaus Vama Stringa. Unſere
Päſſe wurden ohne Anſtand viſiert und nach kurzer Raſt konnten wir den Marſch fortſeßen.
Den leßten Ausblick auf die ,,Walachiſden Karpathen" benußen wir zu einer kurzen Ueberſid )t. Wir befinden uns auf dem Grenzgebirge 1910 m. hoch. Im Nordoſten die Höhen des Buccecci, im Süden feine abſinkenden Aus läufer zwiſchen den Niederungen der Jalomißa und Dim bovika, im Weſten die Fogaraſcher Gebirge, im Norden
reinere Luft und geſünderes Waſſer.
Wir gelangten, einem
ordentlichen Pfade folgend,
paſſierten. Mit übermütiger Laune und mit gerechtem Stolze die Strapazen der leßten Tage beſprechend und belachend, kamen wir gegen 11 Uhr in Magyariſd - Terzburg (Brán) an . Es gibt im Orte zwei Wirtshäuſer. Da in dem
einen angeblid „alles beſeßt" war , verzogen wir uns in das andere. Auch hier nahm man uns höchſt mißtrauiſch auf. Unſer Ausſehen ſchien nicht zutrauen erweckend, ob
gleid) wir den Polizeimännern unſere Päſſe vorgelegt und durch die Erzählungen unſerer Fahrten den dürftigen
die Hochthäler des Burzenlandes. Wir ſtiegen alſo von
Standpunkt unſerer Toilette begründet hatten. Die Polizei
Sinaia im Prabowa-Thale auf über den Caraiman, dann in den Keſſel, gebildet durch dieſe Spiße und den zweiten etwas höheren Hauptgipfel des Gebirgsſtodes Omul, deſſen
ſuchte uns wohl umſomehr zu beanſtanden, als wir uns der ungariſchen Sprache, die ſie von Amtswegen zur Ronver ſation für allein gültig zu halten ſchien, nur mangelhaft
Südabhang folgend wir ins nördliche Jalomiķa- Thal ge
bedienten. Doch ſpeiſten wir gut und erhielten als Schlaf zimmer die mit einem großen Bett verſehene, einzig dis
langten.
Das Buccecci-Gebirge verwandelt ſich dieſem
Thale zu in eine milde, wald-, gras- und waſſerreiche Alpentrift, wie überhaupt die Südpartie eine gemäßigtere iſt und nackte Felſengruppen faſt ausſchließlich der Nord feite zu fich zeigen. Nur unterhalb des Caraiman in der
Nähe einer Schäferei (Stina) bemerkt man eine faſt ſent
ponible Gaſtſtube angewieſen. In aller Frühe machten wir uns auf, um von einem am rechten Ufer des Terzbaches gelegenen Berge aus einen Aſpekt der Landſchaft zu gewinnen und aus der Vogelperſpektive das Schloß zu beſichtigen, in welches uns
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Eine Fußreiſe über den Buccecci . Von Butareft bis nach Terzburg. hatten wir einen
kurzem Zeitraum das Anſehen der Großmädyte zu erringen
Grat von beiläufig 400 m, erklommen und das Fernrohr
und fich eine Stellung im Welthandel zu erwerben ver:
nach der Tiefe geridytet, als drei ungariſche Milizen an
mocht ; es iſt dies um ſo höher anzuſchlagen , als der
der Eintritt veripehrt wurde.
Raum
ſtiefelten, um uns die Päſſe abzuverlangen, trokdem wir
Heidytum des Landes durch die Hoſpodarenwirtſchaft ver
ſie geſtern Abend zweimal vorgewieſen hatten. Den Ge
geudet war. Aber die Wohlthat des Fortſchrittes kommt bislang einzig dem Städter zu gute. Geht man aufs
brauch des Fernrohrs bezeichnete man uns als Lurus und bedeutete uns, als der Spionage verdächtig, den Abmaridy zu beſchleunigen .
Es iſt überflüſſig, über den Ort Terzburg näheres mitzuteilen, unmöglich viel neues zu ſagen , da ſeine geo graphiſche und politiſche Lage, ſowie feine geſchiditliche Bedeutung hinlänglich Popularität gewonnen haben. Gegen wärtig iſt Terzburg, in einem ſich hier ſehr verengenden Thalkeſſel gelegen und links und rechts von ſteilen Höhen
Land, jo bieten die Dörfer einen betrübenden Anblid . Die Wohnung des Landmanns iſt ein Loch, ein erbärm
liches Geflecht, in welchem ſich die bitterſte Armut mit ihren erniedrigenden Folgen darſtellt. Faſt nadte Kinder eſſen mit ihren Eltern aus Einem Geſchirr die trockene Mamaliga.
Sie fönnten es beſjer haben, wenn ihnen die
Induſtrie zu Hülfe fäme. Aber ob der Bauer auch im
eingeſchloſſen, als Fortifikation gegen Rumänien hin von
Soweiße ſeines Angeſidits arbeite, ſo vermag er dem Boden doch nidyt mehr abzugewinnen, als was jener von
großer Wichtigkeit. Die alte romantiſche Felſenburg iſt in eine Feſtung verwandelt und über die Bergrücken beider ſeits des Thales ſind Verſchanzungen und Befeſtigungen
heut auf morgen braucht, und das meiſte, welches der vortreffliche Humus aus ſich ſelbſt gebiert , das reißen fremde Ausbeuter um Spottpreiſe an ſich und führen es
angelegt, die den Paß hinreichend beherrſden . Wir wollten heute Kronſtadt noch erreichen.
über die Grenze, darum auch der Argwohn und das Miß Weil
ſich keine Fahrgelegenheit bot , mußten wir Schuſters .
Rappen benußen. Durch eine blühende, maleriſche und geſegnete Landidaft führt uns eine wohlgebaute Straße durch das ſiebenbürgiſche Dorf Roſenau unſerem Ziele zu . Man braucht nidit aus Rumänien zu kommen, um den Schmuck und die Stattlichkeit deutſch -ſiebenbürgiſder Dörfer
trauen, welches der rumäniſche Bauer den fremden An : ſiebelungen, den deutichen Koloniſten entgegenbringt. Von den 12 Millionen Pogonen vorzüglichſten Ader landes in Rumänien liegt die Hälfte brach und lohnt
beſten Falles als Schafweide; aber auch die bebauten Felder debnen ſid meiſt aufs Geratewohl aus und fönnen von einem Augenblick zum Wandern von der Sonnenglut
und Weiler anzuerkennen. In allen ſiebenbürgiſchen Grenz
ausgetrodnet oder von Waſſerfluten überſdywemmt werden.
dörfern und auch in Kronſtadt ſelbſt iſt zwar das nach: barlich walachiſche Element vertreten, jedoch auf ein Ertra Quartier verwieſen und vermag den Eindruck nicht zu
Alſo hängt das Wohlergehen des Bauern und folgerichtig aud, das Wohl des Städters und des Staates vom Wohl
ſtören, trägt als Vergleichsobjekt vielmehr dazu bei, das
wollen des Zufalls ab. Die Mild ) , aus der ſid Butter und Käſe bereiten ließe , die mit den Erzeugniſſen des
Auge des Beſchauers günſtig zu beeinfluſſen, wie ſchließ lich aus meiner kurzen Schilderung überhaupt nichts anderes hervorgeht, als die Darſtellung der Gegenſäße
Auslandes konkurrieren könnten, ſollte ein Hauptnahrungs mittel des Gebirgsbewohners ſein , allein er iſt in ihrer Verwendung nid)t weiter als der alte Dacier. Daß der
einerſeits verwahrloſter und andererſeits florierender pro:
Bauer im Verſtändnis ſeiner Händearbeit und ſeiner Lebens :
vinzieller Kulturverhältniſſe. Wer es der Mühe wert achtete, den Skizzen zu folgen ,
Sdywäde des Landes und den Notſtand , der ſich mit
welche dieſe Beſchreibung ihm bietet, der wird mir am
Ende ſagen, daß ihm die ländlichen Zuſtände Rumäniens faum ſo unvorteilhaft ſcheinen konnten , wenn er den in
allen Zeitungen geprieſenen rapiden Aufſchwung im Lande in Erwägung zog . Es liegt eben hier eine große Kluft
weiſe ſo weit zurück iſt , das bedingt die ökonomiſche wenigen Ausnahmen durd) alle Provinzen erſtreckt. Hätte Rumänien von dem vielen Gelde, von der koſtbaren Zeit, von den menſdylidhen Kräften , die es zu zweifelhaften Kombinationen und zwedloſen Streitigkeiten
verbraudyte, etwas mehr auf Hebung der Volfsbildung
zwiſchen der geſchriebenen Ziviliſation, dem theoretiſchen
verwandt, wäre etwas weniger geredet und etwas mehr
Staate und der materiellen Lage des Landes. Es ſcheint, als ob die rumäniſchen Staatemänner mehr daran dächten,
Wohlſtandes im Lande , die ſicher kommen wird, bereits
die Wände des politiſchen Gebäudes ſo prächtig als möglich
auszuſchmücken, und dabei den Grundveſten des Gebäudes
gehandelt worden , ſo könnte die Zeit des allgemeinen angebrochen ſein . Rumänien wird ſid, immer mehr beben auf national
zu wenig Aufmerkſamkeit (denkten, ſo daß ſie die Fäulnis
öfonomiſchem Gebiete zur Ausbeutung ſeiner mannigfaltigen
nicht bemerkten , die ſid, dort hie und da doon angeſept
Naturprodukte ; dann wird auch der Touriſt, tvelder vom
hat.
geſegneten Prahowa- Thale aus über die blühenden Alpen ins Burzenland binunterſteigt, ein zwar weniger ertras vagantes, aber ein erfreulicheres Reiſebild entrollen können.
Es wäre Thorbeit, den Fortſchritt nicht anerkennen
zu wollen, den das junge Königreich vorzüglich in den leßten zwei Dezennien, nämlich ſeit der Thronbeſteigung
des Hohenzollern, aufzuweiſen hat.
Kein anderer der
kleineren Staaten Europa's hat ſich in ſo verhältnismäßig
Voni Rio Grande zum Popocatepeti.
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Eine Reiſe durch Mexico von Nord nach Siid.
ſicht auf reichen Gewinn nicht lange aus, und mögen auch viele der Minen in die Hände von Engländern und an deren übergegangen ſein, die Arbeiter und Beamten find
Von Ernſt v. Heiſe-Wartegg.
doch Creolen und Indianer. Zacatecas hat deshalb ſeinen
Pom Rio Grande zum Poporatepetl.
III.
nationalen Charakter vollſtändig gewahrt, und in wenigen Städten ähnlicher Größe wird man fo viel und ſo reines
In der Sierra Fria.
mericaniſches Volksleben ſehen wie hier. Es iſt in der Selbſt bei einem kurzen Aufenthalt in Zacatecas oder den anderen Minenſtädten des Hochplateau's, wie z.3 B. in Guanajuato, wird man ſich gar bald unbehaglich fühlen. Guanajuato liegt an 11,000 Fuß, Zacatecas zwiſchen 8000 und 9000 Fuß über dem Meere. Die Nächte ſind eifig kalt, die Winde ſcharf und ſchneidend, die Atmoſphäre von erſtickender Trockenheit. Nach zwei Tagen Aufent halt in Zacatecas waren meine Lippen geſprungen, meine Kehle lechzte nach Feuchtigkeit; das Atmen wird einem ungemein ſchwierig und das allgemeine Mißbehagen ſteigert ſich von Tag zu Tag. Wohl hatte ich ſchon vor Jahren
einige Tage in höher gelegenen Minenſtädten, wie z. B. Leadville im Staate Colorado, zugebrad )t, aber doch war mir der Aufenthalt dort nicht ſo beſchwerlich und erdrüdend
That eigentümlich , mit welcher Zähigkeit die Leute hier an Reboſo und Serape, an den Lederjädchen, ſeitlich auf
geſchlißten ledernen Reithoſen und Sporen feſthalten. Zaca tecas zieht ſich auf ſteilen , hohen Berghängen hinan, ähnlich wie Cagliari oder Roccabruna oder andere italieniſche Städte – die Straßen gehen bergab und -auf - Wagen und Pferde ſind abſolut nicht zu benußen, ja es ſind kaum ein halbes Dußend Reitpferde in der ganzen Stadt zu finden. Dennod ſtolzieren die Caballeros durch die Stadt in ihre Bureaur mit engen Lederhoſen und Sporen wie
Schubkarren groß, als wären ſie eben vom Pferde geſtiegen . Und dod liegt ihr Haupterwerb, ihr Hauptgeſchäft unter der Erde in den engen, dunklen Minenſchächten. Ueberall in der Stadt, an den Berghängen hinauf ſieht man die Schutt
geworden wie hier. Leadville wird nämlich von einem
halden , ja mitten in dem Häuſergewirr ſtößt man auf
Kranz ſchneebedeckter Berge umgeben, es beſikt viel Waſſer,
Schmelzwerke, Minenlöcher und Stampfmühlen. Bis auf den heutigen Tag wurden nicht weniger als tauſend Millionen Dollars Silber aus den Minen von Zacatecas
und der Feuchtigkeitsgehalt der Luft iſt viel bedeutender. Zacatecas und das ganze Hodiplateau von Merico bis an
den Fuß des ſchneebedeckten Zwillingspaares Popocatepetl
allein gewonnen ; aber all’ das Geld wanderte nach Spanien,
und Iztaccihuatl befißt nur wenige über die Schneegrenze hinausragende Höhen - es gibt deren in Merico im ganzen nur fünf.1 Dazu geht es im Norden in die ge ſchilderten waſſerloſen Sandwüſten und Steppen über. Die trođenen Winde, welche, von dort kommend, über das Hoch plateau ſtreichen , wirbeln ſchwere Staubmengen aus dem Minenſchutt um Zacatecas auf, und verleiden dem Frem:
nach England -- weiß Gott, wo ſonſt hin, und in Zaca:
den den Aufenthalt .
Man trägt immer einige Drangen
und Zitronen bei ſich, um gelegentlich daran zu ſaugen, und gewiß hat die übergroße Najchſucht der Mericaner,
ihre Liebhaberei für Süßigkeiten, Bonbons u. dgl., auch ihre guten, durch die atmoſphäriſchen Verhältniſſe beding ten Urſachen . In Zacatecas und Guanajuato werden die
tecas ſelbſt blieb nichts davon zurück. Die Stadt iſt arm , die Bevölkerung, größtenteils aus jenen Peons beſtehend, die allerdings dem Namen nad) aufgehört haben, aber heute noch wie zuvor für 3 Realen pro Tag, alſo etwa anderthalb Mark , in den Minen arbeiten !
Außerhalb der Stadt Merico und der nächſten Um= gebung iſt eben in der großen Republik alles noch beim Alten geblieben. Ja jogar jeßt noch, nachdem der alte Rieſenkörper durch die Eiſenbahnen neue Pulsadern er halten, bequemten ſich die Leute ſchwer an den neuen
Stand der Dinge. Die Eiſenbahn nach Merico war ſchon feit Monaten vollendet, und für den Poſtdienſt bereit,
unglaublichſten Mengen dieſer von den mericaniſchen Frauen ſehr geſchickt und ſchmachaft zubereiteten Leckereien
dennod ging die Poſt noch immer wie zur Zeit des ſpaniſchen Schlendrian in den früheren Jahrhunderten nach
vertilgt. An jeder Straßenecke, unter den Arkaden, auf den hodyintereſſanten bunten Märkten, fißen eine Anzahl
San Luis Potoſi und von dort per Diligence nad Merico ! Id hätte es nicht für möglich gehalten ! Die Eiſenbahnfahrt von Zacatecas nach Merico dauert
dieſer Dulce-Händler und machen vortreffliche Geſchäfte in Limonaden ; Naranjaden und andere Fruchtwaſſer, in großen, poröſen Urnen aufbewahrt und durch die Ver dunſtung ſtets fühl erhalten, werden ebenfalls in großen
Quantitäten vertilgt. Man fühlt ſich ſo durſtig, wie ein Cactus .
Fremde halten es in dieſem Silber-Paradieſe unges
achtet des großen Ertrages an Edelmetall und der Aus 1 Der Popocatepetl 17,720 Fuß hoch, der Orizaba 17,020 F. , der Iztaccihuatl und Nevada de Toluca je über 15,000 F., der Colima über 11,000 F.
24 Stunden , während die Diligence über San Luis
Potoſi eine Woche Zeit bedarf. So ſind die Zuſtände noch heute ! Briefträger gibt es in ganz Merico feine. Jeder, der Briefe erwartet, begibt ſich von Zeit zu Zeit
auf das Poſtamt, wo lange Liſten mit den Adreſſen der eingelaufenen Briefe ausgehängt ſind. Findet man dar unter ſeinen Namen, ſo verlangt man am Poſtſchalter nach dem Brief. Monate vergeben, bevor man in Merico Antwort auf einen inländiſchen Brief erhält. Die Brief tare zwiſchen benachbarten Städten iſt doppelt ſo groß,
Vom Rio Grande ziim Popocatepetl.
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wie jene nad Europa oder Auſtralien , ja noch mehr ; es
ſind mir Fälle bekannt, wo Handlungshäuſer, welche Ges ſchäftsbriefe von Vera Cruz aus zu gleicher Zeit nach Chihuahua und nach Indien ſandten, die Antworten auf die leßteren früher erhielten als aus dem eigenen Lande ! In der Nähe von Zacatecas erreidyt die Eiſenbahn bei 9000 Fuß ihre größte Höhe und fällt von dort un merklich nach dem Hochplateau von Anahuac und nady der ca. 7500 Fuß hoch gelegenen Stadt Merico. Die
Route führt über Aguas Calientes, einen reizenden Bade ort, der Hauptſtadt des gleichnamigen Staates, über Lagos, Leon und Queretaro durch fruchtbare, dicht bevölkerte Ge genden mit vielen , zwiſchen üppigem Grün verſteckten Dörfern und Städten.
Wie die Dörfer, ähneln auch die
Städte einander zum Verwechſeln. Ueberall dieſelbe Plaza, dieſelbe Alameda und ſtaubige Baſeo, auf welchen ſich ſtolze Reiter herumtummeln. Ueberall bilden ſchöne, von Kuppeln und Glockentürmen überragte Kirden , mit ver:
ſchwenderiſcher Pradt ausgeſtattet – die wichtigſten Bau werke.
In den Stationen herrſcht mehr Leben.
Die
Eiſenbahnzüge führen fünf, ſechs und mehr mit Paſja gieren gefüllte Waggons, aber immer begleitet ſie eine halbe Rompagnie mit Hinterladern bewaffneter Gensdarmen unter Anführung eines Dffiziers. Ein bischen Geſchäfts geiſt ſcheint in dem Volke doch zu ſtecken, denn obſchon die Eiſenbahnzüge erſt ſeit einigen Tagen verfebrten, waren die Stationen ſchon von unzähligen Weibern und Kindern belagert, welche Dulces, Limones, Limas, Naranjes und
auch ſchon die herrlichen goldgelben Mangos, das ſicherſte Anzeichen der nahen Tropen, feilboten - 20--30 Früdyte für einen Medio, d. h. 25 Pfennige! --- Stüde Zuderrobr, ſüße Cactusſtengel, Biños (Ananas) und Bananen wurden überall in ſchwerer Menge um Spottgeld dargeboten. Jede Stadt ſcheint ihre beſondere Spezialität von Dulces zu haben : Celaya feine Cajetas, d. h. Schächteldhen mit ver füßter, kondenſierter Mild); Silao die föſtlichſten kandier ten Früchte ; Zacatecas verzucerte Cactusſtengel, und in Frapuato kaufte ich am 12. April einen Korb großer, ſchöner Erdbeeren für einige Centavos ! Die Felder ſind hier nidyt mehr durch Steingemäuer
abgegrenzt wie bei den Indianerdörfern im Norden, ſon bern durch den Blättercactus und noch häufiger durch den wie Hopfenſtangen gerade aufſchiebenden Orgelcactus. In
den Feldern ſtehen viele Cactus-Pflanzen, die hier die Höhe und das Ausſehen ſtämmiger Bäume haben. Ueberall durchziehen ſorgfältig unterhaltene Acequias die Felder und das Waſſer wird ähnlich wie in den ungariſchen Steppen aus hohen Ziehbrunnen aus der Tiefe geſchöpft. Mitunter ſind dieſe hoch emporragenden Brunnenſtangen fogar an Bäumen feſtgemacht. Ueberall ſcheint man dem Feldbau ganz ſorgfältige Pflege zuzuwenden, aber immer
eines langen Stabes gelenkt. Wo immer ein Stückchen unbebauten Landes iſt, wuchert auch irgend eine Cactus Art oder vielleicht auch ſchon die Agave in der reichſten Ueppigkeit. Ein zäheres, lebensfähigeres Unkraut als den Cactus wird es fdwerlid geben. Man braucht nur ein beliebiges Stück des Orgel-Cactus abzubrechen und auf
den Boden und ſei es die naďte Straße, zu werfen, binnen kurzem wird es neue Triebe zeigen, Wurzel faſſen und ſich zur blühendſten Pflanze entwickeln .
Selbſt die Agave
hat etwas von dieſer Zähigkeit an ſich. Junge Pflänzlein , auf die Felder geworfen, ſtehen binnen kurzem wieder von felbſt auf und faſſen Wurzel. Der Anblick von Queretaro war uns auf unſerer Fahrt entzogen . Mächtige Rauchwolken qualmten aus
dem Stationsgebäude und hüllten die ganze Gegend in einen erſtickenden Schleier. Wir vermuteten ſchon , die Mericaner hätten die Station in Brand geſtedt, und der Zugführer ließ deshalb halten, während er einen Teil der Gensdarmen vorausſdicte. Eine Anzahl der neben der Station aufgeſpeicherten Baumwollen -Ballen war in Brand geraten. Von einer Feuerwehr, Spriten und anderen
europäiſchen Einrichtungen iſt hier natürlich noch nichts bekannt.
Aber wie ſich die Mohamedaner in der Wüſte
vor ihren Gebeten damit aushelfen , daß ſie ihre Wa ſchungen, ſtatt mit Waſſer, mit Sand verrichten, ebenſo ſcheinen die guten Leutdhen hier Sand und Staub als Löſchmaterial zu benüßen. Und an Staub mangelt es in den mericaniſchen Städten wahrhaft nicht. Ein Anzahl halb nadter Jungens war damit beſchäftigt, die brennenden Ballen mit Straßenſtaub zu bedecken und die Flammen ſo zu er: ſtiden. Aber mit den Ballen kamen auch wir in Erſtickungs gefahr. So fuhr denn der Zug eine gute Strecke über die Station hinaus, um dem furchtbaren Qualm zu ent geben.
Da ich mir hier nur vorgenommen , die Eiſenbahnfahrt quer durd Merico auf einer vollkommen neuen Linie, alſo auf unbetretenen Pfaden, zu ſchildern, muß ich davon abſeben, auf die Städte und das Leben und Treiben in ihnen näher einzugehen. Aber Queretaro, das Grab des
zweiten mericaniſchen Kaiſerreichs, gewährt dem Europäer doch etwas mehr als flüchtiges Intereſſe. Es waren nicht die ſchönen , großen Kirchen mit ihren Ruppeln und Ram panilen , nicht die lauſchigen, mit prachtvollen Blumen: gärten und Palmengruppen gezierten Pläße, nicht die landſchaftlich ſchöne Umgebung, welche mich eine Woche lang in Queretaro feſſelten. Jeder die Stadt beſuchende Europäer dürfte feine Sdritte zuerſt durch die einſamen halb ausgeſtorbenen Vorſtädte im Dſten der Stadt nach bem niedrigen, wüſten Hügel außerhalb derſelben, bem Cerro de la Campaña, lenken, ob don die öde, fahle Höhe
ſteht noch der alte bibliſdie Pflug mit einem ſpißen Pfahl
weder Baum noch Straud aufzuweiſen hat, ein wahres Galgenfeld in der maleriſchen Umgebung der Stadt. Ueber
als Pflugſchare in Ehren. Ein paar Ochſen bilden die
Stoď und Stein führt ein elender, faum merklicher Weg
gewöhnliche Beſpannung , von dem Haciendero mittelſt
aufwärts, um ſich ſchließlich zwiſchen dem Cactus- und
Bom Rio Grande zumn Popocatepeti .
Mezquite-Geſtrüpp ganz zu verlieren. Ein paar Steinwürfe weiter , und icy ſtand vor einem kleinen fünſtliden Plateau von etwa 10 Schritt im Geviert , aus dem nad:
ten Felfen gebrochen . Unwillkürlic, zog ich meinen Som brero vom Ropf, unwillkürlich ſchweiften meine Gedanken zurück in die Zeit des leßten furzatmigen Kaiſerreichs und zu dem ſchwärmeriſchen Fürſten, der dem gekrönten Abenteurer im Tuilerien - Palaſte hier, an dieſer wüſten Stelle zum Dpfer gefallen ! Bis vor kurzem erhoben ſich hier drei kleine Steinhaufen, dem Andenken Maximilians und ſeiner beiden getreuen Generale Mejia und Miramon gewidmet, die ihre Anhänglichkeit an den Kaiſer mit ihrem
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allerhand Werkzeugen und altem Material. Die roh gezimmerten Bretter zeigen noch heute innen und außen tiefdunkle Blutſpuren , und der Sargboden beſitzt zwei runde
Deffnungen, augenſcheinlich dazu beſtimmt, das Blut un gehindert abfließen zu laſſen.
Der Sargdedel iſt mit
Agrikultur-Emblemen bemalt, reiche, ſtroßende Garben,
Schaufel, Haue und Sichel - als ſollten ſie andeuten, daß auch hier ein ſchönes , fruchtbringendes, nüßliches -
Leben dem Senſenmann zum Opfer gefallen war !
Auf dem Wege vom Cerro zurüd nach der Stadt, wollte ich noch dem Veichtvater Maximilians, dem waderen
Tode bezahlt hatten. Drei kleine Steinhaufen, ähnlicy
alten Padre Lerdo, Kanonikus der Igleſia San Auguſtin, meinen Beſuch machen . Als ich die Straße betrat, in
jenen, wie ich ſie ſo häufig in Tunis und den fabyliſchen
welcher ſich das mir von einer früheren Reiſe noch wohl
Bergen geſehen, wo ſie die Stelle von Raub- und Mord:
bekannte, niedrige Pfarrhaus befindet, ſah ich eine tauſend
thaten bezeichnen. Pietätvoll wirft jeder Mohamedaner
köpfige Menſchenmenge davor verſammelt. Jung und Alt,
im Vorbeigehen ein Steinchen hinzu ! Die Mordthaten waren hier wohl auch vorgekommen , aber mit der mericaniſchen Pietät iſt es gar übel beſtellt. Raum ein Kreuzlein hatten ſie den drei Waderen gewidmet! Marimilian
Hod und Niedrig , der Gouverneur des Staates , die
war zur Rechten der beiden Generale gefallen.
gerade einen lateiniſchen Choral. Ueber die Köpfe der Umſtehenden hinweg, ſah ich in der Einfahrt einen Sarg gebettet. Wer iſt das, der ba geſtorben ? frug ich eine idyluchzende Señora. Sie ſah mich mit großen Augen verwundert an, als ob ſie überraſcht wäre, in Queretaro jemanden zu finden, der nicht wiſſe, wer da läge : „ ללEs el
Als er
ſtolzen Schrittes, in voller Uniform zu der Mordſtätte hinanſchritt, wollten Miramon und Mejia ihn in die Mitte nehmen. Aber der Kaiſer nahm den Ehrenplaß nicht an . n
General“, ſprach er zu Miramon gewendet: „Un valiente
debe ser respetado hasta per los Soberanos ; perinitidme , pues, que al morir os ceda el puesto de honor. 4 1 Dann ſtrid) er ſeinen langen, blonden Bart über die Schultern zurück und faltete die Hände über der
Bruſt. Das Kommando „ Feuer" ertönte, und von jedis Kugeln durchbohrt, ſank der Kaiſer tot zu Boden. ... Heute bezeichnet ein kleines, unfertiges Steindenkmal ohne Jnſchrift die Mordſtätte. Der Gouverneur des Staates Queretaro, ſelbſt einer der einſtigen Generale des Kaiſers, hatte es auf ſeine Koſten errichten laſſen , ohne daß die Bewohner von Queretaro dagegen proteſtiert
hätten. Ein einziges ſchwaches Bäumlein mit zwei Dußend
Generale, die armen, in lnmpen gehüllten Indianer, alle zeigten ernſte, betrübte Mienen. Vor dem Eingange ſtan den Prieſter im
vollen Drnate und Chorjungen ſangen
Padre Lerdo, Señor." Die Reiſe von Queretaro weiter nach
der 150 engl. Min. entfernten Hauptſtadt des Azteken reiches führt durch ſdönes, reiches, intereſſantes Land, und die üppige Vegetation, die Wälder und Agavenfelder, die grünen, reich bewäſſerten Thäler, die hohen, ſie einſchließen
den Vorberge der Sierra Madre, ließen mich die ſchmerz lichen Eindrücke von Queretaro bald wieder vergeſſen. Der Eiſenbahnzug war von einem Perſonenwagen
auf ſechs angewachſen , die ſämtlich mit mericaniſchen
aufgeſtellt, ſondern in einer dunklen Rumpelkammer mit
Paſſagieren dicht gefüllt waren - hübſche, zarte, gazellen äugige Mudachas, mit behäbigen, feiſten Müttern, ídlanken, beſpornten Caballeros, prächtige Kerle, den Revolver im Gürtel und den kurzen, breiten Dolch in Lederſcheide an jener Stelle umherſchlenkernd, welche ziviliſierte Leute ge wöhnlich mit ihren Rodſdößen bedecken ; grund -geſcheit ausſehende, ältere Herren in ſchwarzen Anzügen , mit Zy lindern und Augengläſern, gleichfalls den Revolver in der Hoſentaſche; ſtruppige Indianer, nur mit einem Hemde und kurzen, loſen Beinkleidern bekleidet, die durch einen breiten Patronengürtel zuſammengehalten wurden , ein gewal tiger Revolver auch hier ; Hacienderos und Rancheros in engen, ſchellenbeſetten Lederhoſen, kurzem , mit Silber borten reich verbrämtem Lederjädchen und dem gewaltigen, koſtbaren Sombrero auf dem ledern ausſehenden Kopf -
1 General, ein Tapferer muß ſelbſt von Souveränen geachtet
bis 10 Mann Militärbebedung, die außer dem Revolver
Blättern ſteht in der Nähe dieſer hiſtoriſchen Stelle. Ich pflückte ſie, um ſie Freunden in Europa zu bringen , und
ließ oberhalb des Denkmals zwei kleine Cypreſſen pflanzen , die einzigen, die ich in Queretaro auftreiben konnte. Mögen ſie wohl gedeihen, mögen ſie von treuen Händen beſſer behütet werden, als es die Krone Montezuma's und Marimilians war !
Im Regierungspalaſte von Queretaro ſah ich noch eine der wenigen Reliquien aus der Kaiſerzeit: den Sarg, in welchem Maximilian's Leiche vom Cerro de la Cam-
paña nach der Stadt gebracht wurde, und in welchem er bis zur Einbalſamierung blieb. Er befindet ſich nicht etwa in einem Muſeum oder einer Kurioſitätenſammlung
natürlich auch ſie mit dem Revolver bewaffnet. Dazu 30
werden. Erlaubt mir deshalb, daß ich den Ehrenplaß abtrete. i audy noch famoſe Remington -Karabiner und einen Säbel
Bum Rio Grande zum Popocatepetl.
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bahnreiſe zu unternehmen, iſt nicht angenehm, denn man mußte doch alle Augenblicke gewärtig ſein, daß ein oder
derſelben Stelle. Die Hotels, Mejones oder Fondas find überal gleich ſchlecht. Nicht etwa unrein oder nachläſſig gehalten, ſie ſind eben keine Hotels, ſondern viel eher
das andere dieſer Mordinſtrumente losgeht. Die einen liegen, die anderen ſißen darauf, die Revolverhaken und
Fonduks in Marokko und Tunis. In kleinen wie großen
führten.. In einem ſolchen Arſenal eine mehrtägige Eiſen
und Hähne geraten bei einem ſolchen Gebränge in ein ander und daß das Feuerwerk da nicht von ſelber abbrennt, war mir immer ein Rätſel. Bis dahin hatte ich meinen
Stallungen mit ein paar Kutſcherzimmern, etwa wie die Städten ſind etwa vier Fünftel der Bevölkerung verarmt,
zehnjähriger Reiſen in verſchiedenen Weltteilen niemals
ohne erkennbare Erwerbsquelle - aber zu ihrer Ehre ſei es geſagt, das Betteln haben ſie noch nicht gelernt. Es gibt verhältnismäßig ſehr wenige Bettler in Mexico, und dies einfach, weil es keine Reiſenden, keine Touriſten gibt.
bedurft, gleichfalis an mir getragen, aber als ich dieſe
Laſſe' man Merico erſt das Eldorado der amerikaniſchen
Revolver, deſſen ich - Gott ſei's gedankt
während
Handkanonen und Haubißen der Mericaner gewahrte, ſperrte ich mein zierliches Revolverlein erleichtert in die Reiſetaſche. In einer Schießaffaire hätte es mir bei der ſichtlichen Ueberlegenheit der Gegner doch kaum etwas genügt ! Die Revolver ſcheinen bei den Mericanern etwa mit
derſelben Harmloſigkeit betrachtet zu werden , wie bei uns
Spazierſtödchen oder Uhrſchlüſſel.
Ein Haciendero ohne
Sporen wie ein Schubkarrenrad und ohne Revolver wie
eine Haubiße, wäre eben kein Haciendero. Er ſteckt ſidy augenſcheinlich den Schießprügel mit derſelben Koketterie in den Gürtel, mit welcher ſich die ſchwarzäugigen, zarten Señoritas aus ihrem reichen Haarſchmuck die ſpaniſchen
flachen Lödden in die Stirne drehen , und wahrhaftig, iſt nicht ſo manches der leßteren gefährlicher geweſen, hat es nicht viel häufiger ſein Opfer in's Herz getroffen als der große, dicke, wuchtige Revolver ?
Sonntagsreiſenden werden, dann wird der mericaniſche
Plebs mit derſelben Geſchmeidigkeit das Bettelhandwerk erlernen, wie der ſpaniſche, der darin Meiſter iſt. Nicht ohne Schauber denke ich an Burgos, Sevilla, Sant Jago de Compoſtella und andere Hidalgoſtädte zurück, und hier in Mexico gab ich mich mit einem Wohlbehagen und einer Freude dem , Sight Seeing “ hin, die ich mir großenteils durch die Abweſenheit dieſer ausſäßigen, ſchmierigen, zu dringlichen, lernäiſchen Bettler -Schlange erklärte. Wie viele Touriſten -Herkules hat ſie in Spanien don getötet ! Von Tula aus führt die Eiſenbahn auf einem an
6000 Fuß hohen, von tief ausgewaſchenen Schluchten oder Barrancas zerriſſenen Hochplateau weiter der Hauptſtadt
entgegen. Stattliche Ranchos und Feudalburgen ähnliche Haciendas mehren ſidh; auf den weiten Ebenen find Hun:
derttauſende von Agaven gepflanzt, und wo keine Agaven ſind, weiden vielföpfige Viehheerden. Die Barrancas ſind in
Mit einem derartigen Ranchero an meiner Seite,
der Regel durch ſtarke, hohe, noch aus der ſpaniſchen Zeit
und den Knauf ſeines Sdhießprügels bei jedem Stoß des Waggons in meiner Hüfte ſpürend, legte ich den Weg
ſtammende Diques oder Steindämme der ganzen Breite nach abgeſperrt, um die reißenden Hochfluten der Regenzeit auf zuhalten, und ſo ein mitunter ſeeartiges Reſervoir für die fünſtliche Bewäſſerung der Felder mittelſt Acequias wäh rend der trockenen Jahreszeit zu ermöglichen . In der Nähe von Huehuetoca, nur mehr einige dreißig
nach Tula , der einſtigen Hauptſtadt des Toltekenreiches,
zurück.
Weldh' fruchtbare, wohlbebaute, dicht beſiedelte
Gegend ! Zahlreiche Städte und Dörfer auf dem Wege, von üppigem Baumwuchs umgeben und überhöht von den Ruppeln und Türmen ſchön gebauter Kirchen. Jedes noch ſo ärmliche Dorf beſißt Kirchen, die ebenſo gut in unſeren
europäiſchen Großſtädten durch ihre Schönheit und reiche Ausſchmückung Aufſehen erregen würden - die einzigen Ueberbleibſel einer einſt ſo mächtigen , reidhen, heute voll
ſtändig gebrochenen Prieſterherrſchaft. Dorf und Stadt ſind aud) bier ganz nach ein und
demſelben Plane angelegt, nach einer und derſelben Manier gebaut ; eine Einförmigkeit, die ſich nicht nur in Mexico,
ſondern auch in Zentral-, Nord- und Südamerika in ganz dergleichen Weiſe offenbart. Die Minenſtädte Guanajuato und Zacatecas auss
genommen , deren Häuſer und Straßen die Berge entlang
engliſche Meilen von der Hauptſtadt entfernt, fuhren wir
in eine dieſer tief in die Berge geriſſenen Schluchten ein, längs der weſtlichen , ſteil abfallenden Thalwand auf etwa zwei Drittel Höhe dahineilend.
Die finſtere, an 200 Fuß
tiefe Schludit durchſchneidet die Berge in einer Länge von 12 Meilen. Kahl und von Regenbächen zerriſſen , ſtürzen die Thalwände hinab, unten für einen reißenden Fluß Raum laſjend - eine kleine Ausgabe des Colorado-Cañons
oder des Grand Cañon des Arkanſas- Fluſſes bei ſeinem Durchbruch durch die Felſengebirge – 1500 Meilen weiter nördlich. Doch wie kommt es, daß da drunten, in dieſer unzugänglichen Tiefe ſo viel Mauerwerk vorhanden iſt ? Starfe, mehrere Fuß dide, meilenlange Mauern, Wöl
bungen, Pfeiler? Was hat da unten gebauſt ? Woute
und in tiefen Thälern ganz pêle-mêle zuſammengeſchau felt liegen, iſt eine Stadt das Porträt der anderen , im vergrößerten oder verkleinerten Maßſtab, je naddem. In kleinen Städten kleine Plazas im Stadtmittelpunkt, in
zeit ? Ich ſah, daß einige der Mitreiſenden ihre Hälſe zum
großen große Plazas . Jn kleinen Städten die Alameda und der Paſeo geradeſo wie in großen, und zwar ganz an
Fenſter hinausſtredten und hörte die Worte : Nociſtengo und Dejague. Wäre es möglid ?
man die Schluchtwände ſtüßen , vor dem Zuſammenſturz bewahren ? Iſt es eines der Riefenwerke aus der Azteken :
Geographiſche Neuigkeiten
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Ich erinnerte mich an die Schilderung der großar
Vorfiß von Lord Derby in England ſtattfand, äußerte ſich
tigen ſpaniſchen Entwäſſerungsverſuche des verſumpften Thales von Merico, die Humboldt in ſeiner ,, Essay poli tique sur la Nouvelle Espagne" liefert, und wahrhaftig, dieſe großartige tiefe Schlucht, dieſe Mauern ſind vollſtändig das Werk von Menſchenhand ! Hunderte von Millionen, viele Tauſende Menſchenleben hat dieſer unglüdliche A6 zugskanal gekoſtet, ein Rieſenwerk, das ſich an Großartig feit mit irgend einem anderen vergleichen läßt. Die Ru: inen von Balbeck und Luyor, die Pyramiden, der Suez fanal, hatten keinen größeren Eindruck auf mich hervor: gebracht als dieſe Deſague von Nochiſtengo, die man für
Mr. Tupper, der canadiſche Generalagent bei der eng liſchen Regierung, folgendermaßen :
,,Die Lage unſerer Finanzen iſt ſo günſtig, daß troß
Seitenſtück zu dieſen genannten größten Werken aller
der ungeheuren Unterſtüßung, welche unſere Regierung zur Vollendung der transkontinentalen Eiſenbahn zugeſichert hat, unſere öffentlichen Laſten zur Verzinſung der Staats: ſchuld ſeit 1879 um 40,000 Litrl. abgenommen hat. ,,Sie werden mich vielleidyt fragen : warum wir der Geſellſchaft der canadiſchen Pacific-Eiſenbahn 25 Millionen Acres Land und 11 Millionen Lítrl. gegeben haben ? „Ich antworte, daß es für Canada und für das Reich ſelbſt von der ungeheuerſten Wichtigkeit war, daß wir, die wir die Hälfte des großen amerikaniſchen Feſtlandes be fißen, auf demſelben auch leichte und vor allem raſche Verkehrsmittel herſtellten , welche uns erlauben, der ganzen Welt den Zugang zu unſeren 200 Mill. Acres fruchtbaren Landes zu eröffnen . Dieſe Ländereien enthalten den Neft der großen produktiven Zone von Nordamerika. Wir waren ferner der Anſicht, ein Nationaliverk von dieſer ungeheuren Bedeutung müſſe von Anfang an auf einer
Zeiten !
ficheren und unbeſtrittenen kommerziellen Baſis beruhen,
ein Jahrtauſende altes Werk der Natur, aber nicht für einen durch Menſchenbände geſchaffenen Kanal halten würde ! Dreitauſend Millionen Kubiffuß Erde und Felſen mußten
hier von Menſchenhand ohne Maſchinen ausgehoben wer: den, alſo bei weitem mehr, als beim Bau des Suezkanals und faſt ebenſo viel als beim Kanal von Panamá. So bildet denn der Durdidhnitt von Nochiſtengo an Groß artigkeit, wenn auch nicht an Nüßlichkeit, ein würdiges
Und kaum ſind wir aus dieſer künſtlichen Barranca
herausgefahren, als wir auch ſchon den Ausblick auf das
Thal von Mexico und die zwei unſagbar ſchönen, maje ſtätiſchen Bergrieſen erhalten, die dieſes Thal nach Süd oſten begrenzen : Der ſteile, ſchlanke, wie der Aetna aus
damit es genügende und befriedigende Vorteile für die Kapitaliſten bringe, welche ihre Fonds in dieſem Unter
nehmen anlegen würden . Wir haben die Weisheit unſerer Politik in dieſer Richtung idon erprobt. Wir ſind vor
einigen Wochen imſtande geweſen, eine ganze Batterie
dem Hochplateau emporſteigende Popocatepetl und der lange , ungleich ſchönere, ſchneebededte Bergrüden der Mujer blanca, der „ weißen Frau “, des Iztaccihuatl, wie
Artillerie binnen drei Tagen von Montreal nach Winni peg zu befördern und damit das zu leiſten, was Lord
er auf alt-aztefiſch heißt. Bis an die 18,000 Fuß über
innerhalb drei Monaten nicht zu vollbringen vermochte. ,,Unſere transfontinentale Eiſenbahn wird nicht nur die wunderbaren Hülfsquellen Canada's mit voller Schnellig
dem Meere ſteigt der Popocatepetl empor, jein weißes, ichneeiges Haupt hoch über den Wolfen. Zu ſeinen Füßen breitet ſich die alte Hauptſtadt des Aztekenreiches aus. Noch wenige Minuten Fahrt und ich war in Mexico, um zwei Wochen darauf auf der Spiße des Popocatepetl, der
Wolſeley troß aller Wunder und Energie im Jahre 1870
feit entwickeln, ſondern auch London den ganzen Orient und Japan um 1000 e. Min. näher rücken, als es ver
höchſten Erhebung des Kontinents von Nordamerika, zu
hältnismäßig auf dem Wege über New-York und San Francisco geſchehen kann. Und wer vermag zu ſagen, ob
ſtehen !
unter gegebenen Verwidelungen, welche über kurz oder Die Eiſenbahn von El Paſo del Norte bis
lang einmal in Europa auftauchen können, die britiſche
Mexico iſt mittlerweile eröffnet und dem Verkehr übergeben
Regierung nicht bald ſehr froh ſein wird, den Kanal von
worden – eine Strede von 1230 Meilen.: Pulmann Hotel- und Schlafwagen verkehren zwiſchen der Hauptſtadt Zentralamerika's und der Hauptſtadt der Vereinigten Staaten über 4000 Meilen von einander entfernt ! Und wie lange wird es dauern, ſo ſind auch Nord- und Süd amerika durch eine Eiſenbahn miteinander verbunden.
Suez zur Aufrechterhaltung anhaltender und ficherer Ver bindungen mit Japan, China, Indien und Auſtralien ent
-
behren zu können ? "
Von anderer Seite her leſen wir in einer canadiſchen Zeitung über denſelben Gegenſtand: ,,Die Wichtigkeit der canadiſchen Pacificbahn, wenn ſie erſt einmal vollendet iſt, wird für England mindeſtens
ebenſo unberechenbar ſein, wie für ſeine große Kolonie Canada. Ihre unmittelbare Wirkung wird darin beſtehen ,
Geographiſde Neuigkeiten.
daß fie, infolge der erleichterten Zufuhr von Hülfe, den
* Die canadiſche transkontinentale Eiſen
Armeen oder Hülfstruppen in Canada, Auſtralien, Indien
bahn. In einer Verſammlung, welche fürzlich unter dem 1 Die Diſtanzen ſind in dieſen Aufſäten durchwegs in eng liſchen Meilen angegeben .
und allen Kolonien des fernen Drients, ſowie der engli
ſchen Marine auf den Stationen im Stillen Dzean, in Auſtralien, Indien und China, weit mehr Stärke und
58
Geographiſche Neuigkeiten .
Wirkung verleiht. Man hat geſehen , welche Erleichyte
neun Monaten wurde die Station weiter feſtlid berlegt
rungen ſie bereits der Regierung bei der Unterdrüdung
und es geſtalteten ſich hier die Verhältniſſe bereits ſehr
des indianiſchen Aufſtandes im Nordweſten geleiſtet hat,
ungünſtig. Auf der weiteren Erpedition wurde Kayſer
welder ohne ſie eine höchſt ernſte Sadie hätte werden
vorausgeſandt, ſtarb aber im Oktober 1882 am Fieber. Am 19. Dezember wurde wieder aufgebrochen und im
fönnen.
Die Geſamtlänge der Bahn von Montreal aus
beträgt 2870 e. Min . Sie verläuft überall auf engliſchem Gebiet und ſteht in Verbindung mit den Eiſenbahnen im Oſten der Vereinigten Staaten . Im Jahre 1870 brauchte
man 95 Tage, um Truppen von Toronto nad Winnipeg, eine Strecke von 300 Lieues, zu dicken, um den erſten Aufſtand der Meſtizen zu unterdrücken . Im Frühjahr 1886 wird der Erpreßzug der canadiſchen Pacificbahn in neunzig Stunden von Montreal nach Vancouver gehen und zweiundeinhalbmal die Strecke zurücklegen, zu welder man im Jahre 1870 95 Tage gebraucht hatte. Die Paſſa giere und Pädereien von London werden auf dieſe Weiſe und auf dieſem Wege in dreizehn oder vierzehn Tagen nach den Küſten des Stillen Ozeans gelangen . Man wird binnen fünf Tagen Truppen, Munition und Schiffsmanna ſchaften von Halifar nach dem Stillen Ozean idyaffen , ohne britiſches Gebiet zu verlaſſen . Britiſch -Columbia und
Februar Karema am Tanganjika-See erreicht. Dr. Böhm wurde verwundet, während Reidard vom Fieber befallen wurde. Nach der Forſchungsreiſe an die Kongo-Quellen brady die Erpedition Ende 1883 wieder auf, entdeckte,
nachdem Katanga erreicht, den Upunba -See, worauf Rei dyard, nadidem Böhm am 27. März 1884 geſtorben , allein nach Katanga zurückging, mit den Negerſtämmen viele Kämpfe zu beſtehen hatte und nach 7 Monaten über den Tanganjika -See ſich wieder nach Dſten wandte, und über Sanſibar nach Europa zurückkehrte. Die auf dieſer Reiſe berührten Völker teilt Reichard in fünf Hauptvölkergruppen ,
von denen die der Küſte zunädiſt Menſchenfreſſer ſind. Von Ugogo bis zum Tanganjika -See wohnen die Wanja mueſi, auf dem jenſeitigen Ufer die Marnugu und dieſen verwandte Stämme, die Watank und Waſanka. In ſeinem
Vancouver Inſel, welde bisher ohne Sdut geweſen ſind,
weiteren Vortrage ſchilderte Reichard eingehend den Wanja mueſi-Stamm . Derſelbe ſpricht die Banda -Sprache und
werden fünftig gegen einen fremden Angriff leicht verteidigt werden können, und der große Seehafen Esquimalt wird
Häblichkeit aus . Sie ſchlagen ſid an den oberen und
eine Flottenſtation erſten Ranges werden. ,,Die Pacificbahn -Geſellſdaft beabſichtigt, eine Bahn linie nach einem der Häfen von Neu -Sdyottland oder am Kap Breton zu erbauen, was die Ueberfahrten von Liver: pool nach Vancouver auf 11 Tage reduzieren wird, aus : genommen für die Truppen und Kriegsmunition, welche wahrſcheinlich einen oder zwei Tage mehr erfordern wer: den. Die Geſellſchaft wird ferner eine Dampferlinie auf
dem Stillen Ozean zwiſchen ihrem Endpunkt und China und Japan einer- und Auſtralien und Neu - Seeland andererſeits errichten. Auf dieſe Weiſe werden die Reiſen den Japan in 30 und Hong-kong in 36 Tagen erreichen .“ (G. g. )
* Vortrag des Afrika - Reiſenden Reidard . Im großen Saale des Kaiſerhofes in Berlin hielt am
zeichnet ſich wie auch die anderen Stäinme durch abſchreckende unteren Schneidezähnen die mittleren Ecken aus und tragen
an den Schläfen zwei įdwarz tätowierte Streifen. Was den Charakter aller Neger anbetrifft, jo bezeichnet er den: ſelben als deußlid ), ihr Seelenleben völlig arm ; ſie haben ganz abſtrakte Begriffe von der Sprache und können Er:
lebtes und Geträumtes nicht unterſcheiden. Sie lügen mit und ohne Abſicht, ſtehlen und ſind zur Schließung von Verträgen nur mit Gewalt heranzuziehen. Blutsbrüder ſdhaften erregen oft die größten Streitigkeiten. Sie ſind feige, und nur Ausſicht auf Beute und ein energiſcher
Führer kann ſie zum Siege bringen ; ihre Habſucht wird nur durch Sinnlichkeit übertroffen ; ſie beſißen einen boden: loſen Aberglauben und arbeiten nur, um nicht Hungers zu ſterben. Eltern- und Kindesliebe ſind ihnen fremd und ſie zeigen nur eine tieriſdie Anhänglichkeit. Ebenſo herrſcht
Dienſtag den 15. v. Mts., Abends, der Afrika -Reiſende
zwiſchen Mann und Weib keine pſychiſche Liebe. Die Kin
Reichard einen hochintereſſanten Vortrag über ſeine mehr als fünfjährige Entdeckungsreiſe. Beginnend mit dem Zwed der Reiſe, das Gebiet zwiſchen Tabora und dem
der werden oft für Waren verhandelt und für ein Stück Zeug von 5-6 Mark Wert dahingegeben, um Schulden zu tilgen. Ihm , Reidard, ſelbſt wurde in Katanga von
Tanganjika -See zu erforſchen , wurde von der Afrikaniſchen Geſellſchaft und dem Könige der Belgier eine Erpedition ,
einer Braut der Bräutigam für wenige Mark zum Kauf angeboten. Anhänglichkeit kennen ſie gar nicht, und iſt
welche aus Herrn v. Sdöber als Leiter , Dr. Bohm als
man ſtets gewärtig, verraten zu werden. Laſten vermögen
Zoologen , Dr. Kayſer als Aſtronom und Herrn Reichard als Volontär zuſammengefekt war, im April 1880 von Berlin abgeſandt, die nach einmonatlider Reiſe und an derthalbmonatlichem Aufenthalt in Zanzibar nad dem
ſie wie ein Eſel mit größter Geduld und bis zu einer un glaublichen Sdywere zu ſchleppen. Den Ackerbau betreiben Mann und Weib gemeinſchaftlicy, wobei ſich der Mann ſtets in vollem Waffenſdymud befindet. Sie beſtellen
Inneren Afrika's aufbrach. Nach 14 Tagen wurde Ta
den Ader im Anfang November bei Eintritt der Regen
bora erreicht und nach weiteren 7 Tagen in Kakoma eine
zeit und leiſten dann Frohndienſte bei den Häuptlingen.
Station errichtet, von wo Herr v. Scöber nach Verlauf eines Monats wieder nach Europa zurückkehrte. Nach
Zwei Monate ſpäter beginnt die Maisernte, nach welcher ſich die Männer bei dem angeborenen Wandertriebe an
1
Litteratur.
die Küſte als Träger werben laſſen. Jagd und Fiſchfang betrachten ſie als eine läſtige Arbeit. Die Hauptarbeit haben die Weiber zu verrichten ; ſie beſorgen die Ernte, dreſchen , reinigen das Korn, ſtampfen Mehl, bereiten die
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wonnen werden könnte. Die Landesprodukte beſtehen haupt ſächlich aus Kaffeehirſe, Reis, Bananen, Honig, Wade . Von Haustieren werden vornehmlid) Schafe und Ziegen (St. P. Her. ) gezogen .
Speiſen, machen Bier und bauen die Hütten. Die Mädchen reifen ſehr ſchnell heran und gebären oft idon im Alter von 10—12 10-12 Jahren Kinder. Die Männer rauchen gern, meiſt Tabak und Hanf. Ihre Hauptvergnügungen beſtehen
in Tanz, einer Art Contretanz und Reigen, wozu Trom meln, Gefang und Händeklatſchen den Takt geben . Bei jedem Geſang fungiert ein Vorſänger, und der Chor fällt dann ein. Die Melodien ſind einfach, aber oft wunders idhön, namentlich im Chor und verraten eine gewiſſe Ent widelung der Harmonielehre. Beſonders Einzeltänze, bei
Litteratur. * Die Tlinfit - Indianer. Ergebniſſe einer Reiſe nach der Nordweſtkiiſte von Amerika und der Behringſtraße von Dr. Aure! Irauſe. Mit einer Karte , vier Tafeln und 32 Illuſtrationen . Jenia , Herm . Coſtenoble , 1885. 420 S.
Die Bremiſche „ Geo :
graphiſche Geſellſchaft“ , welche bekanntlich , durch freiwillige Bei träge aus allen Fireiſen der Nation unterſtüßt, die erſte deutſche
Nordpolfahrt, die Erpedition nach Oſtgrönland (1869-70 ), zu ſtande brachte, ferner die Forſcher Dr. Finſch und Dr. A. Brehm
denen nur die Schultern bewegt werden und alle anderen
1876 eine wiſſenſchaftliche Reiſe nach Weſtſibirien unternehmen
Glieder ſich ruhig verhalten ſind elegant. Die Vielweiberei iſt bei ihnen zu Hauſe. Der Mann hat an die Eltern der Braut eine beſtimmte Summe, die in Kupfer, Ningen oder Vieh beſteht, zu entrichten, die aber wieder zurückverlangt wer: den kann. Stirbt eine Frau, ſo kann der Mann deren
ließ , entſandte im Jahre 1880 die Doktoren Arthur und Aurel Krauſe in das Gebiet der Tlinkit - Indianer, zu deren Studium ſich den Reiſenden in der Handelsſtation Tjchilfut die günſtigſte Gelegenheit darbot.
Während des Winteraufenthaltes auf dieſer
Medizinmänner geheilt oder verpfuſcht; Klyſtiere und Schröpfen werden oft angewendet, ſowie das Heilen ge
Station beobachteten ſie die Indianer bei ihren häuslichen Ver richtungen , wohnten ihren Feſten und Zeremonien bei und lernten auf kleineren und größeren Ausfliigen alle Niederlaſſungen des Tſchilkut-Stammes kennen . Der Winter von 1881 auf 1882 war von außergewöhnlicher Strenge und langer Dauer : 3 1/2 Monate hindurch waren die Reiſenden von der Außenwelt vollkommen
Das
abgeſchnitten. Die Reſultate ihrer Beobachtungen liegen in dem
Sdweſter als Erſaß fordern . Krankheiten werden durch
brochener Glieder durch Anlegen von Schindeln.
Merkivürdigſte iſt die Blatternimpfung mit menſchlider
obengenannten Werfe vor, das einen ſehr wertvollen Beitrag zur
Lymphe, die ihren Urſprung in Udichidſchi am Tanganjika See haben ſoll. Bei Todesfällen erheben ſie ein Rlagegeheul und werfen die Leichen in den Wäldern den Hyänen vor, nur die Häuptlinge werden begraben. Jeder Sterbefall wird auf Zauberei zurückgeführt; fält jemand im Kampf, ſo ſoll die Untreue des Weibes daran duld fein. Sie
ethnologiſchen Forſchung bietet. Je mehr die Naturvölker, bei denen der ruhige Gang der Entwidelung durch die Berührung mit
leugnen das Weiterleben nach dem Tode, opfern jedody
den Manen der Verſtorbenen . Das Klima bezeidynet Reichard in Dſtafrika bedeutend günſtiger als in Weſtafrika, da hier die Malaria nicht ſo verheerend wie dort herridt. Aud iſt dieſe Krankheit nicht als in Sumpfgegenden vor: herrſchend zu bezeichnen , da beiſpielsweiſe Ugogo ſehr trođen iſt und dort der Malaria wegen eine franzöſiſche
der Ziviliſation jäh iinterbrochen worden iſt, allerorten einer ſchnellen Umwandlung und Entartung oder ſelbſt völliger Vernichtung eni gegenſehen, umſomehr hat die Wijjenſchaft die Pflicht, dafür zu ſorgen, daß wir eine genaue Kenntnis jener noch vorhandenen
Reſte ausſterbender oder entartender Völfer bekommen , da ſpätere Jahrhunderte ſich vergeblich bemiihen wiirden, das von uns Ver jäumte nachzuholen. Bezüglich der Tlingit Indianer haben hier zwei tiid )tige Forſcher eine lange vorhandene Lüde in vortrefflicher Weiſe ausgefüllt. Die erſten beſtimmten Nachrichten über den von den Tlinfit bewohnten Niiſtenſtrich , d. h . die Nordweſtfiiſte
von Amerika, zwiſchen dem 54. und 60. Grad n . Br. , ſtammen aus dem Jahre 1741 , in welchem die jog . dritte große famtſchatki
iche Expedition unter dem Befehle des Dänen Vitus Behring zur
9118fiihrung fam , deren Ziel die Aufſuchung des amerikaniſchen
Station hat aufgegeben werden müſſen. Das Waſſer iſt faſt überall ſehr gut. Die Temperatur-Schwankungen ſind
Nontinentes war. Ihre unmittelbaren Reſultate waren gering, nicht ſo die Folgen , welche ſich an ſie kniipſten. Spaniſche, eng.
enorm ; in Katanga z. B. verzeidunete Reidard bei Sonnen aufgang 0,50 C., am Mittag 340 im Schatten. Man
die Nordweſtkiiſte 1792–94 aufnahm , fand keine viel zahlreichere
kennt nur drei Jahreszeiten : Die Regenzeit von Oktober
Bevölkerung des Gebietes vor als die ietige iſt. Mehr wie 8-10,000 Seelen diirfte das ganze Volt der Tlinkit ſchwerlid)
liſche und franzöſiſche Entdeckungsfahrten folgten, Vancouver, der
bis Mai, die fühle von Mai bis Juli und die beiße und
zählen . Dieſe geringe Bevölferung iſt auf einen Stiiſtenſtrich ver :
trockene Zeit von Juli bis Oktober. Eine üppige tropiſche
teilt , deſſen Ausdehnung in gerader Linie, ungerechnet der über aus reichen Gliederung, der deutſchen Oſtſeeküſte von Memel bis Kiel gleichkommt. Durch gleiche Sprachen und durch gleiche
Vegetation findet man nur an Flußufern, ſonſt überall trođenen Wald. Das Land iſt wenig fruchtbar. Der
Sitten und durch lebhaften , wenn auch nicht immer freundſchaft.
Boden enthält Sandſtein und Granit, am Tanganjika- See Glimmers und Thonſciefer.
Von Metallen wird viel
roter Eiſenſtein gefunden, in Katanga Kupfer, auch ab und zu Rohle. Die Wälder liefern nur ein idyledytes Nußholz; Kautſchuk findet ſich überall in großer Menge. Von der Oſtküſte bis Tanbora wächſt die Acacia fistula ,
aus der Gummi Arabicum in großen Quantitäten ge
lidhen Verkehr unter einander ſtellen ſich die Tlinkit als ein ein heitliches, von den Nachbarſtämmen wohl unterſchiedenes Völfchen dar . Der Name Tlingit, mit welchem ſich die Eingeborenen ſelbſt bezeichnen , bedeutet ſoviel wie „ Leute " , von den Kuſſen werden die Tlinfit Kaljuſch , Kaloſch oder Koloſch genannt von den Amerifanern
kurzweg wie alle Eingeborenen Natives oder Indians.
Das
ganze Volk zerfällt in verſchiedene Stämme, deren jeder ſeine feſten Niederlaſſungen und ſeine ganz beſtimmten Jagd- und
Litteratur.
60
Fiſchereigebiete hat. Krauſe hat ſolcher Stämme 13 feſtgeſtellt, mit deren Lebensgewohnheiten 2c. er uns aufs eingehendſte bekannt macht. Er fiihrt uns zunächſt die Dörfer, Häuſer und Bewohner vor, ſchildert das häusliche Leben, Fiſchfang, Jagd und Handel, Künſte und Gewerbe, beſchreibt die Gebräuche bei der Geburt, Erziehung, Verheiratung und beim Tode , die Friedens- und
Kriegsgebräuche, erzählt die Mythen der Tlinkit, macht uns end lich mit dem Schamanismus, den Nachbarvölkern und den Miſſions
und Ziviliſationsbeſtrebungen bekannt. Die 32 Abbildungen ſind ſehr ſauber und anſchaulich ausgeführt; dasjelbe gilt von den vier Tafeln, welche die Haus- und Fiſchereigeräte der Tlingit, die Zubereitung des Fiſchöls, Panzer, Dolche und andere Geräte veranſchaulichen, ſowie von der ethnographiſchen Karte des ſiidöſt lichen Alaska im Maßſtabe von 1 : 2,265,000 . Witten a. D. R.
Dr. Wilh . Beumer.
* Villars, P.: L'Angleterre, l'Ecosse et l'Irlande. Avec 4 cartes et 600 gravures . Paris, A. Quantin , 1886.
Mit
dieſem wahren Prachtwerk führt ſich ein größeres litterariſches Unternehmen : „Le Monde pittoresque et monumental“, ein , welches nichts Geringeres beabſichtigt, als eine Reihe von ähil lichen prachtvoll und gediegen ausgeſtatteten Quartbänden heraus
zugeben, in welchen Land und Leute, landſchaften , Monumental bauten , Volkstypen und Volfsleben von Frankreich, Italien, Ruß land, Spanien, Deutſchland, Deſterreich -Ungarn, der Sdweiz 2c . eingehend geſchildert werden ſollen. Für dieſes großartige und koſtſpielige Unternehmen erweckt der vorliegende Prachtband die
noch Schottland und Irland behandelt, und der Verfaſſer hat
allen ihren Sehenswürdigkeiten, ihren Naturſchönheiten, hiſtori ſchen Denkmälern und ihrem ſpezifiſchen Menſchenleben gerecht zu werden geſucht. Wo wir immer das ſtattliche Buch aufſchlagen , da überraſcht es uns durch ſeine prächtigen 600 Fứuſtrationen und feſſelt unſer Intereſſe durch ſeinen trefflichen, wohlgewählten Tert, welche das Werk zu einer der treueſten und lebendigſten Beſchreibungen von England, Wales, Schottland und Jrland, zu einer wirklichen Bereicherung der Landesknnde von Groß britannien und Irland machen und verdienen würde, daß das Wert in unſeren Tagen der illuſtrierten Litteratur auch durch eine deutſche Ausgabe unſerem Leſerkreis zugänglich gemacht würde.
Wer je in Großbritannien gelebt hat, wird dieſes Buch als ein wertvolles und willkommenes Andenken an ſeinen Aufenthalt da ſelbſt liebgerinnen und es ſeinem häuslichen Bücherſchat einvers leiben . Wir aber werden in einigen der nächſten Nummern einige Proben der prächtigen Juuſtration und des lehrreichen und an mutigen Textes dieſes empfehlenswerten ſchönen Werfes als Be. lege für das Lob , welches wir ihm zu zollen berechtigt ſind, geben.
r.
* Carl Boď : Jm Reide des weißen Elefanten Vierzehn Monate im Lande und am pofe des Königs von Siam . Deutſche Ausgabe, beſorgt durch Dr. F. M. Schröter.
Mit vielen
Holzſchnitten im Tert, einem Farbendruck und Karte. Leipzig,
eine höchſt anſprechende Schilderung der drei vereinigten König
Den Inhalt des vorliegenden Ferd. Hirt und Sohn, 1885. intereſſanten und lehrreichen Buches bildet die Schilderung der Reiſe, welche der Verfaſſer, ein Norweger, an den Hof des Königs von Siam machte, ſeines dortigen Aufenthalts und der darauf: folgenden Reiſe nach lao. Dieſe beiden Länder ſind uns noch ziemlich unbekannt, denn außer dem Verfaſſer des vorliegenden Vuches waren nur der Engländer General Macleod 1837 und
reiche nach ihrer Natur, ihren Bewohnern in Stadt und land,
ſpäter einige Franzoſen in Siam und in dem für Ausländer bei :
allergünſtigſten Erwartungen, denn die durch ihre gediegenen Prachtwerke rühmlichſt bekannte Verlagshandlung A. Quantin in Baris bietet uns hier in der prachtvollſten und eleganteſten Aus
ſtattung, auf wunderſchönem Papier und in vorzüglichem Druck
ihrem Handel und Wandel, ihrer Induſtrie, ihren Wiſſenſchaften ,
nahe hermetiſch verſchloſſenen lav. Das Buch umfaßt einen Zeit
ihrer Kunſt und deren Denkmälern , ihren landſchaftlichen Schön : heiten, ihren Altertümern, ihrem Volksleben zi. in der anmutigſten Form gemeinfaßlicher Darſtellung dar. Das Buch beginnt mit
raum vom Juni 1881 bis zum Herbſt 1882.
der einleitenden Beſchreibung der Fahrt von Dover nach London und tritt dann ſogleich in die Beſchreibung der rieſigen Weltſtadt ein. Hier lehrt es uns zuerſt die City, die Pulsader des ganzen engliſchen Handelsverkehrs, fennen , fiihrt uns ſodann zu den großen Baudenkmälern der St. Paulskirche und der Weſtminſter
Gut empfohlen
durch angeſehene europäiſche und indiſche Perſönlichkeiten , fand Herr Bod eine freundliche Aufnahme ind bereitwillige Unter ſtiizung von Seiten des Königs von Siam und ſeiner Prinzen und Beamten und ſchildert nun die daſelbſt gewonnenen Eindrücke und gemachten Beobachtungen in jenem Lande lebendig und friſch. Die Siameſen ſind nach ihrer Religion , ihren Sitten und Zu ſtänden eines der eigenartigſten Völker der großen indochineſiſchen
Abtei, den hiſtoriſchen und ſonſtigen Monumentalbauten : dem
Völkerfamilie , haben eine ganz beſondere Halbziviliſation, in welche
Tower, der Bank von England, dem Zolhaus, der Börſe, dem Juſtizpalaſt, den Parlamentshäuſern , den Markten , den Docks ,
ſie nun auch europäiſche Attribute einzuführen ſuchen , und bewohnen
dem Kryſtalpalaſt von Sydenham u . ſ. w. Ueberal verbinden
ſchaftlichen Inſtitute und des Straßenlebens im Oxford- und Regent Street führt uns Herr Villars dann in die Umgebung von
gehört. Alles, was dort dem Auge des Fremden begegnet, iſt im hohen Grade eigenartig und erinnert noch an die Zuſtände, wie Marco Polo ſie vor 600 Jahren in Indochina fand. Dies alles leiht dem vorliegenden Werk ein hohes ſtoffliches Intereſſe, welches noch durch die anziehende Darſtellung und den reichen Bilder ſchmuck bedeutend au Reiz gewinnt, In der guten deutſchen Bes arbeitung und gediegenen Ausſtattung, wie uns das Buch nun vorliegt, darf es des Intereſſes aller gebildeten Leſer ſicher ſein und eignet ſich beſonders auch zu Feſtgeſchenken fiir die reifere
London und deren Glanzpunkte : Greenwich , Richmond, Hampton
Jugend und zur häuslichen Lektiire.
ſich vorzügliche Anſichten in Holzſchnitt und ein eingehender, leba haft anregender Tert, der alles Wiſſenswerte in bündiger Kürze hervorzuheben verſteht, zu einer Auſchaulichkeit, welche den lejer
mitten in die Sache hinein zu verſeken weiß. Nach der Schilde rung des Londoner Weſtend mit ſeinen Miniſterien und Staats
gebäuden, der Theater, Muſeen und Sammlungen, der wiſſen
court, Windſor u. [. w , dann in die alten Städte der Provinz mit ihren beſtehenden Kathedralen und Schlöſſern und ihren Ruinen von Abteien, Kirchen , Schlöſſern 2c. , an die Kiiſte mit ihren Seer bädern und landſchaftlichen Schönheiten und ihrem ganzen eigen artigen Leben. Ganz in ähnlicher Weiſe, wenn auch etwas kürzer, aber mit feinſinniger Würdigung ihrer landſchaftlichen Schön . heiten und örtlichen und volkstümlichen Eigenart werden dann
ein Land, das zu den ſchönſten und fruchtbarſten der Tropenwelt
r.
NeuerVerlag der J.G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart. Riehl, W. H. , Die bürgerliche Geſellſchaft. Achte Auflage. 80. XII und 394 Seiten .
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Drud und Berlag der 3. 3. Cotta'ichen Buchhandlung in Minchen und Stuttgart,
Das Ilusland. fiir Länder- und Völkerkunde, Wodenſchrift für unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der
I. G. Gotta'ſhen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Fahrgang.
Stuttgart , 25. Januar
Nr. 4.
1886.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.– Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. – Manuſtripte und Mezenſione-Exemplare von Werten der einſdlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11, zu ſenden. Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Die Buſchneger in Guiana. S. 61 . 2. Die Europäer in den Tropenländern. (Schluß .) Von A. Woeikoff. S. 64. 4. Ueber die Rechtsbegriffe der Kirgiſen. Von Dr. E. Petri . 3. Kreuz- und Querfahrten in den Vereinigten Staaten. S. 67. 5. Die Wa-Taita in Oſtafrika. S. 71 . S. 70. 6. Die ruſſiſch-zentralaſiatiſche Eiſenbahn. S. 73. 7. Geographiſche Neuigkeiten. S. 76. - 8. Litteratur. S. 78. -
Die Buſchueger in Guiana. Ueberall wo im tropiſchen Amerika nach Etablierung des Negerhandels die Sklavenarbeit eingeführt wurde, erwuchs aus der raffiniert-grauſamen Behandlung, welde die Pflanzer und Sklavenbeſißer ihren ſchwarzen „ Haus tieren " angedeihen ließen, eine wahre Landplage durch die in die Wildnis entlaufenden Sklaven, die Negros cimma
rones (wilde Neger), Marron- oder Buſchneger, welche fengend und plündernd über die Pflanzungen herfielen , dieſe verheerten und die darauf befindlichen Stlaven und insbeſondere Sklavinnen mit ſich in die Wildnis ſdhlepps ten und dadurch ihre eigene Kopfzahl verſtärkten . Bes fanntlich hat die Landplage der Marron-Neger auf Jamaica
ſo große und bedenkliche Verhältniſſe angenommen, daß ſie noch vor Aufhebung der Sklaverei in den britiſchen Kolonien das ganze Gedeihen Jamaica's als Kolonie in Frage ſtellte und die Regierung zu den energiſcheſten Maß regeln gegen die Marrons zwang. Gleichwohl eriſtieren deren auf Jamaica und Cuba noch heute. Aber nirgends war die Landplage durch dieſe entlaufenen Sklaven größer und für die gedeihliche Entwickelung der Kolonie hemmen: der als in Guiana, wo die Buſdyneger noch heute einen großen Teil des Inneren innehaben und ſich dem Vor dringen der Kultur in die Duellgebiete der großen Ströme widerſeßen. Da über die Geſchichte dieſer ſogen. Buſch neger noch ſehr wenig Genaues bekannt iſt, ſo wollen wir dieſelbe nachſtehend nach den beſten engliſchen und holläns
diſchen Quellen in einer kurzen Ueberſicht geben.
Die heutigen Buſchneger, in verſchiedene Stämme
eingeteilt, wie Aukaner oder Auka-Neger, Bonnies oder Bonni-Neger u.ſ.w., leben zunächſt am Dberlaufe der Maro wijne oder des Maroni-Stromes, welcher, aus dem Zus ſammenlauf zweier großer Flüſſe gebildet, bekanntlich der
Grenzfluß zwiſchen dem Holländiſchen Guiana (Surinam) und dem Franzöſiſchen Guiana (Cayenne) iſt. Die heu tigen Buſchneger find Abfömmlinge und Miſchlinge jener obenerwähnten afrikaniſchen Sllaven, welche ſich einſt in
die Wildniſſe des Inneren geflüchtet und dort ihre Unab hängigkeit ſich erhalten haben . Den eigentlichen Urſprung des maſſenhaften Zuſammenlebens dieſer flüchtigen Sklaven leitet man von einem Ereignis her, welches ſchon im Jahre
1663 ſtattfand. Damals wurden die portugieſiſchen Juden, welche ſich in Braſilien niedergelaſſen hatten, durch die Jeſuiten von dort vertrieben , wanderten nach Guiana
hinaus und brachten eine große Anzahl Neger als ihre Sklaven mit. Nun beſtand damals im Holländiſchen Guiana ein Gefeß, wonach die Regierung für jeden eingeführten
Neger eine Kopfſteuer erhob. Um dieſer Beſteuerung zu entgehen , veranlaßten jene portugieſiſchen Juden (welche ſich im Inneren des Landes, in einer Gegend am Suri
nam-Fluß niedergelaſſen hatten, die noch heute die , Juden Savanne" heißt) ihre Neger ſich in den Wäldern zu ver ſtecken, bis die Steuerbeamten wieder weggegangen ſein würden , welche jene Ropfſteuer zu erheben hatten. Die Juden waren der Anſicht, ihre Sklaven würden dann zu gelegener Zeit wieder zurückkehren ; allein dieſe Hoffnung trog, denn faum hatten die armen Schwarzen die Freiheit 10
Aufland 1886, Nr. 4 .
Die Buſchneger in Guiana.
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verſpürt, als ſie ſich auch bemühten, ſich dieſelbe zu erhal ten. Sie zogen daher tiefer in die Wildnis hinein, bauten ſich Dörfer und machten ich „ Roſtäder ", d. h. Gärten und Felder, im Urwalde urbar, loďten die von den Pflanzungen entlaufenen Sklaven aus Surinam an ſich, nahmen ſie bei ſich auf, und wurden bald ſo zahlreich und mächtig, daß ſie den „ Blanken " froßten und gar häufig die nieder
ländiſche und britiſche Kolonie in Guiana mit Krieg und Verwüſtung bedrohten und in Sdrecken ſekten. Die Buſch neger ſpielen daher in der Geſchichte der Kolonie Surinam eine ſehr bedeutende Rolle und ſind eine weſentliche Urſache von der verhältnismäßig dürftigen Entwickelung , welche
feſtgeſeßt hatten, wo ſie noch heutzutage zahlreich vorhan den ſind und abgeſchloſſen von den Bujdnegern wie von
den Indianerſtämmen in völliger Sicherheit in ihren Dör fern leben, aber gelegentlich der Kolonie noch gefährlicher werden könnten, als es dermalen die Buſchneger ſind, mit denen ſie nicht verwechſelt werden dürfen .
Zur Zeit, wo der Vertrag der Kolonialregierung init den Buſchnegern abgeſchloſſen wurde, ſoll die Kopfzahl der leşteren gegen 30,000 betragen haben. Heutzutage ſollen die Buſchneger auf ungefähr 6000 Röpfe im ganzen her: untergeſunken und ihre Zahl noch in ſteter Abnahme begriffen ſein , woran ungeordnete Lebensweiſe, Völlerei,
dieſe Kolonie troß des fruchtbarſten Bodens und günſtigſten
anſteckende Krankheiten und insbeſondere die in Guiana
tropiſchen Klima's genommen hat, wie wir nachher näher
unter der farbigen Bevölkerung ſo allgemein und jo ſdred: lich verbreitete unheilbare Lepra (der Ausſat) iduldig ſein
ausführen werden .
Nach langjährigen blutigen Kämpfen mit ihnen, während deren verſchiedene tapfere und umſichtige Häupt linge aus ihrer Mitte ſich an die Spiße der einzelnen Stämme ſtellten, nach vielen vergeblichen Feldzügen gegen
ſie, welche der Kaſſe der Kolonie und den weißen Anſied lern foloſjale Opfer an Menſchenleben und Eigentum
koſteten und bei welchen die Sklaven von den Plantagen icharenweiſe zu den Buſdinegern übergingen, mußten die Holländer ſich bequemen , die Ruhe derſelben zu erfaufen.
Es wurde durd einen umſichtigen Gouverneur, Crommelin , und den Kommandanten , Jan Nepveu, im Jahre 1760 ein Vertrag mit den Buſdinegern abgeſchloſſen, durd , welchen
dieſelben als ein unabhängiges und freies Volf anerkannt wurden und die Kolonialregierung ſich anheiſchig machte, den Bujdnegern fortan einen jährlichen Tribut an Geld,
Lebensmitteln und europäiſchen Waren zu bezahlen. Da gegen mußten die Buſchneger ſich verbindlich machen, alle ſogen. Marron -Neger oder flüchtigen Sllaven aus Suri nam als Feinde zu behandeln und gegen ein Fanggeld von ſo und ſo viel pro Kopf (erſt von fünf, dann bis zu fünfzig Gulben) an die Militärpoſten oder Behörden ab: zuliefern. Die Buldneger hielten auch erwieſenermaßen dieſen Vertrag getreulich ein, bis die Holländer, ſei es
ſollen.
Die heutigen Buſdyneger leben in einem Zuſtande von Halbziviliſation in Dörfern und ſind in drei Gruppen ge ſchieden, deren jede unter einem Häuptling oder Gran-man ſteht, nämlich einmal in die Amfo-, Auka - Neger oder Aufaner , welche noch 1300 bis 1500 Köpfe zählen mögen und am Oberlauf des Maroni und ſeinen Zu flüſſen von der weſtlichen Seite, beſonders am Tapanahoni, wohnen ; - in die Saramakta : Neger, etwa 2000, am oberen Suriname , und in die Beku- oder Peſu- Neger , auch Matuaris oder Muſingas, etwa 800 bis 1000 Köpfe, am oberen Saramaffa . Zu dieſen kommen noch die Polis gondus oder Poligudos am Zuſammenfluß des Laba und Tapanahoni , von aufſtändiſchen ſchwarzen Soldaten abſtammend, welche ihre Offiziere ermordet und ſich dort
hin geflüchtet hatten. Die Bonni - Neger, welche man gegenwärtig nicht 3
mehr zu den eigentlichen Buſnegern , ſondern mehr zu
den Marrons rechnet, ſind ebenfalls entlaufene Sklaven, meiſt aus dem franzöſiſchen Guiana, und führen ihren Namen nach ihrem erſten Anführer Bonni, von welchem
pflichtungen nicht mehr nachkamen , worauf die Buſhneger
wir weiter unten berichten werden. Ihre Dörfer und Niederlaſſungen liegen am rechten Ufer des Fluſſes Awa oder Lava (Laba) und ſie ſtehen in einem Bundesverhält nis mit den Buſchnegern, von welchen ſie jedoch vielfach unterdrüďt wurden und auch Lebensweiſe und Sprache an:
neue Einfälle machten, um ihren Tribut wieder in Erin: nerung zu bringen. Gerade in dieſer Periode erſtanden auch ihre fühnſten und unternehmendſten Führer, die wir nachher beſprechen werden : Baron, Joli-Coeur, Bonni u. a. m., welche auf's
Köpfe ſtark ſein und verteilen ſich über ſieben Dörfer am oberen Awa. Ihnen zunächſt im Inneren wohnt ein Indianerſtamm , die Sarcolets, mit welchem ſie in ſtetem Kriege leben und von welchem ſich die Bonni-Neger Ge
aus Fahrläſſigkeit, ſei es Habſucht oder Schuld der ſtets raid wechſelnden Gouverneure von Surinam , ihren Ver
genommen haben. Sie mögen dermalen nocy 700-800
neue Scređen und Verheerung in die Kolonie herein :
fangene als Sklaven holen ; dagegen ſtehen ſie mit einer
trugen. Später bewilligte man den Buídnegern gern wieder ihren Tribut, welchen ſie noch bis auf den heutigen
anderen zahlreichen indianiſchen Völkerſchaft, welde zehn .
Tag fortbeziehen, denn man bedurfte ihrer zum Schuß
Tagereiſen weiter flußaufwärts wohnt, mit den Roucouyens,
den Blanken entlaufen waren und ſich in den Wildniſſen
in regelmäßigem Tauſcyverkehr. Bis zur Aufhebung der Sklaverei im franzöſiſchen Guiana war es den Bonni-Negern verboten, den Fluß berabzukommen und die Kolonie zu betreten ; allein gegen
am Oberlaufe der großen Ströme im Innern des Landes
wärtig werden ſie als freie Bewohner auf dem franzöſis
gegen die Marron -Neger oder diejenigen Sllaven, welche
während der Feindſeligkeit zwiſchen den Buſchnegern und
Die Buſchneger in Guiana.
ichen Gebiet betrachtet und gegen die Buſchneger in Schuß genommen . Außer den Buſdinegern und den Bonnis gibt
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es am oberen Tapanahoni noch einen Stamm freier Neger,
wurden die gutmütigen, armen Neger ziemlich glimpflich behandelt und das Entlaufen fam ſeltener vor, ſo daß man eine Prämie von fünf bis zehn Gulden für das Beis
die Akalayuas, welche aus Braſilien entflohen und zil Lande durch das Innere dorthin gekommen ſind. (Wap :
bringen eines Marrons für genügend erachtete. Als aber die milde Behandlung der Sklaven einer raffinierten Grau
päus, ,,Mittel- und Südamerika " , in Stein und Hörſchel
ſamkeit und Brutalität widh , namentlich von ſeiten der ,,blanken " Aufſeher und Direktoren der Pflanzungen, welche dieſe in Abweſenheit der Beſiber verwalteten, als die armen Sklaven, beſonders auf den Zuckerplantagen , ganz der Willkür, Habſudyt, Sinnlichkeit und Grauſamkeit dieſer Aufſeher anheimgegeben, ſchlecht genährt, mit Arbeit überbürdet und beim geringſten Verſehen und oft unſchul dig und nur zum Vergnügen ihrer Peiniger unſäglich miß handelt, ausgepeitſcht und ſogar verſtümmelt wurden, da nahm das Ausreißen der wehrloſen Sklaven überhand und
mann's Handbuch der Geographie und Statiſtik.")
Die Buſchneger ſtehen nun ſchon ſeit langer Zeit mit den Koloniſten in Surinam in beſtändigem Verkehr, lie fern dieſen beinahe alles Bauholz, welches ſie in den Wäl: dern hauen und auf den Flüſſen herunter flößen, und ar
beiten nun (beſonders ſeit der Aufhebung der Stlaverei) auch auf den Plantagen, wo man ſie beſonders zum Fällen
von Brennholz verwendet. Sie erhalten auf den Grenz poſten , namentlich am Maroni, Päſſe von den post-hou ders, ohne welche ſie die Kolonie nicht betreten dürfen , und ſuchen ſich ſo viel wie möglich europäiſd zu kleiden ,
wie ſie auch in der Einrichtung ihrer Hütten und Wob nungen und in ihrer Lebensweiſe diejenige der früheren Sklaven auf den Pflanzungen nachahmen. Sie ſprechen ein ſehr verdorbenes Neger-Holländiſch, ſind ganz ins Heidentum, und zwar in den kraſſeſten Fetiſchismus, zu: rückverfallen , über alle Maßen abergläubiſch und roh, und werden eigentlich mehr von ihren Lukumans oder
Wahrſagern und Zauberern als von ihren Häuptlingen regiert. Alle ſeitherigen Verſuche der Mähriſchen Brüder und der proteſtantiſchen und katholiſchen Miſſionäre, die Buſchneger zum Chriſtentum zu bekehren und zu ziviliſieren, find an ihrer Trägheit und ihrem grenzenloſen Hochmut und Dunkel geſcheitert. Die Einfuhr von Negerſklaven nach Holländiſch -Guiana war anfangs freigegeben, lieferte jedoch nicht den nötigen Bedarf der Rolonie, welche nach der Mitte des 17. Jahr: bunderts einen raſchen Aufſdwung zu nehmen verſprach.
Als aber infolge der maſſenhaften Flucht der Negerſklaven der eingewanderten portugieſiſch -braſilianiſchen Juden von 1663 das Entlaufen der Sklaven allgemeiner einriß und die Zufuhr von ſogen. ,,Süßwaſſer-Negern“, d. h. friſc aus Afrika importierten, nicht einmal den Bedarf deckte, ge
wuchs merkwürdigerweiſe in der gleichen Progreſſion, wie die auf Flucht gefeßten Strafen verſchärft wurden , und die Prämien für die Wiederbejdaffung der entlaufenen
ſtiegen (zulekt von 50 bis auf 200 holländiſche Gulden). Die Strafen, welchen die entlaufenen Neger unterworfen
wurden, waren empörend barbariſch und unterlagen keiner
geſeßlichen Kontrole, denn die vorhandenen geſeßlichen Beſtimmungen wurden nicht geachtet und die armen far bigen Sklaven waren rechtlos. Man findet in den Wer ken von Hartſind, van Kampen, Teenſtra, Wolbers und anderen mehr und in den Rapporten und Notulen der Gouverneure der Kolonie haarſträubende Schilderungen der raffinierteſten , wollüſtigſten Grauſamkeit, mit welcher die Sklaven auf den Plantagen behandelt wurden, und
zwar am unerbittlichſten von ſeiten ihrer Beſiterinnen, nodh gar nicht der Beſtrafung der entlaufenen Sklaven zu gedenken. Jeder Sklave, welcher fich thätlid an einem
Weißen vergriff, mußte eines grauſamen Todes ſterben. Die Strafen für das Entlaufen ſtiegen vom ſogen. ſpani ichen Bock (wo der zu Beſtrafende an Händen und Füßen gebunden, die gekrümmten Kniee ihm durch die gebundenen Arme gezwängt und dann ein Stod unter den Knieen hindurch geſteckt und der in vornüber gebeugter Stellung am Boden kauernde Sklave ausgepeitſcht wurde, bis ihm das
ſchweige denn die durch die Flucht der Sklaven entſtehen :
Fleiſch in Feßen vom Rücken þing) bis zum Abſchlagen eines
den Lücken ausfüllen konnte und die Sklaven im Preiſe ſtiegen, ſo wurde im Jahre 1682 der Holländiſch-Weſtin
Fußes und zum Aufhängen an einem eiſernen Haken, der dem Sklaven an der Lende durchs Fleiſch getrieben wurde und an dem er einen oder mehr Tage hängen blieb, bis er verſchmachtete oder eine mitleidige Schildwache ihm mit dem Gewehrkolben den Schädel einſchlug, um ſeinen Qualen ein Ende zu machen. Ein Uuspeitſchen an ſechs bis ſieben Straßeneden von Paramaribo war noch eine der gelin
diſchen Kompagnie von der Regierung ein Octrooi oder Freibrief verliehen, welcher derſelben das Privilegium der alleinigen Einfuhr von Sklaven verlieh, unter der Bes dingung, daß ſie ſtets den erforderlichen Bedarf der Ros lonie an Sklaven einführe, welcher bei der Erneuerung des Freibriefes im Jahre 1730 auf mindeſtens 2500 Köpfe
deſten von dieſen Strafen, die wir nicht weiter erörtern
jährlich feſtgeſeßt wurde. Die Zahl reichte jedoch kaum
wollen. Gleichwohl aber kam es vor, daß ein Sklave, dem
zur Befriedigung des Bedarfs hin, und mit dem Steigen der Preiſe der Sklaven ſteigerte ſich auch die Strenge und
man zur Strafe für ſein Entlaufen den einen Fuß abge
Grauſamkeit der Behandlung der Sklaven und die Höhe
verbürgte Thatſache, daß ſelbſt die grauſamſten und här:
des Fanggelbes oder der Prämie, welche für das Wieder:
teſten Strafen die Sklaven nicht von den Fluchtverſuchen abſchreckten, ſondern daß das Entlaufen derſelben endemiſch
einfangen entlaufener Sklaven bezahlt wurden. Früher
ſchlagen hatte, noch mit dem Stelzfuß entlief, und es iſt
Die Europäer in den Tropenländern.
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wurde und ganze Pflanzungen in einer Nacht menſchen
Die Europäer in den Tropeuländeru.
leer wurden, weil die Sklaven ihre blanken Aufſeher er:
Von A. Woeikoff.
ſchlugen, die Gebäude in Brand ſteckten und in die Wäl der entflohen , wo ſie bei den Marrons und den Buſchnegern
(Schluß .)
Schuß und Dbdady fanden.
Die Europäer in den übrigen europäiſchen Beſißungen
Hatten die entlaufenen Sklaven und die Buſchneger
in den Tropenländern , ſowie die Weißen und diejenigen,
einerſeits Grund genug zum Groll gegen die Weißen und
welche in den unabhängigen Ländern des tropiſchen Amerika dafür gelten wollen , leiden ebenfalls unter der Tyrannei der europäiſchen Mode (dieſes Wort in einem weiteren Sinne genommen als gewöhnlich), ſeit der Verkehr mit
die Buſchneger Zulauf genug an Ueberläufern, ſo waren andererſeits die Maßregeln, welche von ſeiten der Kolonie gegen dieſe Mißbräuche und Zuſtände ergriffen wurden, ebenſo widerſinnig als verfehlt, namentlich in den Mitteln. Viele Gouverneure ber Kolonie erkannten die Grundurſache dieſes Uebels , welche zumeiſt in der unmenſchlichen Be:
Europa erleichtert iſt. Demjenigen , welcher die Tropen länder in der jüngſten Zeit beſucht und das von ihm Er ſchaute mit den Schilderungen der Reiſenden aus dem 18.
handlung der Sklaven lag und drangen hierin auf Beſſe
und dem Anfang des 19. Jahrhunderts verglichen hat, wird
rung des Zuſtandes der Sklaven, auf Beſeitigung der Mißbräuche; aber ſie reichten damit nicht durch, denn ſie fanden immer eine Dppoſition bei dem ſogen. Rat der Ko
dies der ernſthafteſten Beachtung würdig erſcheinen . Ueberall
wird die Lebensweiſe immer gleichförmiger, die Unter ſchiede, welche früher die Provinzen , die Klaſſen 2 .
lonie, welcher die Gouverneure häufig mit einem nicht ganz
ſchieden, beginnen zu verſchwinden , und die ganze Lebens
ungegründeten Mißtrauen betracytete und in ihnen nur
führung ändert fich nach den Vorſchriften von Paris und
Männer ſah, welche ſich ſo raſch wie möglich auf Koſten
London .
der Kolonie bereichern wollten. Die gewiſſenhaften Gouver
Je mehr die Tropenländer in direktere Beziehung zu
neure brangen daher mit ihren guten Abſichten nicht durch
Europa kommen , deſto mehr ſinken ſie auch unter das
und die ſchlechten und gleichgiltigen Gouverneure ließen
gewöhnliche Niveau, büßen mehrere von den Bräuchen ein, welche dem Klima entſprechend waren, und nehmen
den Mißbräuchen ihren Lauf. Dazu wechſelten überdies die Gouverneure ſo häufig, daß nur wenige Erfahrungen ſammeln oder Maßregeln durchführen oder die weiſen Ab
ſichten ihrer Vorgänger erkennen und verwirklichen konnten. Ferner fehlten den Gouverneuren meiſt die Mittel, um mit Gewalt und Energie gegen die Buſchneger auf zutreten, wenn der Rat der Kolonie ein Vorgehen gegen dieſelben mit bewaffneter Hand beidhloß. Die Militärmacht, welche in der Kolonie ſtand, beſtund aus geworbenen Truppen, dem Abſchaum der Bevölkerung des Mutter landes und den Desperados der benachbarten Länder. Von Diſziplin, Ehre, Tapferkeit und anderen militäriſchen
andere an, die es nidyt ſind.
Auf dieſe Art wird die
Lebensweiſe oft weniger hygieiniſch, weniger dem Klima angepaßt. Die Gewohnheiten, welche mit den europäiſchen Bräuden vertauſcht wurden , ſind im allgemeinen nicht ſehr alt, wie es diejenigen ſind, welche in Europa ver idwinden.
Namentlich verſchwindet die ſogen . freoliſche
Eigenſchaften war bei dieſer regulären Truppe nichts zu
Lebensweiſe, jene Lebensführung, welche ſich während des 17. und 18. Jahrhunderts unter der Herrſchaft der ört lichen Bedingungen, beſonders auf den Antillen und den Maskarenen , gebildet hatte. In dieſer Beziehung muß man das Herunterkommen der franzöſiſchen Kolonialherrſchaft bedauern. Wenn die
finden . Außerdem beſtand noch ein Milizheer, indem jeder Bürger, welcher nicht ein öffentliches Amt bekleidete, be:
Franzoſen Hayti behalten und ihre Eroberungen in Indien ausgedehnt hätten, ſo würden ſie in dieſen Beſißungen
waffnet ſein und im Notfall einem Aufgebot Folge leiſten
eine ziemlich zahlreiche gebildete Klaſſe gehabt haben, die den anderen Tropenländern zum Vorbild gedient und ſehr viel zum Wohlbefinden der in den heißen Ländern leben den Europäer beigetragen hätte. Für den Augenblid ſieht man nicht ein, woher das Heil kommen kann, denn der unter dieſem Geſichtspunkte verderbliche Einfluß Eu
mußte. Dieſe waren aber natürlich nur Handwerker und
Leute aus dem Volke, „ jene armen Weißen ", auf welche man von jeher in allen Sklavenſtaaten als auf eine Art Proletariat herabfah, alſo Leute ohne Bildung und In
telligenz, welche keine Sklaven beſaßen oder wenigſtens kein direktes Intereſſe an der Sklavenfrage hatten und denen man es daher auch nicht verdenken kann, wenn ſie nicht allzu beeifert waren, ſich zum Beſten der Sklavenbeſißer
mit den gefürchteten Buſcinegern herumzuſchlagen, wenn es den hochmögenden Herren vom Rate der Kolonie gefiel, einen Auszug gegen die Buſchneger zu veranſtalten. (Schluß folgt.)
ropa's nimmt noch immer zu.
Ich habe bereits ein Beiſpiel angeführt , welches be weiſt, daß eine europäiſche Bevölkerung in den Tropen fortkommen und ſich fortpflanzen kann, auch wenn ſie eigenhändig den Boden bearbeitet. Das Klima der Mas:
farenen iſt etwas weniger heiß als dasjenige vieler anderen Tropenländer, und das beinahe beſtändige Wehen
des Paſſatwindes und die vulkaniſche Beſchaffenheit des
Bodens machen dieſe Inſeln ſehr geſund. Das tropiſche Amerika liefert uns ähnliche Beiſpiele mit höheren Tema
Die Europäer in den Tropenländern.
peraturen und minder geſunden Klimaten. Ein großer Teil der Bauern, goajiros, der Inſeln Cuba und Porto: rico ſind von ſpaniſcher Abkunft. Auf Cuba befaſſen ſie ſich vorzugsweiſe mit dem Tabaksbau und der Viehzucht ; auf Portorico gibt es wenige Neger und die Weißen be
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den Getreide-Arten und daß es daher keine Jahreszeit gibt, wo der Koloniſt mit Arbeit überbürdet iſt. Gewiſſe Teile der Vereinigten Staaten, beſonders
gegen den Mittellauf des Miffiſſippi und ſeiner Zuflüſſe Dhio und Miſſouri, beweiſen, welche hohe Temperatur die
treiben alle Arten der Bodenkultur.
Europäer ohne Gefahr für ihre Geſundheit aushalten
In der Havana wie in den meiſten Häfen der atlan tiſchen Seite des Mericaniſchen Meerbuſens, von Zentral: Amerika, Columbien und Braſilien, beſteht ein großer Teil der Arbeiter aus Spaniern und Portugiejen. Shre Ar:
können.
beit iſt ſehr hart, die hygieiniſchen Bedingungen , unter denen ſie leben, ſind ſehr ſchlecht, und dennoch dauert die Einwanderung der Europäer fort. Dazu kommt nod , daß unter den ſpaniſchen Provinzen Galicien die meiſten von
dieſen Arbeitern liefert, d. h. eine Provinz, wo der Sommer
Die mittlere Temperatur bes Juli beträgt 250
und darüber, die Sonnenſtrahlen um Mittag fallen dann
beinahe ganz ſenkrecht, und überdies iſt nicht ſelten wäh rend der ſtarken Hiße die Luft ſehr feucht. Und dennod) erntet man im Juli den Weizen und der Mais verlangt
noch wiederholte Bodenbearbeitungen , um das Unkraut auszurotten ; wie denn überhaupt der Juli der vorwiegendſte Arbeitsmonat iſt.
Ganz anders in den Tropenländern, ſogar für die
fehr gemäßigt und kaum heißer iſt als in Süddeutſchland.
Cerealien.
In Portugal ſind es namentlich die Bewohner des nörd
drei bis vier Ernten jährlich von ihnen gewinnen, d. h.
lichen Küſtenſtrichs und der Azoren , die am meiſten aus wandern, und dieſe Länder haben ebenfalls keinen zu
ſeine Arbeit ſo einteilen, daß man niemals zuviel davon hat .
Da, wo es nicht an Regen fehlt , kann man
Die Aderbau -Erzeugniſſe werden verarbeitet durch das
heißen Sommer.
Licht und durch die Wärme der Sonnenſtrahlen, und der
Wenn auch nicht alle Tropenländer für die europäiſche aderbauende Auswanderung empfohlen werden fönnen, ſo vermöchten wahrſcheinlicy doch mehrere eine europäiſche
Menſch braucht dieſe natürlichen Kräfte nur auf eine ver
Bevölkerung mit Vorteil für dieſe wie für die koloniſierten Länder aufzunehmen.
ſtändige Weiſe zu lenken. Die Handarbeit, die er ſelbſt liefert, iſt winzig im Vergleich zu den natürlichen Kräften, welche für ihn arbeiten, und das Verhältnis der menſch lidhen Arbeit iſt in der Abnahme begriffen. Unter ſonſt gleichen Umſtänden muß es in den Tropenländern geringer
Man muß zwei Dinge in Erwägung ziehen : 1 ) Mehrere der gewinnreichſten Kulturen, wie diejenige des Kaffees (auch diejenige der Cinchoneen ) gedeihen vorzugsweiſe nur in
des Menſchen ſtehenden natürlichen Kräfte dort beträcht:
einer gewiſſen Meereshöhe ; 2) in Anbetracht der Vorteile
licher ſind. Wenn alſo der Arbeiter intelligent genug iſt,
des Klima's muß der Menſch in den Tropenländern weit
um die Kräfte der Natur zu lenken , ſo kann er mehr Muße haben. Iſt dies nicht ein unſchäßbares Gut und
weniger arbeiten als in den fälteren Ländern.
ſein als in den fälteren Zonen, weil die zur Verfügung
Ich brauche nicht erſt die Möglichkeit der Afflima:
wird man nicht viele Europäer, ſelbſt unter den that:
tiſation der Europäer in den Gebirgen der Tropenländer zu beweiſen, denn dieſe iſt eine wohlbekannte Thatſache. nur ſehr ſchwach beſiedelten Ländern , wo der europäiſche Aufwanderer leben und gedeihen , wo er den Kaffeebaum
kräftigſten Raſſen des Nordens, finden , welche lieber in Tropenländer als in die Vereinigten Staaten auswandern würden ? Wenn leşteres Land über alle ſeine Konkurrenten den Sieg davon trägt, ſo rührt dies nur davon her, weil es alles gethan hat, um dem europäiſchen Auswanderer
und andere tropiſche Gewächſe für den Verkauf und die
den Zutritt zu erleichtern .
Gleichzeitig fehlt es noch nicht an derartigen öden oder
europäiſchen Getreide-Arten für den eigenen Gebrauch
Es wäre jeßt von bedeutender Wichtigkeit, mindeſtens
bauen könnte. So ſind unter anderem in den Archipelen Süd-Aſiens ein großer Teil der Gebirge von Sumatra, Borneo, Celebes und den anderen Inſeln öſtlich von Java
einen Teil der nach den Vereinigten Staaten und nach Canada gehenden Auswanderung nach den Tropen zu leiten : der europäiſche Aderbau würde alsdann nicht die
(von Bali bis Timor) von einer ſolchen Beſchaffenheit,
Menge der in Amerika erzeugten Getreide-Arten in fold
und in Amerika der Oſtabhang der Andes und weite Ge biete von Braſilien . Die Höhe , von welcher aufwärts der Europäer gut leben könnte, iſt nicht bedeutend, und dürfte im Malayiſchen Archipel und im tropiſchen Amerika chon mit 500 m, beginnen. Das Klima von Buitenzorg bei Batavia, in einer Höhe von nur 279 m ., bekommt den dort lebenden Europäern trefflich. Dabei iſt noch zu bedenken , daß in den tropiſchen Strauch- oder Baumkulturen die meiſten Arbeiten nur im Schatten beſorgt werden , daß die Reife nicht gleichzeitig eintritt, wie in Europa und den Vereinigten Staaten bei
unglückſeligen Proportionen anwachſen ſehen ; das Sinken der Preiſe fönnte gehemmt werden, während Europa mehr tropiſche Erzeugniſſe erhielte, welche keinem der europäi
Ausland 1886, Nr . 4 .
ſchen Ackerbau - Erzeugniſſe Konfurrenz machen würden (die Zuckererzeugung durch die kleine Kultur für den Verkauf in Europa kommt hier nicht in Frage) und die Nachfrage
nach den Fabrik-Erzeugniſſen würde ſteigen. Was würde es noch bedürfen, um die europäiſche Auswanderung nach den Tropen zu ermöglichen ? Es gibt zwei Völker , welche unter der Hiße der
Tropen wie unter dem Froſt Sibiriens leben, gedeihen 11
Die Europäer in den Tropenländern .
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und ſich fortpflanzen, nämlich die Chineſen und die Juden, zwei Völfer, welche man die eigentlichſten Kosmopoliten nennen kann. Die Verſchiedenheit zwiſchen beiden iſt un
die Leichtigkeit, ſich allen Klimaten anzupaſſen , überlegen ſind ? Hat das Chriſtentum nicht gewiſſe Vorſchriften ver
nachläſſigt, welche mit religiöſer Sanktion allgemein ge
geheuer unter Einem Geſichtspunkt: die Chineſen ſind das
worden wären und den glücklichſten Einfluß auf das
am meiſten , die Juben das am wenigſten ackerbauende
Wohlbefinden der chriſtlichen Völker gehabt haben würden ? Man wird vielleicht einwenden, das Chriſtentum ſei eine alzu ideale und ſpiritualiſtiſche Religion , um ſich in die
ziviliſierte Volk.
Es möchte auf den erſten Blick erſcheinen, als ob die Bedingungen, unter welchen die Juden in heißen Ländern
Gebräuche des häuslichen Lebens zu miſchen und dieſelben
fortkommen und ſich vermehren, nichts mit den Eriſtenza
ſo genau zu regeln, wie das Judentum . Unterſuchen wir jedoch, was daran iſt. Gewiß iſt von allen widytigen Abteilungen des Chriſtentums der Proteſtantismus die
bedingungen der europäiſchen Emigration in den Tropen ländern gemein haben. Man muß jedoch bedenken , daß die Juden in Arabien und in dem größeren Teil von Afrika der Mehrzahl nach arm ſind, daß ſie teilweiſe
Handwerke betreiben, und daß ſelbſt diejenigen, welche die
Lieblingsgeſchäfte der Juden , den Kleinhandel und die Kommiſſion, betreiben, zwar nicht ſoviel Hand- aber jeden falls viele Fußarbeit leiſten : ſie ſind ihrer Geſchäfte
wegen den ganzen Tag auf den Beinen, ohne ſich um die Hiße zu kümmern, und haben gewiß nicht die Mittel, ſidy mit dem großen Comfort der Europäer in den Tropen ländern zu umgeben. Dian fann nicht bezweifeln , daß
die moſaiſchen Gefeße für die Lebenskraft der Juden in den heißen Ländern ſehr viel Gutes thun. Das Verbot des Schweinefleiſches läßt ſie eine für den Magen allzu fette und ſchwere Nahrung vermeiden, welche wegen der Tri
dinen 2. noch gefährlicher iſt. Die genaue Beſichtigung des Fleiſches der für rein erklärten Tiere ſchüßt ſie eben:
falls vor vielen Krankheiten. Viele andere Vorſchriften der moſaiſchen Geſeße ſtehen in ebenſo vollkommenem Einklang mit den Entdeckungen der modernen Medizin und Hygieine. Das moſaiſche Geſeß verbietet die gegohrenen Getränke nicht, allein die öffentliche Meinung der iſraelitiſchen Ge: meinden widerſeßt ſich ſo ihrem Mißbrauch, daß betrunkene
jenige, welche ſich jeder Lebensregelung am meiſten widerſeßt. Allein der Gebrauch hat auch ſeine Anforderungen, und bei den angelſächſiſchen Völkern, wo der Proteſtantismus ſeine tiefſten Wurzeln geſchlagen hat, eriſtieren Bräuche, welche nicht allein eine religiöſe, ſondern geſeßgeberiſche Sanktion erhalten haben.
Ich verſtehe darunter die genaue Beobs
achtung des Sonntags, welcher der jüdiſchen Heilighaltung desſelben ſo nahe kommt, daß ſogar der Name dafür (Sabbath) ein gemeinſchaftlicher iſt. Nod) vor wenigen Jahren ward in der proteſtantiſchen franzöſiſchen Schweiz der Sonntag ebenſo ſtreng heilig gehalten, und wenn es jeßt anders geworden iſt, ſo rührt es nur davon her, daß
die Kantone ihren rein proteſtantiſchen Charakter verloren haben, einerſeits durch den Einfluß der Freidenfer, anderer ſeits durch den der Katholiken . In Holland, Skandinavien und den proteſtantiſchen Ländern Deutſchlands gibt es viele Anhänger der ſtrengen Sonntagsfeier. Dies beweiſt, daß es in der Meinung der Mehrheit des Volkes nod von der
Religion geheiligte Gebräuche gibt, welche jedermann auf
erlegt werden müſſen. Die Sonntagsruhe hat gewiß eine hohe ſittliche Bedeutung ; ſie iſt überdies der Wohlfahrt der
Angelſachſen ſehr förderlich, welche allzu ſehr auf die Arbeit
Juden ſelten ſind. Kurzum, Religionsgeſeß und Gebräuche
und den Gewinn erpicht ſind, um nicht eines Tages in
der Sſraeliten, welche wegen ihrer engen Vereinigung bei nahe für alle obligatoriſch ſind, begünſtigen hauptſächlidy die Geſundheit und Lebenskraft der Juden in heißen
der Woche zu bedürfen , wo ihnen die Arbeit durch ein religiöſes oder bürgerliches Geſeß unterſagt iſt. Dieſes Geſeß iſt jedoch ſehr ſtreng und hart, wo es in ſeiner ganzen Schärfe beſteht (wie in Schottland und in mehreren Nordſtaaten der nordamerikaniſchen Union), und gewiß hätte die Freiheit des Volkes durch Geſeße , welche für deſſen Wohlfahrt nüßlicher wären, beſchränkt werden können. Wie dies nun in proteſtantiſchen Ländern geſchehen ſoll,
Ländern.
Die Lehre des Buddhismus iſt unter dieſem Geſichts punkt weit weniger günſtig und nicht imſtande, die Lebens
kraft der Chineſen, ihre Befähigung in den verſchiedenſten Klimaten zu leben und ſich zu vermehren, genügend zu erklären. Allein die Chineſen haben dagegen ſehr ſtarke Familien - Traditionen und im höchſten Grade Hochachtung
für ihre alten Bräuche, welche unter ihnen viele für die Lebenskraft der Raſſe höchſt günſtige Gewohnheiten fort gepflanzt haben, wie einen höchſt entwidelten Ackerbau,
das Talent der gegenſeitigenUnterſtüßung, den Familien ſinn, der die frühe Heirat und die Achtung für die Eltern begünſtigt. Dhne Zweifel ſind dann auch die häuslichen Bräuche in Betreff der Nahrung, Kleidung 2c. dem Wohl: befinden des Volkes ſehr angemeſſen. Folgt hieraus nicht, daß die Europäer noch einiges von denjenigen Völkern lernen müſſen, welche ihnen durch
1
das iſt noch die Frage.
Ganz anders ſteht es mit der Religion, welcher mehr als die Hälfte des weſtlichen Europa (worunter ich ganz Europa mit Ausnahme von Rußland und der Balkans
Halbinſel verſtehe) angehört, mit dem römiſchen Ratholi zismus. Dieſe Religion hat ihre autokratiſche Zentral gewalt, eine Macht, welche im leßten halben Jahrhundert an Einfluß auf die Völfer gewonnen hat ; überdies hat dieſe Religion von jeher viele äußerliche Gebräuche gehabt und niemals Bedenken getragen, dieſelben zu vermehren und den Umſtänden anzupaſſen.
Manche von dieſen
Bräuchen haben, wenigſtens teilweiſe , eine hygieiniſche
1 1 1
Kreuz- und Querfahrten in den Vereinigten Staaten .
Bedeutung, z. B. die Faſten, welche noch aus der Zeit vor der Trennung der morgenländiſchen und der abendländi den Kirche herrühren, welche aber die römiſche Kirche in Anbetracyt der Umſtände modifiziert und weniger ſtreng gemacht hat.
Die römiſch -katholiſche Kirche mit ihrer mächtigen Zentralgewalt und den vielen vielen Millionen von Gläu: bigen, welche ihr blind gehorchen, fönnte leidyt denjenigen Bräuchen , welche im Einklang mit den Entdeckungen der modernen Hygieine ſtehen , eine religiöſe Sanktion geben. Dies enthielte nichts dem Weſen der katholiſchen Religion Widerſtrebendes und würde nur auf die Wohlfahrt der kathos
liſden Völker günſtig wirken. In der Frage, welche uns hier beſchäftigt, der Frage von der tropiſchen Hygieine, würde der Einfluß der von der fatholiſchen Geiſtlichkeit auferlegten oder nur angeratenen hygieiniſchen Regeln ein ungeheurer ſein. Die Geiſtlichkeit würde dabei ihr eigenes Intereſſe ſowie dasjenige des Katholizismus finden. Dieſe Religion hat Millionen von Bekennern in den Tropenländern. Das
tropiſche Amerika, wie die Philippinen, gehören ihr ganz
an und ſie hat in Indien und in gewiſſen Teilen des tropiſchen Afrika weit größere Fortſchritte gemacht als die anderen dyriſtlichen Gemeinſchaften. Allein die katholiſchen
Bevölkerungen jener Länder ſind weit zurückgeblieben . Was wäre aus ihnen zu machen, wenn die ziviliſierteſten und thatkräftigſten Völker Europa's ſich nach den Tropens
ländern wenden würden, nicht um , wie jeßt, daſelbſt hins zuſiechen, ſondern um - Dank den rationellen hygieini
idhen und mit religiöſer Weihe verſehenen Geſeßen
-
dort
zu gedeihen und ihre Raſſe fortzupflanzen ?!
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vorwiegend noch immer den franzöſiſchen Champagner, faſt die ganze amerikaniſche Produktion geht nach Merico, Süd- und Zentralamerifa , China und England mit den den engliſchen Kolonien. Allerdings iſt der Geſchmad der amerikaniſchen Schaumweine weſentlid verſchieden von dem Produkt der franzöſiſchen Marken, denn am Ende hat jeder Champagner , je nach dem zu ſeiner Bereitung ver wendeten Wein, einen verſchiedenen Geldmad, und wenn man hier die trockenen und kräftigen Sorten vorzieht, ſo entſcheidet man ſich dort für die ſüßeren. Daß auch in Amerika die billigen Schaumwein - Surrogate (Brauſe Limonaden 2c.), die ſehr häufig unter echter Champagner Marke in den Handel gebradyt werden , dieſem echten
Wein eine ſtarke Konkurrenz machen, verſteht ſid) von ſelbſt. Man hat dem amerikaniſchen Champagner in erſter Reihe den Vorwurf gemadyt, daß er zu ſchwer ſei und
Kopfweh bereite ; wir möchten glauben, daß dieſer Vor wurf mit größerer Berechtigung den franzöſiſchen, D. h. den in Amerika getrunkenen franzöſiſchen Champagner treffen müſſe. Denn die Weine der Champagne ſind von Haus aus ſo leicht und dünn , daß der aus ihnen bereitete mouſſierende Wein ſelbſt im mouſſierenden Zuſtand nicht halt bar iſt und am allerwenigſten eine weite Reiſe vertragen kann, wenn man ihm nicht, bevor er in Flaſchen kommt, oft bis zu einem Drittel eine gute Doſis Weingeiſt ſeiner früheren Stärke – zuſeßt, und der alſo zugefeßte
Alkohol iſt es, der ſchädlich wirkt. Die amerikaniſchen Champagner-Weine dagegen – die Weine werden in den Staaten Miſſouri, Ohio, vor allem aber in Californien ge baut - haben von Natur aus ſo viel Gehalt, daß ein
Zuſaß von Weingeiſt durchaus unnötig iſt. Im übrigen iſt der geiſtige Gehalt des amerikaniſchen und des fran zöſiſchen Champagners ſo ziemlich gleich: 11 bis 12 %
Kreuz- und Querfahrteu in den Vereinigten Staaten. 1.
Alkohol. Der amerikaniſche ſtellt ſich aber um die Hälfte billiger als der franzöſiſche.
Bereitet wird der Schaumwein in der folgenden Weiſe. Amerikaniſcher Champaguer.
Es ſind kaum 40 Jahre verfloſſen , ſeit die franzöſiſden
Champagnerweine weitere Verbreitung in Amerika gefunden,
Nachdem die paſſenden Weine zuſammengeſtellt ſind und
den zum Gähren notwendigen Zucker noch im Faß zu geſekt erhalten haben , wird die Miſchung auf Flaſchen
und icon 15 Jahre ſpäter machten Amerikaner deutſcher Abſtammung, welche in Frankreich die Bereitung des Weines erlernt hatten, den Verſuch, Champagner aus amerikani idhen Weinen herzuſtellen. Vor 25 Jahren entſtand die
gezogen , die man aber, damit die Gährung ſich entwickeln fann , nidyt ganz voll füllt. Die Zerſeßung des Zuders ergibt die gewünſchte Kohlenſäure und etwas Geiſt, und
erſte – und ſie iſt noch gegenwärtig die bedeutendſte --
dem Weine innig . Bei einer Temperatur von 68 Grad Fahrenheit mouſſiert der Wein in 10-14 Tagen, und muß , damit nicht allzu viele Flaſchen zerſpringen - die
Champagnerfabrik, die ,,American Wine Co. " in St. Louis (Miſſouri ), und ſie liefert unter dem Namen „ Cook's Im perial Champagner" ( der geſchäftliche Leiter des Eta bliſſements beißt Jiaac Cook) , einen ausſchließlich aus Catawba- Trauben bereiteten Champagner, eigenartig ſchön
in Farbe und Bouquet. Wohl ſind ſeitdem noch andere Champagnerfabriken gegründet, aber ſie erreichen weder in Leiſtungsfähigkeit noch an Qualität der Weine die Cook :
ſche Fabrik, die gegenwärtig jährlich eine Million Flaſchen abjekt. Die Vereinigten Staaten ſelbſt freilidh konſumieren
beides verbindet ſich, da die Flaſchen gut geſchloſſen ſind,
Flaſchen werden freilich jeßt in der Regel vorher bis auf 20 Atmoſphären geprüft – in einen fühlen Keller ge bracht werden. Der raſche Wechſel der Temperatur för dert auch bedeutend die Reife des Weines. Im Reller werden die Flaſchen auf dünnen Latten in Stößen auf
einander gelegt und nach einigen Monaten mittelſt Um ſchütteln und Umſeßen die Entwidlung gefördert. Soll der Champagner, nachdem er 12—20 Monate gelagert
Kreuz- und Querfahrten in den Vereinigten Staaten.
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zur Verſendung vorbereitet werden, ſo bringt man ihn in
Ein Herr Fairchild hat das Studium der Seen von
möglichſt ruhiger Behandlung, damit die durch die Gährung
Minneſota zu einer Spezialität gemacht und nicht blos
auf dem Bauche der Flaſche abgeſeßte Hefe nicht auf gerührt wird, auf durchlöcherte Tafeln und mit dem Hals nach unten ſtehend. Durch eine tägliche rüttelnde Beweg
vorhandenen Seen – ſoweit die eriſtierenden Karten es
fürzlich eine alphabetiſch geordnete Liſte der in jeder County ermöglichen
veröffentlicht, ſondern auch, da ſeiner Be
ung von der Hand eines Arbeiters wird in 4-6 Wochen der Bodenſaß längs des Glaſes auf den Stopfen gebracht
rechnung nach wenigſtens 1000 Seen im Staate ihren
und dann durch Entfernung des Stopfens – die Lage
Namen doppelt oder mehrfach führen, in der leßten Seſſion
Das koblenjaure Gas
der Legislatur formell den Antrag auf Niederſeßung einer Kommiſſion geſtellt, welche die Aufgabe hätte, ſowohl alle
verhindert ein Zurücktreten von Schmuß in die Flaſche,
Doppelbenennungen auszumerzen, als auch einen Teil der
wenn dieſelbe nun aufrecht geſtellt wird . Der in der Flaſche befindliche Champagner hat, ähn lich einem noch „ rauſchenden " neuen Wein, einen herben und rauhen Geſchmack, aber es wird in die geöffnete Flaſche ein Zuſaß vom feinſten, in Wein aufgelöſten Kandis gethan, und je nach der Größe des Zuſaßes geſtaltet ſich der Champag ner mehr oder weniger jüß. Die auf dieſe Art und mit Auffül lung des beim Deffnen etwa verloren gegangenen Cham
felben der Größe, dem Charakter und der Dertlichkeit der
pagners wieder gefüllte Flaſche wird unter die Stopfen
rüdzurufen. Was aber auch aus dieſem Vorſchlag werden möge, irgend eine Ordnung wird in die herrſchende Konfuſion
immer nach unten
entfernt.
Majdine gebracht und mit einem feinen fataloniſchen Stopfen verſehen , deſſen obere Fläde durd Binden mit der Kordel
und durch Anlegung des Drahtes einen ſchönen runden Kopf erhält. Es werden nun noch dünne Zinkplättchen oder Lad angebracht, die Etiquette aufgeklebt, die Flaſche
in Seidenpapier eingeſchlagen und mit Stroh verwickelt und ſo wandert ſie in die Verſandtliſte.
Seen entſprechend umzutaufen, ſei es auf Grund der zahl reidhen indianiſchen Zaubergeſchichten und Märchen , die ſich an ſie knüpfen , ſei es zur Erinnerung an wichtige
geſchichtliche Ereigniſſe, die ſich dort vollzogen, ſei es um den Indianern , den Skandinaviern , den Deutſchen, den
Franzoſen, den Jrländern, die ſich dort angeſiedelt, lieb gewordene Punkte ihrer alten Heimat in's Gedächtnis zu:
gebracht werden müſſen, denn gerade Minneſota iſt durch ſein eminent geſundes Klima und durch den Reichtum und
die Schönheit ſeiner Landſchaften, zweifellos beſtimmt, der einſt ein Hauptziel nicht blos für Vergnügungsreiſende, ſondern auch für Kranke zu werden , die Geneſung ſuchen. Nur iſt es wohl nicht gerade nötig , jeden einzelnen See
II.
Die Seen in Minneſota.
mit den hochtönenden Namen Mazaska, Tuktba, Waka dan, Keuzonta, Miniota (indianiſd ), oder Walhalla, Odin ,
Schwerlich eriſtiert irgend ein Land, das auf dem gleichen Flächenraum ſo viele Seen umſchließt, als ſie im
etwa dem Namen an Poeſie fehlen ſollte, erſeßt die Natur.
Staate Minneſota fich finden . Es gibt ihrer dort die koloſſale Zahl von (rund) 10,000 und nicht blos viele derſelben, ſondern weitaus die meiſten, weiſen eine Ufer izenerie auf , die an Schönheit und Großartigkeit kaum ihres Gleichen hat.
Freya 2. (ſkandinaviſch-mythologiſch) zu ſchmücken. Was III .
Ein langlebiges Bolt.
Unter den in Arizona anſäſſigen Moqui- Jndianern,
dieſe Seen irgendwie paſſend zu benennen oder ſie durch direkte verſchiedene Benennung auch nur auseinander zu
die einſt als tüchtige Jäger und tapfere Krieger weithin bekannt und gefürchtet waren , lebt , ſtreng für ſich abs geſchloſſen und eifrig beſtrebt, ſich ſeine Stammeseigen tümlichkeiten zu bewahren, ein Sondervölkchen, die Wa
halten. Nicht bloß im Staate ſelbſt, ſondern faſt in jeder
koyas, mit Sitten und Gebräuchen, wie wir ſie bei den
Merkwürdigerweiſe iſt noch niemals verſucht worden ,
County des Staates, führt eine Menge von Seen den um aus einer ungeheuren ſelben Namen. Es gibt Liſte nur weniges herauszugreifen in Minneſota 47 Seen, die Rice Lake heißen, 37 Round Lakes, 32 Mud
Lakes, 23 Long Lakes, 13 Gooſe Lakes, 12 Eagle-, Cedar und Clear Lakes, 10 Fiſh Lakes, 9 Sandy und Maple Lakes 7 Diamond Lakes, 6 Cryſtal Lakes, 5 Pleaſant und Turtle Lakes und der Himmel weiß wie viele Seen, deren Name fidh 2 , 3 oder 4 wiederholt.
Dazu iſt die Benennung
nicht einmal konſtant. In den meiſten Fällen wurden die Seen nach den Anſiedlern genannt, die ſid, zuerſt an ihren Ufern niederließen ; zog dann der erſte Anſiedler weiter und nahm ein zweiter und ſpäter ein dritter ſeinen Plaß ein , ſo hieß auch der See wieder anders.
1
Indianern im allgemeinen nicht finden. Vor allen Dingen ſcheinen ſie im Beſiß eines Lebenseliriers zu ſein , das als ihr Geheimnis zu gelten hat, wenigſtens laſſen ſich die erſtaunlichſten Fälle von Langlebigkeit konſtatieren.
Der Stamm umfaßt heute nur noch ungefähr hundert fünfzig Röpfe, davon etwa 70 Kinder, ungefähr 60 Perſonen in mittlerem Alter , der Reſt alte Leute, von denen min:
deſtens die Hälfte ein Jahrhundert und noch mehr auf dem Rücken hat. Die Wakoyas verkehren mit den übrigen Rothäuten nur, wo jie gar nicht ausweichen können , Miſch ehen mit ihnen gehen ſie niemals ein. Sie leben in ihrem kleinen, im Chanſaka-Thal gelegenen Dörfden in niedrigen Steinhütten und treiben mit Vorliebe Aderbau und alle diejenigen Beſchäftigungen , mit welchen der Vollblut
1
Areuz- und Querfahrten in den Vereinigten Staaten.
Indianer ſonſt nichts zu ſchaffen haben mag. Vor kurzem
machten wir einen Ausflug nach ihrer Niederlaſſung. Der Häuptling, ein umgänglicher alter Burſche, ſchien gerade gut geſpeiſt zu haben, denn er war in der beſten Laune, empfing uns ſehr zuvorkommend und ließ ſich herbei, in eigener hoher Perſon den Cicerone zu machen. Von einem ganzen Rudel neugieriger Rangen gefolgt und ſtellenweiſe von einem ruppig ausſehenden Hund angebellt, deſſen Raſie ſchwer zu beſtimmen ſein möchte, zogen wir dem ſtolz blidenden Führer nach durch das Dorf und machten vor
einer wenig einladend ſich präſentierenden Hütte Halt. Die Thür beſtand aus einigen roh aneinander gezimmer: ten Baumſtämmen und ein paar Häute bildeten das Dach; die Rißen und Spalten , welche der ,,Baumeiſter" hier und da gelaſſen, waren mit rohem Lehm verkleiſtert. Der Häuptling warf mit einem kräftigen Fußtritt die Thür zur Seite und als er eingetreten war, hörten wir ihn mit Bärenſtimme rufen : ,,Muskee ! Muskee !" Muskee war
69 IV .
Bornehme punde.
Es gibt in den Vereinigten Staaten niemanden , der
blaublütigere und alſo wertvollere Hunde beſißt, als der Generalbetriebsdirektor der großen Lorilland'ichen Tabat: fabrik am Paſſaic in Bergen Co., N. 3., Herr Hearn. Die
Sage imputiert ihm aus neueſter Zeit den Anfauf eines Hundes um den Preis von 100,000 Dollars.
Seine
Hundeſtälle befinden ſich in der Nähe der über den eben genannten Fluß führenden Brüde, nehmen einen Raum von mehr als 1 Acre ein und ſind der Dberaufſicht eines eigenen Inſpektors anvertraut, der -- ſein Name iſt
Williams -- als der beſte Hundezüchter, Hundedreſſierer und Hundearzt im Lande gilt. Zur Zeit beherbergen die Ställe 20 Hunde. Jedes Staatszimmer der , welches die Ehre hat , die Wohnung eines Röters zu jein, iſt mit Marmorplatten belegt und
indes nicht zu Hauſe und der Häuptling erſchien, ein paar
hat ein zum Deffnen eingerichtetes Glasdach, das dadurch
Flüge in ſeinen ſtruppigen Bart murmelnd, wieder auf der Schwelle, aber als wir uns eben zum Gehen wenden wollten, war Muskee da. Im ſtrengſten Sinn des Wortes nur aus Haut und Knochen beſtehend, die Finger lang, dünn und gefrümmt, wie die Zinken einer Heugabel, das pergamentene Geſicht ſo faltig und runzelig, daß man faum noch die kleinen Augen wahrnahm , die ganze Kleid ung aus einigen um den mageren Leib gehängten Fellen beſtehend. Der Rüden von der Laſt der Jahre ſo gebogen , daß ſein Geſicht ſich mit den Hüften thatſächlidy in gleicher Höhe befand, ſo präſentierte ſich Muskee, der damals 175 Jahre zählte. Als wir ihn anſprachen, murmelte er
jede wünſchenswerte Luft - Erneuerung ermöglicht. Vorhänge, welche draperieartig unter dem
Dache angebracht ſind
laſjen , je nach Bedürfnis, das Sonnenlidt voll ein oder dämpfen und mildern dasſelbe. In jedem „ Boudoir" brennt in der Nacht Gas. Die Heizung wird mittelſt Röhren beſchafft, durch welche heißes Waſſer fließt.
In
einer Ecke iſt fließendes Waſſer zum fühlen Trunke vor handen, in einer anderen befindet ſich eine Art Bettſtelle, die
täglich mit dem weichſten Stroh friſch gefüllt wird. Daß ein großes Badezimmer nicht fehlt , iſt faſt ſelbſtverſtänd
einige unverſtändliche Worte und humpelte mit ſeinen
lich, aber auch für eine elegant eingerichtete Küche iſt geſorgt, in welcher ein erfahrener (Hunde-)Koch das Futter für die Herren Hunde je nach ihrem Alter und ſonſtigen
Krüden ſo raſch davon , daß wir überzeugt waren, er werde noch ſeinen 200. Geburtstag erleben.
Verhältniſſen bereitet. Mit dem Hundeſtall ſtehen umzäunte Flächen in Verbindung, welche den Tieren als Spiel-,
Aber eine noch größere Ueberraſchung wartete unſer.
Tummel- und Uebungspläße dienen. Der koſtbarſte der hier untergebrachten koſtbaren Hunde iſt der „ Herzog von Leeds “, gleich ſeiner Schweſter
Der Häuptling geleitete uns zu einer etwas größeren Hütte, und als wir in das Innere traten, befanden wir uns in einer Atmoſphäre, jo dumpf und ekelhaft, daß wir faum zu atmen vermochten. Als unſere Augen ſich an das in dem Raum herrſchende Halbdunkel gewöhnt hatten, ſaben wir in einem Winkel ein unbeſtimmtes Etwas, kaum einer menſchlichen Figur ähnlich, ſich regen , die blinde und taube 182jährige Watſuma, die Haut wie gegerbt, die Geſichts züge nicht mehr zu unterſcheiden , die Augen trübe und unheimlich aus den ledernen Wangen herausſchauend. „ Woher weiß denn Watſuma, wie alt ſie iſt ?" fragten wir den Häuptling. ,,Sie hat – war die Antwort – ein Stück Horn und je nach Ablauf von 12 Monaten bohrt ſie ein Loch hinein. Hier iſt es, 182 Löcher .“ Und er zeigte uns das ſeltſame Taufzeugnis : die 182 Löcher waren da, Watſuma war alſo 182 Jahre alt. Wir hatten -
für diesmal genug.
„ Leila " ein direkter Abkömmling der berühmten engliſchen Bernhardiner des Baronet Sidney W. Smith bei London, Der „ Herzog “ iſt drei Fuß hoch, wiegt 150 Pfund und
hat ſdon auf zahlreichen europäiſchen und amerikaniſchen Ausſtellungen den erſten Preis davongetragen. „ Leila " iſt eben ſo groß wie ihr Herr Bruder und zur Zeit be ſchäftigt, einen reizenden Sprößling ,,Valentina " zu erziehen,
der einer durchaus ſtandesgemäßen Verbindung entſtammt und, um die Mutter zu ſchonen , mit der Saugflaſche ge nährt wird : eine gute und friſcmelkende Jerſey-Ruh ſteht
überhaupt für ſolche Fälle immer bereit. Nächſt dieſen beiden ſind „ Bontverd “, „ Gertic “, „ Alma “ die Perlen des Hundeſtalles, und „ Gertic“ hat ihrem hocherfreuten Herrn und Gebieter kürzlich 9, ,, Alma" 3 Junge geſchenkt, Mütter
und Kinder befinden ſich wohl. Die Freude des Beſißers hat übrigens eine ſehr reelle Grundlage, denn ſo hoch audy die Koſten des Ankaufs und der Behandlung der Hunde
Ausland 1886 , Nr. 4 .
12
Ueber die Rechtsbegriffe der Kirgiſen.
70
ſich ſtellen, ſo tragen einesteils die von ihm eingeheimſten
vertretern " , deren Pflicht es iſt, die Einzelheiten des Falls
Preiſe meiſt je 100 Guineen und andernteils der Verkauf der jungen (außnahmsweiſe auch der alten) Hunde
auf Treu und Glauben zu unterſuchen (es wird ihnen hiefür eine Friſt von einer Woche, mitunter aber auch
ſehr bedeutende Summen ein.
von über einem Monat anberaumt) ; ſie haben fid ferner :
Den Hearn'ſchen Stallungen hat auch Joe Emmet's
hin auch genau über den moraliſchen Stand und die Auf
berühmter Hund , Rector" angehört; er war für 4000 Doll. in England angekauft und wurde für 10,000 Doll. an den eben genannten Schauſpieler verkauft. Als dieſer mit ſeiner wertvollen Erwerbung auf dem Bahnhof in Albany ankam , war ſeine Frau, die ihn dort erwartete, außer ſich
führung der Perſönlichkeit zu orientieren, in deren Anges
vor Entzüden. „ Rector “ durfte nirgends mehr ſonſt als in ihrem Sclafzimmer der Ruhe pflegen. Eines ſchönen Tages ſpielen, der ihm Emmet wußten Billard Emmet
nun mußte Emmet nach New-York, um dort zu und „ Rector ", den man mitgenommen , richtete in fremden Umgebung einen Spektakel an, daß Frau ihn in das anſtoßende Billardzimmer ſperrte. Sofort die Blätter zu melden , der Hund habe das halbe gefreſſen, während thatſächlich die Liebe – denn beſaß auch eine ſehr ſchöne Hündin , die nebenan
legenheit ſie zu idwören haben. Die Wahl dieſer Eid vertreter findet, wie wir bemerken wollen , unter den Stammesverwandten des Eidpflichtigen ſtatt, jedoch wird die Wahl derſelben der Gegenpartei überlaſſen , da ja ſonſt
die Angeklagten Perſonen herbeiziehen könnten, die nicht nach dem Recht, ſondern im perſönlichen Intereſſe ſprechen würden. Zu dem Eide werden nur Perſonen zugelaſſen , die ſich eines tadelloſen Rufes erfreuen und für gottes fürdytig gelten. Aus dieſem Grunde kann eine eines
dyweren Verbrechens angeklagte Perſönlichkeit nicht zum Eide zugelaſſen werden, ſondern muß ſich nach Stellver: tretern umſehen. Die beeidete Ausſage der Eidvertreter gilt für entſcheidend. Wer einen falſchen Eid geleiſtet, wird
einquartiert war – ihn verleitet hatte, ſich durch ein Lochy
als unwürdiges Glied aus der Gemeinde geſtoßen ; mit
in der Thür zu ihr durchzubeißen. Dergleichen Abenteuer
unter erhält er eine dem von ihn angerichteten Schaden entſprechende Strafe in Form von Nagaifaídlägen oder
ſind allerdings in den Ställen des Herrn Hearn un möglich.
hat eine Buße in einer gewiſſen Zahl Vieh zu gunſten dés Geſchädigten zu zahlen ; Greiſe werden nie körperlich beſtraft.
Ueber die Rechtsbegriffe der Kirgiſen. Von Dr. Ed. Petri.
Ueber die Rechtsbegriffe der Kirgiſen iſt bereits mancherlei veröffentlicht worden . Wir verweiſen nament lich auf die Arbeiten von Sjamokwaſſow , Sagrjaſchſkij, Baljuſchek, Lewſchin, Kraſſowskij, Meyer, Koslow u. a. m. Die erwähnten Arbeiten liefern ein reichhaltiges Material,
das für den geſunden und natürlichen Rechtsſinn der Kirgiſen ſpricht, und auch von allgemeiner Bedeutung ſein dürfte für das Verſtändnis der nichts weniger als mit
Reflexion durchgearbeiteten , ſondern lediglich und unmittel bar aus den vorhandenen ökonomiſchen und geſellſchaft lichen Zuſtänden ſich ergebenden Rechtsbegriffe der Völker niederer Kultur überhaupt. Aus Anlaß einiger intereſſanten Notizen von Goto watskij (,,Das Gewohnheitsrecht der Kirgiſen ", ,, Juridiſcher Bote “ 1885, Mai, S. 189 , ruſſiſch) greifen wir auf die Rechtsverhältniſſe der Kirgiſen zurück. Gotowatskij er zählt unter anderem, daß die Kirgiſen in lezter Zeit mehr fach den Eid vor Gericht verweigert haben. Die Sache ging ſo weit, daß der Generalgouverneur fich genötigt ſah ( 1882), durch eine ſpezielle Anordnung die Verbindlichkeit der beeideten Ausſage vor Gericht für die Kirgiſen zu
beſtätigen. Merkwürdigerweiſe ſind die Kirgiſen in gering fügigen Angelegenheiten ſtets zu einem Eide bereit ; fobald aber wichtigere Fälle zur Entſcheidung kommen, ſo ſuchen
Das ehrenvolle Amt eines Eidvertreters wird von den Kirgiſen nach Möglichkeit gemieden. In früheren Zeiten pflegte man ſich bei den Sultanen von der Vertretung loszukaufen. Der einzige Sohn in der Familie hat das Recht, ſeine Vertretung zu verweigern. Bemerkenswert iſt es ferner, daß die Eidvertreter auf dem Wege zu dem Orte, wo ſie den Eid abzulegen haben , die Streitenden
zu einer friedlichen Uebereinkunft zu bringen ſuchen ; mit unter ſollen ſie damit drohen, daß ſie den Eid nicht leiſten werden ( Gotowatskij ).
Dieſe Furcht vor dem Eide in einer wichtigen Ange legenheit iſt auf die großartige Bedeutung zurückzuführen , welche die Kirgijen dem Eide beilegen. Der Eid wird durch ,dschan beremen “ (ich gebe meine Seele hin),
„dschan berdym “ (ich habe meine Seele hingegeben), bezeichnet; derjenige , der den Eid geleiſtet hat , heißt ,dschanga ustamgan " (derjenige, der auf ſeine Seele ge
nommen hat). Die Kirgiſen geben gern zu, wie Gotowatskij erzählt, daß ſie dieſes und jenes geſehen haben, aber ſie
ſind ſich deſſen nie gewiß, ob das erwähnte Ereignis nicht durdy irgendweldje vorhergehende Beziehungen zwiſchen den Recytenden bedingt geweſen ſei und ob nicht infolge dieſer
Beziehung das innere Recht auf Seiten des Mannes ſei, der beim erſten Anblic als ſchuldig erſcheine. Dieſes ,,innere Recht“, auf welches die Kirgiſen zurückgreifen , iſt entſchei dend für ihre Rechtsauffaſſungen und erklärt auch das
Beſtehen des originellen Inſtituts der Eidesvertreter.
ſie mit ihrem Eid zurückzuhalten . Unter ſchwierigen Um
Leider rüttelt aud) hier die Kultur an den alten und, wir
ſtänden greifen die Kirgiſen ſogar zu den ſogen. ,, Eid
dürfen wohl ſagen, inſtinktiv -rechtlichen Inſtitutionen. Die
Die Wa-Taita in Oſtafrita.
71
ruffiſche Regierung hat in beſter Abſicht von der Welt den Eid über dem Koran eingeführt an Stelle der alt : überlieferten Gebräuche ; zu leşteren gehört das Umgehen der Grabſtätte der Ahnen beim Eidſchwur, das Küſſen der Schneide einer „Schaſchka“ oder des Laufes eines geladenen Gewehrs, es wird auch ein Meſſer oder der Nagel des großen Fingers der rechten Hand geledt , wobei der Eid: leiſtende zu dem Monde hinaufblidt. Der Schwur über dem Roran iſt für den Kirgiſen kein rechter Scwur,
ein. General v. Kaufmann ſprach ſein Urteil nach dem Karandass-kyb “ und konnte ſich deſſen erfreuen, daß man in den benachbarten Aulen lange Zeit die Weisheit und Gerechtigkeit des Generalgouverneurs pries. Es iſt zu erhoffen, daß wir noch mancherlei Neues über das Gewohnheitsrecht der Kirgiſen und über das Geſamtleben, ſowie über die anthropologiſche Stellung der kirgiſiſchen Völker überhaupt, aus einer neuen Arbeit er:
mehrt ſich unter den wahrheitsgetreuen Kirgiſen
die Zahl der Meineidigen in ganz bedenklicher Weiſe. Wie
handelt ſich nämlich um eine neue Arbeit des durdy ſeine früheren ethnographiſchen Berichte ſo vorteilhaft bekannten
die Kirgiſen ſich bei ihrer Indifferenz dem Mohamedanismus
Dr. med . N. L. Seeland (im
darum
fahren werden, deren Publikation nächſthin bevorſteht: es
Gebiete Sjemiretſchinsk).
gegenüber zu dem neuen Schwur verhalten , läßt ſich aus
Das Manuſfript, welches den Titel : ,,Die Kirgijen . Eine
folgendem erſehen : Im Gebiete Akmolinsk hatte ein Kir
ethnologiſche Studie“ führt, befindet ſich gegenwärtig in
giſe einen Eid zu leiſten ; nad dem Verleſen des Eides reichte der Mullah dem Angeklagten den Koran zum Kuß; dieſer riß jedoch das Buch dem Mullah aus den Händen
Händen der Weſtſibiriſchen Geographiſchen Geſellſchaft und beſteht nad dem Bulletin derſelben aus folgenden ſieben Abſchnitten : Abſchnitt 1 : Urſprung der Kirgiſen (kyrk
und verſeßte ihm mit ſeinem eigenen Roran mehrere Schläge
kyss = 40 Jungfrauen, Hinweis auf Beimiſchung frem
auf den Kopf, wobei er das Buch zerriß. Bemerkenswert
den Blutes ; Kas-ak , weiße Gans, vermutlicher Name
genug war es, daß dieſer Zwiſchenfall mit einer Verſöh
eines Ahnherrn). Die Epoche ihres Auftretens im Ge
nung zwiſchen dem Mullah und dem Angeklagten endigte. Revue “ 1882, S. 461.)
biet Sſemiretſchinsk; die alten Bewohner der Ufer des Sees Siſyk-Kul; die rätſelhafte Stadt unter dem Waſſer ſpiegel des Iſſyk- Kul. Abſchnitt 2 : Der geographiſche
Für den geſunden Rechtsſinn der Kirgiſen ſpricht ferner die Sitte des „Karapdass-kyb4: verwickelte und
verhältniſſe. Abſchnitt 3 : Die Lebensweiſe der Kirgijen
(Koslow , „ Das Gewohnheitsrecht der Kirgiſen“, „ Ruſſiſche
langwierige Streitigkeiten, die den rechtenden Parteien zur Laſt fallen und deren Ausgang wegen mangelhaften
Beweismaterials nicht abzuſehen iſt, werden durch fried
Charakter des Gebietes ; eingehende Schilderung der Natur und ihre ökonomiſche Lage ; Urſachen der Verarmung der Kirgiſen. Abſchnitt 4 : Familienverhältniſſe der Kirgiſen ; geſellſchaftliche Zuſtände; Sitten und Bräuche; adminiſtra
liche Uebereinkunft entſchieden. Die hervorragendſten Per
tive Verfaſſung. Abſchnitt 5 und 6 enthalten die wert
ſönlichkeiten unter den rechtenden Stämmen oder Parteien erhalten einige relativ unweſentliche Geſchenke (einen Paß gänger, einen Chalat u. dgl. m.) ; unter anderen Um
vollſten Partien der Arbeit, indem ſie das von dem Ver
ſtänden zahlt die zweifellos mehr veríduldete Partei die Hälfte der erwünſchten Buße, die Häuptlinge dieſer Partei erhalten aber ihrerſeits auch einige Geſchenke. In dieſer Weiſe werden häufig die ſchwierigſten Streitigkeiten abge than, bei denen es ſich um ,, Baranta", Totſchlag u. dgl. m. handelt. Einen charakteriſtiſchen Fall entnehmen wir von
Gotowatskij, einen Fall, in welchem General v. Kaufmann, der verſtorbene Generalgouverneur von Turkeſtan , ſich
faſſer perſönlich geſammelte anthropologiſche Material bringen. Geſtüßt auf ſeine Meſſungen und Vergleiche mit den übrigen eingeborenen Stämmen , kommt der Verfaſſer
zu dem Schluß, daß die Kirgiſen kein rein mongoliſcher Stamm, ſondern vielmehr mit anderen Stämmen, vermut lid) ariſden Urſprungs, vermiſcht ſind ; Abſchnitt 6 handelt ſpeziell über die phyſiologiſchen Eigentümlichkeiten der
Kirgiſen. Abſchnitt 7 : Der geiſtige Charakter der Kirgiſen : ,,Ihr Temperament, ihre moraliſche und geiſtige Ents widelung;" Verhältnis zu den ruſſiſchen Koloniſten. Es
perſönlich des „ Karandass-kyb “ bedient hatte. Der Sohn
läßt ſich wohl vermuten, daß dieſe inhaltreiche Arbeit
eines ruſſiſchen Händlers hatte durch unglüdlichen Zufall einen Kirgiſen getötet. Die Anverwandten des Ermordeten ,
unſere Kenntniſſe über die Kirgiſen zu erweitern imſtande ſein wird.
der eine Witwe und einen kleinen Sohn hinterlaſſen hatte,
machten der Adminiſtration keine Anzeige, erſchienen aber
perſönlich bei dem Generalgouverneur mit dem Geſuch,
.
daß er den Mörder nicht nach ruſſiſchem Gefeß, ſondern
nach einheimiſchen Brauch richten möge ; nach dem kirgiſi idhen Gewohnheitsrecht erhält die Witwe, falls ſie mittel los iſt, mit Kindern weiblichen Geſchlechts zurüdbleibt und ihr verſtorbener Mann feinen Bruder hat, der ſie ehelichen
Die Wa-Taita in Oftafrika. Die engliſche Kirchenmiſſionsgeſellſchaft, die bekannt: liczu Freretown bei Mombaſa eine ziemlich bedeutende Miſſionskolonie angelegt hat , auf welcher auch - durdy
könnte, 50 Pferde ; iſt ſie jung, hat ſie Kinder männlichen
engliſche Kriegsſchiffe - befreite Sklaven Aufnahme finden,
Geſchlechts und Ausſichten auf weitere Verehelidung, 25 Pferde. Leştere Umſtände trafen für die betreffende Frau
hat vor kurzem von hier aus einen bedeutenden Schritt in das Innere des zentralen Oſtafrika vorwärts gethan,
Die Wa - Taita in Oſtafrifa.
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indem ſie halbwegs zwiſchen der Küſte und dem Kilima
eines runden Fledes auf dem Scheitel. Dieſer wird tüch
’ndſdaro unter dem wilden und bisher gänzlich unbekann ten Gebirgsvolke der Taita zu Sagalla eine neue
tig eingeölt und mit Thon in Knoten geklebt, was wie ein großes Bündel Weintrauben ausſieht. Hierin erzeugen ſich Läuſe; aber ſie verſpeiſen ſie und ſagen : ſie ſchmecken
Miſſion eröffnet hat. Der ſeit zirka 2 Jahren hier ſtationierte Miſſionar
Mr. Wray hat vor einiger Zeit einen, im „ Church. Miss.
ſehr ſüß. Ihre Waffen ſind Pfeil und Bogen und ein ſehr breites, zweiſchneidiges Schwert. Von Pfeilen haben ſie
Intelligencer" ( 1884, 641 ff .) veröffentlichten Bericht über
zwei Arten , mit hölzernen Spißen und mit eiſernen Wider:
Land und Leute erſtattet, der auch von ethnologiſchem Werte iſt und hier mitgeteilt zu werden verdient. Er
hafen , leßtere ſind in Gift getaucht. Sie ſind ſehr zahl reich, in meinem leşten Briefe gab ich ihre Zahl auf (dem wie der Ort von den Swahilis genannt Hügel) Ndara
lautet :
„Ich habe jeßt Land und Leute, ihren Charakter und ihre Sitten kennen gelernt. Ich beſuche die Leute und fann ſchon ein wenig in ihrer Landesſprache mit ihnen verkehren. Ehe ich aber von meiner Arbeit unter ihnen rede , will ich dieſes Volk zu ſchildern verſuchen , da es eine bis jeßt ziemlich unbekannte Völkerſchaft iſt.
,,Die äußere Erſcheinung der Wa - Taita
iſt ſehr
auffallend. Sie haben hervorſtehende Badenknochen, eine fdmale zurücktretende Stirn und ſehr kleine Augen ; ſie ſind von mittlerer Größe. Die Frauen ſind in der Regel etwas kleiner als die Männer, ſehr fleiſchig, aber bäßlicy. ,
Männer und Weiber ſind ſpärlich bekleidet. Die Männer
wird ; die Einwohner ſelbſt nennen ihn Sagalla - auf
5000 an ; nachdem id ihre Zahl auf viel ich höre, 8000 ,,Jeder Hügel
ich den Ort ſelbſt beſucht habe, muß 10-12,000 ſchäßen ; Raſigau hat, ſo und Teta 30,000. hat ſeinen Häuptling ; aber dieſer hat
feine Macht, ein jeder thut, was ihm recht dünkt. Mafit ſutſo iſt der hieſige Häuptling ; er iſt ebenſo arm, wie jeder ſeiner Unterthanen. Als wir hierher kamen, befaß er kaum einen Lumpen, um ſeinen načten Körper zu bedecken.
,,Die Wa-Taita treiben Viehzucht, audy etwas Aderbau. Alle ibre Felder ſind am Fuße der Hügel, während die
tragen ein kleines Stück Zeug um ihre Lenden und ein
Menſchen auf den Hügeln wohnen , aus Furcht vor den
zweites über die Schultern geworfen ; viele haben nur let:
Maſai, welche ſo nahe leben. In einigen Gegenden verbergen ſie ihre Dörfer unter Bäumen, wo es in ſechs Monaten von zwölf keinen Tropfen Waſſer gibt. Wäh rend dieſer langen Zeit holen ſie es vom Fuß der Hügel ; der Hinweg koſtet zwei, der Rückweg zwei und eine halbe Stunde Zeit. Dies mag ungeheuerlich und unglaublich ſcheinen ; aber noch mehr wird es überraſden , wenn ich hinzufüge, daß mande vier Stunden klettern müfſen , um
teres. Die Weiber tragen einen kurzen Rod, welcher den Leib nur halbumſchließt und tüchtig eingeölt iſt; dazlı vorn eine kleine, mit Perlen verzierte Schürze. Eigentlich beſteht die ganze Kleidung in Schmuck und Perlen. Um die Hüften tragen ſie ein breites Perlengewinde, oft aus mehr als hundert Schnüren beſtehend und 10 bis 12 Pfund wiegend; um die Waden find Perlenſdynüre ; um die Arme tragen ſie Ringe von zuſammengedrehtem Kupfer- oder
Eiſendraht oder Perlenſchnüre; um den Hals haben ſie einen ſechs bis acht Pfund ſchweren Perlenkragen, welcher ſtets mit Del und rotem Thon bedeckt iſt, ſo daß man die ein zelnen Perlen kaum unterſcheiden fann ; verziert iſt dieſer Kragen mit Muſcheln , Münzen und Zinnſtückchen ; um den Kopf tragen ſie eine Binde von roten und weißen
Perlen, um die Stirn und das Hinterhaupt gebunden. Ihre Dhren ſind voller Löcher, aus welchen lange Perlen heraus. hängen ; ich habe geſehen, daß fie acht Dhrringe in jedem Dhr hatten. Außerdem ſchmücken ſie ihren Körper durdy Tätowieren , manchmal geſchmadlos, mandimal aber ſehr .
hübſch. Das Fleiſch unter den Augen wird auch täto
von ihren Feldern zu ihrer Wohnung zu gelangen. Dies ſage ich nidyt nur vom Hörenjagen, ſondern id ſprede aus eigener Erfahrung. Ich habe es ſelbſt verſucht. Faſt alle ihre Nahrung ſchleppen ſie ſo weit herauf. Zu meiner Wohnung muß man auch eine Stunde lang auf Händen und Knieen hinaufklimmen .
Das Brennholz iſt noch zwei
engliſche Meilen jenſeit der Felder. Wenn das Weib nach Hauſe kommt, muß es Waſſer holen, Mehl mahlen und die Speiſen kochen ; inzwiſchen iſt es 9-10 Uhr geworden. Vieh faufen oder verkaufen ſie ſelten ; etwas wie einen Markt giebt es nicht. So viel Vieh, ſo viel Weiber. Wenn ein Mann ein Weib braucht, ſo handelt er mit dem Bater des Mädchens um ſo und ſo viel Kühe u. 1. w.;
wiert ; die Augenwimpern werden ausgezogen , infolge da: von leiden viele an idylimmen Augen . Ihre Zähne feilen ſie zu nagelſcharfen Spißen ab. Armbänder von Kupfer und Felle tragen alle; dieſe und eine Menge Amulete, die ſie
dann nimmt er das Mädchen mit nach Hauſe. Der ge wöhnliche Preis iſt fünf Kühe, zehn Ziegen und etwas Bier. Ihr Vieh ſtehlen ſie meiſt von benachbarten Stäm
um den Hals, an den Handgelenken und Knöcheln tragen,
und Ugona, um Vieh und Mädchen zu rauben . Sie ſind ungaſtlich gegen Fremde ; kein Fremder darf es wagen, allein durdy ihr Land zu ziehen ; er wird entweder getötet
vervollſtändigen ihren Schmud. Vom Kopf bis zu den Füßen ſind ſie mit Del beſchmiert und dann mit rotem Thon beſtreut. Sie ſcheeren ihr Haupt mit Ausnahme
men .
Sie unternehmen Streifzüge nach Uſambara, Pare
oder verkauft.
Wenn ſie einem anderen Stamm zwiſchen
hier und der Küſte begegnen , ſo findet ein Kampf ſtatt. 1 Wa bedeutet betanntlich die Pluralbezeichnung.
Natürlich ſind infolge deſſen den Wa-Taita alle Wege
Die ruſſiſch -zentralaſiatiſche Eiſenbahn.
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verſperrt, nur bei Nacht können ſie durch andere Dörfer
macher keinen hatten machen können . Ich ſagte ihm, daß
ziehen , es ſei denn, daß einige der Unſeren dabei ſind.
weder ich, nody irgend ein anderer Menſch Regen machen
„ Ihre Häuſer haben eine rundliche Form . Sie beſtehen aus einer ungefähr drei Fuß bohen Umzäunung von Holz ſtäben mit einem kegelförmigen , gut mit Gras gedeckten
Dache. Sie haben zwei Räume: den Schlafraum und die Küche, wenn ich ſie ſo bezeichnen darf.
Der erſtere über
der leşteren, durd Holzſtäbe abgeteilt. Dort ſchlafen ſie, während unter ihnen das Feuer brennt. ,,Eine große Hyänenart wohnt in dieſer Gegend. Die Leute bereiten Medizin (Zauberei), um ſie vom Dorf fern zu halten. Sie kommen in meinen Garten und auf meine Veranda, würden auch in's Haus dringen, wenn ich mich nicht ſehr in Acht nähme ; in zwei Nädyten haben ſie mir ſieben Hühner geſtohlen. Voll Teilnahme rieten mir die Leute, ihre Zaubermittel anzuwenden .
„ Die Felder der Wa-Taita ſind ſehr ärmlich. Viele von ihnen haben das halbe Jahr nichts zu eſſen ; ſeit idy nac Taita fam , haben die Bewohner von Kaſigau immer
hier Nahrung geſucht. Selbſt Makitſutſo bat mich um Speiſe, da er am Verhungern war. Meine Gegenwart hier hat der Sklaverei einen kleinen Damm entgegengęſeßt. Ehe ich kam, war in der Nähe ein Swahili -Dorf, welches die Sklaven, die man an die Küſte ſenden wollte, einſtweilen beherbergte. Sobald ich Il
könne ; aber id; wolle Gott bitten, daß er welchen ſchicke. Am Sonntage baten wir im Gottesdienſt um Regen und am folgenden Tage ehrte uns unſer Gott, indem er einen Ueberfluß davon ſandte. „ Wer mich ehrt, den will ich wieder ehren ." Am ſelben Tage verſuchte ich eine Schule anzufangen. Ungefähr zwanzig Männer kamen. Am nächſten Tage ließ ich die Kinder kommen ; einige von ihnen lernten in einem Tage faſt das ganze Alphabet. Id war ſehr erfreut und dachte ſchon daran, mir eiligſt
Schulmaterialien kommen zu laſſen ; aber am Abend wurde id enttäuſdt, denn ſie famen und wollten für das Lernen
Perlen haben, was ich ihnen abſchlug. Nun kommen ſie nidit mehr in die Schule und ich glaube, ſie werden nidyt eher wiederkommen, bis ich ſie dafür bezahle. Das iſt eine
Prüfung ; ein Miſſionar muß große Geduld haben. Jeden Tag kommen einige, welche Kleidung und Perlen fordern. Heute bradyte der Häuptling ſeinen Sohn zu mir; denn dieſer hatte gelernt und wollte dafür bezahlt ſein. ,,Id habe einen Mann , welcher jeden Sonntag zum
Gottesdienſt kommt. Er hat es aufgegeben, Sonntags zu arbeiten und kommt mit ſauberen Kleidern. Ich habe ihn das Vater Unſer gelehrt. Jeßt lehre ich ihn das Sünden bekenntnis, den Glauben und die zehn Gebote. Er iſt kein Er iſt ein
kam, verließen ſie das Dorf. Eines Tages ging id auf
M-Taita , aber ſeine Frau iſt eine M-Taita .
die andere, die Oſtſeite des Hügels. In einem der Dörfer
entlaufener Sklave, den ich hier fand.
dort war ein Mgunya mit einigen Sklaven. Als er von
„ Nun will ich noch mitteilen, was die Leute hier von mir denken und ſagen. So ſprechen ſie untereinander : ,,Der Mgungu (Fremde) iſt nicht, wie wir, noch iſt er wie die Swahilis. In feinem Hauſe iſt nie Zanf. Er ſpielt mit unſern Kindern. Er erlaubt den fettigen Leuten bei
meiner Annäherung hörte, entließ er ſie, bis ich wieder weg war. Ein andermal fand ein M - Taita einen Mann und brachte ihn mir zum Kauf ; aber ehe er mich noch ſehen konnte, ſagten ihm die Wa-Taita, welche bei mir waren, er thäte beſjer, ſich nicht vor mir blicken zu laſſen . Er entfernte ſich ſo ſchnell er konnte. Ich weiß nicht, warum
ihm zu fißen . Leute mit Geſchwüren werden nicht von ihm fortgetrieben, wie bei den Swahilis. Der Mann
ſie ſich ſo ſehr vor mir fürchten . Doch bin ich auch wieder
hat keine Sünde. Er hat auch die Raubvögel getötet,
froh, daß es ſo iſt. Dbgleidh ſie bei anderen ſtehlen , wo
welche unſere Hübner rauben.
Er iſt ein guter Mann ." 1
ſie können, würden ſie nicht wagen, mir nur das geringſte zu nehmen .
,, Ich denke, ich habe jeßt hier feſten Fuß gefaßt, aber
Kampf hat es gekoſtet, es zu erreichen. Zwar ſcheinen ſie jeßt noch ganz gleichgültig gegen alles, was ich ſage ; aber doch habe ich große Hoffnung für ſie. Jeden Sonntag kommen
ſie zu meinen Gottesdienſten ; aud) bei meiner Abend andacht ſind meiſt einige zugegen.
,,Eines Tages kam ein vornehmer Mann 20 e. MI. weit her, um mich zu beſuchen ; er brachte mir eine Ruh als Geſchenk mit. Er iſt ſehr befreundet mit Makindara, dem König von Tſchaga; dieſer möchte ſehr gern Lehrer haben.
Als Mr. Thomſon (der engliſche Reiſende, der zum erſten male von Mombas nach dem Nyanza vorgedrungen ) hier
ankam , verweigerte er ihm die Weiterreiſe, weil er wollte, daß er bliebe und ſich dort ſein Haus baute.
,,Am Sonnabend den 5. Mai fam Makitſutſo zu mir und verlangte, daß ich Regen machen ſollte, da ſeine Regen
Die ruffiſah -zentralafiatiſche Eiſenbahn. Ueber dieſes wichtige Verkehrsmittel, das eine unge: heure politiſche und volkswirtſchaftliche Zukunft hat, ent lehnen wir einer Körreſpondenz der ,,Schleſiſchen Zeitung" nachſtehende intereſſante Notizen : Als General Skobelew 1880 den Feldzug gegen die Teke-Turkmenen unternahm, welche ſoeben erſt eine ſtarke 1 Miſſionar Handford von Freretown , der im Mai des vorigen Jahres ſeinen einſamen Kollegen in den Taita-Bergen be ſuchte, fiigt eſer Schilderung noch manche andere intereſſante Mitteilung hinzıı, 3. B. , daß die Wa-Taita ihre Toten ein Jahr nach dem Begräbnis wieder ausgraben, den Schädel von dem Kadaver trennen und dieſe Schädel in ein gemeinſames Grab legen ; daß ſie an ein höchſtes Weſen glauben und ſehr närriſche
Ideen von einer Seelenwanderung haben u. dgl.
Die ruſſiſch-zentralaſiatiſche Eiſenbahn.
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ruſſiſche Heeresabteilung unter General Lomakin ſiegreich zurückgeworfen hatten , erkannte er mit richtigem Blick,
beſonders hierzu eingerichteten Transportſchiffen an Ort und Stelle geſchafft wird. Es iſt eine wahre Fügung, daſs
daß die Beſiegung jenes kriegeriſchen Volfes keine ſo leidyte Sache ſei, wie man ſich in St. Petersburg vorſtellte, ſondern daß dieſelbe längere Zeit in Anſpruch nehmen
gerade von dort aus jenes Heizungsmaterial ſo (dynell und billig beſdafft werden kann ; ſonſt wäre ein Bahnbetrieb der großen Koſten wegen , welche die Beſchaffung von Holz oder Rohlen verurſachen würde, unmöglich. Zur Heizung
werde. Um ſich unter allen Umſtänden die Verbindung mit dem Mutterlande über das Kaſpiſche Meer zu ſichern und um die Zufuhr von Lebensmitteln zu erleichtern,
ließ der General bei ſeinem Vorgehen vom Midailow'ſchen Meerbuſen am Oſtufer des Kaſpiſchen Meeres in ſeinem Rücken eine Eiſenbahn anlegen , die, ichließlich 200 Kilo meter lang, mit erſtaunlicher Schnelligkeit beendet wurde.
Nachdem das Turkmenen - Gebiet erobert war und ſich auch der mächtige Stamm der Turkmenen von Merw unter : worfen hatte, beídloß die ruſſiſche Regierung, jene Bahn weiter zu führen , und ſo entſtand der Plan der zentral
aſiatiſchen Eiſenbahn, einer Bahnlinie, die dem europäi ſden Handel Länder eröffnet, von deren Eriſtenz man vor einigen Luſtren faum eine Ahnung hatte. Die Bahn ſoll längs der perſiſchen Grenze bis an die Grenzen Af ghaniſtans geben ; bei Seradis, an der perfiſden Grenze,
wird nicht das eigentliche Naphtha, ſondern nur die Ueber
reſte desſelben verwendet, ein bisher ſo gut wie unbrauch barer Stoff, der nun durch eine ſinnreiche Erfindung der Vefißer der großen Petroleumquellen von Baku, der Ge brüder Nobel, in dieſer Weiſe zur Verwertung gebracht wird und bereits vielfach in ruſſiſchen Fabriken, ſelbſt in St. Petersburg zur Anwendung kommt. Die Petroleum
quellen liefern nämlich nur 40 % als Beleuchtungsſtoff braud ,bares Naphtha, an 60 % find Abfall.
Dieſe werden
/
nur zur Heizung benüßt."
Die weiteren Schilderungen entnehme ich zum Teil wörtlich dem vorerwähnten Tagebuche : ,,Da die Eiſenbahn bis Asfabad noch nicht vollendet
iſt, ſo muß man , um dorthin zu gelangen , entweder die
Arbeiterzüge benüßen oder, wo dies nicht angängig iſt,
wird ſich jedoch eine Bahn abzweigen und durch die Wüſte über die Daje Merw nach dem Amu Darja bis nad
Roſakenpferde mieten ; in jedem Falle bedarf man aber einer beſonderen Erlaubnis des Oberkommandierenden . Privat
Buchara hingehen. Aber audy von dort iſt bereits die Verlängerung durch Buchara bis Taſchkent, der Hauptſtadt von Turkeſtan, projektiert. Es werden (don Vermeſſungen vorgenommen , und ein Teil der lektgenannten Linie wird jeßt abgeſteckt. Rußland bildete zur Beid leunigung der
perſonen würde die Reiſe ſehr teuer kommen. Um legterem
Arbeiten in jenen Gegenden neue Eiſenbahntruppen, die jeßt im friedliden Verein mit allen den wilden Völker: ſchaften , die bisher nur von Plünderung und Raub lebten, an jenem ziviliſatoriſchen Wert arbeiten. Man wird mithin in wenigen Jahren von St Petersburg wie vom äußerſten Weſten Europa's bis tief nach Aſien hinein eine nur durch die Ueberfahrt über das Kaſpiſche Meer
Uebelſtande abzuhelfen , ſoll jeßt eine regelmäßige Poſt verbindung eingerichtet werden. Ich entſdloß midy, die ganze Reiſe zu Pferde zu machen und mietete mir ein
Kojakenpferd, die Werſt (Kilometer) zu 5 Kopeken (etwa 10 Pfennige). Die Reiſe allein zu machen, erſchien mir anfänglid, langweilig und nid )t ganz gefahrlos, ſpäter aber überzeugte ich midy, daß man dieſelbe ohne jede Gefahr zurück legen könne. Obwohl die größte Hiße bereits vorüber war, reiſte ich doch in der Nacht, weil am Tage die Sandſtürme häufig ſind, welche den Ritt bedeutend erſchweren . Ueberall begegnete man Eiſenbahntruppen, teils auf dem Marſch,
unterbrochene Eiſenbahnverbindung haben ; die Produkte
teils in der Arbeit begriffen. Fröhlich und guter Dinge,
jener Länder werden dem ruſſiſchen Handel eröffnet wer den, und Rußland wird, wenn es Not thut, in furzer Zeit · eine ſtarke Armee vor den Thoren Herats konzen
unter den Klängen munterer Soldatenlieber gehen die
trieren können .
Bewegungen die Soldaten amüſieren. An Müdigkeit denkt
Mannſchaften einher. Hinter jeder Kompagnie ſchreiten einige Waſſerfäſſer tragende Kameele, deren „ graziöſe"
Vorläufig gelangen nur ſpärliche Nadırichten aus den
Keiner. Die Eiſenbahntruppen werden hauptſächlich zum
Turkmenenländern, durch welche die Bahn zunädiſt geführt
mir
Brückenbau und zu anderen techniſch idwierigeren Ar beiten verwandt. Die gewöhnlichen Erdarbeiten dagegen werden durch Eingeborene ausgeführt." Zu beiden Seiten längs der neuen Bahn erblidt man
gütigſt zur Verfügung geſtellten Tagebude eines befreun deten Offiziers, der kürzlich die bereits bis Kiſil-Arwat
häufig die Auls (Dörfer) der Tekinzen, in größerem oder geringerem Umfange, doch alle von gleichern Typus, jämt
wird, hierher, und es dürfte daher. nidyt unintereſſant
ſein, die Schilderung eines Augenzeugen zu hören. 3d entnehme dieſelben
geführte Strecke
den Erzählungen ſowie
dem
vom Ufer des Kaſpiſchen Meeres etwa
lich mit feſtungsähnlichen Bauten umgeben, in deren Mitte
200 Kilometer — befuhr und dann die Reiſe längs der im Bau begriffenen Bahn weitere 200 Kilometer bis Asfabad, dem Stabs-Quartier des Militärbezirkes, zu Pferde fortſeşte . Auf der erſtgenannten Strecke iſt ein völlig geordneter Bahn betrieb ; die Lokomotiven werden in Ermangelung von Kohlen
fid Häuſer und Gärten befinden.
Dieſe Art der Bauart
und Holz mit Naphtha geheizt, welches von Baku aus in
ſowie Weiber und Kinder, in den Feſtungen unter, dann
hat ihre hiſtoriſche Bedeutung. Bevor die Ruſſen das Land befekten, waren die Tekinzen fortwährend durch die Einfälle perſiſder, jomudiſder oder diweſiſcher Banden
bebroht. Erfolgten foldhe, jo bradyten ſie zunächſt ihre Habe,
Die ruſſiſch-zentralaſiatiſche Eiſenbahn.
ſtürmten ſie dem Feinde entgegen. War derſelbe jedoch in ſehr
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geborene mohamedaniſche Geiſtlichkeit findet bei den ruſſi
großer Zahl, ſo ſchloſſen ſie die Feſtungen und verteidigten , den Beamten ſtets Wohlwollen und Sdhuß. dieſelben bis zur Ankunft von Unterſtüßung aus den nächſtgelegenen Auls, welche infolge gegenſeitiger Ver: pflichtung niemals lange auf ſich warten ließ. Dieſes Land, in dem man ießt ſelbſt während der Nacht unangefochten allein reiſen kann, durch das eine wichtige Bahn führt, befand ſich bis zur Ankunft der Nuſjen in einem fortwährenden Kriegszuſtand. Aber die Tefinzen ſpielten nicht nur die Rolle der Angegriffenen , ſondern ſie unter : nahmen auch ſelbſt Naubzüge, von denen ſie beutebeladen
heimkehrten ; die Beute wurde in den dywer einnehmbaren Feſtungen untergebracht. Als Skobelew Geot-Tepe eroberte
und die Stadt drei Tage lang der Plünderung preisgab,
foll die Beute an Gold- und Silberſaden, welche einzelne rufliche Offiziere und Soldaten machten , enorm geweſen fein. Was iſt nicht alles aus Geot-Tepe nad St. Peters:
burg und Moskau gebracht und dort , troßdem es durch Zwiſchenhändler ging , für ein Spottgeld verſchleudert worden ! Auch turkmeniſche Pferde wurden hier eingeführt,
hielten aber leider das Klima nicht aus ; ſonſt wären ſie geeignet, den engliſchen eine Konkurrenz zu machen. Es ſind herrliche Tiere und entſchieden die Zierde der Tekinzen-Daſe. Langer Hals , kleiner Kopf , ſchlanke, etwas zu
lange Beine mit Muskeln und Sehnen von Stahl, meiſtens von prächtiger, goldgelber Farbe , ſind ſie zum Wettrennen wie geſchaffen , und Sdyreiber dieſes konnte ſich ſelbſt im Lager bei Kraſſnoje Sjelo von ihren hervors
ragenden Leiſtungen überzeugen. Der Preis eines gė-
Eine wichtige Station der neuen Bahn iſt Bami, der
Ausgangspunkt der Dperationen Skobelew's gegen die Turkmenen.
Bei Ankunft der Ruſſen befanden ſich dort
nur einige elende Hütten ; jeßt iſt Bami eine kleine euro päiſch gebaute und eingerichtete Stadt und zugleich eine ſtarke Feſtung, in deren Umgebung Dörfer mit großer Sdinelligkeit wie aus der Erde wachſen. Früher befand
ſich dort kein einziger Baum , während ſoldie jeßt in den Straßen Bami's wie in deſſen Gärten willkommenen Schatten ſpenden. Der Wadystum der Bäume ſoll dort geradezu überraſchend fein. In Bami trifft man überall
auf Erinnerungen an Skobelet , der den Grund zu dieſer Stadt legte. Troß des Unheils, welches der „,weiße Gene ral" den Tefinzen zugefügt hat, ſteht ſein Andenken bei ihnen im hodſten Anſehen. Mit Stolz ſchildern ſie, wie es ihnen vergönnt war, gegen einen ſolchen Helden zu fämpfen . Aber gerade in Bami wurde dem Verfaſjer, welchem ich dieſe Skizzen verdanke , reiche Gelegenheit, Einblicke in die ruſſide Intendanturwirtſchaft zu thun. Laſjen wir ihm das Wort :
„ Als wir ruhten, kam gerade das dritte, nach Penſchdeh an der afghaniſchen Grenze beſtimmte Feldhoſpital an uns vorüber, einſd)ließlich der Aerzte, barmherzigen Schweſtern , ſowie der militäriſden Bededung etwa aus 70 Köpfen beſtehend. ,,An der Eiſenbahn wird mit großem Eifer gearbeitet.
Die beſſeren werden mit 6-800 Nubel be:
In verſchiedenen, ſtreng von einander geſonderten Gruppen arbeiten dort Perſer, Tefinzen , Chiweſen und Jomuden . Nad Beendigung der Arbeit werden ſie, um Zwiſtig
zahlt. Der Tekinze forgt aber auch für ſeine Pferde
keiten zwiſchen dieſen ſich feindliden Stämmen vorzus
wöhnlichen Pferdes beträgt an Ort und Stelle 200 Nubel (400 Mark).
beſſer als für ſeine Kinder. Den ganzen Tag iſt er um
beugen, nach beſonderen Lagern geführt, in denen ſie die
ſie beſchäftigt; bei unfreundlichem Wetter bedeckt er ſie
Nadyt zubringen .
ganz und gar bis zu den Beinen und Dhren mit warmen Stoffen ; im Notfalle fordert er aber von ſeinem Tiere großartige Leiſtungen , die dasſelbe niemals verſagt. Es dürfte ſich der Verſuch lohnen , die Tekinzenpferde in Süddeutſchland einzuführen, deſſen Klima ſie gewiß ver-
,, In vielen Dörfern längs der Bahnlinie befinden ſich Koſakenpoſten, in der Stärke einer Sotnie (Schwadron)
tragen würden.
Das Leben der Tekinzen iſt ſehr einfach ; dagegen treiben die Reicheren in ihrer Kleidung, namentlich aber in der Ausſchmückung ihrer Wohnung mit koſtbaren Teppichen, großen Lurus. Dieſe Teppiche werden jeßt hier in
St. Petersburg vielfach verkauft und werden nach Fertig-
oder mehr, deren Rommandeure ſid döne, von prächtigen
Gärten umgebene Häuſer erbaut haben. Dieſe Offiziere erfreuen ſid, bedeutender Einnahmen , genießen in ihrem
Bezirk des hödöſten Anſehens und denken gar nicht daran , denſelben zu gunſten einer beſſeren militäriſchen Carriere zu verlaſſen. Da ihrer viele ſind und die Nachbarſchaft nicht allzuweit iſt, ſo gleicht ihr Leben dem wohlhabender
Gutsbeſißer, die ſich gegenſeitig oft ſehen. Das Haupt
möglich nichts in den bisherigen Gebräuchen und Sitten.
vergnügen iſt die Jagd , die mit Windhunden beſonderer Art ausgeführt wird. In einer dieſer Roſakenſtanişas batte Fräulein Komarow , die Tochter des Gouverneurs, der ſich im vorigen Frühjahr durch das Gefecht mit den Afghanen einen Namen machte, die Hunde mit den Namen der bekannteſten engliſchen Staatsmänner getauft, auf welche die Tiere noch heutigen Tages hören. ,,Je mehr man ſich Geof-Tepe nähert, deſto häufiger werden die Maſjengräber ruſſiſcher Soldaten, die jedod, in
Dies hat den beſten Eindruck hervorgerufen. Die ein-
ſehr trauriger Verfaſſung gehalten werden ; kaum daß ſie
ſtellung der Eiſenbahn ſicherlich weit billiger werden. Sie ſind mit ausnehmend geſchmackvoller Farbenzuſammen:
ſtellung und in geradezu unverwüſtlicher Weiſe gewebt. Das Verhältnis der Eingeborenen zu den Ruſſen iſt ganz vortrefflich. Die ruſſiſche Regierung beließ klugerweiſe die niederen Verwaltungsämter in den Händen ihrer bisberigen einheimiſchen Inhaber und änderte ſoweit als
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Geographiſche Neuigkeiten.
durch einfache Holzkreuze bezeichnet ſind. Es fällt das umſomehr auf, als die Tefinzen ihrer im Kriege ge
„ Im Gefolge der ruſſiſchen Streiter ſchreitet die Wiſſen ſchaft, ſpähend, betrachtend, prüfend, aber raſtlos vorwärts
fallenen Mannſchaften mit großer Pietät gedenken und dies aud durch äußere Ausſchmückung der Gräber kundgeben.
eilend. Was vor vier Luſtren noch ein dunkel Geheimnis, von dem nur ahnungsvoll der Gebildete und in vorſich
Geof- Tepe, ehemals der Hauptſiß der räuberiſchen Turk: menenſtämme und berühmt durch die Belagerung Stobe lews, wird jeßt mehr und mehr eine Stadt europäiſchen Anſtrichs. Sie enthält eine ſtarke Garniſon , verſchiedene
tiger Scheu der Gelehrte ſprachen, es liegt heute vor Aller Bliden offen ; der Schleier iſt zerriſſen, die Schranken ſind gefallen, und was nod) etwa unerforſcht, in wenig Jahren wird es fein Geheimnis den ruſſiſchen Kriegern überliefern müſſen . Zentralaſien mit ſeinen Steppen und Wüſten , mit ſeinen idynee- und eisſtarrenden, himmelanragenden Gebirgswänden , von dem , noch iſt's nicht lange her, nur
höhere Vorgeſepte wohnen dort, deren Häuſer der Sammel
punkt des geſellſchaftlichen Lebens der Offiziere ſind; man findet dort bereits breite Straßen ; ſtatt der früheren Filzkibitfen ſteinerne Häuſer, Kaſernen , Lazarethe , öffent liche Pläße, auf denen Konzerte der Militärmuſik ſtatt finden , ſchöne ruſſiſche Raufläden u. ſ. w. Aud bier
dunkle Sagen gingen, wird nicht nur der Wiſſenſchaft, auch dem lebendigen Verkehr, der Ziviliſation, der euro päiſchen Menſchheit erſchloſſen . "
waren aber die Lazarethe mit Typhuskranken überfüllt, und die Aerzte gaben das ſchlechte Mehl als Urſache an. Unbegreiflich bleibt es , daß nicht einer der höheren Vor
geſeßten in dieſer Beziehung energiſch eingreift. Auf dem Wege nach Asfabad, der Hauptſtadt des transfaſpiſchen Militärbezirkes, die jeßt mit Europa durch einen Schienen ſtrang verbunden iſt, kommt man durch die richtige Wüſten:
Geographiſche Neuigkeiten.. * Die indianer in den Vereinigten Staaten.
gegend. Hier kann der bequem in ſeinem Coupé ſitzende
In der „,Philadelphia Press“ berichtet Herr Clarence Dreſſer aus Chicago über die Ergebniſſe einer Reiſe, welche er
Reifende das Schauſpiel einer Fatamorgana genießen, wie es auch dem Verfaſſer oben erwähnten Tagebuches mehr mals zu teil wurde. Und wenn er dann dem Eiſenbahn
ins Indianergebiet unternommen hat , und gibt unter anderem folgende Notizen : Es gibt über zwanzig vers ſchiedene Stämme, welche über das Indianergebiet verteilt
zuge entſteigt, betritt er eine allen europäiſchen Komfort
ſind, und jeder Stamm bietet ſehr bezeichnende deutliche
bergende Stadt , die aber in vielen anderen Beziehungen beweiſt, daß man ſich tief im Inneren Aſiens, in einer bis vor wenigen Jahren noch kaum dem Geographen bekannten Gegend befindet. Von Tag zu Tag faſt mehren ſich dort die ruſſiſchen Bewohner und Asfabad blüht ſichtlich auf. Infolge der Anregung der oben erwähnten Tochter General Komarows wurde dort vor etwa zwei Jahren eine kleine ruſſiſche Schule gegründet, in der Fräulein Komarow und
charakteriſtiſche Merkmale dar. In vielen Stämmen bilden
einige ruſſiſche Offiziere in uneigennüßiger Weiſe Unter richt erteilten, die Schulkoſten aus ihren geringen Ein nahmen beſtreitend. Jeßt befindet ſich dort bereits ein Gymnaſium und eine Volksídule, in welcher die Tefinzen
kaum noch hundert Individuen den ganzen Reſt, welcher von dem früheren Stamme übrig geblieben iſt; andere Stämme weiſen noch einige Tauſende von Individuen auf. Die heutigen Cherokees haben eine Kopfzahl von unge fähr 85,000 Seelen. Im ganzen genommen, iſt der Ins dianer ein Weſen von guter und harmloſer Natur, aber man hat ihm mehr zu Leide gethan , als er thut. ES gibt jedoch; bemerkenswerte Ausnahmen . Ich habe in der That Indianer geſehen, welche nur das Erſchießen wert
waren , allein dieſe ſind nur in geringer Zahl vorhanden und ſogar ſelten. Die Cherokees bieten uns ein ſchlagen
finder ruſſiſchen Unterricht und eine derartige Vorbildung
des und glänzendes Beiſpiel davon dar, was die Indianer
erhalten, daß ſie ſpäter das Gymnaſium beſuden können. Im Frühjahr hofft man bereits den erſten Bahnzug in
werden können , wenn ſie nur wollen . Sie genießen eine Gemeinde Verwaltung, welde ſehr vorteilhaft den Ver gleich mit derjenigen jedes anderen Volkes auf Erden aus balten kann. Vor allem haben ſie keine öffentliche Schuld, beſigen 11,500,000 Acres des beſten Landes und ſind im
dem faſt ſagenhaften Merw einlaufen zu ſehen, und bald wird ruſſiſch -europäiſche Ziviliſation ſich bis nach Samar: fand und Buchara auf dem Schienenwege verbreiten . “ Es iſt ein großartiges ziviliſatoriſches Werk, welches Rußland mit dem Bau dieſer Eiſenbahn unternommen
hat. Das ruſſiſche Blut , welches fließen mußte, ehe alle
Bejiß von 2,500,000 Dollars in Regierungsbonds und anderen Staatspapieren, und die Zinſenerträgniſſe dieſer
Staatspapiere reichen zur Unterhaltung ihrer Regierung, ihrer Schulen, Kirchen 2. hin, und ſie brauchen keine
jene Länder ſich dem ruſſiſchen Szepter unterwarfen, es iſt nicht umſonſt vergoſjen . In Rüdſicht hierauf können wir unſere Sailderung nicht beſſer ſchließen, als mit den Worten, die Friedrich v. Hellwald in ſeinem vortrefflichen Werke ,,Die Ruſſen in Zentralaſien " über das ziviliſa
wirte, welde je 100 bis 500 Acres bebauen.
toriſche Vorgehen der Ruſjen in jenen Gegenden ſagt.
befaſſen ſich mit Viehzucht, Handel und mit der Jagd.
Es heißt dort im erſten Kapitel :
Man trifft unter den Cherokees keinen einzigen Bettler
anderen Arten von Steuern auf die Bevölkerung umzu
legen. Nach den ſtatiſtiſchen Erhebungen ſind neun Zehntel
der Cherokees Ackerbauer, und zwar in der That gute Land Die anderen
Geographiſche Neuigkeiten.
und Vagabunden. Es gibt ungefähr 120 öffentliche und drei höhere Schulen, es gibt Kirchen , Sonntagsſchulen und Aſyle für Jrrſinnige und Gebrechliche. Man ſieht nie: mals einen Cherokee mit bemaltem Geſicht oder mit einem Federſchmuck auf dem Kopfe , ſondern ſie haben überall
die Tradit des ziviliſierten Lebens angenommen. Die Cherokees verbieten den Verkauf des Branntweins in ihrem Gebiete, und der einzige Ort, wo Sdnaps verkauft wird,
iſt auf dem Poſten der Regierungêtruppen, wo ein Mar ketender, ein Weißer, mit Branntwein handelt. Die Fälle von Trunkenheit und Verbrechen unter der Cherokees Nation ſind um zwei Drittel weniger häufig als in einem weißen Bevölkerungszentrum, und vier Fünftel der unter ihnen vorfallenden Vergeben werden von Weißen oder
von Meſtizen begangen. In allen von mir bereiſten Teilen des Cherokees- Landes habe id die Indianer intelligent und von friedlicher Gemütsart gefunden; nur verlangen
ſie, daß die amerikaniſche Regierung ſie gegen diejenigen Weißen beſchüße, welche die Gefeße übertreten, und gegen das räuberiſche Geſindel, welches ſich plündernd und weges
lagernd auf den Grenzen herumtreibt. Eine ziemlid bes deutende Anzahl von Weißen bewerben ſich um die Auf nahme in den Stamm der Cherokees . Viele Weiße heiraten
indianiſche Frauen, um an den jährlichen Einkünften des Stammes teilnehmen zu können. Allein dieſe Leute üben nur einen nachteiligen Einfluß aus und tragen nur zur
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Geburten und 12,052 Todesfällen, Rhône-Mündungen mit 16,208 Geburten und 19,045 Todesfällen ; Gironde mit 16,065 Geburten und 16,374 Todesfällen. In allen dieſen
Departements, mit Ausnahme der beiden leşteren, über ſteigt die Zahl der Geburten diejenige der Todesfälle. Die Departements mit den niedrigeren Zahlen find: Nieder alpen 3336 Geburten , 3837 Todesfälle ; Hochalpen 3518 Ge burten, 3464 Todesfälle; Tarn und Garonne 3735 Geburten, 4566 Todesfälle; Gers 4603 Geburten, 542 Todesfälle;
Lozère 4620 Geburten , 3315 Todesfälle ; Hoch -Pyrenäen 4858 Geburten, 4967 Todesfälle. Ausgenommen das Hoch alpen- und das Lozère-Departement, zeigen alle dieſe De partemente ein Ueberwiegen der Geburten über die Todesfälle. (G. g.)
* Die Bevölkerung von Konſtantinopel. Die jüngſte Volkszählung in der Hauptſtadt des Dttomaniſchen Reiches hat eine Geſamtbevölkerung von 871,562 Seelen ergeben , welche ſich nach den verſchiedenen Raſſen und Religionen folgendermaßen verteilt . 384,910 Muslimen , worunter 201,339 Männer und 179,581 Weiber , 152,471 Grieden , worunter 91,704 Männer und 60,937 Weiber ;
149,590 Armenier , worunter 83,770 Männer und 65,720 Weiber ; 4377 Bulgaren , worunter 3977 Männer und 400 Weiber ; 6442 Katholiken , worunter 3209 Männer und 3233 Weiber ; 44,361 Iſraeliten , worunter 22,394 Männer und 21,967 Weiber ; 819 Proteſtanten , worunter 488 Männer
dige Gefahr für den Frieden und das gute Einverſtändnis
und 331 Weiber ; 1082 Latiner, worunter 528 Männer und 544 Weiber, 129,243 Ausländer , worunter 101,205 Männer
der verſchiedenen Stämme untereinander.
und 28,038 Weiber ; im ganzen 871,562 Einwohner, wos
Depravation der Indianer bei , denn ſie ſind eine beſtän (G. g.)
reich. Im amtlichen Journal vom 10. September hat
von 508,814 Männer und 364,751 Weiber . Die Geſamtzahl von 871,562 Seelen umfaßt eine
das allgemeine Statiſtiſche Bureau des franzöſiſchen Handels miniſteriums eine Zuſammenſtellung der Zahl der Geburten
große Anzahl Individuen, welche keine ſtändigen Bewohner von Konſtantinopel ſind. Sie beſtehen aus Junggeſellen
und Todesfälle, welche im Lauf des Jahres 1884 ſtatt:
und Handarbeitern , die großenteils aus Kleinaſien kommen
fanden, veröffentlicht und das gegenſeitige Verhältnis der ſelben hervorgehoben.. Die Geſamtzahl der Geburten war
und zur idwebenden Bevölkerung der Stadt gezählt werden
* Die Bewegung der Bevölkerung von Frank
können .
957,758, die der Todesfälle nur 858,784, ſo daß die Ges
Zieht man die Ausländer ab, ſo beläuft ſich die männa
burten um 98,974 vorſchlugen . Die Zahl der Geburten
liche Bevölkerung der Hauptſtadt auf 407,609, welche ſich nach Stand und Beruf folgendermaßen verteilt : Regierungs
iſt ſeit 1881 beinahe ſtationär, wo ſie 937,057 betrug ; im Jahre 1882 finden wir 935,566 ; dieſe Zahl ſteigt 1883
auf 937,944, wird alſo von derjenigen von 1884 um 19,814 übertroffen . Bei den Todesfällen nimmt die Progreſſion ſeit 1881
beſtändig zu ; damals betrug die Geſamtzahl 828,828, ſtieg im folgenden Jahr auf 838,539 und im Jahre 1883 auf
beamte 24,112, Kaufleute , Handwerker und
Gewerbe
treibende 133,297 ; Zöglinge der Schulen 156,219, Kinder, welche keine Schule beſuchen , und Männer ohne Beruf 96,981, im ganzen 407,609 Köpfe. Nach dieſer ſtatiſtis den Aufzählung würden auf tauſend Einwohner kommen : 59 Beamte, 327 Kaufleute, Handwerker und Gewerbe
841,101, ſo daß der Mehrbetrag im vorigen Jahr ſich auf 17,684 beläuft. Die Departements, welche die höchſten Zahlen zeigen, ſind: Seine mit 80,270 Geburten und
treibende, 376 Sdüler und 238 Kinder und Berufloje.
72,535 Todesfällen ; Nord mit 50,950 Geburten und
menier.
35,563 Todesfällen ; Pas-de-Calais mit 25,919 Geburten
* Von Oberſt Prichewalsky's Expedition . Der ruſſiſche Generalſtab hat von Oberſt Prichewalsky nach : ſtehendes Telegramm erhalten , welches von Dicha batiert und am 19. Auguſt daſelbſt aufgegeben worden iſt: ,, 1 ./12. Juli. Es iſt unmöglich , über die Keriberge in
und 18,568 Todesfällen ; untere Seine mit 25,086 Ge
burten und 13,183 Todesfällen ; Nordküſten mit 17,620 Ge burten und 14,851 Todesfällen ; Jde und Vilaine mit 17,204 Geburten und 15,710 Todesfällen ; Morbihan mit 16,546
Ferner ergibt die Statiſtik, daß das Verhältnis auf tauſend Köpfe ergibt 364 Muslimen, 410 Griechen und 386 Ar (G. g .)
Litteratur.
78
Tibet einzubringen ; die Engpäſſe find für unſere Saums tiere ungangbar, und die Chineſen haben mittels Fels
Herrn v. Schöder auf einer Reiſe durch Südamerika be
blöcken alle Pfade verſperrt und alle Brüden zerſtört. Die
hat, iſt er nun mit ſeinem Begleiter nach Montevideo, Buenos-Aires und Aſunzion abgereiſt. Die ungünſtige
eingeborenen Völkerſchaften haben uns trop dem Verbot der Chineſen freundlich aufgenommen und hegen ſehr aus: geſprochene Sympathien für die Ruſſen. Wir werden den Monat Juli in den Schneegebirgen zwiſchen den Flüſſen Keri und Khotan verbringen. Gegen Mitte Auguſt werden
wir nach Khotan und dann dieſem Fluſſe entlang nach ( G. g .) Afſu geben. Alles ſteht gut. " * Der Aufſtand der Mohamebaner in Weſt afrika . Mr. Lewis , der Ronſul der Vereinigten Staaten in Sierra Leone , hat an ſeine Regierung einen langen Bericht über eine große Erhebung der Mohamedaner in Weſtafrika gerichtet, welche ſich angeblich über die ganze Weſtküſte vom Flufje Sherbro bis zum Niger erſtrecken und das Heidentum
und alle Hinderniſſe niederwerfen ſoll, herrſchen des Jslam im Wege ſtehen . Unternehmens ſoll ein neuer Mahdi vom Stamme der Mandingos, jein.
welche dem Vor Der Anführer des namens Samonda , Nach Mr. Lewis '
Darſtellung iſt dieſer Samonda ein Menſch von unges wöhnlicher Intelligenz und merkwürdiger Thatkraft ; es iſt ihm vor fünf Jahren die Idee gekommen , er ſei von Gott außerſehen und berufen worden , um ſein Land von allem zu befreien , was ſich der Ausbreitung der Religion Mohameds widerſeße. Zu der Zeit, wo Mr. Lewis dieſen Bericht
( chrieb, nämlich am 14. Juli v. I., organiſierte Samonda ein Heer, welches nicht weniger als hunderttauſend Mann
zählen ſollte, und die ganze moslimiſche Jugend ſoll ſich (G. g .) unter ſeinen Fahnen geſammelt haben . aus jüng Venezuela . In den gegebenen ,, Mit ſt teilungen des Hamburger Geographiſchen Vereins für 1884 " ſind zwei Berichte von Dr. W. Sievers über ſeine Reiſen in Venezuela enthalten . Dr. Sievers gibt *
einige intereſſante Einzelheiten über die noch bemerkbaren Reſultate des großen Erdbebens , welches am 26. März 1812 die Nordküſte von Südamerika erſchütterte, und dilbert
eine Reiſe , welche er im November und Dezember 1884
von Caracas nach Puerto Cabello machte. Das beſondere Intereſſe dieſer Schilderungen liegt darin , daß Dr. Sievers als Schüler der Profeſſoren v. Richthofen und Wagner
griffen. Nachdem er einige Zeit in Porto Alegre verweilt
Witterung, welche während eines großen Teiles ihres Aufenthaltes geherrſcht, hat ſie vom Beſuch der deutſchen Kolonien der Provinz abgehalten. Auf ihrer Rückreiſe von Paraguay über das Gebiet der Miſſionen werden ſie viel
leicht dieſe Kolonien beſuchen und ſich mit eigenen Augen von deren blühendem Zuſtande überzeugen können. Nach der „ Reforma" von Porto Alegre foll der Prinz ſich nach
den Verkaufsbedingungen eines ausgedehnten zur Koloni ſation geeigneten Landſtridis erkundigt , aber gefunden
haben, daß der Preis viel höher war als im Innern der Provinz Paraná. Es wäre ſehr zu wünſchen, daß eine
Koloniſations-Geſellſchaft für jene Gegenden des gemäßigten Südamerika zuſtande käme, um auf dem allein praktiſchen Wege eine deutſche Maſſenauswanderung dorthin zu lenken .
Litteratur. „Eine klimatologiſche Studie über die Eiszeit“ betitelt ſich ein Aufſatz , den Dr. C. Lang, Direktor der meteoro logiſchen Zentralſtation in München, im Novemberheft der Zeit (drift „ Das Wetter “ veröffentlicht und in welchem die Beding.
ungen des Vor- und Rüdjchreitens der Schneegrenze, der Gletſcher bildung und des Schwankens der Gletſcherzungen in ſelten klarer Form beſprochen werden . Die überwiegende Bedeutung, welche in allen Diskuſſionen der Urſachen der Gletſcherbildung den Nieder ſchlagemengen zuzuerkennen iſt, wird treffend illuſtriert durch eine Ueberſicht der Verbreitung der Gletſcher in kontinentalen und oze aniſchen Klimagebieten . Der eigentlich originelle Teil der Arbeit liegt aber in dem Nachweis des verſchiedengradigen Zuſammene hangs zwiſchen den ſekularen Schwankungen der Niederſchläge,
Jahres- und Sommertemperaturen mit den Gletſcherbewegungen, wobei uns die Art der Verwendung von Flachland- und Vorberg beobachtungen für die Beurteilung beſonders der Niederſchlags verhältniſſe im Hodygebirge ſehr intereſſiert, und in dem ebenſo klaren, wie ſcharfſinnigen Verſuch des Nachweiſes, daß Eiszeiten mit Perihelſommer der nördlichen Hemiſphäre zuſammenfallen
miiſſen . Soweit auf rein klimatologiſchem Boden die Frage der Eiszeit geklärt werden kann, ſcheint es uns hier geſchehen ; allein
dieſelbe hat auch eine orographiſche Se
förmlich zum Geographen mit Hinblick auf geographiſche Forſchungen herangebildet worden iſt. Seine Notizen über ſeine Reiſe ſind ein gutes Vorbild von dem, was umfaſſende geographiſche Beobachtung ſein ſoll, und gewähren viele nüßliche Belehrung über das Land , das er bereiſt, und über die Städte , welche er beſucht hat. * Die Deutiden in Braſilien. Prinz Friedrich
Karl von Hohenlohe (geb. 1855 , Sohn des Herzogs von Ujeſt), bekanntlich Präſident einer Koloniſations -Geſellſchaft, welche vor zwei Jahren ſich in Berlin gebildet hat, um die deutſche Auswanderung nach Ländern zu leiten , wo
und wir möchten wüns
ichen, daß die Geographen auf die hier gebotene klimatologiſche
Baſis eine Erklärung mit dem orographiſchen Materiale einmal weiterzubauen verſuchen möchten .
R.
* 31111ſtrierter Fiihrer im Deſterreichiſchen Alpen
gebiet mit beſonderer Berückſichtigung der Eiſenbahnlinien und der von ihnen aus durchzuführenden Hochtouren. Mit 150 Juuſtrationen und 13 Karten . Wien, Şartleben, 1885. Dieſer Führer iſt ein hübſches Reiſehandbuch für ſolche, welche flüchtiger reiſen , vor wiegend den Eiſenbahnen folgen und in einem einzigen handlichen
Buch das Geſamtgebiet der öſterreichiſchen Alpenwelt überſchauen wollen . Es behandelt daher auch die gebirgige Umgebung von Wien und Wiener Neuſtadt, St. Pölten , Maria-Zell a . , ſowie
aus derſelben Nußen und kommerzielle Vorteile für Deutſch
das Alpengebiet bis Tarvis, Trieſt, Pontebba, Fiume und Pola, dann Kärnten, Krain , Salzkammergut, Tirol, Vorarlberg und die
land entſpringen können, iſt dermalen in Begleitung des
Dolomiten. Die Schilderung iſt fürzer und gedrungener als in
Litteratur..
den vorerwähnten Führern, aber erſchöpfend genug für den fliich tigen Reiſenden und reich illuſtriert. Die dreizehn vorziiglichen ,
79
ſpezielle Belehrung und Ausfunft als in den ſeitherigen Reiſe handbiichern von Bädeker, Meyer, Amthor, Trautwein 11. a. m.
eleganten und deutlichen Spezialfarten befriedigen das Bediirfuis
Gleich der vorgenannte Führer durch Kärnten von Joſeph Rabl
des Touriſten ſelbſt für die etwa auszuführenden gelegentlichen Gebirgstouren zur Genüge. Auf dieſe Weiſe fommt das Buch
iſt ein vortreffliches Hand- und Reiſebuch für eine Provinz des
den Wünſchen und Anſprüchen des größeren Kreiſes der Sommer reiſenden entgegen und wird überall willkommen geheißen werden. * Meurer , Julius: ylluſtrierter Führer durch Weſt
ungemein reich und ſeither noch viel zu wenig gekannt iſt und eben darum ſehr verdient, die Aufmerkſamkeit der Sommerwan derer aus dem Norden und Weſten auf ſich zu lenken . Das Syſtem ,
tirol und Vorarlberg , umfaſſend das öſterreichiſche Gebiet
wornach die Hartleben'ſchen 3lluſtrierten Reiſeführer gearbeitet
öſterreichiſchen Alpenlandes, welche an landſchaftlichen Schönheiten
von der Linie Scharnitpaß - Zirl- Innsbrud -Brennerpaß -Bozen -Ala .
ſind , iſt ein äußerſt rationelles und erprobtes und involviert die
Mit ſechs lichtdruđbildern, 50 Holzſchnitt- Illuſtrationen und ſechs Karten. Wien, Şartleben. Dieſes Reiſebuch handelt nur von dem genau umſchriebenen weſtlichen Teil des öſterreichiſchen Alpen gebiets und verdient den Nameu einer trefflichen Monographie,
eingehendſte Belehrung über Land und Lente und die Art zu reiſen, bietet die zuverläſſigſten lokalen und topographiſchen Notizen und an allgemeiner und ſpezieller Belehrung weit mehr als die ſonſti gen Reiſebücher, und ſteht dem Touriſten in jedem einzelnen Fall
denn der Verfaſſer, Präſident des Deſterreichiſchen Alpenklubs, iſt
mit dem beſten Rat und der erſchöpfendſten Anskunft bei . Wir
in dieſem Gebiet zu Hauſe wie wenige andere und ſchildert aus eigener Anſchauung. In dieſes Gebiet aber fallen bekanntlich die herrlichſten Partien der Hochgebirgswelt : die Stubaiers, die Dets.
fönnen nur den Fleiß, die Umſicht und die patriotiſche Wärme anerkennen, mit welcher das vorgenannte Buch von Rabl das herrliche Kärntnerland ſchildert und dem Alpenwanderer zugänglich
thalers , die Ortler-Alpen mit den ſüdlich anſtoßenden Gruppen
macht. Ein gleiches gilt von
des Nonsbergs, Sulzbergs, der Giudicarien , der Brenta - Dolomiten , der Preſanella- und Adamello- Gruppe 11. ſ. w ., die geſuchteſten Ziele unſerer Alpenſteiger. Auch dieſes mit anerkennenswertem
mark und Krain mit beſonderer Berückſichtigung der Alpen
gebiete von Oberöſterreich und Oberkrain. Mit 50 Juuſtrationen
Fleiß ausgearbeitete und gehaltvolle Buch verbindet in der ange nehmſten Weiſe Führung und Beſchreibung und bietet durch ſeine
und 2 Karten . Ebendaſelbſt. 1884 . Die ſchöne grüne Steiers mark mit ihren Bergwerken und wildreichen Jagdrevieren, die
genaue Lokalfenntnis und Erfahrung und durch ſeine guten Spezialfarten dem Alpenwanderer alles Wiſſeuswerte und Nets
oberöſterreichiſchen und die oberfrainiſchen Alpen verdienen eben
* Rabi , Joſef : Jlluſtrierter Fithrer durch Steier
wendige, und vielleicht in bequemerer Form als manches ähnliche
falls in hohem Grade den Beſuch der Sommergäſte und wimmeln von Naturſchönheiten, deren Fülle , Großartigkeit und Lieblichkeit
Werk. Beſonders aber verdient das Prädikat einer wertvollen Monographie das folgende Buch :
derjenige nicht ahnt, welcher dieſe Gegenden nur auf der Eiſen bahn durchfliegt, von welchen aber ein Blick auf die treffliche
* Meurer , Julius : flluſtrierter Spezialführer durch die Ortler - Alpen. Mit 35 JŲuſtrationen , 6 licht drudbildern und 3 Karten . Wien, Hartleben . Die Ortler (Sruppe iſt in neueſter Zeit ein Lieblingsziel unſerer Alpenwanderer und Forſcher geworden, und es hat ſich längſt für dieſe wie fiir Fernerſtehende das Bedürfnis einer eingeheuden Monographie über dieſes ſo hochintereſſante Alpengebiet herausgeſtellt. Eine ſolche in vollſtändigſter Reichhaltigkeit und Grindlichkeit und praktiſcheſter Geſtalt bietet uns der verdiente Präſident des Deſterreichiſchen Alpenvereins nun in dem vorliegenden handlichen Buche. Dieſes zerfällt in zwei Abteilungen, nämlich den praktiſchen Teil iiber das nördliche , weſtliche und ſildliche Gebiet des Ortler, und in den beſchreibenden Teil, welcher die Schilderung der phyſiſchen Beſchaffenheit des Ortler- Gebietes und die geſchichtliche Darſtellung
der Erſteigung ſeiner verſchiedenen Höhen , ſeiner Zufahrtsſtraßen und Angriffsſtationen und die Anleitung zit dieſen Beſteigungen 2c. umfaßt. Dazu kommen noch eine Menge praktiſcher Notizen und
Karte von Freytag ſchon einigen Begriff zu geben imſtande Die großartige waldreiche Fochgebirgswelt der Steiermark, Umgebungen von Laibach und Stein, das Gottſcheer-ländchen, Adelsberger Höhle , der Zirknißer See 11. a. ſind Punkte,
iſt. die die die
auf jeden Naturfreund eine hohe Anziehungskraft ausüben werden . Dieſem Führer durch Steiermark und Krain find ſpeziell die örtlichen Forſchungen und Erfahrungen von nahezu ſechzig der tüchtigſten Alpenwanderer zugrunde gelegt und geſchidt in den einzelnen Ortsſchilderungen verwertet, worans ein ſehr genauer und zuverläſſiger Wegweiſer entſtanden iſt. Rabi, Jojef : 3111ſtrierter Fibrer durch Salzburg,
das Salzkammergut und Berchtesgaden mit beſonderer Berückſichtigung der Umgebungen von Salzburg , Jichl, Berchtes
gaden, der Salzkammergut-Seen und der Hohen Tauern. Mit 50 Juuſtrationen und einer Karte. Wien, Beſt, Leipzig , A. Hart Auch dieſes Reiſebuch für die Perle der lebens Verlag, 1885.
deutſchen Alpenwelt iſt unter Mitwirkung der beſten Ortskundigen
Ratſchläge, Führertarife aus den verſchiedenen Ortſchaften, eine
und örtlichen Forſcher nach demſelben rationellen Prinzip und er
vorzügliche Spezialkarte und zahlreiche inſtruktive Jüuſtrationen ,
probten Syſtem bearbeitet, wie die beiden vorerwähnten Bücher und
ſo daß das Buch allen Anforderungen entſpricht , und ſowohl eine ſehr eingehende Beſchreibning, wie einen zuverläſſigen Fihrer
der nicht uns vorliegende, aber in touriſtiſchen Kreiſen ſehr beliebte und geriihmte „Illuſtrierte Führer durch das Puſterthal nnd die
für alle darbietet , welche jenem Monarchen der Tiroler Hoch gebirgswelt näher treten wollen.
Dolomiten “, iſt ungemein praktiſch angelegt, vorzüglich illuſtriert und mit einer ſehr guten und genauen Freytag'ichen Karte im
* Rabl , Joſef : flluſtrierter Führer durch Kärnten. Mit beſonderer Berüdſichtigung der Städte Klagenfurt und Villach , ſowie der tärntneriſchen Seen und ihrer Umgebungen. Mit 50
Maßſtab von 1 : 300,000 verſehen und iſt nach unſerer unmaß geblichen Anſicht eines der vorziiglichſten Bücher über das herr
JŲuſtrationen und einer Karte. Wien, Beſt, Leipzig , A. Hartleben, 1884 . Angeſichts des großen Touriſtenſtromes, welcher ſich all
glüdliche Gedanke des Verfaſſers, nicht nur zu führen , ſondern auch zu ſchildern , iſt in dieſem Buche mit beſonderem Glück ver. wirklicht und macht es ebenſo anziehend zum Studium vor wie
jährlich nun auch nach den deutſchen Alpen wendet, hat die thätige Verlagshandlung A. Hartleben in Wien es unternommen , eine Sammlung von illuſtrierten Spezialfiihrern für die einzelnen öſterreichiſchen Alpenländer herauszugeben , wie ſie der um die alpine Litteratur hochverdiente Iwan v. Tſchudi in St. Gallen für die einzelnen Teile der Schweiz und für Savoyen ſeiner Zeit
gebracht hat. Dies iſt für die Touriſten eine ungemeine Er leichterung, denn ſie bekommen in dieſen Rahmen unendlich mehr
liche Salzburger Land, dieſes Mekta der Alpenwanderer. Der
zur freundlichen Erinnerung nach der Reiſe.
* Meurer , Julius: Führer durch die Dolomiten . Vierte Auflage. Gera, Leipzig, Wien, Amthor'ſche Verlagsbuch handlung, 1885 . Der von dem verſtorbenen Obermedizinalrat Dr. Kurtz verfaßte Führer durch die Dolomiten liegt hier in
einer vierten, gänzlich umgearbeiteten und vermehrten Auflage vor und hat dadurch ſehr an Wert gewonnen . Der ſo hochinter
Litteratur.
80
eſſante Teil der öſtlichen Alpen, die neuerdings ſo beeifert von
Einladung zum
Touriſten beſuchte Region der Dolomiten , wird dadurch den
Alpenwanderern erſt recht erſchloſſen und die Bereiſung derſelben genußreich, leicht und lohnend gemacht und der ſorgfältig behan delte Text wie die vortreffliche Karte der ganzen Region im Maßſtabe vou 1 : 288,000 machen dieſen „ Führer“ zu einem der beſten und wertvollſten Beiträge zu unſerer alpin -touriſtiſchen
Abonnement ! zur Insertion ! Die unterzeichnete Verlagshandlung ladet hiemit zum Abonnement auf
Litteratur .
Preis
Preis
pro Quartal M. 9.
Neue Karten und Kartenwerfe.
Dingler's
pro Quartal M.9 .
Juſtus Perthes : Spezialkarte von Afrika . Zehu
Blatt im Maßſtab 1 : 4,000,000. Entworfen von Herm. Habenicht. 3. Lieferung: Blatt 2 : Zentral-Sahara, bearbeitet von Br. Do mann ; Blatt 7 : Kongo, bearbeitet von Herm. Habenicht. Gotha, Juſtus Perthes, 1886. Als die Ruhmesblätter der deutſchen Afrikaforſchung ſind die beiden Sektionen zu bezeichnen , welche
Polytechnisches Journal in Wochen - Heften
die vorliegende Lieferung bietet, denn an der Erforſchung der auf ihnen dargeſtellten Gebiete haben deutſche Reiſende einen ganz iiberwiegenden Anteil gehabt. Die Kenntnis der Zentral-Sahara iſt mit Ausnahme des Tuareg- Landes faſt ausſchließlich deutſchen
ein. Preis pro Quartal von 13 Heften M. 9.
Forſchern zu verdanken, deren Arbeiten für alle Zeiten die Grund
waren , bleiben unverändert: es umfasst nach wie vor
lage umjeres Wiſſens bilden wird. Die neuere Afrifa -Forſchung eröffnete in glüdlicher Weiſe der Deutſche Hornemann durch ſeinen
alle Zweige der Technik. Es bringt in zahlreichen
Zug von Kairo nach Murſuk im Jahre 1798. Nach längerer Ruhepauſe folgen dann in dieſem Gebiete in ſchnellem Anſchluß Barth 1846 und 1850—55, Vogel 1854, Beurmam 1862, beide Märtyrer ihres Wiſſensdranges, Rohlfs 1864 , 1865–67, 1874
Die Ziele, welche für Dingler's Polytechnisches Journal
während seines 66 jährigen Bestandes stets massgebend
Originalabhandlungen und in eingehenden Berichten aus den deutschen Patentschriften,sowie aus den her
vorragendsten Fachblättern des In- und Aulandes, eine möglichst vollständige Uebersicht der Fortschritte auf dem gewerblichen und industriellen Gebiete , aller
.
wertvollen Erfindungen und Verbesserungen, mit einem
und 1879, Nachtigal 1869–74 , v . Bary 1877 , Freund 1881
Worte, eine erschöpfende Chronik aller bemerkenswerten
u. b. a.
Erscheinungen auf dem Gebiete ausübender Natur
Daneben ſind auch die Erfolge anderer Forſchungen berüdſichtigt, wie die Namen eines Dupeyrier, Flatters , Richardſon, Camperio 11. a. zeigen. Tunis iſt zum erſten Male auf einer Karte nach der neuen franzöſiſchen Aufnahme bearbeitet und zeigt ſich infolge deſſen in weſentlich veränderter Geſtalt.
wissenschaft.
An die resp.Abonnenten !
Das Kolorit fiir die
phyſikaliſchen Verhältniſſe läßt deutlich erkennen , daß man ſich im
Durch die wöchentlichen Lieferungen des Journals
allgemeinen eine ganz falſche Vorſtellung von der Verbreitung der
in der Stärke von 21/2 bis 3 Bogen Text mit Abbil dungen in Holzschnitten und auf 2 bis 3 lithographischen
Sandwiiſte macht. - Ein weit größeres Intereſſe erregt augen
blicklich Sektion 7 , welche das Gebiet des Kongo darſtellt; ihre
Tafeln – wird den verehrl . Lesern der überaus reichhaltige Stoff rasch zugeführt.
Veröffentlichung kommt bei dem augenblicklichen Streite zwiſchen
Pechuel -Loeſche und Stanley, dem Entdecer des Nongo und Gründer
An die resp. Inserenten !
des Kongo -Staates, ſehr gelegen . Alle Punkte, welche in dieſen
Streitſchriften aufgeführt werden , ſämtliche Stationen des jungen Nongo-Staates, dem Dr. Pechuel-Loeſche ein Ende mit Søreden glaubt vorherſagen zu miiſſen , ſind auf dem vorliegenden Blatte erwähnt. Daneben zeigt es auch den hervorragenden Anteil der deutſchen Nation an der Erforjdung der ſüdlichen Kongo- Gebiete. Als erſter drang 1876 Pogge zu dem ſagenhafteu Muata Jamvo vor ; Schütt drang als erſter 1879 nach Norden vor und er öffnete die Bahn für Wißmanns glüdliche Durchkreuzung des Kontinents im Jahre 1882 ; Buchuer gelangte 1880 auf neuem Wege zum Muata Jambo ; V. Mechow erforſchte 1880 den lauf des Kuango, welchen Dr. Wolff und Dr. Büttner 1885 vom Kongo aus wieder erreichten. Den Schluß dieſer Thätigkeit bildet vor läufig Lieutenant Wißmanns glorreiche Fahrt auf dem Kaſſai 1885, deren unerwartete, aber um ſo bedeutendere Ergebniſſe zum erſten Male auf der Starte erſcheinen. Auch die jüngſte Durch kreuzung des Kontinents durch die Portugieſen Capello und Ivens 1884–85 iſt bereits in die Karte eingetragen, ein Beweis, wie erfolgreich der Verfaſſer bemüht geweſen iſt, die Reſultate der neueſten Forſchungen zu benußen.
Nebstdem erstreben wir durch das wöchentliche regel mässige Erscheinen einen immer noch regeren Verkehr durch die dem Juurnal beigegebenen Inserate, u. a. durch reichlichere Aufnahme von Stellengesuchen , Submissionen
u. dgl. Dingler's Polytechnisches Journal erscheint in einer Auflage von mindestens 2700 Exemplaren , erlangt also
eine Verbreitung , wie sie wenig technische Zeitschriften solcher Bedeutung besitzen .
Die Preise für Ankündigungen werden mit 15 Pf. von
für den Raum rechnet.
1 mm Höhe bei 107 mm Breite be
Preis einer ganzen Seite M. 24. Preis einer halben Seite M. 12.
Preis einer Doppel-(Quart-)Seite M. 45. Für Wiederholungen bewilligen wir angemessenen Rabatt. Ebenso nehmen wir bei Franko -Zusendung Pro spekte, Preislisten etc. zum Beilegen an ; die Gebühren dafür werden mit M. 36 berechnet.
Stuttgart, 1886 .
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
Druck und Berlag der 3. G. Cotta'iden Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Sluslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
J. G. Gotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und München. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 2. Februar
Nr. 5.
1886 .
Jährlich 62 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſkripte und Rezenſions -Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Aurzeſtraße Nr. 6/11 , ju jenden . --Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
2. Aus Java's Inhalt : 1. Aus den Jugenderinnerungen eines Afrikanders. Von Dr. A. Zimmermann . S. 81 . Bergen . Von Emil Metzger. S. 83. 3. Die Buſchneger in Guiana. (Schluß .) S. 88. - 4. Die Zeiteinteilung bei den alten Mericanern. 5. Kambodſcha und ſeine Bewohner. Von Chr. Nuſjer. S. 93. 6. Die Armee der Vereinigten Staaten . S. 96 . 9. Notizen. S. 100 . 7. Geographiſche Neuigkeiten. S. 97. – 8. Litteratur. S. 99.
Aus den Jugenderinuerungen eines Afrikanders. Von Dr. A. Zimmermann.
Der frühere Leiter des Amſterdamer Handelsblattes, van Duyl, hat vor einiger Zeit ein Büchlein unter dem
„Een Afrikander, naar het oorspronkelijk hand schrift uitgegeven, veröffentlicht. Es enthält dasſelbe
Titel :
die im boeriſchen Dialekt abgefaßte Selbſtbiographie eines Herrn van Gaß, welcher als Jüngling einen großen Teil der harten Schidſale der Gründer des Transvaalſtaates mit durchgelebt hat. Bei dem täglich wachſenden Anteil, den Deutſchland an den Sdjidjalen der Voeren nimmt, ſeit es Nachbar derſelben geworden iſt, dürften einige Mit teilungen aus den Erlebniſſen des Afrikanders auch bei
deutſchen Lejern Anteil eriveden .
Der Vater des Erzählers ſtammt aus Zürich. Nach
nach dem noch freien Norden. Der Grund lag in ihrem
Haß gegen das engliſche Regiment im Rapland. Bis Ende des 18. Jahrhunderts hatte das geſegnete Land unter der rüdſichtsloſen Herrſchaft der Holländiſch - Oſtindiſchen Kom pagnie geſtanden . Von ihr riſjen die Boeren fidh 1795 los und proklamierten die Republik , aber nur um bald darauf durch England annektiert zu werden . Bis dahin hatten die Holländer den Landbau ausſchließlich durch die
zahlreichen, zu Sklaven gemachten Hottentotten getrieben. Nun erklärte England die Schwarzen plößlich für frei, ſo daß in erſter Linie vollfommener Mangel an Arbeitern
eintrat. Die Kolonialregierung beſtrafte ferner jede Grau ſamkeit und Rohheit der Boeren gegen die Schwarzen, welche bisher ungeahndet geblieben, ſehr hart und machte ihnen überhaupt das Leben in jeder Weiſe idwer. Die
Folge war, wie geſagt, eine immer anſchwellende Aus wanderung der Holländer nach nicht engliſchen Gebieten.
dem er faſt alle Feldzüge Napoleons mitgemacht und als Dffizier bei Waterloo ſchwer verwundet und gefangen worden war, ging er 1822 mit ſeiner Familie nach Rap
In langen Reihen zogen die gut bewaffneten Boern mit ihren Ochſenwagen inmitten großer Viehheerden nach dem
land, wo Verwandte ſeiner Frau in guten Verhältniſſen
Hottentotten- und Raffernlande.
lebten. Als die Frau nach einigen Jahren ſtarb, über
Auch Herr Malan ſchlug Ende 1830 mit einer Ge ſellſchaft von 30 Wagen den Weg nach Natal ein, wo damals die Zulus herrſchten. In der Gegend des jeßigen
gab er ſeinen älteſten Sohn, eben den Memoirenſchreiber, einem angeſehenen holländiſchen Bürger , H. P. Malan, zur Erziehung, während er ſelbſt als Schulmeiſter unter den Holländern ſein Brot erwarb.
Die boeriſche Bevölkerung der Kapkolonie war zu
jener Zeit in großer Erregung. Eine Familie nach der
Queenstown wurden Boten nach allen Seiten entſandt, um die Beſchaffenheit des Bodens und die Geſinnung der Wilden zu erforſchen . Auf ihre Berichte hin gab der Trupp den Zug nach Oſten auf und ging über den Dranje
anderen ſchlug ihren oft ſehr großen Beſit für einen Spott
Fluß am Caledon hinauf nach Norden, bis in fortwähren
preis los und zog auf Odſenwagen mit ihren Viehbeerden
den Rämpfen mit den Eingeborenen der Vaal-River erreidt
Ausland 1880, Nr. 5 .
13
82
Aus den Jugenderimerungen eines Afrifanders.
wurde. Malan ( chlug hier ein feſtes Lager auf und ſchide
wenigen Orten tobte noch der Kampf. So beſonders um
Kundidafter in das jeßige Transvaal-Gebiet mit dem
einen jäh zur Ebene abſtürzenden Hügel, auf welchem 10 Boeren ſich verzweifelt gegen eine fünfzigfache Uebermacht
Auftrag, auch die Delagoa:Bay zu beſichtigen. Während der Abweſenheit der Boten traf im Lager ein ſehr an
wehrten. Schon begann den Tapfern die Munition aus
geſehener Boer namens Retief ein.
zugehen, als Freunde ihre Lage bemerkten, ſich durch die Kaffern durchidhlugen und dieſe alsdann zur Flucht zwangen.
Er war mit ſeinen
Begleitern ſoeben in Natal geweſen und hatte mit dem Zulufönig Dingaan freundlich verkehrt. Dingaan hatte ſich bereit erklärt , die Boeren in ſein Land aufzunehmen
Die Verluſte der Boeren waren ſehr erheblid ), ein
zelne Abteilungen waren völlig überraſcht und nieder
Netief riet, dies
gemacht worden , andere nach hartem Kampfe unterlegen.
Anerbieten anzunehmen und den weiteren Zug nach Nor
Ueberall hatten hier die Wilden erbarmungslos gehauſt,
den aufzugeben . Als die heimkehrenden Kundidafter bes richteten , daß das Land zwar gut, aber im Sommer arg
Frauen und Kinder lagen ſchrecklich verſtümmelt am Boden,
und ihnen einige Gebiete abzutreten.
von Fiebern geplagt ſei, entſchloß fid) Malan, allerdings mit ſchwerem Herzen , Retief's Rat zu folgen . Shm , wie
einer Reihe angeſehener Männer, war die Nadybarſchaft der Engländer in Natal bedenklich, er fürdytete, daß dieſe ernten würden, wo ſie gefäet. Ein hochgeſtellter Englän
der hatte ihm einmal ſcherzend geſagt, der Wahrſpruch jedes Briten ſei : ich trage meine Ehre in der Taſche und bin kein Sklave meines Worts, und er meinte, das ſei nur zu wahr.
So zogen denn 1837 die langen Wagenreihen der Boeren über die Drachenberge auf verſchiedenen Wegen in's Zulu-land. Am Tugela-Fluß wurden verſdiedene Lager bezogen. Die Familie Malan's fampierte mit wenigen anderen am Blaauwkraus-River . Die Schwierigkeit, große
Viehherden auf einem Fleck zu ernähren, nötigte zum zer:
Wagen und Geräte waren ganz zerſtört. Zu Tauſenden hatten ſich die Aasvögel hier geſammelt und machten, wie Gaß erzählt, ein geradezu unbeſchreibliches Getöſe, wenn man ſie ſtörte. Verwundete Kaffern gaben die erſte Runde vom Ge dhide Retief's und ſeiner Begleiter. Mehrere Tage hatten
dieſelben freundſchaftlich mit Dingaan verkehrt und ohne den geringſten Argwohn eines Verrates hatten ſie jede Vorſicht vernachläſſigt. Als ſie dann eines Tags waffen los den Häuptling beſuchten, ließ dieſer ſie überfallen und bis zum leßten Mann niedermegeln. Van Gaß verſichert zu wiederholtenmalen , daß die vernommenen Zulus ſtets erklärt hätten, Dingaan wäre durch weiße Männer, Eng länder, zu dieſem ſchnöden Verrate verleitet worden. Die
Drachenberge. Aber daran war bei der Menge hülfloſer
niemand fürchtete etwas Schlimmes. Die Lager lebten wie
einen Angriff auf Dingaan, wurden aber zurüdgeſchlagen. Die Hülfsmannſchaften zogen nun wieder ab und mit ihnen eine Reihe Männer, welche in dem gefährlichen Lande nicht länger verweilen mochten. Das führerloſe Lager wurde bald darauf nochmals von den Raffern über fallen und drei Tage lang mit allen Kräften beſtürmt. Aber die Boeren leiſteten verzweifelten Widerſtand. Mit ihren langen Büchſen töteten ſie eine Menge Feinde und brachten ſie endlich zum Abzug. Ja, kühner geworden, überfielen ſie nun ihrerſeits bei Nacht das feindliche Lager
mit Freudenfeuer. Nur ein alter Boer zweifelte an der Richtigkeit der Vermutung. Ihm ſchien das Gewehrfeuer nicht von der Seite zu kommen, von wo man Retief zu erwarten habe ; auch fiel ihm die lange Dauer auf. Nun geriet man in Beſorgnis und ein Kundſchafter wurde zu Pferde nach den nächſten Lagern geſandt. Er kam bald
Frauen und Kinder, bei dem Mangel an Zugvieh, denn
die Zulus hatten einen großen Teil der Heerden geraubt, nicht zu denken. Man entidloß fidzuleßt, das Lager nach Möglichkeit zu befeſtigen und ſandte dann Boten nad
Hülfe aus. Als einiger Zuzug eintraf, machten die Boeren
an dem Orte, wo jeßt die Stadt Weenen liegt, und bradyten Dingaan eine große Niederlage bei. Während dieſer ganzen Zeit hatte der Erzähler wenig
gute Tage. Frau Malan, ſeine Pflegemutter, hatte näm
mit der Schredenskunde zurüc, daß unzählige Kaffern die Lager beſtürmten. Sofort fing Malan's kleine Schar die
lich nach ihres Mannes Ermordung einen ihrer Knechte, Potgieter, geheiratet, einen rohen Menſchen, der auf den
auf der Weide befindlichen Pferde ein, brachte Frauen und
jungen van Gaß einen beſonderen Haß geworfen hatte. Bei den häufigen Jagdausflügen gab er ihm die lebene
Kinder auf einem ſteilen Hügel unter und eilte bei Tages: anbrud, zu den anderen Lagerſtätten. Einige derſelben waren in die Hände der Angreifer gefallen , aber eine ganze Anzahl hatte die Wilden zurückgeſchlagen . Nur an
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ſchredliche Nachricht verbreitete im Boerenlager tiefe Nieder geſchlagenheit, viele rieten zu ſchleuniger Flucht über die
ſtreuten Lagern. Retief machte ſich bald nach der Ankunft mit 70 angeſehenen Boeren zu Dingaan auf, um den vor: her verabredeten Vertrag endgiltig abzuſchließen. In der Schar ſeiner Begleiter war auch van Gab's Pflegevater. Der für die Rückehr der Deputation feſtgeſepte Termin verſtrich, ohne daß etwas von Retief verlautet wäre. Aber im tiefſten Frieden, von Ausſtellung von Wachen und dergleichen war keine Rede. Eines Tages wurde van Gaß zu verſchiedenen Abteilungen geſandt, um Nachrichten ein zuziehen. Als er ſpät in der Nadt heimritt, erſcoll im Oſten und Nordoſten heftiges Gewehrfeuer. Sofort wurde in Malan's Lager alles lebendig, man rief fich freudig zu, die Deputierten ſeien glücklich zurück, man empfange fie
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gefährlichſten Aufträge. So mußte der Jüngling mehrfadı zu Pferde rieſige wilde Büffel aus dem Didicht auftreiben, um ſie in Schußnähe zu bringen. Zweimal haben bei
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Aus Java's Bergen .
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ſolcher Gelegenheit Büffel das Pferd van Gab's ange griffen und getötet, während er ſelbſt nur mit knapper Not entkam . Mit Krokodilen , Elefanten und Löwen hat
Gewehrfeuer. Nachdem ſie zweimal den Sturm erneut
er damals eine ganze Reihe gefährlicher Abenteuer erlebt.
öſtlichen Horizont. Die Boeren vereinigten ſich zuerſt zu einem lauten Dankgebet, dann bahnte ſich eine Abteilung
und ungeheure Verluſte erlitten hatten , gaben ſie den Kampf auf und verſchwanden bald in wilder Flucht am
Aber, meint er, die wilden Tiere hätten ihm nie eine ſolche Angſt eingeflößt als der Zorn Potgieters. Bei Ce: legenheit eines Refognoſzierungsritts in jenen Tagen nach
durch die Haufen der Gefallenen den Weg nach Dingaans
der Beſiegung Dingaans wurde van Gaß hinter einer
aus den leichten Hütten zu retten. Unverſehrt dagegen
wilden Honigbiene hergeſandt, um deren Stock zu ſuchen.
fand man die Reſte Retief's und der Deputation. Auf des erſteren Skelett lag nody die Reiſetaſche, welche den
Er fand denſelben in der That, nahm den Honig aus,
Stadt, die in hellen Flammen ſtand. Nur wenig war
ſchlief aber in der Mittagshiße ein. Als er an den Wald : ſaum zurüdkam , wo ihn die Begleiter mit den Pferden erwarten ſollten , fand er niemand vor. Die Patrouille
lenen Zulus wurden in den benachbarten Fluß geworfen, deſſen Waſſer dadurch auf Meilen rot gefärbt wurde. Er
war nämlich in das entfernte Lager ſchleunig zurüdbeor:
hat ſeitdem den Namen Bloed River behalten.
dert worden . Das Rufen der Genoſſen hatte er im Schlafe überhört. Mutterſeelenallein , ohne Waffen ſtand er nun in dem von Raubtieren wimmelnden Wald, während ein Regenſdauer nad dem anderen durch das dichte Laub ſchlug. Aber ohne Furcht ſiedelte er ſich in einem þohlen Baume an , hielt durch ein großes Feuer die wilden Tiere
Nach dieſem Sieg begannen die Boeren das Land unter ſich zu verteilen . Die Schar, bei welcher van Gaß lebte, hat ſich an der Stelle des jeßigen Pieter-Marişburg
fern, fing Vögel und Antilopen in Schlingen und dörrte ihr Fleiſch. Eines Tags fand er im Walde zu ſeinem Shrecken Kaffernſpuren. Er folgte indeſſen denſelben und fam unvermutet in einen Kraal, wo nur die Frauen an
weſend waren . Es gelang ihm, ſich mit ihnen und dann auch mit den Männern zu verſtändigen, welche von Dingaan abgefallen waren und ſich vor ihm verſteckt halten wollten . Er hatte mehrere Monate lang bei ihnen zugebracht und
ihre Freundſchaft gewonnen. Mit ſchwerem Herzen nur hat er endlich ſie verlaſſen und, von einigen Zulus be gleitet, das Boerenlager wieder aufgeſucht, wo man ihn
unterzeidineten Vertrag enthielt. Die Leichen der gefal
angeſiedelt. Doch noch einmal rückte der Zulufürſt gegen die Boeren vor, die ſich wiederum in einem Lager ver ſammelten. Wer weiß, wie die Entſcheidung ſchließlich ausgefallen, wenn nicht der Bruder Dingaan's, Panda, mit einer großen Schar Anhänger zu den Boeren über
gegangen wäre. In der entſcheidenden Schlacht ſtellte Pretorius den Panda ins Vordertreffen, um ſeine Treue zu prüfen. Erſt als nach hartem Kampfe ſeine Scharen
wankten, leiſteten die Boeren ihnen Hülfe und ſchlugen Dingaan auf's Haupt, der auf der Flucht umkam. Natal war damit erobert, und Panda wurde Zulufönig unter der Boeren Oberherrlichkeit.
Vei den Boeren war mittlerweile der allgemein ge
Nur bis zu dieſem Zeitpunkte, 1839, hat van Gaß die Schidfale der Boeren geteilt. Um den Mißhandlungen Potgieters zu entgehen, welcher ihn nicht länger bei Pre torius laſſen wollte, begab er ſich zu jener Zeit nach der
achtete Herr A. Pretorius mit einer Anzahl Begleiter aus
Kapkolonie zurück und ſuchte ſeiner Mutter Familie auf.
längſt tot geglaubt.
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weiter Ferne eingetroffen, um ſeinen bedrängten Lands :
Bis 1847 hat er dort gelebt, dann hat er als Jäger in
leuten zu helfen. Er fand an dem jungen van Gaß Ge
den Wildniſſen Afrifa's lange Jahre zugebracht, jeßt iſt er
fallen und machte ihn, da er die Kaffernſprache beherrſchte,
ein angeſehener Bürger Queenstowns. Pretorius hat, wie bekannt, mit ſeinen Anhängern
zu ſeinem Dolmetſcher. Der Erzähler ſah in dieſer Stel lung die angeſtrengte Thätigkeit des Führers, um die Boeren genügend zu verſtärken und für einen entſcheiden den Schlag gegen Dingaan fertig zu machen. Die Wagen wurden ſo eingerichtet, daß ſie bei Verteidigung des Lagers
eine ſichere Mauer abgeben konnten, es wurde Flechtwerk
nur kurze Zeit den Beſiß Natals genoſſen . Sehr bald geriet er mit den Engländern in Streitigkeiten, die, wie
es Malan einſt geahnt , zur Annexion Natals führten. Die Boeren ſind darauf zum Vaal - Fluß gewandert und haben die jeßige Transvaal Republik gegründet.
hergeſtellt, um die Zwiſchenräume zwiſchen den Rädern
auszufüllen ze. Als genügende Vorbereitungen getroffen und etwa 400 Männer vereinigt waren, rüdte Pretorius in höchſter Vorſicht gegen Dingaan's Hauptſtadt vor. Als er die Nähe derſelben erreicht hatte, kamen ihm die Zulus entgegen. Um Mitternacht wurde die Ankunft der Feinde zuerſt bemerkt, die ſich in weitem Kreis um die Wagen
burg ſcharten. Beim Morgengrauen gab ein Horn das Zeichen zum Sturm und todesmutig ſtürzten die nackten Kaffern , nur mit Speeren bewaffnet, auf die Boeren los. Aber alle ihre Tapferkeit vermodyte nichts gegen das ſichere
Aus Java's Bergen. Bon Emil Metger.
Die Sonne war beinahe bis zum Horizont geſunken ; weithin warf ſie ihre Schatten über die unabſehbare Gras:
fläche, auf der ich mit einigen Begleitern langſam dahin : ritt. Tiefe Stille herrſchte, nur aus der Ferne ertönten
hie und da die dumpfen Trommelſchläge, mit denen der
Aus Java's Bergen.
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Tempelwächter zum Mahrib-Gebete rief. Ich kannte die
Gegend, in der ich mich befand, und wußte, daß wenige Shritte vor uns eine Wendung des Weges lag, die ein wunderbar ſchönes Panorama vor mir erſchließen würde, einen Anblick, dem ich, wie oft ich mich ſeiner auch erfreut hatte, mit immer neuem Vergnügen entgegenſah; darum ſtieg ich ab und ließ mein Pferd am Zügel nachführen . Am Ende der Fläche bog der Weg zur Rechten und führte dann ſteil abwärts ; zur Linken öffnete ſich eine ſcharf eins .
geſchnittene tiefe Schlucht, auf deren Boden ſchon dunkle
Schatten lagen ; ſie wurde nach dem Meere hin, welches
in der Ferne gerade vor mir ſichtbar wurde, immer weiter und hier quoll eine Maſſe Licht über die Abhänge und über die Tiefe des Thalee , in dem ein kleines Dorf, das
Ziel meines heutigen Maríches, lag. Während hinter dem Zuge ſchon die erſten Sterne funkelten, wölbte ſich über uns der Himmel blau, tief blau, wie man es in fälteren Ländern kaum träumen kann, und ſchloß ſich im Weſten an das ruhige Meer, in deſſen leicht gekräufelter Oberfläche er ſich auffallend hell und klar ſpiegelte, ſo deutlich, daß aud der kleinſte Streifen im
Waſſer ſich darf abzeichnete. Die Sonne ſant immer tiefer, bis der weſtliche Horizont ganz in Feuer zu ſtehen ſchien , das nach dem Zenith hin gelblid verlief und das angrenzende Blau des Himmelsgewölbes mit prächtiger, grünlich-goldener Färbung anhaudyte. Einen Augenblick nody, dann wurden die grellen Farben matter und wech ſelten in wundervollen , nicht zu beſchreibenden Tönen, und wo eben noch Purpur und Gold glänzte, da ſah man nur noch ein mattes, gelblidhes Weiß und dazwiſchen einzelne
graue Streifen. Kaum war die Dämmerung mit der den Tropen eigenen Schnelligkeit hereingebrochen , ſo waren auch icon Hunderte und Hunderte funkelnder Lichter am Himmel erſchienen, die freundlich auf unſere Weg leuchteten.
Die Grenze des Bezirks, welche durch ein Wachthaus und ein hölzernes Gitterthor quer über die Straße ange deutet wurde, war bald erreicht; hier ſah man ein leb: haftes Gewühl von Menſchen und Pferden, in dem hie und da Silber und Gold aufleuchtete ; es war das Ge
folge meines Freundes, des Webana ( Diſtriktshäuptling) Raden Mas Surja di Widra, der zu meiner Begrüßung hierhergekommen war, nebenher aber, wie wir gleich ſehen werden , beſondere Gründe hatte , mich durch ſeine Gegens wart zu erfreuen.
that, ſeine Zurüdhaltung aufgab. Ich erfuhr vielerlei, was feit unſerer leßten Begegnung in ſeinen Kreiſen vor gegangen war und erzählte ihm bafür Neuigkeiten aus Europa, auf die er - es war zur Zeit des ſchleswig fehr erpicht war ; ich bin damals holſtein'ſchen Krieges als Blanda gunung, d. h. Bergholländer, d. h. Deutſcher, nicht wenig in der Achtung der Eingeborenen geſtiegen . Nach und nach hörte ich, daß es nicht blos die Freund ſchaft für mich geweſen ſei, welche ihn hierher getrieben habe, ſondern auch die Sehnſucht nach ſeiner jüngſten Frau, deren Beſiß er ſich erſt ſeit kurzer Zeit, und zwar mit Hin derniſſen , erfreute, da ſie in dem ziemlich abgelegenen Dorfe wohnte, wo ich mein Nachtquartier nehmen ſollte. Wie die meiſten anſehnlichen Eingeborenen, hatte der Wedana ſich frühe dem ſanften Joc der Ehe unterworfen , ſeine Eltern hatten für ihn eine Frau aus hohem Hauſe er wählt, einige Tropfen fürſtlichen Blutes floſſen in den Adern der Raden Aju. Natürlid aber hatte er es bald auch zu den drei weiteren gefeßlichen Frauen gebracht, bei
deren Auswahl er mehr ſeinem eigenen Geſchmack gefolgt war, und hiergegen hatte die Raden Aju nichts einzu: wenden gehabt, da dies bei den begüterten und angeſehenen Eingeborenen etwas ganz gewöhnliches iſt, während ärmere Leute von der ihnen in dieſer Beziehung vom Koran ges ſtatteten Freiheit nur ausnahmsweiſe Gebrauch machen ; dagegen ſah die genannte Dame nicht ohne Beſorgnis, daß
ihre ſtärkere Hälfte ſo häufig mit den Frauen wechſelte. Wenn die Eheſcheidung, wie man ſagt, bei manchen Völkern zu ſehr erſchwert iſt, iſt ſie dies bei den Javanen und Sundaneſen durchaus nicht; im Gegenteil iſt hier die Sache ſo leicht und bequem gemacht, wie es der unbeſtän digſte Gatte nur wünſchen kann. Der Mann braucht nur die gewöhnliche Scheidungsformel dreimal, ſei es in Zwiſchens räumen, ſei es hintereinander, auszuſprechen , um die Ehe aufzulöſen ; er kann ſofort, die Frau erſt nach hundert Tagen wieder heiraten, doch darf er die geſchiedene Frau nicht wieder zurücknehmen , wenn ſie nicht vorher einem anderen Manne angetraut und von dieſem wieder getrennt worden iſt. Die erſte Frau, bei deren Wahl hauptſächlich Familienrückſichten mitwirken, iſt, namentlich wenn ſie ihrem
Gatten einen Erben geſchenkt hat, der Gefahr, verſtoßen zu werden, weniger ausgeſeßt, doch liebt ſie es nicht, wenn der Gatte gar zu unbeſtändig iſt, da es ihr im Lauf der Zeit immer ſchwerer wird, ihren Einfluß zu bewahren.
Unter der ſogenannten Poſt, einem mit Alang -Alang
Doch die Raden Aju kümmerte mich nicht; ſobald ich
gedeckten, von vier Pfoſten getragenen Dach, war ein
Dinge gut und verſtändig zu ſprechen wußte , wenn er,
wußte, welchem Umſtand ich dieſes Vergnügen verdankte, Surja di Widra hier zu begrüßen, drängte ich zum Auf bruch, um nicht gar zu ſpät in das noch etwa eine Stunde entfernte Nachtquartier zu kommen . Mir Ehre zu be weiſen, hatte der Wedana die Perle ſeines Stalles, ein koloſſales auſtraliſches Pferd, für mich beſtimmt, deſſen Be wegungen auf dem ſteilen Bergpfad jo unangenehm und bei der in der Schlucht ſchon ziemlich tiefen Dunkelheit ſo
wie er es mir als altem Bekannten gegenüber zuweilen
unſicher waren , daß ich mich entſchloß abzuſteigen, ein
Theetiſch etabliert, und zwar, da der Wedana viel und gern mit Europäern verkehrte, in ziemlich europäiſchem Geſchmack. Nachdem die erſte Begrüßung abgelaufen war und ich meine bisherige Begleitung entlaſſen hatte, plau derten wir, während ich eine Taſſe Thee trank. Surja di
Widra war ein ſehr gebildeter Menſch, der über viele
Aus Java's Bergen.
Beiſpiel, welches natürlich von meinen Begleitern ſofort nachgeahmt wurde ; bei einer Wendung des Weges erfreute ich mich gerade des maleriſchen Anblids, den unſere Scar bot, als ſie, von etwa 20 Fackeln beleuchtet, ſich wie eine feurige Schlange am Abhang des Berges dahinzog, als der Webana, der bis dahin halblinks, einen Schritt hins
ter mir ", in dienſtlicher Haltung, aber ohne das Geſpräch 1
abzubrechen, gegangen war, plößlich neben mich trat und das Gefäß ſeines Kriß, welches gewöhnlich auf dem Rücken getragen wird, mit einem Rud in den Bereich ſeiner Hand brachte. Dieſe Handlung machte mich beſorgt, ſie zeigte an, daß er ſich zum Rampf bereit machte, und war, da fie
unaufgefordert in Gegenwart eines Höhergeſtellten ſtattfand, der Beweis einer großen, unmittelbar drohenden Gefahr, ſei es von außen, ſei es vom Träger der Waffe
ſelbſt; mit einem Wort, id war mir klar, daß etwas ſehr Ernſtes vorging, ließ dies aber natürlich nicht merken , ſondern fragte ruhig : ,,Was thut mein Freund da ?" Worauf er ebenſo ruhig antwortete : ,,Wenn vielleicht ein Un glück geſchähe, möchte ich gerne neben meinem Freunde fein ."
Und dann öffnete er ſeine Lippen, um den Namen
des Königs der Wälder durch ihre Bewegung anzubeuten, denn zu ſolcher Tageszeit und an folchem Drte wird nidyt leicht ein Eingeborener dieſes verhängnisvolle Wort auch
nur zu flüſtern wagen.. Nun, es lief glüdlich ab, und darüber konnte man ſich mit Rückſicht auf unſere große Zahl nicht wundern ; trokdem behauptete mein Freund, er habe den Tiger gerochen , was durchaus nicht unmöglich iſt.
Nicht lange nachher erreichten wir unſern Beſtimmungsort, wo wir von dem prächtigen Gamelan mit der Melodie des Bo giro empfangen wurden ; gewiß ein ſehr
unäſthetiſcher Name ( eigentlich Kerbo giro, ausgelaſſener Büffel) für ein feierliches Muſikſtück, welches für den Eingeborenen von Java ungefähr dieſelbe Bedeutung hat, wie der Präſentiermarſch für den Soldaten. Es wird wohl nicht überflüſſig ſein, das Wort „ Gamelan" zu erklären. Dasſelbe bedeutet die zuſammengehörigen Muſikinſtrumente, welche ein volles Orcheſter bilden, deren es je nach Zuſammenſtellung und Tonart verſchiedene, unter verſchiedenen Namen gibt. Die Stim: mung iſt verſchieden ; ſo entſpricht die Stimmung des Gamelan Salendro z. B. ungefähr unſeren Tönen fis, gis, ais, cis und fis.
Die wichtigſten Inſtrumente ſind die Schlaginſtrumente, welche eine gewiſſe Vollfommenheit erreicht haben. Man hat ſie in der Geſtalt metallener Beden (Gongs), die nur
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dener Größe vor ; über einem, an einer Seite ausgehöhlten Holzbloc iſt ein Ziegenfell geſpannt, welches mit der Hand bearbeitet wird. Das wichtigſte Saiteninſtrument, die im ganzen Drient bekannte Rebab, wird von dem Orcheſter
meiſter ſelbſt geſpielt und gibt den Ton an ; neben ihr er ſcheint ein ſeltenes Inſtrument, eine Art Harfe mit 10—15 Saiten, denen beide Hände Töne entloden ; viel ſtärker
vertreten iſt die Tarawangſa , eine Laute mit vier Metall ſaiten, die namentlich in den Sundalanden auch zur Bes Die wichtigſten Blas: inſtrumente find die Suling , eine Art Klarinette von . Bambu, und die Selompret (Trompete) von hartem Holz.
gleitung des Recitativs dient.
Sowohl ihrer Zuſammenſtellung als der Qualität der Muſi kanten und Inſtrumente nach ſind die Gamelans ſehr ver (dieden ; viele derſelben ſind für europäiſche Dhren nicht angenehm, aber es gibt andere (und zu ihnen rechne ich den, welcher 1883 auf der Ausſtellung zu Amſterdam war, troß der vorzüglichen Inſtrumente nicht), welche ſelbſt auf
den muſikverſtändigen Europäer einen großen, manchmal einen überwältigenden Eindruck machen . Uebrigens ſind die guten Gamelans namentlich in den Sundalanden ge
radezu ſelten ; hier iſt der Angklong das beliebte National inſtrument. Es iſt dies ein Schüttelinſtrument, welches aus verſchiedenen Bambu von ungleicher Länge beſteht, die an einem Bogen aufgehängt und unten mit ſchwachen
Verlängerungsſtücken in einem größeren Bambu derart be: feſtigt ſind, daß ſie nach vorne und hinten , nicht aber zur Seite Spielraum beſißen . Jeder der Bambu hat nur einen , aber von dem der anderen verſchiedenen Ton. Der Spieler hat nur die Stärke desſelben und das Tempo in
ſeiner Gewalt. Allerdings kann durch Zuſammenſtellung mehrerer Angklongs einige Abwechslung hervorgebracht werden, doch auch der einfache Angklong macht, nament
lich aus der Ferne, einen ſüßen , melancholiſchen Eindruck und weďt ſo manchen Traum von vergangener Luſt und von vergangenem Leid.
In Tjidulla, wie wir das Dorf nennen wollen, be fand ſich kein Paſſantenhaus. Meine Diener, die mit meinem Gepäck vorausgegangen waren, hatten eine Auf forderung empfangen , das Nachtquartier im Hauſe des Webana aufzuſchlagen . Da ſie jedoch wußten, daß ich mich nicht gerne mit Häuptlingen unter demſelben Dache aufhielt, hatten ſie das Haus eines Eingeborenen für mich
in Beſchlag genommen, dasſelbe aber noch nicht für meinen Gebrauch eingerichtet, um erſt meine Billigung ihrer Wahl abzuwarten. Dieſe wurde auch ohne Zögern erteilt und während meine Leute auspadten, haben wir noch Ge
je einen Ton geben und mit einem Schlägel geſchlagen
legenheit, das Haus in ſeiner urſprünglichen Geſtalt zu
werden ; ferner als Zuſammenſtellung von Metalzungen, die man mit hölzernen oder Metallhämmern zum Tönen bringt ; dazu noch ein anderes Inſtrument, aus einer Reihe
ſehen.
aufrechtſtehender Bambu beſtehend, an deren oberem Ende Metallzungen angebracht ſind. Auch die Rendang, ein
unſerer Trommel ähnliches Inſtrument, kommt in verſchies Ausland 1886, Nr. 5 .
Im eigentlichen Java, dem mittleren Teil der Inſel,
ſind die gewöhnlichen Häuſer beinahe ganz von Bambu gebaut und mit Alang-Alang gedeckt; in den Sundalan den wird ſehr viel Holz verwendet und wenigſtens die Pfoſten beinahe immer aus dieſem Material gemacht ; 14
A18 Java's Bergen .
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gewöhnlich werden dieſelben zum Schuß gegen Ungeziefer auf große Steine geſtellt und immer liegt in den Sunda landen der meiſtens aus Bambu und Bambu -Geflecht be ſtehende Flur einige Fuß über dem Boden.
Der ſo ge
wonnene Raum wird zum Teil als Stallung für Ge flügel und kleinere Haustiere benüßt. Jedes Haus hat eine Veranda, in der man ſich am Tage meiſtens aufhält. Manchmal ſchüßen Matten aus geſpaltenem Bambu, horizontale, ziemlich dicht beieinander befindliche Streifen , die durch Bindfaden in ihrer Lage gehalten werden , gegen die neugierigen Blide der Vor
übergehenden. Eine Thür führt nach dem Innern ; der Raum iſt ziemlich dunkel, da nur ſelten Fenſter angebracht ſind, die immer nur kleine Abmeſſungen haben . Dem Ein gang gegenüber führt eine zweite Thür nach den Neben gebäuden, wenn das Haus deren beſitt.
Die Dede wird
durch ein Stück bunten Zeuges dargeſtellt und iſt des
Ungeziefers wegen , welches ſich leicht im Dache feſtſekt, kein Luxusartikel. Mandymal ſind auch die Wände mit verſchiedenfarbigem Kattun behängt ; wo es nötig iſt,
trennt man einzelne Gemächer durch Vorhänge von dem ganzen Raum ab.
Ebenſo einfad) wie das Haus ſind die
Möbel ; als Schlafplaß dient meiſt eine Bank von Bambu, ein nur wenig über dem Fußboden erhöhtes Quadrat von
etwa etiva fechs Fuß Seitenlänge, gewöhnlich nur mit einfachen Matten bededt ; bei Begüterten findet man auch
wohl Matraßen. Kopfkiſſen und Shlummerrolle, die nie fehlen, ſind ebenſo wie die Matraße mit Baumwolle ge füllt. Ein Betthimmel zum Schuß gegen die Moskitten iſt häufig angebracht; wo er fehlt, iſt das Lager durch einige geflochtene Matten den Blicken entzogen. Weitere Möbel ſind nicht immer vorhanden. Es deutet ſchon einen ge wiſſen Wohlſtand an , wenn man eine hölzerne, gewöhnlich buntbemalte Kiſte entdeckt, die auf einem von Bambu oder Holz gemachten Unterſaß ſteht; reide Leute haben deren oft mehrere von verſchiedenen Abmeſſungen. Stühle und Tiſche kommen nur ausnahmsweiſe vor ; ſelbſt wo ſie vorhanden ſind, madt der Eingeborene, wenn er allein iſt, nur ſelten Gebrauch von denſelben , da er mit unter geſchlagenen Beinen viel bequemer ſißt (eine Haltung die er manchmal annimmt, ſelbſt wenn er ſich eines Stubles bedient). Bilder und Spiegel ſieht man zuweilen, jedoch von ſehr zweifelhafter Beſchaffenheit; auch in Hinſicht auf
Paprika mit Salz, mandimal aud) mit verſchiedenen Zu: thaten in vervollkommneter Bereitung; beſonders in den Sundalanden gehört auch recht viel Grünes dazu, was entweder rob gegeſſen oder gekocht und mit der Brühe zum Reis gegeben wird. Friſches Fleiſch und friſchen Fijd genießt der Eingeborene (mit Ausnahme an der Küſte) ſelten ; wenn die Mittel es erlauben, kommt ein getrockne ter oder geſalzener Fiſch, ein Streifen in der Sonne ge dörrtes Büffel- oder Hirſchfleiſd) auf den Tiſch. Mand mal ſieht man Früchte oder Gebäck, beſonders an Markt tagen. Morgens und Abends wird Kaffee getrunken , ſelten von Bohnen, meiſt von Blättern bereitet, manchmal nur warmes Waſſer. Tabat zum Rauchen und zum Betel kauen, zwei Genußmittel für beide Geſchlechter, gönnt ſid) auch der Aermſte. Alle dieſe Zuthaten und Genußmittel koſten im Haushalte des gewöhnlichen Landbauers (des kleinen Mannes ) etwa 10 Pfennig per Tag. Natürlid, werden ſowohl individuell als auch im allgemeinen Aus nahmen gemacht. Die Begüterten leben etwas beſſer und Familienfeſte, ſowie gemeinſdaftliche, bei beſonderen Feiers
lichkeiten veranſtaltete Mahlzeiten der Dorfbewohner wer den gefeiert ; leßtere kommen jedoch nur den Männern zu gute, die jedoch den Frauen etwas mitbringen " dürfen . Die Mitglieder des ſchönen Geſchlechts dagegen werden mit Kaffee und Gebäck bewirtet, wenn ſie bei Kranken wachen oder bei Entbindungen Beiſtand leiſten. Aufge: tragen wird der Reis in einem geflochtenen, manchmal auch bemalten Körbchen, die anderen Speiſen auf Sdüſſel
chen, der Sambal in einem hölzernen Napf. Teller ſind durchaus nicht gewöhnlich. Ein Piſangblatt vertritt ihre Stelle.
Um die Flüſſigkeiten herauszuſchöpfen, bedient man fich zuweilen eines Löffels, häufiger gießt man ſie einfach ab. Meſſer und Gabel ſind unbekannt, der Reis wird mit den Fingern der rechten Hand zuſammengeballt, die ſo gebildete Kugel in den Sambal und die etwaige Brühe eingetaucht und zum Munde geführt, Fiſch und Fleiſch
mit den Händen und mit den Zähnen zerriſſen. Ein Meſſingbecken enthält Waſſer zur Handwaſchung, ein ir dener Krug das Getränk ; Gläſer ſind unbekannt, aud nidyt ſo nötig, da man das Waſſer ohne zu ſchluden in den
Mund laufen läßt, wobei der Mund mit dem Gefäß nicht in Berührung kommt. Gekocht wird im Wohnzimmer oder
Koch- und Eßgeräte herrſcht kein großer Ueberfluß. Um
in einer beſonderen Küche, in einem
dieſe Einfachheit begreiflich zu machen, muß ich die Lebens
aus ein paar Steinen gebildeten Herde, einige irdene oder eiſerne Topfe und ein großes irdenes Gefäß als Waſſer: behälter vervollſtändigen die Kücheneinrichtung. Das Waſſer wird in 4–5 Fuß langen Bambu (der größten Art) von der Quelle geholt ; endlich gehört zum Hausweſen noch ein halb ausgehöhlter Baumſtamm , in dem der Reis durch
weiſe der gewöhnlichen Eingeborenen auseinanderſeßen. Die Hausfrau focht gewöhnlich nur einmal am Tage,
doch wird zweimal gegeſſen , einmal wenn der Hausherr vom Felde nach Hauſe kommt, alſo etwa um 10 oder 11 Uhr, zum zweitenmal Abends nach Sonnenuntergang oder etwas ſpäter. Die Hauptſchüſſel iſt, wenn die Mittel dazu reichen , in Dampf gefochter Reis, ſonſt Erdfrüchte, Wurzeln und Blätter. Zum Reis gehört als einfachſte Zuſpeiſe Salz, womöglich auch Sambal, d. h. geriebener
kleinen irdenen oder
Stampfen von ſeiner Hülſe befreit wird. Auch in der ärmſten Hütte kann man darauf rechnen, die zum Betel kauen nötigen Gegenſtände in einer manchmal ſehr be
ſcheidenen, manchmal von Gold oder Silber verfertigten
Aus Java's Bergen .
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vereinigt zu finden. Ueberhaupt liebt der Eingebo den Beſiß von Schmuckſachen , denen , namentlich es Erbſtücke ſind, oft ein ſehr hoher Wert beigelegt Die Beleuchtung verkehrt im allgemeinen noch in
(chränkter Mitgliederzahl Plaß nahm ; an den Enden der
einem ſehr primitiven Zuſtand. Ein Stückchen von der
hebt man ſich auch zur höchſten Volltommenheit in Geſtalt
betern auf den Matten gekauert hatten, erhoben ſich und machten unter dem Klang der Muſik und ihren eigentüm lichen einleitenden Geſang anſtimmend, in lebhaftem Tempo einige Umgänge. In weitem Kreiſe hatten ſich Perſonen jeden Alters zuſammengedrängt. Die Frauen, die ihre Neu gier nicht zu beherrſchen vermochten , hielten ſich auf dem Hintergrund ; hier und da blißte ein feuriges Auge im Halbdunkel auf, wenn ein Strahl des vollen Mondes
einer importierten europäiſchen Lampe. Der Petroleum :
durch das Blätterdach auf dasſelbe fiel. Die Tänzerinnen ,
verbrauch nimmt auf der Inſel immer mehr zu. Im Inneren des Landes fand man früher in bei nabe jedem Hauſe einen Webeſtuhl. Der Gebrauch von
die auch Prieſterinnen der Venus vulgivaga ſind, beſigen eine große Anziehungskraft, die den Frieden mancher Haus haltung geſtört hat. Man würde ſich ſehr irren, wenn man glaubte, daß dieſe „ Ronggengs" ihres Lebenswandels wegen verachtet würden, im Gegenteil, ſie werden geliebt und geſchäßt und machen gelvöhnlich, wenn ſie ihren Bes ruf aufgeben, eine gute Heirat. Dem ganzen Weſen der Tänzerinnen ſcheint, in den Sundalanden wenigſtens, ein religiöſer Gedanke zugrunde, zu liegen ; die Mädchen wer
Doſe rene wenn wird.
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Schale der Cocos-Nuß, ein wenig Del darin, der Docht aus Baumwolle oder Zeug, mit der Hand zuſammenges
dreht, bildet die einfachſte Lampe.. Mehr Lurus verrät ſchon eine Nachtlampe (ein ähnlicher Docht ſchwimmend in einem mit Del und Waſſer gefüllten Glaſe), die zu:
weilen auch als Hänglampe gebraucht wird ; indeſſen er:
ſelbſtverfertigten Stoffen fängt jedoch an, immer ſeltener zu werden, da ſie die Konkurrenz mit importierten Waren
nicht aushalten können. Im mittleren Teil von Java hat ſich die Verfertigung „ gebatikter“ Zeuge (wobei die Zeidnung mühſam mit der Hand verfertigt und die vers idiedenen Farben nach und nad erzeugt werden, während man die Stelle, die man nicht mit derſelben bedecken will,
beiden Diagonalen wurden vier der oben beſchriebenen
cinfachen Lampen aufgeſtellt.. Die Tänzerinnen, die bis
dahin im Geſpräch mit den Muſikanten und einigen An
den, ehe ſie noch mannbar ſind, dem Künſtler, der an der
durch einen Wachsüberzug, auch wohl durch Glycerin ſchüßt,
Spiße der Geſellſchaft ſteht, zur Ausbildung übergeben.
zu einer ſehr entwickelten Induſtrie aufgeſchwungen. Man hat von Europa aus dieſen Geweben Konkurrenz zu bereiten geſucht, doch mit geringem Erfolg, da eine Vorliebe für
Nach den Tönen der Rebab lernen ſie die Melodien ſingen
( oder nach europäiſchen Begriffen vielmehr freiſchen ), welche beſtimmt ſind, ihre Landsleute in hohem Grabe zu feſſeln ,
die Produkte der heimiſchen Induſtrie beſteht und außer
und bilden ſich ſelbſt hierzu die ſcherzhaften oder auch
dem die ſchlauen Eingeborenen die Art der Nachahmung begriffen haben und nun ſelbſt geringere Ware verfertigen, indem ſie einfade Muſter mit Holzformen drucken .
Im tiefen Gebirge, wo die Leute nod) anſpruchslos
ſpißen Worte, mit denen ſie den Beifall der Zuhörer zu erwerben ſuchen, wenn ſie nicht die ziemlich häufige Gabe der Improviſation beſißen, die am meiſten bewundert wird. Während des Vortrages führen ſie ihren Solotanz, Tan
und meiſt arm ſind, kann man den Wert eines Hauſes
bak genannt, aus, welcher aus Biegen und Winden des
mit der notwendigſten Einrichtung auf 10 bis 15 Gulben ſchäßen, daher auch jede Familie ein eigenes Haus beſigt. Die Ausgaben für die ganze Haushaltung von 4 bis 5
Körpers, Vorwärts- und Rückwärtsſdreiten , Heben und
Senken der Arme und eines zwiſchen den Händen gehal tenen Tuches beſteht. Wiewohl die üppigen Körperformen
Perſonen kann man auf jährlich etwa 100 bis 120 Old .
durch dieſe Bewegungen gut hervorgehoben werden und
berechnen, wenn kein Dpium geraucht wird ; wo dies der
in einzelnen Augenblicken wohl etwas von dem Bilde er: ſcheint, unter dem auch unſere Maler den Tanz vorſtellen ,
Fall iſt, ſteigt die Ausgabe um 10 bis 20 % . Bei dieſer
an dem bewußten Abend allerdings nicht. Die Njahi We
genießen Europäer doch im allgemeinen beim Anblick des Tandak nur ſehr wenig, wozu allerdings der ſchrille Ge ſang, die meiſt unverſtandenen Worte und die ſeltſamen Verrenkungen der Gliedmaßen gewiß mit beitragen, ſo
dana batte dem Freunde des Gatten ihre Kochkunſt zeigen
wunderbar die hiebei entwidelte Fertigkeit auch an und
wollen und ich hatte auch einige Vorräte beigeſteuert, ſo daß wir ein opulentes Abendeſſen hatten, nach deſſen Ab
für ſid, ſein mag. Žm allgemeinen iſt die Biegſamkeit der Gelenke bei allen Malaien ſehr auffallend; es iſt nichts Seltenes, daß die Hand frei nach rüdwärts gekrümmt werden kann, bis die hintere Fläche der Finger den Arm berührt. Ganz allgemein iſt es, daß die kleinſten Gegen ſtände, wie z. B. Münzen in der Größe eines 20-Pfennig
Angabe iſt natürlich nur auf einen mäßigen Verbrauch gerechnet. So einfach, wie ich es oben beſchrieben habe, lebten wir
lauf ich mich in Nadyttoilette warf und mich im Hauſe
des Wedana in einen bequemen Stuhl (mein metamorphos
ſiertes Feldbett) legte, um den Tänzerinnen zuzuſehen, während mein Wirt ſich zur Erledigung einiger dringenden Geſchäfte zurückgezogen hatte. Man hatte den kleinen, mit Kies beſtreuten Plaz vor dem Hauſe gefegt und an einer Seite desſelben einige Matten ausgebreitet, auf denen das Orcheſter in ſehr be:
ſtüdes , die auf den Boden gefallen ſind, mit den Zehen
ergriffen und durch Aufheben des Fußes in die zu ihrem Empfang geöffnete Hand befördert werden. Wenn der
Solotanz einige Zeit gedauert hat, ſtellen ſich auch Männer
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Die Buſchneger in Guiana.
aus dem Publikum ein, die der Tänzerin gegenüber auf treten und mit ihr eine nicht immer züchtige Pantomime aufführen ; ſie thun dies in den Sundalanden häufig mit verhülltem Geſicht, wohl aus Scam darüber, daß ſie in die Stricke der Sünderin gefallen ſind ! Heute war großes Feſt; von allen Seiten ertönte Muſik, welde verſchiedene Aufführungen begleitete : Komödie mit Puppen und Komödie von lebenden Menſchen geſpielt, Barden, die Heldengedichte aus Java's Vorzeit unter Be gleitung der Tarawangſa rezitierten, dazwiſchen ertönte in Pauſen das Spiel des großen Gamelan . Während ich ſo halb träumend daſaß, fiel mein Auge auf den prächtig geſchnißten Hauptbalfen des Hauſes, der ſo ſchön gearbeitet war, wie man es heutzutage nur ſelten ſieht ; durch eine unwillkürliche Gedankenverbindung ſdyweifte mein Geiſt von
dieſen Holzſchnißereien ab zu den prächtigen Denkmälern der Hinduperiode mit ihren herrlichen Skulpturen und zu der oft beſprodenen Frage : wie es doch kommt, daß zwiſchen der heutigen Inſelwelt und der Kultur eines früheren Zeit alters ein ichroffer Abgrund beſteht, zu dem aud) euro päiſcher Scharfſinn bis jeßt die vermittelnde Brücke ver gebens geſucht hat ? man iſt häufig zu der Anſicht geneigt,
ſtens ihnen einräumen zu können glaubte.
Von den
Gründen, die vorgebracht wurden, erzähle ich vielleicht ein anderesmal.
Die Buſdueger in Guiana . (Soluß . )
Die Dörfer der Buſchneger waren meiſt mit großer
Umſicht in den ſumpfigen Niederungen angelegt, umgeben von undurdydringlichem „ Boſch " oder Wald, oder umſchloſſen von den verſchiedenen Waſſerläufen, welche man in Hols
ländiſch-Guiana ,,Kreeks " (Creeks) nennt. Sie bildeten meiſt, durch natürliche und künſtliche Gräben iſoliert, eine Inſel, umhegt mit einer oder mehreren Reihen Paliſſaden, verſehen mit einigen feſten Thoren und Ausfallpförtchen, durch welche man auf die geheimen Pfade gelangte, welche nach den „ Koſtädern " im Walde oder durch dieſe ins Freie führte. Oder aber, ein ſolches Dorf lag verſteckt auf der Felſens
inſel irgend eines der großen Flüſſe an Stellen, wo Waſſer fälle und Stromſchnellen es unmöglich machten , ſich dem felben unbeachtet zu nähern. Zudem waren dieſe Dörfer
daß die Eingeborenen, die man heutzutage vor ſich ſieht,
immer wohlbewacht und ohne kundige Führer gar nicht
nicht Nachkommen derjenigen ſein können , welche die präch tigen Entwürfe der Hindu-Baumeiſter zur Ausführung
aufzufinden. In dieſen Dörfern nun vegetierten die Buídneger in ihrer trägen Weiſe, bauten ein kleines Stücchen Feld und
gebracht haben, denn dem heutigen Geſchlecht ſcheint alles Verſtändnis für dieſelben, alles Verſtändnis für die Reſte der alten Litteratur verborgen zu ſein. Die Ueberreſte find in Wahrheit für das Volk nur Leidyname, deren be
ſeelender Geiſt dahingegangen iſt. Oder, wären überhaupt die Vorfahren auch nur die materiellen Werkzeuge eines höheren Geiſtes geweſen, hätten ſie nur die rein mechaniſche Arbeit gethan, nur maſchinenmäßig nachgeplappert, wie ja auch die Nachkommen heute unter europäiſcher Leitung manche Arbeit anfangen und zum Teil auch vollenden , an die ohne die Gegenwart der Europäer nicht zu denken wäre ? Möglicherweiſe ſind alle die Ueberreſte einer höheren
lebten von der Jagd und dem in jenen tropiſchen Flüſſen ungemein ergiebigen Fiſdifang. Ihre Bedürfniſſe waren gering, ihre Lieblingsvergnügungen : Muſik, Tanz und Spiel, koſteten nicht viel, und wenn je einmal Langeweile
oder Mangel über ſie hereinfam , jo war ja nichts leichter, als auf einem Raubzug Beute und Zerſtreuung zu ſuchen.
Man plante den Ueberfall irgend einer Plantage, ließ dieſe und ihre Gelegenheiten durch Späher ſorgfältig auskund ſchaften, auch wohl geheime Einverſtändniſſe mit den Stlaven
einer ſolchen Pflanzung durch die Lukumans oder Zauberer anknüpfen, welche über die abergläubiſchen Neger einen
Kultur, denen wir begegnen, ein ausſchließliches Eigentum
großen Einfluß ausüben. War dann alles genügend vor
der herrſchenden Raſte geblieben , welche dem unterdrüdten Volfe den Genuß derſelben weder erſchloſſen hatte, noch auch zu erſchließen bemüht war. Dieſes Thema hatte öfter ſchon den Gegenſtand meiner
bereitet , ſo ſchlichen ſich die Buldneger hehlings wie Raubtiere heran, überfielen die Plantage, plünderten ſie,
hieben die Blanken und namentlich die Direktoren und Aufſeher nieder, führten die Sklaven und namentlich die
Unterhaltung mit Surja di Widra, meinem damaligen
Sklavinnen hinweg, und verſchwanden ſo ſchnell und ſo
Wirte, gebildet und wenn wir auch in indiſcher Weiſe un ſer Geſpräch ruhig und gemeſſen, ohne äußere Erregung
geheimnisvoll wieder, als ſie gekommen waren. Nur aus:
geführt hatten, konnten wir doch nie einig werden . Seine
nahmsweiſe und in großer Ueberzahl ſuchten ſie mehrere Plantagen nacheinander heim oder ſtanden längere Zeit
Anſidyt, um dieſe hier kurz anzuführen, ging dahin, daß europäiſche Ueberhebung andere, namentlid unterworfene Völker, ganz vom eigenen Standpunkt beurteilt, daß ſie
im Felde. Ihr weſentliches Beſtreben ging dahin, ſich ſo (dynell wie möglich wieder in ihre Malepartus in der Wildnis zurückzuziehen und ihre Beute zu genießen.
ſich keine Mühe gibt, in den Gedankengang einer fremden
Die Rachezüge der Koloniſten gegen die Buſchneger
einzubringen , und daß ſie bei dem Ausſprechen irgend eines Urteils nur den eigenen Maßſtab zur Grundlage
nimmt. Demgemäs verteidigte er ſeine Landsleute, die er
waren unter dieſen Umſtänden immer mühſam , dwierig und mit großen Unkoſten verbunden. Die Kolonie unterhielt allerdings eine Anzahl farbiger Späher, um die Bujdneger
auf eine viel höhere Stufe ſtellte, als ich damals wenig
zu beobachten, oder bezahlte die verräteriſchen Ueberläufer
Die Buſchneger in Guiana.
derſelben gut, wenn ſie ſich herbeiließen, den Blanken den Zugang zu einem jener Dörfer der Buſchneger zu zeigen. Allein jeder Auszug der Blanken gegen dieſelben war mit ſehr umſtändlichen , zeitraubenden und lärmenden Vor bereitungen verbunden, und die Buſchneger, ſowohl die von Auka als die von Saramakka, hatten überall Einver ſtändniſſe mit den Sklaven und erfuhren durch dieſe ſchnell jede gegen ſie ſelbſt geplante Unternehmung. Die Aus zugsmannſchaft der Roloniſten beſtand immer nur aus einer Anzahl der regulären geworbenen Soldaten , aus einem etwa doppelt ſo ſtarken Haufen Burgers oder Miliz und aus einigen Hundert Sllaven, welche von den Pflan zungen und Städten des Bezirks geſtellt werden mußten , alles unter dem Befehl eines Fähnrichs oder Lieutenants, welchen zuweilen nodi einer oder zwei Civilbeamte der Regierung als Kommiſſion beigegeben waren . Da immer
ein Teil des Mariches zu Waſſer zurückgelegt werden mußte, wozu die das Land nach allen Seiten durchſchnei
denden Waſſerläufe oder Kriks Gelegenheit boten, und da aller Proviant und ſämtliche Lebensbedürfniſſe und Kriegs mittel für die ganze Dauer und Ropfzahl einer ſolchen Erpedition mitgenommen werden mußte, ſo hatte man eine
große Menge Korjalen oder Kähne dazu nötig, welche von überall her aufzutreiben waren, und ſo erfuhren die Buſch neger natürlich immer ſchon vorzeitig den gegen ſie ge planten Angriff und konnten ſich flüchten. Wenn dann der ſchwerfällige Auszug an Ort und Stelle fam, fand er meiſt das Neſt leer und begnügte ſich, das Negerdorf niederzubrennen und die Koſtäcker, wenn er ſoldie zu fin den vermochte, zu verwüſten. Noch weit häufiger aber
legten die für einen derartigen Hedenkrieg ganz geeigneten Buídneger der Erpedition ſchon unterwegs einen Hinter
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So fam 1760 der Friede mit den Auka-Negern zu ſtande, welchem 1762 auch die Saramakka -Neger beitraten, und beide hielten einige Jahre hindurch redlich Frieden, ja ſie willigten ſogar ein, daß die Mähriſden Brüder Sculen unter ihnen erriditeten und das Chriſtentum pre
digten. Dann ward der bedungene Tribut von ſeiten der Blanken nicht bezahlt und die Buſchneger erhoben ſich von neuem und diesmal mit verſtärkter Wucht und Wut, denn es erſtanden in ihrer Mitte thatkräftige Führer, welche von
perſonlidem Grimm und Rachgier gegen die Weißen durd): glüht waren und ein blutiges Andenken in den Annalen der Kolonie hinterlaſſen haben, nämlich die Anführer Baron , Joli-Coeur und Bonni. Baron war früher Hausſklave bei einem Sdyweden namens Dahlberg geweſen , der ſidy in Surinam ein Ver mögen erworben hatte. Baron verriet ſchon als Knabe einen gewvedten Verſtand und große Lernbegierde, ſo daß ihn ſein Herr im Leſen und Sdyreiben unterridten und ihn ein Handwerk erlernen ließ und ihn ſpäter auf eine
Reiſe nad Holland mitnahm . Hier lernte Baron manches kennen und verſtehen, was ihm zu denken gab ; er rettete ſeinem Herren bei einer Gelegenheit das Leben und dieſer verſprach ihm nach der Heimat die Freiheit zu ſchenken. Statt deſſen aber verkaufte Dahlberg, welcher auf dieſer Reiſe viel Geld gebraucht hatte und in ſeinem Vermögen zurüdgekommen war, bei der Heimkehr nach Surinam den Baron an einen Juden, welder ihn mißhandelte und ihm den ſpaniſchen Bock unter dem Galgen geben ließ, worauf Baron zu den Buſdinegern entwich und bald unter den
felben ſich zum Führer einer Schar aufſchwang. Auch Joli-Coeur war als Sklave auf der Plantage Rodebank geboren und kam dann in den Beſiß eines Juden Schult, welcher wegen ſeiner Grauſamkeit und Sittenloſiga keit berüdytigt war. Dieſer Schulk wollte Joli-Coeur's
halt, überfielen ſie und ſchlugen ſie mit großem Verluſt und unverrichteter Dinge zurück. Zog ſich aber der Feld zug in die Länge, namentlich in der Regenzeit, ſo erkrank
Weib Gewalt anthun und dieſer kam ſeinem Weib zu
ten die Blanken und mußten umkehren, wenn ſie nicht an
Hülfe, befreite ſie von ihrem Verfolger und ward dafür
Sumpffiebern und Seuchen umkommen wollten. So mißlangen die meiſten der gegen die Buſchneger geplanten Erpeditionen ganz elendiglich und koſteten doch furchtbare Summen. Nur wenn hie und da die Koloniſten
in die Wildnis zu den Buſchnegern entwic). Beide, Ba ron und Joli-Coeur, traten ſpäter in Verbindung mit
Bonni, dem bedeutendſten der Anführer der Marron- und
ſelber ſich zu einer raſchen und kühnen That aufrafften
Buſchneger.
furchtbar gegeißelt, worauf Joli-Coeur mit ſeinem Weibe
und in aller Stille mit weniger Mannſchaft ein ſolches
Bonni war ein Mulatte, ſein Vater ein Weißer,
Negerdorf überrumpelten, wie dies die portugieſiſchen Juden
ſeine Mutter deſſen Sklavin ; der Weiße hatte die Sklavin lieb gehabt , allein nach einiger Zeit verkehrte ſich dieſes
von der Juden-Savanne aus mehrmals thaten, gelang es,
die Buſchneger etwas einzuſchüchtern. Die großen Aus
Gefühl in tiefe Abneigung und er mißhandelte eines Tags
züge, deren jeder tros ſeiner geringen Ergebniſſe 80 bis
die Sllavin ſchwer, welche nun in den Buſch zu den Marron -Negern floh und dort einen Knaben gebar, eben dieſen Bonni oder Boniface, welcher in der Wildnis auf wuchs und ſpäter vor Begierde brannte, das ſeiner Mutter zugefügte Unrecht zu rächen. Er ſtellte ſid, dann an die Spiße der weggelaufenen Sklaven und wußte denſelben eine Kriegszucht beizubringen, welche ſie zu den gefähr
100,000 Gulden koſtete, ſtürzten die Rolonie in Schulden und entmutigten die Koloniſten ſo, daß wenn energiſche
Gouverneure, wie Jan Jakob Mauritius, 1743–1744, ein entſcheidendes kriegeriſches Vorgehen gegen die Buſchneger
vorſchlugen, der Rat der Kolonie ſeine Genehmigung verſagte und es ſchließlich vorzog, einen Friedensſchluß durch Geld opfer zu erkaufen , welche ja im Verhältnis zum übrigen Schaden nod gering waren. Auslaud 1886, Nr. 5 .
lichſten Feinden der Weißen madyte.
Er ward zwar ge
fürchtet wegen ſeines Deſpotismus, aber auch geehrt wegen .
15
Die Zeiteinteilung bei den alten Mericaneri .
90
Probezeit unterworfen und dann nach Erſtehung derſelben in Bunni's Schar aufgenommen wurden, welche die Kern
dere Schuppen oder Hütten, auf drei Seiten offen und nur der Schlafraum iſt mit Palinlatten verſchlagen . Jede Familie wohnt für ſidh, jeder Einzelne hat ſeinen Obia oder Fetiſch, den er anbetet : eine Muſchel, einen Tigerzahn, eine Papageifeder oder einen ſelbſtgeſchnişten hölzernen Gegenſtand , den er an einer Schnur um den Hals trägt. Daneben haben ſie noch einen Obergott, Gran
truppe der Buſchneger bilbete. Mehr als ein Jahrzehnt dauerte der Krieg gegen die
Feuer, den Wald, das Waſſer und die verſchiedenen Na
Buſchneger unter den drei genannten Führern. Mit ſchweren
turerſcheinungen repräſentieren. Sie leben in Vielweiberei
Geldopfern wurde 1772 ein Korps Negerjäger errichtet und
und ihre Heiraten gehen ohne alle Zeremonie vor ſich ; bie
ein Korps von 800 Mann regulärer Truppen unter Fourgeoud aus Holland verſdyrieben , welches im folgenden Jahre anfam und ſogleich gegen die Buſchneger zu Felde zog, aber wenige Reſultate erzielte, ſo daß man don 1775 neue Truppen aus Europa fommen laſſen mußte, mit denen
jungen Mädchen verheiraten ſich oft ſchon mit 13 Jahren. Sittliche Begriffe ſind unter ihnen nicht zu finden, denn
ſeiner mannhaften Klugheit, Rechtſchaffenheit und Uneigen nüßigkeit, und ſo ward er ein Oberhaupt, das einen ganz wunderbaren und ſeltenen Einfluß auf ſeine Anhänger
ausübte.
Die Sklaven von den Pflanzungen flüchteten
vertrauensvoll zu ihm, wurden einer langen und ſtrengen
der ſchon erwähnte Kommandant Nepveu einen binnenlän
diſchen Cordon gegen die Einfälle der Buſchneger und ein
Freikorps errichtete. Mittlerweile war Baron im Felde gefallen und 1776 mußte Bonni mit ſeiner Truppe über
den Maroni auf franzöſiſches Gebiet flüchten, und nun folgten ruhigere Zeiten für die Kolonie. Allein die Ein fälle der Buſdyneger und der Marronen wiederholten ſich noch oft, bis 1783 bis 1789 die Bonnineger durch Verrat in ihrem Lager auf einer Inſel des Maroni über
fallen wurden und eine ſchwere Niederlage erlitten. Im Februar 1793 ward dann Bonni, welcher ſich mit den Auka-Negern verfeindet hatte, von einer Schar derſelben in ſeinem Dorf überfallen und nach tapferer Gegenwehr ſamt ſeinen Unterbefehlshabern erſchlagen . Hiemit endigten die mehr als dreißigjährigen Fehden zwiſchen den Buſdinegern und Marronen und Weißen. Man erneuerte den Vertrag mit den erſteren von 1760
Gado, und eine Menge Untergottheiten , welche ihnen das
ſie leben dem Augenblicke und dem Drange der Leiden ſchaft, und wenn ſie fleißiger und anſtelliger ſind als die Indianer von Surinam, jo rührt dies nur daher, daß ſie auch mehr Bedürfniſſe haben als dieſe. Sie ſind übrigens gutmütig, ſehr gaſtfreundlich, im Umgange höflich und ſuchen in allen Stücken den Weißen nadzuäffen ; aber im Handel und Wandel unter ſich und mit den Weißen ſind ſie nichts weniger als ehrlich, ſondern ſehr verſchmißt und betrü
geriſch und ſogar diebiſch. Ihr Lieblingsgeſchäft iſt Han deln und Feilſchen, und ſie vermitteln daher auch den Tauſchhandel mit den Stämmen im tiefen Inneren. Als Zeichen der Trauer um einen Verſtorbenen beſchmieren ſie ſich mit weißem Thon, und in ihrer Zeitrechnung zählen ſie, wie die Indianer, nach Nächten. Ihre größten Ge nüſſe ſind, Dram (rohen Zuckerbranntwein ) zu trinken, zu tanzen und aus ihren Musketen redyt viel Pulver zu ver knallen, redyt wie große Kinder. Gegen den Unterricht im Chriſtentum und in den Künſten der Ziviliſation aber ſträuben ſie ſich troß ihrer Gelehrigkeit und Anſtelligkeit hartnädig und aus allen Kräften.
wieder, reichte ihnen ihren jährlichen Tribut und gewährte ihnen ſonſtige Vergünſtigungen unter der Bedingung, daß ſie gute Nachbarſchaft hielten , und dies thaten ſie denn. Sich felbſt überlaſſen, ſcheinen ſie zu einem langſamen Ausſterben beſtimmt, und da ſeit 1851 die Sklaverei in Holländiſch-Guiana aufgehört hat, erhalten ſie auch keinen Zuzug mehr von flüchtigen Sklaven. Im Jahre 1860
Unſere Philoſophen haben zwar über die Zeit als Abſtraktion viel gegrübelt und geſchrieben, aber die ge wöhnliche Menſchheit kennt dieſelbe nur in ihren Bezieh
mußten ſie ſogar der Zinsbarkeit entſagen, in welcher ſie bisher die im franzöſiſchen Guiana lebenden Bonni-Neger
Geſichtspunkte werden wir die Zeit auch in dem vorliegen:
erhalten hatten.
Die heutigen Buſineger und namentlich die Aufas leben in ihren Dörfern, welche immer ganz nahe am Fluß und meiſt auf Inſeln angelegt ſind, unter der Herrſchaft ihrer Häuptlinge, die zuſammen wieder unter dem Gran:
Die Zeiteinteilung bei den alten Mexicanern.
ungen zu den phyſiſchen Erſcheinungen. Unter dieſem den Artikel betrachten und die Phänomene ſtudieren, deren Erneuerung oder Auftreten den alten Mericanern in ihren geſchichtlichen Erzählungen oder in den Handlungen ihres Privatlebens zu feſten Punkten gedient haben. Die erſte Erſcheinung , welche dem Urmenſchen auf
und Holzhandel, denn zum Handeln und Feilſchen haben
gefallen ſein muß, iſt die Aufeinanderfolge von Tag und Nadt ; ſie iſt wenigſtens die erſte, deren periodiſche Rückebr ihm hat geeignet erſdeinen können, um ſich vergangener Er eigniſſe zu erinnern oder ſeine künftigen Handlungen danach zu richten . In der That bietet fid keine andere Erſchei nung mit ſo deutlich abgegrenzten Charakteren als konventios
ſie eine beſondere Neigung. Ihre Behauſungen ſind nie
nelle Grenze der Zeit unter allen jenen dar, welche ſich
man ſtehen und gleich dieſem eine Art holländiſcher Uni form und einen Stod mit einem Metallknopf als Zeichen ihrer Würde tragen, ſowie unter dem Einfluſſe ihrer Luku mans oder Zauberer, treiben Jagd, Fiſchfang und etwas
Ackerbau, der aber meiſt den Weibern aufgebürdet wird,
Die Zeiteinteilung bei den alten Mericanern.
durch ihre engen Begrenzungen von Anfang an bemerklich madhen mußten. Dieſe erſte Zeiteinteilung, die ſich bei allen Völkern bis auf unſere Tage erhalten hat oder
wenigſtens in den bürgerlichen Kalender der modernen Nationen übergegangen iſt, findet ihre rationelle Baſis in der Thatſache, daß unſer Erdball gänzlich unter der Ab hängigkeit von der Sonne ſteht und alle irdiſchen Erſchei nungen in demſelben Falle ſind, und daß es ſich weit mehr rechtfertigt, zum Bemeſſen deſſen, was auf der Erde
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und der Schäßung der Zeit ſeine Zuflucht zu Schalttagen zu nehmen. Dieſes Geſchäft wurde bis zu Julius Cäſar's Zeiten der Fürſorge der Prieſter überlaſſen, welche es zu einem politiſchen Zweck ausbeuteten. Wollten ſie die oberſten
Behörden auf ihren Stellen erhalten , ſo ſchoben ſie einige Zuſaßtage ein ; hatten ſie dagegen ein Intereſſe daran, die
Reflexionen haben jedoch die Urmenſchen nicht angeſtellt,
ſelben durch andere erfekt zu ſehen, ſo entſchieden ſie, daß dieſer oder jener Monat nur ſo und ſo viel Tage enthalte, die ſie dann ſpäter wieder einbringen mußten. Man be greift die Störung, welche dieſes Treiben herbeiführen mußte, und die julianiſche Kalenderreform iſt vielleicht der gerechteſte Anſpruch Julius Cäfar's auf ſeinen Ruhm.
ſondern die rohe Erſcheinung angenommen und ſich ſogar in
Die Aegypter teilten zuerſt das Jahr in 12 Monate
der Erklärung getäuſcht, welche ſie von derſelben gegeben
Wenn wir zu ausgedehnteren Zeitmeſſungen übergehen,
und 365 1/4 Tage, und von ihnen entlehnten es die Römer. Bei den alten Mexicanern (wir verſtehen darunter die Tolteken, Azteken und die übrigen Völkerſchaften, welche ſich zu Cortez' Zeiten in die Hochebene von Anahuac teilten) zählte das bürgerliche Jahr 365 Tage, genau wie dasjenige der Aegypter und Perſer. Die fünf leßten epagomenen oder Ergänzungstage hießen bei den Völkern von Anahuac heimliche oder unnüße Tage und wurden für unglüc lich angeſehen. Die in den fünf Ergänzungstagen Gebo renen ſahen ihr ganzes Leben unter dem Einfluß eines Unglücksſternes ſich abrollen, und das abſtoßende Gefühl, welches ſich an dieſe Tage knüpfte, war derartig, daß man
ſo iſt nicht mehr dieſelbe Einigkeit in den Anſichten vorban
ſie bei der Ausrechnung der Jahre gar nicht mitzählte —
den. Welches iſt das Geſtirn, deſſen Umläufe für die alten Völker zuerſt längere Perioden beſtimmt und die Begeben heiten zu klaſſifizieren erlaubt haben ? Iſt es der Mond ? iſt es die Sonne ? Das glänzende Tagesgeſtirn , welches unſere Erde erleuchtet, übt allerdings einen weit größeren Einfluß auf dieſelbe aus als der Mond ; allein die Zeit friſt, welche ihren Lanf feſtſtellt, iſt vielleicht ſchon des: halb ſchwieriger feſtzuſeßen , weil ſie eine ausgedehntere iſt. Man könnte zivar geltend machen , die Aufeinanderfolge der Jahreszeiten habe notgedrungen den Urvölkern auf eine deutlichere Weiſe auffallen müſſen , als der Mondum
ſie waren nicht mehr vorhanden. Der Viertelstag, welcher das Sonnenjahr vervoll ſtändigt und deſſen Kenntnis den Mexicanern nicht ent gangen war, bildet nach Verlauf von vier Jahren einen vollſtändigen Tag, welche der moderne Gebraud, der abends ländiſchen Völker den ſogen. biſertilen Jahren hinzugefügt. Allein nicht alle Völker, welche die genaue Dauer des Sonnenjahres gekannt, haben in gleicher Weiſe mit der Einſchaltung dieſes neuen Ergänzungstages gehandelt.
vorgeht, lieber ein Sonnenphänomen zu nehmen, als ſich eines beſonderen Erdenphänomens zu bedienen. Dieſe
haben. Für den alten Griechen , den Aegypter, den Römer (um nicht ſogar zu den Barbaren hinaufzuſteigen ) war der
Tag begrenzt durch den Augenblick, wo die Sonne am Horizont erſcheint, und durch denjenigen, wo ſie am folgens den Morgen wieder erſcheint.
Die Sonne durchläuft den
Himmel und beſtimmt den Tag. Wir wiſſen heutzutage,
ſeit Kopernikus, daß die Erde im Gegenteil binnen 24 Stunden eine Umdrehung um ſich ſelbſt macht, und daß der tägliche Lauf der Sonne nur ſcheinbar und nicht wirk lich iſt.
lauf, deſſen wirklicher oder ſcheinbarer Einfluß auf die Erde zu ſeinem Nadyweis längerer Beobachtungen bedarf. Es iſt deshalb wahrſcheinlicher, daß die Umläufe beider Geſtirne auf gemeinſchaftliche und gleichzeitige Weiſe zum Meſſen der Zeit gedient haben, und daß, wenn man von den Mondumläufen ausging, man auch deren Beziehungen zum Sonnenumlauf herſtellen mußte. Thatſächlich aber führen die Ueberlieferungen wie die geſchichtlichen Auf zeichnungen beinahe jämtlich uns auf Mondjahre von zwei, dann drei, vier und endlich zwölf Monaten oder Monds: umläufen zurück.
Dieſelbe Unſicherheit herrſchte auch im Anfang be züglich der Beſtimmung der Tagezahl des Sonnenjahres. Das Jahr des Romulus hatte nur 304 Tage ; als Numa den Kalender verbeſſerte, ſeßte er dieſe Zahl auf 354 bis
355 feſt. Natürlich ward es ſogleich nötig, zur Herſtel lung der Uebereinſtimmung zwiſchen den Naturerſcheinungen
Die bei uns übliche Methode iſt diejenige des julianiſchen Jahres ; allein die alten Berſer hatten ſich eingebildet, man müſſe die überſchüſſigen Stunden ſich ſo lange an häufen laſſen, bis ſie eine den großen Einteilungen ihres Jahres gleichkommende Periode bildeten. Da ihr Jahr aus zwölf Monaten beſtand, ſo fügten ſie dieſe Schalt tage erſt nach 120 Jahren hinzu, was ihnen eine genaue
Einteilung von 30 Tagen ergab. Die allen Mericaner hatten dieſelbe Methode befolgt : ſie behielten das Jahr von 365 Tagen ſo lange bei, bis die überſchüſſigen Stun den einen halben Mondsumlauf bildeten ; ſie ſchalteten daher jedesmal, wenn ein Cyklus von 52 Jahren abges laufen war, 13 Tage ein. (Da die ergänzenden Stunden in vier Jahren einen Tag bilden, ſo bedurfte man, um 13 Tage zu bilden, 4 x 13 = 52 Jahre.) Es iſt jedoch hiebei zu bemerken, daß der halbe Mondumlauf keineswegs irgend einen Teil des bürgerlichen Jahres der Mericaner bildete, denn dieſes Jahr ward in 18 Monate von je 20 Tagen eingeteilt. Sie beſaßen noch ein anderes Jahr,
Die Zeiteinteilung bei den alten Mexicanern.
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das rituale oder kirchliche Jahr, zuſammengeſeßt aus lauter Perioden von je 13 Tagen , welches aber kein eigentliches Mondjahr war. Dreizehn mericaniſche Jahre bildeten einen Cyklus, tlapilli, welcher ſein Analogon in der römiſchen Indiktion oder Zinszahl hatte. Vier tlapilli zuſammen , alſo zwei undfünfzig Jahre, bildeten das, was man nach dem toltefi ſchen Ausdruck eine Ligatur oder Binde, xiuhmolpilli ,
Binde von Jahren, nennen kann ; zwei xiuhmolpilli zu ſammen endlich geben ein Greiſenalter, cehuehuetilitzli. In Summa, dieſe beiden leßten zuſammengeſeßten Einheiten entſprechen unſerem halben und ganzen Jahrhundert und bilden wie dieſe die größten Zeitperioden, welche den
gemeinen Schäßungen zur Unterlage dienen.
Wanderungen den Beſdluß, ihren erſten , uns unbekannt
gebliebenen Kalender zu reformieren, und der Drt, wo dieſe Reform ſtattfand (mutmaßlich unter dem 33.0 oder 35.0 n. Br.) hieß Tlalirco. Das Feſt der Erneuerung des Feuers diente dann zum neuen feſten Punkt für ihre Zeitrechnungen . Dieſe Aera von Tlalixco beginnt im Jahre 1091 nad Chriſti Geburt. Jenſeit derſelben ſtoßen wir bei den Azteken auf eine ganz heroiſch - ſagenhafte Periode.
Die Azteken erbten alles, was die Tolteken in ihrem Lande gelaſſen hatten, und brachten zum Tauſch dafür nur
barbariſche Sitten und einen blutigen Gößendienſt. Die Ankunft der Spanier war daher , troß der Ströme von
Blut, weldie dabei vergoffen wurden , eher eine Wohlthat
teilung beruht bei den leşteren auf der Planetenzahl, die
als ein Uebel für die Völkerſchaften von Zentral-Amerika. Wir haben noch ein Wort über die Art und Weiſe zu ſagen, wie die Mericaner es angriffen , um irgendein Jahr in einem Cyklus von 52 zu beſtimmen . Man könnte glauben, es würde genügen , dasſelbe durch eine Zahl zu
dem Anſchein nach ganz außerhalb des mericaniſden fog
beſtimmen , aber dieſes Mittel fiel ihnen nicht ein, ſondern
mographiſchen Syſtems geblieben ſind. Außer den Einteilungen des Jahres, dem Jahre ſelbſt
griffen es folgendermaßen an : Die Jahre einer Reihe von
Die Wochen der Mericaner hatten nur je fünf Tage ;
man findet übrigens nirgends bei den amerikaniſchen Völkern eine Spur von der Siebenteilung, welche die Woche der
Hebräer, Griechen und Chaldäer kennzeichnet. Dieſe Ein
und der Vereinigung einer gewiſſen Anzahl von Jahren unter einem beſonderen Namen trifft man auch bei allen Völkern , welche ein chronologiſches Syſtem haben, die Beſtimmung eines Zeitalters. Hierunter iſt ein merk würdiger Punkt ihrer Geſchichte zu verſtehen, auf welchen
fie alle ihnen bekannte Begebenheiten beziehen. Auf dieſe
Weiſe beziehen die zum Chriſtentum ſidy bekennenden Völker die geſdichtlichen Thatſachen auf die Geburt Chriſti, wie
die Muslimen auf die Hedſdrah, die Flucht des Propheten Mohammed nach Medina. Die Mexicaner haben ſich der
allgemeinen Regel nicht entzogen ; nur bedarf die wichtige Thatſache, von welcher ihre Aera datiert, einiger Erläute rungen.
Die Hochebene von Anahuac ſcheint in der fernſten Vorzeit der Reihe nach das Beſiştum verſchiedener Völker
vier ſolchen führten nach ihrer Drdnung in dieſer Reihe die Namen tochtli (Kaninchen), acatl (Sdilfrohr ), tecpatl (Kieſel) und calli (Haus). So heißt denn das erſte Jahr eines Cyklus von zweiundfünfzig tochtli mit Beifügung der Zahl 1 ; wenn dieſes Jahr das erſte in der zweiten Reihe von vier iſt, ſo heißt es fünf-tochtli und ſo fort.
In jedem tlapilli oder Zinszahl von 13 Jahren gab es alſo drei Serien von je vier Jahren und dazu noch ein Jahr, welches im erſten Tlapilli 13 Tochtli, im zweiten 13 Calli, im dritten 13 Tecpatl und im vierten 13 Acatl hieß. Man begann überdies in jedem Tlapilli die Serien von vier von neuem zu zählen. Kurzum, wollte man irgendein Jahr bezeichnen, ſo gab man ihm zuerſt ſeinen großen Cyklus von 104 Jahren von der Aera von Tlalirco
ausgehend, ſodann ſeinen Cyklus von 52 Jahren, und dann bezeichnete man es definitiv, wie wir es vorſtehend
ſchaften geweſen zu ſein, von welchen nach Verlauf einer
angegeben haben ; gerade ſo wie wir in Europa ſagen,
gewiſſen Zeit die eine von der anderen verjagt wurde, die
dieſe oder jene Begebenheit hat ſich im ſiebzehnten Jahr hundert, in der erſten Hälfte desſelben, im 25. Jahre zu:
meiſt aus nördlicheren Regionen kam . Als die Spanier in dieſem Teil des neuen Kontinents anfamen , fanden ſie
daſelbſt die Azteken, die Tlaskalteken und andere Stämme anſäſſig und erfuhren mit Staunen , daß die Azteken in
der Hauptſache nur neue Ankömmlinge waren, welche durd,
getragen. Man braucht dann nur noch den Tag und den Monat des fraglichen Jahres zu bezeidhnen. Jeder Monat im bürgerlichen Kalender führte einen beſonderen Namen, welcher gewöhnlich eine der meteorologiſchen Eigen
ihre kriegeriſche Thatkraft hier ein mächtiges Reich aufzu richten vermocht hatten, deſſen Grenzen ſich von Tag zu
tümlichkeiten der Jahreszeit bezeichnete und welcher in der
Tag erweiterten, wie leider gleidhzeitig damit die bar
Namen der Monate des franzöſiſchen republikaniſchen Kalenders der Fall. So führte der erſte Monat den Namen titil, was ,,Aehrenleſen " bedeutet und anzeigte,
bariſchſten Sitten und religiöſen Bräuche. Zur Zeit der Einnahme Mexico's durch Cortez' Soldaten waren die Toltefen, die früheren Beſiter des Landes, ſeit 468 Jahren infolge von Krankheiten und Hungersnöten ſüdwärts aus:
gewandert; die Azteken waren aus dem Norden, aus einem unbekannten Lande namens Aztlan (im Jahre 1064 unſerer Zeitredinung) gekommen. Die Tolteken faßten auf ihren
ſelben Weiſe gewählt worden war, wie es ſpäter mit den
daß die Ernten eben vollendet worden waren. Der dritte
hieß quahuitlehua, d. h. der Monat, in welchem die Bäume auszuſchlagen beginnen, u. ſ. w. Die Tage, deren jeder Monat zwanzig zählte, wurden gleicherweiſe mittelſt einer periodiſchen Reihe von zwanzig
Kambodſcha und ſeine Bewohner.
Ausdrüden bezeichnet, von welchen die vier vorſtehend als
Bezeichnungen der Jahre angegebenen einen Teil aus machten. Hieraus folgt, daß es möglich war, einen beſon deren Tag im Jahr zu bezeichnen, ohne durch die Benen nung des Monats hindurch zu gehen ; allein in dieſem
Fall hätte man notwendig, dem Namen des Tages eine Zahl hinzufügen müſſen , welche mindeſtens 20 betragen hätte. Da ſie aber nicht bis dahin zählen konnten, ſo erfanden die Mexicaner, um nicht den Namen des Monats bezeichnen zu müſſen , eine neue Reihe von neuen Namen, welche ſie die „ Gefährten der Nacht“ nannten und die, mit dem erſten Tag des Jahres beginnend, ſich eine be
ſtimmte Zahl von Malen bis zum 360. Tage wiederholten. Nach Verlauf von 9 X 20 = 180 Tagen hätte derſelbe ,, Gefährte “ wieder auf denſelben Hieroglyphen der Tage
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derjenigen des Birmanen die dunkelſte und erinnert oft an diejenige des Malaien , eine Raſſe, mit welcher der Kam 1
bodſchier viele andere Berührungspunkte hat, die der Nach barſchaft der Halbinſel Malacca und der Niederlaſſung vor ſchon ſehr langer Zeit, einer gewiſſen Anzahl Malaien in Kambodſcha zuzuſchreiben ſind. Wahrſcheinlich haben die Rambodichier außer dem
leichten Zuſaß malaiiſchen Blutes auch eine namhafte Menge von dem Blute der Ureinwohner in ſich aufgenommen, was gleichfalls dazu beigetragen hat , ihre Hautfarbe dunkler zu färben, und ſich häufig durch einige andere charakteriſtiſche Symptome verrät. Seit Jahrhunderten im Delta von Kambodſcha niedergelaſſen , haben ſie ſich
vielleidyt mehr als die benachbarten Völker mit den Ur
zurüdkommen fönnen. Die dritte Reihe , diejenige der
einwohnern vermiſcht, Dank hauptſächlich der alten Ge wohnheit, der fie treu geblieben ſind, jene als Sklaven zu
Zahlen von 1 bis 13, welche ſich gleichartig vom Anfang
halten.
des Jahres an wiederholte, erlaubte ſodann , der Bezeichnung des gemeinten Tages jede Zweideutigkeit zu benehmen .
könnte zum Teil an dem Zerfall ſchuld ſein, in welchen die Kambodſchier verſunken ſind und der ſie dem Zuſtand
Die Methode, welche die Urheber des mexicaniſchen Kalenders befolgten, um zu ihrem Ziele zu gelangen , iſt
der Verwilderung wieder zuzuführen droht. Wenigſtens ſcheint die Leichtigkeit, mit welcher die Kambodſchier ſich
gewiß von außerordentlichſtem Scharfſinn, entbehrt aber der Einfachheit und zeigt uns, wie tief dieſes verhältnis: mäßig ziviliſierte Volt noch auf der Stufenleiter des Fort ſchrittes ſtand, als es Cortez gelang , binnen weniger Monate defien Namen für immer von der mericaniſchen Hochebene hinwegzuwiſchen .
in die Wälder zurüdziehen und dort ganz in der Weiſe der Wilden ihr Leben friſten, dieſe Annahme zu erlauben.
Dieſe langſame Einſaugung „ wilden " Blutes
Den kambodſdiſch -chineſiſchen Meſtizen verbleibt viel von der phyſiſchen Erſcheinung der Himmliſchen ", aber ſie haben die religiöſen Vorſtellungen und die Sitten der Khmers ( Kambodſchier ) angenommen. Sie ſind indes weniger träge als lektere, beſchäftigen ſich mit der An
pflanzung einträglicher Kulturgewächſe, und ziehen die
kambodſcha und ſeine Bewohner. Eine Broſchüre des Rapitäns Bouinais, , Le Royaume de Cambodge “, bringt über dieſes Land und ſeine Be:
Feldarbeit dem Handel vor. In Kambodſcha beſteht kein erblicher Abel, ausge nommen man will die Klaſſe der Prea-Vong oder Prea Vongſa und diejenige der Pream einem Adel vergleichen. Die erſtere wird aus den Nachkommen der Prinzen der
wohner intereſſante Aufſchlüſſe. Der Kambodſdier, ſagt
königlichen Familie gebildet ; ihre Mitglieder nehmen in
fie, iſt größer und hauptſächlich ſtärker, als der Annamite;
er iſt der kräftigſte der Indo-Chineſen. Sein Körper iſt
den öffentlichen Zeremonien den Plaß nach den Miniſtern ein. Die zweite behauptet , dem Stamme Brahma's an:
gedrungen, die Schultern ſind breit, das Muskelſyſtem iſt
zugehören.
ſehr entwickelt; ſelten ſieht man indes die Muskeln ſich
Die Bevölkerung kann in drei Raſſen geteilt werden : die Mandarinen , die Freien und die Sklaven. Zweimal
auf der Oberfläche des Körpers abzeichnen , wie beim
Europäer. Der Schädel iſt eiförmig ( dolichocephal), die Augen haben eine nur unmerklich ſchiefe Stellung, doch iſt der innere Augenwinkel durch das obere Augenlid ſtets verſchleiert; die Naſe ſpringt ein wenig mehr hervor
im Jahre kommen die Mandarinen nach Phnum - Penh, um den Eid der Treue zu leiſten und das „Waſſer des
und die Naſenlöcher ſind weniger von einander abſtehend
Schwurs“ zu trinken. Die Abweſenden gehen der Geſchenke verluſtig, welche der Fürſt bei dieſer Gelegenheit austeilt, und ſind außerdem zu einer Geldſtrafe verurteilt. Wenn
und geöffnet als beim Annamiten . Die Backenknochen
ein Mandarin wegen Krankheit oder unaufſchiebbarer Ge
ſind nicht beſonders hervorſtehend, jedenfalls aber weniger hoch als bei den vorigen, wie auch der Unterleib weniger in die Breite entwickelt iſt. Die Beine ſind gerade und
davon in Kenntnis zu ſeßen ; das Waſſer des Schwurs wird ihm durd, einen Bekannten gebracht, der ihm den Eid
vollkommen auf den Unterleib gegliedert. Die Waden
abzunehmen hat.
ſind in der richtigen Lage und ſehr entwickelt, und in dieſer Hinſicht iſt der Kambodſdier der bevorzugteſte unter
den Indo-Chineſen.
Seine Hautfarbe iſt gelblich, wie
diejenige aller Zweige der mongoliſchen Raſſe; ſie iſt nach
ſchäfte an ſeinen Wohnſiß gebannt iſt, hat er die Miniſter
Das niedere Volk iſt der höheren Klaſſe unterworfen
und kann ſich, perſönlich, gegen deren Glieder nicht viel Recht verſchaffen. Indes bei Gelegenheit der alle 3 Jahre ſtattfindenden Zählung bezeichnet jeder Kambodſchier einen
Kambodſcha und ſeine Bewohner.
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chineſiſden, malaiiſchen, ſiameſiſchen oder kambodſchiſchen
Mandarinen von Phnum Penh , von welchem er die auf den Dienſt des Königs bezüglichen Befehle entgegennehmen wird. Dieſer Mandarin iſt fünftig ſein Schutherr und
Kaufleute wartet, welche ſie entweder nach Kambodſcha oder nach Bangkok oder vielleicht auch nach Birmah
er der Hörige.
bringen ."
Dieſe Sdutherrſdaft, die ein wenig an
die germaniſchen Einrichtungen erinnert , heißt Komlang (Stärke). Dieſes Syſtem bewirkt , daß ein Mandarin
ſelten wagen kann , einen Kambodſdier zu verfolgen, der der Romlang eines im Grade höher ſtehenden Man:
darinen iſt. Man kann ſeinen Sdjußherrn aufgeben , um
Die zweite Urſache der Sklaverei iſt noch ſonderbarer : Dem Könige gehören nämlid, die Zwillinge, die Kinder, welche bei der Geburt irgend eine Anomalie mit auf die Welt bringen, und die Albinos, die Buckeligen und die Hermaphroditen. Die Zwillinge fallen indes dem könig
Dem Manda :
lichen Haushalt nur zu, wenn es zwei Knaben oder zwei
rinen erwachſen gewiſſe Vorteile daraus, einen Komlang zu haben ; ein Viertel der Kopfſteuer oder der Ablöſung der auf die Leute ſeines Komlang fallenden Frohnen ge hört ihm ; er kann ſie zu einer Menge kleiner Dienſt leiſtungen herbeiziehen und gebietet immer über ein zahl
Mädchen, alle beide am Leben, ſind. Bei dieſem könig lichen Eigentum iſt kein Rüdfauf ſtatthaft. Wenn einer der beiden Zwillinge jung oder bei der Geburt ſtirbt, ſo gehört der Ueberlebende dem erſten Miniſter. Ebenſo ver: hält es ſich, wenn die Zwillinge ein Knabe und ein Mäd
reiches Gefolge.
den und lebend find.
Das Feudal-Syſtem der früheren Zeiten, die uralte Gewohnheit der Teilung des Reiches unter die Prinzen der herrſchenden Familie hatte, bis in die jüngſte Zeit, ihre Spuren in den Landeseinrichtungen hinterlaſſen,
weder als Geiſeln bei ſich zu halten oder ſie ihrem Inter
mittelſt einer Entſchädigung zurüdfaufen. Der König Norodon hat 1880 , auf die franzöſiſchen Reklamationen hin, dieſe Gebräuche abgeſchafft, aber man glaubt, daß ſie zu ſehr Wurzel gefaßt haben, um leicht ausgerottet werden zu können. Uebrigens ſind es blos die Zwillinge, die ſic) dagegen auflehnen. Die anderen, welchen die Natur un auslöſchliche Zeiden aufgedrückt hat, die als die Strafe der in einem früheren Leben begangenen Fehler gelten, geben ſid) mit einer Stellung zufrieden, welche ihnen wenigſtens Nahrung und Wohnung ſichert. Die Geburt iſt eine dritte Urſache der Sklaverei. Die Kinder der
effen dienſtbar zu machen.
Sklaven ſind wieder Sklaven.
in einen anderen Komlang überzugehen .
welchen zufolge den großen Würdenträgern der Krone eine oder zwei Provinzen als Dotierung zufielen. Die Anhänglichkeit des Volkes an ſeine angeſtammten Herrſcher iſt übrigens warm und aufrichtig. Die Sia:
meſen wußten dieſes Gefühl auszubeuten , indem
ſie
ſtets Sorge trugen, Glieder der königlichen Familie ent
Als Kambodſcha unter das franzöſiſche Protektorat geſtellt wurde, fand ſich dort die Sklaverei vor. Dieſer ſehr alten Einrichtung wird in der Erzählung eines dineſiſchen Geſandten des 12. Jahrhunderts unſerer Zeit rechnung Erwähnung gethan. Die Khmers jener Epoche unterwarfen die Bergbewohner, d. h. die Angehörigen der wilden Stämme, dem Joch der Knechtſchaft. Es iſt dies
Dieſe kann die Familie aber ver
Die vierte Urſache der
Sklaverei beruht auf den gegen einen Gläubiger einge
noch eine der Quellen der grauſamſten Sllaverei ; denn
gangenen Verbindlichkeiten. Es iſt dies eine der weit: reichendſten . Der zahlungsunfähige Sculdner, ſeine Frau und ſeine Kinder können von dem Gläubiger zu Sklaven gemacht werden. Im Prinzip hat der Sklave (für Schul den) immer das Recht, ſich loszukaufen, indem er Kapital und Intereſſen zurückzahlt, oder den Herrn zu wechſeln , indem er in den Dienſt eines neuen Beſißers tritt, der
es iſt die Jagd auf den Menſchen, über welche Dr. Har mand intereſſante Aufſdlüſſe gibt. „ Jedes Jahr rüſten die Bewohner von Laos, meiſtens
werden aber ſelten vor, da der Herr jeden Tag die ſchul dige Summe um den Preis der Nahrung und des Unter
unter der Führung eines hochgeſtellten Mandarinen, des
halts des Sklaven vermehrt.
Bruders des Fürſten von Baſſoe z. B., wirkliche Erpeditionen
Kambodſchiern nicht drüdend. Eine fünfte Urſache der Sklaverei iſt die Verurteilung derjenigen, die ſich der Nebellion, des Angriffs auf die
aus, die gegen das Land der Kas (Kouys der Kambod: ſchier), bald auf jenen Punkt, bald auf einen anderen, ge riditet ſind. Da die aus wenigen Hütten beſtehenden Dörfer weit von einander entfernt ſind und die Wilden fich nur im Falle der höchſten Not weit davon entfernen , ſo ſind ſie ſehr leicht bei Nacht einzuſcließen und zu über fallen. Blutige Kämpfe finden in der Regel nicht ſtatt, ſondern es erfolgt eine Rapitulation, die vermittelſt einer gewiſſen Anzahl Gefangener erlangt wird. Aber auch Treibjagden werden angeſtellt, um vereinzelte Männer in den Wäldern abzufangen . Die unglüdlichen Gefangenen
werden dann gefeſſelt und nach einer der Stationen des Fluß-Ufers geführt, wo man auf die Ankunft irgendwelcher
den früheren entſchädigt.
Thatſächlich kommt das Freis
Die Sklaverei iſt bei den
königlidie Gewalt ſchuldig gemacht haben . Die Familien dieſer Individuen hatten oft das Loos des Verurteilten zu teilen, und die Stellung dieſer Sklaven oder Néat -ngear
war eine erbliche. Die Mehrheit dieſer Néak-ngear ſteht
im Dienſte des Fürſten. Dieſe Anordnung, ſo außer gewöhnlid ſie erſcheinen kann, hat nichts überraſchendes in einem Lande, wo die geſellſchaftliche Einheit durch die Familie repräſentiert wird. Der Herr hatte über den Sklaven eine uneingeſchränkte
Macht, ſelbſt diejenige, körperliche Strafen über ihn zu verhängen. In der Praxis machte er aber von ſeinem
Kambodſcha und ſeine Bewohner.
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Privileg wenig Gebrauch, da zudem die Gefeßgebung den
Ankaufsſumme anordnen ; der gleiche Nachlaß tritt ein,
Sklaven gewiſſe Rechte einräumte, wie aus folgendem Artikel des Landrechts (Art. 35 , Bud II) hervorgeht : „ Wenn ein Sklave ſeinen Herrn wegen ſchlechter Behand lung anklagt , die ihm entweder den Bruch eines Gliedes oder Blindheit oder ſchwere Wunden 2c. zugezogen hat, ſo
wenn er etwas unfähiger zur Arbeit als vorher geworden iſt. Wenn der Herr feinen Sklaven in ſeinem Hauſe und
bat das Tribunal, bevor es gegen den Herrn vorgeht, die Wunden, die Brüche u. f. w. unterſuchen zu laſſen, um ſich zu verſichern, ob ſie mit einem Knüttel, einem Bambus rohr, mit Waffen oder ſonſtigen Inſtrumenten beigebracht worden ſind und ob ſie einen bedenklichen Charakter haben oder nicht.
Wenn der Sklave nur leicht verwundet iſt
oder nur einige, von einem Knüttel oder Bambusrohr herrührende Scrammen hat, ſo darf das Geridyt ſeine Klage nicht berüdſichtigen . Das Gefeß erblidt blos die Folgen der Berechtigung zur Strafe darin. Wenn die Wunden aber bedenklich ſind und von einer Waffe oder einem anderen Inſtrument herrühren, wenn ſie den Sklaven zur Arbeit untauglich machen oder des Augenlichts berauben, ſollten ſie ſelbſt nur einem Knüttel oder Bambusrohr zuzu ſchreiben ſein, ſo hat das Tribunal dieſen unmenſchlichen Herrn vorzuladen , um an die Einleitung des Strafvers
fahrens zu gehen. Der Sklave ſeinerſeits muß einen Ge währsmann herbeiſchaffen, welcher der Führung des Pro zeſies beiwohnt (der Sklave kann, weil zivilrechtlid unmündig, vor Gericht nicht bezeugen) ; findet er keinen, ſo bleibt er
unter der Aufſicht eines Beamten, der ihn während der Inſtruktion zu bewachen hat. Wenn die Richter das Ur teil ſprechen , ſo haben ſie die Sdwere der Verwundungen in Betracht zu ziehen : ob die Sehfraft verloren gegangen iſt, ob es ſchwere Kopfwunden ſind, ob Zähne ausgeſchlagen,
unter den Augen ſeiner Frau oder auf deren Anſtiften geſchlagen hat, oder wenn dieſe Frau ſieht, wie ihr Mann einen Sklaven in dem Grabe mißhandelt, daß er Gebrech lichkeiten oder den Tod davon trägt, und ſie ihn nicht, durch Worte oder auf andere Weiſe, davon abhält, ſo wird ſie
der gleichen Strafe, wie der Mann, verfallen , weil ſie, ſagt das Geſeß, ebenſo unmenſdlich und grauſam als ihr Mann iſt. Wenn ein Mann ſeine Frau einen Sklaven in dem Grade mißhandeln ſieht, daß er dadurch zum Krüppel ge
macht oder getötet wird, und ſie nicht daran verhindert, jo bat er die gleiche Strafe zu erleiden, wie die Frau . Das fambodichiſche Gewohnheitsrecht erklärt , daß, wenn der Herr feiner Sklavin Gewalt anzuthun verſucht,
ſie eine Entſchädigung beanſpruchen kann und ſie dadurch frei wird unter der Bedingung, die Gewaltthätigkeit zu beweiſen. - Man kann in dieſem Fall gewiſſe Anklänge
an die moſaiſche Gefeßgebung des Deuteronomion entdecken . Artikel 8 der am 17. Juni 1884 zwiſchen Frankreich und Kambodſcha geldloſſenen Konvention hat die Sklaverei auf dem ganzen Territorium dieſes Königreichs abgeſchafft. Der König Norodon hält eine Anzahl Tänzerinnen , die er den Europäern, welche ihn beſuchen , vorzuführen liebt. Der Tanz ſowie die Tracht der Bayaderen weiſen auf Indien hin, denn die mongoliſche Raſſe macht ſich nicht viel aus der Tanzkunſt. Ueberhaupt ziehen die Völker chineſiſder Ziviliſation die hiſtoriſchen Dramen vor, wo die Helden die endloſe Anpreiſung ihrer Tapferkeit
Bein- oder Armbrüche ſtattgefunden haben ; ob Knochen
vorzutragen Gelegenheit haben. Der Gegenſtand der Hof ballete Seiner kambodſchiſden Majeſtät iſt beinahe immer
entzwei geſlagen wurden , ob das Geſicht tiefe Wunden
den indiſchen Heldengedichten entlehnt; Ort der Handlung
aufweiſt, ob Holz oder andere Splitter in der Wunde zu: rüdgeblieben ſind. In allen dieſen Fällen hat das Tribu nal zu erkennen, daß der Sklave feinem Herrn nichts mehr ſchuldet, und daß er blos die Prozeß- und Vorladungs koſten zu bezahlen hat.
iſt entweder Ceylon oder Lankai.
Die Kambodſchier ſind träge und dem Spiele ſehr ergeben ; die Kahnfahrten ſtehen in großer Gunſt. Die
für die Spiele beſtimmten Kähne ſind mit vergoldeten Skulpturen verziert und haben am Vorderteil ein von
Wenn der Sklave infolge der erlittenen Mißhand
einem Goldgewinde umgebenes Auge. Die größten ſind
lungen ſtirbt, ſo wird ſein Herr zum Tode verurteilt. Wenn der Herr ohne Wiſſen ſeiner Frau und Kinder einen
Sklaven getötet hat, wird blos die Hälfte ſeiner Habe zu
40–50 m . lang und beſtehen meiſtens aus einem einzigen ausgehöhlten Baumſtamm ; etwa 40 Männer bilden die Rudermannſchaft, welche im Takt nach dem Rhythmus eines
Gunſten des königlichen Schaßes konfisziert. Wenn die
nationalen Geſanges manövriert, der ſeines leichtfertigen
Herrin ohne Wiſſen des Mannes einen Sllaven getötet bat, fällt ein Drittel der ganzen Habe dem königlichen Sdraße zu. Wenn die Wunden ſchwer ſind und Körper
Inhalts wegen mit Stillſchweigen zu übergeben iſt, für
teile in Mitleidenſchaft gezogen haben, wo ſie hätten töt
Kämpfe zwiſchen Inſekten, die „ Changrit“ genant werden.
lich werden oder den Sklaven zu jeder Arbeit unfähig machen können, wird der Spruch lauten, daß der Herr ihm zwei Drittel von dem, was er ihm duldet, oder was er bei ſeinem Anfauf für ihn ausgelegt hat, nadıläßt.
Sie ſuchen zwei männliche Individuen aus, die man an ihren geſtreiften und rauhen Flügeln kennt, und bringen ſie unter eine Glasglocke. Die Inſekten reißen ſich in ihren Rämpfen die Beine, die Augen und ſelbſt den Kopf aus. Auf die Kämpen werden Wetten eingegangen. Die Kambodſchier ſind ſehr uneigennüßig und helfen ſich gegenſeitig bei der Feldarbeit. Der unbezähmbare
Wenn die Verleßungen ihn ſchwächten , ohne ihn an der Beſorgung gewiſſer Arbeiten zu verhindern, wird das Tri bunal den Nachlaß eines Drittels der Schuld oder der
welden man aber im Lande felbſt ſchwärmt. Die Kambod (dier haben, wie die Siameſen, eine Leidenſchaft für die
Die Armee der Vereinigten Staaten .
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Stolz, der dieſe früher ſo mächtige, heute fo herabgekom
Die Armee der Urreinigten Staaten.
mene Raſſe auszeichnet, verbindet ſich hier mit dem Gefühl der Solidarität, um dem Rambodichier jeden regelmäßigen Lohn als Erſaß eines beſtimmten Arbeitswertes verbaßt
zu machen . Dieſer Widerwille iſt ſo groß, daß er es vor zieht, Schuldgefangener zu werden, um nur nicht gegen Lohn bei einem anderen zu arbeiten.
Die Eingeborenen
ſind tapfer und ſcheuen es nicht, ſich mit Stäben aus hartem Holz zu bewaffnen , die drei Meter lang ſind und die ſie mit großer Geſchidlichkeit handhaben .
Die Wohnungen ſind Strohhütten, die auf den ſteilen Flußufern ſtehen . Dieſe auf Pfahlröſten erbauten Hütten
ſind ſehr einfach eingerichtet. Der gitterförmige Boden wird in dem Maße in die Höhe gerückt, als die Ueber
ichwemmung ſteigt. Es kommt vor, daß die Kambodſchier genötigt ſind, ſich mit den Schweinen und Hühnern, welche das Obdach teilen, auf das Dady ihrer elenden Hütte zu flüchten. Das kambodſchiſche Geſeß fordert, daß ſich die Be wohner einer gleichen Ortſchaft gegenſeitig gegen Diebe, Piraten oder Feuersgefahr Hülfe leiſten. In jedem Hauſe ſollen . Knüttel, eiſerne Haken, Sprengwedel mit langem Stil und Eimer vorrätig ſein. Die von den Flüſſen und
Vor kurzem hat das Kriegsdepartement an die Werbe: Bureaur für die Armee die Weiſung ergehen laſſen, für den Dienſt im Bundesheer fortan auf ganz hervorragende Eignung zu ſehen. Man begreift auf den erſten Blick nicht, weshalb eine ſolche Weiſung notwendig geworden . Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten ſtellt ſich zur Zeit auf 55 Millionen, und da das Bundesheer höchſtens 25,000 Mann ſtark ſein darf, ſo ſollte man denken, daß die Zahl der Bewerber um die Einreihung in „ Onkel Sam's Reguläre " weitaus ſtärker ſein müßte als der Bes
darf, zumal gerade in den Vereinigten Staaten die Zahl der wehrfähigen Männer, die ſich durch die fortgeſepte Einwanderung noch dazu von Jahr zu Jahr ſteigert, einen außergewöhnlich hohen Prozentſaß der Bevölkerung bildet
und der Sold weit höher, der Dienſt weit leichter und die Ausſicht auf eine militäriſche Carriere weit beſſer iſt, als anderswo. Statt deſſen iſt ein unaufhörliches Rekrutieren erforderlich die Refruten werden immer für 5 Jahre angeworben um die Armee auf ihrem etatmäßigen Stande zu erhalten.
Waſſerläufen entfernten Wohnungen ſollen Schöpfbrunnen
Ein Hauptgrund für dieſe Erſcheinung ſind die maſſen haften Deſertionen : offizielle Daten lehren, daß dieſelben
befißen , um beim Ausbruch eines Feuers Hülfe leiſten zu
in den leßten drei Jahren 10,995 betragen, alſo (bei einem
können. Die von der Brandſtätte entfernt wohnenden Leute haben ſich bei der erſten Meldung davon an Drt
Armeeſtande von 25,000 Mann) jährlich im Durchſchnitt 3364 , der ſiebente Teil der Armeeſtärke, und dieſe That ſache allein würde genügen, zu bewirken, daß ohne unab läſſige Rekrutierung in wenigen Jahren gar keine Armee und das erklärt mehr vorhanden wäre. Dazu kommt Defertionen der Zahl teilweiſe große die gleichzeitig die ſteigende Nachfrage nach Arbeitskräften. Der Sold
und Stelle zu begeben ; das Gleiche iſt im Falle eines Piratenangriffes zu beobachten. Sie haben indes das Recht, bei ihren eigenen Wohnungen eine Wache zurüd zulaſſen. Die Kleidung der Männer beſteht aus einer kurzen, engen Jade, mit Knöpfen aus Gold, Silber oder Glas, je nach dem Vermögen des Beſißers. Die Frauen haben meiſtens ein langes, an der Bruſt offenes, an den Hüften
ſich eng anſchließendes Kleid ; die Brüſte ſind mit einer
der Soldaten iſt, wie ſchon bemerkt wurde, verhältnismäßig
hoch, aber die raſcher und raſcher emporwachſende Induſtrie, namentlich im fernen Weſten, wirft noch höhere Löhne ab, und hier wirkt zugleich die Ausſicht auf einſtige Selbſt
ſtändigkeit. Nicht nur, daß deshalb die wehrfähigen jungen
ſeidenen Schärpe bedeckt. Beide Geſchlechter tragen den „ Langouti“. Die Frauen ſchmücken das Dhrläppchen mit einem häßlichen , kleinen Zylinder aus Elfenbein oder Holz ;
Männer des Weſtens ſelbſt wenig Neigung zeigen, Sol dat zu werden, ſondern es laſſen zahlreiche junge Männer
einige tragen Ohrringe in Form eines S. Die jungen
in den öſtlichen und Mittelſtaaten ſich anwerben, um ,
Mädchen tragen das im allgemeinen ichwarze Haar in
wenn ſie auf Regimentsunkoſten nach dem Weſten trang portiert ſind, ſich dort einen mehrmonatlichen Sold erſpart
ſeiner natürlichen Länge, bei der Verheiratung aber wird es ihnen, wie den Männern abraſiert.
Der Gruß bei Gleichgeſtellten beſteht darin, die zu ſammengelegten Hände vor die Stirne zu halten und die Worte „Ché até“ auszuſprechen, was ungefähr ſoviel als
Wie befinden ſie ſich ? " beſagen will. Die Ehrerbietung vor der Obrigkeit veranlaßt den Kambodſdier, den Palaſt des Königs zu grüßen. (Schluß folgt. )
1
und Land und Leute kennen gelernt haben , einfach zu deſertieren und lohnendere Beſchäftigung zu ſuchen. Frei
lich übt auch die ſtiefmütterliche Behandlung der Armee ſeitens des Kongreſſes einen demoraliſierenden Einfluß. Der Dienſt an der Grenze und der ewige Krieg mit den Rothäuten iſt an ſich anſtrengend und gefährlich genug, aber es wird den Leuten auch außerhalb der eigentlich militäriſchen Verwendung keine Ruhe gegönnt : ſie werden kommandiert, in ihren dienſtfreien Stunden Forts zu
bauen oder andere gewerbliche Arbeiten gegen einen Lohn
zu verrichten, mit welchem kein unabhängiger Arbeiter ſich zufrieden geben würde.
Geographiſche Neuigkeitert.
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Man iſt übrigens in Waſhington endlich zu der Er
ſehbare Gebiet darbietet, die Künſte des Friedens innerhalb
fenntnis gekommen, daß eine Aenderung dieſer Zuſtände dringend nötig ſei. Schon ſind Uniformierung, Ausrüſtung,
der Grenzen unſeres eigenen Staats zu kultivieren , indem
Verpflegung und Unterkunft beſſer geworden, ſchon ſind die gutbefoldeten Offiziersſtellen, welche jedem tüchtigen
ſchen Hemiſphäre alle Möglichkeit abwenden, in die politi chen Probleme und Komplikationen verwickelt zu werden , welche die entfernten Regierungen beſchäftigen. Infolge davon vermag ich nicht Vorſchläge zu unterſtüßen, welche wichtige Eigentums- Privilegien und Rechte außerhalb unſeres Gebietes mit ſich führen, wenn die Privilegien daſelbſt an abſolute und unbegrenzte Verpflichtungen gebunden ſind, die Unverleßlichkeit des Staatsgebietes zu verteidigen, wo jene Intereſſen liegen. Wenn das Projekt im allgemeinen, die beiden Ozeane mittelſt eines Kanals zu verbinden, Er mutigung verdient, ſo geht meine Anſicht dahin, daß jeder dahin führende Plan, um mit günſtigem Auge betrachtet zu werden, von denjenigen Beſtimmungen entlaſtet werden müßte, auf welche ich ſoeben angeſpielt habe. Die Route von Tehuantepec — ſo erklären die berühmteſten Ingenieure
Soldaten erreichbar, vermehrt, ſchon werden bei längerer Dienſtzeit nad Erreichung eines gewiſſen Alters Penſionen
gegeben und icon werden alle Ertra-Arbeiten audy extra gezahlt, und das ſind Vorteile, wie ſie der Militärſtand nur
in wenig anderen Ländern genießt. Daran knüpft ſich denn auch die Erwartung
und die oben angezogene
Weiſung an die Werbe -Bureaur gibt derſelben Ausdruck daß es möglich ſein werde, der Armee in Zukunft beſſeres Mannſchaftsmaterial zuzuführen als bisher. W.
Geographiſche Neuigkeiten.
wir mit einer eiferſüchtigen Sorgfalt von der amerikani
und kompetenſten Gelehrten - liefert eine ganz praktikable * Der Nicaragua Kanal. Die Stelle in der Botſchaft des neuen Präſidenten der Vereinigten Staaten ,
Cleveland, an den Kongreß in Betreff des genannten
Paſſage für Schiffe und Ladungen vom Atlantiſchen nach dem Stillen Dzean burd das Verfahren einer Eiſenbahn für Schiffe. Die unmittelbaren Vorteile , welche ein der
Ranals lautet :
artiger Weg , wenn er zu verwirklichen iſt, über andere
,,Die Vereinigten Staaten haben während des jüngſt
vergangenen halben Jahrhunderts zu verſchiedenen Malen das Intereſſe dargelegt, welches ſie an der Herſtellung einer Durchfahrt für die Schiffe durch die Landzunge
von den hauptſächlidyſten Verkehrslinien zwiſchen Europa und dem Stillen Ozean, namentlich über die zwiſchen dem Miffiſſippi- Thal und der Weſtküſte von Nord- und Süd:
nehmen, welche den Atlantiſchen von dem Stillen Dzean
amerika, entfernteren hat, verdient Erwägung. Jede große Straße, welche über die die beiden größten Meeresſtrecken
ideidet.
unſeres Erdballs ſcheidende Schranke hergeſtellt werden
Mein unmittelbarer Vorgänger hat mit dem
Staate Nicaragua einen Vertrag abſchließen laſſen , wo
kann, muß zum Beſten der ganzen Welt vorhanden ſein ;
nach die Vereinigten Staaten das Recht erhalten ſollen , für ſich und auf ihre alleinigen Koſten einen Kanal durdy das Gebiet von Nicaragua herzuſtellen, und er hat den
jeder Möglichkeit geſchützt ſein , unter die Herrſchaft einer
.
ſie muß ein Leibgedinge der ganzen Menſchheit und vor einzelnen Macht zu fallen ; ſie darf nicht der Zielpunkt
Entwurf desſelben dem Senat vorgelegt. Auf dieſe Vor
von Feindſeligkeiten oder der Preis kriegeriſchen Ehrgeizes
gänge hin, während dieſe Verſammlung ſich noch nicht
werden. Eine Verpflichtung, welche die Erbauung, das Eigentumsrecht und die Ausbeutung eines ſolchen Werkes von ſeiten unſerer Regierung mit einer Offenſiv- und Defenſiv- Allianz verbindet, die wir mit demjenigen fremden Staat abidhließen müßten, mit welchem wir auf dieſe Weiſe
ausgeſprochen hatte , zog ich den Vertrag zurück, um ihn von neuem zu prüfen. Nachdem ich alle Beſtimmungen desſelben genau geprüft habe, entſcheide ich mich dafür, denſelben dem Senate nicht zurüdzugeben. Ich idließe mich früheren Fällen an, deren Kette bis auf Waſhington zurüdführt und welche kompromittierende Bündniſſe mit
den fremden Staaten verbieten , und bin kein Anhänger einer Politik, welche zur Erwerbung neuer und entfernter
Gebiete führt, noch der Vermengung ausländiſcher Inter eſſen mit den unſerigen. Die Geſeße des Fortſchritts ſind vital und organiſd); wir müſſen uns jener unwiderſteh lichen Bewegung kommerzieller Ausdehnung bewußt ſein ,
welche mit unſerer aktiven Ziviliſation gleichen Schritt hält und täglich durch jene wachſenden Erleidyterungen der Produktion, des Transports und Verkehrs , die aus
dem Dampf und der Elektrizität entſtanden ſind, beſchleu nigt wird ; es iſt daher gegenwärtig unſere Pflidt , uns vor allem der Entwickelung der ungeheuren Hülfsquellen zu widmen, welche das unſerer Pflege überwieſene unab
die Verantwortlichkeiten und Redite zu teilen hätten, eine derartige Verpflichtung iſt meines Erachtens unverträglich mit der Weihe und Widmung des Werkes für die allge meine Verwendung und für die Neutralität, und ſeine
Ausführung wird überdies Maßregeln nach ſich ziehen, welche den Umkreis unſerer nationalen Politik und unſerer gegenwärtigen Hülfsquellen weit überſchreiten würden . Der Verlauf der Zeit hat reid lid die Weisheit und Vor:
ausſicht jener früheren Verwaltungen beſtätigt, die lange bevor der Fortſchritt der Zeit die Bedingungen der mari timen Beziehungen verändert und erweitert hatte, das
Bedürfnis eines interozeaniſchen Durchgangs über den amerikaniſchen Iſthmus als ein vitales verkündeten, weldse denſelben im Voraus durch ihre ausdrüdlichen Erklärungen und durch die förmlichen Bande von Verträgen dem
Geographiſche Nenigkeiteli.
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gemeinſamen Gebrauch der ganzen Menſchheit weihten. Auf die Verwirklichung dieſes Zieles wird meine Verwaltung
ihre Anſtrengungen richten und immer die Prinzipien vor Augen haben , auf welche ſie ſich gründen muß, und die in poſitiven Ausdrücken im Jahre 1858 durch unſeren damaligen Staatsſekretär Caß definiert worden find, als er ankündigte, daß das, was die Vereinigten Staaten außer dem Glück ihres eigenen Volkes in Zentral Amerika wollen , nur die Sicherheit und Neutralität der interozeaniſchen Straßen iſt , welche dasſelbe durchziehen.
Die glücklich durchgeführte Erbauung der drei transkontinen talen Eiſenbahnlinien , welche ganz auf unſerem Gebiete liegen und den Atlantiſchen und den Stillen Dzean mit
einander verbinden , iſt von möglidiſt intereſjanten und /
frappanten Ergebniſſen begleitet geweſen. Sie hat neue
Bedingungen , nicht allein vom Geſichtspunkt der Verkehrs ſtraße, ſondern auch von demjenigen der politiſchen Geo graphie geſchaffen ; dieſe Veränderungen beſtimmen gewaltig
unſere Beziehungen zu den Routen über die Landenge ; ſie ſteigern notgedrungen die Intereſſen, die wir an jedem derartigen Wege haben werden , welcher eröffnet werden und den Bedürfniſſen des Friedens und des Handels wird dienen oder auch, im Gegenteil, denſelben hinderlich ſein
können. Die Transportkoſten bilden im Preiſe der Brot früchte einen Faktor, welcher faum den Produktionskoſten nachſteht; ſie drücken ebenſo ſchwer auf den Konſumenten. Schon unſere eigene Erfahrung hat uns gezeigt, wie viel
daran liegt, die Konkurrenz zwiſchen den Transporten zu Waſſer und zu Lande vollſtändig entwickelt zu ſehen, da jeder derſelben gleichſam nur dahin wirkt, das Publikum
auftragten dorthin zu ſenden, um mit der Regierung der Vereinigten Staaten abzuſchließen. Nady den neueren Berechnungen der amerikaniſchen Ingenieure ſollen die Baukoſten dieſes Kanals ſich auf 100 Millionen Dollars
oder 400 Millionen Mark belaufen. Ueber den Tehuan tepec-Kanal berichtet die New Yorker ,, Tribüne" : ,, Der Staatsſekretär Bayard foll beabſichtigen , dem Kongreß das Projekt eines maritimen Kanals über die Landenge von Tehuantepec als Baſis der auswärtigen Politik der
Vereinigten Staaten vorzulegen. Dieſe Landenge iſt 165 e. M. breit. Vor einigen Jahren hatte ſich eine amerikaniſche Geſellſchaft gebildet in der Abſicht, eine Eiſenbahn über die Landenge zu erbauen ; da ſie aber ihren Verpflichtungen gegen die mericaniſdie Regierung nicht nachfam , ſo hat ſie auf dieſes Vorhaben verzichten
müſſen. Der Vorſißende dieſer Geſellſchaft war Mr. Edward Learned aus Maijachuſetts , welcher fidh über das Kanal projekt ungefähr folgendermaßen äußert : „ Es wäre ſehr leicht, einen Kanal quer durch die Landenge von Tehuan tepec zu graben. Das Erſte, was man zu erlangen ſtreben müßte, wäre ein Vertrag, kraft deſſen der Geſellſchaft eine Landkonzeſſion von 50 e. MI. Breite auf die ganze Länge des Kanals verliehen würde. Ebenſo müßte man auch ein Fort und eine Schiffsſtation am Rap Catoche, am 1
Ende von Yucatan, anlegen. Wir Amerikaner haben bereits eine große Schußwehr im Mexicaniſchen Meerbuſen , in Dry Tortugas. Mit einem Fort am Rap Catoche würde der Mericaniſche Golf ſich in ein geſchloſſenes Meer verwandelt ſehen und wir könnten den Miffiffippi und
ſeine Zuflüſſe gegen jeden fremden Einfall beſchüßen.
gegen die Beſtrebungen nach dem Monopol zu ſchüßen, ,
Ebenſo könnten wir für den Schuß von Californien und
welche allen großen, viel Reichtum und Macht in ihren Händen haltenden Korporationen eigen ſind . Man kann dieſe Argumente geltend machen , um Nachdruck auf das jenige zu legen , was ich bereits von der Notwendigkeit der Neutraliſation jeder interozeaniſchen Handelsſtraße
Dregon ſorgen und brauchten keinen Feind zu fürdyten.
Außerdem würde der Kanal uns erlauben , den ganzen engliſden Handel an uns zu ziehen, welcher gegenwärtig
geſagt habe. Dieſes Ergebnis kann nur erreicht werden,
den Weg um das Kap der Guten Hoffnung und durch den Suez-Kanal nimmt. " * Die Indianer von Goajira. Die „ Proceed
indem man die Benüßung der Straße allen Nationen öffnet, indem man ſie nicht zur Sklavin der Ambitionen
ings oder Verhandlungen der Königl. Geographiſchen Geſellſchaft in London bringen in ihrem jüngſten Dezember:
und des Kriegsbedürfniſſes irgend eines Volkes madyt.
heft einen intereſſanten Bericht über die Forſdungen , die der engliſche Ingenieur Simons auf der Halbinſel Goajira (Vereinigte Staaten von Columbia ) vorgenommen hat. Dieſer Bericht enthält höchſt merkwürdige Einzelheiten über
Die von dem Oberingenieur Menocal entivorfenen Zeich: nungen und Berichte über eine neuere Recognoszierung des Laufes des Nicaragua-Kanals werden Ihnen von Shrer Regierung mitgeteilt werden ." * Der Nicaragua : und der Tehuantepec Kanal. Im Anſchluß an die obigen Mitteilungen in der Botſchaft des Präſidenten der Vereinigten Staaten geben wir noch einige weitere Notizen über die beiden projektierten interozeaniſchen Kanäle. Nach der Zeitung
„ Porvenir de Nicaragua“ ſoll die Frage des Nicaragua Kanals in den erſten diesjährigen Sißungen des Kons
greſſes zu Waſhington denſelben aufs neue beſchäftigen,
den Indianerſtamm, der jene Halbinſel bewohnt und ſeither nur ſelten beſucht und unvollſtändig bekannt geworden iſt. Dieſe Indianer, deren Sitten noch einen ganz urſprüng lichen Charakter tragen, üben ein ganz eigentümliches Syſtem
der Entſchädigungen für jeden Schaden an Körper, Liben und Eigentum, für alle Wunden, Kränkungen und In recht, welche einer dem anderen entweder abſichtlich oder durd Zufall zufügt: Der Beleidiger oder Schädiger muß
und die Regierung von Nicaragua beabſichtigt deshalb
nämlich eine Buße bezahlen, welche der Menge von Blut oder Thränen angemeſſen iſt, welche durch ihn vergoſſen
einen mit den weitgehendſten Vollmachten verſehenen Bes
ward ; das ſeltſamſte aber iſt, daß derjenige, welcher das
Litteratur.
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Opfer eines Unfalls iſt, ſelbſt zur Bezahlung dieſer Art
Judien.
von Vergütung verurteilt wird. Jeder einzelne Mann dient als Geiſel für ſeine Standesgenoſſen und muß ver ſchiedene Bußen für die Thaten eines anderen bezahlen.
richtige Vorſtellung von ſeinem wirklichen Charakter bekommen ,
Wer uns dieſes land ſo vorführen will, daß wir eine
dem muß neben der Gabe der feinen Beobachtung auch noch die
der farbenprächtigen Schilderung zu Gebote ſtehen, ſonſt wird das
Wenn irgend einer das Pferd eines anderen borgt und abgeworfen wird, ſo muß der Verleiher des Pferdes Ent ſchädigungen bezahlen erſt an die Mutter, dann die Ver wandten des Vaters und in lekter Inſtanz noch an die Freunde deſſen, welcher das Pferd entlehnt hat. Wenn jemand ſich ſelbſt verleßt hat, muß er eine Buße bezahlen für das Blut, das er ſelbſt vergoſſen hat, dann eine zweite an die Verwandten ſeines Vaters für die Thränen, von denen man annimmt, daß dieſelben ſie vergoſſen haben, und eine dritte an ſeine Freunde für den Kummer, welchen der Unfall ihnen verurſachen mußte, und dies alles ſogar, wenn er ſid, den Finger mit ſeinem eigenen Meſſer abge:
Bild, das er entwirft, immer nur ein halbes ſein. Beide Gaben ſind dem Florentiner Profeſſor in beſonderem Maße eigen, und ſo gehört ſein Buch über das Land mit den 252 Millionen Menſchen, allen möglichen Klimaten der Welt , allen Farben der menſchlichen Haut, dein Buddhismus , der Lehre der Brahmanen , dem Islam , allen Formen der chriſtlichen Religion und dem wildeſten Fetiſchismus zweifellos 311 dem Beſten und Hervor ragendſten, was je über Indien geſchrieben wurde. In erſter Linie iſt Mantegazza Anthropolog, Patholog, Arzt und als ſolcher ein feiner Beobachter, der den Dingen auf den Grund ſieht; aber in zweiter Linie iſt er ein Reiſender, der nichts, auch ſcheinbar Kleiues nicht, überſieht, und der in dem „ von Rätſeln ſtarrenden Lande “ ein zuverläſſiger und durch die Prächtigkeit ſeiner Schilder rung angenehmer Führer iſt. Mit Intereſſe begleiten wir ihn ſchon auf der Reiſe von Florenz durch den Suez. Kanal und das
ſchnitten hätte.
Rote Meer nach Bombay, genießen dort mit ihm den „ erſten Duſt
von Judien “, lernen die Gaſthäuſer in Indien kennen , den Markt, das: Tierſpital und den Bazar, machen einen Abſtecher nach der Inſel Elephanta, wohnen den Totenklagen der Parſen bei, machen die Krönungsfeierlichkeiten des Königs von Benares mit, fahren
Litteratur. * Indien. Von Paul Mantegazza , Profeſſor an der Univerſität zu Florenj. Aus dem Italieniſchen von H. Meiſter. Autoriſierte deutſche Ausgabe. Jena, H. Coſtenoble, 1885. Broch. 8 Mi. , geb. 10 ME. · Kaum ein anderes Land iſt von jeher von ſo vielem Intereſſe für die ganze Menſchheit geweſen , als Indien. Judien iſt das Vaterland, dem wir entſtammen , Indien hat uns Blut, Sprache und Religion gegeben, das Brot des täglichen Lebens und jenes andere goldene Brot, das vielleicht notwendiger iſt als das erſte, nämlich das Ideal. Das Zuviel iſt der hervor ragendſte Punkt in Indien ; zu viel Menſchen und zu viel Tiere,
weiter nach Madras und lernen die indiſchen Eiſenbahnen und auf
ihnen falte Douchen im Waggon kennen, kominen nach Metapollium und thun einen Blick in die prähiſtoriſchen Fortſchritte in Indien ; dann geht es weiter nach Kalkutta, wo wir unter anderem eine indiſche Gewerbeausſtellung kennen lernen, zum Kinchinjunga, dem Şimálaya und den Alpen nach Tibet und von da nach Benares
zuric. Ueber die Bevölkerung Juidiens, die Kleidung, die Phyſio logie der Hindu, die ſpirituoſen Getränke der alten Inder, die
hindoſtaniſche Litteratur, die Kaſten in Indien , die Religion, das häusliche Leben, die Ehe und über manche andere wiſſenswerte Dinge erhalten wir Aufſchluß in der liebenswürdigen Form der Plauderei, der man in jeder Zeile den wiſſenſchaftlichen Beobachter
zu viel Wärme, zu hohe Berge , zu viel Reichtum und zu viel Ar mut, zu viel Alter und zu viel Kindheit, zu viele Farben und zu viele Gerüche, zu viele Fieber und zu viel Liebe, zu viel Tote und zu viel leben. Mäßigkeit, Beſcheidenheit, Schamhaftigkeit , Sparſamkeit ſind in dieſem feuerſpriihenden Lande ganz erotiſche Pflanzen. Düſtere, ſchredliche Tempel mit Kiihen, Pianen und Bettelprieſtern, mit Gold und Silber bedeckte Elefanten , Kinder, auf deren Bruſt
das Tier, denn da er dieſelbe Sinnlichkeit, dieſelben niedrigen
Kleinodien ſtrahlen , Fürſten , deren Kleider mit Edelſteinen im
Bedürfniſſe beſigt, ſo verdoppelt er ſeine Brutalität durch die
Werte von vielen Millionen geſchmückt ſind, Kulies, die mit vier Lire (3 MI. 20 Pf.) den Monat leben , ſchwarze niadte Menſchen , die immer von Cocosnußöl oder Schweiß oder von beiden zuſammen glänzen ; weiter eine wahre Orgie von nacktem wohlgeformtem Fleijd, das weder durch Mieder noch Beinkleid verdeckt wird, viel
Mitwirkung einer Intelligenz.“ Wir glauben nach dem Bors ſtehenden nicht notwendig zu haben , das Buch Mantegazza's, das in einer fließend geſchriebenen Ueberſetung von Meiſter vorliegt, noch beſonders zu empfehlen . Keiner, der ſich über das Wunder land Indien unterrichten will, wird es unbefriedigt aus der Hand legen und künftige Erforſcher Indiens werden dankbar ſtets auf Mantegazza's Darſtellung zurücgreifen.
!
1
farbige Kleider, welche den menſchlichen Körper verſchleiern , bedecen ,
aber nicht verbergen und zu den Sinnen des Menſchen ſprechen ,
der dieſe Form der Bekleidung nicht gewohnt iſt, das Groteske im Heiligen , das Cyflopenhafte im Tölpel , Affen, die man anbetet ,
und Heilige, die ſich dreißig Jahre lang nicht von der Stelle be wegen , Affen, welche vom Staate unterhalten werden , und Katzen hoſpitäler, Hunde und Raben , Schlangen und Elefanten , Krokodile
und Rhinozeroſje, Büffel, die ſich in fieberſchwangerer Erde ergötzen, uud turmhohes Bambusrohr, Wälder von Magnolien und Rhodo dendron-Sträuchern , die ſo groß ſind wie Kaſtanienbäume, epileptiſch
ſcheinende Bajaderen , mit Geſichtern , denen das Opium ein Ge präge von Stumpfſinn verliehen, von Betel roſig gefärbte Zähne und lippen, aus denen das Blut zu ſpringen droht, die hödöſten Berge der Erde und Läden , die kleiner als ein Schrank ſind, ein Bandämonium und eine Dithyrambe von leuchtenden Dingen ,
grotesken , ungehener großen und unendlich kleinen Gegenſtänden, die auf uns den Eindruc eines ungeheureit, von einem Viftor þugo im Delirium erträumten Maskenziiges machen das iſt
anmerkt, und endigen beim ſchamloſen Feſt Holi , das dem Ver faſſer mit Recht die Bemerkung abrötigt: „ Der Menſch hat ſich
beleidigt gefithlt, als man ihn zum Affen in verwandtſchaftliche Beziehung ſtellte, aber unzählige Male erniedrigt er ſich unter
Dr. W. Beumer.
Pfiſter, Otto v.: Das Montavon mit dem oberent Paz 11 a 11 11 . Ein Taſchenbuch für Fremde und Einheimiſche. Augsburg, Lampart's Alpiner Verlag, 1885 .
Das Montavon
von Bludenz bis zur Bieler Höhe und den Gletſchern der Sil vretta iſt eine noch wenig bekannte und erſt in den jüngſten Jahren häufiger beſuchte Perle der öſterreichiſchen Alpenwelt, und hat in dem Verfaſſer des vorliegenden Werkchens einen mit Recht begeiſterten Bewunderer, Geſchichtſchreiber und örtlichen Schilderer gefunden. Herr v. Pfiſter beſchreibt uns zunächſt land und Leuic
in Gegenwart und Vergangenheit, dann die politiſche Einteilung und die Topographie , die Thäler, Berge und Gewäſſer. Hieran reihen ſich ſodann gediegene Notizen über die Geognoſie und Geo logie, die Zoologie und Botanif dieſer Region aus der Feder berufener Fachmänner, touriſtiſche Notizen , Winke für Spazier gänge, größere Ausflüge und Bergtouren , und dann die Schilde
100
Notizent.
rung des angrenzenden oberen Paznaun, welches nun auch von
Notizen.
Landeck her zugänglicher gemacht wird durch eine neugebaute Fahr ſtraße, die im nächſten Jahre vollendet werden und ein herrliches Gebiet eigenartiger, mittelſt der Arlbergbahn leicht zu erreichender alpiner Natur erſchließen wird. Das ſehr hübſche und intereſſante
dortige Oberaufſeher Wear , daß infolge ſorgſamer Bewachung bei
Buch, das jowohl zum vorläufigen Studium vor wie als Führer und Begleiter auf der Reiſe vorzügliche Dienſte leiſtet, enthält auch
eine Kartographie und ein Verzeichnis der einſchlägigen litteratur und Quellen . * Waltenberger, A.: Algäu , Vorarlberg und Weſt tirol nebſt den angrenzenden Gebieten der Schweiz. Mit beſon derer Berückſichtigung des Bodenſee-Gebietes , Bregenzerwaldes und der Arlbergbahn. Fünfte umgearbeitete Auflage, mit einer Ueberſichtskarte und ſechs Spezialfarten . Augsburg, Lampart's Alpiner Verlag, 1885. Raum ein Jahrzehnt iſt ſeit dem erſten Erſcheinen dieſes Buches vergangen, und ichon ſind vier ſtarfe Auflagen davon vergriffen, Beweis genug für ſeine wachſende Ge
* Ueber den Yellowſtone Nationalpark berichtet der Tag und Nacht es nun einigermaßen gelungen ſei, dem unbefugten
Abſchießen des dortigen Wildes von Seiten der Indianer und des weißen Geſindels Einhalt zu thuu . Das geſamte Wild foul fortan geſchont werden und vermehrt ſich unter dieſem Schuße zuſehends ; man zählt bereits über 200 Biffel ( Bijons ), mehrere große Rudel
!
diegenheit, Zuverläſſigkeit und Brauchbarkeit. Es bildet einen integrierenden Teil jener trefflichen Reiſehandbiicher für die dent chen und öſterreichiſchen Alpen , welche Th. Trautwein und A. Waltenberger in dem geachteten Alpinen Verlag von A. Lampart
in Augsburg herausgegeben und deren Handlichkeit und genaue Gewiſſenhaftigkeit alljeitig die verdiente Anerkennung gefundent hat. Die beigegebenen Spezialfarten verleihen dem Wertchen
Elfs (Wapitihirſche) und mehrere Heerden Antilopen (Gabel
gemſen ). Durch die nieuangelegten Wege iſt der Zugang zu allen Sehenswürdigkeiten weſentlich erleichtert, und die Zahl der Auf ſeher ſoll von zehn auf fiinfzehn vermehrt werden , da ſie gegen wärtig nicht groß genug iſt, die Verübung von Thaten des Van dalismus zu verhüten . Der Beſuch des Nationalparks jol im jüngſtvergangenen Sommer größer geweſen ſein , als jemals. r . * Eine in Kleinaſien gefundene Trümmerſtadt. In der Provinz Adana in Kleinaſien , unweit von Tarſus und uur wenige Wegſtunden vom Meere entfernt, iſt in den Bergen neuerdings eine bisher gar:z unbekannte Ruinenſtadt entdeckt worden . Die Triimmer liegen in der Nähe der Straße von Selef- Sté nach Karaman über Mohara. Man findet dort wohlerhaltene, beinahe unverletzte Sarkophage, welche denen von Lycien gleichen ind ein (Sc.) genantes Studium zu verdienen ſcheinen . 1
einen ganz beſonderen hohen Wert, und der vorzüglich redigierte
* Denkmäler aus der babyloniſchen Zeit. In Wien
Text läßt überall deutlich erkennen , wie ſehr das Buch auf eigener perſönlicher Anſchauung der gejdhilderten Gegenden beruht. * Paul B. du Chailli : Im Lande der Mitter:
Niemann von der Kunſtakademie ausgerüſtet werden , um jene Teile des Taurus und Anti - Taurus zu unterſuchen , wo im vorigen
nachtsſonne, Sommer- und Winterreifen durch Nor
Jahre Ueberreſte von Denkmälern aus babyloniſcher Zeit gefun
wegen und Schweden, Lappland und Nord - Finnland. Frei übertragen durch Anna Helms. Leipzig , Ferd. Hirt und Sohn, 1885 . Du Chaillu's größeres Werk über den hohen Norden des weſtlichen Europa, die Frucht eines mehr als fünf jährigen Aufenthalts in Skandinavien, iſt bekanntlich ein ſehr ernſtes und lehrreiches Buch, das mit der ganzen ſeltenen Darſtellungs gabe und Objektivität des Verfaſſers geſchrieben iſt und beſonders
den worden ſind.
für denjenigen , welcher das nördliche Skandinavien bereiſt, ebenſo anſchaulich wie lehrreich wird. Es iſt nun ein Verdienſt der rihrigen Verlagshandlung, in dem vorliegenden ſchönen Buch en kondenſierten Auszug aus dem großen Werke gegeben und demſelben ein inſtruktives Kapitel über „ das Reijen und die hauptſächlichſten Reiſerouten in Schweden und Norwegen “ von Dr. Ungvar Nielſen in Chriſtiania vorangeſtellt zu haben. Die neuere litteratur über Skandinavien iſt ungemein reid) und bietet ſehr viele gründliche Werke , allein man darf füglich ſagen , daß Du Chaillu eine der beſten, vollſtändigſten und einheitlichſten Darſtellungen von Natur und Menſchenleben , von den phyſiſchen, jozialen und ethniſchen Zuſtänden, von der großartig wilden Natur
Skandinaviens und beſonders ſeines hohen Nordens gegeben hat. welche wir überhaupt beſitzen . Man fönnte, wenn man das Originalwerk kennt, vielleicht wegen der ſtofflichen Auswahl, welcher die Ueberſetzerin bei dieſem Aufſatz gefolgt iſt, manchmal anderer Anſicht als dieſe ſein und mehr eine Auswahl durch Männerhand wünſchen ; allein im ganzen ſtellt ſich dieſe gediegen ausgeſtattete, reich illuſtrierte und mit einer ausführlichen Karte verſehene wohl feile Ausgabe von Du Chaillu's Werk als ein ſehr lehrreiches und
gehaltvolles Buch für den großen Leſerkreis dar, welches alle Leſer anziehen und befriedigen wird und das nach ſeinem ganzen Weſen ſid, beſonders 311 Feſtgeichenken vorzüglich eignet, worauf wir bei herannahender Feſtzeit hinweiſen wollen.
joll angeblich eine archäologiſche Erpedition inter Profeſſor
(Sc.)
* Die transſibiriſche Eiſenbahn iſt bereits in ihrem erſten Abſchnitt von 135 kilometern zwiſchen Jekatherinburg und
ftamiſchoff fertiggeſtellt worden und ihre baldige Vollendung bis Tiumen wird zilverſichtlich erwartet . Der Kanal zwiſchen dem
Obi und dem Jeniſſei iſt bereits ſo weit vorangeſchritten, daß die Schifffahrt auf demſelben ſchon im Frühjahre 1887, wenn nicht don früher, eröffnet werden kann . Sibiriakoff hat eine Dampfer linie auf der Angara hergeſtellt, welche den Baikal-See mit dem Jeniſſei verbindet und welche man bisher fiir zu reißend zur Schifffahrt gehalten hat.
(Sc.)
Verlag von Hermann Coſtenoble in Jena. Zu haben in jeder Buchhandlung.
Indien . Von Paul Mantegazza , Mitglied des Senats, Profeſſor an der Univerſität Florenz. Autoriſierte Ausgabe.
Aus dem Italieniſchen von H. Meiſter. Ein ſtarker Band gr. 80. In eleganter Ausſtattung 8 M. , elegant gebunden 10 M.
Der große italieniſche Gelehrte , der ſich einen wohlver dienten Weltruf und insbeſondere in Deutſchland durch ſeine Phyſiologie der Liebe (in gleichem Verlage , 2. Aufl. 1884) zahlreiche Freunde erworben hat, ſchildert uns in ſeinem neueſten
Buche Indiell, auf das gerade jetzt Aller Blide gerichtet ſind. Ein hervorragender deutſcher Kritiker ſagt: „Dieſes Buch über jndien iſt ein Meiſter wert feiner Be . obachtung und prächtiger Schilderung.“
Druck und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Blichhandlung in München und Stuttgart.
Das Susland. Wodenſchrift fiir für fänder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der
3. G. Gotta'ſoen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 8. Februar
Nr. 6.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.
1886.
Zu beziehen durd alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. -
Manuſkripte und Rezenſione- Gremplare von Werten der einſchlägigen litteratur ſind dirett an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart , Kurzeſtraße Nr. 6/11 , zu jenden . Inſertionêpreis 20 Bi. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Die Kolonie Neu -Seeland. Von Henry Greffrath. S. 101 . Nordoſtküſte Afrika's. S. 105. 3. Kambodſcha und jeine Bewohner. (Schluß.) Neu :Schottland. S. 113. S. 117 . S. 119.
5. Geographiſche Neuigkeiten . S. 114.
2. Die Häfen am Roten Meere und an der
Von Chr. Nuſjer. S. 110. 4. Halifar in 6. Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler.
7. Kleinere Mitteilungen : S. 119. Archäologiſche Betrügereien. Nenere Karten und Kartenwerfe. 9. Verwahrung. S. 120.
Die Kolonie Neu-Seeland. Bon Henry Greffrath.
8. Berichtigungen .
Der nächſte Europäer, welcher dann Neu-Seeland beſuchte, war erſt wieder Kapitän James Cook. Er ging am 8. Dktober 1769 in der von ihm wegen ihrer arm
Die Eingeborenen von Neu -Seeland nennen ſich, wie
ſeligen Umgebung lo benannten Poverty-Bay, an der Dſt:
bekannt, Maoris. Möglich, daß dieſer Name von Maui, ihrem Gotte der Schöpfung, abzuleiten iſt. Sie ſcheinen als die Südinſel. Die erſteren heißen ſie Te Jta a Maui, d. i. den Fild des Maui, weil dieſer ihr Gott die Inſel
füſte der Nordinſel in 380 45' 1. Br. und 1770 59' 0. L. v. Gr., vor Anker und landete an der Stelle, wo ießt das 1750 Einwohner zählende Städtchen Gisborne liegt. Coot hielt ſich auf ſeinen mehrmaligen Beſuchen in Neu -Seeland im ganzen 327 Tage dort auf. Er nahm zwar im Namen
als einen Fiſch aus dem Meere hervorgeholt haben ſoll.
der britiſchen Krone Beſiß von dieſen Inſeln , allein es
Wenn man will, ſo läßt ſich in der That eine gewiſſe derar
wurde offiziell feine weitere Notiz davon genommen , bis zuleşt König William IV . von England geradezu erklärte :
von jeher immer mehr die Nordinſel bewohnt zu baben,
tige Aehnlichkeit in der Form der Inſel herausfinden. Die Südinſel dagegen benennen ſie Te Wahi Punamu, d. i.
Neu-Seeland ſeien unabhängige Inſeln und ſollten es
das Land des Grünſteins, nach einem an der Weſtküſte vorkommenden Nephrit oder Bitterſtein , aus welchem ſie
auch bleiben .
früher – zum Teil auch noch jeßt
den Inſeln an, aber eine wirkliche Anſiedelung von Euro päern erfolgte erſt im Jahre 1814. Damals gründete die
Gehänge, Hals
zierraten, Beile u. ſ. w. anfertigten. Am 12. Dezember 1642 entdeckte der holländiſche
Rapitän Abel Janſen Tasman Neu -Seeland und hieß es zuerſt Statenland, dann aber Nova Zeelanda, ohne jedoch
für Holland Beſig davon zu nehmen. Er landete auch
Bald nach Coof legten gelegentlich Walfiſchfänger bei
„London Missionary Society “ von Sydney aus in dem Maorisdorfe Kororarefa oder, wie jeßt der kleine Drt heißt, Ruſſell in 350 16' f. Br. und 174 ° 8' ö. v. Gr. eine Miſſionsanſtalt und ſtellte ſie unter die Leitung des Res
nicht, denn nadidem ein in der Maſſacre- Bay, an der
gierungsfaplans Rev. Samuel Marsden, genannt „ der
Nordſpiße der Südinſel in 400 31 ' 1. Br. und 1720 45'
Apoſtel der Südſee", und dreier anderer Geiſtlichen. Die Miſſion hielt den erſten chriſtlichen Gottesdienſt am Weih
ö. v. Gr. , vom Schiffe abgeſchidtes Boot von den Ein geborenen überfallen und drei Matroſen ermordet worden
waren , wollte er ſich keiner weiteren Gefahr ausſeßen . Er
fuhr an der Weſtküſte der Nordinſel hinauf und benannte die wichtigſten Landſpißen und Bayen mit Namen , welche zum Teil nod heute in Gebrauch ſind. Ausland 1886, Nr . 6.
naditstage 1814 ab und machte in der Bekehrung raſde Fortſchritte, da die Häuptlinge ſie begünſtigten. Die Ein geborenen wurden von dieſer Zeit an mehr und mehr ziviliſiert. Dieſem Beiſpiele folgten dann ſpäter im Jahre 1822 aud methodiſtiſche und im Jahre 1838 fatholiſche 16
102
Die Kolonie Neu - Seeland .
Miſſionare.. Gleichzeitig traten an der Küſte beider In feln Niederlaſſungen für Walfiſchfang und Holzerport ins Leben und Kaufleute in Sydney errichteten Rommanditen. Seit dem Jahre 1825 ſtanden ſich in Neu -Seeland zwei Parteien gegenüber. Während die eine, unter dem Einfluſſe der Miſſionare, die Maoris zum Chriſtentum be kehren und ein chriſtliches Maoris -Rönigreich 11 gründen
wollte, war die andere bemüht, aus Neu -Seeland eine Kolonie zu machen. Die engliſche Regierung, welche lange Zeit die erſtere begünſtigte und Geſellſchaften, die eine Anſiedelung auf Neu- Guinea bezwedten, daran verhinderte, ſah zuleßt ein, daß ſie dem Drängen ihrer Landsleute nicht länger widerſtehen konnte, um ſo mehr, als Frankreich das mit umzugehen ſchien , die Inſeln zu annektieren und eine Verbrecherkolonie darauf zu gründen. Es kam nämlich im Jahre 1838 durch den Baron de Thiery zur Kenntnis des
Mr. George Fife Angas, 1 daß die franzöſiſche Regierung im Begriff war, in aller Stille eine Erpedition nad Neu
Seeland auszuſchicken , um davon Beſiß zu ergreifen.? Mr. Angas richtete ſofort an Lord Glenelg, den damali gen Kolonialminiſter, ein Sdreiben, in welchem er ſich über die großen Nachteile für britiſche Intereſſen ausſprad), wenn eine fremde Macht in jenen Gewäſſern feſten Fuß
faßte. Eine Konferenz mit Lord Glenelg folgte, und das Reſultat derſelben war, daß Kapitän Hobſon mit dem
Kriegsſchiffe ,,Druid " nach Neu-Seeland beordert wurde, um von den dortigen Häuptlingen die Abtretung der Inſeln an die engliſche Krone zu erlangen. Kapitän Hobſon traf im Januar 1840 in der Bay of Islands ein. Es iſt dies eine mit vielen Felſen punktierte und darum für Schiffe gefährliche, andererſeits aber init Wald maleriſch umgebene Meeresbucht in 350 10 ' 1. Br. und 1740 15' ö. v. Gr.
Einige Häuptlinge zeigten ſich geneigt, die Souveränität 1 Dieſen Plan der Miſſionare griffen die Eingeborenen ſpäter wieder auf und ſuchten ihn nach längerer Beratung im Jahre 1858 zur Ausfiihrung zu bringen. Wenigſtens beſchloſſen die im zentralen Weſten der Nordinſel wohnenden Stämme auf den
Rat des einflußreichen und mächtigen Häuptlings der Ngatihaulas , mit Namen Tamihana te Wabaroa oder, wie ihn die Noloniſten gewöhnlich hießen, William Thompſon , daß ſie ihren eigenen
König haben wollten. Sie erklärten, daß die engliſche Oberhoheit
Englands über ihre Inſeln anzuerkennen, während andere wieder, beeinflußt durd, die Miſſionare ſowie durch Euro
päer, welche dort Land angekauft hatten, nichts davon wiſſen wollten. Kapitän Hobſon berief dann eine Ver: ſammlung der Häuptlinge nach Waitangi oder Weeping Waters , d. i. Thränenwaſſer. Es kam auch hier zu hef tigen Debatten, welche damit endigten, daß wenigſtens 25
nur da Geltung habe, wo das Land durch gültigen Kauf in eng liſchen Beſitz iibergegangen ſei, anderswo aber nicht, und daß der fernere Verkauf von Land an die Weißen in Zukunft unterſagt ſein ſolle. Zum Könige ward der alte tapfere Strieger Potatau
Häuptlinge (ſpäter erhöhte ſich die Zahl der geſamten
te Wherowhero, d. i. der Note Häuptling der Ngatimahutas, an
hielt. Seinem Anliegen wird und kann, wie ſich die Verhältniſie in Neu -Seeland nun einmal ausgebildet haben, keine Folge gegeben
der Weſtſeite des Waikato-Beckens, gewählt und im April 1858 in Ngaruawahia, am Zuſammenfluſſe der Flüſſe Waikato und Waipa, in aller Form eingeſett. Die aufgehißte Nationalflagge war weiß mit roter Einfaſſung, und im Felde derſelben ſtanden unter einem roten Kreuz drei Sterne, welche Glaube, Liebe und Geſetz
bedeuten ſollten. Nach dem Tode Potatau's folgte ihm ſein Sohu Tawhiao als König. Er hieß früher Matutaera, eine Korruption aus Methuſalah, aber als er Þau-Hau wurde (ſiehe weiter unten ), legte er den bibliſchen Namen ab und nannte ſich Tawhiao. Er iſt nichts weiter als ein Schattenfönig, welcher überdies auch nur von einem Teil der Maoris als ſolcher anerkannt wird. Aber immerhin fühlte er ſich ſtark genug , den Europäern bislang ſein Land zu verſperren , den Bau von Landſtraßen und Eiſenbahnen durch ſein Gebiet zu verhindern, ſich eine Anzahl Bewaffneter zu halten , welche er ſeine Armee nennt, und ſich ſchmollend von
allem Verkehr mit den Europäern fern 311 halten. Erſt in der neueſten Zeit iſt Tawhiao anderen Sinnes geworden, hat mit einer Meſſingkrone, als Zeichen der Majeſtät, auf dem Haupte die City of Audland beſucht und iſt ſelbſt unter die Teatotalers, b. i. Mäßigkeitsvereinler, getreten , um damit kund zu thun, daß er ſeiner bisherigen Paſſion für ſtarke Getränke entſagt habe. Ja, im Jahre 1884 unternahm er, in Begleitung von mehreren Häupt
Unterzeichner auf beiden Inſeln auf 52 ) einen Vertrag
werden, wenn es auch an ſich wohl begriindet ſein mag.
Wir
wollen nur eine Streitfrage hervorheben, welche gleich wie es geſchebe geſchlichtet werden muß. Neu -Seeland wird von vielen Eiſenbahnen durchzogen. Es handelt ſich jeßt um die Vollendung einer Zentralbahn auf der Nordinſel, welche die City of Audland im Norden mit der City of Wellington an der Süd küſte verbinden ſoll . Sie iſt auf 100 e . Min . oder 161 Km . von Audland bis Te Awamutu in 380 24' 1. Br. und 1750 14 7. L. von Gr. in Betrieb und muß nun das Gebiet der Kingiten
beriihren , was aber Tawhiao hartnädig verweigert. Soll mu
wegen dieſer eigenſinnigen Abgeſchloſſenheit die Bahn, welche der Verfehr verlangt, unvollendet bleiben ? Die Kolonialregierung hat lange genug temporiſiert . 1 Mr. George Fife Angas war einer der Gründer der Kolonie Südauſtralien im Jahre 1836 und hat ſich um den Fortſchritt derſelben , namentlich auch durch die Beranziehung deutſcher Aus manderer (Altlutheraner aus Schleſien unter ihrem Paſtor K'avel)
auf ſeine Koſten hohe Verdienſte erworben . Er ſtarb als Millionär im Alter von 90 Jahren am 15. Mai 1879 auf ſeinen großen Beſitzungen in Südauſtralien. 2 Am 10. Auguſt 1840 traf denn auch die franzöſiſche
Anerkennung ſeiner Hoheit, ſowie die Rüdgabe der ſeinem Volke
Korvette „ L'Aube “ mit 57 Auswanderern im Afaroa- Hafen der Banks Peninſula in 430 50 ' 1. Br. und 1720 58' ö. £. von Gr.
in den Diaoris -Kriegen konfiszierten Ländereien zu erwirken natürlich ohne Erfolg. Er machte ſich in London, mit der Meſſing
ein , um zu erfahren, daß Kapitän Hobſon von Neu - Seeland bereits Beſitz genommen hatte. Die franzöſiſchen Auswanderer
krone auf dem Haupte, mehr zum Spott und Gelächter der Jugend.
ließen ſich indes auf der Peninſula nieder, und zwar dort , wo jeçt der 630 Seelen zählende Seeort Akaroa liegt. Sie und ihre
lingen, eine Reiſe nach London, um von der Königin Victoria die
Sein Geſuch , der Königin vorgeſtellt zu werden, wnrde abgewieſen, dagegen erhielt er beim Kolonialminiſter, dem Earl of Derby , eine Audienz, der ihn zwar ſehr freundlich empfing , jedoch in ſeinen offiziellen Aeußerungen ſich ſehr vorſichtig und zuriidhaltend
Nachkommen bilden noch heute den größeren Teil der dortigen Bevölkerung und beſchäftigen ſich hauptſächlich mit Gartenbau , namentlich der Weinkultur.
Die Kolonie Neu -Seeland.
unterzeichneten, welcher beſagte, daß ſie die Oberherrſchaft Englands über Neu-Seeland anerkennen, aber daß dabei der Grund und Boden im Beſit der einzelnen Stämme verbleibe, und dieſes Recht folle fich nicht nur auf das Land, welches ſie zur Zeit bebauten, ſondern auch auf das unbenußte Land ihres Gebietes erſtrecken . Außerdem wurden ihnen der Schup Englands und alle Rechte und
Privilegien engliſcher Unterthanen zugeſichert. „ Ja, ich verſtehe", rief einer der Häuptlinge auf der Verſammlung
103
Schießgewehre, Pulver, Beile, Meſler, Spiegel, rote Nact fappen, Maultrommeln u. 1. w. von den Eingeborenen an: gefauft, ohne daß dieſe die Bedeutung des Verkaufs richtig verſtanden, noch überhaupt eine Berechtigung dazu hatten. Am 22. Januar 1840 traf dann das Schiff ,,Aurora" mit Auswanderern ein und eine Reihe anderer Schiffe folgte raidh. Nad Verlauf eines Jahres zählte die Bevölkerung icon über 1200 Röpfe. So entſtand die Provinz Welling ton, die erſte in Nieu -Seeland, in welcher der Betrieb von
aus, „ der Schatten wird auf die Königin von England
Viehzucht vorherrſcht. Der 22. Januar gilt als der natio
übergehen, aber die Subſtanz bei uns verbleiben ." Was nun dieſen Waitangi-Vertrag anlangt, ſo war
nale Geburtstag, anniversary day, der Kolonie und wird
er vom Rechtsſtandpunkte der Maoris aus von vornherein
Die Anſiedelung in Neu -Seeland nahm , wie wir
ungiltig. Der Häuptling übt keineswegs die Souveräni tät über ſeinen Stamm und die zugehörigen Ländereien
ſchon angaben, im Norden der Nordinſel ihren Anfang,
aus.
Die Souveränität gehört vielmehr dem ganzen
Stamme.
Ueberdies hatte auch nur eine Minorität der
Häuptlinge den Vertrag unterzeichnet. Es fehlten gerade die der drei mächtigſten Stämme : der Ngatihauas, Ngati
mahutas oder Waikatos im engeren Sinne und der Ngati maniapotos, welche ihren Wohnſiß in dem fruchtbaren Beden des Waikato-- Fluſſes hatten. Aber auf alle Fälle
war vorauszuſehen, daß der Vertrag zu Streitigkeiten in der Landfrage führen werde, im Falle die Eingeborenen ſich weigerten, an die Weißen, welche ſich anſiedeln woll ten, Land zu verkaufen. Und als nun dieſe Streitigkeiten
ſehr bald eintraten, da interpretierte die Regierung den Vertrag ſehr willkürlid dahin, daß die Eingeborenen feinen Anſpruch auf Land hätten, welches ſie nicht bebauten. Kapitän Hobſon proklamierte nun im Januar 1840
die Oberherrſchaft Englands über Neu-Seeland, welches bann bis zum 3. Mai 1841 ein Zubehör der auſtraliſchen Kolonie Neu- Südwales bildete.
Von da ab wurden die
alljährlich in ganz Neu -Seeland feſtlich begangen .
wu ſid, um die Miſſionsanſtalt in Kororarefa herum immer mehr Europäer niederließen. Auch der erſte Gouverneur, Kapitän Hobſon, reſidierte hier vom Januar 1840 bis
März 1841. Er verlegte dann ſeinen Wohnſit weiter ſüdlid nad einem kleinen Maorisdorfe am Waiternata Harbour und in 36 ° 50' ſ. Br. und 174 ° 50' 40 ö. L. v . Gr. und benannte es Auckland - die jeßige blühende City of Audland - wo bis zum Jahre 1865 der Sitz des Gouverneurs und der Regierung verblieb. Die nörd liche Hälfte der Nordinſel erhielt dann als beſondere Pro vinz denſelben Namen . Sie enthält zwar viel ſchlechtes und wertloſes Land, doch aber auch ſehr guten, für Acker bau und Viehzucht verwendbaren Boden.
Die Provinzen New -Plymouth, oder, wie ſie ſeit dem Jahre 1858 heißt, Taranaki, im Weſten der Nordinſel, und
Nelſon im Norden der Südinſel verdanken ihren Urſprung ebenfalls der „New Zealand Land Company ". Die erſtere, mit ziemlich gutem Boden, datiert vom September
1841 , die leştere, deren Bedeutung mehr in ihrem Mineral
Inſeln eine ſelbſtändige Kolonie und ihr erſter Gouver
reichtum liegt, vom Oktober 1841 .
neur ward bis zum 10. September 1842, wo er ſtarb,
Otago im Süden der Südinſel wurde am 28. März 1848 von einer mit der ,,Free Kirk of Scotland " zu: ſammenhängenden ſchottiſchen Kompagnie, welche mit der
Rapitän Hobion.
Schon im Jahre 1837 war in London die „ New Zealand Association ", an deren Spiße der ſpätere Lord
„ New Zealand Land Company
Aſhburton ſtand, zuſammengetreten, aber die engliſche Re gierung weigerte ſich, ſie anzuerkennen, weil ſie eine poli
ſtand, gegründet. Dtago iſt jeßt die bevölkertſte, reichſte und wichtigſte Provinz in Neu-Seeland. Ihre Hauptpro
tiſche und keine kommerzielle Aſſociation ſei. Aus der
dukte ſind Wolle und Gold, aber auch Acerbau wird viel
ſelben ging dann im Jahre 1839 die „ New Zealand Company “ unter Lord Durham hervor, deren eigentlicher
betrieben. Die Weſtküſte, den Fjords von Norwegen ähn lich, iſt ſchwer zugänglich und noch meiſt unbekannt. Auf fällig iſt, daß in Otago faſt alle Städte zwei Namen führen. Den einen geben die Koloniſten , den anderen die
Leiter jedoch Mr. Edward Gibbon Wakefield wurde. Un
geachtet der Gegenbefehle der Regierung ging ihr erſtes Schiff ,, Tory " am 12. Mai 1839 heimlich nach Neu- Seeland ab, mit dem Oberſt William Wakefield, einem Bruder des Vorgenannten, an Bord. Der Oberſt ſollte Land von den Eingeborenen anfaufen und darauf einen paſſenden Drt für die erſte Anſiedelung beſtimmen. Man landete Ende
wieder in Verbindung
Regierung. Wir könnten hier mit einer langen Reihe von Beiſpielen dienen . Im Jahre 1848 bildete in England eine Anzahl hoher
Perſonen der engliſchen Hochkirche, unter denen ſich auch der Erzbiſchof von Canterbury und der Duke of Mancheſter
Auguſt desſelben Jahres am Port Nicholſon, am öſtlichen
befanden, die „Canterbury Association for Founding a
Eingange in die Coolſtraße und in 41 ° 17' 1. Br, und
Settlement in New Zealand “ und legten den Grund zur
1740 48' 0. L. v. Or, und errichtete hier ein Zentraldepot.
ſpäteren Provinz Canterbury. Sie enthält vorzüglichen
Ein Areal, faſt ſo groß wie ganz Jsland, wurde gegen
Boden, und Ackerbau und Viehzucht ſtehen in voller Blüte.
104
Die Kolonie Neu - Seeland.
Hawke's Bay im Südoſten der Nordinſel, wo meiſt nur Viehzucht betrieben wird, gehörte früher zur Provinz Wellington, und Marlborough im Nordoſten der Süds inſel, ebenfalls mehr für Viehzucht als für Ackerbau ge eignet, zur Provinz Nelſon. Beide wurden in den Jahren 1858 und 1860 zu beſonderen Provinzen erhoben. Im Jahre 1861 faufte die Kolonialregierung alles Land an der mittleren Weſtküſte der Südinſel von den dortigen Eingeborenen, deren Zahl auf 30 zuſammengeſchmolzen war, und teilte dieſes Gebiet der Provinz Canterbury zu. Als dann dort reiche Goldfelder entdeckt wurden, ward aus dieſem Diſtrikte im Jahre 1867 eine beſondere, von
tigen Kampfe, in welchem auf Seiten der Europäer 19 getötet, 5 dywer verwundet und 4 vermißt wurden , wäh rend 11 durch die Flucht entkamen. Auf einer Anhöhe, in unmittelbarer Nähe des vor: erwähnten Maoris-Dorfes Kororarefa, an der Nordoſtküſte
der Nordinſel, war eine Stange errichtet worden, auf welcher die engliſche Flagge wehte.. Dies wollten die
Maoris, als ſie merkten, daß ſie durch den Waitangis
Vertrag hintergangen waren, nicht dulden. Der Häupt= ling Honi Hafi, oder, wie ihn andere nennen, Hefe, welcher
den Vertrag zuerſt unterzeichnet hatte, ſtand jeßt an der
Canterbury getrennte Geſellſchaft gemacht. Sie hat ſehr
Spiße der Unzufriedenen. Soll denn " , rief er ſeinem Volfe zu, „ Rauparaha (der vorerwähnte Häuptling) allein
viel vorzügliches Nußholz. Acerbau und Viehzucht werden
die Ehre und den Ruhm haben, die Pakehas ( Fremden )
nur wenig betrieben.
zu töten ? "
Bis zum Jahre 1840 beſtand zwiſchen den Europäern und den Eingeborenen der Nordinſel ein friedlicher Verkehr. Die erſteren brachten allerlei Waren , wie Kleidungsſtücke, Schießgewehre, wollene Schlafdecken, eiſerne Gerätſchaften,
nieder und verbrannte ſie. Gleiches geſchah mit einer zweiten Stange. Da ſich zur Zeit nur 150 Mann Mili
Tabak, Getreide, Kartoffeln u. f. w. und tauſchten dagegen
Nämpfen, in welchen das Militär gerade keine beſonderen
einheimiſchen Flachs, Phormium tenax, Kaurigummi, Wal fiſdythran, Seehundsfelle u. . w. ein. Die Schießwaffen, mit denen die Eingeborenen der Nordinſel in dieſer Weiſe verſorgt wurden, dienten ihnen dazu, die Eingeborenen der Südinſel niederzuſchießen und zu verzehren. So lange nun die Europäer blos Handel trieben,
Lorbeeren davontrug ; indes waren doch Honi Hafi und
waren ſie den Maoris willkommen, aber als es ſich um Grund und Boden handelte, auf welchem die Weißen Ackerbau und Viehzudyt betreiben wollten, da taudyte die heifle Landfrage auf. Die Zollbuden , welche bald errichtet wurden , madyten die Waren teurer, und dies gefiel den
Maoris auch nicht. Ebenſo erregte das Verbot der Ein fuhr von Schießwaffen ihren Unwillen . So kam es denn zu Streitigkeiten, welche wieder zu den blutigen Kämpfen führten, die ſich bis zum Jahre 1866 immer von neuem wiederholten . Auf beiden Seiten gingen dabei viel Menſchen leben verloren. England, welches 10,000 Mann reguläres Militär unter General Cameron nach Neu- Seeland geſchidt hatte, koſtete dieſer Krieg zwölf Millionen Pfund Sterling, und die Kolonie, welche 5000 Milizen zuſammengebracht hatte, mußte große Geldanleihen machen , die zu der heutigen ſehr hohen Staatsſchuld weſentlich beigetragen haben. Die beiden folgenden Vorgänge bildeten die Anfänge der Maoris-Kriege. Im Jahre 1843 ſollten in der Provinz Marlborough, an der Nordoſtküſte der Südinſel , die Häuptlinge Rau paraha und Rangihaeta verhaftet werden . Sie hatten
bei der Vermeſſung von Land im fruchtbaren Thale des Wairau - Fluſſes, welches ihnen gehörte, aber das die „ New
Zealand Land Company" wollte käuflich an ſich gebradit haben, Widerſtand geleiſtet. Da auf ihre Aufforderung die Feldmeſſer vom Lande nicht weichen wollten , ſo vers
brannten ſie deren Zelte. Es kam nun, als die Häuptlinge am 13. Juni 1843 arretiert werden ſollten, zu einem hef
Er hieb am 8. Juli 1844 die Flaggenſtange
tär in der Kolonie befanden, ſo wurden ſchleunigſt weitere 250 Mann aus Sydney beordert. Es kam dann zu harten
ſeine Konföderierten am Schluſſe des Jahres 1845 beſiegt. Es würde uns zu weit führen, wollten wir die nun
folgenden blutigen Fehden einzeln aufzählen und beſprechen. Nur ſo viel ſei geſagt, daß die Maoris wader kämpften
und manchen Sieg davontrugen .
Ein entſcheidender, ver
nichtender Sieg ward über ſie nicht erfochten. Es ging ihnen zuleßt nur die Zahl ihrer Kämpfer aus, und ein eigentlicher Friede iſt auch nie geſchloſſen worden. Das reguläre Militär war an die Kampfesweiſe der Maoris
hinter befeſtigten Paliſſaden (Pahs) nicht gewöhnt und ver ſtand ſich in dem für Kriegsführung höchſt ungünſtigen gebirgigen Terrain nicht zu bewegen, ſo daß es im ganzen wenig ausrichtete. Was erkämpft wurde, that meiſt die
Miliz, und dies führte wieder zu allerlei Eiferſüchteleien und Reibungen zwiſchen dieſer und dem Militär. Leta teres erhielt dann plöglich Befehl, Neu -Seeland zu ver
laſſen und in ſeine reſp. Garniſonen zurückzukehren. Der Miliz verblieb nun allein der Kampfplaß bis zur Er ſchöpfung der Maoris. Bemerkt ſei, daß ein Teil der Maoris überhaupt neutral blieb , und ein anderer Teil, wie die Arewas an der mittleren Dſtküſte der Nordinſel,
treu und mutvoll auf feiten der Koloniſten focht. Die Koloniſten betrachteten ſich indes als Sieger und konfiszierten auf der Nordinſel, dem Kriegsplaße, alles Land, aus welchem ſie die kämpfenden Maoris vertrieben hatten . Es umfaßte ein Areal von ziemlich vier Million Acres (ein Acre = 40,46 Ar), alſo ein Siebtel der ganzen -
Nordinſel. Die größere Hälfte davon lag in der Provinz Audland, und ungefähr 1/4 Millionen Acres in dem ſchönen und meiſt fruchtbaren Thale der Flüſſe Waikato und Waipa. Die hier ſeßhaften Maoris waren größten teils getötet worden, und was mit dem Leben davon kam, vereinigte ſich mit den vorerwähnten Ngatimanapotos, den
Die Häfen am Roten Meere und an der Nordoſtkiiſte Afrita's.
105
Kingiten oder Königsanhängern, welche den ſüdlichſten
hunderts wurden ſie durch Hinzufügung des fog. türkiſchen
Teil des Waikato-Beckens inne hatten und in Beſit ihres Gebietes verblieben. (Fortſezung folgt.)
Nubiens bis zum 21.0 ausgedehnt, und es kann über die
ſelben heutzutage kein Zweifel mehr herrſchen, da die Pforte in ihrem Ferman vom 13. Februar 1841 , durd) welchen ſie ihre Autorität in Aegypten an den Rhedive
und ſeine Nachkommen abtrat oder übertrug, als Grenze die Weſtküſte des Roten Meeres in der Bucht von Roway
Die Häfen am Roten Meere und an der Nordoftküfte Afrika's. Die neueſten Ereigniſſe in Aegypten und dem Sudan
haben die öffentliche Aufmerkſamkeit auf das Rote Meer und die an dasſelbe grenzenden Ländergebiete gelenkt, und obwohl man von der Beſignahme einiger derſelben durch verſchiedene Mächte lieſt, iſt es doch äußerſt ſchwer, zu
ſagen , in welcher Lage ſich die europäiſche Autorität in dieſen Ländern befindet. Um auf dieſen Gegenſtand einiges
Licht zu werfen, hat ein britiſcher Geograph, Sir Rawſon
Rawſon K.C.M.G., vor kurzem in der „ Londoner Königl. Geographiſchen Geſellſchaft“ einen intereſſanten Vortrag ge halten, worin er ſich ſehr eingehend über ,, Europäiſche Gebietsanſprüche auf die Küſten des Roten Meeres und deren ſüdliche Zugänge im Jahre 1885" äußerte. Da dieſer Aufſaß wahrſcheinlich der erſte bedeutende Beitrag
zu dieſer Frage in bündiger conciſer Form iſt, ſo haben wir ihn auszugsweiſe dem belehrerden Artikel zugrunde gelegt, welchen wir nachſtehend unſeren Leſern bieten wollen. Seit der Eröffnung des Suez-Kanals haben die Häfen im Roten Meere an Wichtigkeit bedeutend zugenommen, und wenn erſt das zentrale und nordöſtliche Afrika in größerer Ausdehnung als jeßt dem Handel geöffnet ſein werden, muß ohne allen Zweifel der durch dieſe Häfen gebende
Berkehr noch ungemein zunehmen . Aus demſelben Grunde wird diejenige Macht, die von den Ländergebieten Beſiß ergreift, worin jene Häfen liegen, den meiſten Vorteil daraus ziehen. Seither war England an dieſem Handel
unter 210 5' n. Br. Feſtießte.
Die Türkei beanſprucht
jedoch , wie ſie es bis zur zweiten Hälfte des gegenwär tigen Jahrhunderts gethan hat , und zwar vhne Ein ſprach der europäiſchen Mächte, die geſamte Weſtküſte des ,,Roten Meeres von der Roway"-Bucht „ bis über die
Straße von Bab-el-Mandeb hinaus “, wie dieſelbe in der Abtretungsurkunde über dieſen Teil ihres Gebietes an Aegypten mittelſt des Ferman's vom 27. Mai 1866 , be ſtätigt durch denjenigen vom 8. Juni 1878, und bis zum Hafen Zeila, unter 11 ° 20' n. Br., der durch den Ferman von 1875 abgetreten wurde, gethan hat. Die italieniſche Regierung jedoch beanſprucht das Recht, auf einen gewiſſen beſchränkten Teil dieſer Rüſte Beſigtitel und Territorial rechte geltend zu machen.
Die beiden Handelshäfen an der Weſtküſte des Roten Meeres, Suakin und Maſſaua, waren in den Händen der Türken . Ein dritter, nun in Trümmern liegender, namens Adulis, war früher von einiger Bedeutung, und ſeine Stelle wird nun von Zeila eingenommen , welches nur etwa drei Kilometer davon entfernt liegt. Nad) Heyd wurden afrikaniſche Erzeugniſſe aus Aethiopien 2c. burd )
Handelsſchiffe namentlich von Abulis aus oder durch das :
ſelbe nach Indien ausgeführt. Der Handelsverkehr dieſes Hafens hörte icon zu Anfang des ſechzehnten Jahrhun derts, mit der Zerſtüdelung und dem Verfall des äthiopi dhen Reiches und mit der Eröffnung des direkten Weges
nach Europa um das Kap der Guten Hoffnung herum und des Seewegs nad Indien, auf. Hiedurch wurde, bis zur Wiedereröffnung der Route des Roten Meeres über Aleſandria
am meiſten intereſſiert, welcher zuverläſſig (wenn auch ge
und Suez im gegenwärtigen Jahrhundert, das Rote Meer
naue ſtatiſtiſche Notizen hierüber nicht zu erlangen ſind)
in der That ein türkiſches Meer, wie es ſchon 1854 Kon
ziemlich beträchtlich geweſen ſein muß, namentlich am jüd
ſul Plowden richtig bezeichnete in dem Diktum : „ Das Note Meer von Suez bis Bab-el-Mandeb iſt ein türkiſches
lichen Eingange des Roten Meeres. Aus dieſem Grunde
ſehen wir aber gegenwärtig auch das Deutſche Reid und Italien ſo eifrig bemüht, nicht allein am Roten Meere, ſondern auch in Sanſibar und an der übrigen Oſtküſte Afrifa's, feſten Fuß zu faſſen.
Die Ländergebiete längs dem größeren Teil der Weſt küſte des Roten Meeres gelangten im Jahre 1517 unter die Herrſchaft der Türfen infolge ihrer Eroberung von Aegypten. Nachdem Sultan Selim I. von dieſem Lande Beſit ergriffen hatte, teilte er es in 24 Militärprovinzen ein und ſeşte über jede derſelben einen Bey, über das
Ganze aber einen Paſcha oder Vizekönig. Die Grenzen des eigentlichen Aegyptens ſcheinen ſich damals nicht über den Wendekreis des Krebſes oder etwa 230 40' n. Br. hinaus erſtreckt zu haben. Während des nächſten Jahr: Ausland 1886, Nr. 6.
Meer, und die Türken haben alle erwähnensiverten Häfen auf beiden Küſten in ihrem Beſig." Es ſind allerdings noch einige andere Pläße ſüdlich von Zeila vorhanden welche man als Häfen bezeichnet hat, z. B. Amphifa, wo Munzinger 1869 landete, Edd, welches eine franzöſiſche Geſellſchaft im Jahre 1840 faufte, Baylur, wo der Ba triard, auf ſeiner Rückehr aus Portugal 1625 landete 2c.;
allein keiner von dieſen befißt oder beſaß überhaupt je mals irgend einen namhaften Handel oder Handelsquellen , oder bot für die Schifffahrt irgend ein ſicheres Obdady oder Unterkommen. Tadſdura und Zeila liegen überdies außerhalb des Roten Meeres. Nach der Eröffnung des Seewegs nad Indien um das Rap herum und nach der Einſtellung des indiſchen Handels über Aegypten, welche 17
106
Die Häfen am Noten Meere und an der Nordoſtfiſte Afrifa's.
nach Lefebvre die Wirkung und nicht die Urſache des Zer falles des Aethiopiſchen Reiches war, hatte Europa wenig oder gar kein Intereſſe mehr an dem Handel des Roten Meeres, und was für Zeugniſſe und Beweiſe auch immer für das Nidytvorhandenſein einer geordneten Autorität auf
1883 Schritte that, die ägyptiſche Regierung zu veranlaſſen, ihre Truppen aus dem Sudan nach den jenſeits gelegenen Ländern zurückzuziehen, dieſe Truppen im Beſiß von Tas
dịchura, Harrar, Zeila und anderen Pläßen jenſeit der
fiſchen Streitkräfte oder über den Sturz der türkiſchen Autorität auf der Weſtküſte des Roten Meeres, wie uns
Meerenge von Bab-el-Mandeb waren und daß dieſelben kraft des türkiſchen Fermans von 1875 Zeila noch heute beſeßt halten. Im September 1884 vereinbarte der bris tiſche Admiral Sir W. Hewitt einen Vertrag mit dem Negus (König ) von Abeſſinien , durch welchen dieſer, in
eine ſolche auf der gegenüberliegenden Küſte erhalten iſt, wo im Jahre 1630 die Türken aus dem Bezirke Yemen
anbetracht, daß ihm das Bogosland ſamt den darin bes findlichen, nun dem Khedive gehörenden Gebäuden und
vertrieben wurden .
beiden Seiten vorhanden ſein mögen, ſo gibt es doch
keinerlei verbriefte Nachricht über die Vertreibung der tür
Auf dieſe Thatſache hin beanſprucht
Magazinen zurüdgegeben wurde, erklärt, alle unter britis
die ägyptiſche Regierung, daß auf der Wüſte die türkiſche
ſchem Schuße befindlichen Perſonen und Waren ſollen
Souveränität im 16. Jahrhundert gegründet, daß dieſe Souveränität, welche niemals von anderen als vorüber gehenden und unbedeutenden , raſch beſeitigten Unter brechungen betroffen, niemals von irgend einer europäiſchen Macht beſtritten und niemals von der Pforte zu Gunſten irgendwelcher anderen Autorität abgetreten worden ſei, bis ſie von derſelben auf Aegypten übertragen wurde, und ihr unbeſtreitbares Beſißrecht folgert. So lange der Türkei ihre Dberherrſchaft über die
freien Durdigang durch Maſjaua von und nach Abeſſinien genießen.
Hinſichtlich der Oſtküſte braucht nur geſagt zu werden, daß die türkiſche Autorität, wie ſie von der Zeit ihrer erſten Oberherrſchaft in Arabien an beſtanden hat, niemals in Frage geſtellt worden iſt. Die Eingeborenen gaben die Rechte des Sultans als Kalif zu und darum behauptet er die Häfen an der Küſte in den Provinzen Hedichas und Tehama
Weſtküſte des Roten Meeres nicht beſtritten wurde, ſcheint
bis hinunter zu der Meerenge von Bab-el-Mandeb mit Ein ſchluß des gleichnamigen Vorgebirges. Dagegen erkennen die
ſie es für unnötig gehalten zu haben , derſelben durch
ſüdlichen Stämme in der Provinz Yemen, außerhalb der Meer
offene Erklärung und Geltendmachung Ausdruck zu geben,
enge, die Suprematie des Sultans nicht an, und als er im Jahre 1872 dieſelbe geltend machen wollte und in der Richtung
ſondern erſt dann, als die europäiſchen Nationen, im Vorgefühle der Eröffnung eines Ueberlandwegs nach 31 dien, ſich in jenen Gegenden zu rühren begannen, ent wickelte die Türkei einige, wenn auch nicht unmittelbare Thätigkeit. Als die Krone England 1839 Beſiß von Aden ergriff, hatte die Türkei keine Veranlaſſung zu einer Einſprache, denn es hatte ſchon ſeit mehr als 200 Jahren jeden Anſpruch auf Aden und die ganze Provinz Yemen
aufgegeben. Als Ludwig Philipp im ſelben Jahre eine Erpedition nac, Abeſſinien ſchidte, erachtete die Türkei es nicht für notwendig, ihre Anſprüche geltend zu machen. Als im Jahre 1840 eine Geſellſchaft von Kaufleuten aus
auf Aden vorrüdte, legte die engliſche Regierung Verwah
rung dagegen ein, mit der Motivierung, alle Stämme in der Nachbarſchaft ſeien mit Großbritannien verbündet und ſteher: daher unter ſeinem Schuße. Die Türkei drang nicht weiter vor, ſondern unterhält noch bis auf den heutigen
Tag eine Garniſon in oder bei Scheikh Said, am äußers ſten ſüdlichſten Ende der Oſtküſte, wo eine franzöſiſche Geſellſchaft 1868 einen ausgedehnten Landſtrich erwarb ,
welcher gegenwärtig wieder zum Verkaufe ausgeſeßt iſt und den die Franzoſen den deutſchen Kaufsliebhabern nicht
Nantes und Bordeaur einen Landſtrich bei Edd, an der
gönnen wollten. Als die Aufmerkſamkeit der europäiſchen Nationen
Weſtküſte (unter 14 ° n . Br.), faufte, ward dies als ein
durch die Eröffnung des Ueberlandwegs nad Indien über
Privatkauf betrachtet und weder von den Käufern, noch von dem franzöſiſchen Konſul von Maſſaua, welchem das Land übertragen wurde, irgend eine Frage von territoria len Rechten in Anſpruch genommen. Als England im Fahre 1840 ein Abkommen mit dem Sultan von Ta didhura traf und ihm die Inſeln Muſſa und Adabad (in den Verträgen von 1840 werden ſie Muſha und Efat oder
Alexandria, Kairo, Suez und das Rote Meer zuerſt auf
Jvad geſchrieben) abkaufte, ließ die Türkei es ruhig ge
tierung ſeiner Schiffe einrichten konnte. Die Erfahrung
ſchehen, denn dieſelben lagen außerhalb der Meerenge von Bab-el-Mandeb. Als England 1857 von der Inſel Perim
von vielen Jahrhunderten wies auf Aden, an der Süd
Beſik ergriff und im folgenden Jahre die Inſel Ramaran (beide an der arabiſchen Küſte des Roten Meeres) beſepte,
hatte die Pforte keinen Grund zu Einwendungen, denn
dieſe Länderſtrecken gelenkt wurde, verlor England, welches
weitaus das größte Intereſſe und den höchſten Gewinn von der neuen Route hatte, keine Zeit, um ſich einen paſſenden Hafen in der Nähe des Eingangs des Roten Meeres aus: zuſuchen und zu erwerben , wo es eine Kohlenniederlage und eine Station für die Ausbeſſerung und Verprovian
küſte von Arabien, 95 e. Min. von der Meerenge von Bab -el-Mandeb, als den geeignetſten Punkt für die frags
lichen Zwecke hin. In früherer Zeit war Aden ein Plaß von hoher kommerzieller Bedeutung geweſen, aber nach der
beide lagen außerhalb der türkiſchen Jurisdiktion. Es iſt
Entdeckung des Seewegs nach Indien um das Kap herum
Thatſache, daß bis dahin, wo Großbritannien im Jahre
in Verfall gekommen.
1
Die Häfen am Roten Meere und an der Nordoſtküſte Afrika's. Der Beherrſcher oder Sultan von Aden war der Sdjedy von Bahedich, mit welchem die indiſche Regierung im Jahre 1831 in Unterhandlung zu treten begann. Nach: dem mit demſelben ein Vertrag abgeſchloſſen worden war
und ſich gegen deſſen Vollzug mancherlei Schwierigkeiten erhoben hatten, wurde im Februar 1839 die Stadt von den Engländern angegriffen und mit Gewalt eingenommen. Infolge davon wurden neue Unterhandlungen mit dem Schêch aufgenommen und ein Vertrag mit ihm abges
ſchloſſen , durch welchen England die Stadt und den Hafen Aden mit einem abgegrenzten Rayon von 35 e. Lc.-Min ., 15 Meilen im Umfang und von 3-5 Min. im Durch: meſſer, annektierte und der Schêch ein Penſionär der indi ſchen Regierung wurde. Im Jahre 1868 wurde das ſog. ,,Klein -Aden ", d. h. Vorgebirg Dithebel Haſan oder Jihan,
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europäiſchen Nation oder Perſon einzugehen , ohne in erſter Inſtanz dieſen Gegenſtand zur Kenntnis der Regierungs behörden in Aden zu bringen, ſo daß derſelbe ſich in keiner Weiſe
ſeinen Freunden, den Engländern, oder deren Handel nach: teilig erweiſen möge. Derſelbe Vertrag bekräftigte auch den Verkauf der Inſel Muſha, welche am Eingang der Bucht von Tadſchura liegt und den Zugang zu derſelben be
herrſcht, an die indiſche Regierung. Dieſelbe liegt 18 e. Min . von Ras-el-Bir, welches der äußerſte Punkt am nördlichen Eingang der Bucht iſt und 6 e. Min . von dem entſprechen den Punkte auf der Südſeite der Bucht entfernt liegt. Die Inſel war zur Zeit des Verkaufs unbewohnt und iſt
es noch heute, und die Regierung nahm erſt im Jahre 1858 förmlichen Beſit davon .
auf der gegenüberliegenden Seite des Hafens, dem Häupt
Noch im ſelben Jahre erfaufte Kapitän Moresby durch ein Uebereinkommen vom 3. September von dem Gouver:
ling der Afrabis abgekauft.
neur von Zeila die don erwähnte Inſel Aubad oder Efat,
Aden hat unter engliſcher Herrſchaft ſeine frühere
Größe und Bedeutung wieder erlangt. Im 16. Jahr: hundert ſoll es eine Bevölkerung von 37,000 Seelen ge :
habt haben, und die Gedichte lehrt uns, daß es damals den Türken und ebenſo den Portugieſen unter dem berühm ten Albuquerque erfolgreichen Widerſtand leiſtete. Sur Zeit wo es von England annektiert wurde, betrug ſeine Bevölkerung faum 800 Seelen, von denen mehr als ein Drittel Juden und Inder von niedriger Kaſte waren .
Nun hat es eine Einwohnerzahl von mehr als 35,000 Seelen, und eine Ein- und Ausfuhr im Handel, deren Geſamtbetrag fich 1882-83 auf 3,482,170 litri. belief. Im Jahre zuvor, 1881-82, ſtellte ſich der Wert des Handels von Aden mit den Küſten von Afrika und Ara: bien folgendermaßen : Einfuhr. Abeſſinien
Lſtri. 24,567
Ausfuhr. Jin Ganzen . ſtrl . lſtri. 63,036
87,603
Oftfüſte von Afrika
193,683
186,819
380,532
Arabien
333,793
302,636
636,429
8 e. Min. nördlich von dem Hafen Zeila an der Somali Küſte und 27 e. Min. ſüdöſtlich von der Inſel Muſha, welche ebenfalls damals unbewohnt war und heute noch unbeſiedelt iſt. Im Jahre 1840 erkauften die Herren Combes und
Tamiſier im Auftrage einer Handelsgeſellſchaft von Kauf leuten aus Nantes und Bordeaur von gewiſſen eingebos renen Häuptlingen den Hafen und das Gebiet von Edd oder Ayth, welches an der Dankali-(Weſt-)Küſte des Roten Meeres, etwa 140 e. Min . vom ſüdlichen Eingang des ſelben, und 90 e. Min . ſüdlich von Maſſaua liegt. Die Handelsgeſellſchaft fallierte und übertrug ihr Beſißtum an den franzöſiſchen Konſul zu Maſſaua, welcher dasſelbe 1850 der britiſchen Regierung zum Kauf anbot, nachdem er von ſeiner Konſulatsſtelle zurückgetreten war. Die
engliſche Regierung „ſchien es nid )t für notwendig zu er achten, von dieſem Anerbieten irgendwelche Notiz zu nehmen ," und ſo ging das Beſiktum an eine andere franzöſiſche Ge: fellſchaft über, welcher es die ägyptiſche Regierung im
Jahre 1867 abkaufte. Edd hat als Hafen oder Handels: Aden wurde 1850 zum Freihafen erklärt. Es iſt der
Präſidentſchaft Bombay zugeteilt. Die benachbarten Stämme, welche ſich über einen bedeutenden Flächenraum ausbreiten, ſtehen mit England in einem Bundesverhältnis und unter ſeinem Schuße, weshalb auch Großbritannien den Türken gegenüber Verwahrung gegen irgendwelche Beläſtigung derſelben eingelegt hat. Im Jahre 1840 trat Kapitän Moresby von der briti ichen Flotte als Bevollmächtigter der indiſchen Regierung
plaß nur geringe Bedeutung. Als im Jahre 1857 der Plan für die Erbauung des
Suezkanals ſeiner Verwirklichung entgegenreifte, erkannte England alle Vorteile der Lage der Inſel Perim und die Gefahr, welche für den durch das Rote Meer gehenden engliſchen Handel entſtehen könnte, wenn dieſelbe ſich in den Händen einer anderen Nation befände, und ergriff Beſiß von Perim. Die Inſel hat zwar nur einen Flächen
raum von 7 e. D.-Min. und nur eine Bevölkerung von
in Unterhandlung mit dem Sultan von Tadſchura, einem
150 Seelen, iſt aber von politiſchem wie kommerziellem
örtlichen Häuptling an der nördlichen Küſte der gleichnami gen Bucht, welche an der afrikaniſchen Küſte, in kurzer Ent:
Geſichtspunkt aus höchſt wichtig. Die Meerenge zwiſchen ihr
Friedens-, Handels- und Schußvertrag ab, in deſſen vier tem Artikel jedoch der Sultan ſich verpflichtete, auf keinerlei
und der arabiſchen Küſte iſt nur 2-3 Kilometer breit, die zwiſchen der Inſel und der ägyptiſchen Küſte 15 bis 17 Kilometer. Aus dieſem Grunde dürfte es wünſchens wert erſcheinen , daß irgend eine andere Seemadt Beſiß von Scheikh Said ergriffe, deſſen Häfen nur 4 Kilometer
anderen Vertrag oder Verpflichtung mit irgendeiner anderen
von Perim entfernt ſind, damit die Engländer den ſüd
fernung außerhalb der Meerenge von Bab-el-Mandeb, liegt, und ſchloß mit ihm unter dem 19. Auguſt einen einfachen
Die Häfen am Roten Meere und an der Nordoſtkiiſte Afrika's.
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lichen Zugang zum Roten Meere nicht ausſchließlich be herrſchen. Perim liegt nur 90 e. Min. von Aden entfernt und ſteht unter der Aufſicht des Gouvernements dieſes Plages. Im Jahre 1858 ergriff die engliſche Regierung Beſit von der Inſel Kamaran, um auf derſelben eine Station in Verbindung mit der Linie des unterſeeiſchen Telegraphen fabels nach Bombay zu errichten. Sie liegt ungefähr 180 Mln. nördlich von Perim und iſt nur etwa 18 Kilo meter lang und 3 bis 6 Kilometer breit, hat aber gar
dichura - Budyt, welche in einer Entfernung von 37 Min. außerhalb der Straße von Bab - el-Mandeb liegt. Gold: hammer, welcher ſich einige Monate dort aufgehalten hat,
keine Bedeutung für den Handel, da ſie nur von armen Fiſchern bewohnt iſt.
des beabſichtigten Hafens iſt 11 ° 57' n. Br. und 43 ° 15' ö. L. Er liegt 6 Min. unterhalb Ras-el-Bir, 16 Min. von der britiſchen Inſel Muſha, am Eingang der Bucht, 58 Min. von Perim, am Eingang des Roten Meeres und
Englands Zwecke waren anſcheinend dabei nur die Sicherung von Kohlenſtationen und Schuß für ſeinen Han del und von telegraphiſchen Verbindungen, während Frank reid), als das einzige andere Land des weſtlichen Europa's,
welches ein materielles Intereſſe am Handel im Roten Meere hatte, ſeinerſeits nicht müßig war. Die franzöſiſche Regierung beauftragte 1859 Herrn v. Rouſſel, einen Ver
chreibt 1877 : „ Obod iſt ein Dorf von geringer Bedeu:
tung und enthält nur einige Behauſungen. Sein Gebiet
iſt von unerheblicher Ausdehnung. Man findet hier Pal men und die Flora des äquatorialen Afrika. In den Umgebungen werden Kalkſtein , Töpferthon, roter Dder und Schwefel gefunden. Angeblich ſoll ſich irgendwo in
der Umgegend auch Steinkohle finden. Die genaue Lage
115 Min. von Aden.
Der Hafen wurde 1864 vermeſſen
und iſt von Norden und Weſten gedüßt, aber das Ankern
zu Zeiten ſehr gefährlich ." Sir Rawſon Rawſon ſcheint keine ſehr hohe Meinung von dem kommerziellen Werte
dings heißt) Annesley-Bay und erlangte von Neguſſie das
Obod's zu hegen, und die Bemühungen der Franzoſen zur Entwickelung der Hülfsquellen des Plaßes ſind anſcheinend nicht von dem gewünſchten Erfolge begleitet geweſen. Man bat zwar Schritte gethan , um den Handel mit dem In neren , namentlich mit Schoa zu eröffnen , und die fran zöſiſche Regierung machte im Dezember 1883 einen Vertrag
Anerbieten von Delfi und Zeila wie auch von Arkiko.
mit einer franzöſiſchen Dampfſchifffahrts -Geſellſchaft, um
Die franzöſiſche Regierung deint jedoch keine Schritte ge than zu haben, um ſich an einem dieſer Pläße die Autori:
ihre Autorität zu Delfi und Adulis (Arkifo war ſchon ſeit
einen regelmäßigen Paketdienſt nach dem Perſiſchen Meer buſen herzuſtellen , welcher in Obod anlegen und Kohlen cinnehmen ſollte, mit dem Zugeſtändnis, daß erſtere hier ein Etabliſſement zur Ausbeſſerung franzöſiſcher Schiffe
dem 16. Jahrhundert in türfiſchem Beſit) durch Aufhilſen
anlegen wolle.
trag mit Neguſſie, dem aufrühreriſchen Häuptling der abeſſiniſchen Provinz Tigre, abzuſchließen. Herr v. Rouffel war ſehr überraſcht von der Wichtigkeit der Inſel Delfi, am Eingang der Bucht von Adulis oder (wie ſie neuer
tät zu ſidern.
Im Jahre 1862 verkündigte die Pforte
Im April 1884 iſt denn auch hier eine
Im Jahre 1867 erlangte
Kohlenniederlage von 3000 Tonnen Kohlen errichtet wor
England von der Pforte die Erlaubnis , die Annesley Bucht zu befahren und eine Zeit lang zu beſeßen. Im Jahre 1859 beſuchte Herr H. Lambert, der fran zöſiſche Konſul in Aden, die Weſtküſte in der Abſicht, eine geeignete Dertlichkeit für eine franzöſiſche Niederlaſſung
den und drei Militär- Transportſdiffe follen bis zu einem nicht angegebenen Datum mit Rohlen verſehen worden ſein. Im Juni 1884 wurde Herr Lagarde zum Komman
ihrer Flagge an beiden Orten .
zu ſuchen und ſoll dabei Obock gewählt und gekauft haben. Im April „ Le Curieur " das erſten Dolmetſcher welcher die ganze
1862 beſudyte der franzöſiſdye Aviſo Rote Meer, mit Herrn Schäfer, dem der orientaliſchen Sprachen , an Bord, Dankali-Küſte von Maſſaua bis Zeila
ſorgfältig unterſuchte, hierauf Obod , an der Nordſeite der Bucht von Tadſchura, zum Behuf einer franzöſiſchen Nie derlaſſung erwählte, und es den eingeborenen Gouver
neuren von Tadſchura und Roheita oder einem von den beiden um die Summe von 10,000 Dollars abkaufte und dann ſogleid, im Namen des Kaiſers Napoleon Beſit davon ergriff. Es läßt fich faum beweiſen, in weſſen Gebiet Obod eigentlich gelegen war. Tadſchura liegt 27 Min. weiter im Innern der gleichnamigen Bucht;
danten des Etabliſſements ernannt, welcher ſehr rührig, namentlich in Sachen der Annexion war, aber durch ſeine willkürliche Erhebung von Gebühren von den hier ein laufenden Schiffen der Eingeborenen Unzufriedenheit und Streitigkeit hervorrief. Im Juli 1884 erlangte die Re gierung einen Kredit von 82,000 Franken für die zweite Hälfte des Jahres zur Erbauung eines Forts nebſt Nieders lagen, Warenhäuſern und Teichen und die Bezahlung der Verwaltungskoſten. Es müſſen nod Anländen und ein Leuchtturm errichtet werden, und nach Sir Rawſon Rawſon beſtehen die eigentlichen Nachteile und Schwierigkeiten der Entwidelung von Dbock : 1. in der Lage und Beſchaffen
heit ſeines Hafens ; 2. in ſeiner Entfernung (50—60 Min.) abſeits von der Route der über das Rote Meer nad und von Indien und dem Dſten verkehrenden Schiffe, und
Roheita liegt an der Dankali-Küſte, unter 12 ° 46' n. Br.,
3. in der Unwahrſdyeinlichkeit, daß innerhalb vieler Jahre von jeßt der Ausfuhrhandel aus dem Inneren dieſes Teils
in Luftlinie 50 Min . von Dbod .
von Afrika genügend zu dem Unterhalt eines künſtlichen
Dieſer Plaß war ein
Dorf von wenigen Hütten, 9 Kilometer von Ras-el- Bir,
Hafens und einer koſtbaren Regierungsverwaltung bei
der äußerſten Spiße am nördlichen Eingang der Ta
tragen werde.
Die Häfen am Roten Meere und an der Nordoſtliiſte Afrika's. Die Aufmerkſamkeit der Gelehrten und der Handels welt iſt neuerdings auf die Bucht von Aſjab gerichtet worden, welche unter 130 n. Br. und 46 e. Min. von Perim entfernt liegt. Dieſe Bucht mit allen innerhalb derſelben gelegenen Inſeln und dem Küſtenſtrich in einer Breite von 2 bis zu 6 Min. von Ras Darmah an der Bucht von Beilul unter 13 ° 14' n. Br. bis Ras Sintiyar, der ſüdöſtlichen Spiße der Bucht von Aſjab, in 12 ° 53' n. Br., welche von Profeſſor Sapeto, dem Vertreter der Firma Rubattino u. Komp. in Genua, mit allen Beſiß- und Hu heitsrechten gekauft worden war, iſt von der italieniſchen Regierung der genannten Handelsgeſellſchaft abgekauft und im Jahre 1882 von Stalien förmlich annektiert wor den. Die Unterhandlungen und ſucceſſiven Anfäufe waren vorher einige Jahre hindurch geführt worden, und die Anregung dazu ging 1869 urſprünglich von der Handels:
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licherweiſe den Geſchäftsgewinn ſchmälert und zu gefähr lidhen Folgen im Verkehr mit den Stämmen führt, die jene Märkte beſuchen . Ueber den kommerziellen Wert von Scheikh Said, deſſen Lage wir ſchon beſprochen haben und das gegen wärtig von türkiſchen Truppen beſeßt iſt, läßt ſich wenig jagen. Es liegt nur 4 Kilometer von Perim entfernt
und mag einige Wichtigkeit der Thatſache verdanken, daß es dieſen Plaß beherrſcht; aber es beſißt feinerlei natür liche Vorteile ; es iſt nur eine offene Rhede und ein ſchmaler Landſtrich von 28,000 Hektaren. Wollte man hier einen
Hafen errichten, ſo hätte derſelbe die Konkurrenz mit den älteren Häfen Aden und Mokha auf der einen und den neuen Häfen Aſjab und Mokha auf der anderen auszu
balten , und dieſer Teil von Arabien liefert keinen Aus:
fammer in Genua aus in dem Gedanken, für die Förde
fuhrhandel irgendwelcher Art. Neuere Ereigniſſe haben den Wert von Berbera, an
rung der italieniſchen Schifffahrt eine italieniſche Agentur
der Somali-Küſte, dargethan. Im Jahre 1873 wurde er
im Roten Meere zu errichten. Die Kolonie Aſſab umfaßt nun ausgedehnte an die Bucht ſtoßende Ländereien. In
den Jahren 1873 bis 1877 wurde im italieniſchen Parla :
von den ägyptiſchen Truppen beſeßt, aber von dem Khes dive 1877 geſchloſſen, dagegen im folgenden Jahre als Freihafen wieder eröffnet. Am 24. September 1884 wurde
ment die Verwendung von Aſjab lebhaft erörtert.
er von den ägyptiſchen Truppen geräumt, ſtatt deren ihn
ward zugegeben , daß das Gelände infolge ſeiner Boden
nun britiſdie Truppen beſetzt halten. Berbera iſt lange
beſchaffenheit ſich nicht zu einer Ackerbau -Kolonie und aus verſchiedenen politiſchen und anderen Gründen auch nicht
Zeit hindurch eine der Hauptquellen geweſen, aus welchen
zu einer Straffolonie eigne, daß es aber zu einer Handels
und Rindvieh bezog, welche hier an der Küſte in Menge
ſtation ausſchließlich und vorzüglich geeignet ſei.
Im
gezüchtet werden . In dem Jahre 1881-82 führte Aden
Jahre 1879 wieſen Profeſſor Sapeto in ſeinem intereſſanten Buche „Aſjab und ſeine Kritiker" und die Italieniſche Geos graphiſche Geſellſchaft in ihrer Antwort auf die Anfragen der Regierung nach, daß der Hafen, wenn er gebaut würde (weil er nur 7 Stunden von Mokha und 15 von Hodeida
60,385 Stüc Schafe und Ziegen und 2477 Stück Rind:
der Hafen von Aden ſeinen Bedarf an Schafen, Ziegen
vieh aus dem Somali-Lande ein.
Berbera hat einen
ausgezeichneten, geräumigen und vollkommen gefahrloſen und ſicheren Hafen, welcher an der Mündung 11 bis
an der arabiſchen Küſte entfernt liege und in Beziehung auf den Ausfuhrhandel von Abeſſinien und Schoa ge
13 Faden Waſſer hat, welche ſich langſam auf 5 Faden in einer Entfernung von 500 Meter von der Stadt ver ringert. Er hat einen guten Ankergrund und iſt vor allen
wiſſermaßen eine zentrale Lage habe), den Handelsverkehr
Winden , ausgenommen von Weſten her, geſchüßt. Bekannt
gleicherweiſe von Norden, von Maſſaua und Suakin, wie
iſt ſein Jahrmarkt oder ſeine vom Oktober bis zum März dauernde Handelsſaiſon , wo fich nach und nach die Ein
von Zeila im Süden an ſich ziehen würde.
Die Annet
tierung von Aſjab durch die italieniſche Regierung hat zu einer langen diplomatiſchen Korreſpondenz zwiſchen
geborenen aus den umgebenden Landſtrichen in einer Ge
dieſer und der engliſchen und ägyptiſchen Regierung ge führt, welche noch nicht beendet iſt. Die Entwickelung
genau einfinden und dieſelben umſeßen . Berbera liegt 140 e. Min. von Aden, 120 von Zeila entfernt und iſt einer der Abflußpunkte für den Handel von Harrar, von welchem es ungefähr 286 e. Min. entfernt liegt.
des Plaßes hat daher nur geringe Fortſchritte gemacht, und die kommerziellen Ausſichten von Aſjab ſind nach Sir Rawſon Rawſon's Anſicht dermalen ſo ziemlich dieſelben
ſamtzahl von 10—15,000 Köpfen mit ihren Erzeugniſſen
Der Hafen Zeila liegt 75 MI. außerhalb der Meer
wie diejenigen von Obod. Aſjab hat jedoch den Vorzug,
enge von Bab-el-Mandeb, 25 Min. ſüdlich von der Tas
an der direkten Route nach Indien zu liegen, während Obod das zuſtatten kommt, daß es am Endpunkte eines
didhura - Bucht und 60 Min. ſüdweſtlich von Aden.
der altgewohnteſten Karawanenwege aus dem Innern nach der Küſte liegt. Allein das Vorhandenſein zweier Häfen
in ſolch naher Nachbarſchaft muß beiden wechſelſeitig nadh teilig ſein, nicht allein was die Unzulänglichkeit des Han dels betrifft, beide gleichzeitig zu beſchäftigen , ſondern auch, was noch wichtiger iſt, weil es eine Nebenbuhlerſchaft auf den Märkten des Innern hervorruft, welche wahrſchein
fortwährend von ägyptiſchen Truppen beſeßt. Es ſtanden daſelbſt bis in die jüngſte Zeit auch einige britiſche Truppen,
welche ſeit der Einſeßung eines britiſchen Ronſularagenten daſelbſt eingezogen worden ſind. Die Bevölkerung betrug 18
Ausland 1886, Nr. 6 .
Es
iſt der bedeutendſte Hafen für den Handel von Harrar, von dem es 182 Min . oder 13 Tagereiſen (83 Wegſtunden) entfernt iſt. Im Jahre 1875 übertrug die Pforte es dem Khedive von Aegypten, und es iſt ſeit dieſer Zeit
Rambodſcha und ſeine Bewohner.
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da wird die Heirat ein Jahr, ſelbſt mehrere Jahre hinaus:
im Jahre 1848 etwa 750 Köpfe ; jeßt iſt ſie auf 4000 geſtiegen. Die Stadt liegt auf einer niedrigen ſandigen Spiße und ein Fahrzeug von 250 Tonnen kann ſich ihr nur bis auf eine Entfernung von einer engliſchen Meile
geſchoben. In dieſem Fall kommt es öfters vor, daß ein oder mehrere Kinder des Paares der Heirat ihrer Eltern beiwohnen können. Die Eigenliebe leidet zwar darunter ; denn das
nähern.
Wort ,, Ehre" wäre in dieſem Fall übertrieben , weil ſchließ lich die Verlobten wie verheiratet ſind. Das Gefeß er: kennt ihnen Redite zu und ſchreibt ihnen Pflichten vor.
Der Bräutigam kann ſich nicht mehr zurückziehen, wenn
Kambodſcha und ſeine Bewohner. (Schluß . )
Beide Geſchlechter haben ladierte und durch den Ge brauch des Betel geſchwärzte Zähne. Das Ladieren der Zähne , ſowie das Durchſtechen der Ohrläppchen geben
Anlaß zu wichtigen Zeremonien, die ſich unter dem Bei ſtand der Bonzen, der Verwandten und Freunde vollziehen . Den langen und verwickelten Hochzeitszeremonien geht die Verlobung voran. Zwiſchenhändlerinnen ſondieren zuerſt die Abfidten der Familie des jungen Mädchens ; dann kommt die offizielle Anfrage durch die Zwiſchenperſonen , welche Geſchenke bringen und von Mitgliedern der Familie des Zufünftigen begleitet ſind. 3ſt ihm die Hand des Mädchens bewilligt, ſo kommt er, um Dienſtleiſtungen zu verrichten , Waſſer und Holz herbeitzutragen. An einem
beſtimmten Tag begibt ſich der Bräutigam zu ſeinen zu künftigen Schwiegereltern, grüßt ein erſtesmal, bevor er den Fuß auf die Leiter ſeßt, und ein zweitesmal beim Eintritt in das Haus, das er in Zukunft zu bewohnen hat, indem er eine doppelte Probezeit, ſowohl der Dienſt
leiſtungen , als der der Braut zu erweiſenden Aufmerkſam feiten , durchmacht; denn mit lekterer hat er vielleicht nie ein Wort gewechſelt und ſie möglicherweiſe nur bei Feſten
geſehen oder wenn ſie einen Ausgang zu machen hatte. Die lokalen Sitten, welche im allgemeinen gegen den Um gang junger Leute unter einander ſind, machen dieſe Probe: zeit notwendig, welche erlaubt, der Braut offen den Hof
zu machen. Der Zukünftige ſteht zur Verfügung des Vaters, der Mutter und der Tochter; dieſe hingegen be
reitet ihm ſeine Nahrung, ſein Betel-Priemchen und ſeine Zigaretten zu. Die Vertraulichkeit greift ſchneller oder langſamer Plaß, je nach den Charakteren und den Um ſtänden. Das junge Mädchen verhält ſich oft, anfangs, aus Scheu und Schamhaftigkeit ſehr zurückgezogen im Inneren der Hütte, und läßt ihm den Betel und die Zi garetten durch eines der jüngeren Geſchwiſter reichen oder legt ſie während ſeiner Abweſenheit an ſeinen Plaß ; wenn ſie ihm dieſelben aber ſelbſt reicht, ſo kann dieſer Schritt
er das Mädchen verführt hat.
Dieſer kann von anderen
jungen Leuten fein Antrag geſtellt werden , und wenn ſie ſich eine Untreue zu Schulden kommen läßt, wird ſie wie eine Ehebrecherin beſtraft. Die Kinder der Verlobten ge nießen die gleichen Rechte wie die legitimen. Der Gebrauch
erlaubte den Prinzen die Heirat mit ihren Halbſchweſtern väterlicher oder mütterlicher Seite, verbot ihnen aber die Verbindung mit Geſchwiſterkindern. Die Polygamie wird blos bei den reicheren Klaſſen
angetroffen. Sie erkennt den Frauen erſten Ranges ge bührenden Vorzug an. Die Kinder der erſten Ehe geben ihrem Vater den Namen „Apuk Khnom “ , diejenigen der Frauen zweiter Klaſſe nennen ihn , Apuk mékas“ , Drei Frauen werden als rechtmäßig anerkannt. Die erſte iſt diejenige, welche ihren Eltern unter Beobachtung der gebräuchlichen Formalitäten abverlangt wurde ; die zweite wird verlangt ohne die übliche Probezeit durchzumachen ; die dritte iſt oft eine Sklavin , in die ſich der Mann ver liebt und die er losfauft, um ſich mit ihr zu verheiraten. Die erſte Frau wird als die Mutter aller der vom Vater
herſtammenden Kinder angeſehen, wenn ſie ſelbſt von den Frauen des niedrigeren Ranges geboren worden ſind. Die Mandarinen ſind beinahe die einzigen Perſonen, welche ſich, der Unterhaltungskoſten wegen, den Lurus mehrerer Frauen geſtatten können . Der Ehebruch wird nicht ſtrenge beſtraft. Den Mann verurteilt man zu einer Geldſtrafe, weil er fidh an frem dem Gut vergriffen hat. In Betreff der Frau ftraft eine öffentliche Demütigung ihre Schande. Das Geſicht mit einem Bambusgeflecht bedeckt, die Ohren und den Hals mit roten Roſen geſchmückt, führt man ſie durch die
Straßen und nötigt fie, ihr Vergehen zu verkünden. Die Adoption , die aus einer lebhaften Zuneigung
zwiſchen Perſonen von ſehr verſchiedenem Alter entſteht, kommt bei den Eingeborenen ziemlich oft vor, die ihr Ge burtsland verlaſſen und ſich einige Zeit in fremden Län
dern aufhalten. Sie kann durch das einfache Einverſtänd nis der Beteiligten in Kraft treten ; ſehr oft iſt ſie aber
als ein halbes Geſtändnis angeſehen werden. Der Bräu
auch feierlich, d. h. von der ,,Sên " genannten Zeremonie
tigam ſchläft in dem Teile des Hauſes, der als Küche oder Speiſezimmer dient, während das junge Mädchen in einem beſonderen Verſchlage, neben dem Zimmer ihrer Eltern ,
begleitet ; die Geiſter werden angerufen und ihnen ,,Sam nên" oder Gaben dargebracht. Die Adoptivfinder werden wie eigene Kinder betrachtet und hie und da den recht
ihr Lager hat. Behagt der Zukünftige nicht, ſo findet
mäßigen vorgezogen. Ziehen ſie fort, ſo nehmen fie Ab
man immer einen Vorwand, um ihn zu verabſchieden. In den wohlhabenden Familien iſt die Probezeit ſehr kurz ; ein oder zwei Monate, oft nur 14 Tage. Hie und
ſchied von ihren Adoptiveltern, welche ihnen den Arec reichen, den Betel des Abſchieds. In ihrem neuen Kreiſe mögen einige die Adoption vergeſſen, viele aber bewahren
Kambodſcha und ſeine Bewohner.
das Andenken und ſchicken ihrer Adoptivfamilie gelegent
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lich feſtgeſtellte Strafe zu verfallen . Das Leben der jungen Mädchen verbirgt ſich vor
Einige Sprichwörter ſind erwähnenswert: „ Reinen Streit mit Weibern , keinen Prozeß mit Chineſen , weil die einen eine ſcharfe Zunge haben und die anderen die Richter zu beſtechen wiſſen. ,,Das Reisfeld deſſen, der zwei Frauen hat, iſt ſo
fremden, ſelbſt aſiatiſchen Augen. Gelegentlich erblickt man
groß, wie die Futterwanne, und das Kleid weit, wie ein
lidh Briefe oder kleine Geſchenke.. Sie können ſich mit
ihren Adoptivſchweſtern nicht verbinden, ohne in eine geſeka
eine junge Rambodichierin, die zum Brunnen geht, den Kopf mit einem Stück Zeug geſchmückt, das über das auf: gebundene Haar gebreitet iſt; aber ſofort flüchtet ſie in ihre Hütte, welche ſie erſt wieder verläßt, wenn der Fremde fortgegangen iſt. Die jungen Mädden kommen blos bei
den Feſten oder in der Pagode zum Vorſchein ; natürliche Kinder werden daher beinahe gar nicht angetroffen . Die Toten werden begraben ; ſpäter gräbt man ſie wieder aus und ſchreitet zur Verbrennung ihrer Reſte. In den Mund des Verſtorbenen legt man einen ,, Bat" (Silber münze, die 3 Fr. wert iſt), damit er ihn den ,,Yom phubal", den marternden Dämonen der Hölle, darbringen könne. Die Schuldigen ſtraft der Höllenrichter, die Gerechten fommen in den Himmel. Der Glaube an Geſpenſter iſt allgemein , und die Herenmeiſter verſtehen es, ſich dieſelben durch ge wiſſe Beſchwörungen dienſtbar zu machen. Am letten Tage des Monge, im Monat September, findet das Feſt der .
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Federfiel." Das will ſagen, daß zwei Frauen und Wohl habenheit unvereinbar ſind.
„ Vertraue dem Raben die Hühnereier nicht an “ (der
Rabe gilt als ſehr lüſtern nach Hühnereiern ), iſt der Rat, die jungen Mädchen den jungen Leuten nicht anzuver trauen .
,,Du kommſt grün, wann wirft Du reif ſein ? (Du kommſt, um zu leihen, wann wirſt Du zurückgeben ?) Die Fresken der modernen Pagoden, wie die halb erhabenen Skulpturen ber Monumente der alten Khmers,
ſtellen Gegenſtände aus den Büchern der Hindu -Vorzeit dar.
Troß der Einförmigkeit des Rhythmus und der tremo lierenden Stimmen der Sängerinnen fühlt man in der
kambodſdiſchen Muſik eine gewiſie urſprüngliche Eingebung, ein Gefühl der Harmonie, die vielleicht ſchwierig mit un
ſeren muſikaliſchen Ideen in Einklang zu bringen iſt, die aber wohl zu dem ruhigen Leben und den harmloſen Sitten
Toten ſtatt. Die Bevölkerung verſammelt ſich in den
der Zuhörer paſſen mag. Einige Saiteninſtrumente be
Pagoden und bringt den Voreltern Reis, Kuchen und Früchte dar, welche die Bonzen nad Aufſagung langer Gebete verzehren . • Die kambodſchifdhe Sprache iſt ein Idiom, das die
gleiten die im Kreiſe um den Hauptkünſtler aufgeſtellten
Einzelſilbe ohne Biegungen bevorzugt. Sie ſtellt einen Uebergang zwiſchen der vielfilbigen Sprache der Sunda Inſeln und den einzelſilbigen Sprachen der indo -chineſiſcher Halbinſel dar. Man begegnet bei ihr einer Anzahl malai iſder Worte, die in der Weiſe zuſammengezogen ſind, welde der Rambodichier bei allen fremden Worten anwendet, um
Sängerinnen. Ein oder zwei große Tam-tams ſchlagen brummend den Takt an und Klappern aus hartem Holz
erwidern ihnen beinahe ohne Unterlaß. Man hat auch eine Art von Harmonika , deren hölzerne oder eiſerne Stäbchen zweiſtimmig unter den Hämmern erklingen, die fortwährend über ihrem Reſonanzboden in Bewegung ſind.
Die gewöhnliche, bei den Kambodſchiern in Gebrauch ſtehende Zeitrechnung, datiert vom Jahre 638 nach F. C. Sie wird in verſchiedenen hiſtoriſchen Dofumenten ange
troffen und gegenwärtig in den diplomatiſchen Schrift:
ſie ſeinem einzelſilbigen Geſchmack anzubequemen. Sie hat mit Ausnahme einiger annamitiſcher Wörter nichts mit den mongoliſchen Sprachen des Inneren gemein. Dieſe alle
ſtüden und bei Geſchäften angewendet. Der Kalender iſt der gleiche wie in Siam, und wird, wie dieſer, von Srok
ſind Sprachen vario tono. Die kambodſchiſche wird im
Langka oder Zeylon herrühren. Das Jahr hat 12 Mond
Gegenteil recto tono geſprochen . Der Pali-Sprache, die
monate, welchen man alle drei Jahre einen dreizehnten
ariſchen Urſprungs iſt, haben die Khmers einen großen Teil der auf Religion, Politik und Verwaltung bezüglichen
zufügt. Man ſtellt die Jahre im Kreiſe von 12 Jahren
Ausdrüde entlehnt, die vom Volfe nicht recht verſtanden
Khſè-chhnam ). In dieſem Kreis hat jedes Jahr den Namen
werden und eine Art offizieller Sprache bilden, welche nur
des Tieres, was von 12 zu 12 Jahren wiederholt wird und zwar in folgender Ordnung : Chhlu, Ochſe. Mome, Ziege. Khal, Tiger. Vok, Affe. Phas, Haaſe. Roka, Hahn. Rang, Drache. Châ, Hund.
einer beſchränkten Zahl von hohen Perſönlichkeiten und
Prieſtern verſtändlich iſt. Dieſe Wörter ſcheinen den kam bodichiſchen durch die Vermittlung des malaiiſchen zuge
floſſen zu ſein. Francis Garnier glaubt, daß man in der Sprache der zahlreichen Stämme, welche noch die gebirgigen Teile von Kambodſcha bewohnen , die Quellen der urſprüng:
lidhen Sprache der Urbewohner auffinden könnte. Für die Bücher verwendet man, wie in Siam und Laos , das Blatt der Tranf-flok-rut genannten Palme, auf welches man mit dem Griffel ſchreidt. Man hat aud) Papier aus den Blättern des Maulbeerbaumes.
zuſammen, was man eine Schnur von Jahren heißt (Mo
Mosâhn, Schlange.
Kor, Sdywein . Chût, Ratte.
Momi, Pferd. Die Religion der Kambodſdier iſt die buddhiſtiſche, aber ſie iſt durch zahlreiche abergläubiſche Vorſtellungen,
welche der philoſophiſchen Lehre des Safijamuni fremd ſind, durch Ueberbleibſel des alten Brahmaismus und den
Kambodſcha und ſeine Bewohner.
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allen Völkern China's und Indo-China's gemeinſamen Kultus der Vorfahren entſtellt. Die „ Luc - ſang “ (Herren Prieſter) genannten Bonzen bilden keine Kaſte, denn es iſt ihnen erlaubt, nach einem fürzeren oder längeren Aufenthalt in dem Bonzenſeminar aus dem Orden auszutreten. Sie leben von den Laien getrennt und ſind einer beſonderen Diſziplin unterworfen ;
Dieſen Gebeten folgen Bankette, zu welchen die Landleute die Prieſter einladen . Die buddhiſtiſchen Ordensbrüder halten eine Art Faſtenzeit ein, vom Auguſt bis Oktober, den regneriſchen Monaten . Es iſt dies der Praja (Sanskrit ,,Waſa " ) zum Andenken an die jährliche Ruhezeit Sakyamunis, der, ſeine
ſie haben die keuſdheit zu bewahren und werden von ge wiffen Richtern überwacht. Alle jungen Kambodſdier,
ſeiner Sdüler widmete.
ſelbſt die Prinzen , legen während einiger Monate
min
deſtens aber während drei - die Tradit der Bonzen an und lernen während dieſer Zeit Leſen und Schreiben. Der König hat keinerlei Einfluß auf religiöſe Angelegenheiten. Die Bonzen ſind die einzigen Vertreter des Buddhaismus. Die beiden Häupter der Bonzen indes, der Luc-ſang-kready und der Prea Sokon , die im Phnum -Benb reſidieren , werden vom König ernannt. Die Bonzen haben mit po litiſchen Angelegenheiten nichts zu thun und werden in
dieſer Hinſicht blos bei den ſchwierigſten Vorkommniſſen zu Rate gezogen. Die Kambodſdier glauben, daß die den Ordensbrüdern gegebenen Almoſen oder der Bau
einer Pagode wertvolle Mittel ſind, um Anſpruch auf das ewige Leben oder vielmehr das Zurüdſinken in das Nichts, ins Nirwana, zu erlangen. Sie glauben an eine Seelenwanderung und erbliden in dieſer Lehre eine Be kräftigung der fittlichen Geſeße. Die religiöſen Feſte
Segen des Himmels für die Früchte der Erde zu erfleben.
Reiſen in Indien unterbrechend, dieſe Zeit dem Unterricht Während des Praja iſt jede
Pagode fortwährend durch den Tien Praſa erleuchtet, eine große Kerze, welche an die Dſterkerze der katholiſchen Kir dhen erinnert. Während der erſten 14 Tage dieſer heiligen Zeit bringen die Kambodſdier ihre Dpfer den Vorfahren dar (Don-ta) ; die Bonzen nehmen an dieſen Zeremonien nicht teil, welche mit ihrem Ritus nichts zu thun haben. Die Khmers verehren die „ Neac-ta “, die mit den Hausgöttern der Römer und den Schußgeiſtern der An namiten gleichbedeutend ſind. Dieſe Hausgötter ſind von Prea-In (Indra) beauftragt, über die Dörfer , Inſeln, Bäume u. f. w. zu wachen.
Die Neac-ta werben haupts
fächlich bei Krankheiten angerufen, beſonders bei epidemi îchen Krankheiten und allgemeiner Not, wie Ueberſchwem mungen oder lang andauernder Trockenheit.. Auf den Hausaltären ſind Gefäße mit Waſſer aufgeſtellt, das zu
Abwaſdungen der kranken Körperteile dient. Die Kam bodſdier ſind von dem Vorhandenſein dämoniſcher Geiſter
ſind bei den Khmers zahlreich. Da iſt zuerſt der Chol
und Geſpenſter überzeugt.
Chhnam , das Neujahrsfeſt, das dem annamitiſchen Tet ver glichen werden kann und, wie dieſer, durch Dpfer, öffent
Dieſe geheimnisvollen und
liche Luſtbarkeiten und den Bonzen dargebrachte Geſchenke
mächtigen Weſen fügen dem Menſchen in ſeinem Körper oder an ſeinen Gütern Schaden zu ; ſie führen ihn in Verſuchung. Wenn eine Krankheit der Behandlung des
gefeiert wird. Dieſes Feſt dauert drei Tage. Die Statuen
reingeborenen Arztes widerſteht, ſo ruft man die Vorfahren
Buddha's werden mit wohlriechendem Waſſer beſprißt,
(Don-ta) an, und beſonders den Arac, einen alten ver ſtorbenen Freund, der ſich zum Beſchüßer der Familie
welches dann aufgefangen und wie Weihwaſſer geſchäßt
wird . In den Familien, welche den alten Ueberlieferungen treu geblieben ſind, bringen die Kinder das Waſſer ihren Eltern dar , und waſchen die Sklaven den Körper ihres Gebieters.
Bei jedem Mondwechſel wird ein Tag ( Thngai-fel) der Ruhe und dem Gebete gewidmet. Die Thngai-fel des neuen und des vollen Mondes ſind wichtiger als diejenigen des erſten und lebten Viertels. Während der Feiertage beſuchen die Kambodſchier die Pagoden und geben den Armen und den Bonzen Almoſen. Einige dehnen ihre Wohlthätigkeit ſelbſt auf die auf den Markt gebrachten
Haustiere aus. Sie kaufen ſie, um ihnen die Freiheit zu geben.
aufgeworfen hat. Gewiſſe Kambodſchier haben keinen an deren Rultus als denjenigen des Arac. Die Hülfe einer Here (Mi-chong-arac, die Frau, in welcher ſich der Arac verkörpert), das Geräuſch der Inſtrumente und die Bes ſchwörungen mit Waſſer, Del und Reisbranntwein ſind zur Heilung des Kranken unumgänglich notwendig. Hie
und da übt der Arzt die Obliegenheiten des Herenmeiſters aus. Er fertigt in dieſem Falle eine rohe Statuette an und ſtellt ſie an einem abgelegenen Drt auf, wo der den
Körper des Kranken verlaſſende Dämon in ſie fährt. Die hungrigen Geſpenſter ( Beifach) ſind ſehr gefürchtet; um ſie
zu beruhigen, wirft man Reis auf die Erde und legt in den naheliegenden Heden Nahrung für ſie nieder. Die
Am Tage des Vollmondes im Monate Mai, dem Todes: tage Buddha's und ſeines Aufgehens im Nirwana, wird in der
Geiſter der im Kindbett geſtorbenen Frauen werden als
Pagode eine prunkende Feier abgehalten. Bei dieſer Gelegen
können Krankheiten mitteilen und ſich in Tiere verwan
heit finden in den Familien Gaſtmähler ſtatt, zu welchen die Bonzen eingeladen werden , die überhaupt an allen
deln, um die Menſchen zu erſchreden . Die Nachteule und ein anderer Nachtvogel, der Khleng frac, ſind von ſchlim
Luſtbarkeiten öffentlicher oder privater Natur teilnehmen.
mer Vorbedeutung für die Kranken und zeigen deren bal
Im Monat Februar, wenn der Reis eingeheimſt wird,
digen Tod an. Die Turteltaube (Raloc pras) und der Dula genannte Vogel rufen in den Lokalitäten, welche ſie
durchziehen die Bonzen die Felder in Prozeſſion, um den
bösartige Dahingeſchiedene (Khmoch -préai) angeſehen. Sie
paliar in Neu -Sdottland.
durchziehen , Epidemien hervor ; der Wolf, die Crai-Schlange und die Waldſchlange ſind ebenfalls Tiere von ſchlechter
Vorbedeutung. Der Gebrauch der Zaubermittel iſt al gemein und der Handel mit denſelben bildet die haupt ſächliche Einnahme der Zauberer. Die Amulette ſind
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tem , wohlriechendem Del gejalbt. Zulegt läßt man ihn einige Löffel voll Coco und Reiswaſſer trinken. Die buddhiſtiſden Lehren hatten lange gegen die alte
Religion zu kämpfen, bevor ſie von den Eingeborenen an
folgt), das am Hals getragen wird, vor dem Schlangen biß. Die mißwachſenen Elefantenzähne ſchüßen gegen Kugeln. Den Hauern des Ebers wohnt die Kraft inne,
genommen wurden. Sie trugen erſt gegen 1400 den gänz lichen Sieg davon. Noch heute behaupten die 800 oder 1000 Glieder der Baku-Bruderſchaft, welche das königliche Schwert in Verwahrung haben, daß ſie der Raſſe der Brahmanen angehören, von welchen ſich einige Gebräuche bei ihnen erhalten haben . Sie tragen lange Haare und ſind von den Abgaben und Fronen befreit. Auf dem
die Feuerwaffen des Feindes verſagen zu machen. Die
königlichen Schwert, das dem Fürſten bei ſeiner Krönung
Barthare des Tigers werden als ein heftiges Gift betrachtet.
übergeben wird, ſind einige brahmaniſche Szenen ziemlich Chr. Nuſſer. fein eingraviert.
von der verſchiedenſten Art und bringen die. wunderbarſten Wirfungen hervor. So bewahrt ein Stück vom Horn des
Khting pos (eine Art von Ochſe, der die Schlangen ver:
Tigerklauen und Tigerzähne, ſowie die Zähne des Hundes und des Krokodils verjagen die Geſpenſter. Eine Miſchung, deren Zuſammenſeßung , angeblich, heutzutage verloren
gegangen iſt, erlaubte demjenigen, der ſie ſich, in Kugeln geformt, verſchaffen konnte, zu fliegen und ſich in den Wald der Glückſeligkeit zu begeben. Die großen goldenen Halsbänder, mit welchen die Kinder und die vornehmen Damen geſd mückt ſind, ſind mit einem in ein goldenes Blatt gerollten Papierſtreifen verſehen, auf welchem die Gebote eingeſchrieben ſind, die man befolgen muß, um ſich vor den Teufelskünſten der Zauberer zu bewahren. Die Kambodſchier glauben an Vorbedeutungen und an die Wahrſagekunſt durch Träume und begeben ſich hie und da auf die Begräbnisſtätten , wo ſie auf den Gräbern gewiſſer Toten ſchlafen, die für ausgezeichnete Eingebungen bekannt ſind. Sie hängen ſehr an der Feier zweier uralten Zere monien, wahrſcheinlich brahmaniſchen Urſprungs : das A6 ſchneiden des Haarzopfes der Kinder oder Cat-jac (das Haar abſchneiden ) und die Einſegnung des Waſſers. Der Cat-fac findet zwiſchen dem 11. und 13. Jahre ſtatt. Die
Halifax in Neu -Shottland. Faſt geräuſchlos geht in proſaiſchem Telegrammſtyl die Meldung von einem kulturgeſchichtlichen Ereigniſſe größter Tragweite durch die Preſſe: Der canadiſde Schienen
weg von Meer zu Meer iſt fertig. Von Halifar, der Hafen
und Garniſonsſtadt in Neu-Schottland, bis zum weſtpazifi ichen Ufergelände - alſo aus einer Winterregion in die Region der Golfſtrom-Temperatur, wie ſie an den üppigen Geſtaben Britiſch -Columbia's herrſcht, führt jeßt eine zu: ſammenhängende Eiſenſtraße. Der Engländer, der in 8
bis 10 Tagen von London in Halifar angelangt iſt, braucht nur weitere 7 Tage, in bequemſtem Schlafwagen durch die Regionen der Indianer und Pelzjäger zurüd
Khmers raſieren den Kindern die Haare in den erſten
gelegt, um ſich auf Vancouver-Jsland nach Japan ein juſdiffen. Unberedienbar ſind die wirtſchaftlichen und kulturellen Konſequenzen dieſer neuen Ueberſdienung der
Monaten nach der Geburt, ſuchen aber einen für dieſes
Felſengebirge (welche viel leichter zu bewerkſtelligen war,
Vorhaben günſtigen Tag aus. Man gibt bei dieſer Ge:
als die in den Vereinigten Staaten), jedenfalls aber darf
legenheit ein kleines häusliches Feſt, welchem einige Bonzen beiwohnen. Dieſe erſte Zeremonie wird Cat- ſac- prey (der Schnitt der wilden Haare) genannt. Das Kind erhält dabei ſeinen erſten Namen. Von dieſem Augen blid an werden die Haare jeden Monat einmal raſiert
Aufſchwung ſeiner Ackerbau-, Handels- und Induſtries thätigkeit erwarten , welcher dann notwendig dem beſten Hafen an der atlantiſchen Küſte, Halifax, der zugleid,
wahrſcheinlich um die Wurzeln zu ſtärken. Im Alter von zwei oder drei Jahren läßt man dann auf dem Wirbel einen Haarſchopf ſtehen und wenn die Haare an dieſer Stelle eine gewiſſe Länge erreicht haben , dreht man ſie, knüpft fie und befeſtigt dieſe Art Zopf vermittelſt einer großen goldenen, ſilbernen oder kupfernen Haarnadel, je
nach dem Rang und dem Vermögen der Eltern. Der an dere Teil des Kopfes wird regelmäßig jeden Monat raſiert. Das Abnehmen dieſes kleinen Haarbüſchels iſt der Cat-fac. Sind die Haare unter Befolgung weitläufiger Zeremonien
abgeſchnitten , ſo bekleidet ſich der Neophyt mit einem leichten Gewand, um ſich dem Ritus des Waſſers zu unterziehen . Er wird beſprißt, getrocknet und mit geweih
Canada, und beſonders das ſchöne Britiſch-Columbia, einen
Kopfſtation der Ueberlandbahn iſt, in ſteigendem Maße zu gute kommen muß. So licht aber die Zukunft dieſer Stadt ſein mag, ſo kann man dody von ihr ſagen , daß ihre Ge genwart eine trübe Färbung habe, woran jedod nicht ein Mangel an Reinlicykeitsſinn die Schuld trägt. Die weide Kohle, welche in Halifar maſſenhaft verbrannt wird, lagert
ihre dunkeln Niederſchläge auf alles was gemalt iſt, ſchonungs los ab, und färbt ſo die grauen Schindeln, womit die meiſten Häuſer gegen Wind und Wetter geſchüßt ſind, noch dunkler als es dieſes Material mit ſich bringt. Nur die öffent lichen Gebäude beſtehen aus Neu -Schottland -Stein oder Studnachahmungen desſelben. Dody auf dem dunklen Hintergrund der Straßen von Halifar heben ſich die roten Röcke der engliſchen Garniſon recht effektvoll ab und auch
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Geographiſche Neuigteiten.
die dunkelgrünen iriſchen Schüßen machen in dem Grau | Damen von Halifar noch mit Pelzwerk umhergehen, aber ein plößlicher Witterungswechſel kann zur Benüßung leich: Artilleriſten und Ingenieure in ihrer mannigfaltig verter Sommerkleidung nötigen. Die Temperatur wird ſehr
des Plaßes keine üble Figur. Noch ſtattlicher ſehen die zierten Uniform aus.
Der Hafen von Halifar gilt für den beſten an der ganzen atlantiſchen Küſte und die Handelsſchiffe fommen
gerne hierher um koſtbare Fracht aus der metallreichen Umgegend einzunehmen . Der Kaufmannsſtand hat demgemäß feine Häuſer und Magazine in großer Zahl hier errichtet und es gruppieren ſich dieſelben maleriſch um die Zitadelle, welche von einem Hügel herab Stadt und Hafen-
raum überſchaut. Sie iſt teils aus Stein, teils aus Erd-
ſtark durd Eisberge in der Ausdehnung von 5—8 e. MI. beeinflußt, welche an der Küſte vorüber treiben . Der größte Stolz von Halifar ſind ſeine öffentlichen Gärten, welche Muſterwerke der Landſchaftsgärtnerei ge nannt zu werden verdienen , beſonders was die Anlage der Veduten betrifft. Fernſichten ſind ſo geſpickt in die Ge hölze gebrochen, daß ganz fremde Landſchaftsteile, z. B. der Hügelabhang der Zitadelle, mit in den Park hineingezogen ſcheinen.
werk errichtet, hat jelbſtverſtändlich Graben und Wall und
Architektoniſch befißt Haliſar nicht viel Bemerkens
auf dem leşteren dicke Kanonen . Die Ausſicht von der Zitadelle auf die Stadt, die vielen Schiffe im Hafen und das , jenſeit des Hafen-Beckens liegende , nette Dörfchen Dortmouth iſt genußreich. Rechts dehnt ſich der Atlantiſche Dzean bis zum Rande des Horizonts aus. Die Schüßen und Artilleriſten in der Zitadelle und den Kaſernen ſind hübſche Leute, deren Anblid die Herzen der Damen von Halifar höher ſchlagen macht. Beiläufig
wertes. Seine Rundkirche hat der Vater der Königin Viktoria vor hundert Jahren bauen laſſen . Was den Aufenthalt in Halifar für viele anziehend macht, iſt die große Wohlfeilheit von Lebensbedarf und
Kleidung, ſo daß es ſich lohnt von New -York hinzureiſen, um fidh neu zu kleiden. Ueber das ſoziale Leben iſt nur zu ſagen, daß man ſich dasſelbe durch Feſte zu verſüßen ſucht, unter den Damen aber eine Militärpartei und eine
geſagt, darf man die weiblichen Bewohner von Halifar
Antimilitärpartei exiſtiert, die ſich ſtark befehden. Ein
nicht etwa Halifarerinnen nennen, ihr Name iſt „ Heligolians“ , was eigentümlich an Helgoland , die deutſche Inſel unter britiſcher Herrſchaft, erinnert (engliſch heißt die Inſel Heligoland). Wenn nun eine Heligolierin ſich durch ihre Bewunderung der ſtattlichen Engländer in rotem oder grünem Rock zu Heiratsgedanken veranlaßt findet, ſo ſteht ſie vor einer eigentümlichen Bedingung der Verwirklichung dieſes Wunſches : jie muß nämlich den Vorſchriften gemäß,
drolliges Abenteuer paſſierte in Halifar dem zweiten Sohne des Prinzen von Wales. Er war in Halifar ans Land gekommen, um ſich über die Weltlage zu informieren und hatte einen großen Pad Pack Zeitungen gekauft. Plößlich er: ſcheint ein Amerikaner, entreißt ihm ein Blatt, drückt ihm
Waſchfrau des Regiments werden, außer es gelingt ihr, in die Zahl der hiervon dispenſierten „ Ertrafrauen “ auf genommen zu werden. Der Waſchfrauen ſind ſyſtemgemäß
2 Cents in die Hand und wundert ſich, daß der Prinz das
Geld nicht nehmen will. Er hatte den Enkel der Königin für einen Zeitungsjungen gehalten.
Geographiſche Neuigkeiten.
bei jeder Batterie und Schüßenkompagnie neun, und beim
ganzen Korps außerdem noch 15 Ertrafrauen. Iſt dieſe Zahl komplet, ſo ſoll von Rechts- und Reglementswegen der britiſche Soldat nicht heiraten. Er thut's aber häufig doch und riskiert dabei nur eine gelinde Arreſtſtrafe. Es iſt alſo für eine Julia von Halifar und ihren militäriſchen Romeo nur die trübe Alternative da, daß ſie Wäſcherin
* Der belgiſche Kapitän Storms , der bekannte Afrikareiſende, iſt am 3. Dezember 1885 nac beinahe vierjähriger Abweſenheit nach Brüſſel zurückgekehrt. Die Rolle, welche er dort geſpielt hat , iſt im allgemeinen be kannt. Er wurde im Jahre 1882 zum Direktor der Station Karema (am Tanganjika-See) auserſehen, welche
werden oder er ins Arreſthaus ſpazieren muß, wenn beide
zwei Jahre früher durch den Kapitän Cambier gegründet
ihre Heiratsabſicht durchſeßen wollen. Darauf muß übrigens eine britiſche Soldatenfrau gefaßt ſein, daß ihr Gatte ungeheuer weit von ihr weg verſeßt wird und ſie unter Umſtänden ihm gar nicht folgen darf. So iſt denn in Halifar
worden war, und verließ im Mai 1882 Europa. Als er
im Juli in Sanſibar landete und ſich dem Sultan Bar
die militäriſche Strohwittwe eine ſehr häufige Erſcheinung.
gaſch ben Saið vorſtellte, erfuhr er, daß Kapitän Raym aeders, der proviſoriſche Kommandant der Station Karema, kürzlich geſtorben ſei ; er begab ſich daher in Eilmärſchen
Die Artilleriſten daſelbſt ſind in Wales, der Heimat des Afrikareiſenden Stanley, zu Hauſe, alſo von Jugend
nach ſeinem Beſtimmungsort und legte in 86 Tagen eine Strecke zurüd, welche noch kein anderer Forſcher vor ihm
auf an ein milderes Klima gewöhnt, weshalb ſie unter dem
in weniger als vier bis fünf Monaten gemacht hatte.
harten canadiſchen Winter viel auszuſtehen haben . Der
In Karema angekommen, begnügte fich Kapitän Storms
ſtarke Schneefall im vorlezten Jahr machte, daß die Wall-
nicht damit, dieſe Station zu entwickeln ; er gründete auch die Station Mpala, auf dem jenſeitigen Geſtade des un geheuren Sees, und gab ſich alle Mühe, den Einfluß der
kanonen vollſtändig eingeſchneit waren, und dieſes Schneewetter hielt bis Mitte Mai an. Im Juni ſieht man die
Geographiſche Neuigkeiten.
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Rongo-Affociation auch auf die ganze umliegende Region
und ſind ſogar imſtande, die Karawanen der ausländi
auszudehnen. Vor einigen Monaten nun hielten es die
fchen Reiſenden von neuem zu verproviantieren. Das
Verwaltungsräte des Kongo-Staates für geraten, zu ver fügen, daß man in proviſoriſcher Weiſe den Tanganjika aufgebe. Von Weſten her erſtreden ſich die Stationen des Freiſtaats von Vivi aus bis zu den Stanley Fällen, welche von den Stationen Mpala und Karema beiläufig 60 Tagereiſen entfernt liegen. Obwohl der ganze Land:
Elfenbein jener Gegend iſt prächtig. Das Land wimmelt von Vögeln mit dem ſchönſten Gefieder.
Erdnüſſe, Delpalmen
und Kautſchuf kommen in Ueberfluß vor und die gebirgige Region iſt mit den herrlichſten Wäldern bekleidet. * Sofia , die Hauptſtadt von Bulgarien Wir entlehnen der ruſſiſchen St. Petersburger Zeitung
ſtrich, welcher ſich zwiſchen den Fällen und dem Tanganijfa
nachſtehende, nicht eben ſchmeichelhafte Schilderung der
hindehnt, von der Berliner Konferenz als Gebiet des Kongo- Freiſtaates anerkannt worden iſt, war die Regierung des neuen Staates doch der Anſicht, die Stationen Rarema und Mpala ſeien zu weit von dem leßten Glied ihrer Poſtenkette am oberen Rongo entfernt , um dieſelben bis
bulgariſchen Hauptſtadt. Dieſe im Werden begriffene Stadt bietet ihren Bewohnern weit weniger Behaglichkeit
auf weiteren Befehl zu behaupten, und mit dem ganzen
juriſtiſchen Verwaltungsapparat, welcher zwiſchen Vivi und den Stanley -Fällen in Thätigkeit iſt, in Verbindung zu
Hülfsquellen als irgendeine andere Stadt der Balkan Halbinſel. Nähert man ſich ihr von Pirot her, ſo glaubt man eine ruſſiſche Gouvernements-Hauptſtadt mittleren Umfangs vor ſich zu ſehen. Die Stadt liegt auf einem hohen Plateau, das mit dem ſeit einem Jahrtauſend in
unzähligen Kämpfen um den Beſiß von Sofia vergoſſenen
ſeine Arbeitskräfte dort zurücgelaſſen, und beide Stationen
Blut gedüngt iſt. Sofia erhielt urſprünglich von Krum , dem ſagenhaften ſlaviſchen Helden, welcher ſie den Griechen entriß, den Namen Sredets, d. h. Herz des Landes. Die Gegend iſt ganz entwaldet und das Klima ſo rauh, daß das Obſt hier nur mit Mühe reift und daß der Markt von Sofia damit von Kuſtendil, Dubnißa und anderen günſti
befinden ſich gegenwärtig in den Händen der von Kardinal Lavigerie von Algerien aus dorthin geſandten Miſſionare,
geren Dertlichkeiten aus verſehen werden muß. Von religiöſem Standpunkt aus iſt Sofia das Bollwerk der
welche nicht die Beſtimmung haben, irgendeine Souveränität über das Land auszuüben, ſondern welche nur die provi
Orthodorie auf der Balkan-Halbinſel , ſchon wegen der
foriſche Rolle von Hütern daſelbſt ſpielen follen . Weitere Einzelheiten über den Kapitän Storms ſind folgende : als er in jener Region ankam, fuhren die an die Berührung mit der europäiſchen Ziviliſation noch nicht gewöhnten
eingeborenen Völkerſchaften noch immer fort, ſich des Ein fluſſes der Weißen zu erwehren, d. h. einige unabhängige
Sofia das bulgariſche Moskau. Viele chriſtliche Heilig tümer ſind zwar in Moſcheen verwandelt worden , allein es iſt noch eine große Anzahl davon übrig geblieben, worunter die Kirchen der heil. Sophie und des heil. Pan telemon von Bojana, zu welchen bedeutende Wallfahrten nicht allein von ſeiten der Bewohner des Fürſtentums,
Häuptlinge, wie Luſinga, ſchöpften Verdacht wegen der
ſondern auch aus Dſtrumelien und den angrenzenden Bezirken
Shußherrſchaft, welche die Internationale Aſociation über
Serbiens ſtattfinden. Die Kathedrale der heil. Sophie, die der neuen Hauptſtadt ihren Namen gegeben hat , iſt das
erhalten. Man darf jedoch nicht glauben, daß die Station Karema, welche Storms ſo bedeutend entwidelt, und die von
Mpala, welche er gegründet hat, als definitiv und fortan
ohne Abſicht der Wiederkehr aufgegeben betrachtet werden müſſen. Rapitän Storms hat ſein ganzes Material und
andere Stämme, mit der freien Einwilligung dieſer Stämme jelbſt, ausübte.
Man mußte dieſen Lufinga und einige
Menge ſeiner Kirchen und Klöſter; in dieſer Beziehung iſt
1
.
einzige erhebliche Baudenkmal derſelben. Man ſchreibt ihre Gründung Konſtantin dem Großen und ſeiner Mutter
andere zur Vernunft bringen. Die Eingeborenen haben ſich im ganzen für die Ziviliſation ſo zugänglich gezeigt,
Helene zu. Der Anblick dieſes Gotteshauſes iſt kein
daß fie fich freiwillig dazu bergegeben haben, dem Kapitän Storms bei allen ſeinen Arbeiten behülflich zu ſein und
ſchöner; einfache Wölbungen erfeßen die Kuppel und das Dach, und dieſe Gewölbe ſind im Jahre 1856 durch ein
ſein Herrenrecht anzuerkennen, indem ſie ihm den Hongo,
Erdbeben erſhüttert worden.
d. h. den Tribut bezahlten, welchen der Vaſal dem Herr idher darbringt. Außerdem hat die Anweſenheit der Weißen
beſißt den einzigen Sängerchor, welcher in Bulgarien
am Tanganijka definitiv den Einfällen der arabiſchen Sklavenjäger ein Ziel geſteckt, welche früher das Land verheerten, wie ſie die Stanley - Fälle vor der Ankunft Stanley's heimſuchten. Der Boden iſt von einer wunder:
gebildet iſt. Man fann kaum eine langweiligere Stadt finden, als Sofia, denn es fehlt hier an allen öffentlichen Ber:
baren Fruchtbarkeit und liefert zwei Weizen- und drei Reisernten im Jahre. Alles keimt und treibt unmittelbar nachdem es gefäet worden iſt. Die Stationen Karema und Mpala fönnen auf eigenen Füßen ſtehen und nun
Die Sophien - Kathedrale
exiſtiert und nach dem Vorbilde der ruſſiſchen Kirchenfänger
gnügungen und Zerſtreuungen. Im Sommer kann man allenfalls einigen bulgariſchen Schönheiten in Begleitung ihrer ſchweigſamen Ravaliere in dem übrigens ziemlich armſeligen Stadtgarten begegnen, aber im Winter könnte
man ſich in einer Totenſtadt wähnen. Die jungen Leute
mit den eigenen Boden - Erzeugniſſen ohne Unterſtüßung
des Landes beſchäftigen ſich nur mit Politik, ohne jedoch Klubs zu bilden ; ihr Verſammlungsort iſt gewöhnlich der
von Europa oder von der Küſte her ſich ſelbſt genügen
Reſtaurant „ Khadjienoff ", der beſte der Stadt. Erſt neuer
116
Geographiſche Neuigkeiten.
dings haben die ruſſiſchen Offiziere einen Klub gegründet, der aber nicht beſucht wurde , obwohl der Zutritt jeder: mann geſtattet war. Die Bulgaren ſind nicht geſellig und
nur an ihre Häuslichkeit anhänglich und gewöhnt. Sofia zeigt allein einige Belebtheit zur Zeit der großen Kirchen
feſte, namentlich des Georgstages ; dann ertönen die Straßen vom Geſang der jungen Leute und man ſieht überall die Rundtänze (choro) beim Klang des Tamburins ; allein dieſe Vergnügungen tragen alle mehr einen ländlichen oder dörflichen als einen ſtädtiſchen Charakter. Sofia ſcheidet ſich in zwei Teile, die obere und die untere Stadt,
In der erſten trifft man einige präſentable Straßen und den neuen fürſtlichen Palaſt, welcher einige Millionen Franken gekoſtet hat , ſodann die fremden Konſulate, die Schulen, die eleganten Magazine, die Zeitungsbureaux 2c. Der Lurus von Sofia beſteht in ſeinen Fontänen und
Brunnen, welche über die ganze Stadt verteilt ſind und derſelben ein treffliches Waſſer liefern. Die fatholiſche
hunderten die Hauptſtadt eines Reiches und der Siß von deſſen Regierung iſt. Im Inneren der Stadt ſind die Straßen vergleichsweiſe gut, weil durch tiefe Kanäle drai niert, allein keine iſt gepflaſtert. Zu beiden Seiten der Straße ſtehen ärmliche Strohhütten , wo die verſchiedenen Waren , Kleidungsſtücke und ſonſtigen Bedürfniſſe der genügſamen und armen Eingeborenen verkauft werden. Außer dieſen Baraden bemerkt man kleine Buden in den ziemlich breiten Quergängen ; alles deutet jedoch auf den ſelben Mangel an Reichtum und Wohlſtand unter der Bevölkerung, und die einheimiſchen Waren gehören zu den
ärmſten und urſprünglichſten. Die Kopfzahl der Bevölke rung von Soul läßt ſich nicht genau ermitteln ; die Stadt enthält aber nach den neueſten amtlichen Urkunden unges gefähr 3000 Häuſer und nicht weniger als 140,000 Seelen. Die Wohnhäuſer gewähren zwar von außen einen ärm lichen Anblic, ſind aber im Innern reinlich; die Roreaner legen , wie die Japaner, ihre Beiduhung ab, ehe ſie in
Propaganda hat auf die Hauptſtadt des Fürſtentums Bulgarien ihre beſondere Aufmerkſamkeit gerichtet. Da
ihre Behauſungen treten, deren Fußböden mit Matten oder
anerkanntermaßen unter der jüngeren Generation alle Achtung vor der rohen und ungebildeten griechiſch-ruſſi
find klein und beinahe ohne Mobiliar. Der innere Schmud , wenn ein ſolcher vorhanden , beſteht vorzugsweiſe aus
ſchen Geiſtlichkeit und vor der Kirche verſchwunden iſt, die dem Herzen und Gemüt nichts bietet, ſo ſucht ſich die
lichkeiten oder hiſtoriſche Begebenheiten darſtellen.
römiſche Kirche an deren Stelle zu ſeßen. Es exiſtiert in Sofia ſchon lange eine Hülfskirche der Rongregation vom Herzen Mariä und ſeit der Unabhängigkeit hat ſich noch eine andere Rongregation dort niedergelaſſen. Der Pro: felytismus macht aber nur geringe Fortſchritte; da die älteren Bulgaren an ihrem alten Glauben hängen und
die jüngeren Generationen kein relgiöſes Bedürfnis haben, ſo verlegen die Kongregationen, um ihren Eifer darzulegen, ſich vorzugsweiſe auf den Unterricht der Jugend und haben Schulen gegründet, welche den nationalen Schulen eine ernſte Konkurrenz machen und aus denen namentlich viele
gläubige junge Katholifinnen hervorgehen ſollen. Auch engliſche und amerikaniſche Methodiſten haben in Sofia Miſſionen mit guten Schulen gegründet und ſich an der allgemeinen Hebung des Unterrichts beteiligt. * Neueſtes aus Korea. Einem Bericht von Herrn
P. Fougue , früherem Offizier der franzöſiſchen Marine
einer Art ſtarken geölten Papiers bedeckt ſind. Die Zimmer
Aquarellgemälden in ſchreienden Farben , welche Perſon: Trot
des ärmlichen und dürftigen Ausſehens des Volkes ſind alle Kleider reinlich, und nur ſelten begegnet dem Blicke des Fremden auf den Straßen ein Bettler oder eine Perſon in Lumpen . Die intereſſanteſte Sehenswürdigkeit für den Frem
den in Söul iſt der neue Königspalaſt, deſſen Winter gemächer vor einigen Jahren durch eine Feuersbrunſt zer ſtört worden ſind und welcher dermalen nicht bewohnt
wird. Der große Eingang dieſes Palaſtes beſteht in einer dreifachen Vorhalle, welche einen aus Holz und Steinen erbauten maſſiven Pavillon trägt. Die Thüren öffnen ſich auf einen geräumigen Empfangshof, zu deſſen beiden Seiten man verſchiedene kleine Säle bemerkt. Eine zweiter von zwei Bautenreihen flankierter Eingang mündet auf einen weiteren Hof, worin man eine dritte Thür als Zu
gang zu “ dem Vorſaal des Audienz- oder Thronſaales findet. Dieſer ſteht inmitten eines großen granitgepflaſterten
Artillerie und Profeſſor der Mathematik an der Univerſität Tokio in Japan, der an die Geographiſche Geſellſchaft von Toulouſe erſtattet wurde, entnehmen wir folgende Schild :
Hofes und bildet einen großen Pavillon aus Holz, der einige
rung der Hauptſtadt von Korea. Söul liegt ungefähr
Platform und iſt 15 m. lang und 12 m . breit. Die zwei
drei Meilen vom Han - Fluſſe und 25 Meilen vom Hafen Jen - Tſchuan in einer der angenehmſten Gegenden, um geben von einigen reizenden und maleriſchen Thälern.
Drittel des oberen Geſimſes des Kapitäls, welches große
Aehnlichkeit mit dem Hauptgebäude eines Buddhiſtentempels in China hat ; er ſteht auf einer 1 1/2 m . hohen granitenen
reidverzierte Balken und Sparren trägt , geben ihm das
die gutes Bauholz für verſchiedene Zwecke und vieles
Anſehen eines geſchichtlichen Denkmals. Im Innern iſt alles Holzwerk vom Fußboden bis zur Decke prächtig be malt und die vorherrſchenden Farben ſind Grün, Rot und
Brennholz liefern.
Weiß.
Die Hügel ſind mit Tannen und Zwergeichen beſtodt, Die Zugänge der Stadt von der
Seite von Jen - Tſchuan her ſind in einem elenden Zu ſtande und gleichen eher dem Bett eines Bergſtromes als dem Eingang einer Stadt , welche ſchon ſeit fünf Jahr:
Die Dede iſt aus kleinen Feldern gebildet, welche
alle farbig und mit phantaſtiſchen Blumen bemalt ſind, zu denen vielleicht die Chryſanthemum -Blüte die Idee ge geben hat.
Die Mitte bildet ein größeres Feld, worin fich
Die Tierwelt in Holländiſch-Guiana.
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in Relief zwei goldene Drachen umſchlingen, die demjenigen ! es iſt erbötig, ſid ) mit den Fortſchritten der europäiſchen Ziviliſation bekannt zu machen , und würde darin fogar gleichen , welchen man auf den neuen japaneſiſchen Münzen raſcher vorangeben, wenn nicht jene Raſte von Mandarinen ſieht. Der Thron beſteht aus einem vieredigen Thron: alten Schlages vorhanden wäre, welche bisher das Hinder mit Seiten drei auf welcher himmel von 11/2 m. Höhe, nis für jeden Fortſchritt in den Ländern des fernen Dſtens Vorderſeite teildeſſen ſpaniſchen Wänden umgeben und weiſe mit langen Vorhängen verſchloſſen iſt; auf der Eſtrade | geweſen iſt und noch lange ſein wird. ſteht ein einfacher Klappſtuhl mit drei rotangeſtrichenen
Füßen, welcher dem Könige zum Siße dient. Der Boden des Saals iſt mit einem Segeltuch bedeckt und die Fenſter
ſind, dem morgenländiſchen Stile gemäß, mit Papier über zogen anſtatt verglaſt. Die Wintergemächer befanden ſich
Die Tierwelt in Holländiſch-Guiana.
hinter dem Thronſaal; aber heutzutage iſt nichts mehr
Von Auguſt Kappler. "
davon übrig geblieben als die Grundmauern und die
Werden bei den höheren Tierklaſſen, die durch Größe, Nußen oder Sdyaden zu dem Menſchen in Beziehung ſtehen oder ihm bekannt ſind, in Europa , wo ichon ſeit ein paar Hundert Jahren ſich Gelehrte mit dem Studium
Kamine aus Badſtein, welche einige Schritte vom Haupt gebäude entfernt ſtehen, deſſen Zimmer durch Heizröhren unter dem Fußboden erwärmt wurden.
Die Sommer:
reſidenz iſt inmitten eines Lotus - Teichs auf einer großen ſteinernen Platform erbaut, welche ſich 2,40 m . über den
Waſſerſpiegel erhebt. Sie iſt eine Art Bangolo und wird oberhalb der Grundmauern von 50 Granitſäulen getragen, welde jämtlid) aus Einem Stück von 4,80 m . Höhe ſind und an der Baſis 27 cm. ins Gevierte haben. Man ſteigt zu den Gemächern hinan auf zwei hölzernen Treppen, welche auf eine durchaus ſchmudloſe Veranda führen. Der
der Tierwelt abgeben , noch immer neue Arten und ſelbſt Geſchlechter entdeckt, um wie viel mehr iſt dies bei
den Wirbelloſen der Fall, die durch ihre Kleinheit ſich oft dem Auge und durch die Verborgenheit oder Unzugäng lichkeit ihrer Wohnpläße der Beobadytung entziehen ! Von dem bei weitem größeren Teile der wirbelloſen Tiere, den
Infeften, finden ſich beinahe in jedem Städtchen Liebhaber,
ganze Bau hat ein trübſeliges und reizloſes Ausſehen, allein von der Veranda aus hat man eine ſchöne Aus
die ſich mit dem Fang und der Unterſuchung einzelner Geſchlechter abgeben, und immer noch Neues zu Tage fördern ; wie oberflächlich ſind dagegen die Tropenländer
ſicht, namentlich zu der Zeit , wo die zu Füßen des Ge
unterſucht, wo die wenigſten Europäer, die ſich dort anſie
bäudes wachſenden Lotuspflanzen in voller Blüte ſtehen,
deln, Sinn und Liebe für die Natur haben, denn wenn
und die Großartigkeit der Szene wird nod erhöht durdy
ſich auch Sammler jahrelang in folchen Gegenden auf:
den Anblid des Gipfels des Hügels, an deſſen Fuß der Balaſt
halten , ſo gibt es des Großen , Prächtigen , in die Augen Fallenden ſo viel, mit dem ſich der Naturfreund ſein Leben lang beſchäftigen kann, daß er ſich dem ſchwierigen Studium des Kleinen gern entzieht, umſomehr als man zwar der Wiſſenſchaft dadurch Vorſchub leiſtet, aber für die darauf ver wendete Zeit und Mühe nicht entſprechend entſchädigt wird. Wie überall, woFruchtbarkeit des Bodens, Wärme und Feuchtigkeit günſtig auf die Pflanzenwelt wirken, findet aud die Tierwelt in ihren beſonderen Abſtufungen ein
ſich befindet. Auf dem Terrain von vier Hektaren, weldes die Mauern des Sommerpalaſtes umgibt , ſind noch viele andere hohe Gebäude zuſammengedrängt. Weil hiedurdy fein Raum mehr für Gärten und Parks vorbehalten iſt, ſo hat man dieſem Terrain durch Auspflanzung einiger Tannen an allen nur irgend möglichen Stellen ein länd:
liches Ausſehen zu geben geſucht. Jeder , der ſich nur irgendwie beſonders mit dem Studium der Geſchichte der morgenländiſchen Länder und Völker befaßt, wird in Soul einen Ort vom hödſten Intereſſe finden , nicht allein wegen der zahlreichen und blutigen Schlachten, deren Schauplak es geweſen iſt, ſondern noch mehr wegen der aufeinander folgenden Einfälle der Tartaren, Chineſen und Japaner. Hier haben auch viele Jeſuitenväter mit Hunderten von
reidliches Fortkommen .
In Surinam, deſſen Dberfläche faſt nur fortlaufender
Wald iſt, findet ſich eine Inſektenfauna, die an Mannig faltigkeit, Größe und Pracht keinem anderen Lande der Erde nachſtehen wird. Wie viele Arten der verſchiedenſten Inſektenklaſſen ſind idon bekannt, aber wie noch viel mehr
Bekehrten den Märtyrertod gefunden. Auf Anſtiftung des berüchtigten und grauſamen Faï-wen -fun, welcher
mögen in den beinahe nie von einem Forſcher beſuchten
dafür ins Gefängnis nad China geſchleppt ward , wurde im Jahre 1882 eine japaniſche Geſandſchaft vom Pöbel angegriffen und mehrere Mitglieder derſelben ermordet.
Zeiten für die Wiſſenſchaft entdeckt werden !
Die Ereigniſſe, welche dieſem Blutbad folgten, ſowie die
der Stoff ſo überwältigend, daß ich bloß die merkwürdigeren einzelnen Gattungen anführe, ohne mich über die unge
daraus fid entwickelnden Verhältniſſe ſind heutzutage zu
allgemein bekannt, als daß ich ſie hier wieder zu erzählen brauchte. Korea hat erſt in der jüngſten Zeit Handels- und andere Verträge mit verſchiedenen Nationen abgeſchloſſen ;
Waldungen verborgen bleiben, bis ſie vielleicht in ſpäteren Während id
bei den Wirbeltieren nur die mir bekannten Arten auf führte und auch teilweiſe beſchrieb, iſt bei den Wirbelloſen
heure Zahl der Unterabteilungen der Arten auszulaſſen. 1 Schluß der im vorigen Jahrgange Nr. 27 begonnenen Serie.
Die Tierwelt in Holländiſch - Buiana.
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Es beſtehen ſo viele Werfe, welche die einzelnen Familien i langen zweizinkigen Horn auf dem Kopfe. Noch kleiner wiſſenſchaftlich behandeln, daß meine Angabe nur ein mehr geordnetes Reſumé deſſen ſein ſoll, was ich bei der Inſekten: fauna beſonders Merkwürdiges und Auffallendes ſah.
Coleopteren. Ich beginne mit den Käfern, mit denen, gleid den Schmetterlingen , ſich die meiſten Liebhaber der Inſektenwelt am liebſten beſchäftigen. Von Lauffäfern ,
Carabus, deren Anzahl in Surinam mir beſchränkt zu ſein ſcheint, iſt der Bombardierkäfer, Porachinus bilineatus,
der merkwürdigſte. Er hat ganz die Form des europäi-
Baumes.
In vielen Arten kommen auch die Practkäfer,
Buprestis, vor. Der größte aller iſt Euchroma gigantea, von den Indianern Brebedere genannt. Er iſt über 5 cm . lang und beinahe halb ſo breit, goldgrün mit purpur farbenem Schimmer. Er kommt ſowohl im Küſtenlande als im Innern vor und man kann manchmal Hunderte von ihnen in den Mahobüſchen an der Mündung des Maroni finden. Die Karaiben und auch die Indianer des
2
ſchen, iſt aber bei 12 mm . lang, die Flügel wie der Unter: leib ſind braunrot, oben mit zwei blauſchwarzen gezacten Querſtreifen. Er lebt unter faulem Holz und Steinen. Will man ihn ergreifen , ſo gibt er mit einem ziſchenden Knalle einen bläulichen Dunſt von ſich, der die Finger rötlich färbt, das Gefühl von Wärme erregt und einen unangenehmen Geruch verbreitet. Der Käfer wiederholt, indem er zu entfliehen ſucht, dieſes Manöver mehrmals aber immer etwas ichwächer. Lamellicornii. Von der intereſſanten Gruppe der
iſt Megacuras philoctetes, alle glänzend ichwarz. Dieſe großen Käfer ſind ziemlich ſelten ; doch leben manchmal ein paar Dußend Larven des Actäon in dem Mulm eines
Innern machen aus den Flügeldecken dieſes Käfers Zier raten für ihre Federſchürzen und Halsbänder. Er verbreitet einen eigentümlichen unangenehmen Geruch. Die kleineren Bupreſtis-Arten ſind ſchwierig zu fangen, dieſer große aber bleibt, beſonders bei trübem Wetter, ruhig fißen, ſo daß man ihn leicht wegnehmen oder von den Bäumen ſchütteln tann .
Scarabäen iſt der ſchönſte und größte der Phanaeus
Unter den Schnellfäfern, Elater , iſt der Leuchtkäufer,
ensifer, vorwiegend in Franzöſiſch -Guiana in bergigen
Pyrophorus noctilucus , den man in drei verſchiedenen
Wäldern zu Hauſe und beſonders auf der Léproserie Acarouany häufig. Er hat ganz die Form des Ateuchus sacer, doch macht er keine Kugeln , ſondern verſdarrt das Aas, dem er nadygeht . in die Erde und legt dann ſeine
Größen findet und der meiſt im Innern des Landes lebt,
Eier darein.
Er iſt 4 cm . lang, 3 cm , breit, dunkelblau
von Färbung, mit gerippten Flügeln und hat ein 2,5 cm. langes ſpißes Horn auf dem Kopfe. Einen goldgrünen, halb ſo großen Phanaeus mimas fand ich häufig unter den Kuhfladen auf den Savannen am oberen SurinamFluß. Ein anderer , Phanaeus festivus, prächtig rot, mit goldenem Schimmer, fliegt nach Menſchenkot. Größere ſchwarze, Deltochilum gibbosus, finden ſich im Aaſe. Dbwohl die Gattung der Blumenkäfer, Cetonia, in Hunderten von Arten ſich findet, ſo kenne id; doch keinen ,
der an Glanz unſerem Goldkäfer, Cetopia aurata , gleichfäme ; auch tritt feine der einzelnen Arten fo maſſenhaft
auf, als zuweilen unſer Maifäfer, Melolontha vulgaris. Mehrere Arten gleichen dem Brachläfer, Rhizotrogus solstitialis. Einen dieſem in der Größe ſehr ähnlichen, gelblich
der bekannteſte. Er verirrt fid übrigens auch in die Küſtenländer, wo die Pflanzungen ſind, doch habe ich nie
gehört, daß die Negerinnen ihn bei nächtlichen Tänzen als leuchtenden Schmuck in Flor gewickelt in den Haaren tragen. Die größte Art iſt bei 4 cm . lang und 12 mm . breit, die kleinſte kaum halb ſo groß. Ale drei Arten
ſind olivenbraun, haben zwei gelblid runde Punkte auf dem Thorar, die in der Dunkelheit ſo ſtark leuchten , daß man mit dem Injekt in der Hand, die Fleden gegen das
Papier gewendet und den Zeilen nachfahrend, die kleinſte Schrift gut leſen kann. Außer dieſem grünlichgelben Lichte zeigt der Käfer im Flug ein ſtarkes, rotgelbes, aus den oberen Rüdenwirbeln fommendes Licht. Bei einer Reiſe auf dem Wane-Creek im Jahre 1874 ( chlief ich auf einem Praße im Walde, wo eine unzählige Menge dieſer leuchtenden Inſekten unſer Feuer umflog. I fing einige Hunderte und nahm ſie in einer großen, halb mit Holz
mulm gefüllten Flaſche nach meinem Wohnplaß mit, wo
Staubgefäße ſie zernagen und dadurch angenehm riechen .
ich ſie in der folgenden Nacht in meinem Schlafzimmer fliegen ließ, und mich, bis ich einſchlief, an den gelb und rotflammenden Lichtdhen ergößte. Am Morgen war keiner
Die Indianer eſien den Hinterleib dieſes Käfers. Einige
mehr zu finden. Sie hatten durch die Spalten der Bretter
der anderen Gattungen ſind Antichira splendida, Anti-
ſich die Freiheit verſchafft. Große Elater ſind der braune Cholcolepidius porcatus und die gelb und ſchwarzgeflecten
mit rotem Thorax, findet man ſehr häufig und manchmal
dußendweiſe in den Blumen großer Nymphaceen , deren
chira clavata , Antichira virens, Antichira psittacina ,
5 cm. breite Megasoma Actäon, der auf dem Thorax
Pericollus suturalis und angusticollis. Der zur Gattung der Weichfäfer gehörige Lampyris concolor, ein Verwandter
zwei 2 cm. lange ſpiße Hörner trägt und deſſen Kopf überdies ein 4 cm . langes, zweizinkiges Horn ziert. Das
unſeres Johanniskäferdiens, iſt in der Savanne und den Gärten der Küſtenländer des Nachts ſo häufig, daß man
Weibchen dieſes Rieſenkäfers entbehrt dieſer Waffen. Ein
Schwärme von Tauſenden, beſonders in den Regenzeiten,
anderer, etwas kleinerer iſt Megacuras Chorinaeus mit
herumfliegen ſieht, was einen wunderbar ſchönen Anblid
ſtark erhöhtem , zweihörnigem Thorar und einem 3 cm.
gewährt. Das Käferchen iſt bloß 15 mm. lang und halb
Unter dieſe Gattungen gehört auch der 10 cm . lange, .
Kleinere Mitteilungen .
119
ſo breit, helbraun mit noch helleren Längeſtreifen . Das Licht kommt aus den drei leßten Ringeln am Bauche, und das Inſeft fann dasſelbe zurüdhalten, ſtärker oder ſchwächer ſtrahlen laſſen . Das Weibchen hat ebenfalls Flügel. Die Indianer nennen dieſe Art Buju.
vierte Plättchen, Pfeifen der Grabhügel- Erbauer und ähnliche ſelt jame Formen von entſchieden unechtem Ausſehen ſind in der Nachbarſchaft von Davenport, Jowa, enſtanden. Eine Perſon im
Die Familie der Rüſſelkäfer , Curculiones, iſt
alten Töpfergeſchirr haben ſich in der Nähe der Stellen etabliert,
wohl die reichſte der ganzen Käferwelt, denn nicht allein
hat beinahe jede Frucht ihre eigene Art aufzuweiſen, ſon bern es bergen auch mandimal Holz und Rinde Arten
derſelben Gattung. Die prächtigen Rüſſelfäfer, die in Braſilien zu Hauſe ſind, habe ich in Surinam nie geſehen. Beſonders ſchöne Arten ſind der goldige Rhigus speciosus und der türkisblaue Cyphus 16-punctatus. Der bekann teſte unter den Rüſſelkäfern und zugleich der größte iſt Rhynchophorus palmarum. Er iſt ohne den 7 mm .
weſtlichen Nord -Carolina hat Beſteứungen auf alte Reliquieli
aus jener Dertlichkeit ausgefiihrt. Auch aus Peru berichtet man von zwei derartigen Dertlichkeiten : Die Verfertiger von unechtem wo Altertümer ausgegraben werden ; die Scherben der alten zer
brochenen Gefäße werden zu einem groben Thon gemahlen und dieſer nach vollfommen erhaltenen und echten Muſtern modelliert; die Formen ſind erhalten und die farbige Ornamentation iſt ſo treu nachgeahmt, daß die Täuſchung ſchwierig zu entdecken iſt. Käufer von Altertiimern ſollten daher doppelt vorſichtig ſein und
ſich genau nach der Geſchichte derartiger Exemplare ſowie nad der Perſon der Verkäufer erkundigen. W. 3. poffmann , Dr. med . Waſhington. Neue Karten und Kartenwerke.
langen Rüſſel 4 cm . lang und 2 cm. breit, glänzend idwarz und ſein Geruchsorgan ſo ausgebildet, daß, wenn
* Karte von Zentral - Afrika im Maßſtab von 1 : 5,000,000
weit und breit nichts von dieſen Käfern zu ſehen iſt, ſie
zur Beranſchaulichung der Reſultate der Kongo -Konferenz und der neueſten politiſchen Geſtaltung Zentral-Afrika's. Im Auftrag des
jogleich herbeifliegen, wenn eine Palme umgehauen wird, um entweder den auslaufenden Saft zu trinken oder ihre Eier in das weiche Mark zu legen. Sie lieben beſonders die Balmen-Gattungen Maximiliana, Oenocarpus und Mauritia. Die Indianer, die die Larven dieſer Käfer züchten, um ſie zu eſſen, hauen beſonders aus den Mauritien große Stücke der Rinde, die Räfer legen dann ſogleich ihre Eier ins Mark der Palmen, und ſechs Wochen ſpäter ſind die Larven ausgewachſen. Daumenlang und did , nankin farbig, Kopf braun mit ſcharfen Kiefern bewaffnet, fühlen ſie ſich fettig an, haben aber nicht das Widrige der Enger: linge. Haben ſie dieſe Größe erreicht, ſo muß man fie, wenn man ſie verſpeiſen will, aus dem Baume heraus nehmen, ſonſt verpuppen ſie ſich. Vor der Zubereitung werden ſie mit lauem Waſſer abgewaſchen, abgetrodnet
Auswärtigen Amts bearbeitet und gezeichnet von L. Friederichſen, erſtem Sekretär der Geographiſchen Geſellſchaft in Hamburg. Þam burg, L. Friederichſen , 1885. (Beſprechung unliebſam verſpätet.) Dieſe ſchöne, überſichtliche und deutliche Karte jenes Teils von
Afrika, welcher ſeither auf den Landkarten nur einen weißen Fleck bildete, iſt gerade jetzt ſehr zeitgemäß, wo die verſchiedenen Reiſenden aus Europa dieſe Region von allen Seiten her in Angriff uehmen und in der nädſten Zeit viel neues Licht darüber verbreiten werden . Mittelſt dieſer Karte kann man nicht nur die einzelnen Reiſerouten
derſelben genau verfolgen, ſondern ſchon jetzt die Forſchungs
ergebniſſe von Wißmann, Reichardt, Flegel u . a. m . darauf ein : tragen, welche bereits über mehrere Stromgebiete und deren Be ſiedelung viel neues Licht gebracht haben. Als Wandkarte, zum Handgebrauch und zur Ergänzung der vorhandenen Karten wird dieſe ganz ausgezeichnete Dienſte leiſten.
und lebend im heißen Schmalz gebacken. Sie jdwellen auf wie kleine Würſtchen und werden, wenn ſie braun ſind, aus der Pfanne genommen, mit Salz und Pfeffer beſtreut und bilden ſo eine der Hauptdelikateſſen des Landes.
Berichtigungen. In dem Artikel in Nr. 2 des „ Ausland “ vom 11. Januar
dieſes Jahres „ Botaniſche Expedition des Dr. O. Stapf “ ſind einige Drucfehler, welche wir zu berichtigen bitten, nämlich: Seite 25, Spalte 1 , Zeile 23 von unten lies „ Ceratonien " ſtatt Tamarindenbäume. Seite 25, Spalte 2, Zeile 23 von oben lies ,, Thron “ ſtatt 1
Fortſegung folgt .)
.
Kleinere Mitteilung. Archäologiſche Betrügereien.
Die raſch wachſende Nachfrage nach Altertümern und Re
Soil.
Seite 26, Spalte 1 , Zeile 33 von oben und Seite 27, Spalte 2, Zeile 26 von oben lies „ Primulaceen “ ſtatt Primel, und reſp. „ Primulaceen “ ſtatt Primeln. Seite 29 Schlußzeile lies „ Kaltland“ ſtatt Kalfland.
liquien der amerikaniſchen Indianer und ganz beſonders den
Die Rechtſchreibung der perſiſchen Eigennamen und die teil
Ueberreſten der „ Grabhügel-Erbauer “ (Mound builders ) hat unter
weije Ueberſeyung derſelben riihrt meiſtenteils von Herrn Dr. Polak
nehmende Individuen von fragwürdigem Rufe in verſchiedenen Teilen der Vereinigten Staaten ſowie auch in Peru veranlaßt, die Verfertigung derartiger prähiſtoriſcher Ueberreſte zu unter
in Wien her.
nehmen. Neuere Nachforſchungen ergaben , daß merkwürdig ge
39 befindet ſich ein Artifel über Melbourne, in welchem auffällige Unrichtigkeiten vorkommen . Erlauben Sie mir, fie Jhnen zu
arbeitete Eremplare von Steinen , von gravierten Täfelchen , Ring fragen , Halsſchildern u . . w. von einer verdächtigen Dertlichkeit
Die Redaktion.
Im „ Ausland “ Nr. 2 vom 11. Januar 1886, Seite 38 und
nennen :
in Philadelphia ( Pennſylvanien) ausgehen ; daß angebliche Arbeiten der Grabhügel-Erbauer in Geſtalt von Speerſpißen, Meſſern 26 .
ſich am Schluſſe des Jahres 1884 auf 322,690 belaufen. Dies
aus Feuerſtein im nördlichen Michigan verfertigt werden . Gra
hat nur inſofern ſeine Richtigkeit, wenn damit die Bevölkerung
1. Es heißt, die Bevölkerung der City of Melbourne habe 1
Derivahrung.
120
von Melbourne und der vielen Vorſtädte im Umkreiſe eines
Radius von zehn e. Meilen oder 16 Km . gemeint iſt. Die eigentliche City of Melbourne zählt nur 67,000 Seelen . 2. Ais die Vorſtädte von Melbourne werden Prahran , Richa mond und Eaſt Catlingwood genannt. Eaſt Catlingwood eriſtiert überhaupt nicht, wenn nicht Collingwood City damit gemeint iſt. Im übrigen belaufen ſich die Subnrbs von Melbourne nicht auf drei, ſondern auf ſiebzehır. Vergl. „ Victorian Year- Book for
Anzeigen To eben erſchienen und ſind in jeder Buchhandlung des Jn und Auslandes zu haben :
F. C. Dahlmann's
1883/81 by H. Hayter, Melbourne 1881 .
3. Dr. Ferdinand v. Müller iſt bereits ſeit acht Jahren nicht
Kleine Schriften und Reden.
mehr Direktor des Botaniſchen Gartens in Melbourne, ſonderii gr . Oftav .
vielmehr Mr. W. R. Guilfoyle. Miiller iſt gelehrter Botaniker und hat als ſolcher große Verdienſte und mit Recht einen bedeu tenden Ruf, allein als Direktor eines botaniſchen Gartens war er nicht an ſeinem Platze und der Garten von Melbourne verlor immer mehr. Miiller mußte darüber in der Preſſe und im Parla mente harte Anklagen hören. Er trat ab und wurde zum Go vernment-Botaniſt ernannt und in dieſer Stellung hat er Großes geleiſtet. 4. Daß ein Netz von Waſſerläufen die City of Melbourne
mit einem großen Teil vou Siidauſtralien (?) in Verbindung ſett, iſt unbegründet. 5. Zu den hauptſächlichſten Ausfuhrartikeln der Kolonie zählen
Bau- und Nuthölzer keineswegs , vielmehr muß gerade in dieſem Artikel ſehr viel (im Vorjahr für 706,424 lſtr .) impor .
tiert werden ,
Der geringe Erport davon
Vorjahre für
(im
36,695 ( ſtr.) iſt meiſt Re- Import. Zu den wichtigſten Erports artikeln zählen der Reihe nach : Wolle , Gold, Vieh, Weizen und Mehl , Leder und Lederwaren , Talg . Häute und Feue, Butter und Käſe , Kartoffeln u. ſ. w . An Wein wird bedeutend mehr benry Greffrath . importiert als exportiert .
XIV und 484 Seiten.
M. 6 .
Gedigte von Martin Greif.. Vierte durchgeſehene und ſtark vermehrte Auflage. Oftav .
XVIII und 181 Seiten.
Elegant gebunden M. 5. M. 4 . Schon nach zwei Jahren folgt der dritten Auflage von der beſte Beweis , welche Greif's Gedichten dieſe vierte Popularität dieſer Sänger in weiten Kreijen ſich erworben hat in einer Zeit, die doch im allgemeinen der lyriſchen Produktion höchſt gleichgültig gegenüberſteht. Ja er hat nach dem übereinſtimmen
den Verdikt der Kritik und des Publikums nachgerade eine Noto rietät als klaſſiker in der Art Uhland's und genau's erlangt und gilt unbedingt als der bedeutendſte Syrifer unter den Leben
den . Wenn er trotzdem auf ſeinen Lorbeeren nicht ausruht, ſondern, ſich fort und fort entfaltend, wie jeder ſeiner Auflagen , ſo auch dieſer vierten , den wachſenden Schmud neuer Blätter und Blüten
von höchſter Schönheit hinzufügt, jo brauchen wir zur Empfehlung dieſes Echabes der deutſchen Nation nichts weiter hinzuzufügen .
Zeitſchrift für Verwahrung.
Allgemeine Geſchichte,
Herr Dr. Rud. Reicke, Herausgeber der ,,Altpreußi îchen Monats drift" in Königsberg, hat uns überzeugt,
kultur-, litteratur- und Kunftgeſchichte. Derausgegeben von
daß der in Nr. 37 S. 727 enthaltene Aufſat von Dr. A.
Berghaus in Berlin : ,,Die Birte" einen weſentlichen, oft beinahe wörtlichen Abdruck des gleichnamigen Aufſaßes von Herrn Karl Käswurm in Darfehmen enthält, welcher idon im Mai- Juni-Heft der ,, Altpreußiſden Monatsídrift " von 1869 erſchienen war. Herr Dr. Berghaus hat uns dieſen
H. v. Zwiedined-Südenhorſt. 3weiter Band. 1885. Komplett. gr. Oktav. 60 Bogen. Mark 12.
Viit Beiträgen von Beer, Gregorovius , Ritter, þeigel, ģille brand, puber, Lindner, Ulmann u . A.
Artikel als angeblich originalen eingeſandt ohne genaue und ehrliche Angabe der Quelle und des Verfaſſers, welde er
beide nur am Soluſie kurz und beiläufig erwähnt. Er hat ſich daher einer Handlungsweiſe ſchuldig gemacht, die wir nicht für anſtändig und eines honnetten Schriftſtellers würdig halten . Wir ſind alſo getäuſcht worden und ver öffentlichen den Vorfall, um dem wirklichen Verfaſſer zu ſeinem Recht und zu ſeiner verdienten Anerkennung zu
verhelfen mit dem Bemerken, daß uns dieſer Vorfall, an dem wir ſelbſtredend ganz unſchuldig ſind, fehr unan
Das Finanz -Arciv. Zeitſchrift für das geſamte Finanzweſen . Herausgegeben von
Dr. Georg Sdanz. III. Jahrgang. 1. Band. 1. Lieferung ( 96 S.) , mit Berechnung des vollſtändigen Bandes : M. 12. Dieſe erſte Lieferung enthält eine größere Abhandlung: Zucker
ſteuer und Zuckerinduſtrie in den europäiſchen Ländern und in der amerifanijchen Union von 1882 bis 1885, mit beſonderer
Rüdſidhtnahme auf Deutſchland und die Steuerreform daſelbſt,
genehm iſt.
von Dr. Julius Wo1f.
Stuttgart, 28. Januar 1886. Redaktion des „ Ausland ".
Stuttgart
3. 6. Cotta'ſche Budhandlung .
/
Drud und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Minchen und Stuttgart.
Das Slusland . Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der J. G. Gotta'ſden Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 15. Februar
Nr. 7.
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Duart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In : und Auslandes und die Poſtämter. Manuſkripte und Rezenſions-Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an øerrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11 , ju jenden. Inſertion preis 20 Þf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Der Volfscharakter der Vlämen und Walonen . Von Dr. Moriz Wollmann . S. 121 . 2. Nenere Berichte über Kambodſcha. S. 124. 3. Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Riiſtenländer. Von Dr. G. Weisbrodt. S. 126. - 4. Die Kolonie Neu -Seeland. Von Henry Greffrath. ( Fortſetung.) S. 131 . 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 134 . 6. Die Tierwelt
in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler. (Fortſetzung.) forniſchen Goldes.
S. 137 .
7. Kleinere Mitteilung: S. 139. Der Entdecker des fali :
8. Notizen . S. 139.
Der Volksdarakter der Plämen und Wallonen.
als die Grundlage der ruhigen Eriſtenz dieſes Staats Man hat zwar behauptet, daß große Kulturvölfer von gleichartiger Bedeutung eher in
weſens betrachten kann. Von Dr. Moriz Wollma 1111. Motto :
Flamands wallons sont nos prénoms, Belges est notre nom de famille. (Clesse : » Chansons populaires.a)
Ruhe und Frieden beiſammen leben können, als große Kulturvölfer mit ſog. inferioren Völkern. Ich glaube aber nicht, daß dieſe Behauptung überall zutrifft, ſonſt wäre nicht einzuſehen, warum z. B. zwiſden Deutſchen und
Faſt überall, wo Völferſchaften verſchiedenen Stammes auf einem politiſch geeinigten Territorium leben , bildet
Italienern in Tirol durchaus fein friedliches Verhältnis
der Nationalitätenkampf einen wichtigen Faitor der inneren
herrſcht.
Politif. Selbſt kleine nationale Minoritäten, deren hiſto: riſche und kulturelle Bedeutung ſich mit jener unſerer großen Kulturvölfer gar nicht meſſen läßt , tragen zumeiſt ein
umgekehrte Erſcheinung. In dieſem jungen Staatsweſen haben ſich zwei Nationen von gleicher numeriſcher Stärke,
Selbſtgefühl zur Shau, welches in der Regel mit ihrer innern Rraft im umgekehrten Verhältniſſe ſteht. Deshalb ſeben wir in keinem jener Staaten, welche eine „gemiſdt ſprachliche" Bevölkerung befißen, die Wohlthaten des inneren Friedens. Die kleinen Volker ſuchen entweder die Bundes:
genoſſenſchaft gleich ſchwacher Nationen, wie in Deſterreich, oder organiſieren , wenn es ihnen an dieſer Bundesgenoſſen: daſt fehlt, einen politiſchen Widerſtand für ſid ), wie die Polen und Dänen in Preußen. Dieſer Erſcheinung be: gegnen wir in Europa überall, mit alleiniger Ausnahme zweier Kleinſtaaten, welche von den national verſohnlich Geſinnten jederzeit als Muſter und Beiſpiel angerufen werden. Ich meine die Schweiz und Belgien. In der
helvetiſchen Republik beruht aber das treffliche Einver ſtändnis zwiſchen den Schweizern deutſcher, franzöſiſcher
und italieniſcher Nation vornehmlich auf der Thatſache der fantonalen Selbſtſtändigkeit, welche man mit Recht Auslaud 1886, Nr. 7.
Andererſeits ſehen wir in Belgien genau die
aber verſchiedener kultureller Bedeutung zuſammengefunden, und body wurde ſeit dem Beſtande des Königreiches die
Nationalitäten- und Sprachenfrage niemals aufgeworfen. Selbſt zur Zeit, als Kaiſer Napoleon III. ſein Nationali: tätenprinzip in die Welt ſchleuderte, wurde Belgien von dieſer modernen Krankheit der Staaten in gar keiner Weiſe berührt. Die Vlämen und Wallonen leben hier ruhig und
friedlich nebeneinander, und der gemeinſame Name „ Bel gier“ wird von beiden Völkern mit gleichem Stolze ge tragen.
Außerhalb Belgiens iſt faſt allgemein die Anſicht ver breitet, das Königreich ſei ein franzöſiſches Staatsweſen. Dieſe Anſicht iſt ebenſo unrichtig, wie jene, welche dem
belgiſchen Staate einen vlämiſch -germaniſchen Charakter beilegen wollte. In keiner Weiſe hat eine Amalgamierung der beiden Nationen ſtattgefunden, und wenn troß dieſer Thatſache der belgiſche Staat äußerlich einen franzöſiſchen Charakter an ſich trägt, ſo findet dieſe Erſcheinung ihre 19
Der Volfscharakter der Vlämen und Wallonen.
122
Erklärung in einer gewiſſen Aſſimilierungsgabe der Vlämen. Wie alle Völker germaniſcher Naſſe, beſißt der Vläme eine
bedeutende ſprad lide Geivandtheit, die ihm geſtattet, die Sprachen ſeiner Nachbarvölfer mit ebenſo viel Leichtigkeit, wie Gründlichkeit zu erlernen .
Man hat die Beobachtung
gemacht, daß die germanijde Naſje einen gewiſſen Trieb beſikt, ſich fremde Idiome anzueignen, und einen Stolz dareinſekt, dieſelben neben der Mutterſprache zu ſprechen . Dieſe germaniſche Charaktereigenſchaft iſt in dem Vlämen hochentwickelt. Er beſchränkt ſich niemals auf ſein natio: nales Idiom , weldes in der Sdriftſprade dem Holländi
auszeichnet. Durch den fortwährenden Kontakt mit dem Franzoſentum iſt er ſelbſt zum halben Franzoſen geworden, deſſen Lebensfreude er ganz in ſich aufgenommen, deſſen beſchränkten politiſchen Horizont er ſich aber gleichfalls angeeignet hat. Es iſt ganz wunderbar zu ſehen, wie der Einfluß der romaniſden Haſſe den germaniſchen Charak: ter der Vlämen modifiziert hat. In den Niederlanden iſt der induſtrielle Geiſt hod) ausgebildet.
Die allgemeine
Biltung hat dort die größten Fortſchritte gemacht, und wie die Deutſchen , ſtehen auch die Holländer auf einer hoben Stufe der Intelligenz.
In dem Augenblicke aber,
betrachtet die
wo wir wenige Meilen ſüdlicher gehen, gelangen wir, ob
Erlernung der franzöſiſchen Sprache als eine förmliche
wobl wir noch immer dieſelbe Sprade hören und demſelben
Lebensnotwendigkeit.
Menſchen dylag begegnen , zu einer ganz veränderten Situa tion. Der belgiſde Vläme intereſſiert ſidy blos für die Vor: gänge in den beiden flandriſchen Provinzen , gerade ſo, wie die große Mehrheit des franzöſiſden Volfes für nidits anderes ein Intereſſe beſißt, als für die Vorgänge in Paris . Er beſißt merkwürdigerweiſe nidit den geringſten Hang zur
ſchen vollkommen gleid kommt, ſondern
Im Verkehre mit ſeinen walloniſdien
Staatsgenoſſen und mit Fremden bedient er ſid, niemals einer anderen als der franzöſiſchen Sprache, und dieſem Umſtande iſt es wohl zuzuſchreiben, daß man Belgien zum franzöſiſchen Sprachgebiet redynet. Der Wallone hingegen , welcher eine Abart des franzöſiſchen Volksſtammes bildet, iſt in ſprachlicher Beziehung ebenſo beſchränkt, wie der
Er beſißt keinerlei Aſſimilationsfähigkeit und
Bildung, und in dieſer Hinſicht repräſentiert der Vläme eine merkwürdige Ausnahme unter allen germaniſchen Volfern .
Sprachentalent. Er überwältigt irgend eine andere, als die franzöſiſche Sprache nur mit der allergrößten Mühe und befißt überhaupt ſehr ſelten die Ausdauer, eine fremde
Apathie des vlämiſden Volfes eine formlide Unterrichts miſère, welde bei der herridenden ,,Sdulfreiheit " in Bel
Sprache gründlid ) zu erlernen. Während man alſo in rein vlämiſchen Bezirfen , wie in Gent, Brügge und Ant
gien das Reſultat zu Tage fördert, daß zwei Drittteile des vlämiſchen Volkes zu den Analphabeten gehören. Der
werpen, überall neben dem Vlämiſchen die franzöſiſche Sprade hören kann, iſt im walloniſden Spradgebiet, in Lüttich, Verviers und in den Ardennen , die vlämiſche
geiſtige Stillſtand dieſes germaniſchen Volkes manifeſtiert
Franzoſe.
Gerade in den flandriſchen Provinzen herrſcht infolge der
erſten auffälligen Charaktereigenſchaften, welche die beiden,
ſich aber nicht blos in dem Mangel jedes Unterrichtes, ſondern aud, in dem Abgang aller (driftſtelleriſchen Thätig keit. Wenn wir überhaupt von einer vlämiſden Littera tur ſprechen wollen, ſo kann man hödyſtens Hendrid Con ſcience, einen Abkommling franzöſiſcher Raſie, als Repräſen :
das politiſche Belgien bildenden , ganz verſchiedenen Völker
tanten derſelben anſehen. Zweifellos iſt dieſe Gleichgiltigkeit
raſſen angehörigen Nationen ſo merkwürdig unterſcheiden. Wenn wir an der Thatſache feſthalten, daß die
des vlämiſden Volkes in Sachen der allgemeinen Bildung auf die Rechnung des walloniſchen Einfluſſes zu ſeßen. In den walloniſchen Gebieten begegnen wir in geiſtiger Beziehung genau denſelben Erſcheinungen, welche Frankreid, darakteriſieren. Der Wallone empfindet eine beſondere
Sprache durchaus unverſtanden. In dieſen allgemeinen ſprachlichen Verhältniſſen des Königreiches liegen alſo die
Vlämen dem germaniſchen , die Wallonen dem romaniſchen
und ſpeziell dem franzöſiſchen Volfstum angehören, ſo iſt damit die natürliche Erklärung für die Verſchiedenheit der Charaktereigenſchaften dieſer Völfer von ſelbſt gegeben. Nur dürfen wir dabei niemals aus dem Auge verlieren, daß wir es hier keineswegs mit reinen Raſſen zu thun haben , ſondern mit Völkern , welche infolge einer mehr hundertjährigen Zugehörigkeit zu einem und demſelben Staatsweſen förmlich in einander verwachſen find. Wir
begreifen daher, daß der Vläme den germaniſchen Volks charakter ebenſo wenig vollſtändig an ſich trägt, wie der Wallone den romaniſchen. In dieſen beiden intereſjanten Volksſtämmen erſcheinen uns die phyſiſchen und intellek tuellen Vor- und Nachteile ihrer urſprünglichen Raſſe ins: geſamt abgeldwädyt und zu einem ganz neuen Volfsdjarakter
verſchmolzen. Wir ſehen den Vlämen in keiner Weiſe auf jener Höhe der Bildung, der Arbeitskraft und des geiſtigen Lebens, welche die übrigen germaniſchen Völfer, vornehm: lid Deutſchland und das ganz ſtammverwandte Holland,
Scheu vor der Schule, und iſt überdies durch einen fana
tiſchen Klerus in ſeinem ganzen öffentlichen und Familien leben ſo ſehr beherrſcht, daß wir uns über die geiſtige
Verkümmerung dieſes ſonſt talentvoll angelegten Volfes und ſeinen Einfluß auf den vlämiſden Volksſtamm wohl
nidyt wundern dürfen. Die hervorragendſte Charaktereigenſchaft des vlämiſchen Voltsſtammes, welche ihn ſehr zu ſeinem Nachteile von
ſeinen niederländiſchen Stammesgenoſjen im Norden unter: ſcheidet, bildet der Hang zur Trunkſudyt. Der Holländer verabſdheut, wenn wir von dem Matroſenvolfe abjeben, den Alkoholismus, und die Nüditernheit iſt vielleidyt nir
gends in ſo hohem Grade beim niederen Volke anzutreffen, als in den großen niederländiſchen Städten. Allein in Antwerpen ſehen wir bereits eine Steigerung der alko holiſtiſchen Einflüſſe, und je tiefer wir in die flandrijden
Der Voltscharakter der Vlämen und Walonen .
Provinzen eindringen, deſto verderblicher erſcheinen uns die Wirkungen der Trunfſucht. Der Wallone, welcher im allgemeinen eine ausdauerndere Arbeitskraft repräſentiert,
als der Vläine - die großen Eiſenwaren - Fabriken in Seraing, bei Lüttich, und die Kohlen - Bergwerke im Henne gau beſchäftigen faſt ausichließlich walloniſche Arbeiter --hält ſid) vom übermäßigen Genuſie geiſtiger Getränke fern und weiſt auch das Eindringen des Abſinthes zurück, .
welder bekanntlich von ſeinen franzöſiſchen Stammesge noffen in bedeutenden Quantitäten fonſumiert wird. Wir
ſtehen hier vor einem doppelten ethnographiſchen Rätſel :
die ſonſt ſo nüchterne germanijdje Raſie finden wir dem Alfoholgenuß ergeben, während die ſonſt viel trunkſüchti gere romaniſche Raſſe ihn verabſcheut. Mit dieſer merk: würdigen Erſcheinung, deren Erklärung nicht Sache dieſes Aufſabes ſein kann, hängen alle Lebensgewohnheiten der beiden belgiſden Volkeſtämme auf's innigſte zuſammen . Wir begreifen jeßt, warum die walloniſden Gegenden des Königreiches die Hauptſtätten der großen belgiſchen Indu:
123
aufzutreten . Es iſt dies umſomehr zu bedauern , als der vlämiſche Volksſtamm infolge ſeiner Trunkſucht allmählich ſeiner beſten Eigenſchaften verluſtig gebt und von den Wallonen in geiſtiger, materieller und politiſcher Abhängig keit gehalten wird. Glüdlicherweiſe kompenſiert eine Fülle trefflider Cha
raktereigenſchaften das Laſter der Trunkſucht im reichſten Maße und in dieſer Richtung ſtehen die Vlämen hinter den Wallonen in keiner Weiſe zurück. Was beide Volks : ſtämme in gleich hohem Maße auszeichnet, iſt ihre glühende
Liebe zur Freiheit und zum Vaterlande. Obwohl die monarchiſche Regierungsform von vielen Staatsrechts lehrern als ein Hemmſchuh für die Entwickelung einer ausgedehnten Volksfreiheit betrachtet wird, ſo kann man doch mit Recht behaupten, daß nirgends die individuelle
Freiheit geachteter erſcheint, als in Belgien. Der Vläme wie der Wallone iſt auf ſeine Freiheit eiferſüchtig bis zum Uebermaße und er verträgt alles eher, als auch nur die
geringſte Beſchränkung ſeiner Nechte. Selbſt den Erzeß
nahme der Stadt Gent ſich in materieller Hinſicht im
der Freiheit duldet er, um ja nicht dem Vofsgeiſt irgend: welche Zügel anlegen zu müſſen , und in dieſem Uebermaß
ſtetigen Niedergange befinden. Speziell die Provinz Weſt Flandern mit der Hauptſtadt Brügge iſt gänzlid herab
der Freiheit liegt eine große Gefahr für die geſunde gei ſtige Entwickelung der beiden Volksſtämme. Während man
gekommen und bietet ein Bild der vollſtändigen geiſtigen und materiellen Zerſtörung. Der Alkoholismus iſt eine förmliche Geißel für den vlämiſchen Volksſtamm geworden, in deſſen Mitte er unglaubliche Verheerungen anrichtet. Wenn man die eigentlichen Wirkungen der vlämiſchen Trunkſucht beobachten will, ſo muß man ſein Augenmerk nicht bloß auf die großen Städte, ſondern auch auf das
in Deutſchland und Deſterreich längſt dazu gekommen iſt, im Intereſſe der allgemeinen Bildung das Beſtimmungs
ſtrie bilden, während die flandriſchen Provinzen mit Aus
flache Land richten. In den ſogen. Bourgs pourris der flan driſchen Provinzen gibt es oft weder Menger noch Bäder, weil die Bauern für dieſe Bedürfniſſe ſelber ſorgen , aber eine Schänke iſt in dem kleinſten Dorfe zu finden. Der Sonntag, wenn er gar noch ein Kermeßtag (Kirchmeßtag) iſt, ſchafft ganze Scharen von Trunkenbolden , weldie ihren leßten Centime in die diverſen Schänken tragen. Wie tief die Sdheidung der beiden belgiſchen Volksſtämme in der Alkoholfrage geht, und wie ſehr gerade der vlämiſche Volksſtamm unter den Wirkungen geiſtiger Getränke leidet, fann man am beſten in der Hauptſtadt ſelbſt beobachten.
Die Stadt Brüſſel iſt troß ihres durchaus franzöſiſchen Charakters keine rein franzöſiſde Stadt, ſondern enthält bei 500,000 Einwohnern etwa 100,000 Vlämen , welche zumeiſt in demſelben Stavtviertel, dem Quartier de la Rue Haute, dem Quartier du vieur Marché und in den umliegenden Stadtteilen wohnen. In dieſen vlämiſden
Stadtteilen liegen die meiſten Shänken , welche niemals des Zuſpruchs entbehren. Am Sonntage trifft man im vlämiſchen Stadtviertel auf zehn Paſſanten je einen Be: trunkenen, während in den franzöſiſchen Stadtteilen von
recht der Eltern gegenüber den Kindern in dem Sinne einzuſchränken, daß der Staat die Kinder vom 8. bis zum 14. Lebensjahre in ſeinen Unterricht nimmt, dürfte keine auch noch ſo liberale Regierung in Belgien den Verſuch
wagen, hier den obligatoriſchen Schulunterridit einzuführen. Man würde darin eine Beſchränkung der elterlichen Rechte erblicken und die überzeugungstreueſten Liberalen würden nicht ermangeln, derlei Projekte zu Falle zu bringen. Ge wiß iſt eine ſolche Richtung des Freiheitsſinnes ſcharf zu tadeln, allein die Freiheit hat, wie alles Gute in der Welt, ihre Auswüdyſe, die wir mit in den Kauf nehmen müſſen . Dafür iſt der belgiſdye Boden ein bequemes Aſyl für
Fremde, welche hier ihren Lebensunterhalt finden. Der Belgier, Vläme jo gut wie Wallone, faßt ſein Territorium durchaus nicht, wie ſo viele andere Völker, als einen nationalen Boden auf, der bloß beſtimmt iſt, ihn ganz allein zu ernähren. Er nimmt den Fremden freudig auf und gewährt ihm alle jene freiheitliden Rechte, die er ſelbſt genießt. Nur die Schweiz und die Vereinigten Staaten von Nordamerika fönnen ſid, rühmen , die Gaſt freundſchaft in gleich hohem Maße zu üben, wie die Belgier. Auch der fonfeſſionelle linterſchied iſt hier troß der Fröm
migkeit des Volkes niemals zum Anlaß der geringſten Beläſtigung gemadit worden. Der Proteſtant und Jude
dieſen betrübenden Erſcheinungen nichts zu ſehen iſt. Leider
lebt in der Mitte dieſer ganz fatholiſchen Bevölkerung ſo behaglich wie unter ſeinen Glaubensgenoſſen, und niemals wird er aus dem Munde eines Belgiers die geringſte ver
will die Regierung aus fiskaliſchen Gründen noch immer nicht daran denken, mit Energie gegen den Alkoholismus
Ronfeſſion vernehmen. Dieſe nationale und konfeſſionelle
leßende Aeußerung in Rüdjicht auf ſeine Nation oder
Neuere Berichte über Mambodicha.
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Toleranz iſt dem belgiſchen Volfe um ſo höher anzuſchlagen , als das leştere im gegenteiligen Falle faum irgendwelche
deihen und wird mit Stolz auf die Driginalität der bei
Repreſſalien zu fürchten hätte. Der Belgier ſelbſt bleibt in ſeinem Vaterlande, das er viel zu ſehr liebt, um in
die Germanen des Tacitus' mit all ihren Tugenden und Fehlern durch die Jahrhunderte unſerer Geſchichte weiter
der Ferne ſelbſt eine beſſere Eriſtenz begründen zu wollen.
lebten .
den Völker bliden , in welchen die Gallier Cäſar's und
Der Vläme wie der Walone hängt an ſeiner Scholle, die er mit glühendem Patriotismus liebt und von der er ſich nur trennt, wenn ihn die bitterſte Not dazu treibt. Nody ein Moment möchte ich in dieſer kurzen Skizze
Nenere Berichte über Kambodſcha.
hervorheben , welches namentlid, das vlämiſche Element charakteriſiert: die Lebensfreudigkeit. Während der Wallone
feine gegenwärtigen Zuſtände fügen wir noch einige neuere
Den jüngſt gegebenen Nachrichten über Kambodſcha und Bemerkungen aus dem vorigen Jahre an, welche wir den
in ſtiller, bedächtiger Arbeit Reichtümer ſammelt, iſt der Vläme ein Freund von Vergnügungen, denen er leider oft genug die foſtbare Arbeitszeit opfert. Dieſer Charakter eigenſchaft entſpricht es, wenn das vlämiſche Volk an der althergebrachten Sitte der „ Kermeſſe" (Kirdomeßtage) wie an einem Heiligtume feſthält. In dem kleinſten vlämi
Reis das Hauptnahrungsmittel nicht nur der Kambodſchier,
ſchen Dorf muß wenigſtens eine ganze Wode lang im
ſondern aller Völker des äußerſten Drients. Vom Monat
Jahre der Kermeß in würdiger Weiſe gefeiert werden . Der Kermeß iſt ein Sammelſurium von allerlei Vergnü gungen , welche man dem Volke gerne gönnen würde, wenn
Dezember an organiſieren ſich die Fiſchereien und man
Berichten des Vicomte de Chabannes an die „ Pariſer Ge
ſellſchaft für Handelsgeographie“ entnehmen : Der Haupterwerbszweig des Landes iſt der Fang und das Einſalzen von Fiſchen. Gefalzener Fijd bildet nebſt dem
beginnt den Strom und ſeine Nebenflüſſe mit unzähligen Fiſcherbarken bedeckt zu ſehen, und der See wimmelt von
ſie nicht eine üble Wirkung auf die Arbeitskraft ausüben Solange dieſe dem germaniſchen Volkstume entſpringenden Feſtlichkeiten dauern, denkt der Vläme an
Hütten , welche auf den in den Grund eingetriebenen Bambuspfählen errichtet werden und ganze Fiſcherdörfer
feine ernſte Arbeit, ſondern ſchlendert Tag und Nacht in den Marktbuden und Tanzböden herum. Man hat in
vermag allein einen Begriff von dem Fiſchreichtum zu
würden .
Belgien die Beobachtung gemacht, daß die Kermeßfeſte jedesmal eine Verwilderung der vlämiſchen Bevölkerung hervorrufen , weshalb die Behörden beſtrebt ſind, dieſe Vergnügungen abzukürzen. In den meiſten Gegenden dauern die Kermeſſe bloß noch einen Tag, mit Ausnahme
der ſtädtiſchen Rermeſſe, welche ſich noch immer über Wochen erſtrecken . Der Vläme hält eben an ſeinen Kermeſſen feſt wie an einer heiligen Tradition, und würde ſein geliebtes
bilden.
Der wunderbare Fiſdizug der Heiligen Schrift
geben. Man ſieht um die Fiſcher herum eine Menge von wahrhaften Aehrenleſern, welche nicht die Mittel habe ſich einen Anteil an dem Neße zu ſichern , und die nun in Körben die Fiſche fammeln, welche über das Neß hinaus ſpringen Sobald die Boote gefüllt ſind, bringen ſie den Fiſch
an's Land, wo ein ganzes Heer von Arbeitern dieſen er wartet. Der Fiſch wird geſpalten, ausgeweidet, die Gräten herausgenommen und der Fijd dann in große, mit Salzlake
belgiſdes Vaterland nicht mehr erkennen , wollte man
gefüllte Gruben geworfen, worauf er am folgenden Tage auf
ihm ſeine nationale Freude irgendwie verderben .
Bambusgeflechten ausgebreitet und an der Sonne getrocknet
Mit der Zeit dürfte wohl eine Verſchmelzung der
wird. Iſt das geſchehen , ſo wird er in Säcken , Ballen
beiden Volksſtämme in Belgien vor fid gehen. Man hat aber Unrecht, zu glauben, die überlegene franzöſiſche Zivili ſation werde den vlämiſchen Volksſtamm jemals ganz
oder Körben u. f. w. oder loſe nach Singapur oder Hongkong
abſorbieren.
deren Abfälle und Gräten beinahe gar nicht benüßt wer : den und doch zur Bereitung von Thran, Leim und Dünger
Daran iſt bei der großen Verſdiedenheit der
beiden Volfscharaktere nicht zu denken . Beide Volksſtämme
verſchickt.
Man fängt jährlich etwa 25,000 Tonnen Fiſche,
beſißen ihre beſondere geiſtige Drganiſation, welde ſich in allen Lebensbeziehungen äußert. Das moderne Belgien aber hat aus den großen Eigenſd ;aften ſeiner beiden Na
benüßt werden könnten .
tionen , welche ſich ſo ſichtbar an das deutſche und fran: zöſiſche Volk anlehnen, bisher den größten Vorteil gezogen . Dieſer Dualismus im Volkstume bedeutet zugleich eine
des ein Alluvialboden , wie er für den Landbau nicht
Stärke und eine Schwäche - eine Schwädie, wenn die
20—30 m. Man kann ſagen, daß darin alles gedeiht
Politik des Staates jemals darauf gerichtet ſein ſollte, einen Volksſtamm dem andern zu opfern ; eine Stärke, wenn jede Nation in ihrem freien Entividelungslauf un
oder gedeihen kann, wenn man den Boden nach Maßgabe des Bedarfs des Gewächſes behandelt. Man trifft hier die Banane, die Cocos:, die Arefa-Palme, die Baum
behindert bleibt. Indem der Staat dieſe Entwickelung
wollenſtaude, die Ingwerpflanze, die Curcuma 2c.; allein
begünſtigt, erhöht er ſein materielles und geiſtiges Ge
alle dieſe Gewächſe, ſo einträglich ſie auch ſind, werden
Der Boden von Kambodſcha gehört zu den reichſten und fruchtbarſten und iſt im ganzen ebenen Teil des Lan
günſtiger gewünſcht werden könnte. Die Mächtigkeit der Humusſchidyte iſt bedeutend und überſteigt an vielen Stellen
Neuere Berichte über Kambodſcha .
nur im kleinen angebaut. Cocos- und Arefa-Palmen er tragen per Hektare jährlich 3000, Bananen 2500, Ingwer
5000 Franken. Würde man aber dieſe Ziffern zur Grund lage einer großartigen Ausbeutung machen, ſo würde man ſich einer großen Verrechnung aufſeßen, denn die Mehr zahl dieſer Erzeugniſſe dürfte in Wirklichkeit, wenn in zil großer Menge auf den Markt geworfen, die Preiſe fühl bar herunterdrücken .
Der Anbau im großen iſt in Kambodicha unbekannt, ausgenommen vielleicht für den Reis, welcher ſtellenweiſe im großen Maßſtabe angepflanzt wird. Die Gelegenheit zum großartigen Betriebe des Landbaues fehlt aber nicht und kein Land iſt zu deſſen Aufnahme mehr geeignet. Der Ricinus wächſt hier wild , Pfeffer und Tabat werden in der Gegend von Kampot gebaut ; der Indigo
iſt hier ſchöner als in Indien und gibt zwei Sdnitte mehr, und der Mohn gedeiht hier vorzüglich. Es wäre endlich
vom höchſten Intereſſe, hier Getreidearten anzubaven und fünſtliche Wieſen anzulegen, und ich bin überzeugt, daß
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denn der Kambodſchier iſt zwar ſanft, nüchtern und ehrlich, aber wenig zum Feldbau aufgelegt. Die Haupturſache davon liegt an der inneren Organiſation, welche dieſes Land ſeither gehabt hat. In Wirklichkeit gehörte der Boden dem König und der Bauer war niemals verſichert, daß
ſeine Söhne von ſeiner ſchweren Arbeit Vorteil haben würden, und andererſeits war er von Steuern und Er preſſungen niedergedrüdt: wenn die Erntezeit fam , mußte er dem König 10 Prozent, den Miniſtern 10 Prozent, dem Gouverneur der Provinz 10 Prozent, dem der Stadt 10 Prozent und dem des Dorfes 10 Prozent geben u. ſ. w. Die natürliche Folge dieſes Zuſtands der Dinge war, daß der Bauer nur das zu ſeinem Unterhalt unumgänglich Not wendige anbaute und daß zehn Prozent des baufähigen Bodens brach liegen. Die Uebereinkunft, welche am 17. Juni 1884 zwiſchen
Thompſon, dem Gouverneur von Cochinchina, und dem König Norodom abgeſchloſſen wurde, und die neue Ver faſſung, welche der Folgeſaß der leßteren iſt, werden dieſe Beſtrebungen günſtig modifizieren , indem ſie das Grund
dieſe Verſuche gelingen würden. Alles Mehl, welches man in Indochina verbraucht, wird eingeführt, und ich brauche
eigentumsrecht feſtſtellen und die Verteilung des veräußer
daher nicht auf die Wichtigkeit hinzubeuten , welche der
lichen Teils des Grund und Bodens unter die Arbeiter,
Getreidebau erhalten wird.
welche den Boden bebauen, verfügen. Wenn das Land nach den franzöſiſchen Geſeßen verwaltet wird, iſt es nicht mehr der Tyrannei ſeiner Mandarinen ausgeſeßt und die Abſchaffung der Sklaverei wird die lebendigen Kräfte der kambodſchiſchen Nation entwickeln. Die für den Bergbau
Der Hafer iſt ebenfalls ein abſolutes Bedürfnis. Man bat in Indochina nur Ponies von m. 1.20 Höhe, welche zwar kräftig, aber von viel zu kleiner Statur ſind, um namentlid in militäriſder Hinſicht wichtige Dienſte zu leiſten. Die Pferde, die man aus Auſtralien und Al gerien eingeführt, verfallen bald der Blutarmut, gedeihen
günſtige Region iſt noch unerforſcht, ſoll aber Lagerſtätten
Kambodſcha. Die Engländer füttern nämlich ihre Pferde mit Hafer, während die Kambodſdier ihnen Paddy (un
von Gold und Kupfererzen enthalten. Eiſenſteingruben werden ſchon jeßt von den Eingeborenen ausgebeutet. Die Wälder Kambodſcha's fönnen zu den ſchönſten der Welt gerechnet werden , ſowohl was die Schönheit der Bäume, als was den Reichtum an Arten betrifft. Allein ſolange
enthülſten Reis) geben, ein erhißendes und zur Entwicke
keine Straßen vorhanden ſind, welche das Holz bis zum
lung der Muskeln wenig geeignetes Futter. Man muß daher in Kambodſcha Hafer bauen, um Pferde zu be
Waſſerrande zu ſchaffen erlauben, wird man nur die an den Strom und ſeine Zuflüſſe grenzenden Teile des Wal
fommen .
des auszubeuten imſtande ſein.
aber in Calcutta und Bengalen vortrefflich , weil ſie ein geeigneteres Futter bekommen, als in Cochinchina und
Die Rindviehzucht iſt eine Frage, welche ſich von felbſt aufdrängt.
Seither hat Rambodſcha ſidh reichlich
aus Cochinchina mit Rindvieb verſehen ; da aber hier die
Erzeugung nicht gleichen Schritt mit dem Verbrauch hält, ſo erſchöpft ſich der Vorrat in einer Weiſe, welche der Regierung Beſorgniſſe für die nächſte Zukunft ein flößen muß. Das fambodichiſche Rind iſt von guter Qualität, aber kleiner Geſtalt und ſchlecht genährt, denn es äſt ſich nur auf der Weide. Durch die Kreuzung des Hausrindviehs mit dem wilden Stier erlangt man eine ſehr ſchöne Raſſe, welche viel größer und ſchwerer iſt als die gegenwärtige. Herr Pavie hat zwei Eremplare davon auf die Antwerpener Ausſtellung geſchickt, aber ſie ſind leider beide auf der Reiſe geſtorben. In Viehzucht wäre
Die Bemühungen der Franzoſen in Kambodſcha müſſen daher für den Augenblick auf die Bebauung ſeines herr lichen Bodens und die Ausbeutung der Großgewerbe ge richtet ſein, welche dazu dienen, die zahlreichen Erzeugniſſe des Landes zu verwerten . Später, wann erſt die erfor
derlichen Verkehrsmittel und Straßen hergeſtellt ſein wer den, kann die Ausbeutung der Bergwerke und der Wälder für die Thatfraft und das Kapital der Europäer ein weites Feld der Wirkſamkeit werden.
Um die Entwickelung des Landes zu fördern, braucht der Gouverneur nur Verkehrswege zu ſchaffen, die Fluß: ſchifffahrt leichter und ſicherer zu machen und das flüſſige
Kapital zu ermutigen, ſich in Kambodſcha anzulegen. Die Frage der Verkehrsmittel bringt mich darauf, dem fran:
jedenfalls franzöſiſches Kapital mit Vorteil anzulegen.
zöſiſchen Rapital noch eine andere Verwendung nachzuweiſen,
Die Handarbeit iſt in Kambodſcha verhältnismäßig teuer (70 Centimes per Tag) und dwer zu bekommen,
nämlich die Schaffung einer Flußſchifffahrts -Geſellſchaft. Der Schiffsverkehr in Kambodſcha wird gegenwärtig durd)
Uusland 1886, Nr. 7 .
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Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Kiiſtenländer.
die Compagnie des Messageries fluviales de Cochin chine beſorgt, welche vier Schiffe zu einem halbmonat:
Zuſtände nicht ausſchließlich von der geographiſchen Lage und von den ethnographiſchen Verhältniſſen reſſortieren,
lichen Dienſte ausgeſchickt hat. Dieſe Schiffe ſind aber
ſondern weil dabei auch der geologiſche Aufbau des be
das Ungenügendſte und das Ungeſchickteſte, was man zu
treffenden Gebietes eine Rolle ſpielt.
einem derartigen Dienſte auserſehen konnte. Bei einem Tiefgang von zwei Metern ſind ſie häufig gezwungen, vom 15. Januar an ihren Dienſt oberhalb Phnom Penh zu unterbrechen , d. h. gerade von dem Zeitpunkte an, wo
Die Gebirge der öſterreichiſchen Küſtenprovinzen ſind ein Zweig des Alpenſyſtems im weiteren geographiſchen
der Fiſchfang in höchſter Thätigkeit iſt und einen bedeu tenden Warenverkehr hervorruft. Da ſie den See von Anfang Januars an nicht mehr befahren können, ſo laſſen
ſie gerade im Augenblick der Reisernte die beiden reichen Provinzen Battumbang und Siun Réap ohne Verbindung mit Phnom Penh. Endlich bieten ſie in einem Lande, wo
die Leute leicht und oft ihren Aufenthalt wediſeln, den
und geologiſchen Sinn und weiſen vielfach eine Ueberein ſtimmung des Baues, beſonders mit den Südalpen, auf, obgleich nach neueren Anſichten (von Sueß) dieſe zuweilen
auch mit dem Namen der dinariſchen Ketten belegten Ge: birge ſich auch mit dem Syſtem des Kleinaſiatiſchen Taurus zu einem geologiſchen Ganzen verknüpfen laſſen. Wie dem aber audy ſei, ein Syſtem meiſt ſchief geſtellter, nad der adriatiſchen Seite zu überſchobener Falten beherrſcht die Tektonik jenes Gebietes und bisweilen ſtellen ſich dieſen
zahlreichen Dedpaſſagieren nur wenig Naum und das mangelhafteſte Unterkommen. Eine Geſellſchaft, welche einen regelmäßigen Dienſt
vorhandenen Störungen ein. Der oft ſehr ſchroffe Ab
mittelſt Raddampfern in Verbindung mit Schleppſchiffen ein
innig, hängt faſt organiſch mit jenen Schichtenſtörungen
richten würde, nad Art derjenigen , welche die Engländer für den Theehandel in Aſjam und für den Dienſt auf dem frawaddy eingerichtet haben, würde ſich all das zu
zuſammen.
Falten parallele Längsbrüche als eine Komplikation der ſturz der dalmatiſchen Berge nach der Küſte zu hängt
Was nun die Formations- oder Geſteinsglieder an geht, welche den weſentlichſten Anteil an der Zuſammen
Nuße machen, was der gegenwärtigen Geſellſchaft an Ge
jeßung der in Rede ſtehenden Gebirge haben, ſo erſcheinen
winn entgeht, und ſich des ganzen Paſſagier-Verkehrs be mächtigen . Das iſt in möglichſt wenigen Worten der Inbegriff
meiner Beobachtungen und der Erkundigungen, welche ich
als älteſtes Formationsglied an der Oberfläche gewiſſe Schiefer und Sandſteine vom Alter der ſogen. Kohlen formation. Indes treten dieſelben nur an relativ wenigen Bunkten des kroatiſchen Küſtenlandes auf, und es verdient
während meines Aufenthaltes in Kambodſcha aus den beſten Quellen geſchöpft habe. (G. g. )
Kompley nicht gefunden werden. Darüber folgen dann,
bemerkt zu werden, daß Steinkohlen in dieſem Schichten
ſchon etwas weiter verbreitet, Sandſteine und Schiefer von
Der geologiſche Bau der öſterreichiſden Küftenländer. Von Dr. G. Weisbrodt .
Seit einer Reihe von Jahren exiſtiert in Wien, zu
nicht ſelten rötlicher Färbung, die auf den Karten unter dem Namen der Werfener Schichten zuſammengefaßt wer: den, und dieſe Schichten bilden die Grundlage für den Aufbau der außerordentlid, mädytigen Kalkentwidelung, welche als eigentlich charakteriſtiſcher Beſtandteil der öſter reichiſchen Küſtenländer zu gelten hat. In dieſer Kalkſtein
wiſſenſchaftlichen, aber auch zu geſelligen Zwecken, ein
entwicelung ſind Abteilungen der ſogen. Triasformation,
,,Wiſſenſchaftlicher Club " , deſſen Mitglieder ſid), um den beiden genannten Zwecken zu dienen, von Zeit zu Zeit zu
gemeinſamen größeren Ausflügen zuſammenfinden. So iſt
des Jura, der Kreideformation und auch des Alttertiärs oder Eozäns vertreten, der Jura allerdings nur ſporadiſc nadhgewieſen, die Trias: und Kreidefalfe am verbreitetſten.
denn vor ganz kurzem ein ſolcher gemeinſamer Ausflug, und zwar von Trieſt aus auf einem eigens gemieteten
genannten Bildungen gehörigen Schichten -Komplere von
Lloyd-Dampfer in Szene geſeßt worden , und dieſer Aus
einander zu unterſcheiden, denn es fehlt oft an den für
flug, ſoweit er wiſſenſchaftliche Zwecke verfolgte, hat in
eine genauere geologiſche Altersbeſtimmung wichtigen Ver
erſter Reihe der Erforſchung des geologiſchen Baues der dalmatiſchen Küſte gegolten und ſich dabei weſentlich an
ſteinerungen , und das trifft insbeſondere für die zur Trias gerechneten Kalke zu. Indes kennt man (beiſpielsweiſe
ein Itinerarium gehalten, welches eine Autorität auf dieſem
vom Dabalo Brdo bei Knin und zwiſchen Dernis und Sinj)
Gebiete und nicht bloß für Dalmatien , ſondern für die öſterreichiſchen Käſtenländer überhaupt, Dr. E. Tieße, zur Verfügung geſtellt. Und es mögen die betreffenden Ver: hältniſſe auch für weitere Kreiſe ein Intereſſe bieten , weil
deutliche organiſche Reſte aus dem Niveau des ſog. Muſchel
Es iſt nicht immer leicht, die zu den beiden leßt :
talks und in einer etwas jüngeren Triasablagerung (eben:
falls am Dabalo Brdo und bei Caſtel Laſtua, ganz im
überal die landſchaftlichen Eigentümlichkeiten einer Gegend
Süden Dalmatiens ) ſind bezeichnende Verſteinerungen aufgefunden worden. Relativ häufiger iſt das Vorkommen
nicht bloß von ihrem Klima und von der vom Klima ab hängigen Vegetation bedingt ſind, weil die wirtſchaftlichen
der merkwürdigen Nummuliten in dem Eozän -Schichten.
der ſogen. Rudiſten in dem Kreidefalt und das Auftreten
Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Küſtenländer.
Auf dieſer mächtigen Ralfſteinbildung, meiſt in bypſo metriſch tieferem Niveau zwiſchen den Kalkſteinfetten eins geklemmt und eingefaltet, lagern nun wiederum gewiſſe Sandſteine, Schiefer und Mergel, welche die Bewohner des Rüſtengebietes macigno oder tasello nennen und die dem Flyich der Alpen-Geologen, dem Karpathenſandſtein der Karpathen:Geologen, reſp. dem ſogen. Wiener Sandſtein des Wienerwaldes, alſo etwa den Bildungen am Rahlen: berg und Leopoldsberg, entſprechen oder doch wenigſtens
der jüngeren Abteilung dieſer Gebilde gleichſtehen. Das ſtellenweiſe Vorkommen dieſer Bildungen gibt Veranlaſſung
zu dem markanteſten landſchaftlichen Gegenſaß in den öſterreichiſchen Küſtenländern. Denn während die höher anſteigenden Kalkberge ſich durch idroffere Formen und durch ihre in den unbewaldeten Gebieten hervortretende hellere, weißliche oder graue Geſteinsfarbe, ſowie durch abſolute Sterilität auszeichnen, zeigen die aus Flyich be
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den heutigen Inſeln und dem Feſtlande Dalmatiens noch eine kontinentale Verbindung beſtand, die für jene Tiere
den Verkehr geſtattete. Dieſe Folgerung wird durch ge wiſſe Thatſachen aus der lebenden Welt von heute unter
ſtüßt. Die Uebereinſtimmung z. B., welche in der Land Conchylien - Fauna Dalmatiens ſpeziell mit derjenigen des Monte Gargano auf der gegenüberliegenden italieniſchen Küſte zu Tage tritt, weiſt ebenfalls mit einiger Wahr
ſcheinlichkeit auf eine kontinentale Ueberbrückung der heus tigen Adria in geologiſch junger Zeit hin, obſchon es in dieſem Fall natürlich nicht abſolut ausgeſchloſſen erſcheint, daß auf dem Umwege über die Nordküſte der Adria berum eine Wanderung der betreffenden Arten ſtattgefunden haben
kann . Aber jedenfalls haben ſich noch in hiſtoriſcher Zeit an den adriatiſchen Küſten Deſterreichs Vorgänge abgeſpielt, die in ähnlicher Weiſe wie zur Diluvialzeit in dem An ſteigen des Meeresſpiegels an dieſen Küſten, reſp. in dem
allmählichen Sinken des Feſtlandes ihren Ausdruc gefun
bräunliche Geſteinsfärbungen und, abgeſehen etwa von der aus lokalen Gründen weniger . fruchtbaren inner-iſtriſden Flyſchentwickelung, auch eine reichere Vegetation und bil nuovo an der Bocca di Cattaro) den Drt für eine ganze
den. Bei Trieſt, Pola und Zara hat man Neſte römiſcher Bauten (Mauerwerk, Mojaif- Fußböden ) und Sarkophage unter dem Niveau des Meeresſpiegels inundiert gefunden, und da die Römer dorthin nicht gebaut haben, müſſen feit der römiſchen Epoche entſprechende Veränderungen in
Reihe von Kulturen.
dem Verhältnis zwiſchen Meer und Feſtland Plaß ge
den vielfach (jo bei Miramar und Trieſt oder bei Caſtel
Von den Bildungen, die noch jünger ſind als der Flyſch bemerkt man zunächſt gewiſſe, der ſogen. Neozän formation angehörende Schichten , wie ſie bei Sinj und Dernis vorkommen ; ſie haben indes keine ausgedehnte Berbreitung.
Aber dann gelangen wir ſofort zu den Ab:
fäßen der diluvialen und der kantigen Epoche, und unter
*___
ſtehenden Hügel ſanftere Terrainformen, grünliche oder
griffen haben. Daß nun bei dieſen don in der diluvialen Periode bes
gonnenen Veränderungen oſcillatoriſche Bewegungen in der Art vorgekommen ſind, daß die Tendenz der Bewe man gung zeitweiſe ſogar eine umgekehrte geweſen möchte das aus dem Vorkommen gewiſſer jüngerer Con
dieſen jüngeren Abfäßen ſind als beſonders intereſſant
chylienbänke, z. B. bei Zara, über dem Meeresſpiegel ſchließen
eigentümliche Breccien zu nennen, 8. h. in dieſem Falle
- mag ohne weiteres zugeſtanden werden, aber das iſt
Trümmergeſteine, die aus heutigen und edigen Bruch
hier inſofern gleichgültig, als das ſchließliche Facit aller dieſer Vorgänge in ihrer kompenſierten Wirkung ein rela tives Sinken der Rüſten bedeutet. Welcher Anteil dabei der Variabilität des Meeresſpiegels und welcher Anteil
ſtüden der älteren Kalke beſtehen , wobei die einzelnen Stüde durch ein rotgefärbtes, eiſenſchüſſiges Bindemittel verfittet erſcheinen. In den Breccien liegen häufig zahl reiche Knochenreſte von größeren diluvialen Säugetieren : dem Pferd, dem Kind, dem Hirſd) und auch einer Art Rhinozeros zugehörig, und dieſe paläontologiſchen Funde haben zu bemerkenswerten Folgerungen bezüglich der Ges
ſhichte der adriatiſchen Gebiete Deſterreichs in der jüngſten
eventuell den Bewegungen des feſten Felsgerüſtes der Erdrinde zukommt, iſt freilich nicht leicht zu ermitteln . Im Bisherigen ſind die Hauptgruppen der ſedimen
tären Formationen genannt , welche in den öſterreichiſchen
geologiſchen Vergangenheit Anlaß gegeben, inſofern näm lid jene Knochen -Breccien nicht allein auf dem iſtrijd
Küſtenländern vorkommen ; es wird noch hinzuzufügen ſein, daß an einigen wenigen Punkten auch noch eruptive Ges ſteine auftreten, ſo bei Knin und Dſtaria in Dalmatien,
dalmatiſchen Feſtlande, ſondern auch auf den dieſem Feſt
am Vratnik bei Zengg, bei Faſcine und an einzelnen
lande vorliegenden Inſeln, z. B. Luſſin, Leſina und Spal
anderen Stellen des kroatiſchen Gebietes, bei Comiſe auf der Inſel Liſja und auf einigen naben kleineren Klippen (Scoglio Brusnik und Scoglio Pomo); dieſe Geſteine ge
madore, ſich gefunden haben .
Es iſt nicht gut denkbar,
daß die betreffenden Landtiere auf jene Inſeln gelangt ſind , während dieſelben noch den inſularen Charakter hatten ; es iſt nicht einmal gut denkbar, daß jene Tiere auf ſo kleinen Inſeln wie Spalmadore die erforderlichen natürlichen Bedingungen ihrer Eriſtenz gefunden hätten, und man hat daher aus dem Vorkommen ihrer Ueberreſte auf den Inſeln den Schluß gezogen, daß zur Zeit der Bildung der in Frage ſtehenden Knochen-Breccien zwiſchen
hören ihrem Alter nach meiſtens teils den Werfener Schich: ten, teils etwas jüngeren meſozoiſchen Niveaur an, ſind aber nirgends jünger als die Ralfſteine ihrer Umgebung. Damit ſind aber audy die ſämtlichen Bildungen erſchöpft, aus welchen ſich die öſterreichiſchen Küſtenketten aufbauen. Es fragt fid nun , welche Folgen für den wirtſchaft
lichen Zuſtand und für den landſchaftlichen Charakter des
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Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Riiſtentländer.
betreffenden Gebiets ſich aus den geologiſchen Verhältniſſen
ergeben, und dabei wird zunächſt hervorzuheben ſein, daß gerade die den meiſten der erwähnten Formationsglieder eigene Ausbildungsweiſe das Vorkommen nußbarer Mine ralien nur wenig begünſtigt.
Die großen meſozoiſchen
Kalkſteinmaſſen beiſpielsweiſe haben ſich dem Auffinden
keinerlei Ausſicht. Nur Kalkſteine ſind ſelbſtverſtändlich für Bauzwecke und dergleichen in genügender Menge vor handen und zwar in einer Art, daß ſie auch monumentalen Bauten dienen können .
Das Gebirgsſyſtem , mit welchem wir hier zu thun baben, iſt, wie aus dem Gejagten hervorgeht, weſentlich
von Erzlagerſtätten ebenſo hinderlich erwieſen wie in den
aus Kalken zuſammengeſeßt und dadurch wird der land
Alpen, und in dem triadiſchen Kompler Kroatiens und Dals
ſchaftliche Habitus des Landes zunächſt beſtimmt, wobei
matiens kommen nicht einmal die in den Alpen wenigſtens
ſtellenweiſe (z. B. bei Naibl) ſich findenden Zinkerze vor.
es allerdings ganz gleichgültig erſcheinen muß, ob dieſe Kalfe der Trias- oder der Kreideformation angehören.
Jüngere, der Tertiärzeit angehörende Eruptivgeſteine, wie etiva die in Ungarn ſo vielfach erzführenden Tradıyte, fehlen
birgen, ſehr zur Zerklüftung und er iſt außerdem eines
Der Ralt diſponiert, namentlich in ſo ſtark gefalteten Ge
gänzlich. Was das Vorkommen von Steinkohlen angeht,
der auflöslichſten Geſteine. Jedes, namentlich aber kohlen
ſo beſißen – wie ſdon weiter oben bemerkt wurde –- die
ſäurehaltiges Waſſer – und ein ſolches führen die meiſten
der Steinkohlenzeit angehörenden Vildungen , die ja auch
Quellen – iſt imſtande, eine gewiſſe Menge Kalk aufzu
in den Alpen nur ſelten und dann relativ wenig ſich durch Rohlenführung auszeidynen, keine Kohlenflobe: ein win ziges Flößchen Pechfohle bei Raſtel-Grab iſt nickt zu rechnen . Allerdings gibt es in Iſtrien und Dalmatien
löſen . Die Klüfte und Spalten verſchaffen dem Waſſer überall Zutritt in das Innere des Gebirges und überdies
Lagerſtätten von foffilem Brennſtoff, doch dieſelben gehören
viel jüngeren Formationen an . So fennt man unter dem Namen der liburniſden Stufe eine zwiſchen den Kreide und Eozänkalfen des Küſtengebietes ſich ſtellenweiſe ein ſchiebende Reihe von Süßwaſſerabfäßen , die z. B. bei
Albona in Iſtrien eine Anzahl minder mächtiger Kohlen flöße enthalten ; und auch in einer noch etwas jüngeren
eozänen Schichtenabteilung werden, z. B. am Monte Pro mina in Dalmatien , Rohlen mit einigem Erfolge ausgebeutet , aber im allgemeinen ſind dies untergeordnete Mengen , die
cirkuliert es auch zwiſchen den einzelnen Schichtbänken. Auf dieſe Weiſe entſtehen, durch Auslaugung, Hohlräume. Dieſelben erweitern ſich mit der Zeit zu Höhlen, an wel den Dalmatien (wir nennen nur die Verlicca- Höhle, die man wohl mit der Adelsberger Grotte verglidyen hat) ſehr reid, iſt, und dieſe Höhlen treten unter einander in Ver
bindung, ſo daß eine unterirdiſche Waſſercirkulation ent ſteht. Sind in ſolcher Weiſe einmal ganze Bäche gebildet, ſo wirkt das Waſſer nidit mehr bloß demiſch und auf löſend, ſondern auch mechaniſch, d. h. abwaſchend, und durch den Transport feſten ungelöſten Materials, und ſo er weitert ſich das Syſtem der unterirdiſchen Gänge fort und
höchſtens für den lokalen Bedarf eine Bedeutung haben,
fort, und man kann dann ſagen, in ſolchen Kalkgebirgen
und ohne dem abſoluten Wert der betreffenden Bergbaue
ſei die Eroſion vielfach in das Innere des Gebirges ver legt, während ſich in anderen Gebirgen die erobierende
zu nahe zu treten, darf man behaupten , daß dort die
Kohlenproduktion relativ, für die Induſtrie des ganzen Landes nämlich, keine genügende Ausdehnung hat. Einige der jüngeren Tertiärzeit angehörende Braunkohlen -Ablage
rungen kommen dabei noch weniger in Betracht, als die ſchon genannten Punkte bei Albona und am Monte Pro
Thätigkeit nur in der Ausfurchung oberflächlich ſichtbarer Schluchten kundgibt, und daraus entſtehen alle die Eigen tümlichkeiten der Karſtlandſchaften , deren typiſches Vorbild gerade die öſterreichiſchen Küſtengebirge ſind. Allerdings ſind Spuren dieſer Vorgänge faſt in jedem größeren Kalf
mina. Die marine Entſtehungsweiſe der Ralfe, die eigentüm liche Natur der Flyſchbildungen , die ſich bisher noch nirgends , weder in den Alpen und in den Karpathen , noch in Italien
ſüdweſtlichen Kleinaſien und in der Rette des Dalun Kuh
und dem Orient als beſonders kohlenreich erwieſen haben,
Karſtprozeſſes zu erläutern hat, wird man ſich in erſter
ſchließt das Vorhandenſein mächtiger und ausgedehnter
Linie immer auf die Kalkmaſſen der dinariſchen Alpen berufen.
Kohlenfloße in der Regel aus, und was die erwähnten
gebirge zu verfolgen : in Albanien , in Griechenland, im in Zentralperſien, aber wenn man die Beſonderheiten des
Braunkohlen -Bildungen betrifft, ſo können dieſelben don
Zu den Eigentümlichkeiten gehört übrigens, außer den
deshalb nur ein untergeordnetes und lokales Intereſſe be anſpruchen, weil der Raum, den die jüngeren Tertiärbil
ſoeben erwähnten Höhlen und unterirdiſchen Flüſſen, auch noch in großen Gebieten die ausgeſprochenſte Quellen
dungen in den betreffenden Landſtrichen einnehmen, ein ziemlich beſchränkter iſt.
armut, eine Armut, welche für zahlreiche Gegenden geradezu eine Waſſernot bedeutet und welche eine Hauptfalamität
Von ſonſtigen Mineralprodukten der Küſtenländer kann
nicht bloß für die Menſchen , ſondern audy für den Vieh ſtand iſt. Man kann das Vieh, das auf dem ſteinigen
wohl nicht geſprochen werden. Allerdings treten an einigen
Stellen im Flyſch Thoneiſenſteine auf, aberzu einer Aus beutung derſelben iſt es nie gekommen ,, und wenn im Be
Boden ohnehin keine geeigneten Weidepläße findet, nicht
Vitiche Ausídywißungen auf deren Verwendung
als höchſtens Schafe oder Ziegen zu halten , die ſid, mit dem Waſſermangel bequemer abfinden, die man aber oft
reiche der Kreidefalke vielfach a
bemerkt werden, ſo bietet ſidy
einmal genügend tränken, und es bleibt alſo nichts übrig,
Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Kriſtenländer. ſtundenweit zur. Tränke führen muß, wenn das Waſſer der wenigen Ziſternen oder kotigen Pfüßen nicht mehr ausreichen will. Ziegen und Schafe haben jedoch für die Bewohner manche andere Unannehmlichkeiten im Gefolge, denn dieſe beweglichen Tiere gelangen leicht überall hin und zerſtören gern die ſpärlichen Kulturen ; man iſt alſo genötigt, ihretwegen die kleinſten bebauten Parzellen mit Steinwällen zu umgeben, und das iſt eine Arbeit, die mit dem zu erhoffenden Ertrag in keinem Verhältnis ſteht.
Quellen treten bekanntlich überall dort auf, wo ent
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einer waſſerdurchtränkten Geſteinsſdicht. Bisweilen kommt es ſogar vor, daß derartige Quellen unter dem Niveau des Meeres hervorbrechen, wie zwiſchen Fiume und Volosca oder an der Küſte bei Zengg. Ohne die beſtändige, na
türlich unter einem hohen hydroſtatiſchen Drucke erfolgende Süßwaſſerzufuhr vom Gebirge her würde an ſolchen Stellen ſelbſtverſtändlich das Meer in das Innere des Gebirges eindringen. Das bekannte und vielbeſprochene Phänomen der Meermühlen von Argoſtoli ( Joniſche Inſeln ) bietet für die Möglichkeit eines ſolchen Eindringens in das Ralf
weder eine relativ undurchdringlidie Schicht bei geeigneter
gebirge den ſchlagendſten Beleg.
Neigung das aus höheren Regionen herabſickernde Waſſer
vor, daß aus irgend einem Grunde das in das Gebirgs innere eingedrungene Meerwaſſer dort der beſtändigen Ver minderung unterliegt, ſo muß auch der Zufluß von der See her
zum Austritt zwingt oder wo ein waſſerführender Spalt an der Oberfläche mündet, vorausgeſeßt, daß ein ſolcher
Stellt man ſid) nun
Spalt nicht zu tief unter die Oberfläche hinabreidit. Sit nun aber ein Gebirge ſo zerklüftet, daß alles Waſſer in die Tiefe ſinkt, ſo kann natürlid, an den Flanken des Ge birges nur ſpärlid Waſſer hervordringen. Viele Quellen entſtehen deshalb erſt an der Baſis der in den Küſten ländern ſo überaus mächtigen Kalkmaſſen, dort, wo die früher erwähnten Werfener Schichten zum Vorſchein fom
ein konſtanter ſein , wie dies eben auf Argoſtoli der Fall iſt. Es geſchieht nun aber nicht bloß, daß ganz fertige
men, oder unter beſonderen Verhältniſjen an der Grenze
birges, wieder zum Vorſchein kommt.
gegen den Flyſcy, namentlid im Falle einer überkippten
verlieren denn die Gebirge die Eigenſchaft als Waſſer
Lagerung der Mergel und Sandſteine der lettgenannten
ſdheiden, und das iſt eine der merkwürdigſten Thatſachen . So verſchwindet .z. B. die Dobra in der ehemaligen kroati
Formation. Mit der Entwaldung hat dieſe für alle höher gelegenen Teile beſtehende Quellennot nichts zu thun, ebenſo wenig etwa mit einem größeren Regenfall. Eine Reihe von Beobachtungen beweiſt, daß die Menge des atmv ſphäriſchen Niederſchlags in den Küſtenländern nicht ge ringer iſt als in manchen anderen Gebieten der Monarcie,
und was die Einflüſſe der Entwaldung betrifft, ſo braucht nur daran erinnert zu werden, daß gewiſſe, vom Meere entferntere Gebiete, wie z. B. der Nordoſtabhang der Ka
pella, noch heute ſchöne Waldbeſtände tragen , ohne deshalb quellenreicher zu ſein als andere, völlig entholzte, aber geologiſch.ihnen gleichartige Gebirgsflanken. ImGegenſaß zu dieſer Quellenarmut und dod id ließ
Bäche aus dem Gebirge hervorkommen , es kommt auch das Umgekehrte vor, daß ein an der Tagesoberfläche fließender Bach plößlich in einem nach der Tiefe führenden Schlund
verſchwindet, von da durch unterirdiſche Gänge weiter geleitet wird und an einer anderen Stelle, jenſeit des Ge Auf dieſe Weiſe
îchen Militärgrenze bei Ogulin, um jenſeit einer anſehn lichen Erhebung bei Maria-Troſt wieder hervorzutreten, und ſo bezieht die Quelle der Ombla bei Gravoja ihren
Waſſergehalt zum Teil von der in Popovo polje in der Herzegowina ſich verlierenden Trebincica. Die Flußläufe an der Tagesoberfläche ſind alſo nur fragmentariſche, und daher kommt es, daß, die Narenta und die Kerka aus genommen , nur wenige größere zuſammenhängende Flüſſe im Lande eriſtieren, und daß die einzelnen Thalſtrecken
rings vom Gebirge eingeſchloſſene, langgeſtreďte Keſſel ſind, daß es, mit einem Worte, iu Dalmatien ſo viele ges wiſſermaßen blinde Thäler gibt. Die unentwickelte Thal
lich von denſelben Grundurſachen abhängig, iſt das Auf
bildung iſt alſo die direkte Folge der Durchlöcherung des
treten ſolcher Quellen in den tieferen Regionen , die gleich im Anfang einen ganzen Bach oder Fluß darſtellen . Bei
Gebirgs und der Verlegung der Eroſionsthätigkeit in das
ſpiele davon ſind der Fluß, der bei Fiume fließt, die
Innere desſelben.
Ombla bei Gravoſa und auch der Bach, der unweit Cat
Als eine weitere Folge dieſer unentwickelten Thal bildung aber erſcheinen die in den Küſtenländern ſtellen
taro entſpringt und nach kurzem Laufe in's Meer geht.
weiſe vorhandenen periodiſchen Seen. Dies Phänomen
Die Rjeka in Montenegro, die in den Skutari-See mündet, kann freilich unter den öſterreichiſchen Karſtflüſſen nicht genannt werden, aber ſie iſt das ſchlagendſte Beiſpiel für die beſprochene Erſcheinung, denn ſie iſt gleich von der Quelle an für kleinere Dampfſchiffe chiffbar.
In allen
ſoldien Fällen hat ſich das Waſſer ſchon innerhalb des Gebirges in größerer Menge aus den verſchiedenen Höhen lagen geſammelt, und der Austritt einer derartigen Duelle
iſt nur die oberflächliche Fortſeßung eines in unterirdiſchen Hohlräumen ſchon eriſtierenden Baches und keineswegs gleichbedeutend mit dem Ausland , 1886 Nr . 7.
Austritt von Sickerwaſſer aus
für welches der Zirknißer See in Krain wohl das bekann teſte, aber keineswegs das einzige Beiſpiel iſt, tritt nach
dem Schmelzen des Schnees oder nach längeren Regen güſſen ein und manifeſtiert ſich alſo als eine Art von Ueberſdwemmung. Es beruht darauf, daß die unterirdi:
idhen Waſſerkanäle ſelbſtverſtändlich geſchloſſene Wände beſißen , ſo daß durch die ſich bald erweiternde, bald aber auch verengende Röhrenleitung nur einem beſtimmten Volumen Waſſer in einer gewiſſen Zeit der Durchtritt
geſtattet iſt. Iſt nun das Waſſerquantum , welches abzu fließen hat , ausnahmsweiſe größer , ſo muß eine Rück 21
130
Der geologiſche Bau der öſterreichiſchen Kiiſtenländer.
ſtauung ſtattfinden, welche unter Umſtänden in einzelnen , mit
nämlich die Aushöhlung der unterirdiſchen Korridore weiter
dieſem Röhrennet durch Schlünde und Spalten in Ber:
und weiter vor, ſo kommt ſtellenweiſe der Moment, wo
bindung ſtehenden Thalkeſſeln zur zeitweiſen Bildung eines Sees führt. Alle Beobachtungen ſtimmen dabin überein,
unter dem Drucke der überlaſtenden Maſſen die Decke des
daß nicht das von den Seitenwänden der rings geſchloſ:
ſenen Keſjel, daß alſo nidt das von oben ablaufende Waſſer zur Seebildung in dieſem Keſſel genügt, ſondern daß das ſeebildende Waſſer von unten herauftritt, alſo dem unterirdiſden Röhrenneß entſtammt. Jenes Phänomen wird übrigens immer ein unregelmäßiges ſein , ſo daß die
Höhe der Inundierungen nid)t immer der Menge der Waſſerzufuhr während einer beſtimmten Zeit entſpricht, weil ſich in einzelnen Fällen die ſubterranen Kanäle durch
Gewölbes nadgibt und wo der alſo erfolgende partielle Einbruch der Decke ein Nachſinken von Geſteinmaterial an der Oberfläche des Gebirges herbeiführt. In manchen Fällen kommuniziert dann die Oberfläche direkt mit dem
Gebirgsinnern und ſo werden dieſe Einſtürze, abgeſehen von
den ſchon bei der Faltung der Ralfſteinbänke erzeugten Spalten und Alüfteu, die Urſache der Erſcheinung, daß
auf der Höhe der Karſt-Plateau's die Spuren ſelbſt der gewaltigſten Regengüſſe ſo raſch verſchwinden ; nicht ſelten aber verſtopfen ſich auch dieſe Löcher, deren Bildung ohne bin nidyt immer mit einem Schlage, ſondern oft rudweiſe
Deckeneinſtürze verſtopfen und in anderen Fällen ſolde verſtopfende ältere Geſteinspfropfen durch den gewaltigen Waſſerdruck beſeitigt werden , was natürlich bald der Stauung, bald dem rajderen Abfluß des Waſſers zugute kommt. Die unvollſtändige Thalbildung bildet übrigens
ter herabfallende Blodwerk.
in allen verkarſteten Gebieten auch ein großes Hindernis
bei der Verwitterung der Kalkſteine entſtehenden und ſeit
für den Verkehr, denn um in ein rings geldloſſenes blin des Thal hinein oder aus ihm heraus zu gelangen , fann
lich hereingeſchwemmten lehmigen Produkte ausgefüllt und ſo bildet ſich nac und nach am Boden des Trichtere eine
man nicht, wie in anderen Gebirgsgegenden, mit einem ausgebildeten und vielfach verzweigten Thalſyſtem ohne
lehmbedecte kleine Ebene.
Ueberſchreitung eines Gebirgsriegels aus einer Thalfurche in die andere kommen, ſondern man muß einen oder einige
vor fich geht, burd, das von den Seitenwänden der Trich Die Blöde klemmen fid
gegenſeitig zwiſchen den Trichterwänden , die Zwiſchenräume zwiſden ihnen werden durch feinen Schutt oder durch die
Das iſt nun für die Kultur
arbeit der Küſtenländer eine überaus wichtige Thatſache, denn die Anpflanzungen baſieren in dieſen Gegenden, außer den ſchon früher genannten, von den Flyſchgebilden
Gebirgsrücken überſchreiten. Was in den dalmatiſchen Kalkgebirgen aber am meiſten
eingenommenen Partien und abgeſehen von dem Areal, welches die rings geſchloſſenen , häufig jedoch durch Schot:
in die Augen ſpringt, ſind die ſogen. Dolinen oder Karſt trichter, Vertiefungen von etlichen Dußend Schritten bis zu mehreren Tauſend Fuß Durchmeſſer, mit der jeweilig entſprechenden Tiefe und von mehr oder weniger kreis förmigem Umriß. Dieſe Dolinen ſind gleichſam rings geſchloſſene Thäler en miniature und unterſcheiden ſich, von dem Größenverhältnis abgeſehen, von den erwähnten
terabſäße ſteriler gewordenen blinden Keſſelthäler einnehmen,
ſtenz zu kämpfen hat, denn wie unbedeutend ſind dieſe der Kultur zugänglichen Flächen im Vergleich zu dem Areal des ganzen ſteinbeſäten Gebirgs und wie beſchwerlich iſt
blinden Thälern, die meiſt in die Länge geſtreckte Vertie
außerdem der Zugang zu dieſen kleinen Aderparzellen !
fungen ſind, durch ihren rundlichen Abriß. Dod hält es
Die ſoeben erwähnten lehmigen Verwitterungspros dukte des Kalkes ſind meiſtens intenſiv rot gefärbt und dieſe Färbung bietet durch ihren Gegenſaß zu den grauen Tönen des umgebenden Gebirges ebenfalls ein eigentüm liches Element der Küſtenlandſchaften. Der bei den Stalie niſch - redenden Küſtenbewohnern für dieſen Lehm übliche Ausbrud Terra roſia , der auch in die wiſſenſchaftliche
in einzelnen Fällen ſchwer, zwiſchen den kleineren blinden Thälern und den größeren Dolinen eine idarfe Trennung vorzunehmen. Wenngleich die Dolinen in der Entfernung, Ž. B. von der Küſte aus geſehen, das Bild, welches die dalmatiſchen Berge darbieten, nicht weſentlich alterieren , ſo ſind ſie doch für die Detailplaſtik derſelben geradezu das beſtimmende Element des Reliefs ; ſie prägen der Landſchaft den Charakter auf, denn gerade dieſe Karſttrichter bilden den oberflächlichen Ausdrud für die koloſſale Durch
löcherung des Gebirgsinneren in unſeren Küſtenländern. Die Dolinen ſind nämlich Einſturztrichter, und man hat
derartige Einſtürze oft mit Augen geſehen. Faſt überall in jenen Landſtrichen findet man ältere Leute, die ſich ſolcher Ereigniſſe erinnern, und die nach dem Erdbeben von 1871 angeſtellten Unterſuchungen haben gleichfalls
die Neubildung von Karſttrichtern ermittelt. Dieſelben gleichen deshalb den ſogen. Pingen über alten, verlaſſenen oder ſonſt zu Bruche gegangenen Bergbauen. Schreitet
faſt nur auf der Bebauung des Bodens der Dolinen .
Das ſind die kleinen Daſen in der Rarſtwüſte, aber ſie
beweiſen, wie mühſam der Küſtenbewohner um ſeine Eri
Nomenklatur übergegangen iſt, bezieht ſich auf jene Fär bung. Die „ rote Erde" iſt übrigens weder ein vulkani
ides Produkt, noch ein Erzeugnis heißer Quellen, noch aus der Verwitterung der oft rötlich gefärbten Werfener Schichten entſtanden, noch endlich ein Meeresabſat - für alle dieſe Hypotheſen bedarf es eines höchſt komplizierten Apparates von Vorausſeßungen ſondern ſie iſt einfach der unlösliche , durch Eiſen-Oryd rot gefärbte Rüdſtand von der Auflöſung der urſprünglich ja nicht aus chemiſch reinem kohlenſaurem Kalk beſtehenden, ſondern durch Thon und Eiſen verunreinigten Ralkſteine. -
Die Kolonie Neu -Seeland.
Die kolonie Neu-Seeland. Bon penry Greffrath. ( Fortſegung . ) Neu- Seeland
Steward's Jsland
die Nordinſel , die Südinſel und begreift nach der neueſten Berech:
nung von A. . Skene einen Flächeninhalt von 4910,13 deutſchen Quadratmeilen in ſich. Dazu kommen dann noch die Chatham-Jslands mit 29,54 und die Audlands, Anti
podes und ſonſtigen kleinen Inſeln mit zuſammen 57,23 deutſchen Quadratmeilen. Dies ergibt ein Geſamtareal von 4986,87 d. Qu. MIn . Von ungefähr 66 % Mill. Acres, welche die Nord- und die Südinſel umfaſſen, ſind gegen 13 Mill. ſchönes Aderland, 30 Mil. mehr oder weniger
gutes Weideland und 24 Mil. Waldbeſtand, Waſſerflächen und wertloſes Land.. Gegen 16 Mill. Acres ſind noch im Beſit der Mauris.
131
beben nichts feltenes. Am 16. Oktober 1848 wurde die Stadt Wellington durch ein ſolches faſt gänzlich zerſtört, und man dachte ichon daran den Ort zu verlaſſen . In den leßten Jahren waren die Erdbeben und Erdſtöße in dieſer Provinz wieder recht häufig. Im Jahre 1882 wur ben dort deren 16 und im folgenden Jahre 9 wahrge: nommen, waren aber nicht von großer Stärke.
Der ſog. Lakediſtrikt im zentralen Dſten der Nordinſel, dem Gebiete der Arewas, iſt durch ſeine warmen und heißen Quellen rühmlichſt befannt und wird von Touriſten und Invaliden gerne beſudt.. Stundenweit um die Seen No: torua in 38 ° 8' 7. Br. und 1760 15 ö. L., Terawera in 38 ° 12' f. B. u . 1760 28' ö, L., der ſich durch ſeine lands chaftliche Sdönheit auszeidsnet, Rotomabana in 38 ° 20 1. Br. 176 ° 30' ö. L. 2c. herum gewahrt man Löcher und Pfühle im Erdboden mit warmem und ſiedendem Waſſer und mit blaſenwerfendem und ſtark nach Schwefel riechen dem Moraſte. Von beſonderem Intereſſe aber ſind die Geiſer und die wunderbar ſchönen Terraſſen am Lake Rotomahana. Die leßteren haben ſich durch Rieſelablage rung aus dem warmen und ſiedenden Waſſer, welches 1
Ungefähr ein Zehntel der Nordinſel beſteht aus Ge birgen, meiſt auf der öſtlichen Seite der Inſel gelegen . Sie ſteigen , mit wenigen Ausnahmen, zu feiner großen Höhe auf. Die Ebenen , ſoweit ſie ſich für Aderbau eignen, liegen meiſtens im Zentrum , dem Gebiete der Maoris, fo
ſtändig herabfließt, gebildet. Die Hauptterraſſe oder viel
wie im Weſten und Südweſten .
mehr Reihe von Terraſſen, die eine über der andern, mit
Auf der Südinſel nehmen die Southern Alps einen beträchtlichen Teil der Oberfläche ein . Das für Aderbau taugliche Areal liegt im Oſten auf den Canterbury Plains und im nördlichen Otago ſowie im Süden in
natürlichen Badebaſſins mißt an der Grundfläche 90 m . im Durchmeſſer und iſt 46 m. hoch. Das Waſſer hat
eine dunkelblaue Farbe, und die Oberfläche der Terraſſe iſt teils glänzend weiß, teils blaßrot, teils blau. Die Regierung
den Aluvial-Ebenen von Southland.
von Neu- Seeland hat im Jahre 1882 den Rotorua mit
Geologen ſind der Anſicht, daß Neu-Seeland viele Wandlungen durchgemacht habe. Sie meinen, daß es einſt viel größer geweſen und daß auch die Audland- und Cha
den umliegenden heißen Quellen von den Arewas auf 99
tham - Jslands damit in Verbindung geſtanden. Ueberhaupt joll Neu -Seeland eine der älteſten Inſeln , wenn nicht die
älteſte des Erdglobus ſein. Die Nordinſel iſt bulkaniſch.
Sie zählt eine Reihe
erloſchener Vulkane, unter denen der Ruapehu in 390 16' ſ. Br. und 175 ° 35' ö. L. v. Gr. mit 2775 m . und der
Mount Egmont in 390 18' 1. Br. u. 1740 5' 0. L. v. Gr. mit 2530 m . Höhe fich bis in die Region des permanen ten Schnees erheben. Der Mount Egmont, mit einer
Grundfläche von 48 km, im Durchmeſſer, ſteigt als ein
Jahre gepadtet und am Rande dieſes Sees eine Stadt mit einem ,,Grand Sanitarium “ unter Leitung des Dr. Lewis angelegt. Man hält ſich überzeugt, daß hier bald ein ſehr beſuchtes Bad entſtehen werde. In London hat fich im Juli 1884 eine Kompagnie gebildet, welche von Rotorua aus eine Eiſenbahn zum Anſchluſſe an die von Audland auslaufende Zentralbahn der Nordinſel bauen will. Auch am Lafe Taupo, dem größten, 40 Km . langen und 32 Km. breiten See der Nordinſel, in 38 ° 44' 1. Br. und 175 ° 55' 0. ... exiſtieren heiße Quellen. Südlich von dieſem See liegt am vorerwähnten Vulkane Mount Tonga riro der bedeutendſte Sprudel (Geiſer) Neu-Seelands. Die Südinſel gehört meiſtenteils der ſedimentären
vollkommener Regel auf. Der 1981 m . hohe Mount Tongariro in 39 ° 5' 1. Br. u. 175 ° 45' Ö. 2. v. Gr. iſt ein noch thätiger Vulkan und bewies dies im Jahre 1883
Formation an. Die Gebirge beſtehen aus Schiefer und Granit mit filuriſdem Sand- und Ralfſtein. Der Weſten
durch eine größere Heftigkeit, wie in den leßten 13 Jahren.
der Südinſel wird auf ſeiner ganzen Länge von den
Er hat einen doppelten Krater und gilt den Maoris als Tapu. 1 Namentlich in der Provinz Wellington ſind Erd ^ Das tapu entzieht eine Perſon oder Sache der Berührung und Betretung. So ſind die Prieſter tapu, und ebenſo der Kopf der Häuptlinge. Auch manche Nahrungsmittel werden gelegentlich damit belegt und dürfen dann nur von Perſonen genoſſen werden ,
welche ſelber tapu ſind, doch ſo, daß ſie die Hände dabei nicht
gebrauchen. Ferner ſtehen gewiſſe Orte unter tapu und deren Betretung iſt bei Strafe berboten . Als vor etlichen Jahren der
Artiſt Conely den unter tapu ſtehenden Berg Tongariro beſtieg, beraubten ihn die Maoris, zur Strafe für dieſes Safrileg, ſeiner ganzen Habe. Doch kommt auch hier der Geldpunkt in Betracht. Am Lake Rotomahana halten ſich unzählig viele wilde Enten auf,
aber ſie ſind tapu und nur einmal im Jahre, im Dezember, iſt es erlaubt, ſie zu ſchießen oder zu fangen. Als nun im Jahre 1869 ein engliſcher Prinz, der Herzog von Edinburgh, Neu Seeland beſuchte, wünſchte er an dieſem See Jagd zu halten, und gegen gute Zahlung ward das tapu auf einige Tage auf gehoben .
132
Die Kolonie Neu -Seeland.
Southern Alps durchzogen, welche mit Sdyneefeldern und ausgedehnten Gletſchern bedeckt und auf ihren Abhängen
delung von Weißen auf dieſen Inſeln erfolgte erſt in den
bis in die Sdyneelinie hinauf bewalbet find. Sie erreiden
in Mount Cook, in 43 ° 36' 1. Br. u. 1700 12' ö. L., die
fänger öfters gelandet waren und weggelaufene Matroſen ſich zuſammen gefunden hatten. Warifauri oder Chatham
Höhe von 3765 m ., wie ſie der Rev. W. S. Green, welder
Jsland iſt die größte unter den Inſeln und erſtrect ſich
fechziger Jahren, wenngleich dort ſchon früher Walfiſch:
den Berg im Jahre 1882 beſtieg, berechnete. Mount Hoch
61 Km. lang von Weſtnordweſt nad Dſtnordoſt und
ſtetter, im Jahre 1883 von Dr. v. Lederfeld erſtiegen, ſoll
40 Km. von Nord nach Süd und wird an der Küſte von vielen Bayen ausgebuchtet. Die nördliche Hälfte der
3415 m. hoch ſein. Außerdem eriſtiert eine Reihe anderer
Bergſpißen in der Höhe von 1850-3000 m . Da wir uns im folgenden mit der Nord- und der Südinſel, alſo der eigentlichen Kolonie Neu-Seeland be: ſchäftigen werden, ſo mögen vorweg einige Notizen über die wenig bekannten Stewart-Jsland, Chatham- Jslands und Auckland - Jslands am Plaße ſein. Stewart: Jsland, von den Eingeborenen Rafiura ge nannt und durch die 24 Km . breite Foveaur-Straße von
der Südinſel getrennt, umfaßt ein Areal von 459,162 Acres oder 33,72 d. Qu .- Min . Die Bevölkerung zählt, außer
wenigen Eingeborenen und Halbblütigen, 295, und davon ſind 164 männlich und 131 weiblich. Das Klima iſt ein ziemlich rauhes. In dem 975 m. hohen Mount Anglem erreidt die Inſel ihren höchſten Punkt. In den Thälern liegt fruchtbarer Boden, doch befanden ſich im Jahre 1883 erſt 54 Acres unter Kultur. Die Inſel iſt mit wertvollen
Holzarten meiſt dicht bewaldet. Der Viehſtand auf Ste wart Jsland und den anliegenden kleinen Inſeln zählt 15,555 Schafe, 2329 Rinder und 234 Pferde. Es eri ſtieren goldhaltige Quarzriffe, ſind indes wohl nid)t von ausgiebigem Werte, weil ſie nicht bearbeitet werden. An der Küſte liegen ausgedehnte Auſternbänke. Die Chatham - Jslands, zwiſchen 430 25' und 440 20'ſ. Br. u. 176 ° 10' und 177 ° 15' w. L., beſtehen aus
den drei größeren Inſeln Wharifauri oder Chatam -Jsland, Rangahauria oder Pitt's Island, und Rangatira oder South Eaſt Island, ſowie aus einer Anzahl kleiner In ſelchen , auf denen ſich nur Seehunde und Albatroſſe auf halten. Die Gruppe umfaßt ein Areal von 29,54 deut:
ichen Quadratmeilen und wurde im Jahre 1791 von Ka pitän Broughton entdeckt und nach deſſen Schiff benannt. Die Zahl der dortigen Europäer belief ſich Ende 1883 auf 265 und davon waren 171 männlich und 94 weiblid ). Die Eingeborenen zählten 90 Maoris uud 25 Morioris. Die leßteren ſind die Ureinwohner und waren früher viel zahlreicher. Im Jahre 1830 wanderte aus der jeßigen
Provinz Taranaki auf der Nordinſel von Neu -Seeland eine größere Anzahl von Maoris, welche von benachbar ten WaikatoStämmen aus ihren Wohnſiten vertrieben worden waren, nach den Chatam Islands aus. Sie wurden von den Maoris freundlich aufgenommen, vergalten ihnen
dies aber ſchlecht, denn ſie ſchlachteten nach und nach einen großen Teil derſelben für ihre fannibaliſchen Mahle ab und machten den Reſt zu ihren Sklaven. Nach einem
Inſel iſt wellig und ſumpfig und enthält mehrere Lands ſeen, meiſt von ſanft abfallenden Hügeln umgeben. Wai tangi Harbour, ungefähr im Zentrum der Inſel, iſt der bewohnteſte Ort.
Südlich davon wird das Land beſſer,
es iſt wellig, aber weniger ſumpſig und zum Teil mit offenen Waldbäumen mäßiger Größe oder mit hohen Farnkräutern beſtanden.
Pitt's Jsland iſt dicht bewaldet
und ſehr fruchtbar. Auf beiden Inſeln wachſen und ge deihen europäiſche Früchte. Der Hauptbetrieb iſt Vieh zucht. Nach der leßten Zählung waren 62,191 Scafe, 658 Rinder und 703 Pferde, 12 Ziegen und 180 Sdweine
vorhanden. Die einlaufenden Schiffe finden Gelegenheit, ſich mit Proviant und anderem Bedarf zu verſorgen. In neueſter Zeit ſind auch mit ziemlich gutem Erfolg Verſuche mit dem Anbau von Weizen gemacht worden . Der jähr: liche Erport hat einen Wert von ungefähr 20,000 Lſtr. 1 Die Audland 3slands, zwiſchen 500 30' und 510 1. Br. und 1650 55' und 166 ° 15' ö. L. von Gr., ſind
unbewohnt. Die Gruppe beſteht aus einer großen und mehreren kleineren Inſeln , welde durch enge Kanäle von einander getrennt ſind und ſich über einen Raum von 48 Km . in der Länge von Nord nach Süd und von 25 Km . in der Breite ausbreiten. Das Land iſt ſehr
gebirgig und mit dem Didicht niedriger Bäume beſtanden . Das Klima iſt ſehr rauh und die Stürme, meiſtens von
Nordweſt, ſind heftig und von langer Dauer. Es exiſtieren mehrere gute Hafenpläße, wo Depots mit Lebensmitteln angelegt ſind , da Schiffbrüche an dieſer Rüſte nichts ſeltenes find.
An Landſeen und Flüſſen iſt Neu -Seeland reich. Den Lake Taupo auf der Nordinſel , welcher 92 d. 2.- Min . umfaßt, haben wir bereits erwähnt. Auf der Südinſel
liegen gleichfalls Seen von beträchtlichem Umfange, wie 1
Im Jahre 1868 war der Maoris-Häuptling Te Kooti mit
300 anderen Maoris als Gefangener nach den Chatham - Jslands
verbannt worden . Sie iiberwältigten die Wachen, bemächtigten ſich eines vor Anker liegenden Schooners und zwangen den Kapitän, ſie nach der Poverty Bay, an der Oſtküſte der Nordinſel von Neu -Seeland, zurückzufahren . Vier Jahre lang
es wurden
2000 Milizen gegen ſie aufgeboten ward auf dieſen blutdürftigen Häuptling und ſeine Mordgeſellen, welche ſelbſt Frauen und Kinder nicht ſchonten, Jagd gemacht. Es war vergebliche Mühe, koſtete aber den Staat eine halbe Million Pfund Sterling. Te Kooti zog ſich zuletzt mit dem kleinen Reſt ſeiner Leute in unzugängliche Wälder am Mokau . Fluſſe an der Nordgreuze von Taranaki zurück,
wo man ihm nichts anhaben konnte. Erſt im vorigen Jahre bes
Aufenthalt von 20 Jahren kehrten ſie größtenteils nach
gnadigte ihn die kolonialregierung auf ſein Verſprechen , nie
ihren alten Wohnſißen in Taranaki zurüd. Die Anſie
wieder die Waffen gegen die Weißen ergreifen zu wollen.
.
Die Kolonie Neu -Seeland.
Lake Wanaka, Lake Wakatipu, Lake Te Anau u. f. w.
Unter den Flüſſen der Nordinſel iſt der Waikato der be
deutendſte. Er entſpringt an Mount Tongariro und Mount Ruapehu und mündet nach einem nördlichen Laufe von ungefähr 275 Km, an der Weſtküſte in 37 ° 24' 1. Br. und 1740 47 ' 0. L. von Gr. Der Fluß iſt breit und tief und kann von ſeiner Mündung ab, welche aber ſelbſt durch mächtige Sandbänke für Schiffe verſperrt iſt, auf einer langen Strecke von Dampfern befahren werden. Das
Thal, durch welches er fließt, bietet landſchaftliche Bilder von ſeltener Schönheit und enthält namentlich auf ſeiner ſüdlichen Ausdehnung vorzügliches Weideland. Für Weizen: kultur eignet ſich indes der dortige Boden wegen ſeines ſauren Tanningehaltes weniger. Ein wichtiger Nebenfluß des Waikato iſt der von ſeiner Mündung bis zu dem Städtchen Alerandra ſchiffbare Waipa. Auf der Südinſel
gilt der Molyneur oder Clutha mit mehreren Nebenflüſſen , welcher in 46 ° 20'ſ. Br. und 1690 47' ö . L. von Gr. in die Molyneur-Bay mündet, als der bedeutendſte. Das Klima Neu-Seelands iſt im ganzen ein ange nehmes, doch mahnt der raſche Wechſel der Witterung und
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und vom 1. April 1857, wo die offizielle Goldſtatiſtik in Neu- Seeland beginnt , bis Ende des Jahres 1883 einen Geſamtertrag von 10,322,333 Unzen mit 40,457,495 ſtr. Davon entfielen 4,292,479 mit 16,917,009 eſtr, auf die
Provinz Otago, 2,941,753 mit 11,672,023 Lſtr. auf die Provinz Weſtland, 1,634,615 mit 6,488,189 Lſtr. auf die Provinz Nelſon, 1,401,690 mit 5,180,282 Lſtr. auf die Provinz Auckland, 51,756 mit 199,835 ſtr. auf die Pro:
vinz Maryborough, und endlid 40 Unzen mit 157 Lítr. auf die Provinz Wellington. Silber iſt an verſchiedenen Orten der Kolonie gefun den worden, auf den Coromandel-, den Thames- und den Te Aroha-Goldfeldern in Verbindung mit Gold. Das im Jahre 1883 gewonnene Silber bewertete nur 3785 Lſtr. gegen 10,384 ſtr. im Jahre 1874.
Kupfer entdeckte man
auf D'Urville sland in 400 17' 1. Br. und 1730 55' 0. L. von Gr., am Mai-Tai- Fluß in 41 ° 16' 1. Br. und 1730 17' ö. L. von Gr. u. f. w., es iſt aber nicht von Be deutung. Eiſenſand, bis zu 70 Prozent reines Metall, findet ſich in großer Menge an der Meeresfüfte, insbeſon dere an der Weſtküſte der Nordinſel bis zum Manukan
Temperatur zur Vorſicht. Daß es ein geſundes iſt, be
Harbour in 370 3 ' 1. Br. und 1740 40 ' 0. 2. von Gr.
weiſt die auffällig niedrige Jahresrate der Sterblichkeit von nur 11,45 von je Tauſend der Bevölkerung. Die mittlere Jahrestemperatur auf der Nordinſel beträgt 14 ° C. und auf der Südinſel 120 C. Schnee fommt in den niedrig gelegenen Gegenden ſelten vor, deſto häufiger und maſſenhafter aber in den Gebirgen und auf dem Tafel lande, beſonders der Südinſel. Die vorherrſchenden Winde
hinauf. Das beſte Staffordſhire-Eiſen wird daraus herge ſtellt. Kohle exiſtiert auf beiden Inſeln in Ueberfluß, haupt ſächlich in den Provinzen Audland, Nelſon, Canterbury und Otago. Im Jahre 1883 wurden 99 Kohlenminen
ſind Nordweſt (ein unangenehmer heißer Wind) und Süd:
bearbeitet und 421,764 Tonnen Rohle gehoben gegen
162,218 im Jahre 1878. Das dazu verwendete Arbeiter perſonal zählte 1249. Unter den vorhandenen Petroleum quellen ſind die in Taranafi und an der Poverty Bay Die leştere liefert ein Petroleum ,
weſt ; und Stürme und Drkane ſind nichts ſeltenes. Die
beſonders wertvoll.
jährliche Regenmenge in Neu-Seeland iſt eine beträchtliche und mag im Durchſchnitt auf 50,6 e. Zoll oder 1285 mm .
welches dem beſten amerikaniſchen an Güte gleichkommt.
angeſeßt werden . Sie iſt jedoch in den verſchiedenen Pro
was in Großbritannien wächſt.
vinzen verſchieden. Nach zehnjähriger Beobachtung fielen im Durchſchnitt jährlich in Audland 52,79, in New -Ply
Farnbaum kommen 130 Spezies vor , und davon findet ſich ein Drittel nur in Neu -Seeland. Von der reichen
Klima und Boden begünſtigen den Anbau von allem , Von dem ſehr verbreiteten
mouth (Taranaki) 72,12, in Napier (Hawke's Bay) 42,38,
Flora gehören zwei Drittel der Spezies ausſchließlich dieſen
in Wellington 65,83, in Nelſon 78,61, in Hokitika (Weſt land) 152,12, in Chriſtchurch (Canterbury) 32,31 und in Dunedin (Otago) 45,23 e. Zoll an Regen. Ueberſchwem
Inſeln an. Die einheimiſchen Bäume zählen 120 Arten. Sie ſind immergrün, härter und ſchwerer als die europäi ſchen Hölzer und auch ſchwieriger zu bearbeiten. Die
mungen richten oft genug großen Schaden an und hemmen
Eukalypten mit ihrem düſteren Laubwerk, welche man auf
den Verkehr.
An Mineralien fehlt es der Kolonie nicht. Wenngleich
dem auſtraliſchen Kontinent und auf Neu-Guinea überall antrifft, fehlen auf Neu -Seeland. Am waldreichſten ſind
Gold ſchon im Jahre 1842 an der Maſſacre-Bay und 1852 im Coromandel- Diſtrikte im Norden von Audland gefun den worden war, ſo datieren doch die reichen Goldfelder
die Provinzen Taranaki, Wellington, Nelſon, Marlborough und Weſtland. Manche Gegenden der ſüdlichen Inſel, wie in der Provinz Canterbury, ſind ſo gut wie baumlos,
erſt vom Juni 1861 , wo Gabriel Reid ſeine wichtigen Entdeckungen an einem Nebenfluſſe des Tapueta River, 112 Km. füdweſtlich von Dunedin, machte. Es folgten dann im Jahre 1867 die Goldfelder in Weſtland und die
und man muß das nötige Holz weit herholen , 1 doch iſt in neueſter Zeit durch Anpflanzung von engliſchen , amerikani ſchen und auſtraliſchen Bäumen dieſem Mangel einiger maßen abgeholfen worden . Zu den wertvollſten Bäumen
am Thames River in Audland, und noch ſpäter die am
gehört an erſter Stelle Damara australis oder die Rauri
Te Aroba im Waikato-Gebiete. Im Jahre 1883 lieferten die Goldfelder einen Ertrag von 248,374 Unzen im Werte von 993,352 lſtr., gegen 1,505,331 Lſtr. im Jahre 1874,
1 Früher erhielt in Canterbury ein Farmer, welcher auf ſeinem Areal einen Acre oder 40,46 Ar mit Waldbäumen bepflanzte, von der Regierung zwei Acres land als Prämie dafür.
134
Geographiſche Neuigleiten .
Fichte. Sie wächſt nur im Norden der Nordinſel und
die Maoris erſt nach dem Ausſterben dieſes Vogels, welcher
erreicht eine Höhe bis 50 m. und einen Durchmeſſer im Stamme bis 6 m . Wenn man fortfahren ſollte, die Kauri Wälder in der rückſichtsloſen Weiſe niederzuhauen, wie
ihre hauptſächliche Fleiſchnahrung bildete, Kannibalen ge worden ſeien. Was aus der Tierwelt Europa's in Neu:
jeßt geſchieht, ſo dürfte dieſer nüßliche Baum bald ver
Seeland importiert worden iſt, hat ſich leicht akklimatiſiert und ſcheint ſich dort auch ſchneller fortzupflanzen . Ein
ſchwunden ſein . Ferner zählen dahin die zu den Roniferen
Reiſender bemerkt darüber : In Neu-Seeland legen die
gehörigen Podocarpus totara, bis 36 m . hoch und 3 m . im Durchmeſſer des Stammes und zu Tiſchlerarbeiten vielfach verwendet , Podocarpus spicata oder Matai , ein
Hühner mehr Eier, die Bienen ſchwärmen mehr, die Ka ninchen und Haſen jungen häufiger, die Mutterſchafe find zuverläſſiger u. 1. w. Die feit ungefähr 20 Jahren in Neu:
für viele Zwecke nüßliches Holz, und Dacrydium Colensoi
Seeland verwilderten Kaninchen haben ſich zu ganz koloſſaler
oder Yellow pipe, ein feines Möbelholz und auch dadurdy merkwürdig, daß es auf denſelben Zweigen zwei ganz ver
Menge vermehrt und ſind, ähnlich wie in den Kolonien
ichiedene Arten von Blättern trägt. Dann Fagus fusca
oder Tawhai, ein geſchäßtes Holz , welches auf der Süd inſel ſehr verbreitet iſt; die zu den Myrtaceen gehörigen Leptospermum ericoides oder Manufa und Metrosideros lucida, ausgezeichnet durch ſeine Shwere (ein engliſcher Kubiffuß ſeines Holzes wiegt 27,73 Kilogramm) u. ſ. w. Der einheimiſche Hanf, Phormium tenax, deſſen Faſer von außerordentlicher Haltbarkeit iſt, wird zu Striden und
Tauen verarbeitet und bildet einen nicht unwichtigen
des auſtraliſchen Kontinents, für die Farmer und Vieh: beſißer eine böſe Plage geworden. Sie richten in den Gärten, auf den Feldern und den Weiden durch ihre
Gefräßigkeit ſehr großen Schaden an. Die Regierung hat bedeutende Summen für Vertilgung derſelben verausgabt, ohne daß ſich eine Verminderung bemerkbar macht. Um ihnen
auch in den unzugänglichen Gebirgen beizukommen, hat man die in der Umgebung von Mount Gambier, Rolonie Südauſtralien , ſehr verbreitete wilde Raße importiert und dort laufen laſſen und ebenſo Frettchen. Die Statiſtik
Erportartikel. Im Jahre 1883 wurden davon 2013 1/2 Tonnen , meiſtens aus der Provinz Wellington, im Wert
weiſt nach, daß die exportierten Kaninchenfelle ſich im Jahre
von 36,761 Lſtr. und in dem Dezennium von 1874 bis Ende 1883 für 226,513 Lſtr. verſchifft. Die einheimiſche Tierwelt beſchränkt ſich auf Hund, Ratte (einige Naturforſcher halten ſie indes für importiert), zwei Spezies von Fledermäuſen und verſchiedene Arten
Jahre 1881 auf 8,514,685 zu 84,774 Lſtr ., im Jahre 1882
Eidedſen. Die Marſupialien , welde auf dem auſtralia ichen Kontinente jo allgemein ſind, fehlen in Neu -Seeland
im 1880 auf 7,505,616 Stüd im Werte von 66,976 Lſtr.,
auf 9,198,837 zu 88,725 Lſtr. und im Jahre 1883 auf 9,891,865 zu 100,955 eſtr. beliefen. In dem Dezennium von 1874 bis Ende 1883 zählte der Geſamterport von Kaninchenfellen 45,844,172 Stück im Wertbetrage von 340,488 Lſtr.
(Schluß folgt.)
und ebenſo die Solangen.. Die Wildſdweine ſind der Nachwuchs von den Schweinen , die Rapitän Cook ſeiner Zeit auf den Inſeln laufen ließ. Die vorhandenen Vögel,
welche ſich von den europäiſchen im allgemeinen wenig
Geographiſde Neuigkeiten.
unterſcheiden , follen 133 Spezies, darunter 73 Arten Land:
· vögel, begreifen. Der gigantiſche flügelloſe Vogel Moa, Divornis maximus, zum Straußengeſchlechte gehörig , iſt bekanntlich ausgeſtorben. Im Muſeum in Chriſtchurdy, 1. u., befindet ſich eine Sammlung ſehr gut erhaltener Moa: Skelette von 11–13 Fuß Höhe. Man hat vermutet, daß
**
Das Territorium Alaska. Die Bundesregies rung in Waſhington hat es erſt vor kurzem unternommen, eine endgültige Verwaltung in Alaska einzurichten, und
der erſte Gouverneur dieſes Gebietes, Mr. A. P. Swine ford, hat vor kurzem dem Miniſterium des Inneren ſeinen erſten jährlichen Bericht über die Zuſtände des ſeiner Vers
1 Aus dem wertvođen Kaurigummi werden feiner Lack und Firniß bereitet, welche vielfache Verwendung finden , auch um
waltung unterſtellten Landes eingereicht. Eine möglichſt
gewebten Stoffen einen ſchönen Glanz zu verleihen. Ebenſo dient
genau vorgenommene Volkszählung däßt die Bevölkerung
es als Siirrogat bei Anfertigung von Bernſtein -Mundſtüden. Es wird keineswegs durch Anbohren oder Abnahme von dem leben
auf 8990 Einwohner, wovon 1990 Weiße und 7000 Ein
den Kauri - Baume gewomen . Erſt wenn der Baum gefallen und abgeſtorben iſt, bildet ſich dieſe terpentinartige Ausjcwiyung. Das
geborene. Den geborenen Alastiern wird nun ein An fang von Elementarunterricht zuteil ; der Religion nach gehören ſie zur griechiſch-ruſſiſchen, presbyterianiſchen und
Gummi wird auf ſumpfigem Boden gefunden , welcher einſt mit
Kauri- Fichtenwäldern beſtanden war , wie bei Helensville in 360 36' 1. Br. und 1740 32' ö. L. von Gr. Es liegt gewöhnlich zwei Fuß uuter dem Erdboden. Die Maoris beſchäftigen ſich viel mit dem Aufſuchen desſelben . Im Jahre 1883 wurden 6518 1/2 Tonnen Karrigummi im Werte von 336,606 Pf. St. exportiert, gegen 5533 Tonnen mit 260,369 Pf. St. im Vorjahre. In dem Dezernium von 1874 bis Ende 1883 bewertete die Ausfuhr in dieſem Artikel 1,720,161 Pf. St.
römiſch - katholiſchen Kirche. Sie ſind keine Indianer, ſon dern unterſcheiden ſid, von dieſen durch ihr Aeußeres, ihre Sitten, Sprache und viele andere kennzeichnende Züge. Der Gouverneur ſtellt feſt, daß ſchon mehrere Schulen auf verſchiedenen Punkten des Gebietes durch den Agenten des Unterrichtsbureau's errichtet worden ſind, und verlangt
eine Erhöhung der Unterſtüßung, um dieſen Schulen die
Geographiſche Neuigleiten .
nötige Entwidelung geben und weitere derartige Schulen errichten zu können. Die Kinder zeigen gute Anlagen zum Lernen und die Bevölkerung offenbart überall den Wunſch, engliſche Schulen im Lande eingeführt zu ſehen.
Mr. Swineford ergeht ſich in langen Einzelheiten über die großen natürlichen Hülføquellen von Alaska und tabelt
135
nehmen hält. Was zunächſt die Bahn ſelbſt anbetrifft, ſo ſind die Ausſichten über die Möglichkeit ihrer Erbauung,
wie über ihren Nußen und ihre Rentabilität geteilt. Die
Franzoſen haben ein Intereſſe an dieſer Bahn von Vivi nach dem Stanley: Pool, weil ſie hoffen , daß dieſelbe die Verkehrsmittel zwiſchen der Küſte und ihrem Teil des
ſtreng jene Agenten der Regierung, welche die irrige An ficht verbreitet haben, daß das Klima zu rauh ſei, um
Kongo- Gebiets weſentlich verbeſſern werde. Diejenigen,
hier mit Vorteil Acerbau und Viehzucht betreiben zu können. Er verſidyert, nirgendwo auf ſeinen Reiſen durch die Vereinigten Staaten vom Oberen See bis zum Meri caniſchen Meerbuſen einen üppigeren Pflanzenwuchs geſehen zu haben, als im ſüdöſtlichen Teil von Alaska. Die kräf
glauben, dem Bechuel-Loeſche ein klägliches Ende prophezeit,
tigſten Gemüſe kommen dort zur Reife und erreichen eine
werden , um mit Umgebung der Ratarakten nach dem
welche noch an eine Zukunft des Kongo-Unternehmens
hoffen, daß nach Verwirklichung dieſes großartigen Unter: nehms (deſſen Eröffnung für 1889 in Ausſicht genommen
iſt) die Erzeugniſſe Zentral-Afrika's dem Kongo bis zum Stanley:Pool folgen und dann die Eiſenbahn benüßen
gewaltige Größe ; das Hausvieh iſt ſchön behaart und
unteren Kongo zu gelangen und dann zur See verſchifft
wächſt unter den günſtigſten Verhältniſſen auf. Die Gold
zu werden.
bergwerke der Douglab- Inſel, Juneau gegenüber, find in voller Ausbeutung begriffen . Die Lagerung derſelben wird als wirklich phänomenal geſchildert, und der Gouverneur fügt hinzu, dieſe Goldgruben verſprechen in den Jahr:
tümer überſchäße, welche das zentrale Afrika hervorbringe,
büdern des Bergweſens der Welt einen weit hervorragen
lebhafteres Bedürfnis von europäiſchen Waren zu empfins den, denn die Vorfrage eines ſolchen Fortſchrittes wäre
deren Rang einzunehmen als alle diejenigen, welche darin ſeither mit Vorteil figuriert haben. Das Geſeß, welches den Verkauf geiſtiger Getränke verbietet, wird wenig be obachtet. Die Regierung erörtert des Breiteren die Lücken ,
welche ſich dermalen in den Geſeßen über die territoriale
Andere ſind der Anſicht, daß man die Reich
und daß noch ein halbes Jahrhundert vergehen könne,
ehe die bedürfnisloſen Eingeborenen bewogen werden können , die Schäße ihres Bodens auszubeuten und ein
die Aufhebung des Sklavenhandels im Innern und die Herſtellung abſoluter Ruhe im zentralen Afrika. Daß ſich
ſelbſt für ein ſolch gewagtes Unternehmen, wie dieſe Kongo Eiſenbahn, in England Kapitalien finden würden , war
gebung anzunehmen , ſowie die günſtige Gelegenheit, der
nicht zu bezweifeln , denn für welches Unternehmen fände man an den Börſen kein Geld, wenn mit der Agiotage und dem Heranziehen des Rapitals der kleinen Leute ein
Bevölkerung eine gewiſſe Art der Vertretung einzuräumen,
müheloſer Gewinn zu erzielen iſt ? Aber die Gründung
damit die örtlichen Angelegenheiten von ihr ſelbſt erörtert
einer Aktiengeſellſchaft und die Verleihung einer Konzeſſion verbürgen an ſich noch keinen Erfolg. Zunächſt hat aber der Abſchluß dieſes Geſchäftes in England einen ſehr
Organiſation finden, und hebt die Notwendigkeit hervor, eine deutlichere, gerechtere und minder zweideutige Geſeko
( G. g.)
werden können.
* Der Gran Chaco. Die Regierung des zentralen Chaco hat dem Miniſterium des Innern der Argentiniſchen
ſchlechten Eindruck in Belgien gemacht, und die belgiſchen
Gebiete eingeſandt. Am 30. September 1885 belief ſich
Kapitaliſten und Banfiers beklagen ſich darüber , daß der Verwaltungsrat des Kongo- Freiſtaats mit dem engliſchen
die Zahl der Einwohner auf 8980 Köpfe, welche ſich fol
Syndikat abgeſchloſſen und jene Eiſenbahn den Engländern
gendermaßen verteilten : Reſiſtenzia 2409, Dcampo 2100, Preſidente Avellanedo 1503, Las Toscas 825, San An
in die Hände geſpielt habe, welche, als Herren der Eiſen bahn , notwendig ſich dann auch des Handels am Kongo und in Zukunft des ganzen Kongo- Freiſtaats bemächtigen
Konföderation das Ergebnis der Volkszählung in dieſem
tonio de Dbligado 656, Sololindo 519, Florencia 554, Puerto Bermejo 444, Guayacura 270 Seelen. Die 8980 Einwohner zerfallen in 7301 Erwachſene und 1679 Kinder. Da die Volkszählung ohne Unterſtüßung der Regierung nur durch die Friedensrichter der einzelnen Bezirke vor: genommen worden iſt, ſo iſt der Gouverneur der Anſicht, es dürften möglicherweiſe zehn Prozent der Bevölkerung bei der Zählung überſehen worden ſein.
(G. g.)
werden – zu offenkundiger Schädigung der belgiſchen und anderen Intereſſen. Der amtliche Bericht des Verwaltungs rats des Kongo-Unternehms über die Unterzeichnung des Vertrages und die in England angeknüpften Unterhand
lungen lautet in den belgiſchen Zeitungen folgender maßen :
,,Vor einigen Tagen trafen in Brüſſel ein die Herren
* Die Kongo - Eiſenbahn . Nach den neueſten Nachrichten der engliſchen Zeitungen hat ſich in England
Hutton, Mitglied des Parlaments und Vorſißender der
ein Syndikat gebildet, welches die Erlaubnis zur Erbaus ung jener Eiſenbahn längs der nicht ſchiffbaren Streden des Rongo gebildet hat, die Stanley zum Gedeihen und Aufblühen des Kongo -Staates für unerläßlich , Dr. Bedhuel: Loeſche aber für ein von vorherein verunglücktes Unter
Direktoren der Britiſch -oſtindiſchen Rompagnie, und Stanley,
.
Handelskammer von Mancheſter, Madinon , einer der der berühmte Erforſcher des Kongo. Dieſe Herren waren die Abgeordneten eines engliſchen Syndikats, deſſen Titel „The Congo Railway Syndicate limited “ genügend deſſen Zweck bezeichnet. Wir erfahren , daß ſie geſtern
136
Geographiſche Neuigkeiten.
früh mit der Regierung des Kongo- Freiſtaates einen Ver
alle aus plutoniſchem Geſtein, allein nirgends zeigten ſich
trag abgeſchloſſen haben, fraft deſſen die Konzeſſion zur Erbauung einer den unteren mit dem oberen Kongo ver bindenden Eiſenbahn der Geſellſchaft übertragen wird, die
Regel, welche auf das Vorhandenſein vulkaniſcher Thätig feit deuteten, wovon die erſten Spuren eine Meile unter
durch die Bemühungen des engliſchen Syndikats gebildet iſt und deren bereits beſtehender Verwaltungsrat aus den
als man über einen Fluß von etwa 80 m . Breite ſeşte, welcher weſtwärts fließt und in den Fm-jin-gang, den großen Zufluß des Han-Stromes, mündet. Jenſeit dieſes
Herren Daniel Adamſon, Präſidenten des Schiffskanals, Jakob Bright, dem berühmten Nationalökonomen , Lord Egerton von Tatton, Sir James Ferguſon, Parlaments: mitglied, ehemaligem Gouverneur von Bombay , William Madinon, Henry Morton Stanley und Henry Michael Stein
thal, Vizepräſidenten der Handelskammer von Mancheſter, beſteht. Die Unterzeichnungen für das Rapital der Geſellſchaft, deren erſte Emiſſion 25 Millionen Franken beträgt, werden
in den Hauptſtädten der vierzehn Staaten, welche an der Berliner Konferenz teilgenommen haben, eröffnet werden . " Das belgiſche Nationalgefühl iſt durch dieſe Vorgänge ſo verleßt worden, daß der „ Précurseur d'Anvers, der das Kongo-Unternehmen König Leopolds II. ſeither ſehr energiſd) verteidigt hat, nun den Verwaltungsräten des Kongo- Freiſtaates die Warnung zuruft : ſie ſollen es im Intereſſe des ſchönen Unternehmens ſelbſt nie aus dem
halb Chhön-mal (37 e. Min. von Söul) zu Tage traten,
Fluſſes und ungefähr 120 Fuß über demſelben war eine ebene Flädie, welche ſich bis So-rai-yol bin, etwa zehn
Meilen weit, erſtreckte und etwa drei bis vier e. Meilen breit war. An der Oſt- und Weſtſeite derſelben ſind zwei von ſteilen Ufern flanfierte Flüſſe, welche ſich an der ſüd weſtlichen Ede der Ebene vereinigen. Am 22. April, zwei Tage nadidem ſie Soul verlaſſen hatten , wanderten die Reiſenden etwa zehn Meilen weit einen Fluß hinan, an deſſen Dítſeite ſich ein ſchöner, unter dem Namen des Po
fyei-ſan bekannter Bergrüden hinzieht, während auf der Weſtſeite abgerundete Hügel von geringer Höhe ſich er heben. Am Nachmittag desſelben Tages , nachdem man vom Dorfe Yong-bam (68 Min. von Soul) 110 Fuß emporgeſtiegen war, und während man zwiſchen großen, an der Wegſeite umherliegenden Lavablöden vorüberfam ,
Auge verlieren, daß es dem König der Belgier idwer
betrat Mr. Carles eine breite, ſich weit nach Norden bin
werden würde, der Souverän eines Landes zu fein, worin die Engländer Herren werden würden. * Die Chineſen in Canada. Die Regierung von Canada hat nun nach dem Vorbilde derjenigen der Vereinigten Staaten Maßregeln gegen die Chineſen er
erſtreckende Ebene. Der Weg führte an deren Ende hin, das Lavafeld ein, welches an Ausdehnung ſogar die größten in Jsland zu übertreffen ſcheint.“ Zwiſchen Chhöl wön und Pai-namu- tjang (94 Min . von Soul), auf einer
griffen. Eine Verordnung unterſagt den Chineſen, welche
Strecke von etwa 40 Min ., iſt nur eine einzige Unter
nicht durch geordnete Päſſe beweiſen können, daß ſie Bes amte, Kaufleute, Touriſten oder Studierende ſind, den Eintritt in die Dominion, außer gegen Erlegung einer
brechung in der Lavaſchicht, und dieſe iſt Mr. Carles der Wirkung des Stromes, der bei Phyong-kang fließt, zuzus ſchreiben bereit ; er ſtüßt ſeine Anſicht auf das Ausſehen der Ufer auf beiden Seiten (welche übrigens ſtellenweiſe drei e. Min . von einander entfernt ſind ), auf die gleich förmige Mächtigkeit der Lava ( 100-140 Fuß) und das fortdauernde und allmähliche Anſteigen gegen Norden .
Eingangsſteuer von 50 Dollars per Kopf.
Außerdem
fann kein in canadiſde Häfen einlaufendes Schiff mehr
als Einen Chineſen auf je 50 Tonnen ſeines Meßgehaltes einführen, bei Vermeidung einer Strafe von 50 Dollars per Kopf. Die Thatſache der Ausſchiffung von Chineſen vor Erlegung der Steuer würde den Kapitänen der Fahr: zeuge Strafen zuziehen, welche ſogar bis zur Hinwegnahme ihres Schiffes gehen können. * Die Lavafelder in Korea. Mr. Carles machte im jüngſt vergangenen Monat April eine andere wichtige
kam an der Stadt Chhöl-wön vorüber und bog dann in
Man konnte die Ebene noch 16 Min. weiter ſich erſtrecken
ſehen bis zur Scheide der öſtlichen und weſtlichen Waſſer läufe.
Etwa 30 Min . nördlich von dieſer Waſſerſcheibe
verließ Mr. Carles im vorigen Jahr eine ähnliche Ebene,
welche ſich von An -byön nach Ko-fan erſtreckt, aber beinahe
ohne Geleitsmannſchaft, und ſtießen auf kein Hindernis,
tauſend Fuß unter dem Niveau von Bai-namu-tjang liegt. ,,Es gibt alſo" , ſagt er, ,,drei große ovale Lavafelder, die beinahe in gerader Linie durch die Bergkette verlaufen, welche vom Norden bis zum Süden von Korea ( treicht und in der Nähe der Waſſerſcheide eine Höhe von 1500, und auf den tieferen Niveauy eine Höhe von 500 Fuß erreicht. Es gibt aber noch eine weitere, ungefähr eine Meile breite und etwa acht Meilen nach dem Dſten des
ja ſie wurden ſogar überall von der Bevölkerung herzlich aufgenommen. Nachdem ſie auf ihrer erſten Tagereiſe über
Köum -Song -Diſtrikts lange Ebene, deren Richtung nicht ſo genau beſtimmt, in welcher die Mächtigkeit der Lava
die Granitberge hinausgekommen waren, weldhe Soul um:
anſcheinend ſogar noch größer iſt, als in den anderen . " An .
geben, ſah ſich Mr. Carles in einer Gegend von vor herrſchend vulkaniſchem Charakter. Die Berge beſtanden
Phyöng -Sang, findet ſid, etwas Trappfels, allein obwohl
Forſchungsreiſe in Korea mit dem vorzugsweiſen Swed, die Goldwäſchereien von Phyöng-Sang, 85 e. Min. nord
öſtlich von Söul in der Richtung nach Gen -jang, zu unter: ſuchen, in welchen angeblich über dreitauſend Goldſucher beſchäftigt ſein ſollten . Mr. Carles und ſein Begleiter Mr. Allen machten den größten Teil der Reiſe zu Fuß,
zwei Stellen, in der Nähe von Chhön-wön und der Stadt
Die Tierwelt in Holländiſch-(liniana.
es viele kegelförmige Hügel dort gibt , iſt doch in keiner Richtung ein Krater ſichtbar, welcher eine Erklärung für dieſe ungeheure Lavamaſſe abgeben fonnte. Mr. Carles' Schilderung erinnert an die Beſchreibung, welche Sir Archibald Geikie von den von ihm beſuchten großen Lava felbern imweſtlichen Amerika gibt, jenen Feldern von fold
137
artigen Kiefern eine Länge von 14 cm . bei 4 cm . Breite. Die Farbe iſt hellbraun mit dunkleren Streifen und Flecken , die Fühler Find etwa 3 cm . lang. Dieſes ſchöne
Inſekt zeichnet ſich durch eine höchſt originelle Art, fich Nahrung zu verſchaffen , aus. Obgleich ich ihn nie an ſeiner Arbeit fah , ſo beſtätigt es doch Schomburgt, auch
ungeheurer Ausdehnung und ſolcher Abweſenheit von Kratern, daß ſie dem geübten Blicke die Idee beibringen, es müſſe in irgendeiner entfernten Periode, wo die vul
wiſſen es alle Indianer, und ich ſelbſt fand den Käfer an
kaniſche Thätigkeit noch bedeutend größer war als jeßt,
mandmal 2 cm , dicken Zweig eines Baumes, deſſen Saft
die geſchmolzene Lava aus ausgedehnten Spalten empor
er trinken will, zwiſchen ſeine Kiefern und fliegt wie die Flügel einer Windmühle ſo lange im Kreiſe herum, bis der Zweig abgeſägt iſt. Der ſchöne Macropus longimanus iſt etwas kleiner, grünlich- grau mit roten, weißen, ſchwarzen
gequollen ſein und ſich einfady nach allen Richtungen hin über den Boden ausgebreitet haben. Dies mag die Er: klärung der foreaniſchen Lavafelder ſein , allein offenbar iſt hier noch ein ſchönes Feld der Beobachtung für einen erfahrenen Geologen wie Profeſſor Milne in Tokio offen,
einem friſch abgeſägten Zweig. Um nämlich den Saft ge wiſſer Bäume ſaugen zu können , nimmt der Käfer den
welcher nichts Beſſeres thun fönnte, als eine nächſten
und gelben Streifen , hat ungewöhnlich lange Vorderfüße und 11 cm . lange Fühlhörner. Am Thorar und an den Flügeldeden ſind Stacheln und unter ſeinen Flügel
Sommerferien mit der Löſung einer ſolch intereſſanten
deđen hält ſich als Schmaroßer eine Art Skorpion, Chelifer,
Aufgabe zu verbringen. Gerſte, Bohnen, Hirſe, Schilfrohr und an geſchüßten Stellen Hanf und Kartoffeln ſind die
thrinen-Bäumen. Andere kleinere, unſeren Aromia mo
auf. Er lebt in manchen Jahren bei Hunderten an Ery
einzigen Gewächfe, welche auf der Ebene gedeihen, die von der ſpärlichen Bevölkerung durch Abbrennen von Unkraut gereinigt wird. Mr. Carles beſuchte die großen Gold
schata gleichende . Arten ſind Lamia callichroma und velutina, von den Franzoſen Mouche balata genannt.
wäſchereien zu Ka-neng-fai, einem Dorfe ſechs Meilen weſtlich von Pai-namu-tjang , wo beiläufig 270 Männer
goldiggrünen oder rotgoldigen Längsſtreifen und halten
Sie haben lange Fühlhörner, ſind ſammetartig, idwarz mit ſich beſonders in der Trockenzeit auf den Balate-Bäumen
bejdäftigt werden follen . Es werden hier in einer Ufer: fiesbank Gräben paralel mit dem Waſſerlauf gegraberi .
( Achras sapota) auf, wo ſie ſich durch ihren eigentüm
Die Ergebniſſe ſchienen gleichförmig und denjenigen an irgendwelchem anderen von Mr. Carles beſuchten Orte überlegen zu ſein. Die Berge auf dem weſtlichen Ufer des Fluſſes ſcheinen aus irgendeinem von Eiſen gefärbten
man ſich ihnen nähert.
lichen Wohlgeruch verraten, aber ſogleich wegfliegen, wenn Eine andere Art, Ctenocelis
Dyrhachus, iſt ſchwarzbraun und bei 12 cm . lang . Andere kleinere, aber zu derſelben Familie gehörende ſind: Pyro
des bifasciatus, 3 cm . lang, rot mit blauen Querbändern,
plutoniſchen Geſtein zu beſtehen und quer durch dasſelbe
Brachyderes succinctus, ein beſonders auf Drangen
ſtreichen gelegentliche Quarzſäume, anſcheinend von bedeu tender Ausdehnung. Die Gegend erſchien Mr. Carles
bäumen vorkommender Bodkäfer.
vielverſprechender als irgend ſonſtwo und dürfte den Be
rotbraun mit gelblichem Querband. Er hat einen wider lichen Geruch, wie alter Räje. Das Geſchlecht der Lamien iſt ſehr zahlreich und oft kommen lebende Eremplare in Farb- und Möbelhölzern nach Europa.
ſuch eines erfahrenen Bergmannes verdienen. Er beſichtigte in der Ebene von Chhön-wön die Ueberreſte einer Nieder laſſung, welche zur Zeit der alten Sinra - Dynaſtie (die im zehnten Jahrhundert unſerer Zeitrechnung erloſch) die
Hauptſtadt eines kleinen Fürſten geweſen zu ſein ſcheint
Er iſt 3 cm. lang,
mit 7 cm . langen, gelb und ſchwarz gefleckten Fühlhörnern,
Nicht weniger zahlreich ſind die Blatt- und Sdild: käfer , Chrysomela und Cassida. Sie prangen in den
und aus Teilen einer Beſte, eines Balaſtes 2c. beſteht.
chönſten Metallfarben, und man findet unter der letteren
Chhöl-wön ( ſprich Chhörön ) iſt die größte Stadt in der Nähe des von den Reiſenden eingeſchlagenen Weges, denn es zählt mehr als 2000 Häuſer, aber die Gegend iſt dünn bevölkert und man ſah nur wenige Dörfer, welche über (Pr. R. G. S.) vierzig Häuſer hatten.
Gattung Eremplare wie hellpoliertes Gold, das aber nach dem Tode des Inſekts verbleicht und grau wird. Ich führe nur einige Arten an, die aber die Größe von 2 cm .
kaum erreichen : Eumolpus surinamensis, laſurblau, Eu molpus fulgidus, goldiggrün ; Doryphora rubripunctata,
blauſchwarz, rotgetupft ; Doryphora arcuata , bleichgelb
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana.
mit metallgrünen Streifen ; Mesomphalia discoides, gold grün mit roten Punkten ; Calaspidea grossa, rot und
Von Auguſt Kappler.
ichwarz gefleckt; Calaspidea caedemadeus, grün und rot ; Tauroma bicornis, goldgrün mit zwei Spißen an den
(Fortſeßung.)
Von den Bodkäfern iſt der größte Prionus cervi cornis. Er erreicht mit den 4 cm . langen Hornſchröter:
Seiten.
Hymenoptera. Ich glaube nicht zu viel zu ſagen, wenn ich das große Geſchlecht der Bienen, Weſpen und
Die Tierwelt in Holländiſch Guiana.
138
Ameiſen 2c., die in Guiana vorkommen, in Zahl der Arten
und Individuen denen Europa's gegenüber mit 10 : 1 vergleiche. Blos von Bienen , welche ſämtlid Honig eintragen , ſind mir ſieben Arten bekannt, von denen die kleinſte kaum 4 mm . groß iſt. Die größte Art iſt etwas kleiner als Apis mellifica , ca. 18 mm . lang und hat feinen Stachel.
Sie lebt in boblen Bäumen in der Nähe
von Savannen, wo das ganze Jahr über blühende Palmen
und andere Gewädie ein reichliches Futter geben. Die Waben, weldie die Brut enthalten, ſind nicht von Wads,
ſondern von einer zerreibbaren holzartigen Maſſe ; der Honig aber wird in blaſenartigen Höhlungen, die unter einander ziemlich große Klumpen bilden, aufbewahrt. Dieſe beſtehen aus ídwarzem pedhartigen Wachs, das wohl im Geruche Aehnlichkeit mit dem Waduſe der europäiſchen Honigbiene bat, ſich aber nicht bleichen läßt ; es wird von den India: nern blos zu Fadeln verwendet. Ein großes Bienenneſt fann zwei bis drei Pfund dieſes Wadiſes und vier Liter guten hellen, manchmal etwas fäuerlichen Honig geben, der, wenn er abgekocht wird, ſich lange bewahren läßt,
dann immer, wie ich ſchon früher geſagt habe, Bäume und Sträucher, wo die Beutelſtaare (Cassicus) niſten. Sie iſt braunrot, etwas größer als eine Horniſſe, von ſtarkem aromatiſden , dem Nojenöl gleichendem Geruch und hat
einen dywerfälligen Flug. Sie leben in kleinen Geſell: ſchaften, ſelten mehr als 15 bis 20 beiſammen , oft ganz allein, und bauen ein tafelförmiges Neſt, ohne Hülle, das je nach ſeiner Größe durch ein bis zwei Säulchen getragen am Gebälke feſtſißt. Das Neſt iſt weißlich, und mit einem Firniß überzogen , der die Feuchtigkeit abhält ; die Zellen, in denen die Eier oder Larven ſich befinden , ſind mit einer fuppelförmigen Decke geſchloſſen.. Die Marabons nährt ſide von Blumen und Zuder, und das Gebälke in den Zucker:
mühlen iſt mandymal voll von dieſen Neſtern. Ihr Stid iſt unter Umſtänden gefährlich und immer ſehr ſchmerzhaft. Eine andere ihr an Größe gleiche iſt dunkelblau von
und unſerem Honig nicht nadſteht. Um den Honig zu
Farbe, lebt in großen Schwärmen und baut ihr aus vielen Etagen beſtehendes, manchmal 1 m. langes, 40 cm . breites länglidyt halbrundes Neſt an Baumſtämme. Das Neſt, das mehrere Tauſende enthalten kann, wird beſchüßt durch eine graue Decke, an der die verſchiedenen inneren
bekommen, werden die Bäume umgebauen und das Neſt
Etagen Ringe bilden , ſo daß das Neſt dem Schilde des
idyonungslos vernichtet. Dbgleich die Bienen nicht ſtechen,
Gürteltieres (Capassi) ähnlich iſt, weshalb man auch die Weſpe Capassi Marabous nennt. Ihr Stich iſt zwar ſehr ſchmerzhaft, doch vergeht die Geſchwulſt ſchneller als bei der vorigen .
jo verteidigen ſie dody wütend ihr Eigentum , jeßen fic in die Haare, friechen in die Rleider und beißen wader drauf los.
Eine andere Artiſt Apis amalthea , ſchwarz mit
Hod) in der Luft und meiſt an trodenen Bäumen fiebt
gelblichen Flügeln und nicht über 9 mm . lang. Sie baut
man ein oft fopfgroßes urnenförmiges Neſt, weißgrau von Farbe mit nach unten gerichtetem Flugloch. Die Maſſe
ebenfalls in hohle Bäume, aber häufiger noch in verlaſſene Termitenneſter; auch ihr Honig iſt in Blaſen von
ſchwarzem Wachs und ſchmeckt vorzüglid. Eine andere ebenſo große Art iſt gelb mit grünen Augen , vermutlich Apis pallida, und baut auf die gleide Weiſe. Dieſe beiden Bienen - Arten , die viel häufiger vorkommen als die
erſte größere, ſtellen ſich ſogleich ein, wenn man Fleiſch zerlegt. Sie ſind darauf jo gierig wie die Weſpen, freſſen und tragen nadı ihren Neſtern . Sie riechen jedoch ſtets aromatiſch angenehm und in ihren Neſtern findet man
nichts, was auf tieriſchen Urſprung hinwieſe. Eine prachtvolle goldgrüne Biene (von 15 mm . Länge) madyte mir
viel Aerger. Sie baut ins Innere der Thür- und Kaſtenſchlöſſer, in die ſie durch das Schlüſſellody kriedyt, und füllt nach und nach das ganze Shloß mit einem wohlriechenden, pechartigen Wachſe aus, ſo daß man weder öffnen noch ſchließen kann , und das Soloß auseinander nehmen, ausbrennen und wieder einölen muß. Auch von Hummeln, Bombus, gibt es viele Arten . Sie leben wie
iſt ſo ſtart wie Pappendedel. iſt Chartergus pidulans ,
Die Weipe , die es baut,
Jede Spezies hat wieder ihre eigene Art, ihr Neſt zu bauen , und die verſchiedenartigſten Neſter findet man am Saume der Savanne oft ſo leicht und zierlidy, daß man nicht begreift, daß ein tropiſcher Regen ſie nicht zerſtört. Oft haben dieſe Neſter Kugelform , oft gerade ſo fechoedig wie die einzelne Zelle, dann tricyterförmig an einem Blatt befeſtigt mit einem langen Halſe, an deſſen Ende das Flugloch iſt. Das Neſt anderer iſt nur ein langer Streifen von je zwei bis drei übereinander ſtaffelartig liegenden offenen Zellen, aber mit Franſen beſäumt, die nur als Sierraten dienen können. Nur wenige Weſpen-Arten leben in hohlen Bäumen , und unter dieſen eine goldgelbe mit wenigen braunen Querſtreifen und etwas als kleiner Vespa vulgaris. Dieſe Weſpe verändert nie ihren Wohnplaß und
kehrt, daraus verjagt, immer wieder dahin zurück. Ueber 25 Jahre lang bewohnte fold) ein Weſpenjdywarm einen
die unſerigen in kleinen Familien in eigenen Neſtern, die
boblen Baum am
ſie aus Neiſern und Blättchen verfertigen. Von den Weſpen -Arten iſt die bekannteſte eine Horniß
mung machte, ſo fam es oft vor , daß das Boot an den
( Polistes ?) in der Kolonie Marabons,, in Cayenne
Wane-Creef, den man im Canot zu
paſſieren hatte, und weil der Creek da gerade eine Krüm
Baum ſtieß, die Weſpen auffdyeuchte und man jämmerlid zerſtochen wurde. Endlich wagte es ein Neger, gehüllt in zugsweiſe in Häuſern oder Schuppen , wo ſie nicht beuneine wollene Dede, einen hölzernen Zapfen in das Flug ruhigt wird, doch iſt ſie auch häufig im Freien und wählt i loch zu ſchlagen, worauf die Inſekten wegblieben. Als Mouche à Drague genannt. Sie baut ihre Neſter vor-
Kleinere Mitteilung.
Notizen.
139
aber nach einigen Jahren der Zapfen verfault war, kehrten
von 73 Jahren der Mann geſtorben, der zuerſt das kaliforniſche Gold
die Weſpen in den Baum zurück, bis ein anderer Zapfen von härterem Holz ihnen abermals das Fluglody ſchloß.
entdedte . James Wilſon Marſhall
Wahrſcheinlich hatte dieſer Sdwarm auch oben im Baum ein Ausflugloch, benüşte aber lieber das untere und hat darum auch nie den Baum verlaſſen. Die intereſſanteſten unter dieſem ſo zahlreichen und
auch kunſtfertigen Geſchlechte waren für mich immer die Grabweſpen, deren größte 4 cm . lange mit gelben Fühlern ( Dielis ?) blos Spinnen in ihre Lödjer ſchleppt. Sie lebt, wie wahrſcheinlich alle Arten dieſes Geſchlechts, allein und ſchleppt ziemlich große Spinnen , die ſie durd, einen Biß oder Stid unfähig macht, ihr Widerſtand zu leiſten , in ein durch ſie ſelbſt in die Erde gegrabenes fußtiefes Loch. Es iſt nun drollig anzuſehen , mit welcher Vorſicht die Weſpe, wenn ſie am Loche die Spinne, die immer noch lebend iſt, abgelegt hat, die Umgebung durdſpäht, wie oft ſie ins Loch friecht, um dieſes zu unterſuchen, wie ergrimmt ſie iſt, wenn die Spinne noch eine ſelbſtändige Bewegung macht, wofür ſie mit Biſſen und Stichen geſtraft wird,
und wie ſie endlich, worüber manchmal ein paar Stunden hingehen , ihren Raub ins Lodſdiebt. Iſt das Ei gelegt , woraus die Larve entſteht, weldie ſich von der toten Spinne nährt, ſo įdarrt die Weſpe das Lodh zu und fliegt weg. Die Spinne iſt oft größer und ſchwerer
als die Weſpe und ſcheint gelähmt ſo lange fortzuleben , bis das Ei der Weſpe austriecht. Eine andere kleinere
jo heißt der Mann
in Jahr 1812 in einem Dorfe von New lernte das Handwerk eines Wagenbauers. ihn das Wanderfieber und er zog gegen und Illinois nad) Kanſas, bis er ſich im
war
Jerſey geboren und er Mit 21 Jahren ergriff Weſten durch Indiana
Jahre 1844 einer Ge :
ſellſchaft anſchloß , die den Weg nach der Pazific- Kiiſte einſchlug.
Dort, in Californien , fand er zuerſt bei dem General Sutter, einem jedem Amerikaner geläufigen Namen , Beſchäftigung und hatte ſich etwas ſpäter ſelbſt auf die Viehzucht geworfen, als die Mericanier es unternahmen , einer neuen Schaar amerikaniſcher Aus wanderer den Eintritt in Californien zu wehren . Dem Komman danten des nächſten Militärpoſtens, General Freinont, ſtellte ſich
mit Sutter auch Marſhall zur Verfügung. Die Mericaner wurden geſchlagen und unterzeichneten im Jahre 1847 die Anerkennung
der Unabhängigkeit Californiens und Marſhal kehrte mit Sutter zurück, um mit ihm und deſſen Kapital eiue Sägmühle anzulegen. Da geſchah es, am 18. Januar 1818, daß er in einem Graben, welcher der Mühle das Waſſer zufiihren ſollte, etwas glipern ſah . Er hob es auf, fand , daß es ſehr ſchwer und von eigentiiinlicher
Farbe ſei und brachte es nach Sutter's Fort, der die Maſſe unter juichen ließ : es war Gold. Die Kunde flog alsbald durch das Pand, aus allen Teilen der Welt ſtrömten Abenteurer herbei , Gold zu ſuchen , eine Anzahl derſelben ſegte ſich in Marſhal's und Sutter's Farm feſt und vertrieb die bisherigen Eigentümer. Wohl ſtrengten dieſe einen Prozeß an , aber es ſtellte ſich heraus, daß ihre eigenen Beſittitel nichts wert waren , ſie mußten weichen und
ſeitdem ging es mit beiden reißend bergab. Sutter ſtarb vor vier Jahren als armer Mann in Brading, wo ſeine Wittwe noch heute lebt, und ebenſo arm iſt jeựt Marſhall geſtorben . Der Staat Californien , deſſen Aufſchwung aus der Zeit datiert, wo ſie das erſte Gold gefunden, hatte beiden eine kleine Penſion ausgeworfen . Dr. W.
braune Dielis - Art , deren Vorderleib nur durch eine 2 mm. lange, fadenförmige Röhre mit dem Hinterleib
zuſammenhängt, baut im Zimmer und an Stellen , wo der Regen nicht ſchaden kann, von gelber Erde , die ſie in
Notizen.
naſſe Kügelchen geballt herbeiträgt, halbkugelförmige, 2 cm .
* Eine neue Polarerpedition. Der Kaiſerl. Akademie der Wiſſenſchaften iſt in ihrer Sigung vom 9. Januar die Nach richt von dem bevorſtehenden Aufbrnch einer neuen Polar- Erpedition zugegangen , welche den Zweđ hat , die Inſeln von Neu-Sibirien
im Durchmeſſer haltende Neſter, die oben mit einem tridhter: förmigen Loche verſehen ſind.
Iſt das Neſt beinahe fertig ,
jo ſøleppt die Weſpe Raupen , Heuſchrecken oder kleine Spinnen herbei, legt eine ſolche ins Neſt, vollendet das ſelbe, läßt durch die kleine Deffnung ihr Ei hineinfallen,
und verſchließt die Deffnung, wo dann das fertige Infekt ſpäter durchbricht. Die emſige Weſpe verfertigt wohl ein Dußend ſolcher Häuschen in einigen Tagen und es werden
die Erdkügelchen, die es herbeiträgt, mit den Freßzangen und den Vorderfüßen genau ſo bearbeitet, wie die Karaiben Weiber mit ihren Händen und Spateln den Thon behan : deln, aus dem ſie ihre poröſen Waſſerkrüge verfertigen, die ganz genau die Form dieſer Neſter, nur einen längeren Hals haben. Ohne Zweifel waren dieſe Weſpen die Lehr ( Fortſ. folgt. ) meiſter der indianiſchen Frauen.
in topographiſcher und zoologiſcher Hinſicht zu unterſuchen. Die Erpedition wird von Dr. Bunge und dem Baron Tol geleitet und ſoll im bevorſtehenden Friihjahre an Ort und Stelle ſein. r . Die auſtraliſchen Kolonien ſind mit dem Modus, wie Eng land ſeinen Beſit auf Neu - Guinea leitet , anfs höchſte unzufrieden . Sie haben zi1 den Koſten der Verwaltung jährlich 15,000 ( ſtr. bewilligt, find aber jetzt willens , dieſen Beitrag zu verweigern. Sie wollen die Zeit abwarten, wo Auſtralien dem Deutſchen Reiche das Recht, irgend einen Teil von Neu -Guinea zu beſigen , ſtreitig macht.
Da fönnen ſie lange warten !
Gr.
Im nördlichen Queensland, Auſtralien, iſt eine von dortigen Anſiedlern ſehr zahlreich unterzeichnete Petition an die Königin von England gerichtet worden , den Norden von Queensland vom Siiden trennen und zu einer ſelbſtändigen Kolonie erheben zil wollen.
Wenn auch noch nicht jetzt, ſo iſt es doch immer nur
Gr. eine Frage der Zeit . Der Erplorer Mr. Henry Ogg Forbes, Zoologe und Botaniker, vergleiche Bd. 58, S. 200, iſt nach den letzten Nachrichten am Fuße
kleinere Mitteilung. Der Entdeder des kaliforniſchen Goldes + Jul Coloma, einem kleinen Ort in der Nähe von Pladville
( Californien ), iſt am 10. Auguſt 1887 arm und vergeſjen im Alter
des 13,205 Fuß hohen Mount Owen Stanley, Neu - Guinea, an
gelangt und hatte dort ein feſtes lager auſgeſchlagen . Er wollte die Beſteignng dieſes Gebirges bis nach Ende der Regenzeit ver : ſchieben .
In der Zwiſchenzeit legte er große Sammlungen von
Naturalien aus der Tier- und insbeſondere der Pflanzenwelt an .
Notizen.
140
Eine beträchtliche Anzahl von bisher unbefannten und zum Teil
Alpine Chronik Deſterreichiſcher Touriſten - klub.
ſehr wichtigen Pflanzen hatte er bereits entdedt. Seine Frau iſt
Wie ſeit einer Reihe von Jahren veranſtaltete der Oeſterreichiſche Touriſten -Klub auch im abgelaufenen Jahre Weihnachts -Betei: lungen armer Kinder in den Alpenländern. Da diesmal an Geld und Naturalſpenden ein die Summe von 1000 Gid. weit über ſteigender Betrag , Dank der Unterſtügung mildherziger Alpen freunde, eingegangen war , ſo fonnte dieſe Beteilung in einer Heihe von Orten vorgenommen werden , und zwar : in Tirol : in Sterzing, Prägraten, Birgen, Windiſch -Matrei, fals , Trafoi,
jetzt in ſeinem Gefolge , dagegen ſah ſich einer ſeiner Begleiter, Mr. Askworth, infolge von Fieberfrankheit, zur Riidfehr gezwungen. Wenn alles gut geht, gedenkt er zwei Jahre in Neu - Guinea zu verbleibeu .
Gr .
* Die franzöſiſchen Stationen am I wil11 - Njari und die im Beđen desſelben liegenden Stationen des Kongo Staates ſind nach einer zwiſchen Frankreich und dieſem Staate getroffenen Uebereinkunft nunmehr an Frankreich überwieſen r.
worden .
* Neue Benennungen. Ju Kaiſer -Wilhelms- Land, d . h . in den neuen deutſchen Beſitzungen an der Nordküſte von Neu
Guinea hat man einen Hafen, eine Bucht und einen ſchijfbaren Fluß entdeckt, welche ſeither unbekannt waren und die nun auf Befehl des
Kaiſers folgendermaßen benannt worden ſind : Der Hafen Friedrich Wilhelms-Hafen , die Bucht Prinz Heinrichs-Bucht , der Fluß Raiſerin -Auguſta Fluß. Der Berg Beautemps- Beaupré hat den neuen Namen „ Varzin -Berg “ erhalten ; Neu - Irland heißt fortan
Neu-Medlenburg, die Herzog-von - Yorks - Injeln werden ,, Neu -Lauen burg “ und die ſeither unter dem Namen Nen - Britannien bekannte Inſel des Bismard - Archipels wird fortan „ Neu - Pommern " I'. beißen .
Bereine, Geſellſchaften , Muſeen 2c. * Der Kongo -Staat iſt ſeit dem 1. Januar 1886 dem Weltpoſtverein beigetreten und die Frankaturverhältniſſe ſind folgende: 1. Von Europa nach dem Kongo: für gewöhnliche Briefe von 15 Gramm oder Bruchteile davon 25 Centimes ; Korreſpondenzkarten 10 Cent.; Drucjachen , Zeitungen und Muſter Frankatur 5 Centimes für 50 Gramm oder deren Bruchteile ; für das Einſchreiben ( Rekommandieren ) neben dem gewöhnlichen Porto
noch 25 Centimes. 2. Verkehr im Innern des Staates : Gewöhnliche Briefe, Borto 10 Cent. fiir 15 Gramm oder Bruchteile derſelben.
1
Lienz, Fierozzo, Landeck, Pians, Nauders, Rieß , im Lechthal; in .
Ober-Oeſterreich: in Windiſchgarſten , Steyr ; in Steiermark : in Eiſenerz; in Nieder-Oeſterreich : in Plankenſtein bei Mang. Außer
dem fanden durch die alpinen Geſellſchaften des Klub noch ſelbſt ſtändige Weihnachts -Beteilungen ſtatt : durch die Geſellſchaft „ Reiß thaler“ in Prein, durch die Geſellſchaft „ Ausfliigler“ in Neuhaus, durch die Geſellſchaft „ lackenhofer “ in Ladenhof, durch die Geſell
ſchaft „ Voisthaler “ in Seewieſen und durch die Geſellſchaft „ Abtenauer “ in Abtenau. Die Sammlungen des Klub für die lleberſchwemmten in Tirol, Kärnten und Krain habeu bisher die namhafte Summe von 9500 Gid. ö. W. ergeben. Daß das ges
meinnüißige Wirken des Oeſterreichiſchen Touriſten-Klub allgemeine Anerkennung findet, ergibt ſich auch aus der ſtetig zunehmenden Zahl ſeiner Mitglieder und Sektionen . So haben ſich heuer bereits ſechs neue Sektionen des Klub gebildet, und zwar in Rietz (Tirol), in Steyr, Vöcklabruck und St. Wolfgang am Schafberge (Oberöſterreich) und in Ajpang und Gföhl (Niederöſterreich) , jo daß der Klub derzeit nunmehr 66 Sektionen beſitt. Auch die Beitritts - Anmeldungen zur Zentrale in Wien finden unerwartet zahlreich ſtatt, und wird der Klub in kiirzeſter Zeit die Mitglieder zahl von 10,000 überſtiegen haben. Protokoll über die am 8. und 10. September 1885
zu Eiſenach abgehaltene Jahres - Verſammlung der Diaſpora - Konfere 11z. Die Diaſpora Konferenz iſt ein Verein, der vor einigen Jahren gegründet wurde, um mit den ausländi
3. Vom Kongo nach Europa : Gewöhuliche Briefe, Porto 50 Cent.
ſchen deutſchen evangeliſchen Gemeinden ein Band des Verkehrs
fiir 15 Gramm oder Bruchteile von 15 Gramm ; Korreſpondenz farten 15 Cent., Zeitungen und Drudſachen Porto 5 Cent. für 50 Gramm. Der Freiſtaat gibt ſeine Briefmarken aus, deren Modell beinahe demjenigen der belgiſchen Briefmarken gleich iſt, mit dem Unterſchiede , daß das Wort „ Belgique " erſetzt wird durch „ Etat indépendant du Congo “ ; ſie zeigen im Profil das Porträt des Souveräns. Es gibt bis jetzt nur viererlei Brief
anzuknüpfen und ihnen ſo eine Verbindung mit den firchlichen Kreijen der deutſchen Heimat 311 gewähren . Ueber die legte Jahresverſammlung und die Thätigkeit des Vereins berichtet die angeführte Schrift. Sie orientiert zumächſt über die Zwecke und
marken : zu 5 Cent. (griin), zu 10 Cent. (roſa) , zu 25 Cent. ( blau) , zu 50 Cent. (rejeda ) , und eine Poſtkarte zu 15 Cent. (braun ).
Briefmarken und Poſtfarten werden nur in drei Poſtbureaux aus gegeben, welche einſtweilen errichtet worden ſind und ſich in Ba nana, Boma und Vivi befinden. Die allgemeine Leitung des Poſtdienſtes iſt Herrn de Keyzer in Banana übertragen und zum Bureauchef iu Boma iſt ein Herr Maſſart ernannt worden .
Arbeiten des Vereins und bringt dann zwei Vorträge
über
„ die evangeliſche Kirche in Jeruſalem “ von Prof. Dr. Reinide, und über die Deutſchen und die deutſche Kirche in Auſtralien " von Paſtor Dr. Borchard – jodanin Mitteilungen aus der mit den ausländiſchen deutſchen Gemeinden geführten Korreſpondenz und ſtatiſtiſche Ueberſichten. Mit dieſem Inhalte kann das Protokoll, das Bilder aus dem Leben der deutſchen Gemeinden in allen Weltteilen gibt, auch den Geographen intereſſieren und beſonders den Freund deutſcher Koloniſation, für welche die Beſtrebungen der
Diaſpora-Konferenz von nicht geringer Bedeutung ſein dürften.
Bei Unterzeichnetem gelangte so eben zur Ausgabe : Antiquarischer Katalog 119 ,
Geographie nebst Hilfswissenschaften , enthaltend u . A. die Bibliothek des verstorbenen
Prof. Dr. K. Zoeppritz in Königsberg. Der reichhaltige, 1572 Nummern umfassende Katalog wird auf Verlangen unentgeltlich und postfrei versandt.
Leipzig.
OTTO
HARRASSOWITZ .
Druck und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Slusland . Wodenſdrift für ſänder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der
3. G. Gotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 22. Februar
Nr. 8.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.
1886 .
Zu beziehen durc.alle Buchhandlungen des In: und Auslandes und die Poſtämter. -
Manuſkripte und Rezenſions-Exemplare von Werten der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11 , zu ſenden . – Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Einiges zur Hijjarlif- Frage. Bon Artillerie-Hauptmann E. Bötticher. S. 141 . und ſeine Reiſen und Unterſuchungen in Nordamerika. S. 144. S. 146.
3. Die Kolonie Neu -Seeland.
2. Dr. H. F. C. Ten State jun . Von Henry Greffrath. (Schluß .)
- 4. Die Forſchungsreiſen Wißmann's, Grenfel's und François'. Von Dr. Moriz Wollmann. S. 151 .
Apachen . Von Dr. H. F. C. Ten Kate jun .
S. 152.
6. Geographiſche Neuigkeiten. S. 156.
5. Unter den
- 7. Die Tierwelt in Holländiſch
Guiana. Von Auguſt Kappler. ( Fortſetung.) S. 158.
Einiges zur Hiſſarlik-Frage. Bon Artillerie - Hauptmann E. Bötticher. 고
der Verbrennungsſtätte Troja eine vernichtende (!) Ant wort zu geben , indem er auf einen Plan des gleichfalls
aus Rohziegeln erbauten Palaſtes der mythiſchen (!) Könige von Tiryns und auf ſeine ſchlagende Aehnlichkeit mit den
1.
Entwidelung der Frage ſeit Weihnachten 1883. Litteratur. í
auf der Pergamos von Troja befindlichen Baulichkeiten hinwies ." Als ob es überhaupt irgendwie feſtſtehe, was
Der um Weihnachten 1883 in dieſen Blättern er:
das in Tiryns Ausgegrabene vorſtellt! Der Palaſt iſt
ſchienene Eſſai, „Schliemann's Troja eine urzeitliche Feuer: nefropole“, wirkte bekanntlich wie ein Funke im Pulverfaß.
mann will eine Gleichung mit zwei Unbekannten löſen ,
Dr. Schliemann rief von Athen aus Zeus' Donnerkeile auf den Frevler an Jlion herab, und Zeus Virchow folgte
dem Ruf und wetterte in der Februarſiķung (1884) der Berliner Anthropologiſchen Geſellſchaft gegen die ihm ſchon im Sommer 1883 von mir mitgeteilte Theſe. Virchow's Rede iſt abgedruckt in der Zeitſchrift für Ethnologie 1884,
S. 161 ff. Meine Entgegnung in der „ Kölniſchen Zeitung " 1884, Nr. 68 III und im
11
Ausland" 1884 , Nr. 24 wies
dem großen Anthropologen bedenkliche Gedächtnisfehler und Wegſchlüpfen über weſentliche Thatſachen nach, worauf
derſelbe nur erwiderte, er wolle meine Scheingründe (sic !) nicht nochmals durchgehen. Dr. Schliemann ſelbſt grub nun ſchleunigſt Tiryns aus, deſſen innere Beſchaffenheit ihm ſchon ſeit 1876 durch Nadigrabungen bekannt war, und nur deshalb grub er es nun vollends aus, um auf dem Anthropologen-Kongreß zu Breslau, wie er ſich dort am 4. Auguſt 1884 ausdrüdte, ,,dem ſinnreichen Erfinder " Siehe aud „ Jahresbericht der klaſſiſchen Altertumswiſſen ſchaft“ und „ Repertorium für Kunſtwiſſenſchaft.“
nicht weniger mythiſch als dies jene Könige ſind. Schlie
ohne mehr zu wiſſen als x = y. However, die Herren Gegner glaubten damit, wunders welchen Streich geführt zu haben, und Profeſſor Virchow überreichte nunmehr ſeine Streitſchrift „Hiſſarlik als Feuernekropole " auch der Archäo logiſchen Geſellſchaft zu Berlin (Sißungsbericht vom 4. Nov. 1884), während .Schliemann's Architekt, Herr Dr. Dörpfeld, in der „,Allgemeinen Zeitung “ 1884, Nr. 294, vom Stand punkte des Architekten gegen mich auftrat. Dörpfeld fühlte ſich beſchwert durch meine Behauptung („ Ausland" 1883, S. 1012), daß die im Jahre 1882 nachträglich in ,, Troja "
ermittelten geräumigen Bauten (Tempel) durch Fortnahme von Scheidewänden hergeſtellt worden ſeien. Es mußte ihm daran liegen, mich in baulichen Dingen als urteils los hinzuſtellen. Er ſchob mir in der That eine Abſurdi tät unter, und zwar auf Grund unrichtiger Wiedergabe meiner Worte. Ich ließ es dahingeſtellt, ob dieſe unrid tige Darſtellung eine beabſichtigte war, und begnügte mich, das Faktum zu berichtigen (Siehe ,Beitſchrift für Muſeos logie“, Dresden, Baenſch 1884, Nr. 24, nebſt Zeichnungen ). Die ,, Allgemeine Zeitung " verweigerte die Berichtigung !! 22
Ausland, 1886 Nr. 8 .
Einiges zur Hiſarlit -Frage.
142
Wie richtig ich die Arbeiten von 1882 in Hiſſarlik beurteilt habe, dafür brachte die „ Revue archéologiques (Janvier-Février, 1885) einen ſchlagenden Beweis. Herr S. Reinach nämlid), indem er die von Dörpfeld in hämi: icher Weiſe angegriffene bonne foi de Mr. Boetticher außer Zweifel ſeßte, erklärte, was ich von der künſtlichen Herſtellung angeblicher Tempel durd ) Entfernung der
Korridore) wiederkehren, daß eine leider nur zweitägige Ausgrabung des Kara Agatſd Tepeh (gegenüber Hiſſarlik
kleinen Unterabteilungen jage, das habe ihm don 1882 in den Dardanellen eine Perſon , die an den Arbeiten teil
ſtimmen, und zwar in vielen Ländern. Niemand verkennt, daß der Grundriß von Burgen und Städten nicht überall
genommen, verſichert. Nun, ich bin auf rein theoretiſchem
der gleiche ſein kann, weil die ihn geſtaltenden Rückſichten,
Wege zu meinen Sdhlüſſen gekommen , durchaus ſelbſtändig . Herrn Reinady's Vermutung, ich hätte von derſelben Per ſon meine Information , iſt irrig. Id erwarte, daß meiner Aufforderung in Nr. 6 der „Zeitſchrift für Muſeologie “ ( 1885 ) endlich entſprochen, daß dieſe Perſon nunmehr
namentlid, militäriſde, von der niemals fongruenten Dert
genannt wird, die das mit eigenen Augen geſehen und
alsbald weiter erzählt hat, was ich ganz unabhängig da: von ſpäter durch Studium gefunden habe. 8 bat alſo thatſächlich eine willkürliche Geſtaltung der Mauern ſtattgefunden , der Plan VII. im Werke „ Troja " iſt erfünſtelt, wie ich in Nr. 21 der „Zeitſchrift für Muſeologie" ( 1884) dargethan habe, kurz
Tepeh auf der europäiſchen Küſte) verbrannte Ziegelmauern, Aſde und gleiche Gefäße wie zu Hiſſarlik aufdecte, und es fommt nun darauf an, theoretiſch aus Fundberichten
und praktiſch durch eigene Ausgrabungen nadyzuweiſen, daß noch weit mehr Trümmerberge mit Hiſſarlik überein
lichkeit diktiert werden, alſo wandelbar ſind, daß dagegen Bauten, die unabhängig von der Dertlichkeit weſentlich
nach inneren techniſchen Gründen für den gleichen Zweck konſtruiert ſind, ſich überall genau gleichen müſſen . In die leßtere Kategorie gehören Feuernekropolen ſo gut wie etwa Hodhöfen. Wie ſtark übrigens Schlieman auf unſere
Gedankenloſigkeit rechnet, zeigt ſich, beiläufig bemerkt, auch darin, daß er auf die Kongruenz der Grundriſſe podst, aber den gleichen Grundriß in Hifjarlik als Tempel, in Tiryns als Palaſt erklärt.
Jd werde im Laufe dieſes Winters das bisher ge
das Troja von 1882 iſt ein wiſſenſchaftlicher Jrrtum
ſammelte Material über Dertlichkeiten, welche weſentliche
geworden, nachdem das Troja der ſiebziger Jahre ein poetiſder Jrrtum war. Was Tiryns betrifft, ſo konnte man ſich bisher nur an den auf dem Breslauer Anthropologen -Rongreß von Schliemann gehaltenen Vortrag und an ſeine Mitteilungen in „ Unſere Zeit “ 1884, 9. Heft, halten. Auch brachte Dr. Deffner im „ Schwäbiſchen Merkur" 1884, Nr. 240, ſehr ſchätbare Fingerzeige. Das zu Weihnadyten v. 36. angekündigte Werk, welches zugleich in Leipzig, Paris,
Kriterien von Hiſarlik darbieten , veröffentlichen und ſpäter zu eigenen Ausgrabungen übergehen. Waren nun die Feuernekropolen vom Hiſſarlik-Typus
London und New -York erſcheinen ſollte, iſt erſt jüngſt erſchienen, da Sdyliemann die Herausgabe verſchoben und im Mai und Juni auf's neue in Tiryns gearbeitet hat. Soweit das Material vorlag, iſt dasſelbe in meiner Ab handlung „ Tiryns und Hiſjarlik als Feuer-Nekropolen von terraſſiertem Aufbau " in Nr. 21 der Zeitſchrift für Muſeo logie“ ( 1884) berüdſidhtigt. In derſelben Zeitſchrift Nr. 7
vorigen Jahres finden meine Leſer „ Vergeſſene Thatſachen", woraus erſichtlich iſt, daß die Mißdeutung der Schliemann' ſchen Ausgrabungen gar nicht möglich wären, wenn man ſich deſſen erinnerte, was früher ſchon, vor 40 Jahren und mehr, an eigenartigen Nekropolen an das Licht gebradyt worden iſt. II.
Neuere Geſichtspunkte für die Erklärung Ýiſſarlit's als eine Kultſtätte und Feuernekropole.
Sobald Hiſſarlik nicht mehr einzig in ſeiner Art iſt, wie es Virdyow noch erſchienen , dwindet der ihm fünſtlicy angehauchte trojaniſche Nimbus. Schliemann ſelbſt zeigt uns von fern von Hiſſarlik in Tiryns ein vollkommenes Seitenſtüdt; auch wiſſen wir, daß im Hanai Tepeh alle
Kriterien Hiſſarlik (auch die mir ſo eifrig beſtrittenen
lediglich der vorgeſchichtlichen Zeit eigen ? Ich hatte natürlich unter Widerſpruch, aber auch mit Zuſtimmung einige bisher teils falſch, teils gewalt von Philologen
ſam erflärte Wendungen im Homer als rudimentäre An klänge an Feuernekropolen und ihre Verbrennungsurnen
in Anſpruch genommen ,1 ſo den dem Paris angedrohten ſteinernen Rock (adivov Xitūva, Jl. III, 57) und den aus dem Dunkel der Nacht hervorleuchtenden vextov zoos gleid ,,Städte der Toten " als dichteriſchen Auss druck für die Feuernekropole (JI. VIII, 486). Der er hobene Einwurf, Homer beſchreibe ja genau die Verbren : nung auf offenem Scheiterhaufen, iſt unhaltbar, denn die „ Ilias “ erzählt was im Kriege oder, wie wir ſagen, „ feld mäßig " -- die Odyſſee was fern von der Heimat auf Seefahrten geſchah. Man fann bei Homer alſo nur mit einer flüchtigen Nebenbemerkung die für die Städter
übliche Einzelverbrennung in der Nekropole erwähnt finden . Id habe mich nun neuerdings überzeugt, daß auch Pro ſaifer Bemerkungen enthalten , welche für die uns beſchäf tigende Frage in Betracht kommen . Es ſcheint möglich zu ſein, insbeſondere die Feuernekropole Hiſſarlik auf hiſtori îchen Boden zu ſtellen. Es ſei für' heute nur Polybius XII , 57. angeführt :
ευγενείς παρά σφίσι νομίζεςθαι τους από των έκατον οικιών λεγομένους ταύτας δ' είναι τας εκατόν οικίας τας προκριθείσας υπό των Λοκρών πριν ή | Siebe „ Ausland" 1883, S. 1029 ff.
Einiges zur Diſfarlit-Frage.
143
την αποικίαν εξελθείν εξ ών έμελλον οι Λοκροί κατά
III.
τον χρησμόν κληρούν τις αποσταλησομένας παρ
Rönnen die unglaſierten , alſo nidt waſſerdichten Rieſenurnen von Hiffarlik (Bithoi genannt) als Flüffigkeitsbehälter ge
θένους εις " Ιλιον .
dient haben ?
Alſo die Lokrer mußten auf Geheiß des Orakels (von Delphi) jährlich zwei aus den vornehmen Familien aus:
In meinem Aufſake ,,Die Bauerntöpferei und die
gewählte Jungfrauen als Sühnopfer nad Zlion ſenden. Ueber das Loos dieſer Jungfrauen wiſſen Spätere allerlei ſeltſames zu erzählen , auch daß ſie getötet und
Keramik der Nekropolen " (,, Ausland" 1885, S. 30 ff.)
verbrannt worden ſeien.
Wanderten nid )t gleiche Opfer
nach Kreta ? Und was war der Minotaurus, der ſie ber ichlang ? Etwa ein glühendes hohles Erzbild in Stierge ſtalt, worin nach phönifiſder Art die unglücklichen Opfer lebendig verbrannt wurden ?? Diente dazu in Jlion eine rieſige Urne, der Pithos ? Eigen bleibt es jedenfalls, daſs dort thatſächlich unter dem aus ſpäterer Zeit ſtammenden Tempel die Reſte verbrannter junger Mädchen aufgefunden worden ſind, nämlich in einem Pithos ein Schädel nebſt Brandreſten („ Ilios“ , S. 570), und in 6 Fuß hoher Holzs aſche, worin die Scherben des zerſprungenen Pithos lagen , jenes aufredyte (!) Skelett (,, Ilios", S. 307.) Ich behalte
findet ſich S. 53 folgender Paſſus: „ Das Mindeſte, was 1
von einem Gefäß verlangt werden muß, das Flüſſigkeiten aufnehmen ſoll, iſt wohl Waſſerdichtigkeit. Waſſerdidit können aber die unpolierten und unglaſierten, faum halb
gebrannten Thongefäße von Hiſſarlik und anderen Orten unmöglich ſein, denn wie uns jedes Handbuch der Keramik ſagt, macht erſt die Glaſur Gefäße aus poröſer Jrdens ware waſſerdicht. Somit fönnen (beiläufig bemerkt) audy die famoſen unglaſierten und unpolierten Pithoi aus ordi
mir weiteres nad genauerer Prüfung der Quellen vor. 1
närem Ziegellehm ganz unmöglich Waſſers, Wein- oder Del-Vorratskrüge geweſen ſein . Vielleidyt ſtellt Herr Pro fejor Virdyow oder Herr Dr. Schliemann mit dem im Berliner Muſeum befindlichen Pithos einen Verſuch an . “ Ein ſolcher Verſuch iſt bis heute nicht angeſtellt worden , dagegen erklärte im Ausland" 1885 , Nr. 24 , Herr
Wie Philoſtratos berichtet, ſandten auch die aioliſchen Theſſalier alljährlich Opfer nach Jlion, und zwar auf
regung Virdyow's - beides für irrig, ſowohl die Angabe
Gebeiß des Drakels von Dodona , angeblich Totenopfer
der keramiſchen Handbücher, daß erſt Glaſur poröſe Jrden
für Achill. Achill iſt aber der Sonnengott, die Drakel
ware waſſerdicht mache, als auch meine Nußanwendung auf die unglaſierten Pithoi (Dolia) von Hifjarlik. Wir er
von Dodona und Delphi waren die älteſten griechiſchen Sonnenkultſtätten, und auch die Kultſtätte Ilion, d.
bas
heutige Hiſſarlif-Plateau, iſt, wie dort alle Funde lehren, von jeher dem Sonnendienſte gewidmet geweſen. Aus dem Sonnenkult erklären ſich nicht nur jene
Menſchenopfer, deren Veranlaſſung Hungersnot, alſo Miß wachs war, ſondern auch die hier geübte Totenverbrennung, denn dieſe iſt bekanntlich ein Ausfluß jenes Kultes, eine
Opferung. Jene Menſchenopfer ſollen nach Polyb ſchon 680 v. Chr., nad, anderen um 560 v. Chr. begonnen und
erſt nach dem phofiſchen Kriege eingeſtellt worden ſein.
In dieſen Zeiten mag der Terraſſenbau in der nordweſt lichen Ecke der Hochfläche von Hiſſarlik, unſere Feuer nefropole, auch jenen grauſamen Kultbräuchen gedient
haben, bis die Veredelung der Zeiten ihnen ein Ziel ſeşte und auf dieſer Stätte den Tempel aufrichtete, deſſen In ſchriften thatſächlich auf Ilion hinweiſen. Aber dies Ilion
Dr. R. A. Philippi zu Santiago (Chile) – wohl auf An
halten nämlich von Herrn Philippi erſtens die ſchäßenswerte Mitteilung, daß in Chile alle ordinären Kochgeſchirre, alle irdenen Näpfe, Schüſſeln , Teller, nicht glaſiert, ſon
dern nur ziemlich ſchwach gebrannt, innen geglättet und poliert auf den Markt gebracht und dann erſt , kuriert" ( von curado ), d. 1. brauchbar gemacht werden, indem die Köchin ſie vor dem Gebrauche erhißt und dann mit Fett, Milch oder Seife ausſchwänkt. „ Die fettigen Sub ſtanzen ", lautet es wörtlid ), ,,bewirken , daß die innere Fläche des Topfes keinen Tropfen Waſſer durchlaſſen kann . “ Nun, uns ſcheint dieſer Notbehelf von vorüber
gehender Wirkung beweiſt doch gerade, was Herr Philippi vergeblich beſtreitet und die Handbücher richtig ſagen, daß nämlich erſt die Glaſur Gefäße aus poröſer Jrdenware waſſerdicht macht !
Die Handbücher haben dauernde
Ausdehnung, wie behauptet wird. Nein, dieſer Raum
Eigenſchaften der keramiſchen Erzeugniſſe im Auge. Uebrigens wurde jüngſt Verwendung unglaſierter Jrdenware auch aus Gaza ( Paläſtina) berichtet, dabei aber bemerkt was
war Jlion's Nekropole, wie die zahlloſen Gräber dort, die
Herr Philippi für Chile zu erwähnen vergaß), daß die
kleinen Säulen und Moſaikböden , Neſte von Grabtempelchen
unglaſierten Gefäße nicht zu allem brauchbar ſind, wes halb aud die Eingeborenen glaſierte faufen . . ( Vergleiche „Zeitſchrift des Paläſtina-Vereins“ VIII, 2, 1885). Herr
lag nicht auf der kleinen Hochfläche von nur 600 zu 900 m .
und zahlreiche Münzen beweiſen, die, eine bekannte Toten
mitgabe, genau mit dem Sieg des Chriſtentums, das will ſagen, mit der Schließung dieſer heidniſchen Kultſtätte um 400 n . Chr., aufhören, während Jlion noch um 950 n. Chr. erwähnt wird . Dies Ilion muß in der Ebene und wahrſchein lich dort gelegen haben , wohin Schliemann's Theater ſchaut. 1 Erwähnt ſei vorläufig noch Tzetz ad Lycophr. Al. 1141 bis 1173.
Philippi berichtet zweitens über die großen chileniſchen Tinajas, welche er irrigerweiſe mit den großen Hiſſarlif Urnen identifiziert, mit den Worten : ,,Was die großen, zur Aufbewahrung von Wein, Waſſer und Del beſtinimten Gefäße betrifft, ſo ſind es in Chile dieſelben wie in Süd italien und Sicilien, wo man ſie im Anfange der dreißiger
Dr. H. F. C. Ten Kate jun. und ſeine Reiſen .
144
Jahre häufig in Gebrauch ſehen konnte, und iſt ihre Ver fertigung unſtreitig aus Spanien nach Chile gebracht.
die vom angeblichen Stadtbrande unberührt gebliebenen, etwa die neun Pithoi im Keller eines Weinhändlers im
Jahren nach Chile fam , ſah man ſie faſt in jeder Land wirtichaft im Gebraud ), um darin ben Wein aufzubewahren.
ſüdöſtlichen Stadtviertel (vgl. „ Ilios “, S. 39, Fig. 8) oder der im Berliner Muſeum für Völkerkunde befindliche, von welchem Dr. Schliemann im ,, Jlios ", S. 424 ſagt : „ Man kann ſeine Unverſehrtheit zum Teil dem Umſtande zu (dyreiben, daß er der großen Hiße der Feuersbrunſt nicht
Sie werden jedes Jahr innen ge
ausgeſeßt geweſen iſt; ich fand ihn nämlich im ſüdöſtlichen
waſchen und mit Gyps überzogen und ſo laſjen fie audy ohne Glaſur keine Flüſſigkeit durch. Wenn man keinen Gyps zum Ausſchmieren der großen thönernen Dolia nehmen will, ſo wendet man zu dieſem Zwede Ped oder
Viertel der dritten Stadt, das vom Feuer nicht erreicht wurde. " Aber ſogar an ſolchen dem „Stadtbrande" gar nicht ausgefeßt geweſenen Pithoi (das Berliner Muſeum
Jeßt werden ſie in Chile nicht mehr gemacht und ſind ſie, ſeitdem man den Wein rationeller bereitet, durch hölzerne Fäſſer ziemlich verdrängt ; allein als id) vor etwa dreißig
Sie heißen Tinajas.
irgend ein Harz an, und ſo mögen es auch die alten
Trojaner, Griechen und Römer gemacht haben ."
Das iſt grundfalſd, wie nachſtehende Kritik zeigen
befißt noch einen zweiten) iſt keine Spur von Gyps , Pech oder Harz wahrgenommen worden, obwohl ſolche Stoffe, wie ägyptiſche 4-5000 Jahre alte Funde beweiſen, unvergänglich ſind. Es ſpricht alſo auch der thatſächliche
dürfte ! Philippi's Tinajas ſind nur 3-4 Fuß hody, da mit man ſie noch ohne Umſtände ausſchöpfen kann, während die Pithoi von Hiſſarlik, wie Schliemann ſagt, meiſt ſo
Philippi's, und es kann kein Zweifel obwalten, daß die Pithoi von Hiſſarlik immer ſo wie heute ,
hoch ſind, daß ein Mann, ohne geſehen zu werden, darin
vollkommen durchläſſig und deshalb für Flüf
aufrecht ſtehen kann, ja ſie erreichen ſogar das relativ ge waltige Maaß von 8 (a cht) Fuß Höhe bei 5 Fuß Durch
figkeiten völlig unbrau dy bar geweſen ſind.
Befund in Hiſſarlik gegen die höchſt willkürliche Annahme
(Schluß folgt.)
meſſer, würden alſo beſondere Hülfsmittel zu ihrer Ents leerung erfordern. Dieſe Pithoi ſtehen nach Schliemann im Keller, die Tinajas aber, wie ſpaniſche Bilder (Wirts hausſzenen u. dgl.) lehren, in der Gaſtſtube, und zwar, damit ſie infolge ihrer unpraktiſchen Form nicht umfallen, in einem viereckigen hölzernen Geſtell. Die Pithoi wür den Vorrat für längere Zeit bewahren müſſen ; die Tinajas faſſen , was tagsüber in der Gaſtſtube verbraucht wird, und ſind porös, weil dies das Getränk durch Verdunſtung fühl erhält, während dies für Rellervorräte, weil mit alls
mählichem Auslaufen gleichbedeutend, Nonſens wäre. ,,Gyps dichtet keineswegs,“ wie Philippi meint, ſondern „ verlang ſamt“ nur das Durdyſickern der Flüſſigkeit, denn er iſt ſelbſt porös, und Philippi's mit Gyps ausgeſtrichene poröſe
Tinajas find thatſächlich einfach Alcarazza - Gefäße. Wir würden alſo, wenn die Pithoi überhaupt Vorrats gefäße wären, zwei ganz verſchiedene Kategorien vor uns ſehen, deren einerlei Dichtung à la Philippi irrationell wäre, denn Gyps würde, weil er nicht völlig dichtet, für eigentliche Vorratsgefäße nußlos, Pech oder Harz, die völlig dichten, gerade darum für Alcarazzas zweckwidrig ſein. Es iſt auch meines Wiſſens das leßtere, nämlich Auspichen und Harzen der Tinajas, weder in Südeuropa,
Dr. H. F. C. Ten Kate jun. und ſeine Reiſen und Uuterſuchungen in Nordamerika. Von demſelben tüchtigen jungen holländiſchen Ge lehrten und Forſchungsreiſenden Dr. Ten Rate jun., von welchem wir fürzlich den intereſſanten Aufſaß über die Komantidhen (vergl. ,,Ausland" 1885, Nr. 43 und 44 ) brachten und berichteten , daß derſelbe ſeit Anfang des
Sommers auf einer neuen Forſchungsreiſe durch das Holländiſche Guiana begriffen, iſt fürzlich ein intereſſanter und gehaltvoller Bericht über eine Reiſe 1 erſchienen, welche der Genannte von November 1882 bis Dezember 1883 durd) Nieder- Californien , den fernen Weſten und die indianiſden Reſervationen im Zentrum des nordamerikani den Kontinents gemacht hat. Der Zweck dieſer Reiſe waren anthropologiſche und ethnologiſche Studien über die wilden Indianerſtämme des fernen Weſtens und Süds
weſtens und zu dieſem Behufe begab ſich der Verfaſſer von
New -York zunächſt an den Niagara und nach der Fro keſen -Anſiedelung, beſuchte die größten öſtlichen Städte
noch in Chile üblich und Herr Dr. Philippi ſelbſt fennt
und reiſte nach St. Louis und über Little Rock am Ar
poſitiv nur das Gypſen , denn mit der Wendung: „ Wenn man keinen Gyps nehmen will, ſo wendet man Bech oder irgend ein Harz an “, iſt offenbar nur ſeine ſubjektive Mei
kanſas- Fluß duro Teras an die Grenze von Mexico; ſodann nach El Paſo in Neu-Mexico und nach Isleta zu den Tiwa- Indianern. Von da kehrte er nach El Paſo zurück und reiſte mit der Teras - Pacific-Eiſenbahn über
nung, man könne dies thun, ausgedrüdt. Wären nun die Rieſenurnen von Hijjarlik gegypſt, ausgepicht oder mit Harzen behandelt worden, ſo würden einige unter Tauſenden gewiß dieſen inneren Ueberzug oder Spuren davon bewahrt haben, z. B. unter den mehr als ſechshundert in der ſogen. dritten Stadt wenigſtens
Deming, Bowie, Nozales und Hermoſillo nach der Hafen ſtadt Guaymas am Golf von Californien und von hier 1 Reizen en Onderzoekingen in Noord -Amerika, van Dr. H. F. C. Ten Kate jun. Met een Kaart en twee uitschlag ende Platen .
Leiden . J. E. Brill, 1885.
Dr. H. F. C. Ten Hate jun. und ſeine Reiſen.
zur See hinüber nach der Südſpiße von Nieder-Californien, nach La Paz, um ſeine naturwiſſenſchaftlichen und ethno: graphiſchen Forſchungen auf der ganzen, noch wenig be kannten Südſpiße von Unter-Californien vorzunehmen.
Von La Paz kehrte er über Guaymas wieder zurück, reiſte durch Sonora nach Yuma und dem Colorado -Strom ent lang, von wo er nacheinander die Pima- Indianer und die Apachen beſuchte und ſtudierte und ſich über Albu querque nach Santa Fé und über Laguna zu den Navajos
145
entſpricht, indem ſich die Tänzer kaum von Ort und Stelle bewegen, nur in den Hüften hin und her wiegen , mit den Füßen ſtampfen und mit Armen und Händen in einer Weiſe geſtikulieren, welche dem europäiſcher Zuſchauer bald langweilig wird, während der Indianer ſich dieſem von einer armſeligen, beinahe nur den Taft angebenden Muſik begleiteten ſogenannten Tanze Tage - lang und immer
bis tief in die Nacht hinein mit Leidenſchaft hingibt.
Indianern begab und einen Beſuch in den Moqui- Dörfern machte. Nach einigem Aufenthalte in Zuñi begab er ſich nach dem ſüdlichen Colorado und von da nach dem großen
In der Nähe der Papagos, denen die Regierung der Vereinigten Staaten nun eine Reſervation in Arizona angewieſen hat, wohnen auch die ihnen nahe verwandten Pimas, welche meiſt halb ziviliſiert ſind , Aderbau und
Indianer-Territorium, wo er längere Zeit verweilte und
Viehzucht treiben und auf verſchiedenen Miſſionen leben,
eingehende Studien unter den Comanchen , Reiowäs,
ſo daß ſie wenig von ihren urſprünglichen Sitten und Eigentümlichkeiten mehr bewahrt haben. Noch etwas eigen tümlicher ſind die Papagos , welche noch eigene Dörfer haben (10 3. B. eines bei der alten Miſſion San Xavier de Bac) und in Hütten von Lehm oder adobes (luft
Apachen, Chicaſaws, Fores, Choctaws u. 1. w . anſtellte, durd welche unſere Kunde von den gegenwärtigen Zu
ſtänden und den Eigentümlichkeiten der verſchiedenen In: dianerſtämme in ihrem gezwungenen Aufenthalt in den Reſervationen weſentlich bereichert worden iſt. Von dort
fehrte er dann über Fort Gibſon und St. Louis nady Europa zurüd.
Aus dieſer kurzen Ueberſicht von Dr. Ten Rate's
Reiſeroute iſt zu erſehen, welchen räumlichen Umfang ſeine Reiſen einnahmen. Allein von dem Gehalt der Forſch ungen über die Indianerſtämme, zu denen ihm dieſelben Veranlaſſung gaben , kann man ſich nicht ſo leicht einen Begriff machen. Wir können zwar auf den von uns im vorigen Jahrgang abgedruckten Aufſaß über die „ Com manchen “ verweiſen, aber derſelbe iſt nur teilweiſe dem
obengenannten Werk entnommen , vielmehr vom Verfaſſer für einen anderen Zweck geſchrieben worden. Die erſten balb ziviliſierten Indianer, welche unſer Reiſender zu ſehen bekommt, ſind die Tehua: oder Tiwa-Indianer von Isleta am Fuß der Vorberge der Sierra, welche dem Stamm der Tanos angehören und mit den Papagos am jenſeitigen Fuß der Felſengebirge, am Santa -Cruz- Fluſſe, nahe ver wandt, wo nicht identiſch ſind. Diefen Papagos , welche auch in der Sonora vorkommen und von denen ein weiter
Landſtrich auf der californiſch -mexicaniſchen Grenze den Namen Papageria erhalten hat , galt der nächſte Beſuch unſeres Reiſenden. Sowohl die Tiwas als die Mehrzahl der Papagos gehören ſchon längſt der römiſchen Kirche an
trođenen Backſteinen ) mit Dächern von Flechtwert, teil weiſe aber auch in Lehmhütten in Form eines abgeſtumpften Bienenkorbs mit einem Unterbau von Feldſteinen wohnen, welche keine Fenſter und ſtatt des Eingangs nur ein
meterhohes Loch haben, vor welchem ſtatt der Thür ein Fell oder ein Geflecht aus Baumzweigen hängt. Dieſe ſcheint die Urform ihrer Hütten zu ſein, die nur etwa 2,30 m. hoch, 4,70 m. breit und 4,80 m. tief und daher dumpfig und ſchmußig ſind. Die Papagos treiben eben
falls etwas Aderbau, beſchäftigen ſich aber vorzugsweiſe mit Korbflechterei und Töpferei und verſehen jene Gegen ben in Arizona und Sonora auf große Entfernungen hin mit ihren geflochtenen Waren und ihren etwas plumpen,
aber nicht ganz ſtylloſen Thongefäßen der verſchiedenſten Art.
Der charakteriſtiſchſte Gegenſtand ihrer Induſtrie
iſt der von ihnen verfertigte Tragekorb, aus vier langen, becherförmig überflochtenen Stöden beſtehend, der ſich nad
oben becherförmig erweitert und dann hochauf mit Gegen ſtänden aller Art beladen wird. Mit dieſem Tragekorb auf dem Nacken begegnen einem wiederholt die Weiber der Papagos, welchen alle ſchwereren Arbeiten zufallen.
Die Weiber der Papagos tragen ihre Kinder nicht nach indianiſcher Art auf dem Rücken , ſondern in den Armen , und zwar ſo, daß das Kind rittlings auf dem Hüftbein
und ſind noch zur alten ſpaniſchen Zeit durch Jeſuiten bekehrt worden ; das Chriſtentum ſißt aber nicht tief in ihnen, und
der Mutter ſißt und ſie es nur mit den Armen zu ſtüßen
ſie mengen noch manche heidniſche, abergläubiſche Vorſtel lungen und Bräuche in ihre religiöſen Zeremonien. Ten Kate
Obwohl die Papagos den Apachen nahe verwandt
ſind, teilen ſie doch den Haß der Amerikaner und Megi
verwahrt ſich zunächſt gegen den Mißbrauch, daß man dieſe Indianer „ Rothäute “ nennt , denn die meiſten haben
caner gegen dieſes räuberiſche Geſindel, helfen ſchon ſeit hundert Jahren die Apachen bekriegen und haben teilweiſe
keine Spur von Kupferfarbe der Haut, ſondern ſind nicht dunkler als die meiſten Südeuropäer und nicht einmal ſo dunkel als die meiſten ſogenannten Weißen in Mexico. Zum erſten Mal lernt hier unſer Reiſender auch die Tanz mut der Indianer kennen, ſowie dasjenige, was ſie Tanz
die Zugänge ihrer Dörfer gegen die Ueberfälle derſelben
nennen und was unſeren Begriffen von Tanz gar nicht
darin beſteht, daß er vierzig Tage und Nächte lang an
Auslaud 1886 , Nr. S.
braucht.
befeſtigt. Wie tief der Haß und Abſcheu der Papagos gegen die Apachen iſt, beweiſt die Sitte, daß der Papago,
welcher einen Apachen getötet hat , für unrein gilt und ſich einer Art Reinigungsprozeß unterziehen muß, welcher 23
146
Die Kolonie Neu - Seeland.
einem abgelegenen Ort außerhalb des Dorfes ſich auf: halten muß, wohin man ihm ſeine Nahrung bringt.
worden iſt, gehören Ten Rate's treue ſchlichte Schilderungen
Dr. Ten Kate iſt nicht nur ein eifriger und tüchtiger
Sippe, unter den Navajos, in den Moqui-Dörfern und bei den hochinterefianten Zuñi, wo bem Beobachter ſo viele
Anthropolog und Ethnolog, ſondern auch ein feiner Bes obachter mit einem geſchärften Blid für die Beſonderheiten und die geiſtigen und ethiſchen Charakterzüge eines Volkes, und dies, in Verbindung mit der klaren, objektiven und
ſeines Aufenthaltes unter den Apachen , dieſer verrufenen
Spuren und Züge einer früheren friedlichen Kultur be:
gegnen, und insbeſondere auch die Schilderungen ſeines Aufenthaltes in dem großen Indianergebiet, der gemeins
anſchaulichen Darſtellung , welche nur wirklich Erſchautes
ſamen Reſervation für die Ueberbleibſel verſchiedener einſt
gibt und ſich aller müßigen Spekulationen und kühnen Vermutungen enthält, leiht ſeinem Buche den großen Reiz und Wert. Die Indianer-Frage iſt heutzutage für die Verein . Staaten eine brennende, für die Ethnographie eine hodywichtige. Es handelt ſich darum, parteilos und gerecht zu ermitteln, ob die Indianer wirklich die unverbeſſerlichen Vagabunden und Bummler, die unziviliſierbaren ſchmußigen
To mächtiger Stämme, wo ſich ihm die beſte Gelegenheit zur Veranſtaltung der lehrreichſten und denkwürdigſten
Lumpe ſind, als welche ſie uns von jenen weißen Halb
barbaren und Rowdies des Weſtens geſchildert werden,
deren Motto noch heute iſt: : ,, Dem Schwarzen die Peitſche, dem Indianer die Büchſenkugel" ; ob die Indianer wirt:
lich nicht der Ziviliſation gewonnen werden können, wenn inan ſie in ihren Rechten ſchüßt, gerecht und liebreid be: handelt und ihnen hülfreich entgegen kommt ; ob nicht die Ungerechtigkeiten, Brutalitäten und Mißhandlungen der Indianer durch die Weißen und ihre Mißwirtſchaft den Troß, Haß, Blutdurft und die Rachgier der Rothäute hervorgerufen und jenen unverſönlichen und mörderiſchen
Raſſenkrieg auf der Grenze heraufbeſchworen hat, welcher den Weſten dhon ſeit Jahrzehnten beunruhigt, verheert und entvölkert ? Auf dieſe Fragen erteilt das Ten Kate'iche
Buch eine ziemlich präziſe Antwort, indem es unparteiiſch und gerecht den gegenwärtigen Zuſtand der Ueberreſte
Vergleiche der einzelnen Stämme barbot.
Es würde uns
zu weit führen, hier auf die Einzelheiten einzugehen, aber wir werden bas Kennzeichnende und Charakteriſtiſche von Ten Kate's Beobachtungen und Wahrnehmungen unſeren Leſern in Auszügen vorführen , um ſie ſelbſt von dem Werte des Buches urteilen zu laſſen, von welchem hoffent: lid bald eine deutſche Bearbeitung veranſtaltet werden wird. Die Anſchaulichkeit und Lehrhaftigkeit der Schildes rungen wird weſentlich erhöht durch die hübſche beigegebene Karte , welche die ganze Reiſe des Verfaſſers überſchauen und verfolgen läßt, und durch die beiden lithographierten Tafeln , von denen die erſte ſechs landidaftliche Anſichten und botaniſche, und kulturhiſtoriſche Darſtellungen, die zweite achtzehn inſtruktive anthropologiſche und ethnologiſche Juu ſtrationen enthält. Das Buch iſt allerdings weſentlich den Zweden der Anthropologie und Ethnographie ge
widmet und ein höchſt dankenswerter Beitrag zu denſelben, allein auch die übrige Naturgeſchichte und Naturkunde in
allen ihren Diſziplinen iſt nicht vernachläſſigt, und ſo lehrt uns der Verfaſſer aud, Boden, Pflanzen- und Tierwelt, Klima, Witterung und Topographie der von ihm bereiſten
jener einſt ſo mächtigen Stämme, aber auch die Spuren und Ueberbleibſel einer früheren höheren Kultur und Dr ganiſation unter ihnen und den unverkennbar guten Reim in ihrem Weſen und die Tauſend und Abertauſend eigen
Gegenden kennen, von denen viele kaum noch je geſchildert worden ſind. Als beſonders lehrreich und intereſſant be: zeichnen wir des Verfaſſers Schlußbemerkungen und die
artigen und merkwürdigen Züge ihres Weſens ſchildert, welche uns ein tieferes Intereſſe für dieſe zerſplitterte und
Litteratur in den Anmerkungen für eine der beſten Erſcheinungen îchen Litteratur und für ein Werk zu den höchſten Erwartungen von des Herrn Dr. Ten Kate jun, als
an dem Mangel an Einheit und Einheitsgefühl unter gehende , thatkräftige und lebensfähige Raſſe einflößen.
Wer, wie unſer Autor, unter ſo verſchiedenen Stämmen jener Raſſe gelebt und ſie in ihrem ganzen Leben und Treiben beobachtet hat, ſo die Apachen , Navajos, die Moquis, die Zuñis, ſodann die mancherlei Stammesreſte,
umfangreichen Erläuterungen und Verweiſungen auf die zu dem Buche, das wir der neueren niederländi erklären müſſen, welches den fünftigen Leiſtungen Forſchungsreiſender und
Ethnograph berechtigt.
die im Indianergebiet, d. h. den großen Reſervationen, untergebracht ſind, und wer aus nächſter Nähe die Behand lung dieſer vergewaltigten Stämme von feiten der Weißen
Die kolonie Neu-Seeland. Von Henry Greffrath.
und der Regierung der Vereinigten Staaten mitangeſehen und geprüft hat, von dem brauchen wir keine akademi ichen Erörterungen zu erwarten , zumal wenn denſelben nur ein rein menidhliches und ein ernſtes wiſſenſchaftliches
(Schluß .)
Die Bevölkerung von Neu-Seeland, mit Einſdluß der
Chatham-Inſeln, aber ohne die eingeborenen Maoris, be
darin liegen der Reiz und der Wert des vorgenannten
lief ſich am Schluſſe des Jahres 1883 auf 540,877, gegen 517,707 im Vorjahre und 341,860 im Jahre 1874. Da
Werkes. Zu dem Leſenswerteſten, Lehrreichſten und Feſſelnd:
von gehörten 294,665 dem männlichen und 246,212 dem
ſten, was über die Indianer des fernen Weſtens geſchrieben
weiblichen Geſchlechte an. Auf die Nordinſel entfielen
Intereſſe zu dieſen verlaſſenen Stämmen geführt hat, und
Die Kolonie Neu -Seeland. 213,674 und auf die Südinſel mit den Chathams 327,203.
Unter den neuen Provinzialdiſtrikten waren die bevölkertſten Otago mit 147,945, Canterbury mit 124,248 und Auct
gentere Rafie.
147 Sie ſind tapfer, raid in Auffaſſung und
Nachahmung, bilderreiche Redner und für religiöſe Gefühle
land mit 109,360 Seelen . Marlborough hatte erſt 10,260
nicht ganz unempfänglich. Andererſeits find ſie eitel und ſtolz, eiferſüchtig und in hohem Grade radygierig. Euro:
Bewohner.
Es zählten im Jahre 1883 die Geburten
päiſche Kultur hat im ganzen erſt wenig auf ſie gewirkt.
19,202, die Todesfälle 6061, die Einwanderung 19,215 , die Auswanderung 9186. Aus der Zahl der Eingewan derten wurden 5902 unter dieſen 90 Deutſche auf Koſten der Kolonie aus Europa eingeführt. Neu -Seeland
Eine unter ihnen verbreitete Sage deutet darauf hin, daß
verausgabte für freie Einwanderung aus Europa große
Summen. Vom Jahre 1870 bis zum 30. Juni 1883 wurden 104,419 Perſonen mit einem Roſtenaufwande von
ihre Vorfahren vor zwanzig Generationen , alſo vor unges
fähr 600 Jahren, von einer Inſel mit Namen Hawaifi
in Neu - Seeland eingewandert ſeien. Man vermutet, daß mit dieſer Inſel entweder Hawaii in der Sandwich- Gruppe oder Savaii, zu den Samoa- oder Schiffer- Inſeln gehörig, gemeint ſeien. Bekannt iſt, daß Rapitän Coof ſeinerzeit einen Mann und einen Knaben von den Sandwich Inſeln
zwei Millionen Lſtr. frei nad Neu-Seeland befördert. Was die Zahl der Deutſchen, d. i. ſolcher, welche in Deutſchland geboren wurden, anlangt, ſo entfielen von den 42,203 27,349 männlich und 14,854 weiblich -
ſtändigen konnten. Ob ſie bei ihrer Einwanderung in Neu-Seeland, dieſe vorausgeſeßt, Eingeborene vorgefunden
welche nach dem legten Zenſus vom 3. April 1881 in den
haben ? Dafür ſcheint die Verſchiedenheit in ihrem Typus
ſieben auſtraliſchen Kolonien lebten, 4819 -- 3188 männ: numeriſchen Ungleichheit der Geſchlechter ſind Ehen mit nicht: deutſchen Frauen häufig, und damit geht dann die deutſche Nationalität in der Regel verloren. Dasſelbe gilt auch
zu ſprechen. Einige ſind hellfarbig mit ſchlichtem Haar: wuchs, andere dunkelbraun mit lodigem, faſt gekräufeltem Haar. Einige haben lange gebogene Naſen, andere wieder eine plumpe dide Geſichtsbildung. Die Maoris waren, als Kapitän Cook ihre Inſeln beſuchte,
zum großen Teile von in der Kolonie geborenen Kindern
in ihrer Art ziviliſiert. Sie wohnten in Häuſern, beſaßen
rein deutſcher Eltern. Sie leben ſich von Jugend auf in engliſche Sitten und Gewohnheiten hinein und ſprechen oft nicht mehr ihre Mutterſprache . Die Eingeborenen, Maoris, welche, mit Ausnahme von ungefähr 2000, jeßt nur noch auf der Nordinſel leben,
Gerätſchaften aus Stein, bearbeiteten das Land, aber nicht als Eigentum der Individuen, ſondern als dem ganzen Stamm gehörig, kochten ſich ihre Lebensmittel, lebten nicht von der Hand in den Mund, ſondern legten ſich Vorräte
lich und 1631 weiblich -- auf Neu -Seeland. Bei der großen
zählten nach dem leßten Zenſus 44,099, und zwar 24,370
männliche und 19,729 weibliche. Im Jahre 1842 ſchäßte
man ſie auf 114,000, im Jahre 1850 auf 70,000 und im Jahre 1858 ergab der damalige Zenſus 58,790. Ihre Zahl vermindert ſich von Jahr zu Jahr. Dazu tragen
nicht allein Sdwindſucht und Stropheln, welche unter ihnen herrſchen, bei, ſondern wohl noch mehr ihre Be rührung mit den Schattenſeiten der europäiſchen Kultur. Sie ſelber täuſchen ſich über ihr baldiges Ausſterben nicht.
„ Wie des weißen Mannes Ratte die unſerige vertilgt hat", ſprechen ſie, ,,wie die Fliege der pakehas (b. i. die der Fremden, Weißen) die unſerige vertreibt , wie der
fremde Klee unſer Farnkraut tötet, ſo verſchwindet auch der Maori vor dem weißen Manne." Denkt man ſich ein Dreieck, deſſen Spiße Neu -See land, deſſen Baſis eine gerade ſüdöſtliche Linie vom nord
an Bord hatte, welche fich mit den Maoris ganz gut ver
an, übten , freilich nach ihrem Zuſchnitt, eine Art Juſtiz aus und behandelten ihre Frauen gut. Die Kleidung beſtand in Matten. Sie zogen ſich die Barthaare aus,
und jeder Maori, welcher etwas vorſtellen wollte, täto wierte ſich, die Frauen nur die Unterlippe bis aufs Kinn herab. Die Männer ſahen beſſer aus als die Frauen , und die Tätowierten unter ihnen wieder beſſer, als die, welche es nicht waren. Heutzutage iſt freilich vieles bei ihnen anders geworden. Sie kleiden ſich europäiſch und die jungen Leute tätowieren ſich nicht mehr. Mr. Wallace entwirft folgende intereſſante Schildes rung von ihnen, wie ſie waren, als die Europäer in nähere Berührung mit ihnen famen :
„ Wenn gleich ihnen eine geſchriebene Sprache fehlte, ſo wußten ſie doch viele Lieder und Sprichwörter, Legenden und Traditionen , welche ſich von Generation auf Generation
und deſſen gleichſchenkelige Seiten-Linien von den Enden
vererbten. Sie kannten jede Pflanze, jeden Vogel, jedes Inſekt unter beſonderen Namen, ja ſelbſt die verſchiedenen Felsarten verſtanden ſie zu unterſcheiden. Sie benannten
dieſer Baſis nad Neu-Seeland bilden , ſo umfaßt man
die vier Jahreszeiten und teilten das Jahr in 13 Monate.
damit die Völkergruppe der lichtbraunen Polyneſier. Sie
Ihr Jahr begann mit dem erſten Monde nach einem
weſtlichen Ende der Sandwich -Gruppe bis zur Oſterinſel,
ſind in Farbe, Körperform, Sprache, religiöſen Mythen und
Stern, welcher des Morgens anfing zu ſcheinen und den
Einrichtungen , wie dem tapu, einander verwandt. Als
ſie Piranga hießen. Sie hatten eigene Namen für die
der Hauptſtamm derſelben , ſowohl im Körperbau wie in
wichtigſten Sterne, ja ſelbſt für beſtimmte Konſtellationen.
der geiſtigen Entwicklung, müſſen die Maoris gelten. Es
Unter ihren vielen Spielen ivaren manche den unſerigen
iſt eine förperlich ſchöne und, im Vergleich mit den übrigen Polyneſiern und den Auſtralnegern, auch eine viel intelli
völlig gleich, wie der fliegende Drache, Verſteck, auf Stelzens gehen, über den Strid ſpringen u. 1. w . Sie glaubten
Die Rolonie Neu -Seeland.
148
an eine Fortdauer nach dem Tode und an Wahrzeichen, hatten Tempel und Prieſter, opferten u. 1. w ." Wie die Miſſionare ausſagen , war bis zum Jahre 1843 Rannibalismus allgemein unter den Maoris. Sie verſpeiſten ihre Feinde – und die Stämme lagen faſt wenn ſie tot oder immer in Fehden mit einander lebendig in ihre Hände fielen , aber , wie es ideint, nie einen ihres Stammes.
Im Jahre 1822 verzehrten
der Häuptling Hongi und ſeine Leute nach der Einnahme
von Totara am Thames- Fluſie 300 Gefangene, und im Jahre 1836 wurden während des Rotura-Krieges in zwei Tagen 60 Gefangene gekocht und gegeſſen. Von 1843 bis 1864 foll kein Fall von Kannibalismus vorgekommen ſein. Im Jahre 1864 führte jedoch eine neue Religion,
welche ihren Urſprung in der Provinz Taranaki nahm und, feltſam genug, Pai Marire, 8. i. Güte und Frieds
und 4,789,358 durch Kreuzung erzeugt. Unter den ſieben
auſtraliſchen Kolonien mit 77,250,170 Schafen befißt nächſt Neu -Südwales mit 31,796,308 Neu-Seeland, namentlich in ſeinen Provinzen Otago, Canterbury, Wellington und Hawke's Bay, die meiſten Schafe.
Von den 66,577,160 Acres Land, welche die Nord
und die Südinſel umfaſſen ſollen, waren bis zum Schluſſc des Jahres 1883 im ganzen 17,430,021 Acres in Privat beſiß übergegangen und dafür vom Staate 12,354,825 Lſtr. vereinnahmt worden. Im Jahre 1883 wurden 113,500 Acres Kronland mit 143,208 lſtr. verkauft. Im Jahr 1883/84 befanden ſich 1,412,300 Acres unter Kultur, während 4,600,649 mit Gräſern und Futterfräutern für
Vieh befäet waren. An Weizen wurden auf 377,706 Acres 9,827,136 Buſhels ober 26.02, an Hafer auf 262,954 Acres 9,231,339 Buſhels oder 35,11 und an Gerſte auf 32,907
fertigkeit, genannt ward, den Kannibalismus nody einmal
Acres 964,456 Buſhels oder 29,31 vom Acre = 40,46 Ar
wieder ein. Viele Maoris vertauſchten das früher von
geerntet. Ein Buſhel umfaßt 36,35 Liter, bei Weizen
ihnen angenommene Chriſtentum gegen dieſe Religion und
werden dledytweg 60 engliſche Pfund ober 27,21 Kilo
nannten ſich Hau- Haus. Hau ! Hau ! bedeutet Auf! auf ! -- ein Ausruf der Maoris, wenn der Kampf beginnt. Sie tranken das Blut ihrer erſchlagenen Feinde und ver dlangen deren Augen. Die Ehe wurde aufgehoben,
als ein Buſhel gerechnet. Der in Neu-Seeland gebaute Weizen ſteht in der Qualität dem des auſtraliſchen Ron tinents, welcher als der vorzüglichſte der Erde gilt, nach. Der meiſte Getreidebau wird in den Provinzen Canterbury und Otago betrieben. Von den vorerwähnten 377,706 Acres unter Weizen fielen 240,616 auf Canterburt,
damit die Kinder ſich wie Sand am Meere mehrten ; alle Pakehas (Fremden) ſollten ermordet werden u. 1. w. Auch der lutheriſche Miſſionar Volkner, welcher auf der Miſſions
anſtalt an der Tauranga -Bucht im Oſten der Provinz
100,694 auf Otago, 15,534 auf Wellington, 9332 auf
Audland thätig war, fiel im Jahr 1865 dieſen Fanatikern
Audland u. 1. w. Unfolge der niedrigen Getreidepreiſe hat in Neu -Seeland der Acerbau in leßter Zeit abgenommen,
in grauſamer Weiſe zum Opfer. Dieſe Religion fand
dagegen hat ſich die Viehzucht vermehrt.
hauptſächlich unter den ſog. Kingiten, d. i. der Königspartei,
Die öffentliche Revenue des Jahres 1883 belief ſich auf 3,871,267 Lſtr. gegen 3,063,812 lſtr. und die Aus: gaben auf 3,924,005 Lſtr. gegen 3,035,711 im Jahre 1874. Die Haupteinnahmen flofien aus den ſehr hohen Eingangszöllen mit 1,411,496 Lſtr., aus Eiſenbahnen mit 953,910 Lſtr., aus der Poſt und aus Stempelgebühren
ihre Anhänger, iſt aber jeßt als abgethan zu betrachten. Eine Einrichtung eigener Art unter den Maoris iſt die „ Muru “, welche das Streben nach Beſiß und Eigen tum geradezu aufhebt. Sie beſteht darin, daß jemandem
ſelbſt für Vergehen und Zufälle, für welche er in keiner Weiſe verantwortlich iſt, Strafen auferlegt werden . Der
mit 441,056 Lſtr., aus der Grundſteuer mit 405,909 Lſtr .,
3. B. ein Kind fällt
aus der Rente und aus Verkauf von Kronland mit
ins Feuer und war nahe daran , verbrannt zu werden, ſo wird der Vater des Kindes vom taua aufgeſucht und ihm ſein Mundvorrat, ſein Ranoe, ſein Fiſchergerät u. (.w. fortgenommen. Oder die Frau läuft einem Maori davon, ſo kommt wieder der taua und beraubt ihn, weil er ſich
348,819 Lſtr. u. f. w. Die Staatsſchuld belief ſich am 30. Juni 1884 bereits auf 29,574,903 Lſtr. oder bei einer damaligen Bevölke
Büttel der Muru heißt der taua.
rung von rund 548,000 auf 54 Lſtr. oder 1095 Mark
datiert die leßte amtliche Zählung für Pferde mit 161,736
pro Kopf, zu deren jährlicher Verzinſung 1,550,527 Lſtr. erforderlich waren. Eine weitere Anleihe von 1 Million Lſtr. wurde am 9. Januar 1885 in London negoziiert und foll meiſtens auf den Bau von Eiſenbahnen verwendet werden . Die Höhe dieſer Schuld erſcheint denn doch be: denklich, wenn man auch in Betracht zieht, daß die Rolonie für einen beträchtlichen Teil derſelben, ſiehe weiter unten,
( +62,475 ), für Kinder mit 698,637 (+204,524 ) und für Schweine mit 200,083 (+ 76,342 gegen das Jahr
Eiſenbahnen in Betrieb hatte. Im Jahre 1880 warnte der damals abtretende Gouverneur Sir Hercules Robinſon
1874) ſchon aus dem Jahre 1881. Dagegen wird der 13,306,329 angegeben, gegen 11,674,862 im Jahre 1874.
das Parlament und die Regierung, die Schuld der Rolonie noch zu vergrößern, man hat aber dieſer Warnung nicht gefolgt.
Davon waren 7,315,232 Merinos, 1,201,739 langwollig
Der Import des Jahres 1883 bewertete 7,974,038
um ſeine Frau nicht beſſer bekümmert hat. Dder ſein Kanoe wird auf dem Waſſer vom Wind und den Wellen umgeſtürzt und einer der Seinigen ertrinkt, ſo ſtraft ihn wieder der taua .
Was den Viehſtand von Neu- Seeland anlangt, ſo
Schafbeſtand der Kolonie am 31. Mai 1884 amtlich mit
Die Kolonie Neu -Seeland.
149
lſtr. gegen 8,121,812 Lſtr. im Jahre 1874. Daran war
1,379,483 mit einer Einnahme von 81,402 Lſtr. Außer
Großbritannien mit 5,241,847 Lſtr. beteiligt , Deutſchland nur mit 5793 Lſtr. Der Erport bemaß 7,095,999 Lſtr. gegen
dem kommen noch 219,917 Regierungsdepeſchen in Betracht, welche einen Raſſawert von 21,556 ſtr. repräſentieren. Dies ergiebt eine Geſamteinnahme von 102,958 Lſtr. gegen Roſten von 73,054. Zehn Worte werden mit 1 sh. be
5,251,269 im Jahre 1874, und davon entfielen 5,346,893 Lſtr. auf Großbritannien und 1,101,663 Lſtr. auf die Kolonien des auſtraliſchen Kontinents. Zu den wichtigſten
rechnet und jedes weitere Wort mit 1 d.
Seit dem
Ausfuhrartifeln gehörten Wolle mit 68,149,430 e. Pfund
Jahre 1876 hat Neu -Seeland Kabelverbindung mit den
zu 3,014,210 ſtr., Weizen mit 1,067,309 ſtr., Hafer mit 170,542 Lſtr., Gold mit 892,445 Lſtr., Kauri-Gummi mit 336,606 Lſtr ., Talg mit 233,557 litr., Nußbölzer mit 124,898 lítr., gefrorene Fleiſchförper, frozen meat, mit 118,328 Lſtr., konſerviertes Fleiſd mit 72,778 ſtr., ein heimiſcher Hanf mit 36,761 Lſtr. u. 1. W. Der große Viehſtapel der Kolonie liefert Fleiſch weit
auſtraliſchen Kolonien und dadurch wieder mit den übrigen
über den Bedarf der Bevölkerung. In Auſtralien iſt dafür fein Markt, nur in Europa läßt fich Abſaß finden .
Es iſt jeßt nach manchen Fehlverſuchen und großen Ver luſten mit ziemlicher Vollkommenheit und Sicherheit ge lungen, Fleiſd in gefrorenem Zuſtande nach England zu erportieren. Es ſoll freilich an Aroma und an Süßigkeit
etwas verlieren und auch ſein ſchwärzliches Ausſehen iſt wenig ſympathiſch , doch wird es in England bei dem niedrigeren Preiſe gern und willig gekauft. Der Preis ſtellt ſich in London im Durchſchnitt auf 4 1/2 bis 5 1/2 d . oder 37 bis 46 Pig. pro Pfund, aber es ſind auch ſchon
höhere Preiſe erzielt worden. Im Jahre 1883 wurden in dieſer Weiſe Hammel- im Werte von 116,106 ſtr., Rind- zu 2155 Lſtr., Schwein- zu 24 Lſtr. und Kalbfleiſch zu 43 lítr. nach England verſchifft. Im Jahre 1882 hatte der Erport in gefrorenem Fleiſch erſt einen Wert von 19,339 Lſtr.
Die Zahl der im Jahre 1883 in die verſchiedenen
Häfen der Kolonie eingelaufenen Schiffe belief ſich auf 805 - 51) und die der ausgelaufenen auf 851 (+ 29 gegen das Jahr 1874) mit einem Tonnengehalt von reſp.
494,926 und 507,565 und einer Beſaßung von reſp.
Rontinenten . Eine Depeſce nad, London foſtet für jedes Wort 10 sh 8 d oder 11 Mark.
Die im Jahre 1883 auf der Poſt ein- und von derſelben abgelieferten Briefe zählten 33,588,408 (+ 3,062,829), die
Poſtkarten 1,114,399 (+ 115,304), Bücher und Padete 2,518,884 (+ 122,529), Zeitungen 13,030,563 ( 282,536 gegen das Vorjahr). Die Einnahme aus der Poſt betrug 221,707 Lſtr. gegen 199,803 Lſtr. im Vorjahre.
Für Schulweſen iſt in Neu -Seeland viel geſchehen. Die Volfschulen, in denen bei den vielen verſchiedenen
Kirchengemeinſchaften der Religionsunterricht ausgeſchloſſen
iſt, beliefen ſich am Schluſſe des Jahres 1883 auf 943 und wurden von 92,263 Kindern beſucht. Der Unterricht wird frei erteilt und für das Alter von 7 bis 13 Jahren
beſteht Schulzwang. Die 66 Maoris - Schulen zählten 1097 Kinder. Außerdem beſtanden 20 ſogenannte lateini ſche Schulen oder Colligate Schools , welche vom Staate einen jährlichen Zuſchuß erhielten und einen Beſuch von 2384 Schülern verzeichneten. Privatſchulen waren 257 mit 11,255 Kindern vorhanden. Das Schulweſen koſtete den Staaten im Jahre 1883 die Summe von 380,840 Lſtr. In Dunedin iſt eine Univerſität und ſeit dem Jahre
1883 auch in Auckland, freilich mit beſchränkten Lehrs fächern . Wegen Vergehen und Verbrechen wurden im Jahre
1883 im ganzen 23,090 Perſonen, darunter 579 Maoris,
in Anklage geſtellt und davon 17,175 für ſchuldig befun den. In den verſchiedenen Gefängniſſen der Kolonie ver
18,385 und 18,291. Die Kolonie beſaß zu eigen 433
büßten 5821 Perſonen - 4646 männliche und 1175
Segelſchiffe mit 59,252 und 146 Dampfer mit 25,651
weibliche ihre Strafen , unter ihnen 191 Maoris. Die Zahl der Bankerotte im Jahre 1883 betrug 1609 mit 1,320,943 ſtr. Aktiven und 1,420,796 lſtr. Paſſiven. Schon im Jahre 1853 wurde eine konſtitutionelle
Tonnen .
Im Eiſenbahnweſen hat die Kolonie rapide Fortſchritte gemacht. Am 31. März 1884 waren 1404 e. MI. oder oder 2259,5 Km. Staatsbahnen im Betrieb , welche 11,251,633 Lſtr. gekoſtet hatten, während an 224 Min . oder 360,5 Km . noch gebaut wurde. Die Bruttoeinnahme im Jahre 1883 bewertete 961,304 ſtr., die Ausgaben
erforderten 655,990 Lſtr. oder 68,24 Proz. der Einnahme. Das verbleibende Netto verzinſte das Anlagekapital mit nur 2 Lſtr. 14 sh. 31/2 d. oder mit faum 2,75 Proz. Außer dieſen Staatsbahnen waren noch 91 MI. oder
146 Km. Privatbahnen in Betrieb. Die Telegraphen Neu -Seelands mit 305 Stationen hatten am Shluß des Jahres 1883 eine Länge von 4074 (Drahtlänge 10,037 ) e. MI. oder 6556 Km. Die Zahl der im Jahre 1883 beförderten Privattelegramme betrug Ausland 1886 , Nr. 8 .
Verfaſſung verliehen. Das erſte Parlament trat am 31. Mai 1854 zuſammen. An der Spiße der Kolonie ſteht ein von der Krone Englands ernannter Gouverneur,
feit dem 20. Januar 1883 Sir William Francis Drum
mond Jervois, der Reihenfolge nach der elfte. Die vom Gouverneur ernannte exekutive Regierung mit ſieben Staats miniſtern iſt dem Parlamente verantwortlich , was denn
wieder einen häufigen Miniſterwechſel zur Folge hat. Das jeßige Miniſterium iſt ſeit dem Jahre 1856 bereits das dreiundzwanzigſte. Das Parlament beſteht aus zwei Häuſern. Der Legislative Council, deſſen Zahl nicht fixiert iſt, zählt zur Zeit 50 Mitglieder, darunter zwei Maoris Repräſentanten, deren Reden während der Debatte von 24
Die Kolonie Neu - Seeland.
150
einem Dolmetſcher ins Engliſche übertragen werden. Der
Gouverneur ernennt die Mitglieder des Council , ähnlich wie in Neu-Südwales und Queensland, unter dem Bei rate ſeines Miniſteriums auf Lebenszeit. Die Aſſembly beſteht aus 95 Mitgliedern mit vier Maoris und wird auf drei Jahre gewählt. Wer einen Beſit im Werte von 25 lſtr. hat, iſt Wähler und wählbar. Die Mitglieder beider Häuſer erhalten Diäten im Betrage von jährlich 157 Lſtr. 10 sh. Das Parlament macht alle Geſeße für die Kolonie, die Krone Englands hat aber das Redit, welches ſie jedoch ſelten ausübt, dieſelben zu verwerfen.
Zum Schluſſe noch einige Notizen über die vier größten und wichtigſten Städte Neu -Seelands. Die City of Wellington, in 41 ° 16' 25“ . Br. und 1740 47' 25" 0. l. von Gr. und am Port Nicholſon in der Coolſtraße, iſt ſeit 1865 die Hauptſtadt von Neu -See
land. In ihr reſidiert der Gouverneur, hat die Regie: rung ihren Siß und tagt das Parlament. Ihre zentrale Lage verleiht ihr viele Vorteile.
Die City gewährt, von
der Seeſeite geſehen, einen prachtvollen Anblick. Sie iſt von Bergen rings umgeben und nur nach der Seeſeite offen. Wie überhaupt in Neu -Seeland, ſind auch in Welling ton, der häufigen Erdbeben wegen , die meiſten Häuſer aus
Holz gebaut, ſelbſt das ſehr wohnlich eingerichtete Palais des Gouverneurs.
Wie wir dhon erwähnten , wurde im
Jahre 1848 faſt die ganze Stadt durch ein heftiges Erd: beben zerſtört. Die City zählt mit Einſdyluß der Vorſtädte
eine Bevölkerung von 21,005 , beſißt 20 Kirchen und Kapellen mit einem engliſchen und katholiſchen Biſchofe, zivei Theater, ſechs Banken, fünf Zeitungen , ein öffent
liches Muſeum , einen ausgezeichneten botaniſchen Garten, hat Gasbeleuchtung und Waſſerleitung u. ſ. iv. Nach
Stadt iſt vorzüglid gepflaſtert und hat Gasbeleuchtung und Waſſerleitung. Sie beſikt 14 Kirchen , 2 Theater,
Freimaurer- und Oddfellows- Logen , fechs Banken, ein Hoſpital mit 198 Betten, ein Waiſenhaus, botaniſche und
Afflimatiſationsgärten, mehrere Fabriken , darunter eine bedeutende Wollſpinnerei und Tuchfabrik u. ſ. w. Das große Jrrenhaus, deſſen Bau und innere Einrichtung über
70,000 Lſtr. gekoſtet haben, zeichnet ſich vor anderen An ſtalten dieſer Art wohl dadurch aus , daß ein Theater damit verbunden iſt , in welchem zur Zerſtreuung der unglücklichen Inſaſſen dann und wann Vorſtellungen ge geben werden. Es erſcheinen drei Zeitungen täglich, ſechs wöchentlich und vier monatlich, darunter auch eine illuſtrierte. 1
Schiffe mit einem Tiefgange bis 4 m. fönnen an die City gelangen. Zwei große Eiſenbahnen mit mehreren Zweigbahnen laufen von Dunedin aus , die eine nördlid
nach Chriſtchurch und von da weiter nach Waikari, 405,5 Km ., und die andere ſüdlich nach Invercargill, 224 Km. Chriſtchurd), die Hauptſtadt des wichtigen Provinzial Diſtrikts Canterbury , liegt an den Ufern des kleinen Avon - Fluſjes in 430 32' 1. Br. und 1720 38'0. L. von Gr.
und iſt mit der 13 Km . entfernten Hafenſtadt Lyttleton durch eine Eiſenbahn, welche mit einem Roſtenaufwande von 200,000 ſtr. durch die Lyttleton Hills tunnelliert wurde, verbunden. Die Stadt mit ihren weiten und geraden und gut gepflaſterten Straßen breitet ſich auf einer von hohen Bergen umgebenen Ebene aus und erfreut ſich eines Klima's, welches als das vorzüglichſte in ganz
Neu-Seeland gilt. Die Bevölkerung beläuft ſich auf 15,213 und mit Einidluß der Vorſtädte, welche durch Trambahnen mit der City verbunden ſind, auf 30,719. Zu den hervor
ragendſten Bauwerken zählen die Regierungsgebäude, das
Norden zu führt eine Eiſenbahn , welche bis zum Orte Maſterton, 114 Km., in Betrieb iſt.
begonnen wurde, aber noch nicht vollendet iſt. Das Muſeum
Die beſtgebaute und kommerziell wichtigſte Stadt Neu Seelands iſt die City of Dunedin in 45 ° 52' 11" 1. Br.
enthält über 200,000 Exemplare, darunter ſehr gute Skelette des ausgeſtorbenen Vogels Moa, welche zum Teil bis
und 1700 31' 11' 0. L. von Gr. in der Provinz Otago,
3,5 m. hoch find. In unmittelbarer Nähe der City liegt der Hagley Park mit ſeinen herrlichen Promenaden. Es exiſtieren 17 Kirchen und Kapellen, verſchiedene höhere Lehranſtalten, ein Hoſpital mit 128 Betten, eine Jrren anſtalt, ein Aſyl für Taubſtumme, ein botaniſcher Garten,
von der Hafenſtadt Port Chalmers, mit welcher ſie durch Eiſenbahn verbunden iſt, 15 Km. entfernt. Sie hat eine reizende Lage an der Südweſtſeite einer ins Land ein
ſchneidenden Bay. Die City wurde im Jahre 1848 von
Muſeum und die Kathedrale, deren Bau im Jahre 1865
Mitgliedern der Free Kirk of Scotland gegründet, machte aber bis zum Jahre 1861 wenig Fortſchritte. In dieſem Jahre wurden die reichen Goldfelder in dem 112 Km. ſüdweſtlid von Dunedin gelegenen Gabriel's Gully ent
Easbeleuchtung, ſechs Banken, zwei Theater u. f. w. Vier Zeitungen erſcheinen täglich , vier wöchentlich und vier
deckt, und infolge deſſen nahm die Sadt einen ſehr raſden
in 360 50' 1. Br. und 174 ° 50' 40" ö. L. von Gr. am ſüdlichen Ufer des Waitemata Harbour, eines der vorzüg
Aufſchwung. Sie zählt jeßt eine Bevölkerung von 24,372 und mit den Vorſtädten 42,802. Eine große Reſerve mit hübſchen Parkanlagen, genannt The Town Belt, umgibt fie, und ihre vielen ſchönen Gebäude laſſen ſofort auf
Wohlſtand und reges Geſchäftsleben ſchließen. Wir er
Journale monatlich.
Die City of Auckland, im Norden der Nordinſel, liegt
lichſten Häfen Neu-Seelands , wo der anliegende Sithmus
nur nod 10 Km, breit iſt. Man hat deshalb Audland
auch wohl das „ Korinth des Südens “ genannt. An der
wähnen das Rathaus, die Univerſität mit den Bibliothek
Weſtſeite dieſer Landzunge breitet ſich der Manakau Harbour aus mit der Haſenſtadt Dnehunga, welche mit Audland
jälen, die höheren Lehranſtalten, die Gerichtsgebäude, das
durch Eiſenbahn verbunden iſt. Wenige Städte können
Muſeum mit 6000 Eremplaren, die Banken u. 1. w. Die
ſich einer ſo maleriſch ſchönen Lage rühmen , wie die City
Die Forſchungsreiſen Wißmann's, Grenfellis und François'.
of Audland. Die Landſchaft iſt mit Kegeln erloſchener Vulkane punktiert und zeigt jene Abwechslung von Land und Waſſer, von Hügel und Thal, von düſteren Höhen
und fruchtbaren welligen Niederungen, in welchen der wahre Reiz einer Naturidhönheit liegt. Die beſte Ausſicht ge winnt man vom Rande des Kraters eines erloſchenen Vulkans auf dem 1,5 Km . entfernten Mount Eden . Auck land beſißt mehrere Schiffswerften und Landungsbrüden, jetties, von denen die eine 517 m. lang und mit allen möglichen Bequemlichkeiten für Schiffe eingerichtet iſt.
151
ihrer Erforſchung intereſſante Aufſchlüſſe gibt. Vor allem machte mir François die Mitteilung, daß Wißmann, wel dhen man auf der Rüdkehr vom Rongo in Madeira glaubte, abermals an den Kaſſai gezogen iſt, deſſen Lauf der deutſche Forſcher nunmehr im umgekehrten Sinne ver folgen will. Auf ſeiner leßten Erpedition war Wißmann
von San Pablo de Loanda ausgegangen, erreichte den
Kapellen, mehrere Wohlthätigkeitsanſtalten , ſechs Banken,
Kaſſai bei Luluaburg und verfolgte dieſen Fluß bis zu deſſen Mündung in den Rongo-Strom bei Kwa. Gegen wärtig will Wißmann von Banana aus den Rongo auf wärts fahren bis zur Mündung des Kaſſai und ſodann dieſen aufwärts gegen Süden. Der kühne Forſcher will nicht nach Europa zurückkehren, ohne über den vielbeſtrit tenen Fluß Gewißheit zu haben. Das Reſultat der Erpedition Wißmann iſt im all gemeinen bereits bekannt geworden. Es verlegt die Mün dung des Kaſſai, welche man nach früheren Hypotheſen am
eine Staatsbibliothek zur freien Benußung, ein Muſeum,
Aequator dachte, um nahezu 400 Km . François machte
ein Schauſpielhaus, ein Dpernhaus u. f. w. Gasbeleuchtung und Waſſerleitung fehlen ebenfalls nicht. Täglich erſcheinen zivei Zeitungen, wöchentlich ſedys und monatlich drei Jour
bis Wellington an der Cookſtraße zu durchlaufen, wenn
nicht blos die Expedition Wißmann's, ſondern auch jene des bekannten engliſchen Miſſionärs Grenfell mit. Die leştere machte die wichtige geographiſde Entdedung, daß der mächtige Strom, welcher ſich am Aequator in den Kongo ergießt, keineswegs der Kaſſai, ſondern die Schuapa ſei, welche parallel mit dem Kaſſai fließt, deren Urſprung ſich jedoc in bisher unbekannten Gegenden verliert. Lieute nant v. François erklärte mir, die Expedition Grenfell
erſt die Schwierigkeiten beſeitigt ſind, weldhe die Einge
habe noch ein anderes Reſultat zu Tage gefördert. Man
borenen, deren Gebiet dieſelbe berühren würde, dagegen erheben. Eine andere 61 Km. lange Bahn läuft nord
iſt einem Nebenfluſſe des Kongo auf die Spur gekommen, welcher dieſen Strom mit dem Ubangi im Bangala-Lande
nordweſtlich nach dem kleinen Orte Helensville am weſt lichen Ufer des Kaipara - Fluſſes. Für die kommerzielle
graphiſchen Syſtem des Sudans verbinden dürfte. Wenn
Bedeutung von Audland ſpricht deſjen Schiffsverkehr. Im
ſidy dieſe Hypotheſe bewahrheiten ſollte, ſo würde von Ba
Jahre 1883 liefen ohne die kleinen Küſtenfabrer 234
Schiffe mit einem Tonnengehalte von 143,591 ein und
nana bis zum Sudan eine bequemere Straße geſchaffen fein, als vom Sudan nach Sanſibar, welches gegenwärtig
die City beſaß zu eigen 223 Segelſchiffe und 55 Dampfer
den ſudaneſiſchen Handel vermittelt.
Wenn auch die Stadt an allgemeiner Schönheit im Baue
hinter Dunedin zurüdſteht, ſo fehlt es doch auch keineswegs an hervorragenden Gebäuden, wie die Poſt, die Börſe, die ehemalige Reſidenz des Gouverneurs, das Telegraphen
bureau, die Singakademie , der oberſte Gerichtshof, die Freimaurerloge u. ſ. w.
Es exiſtieren 16 Kirchen und
nale. Die Bevölkerung im Jahre 1883 belief ſich mit Einſchluß der Vorſtädte auf 43,940. Nach Süden zu läuft eine 161 Km . lange Bahn bis zu dem kleinen Orte
Awamatu. Die Bahn iſt beſtimmt, die ganze Nordinſel
mit einem Tonnengebalte von reſp . 16,214 und 3060.
und mit dem Uëlle, in weiterer Berechnung mit dem hydro
Herr Wauters, ein bedeutender belgiſcher Geograph,
Nach den vorgenannten vier Städten ſind die bevöl
welcher ſich ſpeziell mit der mittelafrikaniſchen Forſchung
kertſten auf der Nordinſel: Napier mit 5756, Grahams town mit 4883, Wanganui mit 4646 , New - Plymouth mit
Darſtellung veröffentlicht, aus welcher am beſten die Fort
4200, Maſterton mit 2500, Dnehunga mit 2217 u. ſ. w.
ſchritte der Afrikaforſchung in den lezten Jahren hervor
Auf der Südinſel: Neljon und Vorſtädte mit 9323, Timaru
und Vorſtädte mit 7000 , Invercargill und Vorſtädte mit 6974, Damaru mit 5791, Lyttleton mit 4127, Hofitika
gehen. Man erſieht daraus die unzähligen Irrtümer, welche in den leßten Monaten aufgeklärt wurden und die großen Lücken , welche Dank der unermüdlichen Forſchung
mit 2600, Greymouth mit 2544 , Port Chalmers mit
der Afrikareiſenden Stanley, Grenfell, Coquilhat, Van
2181 u. f. w.
Gèle, Wißmann, François, Giraud, Reichard, Capello,
beſchäftigt, hat im Brüſſeler Geographiſchen Inſtitut eine
Jvens u. a. ausgefüllt wurden. Selbſtverſtändlich erfahren
dieſe Forſchungen faſt allmonatlich wichtige Bereicherungen,
Die Forſchungsreiſen Wißmanu's, Grenfell's und François'.
welche endlich zur vollſtändigen Kenntnis des ſchwarzen Erbteils führen werden .
Wir wollen nunmehr einige Details, betreffend das
Ich hatte Gelegenheit mit dem deutſdien Lieutenant
Klima, den Boden und die Bevölkerung Mittelafrika's,
v. François , welcher ſoeben vom Kongo hier angelangt iſt,
wie ſie Herr v. François erfahrungsgemäs geſammelt, in fürze folgen laſſen. Herr v. François bält die Ufer des Kaſſai für fruchtbarer und reicher als jene des oberen Kongo.
eine längere Unterrebung zu pflegen, welcher über die geo:
graphiſchen Verhältniſſe Zentralafrika's und den Stand
Inter den Apachen.
152
Das Elfenbein eriſtiert daſelbſt in ungeheuren Mengen , ebenſo Kautſcut, Holzarten, welche die Eingeborenen faſt umſonſt hergeben . Den beſten Beweis für die Fruchtbarkeit des Bodens bildet die Dichtigkeit der Bevölkerung, welche weit zahlreicher iſt, als an den Ufern des Kongo ; die Natur iſt eine vorſichtige Nährmutter und erzieht nicht
mehr Menſchen als ſie ernähren kann. Der deutſche For: icher hält dieſe Bevölkerung für ſehr ziviliſationsfähig.
Die Erpedition Wißmann iſt mehrmals von Eingeborenen bedroht worden, welche ihre, nebenbei bemerkt, kunſtvoll ver: zierten Lanzen (d)wangen. Der leştere Umſtand beweiſt das Vorhandenſein eines gewiſſen Kunſtſinnes. Wenn man dieſen Schwarzen beweiſt, daß man ſid) ihnen in feiner feindſeligen Abſicht nähert, ſo hat man von ihnen die beſte Aufnahme zu gewärtigen : François fand audi gar kein Hindernis, als er im Bunde mit Wißmann mitten im Gebiete dieſer Wilden, am Mittellauf des Kaſſai, die
Station Luluaburg gründete. Nach der Anſicht meines Interviewer wird der Rongo ſehr bald von der Kaſſai gegend übertroffen werden . Die leştere ſoll ein wahres Paradies ſein, und wie Herr v. François der „ Berliner Geographiſchen Geſellſchaft" mitgeteilt hat, beſteht nach ſeiner Anſicht gar kein Zweifel, daß die Folgen der ratios
nellen Ausbeutung jener Gegend auf den internationalen Handel unberechenbar ſein werden. Dr. Wollmann . Brüſſel.
Dieſe mächtige Kette, welche fich mit ihren tiefen Soluchten und dichten Wäldern als eine natürlide Veſte
längs der Grenzen von Sonora und Chihuahua hinzieht, war von jeher der Zufluchtsort der Apachen nady ihren
Streifzügen geweſen. Hier glaubten ſie ſich in ihrer rieſigen, noch niemals von dem Fuß eines Weißen betretenen Veſte ſicher und bermuteten nicht, daß der „ Graue Fuchs " (General Croof) ſich über die mericaniſche Grenze begeben, und vor allem noch weniger , daß einer von den ihrigen,
ein gefangener Krieger , dem General ihren Zufluchtsort weiſen würde. Nach einem kleinen unbedeutenden Gefecht und einem Marſch, der wegen der Steilheit und Weg loſigkeit des Terrains außergewöhnliche Strapazen ver:
urſachte, wurde Ende Mai der Schlupfivinkel der Apachen überrumpelt, der wie ein Adlerhorſt auf dem höchſten Kamm des Gebirges öſtlich von Babiſpe, ungefähr 70 e. MI. von der amerikaniſchen Grenze, lag. Ganz überraſcht und
entnervt durd; die Wahrnehmung , daß ſo viele ihrer Stammesgenoſſen ihnen feindlich gegenüberſtanden, ergaben ſich die Apachen beinahe ohne Widerſtand. Obwohl uns gefähr 330 Köpfe in der Felſenveſte anweſend waren,
betrug die Anzahl der Krieger kaum 30, worunter jedoch Loco, Nané und Benito, Häuptlinge , deren Namen das Land ſo lange mit Schred erfüllt hatten. Ungefähr 80 Krieger waren abweſend. General Croof, der wohl begriff,
daß wenn er eines guten Erfolges ſicher ſein wollte, er er auch dieſe in ſeine Gewalt bekommen mußte, ließ den Indianern wiſſen, daß ihr Leben geſdont werden folle, wenn ſie dafür ſorgten, daß ihre damals nod abweſenden
Unter den Apachen.
Krieger , worunter die Häuptlinge Juh und Geromino,
Von Dr. H. F. C. Ten Rate jun .
Nané nahm die Bedingung an, und bald waren die Ge fangenen unterwegs nach San Carlos , wo ich ſie ſpäter
ſich auf der Reſervation San Carlos übergeben würden . Aus deſſen oben beſprochenem Werke : „ Reiſen und Unterſuchungen in Nordamerika “ (vgl. S. 144).
ſehen ſollte.
Schon am 19. Juni hielt General Crook ſeinen Ein: Der neuentbrannte Indianerkrieg im Weſten Nordamerika's durch die aus ihren Reſervationen ausgebrochenen Apachen hat auf dieſe wilden Stämme wieder die öffentliche Aufmerkſamkeit
zug in Tucſon, wo er drei Tage lang feſtlich bewirtet wurde.
l'eſer nicht unintereſjant ſein werden.
Ich hatte das Vorrecht, bei zwei verſchiedenen Gelegen : heiten mit dem General in Berührung zu kommen , und da mich mein Weg zu allererſt nach San Carlos führte, ſo erſuchte ich ihn, mich in den Stand feßen zu wollen, daß
In Tucſon herrſchte eine aufgeregte Stimmung über den guten Erfolg von General Croof's Feldzug gegen die Apachen, beſonders nach der langen Unſicherheit, worin
ich mir ſeine Kriegsgefangenen dort mehr aus der Nähe beſidytigen könne. Mit einer Vereitwilligkeit und Artig feit, wie ſie von amerikaniſchen Offizieren zu erwarten
man über den Ausgang ſeiner Erpedition geſchwebt hatte.
iſt, verſah mich der General mit einem ausgezeichneten Empfehlungsſchreiben an den Kapitän Crawford, welcher mit ſeinen Scouts (Streifſchüßen ), Soldaten und Ge
gelenkt, und ſo glauben wir, daß die nachſtehenden neueſten Berichte eines Augenzeugen über die Zuſtände der Apachen für unſere
Zum beſſeren Verſtändnis dieſer Thatſache wollen wir einen kurzen Blick zurück werfen.. Um den Feindſeligkeiten der Apachen, welche idon einige Monate währten , ein mög lichſt gutes Ziel zu ſtecken, hatte ſich im April 1883 die amerikaniſche Regierung mit der mericaniſchen verbunden. Infolge davon überſdritt der bekannte Indianer-Bekrieger
General George Crook mit einer beinahe tauſend Mann ſtarken, großenteils aus verbündeten Apachen beſtehenden Kolonne die mericaniſche Grenze und richtete ſeinen Marích nach dem Herzen der Sierra Madre.
fangenen binnen wenigen Tagen in San Carlos an kommen ſollte. Um meinen Aufenthalt daſelbſt möglich nußbringend zu machen, traf ich ein Abkommen mit dem Photographen C. Duhem, einem Franzoſen, daß er mich auf kurze Zeit begleite. Aus den bereits früher angegebenen Gründen hatte ich ſelbſt das Photographieren aufgegeben. Es vergingen noch verſchiedene Tage mit dem Vera
Unter den Apachen.
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paden und Verſenden der auf meinem leßten Zug zu
wir in der mit vier prächtigen Maultieren beſpannten
ſammengebrachten Sammlung und mit den nötigen Vor: bereitungen für die bevorſtehende Reiſe; allein endlich, am
ſandigen Ufern des trüben Gila entlang.
25. Juni, waren wir fertig und ich ſagte dem glühend heißen Tucſon mit Vergnügen Lebewohl. Wir folgten der mir bereits bekannten Eiſenbahn bis
zur Station Bowie und hatten unterwegs Gelegenheit, eine ſchöne Luftſpiegelung in der Wüſte wahrzunehmen ;
auf einmal gewahrte nämlich mein Auge nach Süden hin den blinkenden Waſſerſpiegel eines Meeres und die nebe ligen Ufer, die mit dem Horizont und dem Sand der Wüſte verſchmolzen, die ſchwanken, an Form und Größe verſchiedenen Bäume. Die ſchnelle Fahrt des Zuges machte aber eine genauere Betrachtung unmöglich und nach einer
Ambulance Plaß, und fort ging es wieder den heißen Dichte Cotton
wood-Haine erhoben ſich da und dort dem Waſſerrande entlang und die hohen Säulencactuſſe ſind das einzige Grün, weldjes die dürren Abhänge der Berge von vulkani ſchem Urſprung idymüdt. Wir ſehen kein lebendes Weſen auf dem Weg, bevor wir in die Nachbarſchaft von San Carlos kommen , welches wir endlich mit Staub bebedt
Nachmittags gegen 3 Uhr erreichten . Schon von ferne gewahrt das Auge auf der ausge dehnten , einem Aſchenhaufen gleichenden Meſa die zahl reichen Hütten der Indianer aus Baumzweigen und die weißen Zelte der Soldaten dazwiſchen, weit aus einander
Fahrt von beinahe fünf Stunden verließen wir um zwölf llhr Mittags den Waggon. Nach vielem Heßen mietete
liegend zwei große häßliche Gebäude : die Agency und das
ich ein Buckboard , weldhes uns nach Salomonsville am Gila bringen ſoll. Ein paar Stunden fuhren wir unter einem tüchtigen Plaßregen in nördlicher Richtung über die Ebenen von San Simon . Die ſandige, mit Mezquite
Quartier der Offiziere. Das rauhe mürriſche Geſicht des
traurigen kahlen Peloncillo -Bergen begrenzt, welche nach
Regierungs-Agenten, ,,Ridhter" W., wurde noch mürriſcher, als ich ihm meinen Empfehlungsbrief vom Indianer Departement einhändigte; allein ſo gern er es auch gethan hätte, zurüdſdicken durfte er midy nidyt, denn der Brief vertrat die Stelle eines Befehls. Er wies uns eine große ſchmußige Stube mit vier nadten weißen Wänden mit einer hölzernen
Loet vornehmlich aus Baſalt und Rhyolith beſtehen,
Decke und einem eben ſolchen Fußboden an. Als wir
während fich links die Binaleño-Rette von der Eiſen bahn bis an den Grahams- Pik erſtreckt, welcher mit ſeinen
bier am Abend einige Matraßen und ein Waſchgerät zu finden hofften , war nichts da ; aber einer der Angeſtellten - ich glaube, es war der Zimmermann -- erbarmte ſich über uns und brachte das Verlangte. Agent W. mochte ſich einbilden, er werde uns durch dieſen kühlen Empfang abſchrecken.
und Greaſewood bedeckte Fläche wurde rechts von den
dichtbewaldeten Abhängen bereits von ferne ſichtbar wird. Das einzige Tier , welches wir ſehen , iſt ein Coyote, der in der Nähe von Billy's Wells, einem armſeligen Rancho, wo wir das Mittagsmahl einnahmen und die Pferde
tränkten , herumſchleicht. Gegen Mitternacht ſeßten wir die
Duhem und ich blieben volle vierzehn Tage in der
Reiſe fort, fanden aber bei der Ankunft in Salomonsville, welches nur aus einigen Adobe-Häuſern beſteht, alles ge ſchloſſen und keine lebende Seele mehr auf der Straße. Ad unſer Rufen und Pochen an Thüren und Fenſter hilft nichts , und es ſcheint uns nichts anderes übrig zu bleiben, als uns im Corral bei Pferden und Schafen auf den Boden niederzuſtreden. Mr. Salomon, der Beſißer
Agency ; wir hatten unſer Hauptquartier in der ſchmußigen fenſterloſen Stube und aßen an ſeinem ungaſtlichen Tiſch, wo gewöhnlich ein Kreuzfeuer von Sticheleien und beißen
den Bemerkungen zwiſchen dem „ Richter", dem „ Colonel", ſeinem Screiber, von der einen, und Duhem und mir
von der anderen Seite das Tiſchgeſpräch unterhielt.
von Salomonsville, verſchaffte uns am andern Morgen
Der ,,Richter" war der Typus eines Indianer -Agents im ungünſtigſten Sinne. Hartherzig, roh, grob gegen
ein Frühſtück und ein Fuhrwerk, um Fort Thomas zu er:
ſeine Untergebenen, und dazu noch knauſerig und filzig,
reichen. Sechs Stunden lang verfolgten wir eine ſtaubige Wegſpur , welche den Krümmungen des Gila folgt , und erreichten um Mittag den Militärpoſten , welcher genau innerhalb der Grenzlinie der Apachen - Reſervation zwiſchen fahlen Bergen und Mejas in einer mit Mezquit bewachſenen
haßte und verachtete er die Indianer mit dem ganzen Feuer ſeiner Yankeeſeele und fand darin die volle Zuſtim mung des einſilbig antwortenden „ Colonel", der dazu noch
ein heftiger Gegner der Neger - Emanzipation war. Außer dem war der „Richter" Teilhaber an dem trader's store
Ebene liegt.
oder Kramladen, den ſein Schwiegerſohn als „trader“
Der Aufenthalt in Fort Thomas iſt ungeſund. Das einzige Trinkwaſſer, das aber bradiſch iſt, liefert der Gila,
führte. Was das in einer Indianer-Agency heißen will, wo zugleich Magazine von Gütern ſind, welche von ſeiten der Regierung wöchentlich unter die Indianer verteilt werden ſollen, das wird jeder wiſſen , welcher einmal etwas über die Indianer-Politik geleſen hat. Uebergehen wir daher dieſen Punkt ! Waren dieſe Herren von San Carlos nidyts weniger als angenehm, ſo war es ihr Anſehen ebenſo wenig. Von dem unanſehnlichen Agenturgebäude aus Adobe, wo von ich bereits das Gaſtzimmer geſchildert habe, bis zum
welches die Urſache der Malaria iſt, die die Garniſon nach
haltig dezimiert. Ich erbat mir und erhielt von dem Kommandanten einen militäriſchen Ambulanzwagen , um den folgenden Morgen nach San Carlos zu geben. Die Nadt war ſo brüdend heiß , daß wir es in dem uns an gewieſenen Schlafgemach nicht aushielten und außerhalb der
Hütten ſchliefen . Am 27., um 6 Uhr Morgens, nahmen
Unter den Apachen .
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Schlachthaus, den Kramläden , Magazinen und dem Ges fängnis, von dem früheren Schullokal ohne Thüren, Fenſters
Tönen eines ebenfalls eintönigen dumpfen Geſanges tanzte
ſcheiben und Bänke, bis zum Luartier der Offiziere iſt alles in einem Zuſtand von Verwahrloſung und Zerfall,
großes fladerndes Feuer, deſſen Schein die erzfarbenen
welcher lebhaft an die Ruinen von Ures, Ehrenberg 2c. erinnert. Der ganze Rompler liegt am Rande einer dürren, mit vulkaniſchem Geſtein bedeckten Meja , an deren Fuß der ſeidyte, trübe Gila feine dicke Waſſermaſſe vorüber wälzt. Nach allen Seiten hin ſieht man Berge, aber die meiſten ſind
unerquidlich für das Auge; erſt fällt der Blick auf die
eine Anzahl Indianer, Männer und Frauen , um ein 1
Tänzer auf eine höchſt phantaſtiſche Weiſe beleuchtete. Die Tänzer und Tänzerinnen waren in kleinen Reihen, meiſt vier zu vier geſchart, dicht an einander geſchloſſen , die Oberarme gegen einander , während die Vorberarme mit den Fäuſten aneinander und mit den auf der Bruſt ruhen: den Elbogen nach vorn geſtreckt waren. Sie ſtanden von einander abgewendet in der Art, daß in jeder Reihe zwei
Meſas, die ſo fahl ſind wie ein Afdenhaufen, dann er:
voraus und zwei hinterher liefen. Mit kräftigem, hüpfen:
ſcheinen in der Ferne die Berge , worunter nach Norden die Triplets, drei ſteile Baſaltkegel, die bedeutendſten ſind.
dem Schritt bewegten ſich die Reihen auf und nieder und
Nach Südoſten erhebt Mount Turnbull ſeine mächtigen mit Tannen bewachſenen Flanken, hoch über der Hiße des Gila-Thales, alles beherrſchend und mit ſeinem grün um: kränzten Gipfel den blauen Himmel küſſend. Dem Fluß: ufer entlang, aber weiter hinweg wachſen üppige Cotton
in gewiſſen Zwiſchenpauſen wurde dieſe Bewegung auf einen Augenblick eingeſtellt. Dann eilen die Männer nach
dem Kreis der Muſikanten und auch die Frauen ſondern ſich für einen Augenblick ab, um gleich darauf ihre Tänzer durch einen kleinen Tupf auf die Schulter zu einer neuen Tour aufzufordern. Die junge Squaw , als Hauptperſon
woods, wie auch längs dem trockenen Bett des von Norden
des Feſtes, tanzte reich geſchmückt in einem hübſchen ledernen
kommenden Flübdens San Carlos.
Anzug allein zwiſchen den Reihen hindurch und daſſierte langſam, aber ſehr elaſtiſch mit den Füßen. Beinahe alle
San Carlos liegt 2400 Fuß über der Meeresfläche.
Der Sommer iſt hier entſeßlich heiß, und die größte Hiße
auf meiner ganzen Reiſe beobachtete id) zu San Carlos.
Männer hatten rote Tücher als Band um den Kopf ge knüpft, einige, welche, wie Nané, der in einen bunten Serape
An einem Mittag, wo der glühende Wüſtenivind ſeinen ver:
gehüllt war, ruhig dem Tanzvergnügen zuſahen , trugen
ſengenden Atem über die Meſas ſandte und dichte Staub wolfen wirbelnd vor ſich her trieb, zeigte der Thermometer
große mericaniſche Sombreros, ihre Kleidung iſt ferner ein buntes und häßliches Gemiſch von rotem und weißem
hier 480 C.
Kattun, wobei die Männer ein weißes Lendentuch trugen.
Für eine Agentur iſt der Ort unglücklich gewählt; das Waſſer iſt ſchlecht, es herrſcht hier oftmals Malaria und der Ort liegt zu ſehr in einem Winkel der Reſervation. Die
von jämiſchem Leder.
Beide Geſchlechter trugen als Fußbekleidung hohe Stiefeln
Noch am Abend des Tages meiner Ankunft beſuchte ich den Kapitän Crawford , welcher mid mit der größten Zuvorkommenheit empfing. Seine wettergebräunten Züge
Der indianiſche Charakter iſt ſchwer zu begreifen . Dieſelben Männer , welche furz zuvor eine Niederlage ers litten hatten und aus ihrem Zufluchtsort gewaltſam ver trieben worden waren , tanzten beinahe Abend für Abend unterwegs nach ihrem Verbannungsort. Die Mehrzahl dieſer Indianer, meiſt Chiricahua Apachen, war früher bereits auf der Reſervation San Carlos geweſen, nach der Aufhebung der um Fort Bowie liegenden Reſervation, wohin die Anhänger des Häuptlinge Cochiſe nach ihren Niederlagen gebracht worden waren.
trugen noch deutlich die Spuren der ſchweren Strapazen, welche er zu beſtehen gehabt hatte, denn er war mit ſeinen
aus und nahmen ihren Weg nach der Sierra Madre in
Indianer ſind hier ungern, ſind aber mehr oder weniger gezwungen, in der Umgegend zu bleiben , um ihre wöchent: lichen Rationen zu empfangen. Die ausgedehnte San Carlos: oder White Mountains- Reſervation hat Hunderte von Dertlichkeiten , weldie für eine Agentur geſchidter wären als San Carlos .
Gefangenen und deren Eskorte erſt vor drei oder vier Tagen aus Mericu angekommen. An dieſem
Abend ſollte ein Tanz der Chiricahua :
Apachen aus Anlaß der Mannbarwerdung eines Mädchens ſtattfinden . Die Chiricahuas hatten ihr Lager dem baum bewadſenen Ufer des San Carlos entlang, und bald
machten wir uns in Geſellſchaft von einigen Offizieren in der Dämmerung auf den Weg dahin, geleitet von dem
Allein im Jahre 1881 kniffen die Chiricahuas in Maſſe Merico. Von dieſer Zeit an entgingen ſie wiederholt den eifrigen Verfolgungen , ſowohl von ſeiten der Mericaner als der Amerikaner, erlitten aber mehrmals auch empfind liche Verluſte, ſo daß ſie ungefähr zwei Jahre ſpäter, wie
wir geſehen haben , durch General Croof nach der Reſer vation zurückgebracht wurden. Es waren jedoch auch einige unter ihnen, welche nody auf keiner Reſervation geweſen
waren und nur ihre ungebundene Freiheit genoſſen hatten.
Schein des Lagerfeuers und dem Lärm der Stimmen, der
Den folgenden Morgen machte ich einen Spaziergang
an unſer Dhr ſchlug. Endlich brangen wir durch den dichten Haufen von indianiſchen Zuſchauern und ein buntes
in der Umgebung der Agentur, um mich zu orientieren, und will hier den hingenommenen allgemeinen Eindruck wieder
und lebhaftes Bild überraſchte uns.
zugeben verſuchen. Die Hütten , konghe, der Apachen , wovon einige
Zum eintönigen Takt einer Trommel und den wilden
Unter den Apachen .
Hunderte in der Nähe der Agentur ſtanden , waren nur elende Schußdächer von Baumzweigen, über welche von oben ein Stück Segeltuch ausgebreitet war. Sie waren
in der Mitte ſo niedrig , daß man kaum aufrecht in den ſelben ſtehen konnte, und um durch den Eingang hinein zukommen, mußte man ſich tief büden. Stirbt ein ange ſehener Mann, ſo wird die Hütte über den Haufen ge worfen und teilweiſe verbrannt. Der wenige Hausrat, welcher vornehmlich aus einigen Mahlſteinen und Krügen von Flechtwerk beſteht, wird auf die Pferde geladen oder von den Frauen in einem Tragkorb mit flachem Boden
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und Armen eine außergewöhnlich helle Hautfarbe wie 26 und 330.
Der Geſichtsausdruck von vielen hat etwas ſcheues,
aber zugleich etwas wildes und barbariſches; ihr mehr oder weniger ſchielender Blick iſt oft ſtechend und unan genehm. Nicht ſelten findet man unter ihnen Einäugige, und vor allem iſt der graue Staar, leucoma, ein häufig vorkommendes Leiden.
Manche Krieger ſind mit dweren
Narben bededt; Loco zeigte mir die Spuren von min deſtens fünf furchtbaren Wunden ; die linke Geſichts- und Kopfhälfte trug die Kennzeichen eines fürchterlichen Trauma,
und in ſeinem verglaſten linken Auge war das Licht ſo
getragen .
Was das Aeußere der Apachen betrifft, ſo kann man unter ihnen wahrſcheinlich drei urſprüngliche Haupttypen annehmen , neben einer Anzahl von Zwiſchenformen, welche durch Kreuzung entſtanden ſind. Der erſte Typus, welchen id, den nördlichen Urſprung der Apachen annehmend, wegen ſeiner mongoliſchen Züge für den älteſten und ur:
{prünglichſten anſehen muß , kennzeichnet ſich durch platte,
gut wie erloſchen ; einer ſeiner Schenkel war einmal von einem Bären aufgeriſſen worden.
Die Zähne der Apachen ſind von mittlerer Größe,
oft unregelmäßig und ſtark abgeſchliffen. Die Männer tragen das Haar ziemlich kurz , mitten auf dem Kopf geſcheitelt und zur halben Länge des Halſes herabhängend. Ein Feuerrotes oder violettes Kopftuch
breite Geſichter mit kurzen Naſen und kleinen Augen. Daß Frauen den urſprünglichen Typus im Lauf der Zeit beſſer bewahren als Männer, findet man auch unter den Apachen bewahrheitet, da man den mongoliſchen Typus häufiger unter ihnen antrifft als unter den Männern. Der zweite Typus erinnert an den traditionellen der , Rothäute" mit edigen Zügen und Adlernaſen. Der dritte endlich hat eine gerade oder etwas aufgeſtülpte Naſe und kommt weiterhin mit dem zweiten Typus überein. Er erinnert lebhaft an
hält als ein breites Band die loderhängenden Haare zu : ſammen und bedeckt noch die Stirn.
Typen , die ich unter den Pah-Ute bemerkte. Die Apachen
reichen fupfernen Nägelden verziert iſt. In der Mitte,
mit mongoliſchen Geſichtszügen ſind in der Regel kleiner und von gedrungenerem Wuchs als die beiden anderen ,
wo das Brettchen ſchmäler wird, iſt es mit rotem Tuch
welche ſich meiſt durch eine freie, hohe Geſtalt und ſchlanken
Körperbau kennzeidnen. Uebrigens ſtellen die meiſten Apachen nicht dieſe drei Typen in ihrer reinen Geſtalt
dar, ſondern zeigen Zwiſchenformen.
Nur durch eine
Die Weiber tragen das Haar auf dieſelbe Weiſe, aber ohne Kopftuch. Das Haar der Kinder, welches ungeordnet und verwirrt herunterhängt, iſt oft ſtark verbleicht, manch mal dermaßen , daß es eine aſchgraue oder fahlblonde Farbe hat. Junge Mädchen tragen vor ihrer Heirat eine beſondere Kopfverzierung, welche aus einem länglidten,
mit Leder überzogenen Stück Holz beſteht, das mit zahl umwunden und an das von hinten aufgebundene Haar und an das Hinterhaupt befeſtigt, ſo daß es teilweiſe den Naden bedeckt. Troß aller meiner Bemühungen, einen
derartigen jungfräulichen Schmuck für meine Sammlung
In der Regel ſind die Apachen mager und die Mus:
zu bekommen, verboten es die Mütter ſtets, daß ihre Töchter dieſelben weggäben, unter der Behauptung, daß der junge Ehegatte allein in der Hochzeitsnacht dieſe Zierrat aus den Haarloden nehmen dürfe. Da eine Heirat unter den Apachen mit meinen vorläufigen Plänen minder gut über einſtimmte, lo ſah ich von weiteren Bemühungen ab und
keln ihres Rumpfes und ihrer oberen Extremitäten nur
begnügte mich damit , eine Skizze von dem begehrten
idwach entwickelt; die Hüften und die unteren Ertremitäten dagegen ſind zwar mager, zeigen aber eine kräftige Dus: kulatur. Viele haben mehr oder minder krumme Beine, und die Weiber jeßen oft die Füße einwärts. Ihr Gang iſt eigenartig und kennzeichnet ſich durch ein ſtarkes Schaukeln der Hüften und die elaſtiſche Be wegung ihres Körpers, welche an den Gang des Tigers
Gegenſtand zu nehmen. Die Apachen ſind polygam , allein deſſenungeachtet wird der Ehebruch ſtreng beſtraft, ſo daß der ergrimmte Gatte ſeiner ungetreuen Ebehälfte die Naſe abſchneidet. Im Alltagsleben kommen jedoch weitere Mißhand
große Anzahl Beobachtungen und Vergleichungen kam ich ſpäter zu der Aufſtellung von drei urſprünglichen Haupt formen , welche überdies höchſt wahrſcheinlich alle drei brachy: kephal ſind.
lungen nicht vor, weder an Frauen nod an Kindern .
Die Apachen haben gewöhnlich wenig Kinder , was ſie
erinnert.
übrigens mit allen nordamerikaniſchen Stämmen gemein
Die Geſichtsfarbe der Apachen kommt am nächſten dem 30., die der Hände und Arme dem 43.0, doch gibt es auch unter den bejahrteren, welche eine dunklere Ge ſichtsfarbe haben, manche, welche den Graden 29, 37 und
zu haben ſcheinen.
43 der Farbenſfala gleichkommen . Andere haben an Rumpf
Figuren und langen Franſen bemerkte ich nur einigemale
Wie id ſchon oben beiläufig bemerkte, ſind eigenartige
Kleidungsſtücke gegenwärtig unter dieſen Indianern bereits felten.
Die hübſchen fämiſchledernen Jaden mit gemalten
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Geographiſche Neuigkeiten .
und kaufte eine ſolche von einem jungen Krieger um zehn Lederne Kriegsmüßen oder Kappen ( sjach,
gewiß in nicht geringem Maße den Erfolg zu danken , den ſie in den jüngſten Jahren auf ihren Kriegszügen oft
tsjach ), welche in Geſtalt einigermaßen an römiſche Helme erinnern, mit Federn von Adlern und wilden Truthähnen,
davontrugen.
Dolars.
( Fortſegung folgt.)
werden noch hie und da getragen. Die hohen weichledernen Stiefeln (khé) mit aufgeſtülpten Spißen ſind ebenfalls noch bei beiden Geſchlechtern allgemein im Gebrauch und nur hie und da findet man Apachen, welche ein Paar plumpe amerikaniſche Stiefeln friſd) aus dem Store an den Füßen haben.
Auch all der rote und bunte Rattun
( Calico), welcher dermalen den Hauptbeſtandteil ihrer Kleidung ausmacht, wird von ihnen in den Stores gekauft. Die Chiricahuas, welche beinahe nadt aus Merico kamen ,
beeilten ſich für einen Teil ihres geraubten Geldes einige Hundert Yards Rattun zu laufen und ihre Blöße damit zu bededen.
Zierraten kommen unter den Apachen wenig vor und beſtehen vornehmlich aus Hals- und Armbändern von Korallen , kleinen roten Bohnen und dem Baſt einer ge wiſſen Pflanze, welche bei den Mericanern yerba del manso (Anemiopsis californica ?) heißt. Dieſer Baſt, welcher die Farbe des Korfes hat , kennzeichnet ſich durch einen eigenartigen aromatiſchen Gerud) und zuſammenziehen den Geſchmack und wird von den Indianern auch gekaut, weil ſie dies für geſund für das Zahnfleiſch halten. Nicht ſelten hängen an der Halsſchnur ein paar kleine Federn oder ein neuſilbernes Sängchen , womit die Barthaare ſorgfältig ausgerupft werden. Ein Gegenſtand, welchen man unter den meiſten amerikaniſchen Stämmen und auch bei den Apachen fins det, iſt eine beinerne, hölzerne oder eiſerne Ahle , welche man beim Verfertigen von Schuhwerk, Kleidern, Werf
zeug 2c. gebraucht und die in einer ledernen , oft mit Korallen, Glasperlen , blechernen Schellen u. ſ. w. hübſch verzierten Scheide ſteďt und an den Gürtel befeſtigt ges tragen wird.
Unter gewöhnlichen Umſtänden ſcheinen die Apachen ſidy wenig oder gar nicht zu bemalen , auch das Täto wieren fommt nicht oft vor und beſchränkt ſich auf kleine blaue Figuren im Geſicht, zuweilen auch auf der Stirn. Die urſprünglichen Waffen der Apachen ſind Bogen und Pfeile, eine lange Lanze, deren eiſerne Spiße ungefähr ein Drittel der ganzen Länge beträgt, eine Keule (kendízi) mit ledernem Ueberzug und beweglichem Schlag und ein runder Lederſchild , welcher bisweilen bemalt und mit
Federn verziert iſt. Alle dieſe Waffen werden jedod, im Kriege höchſt ſelten mehr gebraucht, denn die Apachen haben in den lezten Jahren die Vorzüge der Hinterlader Gewehre kennen gelernt und ſich dieſelben angeſchafft; fo find denn auch Springfield - Büchſen allgemein im Gebrauch, dagegen Wincheſter- und andere Gewehre minder zahlreich unter ihnen zu finden. Auch haben viele, z. B. heran wachſende Jungen, Revolver von verſchiedenem Kaliber.
Dieſer ausgezeichneten Bewaffnung haben die Apachen
Geographiſte Neuigkeiten. * Die Senkung der Färöer - Inſeln. Nach der Färöer Zeitung „ Dimmalaeting, Amtstidende for Fär öernes, 1885, Nr. 12, iſt das wohlbekannte Felſeneiland
Munken, welches 3 942 Min. ſüdlid) von Sumbö liegt und ſich früher etwa 70 Fuß über den Meeresſpiegel erhob, nun vollſtändig verſunken. Schon im vorigen Jahre wurde berichtet, es ſei ein bedeutender Teil davon abges brödelt, aber es iſt jeßt nicht höher als die niedrigen um gebenden Felſen, ſo daß ſogar bei verhältnismäßig ſchönem Wetter das Meer darüber hin brandet und es bededt. Das ſeichte Waſſer um das Eiland herum verurſacht ſolde gefährliche Strömungen , daß der Schiffer in früheren Zeiten hier einen Maelſtrom vermutete und daher ſehr unglüdlich iſt, daß dieſer Fels, welcher als eine Seemarke diente, den Schiffer nicht mehr vor der Annäherung an die gefährliche Stelle warnt. Der alte Paſtor Lucas
Jacobſön Debes ſagt in ſeiner 1673 erſchienenen n„Fär öernis og Färöeske Indbyggeris Beskrivelse : „ Süds
wärts von Suderöe iſt ein Maelſtrom ; in der Mitte des
Maelſtromes ſteht ein hoher Felſen, der ſogen. Sumbö Munk ; bei dieſem Felſen ſind ſechs Schären (Klippen), welche nur wenig über das Waſſer reichen ; wenn man auf dieſelben einen Kompaß ſtellt, ſo fliegt dieſer rund herum und wird ſo verdorben, daß er ſpäter unbrauchbar iſt.“ In Paſtor Jürgen Landt's „ Forsektil en Beskrivelse
over Färöerne“, erſchienen im Jahre 1800 , wird das Eiland folgendermaßen beſchrieben : ,,Eine däniſche Meile (vier e. Seemeilen) ſüdlich von Sundböe, oder volle drei däniſche Viertelmeilen von der ſüdlichſten Spiße der Inſel, liegt Munken, eine 12 Faden hohe Felsmaſſe, um welde
auf eine Entfernung einer dän. Meile eine gefährliche Strömung herumläuft , verurſacht durch die zahlreichen umgebenden Felſen über oder unter dem Waſſer. Von der
See her geſehen , bietet der Fels das Ausſehen eines
Schiffes unter vollen Segeln , von der Landſeite her hat er aber eine ziemliche Aehnlichkeit mit der Geſtalt eines Mönches. Der Hals iſt harter roter Thon, aber Kopf
und Rumpf beſtehen aus einem ſchwärzlich-grauen Geſtein, welches wie ein ungebildeter Baſalt ausſieht; oben auf dem Felſen liegen einige Steine, worunter einer ſo groß iſt, daß man ihn ſogar vom Lande aus ſehen kann . " 1 Unter dem 28. Mai 1885 machte der Marineminiſter
N. F. Raven amtlich bekannt, daß Munken eingeſtürzt und auf dieſe Weiſe einer der augenfälligſten Gegenſtände in 1 Dieſe Auszüge ſind möglichſt genau wörtlich überlegt.
Geographiſche Nenigteitent. der Färöer-Gruppe verſchwunden ſei, welchen ſchon Tauſende
von Seeleuten , die daran vorübergefahren waren , be wundert hatten und der in der geographiſchen Litteratur eine ſolch hervorragende Rolle ſpielt, und der nun das Schickſal der Gunnbjörn -Skerries geteilt hat und von der
Bildfläche des Dzeans hinweggewiſcht iſt. * Die auſtraliſchen Wälder. Ueber dieſe be: merkt Mr. Henry Moore in der Septembernummer der „ Foreſtry “ folgendes : „ Von dem Auſtraliſchen Kontinent iſt nody ſo wenig erforſcht, daß man nicht einmal den an: nähernden Flächenraum ſeiner Waldgegenden anzugeben im ſtande iſt. Nur eines iſt jedoch gewiß, nämlich daß ein ver hältnismäßig weit kleinerer Teil ſeiner Oberfläche bewaldet
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Die Waldbäume von Weſtauſtralien verdienen ganz beſondere Aufmerkſamkeit wegen ihrer wertvollen und nüß lichen Eigenſchaften. Unter ihnen ſind anzuführen der Tuart , Eucalyptus gomphocephala, ein ausnehmend hartes und dweres Holz von didyter Tertur, welches das ſtärkſte bekannte Bauholz liefert, denn ſeine quere Stärke per Quadratzoll beträgt 2.701 im Vergleich zu engliſchem Eichen-, welches 2.117, und zu indiſchem Teakholz, welches 2.203 beträgt ; es iſt daher beſonders wertvoll für Schiffs bauzwecke. Die Karri , Eucalyptus diversicolor, eben falls als Bau- und Werkholz ſehr geidäßt, erreicht foloſſale Dimenſionen, denn man findet mandmal Stämme von
maſſenhaft zu Eiſenbahnſchwellen gebraucht wird, kommt demjenigen des Eichenholzes gleich, während es zugleich einen größeren Druck auf den Quadratzoll auszuhalten vermag als Eiſen- oder Teakholz. Bezüglich der Dauer:
60 Fuß Umfang an der Baſis, an deren rundem, walzen förmigem Schaft bis zur Höhe von 300 Fuß kein einziger Aſt heraustritt. Der Jarri oder Didyarri, Eucalyptus marginata , iſt unübertroffen wegen der Dauerhaftigkeit ſeines Holzes , welches ſogar den Angriffen der weißen Ameiſe und des Schiffsbohrwurmes (Teredo navalis) er folgreich widerſteht. Man kennt Beiſpiele von Pfoſten und Pfeilern aus Didyarri, welche mehr als 40 Jahre lang zwiſchen Wind und Waſſer dem Einfluß der Atmos ſphärilien ausgeſeßt waren und ſich noch in einem beinah vollſtändigen Zuſtande der Erhaltung befanden. Nach der Verſicherung des Direktors des Botaniſchen Gartens zu Sydney) iſt kein Land mit einer größeren Mannigfaltig keit und reicherem Ueberfluſſe an Bäumen begünſtigt wor den, weldie ſtarkes, (dönes und dauerhaftes Bauholz geben, als die Kolonie in Neu Südwales. Ihre herrlichen Wäl der enthalten Hölzer , welche ebenſo wertvoll für den
haftigkeit halten die härteren Eucalyptus - Arten viermal
Kunſttijd,ler, wie für den Schiffsbauer ſind, mit Einſchluß
ſo viel aus, als die beiden vorgenannten Holzarten. Viele
ſolcher Nughölzer, welche, wie die verſchiedenen Arten des Eucalyptus, die rote Ceder, der Terpentin , der Roſenholz
iſt, als dies beim nordamerikaniſchen Kontinent zur Zeit ſeiner erſten Beſiedelung durdy Europäer der Fall war. Troka dem enthalten das auſtraliſche Feſtland und die benach: barten Inſeln Tasmania und Neu -Seeland noch ungeheure Wälder von wertvollem Baus, Nuß- und Zierholz, und dieſe Holzarten werden auch in einem neueren Bericht an die amerikaniſche Regierung beſchrieben. Es gibt 150 ver ſchiedene Arten von Eucalyptus oder Gummi-Bäumen ,
von denen einige eine rieſige Höhe erreichen, z. B. Euca lyptus amygdalina, von welchem man Eremplare von 480 Fuß Höhe kennt. Das ſpezifiſche Gewicht von Euca lyptus rostrata, dem roten Gummibaum , deſſen Holz
auſtraliſche Bäume, z. B. Eucalyptus botryoides, Cedrela toona ( Schwarzholz ), Frenela Endlicheri (die Cypreſſen kiefer), und die zahlreichen einheimiſchen Cedern haben ein Holz von wunderſchöner Tertur und Farbe, das eine präch:
tige Politur annimmt. Die neuſeeländiſche Kauri- Fichte, welche bei einem Durchmeſſer von 10-20 Fuß an der Baſis eine Höhe bis zu 160 Fuß erreicht und oft einen fäulenförmigen Stamm von 100 Fuß Höhe ohne einen Aſt darbietet, iſt wegen ihres zum Schiffsbau, für das Berg
weſen und den Eiſenbahnbau ſo tauglichen Holzes. ebenſo hochgeſchäßt, wie als Material zu feineren Tiſchlerarbeiten . Was dieſen Baum aber noch ausnahmsweiſe wertvoll macht, das iſt, daß er ein beinahe dem Kopal ähnliches Harz ausſchwißt, deſſen vortreffliche Eigenſchaften ihm mand mal einen Preis von 584 bis 730 Dollars per Tonne auf dem Markte verſchaffen . Die Ruriu oder Rotkiefer, ein ebenſo geachteter Zier- wie Nußbaum , deſſen Holz teilweiſe dem Roſenholz gleicht, jedoch von hellerer Färs
bung iſt, findet häufige Anwendung in der Möbeltiſchlerei. Aus der Totara , einem dauerhaften, hellfarbigen , im Ausſehen der Ceder nicht unähnlichen Holze, verfertigen
die Maoris die größten Kähne und beinahe ausſchließlich die Verpfählungen ihrer Pahs oder befeſtigten Dörfer.
baum , die Bergeſche, das Tulpenholz u. ſ. w., von denen die meiſten eine döne Tertur, eine reiche Farbe haben
und einer hohen Politur fähig ſind. Queensland beſißt
weite Strecken von Waldland, welche ungeheure Mengen wertvollen Bau- und Nußholzes geben und mittelbar dem
Boden eine bedeutende Regenmenge verſchaffen. Die un
geheuren Feigen- und rieſigen Eucalyptus -Bäume ragen dort empor und recken ihre großen, mit Schlinggewädſen und blühenden Schmaroterpflanzen reich durchrankten Arme
weit aus, und jeder Aſt und jeder Zweig derſelben iſt durch die Rankengewächſe mit den ſchönſten farben -glühend ſten und mannigfaltigſten Blüten geſchmückt, und neben dieſen entfalten ſich im lebhafteſten Wettſtreit die hohen
Kiefern, Cedern, Myrten, die Roſenholz- und Tamarinden Bäume und andere Vertreter des dortigen Waldes. * Der Paß von Barilo dye.
Die Erforſcher des
Sees Nahuel Huapi (in der Argentiniſchen Republik) : der Deſterreicher Baron Kolonit, der Engländer Olnham und der Franco -Argentinier Ducos, ſind von ihrer Reiſe heimgekehrt. Begleitet von einer Eskorte welche ihnen der General Winter geſtellt hat, haben ſie in 41 Tagen 582 Leguas zurückgelegt und erzählen Wunderdinge von dem
.
Die Tierwelt in Holländiſch Guiana.
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See und ihrer Reiſe ; hinſichtlich der Möglichkeit aber, einen argentiniſchen Hafen am Stillen Ozean zu errichten ,
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler.
und hinſichtlich des Vorhandenſeins des Paſſes von Bari ( Fortſetzung.)
lode über die Anden ſind ſie der Anjidit, dieſe müſſen nur ein Traum des Kommandanten Rhode fein . Dieſer
Nicht weniger häufig als Bienen und Weſpen ſind
behauptet dagegen durch die argentiniſche Preſie das Vor
Ameiſen , die, manche ſo klein daß ſie dem unbewaffneten
handenſein dieſes Paſſes und hofft nach neuen Reiſen ,
Auge kaum ſichtbar ſind, bis zu einer Länge von 4 cm. vielleicht in Hunderten von Arten vorkommen. Nur wenige davon werden genau bekannt und wiſſenſchaftlich beſchrieben ſein. In den Wohnungen findet man überall eine kaum bemerkbare rote Ameiſe, die, wenn man ein Stüdchen Zucker, Fleiſch oder ſonſt etwas Eßbares einige Minuten lang irgendwo hinſtellt, ſich ſogleich in Menge
welche er zu unternehmen gedenkt, die Richtigkeit ſeiner Behauptungen konſtatieren und infolge davon die Mög lichkeit der Gründung eines argentiniſchen Hafens am Stillen Ozean beweiſen zu können . Das Vorhandenſein des Baſſes von Bariloche, welcher nach dem Kommandanten Rhode einen Einſdynitt, eine plößliche Unterbrechung der Cordillere der Anden bilden ſoll, wäre ein großer Vorteil für die Argentiniſche Republik und würde derſelben den
einfindet und die Speiſen bedeckt. Ja dieſelben laſſen ſich, wenn man die Tiſchfüße in Gefäße mit Waſſer ſeßt, von
Weg nach dem Stillen Ozean erſchließen . ( G. g . ) * Erforſchung von Paläſtina. Der Ausiduß des Vereins, welcher ſich in England zu dem Zwecke ges
der Decke auf die Speiſen fallen, friedhen durch die kleinſten Rißen in die Inſekten -Käſten und zerſtören alles. Andere
bildet hat, die erforderlichen Koſten zur Aufſuchung der
Jucken auf der Haut, das mehrere Stunden lang anhält, wegen welcher Eigenſchaft man mehrere größere Arten
Nuinen und anderer , auf das Heilige Land bezüglichen alter
ebenſo kleine erregen durch ihren Biß ein ſchmerzliches
tümlichen Gegenſtände aufzutreiben, hat eine topographiſche
„ Jud -Ameiſe“, brandmier, nennt. Eine große, ſchwarze
Aufnahme von Herrn 6. Sdumacher erhalten , welche un gefähr 200 Quadratmeilen des öſtlid) vom Galiläiſden
beinahe 3 cm. lange, die in Geſellſchaften von einigen Hunderten in der Erde oder verfaulten Bäumen lebt, er: regt durch ihren Biß die größten Schmerzen und ein Fieber, das ſtundenlang anhält. Eine andere ebenſo große ſchwarze mit zwei gelben Punkten auf dem Hinterleibe, Mutilla lariata, lebt einſam , aber ihr Stich iſt womöglid nod ichmerzlicher. Eine
Meere liegenden Landes, des alten Gaulonitis, umfaßt. Dieſe Gegend iſt wenig bekannt, niemals im einzelnen oder vom wiſſenſchaftlichen Geſichtspunkt aus unterſucht
worden, obwohl ſie von mehreren Reiſenden, in letter Inſtanz von Mr. Lawrence Oliphant, beſucht worden. Unter den verſchwundenen Städten, deren Lage man
wiedergefunden hat, führt man beſonders Golan an . Es iſt eine ungeheure Menge Ruinen in dieſer Region vor banden , von denen Herr C. Schumacher viele beſucht
hat, und von denen Pläne und Zeichnungen genommen worden ſind. Es ſind nicht weniger als 150 Pläne, und man erwähnt unter anderen als einen der merkwürdigſten denjenigen der unterirdiſchen Stadt namens El Deracé ,deren Wetſtein, welcher ſie zu Anfang dieſes Jahrhunderts be
ſuchte, zuerſt Erwähnung gethan hat.
Die Inſchriften,
welche man entdeckt hat, ſind nicht ſehr zahlreich und zu :
meiſt in griechiſcher Sprache verfaßt. Die Sagen und Ueberlieferungen dieſes Landes beziehen ſid, hauptſächlid) auf das Buch Hiob. Man hat ein ungeheures Feld von Dolmen gefunden, welches deren mehrere Hundert enthielt.
Die Karte und Zeichnungen begleitete eine umfangreiche Denkſchrift, die eine allgemeine und vollſtändige Sdil: derung der Region enthält. Bei der Jahresverſammlung des allgemeinen Ausſchuſſes, welche jüngſt unter dem Vorſitz des Herrn James Glaiſher ſtattfand, ward beſchloſſen , dieſes Werk ſo ſdynell wie möglich zu veröffentlichen und alle Pläne und Zeichnungen ſtechen zu laſſen, um den
Mitgliedern und Beiſteuernden der Geſellſchaft ein Ge denk damit zu machen.
Man bofft im bevorſtehenden
Oktober mit dieſer Arbeit fertig zu werden .
(dwarze 7 mm . lange mit dornigem Thorar, Cryptocerus atratus, legt ihre Neſter, die mandimal die Größe eines metergroßen Ballens haben, in den Zweigen hoher Bäume an ; dieſe Neſter beſtehen aus einer Subſtanz, die unſerem Zunder gleicht und in der Kolonie auch als ſolcher ver wendet wird. Sie iſt gelblich von Farbe, fehr loder und
ein Neſt enthält manchmal ſoviel dieſes Zunders, daß mehr als 25 Gulden dafür gelöſt wird. Während nun die meiſten Ameiſen wenn auch nicht ſchädlich doch dem Menſchen läſtig ſind, ſo erzeugt ihm die Wanderameiſe,
Atta migratoria, dadurch einen großen Dienſt, daß fie zeitenweiſe in ungeheuren Scharen die Wohnungen beſucht und alles Ungeziefer, das ſich in Rißen und Spalten der hölzernen Wände aufhält , hervorjagt und tötet. In mehreren Naturgeſchichten iſt die Wanderameiſe identiſch mit der Caſſave-Ameiſe, Fourmi Mamoa, Atta cephalotes, angegeben, was aber grundfalſd iſt, denn beide, obgleich an Größe einander ſo ziemlich gleichkommend und gleich große Wanderzüge anſtellend, find doch ganz verſchiedener Art. Id begegnete den Wanderameiſen häufig auf ihren Zügen, und erhielt im Jahre 1837 auf dem Militärpoſten Nepheusburg und ſpäter im Jahre 1874 auf meinem Gute Albina am Maroni Beſuche dieſer merkwürdigen Inſekten ; da ich nun leider über 30 Jahre täglich die Atta cepha
lotes oder Caſſave-Ameiſe beobachten konnte und mancher meiner Mango: und Apfelſinen -Bäume infolge der immer
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana.
währenden Verheerung durch dieſe diaboliſchen Inſekten hinſtarb, ſo lernte ich den Unterſchied beider recht gut kennen.
hingen, auf dem Waſſer treiben. Wo ſie wohnen, weiß ich nicht, vermutlich in hohlen Bäumen. Ebenſo intereſſant, aber für den Landbau die größte
Die Wandera meiſe iſt gelblichbraun , hat ſchwarze
Fühler und ebenſolche Freßzangen.
159
Sie beſtehen aus
großen, kleinen und mittleren, wovon die erſteren unges heuer große, mit ſtarken Zangen bewaffnete Köpfe haben, die an Gewicht wohl das Doppelte des übrigen Körpers betragen können. Man kann ſie Soldaten oder Krieger heißen, und ſie mögen etwa den vierten oder fünften Teil des Zuges ausmachen , die beiden anderen aber ſind kleiner
Plage, iſt Atta cephalotes, die Caſſave - Ameiſe , bei den Indianern Kumaka genannt. Sie gleicht ſo ziemlich der Wanderameiſe, nur iſt ſie etwas größer, dunkelrots braun und hat einen zitronenartigen Geruch. Sie hält ſich mehr im oberen Lande auf , das nie über dwemmt wird, wird aber auch im Umkreis der Stadt Paramaribo
gefunden . Die Stelle, wo ihre Neſter ſind, fann 20 und mehr Schritte im Umkreis haben , und zeigt kegelförmig
und der Kopf in weniger bedeutendem Mißverhältnis zum
aufgeworfene Erdhaufen von zwei bis drei Fuß Höhe,
Körper, alle aber verteidigen ſich und beißen ſo hartnädig, daß ſie ſich lieber den Kopf abreißen laſſen, als ihre Zangen öffnen . Die Züge ſind etwa 12 cm , breit und manchmal 2-300 m . lang, haben aber feine vorher zu bereitete Wege , ſondern laufen über Bäume und Zweige und manchmal in mehreren Zweigſtraßen, was die Caſjave
wovon jeder ein Luftloch hat, das ins Innere führt, etwa 3 bis 4 cm, weit iſt, und das die ſtets entſigen Inſekten
Ameiſe nie thut , immer nad, einer Richtung und dahin, wo ſie ihre Arbeit verrichten wollen ; aud laufen ſie viel
immer offen halten und ausbeſſern . Unter dieſen Luft löchern und im Kreiſe um ſie herum liegen in einer Tiefe von einem bis ſechs Fuß unter der Oberfläche die eigents lidhen Neſter, oft 50 und mehr in der Größe einer Fauſt bis zu der eines Kopfes, und beſtehen aus einer grauen, feuchten , id)wammartigen , leicht zerreiblichen löcherigen
rajder, was um ſo mehr der Fall ſein muß, als ſie keinen
Maſſe, in welcher anſdeinend ohne Ordnung Eier, Larven,
entgegenkommenden auszuweichen haben. Als ich im Jahre 1837 dieſe Ameiſen zuerſt ſah, fand ich ſie eines Morgens
und völlig ausgebildete Ameiſen in allen Größen liegen. Dieſe Neſter ſtehen durch Gänge untereinander und ebenſo
in ungeheurer Menge in der alten baufälligen Kaſerne
mit den Luftlöchern in Verbindung. Stößt man mit einem
verbreitet, wohin ſie in der Nacht gekommen ſein mußten. Aus allen Spalten flüchteten Kakerlaken , Tauſendfüße,
Stocke in dieſe leşteren, ſo kommen ſogleich zur Verteidi gung ihrer Wohnung Hunderte von großen didköpfigen
Spinnen und Skorpione , aber wohl keine entfam ihrem Shidjal. Zu Hunderten hingen ſie an einem Tauſendfuß und biſſen ihm die Beine ab, ich ſelbſt wußte nicht, wo ich mich hinſtellen ſollte, um dem ganz außerordentlichen Schauſpiel zuzuſehen, denn id; wurde ſtets in die Füße gebiſſen, bis ich den trockenen Früchtetroß einer Palme holte, die man als Beſen, Sibi Sibi, gebraucht und um meine Füße reinfegte. Ihr Hauptquartier hatten ſie unter dem Dade auf dem Speicher, wohin fie ununterbrochen
Ameiſen hervor, laufen wütend umher, und man kann , wie bei den Wanderameiſen , wenn ſie ſich eingebiſſen
haben, ihnen eher den Kopf abreißen, als daß ſie los
laſſen. Ja, der abgeriſſene Kopf, der freilich auch viel mehr Volumen hat, als der Körper ſelbſt, wiegt noch mit feinen Zangen hin und her, bis er nach mehreren Minuten bewegungslos wird. Dieſe ſo wohl verteidigten Luftlöcher
ſind jedoch nicht die Gänge, durch welche ſie ihre Verhee rungszüge anſtellen , ſondern ſcheinen nur dazu beſtimmt
auf den Seitenbrettern der Treppe liefen, und ſich in einer
Luft in die verſchiedenen Neſter zu führen. Die Haupt
Ede an einem Balken wie ein Bienenſchwarm anhiengen, eine an die andere, ſo daß ſie einen umgekehrt fegel
gänge gehen allerdings vom Neſte aus, ſind aber manchmal mehrere Fuß tief unter der Erde, und münden durch ein Loch, das oft 80 bis 100 Schritte weit vom Neſte entfernt iſt, an die Oberfläche. Von dieſen Löchern, von denen
förmigen Klumpen bildeten, der etwa 2 Fuß lang und oben ebenſo breit geweſen ſein konnte, ziemlich ſpißig zu lief und aus Millionen Ameiſen beſtanden haben mag . Schon am Nachmittag ſah man wenige Ameiſen mehr in
der Stube, alle liefen auf den Speicher und hingen fidy an den Haufen. Am zweiten Morgen jah man keine Spur mehr von ihnen, nur die Rudera als Füße, Flügel, Klauen 2c. des getöteten Ungeziefers lagen umher. Den Fledermäuſen aber , die bei Hunderten im Dache ſid, ein
geniſtet hatten, ſdienen ſie nichts gethan zu haben. Dieſe gehörten einer höheren Klaſſe der Tierwelt an ; ſie, die Ameiſen , hatten bloß die Miſſion, die Strolche ihrer eigenen
Klaſſe zu verfolgen. Ich begegnete oft im Walde langen Zügen der Wanderameiſe und ſah einmal auf einer über:
dywemmten Savanne, an einen Strauch angeflammert einen Klumpen dieſer Ameiſen, die zu Millionen aneinander
nehrere vom Neſte aus in verſchiedenen Abſtänden an die berfläche führen, fangen erſt über der Erde die Wege an , welche die Ameiſen nach den Bäumen oder den Pflanzen anlegen , welche ſie abfreſſen wollen, und gar oft ſind dieſe
Wege, auf denen bei einer Breite von 8 bis 10 cm. jedes Gräsdien oder Stüdchen Holz entfernt iſt bei 400 m . lang. So verderblich, ja eine ſo große Plage für den Landbau dieſe Ameiſen auch ſind, ſo bewundernswürdig iſt ihr Fleiß und ihr Zuſammenwirken, ja, man könnte jagen ihre Ueberlegung bei der Arbeit. Dbgleich man ſie in Surinam und Cayenne Caſjave: oder Maniot-Ameiſe nennt, ſo iſt es nicht bloß dieſe Pflanze, die ſie ausſchließ lich zum Bau ihrer Neſter oder zu ihrer Nahrung nötig haben, denn ſie nehmen beinahe mit allem vorlieb, und
Die Tierwelt in polländiſch -Guiania .
160
ich ſah ſie außer wildwachſenden Pflanzen , Mangos, Drangen, Roſen, Bohnen , Mais, Cocos - Palmen, ja ſelbſt Ananaſſen ſo abfreſſen, daß die Bäume am Morgen wie
Beſenreis daſtehen und bei wiederholten Anfällen abſterben ; ja eines Nachts famen ſie, als ich mich auf Albina ange ſiedelt hatte und in der erſten Zeit eine indianiſche Hütte bewohnte, hinter meine Papiere, die ſie, in kleine Stückchen zerſchnitten , wie Blättchen wegtrugen. Bei dieſen Raub zügen, die ſie ganz unerwartet meiſt des Nachts und bei Mondſchein anſtellen , klettern nun vor allem die großen Ameiſen, die die Luftlöcher verteidigen, auf die Bäume
So eben erſchienen und ſind in jeder Buchhandlung des In und Auslandes zu haben :
F. C. Dahlmann's
Kleine Schriften und Reden. gr. Oktav . XIV und 484 Seiten .
M. 6 .
-
Gedidte von Martin Greif. Vierte durchgeſehene und ſtark vermehrte Auflage. Oftav .
XVIII und 481 Seiten .
M. 4 .
oder Pflanzen, ſchneiden die Blätter in kleine, halb Zoll große Stückchen , die auf den Boden fallend, von anderen kleineren Ameiſen aufgenommen und auf dem angelegten
Wege ins Neſt gebracht werden. Sit das Blättchen dort
Elegant gebunden M. 5. — Schon nac) zwei Jahren folgt der dritten Auflage von Greif's Gedichten dieſe vierte - der beſte Beweis, welche Popularität dieſer Sänger in weiten Kireiſen ſich erworben hat in
einer Zeit, die doch im allgemeinen der lyriſchen Produktion hödiſt gleichgiltig gegeniiberſicht. Ja er hat nach dem übereinſtimmen
den Berditt der Kritik und des Publikums nadıgerade eine Noto
abgelegt, jo begiebt ſich das Inſekt wieder zum Baum , um ein anderes Blättchen zu holen, ſo daß der Weg immer mit wandelnden Blättchen und nach dem Baume zurück
und gilt unbedingt als der bedeutendſte Lyriker unter den Leben den. Wenn er trotzdem auf jeinen Vorbeeren nicht ausruht, ſondern, ſich fort und fort entjaltend, wie jeder jeiner Auflagen , jo auch
rietät als Nlaſſiker in der Art Ilhland's und Lenau's erlangt
kehrenden Ameiſen bedeckt iſt. Dieſe Blättchen , die manch:
dieſer vierten , den wachſenden Schmud neuer Blätter und Blüten
mal doppelt ſo wer ſind , als der Träger, werden mit den Freßzangen ſo gehalten, daß ſie halb auf dem Rüden
von höchſter Schönheit hinzufiigt, jo brauchen wir zur Empfehlung
liegen ; der Weg iſt ſo voll mit Ameiſen, daß häufig drei bis vier auf einen Quadratzoll kommen. So ſieht man , bei trübem Wetter auch über Tag, aber immer bei Nacht, wochenlang dieſe Verheerungszüge, die dann gar bald einen Acer Caſjave oder den größten Baum ſo abgefreſſen
Zeitſchrift für
aben, daß er nad) wiederholten Anfällen abſtirbt.
dieſes Echates der deutſchen Nation nichts weiter hinzuzufügen .
Allgemeine Geſchichte, kultur-, litteratur- und Kunftgeſchichte. Herausgegeben von
H. v. Zwiedined -Südenhorſt.
Db
nun jedes dieſer oben beidhriebenen, mandmal fopfgroßen Neſter eine ſelbſtändige Geſellſchaft, Republik oder Föderativ:
Staat iſt, der von einem Konig oder Königin regiert wird, iſt meines Wiſſens noch nicht unterſucht oder genau befannt, wohl aber fennt man den ungeheuren Schaden, den ſie dem Landbau zufügen , und der denn auch die braſilianiſche Regierung veranlaßt hat, eine bedeutende
Prämie, ich glaube 200,000 Fros. dem zu beſtimmen, der durch ein einfaches Mittel dieſes ſchädliche Inſeft aus: rotten kann. Ein Mittelwäre vielleicht von Wirkung, wenn man nämlich durch die Luftlöcher ein paar Tage lang ein recht giftiges Gas in die Neſter bringen könnte, nachdem alle Zufuhr-Gänge verſtopft ſind. Ich habe Nächte lang mit kochendem Waſſer die Züge begoſſen und ließ ſpäter die Neſter ausgraben, und ebenfalls mit kochen dem Waſſer begießen, eine Arbeit , die dem Indianer zu mühſam iſt. Findet er wiederholt ſeine Felder abge freſſen, ſo wandert er aus und ſucht ſich eine andere Gegend, wo dieſe Ameiſen nicht vorkommen oder weniger
3 weiter Band. 1885. Romplett. gr. Oktav. 60 Bogen. Marf 12 .
Mit Beiträgen von Beer, Gregorovius, Ritter, þeigel, Hille brano, Huber, Lindner, Uimann u. Å.
Das Finanz- Archiv. Zeitſchrift für das geſamte Finanzweſen . Herausgegeben von
Dr. Georg Sdanz. III. Jahrgang. 1. Band . 1. Lieferung ( 96 Š .), mit Berechnung des vollſtändigen Bandes : M. 12. – Dieſe erſte Lieferung enthält eine größere Abhandlung : Zucker : ſteuer und Zuckerinduſtrie in den europäiſchen Ländern und in der amerikaniſchen Union von 1882 bis 1885, mit beſonderer Rückſichtnahme auf Deutſchland und die Steuerreform daſelbſt,
von Dr. Julius Wolf. Stuttgart.
I. 6. Cotta’ſche Buchhandlung.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig . So eben erschien :
GUATEMALA. Reisen und Schilderungen aus den Jahren 1878-1883 von
häufig ſind.
( Fortſetung folgt.)
OTTO STOLL , Dr. med . und Docent an der Universität Zürich .
Mit 12 Abbildungen und 2 Karten . 8. Geh. 15 M. Geb. 17 M.
Dieſer Nummer liegt ein Proſpektus von Iuſtus Perthes in Gotha bei.
Druc und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Nuslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der I. G. Cotta’ſden Buchhandlung in Stuttgart und München . Neunundfünfzigſter Fahrgang.
Stuttgart , 1. März.
Nr. 9.
1886.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Fährlich 62 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Manuſfripte und Rezenſions-Ezemplare von Werken der einſdlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11, zu jenden. – Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt: 1. Die Däniſche Erpedition nach Oſtgrönland vom Jahre 1884. S. 161 .
2. Die Alpenweltdes Himalaya. S. 165.
3. Einiges zur Hiſſarlif- Frage. Von Artillerie-Hauptmann E. Bötticher. (Schluß.) S. 167. - 4. Die neue blaue Grotte. S. 170 . 5. Unter den Apachen .
Von Dr. H. F. C. Ten Kate jun .
Auguſt Kappler. (Fortſetzung.) S. 176.. - 7. Litteratur.
S
6. Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von ( Fortſetzung .) S. 171. 179 . 8. Notizen . S. 180.
Die Däniſche Expedition nach Oftgrönland vom
längs dem Strande oder gegen einander anſtießen . Die
Jahre 1884.
Leute im Kayak waren daher ſelten imſtande, auf den Robben
Ueber die Operationen dieſer Erpedition, welche unſere Kunde des hohen Nordens nicht unweſentlich bereicherte, hat nun einer ihrer Offiziere , Lieutenant Garde von der däniſchen Flotte, einen Bericht geliefert, welchem wir im
fang hinauszufahren, und die ganze Geſellſchaft fonnte nur abwarten, bis ein Weſtwind aufſpringen und das Fahr: waſſer frei machen würde. Der Boden in Sangmiſok war nod)
ganz mit Schnee bedeckt und die Temperatur Nachts einige Grade unter dem Gefrierpunkt. Troß alledem fehlte es
Auszuge folgendes entnehmen. Die Abteilung, welcher er
aber nicht an Unterhaltung und Erholung, welche im Auf
beigegeben war, hat den vergangenen Winter an der
nehmen von Obſervationen , Zeichnen, Photographieren, Sammeln von Naturalien, Herumwandern auf Schnee
Weſtküſte der Inſel verbracht, wo dann die andere Abtei lung zu ihr ſtieß, die an der Oſtküſte in Dienſt geweſen war. Die auf dieſe Weiſe wieder vereinigte Erpedition ſtach am 5. Mai in See, um von neuem an der Dſtküſte zu kreuzen. Sie beſtand aus vier Booten von Fellen , welche neunzehn Weiber und Mädchen und zwölf Männer außer der Beſarung trugen, die ſich aus ſechs Männern, teils Dolmetſchern, teils Europäern , zuſammenfeßte. Die Expedition begann unter günſtigen Ausſichten : das Fahrwaſſer war eisfrei, das Wetter ſchön und alle waren guter Dinge. Allein es blieb nicht lange ſo günſtig, denn ſchon am Abend des 6. mußte die Erpedition in
duhen und verſchiedenen Spielen u. f. w. beſtanden, unter denen die Zeit angenehm genug verging. Endlich, am 16., ward das Zeichen zur Abfahrt ge
geben. Der Kurs lag anfangs quer über den Sund hin über, da man ermittelt hatte, daß an der gegenüberliegen
den Seite ein ſchmaler offener Kanal lag, welcher befahren werden konnte. Dieſer wurde erreicht, aber der Weg nach vorn war noch ſo häufig von Eis verſperrt, daß es volle
vierzehn Tage dauerte, bis der ganze Sund zurüdgelegt werden konnte. Das Wetter ſchlug hierauf um und blieb bis zum 20. Juni fortwährend bitter kalt, naß und ſtürmiſch.
Den größten Teil dieſer Zeit blieb die Expedition
Sangmiſok landen, unmittelbar nachdem ſie in den Ikef ſund eingelaufen war , und hier zehn Tage verweilen.
auf einer Landzunge gelagert, welche von der Inſel Aluk
Dies war in der Nachbarſchaft des Rap Farewell , das
(einem Punkte, welder einen weiten Ausblick über die
ſtets ein gefährlicher Punkt für die Seefahrer iſt. Man
ganze Küſte bis zum Kap Vallöe beherrſcht) ſich weit ins Meer hinaus erſtreckt. Der hier vorherrſchende Wind fommt aus Norden und führt große Eismaſſen vor fide her bis zum ſüdlichen Ende der Inſel, wo ſie in der Nähe des Rap Farewell an die Küſte getrieben werden . Während
hatte idon am 5. Eis bemerkt und am Morgen des 7. fand
ſich der lange ſchmale Sund mit gewaltigen Eismaſſen ganz bedeckt, die, von der Oſtküſte hereintreibend, inmitten
der Strömung mit furchtbarer Gewalt gegen die Felſen Ausland 1886 , Nr . 9 .
25
162
Die Däniſche Erpedition nach Oſtgrönland vom Jahre 1884.
des langen Aufenthaltes auf Aduk wurden viele Robben
Von den beiden anderen
Norden bis Tingmiarmint, unter 62 ° 40' n. Br., wo man wieder Eingeborene zu treffen erwartete, begleiten dürfen . Groß war daher die Freude und Genugthuung aller, als ſid, ergab, daß Navfalik das ihm anvertraute Depot ſorg
war der eine ein junger Mann , der in eines der Mädchen ſo ſterblich verliebt war, daß er nicht von ihrer Seite
lich gehütet hatte und daß nicht das Geringſte daran fehlte. Navfalik , welcher auf dem Eiland Jvimiut, eine gute
weichen konnte ; der andere aber war ein ältlicher Mann, welcher ſeine Trägheit mit dem Vorgeben entſchuldigte, daß er bei einer ſo geringen Ration Tabak, wie die ihm wöchentlich zugeteilte war, nicht auf den Robbenſchlag gehen könne. Im ganzen konnte man ſich jedoc) nicht über die Grönländer beklagen ; man mußte im Gegenteil ihre Heiterkeit und Lebhaftigkeit bewundern , wenn ſie erſt
halbe Stunde ſüdlich von Jlluidlek und dem Depot, wohnte, fam am folgenden Morgen herüber , um ſeine Freunde
erlegt, allein von den ſieben Kayakmännern, welche zum Robbenſchlagen auserſehen waren, ergaben ſich nur fünf als zu dieſem Geſchäft tüchtig.
Tage lang durch den Zuſtand der Witterung auf ihre elenden, vom Regen durchweidyten Zelte beſdränkt geweſen waren und dann wieder luſtig wurden , ſobald die Sonne auch nur für einen einzigen Tag am Himmel erſchien. Den guten Mut der Grönländerinnen trübte nichts ; ſie hüpften hin und her, tanzten mit einander auf den Feljen
und träumten ohne Zweifel von den ſchönen Tanzjälen in
vom vorigen Jahr zu beſuchen. Er ward ſehr herzlid) empfangen und für ſeine Treue mit Dankſagungen und Geſchenken belohnt. Er iſt der bedeutendſte Mann unter allen Grönländern füdlich vom 63.0 n. B. und ſcheint einen weit höheren angeborenen Begriff von Ehrlichkeit und Moralität zu haben, als irgendeiner ſeiner chriſtlichen Landsleute auf der Weſtküſte. Am 29. Juni wurde das Depot von den Frauensleuten von Navfalik's Familie beſucht, welche in einem hübid ausſehenden Boote von der Inſel herüberfamen und ſämtlich ſo glänzend weiße
Pelzmäntel trugen, daß ſie die zum Rudern beſtimmten Grönländerinnen der Erpedition ganz in den Schatten
Nannortalit, und zivar dies bei jeder Witterung, gleichviel
ſtellten, die ihre Werktagskleider trugen und ihre weißen
ob gut oder ſchlecht. War der Fiſchfang ergiebig, ſo war der Kochtopf immer wohl gefüllt, und an Robbenfett, das
Pelzmäntel nur an Feſttagen anlegten. Navfalit war bei dieſer Gelegenheit ebenfalls anweſend und verſprac, jeine
als Brennmaterial dient , war ein ſolcher Ueberfluß vor:
Freunde zu begleiten, ſobald ſie ihre Reiſe nach Norden
handen, daß das Kochen auch beim ( dhledyteſten Wetter
antreten würden . Als daher die Erpedition Raſingortof verließ, fuhr ſie zuerſt hinüber nach der Inſel Jvimiut,
möglich war. Dies war die Haupturſache , weshalb die
Grönländer nicht überdrüſſig wurden, denn Eſſen, Trinken und Geſchichtenerzählen iſt ihr Hauptvergnügen. Die Europäer benüßten ihre gezwungene Muße zur Veranſtal tung von Beobachtungen verſchiedener Art.
Dem Befehls:
haber, Lieutenant Holm , lag ſehr viel daran, im Verlauf des Sommers den 66. Breitengrad zu erreichen , und er hatte hiezu noch ſechs Grade zurückzulegen. Es war aber bereits mehr als ein Monat vergangen, um nur einen halben Grad zurückzulegen, und überdem begann der Lebensmittel-Vorrat bereits eine ſehr ernſthafte Abnahme aufzuweiſen. Er gab daher Befehl, die Reiſe alsbald
wieder aufzunehmen, ſobald ſich ein praktikables Fahrwaſſer zeigen würde.
Sobald man daher von neuem aufgebrochen war, wurde der Lindenow - Fjord bald erreicht, und als das etwas weiter hinaus liegende Rap Vallöe umfahren war, ertönte ein Freudengeſchrei, denn man erblickte das Fahrivaſjer
nordwärts frei von Eis. Mittelſt angeſtrengten und einen Tag lang fortgeſeßten Ruderns wurde eine Fahrt von
elf Seemeilen zurückgelegt und um Mitternacht Kaſingortok erreicht, der fernſte Punkt, wohin man im Jahre 1883 gelangt, und der Ort, wo ein Vorrat von Lebensmitteln zurüdgelaſſen und dem Schuß der Bewohner von Jüuidlek
Navfalit's Sommeraufenthalt , und beſuchte ſeine Be hauſung, ein großes Zelt von Robbenfellen. Bezüglid, der Bewohner der Dſtküſte, welche man für melancholiſch und ſchweigſam halten ſollte, weil ſie ſo vereinzelt und weit von einander wohnen , muß bemerkt werden, daß ſie von einem wunderbar heiteren und lebhaften Tempera ment waren .
Navfalik hielt ſein Verſprechen und begleitete die Erpedition, welche nun in Gewäſſer vorzubringen hatte, die feines ihrer Mitglieder je zuvor beſucht hatte. Navfalik
reiſte in ſeinem eigenen Boot, an Bord deſſen er ſeine Weiber , Hunde und alle ſeine ſonſtigen Habſeligkeiten untergebracht hatte. Jeßt wurde Kap Discord umfahren, mehrere darüber hinausliegende Fiords paſſiert und Aneretot, welches an der Mündung eines tiefen, von Eis erfüllten Fiords lag, am 3. Juli erreicht. Hier fand man eine
Geſellſchaft von Dítgrönländern, welche im Jahre 1883 zu Zwecken des Tauſchhandels die Weſtküſte beſucht und die man auf der früheren Reiſe in Nunatſuk getroffen hatte. Lieutenant Holm war ſehr erfreut, dieſen Leuten wieder zu begegnen , da mehrere von ihnen nach Angmag ſalik gehörten – einem Bezirk, wo er den Winter zu ver
bringen gedachte. Er hoffte, ſich die Erreichung ſeines
(eines heidniſchen Stammes , deſſen Häuptling Navfalik
Zieles und Zweđes erleichtern zu können, wenn er einige
hieß) anvertraut worden war. Als man denſelben das Depot übergab, hatte man ihnen geſagt, die Erpedition
derſelben bewegen könne, ihn zu begleiten. Um ſich daber
werde im nächſten Frühjahre zurückkehren , und ihnen zugleich verſprochen, ſie ſollten dieſelbe auf der Fahrt nady
Gala demjenigen Teil der Inſel, wo ſie gelagert waren , die fünf Boote mit allen ihren Flaggen geſchmückt und
ihre Zuſtimmung zu gewinnen, näherte er ſich in voller
Die Däniſche Erpedition nach Oſtgrönland vom Jahre 1884 .
gefolgt von elf Rayaks. Sobald dieſe Bewegung bemerkt wurde, kam ein Teil von ihnen zum Strande herab und ſtellte ſich hier auf, um die etwa Landenden zu empfangen . Die Leute aus Angmagſalik waren Männer mit langem ,
ſtraffem , ſchwarzem Haar und merkwürdig ovalen Geſichtern von eurpäiſchem Schnitt. Ein Haufe Weiber ſtand ſchüch tern in einiger Entfernung. Die Art und Weiſe , wie Navfalik und dieſe Leute ſich gegenſeitig begrüßten, war
163
früheſter Jugend auf darauf abgerichtet, ihre Empfindungen
ſo wenig wie möglich an die Erſcheinung treten zu laſſen. Einer der Häuptlinge dieſer Gruppe erbot ſich freiwillig, die Erpedition zu begleiten , und ſo betrug nun die Zahl der Perſonen, die ſämtlich nordwärts fuhren, mit Inbegriff des Kontingents von Aneretof 119 Köpfe. Einige hatten ihre Hunde mitgebracht, wilde, wolfsartige Tiere, welche
nicht bellen konnten, aber vom Morgen bis zur Nacht im
in hohem Grade charakteriſtiſch . Sie ſchauten einander
Konzert beulten.
kaum an und wechſelten nur einige wenige Worte, welde ſich anſcheinend um einige ganz gleichgültige Dinge drehten.
Am Morgen des 6. Juli verließ die Erpedition Snugſiut in der Hoffnung, noch am ſelben Tag den Gletſcher Puiſortok paſſieren zu können , welchen die Eingeborenen immer als
Die Zahl dieſer Leute, Erwachſene wie Kinder, betrug 27 ,
und doch bildeten nur zwei kleine, durch langen Gebrauch ſehr heruntergekommene Zelte das ganze Obdad, für die ſelben. Sobald die Erpedition ein Lager aufgeſchlagen hatte, ſtatteten jene Dſtgrönländer demſelben einen Beſuch ab, und es mußte nun notgedrungen auffallen , wie ſehr ſie ſich von Navfalit in ihrem Ausſehen, in ihrer Redes weiſe, ihrer Art zu ſprechen und in ihrem ganzen Gebahren unterſdjieden . Sie ſtammten aus Gegenden im Norden , aus Angmagſalit und Sermilif.
Einer der Häuptlinge
aus Angmagſalit, namens Umerinif, war ein Mann von
leichter, geſchmeidiger und zierlicher Geſtalt, hübidem Ge ſicht, von gewinnendem , lädhelndem Ausdrud , mit einem dunklen , ewig beweglichen Augenpaar und einer gezierten, halb theatraliſchen Redeweiſe. Man vermod te ſich in feiner Nähe nie ganz wohl zu fühlen und mußte an ſeiner Aufrichtigkeit zweifeln. Er ſtellte es anfangs als ganz un möglich dar, daß die Erpedition Angmagſalik erreiche; er behauptete, die Reiſe werde mindeſtens ſo viele Tage dauern, als er an ſeinen Fingern und Zehen miteinander
einen gefährlichen Punkt bezeichnen. Dieſe Hoffnung ging aber nidt in Erfüllung, denn um Mittag, als man den
Vorſprung des Rap Adelaer erreicht hatte, wurde ermittelt, daß das Eis jenſeit desſelben überall dicht aufeinander geſchoben und zuſammengepadt lag . Man mußte daber weiter hinausrudern und das Kap umfahren , denn die Klippen am äußerſten Ende desſelben waren zu ſteil, um die Zelte auf ihnen aufzuſchlagen. Die Fahrt wurde daher fortgeſetzt bis Karoakornak, zwiſchen Rap Adelaer und Rap Ranzau, einer Dertlichkeit voll düſterer Erinnerungen , denn hier hatte ſich Graah genötigt geſehen , ſeine halbe Reiſe geſellſchaft nach Hauſe zu ſchicken, während er, der noch einzige Europäer, ſeine Reiſe mit den ihm treugebliebenen Grönländern fortjeßen mußte. Man näherte ſich daher dieſem Orte nicht ohne einige düſtere Ahnungen , welche auch teilweiſe verwirklicht werden ſollten. Die Zelte wurden jedoch an den Strand geſchafft und in der her:
der Warenkiſte ſah, die zum Tauſchhandel beſtimmt war, ichlug er einen anderen Ton an und ließ die Schwierig keit, ſeine Heimat zu erreichen , als weit geringer erſcheinen .
kömmlichen Weiſe aufgeſchlagen , wobei diejenigen, wor unter die Heiden lagerten , im Kreiſe um die anderen aufgeſtellt wurden . Hier mußte man ſiebzehn Tage zu bringen, doch war glüdlicherweiſe die Witterung immer günſtig und dies erlaubte den Mitgliedern der Erpedition die ganze Region der beiden Vorgebirge zu vermeſſen und
Am 3. Juli war die Witterung regneriſch und die Er:
ihre Naturgeſchichte vollſtändig zu erforſchen.
pedition verbrachte daher den Tag im Verkehr mit den Eingeborenen, wobei man die Bemerkung machte, daß Weiber wie Männer in ihrer äußeren Erſcheinung einige Aehnlichkeit mit den Eskimos hatten. Mehrere von den Weibern hatten blonde Haare und waren im ganzen recht hübid , wenn audy allerdings nidit fo lebhaft wie die
Abenden unterhielten ſie ſich mit den Grönländern, welche ihnen ihre heidniſchen Tänze, wirklich ganz originelle und wunderbare Leiſtungen , vorführten . Ebenſo hatten ſie
Männer. Am 4. Juli verließ die Erpedition Aneretof und er:
Braut durch Raub zu bemächtigen, zu erkennen . Am 15. Juli benachrichtigte Hanſerak, ein eingeborner
reichte um Mittag Inugſiut, welches an der Mündung
Katechet und der Anführer der Grönländer, welcher bei Gelegenheit auch den Heiden predigte und ſich der Er
zählen könne; allein ſobald er den mannigfaltigen Inhalt
eines Fjords lag, das von ziemlicher Ausdehnung aber mit Eis angefüllt war. Navfalik hatte als Lotje den Weg gezeigt und ſich nach Deffnungen im Eiſe umgeſehen,
welche einen Zugang oder ein Fahrwaſſer für die Boote bilden würden. In Jnugſiut traf man wieder Eingeborene, 32 an der Zahl, worunter einige Verwandte von Navfalik. Die Art und Weiſe, in welder ſie einander begrüßten, gewährte den europäiſchen Zuſchauern viele Beluſtigung; die Leute waren äußerſt undemonſtrativ, denn ſie ſind von
An den
Gelegenheit, einer grönländiſchen Hochzeit anzuwohnen, die dabei üblichen heidniſden Bräuche zu beobachten , und in dieſen noch Spuren von dem alten Brauche, ſich einer
pedition in mancherlei Weiſe nüßlich machte, dem Lieutenant
Holm, zwei Bootsgeſellſchaften (welde dem getroffenen Abkommen gemäß ichon früher hätten umkehren follen ) hätten erklärt , daß ſie nicht weiter mitgehen , ſondern umkehren würden. Der Lieutenant wußte , wie vergeb: lid, es ſein würde, hier Ueberredung zu verſuchen ; er äußerte alſo nur : ,,Nun denn, ſo müſſen wir uns an die Heiden halten ."
Die Thatjache war, daß die Leute wegen
Die Däniſche Expedition nach Dſtgrönland vom Jahre 1884.
164
der vielen Unterbredjungen der Reiſe den Mut verloren
Weiſung bekommen, den Reſt des Sommers zur Aufnahme
hatten , und ſo traten denn am Morgen des 18. nicht weniger als fünfzehn Perſonen den Heimweg in einem der
Boote an ; die dreizehn Zurückgebliebenen wurden unter
und Erforſchung der Küſte zwiſchen Tingmiarmiut und Fluidlek zu verwenden und eine beſondere Aufmerkſamkeit auf die verſchiedenen Fiords zu verwenden, welche dort
die anderen drei Boote verteilt und die Verhältniſſe ge
in die Küſte einſchnitten. Mit angenehmen und frohen
ſtalteten ſich im ganzen weit günſtiger, als dies anfangs wahrſcheinlich erſchienen war. Außerdem vermochte Nav
Vorgefühlen machte er ſich an dieſe Arbeit, denn der beſte
Falik am 23. die Nachricht zu bringen , daß der Puiſortok paſſierbar war, und es wurden daher Vorbereitungen für den Aufbruch getroffen.
Die heidniſden Grönländer hegen eine abergläubiſche Furcht vor dieſem Gletſcher und warnen alle diejenigen , welche denſelben wohlbehalten paſſieren möchten , nicht durch Sprechen, Lachen, Eſſen , Rauchen oder Ausſprechen
feines Namens den Zorn desſelben herauszufordern. Es war allerdings eine ſchwierige Arbeit, um dieſen gefähr lichen Vorſprung herumzurudern , allein es fam fein Unfall vor, und am Abend ward Otto Rud's Eiland erreicht, wo ſich auf den nackten Felſen ein willkommener Ruhepunkt für die Nacht darbot. Die Fahrt wurde dann einige Tage lang nordwärts fortgeſett bis Tingmiarmiut, welches Navſalik's Heimat war, und je mehr man ſich dieſem
näherte, deſto mehr verlor das Land ſeinen ſchaurig-öden abſtoßenden Anblid . Schnee und Eis, welche feither den vorherrſchenden Zug in der Küſtenlandſchaft gebildet hatten, wichen immer mehr nach dem Binnenlande zurück, ſo das an vielen Stellen ein Wuchs von Haidekraut dem Lande
einen heiteren heimeligen Anſtrich lieh. Am 27. um Mitternacht erreidhten eines oder zwei Boote ein kleines Eiland im Tingmiarmiut- Fjord und trafen am anderen
Morgen in Navfalik's Lagerplaß ein. Die anderen Boote, welche man in der nächtlichen Dunkelheit aus dem Geſicht
verloren hatte, kamen ebenfalls im Laufe des Tages an, bis auf eines, welches erſt nach Einbruch ſich der Nacht ein ſtellte. Die Geſellſchaft an Bord desjelben war von Eiland zu Eiland im Fjord gewandert und zeigte ſich nun ſo ent rüſtet darüber, daß man ſie zurückgelaſſen hatte , daß ſie ihren Entſchluß fund gab, nicht mehr weiter mitzugeben. Es war übrigens bereits beſchloſſen worden, dieſe Bootsmann ſchaft umkehren zu laſſen , da ſie dazu beſtimmt war , zur Erforſchung des Küſtenſtrichs von fluidlet verwendet zu werden, woran
man bereits vorüber gekommen war.
Lieutenant Holm ſah jeßt überhaupt den Zeitpunkt ge kommen, wo die Erpediton ſich trennen mußte, und traf
ſogleich ſeine Verfügungen. Er bereitete ſeine Depeſchen und Briefe nach Hauſe vor und entwarf eine eingehende Inſtruktion für den Lieutenant Garde, der die zurück
Teil des oftgrönländiſchen Sommers , der Monat Auguſt, lag noch ganz vor ihm. Er fand , daß zwiſchen den beiden erwähnten Dertlichkeiten acht Fjorde lagen, wovon jedes ungefähr ſechzehn Seemeilen landeinwärts lief.
Dieſe
Fjords wimmelten aber ſo von Gletſchern , daß man keine Stunde in denſelben rudern konnte, vhne etwas anderes zu ſehen als Eis und Schnee. Ihre Küſten waren ſehr ſteil und boten nur wenige Landungspläße. Wenn nun
noch überdies zufällig ſtarke Strömungen herrſchen , jo fann eine Fahrt in Booten, welche von Weibern gerudert werden, große Gefahr mit ſich bringen. Die drei am meiſten nach Norden gelegenen Fjords jedoch unterſcheiden ſich vorteilhaft von den anderen ; ſie ſind nicht ſo mit Gletſchern angefüllt und haben ein freundlideres und mil deres Anſehen. Es ergab ſid , daß die Berge in der Nähe der Küſte ſelten von einiger bedeutenden Höhe waren. Sie werden erſt hinter den fernſten , dem Binnenlande zuge fehrten Eden und Sdyluchten der Fiords groß, ſteil und wild. Gneis, Granit und Gneisgranit ſind die vorherra
ſchenden Geſteinsarten und die Küſten zeichnen ſich durch einen Reichtum an ſchönen und ſeltenen Mineralien aus. An vielen Stellen erheben ſich fern im Binnenlande ſyeni
tiſche Felſen von großer Höhe und Schönheit und von rötlicher Färbung ſteil und zadig über die Eisfelder und verleihen der ganzen Szene einen Charakter von Wildheit. Die höchſten Gipfel wurden auf eine Höhe von ungefähr 6000 Fuß geſchäßt.
Am 1. September kehrte Lieutenant Garde nach Juuidlek zurück, ſehr befriedigt von der Arbeit , welche feine Geſellſchaft auszuführen imſtande geweſen war. Auf der Rüdkehr nach der Weſtküſte hatte er bis zum 20. Sep
tember mit Sturm, Regen, Eis und Meeresſtrömungen zu kämpfen. Der freundliche Nannortalit-Sund, jenſeit Kap Farewell, wurde jedoch endlich wohlbehalten erreicht und hier die Eingeborenen entlaſſen , welche jeder 50 bis 100 Kronen als Bezahlung erhielten und ſich freiwillig erboten, im nächſten Sommer wieder Dienſte zu nehmen. Wie weit die andere Expedition im Norden borzu dringen imſtande war, darüber vermag Lieutenant Garde nicht einmal Mutmaßungen aufzuſtellen. Er hofft jedoch,
dieſelbe werde imſtande geweſen ſein, ihren eigentlichen Zweck zu erreichen , nämlich die Erforſchung jenes Land
kehrende Abteilung befehligen und die anzuſtellenden Forſd ungen leiten ſollte. Alle anderen erforderlichen Vorkeh
ſtrichs, auf welchem die einſt von den Dänen gegründete
rungen waren bald getroffen und am 30. Juli verabſchie: deten fid Lieutenant Garde und der ihm beigegebene Offizier Eberlin von dem Befehlshaber und ihren bisherigen
weſen war. Bevor Lieutenant Garde feine Darſtellung ſchließt,
Gefährten und traten die Rückfahrt an. Der Lieutenant hatte in ſeinen Inſtruktionen die
macht er noch auf die Frage aufmerkſam : ob das Meer längs der Oſtküſte von Grönland die Möglichkeit bietet,
alte blühende Kolonie namens Defterbygden gelegen ge
Die Alpenwelt des Himalaya.
regelmäßig befahren zu werden ? Er ſagt : über dieſen Punkt
können nur Verſuche und Erfahrungen entſcheiden ; er iſt jedoch der Meinung, es werde nur im Herbſt jedes Jahres
einem Dampfer möglich ſein, bis zur Oſtküſte vorzudringen . Es gibt keinen Kanal, kein Fahrwaſſer, welches beſtändig eisfrei iſt, und Summe und Umfang des etwa vorhandenen
Eiſes hängen ganz und gar von dem Winde ab. Im Herbſte iſt der Eisgürtel der Küſte ſo ſchmal, daß man feine Schwierigkeit finden würde, mit Dampfern der Küſte entlang zu fahren . Allein hinſichtlich der Errichtung von Zufluchtshäfen hält er dies für ein vergebliches müßiges Unternehmen, indem dieſelben gerade in derjenigen Zeit, wo ſie am nötigſten wären, von Eis blodiert ſein würden. (Sc. g. M.)
165
ein Bedeutendes überſtiegen. Dieſe Schilderungen ſeien in England mit vieler Ungläubigkeit aufgenommen wor
den, und man habe bis zur Meſſung des Dhawalagiri den Chimborazo noch überall als den höchſten Berg der Erde betrachtet.
Eine Zeit lang blieb der Dhawalagiri der höchſte der bekannten Berge, büßte jedoch dieje Würde ein , als man ermittelte, daß der Kindſchin -dichinga noch höher ſei, und auch dieſer ward dann ſpäter entthront, als man fand, daß er noch von anderen überragt wurde. Während der tri gonometriſchen Vermeſſung Indiens in den Jahren 1845 bis 1850, als man in jenen Landesteil fam, welcher die nordöſtliche Himalaya-Kette heißt, wurde nämlich ein Berg gemeſſen und als ,,Nummer Fünfzehn “ in die Aufnahme
Karten eingetragen, welcher ſich bei der trigonometriſchen
Die Alpenwelt des Himalaya.
Meſſung als der höchſte, als 29,002 Fuß hoch ergab, und bei den Eingeborenen Gaurijankar hieß. Dieſer Gipfel erhielt zu Ehren des Vorſtandes der großen trigono
Der Himalaya bildet das gewaltigſte Gebirgsſyſtem
metriſchen Vermeſſung, Sir George Evereſt, den Namen
der ganzen Welt, nicht allein hinſichtlid ſeiner Flächen: ausdehnung, ſondern auch hinſichtlich ſeiner Höhe. Was
geographiſchen Meilen in der Länge von Weſt nach Dſt,
Mount Evereſt, der ihm jeither geblieben iſt. Seither ſind die verſchiedenen Ketten des Himâlaya: Syſtems genauer erforſcht worden und haben die über raſchendſten Aufſchlüſſe geliefert. Der britiſche Botaniker Hoofer hat die Landſchaft Sikfim bereiſt, in welcher einige
die erſtere anlangt, ſo berechnen die neueren engliſchen Geographen dieſelbe auf eine Strecke von mehr als 300
mit einer ſolchen Breite von Süd nach Nord, daß man
der höchſten Gipfel liegen. Unſer Landsmann Hermann
wochenlang reiſen müßte, um ſeine mehrfachen parallelen
v. Schlagintweit-Sakünlinski und ſeine Brüder Robert und
Ketten zu überſchreiten . Bezüglich ſeiner Höhe brauchen
Adolf haben einen Teil des Himalaya, Karakorum und
wir nur zu erinnern, daß der Mont Blanc eine Höhe von
Kuenlün durchforſcht und die wichtigſten Reſultate mit
14,811, der Chimborazo eine ſolche von 20,100 pariſer Fuß, der Mount Evereſt im Himalaya aber eine Höhe von 29,000 pariſer Fuß hat, alſo beinahe doppelt ſo hoch iſt als der Mont Blanc, und daß nach den trigonometriſchen Ver meſſungen von Indien der Himalaya notoriſd über achtzig Gipfel zählt , welche mehr als 20,000 pariſer Fuß hoc ſind. Was wollen hiegegen die Gebirgsſtöde der Alpen, Pyrenäen, der Cordilleren und der Felſen gebirge ſagen ! Zu Anfang unſeres Jahrhunderts war die große Höhe der Gipfel des Himalaya noch ganz unbekannt, und ihre wirkliche Erhebung iſt erſt in verhältnismäßig neuerer Zeit feſtgeſtellt worden. Humboldt ſagt in ſeinen „ An ſichten der Natur" : zur Zeit ſeiner Rüdfehr nach Europa, 1804, jei noch kein einziger aſiatiſcher Schneeberg, weder im Himalaya, noch im Hindukuſch, noch im Kaukaſus,
gebracht.
Seither ſind die verſchiedenen Retten des Himâ
laya von verſchiedenen Engländern durchforſcht worden, namentlich ſeit nach dem Luftkurort Dardſchiling (Dar jeeling), welcher auf einem hohen Plateau am Fuße der höchſten Bergkette liegt, eine Eiſenbahnverbindung führt,
die alljährlid von Tauſenden von Europäern benüßt wird, um während der heißen Jahreszeit in der reinen , milden und geſunden Bergluft ihre Erholung und Sommerfriſche
im Angeſicht der höchſten Gipfel zu ſuchen. Die genaue Runde des Himalaya wäre aber ſchon weiter gediehen , wenn nicht die Bewohner des Terai und Nipal (Nepaul)
ſich dem Vordringen der Forſdungsreiſenden energiſch widerſeßten , in der Befürchtung, die Berichte derſelben
Weiden und reichtragende Getreidefelder in einer Meeres
möchten die Briten veranlaſſen , ihr ſeither noch ziemlich unabhängiges Land zu erobern und zu annektieren. Der thätigſte neuere britiſche Forſcher im Himalaya iſt ein Herr Graham , der ſich bereits als Alpenſteiger einen Namen gemacht hat. Dieſer begab ſich zu Anfang 1883 mit zwei Alpenführern, welche er aus der Schweiz mitnahm, nach Indien, um ſich in die unbetretenen Ein öden des Himalaya zu wagen, und hat ſeit Juli 1883 auch verſchiedene Bergbeſteigungen verſucht, welche, wenn auch nicht alle gelangen, doch zu bedeutenden Reſultaten führten. Graham erklärt auf Grund ſeiner Verſuche und Erfahrungen, die Berge des Himalaya ſeien außerordent
höhe gefunden , welche die Höhe des Mont Blanc noch um
lich ſchwer zu erſteigen, weil ſie nur mittelſt tiefer und
mit irgendwelcher Genauigkeit gemeſſen geweſen ; erſt un gefähr um den Anfang des Jahres 1820 habe ſich in Europa die Kunde verbreitet, daß es im Himalaya Gipfel gebe, welche bedeutend höher ſeien als diejenigen der Cor
dilleren (Andes), und daß auch das Pflanzenleben daſelbſt weit höher hinaufreiche, als in irgend einem anderen be
fannten Teile der Erde. Webb hatte in dem Bab Niti und Moorcroft auf dem Plateau von Tibet noch ſchöne
Auäland 1886, Nr . 9 .
26
166
Die Alpenwelt des Himalaya .
ungangbarer Schluchten zu erreichen ſeien, durch welche
Der Gauriſankar oder Mount Evereſt liegt ungefähr
ungeheure Ströme fich ergießen - die Quellflüſſe der meiften großen Ströme Indiens. Um daber die höchſten
13, und der Dhawalagiri (mutmaßlich der vierthohe Pit
Spißen zu erreichen, ſei eine ganze Reihenfolge von Er: ſteigungen erforderlich, und die Spißen ſelbſt ſeien weit ſteiler, als die höchſten Punkte der Schweizer Alpen es
durchſchnittlich ſind. Graham und ſeine Begleiter gelang ten bis auf wenige Hundert Fuß unter dem Gipfel des Dunagiri , welcher 23,184 rheinländiſche Fuß hoch iſt, wurden aber durch einen Schneeſturm zurückgetrieben. Er
hat gleich früheren Reiſenden ebenfalls die Erfahrung ge macht, daß man im Himalaya in noch höheren Erhebungen behaglider atmen fann, als in den Alpen. Graham fand nämlich, daß das Atmen im Himalaya in einer Meeres: höhe von 22,800 Fuß nicht mehr Sdwierigkeit habe, als bei 12,000 Fuß Höhe in den Alpen. Er und ſeine Bes
gleiter erkletterten den Mount Monal (22,326 Fuß), da gegen mißlang ihnen ihre Beſteigung des Nanda Dewi (25,669 Fuß) welchen er das „Indiſche Matterhorn " nennt.
Mit ſeinen Schweizerführern hatte er nicht viel Glück, denn der eine ward frank und der andere entſprach den an ihn geſtellten Anforderungen nicht. Noch weniger befriedigten
ihn ſeine indiſchen Kulies, weil ſie durchaus nicht dazu zu bringen waren, einige der ſteileren Hänge zu erſteigen ; mit jener geringſchäßig hochmütigen Weiſe, mit welcher die Briten von jeher die Eingeborenen Indiens behandelten ein Gebaren, welches die britiſche Raſſe im ganzen Morgen :
lande ſo verhaßt gemacht hat – nennt er ſie brutes und vergißt, daß er ſelbſt zwar in ſeiner aberwißigen Leiden Ichaft für das Klettern ſeinen eigenen Hals nach Belieben riskieren kann, aber nicht erwarten darf, daß auch alle
anderen Leute ſeine Begeiſterung teilen, obwohl ſie vielleicht für ihre Dienſte bezahlt werden. Allein wir wollen nun einige der hervorragendſten Gipfel des Himalaya nach den Beſchreibungen von Gra
des Himalaya) etwa 44 d. Min. weſtlich von jenem ; leß: terer iſt nad den trigonometriſchen Meſſungen nur 26,826 Fuß hod. Beide liegen entweder ganz in Nipâl oder auf
der Grenze zwiſchen dieſem und Tibet, und ſchon ihr Fuß iſt aus den angegebenen Gründen ſehr ſchwer zu erreichen, geſchweige denn gar ihr Gipfel zu erſteigen. Etwa 40 deutſche Meilen weiter gegen Weſtnordweſt erhebt ſich der Nanda Dewi mit 25,614, und 12 Min . nordweſtlich von dieſem der Jbi Gamin mit 25,373 Fuß, ein Berg, welcher
noch einen anderen, in verſchiedener Weiſe geſchriebenen Namen führt. In der Nachbarſchaft des leßteren und unweit der Quelle des Ganges erheben ſich noch die bei
den wohlbekannten Berge Kidernath und Badrinath, reſp. 22,790 und 23,210 Fuß hoch. Dieſe lektgenannten vier Berge liegen noch auf britiſchem Gebiete, fönnten mit ziemlicher Leichtigkeit von der Bergſtation Maſuri (Muf ſoorie) aus erſtiegen werden und ſind noch von verſchie denen anderen Bergen von beträchtlicher Höhe umgeben, ſo daß dieſer Gebirgsſtod für einen Bergforſcher eine große Anziehungskraft haben würde. Es bedarf jedoch faum der Erwähnung, daß keiner von all dieſen Gipfeln jemals erſtiegen worden iſt.
Seßen wir unſeren Weg auf der Landkarte in nord weſtlicher Richtung fort, ſo kommen wir mit weiteren 44 d. Min. zu dem 26,629 Fuß hohen Nanga Parbat, welder vielleidt der fünfte in der Höhenreihe iſt. Dieſer Berg liegt auf der nordweſtlichen Grenze des Gebietes des Maharadſcha von Kaſchmir und iſt den in jenen Gegenden Reiſenden wohlbekannt, weil er weithin ſichtbar iſt und in dem Landſchaftsbilde der Hauptſtadt Srinagar einen hervorſtechenden Charakterzug bildet.
An ſeinem
nördlichen Fuße liegt die wilde Landſchaft Chilos und
ſind. Dardſchiling, im ſüdlichen Teile der Provinz Siikim
das Thal des Indus, und bis heute iſt noch kein Euro päer wegen der Feindſeligkeit der Eingeborenen bis in dieſe Gegend vorgedrungen. Aber die Abhänge und Ab ſtürze an der Nordſeite des Nanga Parbat ſind ſchon aus
gelegen, welche weſtlich von Nipâl, nördlich von Tibet, öſtlich von Bhutan begrenzt wird, liegt gerade angeſichts
Höhe und Erhabenheit einen in ihrer Art einzigen, gro:
des mächtigen zentralen Gebirgsſtodes des Kindſchin
artig -prächtigen Anblic liefern. Da der Indus dort ſchon
dichinga, welcher nur für den dritthöchſten Gipfel des Himalaya gilt und 28,156 Fuß hoch iſt. Er iſt in ge rader Luftlinie kaum zehn deutſche Meilen von Dardichîling entfernt, und keinerlei politiſche Schwierigkeiten würden den
in einer Meereshöhe von 3000 Fuß ſtrömt, ſo muß der Anblick der ſchneegekrönten Häupter dieſes Berges, welcher
ham u. a . m. ſchildern, weil dieſelben unſeres Wiſſens bei uns im einzelnen noch gar nicht oder nur wenig bekannt
Reiſenden hindern, den Berg zu erreichen, allein dies iſt dennoch nicht leicht, denn die dazwiſchen liegende Strecke
iſt durch ihre tiefen Schluchten und ſteilen Hänge ſo un gemein ſchwierig zu paſſieren , daß dazu vielleicht Wochen erforderlich wären, und verſchiedene Verſuche von Englän
ziemlicher Nähe deutlich geſehen worden und ſollen in ihrer
das Indus-Thal um nahezu 24,000 Fuß überragt, unber dingt ein majeſtätiſcher ſein und begreiflicherweiſe alles überragen, was man in dieſer Richtung in den Alpen ſieht. Ungefähr 30 d. Min. oſtnordöſtlich vom Nanga Par bat erhebt ſich ein Berg, welcher bis jeßt noch keinen Namen erhalten hat und an Höhe wohl ohne Zweifel dem Gauriſankar am nächſten kommt, denn nach den vor
dern, von hier aus den Kindſchin -dſchinga zu beſteigen, in
mehr als 20 Jahren gemachten, trigonometriſchen Beſtim
den jüngſten Jahren fehlſchlugen. Dieſer Berg präſentiert
mungen hat ſeine Höhe 28,278 Fuß betragen und daher den Kindſdin-dſdinga um mehr als 100 Fuß überragen. Er nimmt aber beinahe die äußerſte nördliche Spiße des britiſchen
ſich von Dardidhiling aus ungefähr in derſelben Weiſe, wie die Jungfrau von Interlaken aus.
Einiges zur Biffarlit- Frage.
Indien ein , liegt weit von den gewöhnlich benüßten Straßen
zwiſchen ungeheuren Gletſchern und iſt beinahe noch von keinen anderen Europäern außer den bei der Landesver meſſung beſchäftigten geſehen worden. In ſeiner Nähe liegen noch zwei weitere wichtige Berge, Maſcherbram und Geſcherbram (25,676 und 26,400 Fuß hoch ) und noch ſehr viele andere, deren Höhen zwiſchen 22,000 und 25,000 Fuß wechſeln .
Die allgemeine Bodenerhebung in den nördlichen
167
mit heißer Luft berkennen, wenn behauptet wird : „ja, hätte der Pithos unten ein Loch, dann ginge die Sache." Es handelt ſich um den Zutritt heißer Luft unter Abſchluß
von Raud und Flamme, und nach meiner Ueberzeugung bringt die Luft durch die poröſe Wandung des Pithoe , weil ſie den luftverdünnten Raum darin ſtetig ausfüllen muß, deſſen Baſe nach oben durch die Urnen öffnung entweichen ; bei ihrem Durchgange durch die glühenden Thon wände erhißt ſich die Luft ganz
Provinzen des Gebietes des Maharadſchah von Kaſhmir iſt wohl die bedeutendſte in ganz Indien, allein die dor tigen Bergſpißen gehören nicht mehr zum Himâlaya, ſon dern zum Karakorum und den anderen verwandten Ge
riſcherſeits beliebte Vergleich meiner Pithoi mit den heute
birgsketten. Auch die allgemeine Bodenerhebung in Tibet
gebräuchlichen Tiegeln iſt abſolut unzutreffend, denn leß
iſt bedeutend, denn Laſſa, die Hauptſtadt, liegt in 10,000 Fuß Meereshöhe und man fennt in Tibet verſchiedene Berge von 25,000 Fuß Höhe. Auch die Päſſe im nörd :
Mafie hergeſtellt, was zu Schmelzprozeſſen das Richtige,
lichen Kaſdımir erreichen eine fabelhafte Höhe, z. B. der von Tichang Lang Burma 19,300 Fuß (der Paß von Ibi Gamin foll nach Schlagintweit ſogar 20,459 Fuß hod) ſein) und ſieben weitere Päſſe von 18,000—18,900 Fuß Höhe, während der Donfia-Paß, dicht beim Kindſchin dſdyinga, ebenfalls 18,500 Fuß Höhe bat. Aus all dem Vorgeſagten ergibt ſich die ungemeine
Großartigkeit der aſiatiſchen Alpenwelt. Und wenn der einſt dieſe Gegenden den Europäern zugänglich ſind, wird ſich daſelbſt ein ungeheures dankbares Arbeitsfeld für unſere Forſcher eröffnen .
ebenſo, wie ſie es im Siemens'ſchen Ofen beim Durchgang durch den aus idhachbrettartig geſtellten Ziegeln gebildeten Vorwärmer thut, und oxydiert den Leichnam. Der gegne
tere ſind prinzipiell aus unporöſer und luftundurchläſſiger zum Drydieren (i. e. Verbrennen, aber Nonſens iſt. Stüßt ſich mithin der zuerſt von Virchow erhobene Einwand auf mißverſtändliche Verſuche im Schmelztiegel mittelalterlicher Adepten, fo läßt ſich für die Richtigkeit der Behauptung, die Pithoi feien Verbrennungsurnen ge weſen, eine ganze Reihe gewichtiger Thatſachen " anführen : 1. Die ſchon erörterte Poroſität, deren Hochgradigkeit
ſo auffallend iſt. 2. Die Größe der Pithoi bis zu 8 (acht) Fuß Höhe bei 5 Fuß Durchmeſſer.
Die Eremplare des Berliner
Muſeums find bei weitem noch nicht die größten. 3. Die Weite der Deffnung bis zu 351/3 300 Durch
meſſer. Sie iſt für Flüſſigkeits -Vorratsgefäſſe widerſinnig, reicht aber zur Aufnahme ſelbſt korpulenter Leichen aus und erleichtert die Ventilation.
Einiges zur Hiſfarlik -Frage. Bon Artillerie - Hauptmann E. Bötticher,
4. Die zur Aufſtellung ſo großer Urnen ſo unpraktiſche
Eiform . Dieſe muß beſondere Gründe gehabt haben. Die
Können die Bithoi von viſlarlit als Verbrennungsurnen
Aufſtellung mußte möglichſt wenig Oberfläche der Urne wegnehmen , damit die heiße Luft um ſo reichlicheren Zutritt durch die Poren fand. 5. Die unverhältnismäßige Zahl der Pithoi. Gab
(Tiegel) gedient haben ?
es dod allein in der nur 3600 qm. großen ſogen. dritten
(Schluß.) IV .
felben mit Fachleuten erwogen, bevor ich mit meiner Idee
Stadt oder Burg 600 ſolcher Pithoi und darüber von 3 bis 5 Fuß Durchmeſſer. Verteilt man dieſelben auf den genannten Raum , ſo entfallen für jeden Pithos 6 qm., und da jeder je nach ſeinem Durchmeſſer 1--1.8 qm. Raum
hervortrat. Die Fachleute ſtanden damals wie noch heute
fortnimmt, ſo würden für Mauern und Kommunikation
meiner Idee ſkeptiſch gegenüber, indeſſen habe ich gute
pro Haus und Pithos 4-5 qm . Raum verbleiben. Für die armen ,,Städter" wäre alſo nur im Pithos ſelbſt
Gegen dieſe Verwendung wandte Profeſſor Virchow
gewiſſe mit Tiegeln gemachte Erfahrungen ein. Dieſe waren mir natürlich nicht unbefannt, und ich hatte die
Gründe, um daran feſtzuhalten. Ob die Urne genügende Luftzufuhr hat oder nicht, läßt fich theoretiſch gar nicht
Naum
geweſen, was doch nur in ihrer Nekropole ver
feſtſtellen. Wer die Geſchichte der Technik kennt, weiß wie
ſtändlich iſt.
vieles für unmöglich erklärt wurde, bis der Verſuch die Richtigkeit der Idee erwies. Dann paßte man die Theorie
Transport. Nach Jlios“ , S. 316, gebrauchten vierzehn
der Praris an.
Gerade auf dem Gebiete der Ventilation
tappt man im Dunkeln. Die mir vielfach gemachten Ein würfe verwedſeln meiſt den Teil mit dem Ganzen : die
Urne iſt nicht der Ofen, ſondern nur die Verbrennungs kammer, deshalb heißt es das Prinzip des Verbrennens
6. Das Gewicht und der dadurch bedingte ſchwierige ſtarke Arbeiter einen Tag, um einen der im Berliner Muſeum befindlichen Pithoi 150 m . weit zu transportieren. Dies ſpricht nicht dafür, daß die Pithoi, wie man von „ Vorratsgefäfſen " doch gelegentlid, verlangt, ihren Plaß ver
änderten. Jedenfalls verlangten ſie gute Kommunikationen .
Einiges zur Sifjarlit Frage .
168
7. Aber wie ſind die Pithoi überhaupt an ihren Drt gelangt ? Schliemann ſowohl wie Virchow wundern fich, daß es in ,, Troja " weder Straßen nod Thüren gibt. Da mithin die Pithoi nicht von außen in den Raum , wo ſie gefunden wurden, hineingebracht worden ſein können , ſo muß jeder an ſeinem Standorte angefertigt, mindeſtens aber, bevor dieſer ummauert wurde, dort aufgeſtellt worden ſein. Es
iſt es kaum glaublich, daß die verſchiedenſten Völker ohne beſonderen Grund von der durch die Natur der Sache ge gebenen Sargform ſo auffällig abgewichen ſeien und den
Toten in einen offenen Topf geſtedt haben ; wahrſcheinlich baben ſie die Leiche in der aufrecht ſtehenden Urne ver
brannt, dann die Urne umgelegt, die Aſche herausgenommen
und die unverbrannten Gebeine darin gelaſſen. Db Knochen
8. Die Pithoi ſtanden – mit ſeltenen Ausnahmen
nach langer Zeit noch Brandſpuren bewahrt haben müſſen, iſt zweifelhaft. Virchow erwähnt in der Zeitſchrift für Ethnologie“ XVI, 6 ( 1885) als Fundgebiete der Pithoi
einzeln innerhalb eines vieredigen, 3-5 qm . großen
mit Gebeinen nur Kleinaſien und die Krim, deshalb nenne
Raumes auf verglaſten Lehmböden in hohen Haufen Holz
ich außer dem idon erwähnten Euphrat-Gebiet nod die Inſel Ometepec im Nicaragua See und die Drinoko-Länder, deren Bewohner, als die Spanier dahin kamen , die Toten noch verbrannten und deren Aſche in ein Getränk gemiſcht
liegt auf der Hand, wie unvereinbar die Schliemann'den Ideen auch hiermit ſind.
aſche. Vielfad, lagen darin nur noch die Scherben der Pithoi. Reibenweiſe ſtanden die Pithoi nur in Magazinen, und dann fehlten die Brandſpuren , . B. in dem vom „ Brande “ (der Stadt ?) unberührten vermeintlichen Wein : feller (1. oben ).
9. Meiſt waren die Bithoi leer und mit Platten zu
gedeckt, aber gerade die in dem angeblichen Weinkeller ge fundenen waren offen und mit Schutt gefüllt. Wären die Pithoi Behälter für Rorn oder andere Nahrungsmittel geweſen, ſo hätte doch wenigſtens einmal ein mit Korn ,,gefüllter" Pithos gefunden werden müſſen. Aber nur 11
in ſehr wenig Fällen", ſagt Schliemann, „ Ilios ", S. 425, ,,fand ich wirklich etwas verkohltes Korn in den Pithoi.“ Dies iſt aus Dpferbräuchen erklärbar. Schliemann will andere Pithoi als Weinbehälter angeſehen haben. Warum hat er dieſelben nicht einer chemiſchen Analyſe unterworfen ? Eremplare wie die aus dem Weinkeller, unberührt vom
verſchlucten.
12. ,, Aufrechte" Skelette (,, Jlios ", S. 307 und 565 bis 567) inmitten der ſechs bis fieben Fuß hohen Haufen Holzaſche und Scherben ſind nur erklärbar aus mißglüdter Verbrennung des Leichnams in einem ſchlechten Pithos, der zerſprang (Vgl. „ Ausland " 1883, S. 1029 und 1884 , S. 476) .
13. Die Pithoi waren in ihrer Mehrzahl das, was die Reramik „ überbrannt" nennt, weshalb ſie, wie Schlie:
mann , „ Ilios“ , S. 424, berichtet, meiſt ſchon bei dem Ver ſuch, ſie von der Stelle zu rüden, zerbrachen ; weldher Glut ſie ausgeſeßt geweſen ſind, erhellt aus dem glaſierten Zu ſtand der thonernen Fußböden und der Lehmbroden in der
viel Weinſtein aufweiſen . Iſt aber nicht der Fall! Daß
Holzaſche, der nach Dr. Moß auf Weißglut deutet. Der artig überbrannt waren alle einzeln ſtehenden , nicht die magazinierten Pithoi. Die Holza dhe , welche jene bis oben
die Pithoi meiſt leer gefunden wurden , mußte man von
hin einhülte, beweiſt, daß rings um dieſelben ſehr bedeu
Verbrennungsurnen erwarten, da die Reſte des Toten nach allgemeiner Sitte in beſondere Aſchenurnen (die in Hiſ jarlik überaus zahlreich ſind ) gelegt wurden. 10. Während für das, was nach Schliemann Regel geweſen wäre , kein Beiſpiel gefunden wurde, iſt gerade
tende Mengen Holz verbrannt worden ſind. Was ſollen nun die ſo zahlreich auf engem Raum , worin fein Menſch mehr eine Stadt oder Burg erkennt, zuſammengedrängten Pithoi ſein, wenn nicht Verbrennungsurnen inmitten der Reſte der Scheiterhaufen ?
das feſtgeſtellt, was nur außnahmsweiſe vorkommen konnte,
V.
,,Stadtbrand“, müßten in der ſtark poröſen Gefäßwand
nämlich das Zurückbleiben menſchlicher Ueberreſte in Pithos. Einige Schlußbemerkungen über die Fundſtätte der Bithoi
(„ Ilios “, S. 570, ein weiblicher Schädel und Aſche.)? von Hiſſarlik.
11. Die Beobachtung ad 10 iſt ein Seitenſtück zu älteren. So ſind am Euphrat und Tigris früher ſchon
mannshohe Urnen mit Ajde und Gebein von Menſchen gefunden worden. (Siehe Dr. Truſen, ,,Leichenverbrennung". Breslau, 1855, S. 275.) An anderen Orten hat man zwar ebenſo große Urnen mit Gebeinen gefunden, aber daraus, daß dieſe Urnen horizontal lagen, auf Erdbeſtat tung geſchloſſen , wohl mit Unrecht, denn ſchon a priori 1 Nach meiner Ueberzeugung war auch die weiße Maſſe in zwei Pithoi , „ Ilios“, S. 425, menſchliche Aſche, dem ſie iſt auch reichlich in den trojaniſchen Schaßvaſen (revera, Aſchenurnen, mit Beigaben ) vorhanden ; (Siehe „ Ilios “, S. 545, 550, 552 u . a.,
Es iſt vielleicht hier und da der Gedanke aufgetaucht, ob nicht Hiſſarlik eine großartige Töpferwerkſtatt geweſen
ſein könne, doch dürfte wohl, was ich an Details mitge teilt habe, genügen, um dieſen Gedanken ablehnen zu laſſen. Wie kämen wohl Skelette und zahlloſe Aſchenurnen, und dann alle die goldenen , ſilbernen, eiſernen, kupfernen, bronzenen , ſteinernen und gläſernen Dinge, z. B. ſteinerne Phallus (!), in Merge in eine Töpferei ! Nein, der Nekro polencharakter von Hiſſarlik iſt angeſichts der größtenteils ſymboliſchen Funde ganz unabweisbar (Vgl. „ Ausland " 1884, S. 285-91 mit Abbildungen).
Iſt dafür nicht
!
Schliemann ſagt, er habe ihre Natur nicht ermitteln können ; wozu gibt es denn eigentlich eine Chemie ?
1 Ich glaube deshalb auch nicht, daß die Tinajas, wie
Dr. Philippi meint, erſt mit den Spaniern nach Chile gelangt ſeien.
Einiges zur Hiſjarlit- Frage.
auch die ſonſt unerklärliche Auffindung unverbrannter Em bryoſkelette auf menſchlicher Aſche in Aſchenurnen ein Beleg ? Entſprachen nicht dieſe Funde der z. B. von „ Juvenal" (XV , 1396) erwähnten Sitte der Alten , nur die Mutter zu verbrennen, nicht aber das infans minor igne rogi ? Mögen doch die Herren Gegner, ſtatt ſolche Dinge tot zuſchweigen, ſie beſſer erklären ! Mögen dieſelben doch nur folgende ſchon im Ausland" 1883, S. 1014 betonte
Thatſache widerlegen, wenn ſie können :
Die im ,, Ilios", S. 425, 462, 545, 550, 552 be .
driebenen Vajen enthielten regelmäßig geſchmol
zenes und ungeſchmolzenes Goldgerät eng ver: eint, dazu ein rätſelhaftes (?) bläulich-weißes Pulver.
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mithin nicht die Enceinte, keine Befeſtigung iſt, ſo hübſch
ſie auch als ſolche auf Plan 1 und VII ausſieht. Wer den Plan IV des „ Ilios " ſtudiert und nicht überſieht, daß dieſer Aufriß im Verhältnis zum Grundriß ( Plan I und VII) falſch orientiert iſt, findet leicht, daß derſelbe die
Kontreeskarpe des Schliemann'ſchen Grabens, nicht, wie man leicht denken fönnte, die Eskarpe oder die zur Burg
(Stadt) gehörende Grabenwand darſtellt. Der Plan zeigt alſo in dem von der Burg (Stadt) abgeſchnittenen Teil der Schuttmaſſen deutlich ſchichtenweiſe übereinander Stirn und Seitenflächen des darin ſteckenden Gemäuers, einen Pithos u. dgl. , in Süd, Weſt und Nord, und nichts iſt ſo unbegreiflid), ale wie Schliemann-Dörpfeld troß dieſes
Sdliemann erzählt uns, flüchtende Trojaner hätten dieſe
von Burnouf aufgenommenen und, wie alle deſſen Arbeiten,
Schäße in eine Vaſe gepact, ſeien aber mit denſelben im Brande der Stadt verunglücft. Wie könnte ſich dann aber
ſehr treuen Bildes uns zumuten wollen, an ihre Stadt
neben geſchmolzenem Golde mit Kohle-Einſchluß (!) regel mäßig ganz unverſehrter Goldſchmuck von höchſt diffiziler Arbeit mit aufgelötetem Filigran gefunden haben ? Es liegt doch auf der Hand, daß die ganz unverſehrten Stücke erſt hierher in dieſe Vaſen gelegt ſein können, nadidem das neben ihnen gefundene geſchmolzene Gold ſchon den Schmelzprozeß hinter ſich hatte, ſonſt würden erſtere auch geſchmolzen ſein. Daran ſcheitert Schliemann's geſamtes Trojanertum ! Die Sache iſt nur aus dem Totenkult er:
und Burgmauer zu glauben, nichts ſo wunderbar, als wie jogar der Geheime Oberbaurat Profeſſor Adler in
Vorträgen über die Befeſtigungsſyſteme von Troja, Tiryns und Mikenä das ihm von den Thatjachen ſelbſt gegebene
Dementi ignorieren kann. Es gibt keine Befeſtigungen im Hügel Hifjarlik, feine Stadtmauern, keine Burgmauern ! Was jene Herren ſo nennen , iſt eine Parodie auf eine
Feſtungsmauer, denn dieſe angeblidy maſſive 4,5 m , dice Mauer beſteht aus zwei um 1,5 m. getrennten parallelen Wänden von Bruchſtein ohne Mörtel, jede nur 1,5 m.
flärbar. Der Tote wurde im vollen Schmuce, mit Waffen
did , dabei aber 6 m . hody ( ſiehe ,,Ausland " 1883, S. 1011 ,
und Geſchmeide angethan, verbrannt. Das Geſchmeide
Profil II). Findet ein Laie ſolche Doppelmauer verſchüttet, ſo mag ihm leicht der Gedanke kommen, die Füllung ge
ichmolz, und was übrig blieb, Goldflumpen mit Aliche und Kohle vermengt, wurde mitſamt der Aſche des Toten in eine Aſchenurne gelegt. Daher aud das angeblich ſo rätſelhafte weiße und bläuliche Pulver ! In die Ajden:
urne wurden dann nach bekannter Sitte noch Liebesgaben
böre zum Bau. Dann läßt er die Füllung unberührt. So konnte Schliemann an unſere „ Heidenmauern" denken ; Dörpfeld aber , der Architekt, mußte wiſſen , daß eine
Darum in Hiſſarlik das unverſehrte Geſchmeide
Ausfüllung mit Geröll ohne den Mörtelausg uß der Heidenmauern die Wände ſprengt, daß alſo das Geröll
zugleich mit geſchmolzenem in jener Vaſe voll weißen Pulvers ! Schliemann freilich wollte Schäße der flüchten
ſtatt hatte, alſo mit der Verſchüttung der ganzen Mauer.
gelegt.
den Trojaner haben, darum erkannte er nicht, daß er Aſchenurnen mit Beigaben in Händen hielt. Was wäre überhaupt in dieſer Komödie der Jrrungen erkannt worden ? Schliemann ſuchte Stadtmauern und brach einen Graben quer durch den Schutthügel von Hiſ jarlik-Tepeh. Er traf auf eine Mauer ohne Mörtel. Halt, dachte er, das könnte die Mauer von Troja ſein. Nun
grub er immer an dieſer Mauer entlang weiter, unbeküm mert um das im Wege ſtehende ſchwächere Gemäuer und die darin ſtehenden Pithoi, unbekümmert darum, daß er willkürlich den noch heute ſtehenden äußeren Trümmerberg vom ganzen trennte, und unbekümmert darum, daß die aus dieſem iſo lierten Mantel hervorlugenden Mauern und Pithoi ſeine Phantasmen umſtoßen, weil ſie die Fortſeßung des durch den Graben zerſtörten Gemäuers, ein integrierender Teil des künſtlich abgegrenzten Stadt: reſp. Burgbezirkes ſind.
Gemäuer grenzte alſo in Geſtalt kleinerer und größerer Rammern mit Pithoi darin von beiden Seiten, von innen ung außen , an dieſe Stadt- reſp. Burgmauer direkt an , die Ausland, 1886 Nr 9.
erſt hineingelangt ſein kann , als von außen Gegendruck
Dieſe Doppelmauer enthält einen der von Schliemann Dörpfeld fo eifrig beſtrittenen Korridore, die teils parallel
den nicht mehr vorhandenen Außenmauern der Nekropole, teils radial die Kommunikation vermittelten . Einige dieſer Korridore nennen Sdyliemann- Dörpfeld ,, Thore", obwohl ſie 40 m . lang direkt ins Herz der überhaupt nur 80 m . tiefen angeblichen Akropolis führen. Dieſe radial laufenden Korridore ſteigen allmählid nach innen an, wie
die Gänge in den Pyramiden und an ihrem Ende führt eine plattenbelegte Rampe rechtwinkelig abbiegend noch ſteiler aufwärts. Man ſteigt alſo, wenn man hier Burgen
und Städte übereinander erblict , thatſächlich aus der
zweiten (Troja) in die dritte, und darf geſpannt ſein, wie Schliemann -Dörpfeld dies erklären wollen . Halten wir daran feſt, daß die Korridore die horizontale , die Rampen die vertikale Kommunikation vermittelten, daß Terraſſen unverkennbar ſind (z. B. Troja, S. 22, Zeile 14 von unten ), und daß in der Tiefe noch ruhende rieſige Blöde (a. a. Orte S. 22, Zeile 2 v. u.) auf ehemalige 27
Die neue blaue Grotte auf Buſi.
170
gewaltige Außenmauern deuten, die ſpäteren Geſchlechtern
ein willkommenes Baumaterial geliefert haben und des halb verſchwunden ſind, ſo erkennen wir unſchwer, daß
v. Gr., und iſt, da ihre Entfernung von der Hafenſtadt Comiſa auf Liſſa nur ungefähr fünf Miglien beträgt, von hier aus in einer Rahns oder Bootsfahrt von 70-80
Hiffarlik ein Terraſſenbau gleich Tiryns war. In Tiryns
Minuten zu erreichen. Buſi liegt mit ſeiner Hauptacle
iſt ein Teil der cyklopiſden Ummantelung übrig geblieben,
beinahe im Meridian und iſt etwa fünf Kilometer lang und halb ſo breit. Seine Küſte ſenkt ſich allſeitig ſteil zum Meere ab, weiſt aber nur an ſeiner der ſtärkſten Brandung ausgeſeßten Südoſtſeite kable Wände auf, denn an den anderen Seiten iſt ſie mit ziemlich reicher Vege
und vermittelt nun die Erkennung von drei Terraſſen : nach Schliemann untere, mittlere und obere Burg (in Hiſarlik erſte, zweite dritte u . i. w . Stadt). Sede Terraſſe
diente wahrſcheinlich ſo lange zu Verbrennungen, bis Ueber füllung oder bauliche Gründe eine neue, nun natürlid) etwas kleinere Terraſſe aufſeßen ließen, auf welche man durch die untere mittelſt der Korridore und Rampen hin aufſtieg. Dieſes ſucceſſive Werden in langen Intervallen
erklärt gewiſſe Verſchiedenheiten in den Funden, in Form und Technik und wäre vielleicht auch als Zeitmaß von Bedeutung.
Es iſt die Aufgabe der weiteren Forſchung, nicht nur
tation, beſonders mit Waldſtreifen von italieniſcher Kiefer und Pinus maritima bekleidet, weiſt aber auch immergrüne
Eichen, Arbutus, Ciſtus, Rosmarin , Myrten, Viburnum tinus und verſchiedene immergrüne Gewächſe in Büſchen und Wäldchen auf. Die felſige Inſel erhebt ſich zwar zu einer Meereshöhe von beiläufig 240 m ., iſt aber durchaus nicht unfruchtbar, ſondern reich an blühenden Gewächſen , welche bem Charakter der Mittelmeer-Flora nahekommen, und hat /
die Uebereinſtimmung des aſiatiſchen Hiſſarliks mit dem
in ihren Thälern und Niederungen gute Weiden und Ader
europäiſchen Tiryns, die ja ſchon Schliemann ſeit 1876 auf gefallen war, ſondern auch die merkwürdige Aehnlichkeit bei der mit mittelamerikaniſchen Terraſſen-Pyramiden, vielleicht auch mit anderen Bauten, nachzuweiſen. Dieſem Nachweis wird meine nächſte Arbeit gewidmet ſein, bevor ich zur
felder, ſowie Weingärten , welche ein ſehr trinkbares Ge wächs liefern . Die Inſel zählt ungefähr 130 Bewohner, welche in 48 zerſtreut liegenden Häuſern leben und ſich von
Aufdeckung gewiſſer Dertlichkeiten übergehe. Jede Förde: rung dieſer Beſtrebungen wird dankbar angenommen .
Buchten von Buſi zeigen einen ungemeinen Reichtum von
Wein- und Obſtbau , Ackerwirtſchaft, Schaf- und Bienen zucht und vorwiegend vom Fiſchfang nähren, denn die
Im Jahre 1826 bat bekanntlich der Maler und Dichter Auguſt Kopiſch aus Breslau die berühmte blaue Grotte auf der Inſel Capri entdedt, und zu Anfang des Jahres 1884 ward durch einen Zufall eine ähnliche, wenn auch kleinere Grotte, von unterſeeiſchem Lichte beleuchtet, auf der kleinen Inſel Buſi im Dalmatiniſchen Archipel entdeckt.
Sardellen und Sgombri. Die Bewohner ſprechen im Umgang Serbiſch -Kroatiſch, teilweiſe auch Italieniſch, ſind Katholiken und bilden eine eigene Kirchengemeinde, zu der dem heiligen Sylveſter, dem Schußpatron der Inſel, ge weihten Kirche gehörig, welche nahezu inmitten der Inſel, auf einem 66 m. hohen Hügel, liegt. Beinahe alle Wohn ſtätten ſind auf den Spezialfarten mit den Familiennamen ihrer Bewohner bezeichnet. Die Inſel Buſi iſt reidy an unterirdiſchen und unter ſeeiſchen Räumen, welche zum Teil noch gar nicht erforſcht ſind , und welchen ſie ihren Namen verdankt. Freiherr
Dieſe Grotte wurde in den beiden vergangenen Jahren
v. Ranſonnet kennt deren zehn, welche alle nur zu Schiffe
durch den Freiherrn v. Ranſonnet -Villez zugänglicher ge macht, iſt nun zu einer der bedeutendſten Sehenswürdig
zugänglich ſind, und deren größte, Medvedina, Bärenloch,
Die neue blaue Grotte auf Bufi.
genannt, eine Länge von 150 m, erreicht und in ihrem
keiten des hodhintereſſanten Dalmatiniſchen Archipels ge
Innenraum durd Größe und Steinſchichtung förmlich im
worden und hat alle ſeitherigen Beſucher als eine außer
ordentliche Naturmerkwürdigkeit im höchſten Grade über
poniert. Die merkwürdigſte der ſeither erforſchten Höhlen iſt eben unſere blaue Grotte , von den Umwohnern Spe
raſcht und befriedigt. Die Inſeln Buſi und St. Andrea gehören zu den
der Inſel vorſpringende Fels, unter welchem ſie liegt, der
weſtlichſten der dalmatiniſden Inſeln und ſind keine scoglj,
Ballon heißt. Der Eingang der Grotte liegt im tiefſten
b. h. unbewohnte Felſeneilande, ſondern bewohnt und beſiedelt. Nur der ſchroffe Regelberg Pomo, ein ſteiles Felſenriff, deſſen dunkles Geſtein grell von der umgeben den hellblauen Meeresfläche fich abzeichnet, liegt noch etwas weſtlicher. Die Inſel Buſi führt ihren Namen von dem
Scooß einer Bucht an der Nordoſtſeite der Inſel, iſt uns gefähr 212 m. breit, über dem Waſſer 112 m . hoch,
venetianiſchen busi anſtatt buchi, d. h. Löcher, wegen der
lonca del Ballon genannt , weil der an der Nordoſtküſte
unter dem Waſſer 5 m , tief und ſo geräumig, daß bei ruhiger See ein ziemlich großes, mit 10–12 Perſonen beſeßtes Boot ungehindert einfahren kann. Dieſe Einfahrt bildet einen von droffen Wänden eingefaßten ſchnur
Sie liegt füdweſtlich von
geraden Ranal, welcher in ſeiner erſten Hälfte in ein tiefes Dunkel gehüllt iſt; je weiter man aber nach innen vor: bringt, deſto mehr nimmt man ein allmählich ſich aufhellen
der Inſel Liſſa unter 42 ° 57' n. Br. und 43 ° 0' 0. L.
des eigentümliches Dämmerlicht wahr, vermöge deſſen man
vielen Höhlen und Grotten, welche die Inſel birgt , und von denen man nahezu ein Dußend zählt. Ihr flawiſcher Name iſt Bišavo oder Biševo.
)
!
Unter den Apachen .
171
bald die Höhe und Breite des Innenraums zu unterſcheiden vermag, in welchem ein überraſchendes Farbenſpiel fich
keit. Der dicht an der See liegende Eingang, groß genug,
um ſelbſt mit einem größeren Boot hindurchzukommen, iſt
entfaltet. Im Anfang erſcheint das Waſſer unter dem
von zerriſſenen, ſenkrecht über die See fid erhebenden
Kiel des Bootes dunkelblaugrün, dann geht dieſe Färbung
Felswänden gebildet, wie ſie an der Küſte häufig vor
allmählich in ein helleres Blau und endlid in Azurblau
kommen .
Bei der Einfahrt geht es an dunklen Wänden
von wachſender leuchtender Pracht und Kraft über. Hat
vorbei über nod hellgrün ſchimmernden Seegrund ; dod
man den dunklen Einfahrtskanal durchmeſſen, ſo biegt das
je weiter man eindringt, deſto ſeltſamer und prächtiger
Boot nach rechts um und der Beſucher ſieht ſich plößlich wie durch Zauberſchlag in einen hohen weiten Raum ver feßt, deſſen Sohle mit einer ſchimmernden und leuchten den blauen Flut erfüllt iſt, von welcher ein gedämpftes
wird die Szenerie. Da liegt das Schiefergeſtein in rieſigen
Licht ausſtrahlt, alles Sichtbare mit einem fremdartigen Glanze überflutet und wie von einem zauberhaften Glanze umfloſſen zeigt. Der Zauber dieſer Szene läßt fidh faum in Worten beſchreiben, weil die Beleuchtung von unten aus dem Meere kommt. Die Ruder in der durchſichtigen blauen Flut erſcheinen ſilberweiß, das Geſtein unter dem
Schichten über einander getürmt, noch von hereinbrechens den Strahlen des Tages genügend beleuchtet. Je tiefer im Innern , deſto ſeltſamer ward die Brechung des Lichtes, das hier von einer dem Beſucher unſichtbaren Stelle Eins gang gefunden. Und umgab dämmerndes Halbdunkel,
das auf der Dede des Raumes zur finſtern Nacht erſtarb, während zu Füßen das lieblichſte Azur, bas je ein Menſchen auge ſich vorſtellen kann, im herrlichſten Glanze empor: ſchimmerte. Es war ein Vergnügen, dieſes prächtige Halb
Waſſer wie mattglänzendes Silber , und das bewegte
dunkel zwiſchen reinſter Himmelsſphäre und pechſchwarzer
Waſſer ſelbſt wechſelt zwiſchen zwei Farbentönen von tiefem,
Nacht zu genießen ."
reinem, ſchimmerndem Blau. Das Becken der Grotte iſt 31 m . lang, 15–17 m.
breit und zwiſchen 16 und 18 m . tief. „ Die Waſſer menge, welche ſich unter den Felſen noch weiter auszu dehnen ſcheint, empfängt ihr Licht durch ein unterſeeiſches Thor von 1012 m. Breite und 18 m. Tiefe, und der ſilberglänzende Schimmer, in welchem man die ſubmarinen
Felſen erblickt, dürfte zunächſt der Wirkung des ins Meer dringenden Sonnenſtrahles zuzuſchreiben ſein. Dieſe Wir fung zeigt ſich beſonders reizend an einem brückenähnliden Felsbogen unter dem Waſſer, der ſich von einer Seite des Bedens zur anderen quer hinüberzieht. Jenſeit dieſer Brüde ſaben wir, durch eine durchbrochene Felswand ge (dieben , eine zweite blaue Grotte von geringerem Umſang, aber mit veränderter Lidytivirkung; der gelbrote Lichtſchimmer an den Felswänden ließ dort einen unmittel baren Einfluß des Sonnenlichts wahrnehmen. In der
That wurde von Baron Ranſonnet ein trockener Gang von zirka 10 m. aufgefunden , welcher nahe dem Meeres ſpiegel unter überhängendem Geſtein ins Freie führt." 1
Hören wir nun auch einen anderen Beſucher dieſer Grotte über den Eindruck , welchen er von dieſer außer
ordentlichen Naturſzene hingenommen hat. Am 29. Juni 1885 beſuchten die ſämtlichen Stabsoffiziere der f. k. Flotten escadre, welche damals ihre Manöverfahrten in der Nähe von Buſi maditen, die blaue Grotte in großer Geſellſchaft, und einer der Teilnehmer dieſer Fahrt berichtete über die
Wie bei der blauen Grotte auf Capri find auch bei derjenigen von Buſi die Vormittagsſtunden für den Beſuch derſelben am günſtigſten.
Unter den Apagen. Von Dr. $. F. C. Ten Kate jun . (Fortſeßung.)
Die Anzahl der Indianer auf der San Carlos Reſervation wird nach dem Regierungsberichte von 1882 auf 4133 Köpfe geſchäßt, worunter nur 3114 eigentliche Apadyen, da die 324 ſogenannten Apache Yumas und die 695 Apache Mohaves ſowohl phyſiſch als ſprachlich von jenen verſchieden ſind. Dieſe Reſervation entſtand vor ungefähr fünf Jahren, und im Verlaufe dieſer Zeit wurden verſchiedene Stämme von Apadyen, auch aus Neu-Merico, dorthin gebracht. Dieſe Indianer ſind in eine Anzahl kleiner Stämme und Banden verteilt, wovon jedoch manche nicht darf zu unterſcheiden ſind. Nicht ſelten werden dieſe Namen nur für Apachen von demſelben Stamm gebraucht, ſelbſt für ſolche, die an verſchiedenen Orten wohnen ; auch die Menge von Synonymen führt leicht Verwirrungen herbei. Die White - Mountains, Sierra Blanca- oder Coyotero-Apachen wohnen im Norden der
Reſervation, ſind der zahlreichſte Stamm und betragen
felbe im „Peſter Lloyd “ vom 10. Juli 1885 folgender
etwa 1400 Küpfe. Die Tonto -Apachen von Deldzié be tragen ungefähr 600, die San Carlos- Apachen ungefähr
maßen : ,, Die Grotte iſt in der That eine Sehensivürdig
800 Köpfe. Ferner gibt es noch Pinaleño-, Arivaypa-,
1 So ſchildert Herr M. A. Beder , welcher die blaue Grotte auf Buſi ſelbſt beſuchte , dieſelbe in einem Vortrage , welchen er
und Mogollones -Apachen , wovon die beiden erſten wahr: ſcheinlich zu den San Carlos-, die leßten zu den Coyo teros -Apachen gerechnet werden müſſen .
in der Monatsverſammlung der f. t. Geographiſchen Geſellſchaft in Wien am 27. Oktober v. I. gehalten hat und der ſich im 12. Heft der „Mitteilungen “ dieſer Geſellſchaft, Band XXVIII von 1885 abgedrudt findet.
Was man in den Regierungsberichten unter „ füd lichen“ und „ gemiſchten “ Apachen verſteht, iſt mir unbes kannt. Der Agent ſelbſt weiß es nicht und kannte audi
!
Unter den Apachen .
172
die Wohnpläße der genannten anderen Stämme nicht. ,,Gemiſcht" ſind alle dieſe Stämme mehr oder weniger ;
die Chiricahuas 3z. B. , zur Zeit des Apachen-Napoleon 1
Cochiſe ein beſonderer Stamm , beſtehen dermalen großen teils aus Apachen von verſchiedenen Stämmen , worunter vor allem Hot Springs -Apachen aus Neu -Mexico, Mez: caleros und Coyoteros . Urſprünglich vielleicht der unbe:
Lebensunterhalt zu ſichern. Der wilde Mut und die Kraft der einſt mächtigen Stämme iſt glüdlicherweiſe gebrochen
und beinahe überall hat bereits die „ Bildung“ oder Kultur Boden gewonnen, und den nun zum Aeußerſten getriebenen ,,Söhnen der Wildnis “ bleibt nichts übrig , als ſich zu unterwerfen und Gnadenbrot zu eſſen oder zu kämpfen und zu verhungern. Lange hielten viele Stämme den
zähmbarſte Apachen -Stamm, wurden die Chiricahuas , je
ungleichen Streit aufrecht und harrten mit dem Mut der
mehr ihre Reihen ſich lichteten , durch ſogen. „ Renegaten " von anderen Stämmen ergänzt , und auch der ſchwache Reſt von Victorio's Bande, nadi deren Vernichtung im Jahre 1880, ſchloß ſich unter Nané an die Chiricahuas
Verzweiflung aus, aber ihre Reihen lichteten ſich von Jahr zu Jahr, ihr Gebiet ſchrumpfte mehr und mehr zuſammen,
an.
Andere Apachen innerhalb des Gebietes der Ver
einigten Staaten ſind die Sicarillas, die kaum 700 Köpfe betragen und nun mit den 900 Köpfe zählenden Mez caleros auf der Fort Stanton -Reſervation angeſiedelt ſind, und die Apachen , die, die öſtlichſten von allen , in der
und ſo wurde allmählich der Zuſtand hervorgerufen, den wir dermalen unter den Indianern im Weſten finden :
die Mehrzahl der Indianer iſt durch die Regierung über: wunden .
Zahl von ungefähr 300 im Indianer -Gebiet ſich aufhalten .
Ich glaube, daß viele Zuſtände, wie ſie uns von den vorgenannten Schriftſtellern geſchildert werden , wahr ge: weſen ſein und einzelne Charaktere unter den Indianern und Grenzbewohnern den Helden dieſer Romane ent
Die Lipans haben anſcheinend als Stamm zu beſtehen aufgehört ; einige dieſer Indianer ſind in dem Indianer
ſprochen haben mögen ; nur fdymeichle man ſich jeßt nicit mehr mit der Juuſion , Perſonen und Dinge finden zu
gebiet in Texas und wahrſcheinlich auch im nordöſtlichen Merico verbreitet . Aus dieſen Angaben geht hervor, daß
platte Proſa der naden Wirklichkeit drängt ſich einem
die Geſamtzahl der Apachen - Indianer in den Vereinigten
unwiderſtehlidy auf und eine Enttäuſchung und Entzaube
Staaten gewiß nicht mehr als 5500 beträgt.
rung folgt auf die andere. Nur wenigemale auf meiner ganzen Reiſe ſah ich Szenen, welche mich einigermaßen
Es gibt vielleicht keinen indianiſchen Stamm in ganz
können , welche den Idealen von ehedem entſprechen . Die
Amerika, der - auch im gebildeten Europa -- allge meiner bekannt wäre als der der Apachen . Sie ſind in der That auch eine der merkwürdigſten Völkerſchaften der
an das erinnerten, was id) als Knabe geleſen hatte. Eine andere Frage iſt die nach der Treue der Drts:
weſtlichen Hemiſphäre. Soweit die Ueberlieferung zurück geht und bis auf den heutigen Tag haben ſie ihr Be
laſſe dabei Cooper natürlich außer Betracyt, weil die von ihm beſchriebene Wildnis gegenwärtig einige der ziviliſier
ſtehen durch ein unbezähmbares Naturell , durch Krieg, Raub und Plünderung gekennzeichnet.
anderen Schriftſtellern nur an dasjenige , was ich aus
Ich muß unwillkürlich eine gewiſſe Bewunderung füblen für die Handvoll Wilde, die ſich aus dem eiſigen Norden einen Weg bis zu den heißen Wüſten Mexico's gebahnt haben, immer kämpfend . und in Bewegung, fallend und
dilderung bei Aimard, Ferry und Mayne Reid. Ich
teſten Staaten der Union bildet, und halte mich bei den
eigener Anſdauung kennen lernte. Das Ergebnis meiner Vergleichungen iſt, daß Aimard als Topograph das wenigſte,
Mayne Reid das meiſte Vertrauen unter den dreien ver dient. Ich könnte ihre Drtsbeſchreibung am beſten eine
wiederaufſtehend und ausharrend bis ans Ende. Unbe : ſtreitbar haben die Apachen eine bedeutende Rolle in der
verkehrte nennen , die zwar auf früherer Wahrnehmung
Geſchichte Mexico's und der Vereinigten Staaten geſpielt, und ihr Name wird noch lange fortleben, nachdem auch
größten Verwirrung zeugt. Auch die Schilderung der Sitten und Gewohnheiten der Indianer ſind zuweilen verkehrt und beſonders herrſcht bei Aimard darin eine grenzenloſe Verwirrung . Auch die Art und Weiſe, in welcher er mit Entfernungen ſpielt, iſt ergößlich: Entfernungen , welche auf der Karte Hunderte
der lekte ihrer Krieger nach den „glüdlichen Jagdgründen " abgegangen ſein wird . In nicht geringem Maße haben die Apachen ihre Popularität auch der Nomanlitteratur zu verdanken, deren
Helden ſie mehr als andere ihrer Raſſegenoſſen geworden ſind. Dies bringt mich von ſelbſt auf einen Gegenſtand, den ich vielleicht früher hätte beſprechen ſollen – idy meine die Romantik der amerikaniſchen Wildnis, die No mantik, wie wir ſie durch die Werke von Cooper, Aimard, Ferry und Mayne Neid kennen . Die Zeit der Romantik im Weſten iſt vorbei. Die unerſchütterte Wildnis von ehedem iſt eingeſchrumpft auf
ein ſo kleines Gebiet, daß es nicht mehr, wie früher, Wild genug enthält, um den nomadiſchen Jägerſtämmen ihren
und einmal beſeſſener Renntnis beruht, jedoch von der
von Meilen
betragen, werden von ſeinen Romanhelben
gemächlich in Einem Tag zurückgelegt. Davon nur einige Beiſpiele, die mir beim Schreiben in die Erinnerung kommen : Bei El Paſo und dem Rio Grande entlang ſind keine didyten Urwälder, worin Panther leben ; ebenſo wenig
ſind ſie jemals dort geweſen. Das einzige Grün, welches man dort findet, ſind einige Cottonwoods längs der Fluß ufer. Aimard phantaſiert, ebenſo wie Ferry, wenn er dieſe und Biſons ſüdlich vom Gila vorkommen läßt. Aimard läßt die Siour- Indianer ein Gefecht bei Caſagrande liefern,
Unter den Apachen .
173
in deſſen Nähe ſich Wälder von Steineichen ausdehnen.
Lieutenant Whitman ſtand ihm darauf bei, da zu bleiben
Dies ſtellt ſich ungefähr gleich mit der Angabe, das Renn
und auch den Reſt ſeiner Bande in der Nähe von Camp
tier werde in der Lombardei angetroffen und die Eſthländer
Grant zuſammenzuziehen. Kurze Zeit darauf waren un
haben das Coloſſeum belagert, welches von Zwergeichen : wäldern umgeben ſei. Aimard ſpricht ferner von einer Ruine, welche von den Chichimefen herrühren foll; man könnte ebenſo gut ſagen , daß die Vandalen einmal Feſtungen bauten, deren Ruinen man noch finde. Der Rio Gila iſt an feiner einzigen Stelle, nicht einmal an ſeiner Mündung ..zwei Meilen " breit, wie Aimard angibt ; die Breite be: trägt bei Yuma kaum eine Viertelmeile. Ebenſo wenig haben die Apachen an dieſem Fluſſe jemals ein Dorf be: ſeſſen , welches aus „ großen Zelten von Biſonsfellen" beſtand. Auch kennen dieſe Indianer den Calumet (die Friedenspfeife) und die Gewohnheit des Stalpierens nicht. Wenn die Apachen auch alle ein kriegeriſches und
gefähr 500 Apachen , Männer, Weiber und Kinder, ver
unbändiges Naturell haben , ſo thun die Amerikaner und
einigt, und der Lieutenant hatte unterdeſſen ein ausführ liches Schreiben an den Befehlshaber feines Departements
gerichtet mit dem Erſuchen einer Belehrung darüber, was er mit dieſen Indianern anfangen ſolle, welche arm, nackt und hungrig waren . Nad) mehr als ſechs Wochen erhält der Lieutenant ſein Schreiben zurück ohne alle Antwort, als
daß dasſelbe nicht in der gehörigen Form ausgeſtellt ſei. Die Indianer hatten inzwiſchen kleine Rationen aus dem Fort empfangen und dafür ſchnitten ſie täglich Gras für die Pferde der Garniſon. Sie betrugen ſich muſterhaft und vertrauten, daß Whitman ihnen helfen werde. Dieſer hatte Teilnahme für ſie gefaßt und drückte ſich in einem amtlichen Schreiben folgendermaßen aus : „ Ich habe Ach
Mericaner von ihrer Seite nichts , um dieſes Naturell
tung bekommen vor Männern , die , unwiſſend und nadt,
zu beſänftigen, ſondern legen es darauf an, dasſelbe wo
doch nicht lügen und ſtehlen wollten , und vor Frauen ,
möglich noch reizbarer und mißtrauiſcher zu machen. Die
die freudig als Sklavinnen arbeiten, um ſich und ihre
amerikaniſche Regierung hat meiſt mit Wiſſen und Willen und manchmals in gutem Glauben hinſichtlich dieſer In dianer eine Fluchwürdige Politik geübt, und durch die vorangegangene Willfür und den Treubruch , deren ſie ſich andauernd gegen die Apachen ſchuldig gemacht hatte, muß man dieſe Indianer von vieler Schuld freiſprechen . Die mexicaniſche Regierung hat gar keine Politik gegen die
Kinder zu kleiden, die aber dennocy, ohne daß es ihnen gelehrt worden war , ihre Tugend über jeden Preis hochs ſchäßten.“
Apachen ausgeübt, ſondern ſie einfach als wilde Tiere betrachtet. Was hier über die indianiſche Politik gejagt iſt, dürfte
Dieſe ſelben Indianer fielen am 30. April als Schlacht opfer eines feigen Mordes unter den Händen einer Truppe Bürger aus Tucſon, Amerikaner und Mexicaner, und die Miſſethat geſchah , bevor Lieutenant Whitman ſie vers hindern konnte. Bis dieſer auf der Unglücksſtelle ankam, brannte der Camp und war der Boden mit toten und verſtümmelten Frauen und Kindern bededt. Um wenigſtens
allgemein gelten, und man kann als die hauptſächlichſten
ſeine Teilnahme zu bethätigen, ließ er die Toten begraben,
Urſachen der ewigen Verwidelungen zwiſchen Blanken und Indianern folgende bezeichnen : 1. Nichterfüllung der Ver
und gegen Abend kamen diejenigen , welche dem Blutbad entgangen waren, langſam wieder zum Vorſchein. „ Viele Männer, deren Familie erſchlagen worden war“ , ſagt Lieutenant Whitman , „waren nicht imſtande zu ſprechen und die Wucht ihres Schmerzes zu verbergen, als ich mit ihnen ſprach und ihnen meine Teilnahme bezeugte. Die
träge von ſeiten der Unions-Regierung; 2. die Betrügereien der Indianer-Agenten , und 3. die Beeinträchtigung der
Rechte der Indianer durch die Weißen im allgemeinen. Jo fönnte einen ganzen Band mit Zuſammenſtellung der Greuel aller Art füllen , welche durch Weiße mit oder ohne Zuthun der amerikaniſchen Regierung nicht allein an den Apachen , ſondern an all ihren Raſſegenoſſen ver
übt worden. Nur ein einziger Fall unter vielen, den ich dem ausgezeichneten Buch von Manypenny entlehne und der zur Juuſtration dienen kann. Ich werde übrigens
Gelegenheit haben , im Verlauf meiner Schilderung auf dieſe Frage zurückzukommen.
Im Februar 1871 kam ein junger Apachenhäuptling
tains zu gehen und ſich dort niederzulaſſen. Der Häupt ling weigerte ſich mit der Bemerkung, er ſei ein Arivaypa Apache und wünſche in dem Lande ſeiner Väter zu leben.
mich flehentlid an, als ob ich ihre leßte Hoffnung auf Erden wäre... Der Camp war mit Tagesgrauen umringt und überfallen worden ; es kam ſo unverſehens, daß nie
mand erwacht war, um Alarm zu machen, und ich fand eine große Anzahl Frauen , welche totgeſchoſſen worden waren , während ſie bei den Bündeln Heu ſchliefen, die ſie geſammelt hatten, um ſie morgens hereinzubringen. Den Frauen , welche nicht hatten entfliehen können , waren die Schädel mit Stöden oder Steinen eingeſchlagen ... Die
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mit 25 Kriegern nach Camp Grant und erklärte, ſie wollten Frieben haben und eine Heimat, denn ſie hätten feine Heimat, da die Truppen ihnen fortwährend mißtrauten. Ein junger Offizier, Lieutenant Whitman, der den Poſten kommandierte, riet dem Häuptling, nach den White Moun :
Frauen , deren Kinder erſchlagen oder geſtohlen waren , gebärdeten ſich ganz verzweifelnd vor Schmerz und ſahen
Leichen waren ganz ihrer Kleider beraubt.... Ich habe ſeit dem Mord geraume Zeit mit ihnen zuſammengelebt... Was ſie nicht begreifen können, iſt, daß ſie überfallen und
gemordet wurden, während ſie auf friedlichem Fuße ſtan den und ſich keines Vergehens bewußt waren. ... Einer der Häuptlinge ſagte : ' Ich wünſche nicht länger zu leben,
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Unter den Apachen .
meine Frau und Kinder ſind vor meinen Augen ermordet worden und ich war nicht imſtande, ſie zu verteidigen' ... Ueber ihre geraubten Kinder klagten ſie: 'Gebt ſie uns zurück, unſere Knaben ſollen aufwachſen als Sklaven, und unſere Mädchen , wenn ſie groß genug ſind, ſollen ſich jedem hin: geben, der ſie begehrt, und ſollen mit Qualen überhäuft werden. Die Toten könnt ihr nicht mehr ins Leben zurück rufen, aber die noch lebenden könnt ihr, die ihr zu ſprechen
mit den vorgenannten Arbeiten beſchäftigt, namentlich bei dem Offiziersquartier, wo immer eine Anzahl Indianer
und zu ſchreiben verſteht, uns zurücgeben .'"
ein Mericaner war. Duhem machte die nicht ſehr ſchmeichel
Kurz darauf ward Lieutenant Whitman von ſeinem Poſten verſekt - er hatte zuviel Mitgefühl für die In dianer gezeigt. Ein Jahr ſpäter kam General Howard auf den Unglüdsplak; die Indianer zeigten ihm die Gräber ihrer Toten und die Ueberbleibſel ihres Lagers. Sie ſprachen von Lieutenant Whitman, ihrem Freund, und von
hafte Bemerkung, daß man dieſen Kerl hängen ſollte, da
ſeiner Anhänglichkeit an ſie; ſie baten um ſeine Zurüd berufung, damit er ihre Stüße ſein möge ; allein man hegte einen Groll gegen dieſen Offizier, weil er ſeinen Abſcheu vor dieſem Morde zu deutlich ausgeſprochen hatte, einem „ Mord, welchen hochgeſtellte und einflußreiche Per fonen des Territoriums gutgeheißen hatten " , und General Howard willfahrte der Bitte der Indianer nicht.
„ Das zu Camp Grant Vorgefallene", ſagt Herr Manypenny, „iſt kein allein ſtehender Fall. Derartige Expeditionen ſind oft unternommen und ausgeführt worden mit einem ebenſo unmenſchlichen und barbariſchen Ausgang, und Männer, welche den Anſpruch erhoben , an ihren Wohnorten zu den tonangebenden zu gehören, haben öffent lich daran teilgenommen. Selbſt die Gouverneure von Territorien haben Korps gebildet , um die Eingeborenen zu verfolgen und zu erſchlagen , wo ſie auch immer gefun: den wurden, um ihre Dörfer zu vernichten, ihre Habe als Kriegsbeute davonzuſchleppen und noch für jeden indiani ſchen Skalp eine Belohnung zu erhalten .“
Mit dem Photographieren und Meſſen der Indianer glückte es mir beſſer, als ich anfangs erwartet hatte, doch
hin und her ging. Mittags und Abends war ich in den indianiſchen Lagern, von den mürriſchen Chiricahuas bis
zu den freundlichen Apache-Yumas. Als Duhem und ich an einem gewiſſen Mittag das Lager der erſteren beſuchten,
famen wir an eine Hütte, worin ſich unter den Anweſen den ein Individuum befand , welches allem Anſchein nach
er ſicher ein Bandit ſei, der an den Streifzügen der Meri caner teilgenommen hatte. „ Il me semble que ces messieurs parlent français (dieſe Herren ſcheinen mir Franzöſiſch zu ſprechen) ?" klang es plößlich zu unſerem großen Erſtaunen aus dem Munde des vermeintlichen Mericaners, der ſich uns ſogleid) als ein canadiſcher Meſtize vorſtellte, mit einer Apache-Squaw verheiratet war, als scout im Dienſte der Regierung ſtand und für den Augenblick mit der Aufſicht über die Chiri cahuas betraut war. Mit erſtaunten Bliden ſaben uns die anweſenden Apachen an, als ſie hörten, daß wir eine Sprache redeten, deren Klang ſie niemals gehört hatten. Von dieſem Augenblick an verbreitete ſich das Gerücht, es ſeien hier zwei Männer, welche zwar Weiße ſeien, aber
noch eine ganz andere Sprache (prächen als Engliſch und Spaniſch, und einmal richtete ein junger „ Buď “ ( Hirſch, Mann) an mich die Frage: ob ich denn kein Weißer ſei. Ein Weißer iſt unter den Indianern ſynonym mit Ameri kaner ; fie nennen einen Neger , black white man einen
idwarzen Weißen) oder ſchwarzen Amerikaner" ; von an deren Weißen haben ſie beinahe keinen Begriff. Der Klang des Franzöſiſchen dien vielen zu gefallen und oft ſprachen
fie es uns auf die drolligſte Weiſe nach. Auch machte es ihnen großes Vergnügen, als ich Antonio Diaz um eine Anzahl apadiſcher Worte fragte und dieſe aufſchrieb. Die kupfernen , mit kleinen Tierköpfen verzierten
Knöpfe an meiner Jagdjuppe erweckten die Begierde der „ Bucks“, ſie betaſteten fie und riſſen ſie mir beinahe ab.
gehörte Geduld und Takt dazu, um ſie dazu zu bewegen.
Bis ich San Carlos verließ, hatte ich nur noch einen
Die beſte Hülfe hatte ich von einem Mexicaner, Antonio Diaz, welcher früher zwölf Jahre Kriegsgefangener unter den Binaleño Apachen geweſen war und nun als Re
einzigen Knopf an meiner Juppe. Uebrigens hatte ich über ihr Betragen nicht zu beklagen : aus dem weit offen
gierungs-Dolmetſcher zu San Carlos fungierte. Er hatte
lagen und wohin wiederholt Indianer auf ein Weilchen
großen Einfluß auf ſie und wurde offenbar ſehr geſchäßt. Dhne ihn wäre es mir nicht gelungen, eine Anzahl Chiri
kamen, um ſich Zigarretten zu erbetteln, habe ich nie etwas vermißt. Duhem hatte den föſtlichen Einfall gehabt, eine Zauber
cahuas zu photographieren, worunter Loco, Nané und
andere Häuptlinge. Duhem hatte den meiſten Erfolg,
wenn er den Indianern ihre kleine Photographie auf Blech (iogenanntes tin type) zum Geſchenke gab, und daß Tabak und kleine Geldſtücke ſehr wirkſam waren, ver ſteht ſich von ſelbſt. Mit den Frauen, ſelbſt mit den
älteren , hatte ich die meiſte Mühe, ſie zum Stehen vor der Camera zu bewegen. Gewöhnlich waren wir den ganzen Morgen, manchmal auch einen Teil des Mittags
ſtehenden Gelaß, worin unſere Deden, Kleider, Waffen 2c.
laterne mitzunehmen, um die Indianer günſtig für uns zu ſtimmen, und gab Abends Vorſtellungen neben der Agentur in dem verlaſſenen fenſterloſen Schulgebäude. Dichte Haufen Indianer, ſowohl finſter ſchweigende Krieger als fröhlich lachende Squaws und Kinder, drängten ſich dann um uns her und gaben durch drilles Geſchrei und anhaltendes Gelächter ihrer Freude und Bewunderung Aus
druck, als ein drolliges Bild um das andere in bunter
Unter den Apachen .
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Reihe folgte. Seltſame Ideen ! Dieſelben Männer, die ein Monat zuvor mitleidlos ſengend und brennend das Land durchzogen, beluſtigten ſich hier wie unſchuldige Kinder an den Bildern einer Zauberlaterne. Unter ſich ſind die Apachen und die Indianer im allgemeinen meiſt geſprächig , unterhaltend , gewaltige Schwäßer und ſtart im Zotenreißen und Hänſeln. Je derber die Zoten find, deſto mehr gefallen ſie. Man idließe aber daraus nicht, daß die Apachen oder die In-
zu drücken , denn manchen Abend feierten ſie ein Feſt, und zweimal hatte ich Gelegenheit, fie den Friedenstanz" mit einander aufführen zu ſehen. Rund um ein großes Feuer bildeten einige Hundert Indianer, ſtehend oder an den Boden niedergefauert, einen rieſigen Kreis, welcher durch den rötlichen Schein der praſſelnden Flammen hell er: leuchtet war. Zwei Männer und ein Knabe von acht oder zehn Jahren trabten in ihnellem Lauf hintereinander um das Feuer, dieſe drei waren die Hauptperſonen für
dianer im allgemeinen ſchamlos find; im Gegenteil, ihr Schamgefühl iſt in vielen Stüđen zarter als bei Weißen. Auch die Apachen ſind große Liebhaber von Spiel
den Abend.
und Tanz, und es verging kein Tag, wo ich die Männer nicht ſtundenlang Dazjozji oder nazjuzji habe ſpielen feben , welches auf den erſten Blic an das Dtürbut-Spiel der Mohawes erinnert, aber doch weſentlich anders iſt. Auch hier wird es von zwei Männern zugleich geſpielt, welche fortwährend abwechſeln. Mit großen langſamen
Leder und auf ſeinem Kopf ein großes hölzernes, weiß
Der vorderſte Indianer, ein prächtig gebauter Burſche, trug über das ganze Geſicht eine Maske von ſämiſchem und rot angeſtrichenes Gerüſt, deſſen Hauptlinien an einen Dreizad erinnerten . Sein muskulöſer feuchender Rumpf
war ganz und gar weiß angeſtrichen ; von ſeinen Schultern hingen lange, gefärbte und mit Federn verzierte Riemen herab. Seine Hüften und Schenkel bedeckte ein kurzer Rod von ſämiſchem Leder, von welchem lange Franſen
Schritten gehen ſie, jeder einen langen hölzernen Stab in
berabhingen, an ſeinen Füßen endlich trug er die gewöhn:
beiden Händen, eine kurze Strede Wegs eine Bahn entlang, über welche ein durch einen von ihnen geworfener Ring fortrollt. Dieſer Ring beſteht für das Auge aus Tau und iſt derartig ineinander gedreht, daß die Dbers fläche ſozuſagen eine Anzahl Gelenke bildet. Plößlich reden die Spieler den Körper voraus, und durch einen kräftigen Stoß geworfen ſchießen die Stäbe nebeneinander über die ſandige Bahn hinter dem Ring her und ſtellen gleicherzeit ihren Lauf ein, wenn der Ring niederfält.
lichen hohen Stiefeln. In jeder Hand hielt er ein kurzes
frummes hölzernes Schwert.
Der zweite Tänzer war
nahezu auf dieſelbe Weiſe herausgepußt, hatte aber den Oberteil des Rumpfes ſchwarz, den unteren Teil weiß bemalt und trug anſtatt eines ledernen Rods einen ſolchen von durchſcheinendem weißen Kattun. Der Knabe war ganz nadt bis auf ſein breechclout oder Lendentuch, und war vom Kopf bis zu den Füßen mit weißer Farbe angeſtrichen ; auch er trug eine Larve, doch fein hölzernes Kopfgeſtellt wie die beiden anderen, dagegen in jeder Hand einen kurzen dünnen Stod. Das Herumtraben in einem elaſtiſchen Laufſchritt wechſelte öfters mit Springen und Stampfen und dem Kreuzen der hölzernen Schwerter ab. Ab und zu glidhen ihre Bewegungen denjenigen eines zornigen Stiers, welcher auf dem Rampfplaß umherläuft und plößlich auf ſeinen Feind losſtürzt, dann wieder denen eines fich bäumenden Pferdes, das widerſpänſtig die Mähne ſchüttelt und ſchnaus bend und puſtend den Boden unter ſeinen Hufſchlägen
Nun nimmt der eine der Spieler einen Grashalm oder
dünnen Zweig und zählt die Anzahl der queren Gelenke
des Ringes vom Geſichtspunkt der Lage der Stäbe aus, welche über den Ring hinausgefallen find. Ganz nach dem Erfolge der Zählung kommt der eine der Spieler
nochmals an die Reihe oder wird durch einen anderen erſeßt. Gewöhnlich ſah ich ſie um Gewehrpatronen ſpielen, welche auf einem Häufchen im Sande lagen , und immer
war eine große Anzahl Zuſchauer ſowohl zu Fuße als zu Pferde anweſend.
Ein anderer beliebter Brauch iſt das Kartenſpiel, wozu man mericaniſche Spielkarten verwendet. Früher verfertigten ſich die Indianer ſelbſt Karten aus Leder, doch findet man jeßt beinahe feine ſolchen mehr. Große Virtuoſen ſind die Apachen nicht; doch fand ich unter ihnen ein Muſikinſtrument im Schwange, das
erdröhnen läßt. Von Zeit zu Zeit ſtießen ſie einen kurzen gellenden Screi aus. Der größte der beiden Männer war ſtets in der Vorhut, der Knabe in der Nachhut. Nach dem ſie eine Zeit lang herumgetrabt waren , famen noch drei andere Männer hinzu, wovon zwei ungefähr wie die
ich ſonſt nirgends unter den Indianern getroffen habe,
erſteren aufgepußt waren, während der dritte, ganz weiß
nämlich die Geige. Sie iſt ein hölzernes Inſtrument von 20-25 cm . Länge, mit Saiten von einer Anzahl zuſammen
angeſtrichen und ebenfalls masfiert, die Rolle eines Romi fers ſpielte und, hinter den anderen herlaufend, deren .
gebundener Pferdehaare verſehen ; ſie wird beim Spielen · Bewegungen auf die poſſierlichſte Weiſe nachahmte; zu in der Höhe des Magens links an die Bruſt geſeßt und ihr mit einem halbkreisförmigen Bogen eine Anzahl kraßender und freiſchender Töne entlockt. Sehr wahrſcheinlich iſt dieſe Geige urſprünglich kein Inſtrument der Apachen ,
alle ſchnell hinter die Reiben der Zuſchauer, um für einen Augenblid Atem zu holen und dann wieder auf dieſelbe
fondern von den Mericanern entlehnt.
Weiſe von vorn anzufangen.
Die Gefangenſchaft ſchien die Chiricahuas nicht ſehr
weilen ſtellte er ſid ihnen in den Weg und tanzte mit
poſſenhaften Geberden vor ihnen her. Manchmal liefen
Die Muſik, welche dieſe ganze Szene begleitete, wurde
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana .
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hervorgebracht durch eine Anzahl Männer, die am Boden fauernd, mit langen Stöden auf eine am Boden liegende harte Kuhhaut ſchlugen, und durch kleine Trommeln. Je länger dieſes Schauſpiel dauerte, deſto aufgeregter wurden die Tänzer und die Zuſchauer. Die leßteren ſcharten ſich endlich in einen dicht zuſammengeſchloſſenen Ring, und
Ich komme nun zu der ſchönſte Klaſſe der Inſekten, den Lepidopteren oder Schmetterlingen. Mit feiner Tierart beſchäftigen ſich ſo viele Liehaber, als mit dieſer, und ihr dankte ich auch die ſchönſten und reinſten Freuden , die ich in Surinam genoſſen habe.
Männer, Frauen und Kinder bewegten ſich unter ein
Zeichnung und Farbe des Admirals, Tagpfauenauges oder
tönigem Geſang langſam ſpringend um das Feuer, wobei
Eisvogels bewundert , würde nicht entzückt ſein , wenn er
die bemalten Geſtalten in beſtändiger Bewegung, erhißt
zum erſtenmale in den dunklen Waldungen Guiana's den viermal größeren laſurblauen Morpho Menelaus fliegen ſähe, wenn er den an einem Baumſtamm ſißenden ebenſo
und erregt, ein ebenſo wildes als eigenartiges Schauſpiel bildeten, das ſeinen Gipfelpunkt von ausgelaſſener Wild
Welcher Schmetterlingsfreund, der hier zu Land die ſchöne
heit erreichte, als der erſte Tänzer mit einem Rieſenſprung
großen oder noch größeren, dem Waldportier in der Fär
über die Flammen ſeşte und mit einem hölliſchen Sdrei
bung ähnlichen Caligo Euritochus erblickte, deſſen großes
auf der anderen Seite des Feuers wieder herunterkam . Eine ſolche Szene anzuſehen iſt zwar ein Genuß, aber ein wilder , barbariſcher und unbekannter.
Unwill
fürlich wird man durch die wilde Ungewohntheit hin: geriſſen und alles tieriſche und wilde in einem geweckt; die Muskeln ſpannen ſich, die Füße zuden und deinen einen in den wirbelnden Reihen der phantaſtiſd beleuchteten
Geſtalten herumtragen zu wollen .... (Schluß folgt.)
idwarzes, mit grellem Gelbumſäumtes Auge ihn an:
zugloßen ſcheint, oder den manchmal 20 cm. großen Morpho Hecuba, 40 Fuß hoch vom Boden ſtattlich in der Luft umher ſchweben ſehen würde.
Tauſendfach habe
id dieſe Freuden genoſſen , aber nie bin ich ihrer ſatt geworden. Von den unzähligen Sdymetterlingen, die ich im Laufe ſo vieler Jahre zu fangen und zu beobachten die Gelegenheit hatte, will ich nur einige anführen. Diurna oder Tagfalter. Die häufigſten dieſer Klaſſe ſind die dem deutſchen Zitronenfalter , Papilio rhamni, ganz ähnliche Callidrias evadne, die von Zeit zu Zeit in
Die Tierwelt in Holländiſh -Guiana.
ganz unglaublicher Menge auftreten. Ich ſah dieſe Züge zuerſt im Jahre 1837, als ich als Soldat auf dem ein
Bon Auguſt Rappler.
ſamen Poſten Nepheusburg detachiert war. Etwa vier Wochen lang von Morgens 9 bis Mittags 2 Uhr flogen im Monat Auguſt durch den Kordonweg, der in einer Breite von 60 Fuß durch den Wald und Savannen vom Commowini bis zum Surinam - Fluß ſich hinzog, Myriaden
(Fortſeßung.)
Oft bleiben die Ameiſen monatelang in ihren Neſtern, ſo daß man ihre Anweſenheit darin nur kennt an denen, die die Luftlöcher imſtande halten, dann brechen ſie plöße
lich hervor, und nichts fann ſie abhalten, ihre Verheerungen anzuſtellen. Wenn im Dezember die erſten Regen fallen ,
ſo kommen bei trübem und regneriſchem Wetter aus den Haufen die geflügelten Weibchen, die wie eine große Horniſie
ſtark 3 cm. lang ſind; einer ſolchen gleichen ſie auch durd,
dieſer Schmetterlinge, die die ganze Breite des Weges ein nahmen und in einer Höhe von 5 bis 30 Fuß vom Boden immer von Oſt nad Weſt und ſo dicht neben einander flogen, daß man manchmal zwei bis drei auf einen Schlag mit dem Neße hätte fangen können. Später ſah ich dieſe
die vier braunen Flügel und die ſtarken Freßgangen ; ſie haben einen von Eiern ſtroßend vollen Hinterleib. Jm Im Haufen iſt alsdann ein wahrer Aufruhr. Große und
Züge auch in anderen Gegenden des Landes, und ſie ſollen
kleine Ameiſen jagen dieſe Weibchen aus dem Luftloch,
ſich in der Trockenzeit auf das ſandige Ufer der Flüſſe
und zerren ſie hin und her. Troß ihrer Flügel ſind ſie ſehr unbeholfen , fliegen ſchwerfällig und werden leicht
des inneren Landes Schwärme dieſer Callidrias und ſteden den Saugrüſſel in den naſſen Sand und ſo nahe anein ander, daß man mit einem Schlage des Neßes wohl 50 zugleich fangen kann. Unter dieſen befindet ſich denn auch, wiewohl weniger häufig, der ſchöne, etwas größere, orangen farbige Callidrias argante , deſſen hochgelbe Raupe ſich von den gelben Blüten der Cassia calanthe nährt ; auch
eine Beute der um das Neſt herumkreiſenden weißen Milane. Auch Indianer und Buſchneger fangen ſie, und röſten den
Hinterleib dieſer Ameiſenweibchen , der beinahe wie eine Mandel ſchmect. So kommt von der Menge Weibchen, welche ausfliegen , der größte Teil ums Leben. Die aber, welche
angeblich immer eine dywere Trockenzeit bedeuten . Gegen
Mittag und wenn die Sonne am heißeſten brennt, jeßen
davonkommen, graben ſich 12 bis 20 cm. tief in die Erde,
Segler, Papilio Agesilaus, zeigen ſich vereinzelt anter
legen ihre Eier und ſterben . Die Larven nähren ſich ver: mutlich vom Leib der Mutter , zeigen ſich erſt im März als ganz kleine Ameiſen, tragen jedoch ſchon, ſo wenig ſie auch ſind, ganz kleine Blättchen und Früchte ein, und das Häufchen kann erſt im Laufe vieler Jahre groß und an
dieſen Schwärmen. Vermutlich befindet ſich an folchen Stellen , auf denen ſich dieſe Schmetterlinge niederlaſſen
ſehnlich werden .
und ſich zu verdrängen ſuchen, eine mineraliſche Säure, die ſie anzieht, obgleid), wenn ich den feuchten Sand
ſolcher Stellen unterſuchte, ich ganz denſelben Geruch und Geſchmack wie bei dem übrigen Sande am Ufer fand.
Die ſchöne Gattung der Heliconien ſo, reich an Arten als an Varietäten , fliegt meiſt niedrig am Saume der Wälder. Ihre unanſehnlichen Dornraupen leben in Ges meinſchaft von den Blättern verſchiedener Bignonien und beſonders der Paſſifloren. Auch im Puppenzuſtande bleiben
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Die Tierwelt in Holländiſch- Gniana.
Vanilla den Blumenſaft, und man findet hier die blaue Phäola , Marſyas , Puneta , ein Heerder prächtigen
Lycäna's und Heſperiden . Ueberhaupt ſind dieſe Sträucher
von einer zahlloſen Menge verſchiedener kleiner Schmetter lings-Arten beſucht, und die beſte Zeit , ſie zu fangen, iſt
ſie beieinander und hängen fich, eine neben die andere,
die Mittagſtunde. Nur wenige, wie die glasflügelartigen
an die Ranken der Blätter, welche ſie freſſen. Ihre Puppen ſind dornig, grau und unanſehnlid), und es hängen manch mal an einer Ranke über Hundert bei einander und ſchliefen auch meiſt zu gleicher Zeit aus. Am Abend jeßen ſich die Schmetterlinge wieder gemeinſchaftlich auf
Piera und Andromeda, finden ſich auf dem Boden in
dürre Reiſer in Creeken. Einige dieſer Gattungen wie Mechanitis Egina und andere , haben Puppen, die wie hellpoliertes Gold oder Silber ausſehen. Unter den Heli
conien ſind Erato, Rhea, Melpomene mit vielen Varie täten. Auch die Ritter (Equites), deren meiſt graue glatte Raupen teils gemeinſchaftlich, teils einzeln häufig auf
Zitronen- und Orangenbäumen leben, lieben die Sonne nicht, ſondern halten ſich gern an ſchattigen Pläßen im niedrigen Waldgeſträuch auf. Auch der ſchöne, ſchwalbenſdhwanz ähnliche Thoas, deſſen Raupe einſam auf einer nach Anis
riechenden Piperacee lebt, gehört hierher. Alle Raupen dieſer Gattung ſtreden , wie die unſerer Papilio Machaon Raupe, ſobald man ſie berührt, zwei gelbe übelriechende Hörnchen aus dem erſten Halsringe und verwandeln ſich ſpäter meiſtens in graue, einem Stüdchen Holz gleichende Puppen, aus denen nach 14 Tagen der Schmetterling ausſchlieft. Die idhönſten dieſer Equites ſind Papilio
Sesostris, ſammetſchwarz mit großen meergrünen Flecken auf jedem Oberflügel und karminroten Punkten auf den
Wäldern, die bunten Stalahtis- Arten aber an feuditen Stellen und im dunkeln Straucwerk unter Blättern.
Die Südamerika eigene Gattung Morpho oder Rieſen falter hält ſich auch meiſt in den Wäldern auf, weil auf freien Pläßen ihre großen Flügel leicht vom Winde be dädigt werden . Sie beſtehen aus den in dem prächtigſten
Blau glänzenden Arten Menelaus , Deidamia, Achilles, Neſtor, während der ſchönſte von allen , der laſurblaue Rhetenos, fidh nur ſelten feßt und die dichten Waldungen
vermeidet. Sein doppelt ſo großes hochgelbes Weibchen iſt ſo felten, daß man eher 100 Männchen als ein Weib chen zu Geſicht bekommt. Auch der ſilberfarbene Adonis liebt die Sonne und man ſieht ihn oft beim ſtärkſten Wind aber ſo ſchnell und hoch fliegen, daß man ihn ſelten bekommt; die meiſten graugefleckten Morphos- oder Caligo-Arten , wie Eurilochus, Teucer, Automedon, Idomeneus 2c. halten ſich
nur im Hochwalde auf, den ſie nur bei Sonnenuntergang oder am frühen Morgen verlaſſen, wo ſie in der Dämme rung umherfliegen ; Idomeneus, der größte der Caligos, wird bei 16 cm . breit. Die Raupen der Caligos ſind 7 bis 9 cm. lang, braun oder grün von Farbe, geſtreift, kurz behaart, haben vier harte Hörnchen auf dem Kopf
und einen Gabelſchwanz. Sie fißen an den Blattſtielen
Thetis, Baſilea 2c. gehören, lieben, wie der deutſche Fuchs,
der Bananen und an Helicornien-Blätter, freſſen bloß Morgens und Abends und verwandeln ſich in eine grüne geſtürzte Puppe. Der größte und feltenſte der Riefenfalter iſt Morpho Hecuba, denn während die bereits angeführten höchſtens eine Größe von 16 cm . erreichen, habe ich Exemplare gefangen, die bei 22 cm . Flugweite hatten. Die Dver flügel dieſes rieſigen Schmetterlings ſind an der inneren
Papilio Polichloros, die Sonne , fliegen von Blatt zu
Seite orange, am äußeren Rande ſchwarzgefleckt. Dben
Blatt und zeigen kokettierend die bunten Zeichnungen ihrer Oberſeite. Aber jede diejer ſo mannigfaltigen Schmetter
und gegen den Leib anſchließend iſt ein 5 cm. langer und 1,5 cm . breiter tiefſchwarzer Streifen. Die Unter
lings-Arten hat ihre eigene Art zu fliegen , zu fißen und
flügel ſind auf der inneren Seite ebenfalls ſammetſchwarz,
ſich zu verbergen. Manche ſind ſo frech wie unſer C, P. C. album, ſeßen ſich auf die Kleider oder wohl gar auf die Hand, andere ſorglos auf die Blätter, fliegen aber, ſobald man mit dem Neße fehlſchlägt, in die Höhe und bleiben ſtundenlang in den Wipfeln der Bäume fißen, ſo
das nach oben zu ins Porzellanweiße übergeht. Am äußeren Rande find ebenfalls kleine gelbe Flecken. Die äußere
unteren ; das Weibchen hat anſtatt der grünen weiße und auf den Interflügeln größere, aber weniger feurige rote Flecken. Aehnliche Arten ſind Papilio Aeneas. Papilio Pompejus, Papilio vertumnus, Papilio Agesilaus. Nur die Nymphaliden, zu deren dönſten Arten Medea, Cly:
mena, Poſtverto, Numilius, Ancaea, Bolline, Claudia, Pheridamas, Orion , Baeotus , Hippona , Clytämneſtra,,
Seite iſt gelbbraun, in Zidzadklinien heller und dunkler ges ſtreift, mit mehreren ſchwarzen , goldumſäumten Augen. Er fliegt ſtets 30-40 Fuß hoch über den Creeken und
lange ſie Unrat merken . Manche ſeßen ſich nie an Blätter,
kann bloß gefangen werden , wenn er fich zum Schlafen
ſondern nur an den Stamm der Bäume, wie die mit einem klappernden Geräuſch fliegenden Ferronia- und Amphi
ſeßt, wozu er dann niedrige Gebüſche am Waſſer wählt. In Braſilien ſoll dieſer Rieſenfalter mit feinem Hagel
nerma-Arten . Auf freien Pläßen , an Wegen oder auf
geſchoſſen werden, was ich gerne glauben will. Die Raupe
verlaſſenen Koſtädern , wo eine weiße Synanthere ſtrauch artig wächſt, ſaugen in ſchnellem Flug und bei hellem
iſt mir nicht bekannt.
Sonnenſchein die ſchöne Dido, die ziegelrote Julia, Juno,
Morpho Metellus 30g ich am Maroni häufig aus Raupen.
Einen in der Farbe ähnlichen, aber viel kleineren
Die Tierwelt in Holländiſch-Guiana.
178
Der Falter iſt 13 bis 16 cm. groß, die oberen Flügel
innen orangegelb und porzellanweiß, die unteren ſchwarz und gegen den Leib ins Weiße übergehend ; die untere Seite aber olivenbraun mit Augen.
Er fliegt ebenſo hoch
wie die Hekuba, iſt deshalb im Fluge nicht zu fangen. Die Lebensart der Raupen aber, die geſellig beieinander ſind, iſt ſonderbar. Der Schmetterling legt ſeine Eier, nicht über hundert, an ein Blatt, an dem auch die jungen
der Witterung troßen, fo forgen die einer anderen Morphos
Art, Brassolis Sophorae, die ebenfalls geſellig leben, für mehr Komfort, indem ſie ſich einen langen ſeidenen Sack verfertigen , der mit der Deffnung nach unten an die Spiße eines Palmblattes befeſtigt iſt, und in welchen ſie ſich zu
rückziehen um bequem auszuruhen, wenn ſie ihre häufigen Mahlzeiten beendigt haben. Sie ſind übrigens ſehr furcht: ſam, kriechen ſogleich, wenn man den Sack berührt , aus
Räupchen ſo lang dicht aneinander gedrängt ſitzen, bis ſie teilweiſe, wenn ſie größer werden , auf andere überſiedeln müſſen. Die Pflanze, auf der ſie leben, iſt ein rankender
demſelben, laſſen ſid, auf den Boden fallen und verſteden
Strauch, zum Geſchlechte der Ananas gehörend, mit oliven
man ſie auch an anderen ähnlichen Palmen . Die Raupe iſt etwa 7 cm . lang, kurz behaart, bräunlich mit dunkleren
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großen gelben Früchten und zwei Zoll langen harſden Blättern. Er nimmt am Ufer des Maroni große Flächen ein und breitet ſich nach allen Seiten aus. Die Raupen haben don von ihrer früheſten Jugend, bis wo ſie er
wachſen 7 cm .Länge erreichen, ganz dieſelbe Farbe und Zeidi nung, purpurfarben mit ſchwefelgelben Flecken und purpur: braunen Haaren.
Einige Tage vor ihrer Verpuppung
werden ſie grünlichgelb, verlaſſen einander, laufen einzeln umber und verwandeln ſich in eine grüne, am Sdywanz
ichwarz glänzende Puppe , aus der nach 14 Tagen der Falter kommt. Dieſe Raupen ſind nun eine wahre Geduld :
probe für den, der ſie zum erſtenmale aufzieht, und ihre Eigenheiten noch nicht kennt, denn ſie bedürfen in der Frei: heit wie in der Gefangenſd)aft bei drei Monate, bis ſie ſich verpuppen. Den ganzen Tag und die Nacht ruht die Raupe, eine neben der anderen , an einem oder mehreren Blättern ,
ſich. Sie niſten am liebſten an jungen Cocospalmen, die ſie ganz abfreſſen, wodurch ſie ſchädlid, werden ; doch findet
Längsſtreifen, und verwandelt ſich nach vier Wochen in eine rotbraune Puppe, aus der der 7 bis 8 cm. breite, auf der Innenſeite dunkelbraune gelbgeſtreifte Schmetters
ling kommt. Dieſer Schmetterling ſcheint giftig zu ſein, und wird weder von Hühnern noch anderen Vögeln gefreſſen. Ich übergebe die Menge der buntgefleckten Erycinithen und anderer kleinerer Tagfalter - Arten und komme zu
den Sphingiden. Auch dieſe übertreffen die europäiſchen Arten an Größe und Sdönheit und eine dem Sphinx Atropos verwandte Art Sphinx Duponchet, gibt, wenn man ſie ziviſchen den Fingern hält , denſelben klagen: den Ton von ſich, der dem Totenkopfe eigen iſt. Eine Menge verſchiedener Sphinr-Arten lebt auf den Solaneen
und einige kleinere auf der Jatropha Manihot in folcher Menge , daß ſie die Caſſave-Aeder zuweilen ebenſo kabl freſſen, wie die berüchtigte Maniot- Ameiſe. Auf der Plu meria rubra und anderen Apocineen hält ſich manchmal in großer Menge eine wunderſchöne Raupe auf, welche viel frißt und in drei Wochen die Länge von 9 cm , er
ſo daß ſie manchmal einen großen Klumpen bildet, der weder bei Sonnenſchein noch bei Regengüſſen einiges Leben zeigt, bis man gegen 7 Uhr Morgens plößlich Bewegung in die Maſſe kommen ſieht; in einer langen Prozeſſion kriecht jede Raupe eine hinter der anderen an den Stielen hinauf oder herunter, ſucht ein ſaftiges Blatt und frißt mit ſolchem Eifer, daß man auf mehrere Scritte Entfer:
mit ſchwefelgelben Querſtreifen zwiſchen jedem Ringel, langem dywarzem Horn, rotem Kopf, Bauch und Füßen ;
nung das murmelnde Geräuſch der Freſſenden hört. Aber
beim Verpuppen kriecht ſie einige Zoll tief unter die Erde,
die Mahlzeit dauert nur eine halbe Stunde, worauf jämt
wird eine glänzend braune Puppe, aus der in drei Wochen der 11 cm . breite Schmetterling Sphinx Hasdrubal komint. Die Oberflügel ſind hellgrau, die unteren dunkelgrau mit ſchwarz. Hauptarten der Sphingiden find: Sphinx Astri
liche Raupen wieder den Rückzug antreten, und in der
ſelben Ordnung wie ſie es verließen an demſelben welken Blatte ſich feſtlegen. Die wenige Nahrung, welche ſie zu
ſich nehmen, und die viele Seide, die ſie auf ihren Wan derungen ſpinnen, iſt die Urſache ihrer ſo langſamen Ent: widelung.
Auch die Schmetterlinge haben das Eigentüm
liche, daß Männchen und Weibchen eigentlich nur an der Dicke ihres Körpers unterſdieden werden können, denn aus derſelben Brut Raupen kommen Männchen und Weibchen mit goldgelben Oberflügeln, ebenſo wie mit ſtahlblauen , was zu dem Jrrtum Anleitung gegeben hat, aus den Metellus zwei verſchiedene Arten zu machen. Es iſt nicht ratſam, die Raupen des Metellus mit den Händen zu berühren,
weil ſie manchmal Geſchwulſt erregen, die mehrere Tage lang anhalten kann. Wie nun die Raupen des Metellus vom Anfange ihrer Entſtehung bis zum Uebergang in
Chryſaliden dicht gedrängt, aber im Freien allen Unbilden
reicht. Die Grundfarbe iſt wie ſchwarzgrüner Sammet,
gilis, Sphinx Eurykles, Sphinx Tersa, Sphinx Chiron, Sphinx Labruscae, Sphinx ecinculatus, und zwei Arten Taubenſchwänzchen, Sphinx Tantalus und Sphinx Ce culus.
Wie die Taubenſdwänzchen zu den Abendſchwärmern
gehören und doch im Sonnenſchein und am hellen Mittag ſchwärmen , ſo gibt es auch in Surinam Arten, die zu den Nachtſchmetterlingen gehören , und doch nur bei Tag fich fehen laſſen .
Unter dieſen iſt das bedeutende Genus der
Caſtnias, die über Tag fliegen und ſich meiſt an dürre Reiſer mit dachförmig zuſammengelegten Flügeln ſeßen. Sie haben ſchöne Farben mit großen, leicht abfallenden
iriſierenden Schuppen auf der Oberſeite, unſcheinbar wie die Nadtfalter aber auf der unteren ; die Hauptarten ſind :
Litteratur.
Castnia licus, Castnia Harmodius, Castnia Cronida , Castnia Heliconirdis, Castnia Cacica , Castnia Evalthe. Einer der größten dieſer Gattung iſt Castoia Dädalus, berüchtigt durch den Schaden, den er den Cocospalmen
zufügt, und wovon ich die traurigſten Erfahrungen gemacht babe. Das Weibchen dieſes Schmetterlings legt je ein Ei an die unterſten Blätter der Cocospalme, und, wie mir ſcheint, an einem Baume nicht mehr als ſechs bis ſieben.
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anerkannt, zeugen von ſeinen gründlichen Vorſtudien auf dieſem
Gebiete und erweden berechtigte Hoffnungen auf ſeine Leiſtungen in demſelben , welche die beiden vollendet vorliegenden Bände des neuen Werkes nicht lügen ſtrafen . Der erſte Band, welcher die
vorgeſchichtliche Zeit behandelt, erſchien ſchon vor einigen Jahren und behandelt zunächſt die fundamentalen Fragen der ziviliſatoriſchen Entwicelung : die Anfänge des Menſchengeſchlechts und ſeiner Kultur. Dieſe umfaſſen : Begriff und Gliederung der Kulturgeſchichte; allgemeine Kulturgedichte ; Weltbildungstheorie, die Erde und ihre Umwälzungen ; organiſches Leben ; den Schau
Die Raupe bohrt ſich durch die Rinde in das Mark der
plat des Menſchengeſchlechts und ſeiner Kultur : alte und neue
Palme, und man ſieht nach einiger Zeit die unteren Blätter gelb werden und, ohne abzufallen, ſenfrecht herunter
Welt , die verſchiedenen Weltteile ; Abſtammung und Alter der Menſchen ; Deſcendenzlehre und Kulturgeſchichte; die Raſſen ; Geſetzmäßigkeit im Einzel- und Völkerleben ; Natur und Kultur, Klima und menſchliche Entwiceluug; Wohnungs- und Kleidungs weiſe, Nahrungsart, elementare Berufsarten ; Ehe und Familie, Staat und Geſellſchaft, Recht und Sitte, das Eigentum ; Sprache, Zahl und Schrift; Religion und Mythus; Kunſt; Urzuſtände und Kulturſtadien ; europäiſche Urbevölkerung und ihre Kulturperioden : Steinzeit, Bronzezeit und Eiſenzeit. Alle dieſe Themate, die un
hängen. Man zieht die Raupen, die mehr großen Larven gleichen , mit einer ſpißigen Zange aus dem Loch, ſamiert
Theer in die Deffnung und der Baum kann ſich wieder erholen, gibt aber im erſten Jahr feine Früchte mehr. Fängt aber das leşte oder Mittelblatt gelb zu werden an ,
jo ſtirbt der Baum. So verlor id) in weniger als zwei Jahren über 20 meiner beſten Cocospalmen . Zwei bis drei dieſer Raupen, wenn nicht bei Zeiten herausgeholt, ſind ſchon imſtande, einen Baum zu töten .
erläßlichen Vorfragen und Vorkenntniſſe der allgemeinen Kultur geſchichte, ſind in bündiger Kürze und vollſtändiger Ueberſichtlich. keit vortrefflich behandelt, intereſſieren aber den großen Leſers freis verhältnismäßig am wenigſten, und mögen daher viele Lejer
eher abgeſchredt haben , da man ja heutzutage nur leichte Lektüre
Fortjetung folgt.)
ſucht und bevorzugt, welche fein Kopfzerbrechen verurſacht und kein Nachdenken erheiſcht. Aber ſchon dieſer erſte, mehr allgemeine Teil, welcher die unbeſtimmbar lange Epoche der vorgeſchichtlichen
Zeit umfaßt, übertrifft nach allen Seiten die meiſten ſeiner Vor gänger, beſonders auch an Einheitlichkeit und Klarheit des Planes.
Litteratur.
Der zweite Band, 478 S. , gr . Oftav , umfaßt die fünf Jahrtauſende
* Honegger, J. J .: Allgemeine Kulturgeſchichte. Erſter und zweiter Band: Vorgeſchichtliche Zeit, und Geſchichte des Altertums. Leipzig , J. I. Weber, 1882–86 .
Die Kultur
geſchichte berührt ſich ſo nahe mit der Erdkunde überhaupt, wie mit der Anthropologie und Ethnographie, und darum halten wir es für unſere Pflicht, an dieſem Orte das vorgenanute treffliche
Wert zu beſprechen, welches in der Fint der heutigen litterari : ichen Ueberproduktion ſonſt zu leicht iiberſehen werden könnte. Die Kulturgeſchichte als Geſchichte der Entwicelung und Veredelung des geiſtigen Lebens der Menſchen im Gegenſatz z11 der ausſchließ lich politiſchen Geſchichte der Menjchheit iſt eine noch verhältnis
des Altertums, erſt den Orient: Aegypten , China, Japan , Indien. Mittel- oder Vorderaſien : Aſſyrien , Babylonien , Medien, Perſien ,
Franien ; Paläſtina, Phönitien, Syrien und Karthago , Kleinaſieu ; ſodann Griechenland und Rom . Jeder dieſer Abſchnitte iſt eine an ſich vollendete Monographie von geiſtreicher, fleißiger, auf um faſſendem Studium der beſten Quellen beruhender Arbeit, klar,
anſchaulich , überſichtlich, lehrreich, allſeitig anregend und mit Liebe und Begeiſterung, mit entſchieden hiſtoriſchem Geiſte verfaßt ; jeder
dieſer Abſchnitte iſt eine unerläßliche Ergänzung deſſeil , was uns die großen Werke iiber Weltgeſchichte eines Beđer, Schloſſer, Weber u . a. m . über dieſe Länder und Reiche und ihre Bewohner
mäßig junge wiſſenſchaftliche Disziplin, deren Bereich und Grenzen
berichten , ein reſummierender iiberſichtlicher Abriß der ganzen
noch nicht einmal ſtreng abgeſteckt ſind. Wir haben in unſerer deutſchen Litteratur im jiingſten Jahrhundert eine Reihe wichtiger Vorarbeiten, Bauſteine und Entwürfe zu einer ſolchen Allgemeinen Kulturgeſchichte entſtehen ſehen , ja wir haben in den Werken von
geiſtigeni, ſozialen und ethiſchen Entwicelung jener Reiche, welche
Wachsmuth, Klemm, Kolb, Henne Am -Rhyn, Dayn, Kiehl , Riidfert,
Meiſterwerk und im höchſten Grade anziehend. Von ganz ſpeziellem Wert und Intereſſe und von außerordentlicher lebhaftigkeit aber
Scherr, Karl Grün u . a. m. eine Anzahl Verſuche der Darſtellung einer ſyſtematiſchen allgemeinen Kulturgeſchichte vorliegen , aber die meiſten derſelben ſind , ſo ſehr ihnen durch eine Menge von
Vorarbeiten und monographiſchen Forſchungen in die Hand ge arbeitet wurde, doch mehr oder weniger unzulär:glich und unbes friedigend geblieben . Den erſten gelungenen und erſchöpfenden Berſuch einer ſyſtematiſchen und wirklichen Augemeinen Kultur geſchichte haben wir, ſoweit dies die beiden vollendeten Bände beurs teilen laſſen , in dem vorliegenden Werke des tiefgelehrten, gründlich gebildeten, gewiſſenhaften und emſigen Züricher Profeſſors J. F. ponegger, für deſſen Befähigung eine Reihe gediegener und grind. licher litterarhiſtoriſcher Werke bürgen. Seine früheren Werke : „ Grundſteine einer allgemeinen Kulturgeſchichte der Neueſten Zeit“, 5 Bände, ſein „ Katechismus der Kulturgeſchichte“, ſeine „ litteratur und Kultur des 19. Jahrhunderts, in ihrer Entwicelung darge ſteüt ,“ und ſeine „Ruſſiſche Litteratur und Kultur“ , ſind längſt als gediegene Bücher, als standard works, umjerer deutſchen Litteratur
den Schauplatz der Geſchichte des Altertums bilden , und der uns
erſt das volle Verſtändnis der letzteren eröffet. Jede dieſer mono graphiſchen Einzelſchilderungen iſt in ihrer Abrundung ein kleines ſind dieſe Darſtellungen für den Jünger der Erdkunde, für den Neiſenden, welcher mit Vorteil und Genuß heutzutage eines dieſer Reiche der Vorzeit beſuchen will, wie für den hochgebildeten Leſer, der ſich zum Nachdenken über die Geſchichte des Menſchenlebens
und ſeiner Erſcheinungen anregen und die Geſchichte des Menſchen geiſtes in ihren Spuren und Denkmälern verfolgen möchte . Dieſer zweite Band zeigt uns erſt recht deutlich, was Hr. Honegger in dieſer allgemeinen Kulturgeſchichte zu bieten beabſichtigt und zu leiſten vermag, und erwedt die geſpannteſten Erwartungen auf die drei weiteren Bände derſelben. Dieſe werden nämlich um faſſen : Der dritte Band das Mittelalter -- iiber ein Jahrtauſend; der vierte Band die Neuzeit bis zum Eintreten der revolutionären 1
Gührung nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts, drittehalb Jahrhunderte; der fünfte Band die neueſte Zeit, nämlich das
Revolutionszeitalter bis zur Gegenwart. Die Ausſtattung iſt eine gediegene, des Gegenſtandes würdige. Wir ſehen dem Erſcheinen
Notizen.
180
der weiteren Bände mit geſpannter Erwartung entgegen und
ganzen 29,361,032 Einwohner, was gegenüber von derjenigen des
wünſchen von Herzen, daß dem verdienten Verfaſſer noch recht
Vorjahres (29,000,652 Seelen ) eine bedeutende Zunahme ante weiſt. Die Zahl der Geburten im Jahre 1884 berechnet ſich auf 1,130,741 (mit Ausſchluß der Totgeborenen), worunter 581,413 männlichen und 549,328 weiblichen Geſchlechts. Die Geſamtzahl der Todesfälle betrug 790,361, der Ueberſchuß der Geburten bes
lange Geſundheit, Kraft und Friſche vergönnt bleiben mögen, um dieſes vorzügliche und verdienſtvolle Wert glüdlich zu vollenden . * Hillebrand, Mari : Zeiten , Völker und Menſchen. Siebenter Band. Kulturgeſchichtliches , aus ſeinem Nachlaſſe. Der leider zu früh ver
Berlin, Robert Oppenheim , 1885.
ſtorbene Meiſter des deutſchen Eſſay, Karl Hillebrand, hat eine
Anzahl litterar- und kulturhiſtoriſcher Aufjäge hinterlaſſen, welche
ziffert ſich alſo auf 340,380.
* Der mit den vorläufigen Studien für das Tracé der transfaſpiſchen Eiſenbahn betraute ruſſiſche Ingenieur Danilow
von ſeiner Witwe hier als ſiebenter (oder Schluß-)Band ſeiner geſammelten Eſſays aus ſeinem Nachlaß herausgegeben worden
hat eine ſehr wichtige Entdeđung gemacht: er hat nämlich Spuren
ſind und nachſtehende Gegenſtände behandeln : Zur Entwiđelungs geſchichte der abendländiſchen Weltanſchauung; Zur Entwickelungs
gefunden, welches bei Kelif beginnt, die Dertlichkeit der Brunnen von Repetſch durchzieht und ſich dann wahrſcheinlich durch das Unguz - Thal hinzieht. Dieſe von dem verſtorbenen General Petruſſewitſch vorausgeſehene und von dem Topographen Halitin teilweiſe anerkannte Richtung war von dem Bergingenieur Ruſchin beſtritten worden , welcher ſeine Widerlegungen auf geologiſche
geſchichte der abendländiſchen Geſellſchaft; Jungdeutſche und Klein deutſche (1830—1860); Die Werther-Krankheit in Europa ; Ueber die Konvention in der franzöſiſchen · Litteratur; Vom alten und .
neuen Roman ; Ueber die Fremdenſucht in England; Ueber das religiöſe Leben in England ; Die Engländer auf dem Kontinent.
vom ſüdlichen Teil des alten Bettes des Amu - Darja
Terrainſtudien gründete.
Alle dieſe Eſſays tragen den Stempel von Hillebrands mächtiger
* Eine neue interozeaniſche Eiſenbah 11. Man beab
geiſtiger Perſönlichkeit : ſchöne vollendete Form, hohe und viel ſeitige Bildung, Geiſt, Gedankentiefe, Wahrheits- und Freiheits
ſichtigt, durch Honduras eine Eiſenbahn zu erbauen , welche von
liebe , Begeiſterung, feine Beobachtungsgabe, Taft , Feinfitbligfeit
und ungemeine Friſche und Urſprünglichkeit, und bieten dem ges bildeten denkenden Leſer einen hohen , anregenden Genuß, ebenſo viel Geiſt, aber unendlich mehr Lehrreiches und Befriedigendes nnd Bleibendes als die Eſſays von Jules Janin, Sainte -Beuve u. a. , und vor allem ein verſtändnisinniges und liebevolles Eingehen r. auf die Eigenart anderer Nationen . * Notes on Western Australia, with Statistics for the year 1884 by the Honorable John Forrest, Perth 1885 Der Verfaſſer, ein alter Erplorer , iſt jetzt Kronlandminiſter der
Nolonie Weſtauſtralien . Seine Mitteilungen über den Stand dieſer Kolonie miiſien daher als offiziell gelten . In der Einleis tung gibt er einen geſchichtlichen Ueberblick von der Entdeckung der Weſtküſte bis zur Gegenwart. Die Karte, welche die Kolonie Gr. darſtellt, wie ſie gegenwärtig iſt, hat beſonderen Wert.
dem Hafen Trurillo am Caraiben - Meer ausgehen und bis nach der Fonſeca - Bucht an der Küſte des Stillen Ozeans führen ſoll . Die Arbeiten ſollten ſchon am 1. Januar 1886 beginnen . Dies wird die kürzeſte Bahn zwiſchen den beiden Ozeanen nördlich von Panamá geben .
* Die Erforſchung der Hudſons - Bay. Am 18. OT tober v. Js. lief in Halifar in Neufundland der engliſche Dampfer „ Alert“ mit der Erpedition wieder ein , welche nach der Fudjons. Bay ausgeſandt worden war, um einen praktifablen Weg für die Schifffahrt des nordweſtlichen Canada in der Richtung nach Eus
ropa zu ſuchen. Aus den Beobachtungen der Forſchungsreiſenden geht hervor, daß in dieſer Region die mittlere Temperatur nicht ebenſo niedrig iſt, wie diejenige des Nordweſtens im Winter. Die mittlere Grenze der niedrigſten monatlichen Temperatur iſt 300 C. unter Nud . Die Meerengen der Hudſons- Bay ſind für paſſend gebaute und bemannte Schiffe während 3-4 Monaten, vom Juli bis Oftober, befahrbar. Die Gegend iſt reich an ßelztieren, Fiſchen und Mineralien .
* Der Staat Wisconſin weiſt nach der jüngſt vollendeten
Notizen. * Die höchſte meteorologiſche Station in Europa.
Die Wiener Meteorologiſche Geſellſchaft hat beſchloſſen , eine meteoro logiſche Station auf dem Sonnblick in den Tauern, der mittleren Rette der Tiroler Alpen , zu errichten . Die Höhe des Sonnblick
beträgt 2939 m., und die Station wird daher die höchſt gelegene in Europa ſein . * Der deutſche Botanifer Moller , welcher mit einer botani
ſchen Erforſchung der portugieſiſchen Inſel San Thomé betraut war, iſt nach Liſſabon zurückgekehrt und hat ſehr intereſjante Ar beiten und eine große Anzahl merkwürdiger Specimina, nicht allein für das botaniſche, ſondern auch für das geologiſche Studium der • Inſel mitgebracht. Die erlangten Belehrungen werden ſicherlich unter der Leitung eines tiichtigen Botanikers, des Profeſſors Julio Henriques an der Univerſität Coimbra, veröffentlicht werden . Herr Moller hat auch wichtige Verbeſſerungen und Zuſäße zu der jiingſt erſchienenen Karte der Inſel San Thomé gemacht und den höchſten Punft der Juſel, den ſogenannten Pico de San Thomé, erſtiegen ,
Volkszählung 1,563,930 Einwohner auf , nämlich um 248,450 Seelen mehr als bei der Zählung von 1880. Im Jahre 1860
zählte der Staat Wisconſin nur 775,000 Einwohner, hat alſo in 25 Jahren ſeine Bevölkerung verdoppelt und gehört zu den am raſcheſten emporblühenden Staaten des Weſtens.
* Die Bevölkerung des Staats Guatemala betrug nach der offiziellen Statiſtik vom 1. Januar 1885 1,284,604
Seelen , gegenüber vor: 1,278,331 am gleichen Tage des Vorjahres. Dr. Zintgraff von Berlin iſt nach anderthalbjährigem Aufenthalt am Kongo jüngſt nach Europa zurüdgekehrt. Er hat den ganzen unteren Teil bis Vivi unterſucht und in ſeinen Briefen an die „ Voſſiſche Zeitung “ nach der allgemeinen Phyſiognomie des Landes geſchildert. Die anthropologiſchen Studien, die er noch daneben betrieb, verſprechen höchſt intereſſante Reſultate. Dr. Zint graff iſt als einfacher Dilettant und auf ſeine eigenen Koſten ge
reiſt; er ſchätzt die jährliche Sterblichkeit unter den Weißen am unteren Kongo auf 2 Prozent, iſt ſelbſt im beſten Wohlbefinden zuriidgekehrt und gedenkt über kurz oder lang einen neuen Aufent balt in Afrika zu nehmen .
welcher nach ſeinen Meſſungen eine Höhe von 2142 m . hat.
* Die Bevölkerung von Italien beträgt laut amtlichen Quellen nach der jüngſt beendigten Volkszählung von 1884 im
Þiezu ein Proſpektus der Verlagsbuch handlung von Ferdinand Enke in Stuttgart.
Druď und Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Nusland. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der
I. G. Gotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und München . Neunundfünfzigſter Fahrgang.
1886 .
Stuttgart, 8. März.
Nr. 10.
Jährlich 62 Nummern å 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. - Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In• und Auslandes und die Poſtämter. Manuſkripte und Rezenſions-Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/11, zu jenden . Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Das häusliche Leben der Tibetaner. Nach Charles H. Lepper. S. 181 . 2. Unter den Apachen. Von (Schluß.) S. 184. 3. Die Canada - Pacific - Eiſenbahn. Von Dr. R. Meyer. S. 187. 4. Die portugieſiſchen Beſitungen in Weſtafrika. Von H. H. Johnſton. S. 190. 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 193. 6. Die Tierwelt in Holändiſch-Guiana. Von Auguſt Kappler. ( Fortſetzung.) S. 196. - 7. Litteratur. S. 198 . 8. Berichtigung. S. 200 . Dr. H. F. C. Ten Kate jun.
-
Das häuslide Leben der Tibetaner. Nach Charles H. Pepper.
fidh ſelbſt vom politiſchen Geſichtspunkte aus eine ſolche wirkliche Schwäche enthält, und welches anſcheinend ſo leicht zur Beute eines liſtigen Nad,bars gemacht werden
Das ausgedehnte Land Tibet iſt für die große Menge
fönnte. Um zu dieſem Schluſſe zu gelangen, muß man
der Europäer noch ein Buch mit ſieben Siegeln . Für den Gelehrten iſt es das ausgedehnteſte und höchſte Tafel land der Welt, die Waſſerſcheide, von wo aus die Mehr zahl der größten und längſten Ströme Aſiens entſpringen. Es iſt gleichzeitig das Rom der buddhiſtiſchen Religion
notwendig die innere Wirtſchaft und Verwaltung jenes ſeltſamen Landes gründlich verſtehen ; und es iſt ſo wenig bezüglich ſeiner Bevölkerung bekannt, daß es keiner Ent ſchuldigung bedarf, wenn wir in dieſem Ueberblick über
der Gegenwart, und der fälſchlicy ſo genannten Prieſter ſchaft des „ Lama" ſchreibt man den unverdienten Ruf großer Gelehrſamkeit und des Beſißes aller Geheimniſſe der alten myſtiſchen und verborgenen Wiſſenſchaft zu . Während man verſucht iſt, die Tibetaner von einem euro päiſchen Standpunkt aus als ein, wenn nicht verfommenes
und entkräftetes, ſo doch auf jeden Fall als ein halb barbariſdes Volk zu betrachten, ſo bedarf es nur einer kurzen Erwägung der überraſchenden Thatſadie, daß trop
feine Bewohner und ihre Sitten, Bräuche, Staatseinridi tungen , Religionsſyſtem und Regierung auf ſo genaue Einzelheiten eingehen, als nur unſer Raum erlaubt. Als Ausgangspunkt und um den Leſer mit den Ums
gebungen und Lebensbedingungen des fraglichen Volkes vertraut zu machen, wollen wir ein typiſches tibetaniſches Wohnhaus ſchildern. Die Außenwände ſind gewöhnlich von Stein, der in eine ſchlechte Mörtelart, aber noch
häufiger in eine Bettung von geknetetem Lehm eingeſeßt iſt. Wo Lehm zu haben iſt, da zieht der Erbauer es vor,
der Tauſende von Meilen, welche die tibetaniſche Grenze umfaßt, doch gegenwärtig fein Europäer ihren Grenzwäd): tern auf irgend einem Punkte dieſen Tauſenden von Meilen entlang geht, um es augenfällig zu machen , daß ein Land mit einer Regierung, welche ein jold wunderbares und wirkſames Syſtem der Ueberwadyung organiſieren und unterhalten kann, kaum mit Recht entkräftet und ver kommen genannt werden darf. Entkräftet iſt Tibet gewiß nicht, und doch gibt es ſeltſamerweiſe, dieſem ſcheinbaren
nur die Grundmauern von Stein, die Wände oberhalb derſelben aber von gut zubereitetem Lehm zu machen, welcher zwiſchen Bretterwänden als Form eingeſtampft wird. Dieſe Bretterwände werden entfernt , ſobald jede Lage vollendet iſt, und dann emporgehoben, um als Formen für die nächſte Schicht zu dienen.
Beweiſe ſeiner Macht zum Trok, wahrſcheinlich auf der ganzen Welt fein Land von gleidhem Umfang, weldies in
hiße arbeiten. Ein großer Teil ihrer Arbeit, wie das Dreſchen des Getreides u. 1. w., wird auf dem fladen
Ausland , 1886 Nr . 10.
Die Häuſer haben zwei Stocwerke und häufig befin det fidh an der einen Seite des Dades nod ein offener Schuppen , worin die Bewohner bei drückender Sonnen
28
182
Das häusliche Leben der Tibetaner.
Dache verrichtet. Das Erdgeſchoß dient zum Unterbringen
mit Nähen, Spinnen, mit der Pflege der Maultiere, Pferde,
des Viehes, der Pferde, Soweine u. dgl. Die Hübner fişen gewöhnlich mit der Familie im oberen Stodwerke auf. Die Bauart des Fußbodens im oberen Stocwerke iſt merkwürdig genug. Seine Hauptſtüßen ſind Quer: balken ; auf dieſe werden kleinere Balfen im rechten Winkel
des Rindviehs, vor allem aber mit der Beforgung der kleineren häuslichen Geſchäfte. Die Weiber jäen , be
gelegt und auf dieſen wieder Spälter von Holz angebradzt; auf dieſe legt man alsdann kleinere Zweige, wie Beſen:
werden ſollen , ſo fällt dies ebenfalls den Weibern zu.
reiſig, und über dieſe wird eine Schichte Lehm als Dede gelegt, worauf endlich erſt die Bohlen des Fußbodens be:
feſtigt werden. In dieſem Fußboden wird dann ein Loch
wäſſern, jäten , ſchneiden, dreſchen und worfeln das Ge treide, tragen das Korn auf den Speicher und beſorgen dabei nod) alle häuslichen Geidhäfte. Wenn Laſten getragen Wird ein Mann aufgefordert, eine große Kiſte oder ſchwere Laſt zu tragen, ſo wird er unfehlbar bei deren Anblick ſagen : ,,Wie ? Das iſt Weiberarbeit oder eine Weiberlaſt!" und vom Gepäck auf der Reiſe wird er immer das kleinſte
für die primitive Leiter aufgeſpart, welche die Stelle der Treppe vertritt und aus einem mit Kerben verſehenen Stüd Holz beſteht, und durch dieſes Lod ſteigen alle Aus dünſtungen und Gerüche von den Tieren drunten empor. Das ganze Haus hat nur eine einzige Thür, und vor dieſer befindet ſich gewöhnlich ein von Mauern umgebener Hof raum. Aller Dünger und Unrat darf an Ort und Stelle das ganze Jahr hindurch unter dem Hauſe und im Hofe liegen
Paket, das er finden kann, als ſeine eigene Laſt aus
bleiben, bis kurz vor der Zeit, wo die Felder gedüngt
erlangen ſie hierin eine ungemeine Fertigkeit und können ſich dadurdy trefflich verteidigen oder ſich jemanden unlieb
werden, worauf man ihn auf einen großen Haufen zu ſammenträgt und vierzehn Tage oder drei Wochen lang
wählen. Auf den Weidegründen melken die Weiber, bes reiten die Butter und überwachen die Heerden, wenn dieſe in der Nähe der Zelte oder des Lagerplaßes weiden. Die Männer hüten die Heerden nur, wenn dieſelben in größerer Entfernung weiden. Die Weiber reiten ebenſo gut wie die Männer und auf dieſelbe Art. Dadurch, daß die
Weiber beſtändig mit Steinen nach dem Rindvieh werfen,
andere; nur ſeßt man dem Lehm , der die Stelle der Bohlen
ſam machen, der ſie gereizt und dadurch veranlaßt hat, ihre Kunſt im Werfen auszuüben. Der Schmuß iſt überall der vorherrſchende Zug in einer tibetanijden Haushaltung ; er waltet in ihren Häuſern und an ihren Perſonen, ſowie in ihren Sitten und Bräuchen vor, und macht fich in ihrem Gebahren und in ihrer Rede ſehr bemerkbar.
vertritt, nod Kuhdünger bei, und der auf dieſe Weiſe her: geſtellte Mörtel wird dann mehrere Tage lang, wie in
Ein Europäer , ein britiſder Beamter in Indien , wollte einmal die genaue wirkliche Hautfarbe der Tibes
Indien, mit Stöcken geſchlagen, damit er ſich ganz innig
taner kennen lernen und bezahlte die Eltern eines Kindes, daß ſie es in warmem Waſſer zu wiederholtenmalen und
gähren läßt, um ihn alsdann über das Land auszuſpreiten . Die größeren Häuſer haben einen oder mehrere Flügel Der Fußboden, welcher das flache Dach bildet, wird auf dieſelbe Weiſe hergeſtellt, wie der und eine Veranda .
vermengt. Alle Riſſe, welche beim Trocknen des Mörtels entſtehen, werden dann ſorgfältig mit friſdem Mörtel ausgefüllt, bis das Ganze gleichzeitig ein gutes ſolides
Dach und ein Eſtrid, und feſt genug iſt, um darauf Ge treide zu brechen. Der Wohnraum
iſt die Küche im erſten Stowerf,
worin alle ſchlafen , den Kopf nach der Feuerſtelle gewen det, und niemals mit den Füßen nach dem Feuer zu , weil dies in ihrer Etikette für eine Beleidigung oder eine Sdande gilt. Im Sommer ſchlafen die ſämtlichen Hauss bewohner auf dem Dache. Die Tibetaner, welche in den Thälern wohnen , ſind in der Regel phyſiſch keine ſchönen Leute, allein die in den Bergen wohnenden , wie die Schäfer u. a. m ., hoch oben in
den Gebirgen von Tibet, ſind kräftige ſchöne Menſchen und ſehen aus, als wären ſie aus einem Block ausge . hauen.
Die Leute in den Thälern ſind mehr oder weniger
müſſige Bummler , weldie eine entſchiedene Abneigung gegen körperliche Arbeit haben. Die Männer beſorgen feine Feldgeſchäfte als das Pflügen und manche leiſten
nid)t einmal dies, wenn ſie es erſdwingen können, einen anderen dafür zu bezahlen. Wenn ſie nicht raſten, d. h. abſolut gar nid)ts thun, fo beidäftigen ſich die Männer
mit einem unbegrenzten Aufwand von Seife waſden ließen ; allein jede Bemühung war vergeblich, denn man konnte durch ſolch einen Panzer von Sdymuß nicht auf die Haut dringen. Man behauptet mit allem Anſchein von Wahrheit, es würde ganz unmöglich ſein, einen er: wad)ſenen Tibetaner bis auf die Haut hinein zu waſchen . Die Schönheit eines Weibes in Tibet beſteht darin, daß dasſelbe ſtämmig, breit, unterſett, derbknochig und von
ſchweren Gliedmaſſen iſt, und die ferner wünſchenswerten begleitenden Eigenſchaften ſind, daß ſie vor allem fühn , verwegen , tüchtig im
Feilſchen und Handeln und gewandt
im Antworten ſei, und ein tüchtiges Fiſdweib, wenn es
maſſiv genug wäre, würde in Tibet für eine Venus gelten . Das gewöhnliche landesübliche Nahrungsmittel iſt Gerſte, welche zuerſt geröſtet und dann gemahlen worden iſt, und dann Tampa oder Tjang pa heißt. Dieſes Mehl befeuchten ſie mit Thee, welcher auf die tibetaniſche
Weiſe bereitet iſt, d. h. mit gekochtem „ Ziegelthee“, der mit Butter und Salz abgeſchmedt iſt, oder das Mehl wird auch, wenn der Mann zu arm iſt, um ſich des Thees zu bedienen, mit Fleiſchbrühe befeuchtet, indem man es in einer Taſje mijdt und den Teig an den Wänden der Tafie
herum mit den Fingern bearbeitet. Dieſen Teig verzehren
Das häusliche Leben der Tibetaner.
ſie dann weids und feudit. Thee, der, aus dem dymutigen
,,Ziegelthee" bereitet, mit Butter gekocht und nach Guſto abgeſchmeckt iſt, worauf das Gebräu tüchtig umgeſdhüttelt wird, bildet das landesübliche Getränke, deſſen Stelle bei den ärmeren Klaſſen Fleiſchbrühe vertritt. Man hat na :
183
Am Abend, bevor er ſich zur Ruhe niederlegt, nimmt der Tibetaner ſeine Stiefeln und ſeinen Gürtel ab und macht ſich aus denſelben ein Kopfkiſſen. Dann icäßt er
feine Entfernung vom Kopfkiſſen und wirft denjenigen
eine Art chupatti oder scone, ein gewöhnliches Nahrungs mittel. Sie eſſen Fleiſch, beſonders von Sdyeinen und Hühnern, allein alles hängt natürlich von der Dertlidykeit
Teil des Rockes (den er nun nad Abnehmen des Gürtels auf dem Boden ſchleppt), auf welchem er zu liegen beab ſichtigt, über das Kopffiffen ; auf dieſe Weiſe verwandelt er mit einem einzigen Wurf die eine Seite ſeiner Tſchruba in eine Matraze und durch dieſe Anordnung macht er, wenn er ſich niederlegt , die andere Seite des Roces zu
und von ihren Mitteln ab. Für das Eſſen haben ſie feine feſtſtehenden Regeln und Bräude, noch beſtimmte Stunden, und das was einer Regel zunächſt kommt, iſt die Gewohnheit, das was man an Drt und Stelle haben kann zu eſſen, wenn man hungrig iſt. Der in obiger Weiſe zubereitete Thee iſt das Hauptgetränke, ſo ſehr, daß
dabei auszufleiden braucht. Nur wohlhabende Leute gönnen ſich den Lurus eines Teppichs um darauf zu ſchlafen, und reiche Leute bedienen ſich dazu eines chineſiſchen Teppichs. Das eben geſchilderte Syſtem des Bettmachens iſt beinahe in ganz Tibet, auf jeden Fall aber im öſtlichen Tibet,
es zum Brauche geworden iſt, die Leute zum „ Theetrinken "
üblich.
türlich auch noch andere Nahrungsmittel, aber das oben : erwähnte iſt das hauptſächlidyſte.
Die Tibetaner haber
einer vollkommenen Bettdecke für ſich, ohne daß er ſich
einzuladen, wenn man darunter eine Einladung zu einer
Häufig tragen auch die Weiber die eben geſchilderte
vollſtändigen Mahlzeit verſteht, und dies ſogar in Fällen, wo die Familie zu arm iſt um Thee zu beſchaffen, und wenn in derartigen Fällen gar kein Thee erwartet wird. Als Lieblingsgetränk nach dem Thee kommt eine Art Gerſtenbier, das im Dſten Rhiong, im Weſten Tidong genannt wird, und dann eine Art deſtillierter Gerſten branntwein, Rra genannt. Auf den Weidegründen iſt das gewöhnliche Getränke Buttermilch, aber auch geronnene
Tradit, obſchon ſie nicht ihre eigentliche und gewöhnliche Kleidung iſt, welche in folgendem beſteht: ein aufgeſchürz ter Unterrock von wollenem Zeug, welcher zuweilen bedeu
Milch und Molken, Ta ra genannt, ſind ſehr beliebt. An Tagen, wo die Tibetaner Fleiſch fieden , bereiten ſie keinen Thee, ſondern trinken ſtatt desſelben die Fleiſchbrühe, aus ökonomiſchen Gründen.
An dieſen Fleiſchtagen machen ſie
ihre Diampa mit Fleiſchbrühe anſtatt mit Thee an .
tend mit farbigen Blumen verziert iſt, wird ſo getragen , daß er etwa bis auf die Knöchel herabfällt.
Wenn ſie
denſelben anlegen, beginnen ſie an der linken Hüfte, ſchlagen ihn einmal um den Körper, dann noch einmal über die vordere Seite, ſo daß ſie vorn die doppelte Dicke desſelben haben ; dann befeſtigen ſie ihn auf der rechten Hüfte. Dieſer Unterrock iſt aus vielen ſchmalen Streifen verfer
tigt, welche je mehrere Zoll breit ſind und in ſolcher Weiſe zuſammengenäht werden, daß ſie die Falten nur an den Seiten hinunter haben und vorn und hinten ganz glatt
Die Männer tragen die Tich ruba , einen langen, diden,
liegen. Die Stelle des Gürtelbandes verſieht ein ſtarker Tuchſtreifen , welcher an die innere Seite angenäht iſt.
wollenen Roc, im Winter von Schaffell, welcher ſo weit
An dieſes Gürtelband iſt ein ärmelloſes Leibchen befeſtigt,
hinabreicht, daß er, wenn nicht heraufgenommen, bedeutend
gewöhnlich aus Baumwollenzeug, welches von Tragbän dern über die Schultern gehalten wird, und dieſes Klei bungsſtück trägt das Gewicht des Unterrods. Dieſes Leibs chen iſt über der Bruſt doppelt und wird auf der rechten Seite am Hals, unter dem rechten Arm und weiter unten
Gehen wir nun zur Tracht der Tibetaner über.
am Boden nadichleppen würde.
Derſelbe iſt über die
Bruſt und vorn gut gefüttert und geht ſo weit übereins ander, bis die Ränder und Ecken beinahe zu den Schultern reichen, wo das eine Ende unter dem rechten Arm mit einer Sonur oder einer Bogenſehne befeſtigt wird. Beim An
gebunden.
Sie tragen audy eine Schärpe oder ,,Cummer :
fleiden hält der Mann, welcher ſeine Tſdruba loſe um
band ", etwa fechs Zoll breit und ungefähr 10 Fuß lang,
ſich herumhängen hat, ſeine Schärpe oder ſeinen Gürtel ungefähr auf dem Niveau der Kniee oder noch etwas
deſſen Enden unter dem Gürtel hervor loſe herunterfallen.
höber, zieht die Schärpe dann herauf, um den Rock auf
zuſchürzen, und dann werden Gürtel oder Sdjärpe mit dem ganzen darüber befindlichen Rocke herauf- und zu ſammengezogen und der Gürtel um die Taille befeſtigt. Dadurch entſteht eine Art Taſche, welche rund herum über den Gürtel herabfällt und den unteren Saum des Rockes
ungefähr auf halbem Wege zwiſchen Knie und Wade er hält. In der ſo gebildeten Taſche bringt der Tibetaner alles unter , was er bei ſich zu tragen hat, wie ſeine Tſampa - Taſſe und ſogar kleine Hunde und bisweilen ſo: gar kleine Schweine.
1
Dies iſt die gewöhnliche Frauentracht; wenn ſie ſich aber beſſer kleiden wollen, ſo tragen ſie unter dem Leibchen ein Hemd mit Aermeln. Dies tragen ſie jedoch nur ſelten zu Hauſe bei ihren Geſchäften oder bei der Arbeit überhaupt. Bei feſtlichen Gelegenheiten tragen ſie eine Jacke mit längeren Aermeln und einem längeren Leibe als das chineſi
îche ma quoi oder quen-shen-tzo, aber demſelben einiger maßen ähnlich. Dieſe Jacke iſt von Seide, von Baum wollſtoff oder von Tud 2c, und reicht etwa bis auf die .
Mitte der Schenkel herab.
Die Aermel reichen etwa ſieben
Zoll über die Fingerſpißen herab und ſind ſehr weit, je doch nicht ſo ſehr als die der ma quoi . Vom Handgelenk
Unter den Apachen
184
bis zu den Enden der Aermel iſt die Farbe immer eine verſchiedene und womöglich grellere und lebhaftere (zu weilen grün , rot, gelb u. 1. w.), als der Stoff, woraus das Hauptgewand beſteht. Der Kragen iſt beinahe immer von roten Tud und wird mit einer großen Broche von Silber und Korallen auf der Bruſt befeſtigt. Die Jacke wird an der rechten Seite herab mit Borden oder Schnüren
Bereitung von Tisvin zu verhindern, da es nur allzu ſehr befannt iſt, wie leicht dieſes Getränke ſie zu Raufereien und Gewaltthätigkeiten veranlaßt. Ein Teil der Apachen bebaut den Boden, und vor: nehmlich werden Mais und Waſſermelonen angepflanzt. Auch die Frucht von Cereus giganteus dient ihnen zur
iſt. Die amerikaniſche Regierung gibt ſich alle Mühe, die
von gemiſchten und ausgeſprochenen Farben geſchloſſen.
Nahrung, und während meines Aufenthaltes auf der Reſer
Die Frauen tragen Stiefeln, welche denen der Männer ganz ähnlich ſind ; die Schäfte daran ſind von farbigem
vation war gerade die Zeit zum Einſammeln dieſer herr
wollenem oder baumwollenem Zeug und die Sohlen von
erpicht, und Fleiſch war denn audy früher ihre Hauptnahrung, welche ihnen großenteils durch das geraubte Vieh der Anſiedler geliefert wurde. Viele haben nun ſelbſt auf der Reſervation Viehzucht begonnen und ſind auch in den
Leder. Sie tragen nur ſelten irgend eine Art von Hüten oder ſonſtiger Kopfbedeckung.
Der Haarpuß wedſelt ſehr.
Ihre Zierraten ſind gewöhnlich von Silber (felten von Gold) und Edelſteinen, aber hauptſädylich aus Korallen.
Die üblichſten Edelſteine ſind Türkiſſe, Lapis -Lazuli, Agate, Aquamarine und Bernſtein , wenn man dieſen zu den
Steinen rechnen darf. Sie tragen ferner noch Zierraten und Schmuckgegenſtände aus farbigem Porzellan u. f. w. Die ſehr vornehmen Leute, wie z. B. die Gouverneure, tragen große Zierraten und Schmudjüde von Gold.
lichen ſaftreichen Frucht. Die Apachen ſind auf Fleiſd,
Beſiß von Sdafen gekommen, welche die Regierung ihnen vorſtredt. Wie ich ſchon früher erwähnte, findet wöchent: lid auf der Agentur eine Verteilung (issue) von Lebens:
mitteln ſtatt, die vorwiegend aus Rindfleiſch und Mehl beſtehen ; jedoch nur ein Teil der auf der Reſervation an fäffigen Indianer, vornehmlich die in der Umgebung von San Carlos wohnenden , machen Gebrauch davon. Viel
Die meiſten ihrer Edelſteine kommen aus dem neutralen
leidyt wird mandher meiner Leſer ſagen, es ſei doch men
Gebiete oder dem Singpho -Lande , nördlich von Ober
denfreundlich von der amerikaniſchen Regierung, ſo viele unnüße Mäuler zu unterhalten . Dies iſt auch einiger maßen der Fall; doch zunächſt iſt es nur eine Entſchä digung der Indianer für das Hinwegnehmen ihrer Lände
Birma, zwiſchen der britiſden Provinz Aſſam und China,
ſowie ebenfalls aus Indien über Raidmir. Wenn eine Frau fich zum Schlafen anſchickt, ſo ſchlägt ſie einfach eines Mannes Tſdruba um ihren Kopf, läßt die Schöße
desſelben um ſich herumfallen, wickelt ſid, in dieſelben ein, bedient fich ihrer Stiefeln und ihres Gürtels als eines Kopfkiſſens und braucht fich nach keinem anderen Nadyt: lager umzuſehen. Ueber den Handel der Tibetaner läßt ſich wenig ſagen .
reien und ihrer Freiheit, weldjes jie großenteils ihres hauptſächlidyſten Unterhaltsmittels, der Jagd, beraubte ;
dann aber iſt es das einzige Mittel, die Indianer an
eine andere Lebensweiſe zu gewöhnen , ſie an einen be ſtimmten Ort zu bannen und ſie langſam anſäſſig zu machen , ein Hauptzwed, welchen die Regierung als erſte
Nidt als ob der Handelsverkehr irgendwie unbedeutend
Bedingung zur Kultur betradytet. Dagegen iſt es unwider
wäre, allein das Syſtem desſelben kann mit dem einzigen
ſprechlich wahr, daß dieſe Maßregel ſowohl auf die Indianer im allgemeinen, als auf die Apadyen insbeſondere einigen Einfluß ausgeübt hat. Mit Ausnahme von 300 bis 400 Chiricahuas befindet ſich weitaus der größte Teil der zu San Carlos wohnenden Apachen langſam, aber ſicher auf dem Wege zur Ziviliſation, und die Veränderungen , welche
Worte „ Hauſierhandel" genau gekennzeichnet werden. Jede Familie handelt und feilſcht, die Lamaſjerien handeln,
die Beamten handeln ; aber dieſer Verkehr wird in jedem Falle nach Art des Hauſierhandels betrieben. Die Mit glieder einer Familie betreiben den Handel derſelben und reiſen über ungeheure Entfernungen mit ihren beladenen
die leßten zwölf Jahre hervorgebracht haben, ſind unge:
Maultieren und Yakochſen und vertauſchen unterwegs ihre
wöhnlich groß. Vielleicht iſt der Feldzug der Apachen von
Waren an verſchiedenen Drten .
1883 denn auch der leßte im großen Maßſtab geweſen. (?) Daß ſchon jeßt ein ziemlicher Teil der ſtreitbaren
Buden und Läden von
jedem Maßſtabe ſind beinahe unbekannt.
ſie laſſen dazu Maisförner in feuchter Erbe keimen, reiben
Mannſchaft im Dienſt der Regierung ſteht, um ſozuſagen polizeiliche Aufſicht über ihre eigenen Stammesgenoſſen auszuüben, iſt ein Beweis, daß die Einhelligkeit und Einig keit unter vielen von ihnen gebrochen iſt und daß ſie um ihrer ſelbſt willen mit der Vergangenheit brechen wollen . Wie ſeltſam es auch klingen mag, ſo hatten die Chirica: huas bei ihrem leßten Feldzug doch die öffentliche Mei nung der übrigen Apachen gegen fich, und der deutlichſte Beweis dafür iſt die Thatſache, daß Hunderte von ihnen fich
ſie hierauf fein und laſſen den erhaltenen Brei verſchie dene Tage im Waſſer ſtehen , bis die Gährung vorüber
ſich ihren aufrühreriſchen Stammesgenoſſen zu widerſeßen .
Unter den Apaden. Von Dr. H. F. C. Ten Kate jun.
(Schluß .)
Die Apachen verſtehen die Kunſt, ein berauſchendes Getränk, Tiswin oder Tulchpai genannt, zu bereiten ;
an den General Crook, den „ grauen Fuchs“, anſchloſſen, um
Unter den Apachen .
185
eingeſperrt iſt, aus bewaffneten Apachen - Streifidüßen,
Körper des gefallenen Pferdes geſchnitten, um ſich das: ſelbe bei der nächſten Mahlzeit zuzubereiten und zu ver zehren. Die ununterbrochene Fortſeßung ihrer langen
welche nötigenfalls kein Bedenken tragen, ihre eigenen
Ritte iſt das Geheimnis ihrer ſdynellen Bewegungen. Um
Stammesgenoſſen niederzuſchießen.
Die Calabouſe war infolge der ſchlechten reizbaren
die Hufe der Pferde möglichſt gegen den ſteinigen Boden und die Pflanzenſtengel zu ſchüßen, gebrauchen die Apachen
Stimmung des „Richters" fortdauernd gut gefüllt und
Ueberzüge von ungegerbtem didem Leder, mit der Haarſeite
Ebenſo beſteht die Wache am Gefängnis (calabouse),
wo eine Anzahl Indianer wegen gröberer Ausſchreitung
einzelne Gefangene ſogar mit ſchweren Retten beladen ,
nach außen, welche den Pferden naß angelegt werden und
deren Geklirre ſtets die Mufif war, welche uns Morgens bei Sonnenaufgang wedte, wenn wir die heiße Nadyt auj dem inneren Hofe zugebracht hatten und die Gefangenen dieſen auffegen mußten. Dieſe Strafe war gut gewählt, denn es iſt beinahe nichts erniedrigender für einen India
getrodnet ſich dann feſt um den Huf ſchließen. Die bei
ner, als eine derartige Arbeit verrichten zu müſſen.
Pferd auszuführen, wie ein geübter weißer Reiter, dazu
Daß der „ Richter“ und ebenſo der barſche „ Colonel“ ( Oberſt), ſein Schreiber, von den Indianern gehaßt wurden , brauche ich kaum zu ſagen. Was den erſteren vornweg verdroß, war, daß man die gefangenen männlichen Chiri
ſind ſie meines Erachtens nicht imſtande. Ebenſo wenig ſind ſie zierliche Reiter, denn ſie ſchnallen die hölzernen
cahuas nicht ohne jede Art von Prozeß auffnüpfte oder
niederſchoß. Daß General Croof hiedurch ſein den In dianern gegebenes Verſprechen in feiger gemeiner Weiſe gebrochen und die noch abweſenden Chiricabuas im vor:
aus abgeſchredt haben würde, auf die Reſervation zu kommen, begriff der „ Richter" wahrſcheinlich nicht. Troß all ſeiner Verſude , die damned scoundrels “ (verd Scurfen ) mit dem Tode zu beſtrafen , war die Regierung רך
ihnen üblichen Sättel ſind die bekannten mericaniſchen mit hohem Knopf und hölzernen Bügeln. Die Apachen ſind nur in geringem Maße gute Reiter ; ihre Haupteigenſchaft iſt feſter Siß im Sattel, aber um Evolutionen mit dem
Steigbügel kurz und ſißen ſo mit heraufgezogenen Knieen ; beim Reiten, beſonders in kurzem Trab (ſogen. dog trot) und Galopp, ſind ihr Kopf, Rumpf und Arme in Bewe gung und es idylingern vor allem die lekteren am Körper auf und nieder, wie die Schwingen eines mit den Flügeln ſchlagenden Vogels. Man glaube nicht, daß die Apachen zu Pferde fäm pfen und Angriffe machen, wie z. B. die Cheyennes und Comanchen der Prairien es thaten. Der Apache iſt vor allem ein Bergindianer, der ſide
diesmal doch human und verſtändig genug, ſein Geſuch
nur im unebenen Terrain heimiſch fühlt, wo Felsblöcke
zu verweigern und dem Rat des Generals Crook zu folgen, der, minder kurzſichtig als der „ Richter", auch den india
fichtszüge machen konnte. Es herrſcht an einem ſolchen
und Schluchten ihn beſchüßen und er im Hinterhalt liegend ſeinen Feind ermorden kann. Sie fechten auch niemals in großen Truppen beieinander, ſondern ſtets in kleine Gruppen von 5 bis 20 zerſtreut, die ſich dann in kleinere Partien teilen. Gerade dieſe zerſtreute Fechtart iſt ſtets ihre Kraft und ihr Vorteil geweſen , machte vor allem die Ver folgung von ſeiten der Weißen ſo mühſelig und brachte dieſen den Wahn bei, daß die Anzahl der Apachen-Krieger
Tage auf der Agentur von Morgens acht Uhr bis zum
weit größer ſei. Nicht viel mehr als 120 Apachen hielten
ſpäten Nachmittag die größte Rührigkeit und Geſchäftig keit, und man kann ſich dann eine beſſere Vorſtellung von ihren Pferden machen, auf denen ſie von fern aus ihren Lagern gefommen waren, um ſpäter, ſchwer beladen mit Fleiſchſtüden , Mehljäden und Einkäufen aus dem Store,
auf dieſe Weiſe in 1883 mehr als fünf Monate hindurch die Bewohner eines Gebietes, welches größer war als England, in Atem. Daß gründliche Terrainkenntnis bei derartigen Streif
niſchen Charakter beſſer kannte. Für mich waren die Verteilungstage (issue days) ſehr intereſſant, da ich alsdann gemächlich der langen Reihe wartender Indianer entlang gehen und nach der Art von
William Edwards meine Wahrnehmungen über ihre Ge
zügen ein Haupterfordernis iſt, verſteht ſich von ſelbſt und
den Heimweg anzutreten.
darin ſind die Apachen denn auch unübertroffen . Rechnet
Wer da meint, die Apachen haben prächtige Pferde und ſie ſelbſt ſeien ausgezeichnete Reiter, wie ſie von den früher erwähnten Romandichtern geſchildert worden ſind, der wird ſich bei einem Beſuch in San Carlos ſehr
man dazu noch ihre Schlauheit, Unermüdlichkeit und Bes
getäuſcht finden. Die Pferde ſind in der Regel unan ſehnliche, ſehr kleine Klepper, ohne Schönheit und Feuer, und ſehen gewöhnlich abgetrieben und ſchlecht genährt aus. Ein Apache trägt denn auch wenig Sorge für ſein Pferd und reitet es vor allem auf Kriegszügen nicht ſelten tot. Da man dann jedoch Reſervepferde mit ſich führt, wird das geſtürzte Pferd ſogleich durch ein anderes erfeßt und eilends ein paar Streifen Fleiſch aus dem noch warmen Ausland 1886 , Nr . 10 .
fähigung, Hunger und Durſt zu ertragen, dann kann man begreifen, daß ſie troß ihrer geringen Anzahl ein gefähr
licher Feind ſind. Man hat ſie oft feig genannt, weil ſie meiſt ihre Feinde beſchleichen und niemals den Angriff wagen, ehe ſie eine möglichſt ſichere Ausſicht auf Erfolg haben .
Man mag dieſe Taktik unritterlich nennen , allein ſie geht doch ſicher nicht aus feiger Furcht hervor ; ein Volk, deſſen
Weſen Kampf und Krieg iſt, kann meines Erachtens nicht feigherzig ſein.
Die Macht der Häuptlinge (nantán) der Apachen iſt nicht groß und ſteht ganz im Verhältnis zu dem Erfolg, 29
Unter den Apachen .
186
womit ſie einen Streifzug geleitet haben . Jeder Krieger, obwohl er in der Hauptſache nach einem voraus verab:
Abkunft bewieſen, welche ſpäter über allen Zweifel erhoben
redeten Plan handelt, kann doch oft aus perſönlicher Initia
(oder Tinné-)Stämme ſind wieder mit den Athabascas verwandt, woraus hervorgeht, daß die Spradfamilie der
tive handeln , ohne daß er jemanden Rechenſdaft ſchuldig iſt. Die Würde eines Häuptlings fann zwar erblich ſein, doch iſt das im ganzen keine Regel, denn jeder Krieger fann , wenn er Beiſpiele von großer Tüchtigkeit gegeben bat, erwählt werden, um zeitweilig einen Kriegszug zu
veranſtalten. Nané und Loco z. B., welche an der Spiſe von ſo manchem Kriegszuge ſtanden, haben, namentlich der leßtere, beinahe ihren ganzen Einfluß verloren, denn jeit jie infolge von ,, im und durch den Dienſt entſtan : denen förperliche Gebredjen " nid )t mehr imſtande find, aktiv
aufzutreten , haben jüngere Kräfte ihre Stelle ausgefüllt und ihre frühere Madyt iſt geſchwunden. Der bekannte Häuptling Estimențin , der Waffenbruder des großen Codije, hat ſeit Jahren den Kriegspfad nicht
wurde. Die in Alaska wohnenden Renai- oder beſſer Tena
Tinné die verbreitetſte von ganz Amerika iſt.
Die Apachen-Dialekte ſind noch ſehr wenig ſtudiert und ihre Zahl iſt noch nicht einmal genau bekannt. Nach Berichten, die ich einzog, beſonders durch den Dolmetſcher Antonio Diaz, ſprechen die Apachen von Arizona und den angrenzenden Strichen von Merico zwei Dialekte, wovon der eine unter den Chiricahuas, HotSprings und Coyo teros und ebenſo unter den Mezcaleros in Neu -Mexico üblid iſt; der zweite iſt derjenige der Arivaygas, Ping: leños und anderer.
Das Návajo, ebenfalls eine Tinné
auf dem Kopfe, erinnerte er mich an einen ehrſamen
Spradhe, kann man als dritten Dialeft betrachten. Ueber die übrigen Dialekte fann id nichts Sicheres mitteilen . Das Apache klingt fremdartig und iſt, einmal gehört, leicht wieder zu erkennen an ſeinen eigenartigen Guttu ralen und an ſeinen ziſchenden und dumpfen Lauten. Nach : ſtehende Worte im Pinaleño : Dialekt mögen zur Jluſtration dienen : istséné, Frau ; sjisjásje, Sohn ; sjislasjósi, Finger ;
Farmer. Die ,, Feld - Tenue" der Apaden iſt ſehr einfady : ſie
sistích, Korper ; 'ndénasésj ein Trupp Reiter; glhi, Pferd, pesjnaghatéh, Meſſer ; iozjó, es iſt gut ; dasdzáh, tot ;
ſind faſelnackt bis auf das Lendentuch und die hohen
isghángho, Morgen ; zhágo, viel ; tsjotlóh, lachen ; bad
mehr betreten und iſt ein ruhiger Reſervations - Jndianer geworden . So wie ich ihn jah, in kurzgeſchnittenem Haar und bürgerlicher amerikaniſcher Kleidung , einen Strobbut
Stiefeln. Um die Hüfte iſt der Patronengürtel geſdynallt, und alles was ſie von Nahrung oder Kleidung mit ſid) führen, hängt von hinten an dieſem Gürtel. Einige Schriftſteller behaupten , es herrſche unter den
Apachen ein ſtarkes mericaniſches Element, welches, von Gefangenen herrührend, unmerklich zur Veränderung des indianiſden Typus beigetragen haben ſolle. Auf Grund meiner eigenen Wahrnehmung muß ich dies beſtreiten .
Ich habe mindeſtens 1500 erwachſene Apachen geſehen ; aber unter dieſer Zahl habe ich nur vier oder fünf India viduen geſehen, welche an eine Abkunft von Mexicanern erinnerten. Mit Ausnahme der aus Sonora fommenden Chiricahuas verſtehen nur wenige Apachen Spaniſd), was nicht der Fall ſein würde, wenn das mexicaniſche Element
zini , geben; etsjiga, töten ; tlisùghi, gelb, orange ; tluts jisji, grün, blau, violett ; atechwonzé ? wie heißeſt Du ?
Die Apachen nennen ſich 'Ndé, d. h. „ Menſchen “, ,, Volt", haben aber für jeden ihrer kleineren Stämme und Banden beſondere Namen , z. B. Chiricahuas, Ai-ahá oder Ai-há, Pinaleños, Tiſá -pán u. 1. w . Der Name Apache iſt höchſt wahrſcheinlich ein aus der Yuma-Sprache ent
lehntes Wort. Unter den den Apachen bekannten Stämmen nenne ich nur die Pápagos und Pimas, die ſich ſelbſt Saifinné, d. h. Sandhäuſer, und die Návajos, die ſich Yutahá nennen. Ueber die religiöſen Begriffe der Apachen konnte ich nichts mit Sicherheit erfahren ; dazu wären Jahre nötig
ſo ſtark vertreten wäre.
geweſen, in denen ich erſt ihre Sprache hätte erlernen und ihr Vertrauen gewinnen müſſen. Wohl weiß ich, daß
Es lebten einige Weiße, ſogen. squaw-men (d. h. Weiße, welche indianiſche Weiber genommen hatten), auf der Re
haben, aber warum ? bas bin ich außer Stande zu ſagen.
ſervation und hatten unter den Apachen ein Unterkommen geſucht ; allein der ,, Richter" ließ ſie vertreiben und behielt nur diejenigen bei, welche als scouts, Streifſchüßen, Dienſte nahmen .
Außer dem bereits erwähnten franzöſiſchen Canadier
Mac Intoſh war einer der vorgenannten, Midy Free, ein iriſcher Meſtize, welcher, unter den Coyoteros verheiratet, ein ganzer Apache geworden war und kaum etwas Eng
ſie einen Aberglauben bezüglich Bären, Eulen und Solangen Es iſt vergeblich, ein Volk, welchem man nicht bekannt iſt und das einem nicht vertraut und unter dem man nur
furze Zeit ſich aufhält, zu befragen, was es glaube oder warum es dies oder jenes thue. Es iſt unmöglich, aus ihm etwas herauszubringen, das man als ſicher annehmen könnte. Was durchziehende Reiſende wie ich gleich: viel in welchem Strich der Erde, über die Religion und den Gottesdienſt eines Volkes, deſſen Sprache ſie nicht
liſch ſprach.
kennen, auftiſchen mögen, das verdient nad meiner voll
William W. Turner, und nach ihm Buſchmann, be haupteten , die Sprache der Apachen ſei mit derjenigen der ferne nördlich wohnenden Athabasca- und Tinné Völker: ſchaften nahe verwandt und damit werde ihre nördliche
ſten Ueberzeugung nur wenig Vertrauen. Und dody, wie oft haben die „ Stuben - Ethnologen " dieſes vergeſſen !
Ueber dieſe Frage jedoch mehr in einem ſpäteren Kapitel, bei der Schilderung meines Aufenthaltes in Zuñi.
Die Canada: Pacific - Eiſenbahn .
Es beſißen , kennen. Namen
iſt beinahe ſider, daß die Apachen ein Clanſyſtem da die nahe mit ihnen verwandten Návajos es Es wollte mir gleichwohl nicht gelingen, die ihrer Clans zu erfahren, denn Diaz fannte nicht
einen davon .
Gerade wie auf der Pima- Reſervation und bei Tempe
187
oder mit den Tolkepayá, einer kleinen Bande, welche aus der Vermengung von Yabipais mit Tonto-Tinné entſtan : den iſt. Zu dieſer Anſicht gelangte id unter anderem aus folgenden Gründen :
Als ich die Tinné Apachen frug, wer die Góhun ſeien ,
findet man zu San Carlos Ueberreſte von altindianiſchen Ruinen, die jedoch kaum mehr erkennbar ſind. An dem
erwiderten ſie: ,,Die Apache- Mohaves ." Der Name Go: hun oder Rohun nun wird von anderen Schriftſtellern, Ž. B. v. Loew, auf Tontos angewandt, welche einen Yuma
Rande der Meſa , bei dem Militärquartier, ſind große
Dialekt ſprechen, und das Wörterverzeichnis, das ich unter
Steine ſichtbar, welche nach dem Plan, worin ſie gelegt ſind, den Plaß andeuten, wo einmal ein Gebäude ſtand .
den Apache Yumas aufnahm , ſtimmt in vielen Beziehungen mit demjenigen überein, welches durch Loew als ,, Tonto " angedeutet worden iſt. Die Sprache der Yabipais unterſcheidet ſidy merklich von derjenigen der Yumas und wohl in ſolchem Maße, daß ein Apache Yuma und ein eigentlicher Yuma vom Colorado einander nicht verſtehen . Im Aeußeren und Charakter haben ſie jedoch viel Uebereinſtimmendes mit den Yumas und Mohaves, allein
Die anderen Ruinen , fünf oder jedes Meilen nördlid von
der Agentur, ſind oberflächlich betrachtet nichts mehr als Erdhaufen, in deren Umkreis Topfſcherben, häufig bemalt,
jerſtreut liegen. Sie gleichen vollfommen denjenigen , welche id auf dem Gebiete der Pimas und bei den Caſagrande fand. Gern hätte ich dieſe Stellen mit Adolf Bandelier
beſucht, der ſich kurz vor mir zu San Carlos aufhielt, und dieſe Ueberbleibfel einer umſtändlichen Unterſuchung un :
ſie ſind in der Regel minder hochgewachſen und erinnern
terwarf.
zumeiſt an Hualapais ; ihr Haar tragen ſie jedoch zuweilen
Seltſam genug reiſten Herr Bandelier und ich, ohne es zu wiſſen , einander beinahe anhaltend nach. Wingate, Fort Apache, Showlow, Zuñi, Fort Thomas 2c. beſuchte
nach Art der Mohaves und Yumas; ebenſo haben ſie die Gewohnheit, dasſelbe mittelſt FluBichlamm zu reinigen. Ihre Hütten gleichen denjenigen der genannten Stämme, welche ſie ſehr wohl kennen. Einigemal traf id, unter ihnen auch Individuen an, welche vom Colorado ſtammten. –
id furz nach der Abreiſe Bandelier's, und als id Tucſon
endlich verließ, fam er den folgenden Tag dort an. Die Apache - Yumas und Apache- Mohaves auf der Reſervation, welche ohne einigen Grund in Regierungs Rapporten u. 1. w. als eigentliche oder Tinné -Apachen be zeidynet werden, gehören zu der Sprachfamilie der Yumas.
Sie ſind zwei Zweige eines und desſelben Stammes , des: jenigen der Yabipaís. Die erſten nennen ſich ſelbſt Yavepé. Rutſchán, die letteren allein abipai oder Yabipayié.
Ihre früheren Wohnſiße waren vorzugsweiſe im Thal des Rio Verde und in den Bergen weſtlich davon.
Langbauernde Kämpfe mit den amerikaniſchen Truppen
Zwei Wochen waren zu Ende geeilt, als ich am 12. Juli dem an Hiße, Taranteln und Skorpionen reichen San Carlos Lebewohl ſagte, um meine Reiſe nach dem Norden fortzuſeßen. Duhem hatte den Tag zuvor den Rückweg über das Bergwerksſtädtchen Globe City angetreten. Gerne hätte ich ihn länger mit mir auf die Reiſe genommen , um meinen Unterſuchungen größeren Wert zu geben ; allein die Geldmittel, über welche ich zu verfügen hatte, erlaubten es nicht, und ſo ging id) denn polens volens wieder allein meines Weges.
hatten ſie ſo geſchwächt, daß ſie ſich in 1873 unterwarfen
und ſich auf der ihnen angewieſenen Reſervation im Rio Verde Thal niederließen. Raum zwei Jahre ſpäter wur den ſie nach San Carlos überſiedelt, und obwohl viele
ſich widerſekten und einige Hundert die Flucht ergriffen ,
Die Canada-Pacific-Eiſenbahn. Von Dr. R. Meyer.
Man erinnert ſich noch des Lärmens und Aufſehens,
mußten ſie doch der Uebermacht weichen und mit der Ab ſendung einer Geſandtſchaft an den großen Vater" in
womit die erſte transfontinentale amerikaniſche Eiſenbahn,
Waſhington ſich begnügen. In Betreff des Namens Tonto als Namen eines india
die nördliche Eiſenbahn nach dem Stillen Dzean eröffnet
niſchen Stammes herrſcht noch eine entſeßliche Verwirrung. Es gibt nämlich Tontos ( auf Spaniſch Dummköpfe, Geden), welche Yumas im weiteren Sinne find , und Tontos,
und ebenſo der Feſtlichkeiten, womit vor drittehalb Jahren worden iſt. Ein vielleicht noch foloſſaleres Unternehmen iſt jüngſt vollendet worden, ohne von ſeiten des europäi den Publikums beſonderer Aufmerkſamkeit gewürdigt zu
welche zu den Tinné gehören. Doch iſt, nadı meinen Nach forſchungen, der Name Tonto vorzugsweiſe den Delzié,
werden – wir meinen die Canada : Pacific-Eiſenbahn,
einem Stamm der Apaden, zukommend und die Benen
war und von welcher wir nun eine ausführlidiere Schil
nung, welche vielleicht früber irrtümlich den Yabipais ge geben wurde, dermalen bei dieſen beinabe unbekannt. Die Tonto-Yumas find nach meiner Anſicht identiſch entweder mit den Yabipais (,,Apache-Yumas" und ,, Apade-Mohaves ")
derung geben wollen . Man hat jüngſt die leßten Schienen einer Linie von 5500 Kilometer Länge gelegt, welche Halifar
von welcher in dieſen Blättern ſchon mehrfad, die Rede
am Atlantiſchen Ozean mit Port Moody am
Stillen
Djean verbindet. Die Canada-Pacific Company hat die
188
Die Canada- Pacific Eiſenbahn.
Abteilung von Quebec nach Port Moody erbaut , und iſt im Beſiß derſelben und betreibt ſie; die Regierung der Dominion of Canada iſt noch im Beſitz des Abſchnitts Quebec-Halifar, unterhandelt aber dermalen über die Abs
tretung mit der vorgenannten Geſellſchaft, welche dann das
Sommer wird die großartige landſchaftliche Pracht des canadiſchen Gebietes ſie anziehen. Endlich wird man für alle wertvollen Waren, welche wenig Raum einnehmen, wie für Thee und die Seide aus China, gern die Vorteile der größeren Schnelligkeit benüßen, welche dieſer Weg
längſte Eiſenbahnneß auf Erden, nämlid von 7200 Km. haben wird. Sedie Jahre haben zur Vollendung dieſes
barbieten wird .
ungeheuren Werkes genügt, welches von keinem finans
Canada -Pacific-Eiſenbahn , wie wir ſchon früher bemerkt haben, dem britiſchen Reiche von bedeutendem Nußen ſein,
ziellen Unglück begleitet oder fompromittiert wurde. Das durch unterſcheidet es ſich weſentlich von der Northern
Allein hauptſächlich in einem Kriegsfalle wird die
denn in vierzehn Tagen fann England fünftig Truppen
Pacific-Eiſenbahn, welche durch den Norden der Vereinigten
und Kriegsmaterial von der britiſchen Küſte nach Victoria
Staaten von Duluth am Oberen See bis an den Stillen
bringen. Dieſer Hafen und Flottenſtation kann der Siß einer militäriſchen Niederlaſſung werden, von wo aus die engliſchen Streitkräfte die Küſten von Rußland , China
Dzean führt ; dieſe hat die Arbeit von zwölf Jahren in
Anſpruch genommen und zweimal Bankerutt gemacht. Und doch, welche gewaltigen techniſchen Schwierigkeiten haben der Uebergang über die Felſengebirge und der Bahnbau
und Japan zu bedrogen und die britiſchen Kolonien und
im Norden des Oberen Sees verurſacht! Das Verdienſt,
imſtande ſein werden. Dieje politiſchen und ſtrategiſchen Erwägungen haben der Canada -Pacific- Eiſenbahn -Geſellſchaft auch die Unters
dieſelben beſiegt zu haben, gebührt Herrn van Horn, einem Abfömmling jener alten holländiſchen Familie, welche den Staat New - York gegründet hat. Die finanzielle Lei tung des Geſchäfts lag in den Händen des Herrn Stephens, welcher ſie mit ebenſo viel Geſchicklichkeit als Umſicht durch: geführt hat. Vom volf&wirtſchaftlichen und kommerziellen Geſichts : punkte aus hat die Canada - Pacific-Eiſenbahn eine ebenſo große Wichtigkeit wie die vier anderen transkontinentalen Linien, welche heutzutage in den Vereinigten Staaten vor handen ſind ; allein vom politiſchen Geſichtspunkte aus .
hat ſie noch eine weit höhere Bedeutung.
England hat
Beſißungen in Auſtralien und im Stillen Dzean zu decken
ſtüßung der engliſchen und der canadiſchen Regierung ge ſichert, und dieſe Unterſtüßung beſteht von ſeiten der erſteren
in
einer Subvention , weldhe unter dem Namen
einer Poſtentſchädigung verſteckt iſt, und von ſeiten der zweiten in ungeheuren Bewilligungen von Ländereien. Die ſtrategiſche Wichtigkeit dieſes neuen Verkehrsweges
hat allerdings auch ſeine Unbequemlichkeiten, denn ſie macyt ihn von dem Tage des Ausbruchs der Feindſeligkeiten zwiſchen Rußland und England zum Zielpunkt der ruſſi îchen Angriffe. Die Ruſſen können die Unzufriedenheit
ein Intereſſe erſten Ranges daran, mit dem Stillen Ozean auf einem ſchnellen ſicheren Weg zu verkehren , der in ſeinem unumſchränkten Beſiß iſt. Die neue Eiſenbahn kürzt den Weg von Liverpool nad Yokohama um mehr als 1000 Km. ab, und die Canada - Pacific-Eiſenbahn bietet
der Meſtizen, der Jrländer, der Indianer nähren, dieſen
(wie noch vor ganz kurzer Zeit Sir John Macdonald,
der Vereinigten Staaten entlang führt und mit der erſten
der erſte Miniſter der Dominion of Canada, auf einem
durch eine Reihe von Zweigbahnen verbunden werden
Subſidien liefern und ſo wenigſtens den Betrieb der Eiſen bahn unmöglich oder doch wenigſtens unſicher machen. Um
dieſer Gefahr teilweiſe zu begegnen, beeilt ſich die Geſell idhaft, eine zweite Linie zu erbauen, welche der Grenze
Bankett in London ſagte) den Engländern einen Weg
wird und ſchon bis Gretna vollendet iſt. Aber troß ihrer
nach Auſtralien und China, welcher, wenn auch nicht fürzer
beträchtlichen Tragweite vermöchten die politiſchen Gründe
als derjenige durch den Suez-Kanal, ſo doch wenigſtens
doch den ungeheuren Aufwand, welden die Erbauung der
von den Hinderniſſen frei iſt, welche der internationale
Charakter dieſes Weges entſtehen laſſen könnte.
Canada-Pacific-Eiſenbahn herbeiführt, nicht genügend zu rechtfertigen , wenn es ſich nicht darum handeln würde,
Die Allan -Linie, welche den Dienſt zwiſchen Liverpool und Halifax beſorgt und bereits Dampfer beſißt, welche ſich ebenſo ſehr durch ihre Solidität, wie durch ihre Schnel
genannt zu werden verdiente, der Kultur zu erſchließen.
"ligkeit auszeichnen, läßt nun Dampfer bauen, die mit
ernähren, und zählt dermalen kaum 100,000 Einwohner.
denjenigen der Cunardlinie zu wetteifern imſtande ſind. Dem ungünſtigen Zuſtande des Meeres unter einer ſo hohen Breite zum Troß, werden die Regierungsbeamten
Seen und den Felſengebirgen liegt und aus drei großen
und Kaufleute zu jeder Jahreszeit eine ſchnelle Linie vor
als durch die Natur ihres Bodens von einander verſchie
ziehen, welche die Anforderungen der Konkurrenz minder teuer maden werden als die anderen . Man kann der: malen von Liverpool nach Halifar in erſter Klaſſe um 52 Dollars fahren . Die Touriſten werden im Winter ohne Zweifel eine ſüdlichere Ueberfahrt wählen ; allein im
den ſind.
ein ungeheures Gebiet, welches das amerikaniſche Rußland Dieſes Gebiet vermag 60 Millionen Menſchen gut zu Es umfaßt die ganze Region, welche zwiſchen den großen Ebenen beſteht, die weniger durch ihre Niveau -Unterſchiede
Die erſte dieſer Ebenen, welche ſich bis zur Portage la-Prairie erſtreckt, hat den Charakter des Red-River Thales : der Boden iſt ſehr fruchtbar, aber feucht, was die
Drainage notwendig macht. Die zweite endigt bei Indian
Die Canada -Pacific- Eiſenbahn.
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Head und iſt die für den Aderbau ohne Bodenvorbereitung günſtigſte. Die dritte bildet bis an die Felſengebirge hin
genauen Bezeichnung nötigen Nachweiſe oder Zeichen trägt. Die erſte römiſche Ziffer bedeutet den Meridian, den man
ein ungeheures Weideland, das Tauſende von Stücken Rindvieh ernähren kann.
zum Urſprung nehmen muß ; die zweite und dritte bezeich:
Nordweſtens, deſſen aderbaufähige Oberfläche man auf
nen die Zahl von Brüchen oder Teilen, welche von dem angegebenen Meridian und der Grenzlinie aus zu zählen ſind. Die leßte arabiſche Ziffer endlich iſt die Nummer
mindeſtens 60 Millionen Hektaren ſchäßt, ſind auf mehrere
der Seſſion .
Generationen binein ganz unerſchöpflich . In dieſem Lande iſt, wie in anderen Teilen Ameri
Die Regierung hat der Eiſenbahn -Geſellſchaft auf eine Entfernung von 20 Meilen auf beiden Seiten der Bahn alle Seſſionen überlaſſen , welche ungerade Nummern tragen ; die Hudſonsbay -Eiſenbahn -Geſellschaft hat zwei
Man kann ſagen : die Hülføquellen dieſes canadiſchen
?
fa's, die Eiſenbahn der Produktion vorausgeeilt : ſie hat Städte aus dem Boden aufichießen laſſen , deren Wiege, Mittelpunkt und Herd die Eiſenbahn iſt. Um dieſe Städte herum gruppieren ſich dann die Anſiedler, welche ſich dem Anbau des jungfräulichen Bodens der Prairien widmen.
Die Erzeugniſſe dieſes Ackerbaues ſind diejenigen von Polen, Rußland und Dſtpreußen : vorzügliches Getreide, Gerſte, Hafer, Roggen, Kartoffeln, Rüben 2c. Die Gemüſe erreichen in dieſer ſchwarzen Erde Di
Seſſionen in jedem Townſhip erhalten. Zwei weitere wer den ebenfalls für die Schule aufbewahrt und der Ertrag ihres Verkaufs foll einen dauernden Fonds für den öffent lichen Unterricht geben. Alle Ländereien außer dieſen vorbehaltenen ſind für die Einwanderer beſtimmt, welche eine feſte Niederlaſſung
gründen wollen. Jedes Familienhaupt erhält gegen eine
menſionen, welche den europäiſchen Gärtner in Erſtaunen feßen, und das Weideland iſt außerordentlich reich.
Einſchreibegebühr von 10 Dollars den vierten Teil einer Seſſion, und fann fid ), gegen Erlegung von weiteren
Dagegen gibt es dort noch gar keine landwirtſchaft liche Induſtrie; es wird jedoch nicht lange mehr dauern , bis aud dort Käſereien und Rübenzucker- Fabriken erſtehen. Die Entwickelung des Ackerbaues im canadiſchen Nord ieſten wird in einer nahen Zukunft einen analogen Ein fluß ausüben , wie derjenige im fernen Weſten der Ver einigten Staaten, und ein Zurückgehen der Preiſe der
10 Dollars, für drei Jahre das Recht vorbehalten, auch die anſtoßende Viertelsſeſſion zum Preiſe von 31 Franken
Cerealien und der Lebensmittel berbeiführen.
tige und unumſchränkte Eigentumsrecht auf ein oder zwei Viertel einer Seſſion zuerkennt, je nachdem es von dem
Die Auswanderung aus England und dem europäi:
per Hektar zu erwerben . Nach Ablauf von drei Jahren
muß es nachweiſen, daß es die zum Unterhalt einer Familie nötigen Gebäude und Kulturen beſißt und daß es jedes Jahr mindeſtens 6 Monate auf ſeiner Farm lebt. Es
erhält alsdann einen Beſiştitel, welches ihm das endgül
ichen Feſtland hat bereits den Weg nach jenen Provinzen
Vorbehalte Gebrauch zu machen imſtande war oder nicht,
gefunden und wird denſelben deſto mehr einſchlagen, als
und kann von da an mit ſeinem Grundſtücke nach Be lieben verfahren, wenn nicht es oder ſeine Frau die Ein
es in den Vereinigten Staaten beinahe kein unentgeltlich
abzutretendes Land mehr gibt. Die Regierung der Domi
ſchreibung als unabtretbaren Urſig fordert. Wenn nicht
nion dagegen fann noch jedem Familienhaupt unter dem Namen eines Urſißes, homestead, für die Familie 64
alle dieſe Bedingungen erfüllt werden, ſo verliert der Ans ſiedler ſeine Rechte, und die Regierung übernimmt wieder die Verfügung über den Grund und Boden .
Hektaren unentgeltlich überweiſen. Außerdem beſißen die beiden Geſellſchaften der Canada -Pacific- und der Hudſons bay- Eiſenbahn längs ihrer Bahnlinien Ländereien , welche ſie zum Preiſe von 50 bis 100 Franken per Hektar ver kaufen, und dieſe Looſe, welche vorzugsweiſe von engli ichen Kapitaliſten gekauft werden , dürften bald ver griffen ſein . Dank den von der Regierung ergriffenen Maßregeln ſteht aber für die thatſächliche und wirkliche Roloniſation durch den Mittelmann noch ein ungeheures Gebiet offen , über welches wir nachſtehende Einzelheiten geben : Man
hat das Land in ein Schachbrett eingeteilt, deſſen Di menſionen dem Meridian und der Grenzlinie der Ver einigten Staaten parallel ſind. Jede Abteilung hat ſechs engliſche Meilen Seitenfläche, alſo 36 Quadrat-Meilen engliſche Meile = 1,6 Kilometer) und Oberfläche eine ( -
bildet ein ſogen. Townſhip. Jedes Townſhip iſt in 36 Seffions, jede Seſſion in vier Homeſteads eingeteilt. Im
Winkel jeder Seſſion ſteht ein Pfahl, welcher die zu ſeiner Ausland 1886, Nr. 10 .
Die Roloniſation rüdt mit der Eiſenbahn vor. Im Jahre 1881 waren alle guten Seffionen zwiſchen Winnipeg
und Portage-la-Prairie (56 Min. von Winnipeg) icon beſeßt. Gleiches iſt heutzutage der Fall bis auf 220 MIN. von Winnipeg, bis nach Brandon, einem hübſchen Städtchen
an den Ufern des Aſſiniboyne, im Mittelpunkt der zweiten, oben von uns beſprochenen Ebene, und das Terrain wird
hier ſchon mit 150—200 Franken die Heftar bezahlt. Gegen wärtig ſuchen die Einwanderer im zweiten Teile dieſer Ebene ein Unterkommen. Seither waren die Anſiedler
meiſt Engländer oder Schotten ; allein nun hat auch eine ffandinaviſche Geſellſchaft mehrere Niederlaſſungen gegrün det, es hat ſich eine franzöſiſche Koloniſations -Geſellſchaft
gebildet, und mehrere deutſche oder ſchweizeriſche Kolonien ſind in neuerer Zeit entſtanden, unter anderem Neu -Elſaß und Rolanderie.
Man ſollte glauben, in einer ſo großen Entfernung vom Atlantiſchen Dzean ſei die Ausfuhr unmöglich, allein 30
Die portugieſiſchen Beſitungen in Weſtafrifa.
190
dies iſt infolge der niedrigen Transportpreiſe durchaus nicht der Fall. Von Regina nad Montreal, auf einer Strecke von 2430 Km., betragen die Transportkoſten für
100 Kgr. Getreide nur 6 Franken , alſo einen Viertels: centime per Kilometer. Im Sommer beſorgt man den
kehr aus den Gegenden, welche ich nun ſchildern will, vergangen.
Als ich von Norden aufbrach , war die erſte portu
gieſiſche Beſikung an der weſtafrikaniſchen Küſte, welche
Umlauf befindlichen
ich betreten ſollte, die Gruppe der Inſeln des Grünen Vorgebirgs. Dieſe beſtehen aus einem Archipel, welcher ſich zwiſchen 180 und 14° n. Br. über vier Breitengrade in einer beiläufigen Entfernung von 300 e. MI. von der afrikaniſchen Küſte erſtreckt. Mit Inbegriff der unbe: wohnten Feljeneilande und der größeren Inſeln zählt man deren achtzehn , von denen die nach Größe und Bes völkerung bedeutendſte Santiago iſt, in deren Hauptſtadt Porto Praya der Siß der Regierung und die Reſidenz des Gouverneurs iſt. Santiago liegt etwas nördlich vom
Goldmaſſe hervorbrächten, die herabdrüdende Wirkung kom
14. Breitengrad und hat einen Flächenraum von ungefähr
penſieren, welche für die Preiſe der landwirtſchaftlichen Ausbeutung der Gebiete des canadiſchen Nordweſtens ſidy ergeben wird – eine Ausbeutung, welche durd, die Er
500 e. 2.- Min. und eine Bevölkerung von gegen 37,000 Seelen. Das Innere iſt fruchtbar und gut angebaut, • überdies von guten Straßen durchzogen und mit ſoliden
Landtransport nur bis Fort William am Oberen See, 1240 Km . weit.
Man beutet bereits in den Felſengebirgen , bei Medi cine Gat, Rohlengruben aus, deren Erzeugniſſe ſich bis
nad Winnipeg auf jeder Station um acht Dollars (alſo etwas über 32 Mark) per Tonne verkaufen. Man ſpricht auch von Goldgruben, welche es in den Felſengebirgen gebe ; allein wenn ſie bedeutend wären , würde die Ver mehrung, die ſie in der ſchon im
öffnung der Canada- Pacific -Eiſenbahn jedenfalls herbeige
Brüden über die vielen Schluchten verſehen , welche dem
führt und entwickelt werden wird .
portugieſiſdhen Ingenieurweſen Ehre machen. Was für Fehler die Portugieſen auch beſißen mögen, ſo ſind ſie jedenfalls gute Straßenbauer, wie jeder bezeugen kann, welcher Madeira, die Azoren, St. Thomas und Prince's Jsland und viele Teile von Angola beſucht hat. Die Berge auf Santiago erheben ſid, bis zu einer Höhe von 8000 Fuß und an ihren Hängen ſprudeln Quellen von köſt: lidyem Waſſer, welche haushälteriſch ausgebeutet und zur Bewäſſerung der ausgedehnten Anpflanzungen von Mais,
Die portugiefiſden Befikungen in Weftafrika. Von H. H. Johnſto 11.1
Während der Jahre 1882 und 1883 beſuchte ich zu
verſchiedenen Malen die ſämtlichen portugieſiſchen Beſiß ungen in Weſtafrika, mit Ausnahme der zweifelhaften von Sao Joao de Ajudà, einem Fort an der Küſte von Das homé. An der äußerſten ſüdlichen Grenze der portugieſi ſchen Herrſchaft, unter 17 ° 1. Br., am Fluß Kunene bes ginnend, bahnte ich mir allmählich den Weg zu Pferde, zu Fuß , im Dampfer , mittelſt Hängemattenträgern 2c. immer weiter nördlicy, bis ich den Norden des Kongo Stromes erreichte. Von hier machte ich meine Reiſe nach Bolobo und vergaß in meiner Bewunderung für Stanley's großes Vorhaben für eine Weile mein Intereſſe für die portugieſiſchen Beſißungen . Trokdem nahm ich, als ich
zu kurzer Raſt nach Angola zurückkehrte, meine Abſicht wieder auf, feßte endlich meine Reiſe nordwärts wieder fort und machte in jeder bedeutenden portugieſiſchen Kolonie an oder vor der weſtafrikaniſchen Küſte Halt, bis Madeira erreicht
war und ich mich auf der Schwelle von Europa befand. Bei meiner Rückkehr nach England war die öffentliche
Aufmerkſamkeit ſo von den Kongo- Fragen in Anſpruch genommen, daß ich mich ganz dieſem Gegenſtand widmete und meine Arbeit über die portugieſiſchen Beſißungen in Weſtafrika beiſeite legte. Dann kam meine Reiſe nach dem Kilima'ndicaro, und ſo find zwei Jahre zwiſchen der Verleſung des gegenwärtigen Vortrags und meiner Rück 4 Nach einem Vortrag, weichen der berühmte Afrifareiſende vor der letztjährigen Verſammlung der Britiſch Affociation in Aberdeen hielt, nach dem „ Scotch Geographical Magazine.“
Zuderrohr, Ricinus, Ananas, Tabak u . f. w. benüßt werden.
Gleicherweiſe wird das Waſſer aus den fernen Bergen in Bleiröhren nach der Stadt Porto Praya geleitet und hier in einem ungebeuren Behälter aufgeſpeichert. Die Inſel
weiſt auch eine große Menge von Dattel- und Cocos: palmen auf, und es iſt ſogar eine Streitfrage, ob die Dattelpalme, Phoenix dactylifera, nicht auf dieſer Inſel heimiſch iſt. Sie erſtreckt ihren natürlichen Verbreitungs bezirk freilich vom Südrande der weſtlichen Sahara bis in das nördliche Senegambien, allein man hat keine beglau bigte Nachricht über ihre Einführung auf den Kap Verdi ſchen Inſeln durch die Portugieſen , welche erwieſener maßen beinahe alle anderen Bäume und Nußpflanzen
hier eingebürgert haben. Thatſächlich iſt die einheimiſche Flora und Fauna dieſes vulkaniſchen Archipels vorwiegend von afrikaniſchen Charakter , untermiſcht mit gewiſſen
Wüſtenformen. Urſprüngliche Bewohner ſcheinen einige Neger – wahrſcheinlich den Woloffen vom Senegal ver wandt - auf der Inſel Santiago bei Ankunft der Por tugieſen geweſen zu ſein , allein die eingeborene und autocythone Bevölkerung, wenn eine ſolche wirklich vorhan :
den war, wurde bald von der Menge von Sklaven ver ſchlungen , die man aus verſchiedenen Teilen von Weſt afrika einführte. Gegenwärtig iſt die ländliche Bevölke rung der Inſeln mehr oder weniger ſchwarz oder negroid,
die Bewohner der Städte dagegen von portugieſiſchem
Die portugieſiſchen Beſitungen in Weſtafrika.
Blut mit einer leichten mulattiſchen Zumiſchung. Leştere ſcheint mir etwas auszuſterben und die ſpätere Einwan derung aus dem Mutterlande und die Abſchaffung der Sklaverei macht die weiße Raſie weißer und die dunkle ſchwärzer; kurzum, das kaukaſiſche und das Neger-Element halten ſich ſtrenger von einander geſchieden. Unter den anderen dieſe Inſeln bewohnenden Säuges
Sant' Antao ( St. Anton)) aus.
191 Die Straße oder Meer
enge zwiſchen Sao Vicente (wie die Inſel bei den Por: tugieſen heißt) und Sao Antao bildet den ſchönen Hafen der erſtgenannten Inſel. Die geſamte Beoölkerung des Archipels beträgt gegen 90,000 Seelen. Von der Regierung der Kap Verdiſchen Inſeln waren früher die portugieſiſchen Niederlaſſungen in Senegambien
tieren iſt nicht eines, das auf den Namen eines wirklich ein
abhängig, aus welchen nun eine beſondere Kolonie unter
heimiſchen und eingeborenen Anſpruch machen kann , als etwa
dem Namen „ Guiné Portugueza “ gemacht worden iſt.
eine Fledermaus -Art.
Dieſe beſtehen vorzugsweiſe aus Ziguichor am Fluße Ca
Es gibt einige Ginſterkaßen , Ich:
neumonen und etliche verwilderte Affen , welche offenbar
ſamança, aus verſchiedenen Niederlaſſungen an den Flüſſen
vom Menſchen eingeführt worden ſind ; auch die in Menge vorkommenden Perlhühner mögen eingeführt worden ſein. Milane, ägyptiſche Geier, die gemeine und die Mantel
Cacheo und Geba , wovon die eine beinahe 200 e. MI.
von der Küſte entfernt liegt, und aus gewiſſen Inſeln im
fräbe und andere Raub- und Aasvögel ſind häufig und
Biſſagos- Archipel, auf deren einer die aufblühende Stadt Bolama, der Regierungsſig für Guiné Portugueza, liegt.
werden als Straßenreiniger und Unratvertilger von den
Bolama liegt der gemeinſamen Mündung der Flüſſe Geba
Portugieſen in Schuß genommen. Zu gewiſſen Jahres:
und Grande gerade gegenüber und gewährt von hier aus
zeiten beſucht der Fregattvogel die Küſten dieſer Inſeln.
geſehen einen ſehr hübſchen und einladenden Anblic. Da
Auch Wachteln beſuchen auf ihren Zügen den Archipel.
die Häuſer meiſt weiß mit roten Dächern oder ganz aus
Der einzige , den Kap Verdiſchen Inſeln eigentümliche Vogel iſt eine Eisvogel- (Halcyon-)Art, welche den weſt afrikaniſchen Formen nahe verwandt iſt. Dieſes kleine, glänzend befiederte Geſchöpf läßt ſich leichter zähmen und in Gefangenſchaft erhalten als die meiſten ſeiner Art und wird hauptſächlich mit gekochtem Reis und Hirſe und ge
roten Badſteinen erbaut ſind und das Ganze inmitten der herrlichſten grünen Vegetation eingebettet iſt, das ſtellen : weiſe von ſtattlichen hohen Bäumen überragt wird , ſo bildet dies eine äußerſt heitere und gefällige Farbenwirkung. Die Annäherung an den Strand wird hier etwas er dwert durch die halb verſenkten Wrads einiger alten
hacktem rohem Fleiſd gefüttert. Im wilden Zuſtande
Flußdampfer der Regierung, welche jedoch hoffentlich bald
nährt es ſich von Inſekten und hauft zu dieſer Jahreszeit in den Obſtbäumen der Inſeln , deren Früchte es nady der Behauptung der Bewohner von Santiago ebenfalls
beſeitigt werden . Die Stadt iſt groß, mit breiten rein lichen Straßen , welche Nadits mit Dellampen beleuchtet
anfreſſen ſoll.
unter beſonders die Reſidenz des Gouverneurs und das Handelsetabliſſement des Visconde d'Almeida. Manche Gebäude haben ein ganz mauriſches Ausſehen mit ihren langen Arkaden und Parterres, ihren Alleen von Drangen bäumen und den Brunnen und Fontänen in ihren inneren Höfen. Man ſieht hier in den Höfen mancher Wohns häuſer auch jene Lieblingstiere, mit welchen der Portugieſe ſich ſo gerne umgibt : Paviane, Affen , Papageien, Pfauen, ägyptiſche und ſpornflügelige Gänſe und gelegentlich ſogar einen jungen Leoparden. Bolama befißt eine hübſche Kirche und ausgedehnte Kaſerne, welche ganz neu aus
1
Die wenigen auf dieſem Archipel einheimiſchen Pflanzen formen ſind hauptſächlich den afrikaniſchen verwandt und beſtehen zumeiſt aus Zwerg-Akazien, Kürbis- und Aloë: Arten . Die Drſeille - Flechte, Usnea, wächſt in manchen
Gegenden maſſenhaft und bildet einen wichtigen Ausfuhr Artikel. Pferde, Maultiere, Ejel, Ochſen, Truthühner und
Gänſe, nebſt anderen Haustieren, werden auf einigen der Kap Verdiſchen Inſeln mit Vorteil gezüchtet und nach anderen portugieſiſchen Beſißungen in Afrika ausgeführt oder als Proviant an die Poſtdampfer verkauft , weiche in
werden.
Man bemerkt mehrere gut gebaute Häuſer, wor
Saint Vincent anlegen. Die kleinen Pferde von den Kap
einer Verbindung von rotem Badſtein und Eiſen errichtet
Verdiſchen Inſeln ſind in Sao Thomé und Angola ſehr geſucht, weil ſie das Klima anſcheinend beſſer ertragen als die Pferde von europäiſcher Zucht.
ſind, ſehr hübid ins Auge fallen , aber ziemlid heiß ſein jollen. Die Behauſungen der Eingeborenen ſcheinen dem Klima ſehr verſtändig angepaßt zu ſein ; ſie ſind gewöhn lich mit ungeheuren Dädern von Stroh oder Palmblättern verſehen, welche ſich vom Hauſe aus noch bis zum Boden berabſtrecken und ringsherum noch eine Art geſdyüßter Veranda oder Hof bilden , worin die Bewohner in der trockenen Jahreszeit ſchlafen . Dies trägt auch zur Er höhung der Heimeligkeit der Wohnung bei ; denn die Leute draußen können nur die Beine und Fußgelenke der In jaſſen fehen, ſo tief reicht das überhängende Dach herab. Da der mohamedaniſche Einfluß hier vorwaltet und man die Geſidyter des ſchönen Geſchlechts zu verſtecken wünſcht,
Die wichtigſte dieſer Inſeln vom kommerziellen Stand punkte aus iſt Saint-Vincent, eine Telegraphenſtation und ein Anlegeplaß für viele ſüdamerikaniſche, weſtindiſche und
afrikaniſche Dampferlinien. Die britiſche Mittelmeer-Flotte legt ebenfalls gelegentlich hier an. Es zählt Konſuln von beinahe allen anerkannten Mächten und Hotels von jeder hervorragenden Nationalität. Die kleine Inſel Saint
Vincent iſt beinahe ganz unfruchtbar und wird nur wegen ihrer Lage und ihres herrlichen Hafens beſucht; ſie wird verproviantiert von der nur 3-4 e. Min. entfernten Inſel
192
Die portugieſiſchen Beſibungen in Weſtafrika.
ſich um Füße und Beine derſelben aber nicht bekümmert, ſo entſpricht dieſe baukünſtleriſche Anordnung ganz den
Wünſchen und Bedürfniſſen derjenigen, welche ihre Weiber und Töchter in orientaliſder Abgeſchloſſenheit erhalten wollen . Es gibt jedoch in Bolama und ſeiner Umgebung noch eine andere Art von Wohngebäuden , welche mehr unter den heidniſchen Negern üblich iſt. Dies iſt ein runder Bau aus Lehm und Flechtwerk, mit einem Stroh
dach, in einem Styl, welcher ebenſo charakteriſtiſch für den Sudan iſt, im Niger-Becken, in Bornu, im Stromgebiet des Weißen Nils, in Abeſſynien und im Gallalande vor: herrſcht und ebenſo auch unter den Bantu -Raſſen des jüd lichen Afrika auftritt.
Mitten unter den Hütten der Eins
geborenen ſteht mancher ſchöne Baum , namentlich von
ſind, die Halbblütigen und Miſchlinge von allen dieſen verſchiedenen Raſſen, nebſt einer ſtarken Beimiſdung von portugieſiſchen Mulatten , tragen zu der Mannigfal tigkeit der Typen und dem Babel der Sprachen nicht wenig bei.
Unter den weißen Einwohnern überwiegen natürlich
diejenigen von portugieſiſcher Nationalität, hauptſächlich wegen der Soldaten der Garniſon und der Beamten der Regierung, aber alle die angeſehenen Kaufleute ſind Fran zoſen und der Handel des portugieſiſchen Senegambiens iſt beinahe ganz in deren Händen. Sie haben viele Handelsniederlaſſungen , nicht allein in Bolama, ſondern auf den meiſten der umliegenden Inſeln. Der bedeutendſte Verkehr findet in Erdnüſſen ſtatt, von denen eine Schiffs
einer Bombar-Art, welche bei den Negern poïla heißt und
ladung um die andere nach Marſeille abgeſchickt wird, um
um welchen dieſe Eingeborenen in gewiſſen Nächten mit der ganzen Tanzivut ihrer Raſſe tanzen. Für den anthropologiſchen Beobachter iſt Bolama ein ſehr intereſſanter Ort, als das Stelldichein vieler deutlich
bort auf unechtes Dlivenöl verarbeitet zu werden ; außer
verſchiedenen Völkerſchaften . Da ſind zunächſt die Ein geborenen der Inſel, die rußſchwarzen Papeis mit ganz
glanzloſer Haut ; die Männer ſind meiſt groß, ſtattlich und ſchön gewachſen, aber mit niedrigen, häßlichen, ſtark
prognathiſchen Geſichtern und ziemlich krauſem , kurzgelocktem Haar. Die Papeis ſollen nach der allgemeinen Schilde rung eine ſtumpfe, unintelligente Raſſe ſein , tragen mög lichſt wenig Kleidung und auch dieſe ohne alle Rüdſicht auf Schidlichkeit. Sie reden Dialekte, welche ſprachlid ſehr intereſſant, weil ſie im Bau denjenigen der Bantu Gruppe ziemlich nahe verwandt ſind. Auf die Märkte von Bolama kommen auch viele von den mohamedaniſden
Raſſen des Feſtlandes : Mandingos , Fulas (jie ſelbſt nennen ſich „ Fulbe“) u . a. m., welde ſid leicht an ihren
ſchöneren Zügen und ihrer maleriſchen mauriſchen Kleidung unterſcheiden laſſen . Die Fula-Weiber ſind ganz gelb und haben langes frauſes Haar in Zöpfen. Die Männer ſind von etwas dunklerer Hautfarbe und haben ein etwas gekräuſelteres Haar. Die Mandingos find weit dunkler und mehr negroid, und ihr Haar iſt fürzer und frauſer
als dasjenige der Fula. Die Mandingo-Weiber tragen
dem werden noch Wachs, Kaffee, Cacao, Kautſchuf und Häute ausgeführt. Mehrere der großen Inſeln des Bifjago-Archipels werden von einer halb ſeeräuberiſchen Raſie bewohnt, die eine Art launenhafter Lehnstreue gegen die Krone Por tugal anerkennt und deren Häuptlinge ſich den Vorteil zu Nuße machen , ſich in Bolama Geſchenke zu holen. Die Temperatur in dieſem Teile von Afrika iſt hoch und die Hiße weit drückender als in den dem Aequator näher liegenden Regionen ; gleichwohl und dieſem Nachteil zum Troß iſt Bolama kein ungeſunder Drt , und die hier wohnenden Franzoſen und Portugieſen haben mich ver ſichert, daß die Sterblichkeit unter den Europäern hier
entſchieden geringer iſt als am Senegal und an der Gold küſte. Die gewöhnlichſten Krankheiten unter der weißen Bevölferung ſind heftige (dymerzhafte Fieber und Rheumas tismen. Das gelbe Fieber iſt hier ganz unbekannt. Bo lama und viele der benachbarten Inſeln und Diſtrikte am Feſtlande erfreuen ſich glücklicherweiſe des ſchönſten und
vollkommenſten Trinkwaſſers, das fühl , klar und Perlend iſt, wenn es aus natürlichen Quellen oder künſtlichen Brunnen kommt. Die Naturgeſchichte, beſonders aber die Anthropologie und Ornithologie des portugieſiſchen Guinea
ſind weniger bekannt und verſprechen intereſſanter zu ſein,
baumwollene Gewänder von ganz arabiſdem Schnitt, aber
als ſie irgend ein Teil des von mir beſuchten weſtafrikani
leidyt mit Indigo gefärbt ; die Männer, welche lange Ges ſichter und ſpiße Bärte haben, tragen ſubaneſiſche ,, Abbas" mit langen weiten Aermeln und als Kopfbedeckung ent weder ein rotes Fes oder einen ſehr breitkrämpigen, aus Binſen geflochtenen Hut. Um den Hals hängen ſie ſich Roſenkränze von ſchwarzen Glasperlen und Amulette von geſchriebenen Koranverſen in ledernen Futteralen. Audy viele andere, im Typus ſehr verſchiedene Neger -Raſſen, deren Namen aber ſchwer zu ermitteln und zu behalten, ſind in Bolama vertreten ; ſie kommen vom Feſtlande im Norden
idhen Küſtenſtrichs darbietet. Wir ſcheinen hier eine Art
von Bolama, wo beinahe alle Congeries von Dörfern je von einem verſchiedenen Stamm bewohnt wird. Die Kru Männer von Sierra Leone, welche in Bolama anjäſſig
iſolierter Schleife oder Ede der weſtafrikaniſchen Region zu haben, worin noch manche ihrer typiſcheſten und eigen:
tümlichſten Formen zu finden ſind, – einer Region, welche von Liſſabon aus mittelſt einer vierzehntägigen Reiſe mit
bequem eingerichteten Poſtdampfern zu erreichen iſt und ungefähr auf dem halben Wege nach den britiſchen Be fißungen am Gambia und in Sierra Leone liegt. Ich übergehe die zweifelhafte portugieſiſche Beſißung
in Whydah (Weidah) an der Dahomé-Küſte, welche bei nahe nur aus einem einzigen Fort beſteht, aber neuerdings an Bedeutung gewonnen, ſeit der König von Dahomé fich und ſein Reich unter portugieſiſchen Schuß geſtellt hat, und wende
1
Geographiſche Neuigkeiten.
inich zu der nächſten Kolonie auf meiner Liſte, der Inſel Prins cipe (Prince's Jsland). Dieſe iſt eine der vier vulkaniſchen Inſeln, welche der Länge nach im Golf von Guinea liegen. Fernando Po iſt die erſte, dann kommen Principe, Sao Thomé und Annobom. Die erſte und die leßte gehören Spanien, die beiden mittleren Portugal. Principe hat ungefähr die Größe der Inſel Wight und liegt unter dem 2.0 n. Br. vom Aequator , etwa 200 e. MI. von der afrifaniſchen Küſte. Der Hafen ſeiner Haupt- und Handelsſtadt, Sant' Antonio , bietet einen
193
weiligen Angeſtellten aller Art, wodurch die Geſamtzahl ihrer Angeſtellten ſich auf nahezu 3000 belief. Man kann noch hinzufügen , daß in Wirklichkeit die ganze wilde Be
völkerung jenes Gebietes, welche nicht weniger als 30,000 Krieger oder Fallenſteller zählte, eigentlich im Dienſte der Kompagnie war. Gegen tauſend Menſchen waren ferner auf den Dampf- und Segelſchiffen beſchäftigt, die zum
Transport des Pelzwerkes und der Lebensbedürfniſſe aller Art dienten. Die Hudſonsbay -Geſellſchaft iſt gewiß eine der bedeutendſten Handelsgeſellſchaften der Neuzeit und
der lieblichſten Anblicke, welche das tropiſche Afrika nur
von einer wahrhaft vollkommenen Drganiſation. Einer
bieten kann . Er hat die Geſtalt eines großen Amphis theaters und iſt von zwei vorſpringenden Hörnern be waldeter Vorgebirge eingeſchloſſen. Unmittelbar über der Stadt ſcheint ein prächtiger Pik beinahe ſenkrecht 3000 Fuß hoch in den Himmel zu ragen, bis zu ſeinem Gipfel mit dunkelgrünem Walde bedeckt, wobei nur an einigen ſteilen
der angeſehendſten Oberfaktoren der Geſellſdaft, ein Prote halb ernſtlid ), halb im Spaß : „ Es gibt in der Welt nur drei Geſellſchaften , welche ſo konſtituiert ſind, daß ſie allen
Hängen einige graue Streifen von Felſen als kahle
immer mit den Beamten der Geſellſchaft in Berührung
Stellen hervortreten. Zu beiden Seiten dieſes ſonderbaren Regelberges erheben ſich wellenförmige Hügel von dunklem, ſammetartigem Grün. Der äußerſt üppige grüne Pflanzens
gekommen iſt, der mußte überraſcht und überzeugt werden von ihrem Eifer und ihrer unentwegten Hingebung an die
wuchs erſtreckt ſich von den Wolken bis herunter zu den
ſtant, äußerte vor einigen Jahren gegen Herrn Prouly
Stößen der Zeit widerſtehen können : die Kirche, die Geſell ſchaft Jeſu und die Hudſonsbay -Geſellſchaft.“ Wer nur
Intereſſen der Geſellſchaft. Dieſe ſind lauter Männer, welche nur erſt nach langen, wiederholten und mühſeligen
Wogen. Die Stadt gewährt aus der Entfernung einen
Prüfungen zu den Poſten emporgeſtiegen ſind, welche fie
reizenden Anblict; ihre weißen Häuſer mit den roten
nun bekleiden. Es findet in dem ganzen Getriebe und
Ziegeldächern heben ſich wie ein Roſenkranz von hellen Glasperlen von dem grünen dunklen Waldhintergrunde ab. Auf einer waldigen Böſchung zur Linken des Hafen:
Räderwerk der Verwaltung eine merkwürdige Ueberwachung und genaue Kontrole ſtatt, welche zwar nicht zu Tage tritt, aber darum nichts deſtoweniger ſehr wirkſam und ſtreng iſt. Im Jahre 1869 trat die Kompagnie ihre ober herrlidhen Rechte an die canadiſche Regierung ab und vers
eingangs ſtand ein hübſches kleines Gebäude, welches ich für ein Sommerhaus hielt, halb verſteckt unter dem herr lichen Baumſchlag ; es war aber, wie ſich nachher aus
zichtete gleichzeitig auf das Monopol des Pelzhandels, ließ
wies, in Wirklichkeit ein Fort, mit einigen roſtigen Kanonen
ſich aber dagegen das perſönliche, freie und unumſchränkte
armiert.
Eigentumsrecht auf dem zwanzigſten Teile des Bodens
(Soluß folgt . )
auf der ganzen Ausdehnung ihres früheren Gebietes ver:
ſichern. Die finanziellen Folgen dieſes Vertrages laſſen ſich vorerſt noch gar nicht abſehen, aber wir beſchränken
uns auf die Andeutung, daß der gegenwärtige Verkauf
Geographiſde Neuigkeiten.
der von der europäiſchen Einwanderung fieberhaft abge
* Die Hudſonsbay - kompagnie. In der ,,Minerva"
nommenen Ländereien nur eine ſchwache Idee davon gibt.
von Quebec gibt ein Herr Prouly intereſſante Einzelheiten über dieſe Handelsgeſellſchaft. Zur Zeit ihrer größten
* Die Volkszählung in den Brovinzen Boe
1
(G. g .)
Macht, ehe der Nordweſten mit der canadiſchen Dominion
nien und Herzegowina iſt vor kurzem beendet worden
vereinigt ward, herrſchte die Geſellſchaft unumſchränkt über ein Gebiet, welches beinahe ebenſo groß war wie ganz
und hat folgende Ergebniſſe geliefert : die Bevölkerung der beiden Provinzen , welche ſich 1879 auf 1,158,440 Seelen belief, iſt nun auf 1,336,101 Seelen geſtiegen , d. h. hat um 15 Prozent zugenommen . Gruppiert man die ſich ers
Europa. Sie führte jährlich für etwa 5 Mill. Franken Pelzwerk in England ein, ungeredynet dasjenige, was fie direkt nach China und Rußland ausführte. Der jährliche Gewinn bezifferte ſich auf 5 Mill. Fr. auf ein Geſellſchafts: kapital von 10 Mill. Sie beſaß 150 Poſten, deren Ver
zweigungen ſich nach allen Seiten erſtredten und alle wilden Stämme des Nordens und Weſtens umfaßten. Außer den hauptſächlichſten Beamten, weldie Chief factors hießen, beſchäftigte die Kompagnie 5 Aerzte, 86 Commis, 67 Poſtmeiſter, 1200 bleibende Bedienſtete und 500 Voya geurs oder Reiſediener (Bootsleute), ungerechnet die zeit
gebenden Zahlen nach der Religion , welche in Bosnien und der Herzegowina, wie im ganzen Drient die Grunds lage aller geſellſchaftlichen Beziehungen iſt, ſo ſtellen ſich die Ziffern der Volkszählung für die beiden Jahre 1879 und 1884 folgendermaßen : Muſelmänner 448,613—-492,710 ; orthodor-griechiſche Chriſten 496,761-571,520; Ratholiken 209,391-265,788; Jſraeliten 3426—5805 ; andere 249—548. Zuſammen : 1,158,440 für 1879, 1,336,101 für 1885,
Geographiſche Neuigteiten.
194
Die Zunahme der Bevölkerung verteilt ſich folgenders maßen : mohamedaniſche Bevölkerung 44,097 ; griechiſch orthodoxe 74,488 ; römiſch -katholiſche 59,390 ; Ifraeliten 2379 ; alle anderen Kuite zuſammen 289 Seelen.
Die
Zahl der Geiſtlichen in den genannten Gebieten iſt von 1105 auf 2271 und die der Lehrer von 260 auf 498 ge ſtiegen. Die Zahl der Beys und Agas, welche den Boden nicht bebauen, beträgt 8162, die der freien Bauern 117,465 und der Kmeten oder Bauern der Grundeigentümer 197,833. Aus dieſen Ziffern geht hervor, daß die Muſelmänner wieder zum Pflug greifen und daß die Kmeten beſtrebt
ſind, Freibauern zu werden. * Die Raffen in den Vereinigten Staaten . Nach der neueſten Volkszählung in den Vereinigten Staaten haben 18 Millionen Seelen , d. h. nahezu zwei Fünftel der
ganzen Bevölkerung, keinen Tropfen engliſchen oder angel
zu wünſchen , daß derartige Beobachtungen allgemeiner
und daß die Forſchungsreiſenden das große Intereſſe ſolcher Ermittelungen begreifen würden . Die gute Laune erkennt man an folgenden Zeichen : die Augen glänzen, die die
ſelben umgebende Haut iſt leicht gefaltet und die teilweiſe geöffneten Mundwinkel ſind zurückgezogen. Während der Traurigkeit ſenken ſich die Mundwinkel nicht, die Stirn iſt gefaltet, die Augen bliden zu Boden, die Lippen ſind
geſchloſſen ; bei heftigen Kummern erweitern ſich die Nas: löcher. Während des Afts des Nachdenkens oder während ſie irgend einen Apparat zu begreifen ſuchen, welcher ſie in Erſtaunen verſeßt, firieren die Eingeborenen den Gegen ſtand aufmerkſam , wobei das obere Augenlid leicht in die
Höhe gezogen wird. Während des Erſtaunens ſind die Wimpern etwas emporgezogen, der Mund öffnet ſich ein wenig und wird mit der linken Hand bedeckt, während die
fächſiſchen Blutes in den Adern. Ein bedeutender Teil der übrigen 33 Millionen beſteht aus Abfömmlingen der erſten Einwanderer oder der anderen Raſſen , welde fich dort niedergelaſſen haben. Man hat berechnet, daß es in den Vereinigten Staaten nicht über 20 Mill. Weiße gibt, welche von den Koloniſten abſtammen, die vor der ameri kaniſchen Revolution ins Land gekommen ſind, und hier:
ſich durch ein Zurückwerfen des Kopfes, die Ausdehnung
unter müſſen auch die Holländer von New York, die Deut
der Naslöcher, die Senkung der Mundwinkel und ein
idhen von Pennſylvanien, die Irländer, Schweden, Huge:
leichtes Hervorſtrecken der Unterlippe kund. Schamgefühl äußert ſich durch Abwenden des Kopfes ; die Augen ſenken
notten 2. begriffen werden. In vielen großen Städten der Union find die engliſchen Namen und die angeljädſijden
Abkömmlinge in der Minderzahl. In New - Orleans ſtammt
rechte an die linke Seite, über dem Herzen, geführt wird. Ein andermal wird ein kräftiger Sdylag auf den Schenkel gethan und die Hand dann an den Mund geführt. Die Weiber bezeichnen Erſtaunen und Freude dadurch, daß ſie ſich auf den Schenkel ſchlagen, welchen ſie zu dieſem Zwede
ganz auf den Körper zurücbiegen. Der Widerwille gibt
ſich und die Hände erheben ſid ), um das Geſicht zu bedeđen . Wenn die Furcit fich ſo ſehr ſteigert, daß ſie die Flucht
nur einer auf vier oder fünf Einwohner von anglo -ameri
verhindert, ſo werfen ſich Männer oder Weiber auf den
faniſchen Eltern ab ; in New York bildet das angelfächſiſche Element faum zwei Fünftel der Einwohner ; in Chicago und San Francisco findet man noch weniger engliſche Ab : kömmlinge als in New Orleans ; auf den Geburts-, Sterbe
Boden, ſtoßen ein gellendes Geſchrei aus und rollen die Augen. Wenn ſie ſehr in Zorn geraten, ſo nehmen ſie die linke Hand, den Daumen nach oben gerichtet, zwiſchen die Zähne und betrachten mit Wut irgend einen Gegens ſtand in der Nähe des Beleidigers ; ſie ſtampfen nicht mit dem Fuße. Sie zeigen niemals die Fauſt als Zeichen der Drohung ; ſie nehmen eine Waffe oder ein Wurfge: dob; ſie zuden auch nicht die Achſeln, um anzubeuten, daß ſie irgend eine Sache nid)t verhindern können ; ſie wenden nur den Kopf ab und idyneiden ein Geſicht. Die
und Heiratsregiſtern daſelbſt kommt kaum Ein engliſdier Name auf zehn andere vor. In Chicago und San Frans cisco, wo Engliſch die Amtsſprache iſt und die Geſete engliſchen Vorbildern nadygeahmt ſind, ſind höchſtens zehn
Prozent der Einwohner von angelſächſiſchem , und kaum einer auf 20 von rein engliſchem Urſprung. Wenden wir uns von den Vereinigten Staaten nad
Zeichen mit dem Kopf, um etwas zu bejahen oder zu ver
Canada, ſo ſehen wir , daß in der franzöſiſchen Provinz Quebec faum zehn Prozent der Bevölkerung von engliſchen Eltern abſtammen ; in den engliſdien Provinzen Dntario, Neu-Braunſchweig und der Prinz - Eduard - Inſel beträgt der von engliſchen Eltern abſtammende Teil der Bevölke:
neinen, ſind dieſelben wie bei den ziviliſierten Völkern. Wenn ſie an Bäumen oder Tauen hinaufklettern , ſo bedienen ſie ſich der beiden erſten großen Zehen und
ſteigen fehr gewandt; der großen Zehen bedienen ſie ſich
rung beziehungsweiſe nur 27, 29 und 19 Prozent. Seit
auch häufig zum Aufheben von Gegenſtänden , welche am Boden liegen ; die große Zehe läßt ſich den übrigen in
der Unabhängigkeits - Erklärung der Vereinigten Staaten,
einem bedeutenden Grade gegenüberſtellen .
d. h. ſeit mehr als einem Jahrhundert, iſt die Mehrzahl
Die Mehrzahl der Eingeborenen kann ein Auge auf einmal ſchließen , aber ſie fönnen weder die Ohren bewegen (was übrigens nicht jedermann zu thun imſtande iſt) noch die behaarte Kopfſchwarte zuſammenziehen . Die gewöhn liche Haltung während des Schlafes beſteht in dem ſeit: lichen Decubitus, meiſt auf der rechten Seite, die Kniee in ſolcher Weiſe heraufgezogen, daß die Hand des Armes,
der Einwanderer aus nidit engliſchen Ländern gekommen. * Die Eingeborenen der Andamanen . Dem
neuen Werke des Engländers Man (On the Aboriginal Inhabitants of the Andaman Islands) entnehmen wir
nadſtehend einige Notizen, weldie ſich auf die Pſychologie und Phyſiologie der wilden Stämme beziehen. Es wäre
Geographiſche Neuigkeiten.
welcher nicht auf dem Boden oder bem Bette liegt, zivi
ichen die Schenkel hereingreifen kann.
Der andere Arm
ift zwiſchen Kopf und das beliebige Kopf- oder Dhrfiſſen gelegt. Nach einer längeren Ruhe oder nachdem ſie längere Zeit in Sißlage zugebracht haben, verdrehen ſich die jungen Leute mehrmals den Rücken , indem ſie die Rückenmuskeln ſich mehrmals zuſammenziehen laſſen , was eine Reihe von knadenden Tönen der Knochen hervorbringt. Der Geſichtsſinn iſt bei ihnen außerordentlich ent widelt; ſie entdecken im düſterſten Didicht die Gegenſtände und Tiere, welche die mit der ſchärfſten Sehkraft begabten Europäer ſelbſt mit der größten Aufmerkjamkeit nicht ent deden fönnen . Der Geruchsſinn iſt bei ihnen vielleicht noch entwickelter, namentlich bei den im Inneren des
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Wort zu ſagen, worauf der jüngere eine ſehr alltägliche Bemerkung macht, welche die Zungen löſt, denn nun be ginnen die beiden ſich alsbald zu unterhalten , zu fragen und zu antworten und ſich Nachrichten von einander zu
geben . Die Eingeborenen reichen ſich auch nicht die Hand zum Gruße, reiben ſich nicht wechſelſeitig die Naſe und umarmen ſich nicht. Der Ruß iſt jedoch bei ihnen ein Liebeszeichen, man gibt ihn aber nur Kindern. Wenn Verwandte ſich wieder finden , ſo ſeßen ſie ſich beide, umſchlingen ſich gegenſeitig, weinen und klagen als ob ſie von einem heftigen Schmerze
heimgeſucht würden, und dieſes Freuden-Ceremoniell unter ſcheidet ſich nach Herrn Man's Verſicherung in keiner
Weiſe von dem Sơmerzens Ceremoniell, welches bei dem Tode eines Verwandten oder eines Freundes ſtattfindet.
Landes wohnenden Stämmen , welche auf unglaubliche
Wenn die von einer Reiſe zurüdkehrende Perſon ein Gatte
Entfernungen hin die blühenden Bäume riechen.
Ihr
oder eine Gattin ohne Kinder iſt, jo begibt ſie ſich nicht
Geſchmadsſinn iſt ebenfalls ſehr fein ; ſie unterſcheiden am
direkt zu dem anderen Gatten, ſondern weint erſt mit
Geſchmad des Honigs ſehr gut, von was für Blüten die
einem Verwandten ; dann erſt ſucht die heimgekehrte Pers
Bienen ihn eingetragen haben . Der Gebörſinn iſt bei den Küſtenbewohnern ſehr entwickelt und erreicht einen
ſon den ehelichen Herd auf , um den Gatten oder die Gattin wiederzuſehen , allein ohne eine Thräne zu ver gießen . Wenn Mann und Frau vereint ſind, ſo weinen ſie anfangs miteinander, dann aber begibt ſich dasjenige der beiden Gatten, welches von der Reiſe zurückgekehrt iſt, zu einem anderen Verwandten und weint mit ihm. Man kennt keinen gegenſeitigen Morgengruß zwiſchen Freunden oder ſogar Verwandten und Gatten . Man er: kundigt ſich nur bei Kranken und Geneſenden nach ihrer Geſundheit. Die Andamaneſen ſind überhaupt nicht de monſtrativ. Die Fruchtbarkeit der Raſſe iſt nicht ſehr groß. Die Männer heiraten mit 18 bis 22, die Mädchen mit 16 bis
außerordentlichen Grad von Feinheit. So harpunieren ſie in den finſterſten Nächten die Seeſchildkröte und laſſen ſich
nur von dem leichten Geräuſche leiten, welches das Tier
macht, wenn es zum Atmen an die Oberfläche kommt. Die Küſtenbewohner ſehen mit einiger Geringſdäßung auf die Bewohner des Inneren herab, weil deren Gehör min der fein iſt, und behandeln ſie wie Taube, und die ge ringere Begabung der leşteren in dieſer Hinſicht iſt eine anerkannte Sade.
Vom fittlichen Geſichtspunkte aus zeigt die Bevölke: rung der Andamanen zahlreiche Tugenden, um welche ſie
leider die Berühruug mit den Weißen, den Fremden, ſchnell bringt. Der Mut iſt bei ihnen nidt ſehr entwickelt, ob wohl er ſehr in Ehren ſteht; im allgemeinen greifen die
Andamaneſen nur an, wenn ſie des Sieges ziemlich ſicher ſind. Obwohl ſie im Kriege ſich gern der Liſt und der Bosheit bedienen, wiſſen ſie doch die Geſeße der Menſch lichkeit zu beobachten. So fügten ſie, als man die Straf
20 Jahren ; die weiblichen Geburten ſchlagen leicht vor. Jedes Ehepaar hat durchſchnittlich drei bis vier Kinder ; die größte bekannte Familie hatte nur ſechs Kinder, von
denen jedoch nur drei das erwachſene Alter erreichten . Zwillinge und natürliche Kinder ſind äußerſt ſelten ; man verheiratet die Eltern der leşteren alsbald. Die Mütter ſäugen ihre Kinder ſo lange ſie noch einen Tropfen Mild)
folonie Port- Blair errichtete, den Strafgefangenen nie ein
haben, und die Kinder nehmen noch mit drei oder vier
Leid zu, von der Anſicht ausgehend, daß dieſe, die man immer gefeſſelt ſah, nicht freiwillig in ihr Land eindrängen ;
Jahren die Bruſt, die bei den Müttern ſehr enttvidelt und ſehr lang wird. Die Kinderſterblichkeit erklärt ſich durdy
im Gegenteil, ſie idoſjen ſo viele Flintenſchüſſe auf die
die ſchlechte Pflege und hauptſächlich durch die Gewohnheit
Aufſeher und auf das Perſonal der Straffolonie ab, daß
und die Etikette, welche verlangt, daß jede ſäugende Mutter auch anderen Müttern die Höflichkeit erweiſt, ihren Kin dern mit häufigen Wiederholungen die Bruſt zu reichen. Unfruchtbarkeit iſt ſelten und Fehlgeburten kommen bei:
dieſe Handidellen zu tragen verlangten, um den Straf gefangenen ähnlich zu ſehen, und man mußte ihnen , aus
Rüdſicht für ihre Lebensgefahr, dieſe Erlaubnis erteilen. Die Andamaneſen legen viele löbliche Empfindungen für die Schwachen, Kranken, Armen , Greiſe und alle dar, welde des Erbarmens bedürfen und dasſelbe in vollkommener
Nächſtenliebe genießen. Darlegungen von Mitgefühl und Zuneigung findet man aber bei ihnen nicht häufig. So wenn ſich Freunde
nach einer vielleicht ſehr langen Trennung wiederſehen, ſo betrachtet man ſich gegenſeitig ſehr lange, ohne ſich ein
nahe gar nicht vor.
Das vortreffliche Werk des Herrn E. H. Man iſt äußerſt lehrreich, gehaltvoll und intereſſant und dürfte den
Forſchungsreiſenden füglich als Muſter und Vorlage für anthropologiſche und ethnologiſche Forſchungen empfohlen werden.
Die Tierwelt in Folländiſch - Guiana.
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Die Tierwelt in Holländiſd -Guiana. Von Auguſt Kappler. (Fortſetung.)
Einer der prädytigſten Schmetterlinge Surinams, Urania Leilus, iſt ebenfalls ein Nachtſchmetterling, fliegt aber nur bei Tag. Er hat die Form des Segelfalters, iſt ſammetſdwarzgrün mit goldiggrünen Streifen , die bei
ſo durchſichtig wie Marienglas. Die Raupe des Heſperus lebt von den Blättern der Parvaſtaude, die am Seeſtrande und im Brackwaſſer ganze Striche bededt. Sie frißt viel, iſt deshalb bald ausgewachſen und verpuppt ſich ſchon in der dritten Woche.. Der Cocon iſt über 4 cm. lang und beinahe halb ſo breit, nankinfarbig und ſoll eine vorzüg
liche Seide geben. Die Raupe des Eurotas frißt Blätter von Drangens, Spondias- und mehreren anderen Bäumen
chokoladefarbig mit braunen Streifen und zwei gewun
und ſpinnt den vorigen ganz ähnliche und brauchbare Cocons. Da beide Schmetterlinge, die etwa 12--13 cm. groß ſind, drei- bis viermal jährlich erſcheinen , die Pflanzen , auf denen ſie leben, einheimiſch und in Menge zu haben ſind, ſo wäre die Verwendung dieſer Raupen zur Seiden zucht gewiß von großem Nußen. Von den prächtigen Nachtfaltern , deren Raupen Dornen oder Haare haben, die, wenn ſie in die Poren kommen, Entzündung und große Schmerzen verurſachen , führe ich noch an Bombyx Janus, Bombyx Boreas, Bombyx Erythrinae, Bombyx Auletus, Bombyx Atasia, Bombyx Hofmanni, Bombyx Liberia , Bombyx Armida , Bombyx Orestes, Bombyx Hippodamia , Bombyx Tarquinia. Diptera, Mücken. Wir kommen, wie Dfen ſich aus: drückt, von dem Adel der Inſektenwelt, den Schmetter: lingen , die, ſich in Sammet und Seide kleidend, von einer Blume zur anderen flattern, deren Honig ſaugen und nur zu ihrem Vergnügen zu leben ſcheinen , zu den
denen, an der Spiße augenartig verzierten Schwänzen .
Proletariern und Strolchen der Klaſſe, die nicht arbeiten
den zwei langen weißen gefiederten Schwänzen ins bläu lidhte übergehen. Er iſt zeitenweiſe ſo häufig, daß ich ihn tagelang bei Millionen Individuen über den Maroni fliegen ſah. Er fliegt niedrig über die Erde hin, iſt aber
tvegen ſeines Ziczac-Fluges ſchwer zu fangen. Die Raupe nährt ſich von den harſchen hellgrünen glänzenden Blättern
einer rankenden Staude, der Omphalea Diandra , dod frißt ſie wahrſcheinlich auch andere häufiger vorkommende Pflanzen. Die kleinen Räupchen ſind idwarz und weiß
gefleckt, mit einzelnen fadenförmigen Haaren ; ſie freſſen ſehr ſchnell und ſind ſchon nach zehn Tagen ausgewachſen,
dann olivenbraun mit ſchwarzen Streifen und Punkten, bei 5 cm. lang. Sie machen auf den Blättern ein Ge ſpinnſt von hellbrauner Seide , worin die braunſchwarz gefleckte Puppe liegt ; der Schmetterling fliegt nach ſechzehn Tagen und ſtets um Mitternacht aus. Eine viel ſeltenere, jedoch nur bei Nacht fliegende Art, Urania lunus, iſt
Ebenfalls zu den Nadytfaltern redynet man die im dichteſten
und ſammeln wie die Bienen und Ameiſen und nur ge
Gebüſch unter Blättern ſißenden Esthema bicolor , blau
daffen erſcheinen , um im Schmuß zu leben und Menſchen und Tiere zu ärgern und zu plagen. Die Ehre, die größte Plage in den Tropenländern zu ſein , gebührt in dieſer Klaſſe den Musfitten oder Stechfliegen , Culex. Sie halten ſich meiſt in der Nähe der See und hauptſächlich da auf, wo ſid Bradwaſſer, Sümpfe und niedriges Buſch
mit weißen Streifen, und Hyclusia helicopoides, grünlich gelb mit dunkleren Flecken ; ſie ſind 5 bis 6 cm , breit und flattern nur davon, wenn ſie verjagt werden. Ge fangen, ſtoßen ſie mit ziſchendem Laut einen gelben nach Opium riechenden Schaum aus ihren mit weißen Punkten gezeichneten Halswirbeln in ſolcher Menge aus , daß ſein
Volu.nen wohl dreimal größer iſt als ihr Körper. Id will mich bei der Menge kleinerer Nachtſchmetter lings-Arten nicht aufhalten und führe bluß Strix Agrip pida an, die ſich durch ihre Größe auszeichnet; ſie iſt gelblid )weiß mit grauſdwarzen Flecken und hat eine Flug weite von 20–22 cm . Sie iſt ziemlich ſelten und ſikt im Hochwald an Baumſtämmen . Unter den vielen Arten Bombyg oder Seidenſpinner führe ich beſonders die beiden Arten von Attacus : Hes
perus und Eurota, an. Die Raupen beider ſind einander ſo ziemlich gleich , wie auch die Sdimetterlinge beinahe dieſelbe Zeichnung haben und nur durch die Form der Flügel von einander abweichen. Die Raupen ſind finger lang und ebenſo did , haben rote, jdwarz eingefaßte Quer ſtreifen und kleine Dornknötchen, die aber nicht empfind
wert befinden, und ſind in niedrigen Gegenden häufiger als in hochgelegenen Ländereien , wiewohl ſie auch da ſich ſtrichweiſe einfinden. Obwohl man in den Niederungen in der Nähe der See immer von ihnen zu leiden hat, ſo werden ſie doch in den ſtillen Nächten der Regenzeit manch
mal zu einer Plage, die aller Beſchreibung ſpottet. In ſtillen Mondnädyten im Freien iſt es dann nicht möglich, eine Sekunde ruhig ſtehen zu bleiben, denn umgeben von
Wolfen dieſes hölliſchen Ungeziefers, die unter immer währendem Geſumme mit ihren ſpißigen Rüſſeln unſer Blut zu ſaugen trachten, in Mund, Dhren und Naſe dringen, und durch dreifache Leinwand oder Baumwollzeug ſtechen fönnen, hat man mit Händen und Füßen abzuwehren und iſt nach einer ſo vollbrachten ſchlafloſen Nacht aufs äußerſte erſchöpft. Hätte Dante zwei Jahrhunderte ſpäter feine Göttliche Komödie geſchrieben , er hätte gewiß nach den
lich ſtechen. Die Grundfarbe des Schmetterlings, der in
Berichten der erſten Reiſenden in Südamerika über dieſe
Südamerika den oſtindiſchen Atlas vertritt, iſt purpurbraun
Plage einer Fahrt in windſtiller Nacht in Mangrove-Creeken und in einem indianiſchen Boote , das bei der mindeſten Bewegung rechts oder links umzuſchlagen droht, in ſeiner
mit einem breiten Saum von gelben, braunen, weißen und îdwarzen Punkten. In jedem Flügel iſt ein ovaler Flecken
Die Tierwelt in Holländiſch Guiana.
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Hölle erwähnt. An ſolchen Stellen vermag nur Rauch den
die Rinne ihr Waſſer ins Faß ergoß, mit Gazeflor und
Reiſenden einigermaßen zu ſchüßen. Man ſtellt deshalb aud am Abend, nachdem man ſchon vor Sonnenunter
die Plage hörte ſogleich auf.
gang Thüren und Fenſter der Häuſer dicht verſchloſſen
Fledermäuſe, ohne die der Küſtenſtrich des Holländiſchen
hat, Töpfe mit glühenden Kohlen, die durch darauf gelegte Zitronen- und andere Blätter einen dichten Raud ver breiten, unter die Verandas, und zieht ſich, ſobald es dunkel, in die Wohnungen zurück. Bei ungewöhnlid) lange dauernden Trockenzeiten , wie in den Jahre 1845 und 1877 , vermehren ſich die Muskitten ungeheuer, und im
Guiana vermutlich nicht bewohnbar ſein würde. Obgleich Blut ihr beſonderer Liebingstrant zu ſein deint, ſo können
leßten Jahre war in Paramaribo fein Haus, wo man ſich am hellen Tage nicht durch Rauch dagegen ſchüßen mußte. Im hellen Sonnenſchein konnte man auf der Straße nicht rubig ſtehen und auf manden Pflanzungen in der Nähe der Stadt kam der Rauchtopf nid)t aus dem Wohnzimmer.
Die natürlichen Feinde
dieſer Stedfliegen ſind Libellen, Schwalben und beſonders
die Musfitten doch unmöglich ausſchließlich davon leben, und ich vermute, daß ſie hauptſächlich aus faulen, vege tabiliſchen Stoffen ihre Nahrung ziehen. Weiter von der Rüſte entfernt und meiſt an ſüßen Gewäſſern kommt eine kleine, faum bemerkbare Fliege, vermutlich Simulia pertinax, vor, von den Franzoſen
Muſtique, den Indianern aber Mapiri genannt. In der Rolonie iſt ſie unter dem Namen Mompir bekannt.
Ihr
Stich erregt Entzündung und brennt wie ein Feuerfunken ,
Glüdlicherweiſe dauern ſolche Zeiten nicht lange, und nur
doch iſt ihr Rüſſel zu kurz, um durch irgend eine Kleidung
an der See ſind die Muskitten eine ſtehende Plage. Id kenne brei Arten dieſer Stechfliegen, die in Form und Größe einander gleichen, in der Farbe aber verſchieden ſind, doch gibt es vermutlid noch mehr Spezies. Auch
durchzudringen. Die leichteſte Bedeckung ſdüßt dagegen. Ihr ganz ähnlid, in Form und Größe iſt die Sand fliege , die auf den Sandſavannen in ungeheurer Menge vorkommt und bei der ärgſten Mittagshiße 5 bis 6 Fuß hoc vom Boden ſchwärmt, ſo daß man ſie leicht durch Mund und Naſe einatmet. Eine andere ihr ganz ähnliche
ſah ich manchmal eine prächtige dunkelblaue mit roten Federbüſchen , die aber nur einzeln vorkommt. Die Karaiben unterſcheiden bloß zwei Arten, Krabana und Maku. Der Kollektivname für alle iſt bei den Franzoſen Maringuens. Die Maku ſind nicht ſo häufig, grau und haben weißgefleckte
ebenfalls in dasſelbe Geldlecht gehörende nennt man
Hinterfüße. Sie ſtrecken dieſe und den Leib beim Saugen
Jawsfliege, die ſich auf Geſchwüre von Tieren und Menſchen ſeßt und dadurch dieſelben Krankheiten auf andere überträgt. Die Stubenfliege, Musca domestica, kommt in
beinahe perpendikulär in die Höhe. Ihr Geſumme iſt weniger
geringerer Anzahl vor als in Europa und iſt weniger
hörbar, ihr Stich aber ſchmerzhafter. Makus und Muskitten
läſtig ; Schmeiß- oder Fleiſchfliegen , Sarcophaga carparia, ſind dagegen um ſo häufiger und zeitenweiſe in ganz un glaublicher Menge. So hatten ſich in der Trockenzeit, September und Dktober 1847, auf Albina am Maroni und auf den umliegenden Indianerdörfern die Fleiſchfliegen in folchen Schwärmen eingeſtellt, daß alles Eßbare ſo von
finden ſich ſelten zuſammen. Die zweite, meiſt in der Nähe der See vorkommende Art iſt ſchwarz, größer und ſtärker als die vorige, die dritte aber iſt grau und unſerer
Rheinſchnake zum Verwechſeln ähnlich. Sie kommt im höheren Lande und nur ſtellenweiſe vor.
Beide Arten
ſaugen in horizontaler Stellung, ſtrecken dabei aber ihre
ihnen bedeckt wurde, daß man bloß eine ſchwarzgrüne
Hinterfüße in die Höhe.. Will die Fliege ſaugen , ſo ſucht
wimmelnde Maſſe vor fich fah ; wurde ein wildes Shwein gebrüht und aufgeſchnitten , ſo war in weniger als einer
fie erſt ein ihr paſſendes Schweißloch, und taſtet mit dem
Nüſſel ſo lange umher , bis ſie es findet und zu ſaugen anfängt. Nach 10 bis 12 Sekunden ſieht man idon den
Hinterleib fich röten, nach 25 öffnet ſich der After und entſteigt ihm ein kleines Bläschen. Dieſes wiederholt ſich zweimal bis die Fliege nach 50 bis 55 Sekunden ſich
Stunde das Fleiſch mit Haufen von Fliegeneiern bededt, die oftmals Wallnußgröße hatten. Schwärme dieſer Fliegen folgten, wenn man die Speiſen von der Rüche in das
Haus trug, und um ruhig eſſen zu fönnen , mußte man
am Mittag Thüren und Läden ſchließen, bei Licht effen, und ehe die mit einem Tuche verdedten Schüſſeln ins
vollgetrunken hat , den Rüſſel herauszieht, ſchwerfällig wegfliegt, fidh aber ſogleich wieder feßt, um das Genoſſene zu verbauen. Zerdrückt man ſie, ſo giebt das Blut einen Fleden, der größer iſt als ein Quadrat- Centimeter. Nad dem Stich rötet ſich die Haut und dwillt etwas auf, was
Haus gebracht wurden, an der Thüre den Fliegenſchwarm mit einem Tuche zurüdjagen. Jeden Morgen hiengen die Bananen -Stauden , die um die Rüche gepflanzt waren, ſchwarz voll Fliegen, die ſich aber ſchnell verloren, als die
übrigens bald vergeht. Die Larven leben zu Millionen
Regenzeit ſich einſtellte.
in ſtehenden Gewäſſern, halten ſich an der Oberfläche auf, idhwimmen aber ſogleid, nach unten, wenn man ſid, ihnen nähert. In den Fäſſern , in denen ich das Regenwaſſer meiner Dächer auffing, entpuppten ſich jeden Tag Hunderte dieſer Larben , die dann am Abend in die Zimmer famen und uns zur Laſt fielen . Ich ließ genau auf die Fäſſer paſſende Dedel machen und verband das Loch, wodurch
Mehrere Arten Bremſen ſind für das Vieh und die
Pferde eine ebenſo große Plage, als ihre europäiſchen Vettern. Als in ſpäteren Jahren die Strafanſtalten auf dem franzöſiſchen Ufer des Maroni errichtet wurden, kam es einigemale vor, daß Deportierte an furchtbaren Schmerzen im Gehirn ſtarben . Bei der Sektion fand man in den
oberen Naſenknochen Hunderte von Fliegenlarven. Die
Litteratur.
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Fliege ſcheint alſo im Schlafe durch die Naſe hinein gefrochen zu ſein, was freilich einen großen Grad von
Dr. Beinrich Schliemann eines ſeiner eingehenden archäologiſchen Forſchungs -Ergebniſſe auf althelleniſchem Boden , welches ſich ſeinen
friiheren mit ebenſo viel Eifer und Energie als Uneigenniigigkeit
Unempfindlichkeit verrät.
auf der Bruſt, an den Waden, den Schenkeln, im Naden
unternommenien Arbeiten in Troja, Mykenä, Orchomenos 2. an ſchließt. Diesmal hat er ſich wieder dem ſagenhaften Tiryns bei Nauplia zugewandt und hier Nachforſchungen angeſtellt, welche auf die älteſte Baukunſt der Griechen und deren Leben und Kunſt im fernen Altertum ein reiches Licht werfen. Sein vorliegendes Buch, eingeleitet durch eine geiſtvolle und lehrreiche Abhandlung des Geh. Oberbaurats Prof. F. Adler über die gejamte Entwide lung der älteſten Baukunſt auf griechiſchem und kleinaſiatiſchem Boden, ſchildert zunächſt die Ausgrabung, dann die Topographie und Geſchichte von Tiryns, die bei den Ausgrabungen in den Schuttſchichten der älteſten Anſiedelung in Tiryns gefundenen Gegenſtände aus Terracotta, Stein 2c. , die Fundgegenſtände im Schutt der zweiten Anſiedelung in Tirynsan Vaſen, Vajen malereien, Thongefaſſen , Fundſtücken und Idolen aus gebranntem Thon , Fundgegenſtänden aus Metall , Stein , Elfenbein, Holz und Glas u . ſ. w. Ein weiteres Kapitel aus der Feder von Dr. Wilh. Dörpfeld ſchildert ſodann die Bauwerke von Tiryns : die Burg
und auf dem Kopfe zwiſchen den Haaren. Man nimmt
und ihre Ringmauer im allgemeinen, den Palaſt auf der Ober
die Anweſenheit des Tieres wahr an einem kleinen roten
Anſiedelung ; die Baumaterialien und Baukonſtruktion , einzelne
Pünktchen in deſſen Mitte man eine feuchte Deffnung ſieht, und durch ein Vergrößerungsglas eine regelmäßige Bewegung wie Athemholen bemerkt. Man fühlt manch:
Architekturfunde, die Wandmalerei, die ſpäteren Bauten auf der Burg. Im ſechſten Kapitel ſchildert dann Dr. Dörpfeld die Aus
Ein anderes ſchädliches Inſekt, unter welchem das Vieh und gar viele Tiere , beſonders Hirſche, Hunde, Raßen, der Jaguar, Ratten, Mäuſe, mehrere Vögel, be
ſonders die Caſſicus-Arten, und ſelbſt Menſchen leiden, iſt die Larve einer Bremſen-Art, deren vollkommenes Inſeft man nicht kennt, und welche icon Humboldt als Oestrus
hominis angibt.
In Surinam heißt man dieſe Larve
Muskittenwurm ; die Franzoſen nennen ihn ver Macaque.
Wie und wann dieſes Inſekt, das wahrſcheinlich bloß bei Nacht fliegt, ſeine Eier in die Haut des Menſchen und an Stellen bringt, die doch immer bekleidet ſind, iſt mir unbegreif
lich, und da ich mehrere Male von dieſer Plage heimgeſucht war, ſo kenne ich ſie genau. Ich hatte dieſe Larven don
burg in ſeinen einzelnen Teilen, die baulichen Reſte einer älteren I
grabungen des Jahres 1885 im beſonderen und Dr. E. Fabricius
dung einer unbedeutenden Geſchwulſt. In dieſer Zeit iſt die Larve groß genug, um herausgenommen zu werden,
die dabei gemachten Einzelfunde, namentlich den an der Südoſtede der Burg gemachten Terracottenfund, und ſchließlich gibt Otto Helm noch eine kurze Abhandlung über den mykeniſchen Bern ſtein. Das neue Buch von Schliemann bietet wieder eine Menge
was an gewiſſen Stellen, wo die Haut nicht zu did iſt,
von höchſt intereſſanten Thatſachen für die Erweiterung und Ver
wohl Schmerzen, aber keine Schwierigkeiten macht. Unter
tiefung unſerer Kenntniſſe von altgriechiſcher Balls und bildender Stimſt überhaupt, eine Menge wichtiger Beiträge zur Archäologie und Kulturgeſchichte des klaſſiſchen Altertums, welche durch die
mal einen ſtechenden Schmerz, ſonſt aber bloß die Empfin :
immerwährendem Kneipen des entzündeten, etwas erhabenen Teiles, unter dem der Wurm ſitt, bläſt man Tabakrauch
ſchöne und reichliche Illuſtration doppelt lehrreich und denkwürdig
auf die Deffnung, wodurch endlich der Vorderleib der
werden . Herr Schliemann hat ſich dadurch ein unbeſtreitbares
Larve zum Vorſchein kommt. Man zieht ſie nun hervor oder ſchnellt ſie bei längerem Kneipen felbſt heraus. In dieſem Zuſtande kann ſie 1,5 cm. lang und 3 mm. did! ſein. Ausgewachſen und zur Verpuppung reif, hat ſie aber eine Länge von 3 und Dicke von 1 cm ., iſt von weißlicher Farbe und umgeben von Ringen , die mit ſchwärz
großes Verdienſt erworben , wie denn überhaupt der Eifer , Els thuſiasmus, die Ausdauer und die opferwillige Uneigennütigkeit
lichen Wärzchen beſeßt ſind. Selten hat der Menſch bloß
widelungsgeſchichte der älteſten Kunſt des klaſſiſchen Altertums,
eine dieſer Larven in der Haut, beinahe immer ſind es mehrere, und nie fühlt man ihre Anweſenheit vor dem 14. oder 16. Tage. Das Vieh leidet beſonders durch dieſe Plage ; es reibt ſich vor Schmerz an den Bäumen, wodurch die Larben zerdrückt werden und herausfaulen,
dieſes Forſchers gar nidit genug anerkannt werden fönnen . Der Juhalt des dritten und vierten Kapitels ſeines Werkes in ſeiner
inſtruktiven Verbindung von Wort und Bild in den 188 Holz ſchnitten und den 24 Tafeln in Farbendrucen iſt allein ſchon ein höchſt wichtiger Beitrag zur klaſſiſchen Archäologie und zur Ents und faum minder bedeutend und wertvoll ſind die Thatſachen,
welche die gemachten Auſgrabungen und Unterſuchungen uns über die baulichen Anlagen jener fernen Vorzeit und die bauliche Technik an die Hand geben. Es iſt natiirlich Sache der Archäologen, dieſe Thatſachen und die daran geknüpften Deutungen und Schlüſſe zu prüfen und ſich dariiber zu änßern ; was wir aber vom Stand
punkte der Kulturgeſchichte und der Länder- und Völkerkunde im
andere Fliegen legen ihre Eier in die wunden Stellen und ſo entſtehen Geſchwüre, an welchen das Vieh zu Grund geht . (Fortſ. folgt.)
allgemeinen iiber das prächtige neue Werk von Schliemann ſagen können und miiſſen, das gipfelt darin , daß es ein höchſt aner kennenswertes, lehrreiches und gehaltvolles Buch und eine Ehre für die deutſche Wiſſenſchaft iſt, ein Werk, das in keiner Bibliothek, in der Þand keines Altertums- und Geſchichtsforſchers, keines Philologen und gelehrten Architekten fehlen darf und das der
Litteratur.
fleißigen , geiſtvollen und gewiſſenhaften Mitarbeit der Herren
* Schliemann, Dr. Heinrich : Tiryns. Der prähiſtoris ſche Palaſt der Könige von Tiryns. Ergebniſſe der neueſten Aušs
Profeſſor Adler, Dr. Dörpfeld u. a. m. einen nicht unweſentlichen Teil ſeines Vertes und inſtruktiven Gehalts verdankt und von der riihmlichſt bekannten Verlagshandlung in einer vollkommen würs digen Weiſe ausgeſtattet worden iſt.
grabungen. Mit Vorrede von Geh. Oberbaurat Prof. F. Adler und Beiträgen von Dr. W. Dörpfeld. Mit 188 Abbildungen, 24
* Blankenſtein , Amanda M .: Reiſeſkizzen aus
Tafeln in Chromolithographie, einer Karte und vier Plänen,
Corſica. Zugleich ein Führer durch die Juſel. Mit einer Eine Karte der Inſer. Gera -Reuß, Schulbuchhandlung, 1886.
Leipzig, F. A. Brodhaus, 1886.
Wiederum bietet uns Herr
Litteratur.
anſpruchsloſe anmutige Schilderung der Reiſe- Eindriide, welche
zwei Schweſtern (Deutſch Amerikanerinnen) während eines Winter
den vielen vorhandenen eingehenden Werken nicht zu entbehren. Dabei iſt es maßvođer, objektiver und gerechter als die meiſten eren anzöſiſchen Werke und ſchließt ſich aus dieſem Geſichts punkte mehr den Arbeiten deutſcher Geſchichtſchreiber wie Arndt, Sybel u . a m . an .
* L'Esplorazione commerciale. Viaggi e geografia com merciale ; organe uſficiale della Società d'esplorazione com merciale in Africa .
-
Aufenthaltes auf der landſchaftlich ſo ſchönen Juſel hingenommen haben , reiht ſich dieſes von der jiingeren Schweſter geſchriebene Buch der glänzenden Schilderung Corſica's durch Gregorovius ergänzend an und gibt weniger eingehende Studien als friſche unmittelbare Eindrücke und feingezeichnete Skizzen von Land und Leuten. Die Verfaſſerin ſchildert zunächſt Ajaccio und ſeine Um gebung, den Aufenthalt, die Ausflüge in die prächtige, gebirgige Um gebung, das Voltsleben in ſeiner mannigfaltigen Eigenart, ſodann Ausflüge an die Südtiiſte, niach Bonifacio, Porto Vecchio u. ſ. w., ins Zentralgebirge, nach Bocognano und zu den Banditen von Bella-Coscia, nach Corte, in die Urwälder, in verſchiedene Bade orte, nach Baſtia und der nördlichen Halbinſel u . ſ. W. Freude
199
Milano, P. B. Bellini e C. , 1886.
Unter dieſem Titel erſcheint ſeit Januar d. J. in Mailand eine Monatsſchrift für Handelsgeographie, von welcher uns die erſte
Lieferung mit einem mannigfaltigen und gediegenen Inhalt vor
kennzeichnen das hiibſche kleine Buch, welches der hohen Befriedi
liegt und zu günſtigen Erwartungen von dieſer Zeitſchrift berech tigt, da ſich die bekannteſten Geographen Italiens an derſelben beteiligt haben und ſie auch die Beröffentlichungen franzöſiſcher und engliſcher Geſellſchaften fiir Handelsgeographie benügt. Das erſte Heft enthält zugleich die Statuten des italieniſchen Vereins für Erforſchung von Afrita nebſt dem Mitgliederverzeichnis der.
gung über dieſe großartig maleriſche Juſel und ihre ſtolzen ritter
ſelben.
lichen Bewohner beredten Ausdrud gibt und im Lejer den Wunſch wedt, dieſe Gegenden ebenfalls aus eigener Anſchauung kennen zu lernen, zu deſſen Verwirklichung es zugleich die zweddienlichſten Winke darbietet. Wir empfehlen das hübſche Buch der Aufmerk. jamkeit unſerer Leſer. * Montelius, Oscar : Die Kultur Schwedens in
* S. Falkman : I östra Finland. Helsingfors 1885. Folio. Von dieſem intereſſanten Bilderwerke, deſſen erſte Hefte wir ſchon beſprochen haben, liegt iegt der erſte Band in 56 Folios tafelu komplett vor. Wir fügen zu dem früher Geſagten nur hinzu, daß die beiden leyten Hefte eine ebenſolche Fille intereſſanten
vorchriſtlicher Zeit. Ueberſetzt von Carl Appel. Mit 190
daher in keiner ethnographiſchen Sammlung fehlen darf. Eine
Holzſchuitteit. Berlin , Georg Reimer , 1885.
Schweden war
größere Anzahl charakteriſtiſcher Landſchaften , ſo unter anderen
bekanntlich das Zentrum der nordiſchen Kultur, welche neuerdings
eine Anſicht des großartigen Imatra -Waſſerfaus, veranſchaulicht
an der Natur und Verſtändnis für ihre Schönheiten , ein drudsfähiges Gemüt, feine Beobachtungsgabe und Wahrheitsliebe
ethnographiſchen Materials enthalten, wie die erſten , und das Wert
von den Altertumsforſchern mit Recht für würdig gehalten wird,
in dankenswerter Weiſe auch die geographiſche Seite jenes Lan
den alten Kulturgebieten am Mittelmeer gegeniibergeſtellt zu
desteils.
Dr. M. Buch.
* Heierli , J .: Der Pfahlbau Wollishofen . Zürich
werden und die in dem vorliegenden Werk des ſchwediſchen Alter tumsforſchers anſchaulich und überſichtlich zu ſchildern verſucht
in Kommiſſion bei Orell, Füißli u . Comp., 1886.
worden iſt. Der deutſche Herausgeber hat die vorliegende deutſde Ausgabe frei bearbeitet und in Text und Juuſtrationen zu er
Birich ſchon langjährige Sitte, daß die wiſſenſchaftlichen und ge meinnüßigen Vereine der Stadt je auf Neujahr aus dem Bereiche
gänzen verſucht, wie es den Anforderungen der heutigen Forſch ungs -Ergebniſſe und der deutſchen Leſer entſpricht, und ſo haben wir hier ein ſehr eingehendes und anſprechendes fleines Handbuch iiber Schwedens vorchriſtliche Kultur im Steinzeitalter (bis zur
zum Teil ſtattliche Bände für ſich bilden . So iſt das Neujahrs blatt auf 1886 der „ Naturforſchenden Geſellſchaft “ das 88., und dasjenige der Muſikgeſellſchaft das 74. ihrer Publikation ; dasjenige
Mitte des zweiten Jahrtauſends vor Chriſti Geburt), im Bronze
der „ Antiquariſchen Geſellſchaft “, das ich) zu beſprechen das Vergnügen
zeitalter (bis zum 5. Jahrhundert vor Chriſti Geburt) und im Eiſenzeitalter, das der Verfaſſer in vier Perioden, bis zur zweiten
habe , das 50. Es iſt bekannt, welches Verdienſt dieſe Geſellſchaft um die Erforſchung imſerer vaterländiſdhen Altertüimer überhaupt und ſpeziell auf dem Gebiete der Pfahlbauten hat. Auch die henteſte Publikation dieſer hochachtbaren Geſellſchaft behandelt das
Hälfte des eilften chriſtlichen Jahrhunderts, einteilt. Der Verfaſſer fiihrt uns nun an der Hand einer reichen Juuſtration innerhalb
diejer Grenzen das geſamte Leben jeder Periode: die Denkmäler und Altertüiner, die Wohnſtätten , Werkzeuge, Kleidung, Schmudf
Es iſt in
ihrer Thätigkeit wiſſenſchaftliche Publikationen veröffentlichen , die
geheimnisvolle Gebiet dieſer uralten Seewohnungen . Die neuen Quaianlagen in Zirich erforderten ingemein großes Ausfüllungs material. Der „ Geißberg “ lieferte einen gewiſſen Prozentbetrag
jachen, Waffen, Jagd, Fiſchfang, Schifffahrt, Verkehr, Viehzucht, Acerbait, Grabſtätten , Schrift ( Runen ), Sprache, Religion , Spiele,
hinzu. Das weitaus größte Material wurde aber mittelſt Bagger :
Tempel, Götterbilder, Götterlehre , Opferſtätten , Münzen, Ge
Majdinen aus den Untiefen des Sees, teils von den großen Kies
werbſamkeit u . 1. W. , vor und ſucht uns damit ein möglichſt genaues und unfaſſendes Lebensbild jeder Periode zu geben. Das Buchfüllt eine längſt gefühlte Liide in unſerer archäologiſchen
lagern bei Bäd ), teils aber in der Nähe von Wollishofen aus gehoben und mitelſt großer Schiffe an Ort und Stelle gebracht.
Litteratur aus.
* Taine,1 $.: Die Entſtehung des modernen Frant reid . Autoriſierte deutſche Bearbeitung von 2. Katſcher. Zweiter Band: Das revolutionäre Frankreich. Dritte Abteilung. Leipzig, Ambr. Abel , 1885. Die Litteratur der großen franzöſiſchen Revolution iſt trop ihres ungeheuren Umfangs noch lange nicht abgeſchloſſen ; jeder Hiſtoriker, welcher jene Epoche erforſcht, er : mittelt neue Thatſachen oder weiß jener Zeit neue Geſichtspunkte und Erklärungen abzugewinnen . So auch der rühmlichſt bekannte neuere Hiſtoriker Taine, deſſen Werk über die Entſtehung des
modernen Frankreich ein zwar umfaſſendes, aber höchſt gehaltvolles und intereſſantes zu werden verſpricht. Der vorliegende Band ſchildert die Herrſchaft der Revolution von ihrem Anfange bis zu ihrem Sturze unter dem Direktorium unter Beniiyung vieler neuen Quellen und unter neueren Geſichtspunkten und iſt neben
Schon Herr Dr. Ferd. Keller vermutete bei Wollishofen , auf dem jog . Heuneſſer, wie die Seeuntiefe heißt, einen Pfahlbau , und die Baggerarbeiten haben dies auf das glänzendſte bewieſen. Zudem war es ein Pfahlbau „ aus der ſchönen Zeit der Bronze“, wie Dejor ſagen würde. In dem reichen Verzeichnis der ſchweizeris
ſchen Pfahlbauten nehmen diejenigen aus der Bronzezeit gegenüber denjenigen aus der ſog. Steinzeit nur einen kleineren Bruchteil ein, und auffallenderweiſe ſind die jiingeren Niederlaſſungen faſt nur in der Weſtſchweiz zu finden. Es war daher ein deſto größerer
Genuß, dieſe intereſſanten Funde unmittelbar aus der Nähe ein zuheimſen. Schreiber dies, welcher ſelbſt eine Zeit lang hiebei
behilflich war, kann dies aus eigener Erfahrung bezeugen. Das vorliegende Wert bringt nicht nur eine jachkundige Beſchreibung
der Funde, darunter eine höchſt intereſſante Erklärung der Fabri fation der durchbohrten Hämmer 2c. , ſondern auch treffliche Ab
bildungen über die Fundobjefte ſelbſt. Es lohnt ſich auch, dieſe
Litteratur.
200
Schwerter, Beile, Lanzenſpitzen, Meißel, Meſſer aus Bronze, die Amulette 2c. zu beſchreiben und in Abbildung z11 bringen. Wie vieles liegt noch in der Tiefe des Secs ! Es war dazumal ſchon eine reiche und vielgliederige Kultur vorhanden, und der Schön heitsſinn der Bewohner zeigt ſich auch beſonders in den ſo ſchön verzierten Thongefäſſen und ebenſo auf ihren Werkzeugen. Wir
gratulieren dem Verfaſſer zu ſeiner Erſtlingsarbeit und ſind ge ſpannt auf ſeine im Friihjahr erſcheinende Fortſetung derſelben, welche das ganze Gebiet der Pfahlbauten, reſp . die neueſten Fiinde
auf denſelben , behandeln wird . Es werden beide Arbeiten zuſammen den achten und letzten Bericht über die Pfahlbauten dieſer Geſell ſchaft bilden , und ſomit ſteht dann ein abſchließendes Ganzes vor
ins. Wenn auch im Laufe der Zeit, ſei es durch Zufall oder durch planmäßiges Forſchen , die Zahl der uns bekannten Pfahl bauten noch vermehrt wird, ſo iſt es faſt undenkbar, daß durch
dieſelben neue epochemachende Funde, wie es z. B. die Gewebe und Geflechte waren , zum Vorſchein kommen werden , oder aber ſolche Funde, welche nunmehr anerkannte Thatjachen wieder frag lidh machen wiirden. Die Pfahlbauten werden aber trotzdem das Intereſſe des Gebildeten in Anſpruch nehmen , denn die Frage: „ Warum wurden Pfahlbauten erſtellt ? “ iſt doch noch nicht be. friedigend gelöſt. Wetziton .
Jakob Mejjitommer.
Wanderungen eines Naturforſchers im Malay iſchen Archipel von Henry O. Forbes. Aus dem Engliſchen von Reinhold Teuſcher, Dr. med. Autoriſierte deutſche Ausgabe. 1. Band.
Jena, H. Coſtenoble, 1885 .
Die Beobachtungen ,
welche Henry O. Forbes, der von 1878 bis 1883, begleitet von ſeiner mutigen und ihm bei ſeinen Arbeiten eine wertvolle gilfe darbietenden Gattin, den Malaviſchen Archipel durchforſchte, ſind
eine willfommene Ergänzung des muſtergiltigen Werkes von A. R. Wallace iiber dieſelben Gebiete. Einerſeits waren nämlich die von letzterem eingeſchlagenen Wege von denen des Mr. Forbes verſchieden , andererſeits war bis jetzt über die Timor-laut- Juſeli fein eingehender Bericht vorhanden und wenig über die Bewohner des Innern von Timor bekannt geworden. Der I. Band des Forbes'ichen Werkes zerfällt in drei Abteilungen : 1. Auf den Mofos -Keelings Juſeli ; 2. Auf Java ; 3. Auf Sumatra . Bezüglich des Keeling- Riffs, eines Atolls, das bekanntlich von Darwin am ſorg fältigſten unterſucht und beſchrieben iſt und mit welchem er bei der
Aufſtellung ſeiner beriihmten Korallentheorie die übrigen vergleicht, fand Forbes die bekannte Theorie der Forſcher Murray, Semiper und Agaſſiz beſtätigt, neigt aber der Meinung 311, daß die Injeli das Produkt der vereinigten Wirkung von Stürmen und von einer langſamen vulkaniſchen Hebung des Meeresgrundes find, auf welchem das Riff erbaut iſt.
Das Atoll bietet dem See
zoologen eine reiche, nicht in wenigen Jahren zu erſchöpfende Mine, ſo daß Forbes die Aufmerkſamkeit auf die vortreffliche Lage dieſes Platzes als biologiſcher und meteorologiſcher Station lenkt, die mit ſehr geringen Koſten zu unterhalten wäre. Entgegen der Meinung Dana's, daß eine Koralleninſel bei allen ihren Produkten und Reizen ſelbſt in beſten Verhältniſſen für die phyſiſche, geiſtige
eſjantes Material. Beiſpielsweiſe findet man bezüglich der Be fruchtung der Orchideen, bei denen Darwin nur vier Beiſpiele von
Selbſtbefruchtung beobachtet hat , eine große Anzahl ſeltſamer und von allem bisher Angeführten verſchiedener Beiſpiele. Auch einen
höchſt eigentümlichen Fall von Mimicry hat Forbes bei einer Spime konſtatiert, der er den vorläufigen Namen Thomisus decipiens gegeben hat. Die Spinne gleicht in höchſtem Grade den Excrementen eines Vogels und noch merkwürdiger wird ſie dadurch, daß ſie ſelbſt dieſe Aehnlichkeit vermehrt, indem ſie ein dünnes weißes Gewebe auf der Oberfläche eines Blattes ſpinnt, woran ſie ſich ſelbſt auf dem Rücken liegend feſthält. So behält ſie die Beine frei, um irgend ein Juſekt zu ergreifen , welches ſich auf den anſcheinend unſchuldigen Koth niederläßt. Auch die naturwiſſenſchaftliche Ausbeute auf Sumatra war eine ganz be deutende. Neu entdeckt wurde von Forbes eine Vaccinium-Art
(Vaccinium Forbesii ), die auf dem Berg Dempo in einer Höhe von 7500-10,500 Fuß gefunden wurde und eine Cyrtandree in der Provinz Palembang in einer Höhe von 1000 Fuß. Von be
fonderem Intereſſe iſt die genaue Beſchreibung der oſteologiſchen Charaktere der Rubus von Sumatra. Die mittlere Höhe von 7 Männern beträgt von Forbes gemeſſen 1569 mm., faſt genau ebenſoviel als bei erwachſenen Engländerinnen ( 1592 mm.), währeud die Durchſchnittshöhe von 5 Weibern 1493 mm. betrug. Der Höheminterſchied der männlichen und weiblichen Kubus beträgt alſo 103 mm . Die von Forbes dem Britiſchen Muſeum übergebenen oſteo
logiſchen lleberreſte, welche aus dem Skelett einer Frau und einem Schädel, ebenfalls einer Frau gehörig , beſtehen, bilden eine wert volle Bereicherung der Mittel zur Aufſtellung der Oſteologie des Malayiſchen Archipels. Die dem Forbes'ſchen Werke beigegebenen Abbildungen wie die Karten der Keelings - Juſeln , der Tenimber Inſeln oder Timor-lant, ſowie des jüdlichen Teils von Sumatra, ſind ſehr inſtruktiv, wie denn die Ausſtattung des Werkes der
Coſtenoble’ſchen Verlagsbuchhandlung alle Ehre macht. Dr. W. Beumer.
Berichtigung. Geſtatten Sie mir, hochgeehrter Herr , einige Korrekturen zu der in Nr. 4 S. 100 des „ Ausland“ abgedructen Notiz über
die „ transſibiriſche Eisenbahn ".
Es gibt keine trans,
ſibiriſche Eiſenbahn ; eine ſolche eriſtiert vorderhand nur in der Phan taſie gewiſſer Forſcher und Planmacher und iſt ſelbſt in dieſer ihrer Geſtaltung den ſchärfſten Angriffen ausgeſetzt geweſen . Die Strecke Jekatherinburg - Tjumenj bezweđt lediglich eine Verbindung Si biriens mit dem europäiſchen Rußland. Ju Sibirien ſelber wird vorläufig nur
an den Waſſerwegen gearbeitet, ſowie die Frage
der Herſtellung einzelner kleiner Eiſenbahnzweige ventiliert. Die erwähnte Eiſenbahnſtrecke iſt nicht nur bis Ramyſchlow
(nicht
Stamiſchoff), ſondern ſchon den 27. Dezember 1. St. bis Tjumeni eröffnet. Sibirjakoff hat keineswegs eine Dampferlinie auf der Angara hergeſtellt, ſondern lediglich nur die Verpflichtung über nommen , eine ſolche bis 1887 herzuſtellen, hofft jedoch, ſchon fiir den Sommer 1886 ſich ſeiner Aufgabe entledigen zu fönnen . Bern.
Dr. Ed. Betri.
und moraliſche Entwicelung des Menſchen nur ein elender Platz
ſei, konſtatiert Forbes, daß auf dem Keeling-Atoll ein beſtändiges Streben, Induſtrie und Sorgfalt, die zum Fortſchritt führen, und
ſtetter in Leipzig :
Leute zu finden ſind, die ihr Leben in Gliick und Zufriedenheit
Egli , I. I.
zubringen. Noch mag erwähnt werden , daß Forbes auf den
Keelings - Juſeln den Nycticorax caledonicus gefunden hat, was der erſte Fall der Anfindung weſtlich von Timor iſt.
Anfang April erſcheint im Verlage von Friedrich Brand ( Verfaſſer der „ Nomina geographica “
-
Verifons " , Geſchichte der geographiſchen Namen : kunde. Ca. 26 Bogen gr. 8. Preis ca. 10 M.
Die Be
Ueber diejes hochinterejjante Werf wird ein den im März
richte der zweiten Abteilung iiber den Aufenthalt auf Java bringen
cridieinenden Nummern dieſer Zeitſchrift beiliegender Proſpect
namentlich in botaniſcher Hinſicht ein ſehr wertvolles und inter
berichten.
Druck und Verlag der J. G. Cottajchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Sluslaud . Wodenſchrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der I. G. Gotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 15. März .
Nr. 11 .
1886 .
Jährlid , 52 Nummern à 20 Seiten in Cuart. Preis pro Quartal M. 7 . Zu beziehen durch alle Budhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manujcripte und Recenſions- firemplare von Werfen der einſdlägigen Litteratur ſind direft an verrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, surzeſtraße Nr. 6 II, ju jenden . Sujertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Juhalt: 1. Siidoſteuropäiſche Nationalitätenkämpfe. Von Paul Dehn. S. 201.
-
2. Neneſtes von Oberſt Prſchewalski .
3. Phyſiographie von Siid Indien. S. 206. · 4. Die portugieſiſchen Beſiyungen in Weſtafrika. Von H. H. Johnſton. ( Fortſetung.) S. 210. 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 214 . 6. Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler. ( Fortſeßung.) S. 216 . 7. Nleinere Mitteilungen : S. 218 . (Gold- und Silber-Umlauf in Nordamerifa. Deutſch -amerikaniſde
S. 204 .
Geſchichtsforſchung. Alaska . Victoria. Steinkochen. Die Ausbeute der Gold- und Silberminen in den Vereinigten Staaten . 8. litteratur.
S. 220 .
$ üdoſteuropäiſche Nationalitätenkämpfe. Von Paul Dehir . I.
Das Nebeneinander der Nationalitäten in Ingarn.
Zeit von mehr als hundert Jahren im weſentlichen nur diejenigen Deutiden, welche aus öſterreichiſchen Landen ſtammten, alſo nicht die Sachſen in Siebenbürgen, die Schwaben im Banat u. a.; magyariſiert worden ſind ferner ſeit dem Ausgleich von 1867 die Juden , welche vorher aus denſelben Gründen , welche ſie zur Magyariſierung
Es iſt nicht leidyt, von dem Nebeneinander der Natio: nalitäten in Ungarn mit deſſen Rückwirkung auf die Ent: widelung von Staat und Geſellſchaft eine anſchauliche Darſtellung zu geben . Die deutſche Kleinſtaaterei war ein harmloſer Zuſtand gegen die nationale Uneinigkeit
auch bevor ſie magyariſiert wurden, loyale und ergebene Bürger geweſen, welche über die Grenzen des Staates
Ungarns ; denn jene fonnte leicht durch die Unſchädlich
hinaus ebenſowenig wie die Magyaren ſelbſt blickten.
machung verhältnismäßig weniger Perſonen , und zwar der widerſtrebenden Regierungskreiſe, beſeitigt werden . In Ungarn iſt aber gerade die Bevölkerung ſelbſt uneinig und im Streite, und jene Einigkeit , welche nunmehr in Deutſchland herrſcht, könnte in Ungarn nur dann herge: ſtellt werden, wenn eine Nation die Angehörigen der übrigen Nationen ſamt und ſonders aus dem Lande ver treiben oder ſonſtwie beſeitigen würde. Mit dem Magya riſieren der anderen Nationen iſt es leidyter geſagt als
Anders ſtand es dagegen um die übrigen Nationen, welche der Magyariſierung widerſtanden , um die Slowaken,
gethan. An Klagen darüber fehlt es ja nicht und dieſelben ſind gewiß nicht unberechtigt, allein ſie ſcheinen geeignet, den fernen Beobachter zu der Schlußfolgerung zu verleiten ,
als ob in Ungarn wirklid, alles magyariſiert werde. Das iſt nun aber im großen und ganzen genommen nicht der
veranlaßten , nämlich aus Geſchäftsintereſſen, Deutſche ge weſen waren . Hiebei hatte indeſſen der ungariſche Staat nichts gewonnen, denn Deutſche wie Juden waren ihm ,
Ruthenen, Serben und Walachen. Dieſe mußten natur gemäß zentrifugale Tendenzen hegen, weil ihr nationaler Mittel- und Schwerpunkt weder in Budapeſt noch über
haupt in Ungarn , ſondern außerhalb des Reiches lag. Nun ſind die Slowaken und Ruthenen verhältnismäßig
gering an Zahl, geiſtig zurückgeblieben und politiſch harm los ; um ſo mächtiger iſt aber, was hinter ihnen ſteht, der große Gedanke des Panſlavismus, das ruſſiſche Reich.
Im ſüdlichen Ungarn längs der Donau fißen die Serben , nicht ſehr zahlreich, aber intelligent, wohlhabend, bewußt, antimagyariſch, unmittelbare Nachbarn des aufſtrebenden ſerbiſchen Königreichs, nicht ganz ohne Fühlung mit den öſter
Fall, wenigſtens nicht bei denjenigen Nationen , von deren
reichiſchen Kroaten und nicht ohne Hoffnungen auf die Auf
Magyariſierung das einſtige definitive Geſchid des Landes
richtung eines großen füdjlawiſchen Reiches. Weitaus am
weſentlich abhängt. Magyariſiert worden ſind in einer
zahlreichſten indeſſen ſind die Walachen, welche faſt das
Ausland 1886, Nr . 11 .
31
202
Siidoſteuropäiſche Nationalitätenfämpfe.
ganze öſtliche Drittteil des Reiches der Stefanskrone ein nehmen und mit ihren Konnationalen in dem erfolgreich
aufſtrebenden Königreich in vielverſchlungenen wirtſchaft
Nationen vermiſchen fich namentlich dann nicht, wenn ſie an Zahl und anderen Machtelementen ziemlid gleich
ſind. Von ihnen gilt, was Mill einmal in ſeinem „ Re presentative Government“ ausgeſprochen : „ In ſolchen
lidhen Beziehungen ſtehen . Iſt es den Slowaken, den Ruthenen, den Serben, den Walachen in Ungarn zu ver :
Fällen fühlt ſich jede voll Vertrauen auf ihre Stärke und
denken, wenn ſie den Mittel- und Sd werpunft ihrer nationalen Entwicelung nicht in der magyariſchen Haupt:
fähig, einen Kampf mit den anderen Nationalitäten aus zufechten, iſt daher wenig geneigt, ſich auflöſen zu laſſen ;
ſtadt, wo er nicht ſein kann , ſondern da ſuchen, wo er
jede bildet mit Partei-Eigenſinn ihre unterſcheidenden Eigen:
allein zu finden iſt? Ich glaube, daß ſich aus derartigen
tümlichfeiten aus; veraltete Trachten und ſelbſt erlöſchende
zentrifugalen Tendenzen dieſer Nationen ein Vorwurf oder
Sprachen werden wieder aufgenommen, um die Kluft zu
eine Anklage ſo lange nidit erheben läßt , als nicht nach zuweiſen iſt, daß ſie ihre Pflichten als Angehörige des ungariſchen Staates verleßt haben. Für den Staatsmann
ihrer Grenzen von Beamten des Nebenbuhlerſtammes
iſt die Vorausſetzung dieſer Beweisführung vielleicht un
annehmbar. Allein was will er unter ſolchen Verhältniſſen verhindern, was thun ?
Im Reiche der Stefanskrone decken
erweitern ; jebe hält ſich für tyranniſiert, wenn innerhalb
irgend eine Autorität ausgeübt wird , und was einer der kämpfenden Nationalitäten verliehen wird, gilt als ſei es allen anderen entzogen worden ." Einzig und allein die Möglichkeit, daß einmal in
fid nun einmal Staat und Nation nicht, und wenngleidh
Zukunft an Stelle nationaler Gruppen wirtſchaftliche
der Staat voranſteht, ſo erſdieint er nur als die Form ,
Intereſſengemeinſamkeiten geſchaffen werden könnten, läßt für die Staaten zwiſchen Orient und Occident eine dauernde
während die Nation den Inhalt gibt. Was ſoll geſchehen , wenn man jene nichtmagyariſden Nationen einladet, in
friedliche und erſprießliche Entwicelung hoffen .
den ungariſchen oder gar in den magyariſchen Staat ein II .
zutreten und ſie ſich deſſen weigern ? Mit dem Zwange ſtrenger Gefeße und Maßregeln wird in ſolchen Fällen häufig das Gegenteil deſjen erreicht, was urſprünglid an
Das Deutidtum in Ungarn.
Deutſchen von Nationalität und ſelbſt deutſchen Reichs angehörigen bin ich auf meinen Wanderungen in Ungarn faſt überall begegnet ; ſie ſind eben über ganz Ungarn und
geſtrebt worden, wie denn alle Magyariſierungsverſudje das nationale Bewußtſein der nichtmagyariſdyen Völfer in Ungarn nur geſtärkt zu haben ſcheinen. Empfiehlt es ſich andererſeits, von Budapeſt aus jenen zentrifugalen Ideen völlige Freiheit zu laſſen und all' den heterogenen Wünſchen und Bedürfniſſen der verſchiedenen Nationen Rechnung zu tragen ? Ich bin glücklicherweiſe weder Leiter noch Berater der
Zahl hervortreten , wie in der Zips, im Banat und in
ungariſchen Regierung und fann mich damit begnügen, die Schwierigkeiten, welche ſich derſelben entgegenſtellen, her:
lider Wirt, Rechnungsrat Wolny, von der Salzdirektion, war ein Deſterreicher aus Mähren. An ſeiner Seite ſaß
vorzuheben. Behält die Nationalitätsidee in Europa ihre
ein Mainzer, Herr Groedel, Chef der Firma Gebr. Groedel
gewaltige Macht, bleiben die nationalen Kämpfe in Ungarn
u . Komp., welche die bei weitem größte Brettſägerei Un garns betreibt. Uns gegenüber hatten die Herren Flächer aus Geislingen und Dr. Müller aus Schaffhauſen Plaß genommen , denen die größte Sodafabrik Ungarns gehört. Dieſe Herren haben die Kaſchau -Oderberger Bahn und die drei kleinen Salzbahnen bei Sziget gebaut und auch den
an der Tagesordnung, ſo würde die Hoffnung auf eine dauernde friedliche Entwickelung der Staaten zwiſchen Drient und Dccident aufgegeben werden müſſen. Denn an eine Vermiſchung der verſchiedenen Nationalitäten iſt nicht zu denken, ſelbſt da nicht, wo, wie in der Marmaroſch, Nord- und Südſlawen, Ruthenen und Walachen unmittel bar nebeneinander wohnen. ,,Beide Volfsſtämme", ſo idhreibt in einem ſeiner Jagdberichte Kronprinz Rudolf, nicht ohne weiteren Blickes die politiſche Seite dieſer ethno
graphiſchen Thatſache zu berühren, „ſind ſchön und groß, doch vollkommen verſchieden. Während man unter den Walachen dywarzgelodte Köpfe mit ſchönen echt romani (dhen Geſichtszügen , brauner Hautfarbe und ſchlank ge wachſene, ich möchte faſt jagen, echt römiſche Geſtalten ſieht, tragen die Rutbenen den vollen blonden nordflawi
îchen Typus an ſich. Auch die Sprachen ſind ja ſo ver
ſchieden, daß nicht die geringſte Annäherung, geſchweige denn eine Vermiſchung dieſer beiden Nationen mög lid, tväre."
Rumänien zerſtreut, und wo ſie nicht auch durch ihre größere der Batſdyka, da thun ſie ſich wenigſtens durch ihr wirt
ſchaftliches und geiſtiges Können hervor. In Marmaroſch
Sziget hatten wir faſt einen deutſchen Tiſch. Mein freund
Zuſchlag bei der Vergebung der ungariſden Hälfte der neuen Bahn Munkatſch-Stry erhalten. In einer anderen Stadt, wo ich auf Landsleute traf, war ich beträdytlich
weniger ſtolz. Einer derſelben gab ſich für einen geheimen Agenten des Reichskanzlers aus und man wußte nicht recyt, was davon zu halten war, da er preußiſcher Kommiſſions:
oder Rommerzienrat war und mehrere Orden zur Schau trug; ein anderer erklärte in ſpezifiſch magdeburgiſchem Dialekte, Kosmopolit geworden zu ſein. Entrüſtet erzählte er mir, daß er einmal am 2. September nach längerer Abweſenheit nach Deutſchland gefahren und während der Reiſe mit ſeiner Frage nach dem Anlaß der Beflaggungen und Feſtlichkeiten an mehreren Stationen großes Befrem den im Eiſenbahnwagen hervorgerufeu habe. ,,Da Sie
Slidofteuropäiſche Nationalitätenfämpfe.
nach Ihrer Ausſprache ein Deutſcher ſind “, hatte man ihm geantwortet, ..ſo ſollten Sie doch wiſſen , was Ihr Vater land am 2. September zu feiern hat. " Und als er noch jeßt aud mir gegenüber dieſes Verlangen unbillig fand und kurz vorher geäußert hatte, daß er bereits ungariſcher Staatsbürger geworden ſei, ſo beendete id) raſch das Ge ſpräch mit dem Hinweiſe darauf, daß wir Beide eben keine
203
drei Faktoren ſeien : die ungenügende Kultur, die mangel hafte Wiſſenſchaft, und die Kapitalsarmut. Da ich vorläufig von der magyariſchen Sprache, welche ihrer iſolierten Eigenart halber ſo ſchwer zu erler: nen iſt, nur die allernotwendigſten Ausdrücke kenne, jo ſprach ich überall, wohin wir kamen, Deutſch und verſtän : digte mid dabei vortrefflich. Wenn man bedenkt , daß die
Landsleute mehr ſeien. Wer in einem ſo nationalitäten -zerklüfteten Lande, wie es Ungarn iſt, wo jeder im Kampfe um fein natio: nales Daſein feſter als anderwärts an ſeiner Nationalität
wird man angenehm von der Thatſache überraſcht, mit ihr bequem durch das ganze Land reifen zu können. Wer in Ungarn gebildet und intelligent iſt, ſpricht Deutſch,
hält, ſich von derſelben leichten Herzens loslöſt, iſt übel
und wenn ausnahmsweiſe der eine oder andere es nur
deutſche Sprache eben auch nicht leicht zu erlernen iſt, ſo
daran, denn er ſteht allein und ohne jenen mannigfach
mangelhaft oder gar nicht vermag, ſo bedauert und ent
zum Ausdrucke kommenden Rüchalt, welchen die Nationalität
duldigt er ſich gegebenen Falles. Beruf und Wohnort
verleiht. Wer ſich magyariſieren läßt, wird von den Magya
üben dabei erheblichen Einfluß. So ſind die Geſchäfts
ren keineswegs als ihresgleichen betrachtet und durchaus
leute durchwegs des Deutſchen mächtig , während dagegen unter den Juriſten viele zu finden ſind, welche ſehr wenig Deutſch verſtehen , zunächſt weil ihnen bei ihren Studien das alte Deutſche Reid mit ſeinen verworrenen Rechts
noch nicht in ihre Geſellſchaft aufgenommen. Davon könnten Juden erzählen. Verſchloſſen blieb ihnen die magyariſche Geſellſchaft auch als die Cohn, Roſenthal, Levy ſich in Batthyanyi, Zrini, Arpad hatten umtaufen laſſen. Aber wenn der Einzelne davon auch nichts wüßte, ſo hält er
doch, wie einſt in Zeiten von Religionsverfolgungen an feinem Glauben, an ſeiner Nationalität feſt und ſagt mit Selbſtbewußtſein : „Ich bin ein Deutſcher, ich bin ein Magyar, ich bin ein Walache !" Sdwächlich und zuweilen darakterlos hat ſich in dieſer Beziehung nur die deutſche
zuſtänden nichts bieten konnte. In Verkehrs- und Handels pläßen, namentlich überall an der Donau, ſpricht man
mehr Deutſch als im Inneren des Landes, beſonders in den Städten der Puſzta , wie Retſchkemet, Debreczin u. a. Auch fennt der katholiſdie Geiſtliche im Durchſchnitt weit beſſer die deutſche Sprache als ſein reformierter Amtsbruder,
ſieren laſſen. „ Es iſt eigentlich ſehr unrühmlich von uns “,
wie denn die Koloniſten in Ungarn von jeher die eifrigſten Träger des nationalen Gedankens und in Dppoſition gegen das katholiſche Wien und zunächſt gegen deſſen Deutſchtum ge
ſagte man mir in Nagy -Karoly, „ daß uns die deutſche
weſen ſind, während die proteſtantiſchen Geiſtlichen namentlich
Sprache ſo fremd geworden , ſo wenig geläufig iſt, denn wir ſtammen von Schwaben ab und unſere Namen ſind deutſch .“ Und dennoch herrſcht faſt allerwärts eine ge wiſſe Beforgnis vor dem Emporkommen des deutſchen Ele
in Siebenbürgen zu Deutſdland hielten und in der Regel an deutſchen Univerſitäten ſtudierten. Die Juden rade
ments auf Grund der Ueberlegenheit desſelben, welche
ſind die in Ungarn garniſonierenden Dffiziere des gemein
in wirtſchaftlicher wie in geiſtiger Hinſicht allerdings eine
ſamen Heeres, inſoweit ſie der deutſchen Nationalität an
thatſächliche und unbeſtrittene iſt.
gehören , und auf Bällen und ähnlichen Unterhaltungen haben viele junge Magyarinnen faſt die einzige Gelegenheit,
Bevölkerung in den Städten erwieſen und ſich entnationalis
In wirtſchaftlicher Hinſicht iſt dieſe Ueberlegenheit einmal vom Herrn Pfarrer Bierbrunner in Torzſas recht
brechen überall eine Art Deutſch, welches indeſſen ganz
verunſtaltet wird. Beſſere Träger der deutſchen Sprache
ſid, im Gebrauche der deutſchen Sprache zu üben. Zuweilen
hübſch charakteriſiert worden , als Ende Mai 1884 die
ereignen ſich wohl, wie faſt immer, wenn Damen Politik
deutſchen Bewohner dieſes Ortes im Batſch -Bodrogher Komi tate die hundertjährige Wiederkehr des Tages feierten, an
treiben, unliebſame Zwiſchenfälle.
So wurde mir u. a.
welchem Kaiſer Joſef II. jene damals wüſten und nunmehr blühenden Landſtriche mit deutſchen Koloniſten zu bevöl
erzählt, daß ein Offizier mitten in der Quadrille ſeine Tän zerin verlaſſen haben ſoll, als ſie ihm erklärte, zwar Deutſch ſprechen zu können, aber es Deſterreichern gegenüber nicht
kern beſchloß. „ Das Deutſchtum in Ungarn ", ſagte Herr
verſtehen zu wollen .
Pfarrer Bierbrunner, „ verhält ſich zu den Eingeborenen wie die Hochzeit in Kanaan ; der Deutſche regt und plagt ſich, ſpart und trinkt vom Anfange Waſſer und ſpäter Wein, während andere Völfer vorerſt Wein trinken und zum
Endlich habe ich wiederum vielfach bemerkt, daß durch wegs die heranwachſende Jugend ſchlechter deutſch ſpricht als die älteren Leute. Es iſt das ſehr zu bedauern , und zwar im Intereſſe der Magyaren ſelbſt, welche, um ſich
Schluſſe Waſſer." In Bezug auf die geiſtige Ueberlegen:
mit den anderen Völkern und insbeſondere mit ihren Nach:
beit des Deutſchtums mag hier nur angeführt werden, was denjenigen, die da fürchten , Ungarn werde durd die Aufnahme deutſcher Lehrmeiſter germaniſiert werden, der
barn im Weſten verſtändigen zu fönnen, einer zweiten, einer Weltſprache bedürfen , wie die ihnen an Zahl ſo fehr überlegenen Ruſſen, Rumänen und Südſlaven. Von
ungariſche Kultusminiſter Trefort einmal erwiderte : daß
Staatsmännern und Regierungen, welche Deutſch geſprochen,
im Gegenteile, was Ungarn der Germaniſierung ausſebe,
haben die Magyaren viel Unbill erlitten, das iſt wahr.
11
Neueſtes von Oberſt Pridewalsti.
204
Da aber die deutſde Spradhe nun einmal als Welt- und
einen ganz anderen Anblick bar. Hier herridyt eine reid:
Kulturſpradhe neben der magyariſchen in Ungarn ein
liche Bewäſſerung und der Pflanzenwudhs iſt ungemein intereſſant. Hier hatte Prſdeivalski im Jahre 1880 eine
geführt iſt und an eine Erſeßung derſelben durch eine an bere Kulturſprache, etwa durch die franzöſiſche, von keiner Seite ernſtlid, gedacht wird, ſo ſollte dem Unterrichte in der deutſchen Sprache, namentlich in den höheren Lehr:
anſtalten, die größte Aufmerkſamkeit zugewendet werden . Das iſt leider in den lebten Jahren bedenklid, verſäumt
Wurzel entdeckt , welche 26 Pfund wog. Dieſes Land wird bewohnt von buddhiſtiſchen Tunguten, welche viel an die ruſſiſchen Zigeuner erinnern . Sie wohnen in Hütten, welche einigermaßen den ruſſiſchen Bauernhäuſern
gleichen. Ihre (idwimmenden ) Tempel ſind intereſſante
worden, wie die Beridyte der Prüfungskommiſſion über die Abiturienten -Prüfungen vom Sommer 1884 mit anerken
Beiſpiele morgenländiſcher Baukunſt. Man findet daſelbſt aud ) eine Völkerſchaft, die ſogen . Daldy, welche ſich im
nenswerter Rüdjichtsloſigkeit feſtgeſtellt haben.
Aeußern wenig von den Chineſen unterſcheiden und ſidh,
(Schluß folgt.)
wie die Türken , vorzugsweiſe mit Handel beſchäftigen. Der Religion nach iſt das Land in zwei Teile ge
ſdieden, in den buddhiſtiſchen und mohamedaniſchen. Die
Neueftes von Oberft Prſdewalski. Der berühmte Oberſt Prſchewalski iſt zu Anfang dieſes
Fahres ( 10. Jan.) von ſeiner Forſchungsreiſe nach Tibet zu rückgekehrt, auf welcher es ihm leider nicht gelungen iſt, in
Lehre Buddha's iſt für das Verſtändnis dieſer primitiven Völkerſchaften viel zu hoch und artet fühlbar aus und überdies iſt ihre Wirkung eine ſchwächende, entnervende, während der auf Schwert und Zwang gegründete Islam eine thatfräftige und rührige Raſſe erzeugt.
Die erſte Reiſe Prſdjewalski's hatte drei Jahre ge
Tibet einzubringen , deſſen Grenzen von den chineſiſchen Behörden ängſtlich und ſorgſam bewacht werden . Am
dauert, von 1871 bis 1873. Da er über ſehr ſchwache Hülfsmittel gebot , jo blieb er zwei Jahre in Tibet und
15. Januar ds. Js. hielt er im Saale des Polytechniſchen
drang bis an die Quellen des Blauen Fluffes vor. Er
Muſeums in Moskau einen Vortrag, worin er über die Ergebniſſe feiner Reiſe berichtete. Wir geben davon einen Auszug nach der franzöſiſchen ,,St. Petersburger Zeitung" . Der Reiſende begann mit einer Schilderung von Tibet im allgemeinen. Das Klima desſelben iſt kontinental,
war der erſte, der auf einer Reiſeroute von 11,000 Werſten
mit plöglichen Umſchlägen von Kalt in Warm und um
den öſtlichen Teil von Centralaſien erforſchte. Die Jahre
1874 und 1875 ivaren dem Studium , der Sichtung und Klaſſifikation des wiſſenſchaftlidien Materials gewidmet,
welches er von dieſer erſten Reiſe zurüdgebracht hatte, und wurden ferner zu den Vorbereitungen auf die zweite Reiſe
gefehrt. Die Hiße ſteigt bisweilen auf 65º C.; die mittlere
verwendet.
Sommertemperatur iſt 45º C. im Schatten ; aber im Winter
worden und verfügte über eine Summe von 24,000 Rubel, weldie ihm nach dem Vorſchlag des Kriegsminiſters Grafen
fällt das Thermometer bis auf — 40 und 45° C. Im ſüdlichen Tibet ändern ſich die klimatiſchen Verhältniſſe ; die Sommertemperatur ſteigt hier nicht über 23 ° C., und
die Kälte iſt mäßig, allein trokdem hindert die übermäßige Feuchtigkeit die Entwidlung der Vegetation in ſolchem Grade, daß das Land nicht einmal mehr genügende Waide gründe für das Vieh bietet. Im Weſten allein trifft man etwas Graswuchs, während es hier ebenfalls an Bäumen und Geſträuch fehlt. Dieſer Armut des Pflanzenwudiſes zum Troß iſt die Fauna dennoch eine reiche, denn man zählt daſelbſt bis zu 15 Arten von Säugetieren und 53 Arten von Vögeln. Die Tiere, welche in den Thälern des nördlichen Thibet ihren Standort haben , zeichnen ſich durch ihre großen Proportionen aus. Die erſte Stelle gebührt den Heerden von freilebenden
Stieren, Yaks, welche nicht wild ſind; dann kommen die
Zu dieſer war der Forſcher reich ausgeſtattet
Miljutin auf den Befehl des bodſeligen Kaiſers Alexander II.
angewieſen worden war. Auch ſechs Koſaken wurden ihm zur Verfügung geſtellt. Die Erpedition begab ſich im Jahre 1876 nach dem Tian-Scan und nach Tarim ; da ſie aber nicht weiter vordringen konnte, jo kehrte ſie im
Anfang des Jahres 1877 durch das weſtliche Turkeſtan nach Rußland zurück. Gleichwohl waren die wiſſenſchaft lichen Ergebniſſe derſelben bedeutend.
Die dritte Reiſe
begann im Jahre 1878. Die Erpedition beſtand aus 12 Perſonen. Der Verſudy, bis nach Sabji in Tibet vorzubringen , mißglückte infolge des Mangels an Lebens und Transport-Mitteln. Nachdem er den Zaiſſan -See und das Land Tibet bis Saiban durdiforſcht hatte , mußte Oberſt Príchewalski 250 Werſte von der Landeshauptſtadt Halt machen ; dagegen ſind im Jahre 1879 die Quellen
Antilopen, die Schafe und die wilden Ejel. Man ſieht hier auch viele Vären , Wölfe und Füchſe. Im Dſten
des Gelben Fluſjes erforſcht worden .
gibt es zwei Flüſſe und einige Seen, welche ſehr fifhreich Bräuche an dieſe wilde Natur; ſie wohnen in Filzjurten .
der Geſellſchaft für Geographie einen Bericht über ſeine dritte Reiſe abgeſtattet, und im November desſelben Jahres trat er ſeine vierte Reiſe in dieſelbe Region an und ſchlug einen verlaſſenen öden Weg in der Richtung auf den
Das Kaltſu, die Nadbarprovinz von China, bietet
Gelben Fluß ein. Er bedurfte volle zwei Monate, um in
ſind, aber nur wenige Arten enthalten. Die mongoliſchen Einwohner des Landes erinnern durch ihre Sitten und
Im Jahre 1883 hat Herr Prſchewalski in einer Siſung
Neueſtes von Oberſt Prſchewalski.
der Zeit des größten Froſtes die Wüſte zu durchreiſen. Das Quedſilber gefror in den Thermometern, aber tro
205
von hier legten die Reiſenden nod 800 Werſte im weſt lichen Thibet zurück, wo ſie drei neue Bergketten entdeckten .
dem litt fein Mitglied der Erpedition darunter. Als die Reiſenden eine ſüdlichere Region erreicht hatten , fanden ſie zwar eine minder niedrige Temperatur, allein dieſe bot noch immer Schwankungen von 40 Graden dar, denn im
ſehr wohlgeſinnte gaſtfreundliche Bevölkerung von türkiſcher Raſje. Derſelbe freundliche Empfang wurde ihnen in der
Januar zeigte der Thermometer in der Sonne 20° C.
weſtlichen , an Ditturkeſtan angrenzenden Region von China
Wärme und in der Nacht 200 Froſt. Der Februar 1884
iſt im gebirgigen Tibet verbracht worden, wo man die
zuteil, einem herrlichen, fruchtbaren, heißen Lande, welches gar keinen Winter hat, zweimal im Jahre (nämlich im
ornithologiſchen Sammlungen vervollſtändigte. Die Jagd
Februar und Juli) Getreide-Ernten liefert und von Chineſen,
ernährte die Reiſenden, welche außerdem noch von Thee und kleinen Bregeln lebten. Die Stelle des Brots ver trat ihnen die ſogen. Zamba, das landesübliche geröſtete Mehl. Im Maimonat drang dann die Erpedition in das
ſüdliche Saidam vor , deſſen Herrſcher den Kuſſen den Durchzug wehren wollte, welchen aber Prſchewalski zwang, ihm einen Führer und Rameele zu geben. Dberſt Prſchewalski ließ ſeine Vorräte unter der Be
wachung von ſieben Koſaken zurück und begab ſich nach den Quellen des Gelben Fluſſes. An dieſer Stelle iſt der genannte Fluß nur 15-20 Saſchenen (à 2 m . ) breit, aber auf ſeinem weiteren Verlauf nach Südoſten erreicht er einen rieſigen Umfang.
Dieſer Fluß hat für die
Chineſen eine ausnahmsweiſe Bedeutung, welche zur Er
höhung derſelben dort jedes Jahr unter großen Feſtlich: keiten noch Opfer darbringen. Eine erwähnenswerte That jache iſt, daß die Gegend, worin die Quellen des Gelben
Fluſſes liegen , unbewohnt iſt, wogegen ſich daſelbſt un zählige Heerden von Grunzochſen , Yafs, befinden.
Von den Duellen des Gelben Fluſſes wandte Oberſt Prſchewalski ſich nach Süden , nach den Ufern des Blauen Fluſſes. Nach einem Marſch von 150 Werſten ſtießen
die Reiſenden auf Tunguten, welche ſich ſehr feindſelig zeigten. Man brachte ſie zwar mit Flintenſchüſſen zum Weichen, allein der Uebergang über den Blauen Fluß war doch unmöglich geworden und Oberſt Prſchewalski mußte umkehren. Zwei neue Angriffe verhinderten ihn aber nicht, an die Quellen des Gelben Fluſſes zurüdzukehren, wo einer der Seen, welche dieſen Fluß ſpeiſen , den Namen ,,Erpeditionsſee“ erhalten hat. Von dieſem Augenblicke an brangen die Reiſenden mehrere Wochen lang unaus geſeßt vor und mußten ſich jeden Augenblick der Angriffe der Tunguten erwehren , welche mit ihren ſchlechten primi
tiven Gewehren auf ſie ſchoſſen , ohne jemals ihr Ziel zu erreichen. Dieſe Völkerſdaft gibt aber ihre Toten nicht dem Feinde preis.
Nach Gaz zurückgekehrt, begaben ſie ſich durch viele Eng päſſe und Hohlwege nach Loto und fanden daſelbſt eine
Mongolen , Arabern , Bufharern und Hindus bewohnt wird.
Bei weiterem Vordringen gerieten unſere Reiſenden
noch tiefer in eine völlige Wüſte hinein, welche von Daſen unterbrochen wird, die aber oft weit auseinander liegen ; ſo ſind z. B. die beiden erſten durch einen Zwiſchenraum von 900 Werſten getrennt. In der Daſe Tichertſchen finden
ſich auch die Trümmer einer Stadt und bei Tichertſchen liegt eine ſeither unbekannte Bergkette, welcher Prichewalski den Namen des
Zar-Befreiers" gegeben hat. Hier hörten
20 Tage lang nacheinander die Regen nicht auf. Die Daſe Potam enthält 60,000 Deßjätinen fruchtbaren Landes. Brichewalski war der erſte, welcher den Potamfluß er forſchte, der aus einem kleinen Sumpf in der Wüſte aus tritt und nur einen Lauf von 150 Werſten hat. Die
ſchönſten Tiere daſelbſt ſind die Tiger. Nachdem er den Potam überſchritten, paſſirte Prſchewalski den Fluß Tarim, erreichte die reiche Daſe Okſu, durchreiſte das Tian -Schan und beſuchte Seful, das äußerſte Grenzziel der vierten Reiſe.
Nach ſeiner Ankunft daſelbſt ſeşte der berühmte Reiſende einen Rapport oder Tagesbefehl auf, worin er die Strapazen und Entbehrungen der Erpedition konſtatiert und ſeinen Mitarbeitern dankt. ,,Er wird davon dem Kaiſer Rechenſchaft ablegen, denſelben der ganzen Welt zum beſten geben und ihn für die ruſſiſche geographiſche
Geſellſchaft ſchildern, damit jedermann die rieſigen Dpfer werten könne , welche die Reiſenden für das Wohl des teuren Vaterlandes gebracht haben ." 1
Am Mittwoch 10. Februar fand dann zu St. Petersburg im Palais I. k. Hoheit der Frau Großfürſtin Katharina
Michailowna die feierliche Sißung der Geographiſchen Geſellſchaft ſtatt, welche zu Ehren des nunmehrigen General majors Prſchewalski zuſammenberufen worden war. Außer den Mitgliedern der Geſellſchaft beſtand die Zuhörerſchaft
aus den Mitgliedern der kaiſerlichen Familie, aus Miniſtern, Diplomaten und Gelehrten, worunter auch Herr Michail,
Vom ſüdlichen Saidam aus wandte Herr Prſchewalski
der Metropolit von Serbien. Präcis um 8 Uhr trat
ſich in Begleitung von 13 Perſonen nach dem weſtlichen Saidam , deſſen unfruchtbarer armer Boden den Aufenthalt von Tieren, ſogar von Kameelen, unmöglich macht. Nach Zurüdlegung von 800 Werſten gelangte er an die Ufer
Seine faiſerliche Hoheit Großfürſt Konſtantin Nikolajewitſch, der Präſident der Geographiſchen Geſellſchaft , ein und reichte der Großfürſtin Katharina Michailowna den Arm .
eines unüberſchreitbaren Sumpfes , welche von ganzen
Unmittelbar darauf betrat Generalmajor Prſchewalski unter donnerndem Beifallklatſchen den Saal. Herr Peter
Flügen von Faſanen bewohnt waren. An einer Dertlich feit namens Gaz verweilte man drei Monate lang, und
Semenow, der Vizepräſident der Geſellſchaft, bewillkommte ihn mit einer Anrede, worin er konſtatierte, daß, nadidem 32
Ausland 1886 , Nr. 11 .
Phyſiographie von Siid - Indien .
206
der berühmte Reiſende mit Belohnungen und Ehrenbes zeigungen aller Art überhäuft worden ſei, der Geographi ſchen Geſellſchaft nichts anderes übrig bleibe, als dieſer feierliche Empfang, um ſeine hervorragenden Verdienſte um die Förderung der geographiſchen Wiſſenſchaften an zuerkennen , worauf Herr Prſchwalski eine eingehende Schilderung ſeiner leßten Reiſe zum Beſten gab, welche wir womöglich unſeren Leſern vorführen wollen .
zuerſt in die gebirgige Region der Ghâts , mit Inbegriff der höheren Tafelländer und der großen Hochebenen von Myſore (Meiſur), welche zwiſchen den Stirnen der weſt lidhen und öſtlichen Ghâts enthalten ſind ; ſodann der
Niederungen der Malabar-Küſte oder jenes ganzen ſchmalen Streifens feuchter Küſte zwiſchen dem Fuß der weſtlichen Ghâts und dem arabiſchen Meere ; und drittens der ver gleichsweiſe breiten und trockenen Tiefebenen des Carnatic, zwiſchen dem öſtlichen Fuße der Ghâts und dem Meer:
buſen von Bengalen. Der erſte iſt der Gebirgsſtrich, im Norden breit, aber
Phyſiographie von Süd- Indien.'
am Kap Comorin in eine Spiße auslaufend, welcher die beiden anderen vollſtändig trennt. Die lekteren unter:
Derjenige Teil von Indien, über welchen ich hier einige aus der Erinnerung an meine vielen dort ver brachten Dienſtjahre entnommene Bemerkungen geben
icheiden ſich mehr durch die Wirkungen der Jahreszeiten als durch ihre geographiſche Lage.
ivill, liegt ſüdlich vom 15.0 n. Br., bildet die Spiße der
idiedene Jahreszeiten: die des Südweſt-Monſuhns vom
vorderindiſchen Halbinſel und fällt beinahe mit der Präſi
Mai bis September; die des Nordoſt -Monſuhns vom Dt
dentſchaft Madras des Britiſdien Indiens zuſammen. Es iſt ein ſchönes Land, welches eine reizende Mannigfaltig feit von Oberfläche und Szenerie entfaltet. Sein Klima iſt zwar tropiſch, aber mild und im allgemeinen angenehm , weil es beinahe inſular und den Windeinflüſſen der beiden Monſuhne unterworfen iſt. Es bildet einen Jubegriff von ganz Indien in ſeinen hohen Hügeln und ausgedehnten Ebenen, ſeinen austretenden Flüſſen und zuſammenſchwin denden Seen, ſeinen fruchtbaren Ebenen und nackten Wüſten, ſeinen tropiſchen Didungeln und ſeiner buſdigen Wildnis. Südindien iſt ein intereſſantes Beobachtungsfeld für den wiſſenſchaftlichen Forſcher und beſonders für den Phyſiographen wegen der Elemente der phyſiſchen Ver: änderung , welche es in unaufhörlicher Thätigkeit entfaltet, denn wir haben hier zunächſt die zerſeßende und auflöſende
Gewalt der Sonnenſtrahlen, welche hier zweimal im Jahre vertikal ſtehen ; ſodann haben wir die langandauernden ſtarken Winde, welche über die Erdoberfläche hinfegen und ungeheure Mengen Staub auf große Entfernungen hin
Das Jahr im ſüdlichen Indien hat drei deutlich ver
tober bis Februar und die heiße Jahreszeit vom März bis Mai, zwiſchen den beiden Monſubnen . Der Ausdruck Monſuhn iſt eine Verkeßerung des arabiſchen Wortes
mausim , welches eigentlich „ Jahreszeit“ bedeutet. Der ſüdweſtliche Monjuhn iſt die überraſchendſte und wohl: thätigſte Thatjache des Klima's, denn er bringt die Regen, welche alle belebten Gejdopfe wieder beleben, nachdem ſie durch die heiße Jahreszeit beinahe zum Tode verdorrt ſind, und welche die Flüſſe und Seen wieder anfüllen,
die das Land fruchtbar machen und die glühenden Strah len der ſenkrechten Sonne mildern. Die Menge des Regen falles iſt eine ſehr ungewiſſe, und gelegentlich fällt ſogar wenig oder gar kein Regen, außer auf den Ghâts. Die Daten ſeines Anfangs und Endes ſind gleich ungewiß, aber der Wind dieſer Monſuhns iſt höchſt regelmäßig
in ſeinem Beginne, ſeiner Stärke und ſeiner Dauer ; er weht mit der Gewalt einer ſtarken Briſe vier Monate lang, vom Mai bis September, aus Südweſten über das ganze
Arabiſche Meer hin. Innerhalb 80 oder 100 Meilen von
in der Luft fortführen oder, vermittelſt der Wogen, der
der Weſtküſte wird er zum Weſtwind und ſeßt ſich ſo über
Küſte entlang fortſpülen , und drittens haben wir die auf
die ganze Halbinſel fort. Da, wo er zuerſt die Küſte be:
löſende und entblößende Gewalt eines tropiſchen Regen
rührt und den ſteilen Grenzwall der ' Ghâts hinanſteigt, verliert er ſeinen Ueberſchuß von Feuchtigkeit, welcher in
falles.
Froſt iſt nur auf den hohen Hochebenen und Bergen bekannt, heftige Erdbeben ſind beinahe unbekannt ; allein die eben erwähnten Agenzien ſcheinen vollkommen imſtande zu ſein, im Verlaufe der Zeit eine unabſehbare Hochebene plutoniſchen Geſteins in die gebändigte und verſchieden artige Fläche zu verwandeln, welche wir nun vor uns haben.
Für unſern gegenwärtigen Zweck kann man Süb: indien in drei Stride oder Regionen einteilen : nämlich
Strömen von Regen auf ihre Hänge und Gipfel nieders
fällt, bis er den Grat der Bergketten paſſiert hat. Dann jeßt er ſeinen Lauf nad Oſten anfangs als eine küble feuchte Briſe fort, wird dann aber allmählich wärmer und trockener, bis er zuleßt zum milden heißen Winde, einem wahren Sirocco, wird . Im Meerbuſen von Bengalen wird der Wind dieſer Jahreszeit zum Südwind und weht ſpäter das Ganges thal hinan als ein ſüdöſtlicher oder öſtlicher Wind, beis
nahe diametral dem Kurſe entgegen , welchen er über 4 Nach einem Vortrage, welchen Oberſt B. R. Branfill, früher Unterdirektor der Landesvermeſſung von Indien, in der Geographiſchen Sektion der Britiſchen Aſſociation gelegentlich der
Südindien nimmt.
jüngſten Generalverſammlung in Aberdeen gehalten hat .
wöhnlich für die große kontinentale Seebrije von Süds
Man hält den Wind des Südweſt-Monſuhns ge
Bhojtographie von Siid -Indien.
207
afien, hervorgerufen durch die ausnehmende Verdünnung
beginnen. Fahren wir zur See an der Weſtküſte von In
der Luft über den inneren und zumeiſt erhißten Teilen
dien herab und bemerken wir nur das endloſe Panorama pradytvoller Scenerie : eine von der Brandung gepeitſchte Küſtenlinie, die fid ſtellenweiſe zu dunklen Felſen oder hellroten Laterit-Klippen aufbaut, bald von einem gläns
des Feſtlandes, und dies iſt er auch ohne Zweifel ; allein in ber eben erwähnten bezeichneten Abweichung von ſeiner normalen Richtung ſehen wir eine Anomalie, deren Grund nicht klar einzuſehen iſt.
Der Südweſt Monſuhn ſtirbt im September launenhaft bin und ihm folgt, nach kurzem Zwiſchenraum , der Nord oft -Monſuhn , welchen man allein für den normalen Paſſat:
zenden Streifen leuchtenden gelben Sandes eingefaßt iſt, aber immer das üppige Grün endloſer Haine von Cocos Palmen und immergrüner Büſche zum Hintergrund hat,
welche vollſtändig den ſchmalen Gürtel Tiefland bis zum
wind hält. Dieſer wird eingeleitet durch Gewitter und
Fuße der Ghâts verbergen, die ihre dunklen Klippen und
ichwere Regengüſſe, welche oſtwärts von den Ohâts die Flüſſe und Teiche wieder anfüllen und den Anbau aller unbe: wäſſerten Ebenen möglich machen. Der Nordoſt -Monſuhn
hohen Gipfel wenige Meilen landeinwärts erheben und
währt gewöhnlich bis zum Februar, begleitet von einigen Abwechslungen von Regenwettern, welche die ſog. Ernten
verſteinerten Bäume, welche man hier unter dem Meeregs grunde findet. Erſt vor wenigen Jahren wurde in den Schriften der Königlichen Aſiatiſchen Geſellſchaft von Boms bay ein Bericht über verſteinerte Bäume veröffentlicht, die man beim Abteufen eines viele Klafter tiefen Schachtes
der kühlen Jahreszeit raſch zum Reifen bringen. Von Kälte iſt dabei keine Rede, außer im Gebirge ; aber die
Tagestemperatur iſt ſehr angenehm fühl und die Nächte ſind ſehr friſch.
Im Februar bleiben die fühlen nördlichen Briſen aus und die Tage werden warm. Die Gewächſe der fühleren
Jahreszeit werden eingeheimſt und der ganze Pflanzens wuchs verborrt raſch.
Die darauffolgenden heißen Monate März, April,
Mai, kann man kurz aber paſſend beſchreiben als heiß, beißer, am heißeſten.
Allein die Hiße von Südindien iſt
ſelten ſehr groß oder drückend, da ſie anfangs durch die um dieſe Zeit wehenden Land- und Seebrijen und ſpäter
durch gelegentliche Staubſtürme und Gewitter gemildert
ihre Hänge und Thäler mit Urwald bekleidet zeigen. Für
das hohe Alter des Waldes an dieſen Küſten zeugen die
durch den Fels (Laterit und Trapp) an dieſer Küſte ge funden hatte, und merkwürdigerweiſe waren (wenn ich mich recht erinnere) mehrere derſelben mit Kerben und Ein ſchnitten verſehen, die genau den Hieben einer Art gliden.
Wenn dies der Fall war, ſo müßten es die Zeichen von Paraſu-Râma (Râma mit der Art) ſelbſt, dem ſagenhaften Eroberer dieſer Niederungen, geweſen ſein. Der einzige geſchüßte Hafen für Schiffe an dieſer Küſte während des Südweſt-Monſuhns iſt derjenige von Rårwâr ; allein wir dürfen mit Sicherheit noch etwas
weiter füblid gehen und in Honawar landen, einem kleinen Schönwetterhafen von großer Sicherheit und Intereſſe wegen ſeiner ausgedehnten waldigen Seebudyt und der
wird, häufig in Begleitung von ichweren Regengüſſen , welche die dunſtige Atmoſphäre angenehm abkühlen und klären. Dieſe kommen von Mitte April bis Mitte Mai
außerordentlichen Brandung , die ſich zur Ebbezeit der
ſo regelmäßig vor, daß man ſie oft die „ kleinen Monſuhn
Springfluten auf ſeiner Barre bildet.
Regen " nennt , natürlich eine irrtümliche Bezeichnung,
Eine kurze Reiſe zu Land oder auf dem Fluſſe bringt
aber eine unverkennbare rechtzeitige und fühlbare Wohl that zu einer Zeit, wo die regelmäßigen Monſuhn -Winde nicht mehr vorkommen. Sie ſind nur zufällige Torna dos oder Wirbelſtürme und heißen bei den Eingeborenen
uns zu dem Ghåt oder Paß, durch den wir nun zu dem Mal
tufân, woraus das engliſche Wort Teifuhn (typhoon)
Suffixum zu dem Namen von Hügeln in ganz Südindien ,
entſtanden .
wie in Anamalai, die Elefantenhügel.
Die günſtigſte Zeit zum Beſuch von Südindien iſt vom September bis März, allein der Forſchungsreiſende, der Naturforſcher und Beobachter braucht ſich nicht von einer verlängerten Tour abhalten zu laſſen , da er, wenn er die Mannigfaltigkeit des Klima's benüßt, die ihm die Hügelketten , die Hochebenen und Tiefländer darbieten, und wenn er jede von ihnen in ihrer beſten Jahreszeit benüßt, das ganze Jahr in einem vergleichsweiſe fühlen und genießbaren Klima verbringen kann, ohne ſich irgend
Bezirk oder Land, wie in Wainâd, der offene Bezirk. Der Ramm der Ghâts iſt hier ungefähr am niedrig
einer ernſten Gefahr oder Unbehaglichkeit auszuſeßen. Dhne irgend eine feſtgeſeşte Zeit oder genaue Route einzuhalten, können wir mit Vorteil einige der intereſſan teſten phyſiſchen Züge des Landes im folgenden betrachten und mit dem äußerſten Nordweſten des fraglichen Landes
nad oder Hügelbezirk von Myſore hinanſteigen müſſen. Mala bedeutet in den jüdindiſchen Sprachen Hügel und kommt vor im Namen Malabar und als das gewöhnlichſte Nad bedeutet
ſten, nämlich nur etwa 2000 Fuß hod), und die ſteile
Böſchung iſt hier mehr gebrochen und weniger jäh als gegen Süden , dieſer Paß daher ein leicht zugänglicher. Die Päſſe im allgemeinen zwiſchen den Hochländern von My fore und der Weſtküſte ſind neuerdings bedeutend verbeſſert
worden und erleichtern nun den Genuß der herrlichen Scenerie und die Unterſuchung der geologiſchen Verhält niſje dieſes Landes ſehr. In lekterer Beziehung will ich nur anführen, daß die Felſen hypogene Schiefer, auf einer granitiſchen Baſis aufgelagert, ſind, welche da und dort in gewaltigen fühnen Maſſen zu Tage tritt. Gneisgeſtein iſt überreich vorhanden, und eine Schicht Laterit ' ober
Phyſiographie von Sid Gudien .
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Cijenthonſtein iſt eine gewöhnliche Oberflächen -Formation ſowohl über als unter den Ghâts.
Die Gênſappa -Waſſerfälle ſind ganz nahe bei dieſer Paßhöhe und der Fluß Scarâvati ſtürzt ſid ), nadhdem er etwa 800 e. 2.- Min . wohlbewäſſerten Landes drainiert hat, mit einem einzigen Sprunge über eine mehr als 800
Fuß hohe Felswand in einen tiefen Pfuhl an deren Fuße.
und ſeine Oberflädie beſät mit zahlreichen ſteilen , errati ſchen Blöden gleichenden Maſſen von granitiſchem Geſtein , welche einzeln oder in Gruppen über dem ganzen Land ſtrid zerſtreut ſind. Einige von ihnen ſind ungeheure ungebrochene Felsblöde, . welde von 1800 bis zu 2000 Fuß ſich über die umgebende Ebene erheben. Dieſe Felfen:
Waſſerſtaub, in welche die ganze Schludit gefüllt iſt. Die
züge ſcheinen eine entſchiedene Neigung zu haben, ſich in Linien, welche nach Nord und Süd verlaufen , oder parallel zu den Linien der Châts anzuordnen und ihre ſteilere Seite nach Dſten hin darzubieten. Die hervorragendſten der einzelnen Felſen ſind nun befeſtigt und bilden bis auf
geeignetſte Zeit zu einem Beſuch iſt ungefähr Januar, wo
unſere Zeit die Zuflucht bedrängter Stämme oder die Feſten
der Waſſerſturz in mehrere döne Fälle gebrochen iſt und
räuberiſcher Häuptlinge unter dem Namen Durgâ oder Drug (was „ſchwer zugänglich" bedeutet). Die ganze Oberfläche des Plateau's hat einen leich ten Fall, gewöhnlich von Weſt nach Dſt, mit einer in der ſelben Ridjtung ſtreichenden Waſſerſcheide in der Mitte, vermöge deren der Ablauf nordwärts zum Kiſtna und ſüdwärts zum Cauvery fließt, ausgenommen den öſtlichſten Teil des Plateau's, deſſen Ablauf gerade oſtwärts mehrere kleine, durch die vielen engen Thäler und Shluchten der
Während der Regenzeit iſt der Fluß über den Fällen mehr
als 300 m . breit und 6 m. tief, allein man kann wenig von dem Waſſerſturze ſehen, wegen der dichten Wolfe von
man die ganze Schlucht von oben bis zur Sohle des Ab grundes ſtudieren kann. Der Scharâvati iſt einer der ſehr wenigen einigermaßen bedeutenden Flüſſe, weldje oberhalb
der Ghâts entſpringen und ſich weſtwärts in das Arabiſche Meer ergießen . Die Berggipfel in dieſer Region erheben ſich zu einer
Höhe von 4000 Fuß ; erreicht man aber die Hochebene, ſo ſieht man, daß die weſtlichen Ghâts eigentlich keine rechte Gebirgskette ſind. Von der Weſtküſte her geſehen, erſcheinen ſie zwar wie bobe Berge ; allein von Diten ber
und aus einiger Ferne landeinwärts geſehen, erſcheint die Linie ihrer Gipfel vergleichsweiſe horizontal und gibt eher den Begriff einer mit Zinnen verſehenen Umfaſſungsmauer des Plateau's , mit langen ſanft abfallenden und zu den Zinnen emporführenden Hängen. Dieſer Zug, ein langer Rücken von ſanftem Hang, der dann plößlich in einem
Abſturze endigt, hat eine paſſende örtliche Bezeichnung, Kuduré - Mukh , D. h. Pferdekopf. Das prächtige Klippen: haupt dieſes Namens , welches mit ſeiner ſteilen Fronte
Mangalore über 6000 Fuß hoch überhängt, gefrönt mit
öſtlichen Ghâts abfließende Flüſſe bilden. Mit Ausnahme des Scharávati wendet ſich der Ab
lauf der weſtlichen Hochlande von der Stirne der Ab ſtürze an nach Dſten . Der nördliche Teil wird durch die Tunga-Bhadra und deren Zuflüſſe nordoſtwärts nach der Kiſtna und der ſüdliche Teil ſüdoſtwärts durd; den Cau very und ſeine Zuflüſſe drainiert.
Die größeren Ströme ſind perennierend, haben ſid, aber größtenteils breite und tiefe felfige Becken ausgewühlt
und ſind daher weder zur Bewäſſerung noch zur Schiff fahrt ſehr geeignet. Dies gilt beſonders von den nörd lichen Teilen, wo ſich die Ebenen mit dem berühmten ſchwarzen Baumwollenboden befinden , der ohne Bewäſje
einer Mähne von Urwald, iſt das beſtbekannte Beiſpiel ; allein es gibt auch noch andere, und dieſe eigentümliche Formation iſt den Eingeborenen unter dieſem Namen ge
rung alljährlich eine Ernte erträgt. Die kleinen Flüſſe dagegen ſind bis zur äußerſten Möglichkeit für dieſen
nau bekannt.
Zweck benußt worden .
Die öſtlichen Ghâts ſind in gleicher Weiſe die burg artige zinnengekrönte Bruſtwehr der Böſchung des großen
Man hat quer über jedes Flußbett eine Reihenfolge von Dämmen erbaut, durd, welche jedes Thal in eine Reihe von Waſſerbehältern verwandelt wird, ſo daß der Ueber
zentralen vorderindiſchen Tafellandes auf ſeinen öſtlichen und ſüdlichen Seiten ; allein es gibt hier keinerlei ſolche genau bezeichnete Linie von Abſtürzen wie auf der Weſt ſeite, und der gebrochene Grund zwiſchen Gipfel und Baſis
iſt im allgemeinen viel breiter. Er iſt zwar zerriſſen und maleriſch, kann ſich aber an Schönheit und Großartigkeit nicht mit den weſtlichen Ghâts vergleichen. Der reichliche Regenfall des Südweſt-Monſubns reicht nicht zu den öſtlichen Ghâts, und dieſe ſind daher ver gleichsweiſe trođen, öde, unfruchtbar und unbewaldet oder nur ſpärlich mit verkrüppelten Bäumen , Buſchwert und Gras bedeckt.
Das Tafelland von Myſore, zwiſchen den Stirnen
der weſtlichen und öſtlichen Ghâts, iſt keineswegs flach, ſondern wellenförmig ; 2000-3000 Fuß über dem Meere,
lauf des oberen den nächſten ſpeiſt u. 1. W. Dieſes Syſtem iſt ſo lang verwirklicht worden, bis meines Bedünkens gar kein Raum mehr für einen neuen Damm übrig blieb, außer wo früher einer angelegt worden war. Wenn einer der Teiche in der Nähe des oberſten Teils einer Reihe bei ſchweren Regen zerriſſen wird, ſo würde beinahe zuver läffig die ganze Rette der Dämme durchbrochen und ein ganzes Thal auf dieſe Weiſe plößlich der Bewäſſerung beraubt, bis die Deichbrüche wieder ausgebeſſert werden können. Man zählt in Myſore 40,000 derartige Teiche (der größte mit einem Umfang von ca. 30 Km .) mit fünſt lidhen Bewäſſerungskanälen, welche zuſammen 1800 Km. lang find.
Der Fluß Cauvery (Kâvêri) liefert ein glänzendes
Phyfiographie von Siid Indien .
Beiſpiel von dieſer Benüßung der Segnungen der Natur. Er entſpringt zwiſchen den herrlichſten bewaldeten Höhen der weſtlichen Ghâts, nur wenige Meilen von der Weſt
küſte entfernt, in dem kleinen Bergfürſtentum Coorg (Kurg),
209
Flußbett flankieren , eine herrliche Faſſung für einen wun derſchönen Anblid. Es würde ſich verlohnen, nach dem ver
laſſenen Abgrund eines früheren Waſſerſturzes zu forſchen , welcher noch im Mittelpunkt der Inſel exiſtieren ſoll. Das
aus welchem er als ein ſtattlider ſatter Fluß von etwa
Marimum der Waſſermengen , die hier der Cauvery her
300 m. Breite und 6–8 m. Tiefe auf die Ebenen von
unterſchidt, ſoll beinahe eine Viertelmillion Kubikfuß in
Myſore heraustritt. Auf ſeinem Laufe durch die Provinz weiſt er zwölf Dämme auf und muß jeden Teil ſeines Thales bewäſſern , zu welchem ſeine Gewäſſer nur mög:
der Sekunde betragen. Die beſte Zeit zum Beſuche der
von Tipu Sahib im Jahre 1799 verlaſſen , iſt der Drt nun in einen Naturzuſtand zurüdverſunken und eine peſt
Fälle iſt zwiſchen Juni und September, während des Süd: weſt -Monſuhns; zu anderer Zeit ſoll der Ort ſehr un günſtig ſein. Wenden wir uns nun wieder zu den weſtlichen Hoch landen zurück und vervollſtändigen wir unſeren Ueberblick über die gebirgige Region von Südindien. Der Malnad, unmittelbar innerBalb des Randes der
ſchwangere Wildnis. Dreißig engliſche Meilen flußabwärts liegt eine an
weſtlichen Ghâts, iſt ein immergrüner Gürtel der durchaus ſchönſten Scenerie. Kühne felſige Gipfel begrenzen den
dere und noch ältere Hauptſtadt, namens Talfàb, welche idon im dritten Jahrhundert unſerer Zeitrechnung als
Horizont; dichte Wälder bekleiden die Abhänge und Höh
licherweiſe geleitet werden können. Die alte Hauptſtadt von Myſore, Seringapatam ( eigentlich Srirangapatnam), ſteht auf einer Inſel in dieſem Fluſſe. Seit dem Fall
eine große Stadt der Kongu- oder Chera- Könige, im ſechſten Jahrhundert als von derſelben Dynaſtie befeſtigt und im zehnten als die Hauptſtadt einer anderen Dynaſtie erwähnt wird. Talkâd wechſelte ſeine Herren abermals im vier zehnten und ward endlich im ſiebzehnten Jahrhundert durd) den Râja von Myſore ecobert. Bei dieſer Gelegenheit ſoll die Witwe des lekten Herrſchers, ehe ſie ſich ſelbſt im Flufſe ertränkte, einen Flud) über die Eroberer ausgeſprochen
haben, daß ſie niemals einen Erben zu ihrem Nachfolger erhalten, und daß die Stadt ſelbſt vom Sand verſchüttet werden ſolle. Dieſer Fluch iſt nur allzuſehr in Erfüllung
gegangen und jedenfalls die Stadt mit Sand überlagert worden. Es konnte auch nicht anders ſein, denn ſie ſteht am leewärtigen Ende einer langen ſandigen Strece des Fluſſes, unter der vollen Wirkung der vorherrſchenden Weſtwinde. Das Seltſame daran iſt nur, daß man an einem ſolchen Drte eine Stadt erbaut und daß dieſelbe in ſolcher Lage ſo lange ausgehalten hat. Dreißig Tempel liegen nun im Sande begraben und ihre Zinnen ſind allein übrig geblieben, um von ihrem einſtigen Vorhandenſein zu zeugen . Die Hügel von Triebſand follen beſtändig im Maßſtab von neun oder zehn Fuß jährlich vorrücken. Wir
müſſen dies als ein Beiſpiel annehmen, wie die Umſtände, wo nicht die Elemente der Veränderung fich innerhalb ver gleichsweiſe neuerer Zeit geändert haben. Etwas weiter flußabwärts ſind die prächtigen und im poſanten Waſſerfälle von Siva Samundram, gewöhnlich die ,, Fälle des Kâyêri" genannt. Die Inſel Siva Sa: mundram wird durch eine Gabelung des Fluſſes gebildet. Die Fälle kommen in beiden Armen vor und ſind uns gefähr 200 Fuß hoch. Der Fluß hat ſich hier rückwärts
eine enge Schlucht in dem Rande der öſtlichen Ghâts ein geſchnitten und ein tiefes Bett für ſich ſelbſt auf eine Strede von einigen Meilen ausgewühlt, ehe er den Sturz
in das Tiefland macht. Die Inſel iſt gut bewaldet und bildet mit den hohen und ſteilen Hügelhängen, welche das Uudland, 1886 Nr 11 .
lungen, untermiſcht mit Grasflächen und parkartigen Hainen und offenem Wiesland, während überall in den Thälern fließendes Waſſer ſich dem Aug’ oder Dhr gegenwärtig madt. Es iſt ein reizendes Land, um darin umher zu wandern, und äußerſt zugänglich, dagegen ſehr ſchwach be völkert, weshalb die Herbeiſchaffung und der Transport der Lebensmittel dem Reiſenden die hauptſächlichſten Schwies
rigkeiten bereiten .
Die weſtlichen Hochlande können in mehrere Striche eingeteilt werden , von denen jeder ſeine beſonderen Schön heiten und Eigentümlichkeiten hat. Der Nagar Malnâd, um hiemit zu beginnen, zeichnet ſich aus durch die Mannig faltigkeit ſeiner immergrünen Scenerie. In ſeinem Mittel punkt ſtand die Stadt Bednor (die Bambusſtadt), die ehe
dem blühende Hauptſtadt eines örtlichen Häuptlings. Haider Ali, der uſurpator von Myſore, nahm ſie etwa vor einem Jahrhundert ein und machte ſie zur zweiten Stadt ſeines Gebietes unter dem Namen Haidar-Nagar (Stadt des Hais dar). Ihre Mauern hatten damals einen Umfang von
nahezu 8 e. Min. und enthielten hunderttauſend Häuſer und nahezu eine halbe Million Einwohner. Heutzutage iſt ſie nur noch ein verlaſſenes Dorf inmitten von Scutt
hügeln, welche von dichtem Pflanzenwuchſe überrankt ſind; ſie iſt ein ſehr feuchter regneriſcher Ort, und die von Haidar eingeführten Einwohner ſind entweder ausgeſtorben oder konnten es, nach dem Zuſammenbruch ſeiner Macht, ent weber nicht nehr hier aushalten oder wurden nicht mehr gezwungen es zu thun.
Der ſüdliche Teil von Malnad iſt mehr offen und parfartig. Die Ghâts treten gegenüber dem Hafen Mangas
lore mehr landeinwärts zurück und der immergrüne Wald weicht Wäldern von laubabwerfenden Bäumen und auss gedehnten Grasländern, während die vermehrte Entfer nung vom Meere anſcheinend den Regenfall vermindert. Der nächſte Hochlandſtrich nach Süden iſt Coorg (oder deutlich geſagt Rodag, ,,das ſteile" ), ein kleines Ges birgsfürſtentum , in welchem die hohen Ghats der Malabar 33
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Die portugieſiſchen Befißungen in Weftafrita.
Küſte wieder näher treten. Seine ganze Oberfläche beſteht aus hoben Bergen, welche mit mächtigem Urwald bekleidet und durch tiefe, enge, gewundene Thäler mit reißenden
ſore eingeſchnittenen Seitenwänden, dicht am nördlichen Fuße der Nilgiri-Berge, bildet ; es vermittelt den Waſſers ablauf von der Ede der Ghâts nach Oſten.
Bergſtrömen und plätſchernden Bächen getrennt ſind. Es
Die Gruppe der Nilgiri (Blauen Berge) könnte
iſt die richtige Heimat eines echten Gebirgsmänner-Stammes, deſſen Geſchichte für die jüngſten paar Jahrhunderte ſo intereſſant iſt wie ein Roman. Die Coorgs haben frei willig die Herrſchaft und Freundichaft der Briten auf geſucht und hängen mit großer Treue an denſelben ; ſie genießen noch immer ihre örtliche Unabhängigkeit und haben ſich ihre alten Sitten und Bräuche erhalten. Der nächſte Landſtrich nach Süden iſt das Wai nad (ein Wort, das angeblich das offene oder Feldland bedeutet, zur Unterſcheidung von Malnâd, dem Bergland, und Rodag, dem fteilen Land). Es iſt weniger gebirgig
eigentlich ein Tafelland genannt werden, weil ſie auf allen Seiten von ſehr ſteilen und abſchüſſigen Böſchungen um
als Coorg und reich an niedrigen Höhenzügen und breiten
geben iſt.
Der Gipfel derſelben iſt gewöhnlich eine weite
Ausbreitung von wellenförmigen Dünen mit gerundeten Anſchwellungen, von einander getrennt durch ſeichte Eins ſenkungen oder Thäler, durch deren Sohle ein kleiner Bad
oder ein Flüßchen ſich hinzieht und ſich gelegentlich in den kleinen Sümpfen und Mooren, die dort in Menge vors kommen, verliert. Dieſe Bäche und Flüßchen ſind gewöhn
lich von höchſt maleriſchen Streifen ſcharf abgeſchnittenen immergrünen Waldes flantiert, welcher örtlich mit dem Namen Scola bezeichnet wird.
ungeſund zu ſein. Die jüngſt begonnene Goldgräberei
Der öſtliche Teil des Nilgiri-Plateau iſt niedriger ; der weſtliche iſt der höhere und beſſer bewaldete, beſonders am weſtlichen Rande, wo er ſich raſch und ſteil zu den Piks und Felſenſtirnen der weſtlichen Ghâts emporzieht, die hier die Runda - Berge heißen und von denen viele
hat dieſem Landſtrich neues Intereſſe verlieben und würde
eine Höhe don 8000 Fuß überſteigen , allein der Doda:
Thälern. Es haben ſich eine Menge britiſcher Kaffee Pflanzer darin niedergelaſſen , denn das ſehr feuchte Klima erſcheint für dieſe Rultur ſehr geeignet, aber es ſteht oder
ſtand wenigſtens in dem Rufe, fehr fieberſchwanger und
vortrefflich gedeihen und ſich gut bezahlt machen , wenn die Maſchinen dazu, die Betriebsart und die Menſchen fräfte nicht zu teuer wären.
Würden britiſche Maldinen
mit dinefiſcher Sparſamkeit und Arbeitskraft betrieben , ſo müßte ein ſicherer Erfolg erzielt werden, denn überall treten reiche goldführende Quarzgänge zu Tage, naments lich bei Dêwâla, dem Mittelpunkt der neuen Goldgräbereien. Man hat hier ſeit uralten Zeiten Gold durch Graben und
Waſchen gewonnen und in einer Tiefe von 50-100 Fuß aufgefunden. Goldgruben an der Oberfläche ſind auch in vielen Teilen der benachbarten Landſtriche: in Myſore,
Malabar und den Nilgiri-Bergen beobachtet worden. Die ungeheuren Goldmengen, welche angeblich in den Schaß kammern der indiſchen Könige und Tempel im Altertum und Mittelalter aufgehäuft waren, beruben wahrſcheinlich
auf feiner Uebertreibnng . Bis hieher haben die angeführten Hochlandſtriche einen Teil der großen zentralen Hochebenen gebildet, welche von den Felſenſtirnen der weſtlichen und öſtlichen Ghâts um
ſchloſſen iſt, deren allgemeines Niveau zwiſchen 2000 und und 3500 Fuß wechſelt, mit vereinzelten Spißen und Gruppen dazwiſchen , welche bis zu 6000 Fuß und darüber
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betta (der „ große Berg“ ), der höchſte Punkt, erhebt ſich aus einem Höhenzuge nahe beim Zentrum des Plateau's, bei Utakamand ; er bildet eine gewaltige, ziemlich kegel förmige Maſſe mit glatten, aber ſteilen, mit Gras und
Wald bedecten Hängen, und erreicht die anſehnliche Höhe von 8640 Fuß. (Schluß folgt.)
Die portugieſiſchen Befißungen in Weftafrika. Bon $ . $ . 3ohnfton .
( Fortſegung.)
Wenn man ſich der Stadt Sant Antonio nähert, ſo verwandelt ſich das kleine Paradies, welches man aus der
Ferne zu erblicken wähnte, plößlich in eine wehmütig ſtimmende Wirklichkeit von Zerfall und Dede. Der erſte Gegenſtand, welcher mir in die Augen fiel, war ein ſchönes,
altes, zerfallendes Haus, beinahe ein Palaſt, welches ſich zur Rechten der Stadt über das Waſſer erhob. Das Glas ſteďte noch als kleine Scheiben in den meiſten Fenſtern,
aber drinnen war alles ganz zerfallen und verlaſſen, ob
anſteigen .
wohl die Karnieſe von Bildhauerarbeit und andere Zeug
Unmittelbar jüdſüdöſtlich vom Wainâd kommen wir zu den Nilgiri-Bergen, einem beinahe iſolierten Plateau mit einem höheren Niveau und mit einer allgemeinen Höhe von
niſſe von Künſtlerarbeit den Geſchmack und Reichtum ſeines
5000--7000 F., über weldjes ſich einzelne Spißen noch bis
zu 8000 F. und mehr erheben. Es wird von Wainâd und dem ſüdlichen Myſore durch ein merkwürdiges Thal, das des Moyår, geſchieden , welches man beinahe einen Cañon nennen könnte, da es eine ſteile und vergleichsweiſe enge Schlucht mit abſchüſſigen , (darf in das Plateau von Mys
urſprünglichen Beſitzers bekundeten.
Das Gebäude fou
von einem früheren Gouverneur der Inſel namens Ferreira errichtet worden ſein, aber die Kunde darüber war unſicher und unbeſtimmt. Der gegenwärtige Gouverneur wohnt, wenn er noch am Leben iſt, ebenfalls in einer ſchönen
ſtattlichen Reſidenz, allein er hätte meines Erachtens flüger daran gethan, wenn er das Haus ſeines Vorgängers auss gebeſſert und bewohnt hätte, welches weit ſchöner und
Die portugieſiſchen Befigungen in Weftafrita. gefünder gelegen war. Bald nach der Landung an einem
ſchönen Quai , einem glüdlicherweiſe erhaltenen Ueber: bleibfel früherer Pracht, kommt man durch einige zerfallene Gaſſen und paſſiert eine ſteinerne Brücke, welche über die Mündung des kleinen Fluſſes führt. Von hier aus hat man einen reizenden Anblick des fernen Piks, welcher ſich in dem ruhigen Waſſer ſpiegelt. Zahlreiche Cocospalmen neigen ihre Häupter über das Flüßchen , an welchem die
Weiber ihre Kleider waſchen und kleine naďte Kinder im Schlamm auf Sumpffiſche und Landkrabben Jagd machen . Die ganze Szene macht den Eindruck friedlichen heiteren Lebens, der übrigens bald verſchwindet, wenn man weiter in die Gaſſen der halb verfallenen Stadt vordringt. Hier iſt es wie auf einem ungeheuren Friedhof, wie in einer Stadt der Toten, worin die häßlichen Negerbummler als Dämonen und Geiſter hauſen.
Adfeitig begegnet man
nur Spuren früheren Lebens und Wohlſtandes in den vielen ſchönen Gebäuden, die nun in Soutt und Trümmer fallen. Von Kirchen allein ſtehen fünf auf dem Raum einer
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die benachbarten Kirchen zu überragen drohte, da war die vorwiegend aus kirchlichen Elementen beſtehende Örtliche Junta oder der Gemeinderat der Anſicht, daß kein Gebäude je bas Gotteshaus überragen dürfe, und ſo durfte der unglückliche Palaſt nicht weiter gebaut werden und iſt
ſeitdem verlaſſen, unvollendet und dachlos geblieben. Hätten die portugieſiſchen Behörden in Principe irgendwelche Energie, deren fie thatſächlich entbehren, ſo würden ſie den Schutt und den überwuchernden Pflanzenwuchs hin wegräumen und dieſen ſchönen Bau reſtaurieren und vollen : den , welcher zum größeren Teil noch geſund und von guter Beſchaffenheit iſt, da weder der Verlauf der Zeit noch die vielen Regenzeiten das ſolide Mauerwerk angegriffen haben.
Sant' Antonio befißt einige gute Läden und Maga
zine, aber die Mehrheit der modernen Stadt beſteht aus kleinen wadeligen , ſchuppenartigen Hütten , worin die ſchwarze Bevölkerung wohnt. Dieſe Hütten haben zwar Ziegeldächer, ſind aber ſonſt ganz aus Holz erbaut und
engl. Quadratmeile, wovon vier ſchon längſt verlaſſen und außer Gebrauch ſind und ſich nun in prächtige Treib :
ruhen auf Pfählen über dem ſumpfigen Ufer. Ihre Bohlen:
häuſer für Farne verwandelt haben. Der Beſucher, der
machen den Eindruc, als wimmelten ſie von Ungeziefer
ſich durch die ſchmalen Fenſteröffnungen hindurchzwängt
aller Art und drohten beim erſten Sturme einzuſtürzen. Wären ſie nicht ſo moderig und feucht, ſo wäre es ein Werk der Barmherzigkeit, ſie in Brand zu ſteden ; aber
oder die unverſchloſſenen Thüren aufſtößt, ſteht anfangs wie gebannt und bezaubert von dem wunderbaren feens haften Anblid , welcher ſich ihm darbietet. Die Kapellen und Altärpläße find in Grotten verwandelt, welche mit einem Spißenwerk von zartem, blaßgrünem Frauenhaar
ausgekleidet ſind. Aus dem Hochaltar ſproſſen die präch: tigen Wedel eines dunkelgrünen palmenartigen Farn em por, welcher eine paſſende Altarzierde abgeben könnte.
Schlinggewächſe und kletternde Farne hängen in langen Gewinden vom Dache herab ; Lykopodien von einer leb haft blaugrünen ſatten Färbung bilden gleichſam einen
Teppich in den Chorgängen ; die Ecken und Architrave
wände ſind vom vielen Regen befleckt und verfault und
ich zweifle, ob ſie brennen würden.
Jenſeit der Stadt und linker Hand iſt ein anderer Fluß oder vielleicht nur ein Arm des früher beſchriebenen und an ihm befinden ſich noch die maſſiven Fundamente einer ehemaligen großen ſteinernen Brüde. Weiterhin führt eine hohe gebrechliche Bohlenbrücke von ganz afris faniſchem Charakter und Ausſehen über den Strom. Jenſeit des Fluſſes beginnen ausgedehnte Cacao- Pflans zungen, worin ein dichter Unterwuchs von Ananaſſen ſeine dunkelroten duftenden Früchte trägt. (Principe war nach
des Gebäudes u. i. w. ſind dicht behangen mit Maſſen von Dsmunda, Pteris, Davallia und Nephrodium – ein herrlicher Anblid , welcher für die ſchauerliche Szene der
den vorhandenen geſchichtlichen Aufzeichnungen einer der
Verwahrloſung, des Zerfalls und Ruins, welcher darunter liegt, reichlich entſchädigt. In einzelnen Fällen hängen
wundern, daß ſie nun auf der ganzen Inſel wild wächſt.)
die roſtigen Gloden noch in den Türmen , deren Inneres aber von Farnen und windenden Cucurbitaceen ſo dicht
noch weitere Ruinen, z. B. von einer Kirche, und einem
durchwuchert iſt, daß man ſchwerlich mehr die Glocken läuten
Waſſer des bereits erwähnten Fluſſes, deſſen Namen ich nicht ermittelt habe, iſt eiſig kalt und vollkommen rein und frei von Niederſchlagen. Die Bäume und Sträucher, welche ſeine Ufer beſäumen , ſind von üppigſtem Wachstum
-
tönnte.
In derſelben Dertlichkeit und von den Ruinen dieſer Kirchen dicht umgeben, ſtehen die Ueberreſte eines ehe mals hübſchen Gebäudes, welches einſt die Geſtalt eines römiſchen Forum gehabt haben mag, aber nun mit Feigen
erſten Drte in Afrika, wo die Portugieſen die Ananas aus Braſilien einführten, und es iſt daher nicht zu ver Zwiſchen dieſen Hainen von Cacaobäumen verſtedt liegen
ummauerten Friedhof von unheimlichen Ausſehen. Das
und die Ufer ſelbſt mit einem beinahe undurchdringlichen
nach unbekannter oder vergeſſener Handelsherr auf Principe erbauen wollte. Als aber angeblich der Bau unter den
Gewirr von Colocaſien mit ihren hodhroten Blättern, von Cannas mit ihren ſcharlachroten Blüten, von rauhen hohen Binſen, Seggen und Gräſern bedeckt, über welche viele rote Convolvulus und wilde Kürbiſſe mit ihren gelben Blüten und grünen und weißen herabhängenden Früchten fidh rankend und idlingend hinziehen und ein unentwirr:
Händen der Maurer höher und immer höher wuchs und
bares vegetabiliſches Neßwerk bilden ,
bäumen, wilden Melonen und Farnen beinahe bis zur Unkenntlichkeit überwachſen iſt. Es iſt das unvollendete Gerippe eines Balaſtes, welchen ſich einſt ein dem Namen
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Die portugieſiſchen Beſitzungen in Weſtafrita.
Der wuchernde Reichtum des Pflanzenlebens auf Principe übertrifft alles, was ich jemals getroffen habe,
räuberiſche Natur annimmt. Ihn als grauen Papagei zu bezeichnen , iſt eigentlich ein Mißgriff, denn er iſt häufig
und iſt nicht mit einigen kurzen Phraſen zu ſchildern.
dunkelpurpurbraun von Farbe mit einem ſchönen iriſieren
Man ſieht keinen Zollbreit nadten Bodens, außer wo an dem hohen Bit einige Felſenſtreifen zu Tage treten. Trok: dem und bei allem ſeinem üppigen Waldwuchs foll der
den blauen Metallglanz über das Gefieder hin, während fein ſcharlachroter Schwanz rötlich hellbraun wird . Von einheimiſchen Landſäugetieren hat die Inſel nur einige Arten inſekten und früchtefreſſender Fledermäuſe aufzu weiſen ; dagegen kommen Buckelwale (humpbacked whales) in den Gewäſſern von Principe häufig vor, namentlich Weibchen, welche hier falben. Haie ſind in den Fluß
Boden nur von geringer Tiefe ſein und der felſige Unter grund ſchnell erreicht werden , weshalb gewiſſe Bäume hier
notoriſch nicht fortkommen. So verſicherten mich zwar die Portugieſen, allein angeſichts dieſer hohen Bäume und wuchernden Wälder erſcheint es faum glaublich. Gleichwohl iſt nur wenig Land im Anbau. Das bedeutendſte Landgut gehört einem auf Sao Thomé wohnen den Kaufmann, der von Geburt ein Deutſcher oder Spanier
ſein ſoll. Das Haupterzeugnis der Inſel iſt Cacao. Kaffee wird faum gebaut, obwohl die Regierung , um zu ſeiner Kultur aufzumuntern, den Ausfuhrzoll für Kaffee aufge hoben hat, welcher auf Sao Thomé noch fünf Prozent
mündungen ſo zahlreich und ſo frech, daß ſie beinahe die Stelle von Krokodilen vertreten. Die Bevölkerung von Principe beſteht aus etwa 3000
Menſchen, worunter kaum hundert Weiße ſind ; die übrigen Freien, Abkömmlinge von befreiten Sklaven , ſind faum mehr ein Zehntel der urſprünglichen Bevölkerung und be
ſehr gebirgig und mit ununterbrochenem Walde bededt. Man
ſtehen aus einem Gemiſch beinahe aller Arten von weſt afrikaniſchen Negern, mit einer entſchiedenen Beimiſchung von weißem Blut. Die einzige landesübliche Sprache iſt ein portugieſiſches Patois. Die hauptſächlichſten portu
findet hier die Mehrzahl der auf Sao Thomé wachſenden
gieſiſchen Beamten beſtehen in einem GouverneursLieute
Bäume und ſogar noch einige Arten, welche dort nicht
nant, welcher einen Gehalt von 300 Lſtrl. bezieht, einem Kommandanten des Forts, welcher, wenn ich recht berichtet bin, nur ein Feldwebel iſt, einem Regierungsarzt und zwei
von ſeinem Werte bezahlt. Das Innere von Principe iſt
vorfommen, aber Principe und den Hochländern der gegen überliegenden afrikaniſchen Küſte eigen ſind. In den
Niederungen kommt der Pandanus oder die Schrauben
weißen Prieſtern, welche in der einzigen noch mit einem
palme häufig vor und in den Bergen wachſen verſchiedene
Dad verſehenen Kirche den Gottesdienſt verſehen .
Baumfarne. Der höchſte Punkt der Inſel iſt ber hinter der Stadt
Sant Antonio ſich erhebende Pik, deſſen Höhe gewöhnlich auf 3000 Fuß geſchäßt wird, der aber noch nie von einem kompetenten Beobachter oder, ſoviel ich weiß, überhaupt von jemandem erſtiegen worden iſt. Sein Ausſehen recht
fertigt die herrſchende Anſicht, daß er unerſteiglich ſei.
Das Klima von Principe ſoll in der einen Hälfte des
Jahres, während der Nordwind über die giftigen Aus: dünſtungen des Niger-Delta's hinweht, etwas ungeſund ſein. Der frühere, im 17. und 18. Jahrhundert ſo bes merkenswerte Wohlſtand von Principe nahm vor etwa
hundert Jahren ab und fank infolge der kurzſichtigen
ſuchen, allein ich hatte keine Ausſicht, während meines
Politié des portugieſiſchen Miniſteriums des Innern, das immer und bis zur gegenwärtigen Regierung herab der Fluch der Rolonien war, bis zum jeßigen Zuſtand des
kurzen Aufenthaltes auf der Inſel, welche von dem un gewiſſen Verweilen des Dampfers abhieng, einen Ausflug
beten ſich der Reichtum und Wohlſtand der Inſel auf ihre
dahin zu veranſtalten. Auf Principe iſt beinahe das einzige wild vorkoms
Suderplantagen, welche mit Einem Schlag ruiniert wurden durch eine Verordnung , welche die Ausfuhr von Zucker
mende Geſchöpf der graue Papagei, der aber in folch un
aus Principe verbot, damit Braſilien das Monopol der Zuckerpflanzung genießen möge. Portugal opferte ſtets ſeine afrikaniſchen Beſißungen ſeinen ſüdamerikaniſchen auf, und als es die leßteren verlor, war der Zerfall jener früheren Beſißungen ſchon zu weit vorgeſchritten .
Id war ſehr erpicht darauf, ſelbſt die Erſteigung zu ver:
glaublichen Mengen vorkommt, daß er vollkommen der Herr
der Inſel geworden iſt und Principe eigentlich den grauen Papagei im grünen Feld als Wappen führen ſollte. Er hat alle Raubvögel vertrieben und wenn jemals ein hung
riger Adler oder Milan von Sao Thomé oder vom Feſt land herüberkommt, ſo wird er bald von den Papageien
umgebracht. Ob der graue Papagei auch die Abweſenheit
Verendens herab. Bis zu dem genannten Zeitpunkt grün
Wenn man Principe verläßt und auf der nicht ents fernten Inſel Sao Thomé ankommt, ſo iſt es, als ver
weiß ich nicht. Ich muß jedoch bemerken, daß der graue Papagei von Principe ſich allmählich in eine beſondere Varietät umgeſtaltet, größer wird, ſein Nachahmungstalent
tauſche man einen Friedhof mit einem Luſtgarten, denn Sao Thomé iſt im ſelben Maße voll Leben, Fortſchritt und Unternehmungsgeiſt, als es Principe an allen dieſen Eigenſchaften fehlt. Dieſes äquatoriale Madeira iſt eine Inſel von ungefähr 1000 e. Q.-Min. Flächenraum , welche beinahe unmittelbar unter dem Aequator liegt. Sie hat vom Meere aus geſehen ein höchſt myſteriöſes Ausſehen.
verliert und im allgemeinen eine ſehr wilde, ſcheue und
Die gewaltigen Gipfel ſteden in dunklen Wolken, und die
ſeines kleinen Verwandten, des anmutigen grünen Liebes vogels ( Agapornis) , welcher auf Sao Thomé, das keine
grauen Papageien hat, in Unzahl vorkommt, veranlaßt,
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Die portugieſiſchen Beſitzingen in Weſtafrika.
fonderbaren Geſtalten, welche ihre Berge annehmen, alle in feierliche purpurne Wälder gekleidet, die ſcheinbare
edlen Pferden ; kurzum , die Ziviliſation , der Komfort und
Abweſenheit alles Lebens, die langen weißen
dyaum
entſpreden gar nicht der typiſchen Vorſtellung von einer
gefrönten Wogen, welche in gewaltigen Sprüngen zwiſchen den Felſen und Eilanden um die ſandige Küſte her branden,
portugieſiſchen Kolonie. Allerdings erklärt das hier übliche Syſtem der organi
geben der Inſel ein phantaſtiſches Ausſehen, welches den abergläubiſchen Seefahrer, der ſie beim Landen entdeckte, beinahe abgeſchreckt haben muß. Sie iſt das Ideal von einer verzauberten Inſel. Ein einzelner ſehr merkwürdiger
fierten Arbeit viel von dieſem Wohlſtand.
Bit, welchen man vom Meere aus auf der Südſeite beut
arbeiten laſſen. Auf das Recht oder Unrecht dieſes Syſtems kann ich mich hier nicht einlaſſen, da hier der mir geſteckte Rahmen eines Vortrags nidyt Raum bietet ; allein ich
lich unterſcheidet, ſieht aus wie ein gen Himmel deutender geſpenſtiſcher Finger; ſein Gipfel iſt oft in Wolken gehüllt
und der gänzliche Mangel an Wald an ſeinen ſteilen fäulenartigen Hängen unterſcheidet ihn in ſeiner ganzen Nacktheit von den umliegenden waldbedeckten Bergen. Er
iſt, wie man mir berichtete, von baſaltiſcher Formation und führt den ſonderbaren Namen Cao Grande, d. h. großer Hund.
Niemand kennt ſeine Höhe, welche aber nach meiner
Unternehmensgeiſt, welche hier auf dieſer Inſel vorwalten,
Ich weiß , man
beſchuldigt die Portugieſen, ſie betreiben wirkliche Sklaverei, indem ſie ihre ſchwarzen Unterthanen gewaltſam in die
Lehre nehmen und eine gewiſſe Anzahl Jahre hindurch
möchte nur bemerken, daß der Handel mit Kulies oder mit Kanaken von den Inſeln des Stillen Ozeans, woran Eng länder, Franzoſen und Deutſche ſich beteiligen, von einem
noch grauſameren und noch weniger zu rechtfertigenden Charakter iſt, als das Lehrlingsſyſtem der Portugieſen, welches nun unter forgfältiger Regierungsaufſicht ſteht.
Schäßung über tauſend Fuß über der Meeresfläche bes
Ich fann ſagen , daß es in Sao Thomé ausgezeichnet
tragen muß. Einige von den ihn umgebenden Piks nehmen
wirkt, und daß ich nie eine glüdlichere oder beſſer ver pflegte Klaſſe von Negern ſah , als dieſe Lehrlinge hier.
eine ähnliche Geſtalt und Ausſehen an , beſonders der Cao Pequeno oder kleine Hund. Dieſe ſeltſamen For mationen rühren wahrſcheinlich von der eroſiven Thätig feit der ſchweren Regen her, welche alles außer dem harten Kern der alten vulkaniſchen Krater hinwegſpülen. Der höchſte Gipfel von Sao Thomé erreicht eine annähernde
Höhe von mehr als 7000 Fuß, ſcheint aber noch nie bis zum Gipfel erſtiegen worden zu ſein. Ungefähr ein Drittel der Inſel iſt angebaut, aber der Akerbau macht entſchiedene Fortſchritte. Chinarinde, Kaffee, Cacao, Zucker und Cocosnußpalmen ſind die Haupt gegenſtände des Anbaues und wachſen alle in verſchiedenen Niveaur, die Chinarindenbäume zwiſchen 2000—4000 Fuß über dem Meere, Kaffee etwas niedriger als dieſe, Cacao
nicht in mehr als 500 Fuß, Zuckerrohr nur in den heißen fumpfigen Thälern und die Cocospalme nur drunten un mittelbar am Meeresſtrande. Mehrere Portugieſen haben mit dem Anbau von Chinarinde und Kaffee bedeutende Vermögen erworben und erwerben ſie noch, und deshalb
erfreut ſich dieſe liebliche Inſel noch immer eines gewiſſen Wohlſtandes und einiger Verfeinerung. Die Landhäuſer, roças, von Sao Thomé ſind oft reizende Behauſungen und verbinden mit ihren herrlichen Umgebungen die Schön heiten der Schweiz und des äquatorialen Afrika. Man findet hier jedes nur denkbare Zubehör des ziviliſierten Lebens : äſthetiſche Tapeten, die erſt zwei oder drei Jahre aus der Mode, Pianinos und Flügel, franzöſiſche Romane, engliſche, franzöſiſche, deutſche und portugieſiſche Zeitungen ,
Die Bevölkerung von Sao Thomé beläuft ſich auf ungefähr 20,000 Seelen, worunter 4—500 Weiße mit Einſchluß von etwa 100 Sträflingen. Die farbigen Be
wohner dieſer Inſel ſind notgedrungen von einer gemiſchten Raſſe, denn ſie ſind die Abkömmlinge der vielen Sklaven ,
welche während der Dauer der Sklaverei von verſchiedenen Teilen der Weſtküſte hierher gebracht worden ſind. Der größte Teil derſelben fam aber von Cabinda, dem Kongo und Angola und ſprach daher verwandte Dialekte.
Das
Patois der Inſel ſcheint eine Art verdorbenes Portu: gieſiſch, untermiſcht mit Worten und grammatikaliſchen Formen der Bantuſprache, zu ſein.. Es haben ſich zwar auch manche Neger aus Dahomé hier niedergelaſſen , aber
fie ideinen ihre urſprüngliche Sprache vergeſſen zu haben. Im ſüdlichen Teile von Sao Thomé iſt noch ein ſeltſamer
halb unabhängiger Stamm, der der ſogen. „ Angolares", vorhanden. Dieſe Leute ſtammen von einer Schiffsladung Sklaven her, welche gegen Ende des vorigen Jahrhunderts von Angola aus nach Braſilien unter Segel ging. Ihr
Schiff ſcheiterte an der Südküſte von Sao Thomé,
die
Sklaven meuterten , ermordeten den Kapitän und die
Offiziere und entkamen in die dichtbewaldeten Hügel. Hier ließen ſie ſich nieder, befeſtigten ſich und begannen bald darauf Raubzüge nach den beſiedelten Teilen der Inſel
zu machen, um ſich Nahrungsmittel zu verſchaffen. End lidh erreichte ihre Kühnheit den Gipfelpunkt : ſie kamen bis in die Stadt Sao Thomé herab, raubten eine Anzahl
Revuen und Magazine, die neueſten techniſchen Werke über Aderbau und ebenſo die neueſten Erfindungen im Bau
Weiber und kehrten mit neuen Weibern ins Innere zurüd. Einige Zeit waren ſie ſehr unruhig und die Portugieſen
landwirtſchaftlicher Maſchinen. Manche der reichen Be wohner von Sao Thomé beleuchten ſogar ihre Wohnungen
ſchienen ſich nie die Mühe zu nehmen, ſie zu unterwerfen, allein im Verlauf der Zeit begannen Ziviliſation und Handel auch ihre Sitten etwas zu mildern . Sie kamen nach den beſiedelten Teilen der Inſel, um den Honig und
mit Gas, welches auf ihrem Grundeigentum bereitet wird, und andere haben elegante Equipagen oder Geſtüte von
Geographiſche Neuigkeiten .
211
andere Erzeugniſſe ihrer befeſtigten Heimatwildnis gegen | Corytiba iſt am 2. Februar vor. 38. eröffnet und am 4. Tabat, Tuch und Branntwein zu vertauſchen, und heutzu-
dem Verkehr übergeben worden. Dieſer Feierlichkeit wohn
tage ſind fie nun friedlich und Europäer haben Güter in
ten das diplomatiſche Korps , einige Senatoren, mehrere Miniſter und namentlich der Aderbauminiſter an, welcher
ihrem einſt unabhängigen Bezirke. Die Angolares zählen gegenwärtig ungefähr 2000 Röpfe und viele von ihren jungen Männern gehen über die Inſel zerſtreut verſchiebenen Berufsarten nach.
in ſeiner Feſtrede der Befriedigung der braſilianiſchen Re gierung über den raſchen und ſoliden Bau der Bahn 2c. Ausbrud gab.
Die unteren Klaſſen der ſchwarzen Bevölkerung von
Die Provinz Paraná, durch welche die neue Bahn
Sao Thomé ſind kein angenehmer Menſchenſchlag, ſondern robe, hochmütige und erwerbjüchtige Leute, haben jedoch nicht die unerträglich flegelhaften Manieren der Sdwarzen
läuft, bildete vor einigen Jahren noch einen Teil der
von Sierra Leone. Der gut gekleidete , gut unterrichtete und in Liſſabon erzogene ziviliſierte Neger bekleidet manchen widytigen Poſten in der Regierung der Inſel. Er iſt im allgemeinen höflich und von artigen Manieren und trägt
Ladklederſtiefeln , blaßgelbe Handſduhe , elegante modiſche
Provinz Sao Paulo und liegt zwiſchen 22 ° 55' und 270 30' ſüdlicher Breite. Sie wird begrenzt im Norden durch die Provinz Sao Paulo , im Süden durch die Pro
vinz Santa Catharina und die Provinz Rio Grande do Sul, im Dſten durch den Dzean und die Provinz Santa Catharina , im Weſten durch die Provinz Matto Groſſo
Kleider und einen glänzenden Seidenhut und läßt ſich nie
und die Republit Paraguay . Die Ausdehnung der Pro vinz in ihrer größten Länge, d. h. vom Dzean bis an den
ohne einen weißen Sonnenſchirm ſehen , da die Strahlen
Rio Paraná, beträgt ungefähr 700 kilometer . Von Para:
der äquatorialen Sonne ſeinen Teint verderben könnten . Und warum ſollte er dies auch nicht ? Leute, welche einer: ſeits ſo ſehr darauf erpidit ſind, daß der Neger ziviliſiert werde, find andererſeits , wenn er dies iſt, ſo geneigt, ihn zu verhöhnen , wenn er ſich ebenſo gut kleidet wie ein
nagua nach Affumpcion , der Hauptſtadt der Republit Para :
Europäer.
teilt werden.
Möchten ſie denn lieber, daß ein Mann, der
eine gute Shule beſucht hat, Franzöſiſch ſpricht, Klavier ſpielt und um ſeiner Geſundheit willen nach Europa geht, fortfahre, nur in einem Lendentuch und am Sonntag in einem Strobhut umherzugehen , wie ſeine Vorfahren ? Sao Thomé, Principe und das Fort Sao Joao de Ajuda
in Dahomé, wohin neuerdings die portugieſiſdie Regierung eine größere Expedition behufs der Annexion und Kolonifierung geſandt hat, bilden zuſammen eine beſondere afrikaniſche Provinz unter der Verwaltung eines Gouverneurs, welder in Sao Thomé reſidiert und einen Gebalt von 800 litrl. bezieht, während der Dberrichter der Inſel mit 350 Ljirl. befoldet iſt. Die meiſten portugieſiſchen Beamten der Inſel, mit denen ich in Berührung kam, ſind gebildete und angenehme Leute, ſprechen mehrere Sprachen außer ihrer eigenen und ſind mit den Ereigniſſen und GeſprächgGegenſtänden des Tages vollkommen vertraut ; ſie waren emig bemüht, Fremden beim Beſuch und Genuß der von ihnen verwalteten Inſel hülfreich an die Hand zu gehen. (Shluß folgt .)
guay, beträgt die Entfernung ungefähr 1000 Km. Die Provinz Paraná hat eine Bodenfläche von ungefähr 335,000 Q.-Km., und kann von Paranagua bis zur Grenze
von Paraguay in vier deutlich geſchiedene zonen einges Die erſte Zone geht von der Meeresküſte mit einer Höhe von ungefähr 3 m. aus, endet am Fuße der Serra do Mar in einer Höhe von 30 m. und hat eine mittlere Länge von 50 Km . Die Landſtriche dieſer Zone find
ſumpfig und zum Anbau ungeeignet; troßdem haben ſich zahlreiche europäiſche Koloniſten dort feſtgeſeßt und bebauen mit Erfolg die Hügel, welche den Ausläufern der Serra vorliegen. Sie bauen daſelbſt Zuckerrohr, Reis, Maniok, Mais und Weinreben. Dieſe Zone iſt bedeckt mit einem Wald von dichtem Buſchholz, welcher gar keine Hochſtämme
enthält. Die Indigo- Pflanze wächſt hier in Menge wild und wird nicht benüßt. Große Strecken von ſumpfigen
Ländereien ſind mit dem ſogen. Mangue-Strauch bedeckt, der ſich durch ſeine tanninreichen Blätter auszeichnet. Da das Mangue-Blatt vier- oder fünfmal reicher an Gerb ſtoff iſt als die europäiſche Eichenrinde, ſo wird es wahrs
ſcheinlich binnen kurzem zur Lederbereitung benüßt werden. Das Klima Dieſer erſten Zone iſt heiß.
Die zweite Sone umfaßt die Serra do Mar und ihre Ausläufer und hat eine Ausdehnung von 35 Km .
und ein feuchtes, regenreiches Klima. Der höchſte Gipfel
Grographiſde Neuigkeiten.
der Serra, Marumby genannt, hat eine Höhe von 2000 m. Dieſe Zone iſt mit Urwäldern von einer großen Mannig:
faltigkeit von Hochſtämmen und koſtbaren Hölzern für die * Braſilianiſche Eiſenbahnen. Einem Berichte, welchen der franzöſiſche bevollmächtigte Miniſter, Graf Amelot du Chaillou, in Rio de Janeiro in einer der
jüngſten Nummern des „ Bulletin consulaire“ veröffentlidt, entlehnen wir nachſtehende Notizen : Die erſte Sektion der Eiſenbahn von Paranagua nach
Kunſttiſchlerei bedeckt, z. B. der Beroba, Imbuya, dem Cedro, dem Canello, welche in großen Mengen in dieſen bis zum heutigen Tage nody unausgebeuteten Wäldern wachſen ,
auch die Liane Cypophlemon, deren poliertes Holz Sdild: patt gleicht und in der Kunſttiſchlerei von großem Nußen ſein würde. Dieſe Wälder enthalten auch viel Paliſandera
Geographiſche Neuigkeiten .
Holz (Jacarandá) , allein der Umfang und die Färbung der Stämme ſtehen hinter den Paliſſander -Hölzern der nördlichen Provinzen Braſiliens zurück. Die Vegetation dieſer Wälder iſt ſo dicht, daß man ſich mit der Art einen
Weg bahnen muß, um in dieſelben eindringen zu können . Man trifft in denſelben viele Waſſerläufe oder Waldbäche, deren Waſſerkraft ſich zum Betriebe von Schneidemühlen behufs der Ausbeutung des Holzes dieſer Wälder benüßen laſſen würde.
Die Corytiba fannten beiläufig
dritte zone, welche die hohen Plateaur von und die unter dem Namen Campos geraes be natürlichen Wieſen umfaßt, hat eine Höhe von 800 m, und ein ausgezeichnetes gemäßigtes und
trođenes Klima.
Die mittlere Temperatur von Corytiba
ift 170.C.; fie fällt ſelten unter 0 und überſchreitet nie: mals 28 ° C. im Sommer.
Wenn man durch die Serra
reiſt, ſo trifft man auf den Hochebenen ungeheure Wälder von Araucarien, einer dönen Nadelholzart. Dieſe wegen Mangels an Transportmitteln bis auf den heutigen Tag
nicht ausgebeuteten Araucarien-Wälder enthalten große
Mengen von Bäumen von gewaltigem Umfang. Die Höhe dieſer Bäume idwankt zwiſden 20 und 35 m.
1
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von beſonderer Güte, weil die Humusichichte auf Schiefer geſtein aufliegt. Die Stadt Corytiba iſt von Gemüſegärten in vollem Ertrage umgeben und weiſt viele Anpflanzungen von europäiſden Obſtbäumen auf. Namentlich ſieht man viele
Pfirſichbäume mit ſchönen Früchten, welche nach Qualität den Pfirſichen des ſüdlichen Frankreichs gleichfommen. Jenſeit Corytiba beginnen die natürlichen Grasfluren ,
welche man Campos geraes nennt. Je weiter man gegen Weſten und Norden vorrüdt, d. h. gegen Ponta Groſſo und gegen Caſtro, deſto mehr beſſert ſich die Bodenbe ſchaffenheit. Wenn man die Serrina, die jenſeit Campo Largo gelegenen Berge, überſchritten hat, findet man un
abſehbare Weidegründe, welche zur Viehzucht im großen ganz geeignet ſind. In den Umgebungen von Palmeiras legen fich reiche Grundbeſißer bereits auf Viehzucht und beſißen Heerden von mehreren Tauſend Stüden. Das Klima dieſer Gegenden iſt beſſer als irgend eines in Europa, und ohne Zweifel wird man daſelbſt binnen kurzem eine großartige Viehzucht erſtehen ſeben, welche bei dem herrlichen günſtigen Klima vorteilhaft mit jenen Ländern
Das
der Argentiniſchen Republik wird konkurrieren können, die
Araucarienholz wird mit der Zeit die nordamerikaniſche Pechkiefer und das Fichtenholz aus dem nördliden Europa vorteilhaft erſeßen , welches in Braſilien und in den Läns dern des Argentiniſchen Bundes in folcher Menge ver: braucht wird . In dieſer dritten Zone iſt auch der Strauch
gegenwärtig ſolche Mengen von getrocknetem und geſal zenem Fleiſch, von Häuten und von Wolle produzieren. Dieſe dritte zone, welche eine Ausdehnung von ungefähr 250 Km . bat, endet bei Gaarapuava. Die vierte Zone, welche zwiſchen Gaarapuava und dem Rio Paraná liegt, hat eine Erſtredung von beiläufig 300 Km., iſt ganz von Urwäldern bedeckt und noch wenig
oder Baum heimiſch, von welchem die Yerba maté, der
Paraguay-Thee kommt, eine Stechpalmenart, Ilex para guayensis. Dieſer Strauch hat dasſelbe Ausſehen wie unſere Stedpalme oder der chineſiſche Thee-Strauch ; ſelbſt die Blätter haben dieſelbe Geſtalt, nur iſt es bisher den Fabrikanten von Maté in Paraná nicht gelungen, dieſe Blätter zuſammenzurollen, wie dies mit dem Thee in China geſchieht.
Das Blatt der Yerba maté kann alle
vier Jahre gepflückt werden . Die Ernte geſchieht durch Eingeborene , ſogen. Caboelos , welche dieſe Blätter den Fabrikanten liefern, deren Werke ſich hauptſächlich in den Umgebungen von Corytiba befinden. Die hauptſächlichſten Abſaßwege für die Yerba mate ſind: Uruguay, die Ar gentiniſche Republit, Chile und Peru, wo dieſer Thee das tägliche Genußmittel für vielleicht ſechs Millionen Menſchen
und das Nationalgetränke bildet. Bis auf den heutigen Tag geſchah der Transport des Maté zwiſchen Corytiba und den Häfen von Paranagua und Antonina nur mit telſt Karren und auf dem Rücken von Maultieren.
befannt. In dieſer Zone trifft man Indianen, von denen mehrere Stämme alljährlich nad Corytiba kommen, um Tauſchhandel zu treiben und einige Bitten an den Präſi denten der Provinz zu bringen , deſſen Autorität ſie auf dieſe Weiſe anerkennen. Mehrere Flüſſe dieſer Gegend führen Waſchgold in Flittern. Der Rio Tybagy, einer der Zus flüſſe des Paraná, enthält Diamanten in ziemlicher Menge. Man nennt gewiſſe Einwohner von Caſtro, welche den Indianen die gefundenen Diamanten um einige Flaſchen Branntwein, cachaxe, abkaufen und ſie in Rio de Ja neiro zum Preiſe von zwei bis dreihundert Milreis wieder verkaufen .
Die Einwohnerzahl der Provinz Paraná, welche fidy im Jahre 1873 auf 126,000 ziviliſierte Menſchen belief, wird heutzutage auf 155,000 Seelen geſchäßt. Die Haupt ſtadt der Provinz, Corytiba, liegt in einer Meereshöhe
In
von 900 m. und hat mit Inbegriff der Niederlaſſungen,
den Umgebungen von Corytiba gibt es eine Menge zahl
welche ſie in einem Radius von 5 Km. umgeben, eine Bevölkerung von 14,000 Seelen. Dieſe Stadt hatte vor der Eröffnung der Eiſenbahn keinerlei anderes praftitables Verbindungsmittel mit dem Dzean und hiedurch mit den anderen Provinzen Braſiliens, als die mit Stein einge: düttete Chauſſee, die ſogen. Gracioſa, welche über die
reicher und gedeihlich emporkommender Niederlaſſungen , welche mit Erfolg die Cerealien Europa's, ſowie den Mais,
Maniot, das Zuckerrohr und die Weinrebe bauen. Eine algeriſche Kolonie betreibt den Weinbau im großen und erzeugt einen ſehr guten Wein, welcher dem in Rio de Janeiro erzeugten Kunſtwein weit vorzuziehen iſt. Der Boden in den Umgebungen von Corytiba iſt jedoch nicht
Stadt Morretes am Fuße der Serra von Corytiba nach Antonina führt. Dieſe Gegenden ſind heutzutage durch
Die Tierwelt in Holländiſch-Guiana.
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die Eiſenbahn von Paranagua nad Corytiba, deren Er öffnung am 2. Februar vorigen Jahres ſtattgefunden und eine Spurweite von einem Meter hat, unter einander ver bunden.
Die Tierwelt in Holländiſdh-Guiana.
nur iſt ſie etwas größer und verpuppt ſich auf dieſelbe Weiſe. In jeder verlaſſenen Hütte im Walde, unter jedem umgefallenen Baum, wo ſie vom Regen nicht beläſtigt wird, findet man ihre trichterförmigen Höhlen. Ihr liebſtes Futter ſind Termiten , deren weichen Leib ſie leicht ver ſpeiſen können. Eine andere Spezies, Ascalaphus surinamensis, deren Larve aber keinen Trichter macht, iſt noch zu er
Bon Auguſt Rappler. wähnen.
( Fortſetung.)
Puliciden, Flöhe. Der gewöhnliche Floh kommt zwar in Guiana vor, doch iſt er kleiner und es ſcheinen nur Hunde von ihm zu leiden. Erſt als im Jahre 1858 chineſiſche Einwanderer in die Kolonie kamen, wurden dieſe widerlichen Inſekten mehr bekannt, und von den Farbigen ,, Chineſen -Läuſe" genannt. Für den Europäer wenigſtens ſind ſie keine Plage. Anders aber iſt es mit dem ein
Orthoptera. Ich laſſe die Eintagsfliegen , die bei Myriaden zu gewiſſen Zeiten des Abends über die Flüſſe ziehen, und die verſchiedenen prächtig gefärbten Libellen Arten, um mich bei einem Geſchlechte aufzuhalten, das, nur in den Tropen heimiſch, überall, wo es auftritt, Schaden
anrichtet und mit Recht zu den Plagen gezählt wird. Es find die Termiten , Termes, von denen es verſchiedene
Arten gibt, die alle unter dem Namen „ Holzläuſe“, hout
heimiſchen Sandfloh, Pulex penetrans ; es iſt dieſer eine
luizen, in der Kolonie bekannt ſind. Eine Art, die ſich
Spezialität des tropiſchen Amerika, die viel kleiner als der europäiſche Flob, hellbraun von Farbe iſt und weniger weit hüpft. Er hält ſich am liebſten im Sande und an
weniger im bebauten Teile der Kolonie aufhält und des halb nicht ſo ſchädlich iſt, wie die folgende, lebt in der Savannenregion in Neſtern , die von Erde, fegelförmig
trockenen Pläßen auf, wo das befruchtete Weibchen den Menſchen, Hunden, Kaßen und Schweinen unter die Zehen oder in die weicheren Teile des Fußes und in die Ferſe kriecht und ſich in die Haut einbeißt. Man empfindet
ſeine Anweſenheit an einem leichten Jucken ; da wo das Injekt fißt, iſt die Stelle etwas gerötet, und man bemerkt es als einen kleinen ſchwarzen Punkt. Es wird nun mit einer Nadel oder einem ſpißigen Hölzchen herausgezogen . Fühlt man es nicht oder läßt man es in der Haut ſißen , ſo geht in wenigen Tagen eine wunderbare Veränderung mit ihm vor. Sein Bauch ſchwillt an, denn die Fier, welche nach und nach ihre volle Größe bekommen , dehnen den Bauch ſo aus, daß er im Fleiſch oder unter der Haut fißend die Größe einer kleinen Erbſe bekommt und nun erſt herausgenommen ein ziemlid großes Loch hinterläßt, das beſonders bei Leuten , welche barfuß gehen, ſich mit Sand und Unreinigkeiten füllt, wodurch Geſchwüre ent ſtehen. Bleibt das Inſekt aber im Fuße ſißen , ſo plaßt
ſind und eine Höhe von höchſtens vier Fuß haben ; die
Neſter ſind außen und innen , wo ſie von einer zahlloſen Menge von Gängen durchſchnitten ſind, in denen die Ter: miten die Zellen für ihre Jungen haben, ſo hart und feſt, daß man ſie nur mit der Art zerſchlagen kann. Dieſe
Tierchen ſehen wie die folgende Art nie das Tageslicht, denn die Gänge, welche nach den alten Bäumen führen, die ſie zernagen, überwölben ſie ſtets mit einer Erdkruſte. Solche Neſter ſind in den Sandſavannen ſehr häufig und
werden oft heimgeſucht vom großen Ameiſenfreſſer, der mit ſeinen vier Zoll langen Klauen die Neſter zerhackt und
mit ſeiner ellenlangen Zunge Millionen dieſer Termiten herausholt und verſpeiſt. Auch Hühner freſſen ſie gerne ;
ſo ſah ich im Jahre 1837, daß auf dem kleinen Poſten
Leute haben oft dieſe Sandflöhe bei Hunderten und werden manchmal dadurch zur Arbeit untauglich; trägt man immer Schuhe und Strümpfe, ſo hat man wenig davon zu leiden , und auch für den Barfußgehenden ſind ſie keine Plage, wenn man reinlich iſt und die Füße jeden Tag nadiſieht. Neuroptera. Der zu dieſer Klaſſe gehörende inter:
Frederiksdorp, der mitten in den Savannen des oberen Surinam lag, zwei Soldaten bei hundert Hühner hatten, die mit nichts anderem gefüttert wurden , als mit Heus ſchrecken und Termiten. Das Inſekt iſt kaum 8 mm. lang, mit weichem , braunem Hinterleib und ſchwarzem , in eine Spiße auslaufendem Ropf. Das Weibchen oder die Königin, die wohl hundertmal ſo groß ſein ſoll, habe ich nie geſehen. Die bei weitem ſchädlichere Art iſt ebenſo groß, doch iſt ihr Hinterleib weiß. Sie baut ihr Neſt aus zernagtem Holz auf Bäume und ſo zwiſchen die Aeſte, daß es gegen
eſſante Ameiſenlöwe , Myrmeleon formicaria , iſt auch
jeden Stoß oder Wind geſichert iſt, und ſozuſagen eine
in Surinam in einigen Spezien zu Hauſe ; das libellenartige Inſekt, das aber keine kurzen, ſondern 4 cm . lange Fühler
zuſammen auf trodenen Reiſern am Ufer der Creeken, wie
Maſſe mit dem Baume ausmacht. Gerne bauen ſie auch in Dadſparren , wo das Neſt gegen Regen geſichert iſt. Dieſe Neſter ſind zuweilen ſo groß, daß ſie oft 1 m . lang und eben ſo breit ſind. Sie ſind dunkelbraun, raub von außen, und nicht wie Weſpenneſter papierähnlidy,
Tagſdmetterlinge mit zuſammengeſchlagenen Flügeln . Die Lebensart der Larve iſt ganz wie die der unſerigen,
ſondern ſteif, hart und ſcheinen eher aus einer fitt- oder firniß artigen Maſſe verfertigt zu ſein. Im Innern ſind ſie ebenſo
es auf und zerfließt in eine grüne ſtinkende Jauche. Faule
mit gelben Enden hat, kommt häufig des Abends an die Lampen geflogen und ſißt über Tag geſellig bei Dußenden
217
Die Tierwelt in Holländiſd) -Gniana.
während bei der erſten Art wirkliche Gänge ſich durchs Neſt in allen Richtungen hinziehen. Wie die vorigen, ſo ſind auch dieſe Termiten nie ſidytbar, ſondern madjen ihre Wanderungen unter einem Gange von zernagtem Holz,
Gyps derſelben ihre Eier zu legen , und zu eben dem Zwed ſeidene und wollene Kleider, um mit dem Zernagten dieſe Eier zu bedecken ; fie friedyt in Flaſchen und teilt allem , mit dem ſie in Berührung kommt, ihren ekelhaften Gerud) mit. Die Kakerlake legt nur jedesmal ein Ei in
der vom Neſte aus nach dem Drte führt, an dem
ſie
der Form einer kleinen Bohne, braunrot von Farbe, etwa
ihre Verheerungen anſtellen wollen. Leinwand, Papier
6 mm . lang und 4 mm . breit, das oben ſchmal iſt und einen gezacten Rand hat. Dieſes Ei wird irgendwo in
Hart, aber voll Löcher wie ein grober Badeſchwamm ,
weichere Holzarten ſind ihrem Angriff beſonders blosgeſtellt. So weiß ich, daß ſie in einen Koffer mit Weißzeug brangen und in einer Nadit alles ſo zerfaſert hatten , daß aud) nicht ein Stück noch zu irgend etwas zu gebrauchen war. Es ſtand jahrelang in meinem Schuppen eine große tannene Bettlade, ſcheinbar ganz unbeſchädigt, als man ſie jedoch ivegnehmen wollte, war ſie ſo zerfreſſen , daß ſie nur die Dicke von Kartenpapier hatte und das Holz bloß 5 Pfund wog. Da alle Häuſer von Holz ſind, ſo muß man die größte Vorſicht gebrauchen, um zu verhüten , daß dieſe dädlichen Inſekten ſich einniſten .
Findet man ihre be
deckten Gänge, ſo nimmt man bloß ein Stückchen von der Decke weg und läßt eine Meſſerſpitze voll weißen Arſeniks hineinfallen , mit dem ſie darüber laufend ſich wahrſchein
lich vergiften, denn am andern Tage findet man keine mehr. Die auf den Bäumen angelegten Termitenneſter werden von dem kleineren Ameiſenfreſſer, Myrmecophaga tetradactyla , aufgehackt, und da beide Arten, der große und dieſer, in der Kolonie nidyt ſelten ſind und ausſchließlich von Termiten und Ameiſen leben, ſo kann man ſehen, in welch ungeheurer Menge beide Inſekten - Arten vorkommen. Ob die Termiten eine Republik oder Staat bilden , die
unter einem König oder Rönigin ſtehen, weiß ich nicht. Wie bei der Atta cephalotes, fliegen auch im Anfang der ſchweren Regen, im Dezember, Wolken geflügelter Termiten aus dieſen Neſtern . Sie ſind 11/2 cm . lang, an Kopf
einer Ecke befeſtigt und, wie geſagt, mit abgenagtem Gyps, Wolle, Holz oder dergleichen bedeckt. Nady etiva vierzehn Tagen ſchlüpfen aus dieſer Kapſel, denn Ei kann man es faum nennen, bei 20 Junge aus , die kaum die Größe einer kleinen Ameiſe haben , idinell laufen, und da ſie alles Denkbare freſſen, bald groß werden .
Bis jetzt ſind ſie
ohne Flügel, haben ſie aber die Größe der Alten erreidt, ſo wachſen ihnen auch dieſe. Sie ſind weder durdy In ſektenpulver noch durdy Gift zu vertreiben und an Bord von Schiffen eine große Plage. Die Schiffsjungen der holländiſchen Marine in Surinam mußten , wenn dieſes Ungeziefer zu ſehr überhand nahm , jeden Tag eine gewiſſe Anzahl fangen und abliefern und erfanden alle Arten von Kriegsliſten, um fidy der größeren Kakerlaken zu be mädytigen . In der Begattungszeit fliegen ſie bei Nadit in den Zimmern wie toll umher , und es iſt dann das Sdilafen ohne Gazevorhänge beinahe unmöglich. Es gibt mehrere kleinere Arten , worunter eine hellgrüne. Eine große, 6 cm . lange, 3 cm. breite, Blabera gigantea , findet ſich unter den Sdjindeldächern der Häuſern gemein daftlich mit der Fledermaus. Sie verurſacht zeitenweiſe durd) das Zittern ihrer Flügel ein Geräuſd), das man fernem Trommeln vergleichen kann . Während die beiden zuleßt angeführten durch den Schaden, den ſie verurſachen, uns ſo unangenehm ſind, ſo
und Dberleib ſchwarz, der weiche Hinterleib bräunlid . Sie haben vier lange Florflügel, die aber bei der min
wird eine andere Gattung, obgleich ſie nur vom Mord
beſten Berührung abfallen, worauf das hülfloſe Inſekt
eſſe betrachtet.
ſich verkriecht, meiſtens aber eine Beute der Vögel, Kröten und Eidechſen wird. Db dieſe geflügelten Termiten Männ
den Blätter, wovon audy eine, Mantis religiosa , ſich zu :
chen oder Weibchen ſind, iſt mir ebenfalls unbekannt. Zwar weniger (dhädlich, aber ekelhafter durch ihren Geruch iſt die Rakerlake, Blatta surinamensis. Sie gehört zum Geſchlechte unſerer Schaben und zu den läſtig ſten und ſchmußigſten aller Inſekten . Sie wird über 5 cm . lang und 2 cm. breit, iſt glänzend hellbraun und hat
lebt, wegen ihrer eigentümlichen Form von uns mit Inter Es ſind die Mantis -Arten oder wandelns
weilen in Deutſchland zeigt.
In Surinam kenne idy
wenigſtens ein Dußend verſchiedener Specien. Die be
kannteſte, Mantis praecaria, hat grüne Oberflügel, die genau wie zwei übereinandergelegte Blätter ausſehen. Die Unterflügel, die man erſt ſieht , wenn das Inſekt fliegt, ſind gelb und ſehen wie feiner Flor aus. Der Oberleib oder die Bruſt, an der oben die zwei Fangfüße fißen,
lange Fühlhörner. Ueber Tag verbirgt ſie ſich in den
iſt 4 cm. lang und 6 mm . breit und das ganze Inſekt
Rißen der Wände, unter altem Gerümpel und am liebſten unter Eiſenwerk, gegen Helle und Sonnenlicht, und ver
ausgeſpannt bei 11 cm . lang und 9 cm , breit ; die Fang füße haben eine Länge von ſtark 4 cm., ſind dreigliedrig, wovon das Mittelglied etwas ausgehöhlt und mit Stacheln
läßt ihre Schlupfwinkel erſt wenn es dunkelt. Sie läuft beinahe immer, obgleich ſie ſehr gut fliegen kann, und nichts iſt vor ihr ſicher, weder die Tinte im Tintenfaß noch gewichſte Schuhe, die ſie ſo abfrißt, daß das gelbe Leder hervorſieht. Es gibt keine Art Lebensmittel, keine Frudit, die nicht von ihr benagt oder verunreinigt würde. Sie benagt die Goldrahmen der Spiegel, um in den
1
verſehen iſt. Der dreieckige Kopf iſt ſehr beweglich, hat zivei Fühlhörner und gleich den Heuſdyreden darfe Freß
zangen. Die Mantis hält ſich gerne im niedrigen Ge ſträuch am Saume der Wälder, auf Akazien und Kaſſia Bäumen, deren Blüten von allerlei Arten Fliegen, Schmetter lingen und dergleichen beſucht werden , auf ; fie fißt ſtunden : 1
Kleinere Mitteilungen.
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lang ganz unbeweglich mit dicht an den Oberleib anges legten Fangfüßen, und lauert, indem ſie den Kopf hin und her dreht, auf ihre Beute, die ſie blikſchnell mit den Vorderfüßen ergreift, deren darfe Dornen den Gefangenen feſthalten, welcher dann ſogleid verſpeiſt wird. Das Freſſen geht ſo raſch vor ſich, daß man ganz deutlich das Ge noſſene durch den langen Oberleib in den Bauch gleiten ſehen kann. Iſt die Mahlzeit beendigt, ſo iſt es ein drolliges Schauſpiel, wie die Mantis zuerſt ihre Klauen ableđt und
amerikaniſche und 11,382,317 fremde) eingeführt. Die Gordaus fuhr repräſentierte nur 395,750,
die Silberausfuhr dagegen
20,422,924 Dollars, wovon etwa 142 Millionen in Barren mit dem amerikaniſchen Regierungsſtempel. In amerikaniſchen Gold münzen wurden 2,345,809, in fremden 5,736,333, im ganzen alſo 8,082,142 Dollars erporttert, in amerikaniſchen Silbermünzen 1,211,627 Dollars (davon 1,073,150 Trade- Dollars ), in fremden Silbermünzen 12,060,612 Dollars, wovon etwa 10 Millionen von San Francisco importiert waren . Geminzt wurden im Laufe des Jahres 24,861,123 Dollars in Gold, 28,848,959 in !
Silber und 527,557 in kleinerer Minze, zuſammen 54,237,639
pußt, dann wie eine Kaße ſich mit denſelben über Kopf und Maul ſtreicht und ſich wieder auf die Lauer ſtellt.
Der fiir Silber gezahlte Durchſchnittspreis betrug 1,09 Doll. Die Münzgebiihr der Regierung ſtellte ſich auf 18 Prozent
Es ſind unverträgliche Tiere, die ſich wie die Spinnen
des Wertes der Barren , für Silber - Dollars auf 4,365,476 Dol.
Dollars.
Die Zahl der von den Münzſtätten abgelieferten Silber - Dollars bekämpfen , wobei der Sieger den Ueberwundenen auffrißt. Das Neſt, das ſie zur Aufnahme ihrer Eier an einem
Strauch verfertigen, iſt eine 2 cm . große runde Kugel, aus einem durchſichtigen verhärteten Sd leim, der dichten:
betrug 20,373,625 , der Umlauf wurde von 39,794,913 auf
45,275,710 vermehrt, der im Schatzamt befindliche Vorrat ſtieg von 135,560,916 auf 165,483,721 . Der Betrag aller im Lande befindlichen Gold- und Silbermünzen wurde am 1. Juli auf 820
weiſe auf einander geklebt und mit einem fammartigen Aufſaß verſehen iſt. Aus dieſem ſchlüpfen, wenn die zwiſchen
Millionen Dollars geſchätzt, nämlich 542 Millionen in Gold und
ben einzelnen Sdichten gelegten Eier ſich entwickelt haben,
banken ſtark 165 1/2 Millionen Gold und nahezu 12 Millionen Silber, andere Banken und Private ſtark 323 1/3 Millionen Gold
einige Dubende kleiner, faum 3 mm . großer Jungen, die ſich anfänglich nur von den kleinſten Inſekten nähren können , aber ſchnell wachſen und , wie die Rakerlaken, deren Entwickelungsgeſchichte beinahe dieſelbe iſt, erſt Flügel bekommen, wenn ſie vollkommen erwachſen ſind.
Es gibt
mehrere große Arten, wie Mantis rubicunda, Mantis lati
278 Millionen in Silber. Davon bejaßen das Schazamt beinahe 53 1/4 Million Gold und ſtark 95 Millionen Silber, die National.
und faſt 1713/4 Millionen Silber. Mit Hinzurechnung der noch in den Münzſtätten liegenden und zur Prägung beſtimmten Gold und Silberbarren im Werte von ſtark 71 Millionen Dollars ſtellt ſich alſo der im Lande befindliche Wert auf 892 1/2 Mill. Dollars.
Die Jahresproduktion der ganzen Welt in Gold und Silber jdägt der Bericht auf 95 Millionen Dollars, die faſt ausnahmslos inter dem Münzwert zirkulieren , der mit 110 Millionen veranſchlagt
collis, Mantis flavipennis, aber alle find grün und gleichen mehr oder weniger Blättern . Andere kleinere, wie Mantis ornata, Mantis brachyptera, Mantis fuscata , Mantis truncata, find braun oder grau gefleckt mit rotbraunen
und 90 Millionen Silber geprägt, u. a. in England 11 Millionen , in Deutſchland 14 Millionen und in Mexico 25 Millionen. W.
Unterflügeln. Sie halten ſich an Baumſtämmen auf, von
Deutſch-amerikaniſche Geldjichtsforidung.
beren Rinde fie ſich kaum unterſcheiden laſſen . ( Fortſegung folgt.)
wird.
Jul 18 Ländern der Welt wurden 100 Millionen Gold
In den bisher erſchienenen amerikaniſchen Geſchichtswerken wird des hervorragenden Anteils, welchen die deutſche Einwander
Kleinere Mitteilungen.
rung und Bevölkerung an der Entwicelung der Vereinigten Staaten genommen , nur in geringem Maße gedacht und wer die wirkliche Geſchichte Amerika's nicht kennt, muß notwendig glauben , daß weſentlich die Engländer, Jrländer und Schotten das Land
zur Kultur und Ziviliſation emporgehoben haben und daß die Gold- und Silber-Umlauf in Nordamerika.
Alljährlich erſtattet in den Vereinigten Staaten der Münze
Deutſchen , eine untergeordnete Klaſſe, ihnen lediglich ihre Fäuſte und Arme geliehen. Daß der Deutſchen große und gleichberechtigte
direktor dem Sekretär des Schatamtes einen Bericht über das (immer am 30. Juni ſchließende) Fiskaljahr, und ſo iſt denn auch diesmal, und zwar wie gewöhnlich, in den erſten Novembertagen ,
Mitwirkung bisher nicht gebiihrend gewiirdigt worden, erklärt ſich
In dem mit dem 30. Juni
haben ; es iſt verzeihlich, daß ſie die Thaten ihrer Raſſe in den Vordergrund geſtellt. Engliſch - hiſtoriſche Geſellſchaften ſind ſchon
ein ſolcher Jahresbericht erſchienen .
zu Ende gegangenen Jahr betrug der Wert des in den Münz ſtätten deponierten Goldes 56,748,752 Dollars, wovon etwa 32 Millionen einheimiſche, ſtark 11 Millionen fremde Goldbarren und 8 Millionen fremde Münzen. Der Wert des deponierten zur Prägung angekauften und des Barren -Silbers betrug 38,082,222 Dollars, wovon 32 Millionen im Lande gewonnen und 2 Mill.
fremd. Der Geſamtmünzwert des Goldes und Silbers betrug 94,830,976 Dollars (im Vorjahre nur 87,955,154). Die Abnahme der Goldproduktion an der Pacific-Kiiſte zeigt ſich in der Ver minderung der Gold - Depoſiten in der Minze zu San Francisco, ſeit 1881 etwa 8 Millionen Dollars. Der Geſamt- Import von
freilich einfach dadurch , daß nur Engländer und Irländer das
Material zur Geſchichte der Union geſammelt und verarbeitet lange in allen Teilen des Landes vorhanden, aber ihre Forſchungen beſchränken ſich meiſt auf die Nachweiſung der maßgebenden Ein flußnahme der Puritaner und (ſpäter) Neu -Engländer und ſie nehmen
höchſtens noch von den Cavalieren des Siidens Notiz ; von der folgenreichen Einwanderung des deutſchen Elements iſt nur ganz fliichtig im Vorübergehen die Rede. Das ſcheint anders werden
zu ſollen. Schon ſeit einiger Zeit hatten ſich in Cincinnati und
Goldbarren ſtellt ſich auf 8,849,237, von Silberbarren auf 4,530,384
in Philadelphia deutſche Vereine für die deutſch- amerikaniſche Ge ſchichtsforſchung gebildet und eben jeßt tritt in Baltimore eine „,Deutſch -amerikaniſche hiſtoriſche Geſellſchaft “ ins Leben, welche allerdings zunächſt nur das Material zur Geſchichte der deutſchen
Dollars . Goldmünzen wurden im Betrage von 17,842,459 Dol.
Bevölferung des Staates Maryland von der erſten Anſiedelnng
(davon 3,352,090 amerikaniſche und 14,490,369 fremde), Silber münzen im Betrage von 12,020,243 Dollars ( darunter 637,926
an bis auf die Gegenwart zu ſammeln und dieſes Material in deutſcher und engliſcher Sprache der Deffentlichteit zugänglich zu
Kleinere Mitteilungen. machen beabſichtigt.
So wird denn nach und nach auch das
geſchichtlich verzeichnet werden , was die Vereinigten Staaten der deutſchen Kultur, der deutſchen Wiſſenſchaft, der deutſchen Induſtrie und der deutſchen Siite 311 danken haben und wird dereinſt die
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und Gold (778,618 Unzen ).
Seit 1851 , dem Jahre der Ent
deđung von Gold in der Kolonie , bis Ende 1884 wurden 53,023,985 Unzen im Werte von 212,095,940 Lſtr. gefunden. Unter Kultur befanden ſich 940,248 Hektar und davon ſtanden
deutſche Bevölkerung Amerika's mit demſelben Stolz wie die Nachkommen der Puritaner auf den reichen Anteil hinweiſen
443,651 inter Weizen mit einem durchſchnittlichen Ertrage von 24 Buſhels oder 653 Kilo vom Hektar Der Viehſtapel zählte
fönnen , den ihre' Nationalität an dem Gedeihen und dem Ruhme
293,846 Pferde (+7067), 1,287,945 Rinder ( --9601), 10,637,412
des Landes genommen .
Schafe (-101,609) und 234,347 Schweine (+822). An Eiſen bahnen waren 2676 (+162) und an Telegraphen 6470 Km . Gr . (+579 gegen das Vorjahr) im Betrieb.
G. W. Alaska.
Nach den neueſten Nachrichten hat lieutenant Aűen eine ſehr
erfolgreiche und glüdliche Reiſe gemacht. Er ging den Atna oder Copper River, von dem wir bis ießt nur die unterſten 50 Miles durch Serebrannikoff ( 1848) genauer kannten , hinauf und ver folgte deſſen weſtlichen Arm bis zur Quelle. Der Strom iſt reich an Schnellen, mitunter auch breit, mit zahlreichen Inſeln ; er fließt dicht am Fuß des noch thätigen Vulkans Wrangell vorüber , zahlreiche Gletſcher liegen in der Nähe. Gold, Kupfer und Silber wurden
gefunden . Dann überſchritt die Expedition auf einer Portage die Waſſerſcheide nach dem Jukon - Gebiet, erreichte den Tananah etwa 125 Miles oberhalb des höchſten ſeither bekannten Punktes und
folgte ihm und dem Jufon bis zum Meer. Sie fanden die Ver proviantierung einigermaßen ſchwierig, da es an Wild fehlte und
die Indianer faſt nur von Fiſchen lebten. Mit nicht geringerem Erfolg erforſchte Lieutenant Cantwell den Kowak bis zu ſeinen Quellen, welche von vier Seeii gebildet werden, deren bedeutendſter etwa 520 Miles von der Mündung unter 670 n. Br. und 1530 w... liegt. Endlich machte der Ingenieur Melenegan eine ſehr
Steinkochen . Ein an das in dieſen Blättern mehrfach beſprochene „ Steins kochen “ erinnernder Branch findet ſich hie und da beim lippiſchen Landvolfe. Wenn nämlich jemandem infolge von Genuß falten Getränkes zu einer Zeit, wo der Betreffende ſehr erbigt war, der
Magen geſchwollen iſt (Verdrinfen im Blattdeutſchen , Magen fatarrh ) , ſo wird eine Schale mit derſelben Flüſſigkeit gefüllt, deren unvorſichtiger Genuß das Uebel hervorgerufen hat. Dann werden im Feuer gegliihte Kieſel aus dem Bache hineingeworfen, und der Kranke muß das Getränk in möglichſt heißem Zuſtande zu ſich nehmen. Ob man deshalb Kieſelſteine wählt , weil dieſe
im Feuer beſtändiger ſind, als die gewöhnlich vorkommenden Kalf und Sandſteine, oder ob ein Volksglaube dem zugrunde liegt, habe ich nicht in Erfahrung bringen können .
Die Ausbeute der Gold- und Silberminen in den Bereinigten
erfolgreiche Reiſe den Nunatak hinauf nur mit einem Begleiter in einem Felboot . Sie hatten ſehr mit der Strömung zu kämpfen , fanden aber reichlich Wild und wurden von den etwa 250 Köpfe im ganzen Flußgebiet zählenden Indianern freundlich behandelt. Am 2. Juli gingen ſie ab, am 30. erreichten ſie den Punft, wo die Schiffbarkeit aufhörte, doch gelang es ihnen , zu Fuß den kleinen von Schnee umgebenen Quellſee, ca. 400 Miles von der Kliſte, zu erreichen , den nördlichſten Punkt, den Europäer im Binnenlande
von Alaska bis jett erreicht haben. Die Rüdfahrt erfolgte trop der vielen Stromſchnellen ohne Unfall. Wichtige Nachrichten ſind
Staaten.
Der leyte Jahresbericht des Münzdirektors der Union iſt ein ſtarker Band, der eingehende Informationen über den Ertrag an Edelmetallen in dem Jahre 1883 enthält. Von allgemeinem Intereſſe dürfte die folgende Tabelle ſein , die den Goldertrag und den Silberertrag der verſchiedenen Staaten und Territorien für das Jahr 1883 angibt: Staat oder
Gold
Silber
Total
Territorium
Dollars
Dollars
Dollars
auch von Herrn Henry O. Woolfe eingelaufen, der am Kap Lig
Alaska
burne, nördlich der Behringsſtraße, iiberwinterte. Die Kälte war erträglich, nur im Februar erreichte ſie -450 F. Er entdeďte eine ganze Anzahl neuer Steinkohlenadern und auch ein bedeuten
Arizona
Californien Colorado
Dakota
des Kohlenfeld von etwa 20 Quadrat- Miles, das ſchon jetzt für Ko .
die Walfiſchfängerflotte von Bedeutung iſt.
Georgia Idaho Montana Nevada
Bictoria ,
wenn auch die kleinſte unter den auſtraliſchen Kolonien mit nur 4133 d. D.-Min., iſt doch zur Zeit noch immer die bevölkertſte. Ihre Seelenzahl belief ſich am Schluſſe des Jahres 1884, mit Einſchluß von 780 Eingeborenen, auf 961,276 (+ 29,486 gegen
Süd-Carolina
das Vorjahr) und am erſten Juli 1885 auf 973,403.
Utah
Die City
Neu -Merico Nord - Carolina
Oregon
of Melbourne, Hauptſtadt, zählte, mit den Vorſtädten im Umkreiſe
Virginien
von zwei d. Min ., 322,690 Seelen oder 18,281 mehr als im
Waſhington Wyoming Andere (Alabama, Tenneſſee 2c.)
Vorjahre. Die Revenue des Finanzjahres 1884–85 betrug 6,290,653 ſtr. ( +356,076 ſtr .) und die Ausgaben 6,407,567
Pſtr. (+349,815 lſtr.). Die öffentliche Schuld war am erſten Oktober 1885 auf 28,567,787 lſtr. oder 29 lſtr. pro Kopf ange wachſen und erforderte eine Verzinſung von 41/4 Prozent.
Ende
November 1885 bewilligte das Parlament eine weitere Anleihe von 6 Millionen Lſtr. Der Import des Jahres 1884 bewertete 19,201,633 £ ftr. (+ 1,457,787 lſtr.) oder 20 Lſtr. 6 sh ., und der
Erport 16,050,465 lſtr. (- 348,398 lftr. gegen das Vorjahr) oder 16 Lſtr. 19 sh . pro Kopf der Bevölkerung. Die wichtigſten Exportartikel bildeten Wolle (329,911 Ballen à 330 e. Pfund)
W. Defterhaus.
Detmold .
300,000 950,000 14,120,000 4,100,000 3,200,000 199,000 1,400,000 1,800,000 2,520,000 280,000 167,000 660,000 56,000 140,000
3000
300,000 6,150,000 15,580,000 21,470,000 3,350,000 200,000 3,500,000 7,800,000 7,950,000 3,125,000 170,000
20,000
680,000
500
5,620,000
57,000 5,760,000
500
80,500
5,200,000 1,460,000 17,370,000 150,000 1000
2,100,000 6,000,000 5,430,000 2,843,000
6000
6000
80,000 4000
4000
17,500
17,500
46,200,000 76,200,000 Nach dem Berichte waren ferner am 1. Januar in den Total
30,000,000
Vereinigten Staaten 827 Millionen Dollars Gold und 264 Mil . Dollars Silber im Umlauf. Es gäbe das auf den Kopf der D. Gr. Bevölferung etwa 17 Dollars Hartgeld.
!
Litteratur.
220
Veteran der Wiſſenſchaft, Carl Frhr. v. Czvernig, der frühere
Litteratur.
Präſident der t. t. ſtatiſtiſchen Centralkommiſſion und Mitglied der
* Spezialtarte der Oeſterreichiſch- ungariſchen11 Monarchie, im Maße 1 : 75,000. graphiſches Inſtitut .
1885 wd 1886 .
Wien , t. 1. Militär- Geo Il eberſichtsfarte
von Mittel- Europa , 1 : 750,000. Wien, ebendajelbſt 1885 bis 1886. Die Veröffentlichungen des f. f. Militär-Geographi
ſchen Inſtituts in Wien unter der vortrefflichen Leitung des Verru Feldmarſchal -Lientenants Baron J. Wanka von Lenzenheim ſind anerkaunt muſtergiiltige Meiſterwerke der modernen Kartographie und werden an Klarheit, Schönheit und Genauigkeit von den Leiſtungen anderer Staaten beinahe nicht einmal erreicht, geſchweige denn iibertroffen . Dafür zeigen die uns vorliegenden 34 neueſten Karten der beiden obengenannten Unternehmungen , wovon 24 auf das erſtgenannte umfangreiche Werf, 10 auf die ſchöne Ueberſichts karte von Europa fallen. Die 24 Karten des erſtgenannten großen Unternehmens umfaſſen Blätter aus den Zonen 9, 10, 11 , 13, 14, 15, 16, 17, 25, 26, 33, 34 und 55, welche jämtlich Ungarn behandeln und ein bewundernswert klares und vollſtändiges Bild von der horizontalen und vertikalen Gliederung und der Beſiede lung dieſes reichen Landes und ſeiner Hydrographie geben , in welcher namentlich die Verhältniſſe des Theiß -laufes vorziiglich dargeſtellt ſind. Die 10 Blätter der „ Ueberſichts-Karte von Mittel Europa “ ſind nicht minder anſchaulich und deutlich , und zeigen namentlich eine ſo meiſterhafte Terrainzeichnung, wie wir ſie auf wenigen anderen Karten haben, ſo daß ſie eine wahre Ergänzung
und Berichtigung aller anderen Atlanten und Kartenwerke bilden . Sie umfaſſen die Schichten weſtlich A. 3, 4 und 5, C. 5, D. 4, 5, 6, E. 4, 5 und F. 5 und zeugen von dem Fleiß und Eifer, womit die Direction des k. f. Militär -Geographiſchen Juſtituts
auf möglidiſte Förderung und Vollendung dieſes ſchönen Karten werks hinarbeitet.
* Hand und Reiſefarte von Siebenbirgen. Heraus gegeben von der Section „Wien “ des Siebenbürgiſchen Karpathen Vereins. Ausgefiihrt im f. k. Militär-Geographiſchen Inſtitut in Wien . Maßſtab 1 : 750,000. Wien, in Nommiſſion bei Carl (Graeſer. Die Herausgabe dieſer Hand- und Reiſekarte von Siebenbürgen iſt ein Hod )verdienſtliches Unternehmen der Sektion
f. t. Akademie der Wiſſenſchaften , hat ſeiner Zeit für die Be
arbeitung der ethnographiſchen Karte des Kaiſerſtaats, die leider niemals vollſtändig erſchienen iſt, ein reiches ethnologiſches Material geſammelt, welches lange Zeit in den Ardiven ſchlief, bis Herr v. Czoernig die Muße ſeines Penſionsſtandes beniitzte, dasſelbe wieder hervorzuholen , neu zu bearbeiten und nach den Ergebniſſen
der neueſten Forſchungen zu vervollſtändigen . So entſtand die wertvolle ethnographiſche Monographie, welche den vorliegenden ſtattlichen Band füllt und uns jene alten Völferſtämme vorführt, die einſt die Bevölkerung des vormaligen lombardiſch-venezianiſchen Königreichs bildete. Dieſe Paläo - Ethnologie von Oberitalien , welches ſeit uvordentlicher Zeit der Schauplatz von Wander zügen der verſchiedenſten Volfsſtämme war , die ſämtlich dort Niederſchläge zurücgelaſſen und Miſchraſjen in mehr oder minder angenfälligem Umfang bervorgebracht haben , iſt ungemein lehre reich und bietet dem Geſchichtsjorſcher, Geographen und Ethno logen ein ungemein reiches, vortrefflich verarbeitetes und großen teils durch eigene Anſchauung und Forſchung geſichtetes und richtig geſtelltes Material, welches die trefflichen Arbeiten von P. Chierici und anderen Forſchern noch übertrifft und eine Menge Erſcheinungen
des heutigen Völkerlebens in Südtirol, dem Südahhange der Alpen , in Frigul, Venezien, der lombardei und der Emilia er :
klärt. Die Kapitel über Raeto -ladiner ( Friaulen) und ihre Sprache, die Veneter, ihre Herkunft imd Entwidlung, die Kelto-Romanen und ihre Geſchichte vom Mittelalter bis herunter zur Zeit des llebergangs von Land und Volk an das Königreich Italien 26. ſind höchſt intereſſant und inſtruktiv und verdienen beſondere Beachtung,
weil ſie uns eine Menge Thatſachen und Erſcheinungen auf dem Gebiet der Geographie, Topographie , der politiſchen und der Kulturgeſchichte erklären und einen höchſt denkwürdigen Abſchnitt der Paläo:Ethnologie in der iiberzeugendſten Weiſe darſtellend ausfüllen . Das gediegen ausgeſtattete gehaltvolle Werk ſollte in keiner Bibliothek eines Gelehrten fehlen . * Röttger, R .: Das Wetter und die Erde.
Eine
Witterungskunde nach neuen Grundſätzen und Entdeđungen , be:
Deutſchen beſonders intereſſieren muß. Es iſt die ſchönſte, dent:
griindet durch zahlreiche Einzelbeweiſe und durch die ſeit 1878 eingetretenen Kataſtrophen unſeres Erdkörpers. Mit Flluſtrationen. Jena, H. Coſtenoble , 1885 . Die Witterungsfunde iſt vor wiegend Erfahrungs -Wiſſenſchaft und durch die neueren genauen meteorologiſchen Beobachtungen in den verſchiedenſten Gegenden Europa's und der iibrigen Weltteile bedeutend gefördert worden,
lichſte und vollſtändigſte Narte des geſamten Siebenbürgen, weldie
daher auch der Wetteifer unſerer Meteorologen , uns mit neuen
wir beſitzen , und ein wahres Meiſterwerk der Leiſtungen des M. R. Militär: Geographiſchen Inſtituts in Wien , in drei Farben gedrudt, nämlich Terrain braum , Schrift und Gewäſſer ſchwarz und Verkehrswege und Straßen rot. Wir haben dermalen nur wenige Karten in Deutſchland, ia in ganz Mitteleuropa, welche ſich an ſchöner und gediegener Ausſtattung mit dieſer meſſen dürften , die zugleich eine längſt ſchmerzlid) gefühlte Lücke unſerer neueren farto graphiſchen Literatur ausfiilt und eine Ergänzung und Begleitung zu dem Werke von Dr. C. Reißenberger und dem mm in zweiter Auflage erſcheinenden Hand- u . Reiſebuch von E. A. Bielz iiber Siebenbürgen bildet, welche demſelben Verlage entſiammen . * Czoernig , Carl Freiherr v.: Die alten Völker Oberitaliens: Italiter (Umbrer), Raeto - Etrusker, Raeto -ladiner, Veneter, Kelto - Noin a neil. Eine ethno Der verdiente logiſche Sfizze. Wien, Alfred Hölder, 1885.1
Handbiichern der Meteorologie 311 verſehen. Ein derartiges Werk mun, welches ſich auch eingehend mit den Erdbeben-Erſcheinungen der jingſten Jahre und ihrer Beobachtung und Verzeichnung be faßt und das die eigenen Beobachtungen des Verfaſſers parallel init denjenigen der Deutſchen Seewarte gibt und aus beiden eine Reihe von Lehrſätzen zieht und aufſtellt, liegt uns nun hier vor und legt ſeine Schliiſſe und Lehren der Prüfung der Gelehrten und laien dar , gibt ſich aber ſeinem ganzen bedentenden Umfange 11adh als eine ernſte, grindliche, auf jahrelangen Studien und Beobachtungen beruhende Arbeit zu erkennen, welche Aufſehen
Wien des Siebenbirgiſchen Karpathen - Vereins und einer der dankenswerteſten Beiträge zur Förderung der Landeskunde von Siebenbiirgeni, das wegen ſeines „ Sachſenlandes " und der ſtamm
verwandten Bevölkerung desſelben den gebildeten und patriotiſdien
machen wird.
Neuer Verlag der 3.6. Cotta' den Buchhandlung in Stuttgart. Riehl,
H. , Die bürgerliche Geſellſchaft. Achte Auflage. 80 .
XII und 394 Seiten.
M. 5. -
Sdad , A. F. Graf von, Memnon. Eine Mythe. 80. 164 Seiten . M. 3 .
1 Ohne unſere Schuld unliebſam verſpätet.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslaudes.
Drud und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Tluslaud. Wochenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter
Fachmänner herausgegeben von der
I. G. Gotta’ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang .
Stuttgart, 22. März .
Nr. 12.
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Hreis pro Quartal M. 7. 3u beziehen durch alle Buchhandlungen des J11- und Auslandes und die Hoſtämter. Manuſcripte und Hecenſions-Gremplare von Werten der einſdlägigen Litteratur ſind direft an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6. 11 , ju jenden. Injertionspreis 20 Pf. für die geipaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Pfingſtgebräuche und Frühlingsgeiſter im ſüdöſtlichen Ural. Von Frdr. Wilh. Groß. S. 221 . 2. Siidoſt europäiſche Nationalitätenfämpfe. Von Paul Dehn. Schluß.) S. 223. 3. Zur Geſchichte des Weinbaues in Tenneſſee. Von O. Plümacher. S. 226. – 4. Phyſiographie von Siid - Indien. (Schluß .) S. 227. 5. Die portugieſiſchen Beſitzungen in Weſt afrika. Von H. H. Johnſton. (Schluß .) S. 231. 6. Dr. Ballay's Erforſchung des Ogowe. S. 235. 7. Die Tierwelt in yolländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler. ( Fortſetzung.) S. 237. – 8. Litteratur. Š 239. Notizen. 240. Vereine, Geſellſchaften , -
Muſeen 2 .
S. 240.
Pfingfgebräuche und Frühlingsgeifter im ſüdöſtligen Ural.
vielleicht auch noch ſolche ſtimmung zu befriedigen Momente mit Mythen und heiligen Legenden auszuſtatten .
Aus öfteren Wiederholungen wurden Gewohnheiten Von Frdr. Wilhelm Groß. Kein Zufall iſt es, wenn die meiſten unſerer hohen Feſte
gerade mit ſo wichtigen Momenten der einen oder anderen Jahreszeit zuſammenfallen, wie z. B. die Dſtern in die
und Gebräuche, aus der Eigenart der Völker entſtanden
Sitten, und der Aberglaube ſorgte dafür, daß bald eine Menge gottesdienſtlicher Formalitäten hinzukamen. Man
ihr Vermählungsfeſt feiert. Dieſes Zuſammentreffen der
mußte ſich ſagen , daß alles, was man vorgehen ſah, nidyt ſo von ungefähr geſchehen könne. Nach der Vorſtellung ſimpler Naturvölker waren dazu Weſen von ungewöhn licher Macht nötig, die das alles vollbradyten, ſich aller:
Feſte und Jahreszeiten hat eine hohe und ſinnige Bedeu tung, die man ſich ohne Mühe erklären kann. In alter
ſich denſelben wohl geneigt zeigten, bald zur Dankbarkeit
Auferſtehungszeit der Natur oder das Pfingſtfeſt in den Frühling, da die bräutlich geidmücte Erde mit der Sonne
Zeit, als man überall – im Säuſeln des Windes, im Liſpeln der Blätter, im Murmeln und Lullen der Bäche genug in allen Vorgängen und Bes und der Duellen wegungen der Natur das Walten unſid )tbarer göttlicher
wärts regten und bald mit den Menſchen zürnten oder und Liebe aufforderten, bald Furcht und Scheu einflößten. Dieſe Weſen, die ſo viel Gutes und Boſes verrichten fonnten, waren die dunkel empfundenen Gottheiten, mit
welchen man ſich auf einen möglichſt guten Fuß ſtellen
Weſen zu vernehmen glaubte, konnte es gar nicht an ders ſein , als daß die regelmäßig wiederkehrenden Jahres: abſchnitte mit ihren Eigentümlichkeiten außerordentlich das Gemüt der Menſchen beſchäftigen mußten. Mußte es zum Beiſpiel für den Landbauer und Hirten nicht alles
Auf dieſe Weiſe erhielten die Feſte einen religiöſen Charakter, der ſich von Generation auf Generation, von
mal ein glüdliches Ereignie bedeuten, wenn die fröhliche
Jahrhundert zu Jahrhundert, ja ſelbſt von einem Jahr
Zeit zurüdfehrte, in der alles wieder zu neuem Leben er:
tauſend auf das andere vererbte, bis ſeine urſprüngliche
mußte, und das war nur möglich, wenn man denſelben
unter Beobachtung gewiſſer Zeremonien die größte Ver ehrung zollte.
wachte, die Wälder ſich wieder belaubten, die Saaten
Form gänzlich verloren gegangen war. Auch wir beſigen
grünten und die Wieſen und Weiden wieder jungen Gras Uns will es be:
noch manche Feſtgebräuche, ohne daß wir eigentlich recht wiſſen , wie wir dazu gekommen ſind, da ſie häufig mit
dünken, ein ſo wichtiger Vorgang mußte notwendig in
dem driftlichen Kultus auch nicht in einem entfernten
die feſtliche Stimmung verſeßen, und es fehlte weiter nichts ,
Zuſammenhang ſtehen ; allein, obgleich wir uns in den meiſten Fällen über den Sinn derartiger Sitten kaum noch
wuchs in Hülle und Fülle ſpendeten ?
als daß man noch gewiſie Tage erwählte, um dieſe Feſt: Ausland 1886, Nr. 12.
34
Pfingſtgebräuche und Friihlingsgeiſter im ſiidöſtlichen lral.
222
in Vermutungen ergehen können, hängen wir doch mit einer Zähigkeit an denſelben, daß wir uns unſere Feſte ohne dieſe liebgewordenen Beigaben gar nicht recht denken können und mögen, ſo daß man uns mit denſelben auch
als traditionelles oder kulturhiſtoriſches Intereſſe, allein wo alles, ja, wie es ſchien, ſelbſt die Natur aus zahl lojen kleinen Herzen jubilierender Vögel.froblockte , da mußten auch die Menſchen ihre Luſt austoben und alten
zugleich unſere Feſte rauben würde.
Gewohnheiten oder ihren firen Ideen geredyt werden. Dafür war es der Wonnetag der Götter ! Dazu gehör:
Am auffallendſten tritt das beſonders an einzelnen Tagen, z. B. am Neujahrstage, dem Heiligen Dreifönigs tage, dem Aſchermittwoch, dem Marientage u. ſ. w . hervor.
Am St. Andreastage muß man z. B. Kirſchenzweige bredien und in das Waſſer ſtellen , die dann zu Weihnachten blühen ſollen . Uralt iſt die weit verbreitete Sitte, in
der Oſternacht aus einem von Morgen gegen Abend
ten aber Pfingſttänze, die man im Freien aufführte und die nirgends fehlen durften , ſelbſt nicht dort, wo man dieſelben nur in tollen und verwegenen Sprüngen nach: ahmte. In einzelnen Orten der Rheingegend werden noch heutigen Tages Narrentänze aufgeführt, indem man in tollen Sprüngen durch die Straßen des Ortes hüpft.
8 holen, fließenden Bach oder Fluß das heilige Oſterwaſſer zu
Daß dieſe rauſchenden Vergnügungen je nach dem
das gegen unzählige Leiden ein Univerſalmittel ſein ſoll
Charakter des Landes, des Volkes und des Klima's weſent lich verſchieden ſich geſtalteten, iſt ganz natürlich, allein Pfingſten mußte man feiern, ſelbſt wenn man von der Bedeutung desſelben in unſerem Sinne nichts wußte.
und angeblich nie verdirbt. Am erſten Mai hat man die Thüren zu den Viehſtällen mit Kreuzen verſehen, die man init weißer Kreide aufzeichnet, damit die Heren, die in der Walpurgisnacht auf dem Blodsberg reiten , nicht ein: dringen fönnen ; ebenſo iſt das freuzweiſe Aufſtellen von alten Beſen vor den Thüren ein vorzügliches Schußmittel
Wenn ſid, die Naturvölfer des fernen Sibiriens der Wieder:
verjüngung ihrer Weiden erfreuen und die Feuerſchlange in die dürre Steppe ſeßen , ſo iſt das nichts weiter als
gegen den Unfug der Heren. Auf den Feldern werden zu dem
unſere Götterhodyzeit. Das Jahresfeſt der Garten- und
ſelben Zwede Beſen verbrannt, die man abwechſelnd in die Luft ſchleudert, weil man außerdem glaubt, daß die jenigen Felder, welche durch die Walpurgisfeuer erleuchtet
Blumengöttin oder die zeitweilige Nüdfehr der Lieblings tochter der Erde auf die Dherwelt bei den alten Heiden hatte
werden, ſich durch Fruchtbarkeit auszeichnen.
ungefähr diefelbe Bedeutung.
In Rußland, namentlich im
Ebenſo iſt
ſüdöſtlichen Ural, wo um dieſe Zeit die Geiſter und Ko
das Schießen an dem Walpurgisabend eine weit verbrei
bolde aus der Erde zu wachſen ſcheinen, nimmt die Ruß
tete Sitte, die den Zweck haben ſoll, den Bilmſchneider unſchädlich zu machen , welcher dem Bauer die Körner ent wendet und leere Aehren auf dem Halme zurüdläßt. In vielen Gegenden iſt es üblich, in den Gehöften oder auf den Dorfſtraßen mit den Peitſchen zu knallen, weil man meint, daß die Heren dadurch verjagt würden. Die Freuden feuer auf den Bergen in der erſten Mainacht haben eine ähnliche Bedeutung, ſind aber ſicherlich in Beziehungen zu bringen zur Feier des angebrochenen Lenzes. Eine große Anzahl anderer, mitunter ſehr hübſcher Gebräuche, die in der erſten Mainacht allerorts beobachtet werden , können wir in jedem Dorfe der Heimat und des Auslands
alkafeier am Pfingſt- und Johannisfeſt eine hervorragende Stelle ein. Ruſſiſche Forſcher haben ſich bisher vergeblich bemüht, den Urſprung dieſer eigentümlichen Feier aufzu:
fennen lernen.
ſteht in dieſer Beziehung ſicherlich keinem an deren Feſte nach. Man fann das ſehr leicht begreifen,,
Ländern weſentlich von einander ab. In manchen Ge genden, namentlich den nördlichen, erſcheint dieſes Weſen bald als Teufel, bald als häßliches altes Weib, deſſen Bösartigkeit ſehr gefürchtet wird. Viel gutartiger tritt
denn alles in der lieblichſten der Jahreszeiten brängt zu
dagegen die Rußalka in den Uralländern auf, wo man ſic
Das Hochzeitsfeſt der Erde
als Wañerjungfrau von beſtridender Schönheit ſchildert, die vielfach an die Flußnymphen der griechiſchen Mythe erin nert ; aber die ſelbſt auch ſo große Furcht einflößt, daß
Das Pfingſtfeſt
das man die Hochzeit der Götter
nennt
freudigen Kundgebungen .
und des Himmels mußte man auch wirklich hochzeitlich
begehen, und dazu mußte man ſich bekränzen, in Grün und Blumen hüllen, die Häuſer und Wohnungen mit Maienzweigen ſchmücken und mit dieſen Aeußerlichkeiten
mußten audy leibliche Ergößungen verbunden ſein. Man mußte Gelage feiern, Somauſereien veranſtalten und der fröhlichen Stimmung durch einen animierenden Trunk nad helfen, was freilich manchmal mehr geſchah, als es der guten Sitte und der Geſundheit zuträglich iſt. Die meiſten dieſer Gebräuche haben heute kein anderes
ſpüren , die - wie man glaubt - auf alte heidniſche
Sitten zurüdweiſt. Es kann ſein, allein näher betradtet, ſcheint doch die Pointe des Feſtes nicht ſo rätſelhaft, wie man annimmt, ſondern handgreiflich auf eine ſymboliſche Feier
des zurüdgekehrten Lenzes abzuzielen, und hiernach würde die Rußalka nichts weiter ſein , wie ein Frühlings- oder Pfingſtgeiſt, der am Pfingſtſonnabend aus der Tiefe der Flüſſe und Seen emporſteigt, um ſein Unweſen zu treiben .
Auch die Rußalfa-Sage weicht in den verſchiedenen
man während der Pfingſtwoche nach Sonnenuntergang
in der Nähe von Gewäſſern nicht einmal laut zu ſprechen , geſchweige denn zu ſingen oder in die Hände zu klatſchen wagt.
Die häufigen Unglücksfälle an den betrüglidhen und vom Hochwaſſer unterſpülten Ufern mögen ſicherlich dieſer Furdyt reichliche Nahrung zugeführt haben. Wenn junge Leute ſich zu didt an den Rand der Flüſſe wagten,
Sidoſteuropäiſche Nationalitätenlämpfe. um Blumen zu pflücken und der Boden ihnen unter den
Füßen zuſammenbrady, ſo mußte das eine Rußalfa geweſen ſein, welche die Verunglückten in die Tiefe hinabzog, oder
223
andere ſich an den herabhängenden Ruten der Linden und Nüſtern ſchwingen , ſich in das Waſſer fallen laſſen oder gegenſeitig haſchen.
wenn die übermütige Jugend ſich zu früh nach einer Haut
Allein obgleich derartige Vergnügungen am Tage
erfriſdung ſehnte und die fühle Waſſertemperatur eine Kata:
nur ſeltener vorkommen , ſo iſt es doch gerade nicht etwas ungewöhnliches, daß Nußalkis auch um dieſe Zeit ihre
ſtrophe zur Folge hatte, dann konnte das wieder nicht mit
rechten Dingen zugehen , ſondern es war abermals der Pfingſtgeiſt, der das verſchuldet hatte. Es war daher natürlich, daß ſolche Vorkommniſſe die Phantaſie der Be wohner außerordentlich erregen mußten, und Rußalkis an allen Eden und Enden geſehen wurden , ſo daß dieſelben
noch gegenwärtig zu den alltäglichen Erſcheinungen in der Pfingſtwoche gehören. Mein ehemaliger Diener Ilistratoff gehörte zu denjenigen jüngen Männern , auf welche es die ruſſiſchen Najaden ganz vorzüglid) abgeſehen zu haben dienen , und dem es mehr als einmal begegnet war, von den letzteren verfolgt zu werden. Beinahe kein Tag ver:
ging, an welchem er nicht eine Nußalfa am Ufer ſißen geſehen hatte, und es verſteht ſich von ſelbſt, daß es ihn durdaus nicht gelüſtete, ſich dieſelbe etwas genauer an zuſehen und ihre Identität feſtzuſtellen. Dennoch und troß aller Furcht kann man begreifen,
Streifungen bis in die benad barten Gebüſche und Wild niſſe ausdehnen, wo man ſie in den Wipfeln der Bäume beobachten und don aus der Ferne an ihrem challenden Gelächter erkennen kann. Allerdings ſind ſolche Aus ſchweifungen nur von ſehr kurzer Dauer, da die Nymphen in demſelben Grade erſchlaffen und abſterben, wie ihr Haar zu triefen aufhört. Dasſelbe gilt überhaupt von
dem zeitweiligen Aufenthalt derſelben während der Tages zeit auf dem Lande. Häufiger dagegen ſieht man Ruß alfis am Tage im Fluſie ichwimmen und ihre langen Coden wie einen Sdweif von Seegras auf dem Waſſer
ſpiegel nachgleiten. Ihre Gewandtheit im Strome iſt die eines Delphins und ihre Fertigkeit im Rudern würde von feinem Swimmvogel übertroffen werden. Wie die Schwäne und Gänſe ſind ſie zwiſchen den Fingern mit einer Schwimm haut berſehen, wogegen die Füße einem geſpaltenen Fiſch
daß man ſehr genau weiß, wie dieſe populären Geiſter
dywanz ähnlich ſehen, woraus ſich die erwähnte Beweg
(die ſich übrigens feineswegs ſcheu benehmen ) ausſahen. Wie die Fluß- und Quellennymphen der römiſchen und griechiſchen Sage, leben auch die Nußalkis auf dem Grunde der Gewäſſer in prächtigen Kryſtallpaläſten , wo ſie jedoch nicht einzeln, ſondern in großer Anzahl beiſammen wohnen und von einer Königin regiert werden. Sie ſind Immor
lichkeit hinreichend erklärt, die man an ſchwimmenden Ruß
tellen, alſo unſterblich und von unvergänglicher Jugend und Schönheit, und Sterblichfeit tritt nur ein, wenn ſie trođen werden, woraus ſich erklärt, daß ſie ſich nicht aus
dem Bereich des Flußgebietes zu entfernen wagen.
alfis wahrnehmen kann. Aus allem geht hervor, daß die Thätigkeit und das Leben der Strommädchen ſich doch vorwiegend auf die Nachtſtunden beſchränkt und erſt mit der Abenddämmerung beginnt, wo es dann aber auch oftmals am Ufer der Flüſſe und Seen von Rußalkis wimmelt. Daß die Gefahr um dieſe Zeit noch eine größere iſt, wenn man badet, liegt auf der Hand. Zum mindeſten ſollte das aber niemals
Be
geſchehen , ohne ſich zuvor mit einem um den Hals zu
luſtigungen aller Art dienen denſelben zum Zeitvertreib. In den leştgenannten Ländern werden ſie als Mädchen von ſchlanker Geſtalt, blühender Jugendfriſche und bezau
hängenden Kreuzchen zu verſehen, das allein ſüßen kann . (Soluß folgt.)
bernder Holdſeligkeit beſdrieben, die meiſt nadt und in
einem weißen Rubaſchka ( Hemd) aus ihren unter dem Waſſer liegenden Behauſungen emportauchen und mit ein: brechender Abendſtunde frei und offen auf dem Lande ſpazieren gehen oder auf dem Sande und Raſen ſpielen, wo ſie auch den Badenden nachſtellen. Als ganz beſonders wundervoll wird namentlich das Haar der Rußallis ausgegeben, das von blonder oder meergrüner Farbe und von ſo bedeutender Länge ſein ſoll, daß es den ganzen Körper einhüllt. Von den welligen Locken, die loſe herabfallen , trieft Thau und Feuchte, und im Beſiße eines Kammes würde eine Ruſalka im ſtande ſein, ihre ganze Umgebung unter Waſſer zu jeßen,
da, ſolange ſid, dieſelbe fämmt, ihr Haar einem rieſelnden
Bache gleidyt. Defters erſteigen ſie am Strande ſtehende Bäume, binden und knüpfen die Weiden- und Birkenzweige zu Hängematten zuſammen und daukeln und wiegen ſidy
in denſelben, wobei ſie luſtige Singſtücke trällern, während
Südofteuropäiſde Nationalitätenkämpfe. Von Baul Dehir . III .
Das Franzoſentum in Ungarn. (Shluß . )
Wenn man gewiſſe Leute hört und gewiſſe Zeitungen liest, wenn man von ihnen die Meinungen und Wünſche gewiſſer internationaler Kreiſe vernimmt, welche häufig vorübergehend an die Oberfläche gelangen, zunächſt weil fie ſelbſt oberflächlich find , und wenn man gewiſſe Vors gänge beobachtet, ſo könnte man wahrhaftig glauben, in
Ungarn beginne das Franzoſentum gegenüber dem Deutſch tum nachhaltig aufzukommen. Solche Befürchtung hege ich nicht, nachdem ich die Univerſalität und die hieraus
entſpringende Uebermadit deutſden Kultur- und Bildungs weſens gerade im Ausland erſt ganz und voll ſchäßen gelernt
224
Sildoſteuropäiſche Nationalitätenfämpfe.
habe. Wir können ohne Bitterfeit den Verſicherungen der Sympathie und Freundſdyaft folgen, welche zwiſchen fran zöſiſchen und magyariſchen Perſonen und Zeitungen aus :
bloße oberflächliche Plaudereien waren von Frau Adam
getauſcht werden ; ſie beruhen auf einer Verwandtſchaft in
von vornherein nicht zu erwarten, und wer ſidh damit be:
Temperament und Lebensauffaſſung , welche allerdings vor
handen iſt, und außerdem auf Juuſionen, wie ſie zwiſchen
gnügt, mag franzoſenfreundlid bleiben. Ganz ſo wie in den Schaufenſtern vieler deutſcher Budyhandlungen in Wien,
Völfern, welche fern von einander wohnen , häufig anzu treffen ſind ; ſie haben weder tiefe nod feſte Grundlagen
den ungariſchen Hauptſtädten die franzöſiſche Tages- und
und ſind in ernſten Fällen machtlos geweſen. Als die
Romanliteratur ſtark hervor, ſo daß, wie ich es mehr als
Deutſchen genöthigt wurden, gegen die Franzoſen ins Feld zu ziehen, da waren die Sympathien der Magyaren auf ſeiten der Letteren. ,,Wir Profeſſoren " ſo erzählte mir
einmal in Wien bemerkt, ein deutſches Buch gar nicht mehr baneben zu ſehen iſt. Wer indeſſen tiefer geht und die Bibliotheken und ſonſtigen Lehrmittel der beſſeren
Cauſerien im Feuilleton des „ Pariſer Journal" oder des 1/
„ Journal Amuſant" ſehr am Plaße wäre."
Mehr als
Verlin und anderen großen Städten drängt ſich auch in
der gelehrte Lehrer der Kirdiengeſchichte am Calviniſchen
Schulen und Erziehungsanſtalten, der Akademien und Uni
Kollegium zu Debreczin, Herr Profeſſor Balog , „wir Pro
verſitäten muſtert, der wird dort die deutſche Literatur
fefioren ſtanden damals ſamt und ſonders mit unſeren
neben der ungariſchen an erſter Stelle vertreten und be:
Sympathien auf franzöſider Seite. Nur Einer unſerer Kollegen war anderer Meinung. Er erinnerte uns daran,
ſtätigt finden, daß Ungarn ſich an dem deutſchen Bildungs weſen emporrankt. Mir iſt das wieder recht klar geworden
daß wir icon als Proteſtanten einer fatholiſchen Macht
bei dem Beſuche der alten Bibliothek des Calviniſchen
den Sieg über eine proteſtantiſche unmöglich wünſchen dürften . So war damals die Stimmung . Im Laufe der Ereigniſſe indeſſen , ſpäterhin inmitten des Kampfes Deutidlands gegen Nom , ſind wir langſam anderer
Kollegiums und bei der Durchmuſterung der neuen Lehr:
Meinung geworden , und als wir hier in Debreczin die vier: hundertjährige Geburtsfeier Luthers begingen, da fühlte id) mid) als offizieller Feſtredner gedrungen, laut hervor zuheben , daß dieſes unſer dönes Kollegium nicht hätte erbaut werden können ohne Luther und ohne Deutſchland." Solche Wandlung iſt ſeither über manchen ernſten Mann
gekommen. In einer bemerkenswerten Streitſchrift, welche ein fähiger ungariſcher Politiker u. 6. T. „ Konſtitutionelle Geheimniſſe" ( , Alkytmanyos Tiktok ", Budapest 1883) veröffentlidyt hat, iſt ausgeführt worden , daß Ungarn den Franzoſen niemals den Sieg über die Deutſden babe wünſchen fönnen, weil im Falle einer Niederlage Deutſch):
lands unzweifelhaft Wien alsbald aufs neue die Ober hand über Deutſchland gewonnen und den Dualismus im eigenen Reiche mit der ungariſchen Selbſtändigkeit und Verfaſſung gewiß wieder eingeſchränkt haben würde. Nod immer beſtehen in Ungarn lebhafte Sympathien für Frank reich, wie ſie ſich zulegt bei dem Beſuche der Frau Adam im April 1884 befundet haben.
Allein auch dieſe ſind
im Schwinden begriffen, nachdem die ſchöne Frau in ihrem Buche über Ungarn „La patrie hongroise,“ wie bei einem auf Grund eines nur zehntägigen Aufenthalts geſchriebenen Werke nid)t anders zu erwarten war, eine ſo große Un
kenntnis der Verhältniſſe bekundete, daß einer ihrer ungari :
mittel- und Bücherſammlung der landwirtſchaftlichen Afa demie in Debreczin. In einer Rede, welde er am 5. October
1884 vor ſeinen Wählern in Preßburg hielt, bemerkte Kultusminiſter Trefort bei Erwähnung ſeiner leßten Reiſen in Deutſchland, Frankreich und England: Von allen drei Nationen ſolle und müſſe Ungarn lernen, von England
in Bezug auf Handel und Induſtrie, von Frankreich in Bezug auf Eleganz und Formenſchönheit, von Deutſchland aber Wiſſenſchaft, Schule und Heerweſen. Hiebei rühmte er Deutſchlands Lehranſtalten, Seminarien und Muſeen und wies auf die Wichtigkeit der Pflege der Wiſſen daft hin.
Franzoſenfreundlich bei halb unterdrüdter Deutſch feindlichkeit find beſonders die Juden, und wie dieſelben dabei das Geſchäftliche mit dem Patriotiſchen zu verbinden
wiſſen , das zeigt ein Rundſchreiben der Buchhandlung Gebrüder Revai – bis vor kurzem noch Gebrüder Roſens berg - in Budapeſt, worin ſie von Pariſer Verlegern
die Eröffnung eines Kreditkonto's erbaten und zu Gunſten dieſes ihres geſchäftlichen Wunſches es als ihre patriotiſche
Aufgabe erklärten, „ die für unſer Vaterland ſo gefährlich gewordene Bevormundung (des deutſchen Geiſtes) durch Einbürgerung franzöſiſcher Literatur und franzöſiſchen Geiſtes zu paralyſieren." Nunmehr wollen ſie eine fran
zöſiſche Revue mit franzöſiſchen Artikeln und Clichés, was billig zu machen iſt und gewinnbringend erſcheint, heraus
lleberſeßung erſchienen, erklärte, daß es uns däucit, als
geben und ſo das Deutichtum in Ungarn mit Stumpf und Stiel ausrotten , allem Anſchein nad nur deshalb, weil die Herren Roſenberg-Revai bei deutſchen Verlegern
hätte Madame Adam blos Mr. Tiſſots berühmtes Werk
nicht den genügenden Kredit genießen.
ſchen Freunde an derſelben Stelle, wo dieſe Artikel in
über Ungarn retouchiert. ... Wir haben Madame Adam IV .
als ritterliche Leute par excellence gewiß ſehr charmant empfangen , bewirtet und fetiert, und nun behandelt ſie als
Magyariſcher Batriotißmus.
Revanche die wichtigſten Epiſoden unſerer Geſchichte mit einem bewunderungswürdigen Leichtſinn, der allenfalls bei
Da ſind wir inmitten der Pußta, auf der weiten ungariſchen Tiefebene. Was ſie einſtmals geweſen, eine
225
Siidoſtenropäijcc Nationalitätenfämpfe. unbebaute und ſelbſt baumloſe Steppe, iſt die Pußta, mit Ausnahme weniger Stellen, längſt nicht mehr. Wer im ſpäten Frühjahr über die Pußta fährt, kann meilenweit
dem Einfluſſe derſelben entrückt und ſelbſt die natürliche
nichts anderes erblicken als Mais- und Weizenfelder. End: los dehnen ſie ſich aus und unerſdhöpflich erſcheint ihre
finden ſid) Debreczinertum, Magyarentum und Calvinertum
Fruchtbarkeit. Ringsum von den gewaltigen Höhenzügen der Alpen, der Karpathen und des Balfan mit ihren Aus
fraft und Thätigkeit , während das Gebirge den Verkehr
den konſervativen Tugenden , welche feſtgehaltene Ueber lieferungen hervorzurufen pflegen. Hieher, in das Herz des ungariſchen Landes ," mitten in die ,, unwirtliden Steppen Ungarns ," wo Klima und Boden für Ungarn und gegen den Feind kämpfen ," wurde in den erſten Tagen des Jahres 1849, nad dem Zurüdweichen Görgey's vor den anrückenden öſterreichiſchen Heeren unter Windiſchgrät, nadydem Budapeſt unhaltbar geworden , der Sitz von Ne gierung und Reichstag verlegt. Hier in der reformirten
erſchwert, das eingeſchloſſene Volt in der überlieferten
Kirche, welche unwillkürlid) an die Paulskirche zu Frank
läufern umgeben , trägt die ungariſche Tiefebene als ab: geſchloſſenes Binnenland mit ihrer Bevölkerung einen ganz anderen Charakter als das niederdeutſche Flachland. Das Meer iſt wie eine Brücke für den Verkehr der Völker, es
führt ſie zuſammen, läßt ſie ſidy einander abſchleifen und reizt ſie in gegenſeitiger Konkurrenz zu erhöhter Willens
Landeshauptſtadt. In den ,, Civiſchen“ (civis) von Debreczin, wie die Bürger der alten Freiſtadt ſich noch heute nennen,
ſtarf und ſelbſtbewußt entwickelt in Verbindung mit all'
11
Urwüchſigkeit erhält und von den Fortſchritten der übrigen
furt a. M. erinnert, tagte der Reidistag, von hier aus
Nationen bis zu einem gewiſſen Grade iſoliert. Erſt die Eiſenbahnen haben darin eine Veränderung und in der wirtſchaftlichen Entwidelung Ungarns einen großen Um ſchwung hervorgerufen. Mehr als anderwärts iſt in Ungarn die Ebene frudytbar und reich, das Gebirge unfruchtbar
verfündete Koſſuth, „ daß Ungarn ſamt allen dazugehörigen Teilen und Provinzen in ſeine unentfremdbaren Natur rechte wieder eingeſeßt, der Reihe der ſelbſtändigen Staaten
Europa's wieder angeſchloſſen und das meineidige habe
vier hätt'ſt du den Braten roh gelaſſen , Auf der andern Seite ihn verbrannt.
burg-Lothringiſche Haus vor Gott und der Welt des Thrones verluſtig erklärt werde." Hier wurde vom Reichstage die Unabhängigkeit Ungarns einſtimmig beſchloſſen . In Debreczin habe id; wiederholt, freilich auch ander wärts, Gelegenheit gehabt, über die Eigenart des magyari îchen Patriotismus Beobachtungen und Betrachtungen an
Während hier dich Glüdliche bewohnen , Die erſticken faſt im Ueberfluß,
liche, konſequente Republikaner. Hod) wird ſtets und aller:
und arm , wie denn Petöfi ſingt: „Wäreſt aud fein guter Koch geworden , Ilugaru , vielgeliebtes Vaterland:
Maucher Arme auf der andern Seite Ach des Hungertodes ſterben muß . “ wie In der Ebene aber, auf der Pußta, wohnen ins Eroberer lebten überall - diejenigen , welche als die
Land gekommen, ſich die beſten Pläße erwählt und die
vorher Anſäſſigen in die Berge zurückgedrängt haben, in dieſem Falle die Magyaren. So beſingt der magyariſche Dichter denn auch nicht die Berge, ſondern die Ebene als jein , als magyariſches Heimatland, wie Petöfi: „ Schönes Tiefland! endlos deine Ebne ſtrebet, Du biſt's, wo am liebſten meine Seele ſchwebet.
Bergland iſt ein Buch mit ſeinen Thälern , böhen , Da muß Blatt für Blatt ich ohne Zahl umdrehen. Aber Tiefland du, wo keine Berge ragen ,
zuſtellen. Es gibt in Ungarn nur ganz vereinzelt wirk wärts die ungariſche Krone gehalten, allein in einer merk würdigen, ſo zu ſagen, unperſönlichen Auffaſſung. Der öſter reichide Kaiſer, der Habsburger in Wien, iſt den Magyaren
fremd, gleichgültig, ja unſympathiſch : für ſie gibt es einzig und allein einen König von Ungarn , einen ungariſchen König, den Träger der ungariſchen Krone. Nicht für König und Vaterland ! " heißt es, ſondern nur ,,für's Vater
land ! " Niemals wird der Magyare in die Hymne ein ſtimmen, ,,Gott erhalte Franz den Kaiſer ! " In Ermange lung einer Königshymne iſt des Magyaren Nationalgejang der Rakoczy -Marſch , lange , lange Zeit von Wien her verboten und heute volkstümlicher als je. Bald 200 Jahre ſinds, daß Rakoczy fiel, doch als der volkstümlichſte Held ſeiner Nation lebt der Rebell gegen das Haus Habsburg
Liegſt gleich einem Briefe vor mir aufgeſchlagen . Dich kann ich mit einem Blicke überſeheit,
Und es ſtehn in dir gar herrliche Ideen. Wie's mich ſchmerzet, daß ich auf der Pußta draußen Während meines ganzen Lebens nicht kann hanſen ! Hier möcht' ich , im Freien, leben, wie die Biene, Wie frei in Arabien der Beduine.
Pußta, du biſt mir der Freiheit Bild ...
Wahrlic ! nicht auf den Bergen wohnt in Ungarn die Freiheit ! Debreczin iſt die erſte und dharakteriſtiſchſte Pußta:
Hauptſtadt Ungarns, inmitten der Ebene, fern von Bergen
fort und zwar ſo unmittelbar, als ob er auch der Führer des leßten Unabhängigkeitskrieges gegen Deſterreich im Jahre 1849 geweſen wäre. Damals ſtand Ungarn in der That unter den berauſchenden Klängen des Rakoczy Marches auf und mit Stolz und Zorn denkt es daran zurüd, mit Stolz weil es inzwiſchen errungen, was es damals erſtrebt, mit Zorn, wenn es ſich der Edlen erinnert, welche dem
Scharfrichtertume eines Haynau zum Opfer fielen. Was die Habsburger damals in Ungarn geſchehen ließen, es ſteht in dem Herzen des Magyarenvolkes unauslöjdhlidy eingegraben.
wie von Flüſſen, weitab von der politiſchen Metropole
35
Ausland 1886, Nr . 12 .
Zur (Beſchichte des Weinbanes in Tenneſſce.
226
Zur Geſchichte des Wriubanes in Tenneſſee.
für „ Catawba " , „ Clinton " und eine von ihm ſelbſt aus
Geloďt durch ſehr niedrige Landpreiſe, den Quellen: reichtum und die überaus günſtigen klimatiſchen Verbält niſſe des Cumberland -Plateau's (Tenneſſee), kamen zu Ende
Samen gezogene blau -ſchwarze Traube „ Julie" einen Preis. 1 Gegenwärtig werden vier Sorten Wein gefeltert: drei rote und eine Sorte Weißwein. Die Reben werden an mit Draht verbundenen Pjählen gezogen, mit hinlänglid) breitem Raum zwiſchen den Längsreihen, daß man den
der Sechziger Jahre eine Anzahl Familien aus Ohio nach Grundy - County und kauften ſich in der Nähe des Sommer: Kurortes Berſheba-Springs an , während gleichzeitig zirka 10 e. MI. von genannter Drtſchaft entfernt eine Schweizer
Kolonie gegründet wurde. Grundy Countyy, am weſtlichen Rande des Gebirges, war infofern ein beſonders zur An : ſiedelung lockender Teil des Hodylandes, als eine Zweig bahn von Cowan Station ( Linie Chatanooga- Naſhville) nad dem im County liegenden Minen -Orte Tracy City führt, während das andere Ende des County mit Mac Minnville (Hauptort von Coffee County ) durch eine nad ſüd -ſtaatlicher Anſdauung ordentlide Landſtraße verbunden iſt, auf der während der Kur-Saiſon idier täglich ein Poſtwagen (stage) hin- und herfuhr.
Vor dem Jahre 1868 gab es in Grundy- County nur einzelne Rebſtöcke in wenigen Gärten bei Berſheba. Troß der irrationellen Pilege dieſer Neben trugen dieſelben alljährlid ſo reichlidy und Trauben von ſo guter Qualität, daß die neuen Anſiedler beim Anfauf des Landes weſents
lich von der Hinſicht auf den künftigen Weinbau beſtimmt wurden .
Im Jahr 1868 wurde ein größeres Stück Reben gepflanzt von einem Engländer aus Ohio. Dieſelben ver ſprachen das Beſte; ſie wuchſen üppig und lieferten ſchon das folgende Jahr Proben . Aber dem Eigentümer fehlten die Arbeitskräfte in der Familie und die Mittel zur Be:
zahlung der nötigen „ Hände“ ; die Pflanzung ging bevor ſie in einen Zuſtand des Vollertrages getreten
unter an der Ueberüppigkeit von Boden und Klima zu Grunde ; denn die Neben , ungenügend gepflegt, wudyfen zu wilden Büſchen heran und darüber hinweg wuchſen das Unkraut und die Saſſafrasſtauben . Im Jahr 1874 pflanzte ein Deutſd) Amerikaner (Hege) ,
Boben mit Pflug und „Kultivator" bearbeiten kann und
die Hade nur in der nächſten Umgebung der Stöde zur Anwendung kommt; infolge deſſen, und weil die Rebſtöde im Winter nicht gelegt werden , verurſadyen ſie weniger Arbeit als bei uns, obgleid, infolge des überaus üppigen Wachstumes derſelben das Sd neiden und Ausbreden mehr
Zeit per Stod beanſprucht. Auch in der Kolonie „ Grütli “ ſind Neben gepflanzt worden und wird Wein erzeugt ; dody ſcheint die Lage
bezüglich der Spätfröſte minder günſtig als diejenige von Berſheba. So gab es z. B. im Jahre 1882 in der Kolonie dier keine Trauben , in Berſheba aber eine reiche Ernte,
weil an erſterem Orte die Reben dreimal ausgeſchlagen hatten und die Triebe jedesmal wieder durch den Froſt zerſtört wurden. Im Winter 1883 litten die Nebſtöde überall etwas von der Kälte, trobem war der Herbſtertrag in Berſheba ein guter, und recht reich war auch der leßte Herbſt. Troß dieſer günſtigen Umſtände gibt Mr. Hege auf unſere Anfrage : ob es ſid) für Leute mit Kapital lohnen würde, in Grundy-County ausídließlich den Weinbau zu betreiben ? die Antwort: nein , vorläufig noch nicht; der Weinbau lohnt gut, aber man muß das nötige Futter für den zur Düngerproduktion nötigen Viehſtand ſelbſt bauen. Die anderweitige Landverwertung iſt um ſo eher geboten , als nur je die gegen die Spätfröſte geſchüßteſten, nady Südweſt abſdhüſſigen Bodenkomplere zu Rebgärten ge eignet ſind. Das Land auf dem Cumberland-Plateau iſt noch
immer billig; 50 Cents bis 1 Doll. per „ Acre“ für wildes
und zwar in friſch geklärtem Waldboden an weſtlichem Ab : hange, welches Stüd er nun ſeither beſtändig vergrößerte.
Land ; 2-15 Doll. per ,, Acre" für Farmen , wobei abır Obſtbäume und Gebäulichkeiten (in der Regel im ſchlechteſten Zuſtand) inbegriffen ſind. Bezüglich der Arbeitslohne ſchreibt unſer Gewährs
l'enntnis des Rebbaues und die Mittel zur gehörigen Pflege
mann : im Jahreslohn zahlt man 80-100 Doll., im
waren vorhanden und der Erfolg iſt ein vollſtändiger.
Monatslohn 6–12 Doll. nebſt freier Station ; Taglöhner
Schon das nächſte Jahr gab günſtige Broben ; je nach den
erhalten ohne Koſt im Winter 60 Cents, im Sommer
Sorten trat im dritten und vierten Jahre Vollertrag ein .
75 Cents per Tag.
Im Jahre 1880 wurden 300 Gallonen Wein und für 150 Doll. Trauben verkauft ; im Jahre 1881 ivaren vier
Laut einem
Grenzpoſt“ erſdienenen Reiſebericht über einen Beſuch in
Acres zum Vollertrag fähig. Mr. Hege baut 15 Sorten ;
der Kolonie „ Grütli" iſt dort der Durdydnittsertrag per
von den blauen ſind die beſten Sorten : ,, Clinton " , ,, Con cord" , ,, Jves " , ,, Telegraph" und „ Hartfort - prolific" ; „,Venerego" iſt kupferfarbig ; von weißen Sorten thut gut:
Acre 300 Doll. Der Wein, der zum Teil nach New - York verkauft wird , gilt dort im Detailverkauf 60 Cents bis 1 Doll. die Flaſde. Wenn auch der New Yorker Wirt
,,Martha", „ Lady-grape", minder gedeiht ,,Croton ". Im Jahre 1883 ſtellte derſelbe bei der Ausſtellung in Louisville, Kentucky, jedis Sorten aus und erhielt
einen Profit nimmt wie ein Apotheker, ſo iſt dennod der
der ebenfalls aus Dhio fam, ein kleines Stück Reben an ,
vom 26. -28. Juni in der „ Schweiz.
| 800 Weinbauer hatten ausgeſtellt in Louisville.
Phyſiographie von Siid Indien.
227
Preis zu hoch, als daß man auf deſſen Dauer redynen
nach Süden in eine ſehr merkwürdige Deffnung, die ſogen .
dürfte ; der Ertrag von 300 Doll. per Acre alſo für die
Pålg hât - Lüde, über, einen niedrigen fladen Durd
D. Plüma der.
Zukunft fraglich.
.
gang, welcher etwa 38 Km . breit und unter 1000 Fuß hoch iſt und von den ſüdlichen zentralen Niederungen von Coimbatore und Salem nach der Malabar-Küſte hinüber:
Phyſiographie von Süd- Jndien. (Schluß .)
Die landſchaftlichen Schönheiten der . Nilgiri - Berge ſind wohlbekannt. Ihre Pits und Abſtürze, ihre graſigen
führt. Durch was für ein Agens dieſe Lüde entſtanden ,
iſt noch niớt deutlich einzuſehen geweſen oder nachgewieſen worden ; allein auf den erſten Blick iſt man verſudit anzu nehmen, es habe hier irgend ein großer Binnenſee zu
Dünen und geſchüßten Einſenkungen, ihre prächtigen moos
irgend einer Zeit mit dem Arabiſchen Meere in Verbindung geſtanden, und vielleicht leihen die Niederungen von Coim
bedeckten Wälder und maleriſchen ſtillen Scholas, ihre
batore mit ihrem dwarzen Boden, welder auf eine unter
rauſchenden Flüſſe voll Stromſchnellen und ſchöner Waſſer
Waſſer gebildete Formation deutet, dieſer Annahme einige
fälle, welche insgeſamt durch Saumpfade, gute Straßen
Glaubwürdigkeit.
und Wege und herrliche Päſſe zugänglidy gemacht ſind kurzum, ihre ganze , durch die pradytvolle Färbung der Tropenländer noch verſchönerte Szenerie ſind in hohem
Südlich von der Pålghât-Lücke erheben ſich die Berge wieder zu ihrer vollen Höhe unter dem Namen der Ana : malai oder Elefantenberge und weiter ſüdlich als der Tra
Grade lieblich und den Europäern wohlbekannt, denen dieſes Klima vortrefflidy bekommt.
der ſüdlichen Ghâts bezeichnet. Dieſe Berge gleichen mehr
Für den ſdslecht gekleideten und obdachloſen Eingebo renen, für Menſchen und Tier, iſt das Klima allerdings nicht ſo angenehm . Sie vermögen dem anhaltenden kalten und feuchten Wind des Südweſt-Monſuns nicht zu wider: ſtehen, wenn er über die Kämme der Ghâts hereinſtürmt und den weſtlichen Dünen entlang daberfegt. Noch vor nicht langer Zeit erreichte ein großer Zug Packodſen eines Abends den oberſten Teil des von Wainâd heraufführen den Paſſes und wurde freigelaſſen, um in dem herrſchen den Nebel des Monſubns zu weiden. Nod) vor dem Morgen
waren alle tot, und ich erinnere mich noch gut, wie ich einige Jahre ſpäter die bleidenden Knochen derſelben über die
vancore- Berge ; beide werden zuweilen auch mit dem Namen einem wirklichen Gebirge, als die Ghâts im Norden , in : ſofern ſie ſich von allen Seiten unmittelbar aus den Niede: rungen erheben und ihre Oberfläche mehr in große Thäler
und hohe Pifs gebrochen iſt, als die Berggegenden nord wärts, von denen wir oben geſprochen haben. Sie ſind an der Weſtſeite nicht ſo abſchüſſig und ihre öſtlichen Ab: hänge ſind die ſteileren von beiden . Der höchſte bis jest
gemeſſene Punft , Anamudi (Elefantenſtirne), der höchſte bekannte Gipfel in Südindien, hat eine Höhe von 8840 F. über dem Meere.
Die Anamalai- Berge ſind ſehr wenig bekannt, da ſie
erſtarrt neben den Leichen ihrer Kameraden niederſtreckten,
gegenwärtig beinahe ganz unbewohnt und von tötlichen Dſchungeln umgeben ſind. Nach den Schilderungen von Jagdfreunden und anderen , welche bis zu ihren Gipfeln vorgedrungen ſind, ſollen ſie an Schönheit und Geſundheit
die der Kälte bereits erlegen waren, obwohl die Tempera:
des Klima's, Pracht der Szenerie und Fruchtbarkeit des
tur damals mutmaßlich nicht unter 120 C. geweſen ſein kann. Die abgehärteten Eingeborenen, die kräftigen ſtäm=
Bodens die Nilgiris noch übertreffen ; und aus den zahl
migen Todas, verlaſſen dann mit allen ihren Büffelheerden die weſtlichen Weiden und wandern nach dem öſtlichen Teil des Plateau's, wo ſie unter dem Schuße des Berg
gefunden hat, kann man ſchließen, daß fie in früheren
zuges des großen Dodabetta vor dem Regen und dem ſarfen erſtarrenden Wind des Monſuhns geſchüßt ſind.
den weſtlichen Châts. An die Anamalai-Berge im Oſten ſtoßen die Balani
Sogar die wilden Tiere der erponierten weſtlichen Wälder
Berge, gleich den Nilgiri ein hohes, nur deutlicher in zwei
vertauſchen dieſelben um dieſe Jahreszeit mit geſchüßteren Dertlichkeiten . Der Name Nilgiri oder Blaue Berge ſoll von dem ungewöhnlich blauen Tone der Atmoſphäre abgeleitet ſein ,
Stufen gebiedenes Plateau, denn die weſtlichen oder oberen
Dünen zerſtreut geſehen habe. Mehrfach habe id halbnadte
Kulies aus den Ebenen geſehen , wie ſie ſic) an der Wegſeite
reichen rohen Steindenkmälern, welche man auf denſelben Zeiten weit ſtärker bevolkert geweſen ſein müſſen.
In
geologiſcher Beziehung gleichen ſie den Mlgiri-Bergen und
Palanis haben eine ungefähre Höhe von 7000 F., wäh
zentralen, dreieckigen Tafellandes von Südindien bezeichnet
rend der untere Strich von nur 3000. -5000 F. Meereshöhe haben ſoll. Da die Palani-Berge der erſten Heftigkeit des Südweſt -Monſuhns mehr entrüdt ſind, ſo haben ſie ein gleichartigeres Klima, welches von vielen demjenigen der Nilgiris vorgezogen wird und ohne den Mangel an Bewohnern vielleicht den europäiſchen Anſiedlern eine
werden .
beſſere Ausſicht auf gedeibliche Niederlaſſung geben wird.
durch welchen dieſe Berge von allen Seiten geſehen werden. Obwohl durch die Moyar-Sdilucht davon getrennt, fann das Nilgiri-Plateau doch als das Haupt des großen
Die öſtlichen und die weſtlichen Châts ſtoßen hier
zuſammen, endigen plößlich und gehen in ihrer Wendung
In den Bergen von Südindien gibt es keine natür: lichen oder fünſtlichen Seen, obwohl die Anlegung von
Phyſiographie von Süd - Indien .
228 folchen ungemein leicht ſein würde.
Nur unweit der Nie
derlaſſung Rodifânal (d. h. Rohrwälder) auf den oberen Palanis, iſt eine Stelle, welche man für einen früheren See hält, allein es iſt unentſchieden , ob derſelbe von natür: lichen oder künſtlichem Urſprung iſt. Jede der größeren
Stationen oder Niederlaſſungen in den Bergen hat ihren künſtlichen See, und Utakamand hat fogar deren zwei. Dem verſtorbenen Herrn W. G. M'Jvor gelang es
beinahe, mit den ſpärlidſten Mitteln einen prachtvollen See herzuſtellen. Er wählte die tiefe enge Kehle eines großen Thales in den Nilgiris und leitete in einer ein
zigen Jahreszeit von wenigen Monaten, nur mit Hülfe einiger chineſiſchen Arbeiter, die Tagwaſſer der benadybar ten Berge ſo, daß ſie eine große Bank erhöhten Bodens, in der Mitte 80 F. hody und über500 F. lang, quer
felben noch beinahe unbekannt. In geologiſcher Beziehung gleichen ſie den Ghâts und ſind vielleicht nur außenlie
gende Ueberreſte des großen Tafellandes der Halbinſel. Südlich von den Palani- und Anamalai - Bergen feßen ſich die Châts unter dem Namen der Travancore Berge mit einer Erhebung von 5000-6000 F. fort bis
auf etwa 30 Km, von Kap Comorin, wo ſie jählings zu einer Reihe vereinzelter Hügel und Felſenhaufen abfallen ; der legte derſelben iſt bei Evbe gerade noch am Waſſer ſpiegel, einige Hundert Meter ſüdwärts von der Landſpiße, zu erkennen .
Südlich von den oberen Palanis befindet ſich ein großer Landſtrich gebirgiger Wildnis, beinahe ganz un
bekannt und unbewohnt, außer von Elefanten, Büffeln und
über das Thal niederſchlugen. Unmittelbar ehe ſein Werf
anderen wilden Tieren, ſowie von einigen wilden Menſchen vom niedrigſten Typus, welche im Naturzuſtande in jenen
vollendet und Vorkehrung für ſeine Ueberlauf-Kanäle ge
Dichungeln wohnen und von den Früchten und Wurzeln
troffen war, trat ein ungewöhnlich früher und ſchwerer Regenfall ein . Es goß mehrere Tage lang unaufhörlic) ;
leben, welche ſie in jenem Garten von Eden auſleſen oder mit den nadten Fingern aus dem Boden darren können
der See bildete ſich und ſtieg beſtändig hinter der friſden
Dieſe Wilden fönnen Feuer anmachen , bedienen ſid, aber nur ſelten eines ſolchen, außer zum Schuße gegen die
Sdlammbant, bis das Waſſer ſie überragte. Vergebens bemühte ſich der wadere Schotte aus Leibeskräften, ſeine lang geträumte Schöpfung zu retten, indem er die Flut um die Enden der Aufdämmung herum abließ ; er mußte den Schmerz und Kummer erleben, ſeinen großen Damm in der Mitte entzwei geriſſen zu ſehen , und wenige Minuten
nachdem das Waſſer darüber hinausgeſtiegen war, ſank der gewaltige Damm und mit ihm M'yvors ganzer präd) tiger Plan in ein Nichts zuſammen . In den Bergen iſt eine unbeſdhränkte Gelegenheit zur
wilden Tiere, vor denen ſie ſich fürchten. Sie können ſid
einigermaßen den minder wilden Nachbarn verſtändlich madien, für welche ſie Kardamomen, Honig und andere wilde Erzeugniſſe der Didungeln ſammeln und gegen etwas Salz, Getreide und Tuch vertauſchen, welch leşteres ſie mehr zum Schmuck ihrer Weiber, als zur Bekleidung derſelben verwenden. Ihr Wohnbezirk iſt auf den Land
farten bezeichnet als „ hohes, wellenförmiges, mit undurch dringlichem Walde bedecktes Gebirge."
künſtlichen Aufſtauung von Waſſer, ſowohl zum Betrieb von Mühlen, wie zu Bewäſſerungszwecken. Eine derartige
Bis hieher haben ſich meine Bemerkungen auf die hohen Plateaux und Gebirgsſtriche Südindiens beſdıränkt,
benüşte Gelegenheit iſt das Periyâr-Projekt, um den Fluß Periyar, welder unbenübt nach der Weſtküſte abfließt,
welche ich wegen ihrer gemeinſamen großen Erhebung über
von der Höhe der ſüdlichen Ghâts ſo abzuleiten, daß er
Schönheit der Szenerie dieſes Landſtriches habe ich ſchon gedacht; id fann daher nur noch einiger hervorragenden
vſtwärts nach den Ebenen fließe, wo das Waſſer ſo nötig iſt. Oſtwärts von den Palani-Bergen kommen Gruppen von ähnlichen , aber kleineren Hügelmaſſen bis nad Ma dura im Oſten und von da an nordwärts vor, mit einigen bedeutenden Breſchen und Zwiſchenräumen bei Trichinopoli,
das Meer als Eine Region betrachtet habe. Der großen
phyſiſchen Züge desſelben erwähnen.
Die Malabar-Küſte iſt im allgemeinen eine niedrige, flache, ebene Sdichte von Laterit oder Eiſenthonſtein, zwiſchen der Mauer der weſtlichen Ghâts und der Meeres:
quer über das Thal des Cauvery , und wiederum nord
Küſte, tief eingeferbt und in große Höhlungen ausgewva
wärts, bis ſie am ſüdöſtlichen Ende des Plateau's von
ſchen, weldie nun alluviale, kaum über den Meeresſpiegel emporragende Niederungen ſind, auf welchen die üppigſten Ernten, hauptſächlich von Reis, gewonnen werden . Aus läufer und blosgelegte Teile der Ghâts ſpringen in die Niederungen vor und erreichen gelegentlich den Küſtenſtrich,
Myſore mit der Linie der öſtlichen Ghâts zuſammentreffen und auf dieſe Weiſe die ſüdlichen zentralen Niederungen von Salem und Coimbatore (deren wir oben als der möglichen Dertlichkeit eines früheren Binnenſees erwähn ten ) vollſtändig umgeben .
Unterbrediung bis auf etwa 75 Km . von Madras an der
wie z. B. den über 800 F. hohen Berg Dilli bei Canna nore. Außerdem iſt der Küſtenſtrid niedrig und ohne alle Vorgebirge und Buchten.. Die Heftigkeit der Brandung und das Anſpülen der Strömung längs der Küſte haben
Oſiküſte. Die Waſſer wedyſeln in der Höhe von 2000 bis
dieſe Gleichartigkeit der Küſtenlinie verurſacht, während
5000 Fuß und gelten für ungeſund ; da die ſchweren Regen
der ungeheure Regenfall des Südweſt-Monſuns, wo etlide 15 F. Regen direkt auf die Niederungen fallen, außer den von den Ghâts herunter kommenden Fluten, die die Boden
Von den wohlbekannten Schevacoy-Bergen bei Salem
erſtredt ſich der bergige Strich oſtwärts beinahe ohne
des Südweſt-Monſuhns ſie kaum mehr erreichen, ſo ſind ſie vergleichsweiſe trocken und unanziehend und viele der
Phyſiographie von Siid Indien.
ſenkungen mit alluvialen Niederſchlägen ausgefüllt haben.
229
Erſcheinung nicht vergeſſen, welche hier und an einigen
Unter dieſen Umſtänden kann es keine Häfen geben, aus:
andere Orten wahrzunehmen iſt. In Närakat und Ala
genommen die Deffnungen in der Meeresmauer, durdy welche ſich die Fluten ihren Weg bahnen, und ſelbſt dieſe ſind nur für kleine Küſtenfahrzeuge tauglid ), weil ſie viel
palli gibt es Strecken von glattem, ruhigem Waſſer im
zu ſeicht ſind.
Die Urſache davon iſt nicht gut zu begreifen, wird aber gewöhnlich Schlammbänken oder ſchwimmenden Schlamm Inſeln beigemeſſen. Die Einbudt und Lagune zu Quilon oder Rayan (Kulam ) iſt die leßte, welche ich aufführe, und nur um
Ein Hauptzug dieſes Küſtenlandſtrichs iſt die Rette von Lagunen oder Hinterwaſſern ( backwaters), die ſidy beinahe ununterbrochen mehrere Hundert e. Min . weit fort ſeßt. Sie ſind nötigenfalls durch künſtliche Kanäle mit einander verbunden, ſo daß ſie die Stelle von Straßen
Meere, ſo daß Schiffe während der höchſten Gewalt des Monſuhns hier ſicher ankern und Boote landen können.
ihrer außerordentlichen Sdyönheit zu gedenken. Sie iſt
vertreten und den ganzen Küſtenſtrich entlang zu einer
ſehr ausgedehnt und bietet die mannigfaltigſte Abwechs:
ausgedehnten Binnenſchifffahrt dienen . Bevor wir weiter fortfahren, möchten wir hier noch auf einige intereſſante Punkte der Malabar-Küſte von Nord
lung von hohen bewaldeten Eilanden , tiefen Buchten und vorſpringenden Landzungen , welche alle vom Gipfel bis zum Waſſerrande mit tropiſchem Pflanzenwuchſe über
nad Süd hinweiſen . Zunädiſt nach dem ſchon früher von
fleidet ſind.
uns erwähnten Honâwar kommt Kandapur mit ſeiner ſdhönen Lagune, die mit hohen bewaldeten Eilanden bez jäet iſt, von denen der berühmte britiſche Reiſende Buda nan-Hamilton gegen das Ende ſeiner ausgedehnten Reiſen in Südindien dreibt: ,, Ich habe fein ſchöneres Land ge ſehen, als dieſes. ... Ein altes, etwas über der Stadt
gelegenes Fort beherrſcht eine der ſchönſten Ausſichten , welche idy je geſehen habe.“ Etwas weiter ſüdwärts ift Mangalore, ein blühender
Hafen an der Mündung des Fluſjes Netrâwati, welcher
ſich beſtändig zwiſchen den ſtreitenden Strömungen des Meeres und des Fluſſes verändert.
Karten aus neuerer
Zeit zeigen einen direkten Durchgang nach dem Meere, allein ganz neuerdings hat ſich vor demſelben eine Land: ſpiße gebildet, ſo daß die Mündung des Fluſſes beſtändig nordwärts getrieben wird auf eine Entfernung von fünf bis ſechs engl. Meilen , bis dieſelbe das Mündungsgebiet des nächſten Fluſſes erreicht hat. Gegenwärtig bildet der Fluß, wie er längs der Meeresfront der Stadt vorüber fließt, vom offenen Meer durch eine breite hohe Sandſpite geſchieden, einen ſchönen Hafen für den Zuſammenfluß
Südlich von Quilon iſt die Oberflädie des Landes mehr uneben und wellenförmig, ausgenommen ſehr nahe
an der Rüſtenlinie, wo dieſelbe bis nach Trivandrum mit einem dichten Walde von Cocos- und Areka - Palmen be deckt iſt . Je mehr wir uns aber dem Kap Comorin nähern, beſonders gegen den ſüdlidyſten Teil von Travancore hin , deſto flacher und jandiger wird die Gegend wieder. Die
Cocos -Palme weicht der Palmyra und die Gegend gleicht - mit Ausnahme des Grüns, welches bis zum Ende fort ſo ziemlich den Ebenen von Tinnevelly. Wenn man am Kap Comorin das Ende der Ghâts paſſiert hat , ſo iſt die Veränderung ebenſo plößlich als merkwürdig. Das allgemeine Grün weicht kahlem , rotem dauert
Boden und ſandigen Wüſten und das feuchte üppige Land
der Weſtküſte verwandelt ſich plößlich in die ausgedörrten,
ſonnverbrannten Landſtriche öſtlich von den Ghâts. Die Erklärung dafür liegt klar am Tage. Der Südweſt Monſuhn ergießt ſeinen ganzen Reichtum an Feuchtigkeit auf die Weſtſeite der großen Schranke der Ghâts und
hat faum mehr einen Tropfen übrig, um damit die öſt liden Ebenen zu fegnen.
kleiner Fahrzeuge aus allen Teilen des Arabiſchen Meeres, welchen man gewöhnlich hier trifft. Hier herrſcht alſo ohne Zweifel ein Beſtreben des Sandes der Meeresküſte vor, ſich nordwärts zu wenden, ſelbſt während des Südweſt Monſuhns, wo der Wind aus Weſten kommt , und nach
Hafen und ein Markt für den Verkauf der Perlen, welche auf den benachbarten Auſternbänken gefiſcht wurden. Jeßt
dem , was ich ſelbſt geſehen habe, bin ich geneigt, dieſes
iſt hier weder Hafen noch Stadt noch eine Perlen-Auſter
dem Andrange der großen ſchweren Wogen des Dzeans
beizumeſſen, welche zumeiſt aus Südweſten zu kommen
übrig geblieben, ſondern nur noch die Felfen und der Tempel der Ranyâ Kumari, der jungfräulichen Maid ",
deinen .
der noch heute wie in ferner Vorzeit ein Wallfahrtsort
Es gibt viele Schönwetter- Rheden und Einbuchten für kleine Küſtenfahrzeuge an dieſem Meeresſtrand ; allein
in Cochin iſt eine große Einbucht, welche den Zutritt zum
ausgedehnteſten Syſtem von Hinterwäſſern, nämlid) einer auf 200 e. Min. längs der Küſte hin ſich erſtreckenden
Kette von Lagunen, geſtattet, das einen der allercharakte riſtiſchſten Züge dieſer Küſte bildet. Wir dürfen auch die Erwähnung einer ſehr ſeltſamen Ausland, 1886 Nr. 12 .
Kap Comorin iſt ein niedriges felſiges Vorgebirge und hat fid innerhalb der geſchichtlichen Zeit ſehr ver ändert. Vor 18 oder 20 Jahrhunderten war hier ein
für fromme Pilger aus allen Teilen Indiens iſt.
Es geht noch immer die Sage, der ſchon erwähnte Felfen, welchen man bei niedrigem Waſſer einige Hunnert Meter draußen im Meere ſieht, habe früher mit dem Lande zuſammengehangen , und dies wird noch unterſtüßt durch eine Behauptung, die noch heutzutage in der Nachbarſchaft geglaubt wird, daß man nämlich in einem Brunnen oder Waſſerloche auf dem Felſen ſüßes Waſſer finde, ſo oft das 36
Phyſiographie von Süd - Indien.
230
Meer nicht darüber hereinſchlage. Die Leeſeite eines ſolchen Vorgebirges würde ein herrlicher Hafen geweſen ſein. Der Rand um die Felſen an der gegenwärtigen Land ſpiße iſt von dreierlei Arten und liegt merkwürdigerweiſe
welche noch bis in die neuere Zeit hinein mit dem Feſt lande und möglicherweiſe auch mit der Inſel Ceylon zu ſammengehängt zu haben ſcheint, und zwar mit lekterer durch jene Kette von Eilanden und Sandbänken , ver :
geglättet oder in geſonderten Schichten und Lagen an
mittelſt deren einſt der Sage nach die Heere Râmas einen
geordnet. Die erſte Art ſind die groben, vom Waſſer ab geſchliffenen Körner vom weißen Quarz und Feldſpat, von der Stärke großer Reisförner; dieſem zunächſt ſieht man
Einfall in die Inſel Ceylon vom indiſchen Feſtlande aus gemadt haben ſollen .
große Schichten von reinem Granatſand, und drittens
bänke wachſen, ſcheinen ſid) die Kanäle nicht durch Schlamm
Streifen von ſchönem , feinem , ſchwarzem Sand gerade wie tas feinſte Schießpulver. Dieſe drei Arten liegen
zu verſtopfen, ſondern der beſtändige Druck der Flut und die Monjuhn -Strömungen ſind anſcheinend mehr als hin reichend, die alten Ranäle und die in neuerer Zeit ent ſtandenen Durchbrüche offen zu erhalten. Ein bemerkenswerter Zug in der Meteorologie dieſer Küſte iſt die Häufigkeit der Gewitter, welche vor dem Ein tritt des Südweſt- Monſuhns wochenlang täglich vorkommen , aber weder von Regen noch von irgend einem Geräuſd von Donner begleitet ſind. Sie erſcheinen längs der Küſte, wo die Land- und die Seewinde miteinander abwechſeln, und längs der Linie der Ghâts, wo die Luftſtrömung an
hart und dicht neben und aufeinander, aber doch ganz
deutlich geſchieden und ungemiſcht. Bevor wir die allgemeinen charakteriſtiſchen Merkmale des Landes öſtlich von den Ghâts ſchildern , wollen wir noch einen Blick weiter der
Südküſte entlang werfen und zuerſt die Jahreszeiten der Blüte und des Frudyttragens der Palmyra ſchildern, denn ungefähr neun engliſche Meilen öſtlich vom Rap
ſind dieſelben wie diejenigen von Süd-Travancore, während hier, nach einer Lücke von ſieben Meilen ohne Palmen, die Palmyra der Coromandel-Küſte als ein dichter Wald in der Nähe der Küſte gedeiht, mit ihren eigenen Jahres :
Während man annahm , daß die Eilande und Sand:
der Oberfläche der oberen und entgegengeſeßten Strömung
zeiten , welche durch den nun vorherrſchenden Nordoſt
der Atmoſphäre begegnet. In dieſer Region iſt ebenfalls das ſeltene Phänomene der Interferenzfranſen ſehr häufig
Monſuhn beſtimmt werden.
zu beobadyten.
Die Küſte des Golfs von Manâr ſcheint ſich erſt in
neuerer Zeit, aber langſam , verändert zu haben. Korkai,
welches Dr. Caldwell als mit dem alten Kolfai (Kolchoi), welches die griechiſchen Geographen ſchon vor 2000 Jahren als ein Emporium an der Meereskuſte erwähnten, voll kommen identijd nadygewieſen hat, liegt nur ſtark drei
Die veränderlichen wandernden Sandflächen des ſüd oſtlichen Tinnevelly ſind ebenfalls ein bemerkenswerter Zug, welcher dieſer Gegend eigen iſt; man nennt ſie Thêri und ſie kommen auf Strichen roten Bodens vor, welche von veränderlichen Haufen hellroten Sandes gefrönt ſind. Sie wandern mit dem vorherrſchenden Winde der trodenen
Im Mittelalter wurde es
Jahreszeit oſtwärts im Verhältnis von mehreren Klaſtern
durch das von Marco Polo erwähnte Kâyal (wörtlich die Lagune) erſeßt , welches nun ſeinerſeits ebenfalls vom
jährlich, überwältigen alles, was in ihrem Wege liegt und laſſen einen fahlen , wüſten Strich groben Sandes hinter
Meere verlaſſen und landeinwärts hoch und trocken liegend
ſich. Sie dienen als Waſſerbehälter, denn ſie fangen allen Regen, welcher fält, von 20 bis zu 30 Zoll jährlidy, auf,
engl. Meilen landeinwärts.
gelaſſen iſt, während Tuticorin, der gegenwärtige Hafen, verſchlammt und in gleicher Weiſe aufgegeben zu werden droht. Gleich anderen Flüſſen von Südindien hat aud
in genügender Menge hindurd), um das ganze Jahr über
der Tambraparni hier anſcheinend ſeine Mündung nord
ausgedehnte Obſtgärten zu bewäſſern.
wärts abgeändert und wird darin noch weiter fortfahren. Die gegenwärtige Küſtenlinie und dieſe Bemer
kung gilt allgemein von der ganzen Südoſt -Küſte der Halbinſel – wird bezeichnet durch eine Reihe oder eine Linie von Sandhügeln mit niedrigen ſumpfigen Flächen und hie und da ſeichten zwiſdenliegenden Lagunen auf ihrer landwärtigen Seite, und es iſt intereſſant das zu beobadyten, was wie eine neue in der Bildung begriffene Küſtenlinie in der Geſtalt eines Felſenriffs und einiger Sandbänke ausſieht, die mit gelegentlichen, parallel dem
gegenwärtigen Strande laufenden Inſeln, aber auf mehrere Meilen Entfernung im Meere liegt. Die Korallenbänke im Golfe von Manâr ſind in voller Wachstumsthätigkeit und die Eilande ſind zu einem großen Teile aus ihren Trümmern gebildet. Im Schooße des Golfes liegt die Inſel Rámeswaram ,
und dieſer ſidert allmählich unter den trodenen Sandhügeln
Wir haben hier kaum noch Raum , der von uns an:
gegebenen dritten Region von Südindien zu erwähnen. Die Ebenen des Carnatic und kurzum das ganze Tiefland
zwiſchen den Châts und der Bucht von Bengalen kann hier nur flüchtig berührt werden. Die Oberfläche dieſer
Region iſt nicht flad, ſondern zeigt eine ziemliche Neigung von den Ghâts nach dem Meere und iſt überal leicht wellenförmig. Der allgemeine Fall des Landes von Weſt nach Oſt iſt eine ſolch allgemein bekannte und offenkun dige Thatſache, daß die gemeinüblichen Worte für Weſt und Oſt mit denen identiſch ſind, welche oben und unten bedeuten - Mêl bedeutet nämlich oben oder Weſt, Kel unten oder Oſt. Mit Ausnahme des alluvialen Seeſtrandes vom Kap Comorin bis Madras iſt das Land maleriſch unterbrochen durd fühne Gruppen von Hügeln oder felſigen Anhöhen,
Die portugiefiſchen Beſitungen in Weſtafrifa.
von denen die erſteren gewöhnlich mit Unterholz, niedrigem Wald oder dichtem Gebüſch bewachſen ſind. Es iſt reich an gut angebauten Strichen , denn die Niederungen wer:
den nach Möglichkeit bewäſſert, die höheren Gelände in günſtigen Jahreszeiten, d. h. ſo oft die den Nordoſt-Mon : ſuhn begleitenden Regen reichlich ſind, gepflügt. Tinne velly, der ſüdlichſte Bezirk, kann als ein Typus der ganzen
Region angenommen werden, mit ſeinen niedrigen alluvia len Flächen und ſandigen Streden in der Nähe der Küſte, mit ſeinen höheren Geländen von rotem Sand und
mit dem baumwolle -produzierenden ſchwarzen Boden ſeiner
231
Bettes oder Hauptkanals des Stromes waren der Gefahr ausgeſeßt, zum Verderben des ganzen Bezirkes trocken ge legt zu werden. Seither ſind unter der britiſchen Regie rung neue Dämme und Schwellwehre erbaut und das ganze Bewäſſerungsſyſtem des Delta's wieder hergeſtellt worden.
Der Strom ergießt noch immer reichliche Süßwaſſer maſſen und ſeine Mündung verändert ſich noch immer gleich derjenigen anderer Ströme Südindiens und wendet ſich gegen Norden, und Porto Novu ſcheint vom Schid ſal von Tuticorin ereilt zu werden. Die Urſachen dieſer Nichtungsveränderung liegen nahe und beſtehen in der
baumloſen Ebenen. Die im März eintretende heiße Jahres
nördlichen Strömung des Zugs der Dzeanwogen und in
zeit wird durch Seebriſen und gelegentliche Gewitter ge
dem Vorherrſchen der ſüdlidhen Winde über die nördlichen während der trockenen Jahreszeit, wo der Sand am leich teſten ſeine Lage verändert. Die Rüſtenlinie erleidet, geologiſch geſprochen , ohne Zweifel aus einigen oder aus ſämtliden hier beſprochenen Ilrſachen raſche Veränderungen . Viele alte Städte und Häfen an dieſer Küſte ſind aus einer mehr zufälligen Ur
mildert und dauert bis zum Oktober ; allerdings eine lange
Zeit, allein die Temperatur ſteigt ſelten über 37.70 C. im Schatten .
Man nimmt an , die Böden von Südindien feien größtenteils durch Zerſeßung, Auflöſung und Verwitterung des Geſteins in situ entſtanden ; aber der ſchwarze, baum
wollen-erzeugende Boden iſt von mehreren einem Nieder: ſchlag unter Waſſer zugeſchrieben worden. Dieſer Boden findet ſich in vielen Teilen des Südens, ſowohl in Zentral indien, auf den hohen Hochebenen von Myſore und im Deccan, als auf den niedrigen Ebenen des Garnatic. Heut
zutage hält man dieſen ſchwarzen Boden für eine ober flächliche, an der Luft entſtandene Formation aus der
Zerſeßung thonhaltiger, reich mit organiſchen Stoffen im prägnierter Geſteine. Er iſt ſehr fruchtbar und trägt Jahrhunderte hindurch fahr für Jahr reiche Ernten ohne
Düngung und Bewäſſerung. Außer der kleinen dornigen Acacie ſcheint er jedoch keinerlei freiwilligen Wald- oder
fade verſdwunden , wie z. B. durd, das Vorkommen ver
heerender Sturmfluten während des Vorüberziehens von Zyklonen , wie diejenige vom November 1864 , wo in Maſulipatam plößlid
30,000 Menſchen umfamen.
Bei
dieſer Gelegenheit wehte, wie mir ein Augenzeuge erzählt hat, ein ſtarker Wind einige Stunden lang nach dem Meere hinaus; darauf folgte eine kurze Windſtille, gefolgt von einer heftigen Böe vom Meere her in Begleitung einer Sturmflut. Wenn nun eine ſolche Sturmwoge noch
durch die regelmäßige Sdwellung einer Springflut verſtärkt wird, ſo kann man ſich die an einer niedrigen Küſte an gerichtete Zerſtörung eher denken als beſchreiben.
tropiſchen Pflanzenwuchs hervorzubringen, welchem man die
Ich fönnte, wenn es Zeit und Raum erlauben würden,
organiſchen Stoffe zuſchreiben könnte, womit er geſchwängert
noch mandhe andere intereſſante Gegenſtände zur Sprache
ſein ſoll.
bringen , allein es iſt vielleicht genug geſagt, um zu zeigen ,
Die Tiefländer des ſüdöſtlichen Indiens werden von vielen Flüſſen durchſchnitten , welche in den weſtlichen Ghâts in der Nähe der Weſtküſte entſpringen und durch die Regen des Südweſt-Monſuhns geſpeiſt werden. Dieſes Waſſer wird durch Wehre oder Dämme, anekats, geſtaut und durch unzählige Bewäſſerungskanäle in merkwürdigem Umfang abgeleitet und verbreitet, ſo daß viele der Flüſſe geleert werden, ehe ſie das Meer erreichen . Hiedurch wird die Delta-Bildung der Küſte an den Flußmündungen ſehr verzögert und würde unter einem vollkommenen Syſtem
daß Südindien ein dankbares gewinnreiches Feld der Beob
von Stauung und Verwendung vielleidyt ganz verhindert. Dies iſt jedoch auf dem von uns erwähnten Flädjenraum bei einigen der größeren Ströme, z. B. beim Cauvery, durchaus nicht der Fall. Der Cauvery hat, ehe er die
Spiße ſeines Delta's in Trichinopoly erreicht, im Gebiete der eingeborenen Herrſcher, mindeſtens ein Dußend Auf
dämmungen aufzuweiſen. Zu Anfang dieſes Jahrhunderts haben ſich die Hodygewäſſer ſelbſt einen tiefen, breiten Kanal am Nordrande des Deltas ausgewühlt, und die zahlreichen Bewäſſerungskanäle mit Einſchluß des alten
adhtung und Forſchung für den Phyſiographen und ebenſo
ein höchſt genußreiches Land für den Beſuch des Touriſten iſt, ſowohl wegen ſeiner herrlichen Szenerie als wegen der Annehmlichkeit feines milden, wenn auch tropiſchen Klima's.
Die portugieſiſchen Befikungen in Weftafrika. Von H. H. Johnſton. (Schluß .)
Bis 1879 waren nur padres indigenos (farbige Prieſter) auf Sao Thomé, und es muß anerkannt werden, daß ſie eine wertloſe unwiſſende und unſittliche Bande waren ; dann aber kamen einige weiße Prieſter aus Portu gal, glücklicherweiſe intelligente und energiſche Männer, welche raſdh ihren Einfluß auf der Inſel geltend zu machen begannen . An der Spiße der Geiſtlichkeit ſteht hier ein provigario, welcher den Rang eines Weihbiſchofs hat.
Die portugieſiſchen Befitingen in Weſtafrita.
232
Sao Thomé, Principe und Ajuda bilden in der That ſeit uralter Zeit ein Bistum , allein der biſchöfliche Stuhl iſt hundertfünfzig Jahre lang unbeſeft geblieben und der Provi gario vertritt die Stelle des Biſchofs. Der Geiſtliche, der dermalen dieſe Stelle bekleidet, iſt ein Mann von ſeltenen Fähigkeiten und hoher Bildung und für das Erziehungs weſen begeiſtert; er hat mehrere ſehr gute höhere Schulen
auf der Inſel errichtet und den Beginn und die Vollen : dung verſchiedener gemeinnüßigen Werke, wie Trođenlegung von Sümpfen und Anlegung guter Wege zc., in die Hand genommen.
unter dem Aequator, ſeltſam fühl, und in vielen Land häuſern in dieſer Höhe findet man Abends ein Kaminfeuer
ſehr angenehm . In den Ebenen am Meere iſt es heiß, aber nicht ungewöhnlid ), denn die Temperatur im Schatten ſteigt nur ſelten über 39 ° C. In den höheren Regionen
der Inſel regnet es das ganze Jahr hindurdy; in den Ebenen aber herrſcht eine Trockenzeit von drei oder vier Monaten. Das Klima im ganzen gilt als den Europäern entſchieden günſtig. In Betreff der Naturgeſdichte bietet die Pflanzenwelt das meiſte Intereſſe dar. Die wenigen nun einheimiſchen
Die Hauptſtadt der Provinz , ebenfalls Sao Thomé
Säugetiere ſind meiſt von den Europäern eingeführt wor
genannt, dehnt ſich längs einer ſeichten Bucht bin, welche
den . Vögel, Reptilien und Inſekten ſind arm an Arten.
einer der wenigen Häfen der Inſeln iſt und zuweilen die Bucht von Ana de Chaves oder von Sao Joao oder irgend einem anderen Heiligen genannt wird, in der That
Die pflanzlichen Erzeugniſſe der Inſel ſind dagegen un
gemein reich und mannigfaltig: dreierlei verſchiedene Baumarten erzeugen Kautſchuk , andere liefern mehrere
für einen ſolch armſeligen Hafen eine große Auswahl
wertvolle Gummi- Arten und andere wiederum vorzügliches
berühmter Namen . Ana de Chaves ſoll eine portugieſiſche Erbin geweſen ſein, in deren Beſiß vor einigen Jahr
Bau- und Werkholz zum einheimiſchen Gebrauch und zur Ausfuhr. Im ganzen denn ich muß hier auf die Auf: zählung verſdiedener günſtiger Einzelheiten verzichten darf man Sao Thomé ſo ziemlich als die befriedigendite
hunderten der größte Teil der Inſel überging ; ſie heiratete einen Notabeln mit dem ſehr beſcheidenen Namen Gomçalo Alonzo. In einer verfallenen Kirche in der Nähe der Stadt fand ich einen Grabſtein, welcher die Ruheſtätte der beiden Gatten bezeichnet und deſſen Inſchrift ungefähr
der portugieſiſden Beſißungen in Weſt-Afrifa betrachten. Ueber die neuen Beſißungen Portugals an der Kongo und der Cabinda-Küſte werde ich mich hier nicht äußern,
folgendermaßen lautet : „ Hier liegen Gomçalo Alonzo und
da ſie zu der Zeit, wo ich ſie beſudite, nody nicht portu
jeine Gattin Ana de Chaves, welche der Tod erſt trennte
gieſiſch waren und ich daher keine Gelegenheit hatte , das
und dann wieder vereinigte."
Ergebnis der portugieſiſchen Herrſchaft zu beurteilen . Idy werde mich daher weiter ſüdlid, zu der alten „ Provincia d'Argola “ wenden , deren Kern die Portugieſen ungefähr vierhundert Jahre lang beſeſſen haben. Dieſe wertvolle
Die Stadt Sao Thomé kann ſich einiger ſehr ver dienſtlichen öffentlichen Gebäude rühmen . Das Zollhaus
iſt mit einer ſchönen langen ſteinernen Anlände zum Ein und Ausſchiffen von Waren und mit einer kleinen Eiſen bahn auf derſelben verſehen. Die Camara municipal oder das Stadthaus enthält mehrere wirklich hübſche Ges mächer mit den Bildniſſen des gegenwärtigen und des ver ſtorbenen Königs von Portugal und früherer Gouverneure von Sao Thomé. Im Gebraud, ſind noch drei oder vier Kirchen, deren Inneres mit beſſerem Geſchmacke dekoriert iſt, als man es gewöhnlich unter den Portugieſen findet. Die alte biſchöfliche Kathedrale Sé iſt jüngſt reſtauriert worden, wird aber dermalen als Regierungsgebäude ver wendet. An der einen Seite des Hafens iſt ein ſchönes Hoſpital errichtet worden , auf der entgegengeſeßten ſteht
und ausgedehnte Kolonie ſteht unter der Verwaltung eines Generalgouverneurs, welcher in Sao Paul de Loanda reſidiert und ein jährliches Gehalt von ungefähr 1500 Lſtrl. bezieht und, wenn ich nicht irre, auch die Verwaltung der anliegenden Kongo-Gebiete unter ſich hat. Die Provinz Angola erſtreckt ſich gegenwärtig von 7 ° 40' bis 180 . Br. vom Aequator und ſcheidet ſich in
vier beſondere Bezirke , von denen drei ihre ſubſidiären Gouverneure baben, der vierte oder bedeutendſte aber unter
dem Generalgouverneur ſelbſt ſteht. Die erſteren drei Bezirke ſind die Gouvernements Ambriz , Benguela und Moſſamedes, denn Loanda wird gewöhnlich als das eigent
ein altes graues Fort ; etwas außerhalb der Stadt iſt ein
liche Angola bezeichnet, über weldies der General-Gouverneur
gut unterhaltener Friedhof. Die Straßen ſind reinlid),
die ſpeziellere Aufſicht führt. Die meiſten Pläße von
die Häuſer von freundlichem Ausſehen , wenn auch nid)t immer hübſch. Die einen ſind von Stein, andere von Badſtein , allein Holz iſt das vorherrſchende Material.
Für die Aufrechthaltung der Drdnung ſorgt eine rührige und gutgekleidete Polizeimannſchaft, welche nebſt der kleinen Garniſon des Forts allein die bewaffnete Macht auf der Injel vertritt .
Das Klima von Sao Thomé wechſelt natürlich mit der Höhe der verſchiedenen Dertlichkeiten. In mehr als 3000 Fuß Höhe iſt es, in Anbetracht der Lage der Inſel
geringerer Bedeutung ſtehen unter der Verwaltung von Chefes oder Kommandanten. Die Zahl der weißen Truppen in der Kolonie überſteigt vielleicht nicht 1000, worunter die
Mehrzahl Offiziere ſind. Die große Maſſe der Armee wird unter der ſchwarzen Bevölkerung rekrutiert und überſteigt nach meiner Anſicht faum 8000 Mann.
Das iſt aller:
dings eine ungenügende Streitmacht und zur Aufrecht erhaltung der Ordnung nicht hinreichend. Merkwürdiger: weiſe beſteht aber die portugieſiſche Herrſchaft über die
Stämme in ihren großen weſtafrikaniſchen Beſißungen noch
Die portugieſiſchen Beſitzungen in Weſtafrika. und dehnt ſidy anſcheinend durch den guten Willen der
Eingeborenen noch weiter aus. Auf einigen Poſten im Innern beſtehen die Garniſonen aus zehn ſchwarzen Ge meinen und einem weißen Korporal, welcher vielleidyt ſo
ſogar ein Sträfling iſt, und dod) erſcheint dies hinreichend, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die phyſiſche Geos graphie und Naturgeſchidhte einer ſolch ungeheuren Region wie die Provinz Angola, welche ſich über elf Breiten- und
acht Längengrade erſtreckt, bietet naturgemäß ſehr veridie dene und mannigfaltige Züge dar. Im ganzen fann man ſagen , daß ſie in ihren Grenzen die ſchönſten, reichſten und geſündeſten Regionen von Afrika umſdließt, obſchon dieſe beſſeren Landesteile gewöhnlich in einer mittleren Entfernung von hundert Meilen vom Meere entfernt liegen und daher bisher noch fehr ungenügend bekannt ſind. Das Küſten gebiet von Angola iſt zwar weit geſünder, als die übrigen
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im Innern von Afrika liegen in einer mittleren Höhe von 5000 Fuß und genießen daher ein beinahe europäiſches Klima.
Die Hauptſtröme dieſer Kolonie ſind , von Norden her beginnend, der Boge, welcher bei Ambriz mündet, der Bengo, her Quanza, der Cuyo , der Catumbella und der Cunene.1 Es gibt aber noch eine Menge kleinerer Ströme und Zuflüſſe, ſo daß das Binnenland einer der beſt
bewäſſerten Teile Afrika's iſt. Der Luango oder Kwangos Fluß, ein großer Zufluß des Kongo, iſt jüngſt auf der Berliner Konferenz als die öſtliche Grenze der portugieſi iden Befißungen in Südweſtafrika anerkannt worden .
An dieſem Strome haben die Portugieſen jeither feine feſte Niederlaſſung, obwohl ihre Soldaten zu verſchiedenen Malen den Bezirk Caſſanji (Kaſjanji) beſeßt haben . Am Kunene im fernen Süden beſaßen die Portugieſen zur
Küſtenländer des Nordens, aber auf den erſten Blick von
Zeit meines Beſuchs mehrere blühende Niederlaſſungen in
keinem einnehmenden Charakter und läßt den großen
der Nähe ſeiner Quelle, aber nur eine einzige , das Fort Humbi, an ſeinem Mittellaufe und gar keine in der Nähe ſeiner Mündung. Der Hauptſtrom dieſer Kolonie in kommerzieller und
Reichtum des Innern kaum ahnen. Dies rührt von ſeinem
zunehmenden öden und wüſtenartigen Charakter her, wenn man von Norden nach Süden vorſchreitet. Es iſt kaum eine zu weite Generaliſation, wenn man ſagt, die Kalahari Wüſte beginne 50 Meilen ſüdlich vom Kongo. Unter einer Wüſte muß man eine Region von beſchränktem Hegenfall und ſpärlicher Vegetation verſtehen. Zu Am
briz , unter 7 ° 40'ſ. Br., iſt dieſe trođene ausgedörrte Gegend ungefähr 5 e. MI. breit, in Loanda iſt ſie bereits auf 15, in Moſſamedes auf 70 Min. geſtiegen. Weiter gegen Süden erſtreckt ſie ſich auf Hunderte von Meilen bei nahe quer über das ſchmäler werdende Ende des Kontinents. Hat man dieſen troſtloſen Landſtrich zurückgelegt, ſo nimmt die Vegetation raſch einen ſehr reidhen Charakter an, ob wohl ihre Ueppigkeit ſich immer weiter und weiter von der Küſtenlinie entfernt, je weiter man nach Süden vor:
dringt. Hat man jo hundert Meilen im Binnenlande im
Diſtrikt Moſſamedes (etwa unter 150 ſ. Br.) zurüdgelegt, ſo erreicht man die ſchönen Tropenwälder, welche bei Cabeça de Cobra, 50 Min. ſüdlich vom Kongo, bis zur Meeresküſte herabreichen. Das Innere von Angola iſt ſehr gebirgig ; die Berg fetten ſtreichen aber nicht, wie man allgemein annimmt, regelmäßig von Norden nach Süden , in der Art von
parallelen Terraſſen, wie ſolche zum zentral-afrikaniſchen Plateau emporführen . Es herrſcht ſogar nur eine allmäh: liche Erhebung, wenn man das ferne Innere erreicht. Die Berge von Angola erreichen ſogar eine Höhe von 8000 Fuß in der Chella und anderen umgebenden Gebirgsfetten. Ich ſelbſt bin bis zu einer Höhe von mehr als 7000 Fuß binangeſtiegen , und die größte gemeſſene Höhe iſt meines
Wiſſens 8200 Fuß ; aber es iſt ſehr möglid ), daß in den Moſamba-Bergen, woſelbſt viele Zuflüſſe des Kongo, Sam : beſi und Quanza entſpringen , dieſe Höhe noch überſchritten
wird. Man hat aber noch von keinem Berge berichtet, welcher die Schneelinie überſteigt. Unabſehbare Diſtrikte
politiſder Beziehung iſt der Quanza , welchen Monteiro
mit Recht die „ Perle von Angola " nennt. Dieſer ſdöne Strom, welcher auf eine Entfernung von beinahe 250 e. Min . von ſeiner Mündung aufwärts von Flußdampfern befahren
werden kann, iſt idon ſeit dem Ende des 15. Jahrhunderts in ſeinem Unterlaufe im Beſit der Portugieſen geweſen. Er liegt ungefähr 200 e. Min. von der Kongo-Mündung und ergießt ſich unter 90 ſ. Br. ins Meer. Er kann in gewiſſer Beziehung als geologiſche Grenze bezeidynet werden,
da ſich manche Tiere und Pflanzen Weſtafrika's nicht weit von ſeinen Ufern verlieren. Er iſt ein wichtiger Handelsweg, und Dondo, welches ungefähr 200 Min. vom Meere liegt, iſt ein großes Emporium des jüdweſtafrikani idhen Handels und zieht die Erzeugniſſe des weiten Innern der Ströme Kwango und Raflaï auf ſeine Märkte und den ganzen auswärtigen Handel von Muata Yamwo's Neidh an ſich. Man fann in der That ſagen , daß der obere Quanza Verbindungen mit dem Herzen Afrika's und den portugieſiſchen Beſißungen der Oſtküſte hat. Obgleid nun , während des portugieſiſchen Zerfalls im vorigen Jahrhundert, die Niederlaſſungen und der Handel am Quanza ſtarf niedergegangen ſind, ſo hat man doch in den jüngſtvergangenen fünfzig Jahren große An ſtrengungen gemacht , dieſelben wieder emporzubringen. Silva Americano, Oliveira Maſſango und andere braſia lianiſch -portugieſiſche Kaufleute richteten einen regelmäßigen Dienſt von Handels - Fluß dampfern ein , um den Quanza zu beſchiffen und ſeinen Handel zu entwickeln. Dieſe Boote ſollen nun von ſeiten der Geſellſchaft durch eine unter: 1 Bei allen dieſen afrikaniſchen Namen gebe ich die portu gieſiſche Schreibart und Ausſprache. Die in Anführungszeichen gegebenen Uebertragungen ſind in Lepfius' Syſtem der Ausſprache gedrieben .
Die portugieſiſchen Beſitzungen in Weſtafrika.
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nehmende engliſche Firma, die Herren Newton und Carnegie
Rufes erfreut. Die Hauptausfuhr von Ambriz beſteht in
in Loanda, betrieben werden . Das Reilen auf dem Duanza iſt ſehr verſchieden von demjenigen , was es anderwärts
Kaffee. Kautſchuk, von der Landolphia florida, ſpielt im Handel von Angola ebenfalls eine große Rolle. Baum wolle von ſehr guter Qualität wird ebenfalls im Süden
in Afrika iſt: es iſt nun ebenſo behaglich und intereſſant als auf dem Rhein. Nicht allein iſt die Szenerie ſehr
reichlich angebaut, beſonders im Bezirke Moſſamedes. Das
hübſch und durchaus tropiſch, ſondern der Fluß bietet mehr ,,Geſichtliches" als vielleicht irgend ein anderer Teil des weſtlichen Afrika ; denn der Quanza iſt, wie ich bereits erwähnt habe , ſeit dem 15. Jahrhundert von den Portugieſen fortwährend beſetzt geweſen und zeigt auf ſeinen Ufern noch viele Ueberbleibſel und Anzeichen der früheren Macht und religiöſen Andacht jenes intereſſanten
Zuckerrohr erfreut ſich in allen Teilen von Angola, nament: lich in den Niederungen und in der Nachbarſchaft der Flüſſe, einer ſorglichen Pflege. Die von den Eingeborenen gehaltenen oder von den Portugieſen eingeführten Haustiere find : Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine, Hunde, Kaßen , Truthühner, ſonſtiges Geflügel, Moſdusenten, Tauben u. f. w . Die Truthühner,
Landes .
Enten , Tauben 2c. ſind aus Amerika und Europa einges
Die Botanik und Zoologie im Norden von Angola
gleiden ſehr jener des unteren Kongo und Weſtafrika's
im allgemeinen. In den zentralen Teilen drängen fidy Formen vom Süden und Dſten ein, aber aus dieſem Grunde iſt die Säugetier- Fauna daſelbſt die reichſte. In den ſüdlichen Bezirken (Moſjamedes) gleichen Fauna und
Flora beinahe genau den gewöhnliden oſtafrikaniſchen Typen, welche ſid) vom Nil bis zum Senegal und vom Somali -Lande bis zum Limpopo erſtreden . Der Elefant kommt in dieſer Kolonie nicht mehr reichlich vor, außer im tiefen Binnenlande und an ſeinen ſüdlichen Grenzen. Der Strauß erſtreckt ſich bis Bihé, ungefähr unter 120
führt, die Kaßen ſind vielleicht von den Portugieſen ein geführt worden, die anderen Geſchöpfe ſind von orientali (chem Urſprung und waren ſchon im Beſiß der Vorfahren
der gegenwärtigen Bewohner von Angola , ehe nod Eu ropäer ins Land famen .
Die einheimiſchen Raſſen gehören mit zwei unbedeu tenden Ausnahmen zu der großen Familie der Bantu Völfer, welche beinahe ganz Afrika ſüdlich vom Aequator bewohnen. Die erwähnten Ausnahmen ſind die Stämme
der Buſchmänner, weldie in einigen Teilen des Südoſtens gefunden werden, und einige Hottentotten, welche über den Cunene im Südweſten herüber gekommen ſind.
Der
ſ. Br. Der graue Papagei findet in der Mitte von Angola die ſüdliche Grenze ſeines Verbreitungsbezirts und die
Reſt der Negerbevölkerung gehört zu der Bantu - Familie und ſpricht Sprachen, welche hauptſächlich in drei wichtige
bodyſte Entwickelung ſeiner Art. Die grauen Papageien
Gruppen geteilt werden : die Mbunda im Norden , die Nano in der Mitte und die Herero im Süden. Unter dem Herero verſtehe ich die Unterabteilung der weſtlichen Bantu Sprachen , zu welchen die Sindonga, Odimpo, Umbundu 2 . gehören. Das Herero iſt die Sprache im Damara-Land,
voin Malanji und oberen Quanza zeigen eine große Nei: gung , am ganzen Leibe ein idarlady: oder hochrotes les fieder anzunehmen . Die Händler nennen ſie gewöhnlich
Königspapageien, und ſie ſind ſehr gelehrig und intelligent und lernen am leichteſten ſpredjen.
Im Norden von
Angola findet ſich der kleine rote Büffel (Bubalus brachy ceros) ; im Süden nimmt der Kapbüffel ( Bubalus caffer)
außerhalb der portugieſiſchen Grenzen. Ein Grund für die leichte Ausbreitung der portugie:
ſeine Stelle ein. In dieſem ſüdlichen Teil der Kolonie,
fiſden Madt iſt der Mangel an irgend einem großen Häuptling oder eingeborenen Herrſcher in der Rolonie.
beſonders im Diſtrikt Moſamedes, kommt beinahe alles große Wild vön Afrika vor, mit Einſchluß des Nashorns,
Der Soba von Humbi am Cunene iſt vielleicht der bes deutendſte Häuptling ſüdlid; vom Quanza und weſtlich vom
eines Tieres, welches in keinem anderen Teil von Weſt
Okavangu.
afrika gefunden wird, da es in der Waldregion abſolut fehlt. Der Leopard iſt überall vorhanden ; der Löwe erſtreckt ſich nordwärts nur bis zum 11.0 1. Br., ausgenommen im fernen Innern, wo er ſich durdy ganz Zentralafrika er
thanen, erlaubt aber einem portugieſiſchen Chefe oder Kommandanten und einer kleinen Garniſon portugieſiſcher Soldaten den Aufenthalt in ſeinem Gebiete.
ſtredt. Der Löwe, das Nashorn, die Giraffe und viele
auf drei Millionen geſchäßt, worunter 12,000 Weiße.
von den großen afrikaniſchen Pflanzenfreſſern vermeiden die dichten Wälder von Weſtafrifa.
Dieſe ſind meiſt von portugieſiſcher Abkunft, worunter
Im Innern von Angola gibt es nod) eine große Menge Waldland, und die beſtbekannten Bäume von Weſtafrika ſind hier vertreten. Die Delpalme erſtreckt ſich nur bis
zum 10.0 ſ. Br. ſüdwärts. Kaffee wädiſt beinahe in allen Hochlands- Bezirken und findet ſich im Norden von Angola im Innern in halb angebautem Zuſtande unter den Ein geborenen , welche denſelben in großen Mengen nach der
Siüſte bringen, wo er ſich bei den Händlern eines guten
Er herrſcht deſpotiſch über 80,000 Unter
Die ganze Bevölkerung von Angola wird annähernd
einige Hundert Sträflinge ſein mögen , die von Portugal hieber gebracht worden ſind, allein in der Provinz Moffa medes ſind, oder waren wenigſtens zur Zeit meines Be: fuches, einige dreihundert Buren, welche aus dem Trans: vaal ausgewandert waren . Sie wurden in dem hoch: gelegenen Diſtrikt Humpata, im Rücken der Chella -Gebirge, angeſiedelt. Hier bauten ſie Mengen von Getreide und ſchienen anfangs ganz gut fortzukommen, allein das Klima erwies ſich ſehr ungeſund für ihre Pferde , das Wild floh
Dr. Ballay's Erforſchung des Ogowe.
235
weiter nach Norden und Dſten, um ihren Treibjagden zu entgehen, und ihr händelſüchtiges und anmaßendes Ge bahren verwickelte ſie in beſtändige Kämpfe mit den nicht
In der Verſammlung der Pariſer Geographiſchen Ges
allzu friedlichen Eingeborenen. Db dieſe Buren-Kolonie
fellſchaft vom 2. April v. 3. erſtattete Dr. Ballay ſeinen
gegenwärtig noch exiſtiert, vermag ich nicht zu ſagen. Die hauptſächlichſten Städte in der Provinz Angola ſind Loanda (Sao Paulo de Loanda, wie es mit ſeinem vollen Namen heißt) , Ambriz, Benguela, Moſjamedes, Dondo, Murima (Muſhima), Novo Redondo, Catumbella,
Bericht über die Erpedition vom Dgowe nach dem Kongo,
Caconda, Quillengues ( Rilengeſi), Huila (Wila) und Hum pata (Ompata). Loanda iſt die Hauptſtadt und rühmt
zurücfehrte. Der Ogowe-Strom hatte damals gerade ſeine
fid einer vierhundertjährigen Geſchichte. Seine gegen wärtige Bevölkerung beträgt vielleicht 14,000 Seelen im ganzen, worunter 2-3000 Weiße, welche meiſt Beamte, Soldaten oder Kaufleute ſind. Die Stadt hat vorzügliche reichverſehene Läden und iſt im allgemeinen mit den Ele menten der Ziviliſation ziemlich gut verſehen. Ambriz, Bengucla und Moffamedes, beſonders leßteres, ſind ziemlich blühende Städte , wo das Leben nicht uner träglicher iſt als in irgendeinem anderen halbziviliſierten
Anwerbung ſeines Stabs und die Herbeiſchaffung der Boote nötig machte, verzögerten ſeinen Aufbruch nach dem Innern
Bezirk von Weſtafrika.
Was Angola in den Händen einer anderen und kräf tigeren Macht als Portugal werden könnte , iſt ſchwer zu
Dr. Ballay’s Erforſchung des Ogowe.
welche er im Auftrag und auf Koſten der franzöſiſchen Regierung unternommen hatte. Er erreichte die Küſte von Afrifa zu Anfang des Jahres 1882 gerade zu der Zeit, Ivo Herr de Brazza frank von ſeiner Reiſe nach dem Rongo
größte Waſſerfülle, allein die Vorbereitungen, welche die
bis zu der Jahreszeit, wo die Gewäſſer des Fluſſes am niedrigſten ſtanden und die Eingeborenen beinahe alle Schifffahrt eingeſtellt hatten. Er mußte daher ſeine Reiſe unter neuen und ganz beſonderen Verhältniſſen fort
feßen , welche dieſelbe beſonders mühſam machten. Der Ogowe war zu einem kleinen Waſſerlauf zuſammenges ſchwunden, welcher in einem Bett voll ungeheurer Felſen mit ſcharfen vorſpringenden Kanten dahinſtrömte. Der Fluß war ſchmal und tief und zugleich ſo gewunden und
reißend wie ein Bergſtrom und bildete, da er auf dieſe
ſagen, allein ſelbſt unter den gegenwärtigen Umſtänden
Weiſe mit Gewalt von einer Seite auf die andere geworfen
dürfen wir nicht vergeſſen , den Portugieſen ihr Recht widerfahren zu laſſen . Unter allen europäiſchen Mächten, welche im tropiſchen Afrika herrſchen , haben wenige ihren Einfluß ſo weit nach dem Innern ausgedehnt, wie Portu gal, und die Portugieſen herrſchen mehr durch ihren Ein fluß über die Eingeborenen als durch wirkliche Geipalt.
wurde, eine Menge Wirbel und Strudel, worin alles von
der Strömung verſchlungen und zerſchmettert wurde. Die Rähne oder Einbäume (Piroguen), von welchen 28 zu :
ſammengebracht worden waren, liefen beſtändig Gefahr zerſchlagen zu werden, und einer derſelben, der eine große Menge der Beſtandteile führte, aus denen die Dampf
Die Garniſonen zu Dondo , Malanje und an anderen
chaluppe erbaut werden ſollte, ſchlug bald nach dem Auf
Pläßen des Innern auf Entfernungen , welche zwiſchen 200 und 400 Min . wechſeln, betragen vielleicht von 50
brud, um und verſank. Die Stücke wurden eine bedeu tende Strede weit ſtromabwärts getragen, aber alle wieder aufgefangen und herbeigeſchafft. Die Furcht, daß derartige Unfälle jede Minute wiederkehren und das ganze Unter nehmen vereiteln könnten, hielt die Gemüter der Reiſegeſell ſchaft beſtändig in einem aufgeregten Zuſtande. Die Felſen verſperrten bisweilen die ganze Fahrſtraße, und es wurde dann nötig, die Kähne und ihre Ladungen ziviſchen den
bis 200 Mann und beſtehen beinahe nur aus eingeborenen Soldaten. Das Land iſt ſo dicht bevölkert, daß, wenn die Einwohner wirklich der portugieſiſchen Herrſchaft über: drüffig würden, ſie dieſelbe im Nu hinwegfegen könnten.
Was Portugal zur Entwickelung ſeiner prächtigen Kolonien bedarf, iſt Geld und Menſchen . Es iſt zu arm und zu dünn bevölkert, um imſtande zu ſein, die weſentlichen
Erforderniſſe ſelbſt zu liefern, und es fürchtet ſich zu ſehr vor fremdem Eingriff, um ſich Einwanderer von anderen Nationen einzuladen.
Je mehr man in Afrika reiſt, deſto mehr kommt man zum Schluſſe, daß die Portugieſen den beſten Teil des Küſtenlandes inne haben ; leider aber drängt ſich dem Geiſte noch eine andere Ueberzeugung auf , daß ſie weit mehr haben, als ſie vernünftigerweiſe zu entwickeln er: warten können. Es iſt kein Grund vorhanden, weshalb fie dieſe Befißungen verkaufen, abtreten oder vertauſchen follten ; aber Portugal ſoll dieſe Länder rüdhaltslos allen Ankömmlingen und Kapitaliſten öffnen, und es wird, als ihr Oberherr, dadurch bald eine reidhe Madyt werden .
engen, von Kanten und Spißen ſtarrenden felſigen Ufern ſtromaufwärts zu ziehen. Eine dieſer Felſenſchranken zwang die Erpedition, im Lande der Ofandas eine Zeit lang Halt zu maden. Während dieſes unliebſamen Aufenthaltes
machte Dr. Ballay in Begleitung einiger Dkandas einen Beſuch in einem Dorfe der zwerghaften Raſſe der Akkos oder Dfoas. Er war der erſte weiße Mann, den dieſelben jemals geſehen hatten , und flößte denſelben ſolchen Schreden ein, daß er keinem von ihnen über ein Dußend Sdritte
nahe kommen konnte. Ihre Niederlaſſung war eine Gruppe niedriger, auf allen Seiten offener Hütten , welche mit Jagdgeräten, Neßen, Lanzen, Sagaien u. 1. w . angefüllt waren .. Ihr Häuptling war ein kleiner noch junger Mann mit einem großen Bart und am ganzen Leibe haarig, an ſcheinend nur 41 Fuß hoch. Die anderen Männer waren
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Dr. Batan's Erforſchung des Ogome.
alle von demſelben niedrigen Wuchs und die Weiber ſchienen ſo groß zu ſein wie die Männer. Dieſe Dkoas leben in einer gewiſſen Unterwürfigkeit unter ihre mächtigeren Nach: barn , ſind ausſchließlid) Jäger und erhalten von den
jenigen, welche den Boden bebauen, etwas Pflanzennahrung in Tauſch gegen reichliche Vorräte von Wildpret. Ballay erreichte den oberen Dgowe gegen Mitte No:
vember 1882 und ſchlug in der Nähe von Ondumbo de Nguimi, einem Dorfe, das am Wege nach dem Lande der Bateke liegt, ſogleich ſein Quartier in einigen Hütten auf, welche von Herrn de Brazza zu ſeiner Aufnahme her: gerichtet worden waren. Er ſchildert das Land des leşteren
Volksſtammes als eines, das einen Anblick von geringer Abwechslung und Mannigfaltigkeit darbiete : es iſt ſanft wellenförmig, ſandig und trocken und ziemlich dünn mit
kurzem Graſe bedeckt, zwiſchen welchem ſtellenweiſe niedrige verkrüppelte Bäume wachſen. Waſſer iſt ſelten und die in weiten Zwiſchenräumen zu findenden Pfüßen von ſtehendem Waſſer ſind ſchlammig und moorig. Die Gipfel der Hügel und
Seine Tiefe iſt nirgends unter 16 Fuß und die Schnellig
keit ſeiner Strömung beträgt faſt zwei Knoten. Sein Lauf iſt jedoch ſehr gewunden und an jeder Biegung häuft ſich ein Niederſchlag von Sand an, welcher ſich im Lauf der Zeit mit einer Vegetation von Geſtrüpp und rieſigen Arums bedeckt. Die Bäume, welche die Ufer des Alima ſchmücken , ſind namentlich verſchiedene Arten von Palmen und Pflans zen, welche Dele oder Parfüme liefern. Der Alima nimmt nur zwei bedeutende Zuflüſſe, beide von der rechten Seite her, auf, nämlich den Lefeti und den Mpama. Die Dörfer im oberen Teil des Flußlaufs ſind äußerſt zabl.
reich, aber von der allerarmſeligſten Art. Ihr bedeutendſter Handel iſt Maniof, der nach dem Kongo verführt wird. Sie beziehen große Vorräte an dieſer Ware von den Ba tefe , denen ſie in Tauſch dafür geräucherte Fiſche, Töpfer:
geſchirr und einige europäiſche Waren geben . Dieſer Handel nimmt jenſeit der nördlichen Krümmung des Fluſſes ab und an ſeine Stelle tritt der Handel mit Elfenbein und manch mal mit Sklaven .
Höhenzüge dagegen zeigen Didichte und grüne Daſen, auf
Die Bafrus ſind weit ziviliſierter als ihre Nachbarn ,
und in welchen reinliche und hübſche Dörfer liegen. Die Bateke ſind Akerbauer und trop der Armut ihres Bodens
welde das Innere bewohnen . Ihre Hauptbeſchäftigung
mit Lebensmitteln reich verſehen. Sie bauen hauptſächlidy
wein , für welche ſie einen Markt an den Ufern des Kongo finden . Als man dieſen Fluß erreicht hatte, verließen Ndumbi und ſeine Leute den Doktor, welcher nun ſeinen Weg allein ohne einen Führer fortſeßen mußte. Der Rongo verläuft an dieſem beſonderen Punkte in ciner Menge von Kanälen zwiſchen unzähligen Inſeln und iſt daher hier ſchwer zu befahren. Allein bald darauf, gegen Chumbiri hin, verſchwinden die Inſeln , das Flußbett
Maniof (Tapioca), Hirſe, Erdnüſſe und verſchiedene Arten Gemüſe oder Pflanzen mit eßbaren Blätter. Die Feld : arbeit wird meiſt von den Weibern beſorgt. Die Männer arbeiten wenig und verbringen ihre Zeit meiſt mit Schlafen und Rauchen und mit Beſuchen benachbarter Dörfer. Wild
iſt ſelten, aber ſie verſpeiſen mit Appetit Ratten , Heuſdyreden und geflügelte Ameiſen. Die Dörfer liegen meiſt gruppen : weiſe beiſammen. Eines der wichtigſten derſelben iſt das
in der Nähe des Nconi-Fluſſes gelegene, ſodann die Dörfer Acon und Dſika, zwiſchen denen man vom Becken des Dgowe in das Becken des Kongo gelangt. Hier kommen ſumpfige Niederungen und tiefe Depreſſionen vor, in denen verſchiedene Flüſſe, wie der Lefila , der Obia, der Ankola
und die Zuflüſſe des Alima, entſpringen.
iſt der Fiſchfang, allein ſie bereiten auch Del und Palms
vereinigt fid) zu einer einzigen ungeheuren Waſſerfläche und der Kongo wird ein majeſtätiſcher Strom von zwei
e. Min . Breite und ungemeiner Tiefe, an deſien Ufern fidy grünende Hügel hinziehen. Nachdem Dr. Ballay vier Tage lang den Strom hinabgefahren war, erreichte er
ein Dorf, wo er gut aufgenommen wurde und eine fran zöſiſche Station fand. Einige Tage ſpäter beſuchte er einen Häuptling, namens Mafoko, welcher ihn mit großem Pomp
Die Erpedition gründete in Dſika an den Ufern des Lefila - Fluſſes eine Station, und bieber wurde mit vieler Shwierigkeit die Dampfſchaluppe transportiert, rajd zu: ſammengeſeßt und dann vom Stapel gelaſſen. Die Reiſe geſellſchaft ward jedoch hier drei Monate lang aufgehalten infolge des langen Zögerns eines eingeborenen Häupt
den Häuptlingen in der Nachbarſchaft anzuknüpfen . Später
empfing und ihn ſeiner Treue gegen Frankreich verſicherte. Ballay kehrte hierauf nach der Station zurück, welche er ſoeben gegründet hatte, um daſelbſt die Ankunft des Herrn de Brazza zu erwarten und freundliche Beziehungen zu
lings, welcher nur mit Widerſtreben einwilligte, den Führer
begab er ſich nach Brazzaville, wo der eingeborene Häupt
nad dem Rongo zu machen . Gerade in dieſem kritiſchen Augenblick traf Herr de Brazza mit den erſten Mitgliedern
ling fid bei ihm dafür entſchuldigte, daß er die franzöſis dhen Miſſionare vertrieben habe. Dieſe wurden wieder
ſeiner Miſſion und zwei franzöſiſchen Miſſionaren am Aliina
in ihr früheres Beſitztum eingefeßt und haben nun eine
ein, und die Karawane brach endlich zu Anfang Oktobers auf und begleitete einen Konvoi von zehn mit Maniok be ladenen Rähnen, welche dem Häuptling Ndumbi gehörten. Der Alima (oder Mboſſi, wie ihn die Anwohner des Kongo nennen ) iſt ein ſchöner Strom, 150–300 m . breit,
und durchfließt ein Bett von ſandigem Grunde, welches nirgends durch Felſen oder Sandbänke verſperrt wird.
ſehr hübſche, ſich gedeihlich entwickelnde Miſſion und präch: tige Pflanzungen. Gegen Ende März trafen Herr v. Cha vannes und die angeſehenſten Mitglieder von Brazza's
Miſſion in Brazzaville ein, und bald darauf ſtieß das Haupt der Miſſion ſelbſt zu ihnen. Hier fanden ſich nun jämtliche Häuptlinge ein und erkannten mit gebührender Feierlichkeit die franzöſiſche Autorität an.
Die Tierwelt in Holländiſch Guiana.
Ende Mai verließ unſer Reifender Brazzaville, ichlug den Heimweg nach der Küſte ein und fam ungefähr
um die Mitte Auguſt am Gabun an , wo die Erpedition endete. Der Dgowe wird nach Dr. Ballay's Anſicht nie (chiffbar gemacht werden können, obſchon fich der Weg ver
beſſern läßt. Sein Becken iſt im allgemeinen fruchtbar und reich an Naturerzeugniſſen aller Art. Dagegen iſt
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bei 7 cm . Länge. Von der ſo gefährlichen Wanderheu ſdyrece, die ihre Verheerungen ſelbſt in Venezuela anſtellt, iſt Surinam bis jeßt verſdjunt geblieben. In den Gärten
iſt die Werre , Gryllotalpa, den zarten Pflanzen ſchädlid ). Kaum halb ſo groß als Gryllotalpa vulgaris, legt ſie in eine Art Neſtchen unter der Erde ein Häufchen weißlid
durchſdyeinender runder Eier. Ihr indianiſcher Name iſt
die Region, welche ſich vom Dgowe nach den Ufern des
Dagrligrli.
Kongo erſtreckt, im allgemeinen nicht fruchtbar und liefert beinahe nur Elfenbein . Die Region des Licona, wenigſtens
idywarz mit braunen Flügeln ; ſie halten ſich viel unter
nad ſeinen Quellen hin, iſt reich und fruchtbar. Angeſichts der Berichte derjenigen, welche den Niari-Quillon beſucht haben, iſt Grund zu der Annahme vorhanden, daß dieſes
Beden wertvoller iſt, als die Hochebene der Bateke ; es läßt ſich vielleicht demjenigen des Dgowe vergleichen, denn es iſt reich an Rautſchuk, und alle ſeine ans Meer gren : zenden Bezirke ſind fruchtbar. Nad Dr. Ballay's Anſicht aber werden alle natürlichen Erzeugniſſe bald verſchwinden , und wir müſſen uns daher darauf gefaßt machen, dieſelben durch die Produkte jenes Anbaues zu erſeßen, welcher weder
Audy Grillen , Gryllus, ſind ſehr häufig.
trockener Baumrinde auf. Hemiptera. Die ekelhafte Familie der Läuſe, Pedicu
linae, hat auch hier verſchiedene Arten, doch findet ſich ſonderbarer Weiſe die Kopflaus , Pediculus capitis, nicht beim Europäer, dagegen in großer Menge bei den
Farbigen , Indianern und bei den Negern , in deren wolligen Haaren dieſes Ungeziefer ſd wer zu vertilgen iſt, und ſich manchmal ſo vermehrt, daß der ſo geplagte
Neger ſich den Kopf mit Lehm beſchmiert, der, wenn er troden iſt, eine mehr als zolldide Kruſte bildet, unter der die Läuſe nach einigen Tagen erſtickt ſind. Dieſe Neger
ausſchließlich von den Schwarzen noch von europäiſchen Ein
läuſe ſind übrigens viel größer und ſchwärzer als die
wanderern betrieben wird, ſondern jenes Anbaues, bei welchem die Arbeit der Schwarzen durch die Intelligenz der Weißen geleitet werden wird. Die ſeither gemachten der artigen Verſuche haben beinahe ausnahmsweiſe nur gün:
europäiſche Kopflaus und ſcheinen mir identiſch zu ſein mit derjenigen Art, weldie auf dem Spinnen-Affen, Ateles, niſtet. Biele Vierfüßler und Vögel haben ihre eigenen
Läuſe-Arten, nur auf dem dreizehigen Faultier lebt ein
ſtige Reſultate geliefert.
Schmaroßer, der zu den Motten , Pterophoridae, gehört. (Sc. G. M.)
Mit dem
ekelhaften Genus der Läuſe ziemlich nahe
verivandt ſind die Cicaden. Von der Größe kleiner
Ameiſen bis zu der des Laternenträgers, Fulgora later
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Kappler.
(Fortſegung.)
Die Phasma oder Stab heuſdreden leben zivar
von Pflanzen , ſind aber ebenſo merkwürdig von Geſtalt wie die Mantis-Arten. Ich habe Inſekten dieſer Art ge fangen , welche 30 cm. lang und 112 cm . dick waren . Sie ſcheinen nur des Nachts ihrer Nahrung nachzugehen ,
naria , kommen ſie in den ſchönſten Farben und den barod
ſten Geſtalten vor, auch haben einige Arten einen Geſang, der an Stärke alles übertrifft, was ſonſt die Inſektenwelt zu leiſten vermag. Die größte und berühmteſte aler Cicaden iſt der Laternenträger , Fulgora laternaria. Er hat mit ausgeſpannten Flügeln eine Breite von 8 und eine Länge von 5 cm . Die Oberflügel, die er im Sißen
dachförmig hält, ſind länger als der Leib, grünlich -gelb mit weißer und gelber Zeichnung, die Unterflügel kürzer,
denn über Tag ſieht man ſie in düſteren feuchten Wäldern
durchſcheinend bräunlidh-gelb und gewellt mit einem weißen
an Bäumen fißen, wo man ſie auch ihrer braunen Farbe wegen für ein trockenes Reis halten würde, wenn nicht
Auge in gelben und idywarzen Ringen. Auf dem leßten Halsringel fißt eine bei 3 cm. lange, 1/2 cm. breite, länglicht ovale, unten etwas eingebogene hornige, rot und
die Gleichmäßigkeit der Form ſie als Tiere erkennen ließe. Ebenſo reich an Arten als verſchieden an Größe ſind
die Heuſchreden, denn ſie werden manchmal 20 cm.
grünlich geſtreifte Blaſe, die, wie man annahm, des Nachts ein ziemlich helles Licht von fich geben ſollte. Er lebt,
breit. Eine beinahe ſo große, Tropidacris cristata, iſt ſchön grün mit blauen Unterflügeln. Bloß halb ſo groß iſt Menachidium lunus , mit ſchwarzgrünen, hochgelb gebän
wie verſchiedene andere Cicaden, am Simaruba -Baum , hüpft, wie alle dieſes Geſchlechts , fliegt aber ſchlecht und
derten Ober- und blauen Unterflügeln, die Springfüße ſind
Arowaffen aber Simaruba Jije. Erſtere verſicherten mich,
halb rot, halb ſchwarz. Unter den Nachtheuſchreden, die meiſtens große Rinnladen und lange Fühlhörner haben , iſt die ſchönſte Pterochroza ocellata, mit rötlichbraunen, hell geäderten Oberflügeln , die täuſchend einem trodenen Blatte gleichen , und gelblichen Florflügeln, in deren äußeren Ecken
daß er einen ſeinem Namen ähnlichen Ton von ſich gebe ;
ſchöne farbige Augenflecken ſind. Sie hat 10 cm. Breite
nicht weit.
Die Karaiben heißen ihn Dolin Dolin, die
ich habe aber, obgleid ich Dußende dieſer Inſekten lebend
beſeſſen habe, ebenſo wenig dieſen Ton gehört als ich je ſein Leuchten ſah, von dem übrigens die Indianer audy nichts wiſſen . Die Ausſagen der Frau Merian , die am Anfang des vorigen Jahrhunderts das Inſekt in Surinam
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Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana.
beobachtete und ſeine Eigenſchaften , zu leuchten, mitteilte, beruhen wahrſcheinlich auf einen Jrrtum oder vielleicht einer Verwechslung der Abbildungen. Es iſt ſo viel Rätſel haftes in der Inſektenwelt, das fid ) nicht alle Tage kund gibt, daß man die Ausſagen einer ſo ehrenwerten Frau nicht geradezu verwerſen kann. Vielleicht kommt dieſes
Leuchten zeitenweiſe und unter gewiſſen Umſtänden vor, die höchſt ſelten, aber eben doch durd) Frau Merian wahr: genommen worden ſind. Als die holländiſch -franzöſiſdhe Erpedition , wozu ich auch gehörte, im Oktober 1861 im Innern von Guiana in der Nähe des Aroa- Fluſſes auf
einer Sandbank ihr Lager aufgeſdlagen hatte, ſahen wir des Nachts aus dem gegenüberliegenden Walde ein leuchten:
des Inſekt über uns hinfliegen, deſſen Licht hellgelb, zoll lang, und ganz verſchieden von dem war, welches der
große Schnellkäfer, Elater noctilucus, um ſich verbreitet ; auch flog es viel langſamer als dieſer Käfer. Reiner der
Neger und Indianer, welche bei uns waren, hatten je folch ein Inſeft geſehen. Ein anderes , kaum halb ſo großes Inſekt mit grünlichen Obers, roten Unterflügeln und einer
bräunlichen 2 cm . langen, 3 mm. breiten, in drei Zacken auslaufenden Laterne, Fulgora diadema , fing ich mehrere Male am oberen Surinam .
Einige dieſen Laternenträgern mehr verwandte Arten,
aber ohne Laterne, wie Phenox variegata , haben am Hinterleib einen Sdywanz, manchmal von 3 cm. Länge, der aus vielen flaumigen , weißen Fäden beſteht, die nur ganz loſe am Leibe ſißen , und leicht ſich abwiſchen laſſen. Es deint mir, daß das vollkommene Inſekt durch Aus ( chwißung aus ſeinem Körper nach und nach dieſe ſonder bare Zierrat bekommt , die man auch manchmal beim Laternenträger als einen leicht wegzuwiſchenden Staub bemerkt.
viel ſtärker und reiner, ſo daß es manchen nervöſen Leuten ſehr zuwider iſt. Sie ſind überall ſehr häufig, und man hört ſie in ſtillen Nächten beinahe eine Viertelſtunde weit.
Die Larve des Scheerenſchleifers lebt, wie alle zu dieſer Familie gehörenden Cicaden, mehrere Fuß tief unterm Boden, wo ſie vielleicht einige Jahre lang bleibt, ehe ſie ſich in das geflügelte Inſekt verwandelt ; kommt die Zeit der Metamorphoſe, jo arbeitet ſie ſich hervor, baut aber,
ehe ſie ſich ans Tageslicht wagt, von Lehm eine 3 bis 4 Zoll hohe Röhre , die oben abgerundet und verſchloſſen, nur eine Fortſegung des Loches iſt und einem aus der Erde hervorſtehenden dicken Finger gleicht. Dieſe Arbeit wird nur bei Nacht verrichtet, wie denn auch in derſelben Nacht der Durchbruch der Larve und ihre Verwandlung in das vollkommene Inſekt geſchehen muß, denn nie ſah ich ver ſchloſſene Röhren, ebenſo wenig als je eine Larve. Vers läßt dieſe das Loch, ſo friecht ſie an irgend einer Pflanze
hinauf, wo dann der Rücken aufſpringt und die Cicade herausſchlüpft, und nachdem ſie trođen und erſtarkt iſt, wegfliegt; die Larvenhaut bleibt am Geſträuche zurück, ein altes Kleid, das man für immer abgelegt hat. Es gibt verſchiedene Arten ſolcher Sänger, aber alle führen dies felbe Lebensweiſe. Beſonders läßt am Anfang der Trocken
zeit eine etwas größere von ſchwärzlicher Farbe ihre Stimme erſchallen. Sie findet ſich im inneren Lande, und ihr Ton gleicht genau aber nur viel ſtärker dem Sdlagen einer Schwarzwälder Uhr; man meint dasſelbe Gefnarr der Räder, dieſelben Glodentöne zu hören , die zuerſt regel mäßig, dann ſchneller und ſchneller werden, bis nach etwa I
20 Schlägen der Geſang verſtummt. Die anderen Cicaden beſtehen aus den Gattungen Tettigonia , Aphrophora, Cercopis, Membracina, Heteronotus, Cirius 2c. Ich übergehe das wenig bekannte Geſchlecht der Waſſer
Viel häufiger und durch ihre ſchrille Stimme überall
wanzen, Hydrocores, und Waſſerläufer, Ploderes, wovon die
bekannt, ſind die Sing -Cicaden , deren häufigſt vorkommende
erſteren in Waſſergräben ſich aufhalten , die anderen auf den
der Scheerenſchleifer, Cicada tibicen, bei den Karaiben
ſchwarzſcheinenden, klaren Waldkreeken ſich herumtummeln,
Bokko Boffo, bei den Arowakken Lia Lia , durch ſeinen lauten Ton dem Fremden ſich ſogleich bemerkbar macht. Dbgleich er auch über Tag ſingt, ſo fängt er doch meiſtens
und komme zu dem bedeutenden Geſchlechte der Wanzen, von deren zahlreichen Gattungen die Bett- oder Haus: w anze, Cimex lectularius, obwohl ſie ſich in manden
ſein Konzert erſt bei Sonnenuntergang an. Der Scheeren
Wohnungen eingeniſtet hat, doch nicht einheimiſch zu ſein ideint. Die übrigen Arten, als Tingis , Aradus, Pyr: rhocoris, und beſonders die Familie der Schildwanzen,
ſchleifer iſt eine etwa 4 cm . lange und 5 cm . breite Fliege, im Sißen mit dachförmig übereinander gelegten, durchſichtig grünlich geäderten Flügeln ; der Saugrüſſel iſt
1/2 cm . lang und ruht auf der Bruſt. Die Hinterfüße ſind nicht ſo lang als bei den Heuſchrecken, doch können ſie ſich damit vom Baume wegſchnellen . Das Drgan, mit dem das Männchen ſeine Stimme ertönen läßt (die Weibchen ſind ſtumm ), ſißt unten zwiſchen dem Bauch und dem Thorar und beſteht aus einem leeren Raum , der als
Reſonanzboden dient und in welchen durch eine Art Stimmriße Luft einſtrömen ſoll, oder vielleicht auch durch das Reiben eigenartiger Bauchſchienen , wie bei den Heu ſchreden . Es iſt ein ſchriller ſcharfer Ton, wie das Schleifen eines ſtählernen Inſtruments auf einem harten Stein , nur
Scutati, kommen manchmal in der Länge von 2/2 cm. und in den prächtigſten Farben vor. Zu den ungeflügelten Inſekten , die das Tageslicht deuen und ſid, meiſt nur bei Nacht ſehen laſſen , gehört
der Tauſendfuß, Scolopendra gigas. Er iſt oliven braun , unten gelblich mit rotbraunen Füßen und hat, wie der Bandwurm platte Ringe oder Glieder, an deren jedem ein Paar Füße fid, befinden , zuſammen 21 Paare. Er hat 3 cm. lange, gegliederte Fühlhörner, mit denen er immer
umhertaſtet, und wie die Spinnen 2 ſpißige Fang- oder Freßhafen, zum Feſthalten der Beute.
Die Bifie des
Scolopenders ſind viel ſchmerzhafter als die aller anderen
Litteratur.
Inſekten. Er lebt von Inſekten und ſein Lauf iſt ſchnell
und in Windungen wie der einer Schlange. Ich habe Scolopender gefangen, die über 20 cm. lang waren. Auch der Vielfuß , Iulus, kommt häufig in verfaultem Holze vor . Er erreicht eine Größe von 12 cm, und rollt ſich
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in jener Zeit, wie es ſich einem ſcharf beobachtenden und unter niehmenden Seemann darſtellte, bietet, iſt hier in einem neuen kommentierten Abdruck wieder herausgegeben und reiht ſich an Intereſſe all den Schilderungen an, welche die alten portugieſiſchen Seefahrer von dem neuerſchloſſenen Wunderlande gemacht haben . Die naive Darſtellung des einfachen holländiſchen Seemanus iibt
wie der europäiſche ſogleich zuſammen, wenn man ihn er: greifen will. Von der platten Randafjel , Polydesmus,
noch jeßt durch ihre Wahrheit und Anſchaulichkeit den höchſten
fand ich mehreremale eine leuchtende von etwa 5 cm . Länge. An jedem Ringel ſind unten zwei gelbliche Punkte,
riſſen zu werden.
Reiz auf den Leſer aus und verdient es, der Vergeſſenheit ent * Krauß , Dr. Friedrich S.: Sitte und Brauch der I
Südſlawen.
Nach heimiſchen gedrudten und ungedruckten
die bei Nacht ein rötliches Licht von ſich ſtrahlen , ſo
Quellen .
ſtart, wie das der Lampyris -Arten.
Wien. Wien, Alfred Hölder, 1885.1 - Es iſt einer der gehalt vollſten und wichtigſten Beiträge zur Ethnographie Deſterreichs und der übrigen von Siidſlawen bewohnten länder, der uns in dem vorgenannten Buche vorliegt, und dabei kein Buch aus Büchern, ſondern größtenteils das Ergebnis von Studien und Beobachtungen, welche der Verfaſſer während eines langjährigen Aufenthaltes unter den Stämmen der Südſlawen gemacht hat.
(Schluß folgt.)
litteratur.
Im Auftrage der Anthropologiſchen Geſellſchaft in
Wir haben es hier mit Menſchen einer Raſſe zu thun, welche
* Springer, Rudolf : Kunſthandbuch für Deutich .
land, Oeſterreich und die Schweiz. Nachſchlagebuch, ent haltend die Sammlungen, Lehranſtalten und Vereine für Kunſt, Kunſtgewerbe und Altertumskunde ?c . Vierte vermehrte Auflage. Dieſes bekannte, Berlin und Stuttgart, W. Spemann, 1886. bequeme und handlide Vademecum für den reiſenden Künſtler und Kunſtfreund hat in der uns vorliegenden neueſten Auflage an Reichhaltigkeit des Juhaltes bedeutend gewonnen und wird allen denen , welche ſich für deutſche Kunſt intereſſieren, ein unentbehr licher Reiſebegleiter bleiben . * Umlauft, Dr. Fr.: Die Alpell . Handbuch der ge ſamten Alpenkunde. Wien, Þeſt, Leipzig, A. Hartleben`s Verlag, 1886. Lieferung 4 bis 6. Auch dieſe neueſten Lieferungen von dem auf 15 Hefte berechneten Kompendium unſeres geſamten Wiſſens von der Alpenwelt entſprechen vollſtändig dem veröffent lichten Plan des Werkes und erfüűen die Erwartungen , die wir von dem ganzen Unternehmen hegten. Die drei genannten Liefe rungen umfaſſen die topographiſche Schilderung der Alpen , deren
phyſiſch z11 den ſchönſten und vollkommenſten Kaukaſiern und geiſtig z11 den gewedteſten und phantaſiereichſten, findigſten und anſtelligſten Völterſchaften Südoſteuropa's gehört und in deren Weſen und Charakter noch ein gewiſſer ritterlicher Sinn liegt, welchen alle Fremdherrſchaft nicht auszurotten vermochte -
einer
Rajſe, deren Sitten, Bräuche, Rechtsbegriffe und Vorſtellungen auf eine gewiſſe höhere alte Kultur zurüddeuten , welche unter der
Herrſchaft des Türkenſäbels teilweiſe untergegangen iſt, deren Ueberbleibſel aber uns noch mit Ad)tung und Teilnahme erfüllen. Dieſe Spuren einer früheren Kultur nun in den Sitten , Bräuchen, Einrichtungen und Lebensgewohnheiten der heutigen Südſlawen in dieſem Buche nachzuweiſen , hat Dr. Frauß ſich nicht nur vor
genommen , ſondern es iſt ihm in einer anerkennenswerten Weiſe aus eigener Anſchauung und mit der Unterſtiitung anderer Forſcher ans ſüdſlamiſchem Stamme gelungen. So beginnt er denn ſeine Schilderung mit derjenigen des mächtigen Bandes der Sippe, welche der Siidſlame viel weiter auffaßt als der Germane, und beſchreibt uns zunächſt die Sippe der Südſlawen nach deren Auf
aügemeine Kunde den Genuß und das Verſtändnis des Touriſten
faſſung in älterer und neuerer Zeit und nach ihrem ganzen Um
erhöht, und bieten die Schilderung der Weſt: und der Mittel
fange. Daran reiht er ſodann die Hausgemeinſchaft in ihrem ganzen Weſen mit ihrer inneren Einrichtung, ihrer Leitung, ihren Rechten und Pflichten , ihrem Beſittum an beweglichen und unbe weglichen Gütern und deren Teilung. Aus dem Familienleben entſpringen die gegenſeitigen Beziehungen der Geſchlechter, das Liebesleben, der Liebeszauber, die Liebesentzweiung, die Auswiidiſe
alpen , in letteren alſo das dermalen beſuchteſte Gebiet der Alpen
welt. Die ſchönen Flluſtrationen und Kartenbeilagen und die ganze Ausſtattung laſſen nichts zu wünſchen iibrig. Wir werden über das vollſtändige Werk dam eingehend berichten. * The Voyage of John Huyghen van Linschoten to the East Indies. From the old English Translation of 1598. The
First Book, containing his description of the East. In two Volumes. Edited, the first volume by the late Arthur Coke Burnell, Ph. D., C. I. E., of the Madras Civil Service ; the second by Mr. P. A. Tiele, of Utrecht. London, printed for the Hakluyt Society 1886. – Die ſogen . Hakluyt-Geſells ſchaft iſt bekanntlich ein britiſcher litterariſcher Verein , welcher ſich zum Zwecke geſetzt hat, wertvolle vergriffene alte Reiſebeſchrei bungen und gediegene Werke der Länder- und Völkerkunde in
der Liebe und die Wechſelbezige der Geſchlechter : Mädchenver führung und Blutſchande, Bigamie und Konkubinat, Mädchenraub und ſodann die ſozialen Folgen der Liebe - das Eheleben . Hier kommen in Betracht die Sitten und Bräuche hinſichtlich der Aus
ſteuer, der Wahl für’s Leben und der Heiratsbedingungen : das Lebensalter, in welchem man heiratet, die Reihenfolge, nach welcher Verwandte und Geſchwiſter heiraten , die Ehehinderniſſe, der Zeit raum zwiſchen Berlobung und Hochzeit; ſodann die Werbung und Berlobung, die pochzeit, das Beilager, Beſuch und Gegenbeſuch ;
ſchönen und gediegen ausgeſtatteten Wiederabdrücken herauszugeben,
der Erbtochterman ; das Weib.
und die bisher von der Geſellſchaft publizierten 71 Bände bilden
dann die Zuſtände, Pflichten und Rechte der jungen Mutter und
bereits eine anſehnliche und wertvolle Bibliothek. Die jüngſt er ſchienenen Bände enthalten ( in 4 Teilen) die berühmten „ Com
des Kindes, die Sitten und Bräuche bei Eheſcheidungen , das
mentaries of the Great Alfonso Dalboquerque “ und das erſte Buch von Linſchoten’s Reiſe nach Oſtindien in zwei Bänden . Linjchoten’s Schilderungen des Orients ind Indiens ſind für ihre Zeit die erſten und eingehendſten iiber jene Region geweſen, wes. halb das holländiſche Original damals auch alsbald ins Engliſche jiberſetzt worden war. Dieſe Ueberſetzung nun , welche ein mög lichſt treues und objektives Bild von Land und Leuten Judiens .
Dieſen Schilderungen folgen
Witwenrecht, die Vormundſchaft, die Adoption und Arrogation , die Gevatterſchaft und Patheuſdaft, die Wahl- Bruder- oder Schweſter ſchaft und dann die Gaſtfreundſchaft, welche bei den ſüdſlawiſchen
Voltsſtämmen eine ſo große Rolle ſpielen. Siemit haben wir den Jihalt der 30 Kapitel angegeben, welche dieſes umfangreiche 1 Ohne unſer Verſchulden inliebſam verſpätet. Die Redaktion.
Litteratur.
240
und gediegene ethnographiſche Werk bildet. Es iſt ein rieſiges
dieſes Werk ins Leben rief, als dem Fleiß des Verfaſſers, des
Geld das Fällen des Giftbaumes und führten es zum Staunen der Javanen auch ohne Nachteil aus; ſie hatten als Gegenmittel ihre Haut mehrmals täglich mit Cocosöl eingerieben. Das Gift des Giftbaumes fijt ausſchließlich in der friſchen Rinde und dem Saft ; das trockene Holz wurde von einem einheimiſchen Zimmermann unbedenklich und ohne Schaden zu Möbeln ver arbeitet. Noch ſchlimmer iſt der Saft des Gluta benghas, einer Anacardiacee, welcher, wenn er auf die bloße Haut gelangt, bös artige und ſehr langſam heilende Geſchwüre hervorruft. Ro . * Spanien ſcheint entſchloſſen , die in Beſitz genommene Stređe am Weſtrande der Sahara feſtzuhalten , und hat in der Perſon
unermüdlichen Forſchers, aus deſjen Feder wir demınächſt wieder ein ähnliches Werk über Sitte und Brauch in Bosnien, der Hers
und die Mauren genan kennt. Die Fiſchereigründe ſollen denen der
und höchſt eigenartiges und intereſjantes Material in dieſem Buche geſammelt und trefflich verarbeitet ; es iſt alles hereingezogen , was in Tradition und Volfslied , in Sprichwörterni, in Dichtung und .
Sage Bezeichnendes fortlebt, und ſo haben wir ein Rundgemälde des ſittlichen , geſellſchaftlichen , häuslichen und geiſtigen Lebens der ſiidſlawiſchen Stämme vom Siidabhang der Alpen bis tief in die Balkan- Halbinſel hinein, wie es vollſtändiger, eingehender und lehrreicher kaum gewünſcht werden könnte. Der Wiener Anthro pologiſchen Geſellſchaft gebiihrt nahezul ebenſo viel Dank, daß ſie
des Herrn Bonelli ihnen einen Gouverneur gegeben , der Maroffo
zegowina und Serbien erwarten diirfen. Wir empfehlen das
Bank von Neufundland an Reichtum nicht nachſtehen und ent
vorgenannte gehaltvolle Werk angelegentlich allen Freunden der Ethnographie, beſonders auch als Zeugnis für die unverwiiſtliche
halten neben dem Thunfiſch, der hier das ganze Jahr hindurch vorkommt, verſchiedene Arten , welche ſich wie der Kabljau zube reiten laſſen. Es ſind bereits etwa 30 kanariſche Fahrzeuge regelmäßig beſchäftigt und die Fiſcherei iſt für die Kanaren um ſo wichtiger, als alle anderen Erwerbszweige, Zuđerbau, Cochenille zucht und Weinbau, ſehr zuriidgegangen ſind. Die Küſte iſt durch aus nicht ſo hafenarm , wie man glaubt , beſonders am Rio Oro,
Lebenskraft, welche der Raſſe der Siidilawen innewohnt. * Brandes, Dr. Georg (in Kopenhagen ): Ľudwig Holberg und ſeine Zeitgenoſſen. Mit dem Bilde Ludwig Der Holbergs in Holzſtich. Berlin, Rob. Oppenheini, 1885 .
däniſche Luſtſpieldichter Ludwig Freiherr v. Holberg , geboren zu Bergen in Norwegen 1684, geſtorben 1784 zu stopenhagen, iſt
der eine tiefe, fjordartige Einbuchtung darſtellt, die überall über
zivar der Mehrheit der heutigen Leſerwelt wohl nur noch dem Namen nach bekannt, verdient aber vollkommen die feine, liebe
6 m . Waſſer hat, und an der Bahia del Galgo , dicht am weißen Vorgebirge, können Schiffe nicht nur voŰkommen ſicher liegen,
und geiſtvolle biographiſch -litterarhiſtoriſche Würdigung, deren der
ſondern finden auch Trinkwaſſer und ſelbſt Weidepläge .
bekannte feinfühlige litterarhiſtoriker Dr. Georg Brandes ihn gewürdigt hat. Holbergs bewegtes Leben , jeine Jugendſchickſale, Reiſen, Studien , Ideale, Lebenskämpfe und Strebungen, ſein litterariſches Ringen , ſeine Erfolge als Luſtſpieldichter, Romana
ſpaniſche Regierung will an dieſen beiden Punkten Forts errichten ,
ſchreiber, Hiſtoriker, Nechtsphiloſoph , Begründer der neueren däniſch norwegiſchen Litteratur u . f. w . werden uns im vorliegenden Buche auf das anziehendſte erzählt und zugleich ſeine Umgebungen , die geſellſchaftlichen , ſittlichen, politiſchen und litterariſchen Zuſtände ſeiner Zeit, der Periode der Perrüde und der potenzierten llit natur, ſo ergreifend lebhaft geſchildert, daß wir nicht anſtehen , dem feſſelnden Buche , wenn auch ſein Gegenſtand uns räumlich
Die
ſonſt aber von einer Beſetzung des Binnenlandes abſehen, woran ſie ſehr flug thut, da die Binnenſtämme, beſonders die Uled Sba , fanatiſche Chriſtenfeinde ſind. Die armen Küſten-Mauren , die weſentlich von Fiſchen leben , haben ſich bis jeħt freundlich er wiejen , doch iſt auch ihnen nicht ſonderlich zu trauen . Das Klinia hat ſich bisher für die Kanarenſer, die freilich ſtarf mit Berbers
blut gekreuzt ſind, als ganz geſund erwieſen. Bonelli hofft, die Sudan -Karawanen an ſich ziehen zu können , doch iſt das faum wahrſcheinlich, da Karawanen durch die Sahara nur rentieren, wenn die Ware ſich ſelbſt transportiert, d. h. bei Sklavenhandel. Ko .
und zeitlich etwas fern liegt, das Prädikat eines kleinen biographi ſchen Meiſterwerkes zuzuerkennen, das auch bei uns Nachahmung und Nacheiferung verdient.
Geſellſchaften , Bereine, Muſeen 2c. * In den letzten Tagen der Oſterwoche ſoul in Dresden der Sechſte Deutſche Geographentag abgehalten und mit demſelben eine Ausſtellung der litterariſchen Erzeugniſſe auf dem Gebiete der
Notizen.
Erdkunde verbunden werden .
Zur Ausſtellung ſollen gelangen :
Ueber den Giftbaum (Pohon upas) auf Java teilt Forbes
1 ) bez. der allgemeinen Geographie nur die Litteratur des legten
(„ Wanderungen im Malayiſchen Archipel“) einige neue Beobach
Jahres ( 1885 und 1886) ; 2) die geſamte litteratur über die
tungen mit, welche ihn doch nicht ganz ſo harmlos erſcheinen
deutſchen Kolonien und 3 ) geographiſche Lehrmittel aus dem legten Jahre, bei denen ſich jedoch die Ausſtellungs -Kommiſſion vorbes hält , mit Riickſicht auf den vorhandenen Ranm ev. eine Auswahl zu treffen. Die Ausſtellung findet in den Räumen des t. Poly
laſſen , wie in neuerer Zeit behauptet wurde, wenn auch die Furcht der Javaner vor ihm weit übertrieben iſt.
Er fand in hojala
auf Java, im Gebiet der Cinchona- Wälder , ein prachtvolles Eremplar in einer Theepflanzung ſtehen : kein Arbeiter hatte beim Ausroden des Waldes gewagt , die Art an ihn zu legen, und auch die Plantagenarbeiter weigerten ſich , unter dem Winde von ihm
technikums ſtatt; fiir genügende Beaufſichtigung, Berſicherung gegen
Feiterſchaden u. j. w. wird beſtens geſorgt werden .
Autoren ,
bez. Verleger, welche die Ausſtellung beſchicken wollen , werden
Ja , wenn eſte von ihm berabſtürzten, war nie
gebeten, die auszuſtellenden Gegenſtände unter der Aufſchrift: „ Zur
mand zu bewegen , dieſelben zu entfernen . Der Beſitzer der Plan
Ausſtellung des Sechſten Deutſchen Geographentages beſtimmt“, in der Zeit vom 20. März bis 1. April an Karl Adler's Buch
zu arbeiten.
tage häufte eines Tages die abgebrochenen Aeſte zuſammen und
zündete ſie an ; am anderen Tage wurde alle Arbeiter in dem nahen Dorfe , in welches der Wind den Rauch geführt hatte , von
handlung (A. Huhle) zu Dresden portofrei gelangen 311 laſſen. Sorgfältige Verpadung und freie Rückſendung wird
einem bösartigen Ausſchlag befallen ; es wäre dariiber faſt z11
verbürgt .
einem Aufſtande gekommen, da jedermann erwartete , daß die Leute
ſterben würden . Zum Glide heilte der Ausſchlag ſchnell ab. Schließlich übernahmen ein paar ſchlaue Chineſen für jdweres
Hiezu ein Proſpekt der Verlagsbuchhand
luug Robert Oppenheim in Berlin.
Duuck und Verlag der J. G. Cotta'idhen Buchhandlung in München und Stuttgart.
1
Das Duslaud. Wodenſchrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
3. G. Gotta'ſden Budhandlung in Stuttgart und München. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 29. März.
Nr. 13.
1886 .
Jährlid 62 Nummern à 20 Seiten in Quart. Hreis pro Quartal M. 7 . 31 beziehen durch alle Budhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Mamujeripte und Mecenſione-Gremplare von Werken der einſchlägigen Litteratur ſind direft an Derrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, furzeſtraſje Nr. 6'11, zu jenden . Injertionspreis 20 Pf. für die gejpaltene Zeile in Petit.
Inhalt: 1. Tiryns. Von Artillerie -Hauptmann E. Bötticher. S. 241 . - 2. N. M. Prichewalsky's Reiſe in Zentralaſien. Bon Gregor Jw . Kupczanko. S. 244 . 3. Nordweſt-Auſtralien . S. 247. 4. Pfingſtgebräuche und Frühlingsgeiſter im fid öſtlichen Ural. Vou Frdr. Wilh. Groß. (Schl113 .) S. 251 . 5. Geographiſche Neuigkeiten . S. 255. – 6. Die Tierwelt in Holländiſch Guiana. Von Auguſt Kappler. (Schluß .) S. 257 .
Tiryus. Von Artillerie-Hauptmann E. Böttider . Mitte November erſdien endlich im
Verlage von
F. A. Brockhaus in Leipzig das ſchon vor einem Jahr um dieſe Zeit erwartete Werk :
,,Tiryns , der prähiſtoriſche Palaſt der Könige von Tiryns. Ergebniſſe der neueſten Ausgrabungen von Dr. Heinrich Schliemann. Mit Vorrede von Geb. Oberbaurat Adler und Beiträgen von Dr. W. Dörpfeld." Das Werk iſt dem Profeſſor Dr. Wolfgang Helbig,
Mitglied des Kaiſerlich Deutſchen Archäologiſchen Inſtituts in Rom, gewidmet. Es iſt mit 188 Abbildungen im Tert, 24 Tafeln in Chromolithographie, 1 Karte und 4 Plänen reich ausgeſtattet, und namentlich verdient der prädytige Druck rühmend hervorgehoben zu werden . Der 60 Seiten
einnehmenden „ Vorrede " folgen 6 Kapitel, und zwar be bandeln dieſelben auf nur 12 Seiten die Ausgrabungs arbeiten, auf Seite 13–61 die Topographie und Ge ichichte von Tiryns, auf Seite 62—93 die Fundſtücke der
wir ſind das bei Schliemann gewohnt, ,,die Flagge bedt die Ware " , und was irgendwie geſchehen konnte, um dieſe Ware annehmbar zu machen und durch glänzende Dialektif, durch Urteile von Autoritäten, durd reichen philologiſchen und bautechniſchen Apparat und prunkende äußere Aus ſtattung das objektive Urteil der gelehrten und ungelehrten Welt zu beſtechen, das iſt in der That geleiſtet worden. Wie aber ſteht es mit dem inneren Werte dieſes glänzen den Buches ? Iſt darin das erſte und höchſte Erfordernis wiſſenſchaftlider Forſchung gefördert worden, Wahrheit ?
Das wollen wir im Nadſtehenden zeigen. Schauen wir zunächſt auf die Vorgeſchichte des Werkes zurück.
Bekanntlich war das Werk (mit Ausnahme der Vor rede und Kapitel 6 und einiger Einſdübe) idyon im No vember 1884 im Druck und ſollte ſchon damals erſcheinen , wie dies auch der Geh. Oberbaurat Profeſſor Adler, der
es als Dörpfeld's Schwiegervater am beſten wiſſen mußte,
in der Archäologiſchen Geſellſdhaft zu Berlin ankündigte.
zweiten ,,Anfiebelung", auf Seite 200–352 die Bauwerke
Es müſſen wichtige Gründe ( richtiger wohl Urſachen !) ge weſen ſein, die das Erſcheinen des Werkes unmöglid machten und den Entſchluß erzeugten , die abgeſchloſſene
von Tiryns und auf Seite 353 ff. die Ausgrabungen des Jahres 1885. Die erſten vier Kapitel hat Schliemann
kurze Darlegung dieſer Gründe oder Urſachen hätte dem
älteſten „ Anſiedelung ", auf Seite 94—198 diejenigen der 1
ſelbſt, die beiden leßten , weil bautedyniſden Inhaltes ,
Dörpfeld geſchrieben. Den Schluß bilden kleine Beiträge von Dr. Ernſt Fabricius, Dr. Friedrid; Kopp und Otto Helm, ſowie endlich ein ausführliches Sacyregiſter. Im Geleite klangvoller Namen zieht das Werf hinaus, Ausland 1886, Nr. 13 .
Ausgrabung im Jahre 1885 wieder aufzunehmen. Eine Werke wohl vorangeſchickt werden müſſen , nicht als ob wir dies erwartet hätten, aber es macht doch auch auf Fernerſtehende den Eindrud, als ob es hier etwas zu ver heimlichen gebe. Und ſo iſt es in der That ! Schliemann, dem es nur darum zu thun geweſen war, ein Bendant 37
Tiryns.
242
zu ,,Troja “ aufzuſtellen, hatte mit bekanntem Vandalismus in Tiryns gehauſt und mehr verſchüttet als ausgegraben. Man verlangte in Griechenland die Wiederfreilegung der ſo frivol verſchütteten cyklopiſchen Mauern , aber lange
für den Kultus beſtimmten Räumen aus alter Zeit iſt auf feiner der drei Burgen bisher eine Spur gefunden worden ."
Man wird in der Folge erſt dieſen Ausſprud
ivürdigen , wenn man mit uns ſowohl in Hijjarlif- Troja
vergeblich, und es bedurfte eines weiter unten erörterten )
als auch in Tiryns (wir laſſen Mykenä , als zu wenig
beſonderen Anſtoßes, um die Erneuerung der Arbeiten her
erforſcht, außer Betracht) in den geſamten Anlagen einen
beizuführen , und dieſe, die im 6. Kapitel ſo pomphaft bes
Aufräumungsarbeiten. Wer mit uns dieſe Dinge kennt, durduſchaut natürlich auch das Kunſtſtück, mittelſt nach:
großartigen Kultbau erkennt, deſſen terraſſen- und etagen: weiſe angeordnete Räume (darunter gewiß auch tempel: artige) dem Totenkult ( einſchließlich der Anfertigung der von ihm geforderten Mitgaben , vielleicht auch der Beher:
träglich eingeſchobener Sdylußfäße in Dörpfeld's Beiträgen
bergung dienenden Perſonals) gewidmet waren und die
Seite 202, 214 u . a . und durch den geſudyten Hinweis darauf bei Beginn des 6. Kapitels den Schein zu er:
oft gehörte Frage löſen, wo denn eigentlich das Altertum ſeine Toten verbrannt habe ! Wir ſagten ſoeben , Schlie: mann's tendenziofee Treiben habe ihm einen ſchlimmen Streich geſpielt. Gewiß, denn ſchlimm iſt es ſicher und
ſchrieben ſind, waren, bei Licht betrachtet, größtenteils 1
weden , als habe don beim Abidluß der Arbeiten 1884
der Wunſdy nad ihrer Erneuerung beſtanden . Was nun die vom Geh. Oberbaurat Profeſſor Adler im Mai d. 3s. ge driebene und ſechzig Seiten lange Vorrede betrifft, ſo iſt dieſelbe nichts weniger als dies, ſondern einfad , eine bautechniſdie ſelbſtändige Abhandlung
von vollendeter Dialektif, deren Tendenz unter Igno rierung nicht fonvenierender Thatſachen ledig lich darauf gerichtet iſt, mit der Autorität ihres Ver: faſers dem bedrängten Sdwiegerſohn und dem Herrn Dr. Schliemann
zu Hülfe zu kommen.
Solder Aus
nußung des durch Arbeitsteilung immer ſtärker hervors tretenden Hanges unſerer Zeit zu blindem Autoritäts : glauben begegnen wir in dem Zirkel Schliemann's und
ſeiner Anhänger auf Schritt und Tritt, und zwar von je her pochte doch auch Profeſſor Virchow, als er die Mitte Dezember 1883 veröffentliche Hypotheſe der Feuernekropolen vergeblic) angegriffen hatte, ſchließlich auf ſeine Autorität
als Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften. Wie wenig dies gelungen, iſt ebenſo wenig ein Geheimnis wie die Thatſache, daß Schliemann nur dieſer verabſcheuten Hypo theſe wegen Mitte März 1884 Tiryns auszugraben bes gann, und dies 1885 hauptſächlich deshalb fortſeßte, weil die bisherige Arbeit, wie man zu ſpät bemerkte, dieſer Hypotheſe nur Vorſdub geleiſtet hatte. Schliemann wußte aus den Anbohrungen von 1876 ſchon , was hier zu finden jei, intereſſierte ſich aber erſt dann dafür , als es ihm darauf
ankam , neben die angefochtene Burg von Troja die von Tiryns als Beweismittel zu ſeben. Dies tendenziöſe Treiben hat ihm einen idylimmen Streid geſpielt.
Davon weiter
unten ! Die Tendenz ſeines Buches über Tiryns iſt gewiß ebenſo ſelbſtverſtändlich wie unbeſtreitbar, und deshalb iſt es eine geſchickte Taktik der Vorrede , ſich nicht nur mit
den tiryntiſchen, ſondern mit ſämtlichen Ausgrabungen Sdliemann's und noch einigen anderen zu beſchäftigen. Profeſor Adler findet drei Gattungen der Baukunſt durch
mag wohl das Erſcheinen eines Buches ein Jahr lang auf halten, wenn man infolge der Ausgrabungen gerade das abändern, d. h. von Grund aus umgeſtalten muß, was
man durd) ſie beweiſen wollte. Sdyauen wir einen Augen :
blick zurück. Die gelehrte Welt hatte Schliemann's ,, Troja" von 1879 und ſein Wert ,, Ilios " ( Brodhaus 1881) als
unmöglich zurückgewieſen, deshalb unternahm Schliemann die erneute Ausgrabung von 1882 und beſchrieb dieſelbe in dem Werke ,, Troja " (Brockhaus 1884, erſchienen 1883). 1 Eines der Hauptreſultate war es, mit dem üblichen markt :
ſcreieriſchen Tone der erſtaunten Welt zwei Tempel in Troja vorſtellen zu können. Dennoch ſchlug auch dies
nicht durch und man ſchritt zur Ausgrabung von Tiryns, wo man denn audy glüdlich zwei Baulichkeiten von gleidhem Grundriß wie die Tempel von Troja (d. h. wiederum nad Entfernung von Innenmauern, vgl. Tafel II des neuen Werkes) ans Licht brachte. Großer Jubel! Dod ad -
da man in Tiryns einen „ Palaſt “ für die mythiſchen Könige brauchte, nannte man unvorſichtiger Weiſe in Tiryns Palaſt, was in Troja Tempel waren, und über sit venia verbo - der hellſte ſah ganz, daß dies dod Blödſinn war. Das herrliche Buch mit den ſchönen Plänen , 1 Mit riihrender Naivetät giebt Schliemann dort Seite 1 fi. für eigene Gedanken aus, was zahlreiche Gelehrte und Ungelehrte gegen Troja von 1879 eingewendet haben, was er ſelbſt aber bis dahin heftig bekämpft hatte. Gleiche Unbefangenheit in der Ans eignung fremder Gedanken zeigt Herr Dörpfeld, der in dem neuen Werke „ Tiryns “ S. 293 ſo thut, als habe er aus ſich heraus
ſeine im Buche „ Troja “ S. 201 verherrlichte „ Erfindung der der umgekehrten Art und Weiſe unſerer Ziegelbrennung “ zuriid genommen . Dörpfeld fand fiir dieſe herrliche Idee eines Bücher Architekten , Mauern aus rohen lehmziegeln aufzuführen und ſie hiernach zu brennen, viel Beifall, und der geiſtreiche Profeſſor Sayce (den allerdings, wie ein engliſcher Gelehrter uns ſchrieb, in England niemand ernſt nimmt) wollte ſogar aus Stein ge
33) die Gräber, vermißt aber - und dies bitten wir rot
baute verglaſte Mauern ebenſo erflären . Vgl . a . a . D. Da bereits im Ausland " 1883, S. 1030 (und wiederholt in der „Zeitſchrift
zu unterſtreiden - vermißt die wichtige Gattung der Tempelgebäude gänzlid ) , wiederholt ſogar dieſen Ausſpruch nochmals mit den Worten : , von geſchloſjenen
fiir Muſeologie“ ), dieſe „ Erfindung " beſeitigt worden , ſo verſtößt Dörpfeld gegen allen wiſſenſchaftlichen Brauch dadurch, daß er, um ſich mit fremden Federn zu ſchmücken , ihm mißliebige Publikationen verſchweigt.
ſie bereichert: 1 ) die Feſtungsbauten ; 2) die Palaſtanlagen ;
Tiryus .
worauf „ Männerſaal“, reſp . „ Frauenſaal“, „ Vorſaal“ zc. genannt iſt, was in Troja als Tempelhallen ( Naos und
243
15. November 1884 unter manden anderen gewichtigen Bedenken die Bemerkung erlaubte, es ſei doch drollig, daß
ivir Serrn Dr. Deffner ( Athen ) glauben dürfen , ſo iſt dieſe Angabe unrichtig. Deffner erklärt : ,,Die Beſte lag nicht auf dem Hügel, ſondern in dem Fladılande, weil ja die Fundamente der cyklopiſden Ringmauer faſt in gleider Hohe mit dem ſie umgebenden Felde reſp. deſſen Urboden liegen, und weil das ganze Terrain innerhalb der Ring
dieſe ſo übereinſtimmenden Gebäude in Troja Tempel, in
mauer durd, menſálidie Arbeit, Subſtruktionen und Auf
Tiryns ein Palaſt ſein ſollten. Tableau hinter den Kou :
dyüttung, gebildet iſt ." So iſt es auch in Hiſarlik der Fall, und die entgegengeſette Darſtellung in Brockhaus'
Pronaos) prangt, dies Budy war ſchon im Druct, als ſich
die abſcheuliche „Zeitſchrift für Muſeologie“ am
liſſen ! Das Wert blieb im Drucke ſteden . Daran hatte eben
niemand gedacht, wie dies der Briefwechſel Schliemann's mit dem engliſchen Architekten Ferguſſon, Schliemann's Vortrag
„ Konverſationslerikon “ (Artikel Ilium) iſt ebenſo tendenziös unrichtig (vergl. „ Zeitſchrift für Muſeologie“ VIII , 19 ).
auf dem Anthropologen Kongreß in Breslau (Auguſt
Von Hiſſarlik- Troja behauptet die Vorrede Seite X, „ es
1884 ) und ſein Aufſaß in „ Unſere Zeit“ (September 1884 ), nicht zu vergeſſen Dorpfeld's Streitſdrift ſattſam be:
habe längs der Dſt-, Weſt- und Südſeite einen trockenen
weiſen. Danach ermeſſe inan nun den Wert (! ) des nad ) folgenden Paſſus der im Mai 1885 geſchriebenen Vorrede :
Graben beſeffen . “ Anfangs glaubten wir an eine Ver ivechſelung mit dem Graben , welchen Schliemann behufs
den Gebäudereſten Tempelruinen zu ſehen geglaubt und
der Freilegung der Mauern ausgeſdadytet hat, finden aber S. XIII die weitere Angabe, der Graben ſei ,,wahrſchein lic )" 16-17 m . breit und „ verinutlicy" nicht unter 3 m . tief geweſen . Pure Erfindung ! Der Grund und Boden
dieſe Anfidyt noch in dem 1884 ( ou heißen 1883) er:
iſt Fels, der Graben müßte alſo noch vorhanden, wenn
ſchienenen Werke ,, Troja " Seite 82 ff. näher begründet. Aber ſie traten ſofort von dieſer Anſicht wieder zurück, nachdem beſſer erhaltene analoge Baureſte in Tiryns fidh als Teile eines großen Fürſtenhauſes erwieſen hatten ."
aud ) verſchüttet geweſen ſein , aber ſelbſt Soliemann hat
„ Zwar hatten die Herren Sdliemann und Dorpfeld auf der Pergamos (von Troja ) in zwei größeren parallel ſtehen:
die Exiſtenz eines folden nicht behauptet. Die Vorrede
Wir fragen nur, wo d . h . durd, weldie Publikation ſind
ergeht ſidh darauf, um die Kleinheit der ,,Burg" Troja auf einem 600,000 Q.-m. großen Plateau zu bemänteln (die ,,Burg" hat nämlich nur 320 m. = rund 400 Sdritt
dieſe Herren ſofort zurückgetreten ? Die Höflichkeit ver
Umfang und alſo auf dem Leipziger Plaß in Berlin reid)
bietet mehr zu ſagen.. Man hat nachträglich eine der: artige Publikation in das neue Wert aufgenommen ,
lich Raum), in Betrachtungen, wie man zu allen Seiten die feſten Pläße um ſie leichter verteidigen zu können , eng umgürtet habe. Nun freilich, darnad) iſt am Ende der mathematiſche Punft der feſteſte! Was nun die Feſtungs.
Seite 253 Zeile 8 von unten bis 255 Zeile 17 von oben, natürlich in den Teil , der ſchon 1884 zu erſcheinen be ſtimmt war (5. Kapitel), aber wir glauben ausweis lid der obigen Daten nicht zu irren , wenn wir dieſelbe für nachträglich dort eingeſdoben erklären, mitten in die mit
und Ringmauern von Troja betrifft, ſo iſt die mit der Darſtellung von foldhen geübte Made ſo vollſtändig und ohne daß man drüben nur Widerſpruch gewagt hätte,
den genannten Zeilen abgebrodjene und wieder aufges
in der „Zeitſchrift für Muſeologie “ vom 15. November
nommene Beſchreibung eines „ Herdes " in Tiryns. Das
1884 Nr. 21 und 1885 Nr. 6 und 11 aufgedeckt worden , daß wir nur bedauern fönnen, daß der Herr Verfaſſer der Vorrede auch in dieſem Punkt nicht beſſer unterrichtet iſt.
Tragikomiſche iſt aber, daß all dieſer Aufwand für die möglichſte Vertuſchung der Blamage Nichts nußt. Man hat nämlich nod etwas vergeſſen.
Im Budhe ,,Troja" iſt Seite 90 als ausſchlaggebend
ausdrücklich auf die Uebereinſtimmung der prätendierten (und nun wieder in Paläſte umgetauften) Tempel mit dem dort unter Figur 27 a abgebildeten ,, Themistempel zu Rhamnos " hingewieſen. Aus dieſem greift nun der Arm der Themis nach den Frevlern. Dieſen Tempel kann
man nicht in einen Palaſt verwandeln, und es bleibt alſo beſtehen , was die „Zeitſchrift für Muſeologie" tadelt und 1
was man (mit zu viel Dpfern !!) zu vertuſchen tradhtete:
„ Drollig iſt, daß ſo übereinſtimmende Gebäude nad Belieben hier Tempel , dort Palaſt ſein ſollen ." Tieferſchauende, die etwa in dem Tempel von Rhamnos das Modell " der Tempel von Troja erbliden , erkennen das Walten der Nemeſis !! - Seite VIII jagt
die Vorrede (aud Dörpfeld Seite 200 ), der Standplatz
der „ Burg“ Tiryns ſei ein 26 m . hoher Felshügel. Wenn
Ja, dieſe „ Ringmauern ", welche Dörpfeld auf Plan VII des Werkes ,,Troja" ſo ſdyön als Enceinte darſtellt, als ob es jenſeit derſelben keine Bauten mehr gebe, auch fie find pure Erfindung ! Wir können alſo davon abſehen, auf Phantaſien über ihre Flanfierung, die ſchon
längſt jedem Militär bei einem Blick auf Plan VII yon Troja Momente ungetrübter Heiterfeit verurſacht haben und hier nun erneut vorgebracht werden , noch beſonders 1
einzugehen. Wir begnügen uns ebenſo zu bemerken , daß auch für die Mauern von Tiryns, die keineswegs Feſt ungśmauern ſind, Flanfierung gleich mühſelig wie fadilid
unrichtig ausgeklügelt wird, und daß auch dasjenige forti fifatoriſche Element, welches mande mit Hauptmann Steffen
in gewiſſen Galerien zu erkennen glaubten, nach der neueſten Darſtellung in Fortfall kommt. Die Mauern von Tiryns ſind ſo wenig Burgmauern, wie etwa der Steinmantel der Pyramiden, ſondern lediglich Subſtruktionen und Futter:
N. M. Prſchewalsky's Reifen in Zentralaſieni.
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mauern , die nur an der jdmalen Südoſtfront auf einer Ausdehnung von nur 120 m . (dem ſechſten Teil der ganzen Enceinte) einige Galerien und Kammern beſigen, im übrigen aber den maſſiven Mantel der wie in Hiſſarlik etagen
reſp. terraſſenweiſe übereinanderliegenden Branddhidten bilden . Es muß bei dieſer Gelegenheit offen bedauert werden , daß Herr Sdyliemann niemals eine Ausgrabung zu Ende führt. Was er in Tiryns aufgedect, iſt nur der kleinere Teil des Ganzen. Was nun die Innenbauten (meiſt nur meterhohe Ruinen ) betrifft, ſo ſtellt zwar die
Vorrede feſt, daß in Tiryns ebenſo wie in Hifjarlit relativ nur wenig Material zur Beurteilung der Gattung der
Palaſtbauten zum Vorſchein gekommen ſei , erkennt darin aber dody den „ einem höheren menſdienwürdig -behagliden
Dieſe Abteilung Brīdhewalsfy's beſtand aus lauter erwählten Männern und vorzüglidyen Schüßen . Nody in
Kiadīta ließ N. M. Prſd)ewalsky ſeine Leute fleißig Sơieß übungen vornehmen . Nad ) Riachta kam die Abteilung auf fechs Trojka's ( Dreigeſpannen ). Von Kiadta nahm man nur das Allernotwendigſte mit, damit die Bagage nidyt zu
ſehr das Reiſen er dwere. Mandmal bekam die Abteilung durd drei Monate keine menſdliche Seele zu ſehen . Im Sommer lebten die Mitglieder der Erpedition in Zelten von Segeltuch und im Winter in Filzhütten, Turta ges nannt. Die Nahrung verſdaffte ſich die Erpedition haupt fädlich durdy Jagd, und hatte man nichts erjagt, ſo be gnügte man fid) mit dem Ziegel-Thee, welchen man mit
wieje, aus dem einfaden Grunde, weil es aud derart ein
Salz und Bären- oder Hammelfett abfodhte. Dieſes Ge tränk ſoll nad der Verſicherung Prſdhewalsky's nicht beſonders unangenehm geldmedt haben. Anſtatt Brot aß man Zamba , ein nad dortiger Art abgebratenes Mehl. Alle Mitglieder der Erpedition lebten zuſammen , ſchliefen auf einem und demſelben Filz, aßen aus einem und dem helben Bedser, body ungeadytet defien herrſdite in der ganzen Abteilung eine muſterhafte Diſziplin . Alle 21 Mitglieder der Erpedition bildeten förmlich eine Familie und während der ganzen Neiſe gab es nie einen Anlaß zur Anwendung
gerichtete Gräber giebt. Davon jagt freilid, der Herr
von geringſten Strafen. Die Bewaffnung der Expedition
Verfaſſer der Vorrede nidyts, und weil derſelbe in den 30 (! ) der dritten Gattung der Baufunſt, dem Gräberbau , gewidmeten Seiten ziveifellos cinen ſtarken Kontraſt zu
beſtand außer den kalten Waffen aus Berdan -Gewehren
Daſein gewidmeten Hausbau ! "
Indem
wir den Herrn
Verfajſer um Aufklärung bitten , wie es wohl fommt, daß dieſer Hausbau ſo ganz mit dem Themis : Tempel von Rhainos übereinſtimmt (1. oben ), mödyten wir nody darauf aufmerkſam madyen - zugleid , als Antwort auf Dörpfeld's komiſd -wütende Apoſtrophe S. 285 – daß felbſt dann, wenn der Befund auf Tiryns menſdyliden Wohnungen täuſdiend ähnlid ) fähe, dies nod nid)ts be:
dem Hausbau auf Tiryns ( d)affen will, indem er ſid) nur mit gewiſſen griechiſden und phrygiſden Gräbern beſdafa tigt, ſo wollen wir hiermit einerſeits auf die ägyptiſdien
verweiſen, anderſeits aber auf vergeſſene in Unteritalien, deren Kenntnis wir Ausgrabungen der vierziger Jahre verdanken .
( Schluß folgt . )
und einer bedeutenden Menge Patronen.
Von Kiachta legte die Erpedition den Weg nach Urga in einer Karawane zurück. In Urga formierte ſie ſich endgiltig, faufte hier um ſehr teures Geld 57 mongoliſche Kameele und feßte ſo den weiteren Weg nady Alaſdan und der Wüſte Gobi fort. Nur der nördliche und der öſtliche Teil dieſer Wüſte (80,000 Qu. Min .) ſind fruchtbar, während der mittlere Teil, zuſammen mit Didungarien, eine un frudytbare und waſſerloje Fläche bildet. Der ſüdliche Teil
iſt auf mehrere Hundert Werſt nichts weiter als eine Sands
N. M. Prſchewalsky's Reiſen in Zentralafien.
wüſte. Sowohl das Klima, als auch der Boden, ſind für
das Leben des Menſchen untauglid).
Von Gregor św . Kupczanko.
Der kürzlich in ſeine Heimat zurückgekehrte ruſſiſche Aſienreiſende Oberſtlieutenant 1 N. M. Pridewalsky hielt dieſer Tage in der Verſammlung der St. Petersburger Geographiſden Geſellſchaft einen intereſſanten Vortrag über ſeine jüngſte Reiſe durch Aſien, wobei er auch ſeiner drei früheren Reiſen daſelbſt erwähnte. Die vierte oder die jüngſte Erpedition Pridhewalsky's
Die Fröſte ſind
hier ſehr ſtark, die Hiße tropiſd ); im Frühjahre herrſden ſchredlidze Stürme. Die Reiſe durd, dieſe Wüſte dauerte zwei Monate in fürchterlider Kälte, ſo daß das Queda
ſilber im Barometer gefror. Näher gegen Süden wurde es wärmer. Im Januar gab es hier in der Sonne 200 Celſius über Null und Nadits ebenſo viel unter Null. Dieſer gewaltige Temperaturwediſel hatte auf die Mit glieder gar feinen Einfluß.
begann von Riachta aus Mitte des Jahres 1883 und
Auf dem ganzen Marſde von Urga blieb die Erpe
dauerte bis vor einigen Tagen. An dieſer Erpedition
dition nidyt einen Augenblid ohne Wache; Nachts hielten drei und am Tage ein Mitglied der Erpedition Wache.
nahmen 21 Perſonen mit reichen Mitteln teil.
Die Stell
vertreter Prichewalsky's in dieſer Erpedition waren der Oberlieutenant des 145. Nowvotſcherkaskiſden Regiments,
Die Reiſe durdy die Wüſte Gobi dauerte 50 Tage.
Roborowsky, und der Einjährig- Freiwillige des Sofiaer
Hier empfing der alaſdan'ſche Fürſt, der mächtigſte unter den dortigen Fürſten, die Reiſenden ſehr freundlich. Da er aber ſehr habgierig war und viel bettelte, ſo mußte die Erpedition all ihre Habe vor ihm verſtecken. Nadıdem die
Regiments, Rosloff. 1 Nach ſeiner neulichen Aukunft in St. Petersburg wurde N. M. Prſchewalsky vom Kaiſer zum Generalmajor befördert.
Ans
fangs Januar gelangte die Expedition bei Alaſchan an.
N. M. Prſchewalsky's Reiſen in Zentralaſien.
Reiſenden den hügeligen Tibet, welcher einen Teil Sai dams, eines reichen und geſegneten Landes, bildet, erreicht, konnten ſie nach einer ſchwierigen Reiſe ausruhen und
brachten den ganzen Monat Februar mit Sammlungen von Vögeln u. dgl. zu. Am Ufer des Kuku-Nor konnten dieſe ganze Zeit hindurch die Tiere der Erpedition weiden.
Aus dem nördlichen Saidam begab ſich die Erpedition nad dem ſüdlichen Teile desſelben, wohin ſie im Mai ge langten. Die einheimiſchen Einwohner empfingen die Er: pedition freundlich, die Chineſen waren jedoch über dieje Ankunft nicht beſonders erbaut. Die chineſiſchen Behörden heuchelten der Expedition Freundſchaft, hinter deren Rücken
ſuchten ſie aber ihr allerlei Unannehmlichkeiten zu bereiten. Die Hauptaufgabe der Erpedition war, hier die Quelle -
des Gelben Fluſſes – des Ernährers China's – aus:: zuforſchen. Der Saidam'iche Fürſt, von den Chineſen in: ſtruiert, erflärte aber, daß er weder Führer noch Ramcele hergeben werde. Was war da zu thun ? Um nicht das
Preſtige unter der Bevölkerung einzubüßen, mußte man ſich zu einer radikalen Maßregel entſchließen. Prſchewalsky befahl, den Fürſten und deſſen Stellvertreter in den Arreſt
zu ſeßen, und erklärte, daß er den Fürſten zwingen werde, jein, Prſchewalsky's, Führer zu ſein und den Weg zu Fuß zu machen, wenn er, der Fürſt, ihm, Prſchewalsky, nicht freiwillig die Führer und die Kameele geben werde. Prſcheivalsky gab dem Fürſten zwei Tage Friſt zur Ueberlegung. Dieſes wirkte, und drei Tage ſpäter hatte Prſchewalsky Führer und Kameele. Die Quellen des Gelben Fluſſes ſind vollſtändig un
befannt. Der Erforſchung derſelben unterzogen ſich 14 Mitglieder der Erpedition mit Prſchewalsky an der Spiße, welche dazu 23 Rameele und 18 Pferde mitnahmen. Sieben Mitglieder blieben im ſüdlichen Saidam bei der Bagage
zurüd. Die Abteilung gelangte zu einem großen Keſſel. Hier, bei dem Zuſammenfluſſe zweier kleiner Flüßchen , er: hebt fich ein hoher Berg, auf welchem die Chineſen ihre
Dpfer darbringen. Einmal im Jahre, und zwar im Früh: jahre, kommt eine Miſſion aus Peking hierher und voll : bringt bei den Quellen des Gelben Fluſſes den Akt der Darbringung des Dpfers. Auf dem Dpferaltar wird das Opfer feierlich unter Gebeten um viel Waſſer verbrannt.
Ungeachtet der Hinderniſſe, welche der Erpedition von feiten der Chineſen in den Weg geſtellt wurden , ſtieg die Abteilung auf den Berg hinauf. Hier konſtatierte ſie eine auffallende Energie des
Wachstums. Kaum verſchwinden der Froſt und der Schnee unter den Sonnenſtrahlen , ſo beginnen auch ſchon die zier
lichen Feldblümchen zu blühen. Im Juni .z. B. gießt die
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Laufe gegen Süden und Dſten erreicht er aber ungeheure Ausdehnungen. An den Quellen gibt es gar feine menſch: liche Wohnung. Die Abteilung beeilte ſich fodann, den Blauen Fluß zu erreichen. Man paſſierte hohe, aber gangbare Berge. Hier weiden zwiſchen den Bergthälern, von keinem Men: ichen beunruhigt, ungeheure Heerden von Yaks (Grunz ochſen ), welche, beſonders Kühe und Kälber, zu Tauſenden herumziehen.
Den Schädel des Yak kann eine Berdan-Kugel nicht durchbohren . Die ungeheure Größe und die ſchreckliche Kraft würden dieſes Tier ſehr gefährlich machen ; da das ſelbe aber den Menſchen nicht kennt, ſo läuft es dem Schüßen gerade entgegen, manchmal dreht es ſich um oder
es bleibt wie im Nachdenken ſtehen, während welcher Zeit die Kugel ihre Schuldigkeit thut, worauf das Tier etwa 200 Sdritte vor dem Schüßen zu Tode getroffen zu ſammenſinkt. Auf den Bergeshöhen iſt es ſehr unkommod zu ſchießen, da nach dem langen Bergſteigen die Arme zittern. Hier muß man, um zu treffen, das Gewehr auf eine für die Flinte zugerichtete Gabel legen. Außer den Yaks gibt es hier eine Menge roter Anti lopen. Manchmal paſſierte die Karawane rubig mitten durch die Heerde dieſer Tiere. Unter ſolchen Umſtänden hatte man Mitleid, nach denſelben zu ſchießen. Hier gibt es
auch eine Menge Bären, welche gleichfalls ſehr wenig ſcheu ſind, dann viele kleinere Tiere, Haſenmäuſe, welche ſich von dem hier wachſenden ſcharfen und dicken Schilfrohr nähren und von den Bären vertilgt werden .
Gegen Süden breitet ſich ein gebirgiges Alpenland aus und je weiter man vorbringt, deſto mehr Wälder trifft man an.
Nachdem die Erpedition 150 Werſt zurückgelegt hatte, ſah ſie ſich plößlich inmitten der ihr feindſeligen Stämme der Tanguten, welche ihr auflauerten . Ueber den Blauen Fluß zu feßen erwies ſich als unmöglich ; die Erpedition kehrte daher zurück und begann die Seen des Gelben Fluſſes, welche die Erpedition den ,,See der Erpedition "
und den Ruſſiſchen See" benannte, zu erforſchen. Am oberen Laufe des Gelben Fluſſes und unten
leben nomadiſch die Tanguten, welche den Chineſen nicht unterworfen ſind. Dieſe Stämme griffen zweimal die
Erpedition an. Einmal Nachts attakierten ſie das Lager der Erpedition ganz unerwartet von ihrem Hinterhalt aus.
Die Reiſenden ſprangen aber, wie ſie ſchliefen , in bloßen Hemden aus ihren Jurten hinaus und eröffneten gegen die Angreifer ein mörderiſches Feuer. Ein anderes Mal rief Prſchewalsky abſichtlich einen Angriff. am Tage her
ganze Nacht hindurch Regen, früh folgt Froſt, dann fällt
vor, da man bei Tageslicht beſſer zielen kann, und eine
Schnee, welcher die Köpfchen des gelben Mohnes zur Erde beugt ; bald darauf ſcheint die Sonne und alles thaut
ganze Menge, etwa hundert Reiter, welche auf ihren raſden
und blüht auf als ob es kurz vorher gar keine Kälte ge geben hätte. In ſeinem oberen Laufe mißt der Gelbe
Fluß . 15–18 Klaſter in der Breite, in ſeinem weiteren Aušland, 1886 Nr. 13.
Pferden , mit grauſamen Geſichtszügen, in ihren im Winde herumflatternden Mänteln wahren Teufelsgeſtalten glichen, ſtürzte unter Geſchrei auf die Handvoll Reiſender (8 Per: ſonen, die übrigen waren im Lager und hatten ebenfalls 38
N. M. Prichewalsfy's Reiſen in Zentralaſien.
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den Angriff einer anderen Bande auszuſtehen), mußte jedoch vor den ſicheren und beharrlichen Geſchoſſen der mutigen Reiſenden zurückweichen und das Weite ſuchen. Nach dieſem Rampfe beförderte Pridewalsky alle ſeine
gemeinen Soldaten zu Koſakenbeamten (Urjadniki) und Unteroffizieren. Die Tanguten feuerten eine Menge mit Blei umhüllter ſteinerner Kugeln aus ihren ſchlechten Ge:
wehren ab, richteten jedoch gar keinen Schaden an , nur die Hälfte der Pferde riß vor Sorecen aus und lief auf
und davon. Ihre Verwundeten und Toten fangen die Tanguten außerordentlich geſdict auf und laſſen ſie um keinen Preis zurück , ſonſt würden ſie von den Geiſtern der
liegengebliebenen Gefallenen geplagt werden .
werden wir uns alle wie ein Mann erheben ", ſagten die dortigen Einwohner und baten Prſchewalsky, das Kom mando über dieſelben anzunehmen. Als lekterer dieſen Antrag ablehnte, ſo baten ſie, man möge ſich dafür ver wenden , daß man wenigſtens einen Koſaken zu ihnen als I
Kommandanten ſchicken möge. Was die chineſiſchen Truppen
und deren Bewaffnung betrifft, ſo ſind dieſelben nach der Anſicht Prſchewalsky's gar nichts nut ; der Schlauheit und
der Hinterliſt der Chineſen läßt aber Prſchewalsky alle Gerechtigkeit widerfahren, im übrigen bekriegte er ſie tüdytig, ohne alle Rückſicht, wodurch die Achtung vor der Handvoll Ruſſen immer größer wurde. Einen neuen Bergrüden, welchen hier die Erpedition
Ende Jänner 1885 ſtieg die Erpedition zu dem See
ſah, nannte dieſelbe den „ Ruſſiſchen “ und den hödyſten
Lob-Nor im öſtlichen Turkeſtan herab. Eine Menge Flüß den bilden hier den Fluß Tarim , welder ſeinerſeits den großen See Lob -Nor bildet. Dieſer leştere iſt 100 Werſt
ein gutes, ehrliches Volk. Alle ihre Güter vergraben ſie
Punkt dieſes Rüdens den ,,Berg des Zar-Befreiers". Aus Tſchertſchen gelangte die Erpedition nach Kiria, wo ſie den ganzen Sommer in dem Kiriſchen Gebirge zu : brachte. Hier iſt der Boden und das Wachstum unge: wöhnlich reich und es herrſcht daher eine fabelhafte Billig keit. Ein Pud (etwa 40 Pfund) ausgezeichneter Wein: trauben foſtete hier 20 Kopeken , 240 Stück Pfirſiche
in die Erde .
10 Kopeken.
lang und 25 Werſt breit. Die Bewohner der Ufer dieſes Sees zählen zuſammen 400 Perſonen. Dieſelben befaſſen
ſich mit Fiſchfang, leben in Hütten von Sdilfrohr und ſind
Am 20. März (nad) altem Stil) verließ die Erpedition
Lob-Nor und begab ſich nach der Daſe Tichertſden - Darja. Die Chineſen traditeten auf alle mögliche Weiſe die Erpe
dition zu beläſtigen, die Bevölkerung begegnete derſelben aber mit großer Sympathie und fragte ſtets, ob der Weiße Zar ſie bald von den Chineſen befreien werde ? Um ſich von der Menge der hier burdyfliegenden Vögel eine Vor:
Intereſſant waren darauf der Weg zu dem Pogan und der Konflikt mit den Chineſen. Für die Schläge, welche in der Feſtung den ruſſiſchen Koſaken zu Teil wur: den, ließ Prſchewalsky eine Abteilung von 12 Mann unter Geſängen in die Stadt ziehen und unter den Fenſtern des Hauſes des Gouverneurs ausruhen , was aud) ausgeführt
wurde. Zwölf Mann marſchierten mitten durch die aus:
ſtellung zu machen, muß man dieſe lepteren in die Sdywärme
weichende tauſendköpfige Menge , frühſtückten von den
von Mücken verwandeln , welche uns im trockenen Sommer beläſtigen. Der Herbſt- oder Rücflug iſt bedeutend ge ringer. Das Klima am Lob-Nor iſt, wie überhaupt das
ebenfalls ſingend (und auf der Handharmonika, welche
des ganzen öſtlichen Turkeſtans, milde. Im Frühjahre herrſchen hier ſtarke Stürme und die Atmoſphäre iſt außer ordentlich ſtaubreich.
Die gegenwärtig beinahe wüſte Tarim -Gegend war früher von blühenden Städten bedeckt. Der Boden iſt hier ſehr fruchtbar und liefert reiche Ernten. Aber in anderen Daſen iſt die Bevölferung zu dicht zuſammen
gedrängt und darum fällt da die menſchliche Armut un geadytet des Reichtums der Naturgaben allgemein auf. In der ganzen Tarim-Gegend wurde der Erpedition der freundlichſte Empfang zu teil. Die Chineſen ſind aber wahre Räuber, fie plündern und erlauben ſich allerlei
Ruchloſigkeiten , während in ihrer unmittelbaren Nachbar idyaft das weſtliche Turkeſtan liegt, woſelbſt vor zwanzig Jahren dieſelben Zuſtände herrſchten und wo heute unter der ruſſiſchen Herrſchaft völlige Ruhe vorwaltet. Die Ehrfurcht vor dem Weißen Zaren, das Preſtige des ruſſi den Namens ſtehen hier ungewöhnlid hoch. Einer der Leute der Erpedition hat bei einem der Einwohner ſogar das Porträt des verſtorbenen Raiſers geſehen. ,,Wenn es zum Kriege mit den Chineſen kommt, ſo
Früchten unter den Fenſtern des Gouverneurs und kehrten man ebenfalls nicht vergaß, auf die Erpedition mitzu :
nehmen, ſpielend) zurück. Ueberdies beſtand Prichewalsky darauf, daß der Gouverneur zu ihm komme und ſidy ent iduldige, was ebenfalls geſchah . Einmal führte der Ortsvorſteher , welcher irgendwo von den Chineſen inſtruiert wurde, die Erpedition abſicht lid quer über die Felder, um die Ruſſen in den Augen
der Einwohner herabzuſeßen, denn dort gelten die Felder für heilig und unantaſtbar. Prídewalsky, welcher davon erfuhr, band den Vorſteher an den Pfahl inmitten eines Plaßes und zwang die Chineſen, um die Befreiung ihres Schulzen zu bitten . Auf dieſe Weiſe iſt es den Chineſen
keineswegs gelungen, die Reiſenden irrezuführen . Die Erpedition kehrte dann über Anſa und Wernyi in ihr Heimatland zurüd , woſelbſt ſie jeßt mit Genugthuung an die von ihr inmitten der Geräumigkeit und Behaglid keit der Natur zugebrachten Tage zurüddenkt . 1
Nordweſt-Auſtralien .
247
Verlodendes boten, blieben daher, mit Ausnahme einiger
Nordwefl-Auftralien.
kurzen vorübergehenden Beſudje, in früheren Zeiten uns von allen Gebieten des ungebeuren Britiſden Reidys
berührt und das Land im Beſitz der Eingeborenen , bis
und von allen Teilen des foloſſalen Feſtlands Auſtralien
neuere Forſchungen zur Entdeckung der ſchönen großen
iſt vielleicht kein Land noch ſo wenig bekannt wie Nord
Ströme und ausgedehnten Weideländer geführt und dieſe
weſt-Auſtralien und darum aud vielleicht keines ſo un verdient verrufen. Und dennod verdient es um vicler
zur allgemeinen Kunde gebracht haben.
Vorteile willen, welche es darbietet, der übrigen Welt näher gerückt und beſſer bekannt zu werden , denn es iſt ein Land, weldies nod eine große Zukunft hat und berufen zu ſein dheint, noch für viele Millionen Einwanderer eine gaſtfreundliche Heimat zll werden . Es iſt merkwürdig,
daß dieſe Nordweſtküſte, derjenige Teil von Auſtralien , welcher zuerſt entdeckt wurde, aud derjenige iſt, welcher zulegt erforſdt werden follte. Sdion ums Jahr 1500 war
dieſe Küſte den Spaniern und Portugieſen unter dem Namen „ Groß - Java “ bekannt, und ſpäter verliehen ilm
Da wir es hier mit den Ergebniſſen der neueren Forſdung zu thun haben, ſo ſchildern wir die Geſchichte
der früheren Erforſdungen nur inſoweit, als die Darſtel lung der Reſultate früherer Reiſenden, wie der Gregory's, der Forreſt's , Warburton's , Giles ' , Ferdin. v. Müller's , Auſtins, Sholls und anderer Förderer auſtraliſder Länder und Völkerkunde, mit ſich bringt. Jene erduldeten die furchtbarſten Entbehrungen und Strapazen auf ihren be:
harrlidhen Forſdjungsreiſen im Innern und entdeckten zwar die Weidegründe an den Flüſſen Gascoyne, Aſhburton, Fortescue und de Grey, vermodyten jedoch über das Land
die Niederländer den Namen „ Neu -Holland" , welcher dann
nicht ſo ermutigend zu berichten wie die neueren Reiſenden ,
auf den ganzen Kontinent überging. Da aber die europäi iden ſeefahrenden Nationen damals keinen Wert auf Länder
und die Entdeckung der großen Wüſtenregionen ſcheint,
legten, welche ihnen nid)t Gold oder koſtbare Gewürze und
andere Naturerzeugniſſe lieferten , ſo blieb dieſe Nordweſt füſte unbeachtet und ſogar bis in die jüngſten Jahrzehnte hinein unerforſcht und ohne Not verrufen .
Wären hier
Waſdygold und Golderzgänge aufgefunden worden, wie in den Kolonien Victoria und Neuſüdwales, ſo wäre der Strom der Einwanderung idon längſt dorthin geleitet
und ſeine Küſtengebiete und Stroingelände raſch beſiedelt worden. So aber hat ſich ihm die wiſſenſchaftliche For ſdung erſt zugewandt, nachdem ſie ſich an den Küſten des übrigen auſtraliſchen Feſtlandes bereits ein Genüge gethan hatte, und nun erſt zeigte es ſich, daß dieſes un geheure Ländergebiet ſeinen ſchlimmen Ruf keineswegs ver:
dient, ſondern förmlich beinahe ebenſo günſtige Ausſichten für die Beſiedelung eröffnet als irgend eine der anderen auſtraliſchen Kolonien , und nun raſch in den Brennpunkt
der öffentlidien Beachtung gerüdt werden wird. Das Gebiet längs der Nordweſtküſte, von weldem id hier reben will, erſtreckt ſich auf einer Länge von uns
gefähr 1200 Min. von der Haifiſd bucht (Shart's Bay)
ſeltſam genug, die tiefſten Eindrücke gemacht und allfällige Anſiedler aus den anderen Bezirken möglicherweiſe ab: geſchredt zu haben. Erſt die berühmte Reiſe von Alerander Forreſt nach dem Kimberley- Diſtrikt von 1879 ſcheint der Sache eine andere Wendung gegeben zu haben, und ſeit: her ſind die Beridyte immer günſtiger geworden, ja manche
derſelben ſogar höchſt glühend und begeiſtert und die fühnſten Erwartungen von dem erwedend, was fünftige Entdeckungen noch enthüllen ſollen. Verſuden wir zunädyſt eine beſdhreibende Stizze von dem Lande an der Haifiſchbudyt und der nordoſtoſtwärts
davon ſich hindehnenden Küſte zu geben. Die Haifiſch bucht ſelbſt iſt ein großes Binnenmeer von etwa 150 MIn . Länge und 60—70 Min. Breite. Hier wird eine lohnende
Perlenfiſcherei betrieben, deren jährlicher Ertrag für die Nordweſtküſte auf ungefähr 50,000 Lſtrl. geſchäßt wird. Dieſe Fiſcherei beſchäftigt beiläufig 60 kleine, von Euro
päern befehligte Kutter und als Tauder Eingeborene und Malayen , welche jeßt mit Grund- und Schleppneßen arbeiten .
Der Gascoyne- Fluß, welcher ſid in die Haifiſchbucht
bis zum Cambridge Golf und reicht etwa 2—300 MIN.
ergießt, iſt ungefähr 500, und der Lyons River, ſein Neben
landeinwärts, bis es ſich in dem trockenen ſandigen Wüſten : ſtrid; des Innern verliert. Es umſchließt den nördlichen Bezirk von Weſtauſtralien von der Haifiſchbucht bis über den De Grey-Fluß hinaus und den anſtoßenden nordwärts
fluß, ungefähr 250 Min. lang. Das umliegende Ge lände iſt hübſch in einzelne Hügelreihen der Sandſtein und Trapp - Formation gebrochen und das verwitterte Trapp geſtein bildet einen fetten Boden, auf welchem kurzes Gras
davon gelegenen Bezirk Kimberley, und dehnt ſich nord
und ein reicher Anflug von Waſſermelonen wädiſt. In
wärts bis zum Timor-Meere, oſtwärts bis zur Grenze des nördlichen Gebiets von Südauſtralien aus. Die ſandigen Küſten dieſes Länderkompleres, Nordweſt- Auſtralien, welche für die Habgier der erſten europäiſchen Seefahrer wenig
den Flußthälern liegen ſchöne, breite, alluviale Ebenen, welche zum Anbau ganz geeignet ſind. Da das Land
1 Nach einem Vortrage , welchen der Ehrenſecretär der Chottiſcheit Beographiſchen Bejellichaft, Derr Johnt George Bars
Hiße aber, weil troden, iſt niemals ungeſund und ver
tholomew , auf der Verſammlung der Britiſh Aſſociation in Aberdeen
urſacht keine verderblichen Ausdünſtungen des Bodens.
gehalten hat, im Auszuge bearbeitet.
A. d. Red.
gerade an den Wendekreis des Steinbođs grenzt, ſo iſt das Klima zwar im Sommer heiß, allein in den übrigen Jahreszeiten fehr angenehm und zuweilen fogar fühl; die
Weiter nordoſtwärts vorrückend, gelangen wir an die
Nordweſt- Auſtralien.
248
Flüſſe Aſhburton , Fortescue und Sherlock mit ihren un
ſchreitet den Sherlod- Fluß, ſo gelangt man an die Flüſſe
zähligen Zuflüſſen , welche alle weit im Binnenlande in
Yule, Turner, Strelley und de Grey, weldje ſämmtlich in
einer Höhe von ungefähr 2000 Fuß, inmitten einer ſchönen Gebirgslandſchaft mit Gipfeln von 3—4000 Fuß Meeres: höhe, entſpringen. Das Binnenland dieſes Diſtrikts be : ſchreibt Gregory als „ ein felfiges, aber ſehr fruchtbares Land der Trappformation " und die zahlreichen kurzen
einer nordweſtlichen Richtung durch eine Fortſeßung der ſelten ſchönen Grasfluren des Fortescue ſtrömen. Der
ungefähr 200 Meilen lange de Grey mit vielen wichtigen Nebenflüſſen weiſt an ſeinem Unterlaufe reides Aderland auf, und Gregory beſchreibt ſein Delta als 90-100,000
Flußthälern ſind reiche alluviale Ebenen, welche ebenſo fehr zum Aderbau als zu Weideland geeignet ſind, ſo daß
Acres trefflichen alluvialen Bodens enthaltend, welcher ihm für den Anbau von Baumwolle oder Zuckerrohr ganz ge eignet erſcheint. Ueberſchauen wir in Kürze die phyſiſchen Grundzüge
die Ländereien hier allein leicht eine weit zahlreichere
dieſes Bezirks zwiſchen den Flüſſen Aſhburton und de Grey,
Vevölkerung ernähren könnten, als man gegenwärtig in erſcheint jedoch nicht ſo anziehend wie das Binnenland. Wenn man die niedrigen Sandhügel der Haifiſchbucht ver:
ſo finden wir einen Flächenraum von ungefähr 70,000 e. Q.-Min ., von großen Strömen wohlbewäſſert, mit breiten ebenen Grasfluren , welche durch niedrige Sandſtein- und Granit-Hügelreihen mit einem Waldanflug von Eucalyptus
laſſen hat, paſſiert man die Landſpißen zwiſchen Cloates
und Baobab-Bäumen von einander geſchieden ſind. Das
Point und dem Nordweſtkap, unter deren Shuß die große Einfahrt des Ermouth-Golfs liegt, wo die Rüſte wieder niedrig und ſandig wird und mit Korallen - Riffen und -Inſeln beſeßt iſt, die ſich bis zum Dampier-Ardhipel und der Nicholl -Bucht erſtrecken. Gregory ſchildert die Nidoll
Land iſt jedoch nicht durchaus ſchön zu nennen, denn man
Hügelreihen über das ganze Land hin als Urſachen der Fruchtbarkeit und Feuchtigkeit für das Land. In den
ganz Weſt-Auſtralien findet. Die Küſtenlinie dieſer Region
findet hier große Wüſtenſtrecken von Sandſtein und hartem
Granit und an vielen Stellen herrſcht Waſſermangel und darum wenig oder gar keine Vegetation ; allein gerade
Gründung einer ſtädtiſchen Anſiedelung fehlt, ſo iſt der hauptſächlichſte Hafen hier gegenwärtig zu Port Coſiad ,
dieſen Wüſtenſtrecken verdankt das heiße Klima feine Sa: lubrität. Bonwid jagt in ſeiner trefflichen kleinen Geos graphie von Weſt Auſtralien : die Anſiedler kommen bald zu der Einſicht, daß ein ſandiger Wüſtengürtel ungemein viel zu der geſunden Beſchaffenheit einer fruchtbaren Nachbar ſchaft beitrage. Das allgemeine Klima hier ſoll demjenigen
etwas weiter öſtlid ), wo ſich eine blühende Niederlaſſung
von Spanien und dem ſüdlichen Italien einigermaßen
befindet und von wo bedeutende Mengen Wolle nad,
gleiden.
Budit als „ einen Hafen, welcher nur dem King Sound nachſteht und in welchen Schiffe bei jeder Witterung ein laufen können ;" weil es aber hier an ſüßem Waſſer zur
England verſchifft werden . Auch iſt Coſſad der Mittel
Das Land in der Nähe der Küſte, das im Jahre
punkt einer anderen großen und ſehr bedeutenden Perlen:
1878 durch Herrn John Forreſt für die Regierung ver
fiſcherei, welche hier als gewinnreider Erwerbszweig nod) einer großen Entwidelung fähig iſt. Die Fiſchereiperiode
meſſen wurde, wird nun ſtark für Rindvieh- und Schaf
hängt von der Temperatur des Waſſers ab und dauert gewöhnlich von Anfang September bis Ende Mai. Die
Fiſcherei wird von Tauchern betrieben, welche auf den Perlenbänken (von denen manche 100 e. Min. von Coſſack
entfernt liegen) im toten Waſſer, d. h. zwiſchen Ebbe und Flut, arbeiten. Nur ungünſtige Witterung unterbricht die
ſtationen in Anſpruch genommen, welche beinahe ausídließ lidh mit eingeborenen Arbeitern betrieben werden und einen ſehr befriedigenden Ertrag an Wolle liefern . Die Flüſſe wimmeln von Fiſchen , Känguruhs find in Menge vorhan den und Enten, Feldhühner und anderes Federwild ſehr zahlreich. Obſtbau iſt bisher hier noch nicht verſucht wor
den, aber wahrſcheinlich werden hier alle tropiſchen Früchte
der Verkehrsmittelpunkt dieſer großen und gedeihlid empor
und Gewürze und Zuckerrohr gut gedeihen. Von Mines ralien weiß man bis ießt nur wenig. Wenn man den De Grey verlaſſen hat, ſo findet man keine anderen Flüſſe, bis man , in einer Entfernung von etwa 250 e. Min. , an die Zuflüſſe des Fißroy Stromes gelangt. Das dazwiſdenliegende Land iſt eine lange, flache Ebene von Sand- und Kalkſteinformatior
blühenden Weideregion , welde von einem
Fiſcherei, welde das ganze Jahr hindurch fortgeſeßt wird.
Die Taucher, vorwiegend Eingeborene, werden am Ende des Sommers abgelohnt und fehren dann entweder zu ihren Stämmen zurück oder finden Beſchäftigung auf den Schafſtationen als Schäfer oder Schafſcheerer.
Acht e. Min. landeinwärts von Coſſac liegt Roeburne, Regierungs
und ſehr wenig verſprechend, denn, wie Bonwick richtig
beamten ( Reſidenten ) verwaltet wird und eine raſch auf
bemerkt, es gibt hier mehr Spinifer als Gras, mehn
blühende ſtädtiſche Niederlaſſung mit einer Bank, einem
Buſdals Wald, mehr unfruchtbares als anbaufähiges Land." Unter 190 30 ' 1. Br. überſchreiten wir die Grenze des Nordbezirks von Weſt -Auſtralien und betreten den Kimberley - Diſtrikt, den am ſpäteſten erſchloſſenen , aber vielleicht hoffnungsvollſten von allen . Er umfaßt das ganze Land in Weſt-Auſtralien , das nördlid von 190 30' /
Poſtamt und mehreren Kaufläden iſt. Man hat in dieſem Bezirk Spuren von Blei und Kupfer gefunden, aber es bedarf noch Kapital und Arbeit , um dieſe Hülfsquellen aufzudeđen und zu entwickeln . Wandert man von Roeburne oſtwärts und über
NordweſtAuſtralien.
liegt, und hat einen Flächenraum von etwa 134,000
engl. Quadratmeilen. Die Regierung thut ihr Mögliciſtes, um dieſen Bezirk erforſchen und vermeſſen zu laſſen, und hat dafür mit den hoffnungsvollſten Reſultaten idon
10,000 Lſtrl. aufgewendet. Der Bericht von John Forreſt
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Alluvium , das idon jeßt zahlreiche Schaf- und Rinder heerden ernährt. Seine Geeignetheit für Anbau iſt nur
eine Frage des Klima's, worüber erſt die Erfahrung Aus funft geben muß, da wir keine Statiſtik über die Meteoro: logie des Bezirks beſißen.
über ſeine jüngſte Erpedition dorthin beſtätigt vollkommen
Nördlich von Stokes-Bay gegen Port Usborne wird
die Schilderungen ſeines Bruders Alerander Forreſt und
das Land hügeliger und beſteht hauptſächlich aus Höhen
der Herren De Grey, Ferd. v. Müller, Stofes, Dorad,
zügen von Quarzit, mit vielen ſchmalen, tiefen Thalein
O'Donnell, Greffrath, Panton 2c., deren begeiſterte Dar ſtellungen vor dem Reichtum und der Schönheit des Landes ſo günſtige Ausſichten für deſſen Zukunft eröffnen. Eine Küſtenvermeſſung iſt unter Commodore Coghlan vor:
ſchnitten, an deren Sohle zahlreiche Süßwaſſerbäche mit
genommen worden.
grünenden Ufern und Palmenwäldern auf denſelben. Nad Süden hin zwiſchen den Flüſſen Leonard und Fißroy er: ſtredt ſid, meiſt ein teilweiſe begraſtes, an anderen Stellen ſandiges und mit Spinifer bewachſenes flaches Gelände.
Nach Ueberſchreitung der Grenze findet man einiges
Fährt man den Fißroy hinauf , welcher mehrere Meilen
gute Land längs der Küſte der Lagrange-Budot, allein der erſte wichtige Ort, den wir erreichen, iſt Roebuck Bay, wo
weit landeinwärts ſchiffbar iſt, ſo kommt man durch aus: gedehnte Ebenen von dönem , durch bewaldete Anhöhen
jüngſt eine Niederlaſſung, Broome (nach dem gegenwärtigen Gouverneur der Kolonie genannt), errichtet worden iſt.
begrenztem Weideland. Nach Herrn Forreſt ſtrömt dieſer ſchöne Fluß ungefähr 200 e. Min. weit ſtark und ſtetig
Nordoſtwärts zwiſchen Roebuck Bay und King Sound liegt
burch ein Grasland, weldes ohne ihn kaum bewohnbar
Dampierland, von welchem man bis jeßt außer der Küſte wenig kennt ; allein das Land in der Umgebung von
man Brunnen bis zur Tiefe von ungefähr 16 Fuß abteuft. Fährt man den Logue-Fluß hinab, welcher ein prächtig
wäre ; allein die unverſieglichen Quellen in den Leopold: Bergen verſehen dieſes unermeßliche Thal mit einem dauern den Strom , der infolge der tropiſchen Regen häufig aus ſeinen Ufern tritt und große Waſſerlöcher zurüdläßt, von denen viele, wenn nicht dauernd, ſo doch auf eine beträcht liche Zeit gefüllt bleiben. Herr Alerander Forreſt meint, das Thal des Fißroy allein könne mehr Schafe ernähren, als gegenwärtig in der ganzen Kolonie vorhanden ſind. Der Hauptſtrom iſt im ganzen etwa 300 Min. lang und ſein bedeutendſter Zufluß iſt der Margaret ; beide entſpringen in den Leopold-Gebirgen, einer etwa 130 e. Min . langen
begraſtes Flachland mit herrlichem Weibegrund für Schafe
Vergkette, welche von Nordweſt nad Südoſt ſtreicht und
Broome, beſonders gegen den Logue-Fluß hin, wird von
Herrn Forreſt als vorzügliches für Kindviehzucht geeignetes und an einigen Stellen mit Baobab- und kurzen Euca lyptus-Bäumen bewachſenes Weideland geſchildert. Zu gewiſſen Jahreszeiten iſt es nicht gut bewäſſert, allein man kann ſich hier, wie an den meiſten anderen Stellen längs der Küſte, leicht zu jeder Zeit Waſſer verſchaffen , wenn
.
und Rinder durchſtrömt, ſo gelangt man an den Fißroy
eine zwiſchen zwei- und dreitauſend Fuß hohe Waſſerſcheide
Strom, welcher ſich hier in das ſchöne Binnenmeer des King Sound ergießt, der ungefähr 70 e. Min . lang und
zwiſchen den Flüſſen bildet , die in den King Sound und in den Cambridge Golf münden. Die Grasfluren des Fißroy ſeßen ſich oſtwärts über die Leopold- Berge in das
30 Min. breit iſt. Forreſt beſchreibt ihn als einen großen Strom mit Ebbe und Flut, worin man zu jeder Zeit anfern kann und worin das Waſſer im allgemeinen ſo glatt iſt wie in einem Teich. Auch hier kann, wie in allen Buchten des äußerſten Nordweſtens, die Perlen
Fiſcherei betrieben werden und iſt einer großen Entwicelung
Thal des Fluſſes Drd und ſüdwärts gegen Sturt Creek und die Deniſon-Ebenen fort ; über dieſe hinaus iſt das
Land noch unerforſcht, ſoll aber vorzugsweiſe Wüſte mit gelegentlichen fruchtbaren Daſen ſein . Vielleicht der ſchönſte Teil von Kimberley , wo nicht
fähig, da ſie beinahe unerſchöpflich ſein ſoll. Am oberen
einer der ſchönſten in ganz Auſtralien, iſt der Bezirk Glenelg .
Ende des King Sound liegt Derby, die Hauptſtadt des
Seine herrlichen Häfen, ſeine prachtvolle tropiſche Szenerie, und ſeine reichen üppigen Weideländer ſind die Bewun derung aller, welche ihn beſucht haben. Camden Sound,
Diſtrikts Kimberley, nach dem gegenwärtigen Cord Derby genannt, wo ein Regierungs - Beamter reſidiert. Seine herrliche Lage als Hafen an der Mündung des Fißroy und als Ausfuhrort für ein ausgedehntes, Viehzucht-treibendes Gebiet läßt erwarten, daß ſich hier eine raſch empor 2
Port George, Port Nelſon und in der That alle Buchten
der dortigen Küſte entlang ſind vorzügliche natürliche
Häfen. Die Flüſſe Glenelg , Prince Regent und Roe
blühende Stadt aus den paar Häuſern und Hütten entwidle. Am ſüdöſtlichen Ende des King Sound ergießen ſich
weiſen an ihrem Unterlauf ſchönes, zum Anbau von Reis und Zuckerrohr vorzüglich geeignetes Land auf , während
die Flüſſe May und Meda in die Stokes-Bay und bilden
die reich begraſten Ebenen der höheren Gegenden weſent lich zur Schafzucht und Wollproduktion taugen.
das Delta des Leonard -Fluſſes, das ſich 100 e . Min. weit
ins Land hinein, bis zu den Wäldern am Fuß des Mount Broome in den Leopold-Gebirgen, erſtreckt. Das Land
Einbuchtungen von York Sound und Vanſittart Bay vor
zwiſchen dem May und Meda iſt reiches, prächtig begraſtes
über, ſo paſſiert man zahlreiche Inſeln , auf denen meiſt
Ausland 1886 , Nr. 13.
Fährt man weiter um die Küſte herum , an den großen
39
250
Nordweſt - Auſtralien .
ſehr wertvolle Ablagerungen von Guano gefunden und mit Gewinn abgebaut werden . Die Tripang-Fiſdhereien der Küſte entlang ſind von Commodore Coghlan als hödift entwidelungsfähig beſchrieben worden , und als Arbeits feld für den Naturforſcher wimmelt dieſe Küſte von noch
Eingeborenen waren freundlich, aber gar nicht zahlreich.
10
unerforſcyten Wundern.
Umfährt man Rap Londonderry, die nördlichſte Spite von Weſtauſtralien, ſo finden wir ein nod, kaum bekanntes
Die Entdeckung dieſer Flüſſe iſt eine neue Wohlſtands: quelle für den Bezirk Kimberley und ſichert dem Cambridge Golf eine ſchöne Zukunft. Ungefähr 60 Meilen vom Cambridge-Golf, unter dem Meridian von 129 ° 0. L. von Gr. , paſſieren wir die
Grenze zwiſchen Weſtauſtralien und dem nördlichen Ge
Land, bis wir zum Cambridge-Golf kommen, einer bedeu:
biete von Südauſtralien, einem Lande, welches ohne Zweifel an dem fünftigen Geſchid von Weſtauſtralien weſentlid
tenden Einbuchtung von ungefähr 70 Meilen Länge und von Commodore Coghlan , welcher dieſelbe jüngſt ver
beteiligt ſein wird. Wenn wir die leitenden Züge des Bezirkes Kimberley
meſſen hat, als prächtiger Hafen für Landung oder Ein
in Kürze überblicken, ſo haben wir ein ausgedehntes Land vor uns, welches mindeſtens vier- und einhalbmal ſo groß als Schottland und weldes größtenteils durch ſtattliche
ſchiffung von Vieh geſchildert. Er ſagt : von der Inſel La Croſſe aus, am Eingange des Golfs, geſehen, hat der
Cambridge-Golf das Ausſehen eines pradytvollen Stromes
Flüſſe bewäſſert iſt und Millionen von Acres des ſdönſten
von 6 bis 12 e. Min . Breite. Die weſtlidie Küſte beſteht aus Sandſteinhügeln von 800-1000 Fuß Höhe ; die öſt lidhje iſt nieder und ſumpfig und von dichten Mangroven Wäldern umgeben , über welche hinweg man gerade noch
Weide- und Aderlandes in Auſtralien umfaßt. Die Sommers
die fernen Gipfel der Hügel ſieht.
ungeſund und ganz von allen Fiebern frei .
Den Cambridge-Golf
halbwegs hinauf liegt die Inſel Adolphus, fvo der Golf ſich in einen weſtlichen und einen öſtlichen Arm (dheidet. Der öſtliche iſt der Ausfluß des Ord, deſſen Oberlauf von Herrn Alerander Forreſt im Jahre 1879 entdeckt wurde;
biße dieſes Klima's iſt zwar für Europäer unbequem, aber
nicht ſo ſchlimm wie in anderen Ländern unter gleichen
Vreiten , denn da die Hiße trođen, iſt das Klima nidht Im Winter
foll die Luft ſogar kühl und ſehr erfriſdiend ſein. Kapitän Grey und andere Forſder ſdildern das Klima als eines der ſchönſten und geſündeſten in der ganzen Tropenwelt.
die Herren Durad, O'Donnell, Carr-Boyd und andere Reiſende erforſcht worden , welche an ſeinem weſtlichen Ufer zwei große Zuflüſſe, die Flüſſe Denham und Bow oder Fraſer, welche beide angeblich in den Leopold-Bergen ent: ſpringen ſollen, entdeckt haben. In dieſem Bezirk ſind die Cambridge-Dünen und Drd-Ebenen und andere (dyöne bereits
Die naſſe Jahreszeit während des Nordweſt-Monſuhns erſtreckt ſich von Anfang Oktober bis Ende April , die trockene Fahreszeit vom Mai bis zum September; allein ſelbſt in der trockenen Jahreszeit fällt der Thau bei Nacht nody ſo ſtark, daß das Land, wo die Eingeborenen das Gras niedergebrannt haben , fidh wieder ſchnell begrünt. Ueber die Geognoſie und die Mineralien iſt wenig bekannt, aber aus den brudyſtückweiſen Notizen des For
mit Schafſtationen beſiedelte Landſtriche.
ſdungsreiſenden Panton geht hervor, er daß die Auffindung
ſeither iſt ſein ganzer, ' etiva 300 e. Min. langer Lauf durdy
Er beſteht vors
zugsweiſe aus hohen Dünen und fetten grasreiden Thälern, welche von zahlreichen Flüßchen bewäſſert werden, und bietet den Vorteil, daß er von den Ueberſdywemmungen
frei iſt, welche die tieferen Niederungen am Fißroy heim ſuchen. Am oberen Ende des weſtlichen Arms oder des eigentlichen Golfs bildet der hohe Pit des Mount Codburn
den hervorragendſten Gegenſtand der Landſchaft, und gerade an ſeinem weſtlichen Fuße liegt die Mündung des von Herrn Durack entdeckten Pfingſt - Flufſes oder Pentecoſt River.
Außer über die Flüſſe Drb, Pentecoſt und Durack
berichtet eine Expedition, welche zu Ende 1884 unter Herrn Stoddale unternommen wurde, noch über die Entdeckung von ſedis anderen Flüſſen , welche ſich in die Weſtſeite des Cambridge Golf ergießen , größer als der Ord ſein und ebenfalls im Leopold-Gebirge entſpringen ſollen . Herr Stoddale ſchildert die Umgebung derſelben als ein ſo ſchönes Weideland, wie er es überhaupt jemals in Auſtralien
geſehen, vollkommen frei von allen giftigen Pflanzen und ſogar noch in der Trockenzeit mit dem reichlichſten Gras wuchs und reiden Waſſervorräten." Die Gegend war arm an Wild, aber die Flüſſe wimmelten von Fiſchen. Die
von Gold, Antimon, Silber, Kupfer und vielleidyt auch Zinn in Kimberley für möglich hält.
Die gegenwärtige Bevölkerung von Kimberley umfaßt nur etwa hundert Weiße. Die Sdywarzen ſind nicht zahl reich, aber in dieſem Augenblick nod; in ihrer ganzen an: geborenen Einfachheit und ihrem wilden Zuſtande zu ſehen ;
ſie ſind übrigens leicht zu behandeln und werden, wenn ſie erſt einmal mit dem weißen Mann beſſer bekannt ſind, ſich ohne Zweifel als Schäfer, Hirten und Tagelöhner ſowie bei der Küſtenfiſcherei nüßlich erweiſen. Scafe, Rindvieh und Pferde gedeihen gut und es iſt beinahe eine Gewißheit, daß die Zucht von Pferden für
den indiſchen und orientaliſchen Markt fünftighin einer der widytigſten Erwerbsziveige der Kolonie ſein wird. Man darf zuverläſſig erwarten, daß auf den fetten Aluvialböden
der Flüſſe, namentlich der in den Cambridge-Golf mündenden, Zuckerrohr und andere tropiſche Gewädyfe fid mit Vorteil anbauen laſſen, wenn man auch bisher noch keinen Verſuch damit gemacht hat. Außer dieſem inneren Werte wird aber nod die be: herrſchende geographiſche Lage an der Nordweſtküſte in
ihrer Nähe zu Indien und dem Oſten und weil es die
Pfingſtgebräuche und Friihlingsgeiſter im fitdöſtlichen Ural. Europa zunächſt liegende Küſte von Auſtralien iſt und eine Reihe der ſchönſten Häfen der Welt befißt, ihm kom : merzielle Vorteile verleihen, welche man nicht unterſchäßen darf und welche hinreichend die Prophezeiung rechtfertigen dürften , daß Nordweſtauſtralien dereinſt als der Ends punkt einer transkontinentalen Eiſenbahn der bedeutendſte Ausfuhrpunkt für den auſtraliſchen Handel werden wird. Die Inſel La Croſſe, am Eingang des Cambridge-Golf
251
ſtabe mit Gewinn ausgebeutet werden . Unter jedem Ge
fichtspunkte bietet Nordweſtauſtralien dem Einwanderer weitaus günſtigere Chancen als irgendein anderes Land der Erde.
(Sc. G. M.)
Pfiugftgebräuche und Frühlingsgeifter im ſüdöſtliden Ural.
und nur 1850 Min . von Perth gelegen, iſt nur 1450 MIN. von Batavia und 1950 Min. von Singapore entfernt, ſo
Von Frdr. Wilhelm Groß.
daß ſie, wie ſich herausſtellen wird, in dieſer Richtung eine
(Schluß.)
der wahrſcheinlichſten Handelsſtraßen werden wird. Und
In welcher Menge dieſe Geiſter vorhanden ſind, kann
in der That geht icon jeßt mit Subſidien der weſtauſtralia
man nicht nur daraus beurteilen, daß man ſie allerwärts
dyen Regierung eine Dampferlinie der Herren Trinder, Anderſon und Comp. von Freemantle nad Singapore
hört und auftauchen ſieht, ſondern namentlich auch des
Die Herren
Bethel und Comp. von London ſind ebenfalls unternehmende Pioniere des Schifffahrtsverkehrs an dieſer Küſte. Von
ſpuren beobachten , die ſich dann mit Leichtigkeit im Sande verfolgen laſſen und unzählbar ſind, obgleich es nur die Spuren ſolcher Rußalfis zu ſein pflegen, die während der
Singapore aus findet natürlich immer eine allzeit bereite
Nacht beim Spiel überraſcht wurden und auf der Flucht
Verbindung mittelſt mehrerer Dampferlinien nach Indien , China und Europa ſtatt. Aus dieſer gedrängten Skizze der allgemeinen Züge
die Fährte zurüdließen . Es iſt befannt, daß andere Fuß abdrücke nicht zurückbleiben, weil ſoldie von den Rußalkis felbſt verwiſcht werden und nicht zu erkennen ſind. Sehr reich iſt das Regiſter der Streide- und Allotria,
und legt an allen Häfen längs der Kuſte an.
des Landes iſt zu erſehen , daß dieſes wertvolle Hülfs.
Morgens auf einer Promenade am Strand an den Fuß
quellen beſißt, zu deren Entwickelung nur Bevölkerung und
welche man ſich von dieſen Frühlingsgeiſtern zu erzählen
ein ſehr mäßiges Kapital erforderlich ſind. Sir Napier Broome ſagt mit Recht : ,,Die Kolonie iſt wie ein Schiff mit zu geringer Bemannung, das , wie günſtig der Wind auch wehen mag, nicht alle ſeine Segel ausſeßen kann, um die Briſe zu benüßen ." Nodi enthält das Land viele große Striche des beſten Geländes, die viele Millionen
weiß. Es vergeht nidt oft ein Tag, ohne daß ſich die Muſdicken ( Bauern ), die ſid, viel mit Fiſdierei beſchäftigen, nicht über den einen oder anderen Unfug zu beſchweren wiſſen . Bald ſind die aufgeſtellten Nebe verſtridt oder
Röpfe Kinder und Sdafe zu ernähren imſtande ivären, und die nody nie von einem anderen betreten worden ſind,
als von den Reiſenden , welche ſie entdeđt haben. Es iſt ein günſtiges Feld für unternehmende Einwanderer mit großem oder kleinem Rapital , und diejenigen, welde ſid) vor den langen , ſtrengen Wintern Canada's fürchten , fönnen hier ein warmes und ihrem Geidymade mehr ents ſprechendes Land finden.
Unter der gegenwärtigen energiſchen Regierung macht dieſe Kolonie raſche und große Fortſdyritte: Straßen, Eiſenbahnen , Telegraphen- und Schifffahrt-Verbindungen
zerpflückt, bald ſind dieſelben davongetragen oder irgend weldie andere Poſjen ausgeführt ; doch gehören dieſe oder ähnliche Dinge zu den harmloſeren Vorkommniſſen , die zivar immer noch ärgerlich ſind, aber kaum noch beſprochen werden. Leider iſt es mir mit einer einzigen Ausnahme nie gelungen, eine Rußalfi aus der Nähe beobachten zu fönnen, und dieſes einemal, als ich ſie dwimmen ſah, erwies ſich dieſelbe wider alle Erwartung ſo ſchüditern und aller der angeführten Merkmale ledig, daß ich es
aus Diskretion vorzog, mich auf die Prüfung dieſer Ruß alka nicht einzulaſſen, ſondern mich zu entfernen, obwohl
ung zur Förderung der Intereſſen der Anſiedler wird ans
Jlistratoff auf die Edytheit derſelben ſchwören wollte und auch wirklich ſchwor. In jedem Falle iſt aber ſoviel ſider, daß die Ruß alfis ſelbſt auch dort, wo ſie am harmloſeſten auftreten, ſich
ſcheinend vernachläſſigt, daß endlich in der That für Weſt
doch als den Menſchen feindlide Weſen zu erkennen geben.
auſtralien eine neue Aera angebrochen zu ſein dyeint.
Alles, was ſie thun und treiben, geſchieht zum Unglüc oder dodh zum Nachteile der Bevölkerung ; ſelbſt ihre
breiten fich nadı allen Richtungen aus, und keine Bemüh: 1
Die umſichtigen Geſchäftsleute von Victoria und Neu Südwales begreifen nachgerade die Vorteile, welche Weſt auſtralien der kaufmänniſchen Spekulation darbietet, und wenn erſt das Vorhandenſein ſeiner reichen Weidegründe
allgemeiner bekannt ſein wird, ſo dürften dieſe ohne Zweifel
Scherze und Beluſtigungen ſind verhängnisvoll. Als Wahr jagerinnen und Zauberinnen ſuchen ſie ſich den jungen Mädchen zu nahen und locken dieſelben an, um ihnen die Zukunft zu deuten, Rätſel aufzugeben und ſie ſchließlid in
in wenigen Jahren ſich mit Kinder- und Schafbeerden bedecken . Sein fetter Boden und ſein warmes Klima werden bald den Pflanzer heranziehen und ſeine beinahe
das Waſſer zu ziehen, wenn die Löſung derſelben nicht
unerſchöpflichen Perlmuſchel-Lager werden in großem Maß
hat man es zu danken, daß man eine große Menge von
gelingen follte. In den meiſten Fällen gelingt es aber
nicht, obſchon es zuweilen glückt, und ſolchen Ausnahmen
Pfingſtgebräuche und Frithlingsgeiſter im fitdöſtlichen liral.
252
Aufgaben nachzuerzählen weiß, die man den Unholdinnen abgelauſcht hat.
Unter den bekannteſten dieſer Art würde das folgende ungefähr ſo lauten :
gerinnen das Leben koſten könnte, ſobald ſie ſich zu wei ! vom Ufer entfernen würden. Das Siderſte bleibt jedody immer neben dem ſchübenden Kreuzchen ein Verſchließen der Dhren, damit man ſich überhaupt nicht zum Stehen
„ Holdes Mädchen, hör mal zu :
bleiben verleiten läßt .
Denfe nach in aller Ruh, Ob Du rätſt, was ich jetzt frage , Denn errätſt Du's nicht , ſo trage
Recheiten der Männer, die ſich auf ihren Widerſtand verlaſſen, pflegen faſt immer zum Verderben der letteren auszuſchlagen. Gewöhnlid) werden dieſelben eingeladen, ſich in eine Unterhaltung einzulaſſen, neben den Rußalfis auf den Sand oder Raſen zu jeßen, mit denſelben zu ſpielen, Blumen zu pflücken, Kränze und Sträuße zu win den oder auch mit ihnen auf den Bäumen zu ſchaukeln und andere Kurzweil einzugehen . Nur ſelten wird dieſen
Ich Dich in den Strom hinab. Was iſt das : AIS Diamant
Trägts in Gold man an der Hand. Flihlt man liebe oder Schmerzen, Steigt’s als Thräne aus dem Herzen lind als Segen tropft's am Halm !"
Man errät es übrigens ziemlich leidyt, daß es der Thautropfen ſein ſoll, allein nidyt immer ſo leidyt wie
dieſes Beiſpiel fallen die Aufgaben aus. Schwieriger iſt idon eine andere, in welcher ſich die Rußalfa an das chöne Jungferchen " wendet, und dieſem zu raten aufgibt : „ Was ohne Wurzel wächſt, Ohne Fiiße und Mustel läuft, Ohne Bliiten bliit . "
Allein dennod hat man auch das erraten, und man weiß, daß es der Stein iſt, der ohne Wurzel wächſt, das
Waſſer, das ohne Füße und Muskel läuft, und das Farnkraut,
das ohne Blüte blüht. Die ſchwierigſten Rätſel wird man freilid nid)t erfahren, weil ſie nicht gelöſt werden
und die Mäddyen nicht mehr zurückkehren. Von den Ruß alfis geliebkoſt und zu Tode gekißelt, werden ſie in den auf dem Flußbett oder Seengrund befindlichen Palaſt getragen, wo ſie wieder zum Leben erweďt und ſelbſt zu Rußalfis werden , oder den leßteren Sklavendienſte leiſten müſſen . Von Langeweile geplagt und fortwährend auf Zer: ſtreuung ſinnend, iſt das ganze Dichten und Trachten der Rußalfis aber doch in erſter Linie auf die jungen Bur
Neizungen widerſtanden .
Das Ende iſt meiſt immer das:
ſelbe, daß ſich die Nymphen der Männer bemädytigen und, was zu ihren größten Ergößungen gehört, dieſelben zu Tode fißeln .
Wie die getöteten Mädchen , werden auch die Burſchen
in den unterſeeiſchen Palaſt getragen , dort in das Leben zurückgerufen und zu einer Vermählung mit den Rußalfis veranlaßt, um dann ein Leben voll Herrlichkeit und Wonne weiter zu führen . Allein alle Freuden und Genüſſe in dieſem Elyſium fönnen doch die Männer für das Leben bei ihren ſterblichen Schweſtern oben auf dem Lande nicht entſchädigen, und bald empfinden ſie ein mächtiges Ver langen, ihrer, wenn auch noch ſo ſüßen Gefangenſdaft zu entfommen , um wenigſtens auf kurze Zeit mit lebenden Menſchen , Verwandten und anderen lieben Perſonen vers fehren zu können .
Der ruſſiſche Scharfſinn hat allerdings zum Schuß gegen derartige Nadſtellungen verſchiedene Mittel entdeckt,
von welchen ſich einige ganz vorzüglid bewähren ſollen. Eine Wachholderart, die auch gegen Geſpenſter und Zau bereien ſchüßt, wird in dieſer Beziehung ſehr gerühmt; ebenſo ſind die Blätter des Liebſtodes, der Feldcypreſſe
und einiger Minzearten , von welchen Pflanzen junge
den gerichtet, die aus dieſem Grunde auch viel größeren
Männer immer etwas bei ſich tragen ſollen, allgemein
Gefahren ausgeſeßt ſind. Das Verfahren, das zum An locken derſelben in Anwendung kommt, iſt daher auch
beliebte Volfsmittel, die auch in der Regel ihre Wirkung nicht berſagen.
weſentlich anders wie bei den Mädchen . Ganz wie ihre
Daß ſo volkstümlidie Weſen hinſichtlich ihres Ur
ſterblichen Sdyweſtern, entwickeln die Nymphen dann die größte Liebenswürdigkeit. Lachend, koſend und tändelnd verſtehen ſie es, die Männer zu gewinnen und ſich bei denſelben einzuſchmeideln und durch Geſänge, die ſie ähnlich wie die Sirenen anſtimmen , wiſſen ſie ſchon aus ziem
ſprungs vielfach Gegenſtand der Forſchung geworden ſind, iſt ſelbſtverſtändlich. Nach der Volfsſage waren dieſelben jedod früher nicht vorhanden, obgleich ſie ſchon ſehr alt
ſein müſſen, da ſelbſt längſt vergangene Generationen ſon von Rußalkis zu erzählen wiſſen, die es zu Pfingſten und
lider Entfernung die Aufmerkſamkeit auf ſich zu lenken.
Johanni gegeben haben ſoll. Allerdings wußte man ur:
In der That klingen ihre Weiſen ſo bezaubernd, daß junge Mannsperſonen entzückt ſtehen bleiben und lauſden , ohne ſich von der Stelle trennen zu können. Ja, es iſt vorgekommen , daß dieſelben ſogar Jahre lang feſtgebannt ſtehen blieben und zuhörten , ohne zu ermüden , bis man ſie endlich tot vorfand. Fliehende Jünglinge werden ſehr häufig nod) größere Strecken, jedoch nidyt über den Fluß bereid hinaus verfolgt, da es andernfalls den Verfol
ſprünglich nicht, welcher Art dieſe Geiſter waren, und hatte daher auch keine beſtimmte Bezeichnung für dieſelben, allein, da man es mit Weſen zu thun hatte, die in der Tiefe der Ströme und Seen wohnten, ſo nannte man ſie einfad ,,Rußalfi" oder Strombettmädchen (Waſſerjung frauen ) und leitete dieſen Namen von ,,Ruslo " ab, was ſoviel
wie „ Flußbett" bedeutet. Damit hatte man freilich zu nädyſt nur den Charakter, aber nicht die Entſtehung dieſer
Pfingſtgebräuche und Frühlinge geiſter im fürdöſtlichen llral.
Nymphen feſtgeſtellt. Erſt ſpäter ermittelte man , daß es
die Kinder weiblichen Geſchlechtes waren , die entweder tot
253
Schwabenlande erinnert, beſteht darin , daß man auf einem freien Plaße im Walde auf dem Boden eine Tafel auf
zur Welt kamen oder bald nad ihrer Geburt ſtarben , be
ſchlägt, welche von den jungen Mädchen mit mitgebrachten
vor dieſelben getauft werden konnten. Ebenſo wurden auch die Seelen folder Mädchen zu Nußalkis, welche ohne
Fleiſch- und Eierſpeiſen u. 1. w. beſtellt wird, ſich dann darum lagert, wie die jungen Leute zuſammenpaſſen und
Kreuzchen in dem Fluſſe badeten und ertranken oder von den Geiſtern in die Tiefe herabgezogen wurden . Viele oder doch manche von dieſen Kinderſeelen können
ſympathiſieren, und Eierkuchen oder auch gefodhte Eier mit
nach dem Volksglauben noch durch eine nachträgliche Taufe ihrer Beſtimmung als Rußalfis entriſſen werden.
Es
alle man allgemein an : wird das dadurch möglich , daß - wie man nimmt --- die Seelen dieſer Kinder in die Luft empor:
ſteigen und dreimal um die entbehrte Taufe herabflehen.
ſammen zu eſſen pflegt. Unterdeſſen pflanzen einige Bur: chen auf der Wieſe einen Pfahl oder Stamm auf, feßen einen Kukuk darauf, dem man ein Kreuzchen umhängt, worauf man ſich die Hände reicht und einen Reigen um den Vogel aufführt, wobei die Pärchen ihre Kreuze wech feln und ſich füſſen . Auf den erſten Blick kann dieſe Sitte allerdings un
man nur unter irgend einem beliebigen Namen zurück rufen : ,,Barbara " oder „ Iwanowna, ich erfülle Deine Bitte und taufe Dich im Namen Gottes des Vaters, des
verſtändlich ſcheinen und man kann den ruſſiſden Gelehr ten Recht geben, wenn ſie der Meinung ſind, daß man es mit Gebräuchen zu thun hat, deren Urſprung vielleicht bis in die Zeit des Heidentums zurückreicht, allein, näher be
Sohnes und des heiligen Geiſtes ! Amen ! Ziehe ein zu
trachtet, erweiſt ſich dieſe Kukuksfeier, welche man als eine
Deinem Frieden !"
Taufe des Rußalfis ausgibt, dod nichts weiter als eine feſtliche Begehung der Jahreszeit. Gerade der Kukuk, der
Iſt jemand ſo glücklich, dieſen Ruf zu vernehmen, ſo darf
Damit gilt die Taufe als erledigt ;
auch kann man , wenn man Waſſer in der Nähe hat, mit den Fingern dreimal etwas davon in die Luft ſprißen und ebenſo oft das Kreuz ſchlagen ; indes würde auch das
mit ſeinem Bruder, dem Upup, mit der präziſen Genauigkeit eines Chronometers den eintretenden Lenz verfündigt, fann ſo recht eigentlich als das lebendige Sinnbild und der
lektere allein ſchon genügen, wenn das erſtere nid)t vor banden ſein ſollte, und die ſo getauften Kinder oder Seelen werden alsdann zu Engeln , anſtatt, wenn man ihren Ruf nicht vernähme, zu Rubalkis, was freilich in den meiſten Fällen geſchieht. Hat man daher in einer Beziehung wohl Urſache,
dieſes Volfsgebrauches ſehr einfach aufgeklärt zu werden . Etwas weniger leicht als der Tanz um den gefeierten
dieſe Weſen zu bedauern, ja ſogar etwas von Siympathie
Geſandten des Lenzes, ſdeint dagegen ein anderes Feſt
für dieſelben zu empfinden , ſo iſt es auf der anderen Seite dod wieder ein Glück, daß die gefährlichſte Zeit
verſtanden werden zu fönnen, das bald darauf um die Johanniszeit zum Abſdiede der Rußalkis begangen wird. Es beſteht darin , daß ſich die Mädchen und jungen
.
eigentlich doch nur vom Pfingſtſonnabend bis zum Johannis tag dauert, denn obſchon es ſich ereignet, daß aud ſpäter noch einzelne Nymphen geſehen werden, ſo kommt das im ganzen doch ſelten vor, und man kann wohl annehmen, daß der Sonnenwendtag oder Johannistag, alſo das Früh lingsende, auch die Zeitgrenze bildet, an welcher das Leben
der Rußalkis auf dem Lande und ihre zügelloſen Aus ſchweifungen ſo gut wie ganz abſchließen, ſo daß der tollſte Unfug kaum mehr als zwei Monate dauern würde, nach welcher Zeit die Geiſter wieder in die Tiefe ihrer
Gewäſſer zurückkehren und während des Winters gar nicht zu ſehen ſind.
Die den Menſchen ſo nahe angehende Abſtammung
dieſer Weſen mag ſicherlich Veranlaſſung gegeben haben , baß man durch kleine, am Pfingſt- und Johannistage
veranſtaltete Feſtlichkeiten bemüht iſt, die Nußalki freund lich zu ſtimmen. Schon die am Pfingſttage befolgte Sitte, auf grün befränzten Wagen in den Wald hinauszufahren und dort um einen aufgeſtellten Kukuk zu tanzen, iſt wohl als eine Art Verſöhnungsfeier der Waſſerjungfrauen und im weiteren Sinne als eine Begrüßungsfeier des Frühs lings aufzufaſſen. Der ganze Feſtaft , der in vieler
Beziehung an ähnliche Gebräuche in Bayern und im
beflügelte Genius des Frühlings gedacht werden, ſo daß man kaum eine beſſere Allegorie für den leßterrn finden
könnte, und auf dieſe Weiſe ſcheint uns auch der dunkle Sinn
Frauen des Ortes an einem Tage nach Sonnenunter gang in mehreren Gruppen zuſammenfinden , an den Straßenecken Aufſtellung nehmen und ſich längere Zeit gegenſeitig beobadten , als ob ſie einander anzugreifen im Begriff ſtänden . Mit einer in jeder Gruppe befind lichen und aufgepußten großen Puppe begibt man ſido
darauf auf einen gemeinſchaftlichen größeren Plaß des Dorfes, wo man ſämtliche Puppen, welche Rußalfis vor ſtellen ſollen, aufpflanzt, fid, die Hände reicht und tan zend die Bildniſſe umkreiſt, wozu die Mädchen Gefänge anſtimmen . Nachdem dieſer Tanz aufgeführt worden iſt, teilen fid, die Gruppen in zwei feindliche Parteien, die
auf einander eindringen und ſich die Puppen gegenſeitig abzuringen ſuchen. Von beiden Seiten wird Waſſer auf den Gegner geſprißt und Sand und Erde als Wurfge ſchoſſe benüßt, bis die eine oder andere Partei unterliegt und die Puppen erobert ſind. Sieger und Beſiegte ver: einigen ſidy wieder, ziehen in einem Zuge auf einen außer halb des Ortes gelegenen Flecken , wo die Puppen zer: pflückt und die Stüde auf das Feld umhergeſtreut werden. Das Spiel hat damit ſein Ende, und man ſagt, daß die Rußallis heimgeleitet worden ſind.
Pfingſtgebräuche und Frühlingsgeiſter im ſüdöſtlichen Ural .
254
Was man barunter verſtehen ſoll, wiſſen die Feſt genoſſen natürlich noch weniger zu beantworten wie die Gelehrten , allein recht leidyt könnte man ſid , den Vorgang ſo denken, daß mit den eroberten und vernidyteten Rußalfi Puppen der zu Ende gehende Frühling auf iminer und ewig dahin geſchwunden iſt, wie ſein Blumenſchmuck, wenn die Zeit desſelben vorüber war. Für die Bevölkerung kommt natürlich dieſe tiefere Bedeutung nid)t in Betracht,
dung die Burſchen erſcheinen, einen Angriff auf den Baum unternehmen , denſelben nach heftiger Verteidigung den Mädden abringen, aus dem Boden reißen, ſeines Schmuckes berauben und endlid, vernidten, womit, bis auf allerlei andere Vergnügungen und Spiele im Freien, kleine Aus: fahrten oder die üblichen Ergößungen im Hauſe, die Jos
ſondern für dieſe gilt nur die äußere Form , nämlich die
dürftige Ueberreſte aus uralten Zeiten ſind, als man nodi um dieſelbe Sonnenwende der Gottheit der Früchte und
Beſeitigung der Rußalkis, die von dieſem Augenblick an der Erdoberfläche entrüdt ſind, während zum Sdiluß des Frühlings nod) ein anderes Feſt, die ,, Jwan Kupalo - Feier "
hannisfeier beendigt iſt. Es kann wohl ſein , daß alle dieſe Gebräuche noch
des Ernteſegens ähnliche Feſte veranſtaltete ; jedenfalls
aber entſpringen ſie dem Bedürfniſſe der Bevölkerung,
abgehalten wird, die, wie ſchon der Name ſagt, mit dem Feſte Johannis des Täufers gleichbedeutend iſt.
folden Wendepunkten in der Natur und der Jahreszeit
Die dabei beobachteten Förmlichkeiten ſind beinahe dieſelben wie bei der Rußalkifeier. In feſtlicher Toilette und mit Blumen -umkränztem Haupte finden ſid, die Dorf ſchönen am Vorabend des Johannistages auf einem her vorragenden Punkte zuſammen , ſtimmen einen Geſang an
barnadh ſiderlich nidyt, ſondern wenn man denkt, fühlt
und ſtellen einen ausgeſchmücten Baum auf, den man „ Marena“ nennt und umtanzt. Eine menſdhengroße und in feſtliche Frauenkleider gehüllte Strohpuppe, die man mit Bändern und Laubgewinden ausſtattet, wird herbei gebradyt und unter dem Baum aufgeſtellt. Der Ringeltanz wiederholt ſich unter allgemeinem Gejaudyje nod) ſtürmiſcher und ſteigert ſich bis zur Er ſchöpfung. Zum Sdluß wird auf einem Hügel oder in der Nähe des Baumes ein Feuerherd erridytet und Stroh angezündet, worauf die Jwan Kupalo -Puppe unter neuen Geſängen entkleidet, in das Feuer geworfen und ver brannt wird. Das Intereſſanteſte iſt jedoch das Finale, da ſich die Mädchen vor dem Feuer aufſtellen und hinter einander durch die Flammen ſpringen, bis die letteren erloſchen ſind und die Feſtgenoſſinnen ſich in fröhlichſter
Stimmung zerſtreuen, um ſich nach Hauſe zu begeben. Was namentlich die Feuertaufe bedeuten foll, iſt wohl nicht mit Sicherheit zu beſtimmen. Allein möglich kann es wohl ſein, daß der Feuerherd zu Ehren des Sonnen Gottes angezündet wird, welcher am Johannistage am Ziele ſeiner Triumphfahrt eben am Zenith angelangt iſt, und daß mit den Sprüngen durch die Flammen der große Moment der Sonnenwende verſinnlicht werden ſoll, da die
Sonne die Feuerlinie überſchreitet und wir wieder jahr abwärts wallen .
Aehnlich wie am Johannisvorabend verſammelt man
ſich auch am Johannistage des Morgens, um die Vorfeier fortzuſeßen ; allein im weſentlichen iſt es doch nichts weiter wie eine Wiederholung derſelben Spiele Wie am Abend nach Sonnenuntergang, verſammelt man ſich auch früh vor Sonnenaufgang, und ein Unterſchied beſteht nur darin, daß die Mädchen diesmal einen geſchmückten Weidenbaum aufpflanzen . Tänze und Geſänge werden aufgeführt, welche leşteren ſich jedoch vor den früheren durch Ernſt
oder Traurigkeit auszeichnen, bis plößlich nach Verabre
feſtlichen Ausdruck zu geben. Zu ſuchen braucht man und beobadytet, ergibt ſich die Pfingſt- und Johannisfeier ganz von ſelbſt, und unwillkürlich wird man darauf ver fallen , die Johannisfeuer anzuzünden , wie das auch auf
deutſchen Bergen in der Walpurgis- und Johannisnadit zu geſchehen pflegt. Mehr als irgend ein anderes Feſt wirkt das Pfingſt- und Johannisfeſt auf Gemüt und Seele des Menſden . Es liegt etwas Heiliges und Bezauberndes in einer ſolchen Nadyt, dem man ſich kaum entziehen kann. Als ob die Johannisſonne einen Feuerregen herabgeträu felt hätte, dweben Glühwürmchen wie leudytende Funken durch Gebüſd und Thal bahin , um ſid) von Bufd zu
Buſd , von Blume zu Blume und von Blatt zu Blatt zu wiegen , ſurrende Nachtfalter umflattern duftende Wunder
blumen, ſummende Maikäfer die Baumwipfel, und wenn dann in mondheller Nacht die Tannen und geiſterbleidhen weißen Birkenſtämme ſich zu bewegen ſcheinen, die Bäume tanzen, das Rohr am Ufer des Sees raſchelt, das Sdilf wispert, die Fröſche und Unken auf den Blättern der Waſſerlilien quarren, die Quellen und Wäſſerchen lullen und rauſden und in den Roſen-, Flieder- und Jasmin Dididyten die Nachtigall ihr ſüßes Flöten vernehmen läßt, da braucht man ſich nicht zu wundern , wenn die Einbil:
dungskraft der Menſchen rege wird, und die Poeſie auf allerhand originelle Einfälle und Gebräuche gerät, um
dieſer Gemütsſtimmung Rechnung zu tragen. Mitunter entſpringen foldhe Sitten aber nicht blos dem Vergnügungsbedürfnis oder Pietätsgefühl, ſondern auch ſehr oft einem ſehr richtigen Inſtinkt. Zu dieſen let: teren gehört auch die Sitte der ruſſiſchen Dorfmädchen in jenen Ländern , in der Johannisnacht auf die Wieſen hin: auszugehen und ſid, mit dem Thau zu waſchen, denn der Thau der Johannisnadit vertreibt den Dirnen und Buben die Sommerſproſſen und ebenſo auch die Warzen , wenn
man dieſelben mit dem Thau beſtreicht. Die häßlichen
Geſichter macht derſelbe ſchön und die ſchönen noch ſchöner, die Kranken madit auch der Thau geſund und die Geſun
den noch geſünder. Der Johannisthau hat auch noch eine andere Wirkung; er erfriſdit nämlich die Nerven, und ein
Bad im Wieſenthau der Johannisnacht (oder auch im
Geographiſche Neuigkeiten.
Waſſer) iſt beſſer als zehn andere. Ein ſolches Bad be: lebt und kräftigt die Haut und macht nicht nur rote
255
ſamtbevölkerung gegen 10,000. In Jaluit reſidiert der
mächtigſte Häuptling der Marſchalls - Inſeln , „ König “
Wangen, ſondern verleiht audy geſunde Glieder.
Kabua. Se. Majeſtät iſt etwa 40 Jahre alt, verſtelt
Das iſt keine Einbildung und fein Aberglaube, wie ſo manches andere unter den Volksgebräuchen, ſondern Frühlingsluft und Morgenthau hat immer ſeine heilkräf:
einige Brocken Engliſd und Deutſch, und kleidet ſich in
der Regel europäiſch. Die Häuptlinge der Ralik-Inſeln ſind weit mädytiger als die der Ratat-Inſeln, und es traf
tige Wirkung bewährt , das iſt eine alte Erfahrung, die
ſich, daß die bedeutendſten unter ihnen , mit Ausnahme
ein jeder an ſich ſelbſt erproben kann, und deshalb iſt es nicht blos ſchade um jedes Bad im Wieſenthau, ſondern uln jedes Sonnen , Fluß, Seen- und Luftbad, das wir im Lenz verlieren. Bei der Kürze unſeres Frühlings haben wir doppelt Veranlaſſung, denſelben auszunüßen, und in
des Häuptlings von Ebon, dem König Rabua gerade einen Beſudy abſtatteten, als der „ Nautilus “ vor Jaluit ein traf.
Dieſer glüdliche Zufall verkürzte und erleichterte
das Verfahren , da er den Beſuch verſchiedener Inſeln überflüſſig machte.
Ronſul Hernsheim, mit der Sprache
man daher bei dem Umkreiſen der Iwan Kupalo- Puppe
der Inſulaner wohl vertraut, lud König Rabua und die vier bei ihm befindlichen Häuptlinge auf den Tag nach
am Johannismorgen auch Klagelieder anſtimmt , ſo iſt
der Ankunft ( 14. Oktober) an Bord des Nautilus". Die
man dazu wohl berechtigt, denn es iſt wirklich zum Klagen, daß man ſich derſelben nur ſo kurze Zeit erfreuen kann.
Einladung wurde angenommen. König Rabua trug dabei
Sowohl die Nußalfifeier, welche zum Abſchied der Früh
jedoch ohne Säbel und gut, die anderen Häuptlinge trugen
lingsgeiſter veranſtaltet wird, wie auch die Jwan Kupalo Feier iſt daher durchaus nicht ſo ſinnlos und unerklärlich, und noch weniger iſt es die Herbeiziehung eines Kukuks,
Teile des Schiffes, wobei eine Revolverfanone ihr beſons deres Intereſſe erregte.
der Heimat der Rußalfis iſt derſelbe noch kürzer. Wenn
der den Frühling verfündigt und mit deſſen Ende er wieder verſtummt.
Geographiſde Neuigkeiten. * Die Bejißnahme der Maridalls - 3 nſeln von ſeiten Deutſchlands. Auf telegraphiſche Wei jung aus der Heimat verließ das Kanonenboot ,,Nautilus " (Korvetten-Kapitän Rötger) mit verſiegelten Weiſungen Yokohama am 13. September.
Nach einer ſtürmiſchen
Fahrt, welche größtenteils unter Segel zurücgelegt wurde, erreichte es am 13. Oktober die Inſel Jaluit ( oder Bon ham). Die Lagune von Jaluit, einer der ſüdlidſten der Marſchalls - Inſeln , iſt die größte und wichtigſte der ganzen Gruppe ; ſie iſt 8 e. Min. breit und 20 lang , die Bevöl kerung begreift etwa 1000 Seelen. Hier befinden ſich die Hauptagenturen der deutſchen Faktoreien, die von Herns
heim u, Romp. und die der Deutſchen Südſee-Plantagen Geſellſchaft (früher Godefroy u. Komp.); auch die engliſche
etwas, was einer abgelegten Marine-Uniform gleichſah, europäiſche Zivilkleidung.
Man zeigte den Gäſten alle
Als ſie das Schiff verließen, wurden 21 Kanonen:
ſchüſſe abgefeuert, ein Ohrenſchmaus, der vollen Eindruck zu machen dien . Am Nachmittage desſelben Tages ers widerte Kapitän Rötger den Beſuch in Begleitung des
Konſuls und einiger Offiziere. Der Empfang fand in dem Palaſte des Königs ſtatt, einer aus Holz gezimmerten Barade, der einzigen dieſer Art auf der Inſel. Dem Könige wurde erklärt, zu welchem Zwecke das deutſche Kriegsſchiff gekommen ſei, eine Erklärung, welche ſowohl
bei ihm als den vier Häuptlingen das geneigteſte Gehör fand, indem alle ihre volle Bereitwilligkeit erklärten, ſidy der Schußherrſchaft des Deutſchen Reiches zu unterwerfen . Sie wurden darauf eingeladen, ſich am Nachmittag des
folgenden Tages ( 15. Oktober) bei der Wohnung des Konſuls einzufinden . An dieſem Tage, gegen vier Uhr, wurden etwa 30 bewaffnete Matroſen unter Befehl eines Lieutenants gelandet, welde, die Muſit des ,, Nautilus "
einen Marſd) ſpielend voraus und von dem Kapitän, einigen Offizieren und den Konſul begleitet, zur Reſidenz
des leßteren marſchierten. Hier warteten bereits die Häupt linge. Die Feier begann damit, daß jedem der leşteren
Firma Henderſon, Macfarlane u. Komp. in Auckland hat hier eine Niederlaſſung. Die deutſchen Intereſſen werden hier von Hernsheim, welcher als Konſul fungiert, wahr: genommen , und da derſelbe ſeit lange hier wohnt, ſo war ſeine Mitwirkung bei der Aneignung von großem Werte. Die Gruppe der Marſchalls- Inſeln begreift über 40 In ſelchen , welche faſt alle bewohnt ſind. Dieſelben bilden zwei von Nordweſt nad Südoſt parallel laufende Reiben, die Ralit- Inſeln öſtlich und die Ratat- Inſeln weſtlich. Der Geſamtflächeninhalt beträgt 1500 e. Q.-Min., die Ge
graphen, des Inhalts, daß die Marſchall 6- Inſeln
{ Die Marſchalls - Injelu , noch 311 Aſien gehörig, liegen zwiſchen dem 5. und 12.0 n . Br. uud vom 178. bis 195.0 6. L.
fünftig unter dem Scube des Deutſchen Reiches ſtänden, und daß es keinem der Häuptlinge zuſtehe, mit irgend einer anderen Madt über Anbahnung eines
einige Kiſten mit Geſchenken überreicht wurden. Man hatte dieſe in Yokohama gekauft; neben dem verſchieden artigſten Tand für jeden der Häuptlinge befand ſich ein
idwarzer Staatsanzug von der Art, welche unſere deutſchen Freunde „ Quadrillenſchwenker “ nennen. Die überraſchten Häuptlinge nahmen die Gaben in würdevoller Haltung entgegen. Man ſcritt ſodann zu der Unterzeichnung des vorbereiteten Schußvertrags. Derſelbe enthielt 7 Para
Geographiſche Neuigkeiten.
256
Abhängigkeitsverhältniſſes zu verhandeln. Kabua und die
gunen von Maloelab (am 24.), Aur (am 25.) und
vier Häuptlinge unterzeidneten die Urkunde, welche in deutſcher Sprache und der der Eingeborenen abgefaßt war,
Legieb (am 27. Oktober), wo überall die deutſche Flagge
indem ſie ihre Namen bis auf Einen in lateiniſcher Schrift, darunter fekten . Namens der Reichsregierung unterzeich:
Mangel an Kohlen nötigte das Kanonenboot, nach Jaluit zurückzukehren, wo es am 29. Oktober anlangte.
neten Konſul Hernsheim und Kapitän Rötger, dann einige Offiziere und einige in Jaluit lebende Deutſche. Nach Beendigung dieſes Aftes didte man ſich an,
Nach Ergänzung des Kohlenvorrates, und nachdem man
am Flaggenſtocke des Konſulatgebäudes die deutſche Reids flagge feierlich zu hiſſen. Es hatte ſich inzwiſchen eine
gehißt wurde.
einen Häuptling und einige eingeborene Miſſionare an Bord genommen hatte, wurde die Rundfahrt fortgeſeßt und Ebon , eine der bedeutendſten Inſeln der Gruppe,
am 31. Oktober erreicht. Hier befindet ſich der Hauptſitz
große Zahl von Eingeborenen verſammelt, auch ſämtliche auf der Inſel lebenden Europäer wohnten der Feier bei. Kapitän Nötger nahm zunächſt das Wort, erörterte den Zweck ſeiner Sendung und ſchloß damit, daß die
der Miſſion. Früher war es eine Boſtoner Miſſionsgeſell ſchaft, welche daſelbſt eine Niederlaſſung hatte, jeßt ſind ſämtliche Miſſionare Eingeborene. Dieſe leşteren hatten
die Marſchalls- Inſeln von jeßt ab Schußgebiet des Deutſchen
von Kontrole und Autorität über den Handel zwiſchen
Reiches ſeien. Ein anweſender Engländer überſebte die
den Eingeborenen und den Europäern angemaßt, und
Anſprache den Eingeborenen. Auf ein Zeichen ging nun die kaiſerl. Flagge langſam in die Höhe, während die Truppe
renzen entſtanden.
präſentierte , die Muſik ſpielte und drei Hurrahs für Se. Maj. Kaiſer Wilhelm die Luft erzittern machten. Die Menge der anweſenden Inſulaner ſtimmte jubelnd ein, und von dem „ Nautilus“ , der auf der glatten Meeresfläche regungslos vor Anker lag, donnerten die 21 Schüſſe des
Flaggenſaluts langſam herüber.
Mit der Aufrichtung
eines Pfahles in den deutſchen Farben, der die Aufſchrift „Kaiſerlich Deutſche Sdußherrſdaft“ trug, endete die Zere monie. Vorbereitungen zu dem Beſuche anderer Inſeln und die Verabſdiebung von den Häuptlingen nahmen den folgenden Tag ein. Am Nachmittag des 17. Oktober nahm der „ Nautilus “ Herrn Hernsheim , den engliſchen Dolmetſdyer und einen deutſchen Kapitän als Lootſen an Bord, und lichtete dann die Anfer, um zunächſt die Inſel
Milli zu beſuchen. Auch hier wurde die Flagge gehißt und der Häuptling kam dann an Bord, um auch ſeinen Namen unter die Vertragsurkunde zu ſeßen. Am 19. Oktober wurde Milli verlaſſen und der Kurs auf Arno
geſeßt, wo das Kanonenboot am Abend desſelben Tages eintraf. Hier herrſchten zwei Häuptlinge, welche ſeit einiger Zeit in einer Art von Kriegszuſtand mit einander lebten. Beide erſchienen an Bord, um die Urkunde zu unterzeid): nen, und ſchließlid) wurden ſie veranlaßt, ſich kräftig die Hände zu ſchütteln zum Zeichen , daß das Kriegsbeil be graben ſei. Am Morgen des 21. wurde die deutſche
Flagge gehißt, und gleich darauf lichtete der „ Nautilus" Anker, um Majaruf zu beſuchen.
ſich, ſehr zum Nachteile der deutſchen Raufleute, eine Art
gerade in der leßten Zeit waren daraus erhebliche Diffe Es war die erſte Sorge des Komman:
danten des „ Nautilus“, dieſe beizulegen. Die dunkel farbigen Gottesmänner mußten ſich ſchriftlich verpflichten,
ſich fünftig nicht mehr in die weltlichen Angelegenheiten ihrer Schafe einzumiſchen, und es wurde ihnen überdies eine Buße von 500 Dollars auferlegt. Die Häuptlinge unterzeichneten ſodann den Schußvertrag , erhielten die üblichen Geſchenke und dann wurde die Flagge gehißt. Hiemit war die Beſißergreifung der Marſchalls - Inſeln im Namen des Deutſchen Reiches abgeſchloſſen. Am 7. November trat der „ Nautilus " von Jaluit aus die Rüd reiſe an . Am 28. November kam das Schiff wohlbehalten
in Yokohama an. Die Marſhalls - Inſeln wurden im Jahre 1788 von Marſhall und Gilbert entdeckt, und
bilden, wie erwähnt, zwei Reihen, welche 60—100 e. Min . auseinander liegen .. Sie erheben ſich wenig übers Meer und ſind nicht reich an baubarem Boden. Nichts deſto weniger produzieren ſie Brotfrüchte und Cocosnüſſe in großen Mengen, und Yams und Bananen dem Bedarfe der Einwohner entſprechend. Die nördlichen Inſeln lie: fern auch Arrowroot und Melonen. Eidedſen, Land- und
Seefrebje, auch Tauben, ſind dort heimiſch. Soweine, Hunde, Kaßen, Hühner ſind eingeführt. Da die Inſeln nichts als rieſenhafte Korallenbänke ſind, fo fehlen Quellen und fließendes Waſſer gänzlich ; in Ziſternen geſammeltes
Regenwaſſer muß aushelfen.
Die Hautfarbe der Ein
geborenen iſt ein ſchmußiges Braun. Sie tragen einen Kinn
Morgens am 22.
bart und ſind am ganzen Körper tätowiert. Die Einwohner
Oktober erſchien der Häuptling mit ſeinen Unterhäuptlingen
leben in Vielweiberei. Moral iſt ein ihnen unbekannter Bes
an Bord ; ſie unterzeichneten den Vertrag, und kurz dar auf wurde die deutſche Flagge gehißt. Die Geſchenke, welde ihnen überreidyt wurden, ichienen ihr beſonderes
griff, beide Geſchlechter ſchwelgen in Sinnlichkeit. Eine Folge
Wohlgefallen zu erregen ; in Erwiderung derſelben ſandten
begriffen iſt.
jie Ferkel Hühner und Früchte an Bord. Der Häuptling erbat ſich eine deutſche Flagge für ſeine Reſidenz, welche ihm denn auch verabfolgt wurde. Am 23. Oktober ver
ſehr geſchidt; die Männer verwenden ihre Zeit haupt fächlich zum Anfertigen von Kanoes und zum Fiſchfange.
ließ der , Nautilus " Majaruk und beſucite von da die La
der weitverbreiteten Ausſchweifung iſt, daß die Bevölke
rung hier, wie auf den Karolinen, in ſtetiger Abnahme Die Weiber ſind in Web- und Flechtarbeiten
(Schw . M.) * Die Reiſe der Herren Brito Capello und
Die Tierwelt in Holländiſch Guiana. Ivens in Südafrika. Ueber dieſe höchſt intereſſante und an Ausbeute ſehr reiche Reiſe der beiden portugieſi ſchen Forſcher hat vor kurzem Herr Joens in der ,,Sors
257
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana. Von Auguſt Rappler. (Schluß.)
bonne“ zu Paris einen ſehr gehaltvollen Vortrag gehalten. Die beiden Forſcher brachen am 12. März 1884 von Port Pinda, im Süden von Moſſamedes, auf; nad dem ſie ein
erſtesmal den vergeblichen Verſuch gemacht hatten, den Cunene quer durd die tiefen Schludyten zu erreichen, ge lang es ihnen auf dem Wege über Huilla. Sie erforſd): ten ſodann das Becken des Cubango, weldies ſich an das Becken des Sambeſi anzuſchließen ſcheint, aber in der Regenzeit den Ueberſchuß ſeiner Gewäſſer in den Tonke, den Zufluß des Ngami-Sees,, ergießt. Naddem ſie am 12. September den Sambeſi erreicht hatten , kamen die
Spinnen oder Aradynoiden. Von Scorpionen, die in Surinam zu Hauſe ſind, kenne ich nur drei Arten. Der größte , Brotheas maurus, iſt mit dem Schwanze etwa 8 cm . lang , dywarzbraun mit dicken krebsähnlichen Sdheeren. Er iſt beſonders häufig unter Spänen des im Walde geſägten Wane-Holzes, wo man ihn bei Dußenden finden kann, tvas bei anderen Holzarten nid)t der Fall iſt.
Aud fand ich dieſen Scorpion verſchiedenemale an den Wurzeln eines ſich auf hohe Bäume (dylingenden Farn ,
gleiter verloren . Sie erforſchten den Lauf des Cabompo, welder nicht der Urſprung des Sambeſi iſt, denn dieſer
Pteris. Die zweite Art, Tityus longimanus, iſt ebenſo lang, weniger dick, gelblich-veiß mit bräunlichen Fleden und hat lange idymale Sdjeeren. Audy er findet ſid, im Walde unter verfaultem Holz. Die dritte Art, ebenfalls ein Tityus, hat dieſelbe Form und Farbe, iſt aber kleiner
hat den Liambea zum Oberlauf. Die Herren Brito Ca
mit einem um die Hälfte kürzeren Schwanz. Er hält ſich
pello und Jvens rekognofzierten die Quellen des Lualaba .
überall in Häuſern , unter den Schindeln der Dächer, in Kleiderfäſten und Büderſtändern auf. Der Stich aller drei Arten iſt zivar ſchmerzhaft, dod keineswegs ſo bos artig als der der Weſpen , Ameiſen und ſtadeligen Raupen .
beiden Forſcher nadı Gengi, und wandten ſid) dann durdy Urwälder nad; dem Moero-See, wo ſie ſechzehn ihrer Be
Durch die Feindſeligkeit des Königs der Garangaſcas aufgehalten , irrten ſie auf dem Rückwege nad Süden 40 Tage lang in den Wäldern von Capanda umher. Sie erreichten im Februar 1885 die Ufer des Luapula, welder
Ich erinnere midy nidyt, den Büderſkorpion , Chetifer
nach Norden fließt und fid) in den Lualaba ergießt. Allein die Feindſeligkeit eines eingeborenen Königs hielt
cancroides, je in Surinam geſehen zu haben ; dagegen
ſie in dem Augenblick auf, wo ſie ſich nach dem Bang: weolo-See wenden wollten, und ſie kehrten an den Sam beſi zurüd und erreid ,ten den Ozean in Duilimane. Dies
longimanus vor, was ich bei den Räfern erwähnte. Wie der Skorpion Brotheas unter faulem Holze lebt, ſo ſindet
fommt ein ähnlider unter den Flügeldecken des Macropus
idhen Geſandten und bevollmächtigten Miniſters 3. D'An drade Corvo äußerte. Nach der Ausſage unſerer Reiſen
man auch da den langarmigen Tarantelſtorpion, Phrynus gorgo, idywarzbraun von Farbe mit zwei langen, vorn in verſdiedene Zaden auslaufenden Fangfüßen und langen Fühlhörnern. Die größte des ſo reichen Geſdylechts der Spinnen iſt Mygale Blondii, die in Löchern im Sandboden meiſt im Hochwald ſich aufhält und ihre Höhlen, die ſie ſelbſt gräbt, ſo austapeziert, daß keine Erde ins Loch fallen
den iſt die Region ziviſchen dem 25. und 31.º eine der
kann. Dieſe Löcher haben etwa 5 cm. im Durchmeſſer,
reichſten des idywarzen Kontinents, reich an Kautſchuk, Gummi, Elfenbein u. 1. iv., an Mineralien aller Art 2c.
gehen ſchief, manchmal bei 2 Fuß tief, und es madyte jedes mal viel Arbeit, die Spinne, die übrigens in großen Eremplaren nicht ſehr häufig iſt, unbeſchädigt zu bekommen .
iſt die Marſdyroute dieſer Reiſe, welde eine der wichtigſten Afrikaforſchungen unſerer Zeit und einer der ſchönſten Ruhmesanſprüche der portugieſiſchen Nation der Gegen wart bleiben wird, wie Herr v. Leffeps gegen die Herren
Brito Capello und Jvens in Anweſenheit des portugieſi
Das Klima iſt geſund. Der natürliche Abfluß dieſes Geländes iſt der Sambeſi, welcher, auf eine Strecke von 650 Min . fchiffbar , nur von einem einzigen Waſſerfall unterbrochen iſt und in einem Lande mündet, das unter portugieſiſcher Oberherrſchaft ſteht. Herr v. Leſſeps knüpfte an ſeine Rede nod) die Bes
merkung, die Herren Capello und Ivens ſeien gerade redit
Dody bekam ich am Maroni Eremplare, deren Hinterleib die Größe eines mittelmäßigen Hühnereies hatte, und die ausgeſpannt ſo groß wie ein Suppenteller waren . Sie ſind rotbraun von Farbe, dicht behaart, ihre zwei kurzen Fang füße haben zwei ſtumpfe, glänzend braune, 2 cm. lange Zangen und wären ſtark genug, kleine Vögel zu über
zeitig heimgekehrt, um im Jahre 1886 das vierhundertjährige
wältigen ; da ſie aber nur auf dem Boden leben, ſo werden
Jubelfeſt der Entdeckung des Kaps der Guten Hoffnung
Inſekten, vielleicht auch kleinere Amphibien, ihre Nahrung ſein . So wenig bekannt dieſe Spinne und ihre Lebensart iſt, um ſo häufiger iſt die gewöhnliche Buſcipinne,
zu feiern, welche, wie er hoffe, von der Geographiſcher Geſellſchaft in Liſſabon mit aller verdienten Würde werde gefeiert werden . (Rev. de géogr.)
Mygale avicularia . Sie iſt etwa 9 cm. lang und breit, bläulich -ſchwarz und ſtark behaart, das Unterſte der Füße rötlich. Sie hat überall ihre Neſter und Schlupfwinkel, auf Bäumen, in alten Gebäuden, in den Blättern der
Die Tierwelt in Hollandiſch Guiana.
258
Man nennt ſie in Surinam Kupari , und ſie ſind
Ananas, und ſpinnt ſich einen 25 bis 30 cm . langen Sad , den ſie am Abend verläßt, um ihrem Geſchäft nach:
an .
zugehen, d. h. große Heuſchreden , Schmetterlinge, Rafer
für viele wilde Tiere, wie Hirſche, Nabelſchweine, Ameiſen freſſer und andere. Kränklidyes Vieh, an das ſie ſich be: ſonders gern machen, geht manchmal dadurch zu Grunde.
lafen u. dgl. aufzufangen , in ihr Neſt zu bringen und da zu verzehren. Sie wird leidt zahm . Ich brachte wohl ſechs Monate lang einer ſolchen Spinne, die im Gebälke eines alten Scuppens ihr Neſt hatte, jeden Morgen eine
nicht allein eine Plage für Vieh und Hunde, ſondern audy
Es ſind mir zivei oder drei Arten bekannt, die braun,
gelblich und blau ausſehen und oftmals die Größe und
Kakerlake oder Heuſdrede, die ſie fdyon nach einigen Tagen
Dide eines Fingergliedes erreichen. Sie machen ſich nid )t
inir aus der Hand nahm .
allein an warmblutige Tiere, ſondern audy an Amphibien, und ſelten erhielt id) eine Landſchildkröte, an deren Hinter leib ſich nicht ein halbes Dußend Zeden feſtgebiſſen hatten. Ja gewöhnliche Kröten werden von ihnen angefallen und
Sie trägt ihre Eier in einem
platten, weißen, beinahe thalergroßen Sädden unter ihrem
Leibe ſo lange mit ſich herum, bis ſie ausſchliefen. Eine andere von derſelben Größe, ebenſo behaart, aber
dunkelgrau mit gelblichen Streifen, ebenfalls eine Mygale, lebt auf den Sandſavannen der Caſawinifa, und wie die erſtere in ſelbſtgebauten Höhlen unter dem Boden. Während ſie dort ſo zahlreich ſind, daß id an einem Waſſergraben alle paar Schritte ein Lody fand, habe ich dieſe Spinne faſt nirgends in der Kolonie wieder gefunden. Auch dieſe Löcher laufen in ſchiefer Richtung etwa fußtief in den Boden und ſind ebenfalls umſponnen , ſo daß keine Erde hineinfallen fann . Am Eingang der Hohle ſigt die Spinne und lauert auf die vorübergehenden Tiere, als Käfer, Grillen u . dgl., welche ſie im Sprung fängt und in die Höhle idleppt. In derſelben iſt immer Waſſer, worin der Raub vielleicht ertränkt wird. Von einer tarantelähnlichen grauen Spinne wurde ich, als ich den Baumaſt, worauf ſie ſaß, mit der Hand umfaßte und ſie vermutlich ſtark drückte, ſo in die Hand gebiſſen , daß ich vier Stunden
lang in den heftigſten Schmerzen und im Fieber zu brachte.
Eine Art Nephila mit 3 cm. langem und über 2 cm. breitem Hinterleib iſt dunkelgrün von Farbe mit braunen Füßen und ausgeſpannt bei 6 cm . lang. Dieſe Spinnen leben in Gemeinſchaft und verfertigen im Walde meiſtens an Wegen ein oft 25 bis 30 m . langes und 4 bis 5 m .
ſchleppen fie oft lange mit fid herum.
Krufter oder Kruſtaceen.
Da, wie bereits erwähnt,
die ſurinamiſche Küſte vom franzöſiſchen bis ins britiſde
Guiana ganz flach iſt und meiſtens aus einem blauen Lehm beſteht, der bei jeder hohen Meeresflut überſtrömt wird, nirgends Felſen daran vorkommen und nur einige
Sandbänke das ſchlammige Ufer unterbrechen, das See waſſer trübe und wegen der Einmündung bedeutender Flüſſe weniger ſalzhaltend iſt , ſo kommt auch hier nicht die ſo intereſſante Meeresſauna von Korallen, Muſcheln,
Seeſternen, Languſten und Seekrebſen vor, die man an anderen Küſten des tropiſchen Amerikas findet. Iſt nun auch Surinam an Arten der Cruſtaceen beſchränkter, ſo iſt es dod, an Anzahl der Individuen einiger Arten unermeß:
lich reich. Soweit die Meeresflut dem Flußwaſſer ihren Salzgehalt mitteilt, ſieht man bei Ebbe das dlammige Ufer bedeckt von kleinen Krabben-Arten, die kaum finger: breit in den brennendſten Farben von rot, braun, gelb
und blau unter den Mangrovenbäumen ſich aufhalten. Sie ſind zu klein , um gegeſſen zu werden, und nur Krebs hunde ( Procyonen ), eine Eule, ein kleiner Falke und Waſſer vögel ſtellen ihnen nach.
Außer einigen Arten Einſiedlerkrebſen , Pagurus,
hohes Neß von gelben klebrigen Fäden. Darin fißen ver
die auf den Sandbänken in ange dywemmten Schneden
teilt, ſo daß jede ihren eigenen Diſtrift zu haben ſcheint, oft mehrere Hundert Spinnen. Jeden Morgen ſind eine Menge Schmetterlinge und anderer Inſekten im Neſt. Audy
ſdalen hauſen, kenne ich nur einen Krebs, Astracus, der in Felſenlöchern und hohlen angeſchwemmten Bäumen in der Mündung des Maroni vorkommt, größer als der
ſah ich mehreremale Kolibris, die im Fluge die ganz kleinen eben erſt ausgekommenen jungen Spinnen wegfingen und
Edelkrebs iſt, mandmal fußlang wird, und 12 cm . lange, aber ziemlich ſchmale Scheeren hat. Er iſt ſchwarzbraun, wird aber beim Kochen hochrot und übertrifft den Edel
verſpeiſten . Manche kleinere Spinnen-Arten ſind von wunder: chöner Farbe. So iſt eine Gaſteracantha , deren Leib halb ſilberfarben , halb farminrot . iſt. Sie macht, wie die
krebs an Wohlgeſchmad. Jn mandhen Flüſſen kommt er gar nicht vor.
Sehr häufig aber iſt an den Flußmündungen im
Kreuzſpinne, ein ſehr gleidförmiges rundes Net, in deſſen
Bradwaſſer die Garneele, Palaemon, die man in kleinen
Mitte ſie auf ihre Beute lauert. Nidit weniger ſchön ſind einige Springſpinnen, Salticus, die in den prädytigſten Metallfarben prangen. Von denen, die durdy unſcheinbare Farbe und Form und bei der den meiſten Spinnen eigenen einſiedleriſden Lebensart nicht ins Auge fallen , mag es wohl noch Hunderte von Arten geben , die erſt ſpäter vielleicht entdeckt und beſchrieben werden . Zum Schluſſe führe ich noch die Zeden , Ixodidae,
Neßen fängt.
Dieſe im Waſſer lebenden Krebs-Arten
kommen aber nidt in Betracht gegen die unermeßlidhe
Menge von Krabben der Gattung Uca una , die den bei 2
nahe ganz aus blauem
Thon beſtehenden niederen, von
der hohen Meeresflut überdwemmten, 56 Stunden langen
Küſtenſtrid) bevölkern. Oft ſieht man ſtundenlang am Meeresufer die Löcher dieſer Tiere, die ſelten mit mehr als drei Fuß Abſtand von einander liegen und ſtets
Die Tierwelt in Holländiſch - Gniana.
bewohnt ſind. Dieſe Krabben ſind die Liebingskoſt der Indianer und ganze Völkerſchaften fönnten hier daran jidh ſättigen. Die Krabbe hat eine ovale Scale von ſich 7 cm . Breite bei 5 cm . Länge von gelblicher oder bläulicher Farbe. Mit den braunen, dicht behaarten Füßen iſt ſie bei 25 cm . breit. Von den beiden Scheeren , womit ſie ſchmerzhaft kneipen fönnen, bleibt die eine immer kleiner als die andere und erreicht die größere manchmal eine Länge von 7 cm . bei 5 cm . Breite. Die Krabben leben von verfaulten vegetabiliſchen und animaliſchen Stoffen und
Fißen ſtets mit ausgeſpannten Scheeren vor ihrem Lodh,
259
den Krabben . Sie fommen ſelten ans Land und ſchwimmen ebenſo ſdynell zur Seite als die Krabben in eben dieſer Richtung laufen. Auch in den Flüſſen des oberen Landes finden ſid Krabben , die häufig ans Land kommen , aber doch meiſt im reinen Flußwaſſer leben. Sie find braun,
nicht über 4 cm . lang bei einer Breite von 9 cm . Sie werden nicht gegeſſen .
Während die größeren Arten der Cruſtaceen genugſam bekannt ſind, ſo mag es gar viele kleinere geben , die der Beobachtung entgangen ſind. Auch eine Seeſpinne, Maja , fand ich manchmal bei niederem Waſſer auf den Sand
in das ſie dynell hineinſdhlüpfen , ſobald ſich jemand
bänken des Maroni.
nähert ; da es aber zu eng iſt, um mit ausgebreiteten
breit. Sie wird von den Indianern nicht gegeſſen und
Scheeren hineinzukommen, ſo ſchließen ſie dieſe zuvor, legen
iſt nicht häufig. An kleineren Süßwaſſer-Schuppenfiſden
ſie enge an die Bruſt und ſchlüpfen dann hinein. Da ſie nun im Loche die Scheeren ebenfalls nicht ausbreiten fönnen , jo drückt der Indianer, der ſie aus dem Loche
ſieht man häufig ſchwarze zedenähnliche Schmaroßer, meiſt oben auf dem Rücken ſißend, von der Größe einer Linſe bis zu der einer Bohne ; ſie gehören ebenfalls zu den
herausholt, nur die beiden Scheeren an die Bruſt und
Cruſtaceen, vermutlich den Caligus-Arten.
ſteckt ſie ohne Gefahr, gekneipt zu werden , in den Korb.
Es gibt verſchiedene Arten von Würmern , ſowohl in der Erde als im Waſſer; da ich mich aber nie damit
In einer halben Stunde vermag ein geübter Indianer hundert ſolcher aus ihren Löchern zu nehmen und in eigens dazu gemacyte Körbe zu ſtecken . Die Indianer eſſen das Fleiſch der Füße und Sdheeren und das grünliche Fett, das innen an den Schalen ſißt.
Eine andere, aber ſeltenere Art , Uca laevis, kommt ſtellenweiſe am Ufer der Flüſſe vor ; ſie iſt viel größer,
türkisblau und gelblich, die Schale mehr gewölbt, die Füße ſind ohne Haare und die eine Sdieere übermäßig groß. Die Karaiben heißen ſie Waiamu-Krabben, während die erſtere von den Karaiben Kuſa, von den Arowaken aber Kroa genannt werden. Im Monat Auguſt iſt der Krabben: Tanz oder ihr Karneval, wo veríčiedene Arten dieſer ſonderbaren Geſchöpfe wie närriſch auf dem Ufer herum-
Die Scale iſt aber nur 2 1/2 cm ,
beſchäftigt habe, ſo 'muß ich mich enthalten, über dieſe auf jeden Fall artenreiche Klaſſe etwas zu ſagen. Von Blut egeln , Hirudo, habe ich eine Art kennen gelernt, die in den Sümpfen hinter der Stadt Paramaribo häufig vor kommt, ſich denen , welche dieſe 1 bis 1/2 Fuß tiefen, didyt mit Aroideen und Pancratieen bewachſenen Sümpfe durchwaten , an die Füße ſeßt, augenblicklid und viel ſdyneller ſaugt als Hirudo officinalis.
Sie ſind dunkel
olivengrün mit hellerer Unterſeite, aber bedeutend kleiner als dieſer. Mollusten .
Aus derſelben Urſache, der ich das
laufen, ſich verfolgen und die Scheeren ſich abzubrechen
beſchränkte Vorkommen der Cruſtaceen an der Küſte zu ( chreibe, erkläre ich mir auch den Mangel an Mollusken , von denen wohl eine Menge kleinerer im Schlamme der
ſuchen. Vermutlich iſt es ihre Begattungszeit. Auf dieſen
Bänke vorkommen und den Waſſervögeln zur Nahrung
Karneval folgen die Faſten, denn ſie ziehen ſich gleich nach-
dienen mögen, größere aber in dem trüben Waſſer der Meeresflut fehlen oder ſich nicht bemerkbar machen . Id habe auch nie von Tintenfiſchen oder Nautiluſen gehört, die man an der Küſte geſehen oder gefangen hätte, während
her in ihre Löcher zurück, die ſie verſtopfen und nachdem
ſie darin ihre Schalen abgeworfen haben, erſt wieder zum Vorſchein kommen, wenn die neuen erhärtet ſind. Eine andere, die Sandkrabbe , iſt faum 12 cm . breit und 4 cm . lang, gelblich -weiß von Farbe mit mehr ediger als gewölbter Schale; ſie lebt am ſandigen Seeſtrand in ſelbſtgegrabenen Löchern, flüchtet aber, wenn ſie
von ihrem Lodze entfernt iſt, ſich ſogleich ins Waſſer. Auf dem Feuer geröſtet, ſchmeđt ſie ſehr gut. Eine andere Art, die ſich nicht in Löchern aufhält, ſondern
doch dieſe in allen tropiſchen Gewäſſern in einer Menge Arten vorkommen .
Auch die Zahl der Schaltiere iſt ſehr beſchränkt, größere
fehlen ganz, und ſelbſt diejenigen der Schneckenſchalen von 6 cm. Höhe, die ſich die Einſiedlerkrebſe zu ihrer Wohnung wählen, werden nicht lebend hier gefunden, ſondern ſcheinen nur an den Strand geſpült zu ſein.
nur im Brad- oder Seewaſſer lebt, heißt in der Rolonie
Eine Art Meerſchnecken findet man bei Ebbe an Baum
Sirca , Lupa diacantha, bei den Arowaken Haralubata.
ſtämmen, die an der Küſte angeſchwemmt ſind und bei der
Ihre Schale iſt viel platter als die der gewöhnlichen
Flut unter Waſſer ſtehen .
Sie gehören der Gattung
Krabben, ſpißig oval und an den Rändern gezähnt und
Buccinum an und ſind 3 bis 4 cm . hody. Die Sdale
ſtachelig , ebenſo wie die beiden mehr zylinderartig zu-
iſt dick und voll Budeln. Die Indianer ſammeln ſie Körbe
laufenden Scheeren. Sie ſind bei 18 cm . breit und halb
voll und eſſen ſie gekodit. Die andere, Neritinia zebra,
Buc
ſo lang, rötlid -weiß von Farbe, werden aber beim Kochen
iſt eine bidſchalige, 2 cm. breite und 1/2 cm. hohe glatte
hochrot, und gleichen im Geſchmad mehr den Krebſen als
Sdnede, grünlich mit dwarzen Streifen, wie ein Zebra,
Die Tierwelt in Holländiſch -Guiana.
260
und einem kleinen ſchwarzen Deckel. Die Indianer heißen ſie Maduni, und man findet ſie tauſendweiſe in Brad waſſer- Creeken, an alten Baumſtämmen und an den Mauern
von Schleuſen. Sie werden gefocht und das Tier mit einer Stecknadel herausgewunden . Sie haben den feinſten Geſchmack von allen Schnecken -Arten und keinen Schleim .
Im ſüßen Waſſer der Creefen und Flüſſe gibt es einige Arten Ampullaria effusa von 4 1/2 bis 5 cm . Durchmeſſer bei 3 cm . Höhe. Sie ſind grünlich -braun geſtreift mit ebenfalls einem dünnen dwarzen Deckel, und eine andere kleinere, Limnaeus. Die erſtere wird von den Indianern in heißer Aidhe geröſtet und gegeſſen , hat aber zu viel Sdileim , um den Europäern zu munden . Beſſer ſind zwei Arten, Melania decollata und Me lania atra, die ſidy im oberen Lande im Waſſer und meiſtens an Felſen aufhalten. Sie haben die Form der Werdel treppen, ſind grauſchwarz von Farbe, die Windungen ge
hoch, und wird gefocht gerne gegeſſen. Andere etwas größere Arten etwa derſelben Form , ſchwarzgrau, innen weiß , finden ſich ebenfalls vereinzelt über den Waſſerfällen im innern Lande, Castalia sulcata.
Auch ein Bohrwurm, Toredo, findet ſich im Salz: und Süßwaſſer, und iſt für die Schiffe, die nicht gekupfert oder gezinkt ſind, ſehr gefährlich. Er ſcheint ganz wie Teredo fatalis zu ſein, und man weiß gegen denſelben
ebenſo wenig ein Mittel als gegen den europäiſchen. Die Locher, die er bobrt, haben nach dem Alter des Wurms
verſchiedene Dimenſionen und ich fand ſolche von 11/2 cm. Durdymeſſer. So ſind mir von meinem Holzlager Blöde von Greenhart und Bolletree, den härteſten Holzarter Guiana's, jo burclöchert worden, daß ſie gänzlid, uns
brauchbar waren. Id mußte deshalb meine Holzblöde
ſo weit aus dem Waſſer ziehen laſſen , daß ſie die meiſte Zeit trocken lagen und bloß bei hoher Flut beſpült wurden.
rippt mit ſcharfer Deffnung ohne Rand und meiſt abge
Auſtern kommen an den Mangroven-Bäumen in
brochener oder abgenagter Spike und eingefreſſenen Löchern. Sie wird bei 4 cm. lang bei einer Deffnung von 12 cm .
Menge vor, und ſind klein, doch ſchmachaft, Ostrea para sitica. Andere ſeßen ſich an dem Mauerwerk der Soleuſen
Man iſt ſie wie die Maduni und ſie dymedt beinabe
feſt. Aebnliche bedecken mandimal die Haut der Sdiffe nad
ebenſo gut. Sind nun die See und die Gewäſſer arm an Schnecken, ſo bietet das Land ebenſo wenig, troß dem
einer längeren Fahrt, ſo daß ſie den Lauf derſelben hemmen , und von Zeit zu Zeit, indem man das Schiff trocken ſiten läßt, mit darfen Eiſen heruntergekraßt werden müſſen .
Negen und der aud) in der heißen Jahreszeit berridenden
Feuchtigkeit, vielerlei Arten . Die größte und an manden Orten, beſonders dem Muſchelboden , ſehr häufige Art, Bulla oblonga, iſt 8 bis 9 cm . lang und an der Deffnung 4 cm , breit. Sie iſt von der Farbe der großen Wein
bergſdynecke, am Munde roſenfarben, innen wie Porzellan. Sie legt ein großes, hartes, weißes Ei von 2 bis 212 cm . Länge bei 1/2 cm . Dide, länglich oval, wie das mander Landſchildkröten . Sie lebt auf der Erde und friſt Pflanzen , die ſie auf dem Boden findet.
Man ſieht ſie nie auf
Bäumen . Von Achatid neden kommen einige, als Acha tina princeps, Achatina Gallina 2c., vor. Sie ſind etwas größer als die Weinbergſdynede, meiſt ſchön gefärbt, grün lich -gelb und braun , und leben an Bäumen oder auf Se:
ſträuchen und finden ſidy nur vereinzelt. Das Gehäuſe iſt viel feiner und dünner als das der Bulla ; qud haben ſie feinen Rand am Munde. Eine andere runde, 3 1/2 cm . große, 2 cm . hobe Cyclostoma findet ſich ebenfalls an
Seeſterne, Seeigel, Polypen, Korallen , See- Anemonen 2c., die an der Nordküſte von Venezuela und den Inſeln der
Karaibiſchen See das klare Seewaſſer beleben, ſind hier unbekannt, aber zeitenweiſe werden einige Arten Hutquallen in großer Menge an die Küſte geworfen , wo ſie entweder zu einer gallertartigen Kruſte vertrocknen oder zu Waſſer zerfließen. In der Trođenzeit ſieht man oft in den Fluß: mündungen und an der Küſte im Meerwaſſer ungeheure Mengen einer runden tropfenartigen gelben Subſtanz treiben , die vermutlich animaliſchen Urſprungs iſt. Es iſt ein runder Tropfen Waſſer von der Größe einer Kirſche, umgeben von einem braunen Häutchen, das bloß einen
großen Tropfen Waſſer umgibt. Dieſer Tropfen iſt ganz durdyſichtig, zerfließt aber in ganz gewöhnliches Seewaſſer, ſobald man das Hautden durch einen Riß oder Stich verleßt .
Bäumen, ebenſo wie Helix serpentes, Helix pillis, Helix
Verlag von F. U. Brockhaus in Leipzig .
brasiliana, und im Süßwaſſer eine Auricula. Von Miesmuſcheln, Mya, kenne ich nur eine, die im
Jo eben erſchien :
Neuguinea .
Meere lebt und auf den Sandbänken in der Mündung
Reiſen und Miſſionsthätigkeit während der Jahre des Maroni häufig vorkommt. Sie ſtegt etwa 5 bis 6 cm . tief unter dem Sande und man kann ihre Anweſenheit leicht erkennen an zwei kleinen , 3 bis 4 cm, von einander
James Chalmers and W. Wyatt Gill .
auf der Oberfläche entfernten Löchern , durch die ſie wahr
Mit Abbildungen und einer siarte. 8. Geh.9 M. Geb. 10M . 50 Pi.
ſcheinlich atmet. Jhre Farbe iſt grünlich, innen weiß ; ſie iſt länglicht oval, 5 cm . lang , 3 cm . breit und 2 cm .
1877 bis 1885 von
Hierbei ein Proſpektus der Verlagsbuch
handlung Max Spohr in Leipzig.
Druck und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Ausland . Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
I. G. Cotta'ſdien Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang. Stuttgart, 4. April.
Nr. 14.
1886 .
Jährlid) 52 Numunern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Vudhandlungen de: 311- und Auclandes und die Poſtäinter. Mamujcripte und Recenſion :-( remplare von Werfen der eindlägigen Litteratur ſind direlt an verrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, furzeſtraße Nr. 6 11 , 311 jenden . Injertionspreis 20 Pf. fiir die gejpaltene Zeile in Petit.
Inhalt: 1. Die Paumarys. Nach G. Wallis' Nachlaß von P. Peterſen. S. 261. E. Bötticher.
(Schluß .)
S. 266.
- 3. Ein Beſuch auf Bermuda.
S. 270.
2. Tiryns. Von Artillerie- Hauptmann
4. Ob Drift- oder Gletſcher- Theorie ?
Con Theodor
Overbeck in Hamburg. S. 274. – 5. Geographiſche Neuigkeiteit. S. 277. 6. Kleinere Mitteilungen :- S. 278. Tas große Weideland der Bereinigten Staaten. Die Olivenzucht in Calfornien. 7. Litteratur. S. 279 . 8. Korreſpondenz. Berichtigung. S. 280.
geſpannter, uns mit dieſem Volke und ſeinen Lebens
Die Paumarys.
gewohnheiten bekannt zu machen .
Bei unſerer Ankunft
413 G. Wallis' Nachlaß von P. Beterjeni .
fanden wir indeſſen die Hütten leer. Manoel jedoch, mit
Wir führen die Leſer heute nach einem entfernten , ſehr wenig bekannten Winkel der Erde, an einen der mächtigſten , rechtſeitigen Zuflüſſe des gewaltigen Amazonen Stromes, der noch von wenigen ſo eingehend erfordt worden iſt, als von G. Wallis aus Detmold, dieſem un ermüdlichen botaniſchen Reiſenden , der, leider zu früh, ein Opfer ſeines eifrigen Strebens um die Naturwiſſenſchaft wurde und nicht mit Unrecht in der Natur" der König " der botaniſchen Reiſenden genannt wird : an den Purus.
allen Eigentümlichkeiten und Gewohnheiten der Indianer vertraut, wußte ſie bald aufzuſtöbern . Die Eigentümer
11
11
Der Purus entſpringt unter dem 11.0 1. Br. in Peru,
der ſchwimmenden Wohnungen waren auf den Fiſdfang ausgezogen , und bald brachte er ſie zurück. Wir hatten gute Gelegenheit, Männer, Frauen und
Kinder mit Muße zu betrachten. Die Paumarys ſind kräftige, wohlgebaute, nur durch ihre Fleden entſtellte Leute . Die Flecken ſind heller als die übrige Haut, von
verſchiedener Form und Größe, und höchſt ungleid) über den ganzen Körper verbreitet. Am häufigſten kommen ſie
durdfließt den nördlidyen Teil von Bolivia und mündet
an den Körperteilen vor, die der gegenſeitigen Berührung
unter 31/20 1. Br. in den Amazonen -Strom , nadidem er in ſeinem Unterlaufe das weite Thal des Amazonas in
beſonders ausgeſeßt ſind, an den Ertremitäten und auf dem Leibe, dagegen faſt nie im Geſicht. Gibt es auch
unzähligen Windungen durchſdynitten hat und eine Menge
einzelne Perſonen, die faum weitere Abzeiden als an den
kleinere und größere Beiflüſſe ihre tiefſdwarzen Waſſer
Händen tragen, ſo ſind wieder andere über einen großen
mit ſeinen trübgelben Fluten vermijdt haben. An dieſem
Teil des Körpers faſt tigerartig gefleckt. Niemand iſt frei
Strome traf Wallis auf gefleckte Menſden, über die er
von den Flecken, doch ſind dieſe audy niemals ſo weit aus.
folgendes berichtet:
gebildet, daß ſie die übrige geſunde Haut überwiegen .
Mit dem 4. März liefen wir endlich in den Lago de Jacarà oder Krokodil-See ein, und damit trat auch eine
Die ergriffenen Stellen erblaſſen mehr und mehr, bis ſie endlid unſerer Hautfarbe im äußeren Anſehen gleid ) kommen ; oft ſind unverſehrt gebliebene kleinere Stellen mit eingeſchloſſen, daß alſo das Umgekehrte der Fall iſt, eine wirklich poſitive Befleđung eintritt. Die urſprünglide
Veränderung in die bisherige Monotonie. Wir befanden uns im Bereiche – nicht ſo ſehr der Krokodile, wie der
Leſer vielleicht annehmen mag - ſondern der geflecten Menſchen , der Baumarys - Indianer. Mit Verwundern hatten wir don aus der Ferne ihre, auf dem Waſſer ſchwimmenden Hütten betrachtet und waren nun um ſo Ausland 1886, Nr. 14 ,
Färbung der Paumarys iſt, wie bei den meiſten Indianern des äquatorialen Amerika's , eine zimmetbraune. Die Haare ſind weniger ſchwarz, ſondern ziehen mehr ins Braune. 40
Die Faumarys.
262
Das Phänomen der gefleckten Haut ſteht freilich nicht vereinzelt da. Id hatte aud) bei anderen Stämmen in
wenigen Fällen Gelegenheit, dasſelbe zu beobachten, und es iſt nach meinem Dafürhalten immer falſch beurteilt
worden. Auf mehrere Gründe geſtüßt, möchte ich, der
Anſicht einiger Reiſenden widerſprechend, es nicht als eine Krankheit, nidyt einmal als eine Folge der Lebensweiſe, ſondern einfach als ein bloßes kutaniſdes Uebel, durch mikroſkopiſde Tierdoen entſtanden , erklären. Da das Uebel durd) den Umgang ſich mitteilt, ſo
glaubte ich ein ſicheres Mittel gefunden zu haben , dieſe meine Anſicht näher zu bewahrheiten. Ich vermied daher eben die Gelegenheit nicht, durch die ich mit dem Hebel
bätte in Kontakt fommen fönnen , um es folcherart gründ lid von den Aerzten unterſuchen zu laſſen. Ich war
hätte ich einen Abflects zur gründlichen Unterſuchung für die Aerzte mitgenommen, doch war ich darin nicht glücklic . Nur an unſerem Dolmetider und ſeinem Sohne hatte idy Gelegenheit , die raſche Entwickelung und Zunahme der Flecen zu beobadyten. Nicht weniger wie die Fleden erregte aud die Lebens weiſe der Baumarys unſere Verwunderung. Jd babe don bemerkt, daß fie in auf dem Waſſer ſdhwimmenden Hütten wohnen.. Allenthalben auf den Landſeen und Na sa:
nälen trifft man dieſe Hütten an . Drei oder vier größere Balken nebeneinander liegend, mit einer Lage dichtgereihter Stäbe darüber, bilden die Grundlage dieſer primitiven, an die Sdweizer Pfahlbauten erinnernden Wohnungen.
Zu beiden Seiten werden mehrere Holzbügel eingelaſſen ;
dieſe gegenſeitig paarweiſe zuſammengebunden und mit
hierin jedoch nicht ſo glüdlich als mein Begleiter, der idion in den erſten Tagen unſeres Aufenthaltes unter den Paumarys einen ganz netten Abflecs davontrug. Nach
dünnen, aus Palmblättern geflochtenen Matten bededt. Damit iſt der ganze Bau fertig.
vier Monaten waren ſdon ſeine Füße ſo hübſch beblümt,
Dorf, das bei bewegtem Waſſer beſtändig umberkreiſt. Eine jede Hütte iſt mittelſt eines an langem Cipo be
wie bunter Kattun.
Das Uebel iſt nicht erblich, ſondern zeigt ſich erſt
Zwölf bis fünfzehn , felten mehr Hütten bilden ein
feſtigten Steines gleichſam
vor Anker gelegt, um niot
in dritten oder vierten Lebensjahre; aud) hat es durchaus
eines ſchönen Morgens einmal mit ihren Bewohnern auf
keinen benachteiligenden Einfluß auf die Geſundheit, denn
und davon zu ſchwimmen. Jede Bewegung des Waſſers wirkt natürlich auf die Situation des Dorfes, das ſich
die Baumarys haben einen ſo muskulös kräftigen Körper,
wie ich ihn ſelten bei den übrigen Indianern des Purus gefunden habe.
Durch Anſtedung wird das Uebel audy auf andere, nicht zum Baumarys -Stamme gehörige Individuen über tragen ; ja es erſtreckt ſich ſogar auf das um und in
den Wohnungen gehaltene Vieh , wie Hunde, Hühner, Papageien u . ſ. w . Selbſt die Sdnäbel der Papageien und die Klauen der Schweine tragen die Spuren dieſer Paraſiten.
Unſer Dolmetſdier, der alljährlich den Purus bereiſt und mit den Baumaris verkehrt, trägt faſt jedesmal das Uebel davon, was bei unvorſichtigem , leichtſinnigem Um
gange gar nicht einmal vermieden werden kann. Er heilt fidy einfadh durch Anwendung von Arſenifſilber, wodurch bekanntlich veridiedener Paraſitismus vertrieben wird. Deshalb auch mödyte ich die Erſcheinung für nichts an deres halten, als für ein, durch mikroſfopiſche Tierchen hervorgerufenes und fortgepflanztes Uebel ; obgleich ver ſchiedene Reiſende, die das Uebel bei anderen Nationen beobadytet haben, es aus der eigentümlichen Lebensweiſe entſtanden erklären. Nicht allein die Heilbarkeit durch äußere Mittel, auch die Nid)tbeeinflußung auf Geburt und
Geſundheit, ſowie die teilweiſe Uebereinſtimmung mit der Morphea, beſtärkt mich in dieſer meiner Annahme. Aller dings hat die Lebensweiſe der Baumarys Eigentümliches, wie wir in der Folge ſehen werden , aber auch andere Nationen leben in denſelben Verhältniſſen , in einem nicht weniger feuchten Medium , ohne aud nur eine Spur der Fleden davonzutragen. Wie ſollte denn auch die Lebens: weiſe zur Urſache des Uebels werden ? Wie geſagt, gerne
manchmal in wenigen Augenblicken um ſeine Adſe dreht, was einem gewiſſenhaften Maler bei der Aufnahme des ſelben ſehr ſtörend ſein möchte. Begreiflicherweiſe hat das Leben in und neben ſolchen Hütten viel Seltſames und Unbequemes, was man erſt recht erkennt, wenn man es ſelbſt angejehen und dieſe Lebensweiſe ſelbſt geführt hat. Da führen keine Gänge den Häuſern entlang wie an Venedigs Kanälen ; nur ein
idywader, aus Palmenblätter-Rippen errichteter Roſt, der noch dazu meiſtens morſch und verwittert iſt, führt um die Wohnung berum , natürlich ohne jeglides Geländer, und ſo läuft man ſtets Gefahr Hals und Bein zu brechen oder doch wenigſtens zu ſtolpern und nod hinterher ins Waſſer zu ſtürzen .
Immerhin führt dieſes Waſſerleben doch einige Vor: teile mit ſich. Die Bewohner der dywimmenden Hütten erfreuen ſich einer größeren Reinheit der Luft, haben keine giftigen Solangen zu befürchten und bleiben aud) frei von anderem läſtigen Getier. Namentlich ſind dieſe Won : nungen weniger heimgeſucht von den Moskitos, als es im Walde der Fall iſt. Ein großer Uebelſtand bleibt es
jedody, daß die Hütten eines ſolchen ſdhwimmenden Dorfes nicht durch Brüden mit einander kommunizieren . Aller Verkehr, und um ſich nur einige Wörtchen zu ſagen, wird im Kanoe abgemacht. Es gehört wahrlich große Geduld, der ganze Starrſinn der Indianer dazu, um an ſolden Wohnſtätten Gefallen zu finden . Man muß ſich darüber
wundern, daß die Leute nidit eines ſoldhen Lebens über drüſig werden . Natürlich haben die Wohnungen aud feine andere Verbindung mit dem Lande, als das Sande.
Die Baimarys.
Die Feuerſtätten befinden ſich nidyt in den Hütten , ſon dern in dem nahen Walde. Soll das Eſſen zubereitet werden , ſo muß man mittelſt des Ranoe's ans Land gehen. Zehn- und zwanzigmal den Tag muß man im Kanoe die
Hütte verlaſſen, um aus dem nahen Walde das Nötige für die Bedürfniſſe des Lebens herbeizuſdaffen. Doch ſo unbequem das Leben aud) iſt, die Indianer halten feſt am
Althergebrachten und finden dasſelbe nicht nur erträglid, fondern im Gegenteil ſehr angenehm . Während des niedrigen Waſſerſtandes jedoc ), vom Juni bis Oktober, verlaſſen die Paumarys ihren Waſſer bau, um an den Ufern des Purus ihre Hütten aufzu: dlagen. Die aus reinem Sande beſtehenden Ufer liegen dann lang, breit und flady da ; ſie bieten durchaus keinen Neiz, aber was fümmert der Indianer ſich um Natur: dönheiten ? er denkt nur daran , ſeinen Hunger zu befrie : digen, und deshalb bleibt er ſtets in der Nähe des Waſſers, das ihm ſeine Haupteriſtenzmittel, Fiſche und Schildkröten, liefern muß. Immer iſt er eifrig mit dem Fiſchfange beſchäftigt, aber in dieſen Monaten wird aud) fleißig nach
263
gatves eingeführt werden , ſo wird aus beſagtem Grunde die Mandioca nid)t in den Tauſd, gebrad )t. Die Baumaris und auch viele andere Indianer haben die Gewohnheit, Pincus, eine Art Stedfliegen , klein wie cin Nadelfopf, in den Mund zu nehmen und zu verſchlucken , weil dieſe Tierdien wegen des meiſt angeſogenen Blutes von üblidem Geidymacke ſind.
Dies gedieht mit einer
beſonderen Fertigkeit, was mir bei meinen Verſuchen nie gelingen wollte. Mehr aber noch befremdete es mid), die Leute gegenſeitig ſid, die Läufe vom Kopfe leſen und ver:
ſpeiſen zu ſehen. Dieſes ekelhafte Ungeziefer gilt für einen beſonderen Leckerbiſſen. Wenn nun einer dem anderen
den Kopf ſäubert, ſo hat er das Recht, die abgeleſenen Paraſiten zu verzehren, was oft mit pedantiſdı lüſternen Manieren geſchieht. Da ſieht man den einen , wie er die Ropffediter auf der Hand oder dem Ruder anſammelt und
ſie dann einzeln begierig verſdıludt. Ein anderer will ſeiner jungen Frau eine angenehme Ueberraſdung bereiten und bringt ihr eine Handvoll Paraſiten mit, die er vom Kopfe eines Nadbars abgeleſen hat. Die Frau iſt gerade
Sdildkröteneiern geſucht. Die Schildkrötenweibchen gehen
beim Frühſtück und empfängt daher die Gabe des auf:
nämlid, um dieſe Zeit ans Land, um ihre Eier zu legen, zu welchem Zwede ſie Vertiefungen von 10-20 cm . im
merkſamen Gatten mit um ſo größerem Willfommen . Da ſieht man wieder einen alten Burſden , der ſchon Groß
Sande machen. Die Anzahl derſelben iſt erſtaunlich . Am
vater ſein könnte, Raubredyt an einem Kinaben begehen,
Rio Branca zählte ich einmal 169 Eier in einem Lodye. Die Eier werden dann mit Sand bedeckt, um ſo von der
ihn paden und trotz allen Sdyreiens und Widerſtandes die
Haare durdwühlen und ihn nid)t eher freigeben, als bis er
Sonne ausgebrütet zu werden . Stellenweiſe befinden ſich die Schildkrötenneſter zu Tauſenden auf den Praias, und der Indianer weiß dieſelben mit großem Scharfſinn aus
ſeine Luſt befriedigt hat. Der Knabe hatte die Beute ſider
findig zu machen.
nicht aber auch die Natur den Indianer darauf angewieſen, aus Allem , was ſich ihm bietet, möglichſten Nußen zu
Aus gewiſſen Waldfrüchten (Leguminoſen ) und aus
einem anderen zugedadit oder es hatte dod; zum mindeſten
ſein Vater das erſte Anredit auf dieſen Leckerbiſſen. Hat
einer knollenartigen Wurzel (nicht der Mandioca) wird Farinha (Mehl) bereitet. Dieſe Farinha ſdymedt aber
ziehen ? So ſehen wir ihn auch alle die kleinen Bläsdien,
allemal ſauer, und hat ein cigentümlides, gerötetes Aus
der gleichen Begier verzehren ; die Früchte mit den Schalen
ſehen, was daher rührt, daß die Paumarys, wie auch viele
und Kernen, Larven , Raupen, Maden und ſelbſt Erde, Alles wird von ihm begierig in den unerſättlidhen Magen
andere Indianerſtämme Braſiliens, die Gewohnheit haben, ihren Körper mit Urucu, dem gewöhnlichſten Farbeſtoff, zu färben, welcher aus der Bixa urucana, dem braſiliani
ſdjen oder wilden Drleanbaum , gewonnen wird. Bei der Zubereitung der Speiſen, wie überhaupt bei allen Arbeiten ,
haben ſich die Leute gegen die Moskitos zu wehren ; ſie ſchlagen deshalb öfters um ſich, und wiſchen die läſtigen
Inſekten ab, wobei immer ein guter Teil Schminke an der Hand ſißen bleibt, und dieſe ſid; allem , was damit ergriffen wird, mitteilt. So kann man ihnen nie einen Gegenſtand in die Hand geben, ohne ihn mit dieſer Schminke beſudelt wieder zurück zu erhalten . So unappetitlid, nun auch dieſe Farinha iſt - und ſie wird es beſonders dadurch,
die Miteſſer, die er ſid) aus der Haut herausdrüdt, mit
verſenkt!
Bei den Paumarys hatte ich Gelegenheit, ihre Art des Schildkrötenfanges kennen zu lernen . Gegen 30 Fahr zeuge der Baumarys und 20 der Spurinas (Nad barn der
Paumarys) hatten ſich zu dieſem Zwecke vereinigt. Es geſtaltete ſich eine ganz intereſſante Szene. Alles trieb auf den Fluten des Purus abwärts, die Männer mit Pfeil und Bogen, dußbereit, an beiden Enden des Fahr: zeuges aufgeſtellt, während die Frauen und Kinder ſich mit allerlei Arbeit und Spiel die Zeit vertrieben. Sowie fich eine Schildkröte an der Oberflädie des Waſſers er blicken ließ, ſchwirrten auch ſchon die Pfeile dahin, ihr den Garaus zu machen. Dieſe Pfeile beſitzen an dem einen Ende einen hölzernen Zapfen, in den ein kleiner eiſerner
daß ſie ſtets feucht und obendrein ſchimmelig iſt - ſo kam ich doch in die Lage, ſie eſſen zu müſſen. Auf Mandioca-Farinha ſind überhaupt alle India : ner ungemein gierig ; ſie iſt der beſte Köder, die Leute zu gewinnen . Während daher verſchiedene Kulturpflanzen ,
Widerhaken eingetrieben iſt. Eine lange, dünne Schnur
wie Bananen, Kürbiſſe, Bataten und Cerá durch die Res
Fortfliegen des Pfeiles von ſelbſt ablöſt.
verbindet noch den Zapfen mit dem Pfeilrohre. Dieſe Schnur wird ſo um das Rohr aufgerollt, daß ſie ſid) beim
Der Zapfen
264
Die Paumarys .
ſteckt nämlid nicht feſt an dem Rohre und löſt fid, bei den Bewegungen der Sdildkröte. Damit nun der Zapfen nid) t verloren gehen und die verwundete Schildkröte nicht entwiſchen kann, (dywimmt das Pfeilrohr mit der daran befeſtigten Sdınur auf dem Waſſer und zeigt ſomit immer die Richtung an , in welcher ſich das verwundete Tier unter
dem Waſſer fortbewegt. Jſt eine Schildkröte auf dieſe Weiſe gleidhjam harpuniert, dann ſdießt das Kanoc gleid, in Ridhtung des Pfeilrohres fort und das Tier wird be: hutſam an der Sdynur heraufgezogen und gebunden , um am Abend in dem gemeinſchaftliden Räfig untergebracht
zu werden. Man nennt dieſe Art des Sdhildkrötenſanges in der portugieſiſchen Sprache ,den Fluß ſchlagen" ( Bator o rio), wohl ridytiger den ,,Fluß räumen ". Bei der Gelegenheit des Schildkrötenfanges ſah id) aud, die Art und Weiſe der Totung derſelben ; body glaube ich nicht, daß ſie aus humanen Gründen geſchieht, ſondern vielmehr durch eine rohe Luſt an allem , woran Blut und Peid klebt, beſtimmt wird. Der Kopf des Tieres wird mit den Händen langſam hervorgezogen und ein dünner Stab von der Dide und Länge einer Stricknadel in die Naſen
löcher hinabgetrieben. Dabei ſett ſidy der Schlächter ganz gemütlid) auf den Boden, um den Stab immer auf- und
abzutreiben, während Jung und Alt ſich an dem zappeln den Tiere iveidet. Das Tier zappelt freilid) aud) unbändig bei dieſer Dperation, und ich mödyte annehmen , daß nur
das Gefühl des Kißelns es iſt, wodurch eine tötliche Er dlaffung hervorgerufen wird ; denn bei der Unterſudung
ſind vergangen, ſo hat eine ſolde Familie alles verzehrt . Es muß immer ein Vorrat von Geridyten um ſie herum :
ſtchen, um zu jeder Zeit eſſen zu können. Früh Morgens, 110ch bevor der Tag graut, denken fie ſchon ans Effen, verzehren rohe Früdyte, wenn kein Braten vorhanden iſt, und ebenſo muß auch nadits, nadidem ſie bereits geſchlafen
haben und zufällig wady geworden ſind, dem Hunger Ge: nüge gethan werden. Sie konnten uns nicht eſſen ſehen, ohne ſich neben uns niederzuhocken, wie die Hunde nach
jedem Knochen zu hajden und ungeduldig dem Momente entgegenzuſehen , wo wir uns erheben würden , um mit haſtiger Gier über die Reſte herzufallen . Doch habe ich
dieſe Wahrnehmung nicht nur bei den Paumarys, ſondern bei nod; ſehr vielen Indianerſtämmen Braſiliens gemacht.
Weder bei den Paumarys noch ſonſt einem Indianer: ſtamme am Purus, habe ich das Rauchen beobachtet, das dody ſonſt von faſt allen Indianerſtämmen mit Leiders
(daftlichkeit getrieben wird ; dagegen ſind ſie aber alle Icidenſdaftlide Schnupfer. Die Paumarys bauen zu dieſem Zwede Tabak, während die übrigen am Purus wohnenden Stämme ſid; der Blätter einer nid)t beſchriebenen Carica Art bedienen . Das in denſelben enthaltene Nikotin er zeugt im Pulver faſt die nämlidhen Wirkungen wie der wirklidhe Tabak. Ich war idyon lange begierig zu wiſſen,
weldie Pflanze als Surrogat des Tabaks diene, da id, ſie dynupfen und dod feinen Tabak fauen ſah, und war daher nid) t wenig erſtaunt, dieſe Carica: Art als diejenige zu erkennen, indem die Blätter iin friſchen Zuſtande durdy
fand ich weder die Lungen, noch ſonſt einen edlen Teil
aus feine narkotiſche Eigenſchaften verraten . Die Blätter
des Körpers verleßt. Eine Verleßung des Gehirns kann nach der Organiſation des Ropfes nicht ſtattfinden. Das
der Pflanze werden auf einem Gerüſte über dem Feuer gedörrt und zu runden Tafeln übereinander gelegt, um
Tier ermattet ſidhtbar , indem die Bewegungen immer
noch einigemale gehörig durchzuſchwißen. Wenn ſie recht trocken ſind, werden ſie zuſammengepreßt aufbewahrt. Zur
langſamer und ſchwädier werden, und die Füße endlid ſchlaff herunterhängen, aber das Leben erliſcht nicht voll ſtändig.
Bei der Zubereitung der Speiſen verfahren die Pau marys, wie faſt alle Indianer, hödyſt unſauber. Es iſt ein Ekel, ihrer Kochwirtſchaft zuzuſehen. Die Schildkröten werden ungeſchlachtet auf einen Spieß geſteckt, um lebend gebraten zu werden ; dabei iſt allerdings das Bruſtſchild
Herſtellung des Pulvers werden ſie dann in einem fladen Topfe noch größerer Hiße ausgeſett, bis ſie ſich zerreiben laſſen. Man reibt ſie alsdann mit den Händen ſo lange
und fo fein, bis ſie zu Pulver geworden ſind, und der Schnupftabak iſt fertig. Nun die Doſe und überhaupt
der Schnupfapparat iſt ein wunderliches Ding !
Zwei
Vogelknochen, 10-20 cm . lang, werden etwas convergie
am lebenden und zappelnden Tiere manchmal zur hinteren Hälfte mit einer Axt aufgeſpalten, um die Gedärme und namentlich die Eier daraus hervorzuheben, woraus beſon
rend ſo miteinander verbunden, daß die Enden in die Naſen
dere Leckerbiſſen bereitet werden. Gewöhnlich bilden Sand
ſtrument in die Naſe hineingeſogen. Ein großes Sơneden
und Erde die Würze zu einem ſolchen Indianermahle.
haus dient als Tabafsdoſe. Die Spiße desſelben wird auf gebroden und ein Stück Beinknochen hineingeſtedt. Die Seite wird ganz ſauber mit einem Stückden Holz oder
Die Efluſt der Indianer und die unausſprechliche Gier, mit der ſie nach allem langen, geht über alle Be griffe. Sie ſind immer hungrig und haben vom vielen Ellen meiſt einen ganz unflätigen Bauch. Sie kochen daher ſtets mehr als ſie gebrauchen, und hätten ſie das größte Wild erlegt, ſie kämen, troßdem ſie kein Salz haben, nie in Verlegenheit, wie ſie das Fleiſch aufbewahren ſollten .
löder geſteckt werden können. Der Tabak wird in dic flache Hand geſchüttet und dann durch dieſes einfadhe In
aud wohl mit einer Muſdel didit gemadīt und dann ver picht und die Tabaksdoje iſt fertig. Man muß ſich wirklich darüber wundern, welche Unmaſſen von Tabak die Indianer
Da brobbelt und ſiebet es in allen Topfen und an Dußen :
als Naſenfutter verbrauchen ! Jeden Augenblick wird der Tabaksbehälter hervorgezogen, bedächtig ein Teil in die linke Hand geſdüttet, der Saugapparat in die Naſe ge
den von Spießen über dem Feuer, und keine 24 Stunden
ſtedt und dann unter vielen grunzenden Lauten des Wohl
Die Baumarye.
gefallens das Pulver in die Naſe hineingelogen. Männer, Weiber und Kinder huldigen dieſem Vergnügen und es wird ihnen idwer, ſelbiges auch nur einen Tag lang zu ent behren.
Die Erziehung von Haustieren ſcheint bei allen In
265
mit einer Heckenſcheere geſchoren erſcheinen. An dergleichen albernen Spielereien ergößt ſich Jung und Alt. Sehen ſie einen Vogel in der Luft, eine Schildkröte oder der:
gleichen aus dem Waſſer tauchen, ſo ſtellen ſie mit aller Wichtigkeit Handbewegungen wie zum Schießen an -- ein
dianern Gegenſtand beſonderer Vorliebe zu ſein. So er
Spiel das nie ausbleibt.
barmungslos und grauſam ſie mit der Jagdbeute verfahren, ſo ſorgſam ſind ſie jedem Tiere zugethan, das ihnen lebend in die Hände fällt. So ſieht man nicht allein Unzen , Eulen, Urubus und jedes andere unſchöne Tier mit Sorg
poſlen ſieht man ſie auch auf dem Lande begehen. Sie gehen im großen Gefolge nach dem Waſſer, zeremoniös der Eine hinter dem Anderen, mit den Schildkrötenſchil:
Dieſelben findlichen Narren
ſamkeit aufgezogen, ſondern ſelbſt noch die Frauen junge
dern auf dem Kopfe, um ſie hineinzuwerfen, falls die Jungen nicht vorziehen, dieſe als Zielſcheiben für ihre Pfeile
Hunde und Affen ſäugen. Die jungen Hunde werden nämlich ſchon verteilt, während ſie noch blind ſind und
zu gebrauchen , zu welchem Zwede zwei Stücke in Scuß weite von einander im Sande aufgeſtellt werden , um auf
die Frauen übernehmen das Amt der Hündin . Hunde
dieſe Art ſtets beim Abſchießen eines Pfeiles bei dem an
ſind überhaupt bei den Indianern ungemein beliebt.
Bei
deren Sdilbe wieder Stand nehmen zu können , ſo daß ſie
der großen Zärtlichkeit der Indianer gegen alle gefangenen
immer hin und herſchießen. Dieſe Art der Schießübungen, vielfach auch nach Kürbisſchalen , habe ich auch bei anderen Indianerſtämmen Braſiliens beobachtet. Die Baumarys, Spurinas, Cataniris und andere
Tiere, darf man ſid, daher nicht wundern, daß man ſelbſt ganz wilde Tiere zu beſonderer Zahmheit gelangen ſieht. Auffallend war es mir , in jeder der ſchwimmenden Hütten der Paumarys einen Hahn, aber kein einziges Huhn
zu finden. Auf mein Befragen erfuhr idy, daß dieſes
Indianerſtämme am Purus tragen nur ein Suspenſorium ,
Hinſichtlich des Charakters und des Gemütes ſind die
das einfach aus einer Schnur beſteht und vorne als Hülle eine große Quaſte aus Baumwollenfäden überhängen läßt. Die Frauen tragen eine Reihe langer Franſen an einer Lendenſdnur. Beſonders mühſam iſt die Anfertigung der Halsketten der Frauen, und man muß ſich wundern, wie
Baumarys muſterhaft zu nennen . Haben faſt alle Indianer mehr oder weniger das Laſter des Stehlens und der Treu loſigkeit an ſid), ſo habe ich die Paumarys als ehrliche durchaus zuverläſſige, treue Weſen kennen gelernt. Schade um ihr kutaniſches Leiden, das noch lange die braſilianiſde Regierung abhalten wird, Roloniſationsverſuche mit ihnen
terial, wie Knochen und Muſcheln, ſolde geſchickt verzierte und durchbohrte Stückchen zu madyen imſtande ſind. Dieſe Halsketten, die aus mehr als hundert, meiſtens vierſeitig aus: geſchweiften, mit eingravierten Schnörkeln verzierten Knochen beſtehen, erfordern zu ihrer Anfertigung viel Geduld und Aus
Will der Indianer irgend eine Gemüts :
dauer, indem nicht ſelten ein Jahr und darüber daran gear
ſtimmung, wie Verdruß, Aerger, Wohlgefallen u. 1. w. be: zeugen, ſo ſchlägt er ſich mit der Hand hinter dem Kopfe
Haustier einzig wegen des Krähens zum Weden gehalten wird. Gewöhnlich eriſtiert nur ein einziges Huhn zur Zucht im ganzen Dorfe.
zu machen .
-
ſie mit ihren primitiven Werkzeugen aus dem harten Ma
Wie waren doch die Paumarys ſo ganz anders als
beitet wird. Sie ſind von den Indianern ſehr geſchäßt und bilden gewöhnlich das Geſchenk, womit der Mann ſeine Neus vermählte oder Angelobte beglückt. Kein Gegenſtand war ſo chwer zu erlangen als dieſer, und oft erſt nach tagelangem
ihre Nachbarn , die Ipurinas! Dieſe in ihrer Gier ſuch : ten uns bei jeder Gelegenheit zu beſtehlen und ließen uns
Zögern entſchloſſen ſich die Frauen, ihn herzugeben. Die meiſten dieſer Halsketten werden von den Ipurinas ver
ſelbſt das, was wir von ihnen gekauft oder von der Jagd
fertigt, und gegen hohe Preiſe erhandeln fidy die Bau marys dieſelben von ihnen, indem ſie Lebensmittel da: für geben .
aufs Haar.
beute zurüdbehalten hatten, nicht einmal mit Ruhe genießen.
Jene dagegen brachten uns unaufgefordert bald das Eine, bald das Andere, waren immer bereitwillig zu Dienſt leiſtungen und arbeiteten mit dem größten Fleiße und mit bewunderungswürdiger Unverdroſſenheit. Bei der Arbeit ſingen ſie mit ausgelaſſener Luſt, trällern und ſchnarren eine eigene Weiſe, die an das Weſen des Spottvogels er innert, etwa : Hé, né hé, né, nä, nä, pä, nä, nä
éjé, éjé – yé, yé, yé
-
u. 1. f.
Anfangs
glaubte id; wirklich, ſie ahmten gewiſſe Melodien eines Vogels nach. Dabei ſuchen ſie eine Fertigkeit darin, mit der Kante des Ruders im Vorbeifahren die von fürbis:
artigem Geranke umſtridten Sträucher, die rund und kegel artig aus dem Waſſer ragen, zu behauen, und dies trifft wirklich mit folder Genauigkeit zu , daß die Sträucher wie
Die Frauen tragen keinerlei Kopfbededung, dagegen ſuchen die Männer jeden Schuß gegen die Sonnenſtrahlen. Man ſieht ſie den Kopf mit aus Palmblättern geflochtenen Hüten und Tüchern oder einem zierlich geflochtenen Sdirm ſtreif bedecken, der wie ein Kranz auf dem Haupte ruht und noch beſonders den Zwed hat, das Haar zuſammen zuhalten.
Es kleidet ſie dies recht gut und könnte als
ein Muſterſtück von Flechtarbeit gelten. Wie alle Indianer, find auch die Baumarys ſehr aber gläubiſch und hängen feſt an althergebrachten Glauben und Vorurteilen der Väter. Daher kommt es auch, daß unter den verſchiedenen Stämmen ſo große, Uebereinſtim mung in Märchen, Ideen und Spufgeſchidyten herrſcht. 41
Ausland 1886 , Nr. 14 .
.
Tirons.
266
Träume und Stimmen wenig bekannter Vögel haben eine hobe, oft geiſterhafte Bedeutung. Läuft eine Schlange über den Weg, ſo gibt es ein Unglück. Schreit der Him mari-Vogel, ſo gilt dies als Vorbote des Todes. Das Paca , ein Nagetier von der Größe und Geſtalt eines Haſen, ſoll von der giftigen Sururucu-Solange abſtam men, wohl aus dem Grunde, weil den Indianern kein Fall bekannt iſt, daß dieſelbe je ein ſolches Tier gebiſſen hat. Den Urubu- Tinga nennen ſie den König der Geier.
Es
antiken Hauſes, der Boden iſt gepflaſtert, die Decke gemalt, Säulen tragen und gliedern den Bau, Pilaſter die Wände und überall erblidt man prächtige Ausſdymückung mit Marmor, Alabaſter, Fresken in roter, gelber und ſchwarzer Farbe. In einem ſolchen Bau zu Canoſa ( Canuſium , Blütezeit 400 v. Chr.) fand man unverſehrt auf koſtbarem Ruhebette den toten Inhaber vor, und dieſes Ruhebett ſtand inmitten des Raumes, welchen Schliemann das Megaron nennt, auf einem kreisförmigen Moſaikboden , unter der
Federn dieſes Vogels verſehen, ſicher ſein Ziel treffe. Eine
ſäulengetragenen und wie ein Balkendach gemalten Decke! Hierzu noch ein Wort : Dieſes Beiſpiel zeigt die Bes
Flinte, die einmal einen Urubu erlegte, foll kein Glüd
ſtattung einer nicht verbrannten fürſtlichen Leiche. Nie
mehr haben. Die Häutung eines Inſektes, die Mauſer cines Vogels wird für eine Lebensverjüngung angeſehen. Nach den Begriffen der Indianer ſoll der Schmetterling
mand beſtreitet, daß die Beiſebung von Ajdenurnen ſid)
geht der Glaube unter ihnen, daß jeder Pfeil, mit den
aus einer Blume entſtehen. Schlangen ſollen aus Menſchen haaren hervorgebracht werden. Krokodile ſollen heulen und weinen, um neugierige Tiere anzulocken und zu ver:
in gleicher Weiſe vollzog, es ſind ſogar (worauf kürzlich in der Zeitſchrift für Ethnologie" aufmerkſam gemadyt
wurde) die Knodienreſte und Schmucſachen genau nach
zehren. Gewiſſen lebloſen Gegenſtänden wird eine geheime,
der Ordnung, die dem unverbrannten Körper entſpricht, in die Aſchenurnen gelegt worden. Ob in Tiryns auf dem kreisförmigen Stuckboden (dem vermeintlichen Herd"
übernatürliche Kraft zugeſchrieben, wie z. B. einer grünen
des Megaron, 1. ,, Tiryns“, S. 253) inmitten des mit
Steinart, den ſteinartigen Gebilden aus den Köpfen ge
Malerei geſchmückten Gemaches der Sarkophag oder die
wiſſer Fiſche, die als Talismane hochgefeiert werden und
Urne des Toten ſtand, bleibt vorläufig ungewiß.1 In den Ausgrabungsberichten wird komiſcherweiſe als ſelbſt verſtändlich vorausgeſeßt, daß ſeit dreitauſend Jahren niemand an dieſer Stätte gewühlt habe, aber der geſunde
nur mit äußerſter Mühe zu erlangen ſind. Will der In: dianer Fiſde fangen, ſo glaubt er feſt, ſeine Abſicht nicht auf dem Waſſer äußern zu dürfen . Die Krankheiten der Paumarys und anderer Indianer am Purus beſchränken ſich im allgemeinen auf Hautfrank:
Menſchenverſtand ſagt ſich, daß die Beraubung derſelben wahrſcheinlicher iſt. Es will alſo wenig ſagen , wenn die
heiten, Fieber und Unterleibsbeſchwerden, namentlich Leber
toten Inhaber dieſer Räume nicht mehr oder noch nicht
leiden und Unterleibsentzündungen ; weniger werden die übrigen feineren Teile, wie die Reſpirationsorgane 2c.,
vorgefunden worden ſind - wo ſind diejenigen der Pyra: oder wenn Ajdhenurnen nicht er : Wir drücken uns mit Vorbedacht ſo
afficiert, was im vollkommenen Einklange mit den klimati
miden geblieben ? fannt worden ſind.
ichen Verhältniſſen und der Lebensweiſe ſteht. Ueberall atmet der Indianer freie Luft, hat keinem Lebensberufe
aus, denn im 4. Kapitel werden als Analoga zu tirynthi: ſchen Urnen zahlreiche auswärtige Aſchenurnen aufgeführt,
nachzuhängen, der ihm die Bruſt beengt noch ſonſtipie
aber Schliemann hütet ſich wohl , die gleichgeſtalteten tirynthiſchen mit dem rechten Namen zu nennen, obgleid fie ſo ſicher Adenurnen ſind , wie die tauſend, welde er
Anomalien im Oberkörper hervorruft. Bei der Unmäßig keit im Efen und Trinken ſcheint die Verdauung nur unter
dem Zutritt reidlicher reiner Luft ihr ganzes Wunder zu üben, da Fälle von Verdauungsbeſchwerden oder Magenübeln zu den Seltenheiten gehören. Die übermäßige Ebbegierde äußert aber ihre Folgen in den Unterleibsbeſchwerden.
Tirgus. Von Artillerie -Hauptmann E. Böttidher. (Schluß .)
In Capua und Cumae fand man ſchichtenweiſe Grab anlage, fand man in einer Anhöhe römiſche Gräber, die bis 5 m , unter der Oberfläche liegen und auf griechiſchen erbaut ſind, die bis 12 m . tief hinabreichen und auf noch
älteren aufliegen, die bis 18 m, tief zum Meeresniveau reichen. Und die Einrichtung ? Man betritt eine vor: nehme Gruft durch eine Vorhalle, nady welcher ſich oft
bis neun und mehr Gemächer öffnen , ganz nach Art eines
nach eigener Angabe früher in Hiſſarlik- Troja gefunden hat. Seitdem wir uns überzeugen mußten, daß Schlie mann ſeinen Eulenvaſenſtreit nur mit Unterdrüd
ung der Wahrheit , nämlid aud Urnen mit menſch lichen Geſichtern (d. h. mit Mund und länglichen Augen ) gefunden zu haben, geführt hat (vgl. Zeitſchrift für Ethno logie", 1883 ), trauen wir ihm auch die Verheimlidung von Aſchenurnen zu. Uebrigens ſind auf Tiryns auch über
50 Skelettgräber gefunden worden, deren byzantiniſches Nationale uns zum Teil ſehr zweifelhaft erſcheint, nament lich wo folche Gräber innerhalb der meiſt tempelartigen Räume 2 bis unter den antifen Eſtrid, reiden (S. 351 ). 1 Wir behalten uns vor, unſere beſondere Wahrnehmung hierüber an anderer Stelle zu veröffentlichen , da uns das Buch „ Tiryns “ lehrt, wie häufig man über unſere Gedanken, wo es paßte, ſeinen Doktorhut geſtülpt hat. 2 Jronie des Schicjals, daß ſich nun ohne Mühe in den meiſten der „ Palaft-Gebände" auf Tiryns der Grundriß des
Tiryus.
267
Es bedarf faum der Erinnerung daran, daß in faſt allen
aus großer Menge fanden ſich neben Bronze jene merk
Nefropolen (auch in Hiſſarlif -Troja und Hanai- Tepeh)
würdigen ſogen. Meſſer und Pfeilſpißen von „ Feuerſtein “
Feuer- und Erdbeſtattung wechſelte.
(hier Obſidian), und zwar, wie wir Seite 52 und 171
In dem ,,Die Ausgrabung" überſchriebenen 1. Ka:
entnehmen, überall in den Räumen des , Palaſtes “, ſogar
pitel erwartet man einen genauen Fundbericht, d. h. ge
von einer ſonſt nur Höhlenfunden eigenen Rohheit in mitten der Reſte kunſtvoller Freskogemälde. Wir wiſſen nicht, welche Beziehungen Schliemann und Dörpfeld zwiſden leßteren und jenen Meſſern für möglich halten , denn über die ihr Palaſtmärchen vernichtende Gewißheit, daß ein
wiſſenhafte Angabe von Momenten, die zur Beurteilung der von den Herren Ausgrabern aufgeſtellten Erklärungen weſentlich ſind. Statt deſſen erhalten wir eine Novelle, wie die Herren dort gelebt haben ; die Arbeiten werden mit 75 Zeilen abgethan . Glüdlidertveiſe wiſſen wir aus anderen Mitteilungen , die aber dem Werke nirgends ein verleibt ſind, mehr darüber.
Das 2. Kapitel , ,,Topographie und Geſchichte von Tiryns", iſt eine Blütenſammlung von zahlloſen mit un endlichem Fleiße und bewundernswürdiger Beleſenheit zu: ſammengetragenen , oft auch recht intereſſanten Zitaten, die Schliemann geſuchte Gelegenheit zu der ſtets meiſter haft verſtandenen captatio benevolentiae bedeutender Ge lehrten gibt. Den originalen Wert dieſes Kapitels zu
beurteilen, namentlid) was den darin erſtrebten Nachweis der mythiſchen Könige von Tiryns als hiſtoriſche Geſtalten angeht, müſſen wir den Herrn Philologen überlaſſen. Für die Beurteilung der Ausgrabungsreſultate iſt das Kapitel wertlos.
Mit den Fundſtücken beſchäftigen ſich endlich das
3. und 4. Kapitel. Die Unterſcheidung der Gefäſſe iſt bis zum komiſchen übertrieben.
Wenn poſt - hiſtoriſche
Forſcher einmal in ähnlicher Weiſe verfahren wollten , ſo würden ſie aus dem Rüdengeſchirr unſerer Hausfrauen ſehr leicht ein halbes Dußend oder mehr verſchiedene Völker ableiten. Unſer Pithos ſpielt (nur reicher verziert) ſeine Rolle auch in Tiryns, aber Schliemann vermeidet diesmal jede präziſe Angabe über Zahl und Aufſtellung, will nur Scherben davon gefunden haben und notiert nur S. 393, an der Wand im Megaron, alſo dort, wo der freisrunde ſogenannte Herd iſt, ſcheine eine Reihe großer Pithoi ge
ſtanden zu haben. Die meiſten aus Troja bekannten Ge: fäßformen wiederholen ſich, wie in allen Nekropolen , jo natürlich auch in Tiryns. Wie wenig wahrhaft wiſſenſchaft:
über eine Tedynit, wie Fresko mit Glasfarben, wie Bronze
ſie aufweiſen , gebietender Fürſt nicht dieſes Feuerſteingerät als Hausrat oder Waffen benußt haben könnte, gleiten die Herren mit einigen eleganten Tiraden hinweg, obwohl ſie nicht in Abrede ſtellen können , daß alle dieſe Dinge hier gleichzeitig in Gebrauch geweſen ſind. Wir erinnern
an die gleiche Beobachtung in Hiſſarlik (Troja), wo mit Feuerſteingerät auch Bronze und Elfenbein, namentlid) aber vergoldete Bronze und hödöſt kunſtvoller Gold
ſdhmuck gepaart iſt. Dieſe merkwürdige Erſcheinung tritt regelmäßig in ägyptiſchen und verwandten Nekropolen hervor, findet dort völlige Aufklärung aus gewiſſen Kult
gebräuchen , worauf wir zuerſt hingewieſen zu haben glauben, und iſt eines der gewichtigſten Momente, welche man für die Charakteriſierung von Hiſarlit, Tiryns u. ſ. w . als Nekropolen anführen kann. Ein zuveites und nicht minder bedeutendes Moment beruht in der Häufigkeit von Funden , welche Schliemann Idole nennt, welche wir aber richtiger als „ Votivgaben “ erklären. Ein Idol iſt ein Gößenbild. Was wir aber in dem neuen Buche, gleichwie in ſeinen Vorgängern, abgebildet ſehen, das ſind z. B. Körperteile (S. 163 ein menſchliches Dhr), Frau mit Kind, andere Frauenfiguren, Figuren, die wie Wickelfinder ausſehen (von Schliemann in Tiryns Heras, in Troja Eulen-Jdole
genannt), Figuren, an denen nur ein (wahrſcheinlidy das leidende) Glied dargeſtellt iſt, kurz lauter Dinge, welche 1
man an Kultſtätten findet, wie dies erſt kürzlich wieder in einem von Sir Lumley ausgegrabenen Heiligtum am
Nemi-See (unfern Rom) der Fall war. Wir empfehlen die Vergleichung desſelben, namentlich auch in baulicher
lichen Sinn Schliemann beſißt, zeigt die gefliſſentliche Igno rierung der von gegneriſcher Seite auf Grund ägyptiſcher Tempelbilder gegebenen Erklärung der Vaſen mit Ausguß
Hinſicht mit Troja, Tiryns u. f. w. Es gibt da merf
röhre (S. 133 ff.) als Tranfopferkannen. Er ſelbſt nannte dieſelben früher Saugfläſchchen für Kinder , nämlich Ge fäſſe gleich unſeren Thee- und Kaffeekannen. Im ganzen
Londoner ,, Athenäum ", Nr. 3024. Wir heben nur nod) hervor, daß audy in Tiryns dieſe Figuren gleichwie das Feuerſteingerät in allen Räumen des „ Palaſtes “ maſſen
genommen , enthalten dieſe Kapitel manches Intereſſante, aber nichts eigentlich Neues, obwohl die beigegebenen Ab
haft vorkommen
bildungen im Tert und koloriert auf 24 Tafeln ein kleines
Muſeum repräſentieren.
Bemerkenswert iſt, daß Eiſen
fehlt, was natürlich nicht beweiſt, daß es nicht dageweſen jei, denn es iſt das vergänglidſte aller Metalle. In über Theinistempels von Rhamnos wieder erkennen läßt. Dasſelbe gilt für die angeblichen Thore vou Troja ; dort ſteht ja auch in einem ein Altar.
würdige Analogien, auch reicht das Heiligtum bis in vor:
geſchichtliche Zeit zurück. Näheres findet ſich darüber im
– was die „ Könige" damit gemacht
haben, verrät Schliemann nicht – und daß ſich auch zu Tiryns gleichwie in dem Heiligtum am Nemi-See Abraum gruben gefunden haben , wo der Ausſchuß dieſer Votiva gaben ohne Wert abgelagert wurde ( S. 413). Bekannt:
lid opferte man das figürlich, deſſen Erwerb oder Heilung man erflehte. In der katholiſchen Kirche herrſcht dieſer fromme Brauch noch heute, worüber Goethe ſpottet: „ Und wer ein Bein geopfert, dem wird der Arm gefund." Eine
Tiryns.
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folche Kultſtätte muß zweifellos auch Tiryns, Troja u. 1. w. geweſen ſein , und dieſer Charakter verträgt fidh trefflich
mit dem der Nekropolen, waren es doch bekanntlich gerade die Manen der Vorfahren , an welche man ſein Anliegen richtete.
Wir gelangen nun zu der im Kapitel 5 und 6 niedergelegten Arbeit des Arditekten Dörpfeld. Obwohl die Benennung der Näume Willfür, ihre Deutung Phan taſie iſt, ſo werden doch die auf dieſen 197 Seiten nieder: gelegten und von wirklich ſehr ſchönen Plänen unterſtüßtten
menſdlichen Wohnungsbauten glidhen, zeigten wir bereits ;
doch iſt es wirklich wie ein Verhängnis über die Herren gekommen, daß nicht einmal die geringſte Aehnlichkeit mit dem antiken oder dem homeriſchen Hauſe obwaltet, daß vielmehr den Hauptgebäuden , der Männer- und Frauen
wohnung , ſowie dem kleinen und großen Propylaion ( leßterem nad Wiederherſtellung der Rüdwand) unſtreitig der Grundriß des (nun wohl bald verfluchten !) Tempels von Rhamnos zu Grunde liegt. Es hat in der That
vieles für ſich, in dieſen Bauten „ Grab- Tempel" zu er
deren Eriſtenz Schliemann's Erfindung eines Südweſt
fennen. Auch im Heiligtum von Nemi iſt ein ebenſolder mitſamt den Grabſtelen (-Steinen ) aufgedeckt worden. Wir haben dion früher anderswo ausgeſprochen , daß wir den in Tiryns gefundenen bemalten Stuck, deſſen gute Erhaltung mit der enormen Verbrennung der Wände kontraſtiert, auf Grabſtelen ägyptiſcher Art zurüdführen, doch mag auch Wandpuß mit darunter fein. SS. 338-350 geben die
Thores lächerlich macht, die aber, da Burnouf ſie im Buch ,, Ilios", Abbildung 10 , deutlich darſtellt, 1879 noch
tologiſche Kenntniſſe, ſo würde er in dem auf Tafel VI
eriſtierte, ſeinerſeits auf Plan VII derart dargeſtellt, als ſei ſie ſdon von den ziveiten Anſiedlern 1500 v. Chr. nieder
und VII abgebildeten „ geflügelten Weſen" gewiſſe in den ägyptiſchen Tempeln und Nekropolen faſt nie fehlende
baulichen Angaben bei genügender kontrole von bemerkenswertem Nußen ſein.
Dieſelben a priori für zu
verläſſig zu halten, vermögen wir nad don mitgeteilten
Erfahrungen nid)t. Nicht nur hat Dörpfeld auf Plan VII zu Troja jene erfünſtelte Enceinte der ,,Burg " dargeſtellt, ſondern u. a. auch eine 3 m. hohe Abdlußmauer 1 m,
geriffen geweſen. Schon im ,,Ausland" 1883, S. 1012 war angedeutet worden, Dörpfeld habe durch Entfernung von Innenmauern Tempel hergeſtellt (nach dem Modell des The mistempels von Rhamnos, aus welchem nun die Nemeſis hervortritt). Zehn Monate ſpäter wider:
ſprad Dörpfeld, indeſſen erhob ſich alsbald eine Stimme aus Paris gegen ihn. Kein Geringerer als Herr Salomon Reinach, der bekannte Mitarbeiter der „ Revue archéo 19
logique “ erklärte im Januar Februar-Heft dieſer Zeit drift ( 1885 ) gegenüber hämiſchen Verdächtigungen, mit
welchen Dörpfeld focht: La bonne foi de Mr. Bötticher ne peut, à notre avis, être mise en doute. Ce qu'il a imprimé à ce sujet nous a été affirmé aux Dardanelles en 1882 par une personne qui avait assisté aux travaux .“ Alſo was Bötticher durch Studium gefunden ,1 iſt dasſelbe, was ein Mitarbeiter der Herren Sdhliemann und Dörpfeld mit eigenen Augen geſehen hat. Herr Reinad vermutete, Vöttider verdanke feine Kenntnis der Sache jenem Mit: arbeiter, und irre möglicherweiſe mit jenem. Indeſſen ver:
öffentlichte E. Bötticher darauf mit der Erklärung, ſelbſt ſtändig entdeckt zu haben , was er behauptet , die Auf forderung, der ungenannte Mitarbeiter möge ſich nennen . Bisher iſt legterem nicht entſprochen worden , der Herr inag Gründe haben, noch nicht hervorzutreten, aber ſo viel iſt klar für jeden, der überhaupt ſehen will , daß in Hiſſarlit-Troja Sdiliemann-Dörpfeld heillos nad Willkür gewvirtſdaftet haben. Will man es uns nun verdenfen , wenn
wir die Pläne von Tiryns mit Mißtrauen betrachten ? Wie wenig es beweiſen würde, wenn dieſe Grundriſſe 1 Die geſamten Arbeiten , die den wiſſenſchaftlichen Nachweis der „ Diache“ erbracht haben, ſollen in einer Separataisgabe er ſcheinen und durch Pläne und Abbildungen erläutert werden.
Beſchreibung desſelben. Befäße Herr Dörpfeld mehr ägyp:
ſymboliſche Darſtellungen erkannt haben. Palaſt-Dekoration iſt dergleichen nicht, ebenſo wenig wie die auf Tafel V abgebildete, als deren Muſter richtig die berühmte Decke des
Grabes Drchomenos erkannt iſt. Wir ſehen auf Schritt und Iritt, wie jeder Fund für eine Nekropole ſpricht, und es
gehört der Mut eines Dörpfeld, den ſchon der ſel. Lepſius in ſeiner Zeitſchrift für Aegyptologie" erſuchte, ſich in archaeologicis nicht weiter zu bemühen , dazu, gegenüber der deutlichen Sprache des Inhaltes dieſer Bauten noch ſeinen einſeitigen Architekten -Standpunkt wahren zu wollen. Und wie wahrt er denſelben ! Dies ſehen wir, wenn wir dem Herrn auf ſeiner Rundſchau in dem Gemäuer folgen : Wir raten aber jedem , das 6. Kapitel vor dem 5. zu leſen, weil jenes ſehr weſentliche Mitteilungen des leşteren wieder aufhebt. So nur erfahren wir bei Zeiten , daß
die vielbeſprochenen Galerien und Hohlräume nicht Ver teidigungsanlagen , ſondern nur Vorratsräume geweſen ſein können . Uns dheint in dieſer Aufklärung wieder eine ſtarke Unterſtüßung der Nekropolen -Hypotheſe zu liegen, aber nicht minder in der Mitteilung S. 244, daß ent gegen allem , was über Anlage homeriſder Wohnungen (nur dieſer ?) bekannt iſt, keine direkte Verbindung der
Männerwohnung mit der Frauenwohnung in Tiryns be ſteht. „ Wer vom Männerſaal zur Frauenwohnung ge: langen wollte, mußte große Umwege madjen , da lange Korridore und mehrere Thüren zu paſſieren waren " (S. 258). Mit dieſem Widerſprud) findet Dorpfeld's Logik wie folgt ſid) ab : Schliemann will in Tiryns homeriſche Bauten gefunden haben, mit Homers Angaben ſtimmen dieſelben aber abſolut nicht überein ; folglid - ,,muß Homer berichtigt werden . " Das ſind die Gelehrten von Troja und Tiryns !
Ob ein Raum von 11,81 zu 9 m. ein „geräumiger Saal" iſt, bleibt ſich am Ende gleich, wenn aber dieſer Raum
Tiryns.
269
(das Megaron der Männer und ebenſo das der Frauen ) ſeine Beleuchtung nur durch die Thüre, alſo infolge der
Form haben und Aſtabdrücke zeigen , Beweis der naſjen Verbauung des Lehms: dem gegenüber iſt die auf SS. 84,
Vorbauten nur ſehr ſpärliches Licht, nie direktes Sonnen
87 des Werkes ,, Troja “ beliebte Abbildung gleichmäßiger und gehobelter Balfen in folchen Wänden reine ,,Madhe" .
licht erhielt , ſo erinnert auch dies inehr an einen Grab tempel als an einen Königspalaſt. Dörpfeld quält ſich
mit Erfindung von Oberlicht, doch kann das ſogar ſein Patron Profeſſor Adler aus fonſtruktiven Gründen nidyt für zuläſſig halten (Seite XXVII ). Das Köſtlichſte iſt aber, daß, dieſen Herren zu glauben , inmitten eines folchen
Was man gefunden , aber nicht verſtanden hat, das ſind einfach die Abdrücke der verbrannten rohen Holzſcheiter der mit Lehm verdämmten Totenfeuer.
Dieſe Lehmmäuer
dien ſind zum Teil übrig geblieben, zum Teile verbröckelt
dunklen Raumes ein offenes Herdfeuer qualmte, deſſen
oder weggeräumt worden. Daher gleichzeitig die koloſſalen Maſſen Lehmſdutt und Holzaſche, und zwar nur in den
Nauch nur zur Thüre hinaus konnte – die reine Eskimo:
Höfen und vermeintlichen Wohnräumen , aber bezeichnender
hütte - und nun möchten wir nur wiſſen, warum in dieſem dunkeln und raucherfüllten Lokale ſo ſchöne Freskogemälde und Alabaſterfrieſe angebracht waren , und wieſo dieſe nicht rauchgeſchwärzt wurden ? Dörpfeld ſcheint da wieder eine Erfindung gemacht zu haben , wie man Fresco vor Verderbnis ſchüßt, und da dieſer merkwürdige Architekt über kurz oder lang gewiß an den Königlichen Muſeen angeſtellt ſein wird , ſo könnte derſelbe ja alsdann verſuchs weiſe die freskengeſchmückte Säulenballe dort in eine dunkle
Weiſe nie in den Korridoren . Solche Verbrennungshöfe lagen in Tiryns zweifellos dort , wo SS. 271, 275 „ ſpätere Einbauten" erwähnt werden, die mit dem Grund riß des Palaſtes unvereinbar (aha !), aber dennoch vor der Zerſtörung der Burg durch eine Feuersbrunſt bereits beſtanden haben". Gerade an dieſen Mauern werden näm lich genau dieſelben Brandſpuren bis zur Verglaſung wahr
Räucherkammer verwandeln .
Auch das „ Badezimmer“
S. 260 iſt nicht übel mit ſeinem Fußboden aus einem 3 à 4 m . großen Kalkſteinblock von 20,000 Kgr. Gewicht, ohne Thüre (wie der Mangel der ſonſt nie fehlenden Schwelle beweiſt) und abſolut finſter. Wie drollig lieſt ſich da die Phraſe : ,,Wer hätte geahnt , daß man jemals eines der Zimmer finden würde , in welchen ſich die homeriſchen .
Helden gebadet und gejalbt haben ?" Nein, Herr Dörp feld, das hätten auch wir nicht geahnt , nicht im ent fernteſten ! Uebrigens mögen Räume wie dieſer, falls nicht als Grablammern, ſo zur Deffnung und Balſamierung der Leichen gedient haben. Uns iſt, als habe Ebers ähnliches in ſeiner ,, Uarda “ beſchrieben. Die Seiten 288 ff. bringen allerlei konſtruktive Hirngeſpinnſte. Dörpfeld muß durch
1
11
genommen , wie in Hiſarlik, die auf den verglaſten Fuß böden am ſtärkſten ſind und nach oben mit der Höhe der Mauer abnehmen . Wir haben daraus bekanntlich auf häufig
wiederholte und planmäßige Feuer, deren Herd der Fuß boden, geſchloſſen , das ſind eben unſere Totenfeuer. Damit im engſten Zuſammenhang ſteht unſeres Erachtens die Thatjade (S. 290) , daß die aus Brudyſtein gebauten Wände auf dieſer gluterfüllten Stätte, trofdem gelöſchter Kalk zum Verput, bezw . zu Stuccaturarbeiten Verwendung gefunden, in Lehmverband errichtet ſind. Dies erklärt ſich 1
aus demſelben Grunde, aus welchem Defen nicht mit Kalk, ſondern mit Lehm verídımiert werden. Beim weiteren Studium dieſes Buches voll unfrei williger Komik finden wir S. 362 die ganz vage Behaups
tung, es ſeien Ringmauer und Palaſt gleichzeitig erbaut
An die Stelle des idon oben erwähnten
worden, und gelangen S. 377 zu einer der wichtigſten Mitteilungen . Es handelt ſich um die Entdeckung einer
„,Brennens fertiger Mauern “ ſeßte er ſeinen „ Luftziegel bau “ . Die bereits unſerm Curtius gewidmete Darſtellung
ſteinernen Treppe , die aus der Ebene auf die „ Burg " führte. Hinter einer immer bekannt geweſenen, aber durch
wird hier wiederholt. Dörpfeld hat nämlich einige Zitate der Alten mißverſtanden und meint, die in Vorrat ge
einen ungeheuren Steinblock ſeit Jahrtauſenden bisher ver idloſſenen Pforte ſteigt diefelbe innen empor und foll
aus erfinden .
haltenen bekannten „ Lehmziegel" feien trocken verbaut
ihren Entdeckern zufolge als Nebenaufgang, reſp. als Aus
worden, während wir glauben, man habe ſie beim Bau völlig durchnäßt, aber das iſt Nebenſache, Dörpfeld's Er findung beſteht in der Behauptung, folche Mauern ſeien in Tiryns durch hölzerne Längsbalken (S. 292), in Troja durch hölzerne Längs- und Querbalfen (S. 293) „ver
fallpforte gedient haben. Wäre dem ſo , dann hätten die
ankert" geweſen.
in Abrede.
Wir ſtellen dies auf das beſtimmteſte
Der Wert des Lehmziegelbaues beruht in der
Herſtellung eines homogenen Maſſivs. Die Homogenität
Burgherren ſich das Ausfallen ſehr ſchwierig gemacht, denn der Steinblod, der die Pforte verſchloß, war etwa ſo groß
wie das ganze Megaron der Männer, nicht weniger als 8 zu 10 m. groß. Man denke ! Um von vornherein dem Einwand zu begegnen, der Block könne beim Einſturz von
Mauern zufällig dahin geraten ſein , bemerken wir, daß ausweislich des vorliegenden Buches die größten Bauſteine 1 zu 2,50 m . groß ſind.
Dieſer Block iſt ein Unicum .
idwindet mit der Einfügung von Balfen, die (nicht ein mal vergleichbar dem Fachwerk) ebenſo viele Angriffs
Nun lehrt aber ein Blick auf Plan Nr. 125, daß die
punkte des Verfalls ſind. So thöricht bauten die Alten
hinter der engen Pforte befindliche Erweiterung eigens wie
nicht! Es ſteht über allem Zweifel (vgl. „ Ilios" II. Stadt), daß die mit Holzkohle angefüllten, in Lehmwänden
zur Aufnahme des Blockes geſchaffen erſcheint, und es muß
ringsum wahrgenommenen Höhlungen höchſt unregelmäßige
Aufganges zu den Königsgrabkammern in den Pyramiden
Ausland, 1886 Nr. 14 .
uns dies alsbald an die ähnliche Verbarrikadierung des 42
Ein Beſuch auf Bermuda.
270
erinnern, wo bekanntlich ebenfalls ein foloſjaler Granit
wir denn in Gottesnamen die Reiſe machen, welche nichts
block nachträglich den Zutritt verſchloſſen hat. Die Forſcher
weniger als behaglidy war. Wie wir von einem Mit reiſenden hörten, nennt man das Schiff in Yarmouth ge
haben es in den Pyramiden vorgezogen , die Sperre durd) einen Stollen, welchen ſie in das weidere Gemäuer braden,
zu umgehen, Schliemann hat den Koloß, da derſelbe durch den engen Eingang nicht hindurch gebracht werden konnte, im Innern zerſchlagen. Schliemann hat auch dyon in
Hiſſarlik ſeine Averſion gegen große Kalkſteinblöcke be wieſen. Alle Kultſtätten charakteriſieren ſich durch die eigentümliche Erſchwerung des Zutritts, namentlich aber die den Toten geweihten . Konnten Schliemann und Dörpfeld daran nidyt denken ? Keinenfalls durfte eine ſo merkwürdige Sperre zerſtört werden , unter allen Umſtän den aber mußte dieſelbe in dem Buche ,, Tiryns" genaue Erwähnung finden . So aber ſind wir ivegen jo hodiſt
widtiger Befundangaben auf Sdliemanns Korreſpondenz und ſeinen durdy ſtenographiſden Veridit bekannten Vor trag in Karlsruhe angewieſen. Wir erkennen in dieſem Verſchluß der Pforte eine Analogie zum Verſchluß der Pyramiden, ſehen darin einen überwältigenden leşten Beweis für den Nekropolencharakter der Stätte und glauben, daß dieſe Treppe der urſprünglide (eheder vielleicht auch
einzige) Zugang war.
Nun genug von dem Buche, deſſen Titelvignette (Copie des auf Tiryns gefundenen al fresco gemalten ,,Stieres mit Kunſtreiter ") don ſo bezeichnend iſt. In dem armen Stier, der alle Viere geduldig von fidy ſtreckt, erkennen wir die Archäologie , an der ja ſomandier herumturnt !
wöhnlich den „ Sarg ", in ermutigender Anſpielung auf
das mutmaßlide Sdyicſal ſeiner Paſſagiere und Beman nung, und ſo traten wir denn unter nicht ſehr heiteren Auſpizien und Vorgefühlen unſere Reiſe an.
Id glaube, ich bin all mein Leben lang keinem Fremden ſo freundlich geſinnt und herzlich zugethan ge weſen, als dem rieſigen dwarzen Mann , der am Ende unſerer langweiligen und mühevollen Fahrt an Bord unſeres Fahrzeuges ſtieg, um uns nach unſerem erſehnten Hafen auf Bermuda, der größten dieſer Inſeln, denen es den Namen gegeben hat, hineinzulotſen. Der Mann hatte uns ſchon mehrere Tage lang erwartet und uns im Stillen idyon verloren gegeben. Dieſe Bermudiſchen Lotſen bilden eine beſonders intereſſante Menſchenklaſſe; ſie ſind gewöhn: lich Neger, fühn dareinblickende, rührige, rieſige und intelli gente Männer, welche mit den Riffen und Untiefen ihrer
heimatlichen Küſten genau vertraut ſind. Ihre Gebühren für das Hereinlotſen eines Fahrzeuges aus der hohen See
ſind geſetlich auf drei bis neun Pfund Sterling, ein Viertel weniger für das Hinauslotſen und auf zehn Schilling per Tag, wenn ſie anderweitig beſdhäftigt ſind, feſtgeſeßt. Da es feinem Fahrzeug möglich iſt, auf den Bermudas- Inſeln ein- oder auszulaufen, ſo finden dieſe Lotſen in den Ge
bühren, welche ſie von den Fahrzeugen, etwa 150 an der Zahl, die alljährlich auf den Bermuden einlaufen, ein: nehmen, eine angenehme Zubuße zu ihrem gewöhnlichen Lebensunterhalt als Landleute und Fiſcher.
Bermuda oder Mainland (auch Hamilton genannt ),
Ein Beſuch auf Bermuda .
die Hauptinſel der Gruppe von 19 bewohnten und 16
Vor einigen Jahren ſtand in den amerikaniſchen Zeitungen eine Anzeige, daß man um 25 Dollars in der
unbewohnten Inſelchen und Korallenriffen, iſt 27 e. Min. lang und an ſeinem breiteſten Teil anderthalb Meilen breit. Die Inſeln ſtehen ſchon ſeit dem erſten Viertel des
Kajüte eines Dampfers erſter Klaſſe nach den Bermudas und zurückreiſen könne ; Dauer des Billets 45 Tage und
ausgezeichnete Verpflegung. Die Firma, welche dieſe An
17. Jahrhunderts unter britiſcher Herrſchaft und ſind für
das Mutterland wichtig als paſſender Ort, wo beſchädigte Schiffe, beſonders Kriegsſchiffe, ausgebeſſert und mit neuen
zeige erließ, war eine angeſehene Rhederfirma, und da wir im Spätherbſte waren und ich mir den ſtrengen New
Vorräten verſchiedener Art verſehen werden können , zu
Yorker Winter um einige Wochen abkürzen wollte, nahm
erbaute berühmte ſchwimmende Dock hier verankert iſt;
welchem Zwecke das vor etwa 15 Jahren auf dem Clyde
ich für meine Frau und mich je ein Billet, um auf jenen
außerdem ſind die Bermudas die Winterſtation für das
„ Inſeln des ewigen Frühlings “ einige Zeit zu verbringen.
britiſdye, nordamerikaniſche und weſtindiſche Geſchwader, und endlich ſind ſie auch Strafkolonie. Die hierher ge fandten Deportierten arbeiten an öffentlichen Bauten,
Am anberaumten Tage waren wir an der Anlände der nordiſchen Dampfſchiffe und bekamen unſeren Dampfer
zu ſehen , allein nur um uns zu überzeugen , daß wir „ hereingefallen " waren. Unſer Fahrzeug war nämlich kein Dampfer erſten Ranges, ſondern eine frühere , nur um
namentlich an dem großen Dockwerft im nordweſtlichen Teile der Hauptinſel, welches ſtark befeſtigt und eine der wichtigſten Flottenſtationen der britiſden Kolonien iſt.
fünfzehn Fuß überhöhte und noch nicht vollendete kleine
Die dortigen Hafeneingänge ſind in den jüngſten
Kohlenbarke aus Yarmouth in Neuſchottland, welde furcht
Jahren bedeutend erweitert und verbeſſert worden, allein
bar ſchlingerte und ſich in jeder Hinſicht troß aller aufge wandten Mühe als ihrem nunmehrigen Zwecke gar nicht
das idymale, gewundene und ſchwierige kanalartige Fahr waſſer, in welchem man ſich Hamilton nähert, machte es mir ſehr begreiflich, warum Juan Bermudez, als er im Jahre 1522 dieſer Inſeln anſichtig ward, fid hütete, näher
entſprechend erwies. Allein unſer Paſſagegeld war einmal bezahlt und nicht mehr zurückzubekommen, und ſo mußten
Ein Beſuch anf Bermuda .
an dieſelben heranzuſegeln, als notwendig war, um ihn in den Stand zu leben, ſeine Entdeckung zu beſchreiben und ſein Schiff mit heilen Rippen wieder davonzuführen. Vom geologiſchen Geſichtspunkte aus nimmt man an, daß dieſe Inſeln ſich eher in einem Zuſtand der Senkung als in dem der Erhöhung befinden, und angeſtellte Unterſuch: ungen beſtätigen dieſe Annahme. Als man auf der Inſel
Ireland ein Becken zur Aufnahme des ſchwimmenden Docks
271
überragt eine Palme in ſtattlicher Pradt alle ihre Neben buhler. Am Lande überraſchte mich in dem rührigen
Menſchentreiben nichts ſonderlid, Neues, als etwa die großen Binſenhüte mit weißen Puggarees oder Sdyweiß und Staubtüchern , Nackenſdüßern, welche Männer und Knaben trugen, und die Turbane aus bunten gedructen baumwollenen Taſchentüchern, welche den Kopfput der Frauen bilden . Es gibt keine lokale Volkstracht, don
ausbaggerte, fand man in einer Tiefe von 42 Fuß unter der Tiefwaſſermarke eine Sdicht roten Lehms, der heutigen Oberflächenſchicht des Bodens ganz ähnlich, mit eingebetteten Ueberreſten von Cedernholz und Landfoſſilien . Aehnliche Entdeckungen ſind auch an anderen Drten in geringeren Tiefen gemacht worden, und in der Shelly- Bay kann man noch heute eine alte Landſtraße tief unter dem Waſſer
die Nähe von New York verbietet dies und der rührige
fehen.
Strom kennen , werden die Bermudas ganz bekannt vor
offenen Schuppen , welche ſich längs der Quais und der Waſſerſtraße hinziehen und als Magazine für die zur Stadt gebrachten, dem Verderben ausgeſeşten Produkte dienen , während das Schiff in Ladung iſt, herrſcht ein
kommen , ſo groß iſt die Aehnlichkeit. Die erſte Sdönheit,
ungemein reges geſchäftiges Leben und Treiben . Die ein
welche das Auge des Anfömmlings anzieht, iſt diewunder
laufenden Schiffe bringen gewöhnlich Lebensmittelvorräte
volle Farbe und Klarheit des Meeres, welches wie Beryll,
und beeilen ſich wegen der vergänglichen Beſchaffenheit ihrer Rüdfracht - aus allen Kräften mit dem Aus- und
Die Annäherung an die Inſeln iſt ungemein lieblich. Denjenigen, welche die Tauſend Inſeln im St. Lorenz
Smaragd und Saphir auf ſilbernem Grunde glänzt. So dann überraſcht Einen das eigentümlich ſchöne Ausſehen, welches die (dyneeweiße Farbe der mit Satteldächern ver
fehenen Gebäude, Forts, Kaſernen, Kirchen und Häuſer, die ſid wie Schnee von dem dunklen ſalbeiartigen Grün der Gedern abheben, der ganzen Landſchaft leiht. Vor dem Blicke des Ankömmlings liegen nun ungefähr drei hundert Eilande und Felſenriffe, von denen nur hundert: achtzig durch Vermeſſung der Regierung anerkannt und eigent lich nur vier von einiger Bedeutung ſind. Drei von dieſen, Mainland oder Hamilton, Ireland und St. Georges-Inſel, ſind durch Brüden und einen prächtigen , gegen 750 m.
langen Fahrdamm, welcher 32,000 Lſtr. gekoſtet hat, mit einander verbunden . Dieſe drei miteinander verbundenen Inſeln haben zuſammen die Geſtalt eines Hufeiſens : St. Georges liegt an einem , der Dodyard am anderen
Ende und die Stadt Hamilton nicht weit vom Umfang des Hufeiſens. Die Stadt St. Georges gewährt von der
Handelsverkehr mit Weſtindien , Neufundland und den
Vereinigten Staaten, und die einzige auffallende nationale Eigentümlid feit, die ich bemerkte, war die ſeltſam gedehnte unangenehm näſelnde Ausſprache des Engliſchen in den unteren und mittleren Ständen. Auf den Anländen und unter eiſengedeckten großen
Wiedereinladen in möglichſt kurzer Friſt. Nur alsdann allein ſieht man die Bermudier, ihre Neger und Eſel auf geregt und in eifriger Eile ; dann arbeiten ſie Tag und
Nacht und ſchiffen Kartoffeln , Tomaten, Bataten, Rüben , Bananen, Zwiebeln , Arrowroot und andere Produkte ein.
Das ganze Jahr hindurch trifft alle 14 Tage ein Dampfer aus New -York hier ein, und während Ernte- und Dbſtzeit, d.h. von April bis Ende Juni, kommt derſelbe fogar alle acht Tage. Der Wert dieſer Ausfuhr ſchwankt zwiſchen 30,000 und 75,000 Lſtri. Der Boden oder die Adferfrume auf Bermuda iſt
ſeicht und von Natur nicht ſehr fruchtbar ; allein gut ge düngt, erträgt er reiche Ernten von Zwiebeln, Kartoffeln , Tomaten und anderen frühen Frühlingsgemüſen, welche zu der Jahreszeit, wo die Gemüſe in New York nod) ſelten ſind, auf den dortigen Märkten einen guten Preis erzielen . Die Pflanzenwelt der Bermudas iſt ziemlich mannigfaltig.
See aus einen ſehr hübſchen Anblid , aber am Lande ge
Es gedeihen daſelbſt fünf oder ſechs Palmenarten ; die
ſehen, zeigt ſie ſich als klein und dicht zuſammengedrängt und ihre Straßen ſind nur Gäßchen . Wir landeten endlich in Hamilton, dem Siß der Re gierung und einer Militärſtation. Vom Hafen aus ges ſehen, iſt Hamilton reizend, denn es liegt eingebettet in den Schooß von Hügeln voll Cederwaldungen, welche von Forts gekrönt werden ; feine hauptſächlichen Straßen ſind von breitkronigen Paternoſter-Bäumen ( Melia Azedarach) beſchattet und ſeine hübſchen weißen Häuſer ſtehen in einem
Kohlpalmen der Berge wiegen ihre gefiederten Kronen in einer Höhe von ſechzig Fuß über dem Boden und erreichen einen Stammesumfang von acht Fuß. Die Alligatorbirne,
Avocade oder Aguacate, Persea gratissima, iſt ein präch: tiger Baum von 12-14 m. Höhe ; aud der Mandelbaum
iſt ein ſchöner Baum . Außerdem kommt eine Art Maha gonibaum auf den Inſeln vor.
Allein alle anderen über:
trifft ſowohl an Größe wie an dem glänzenden ſaftigen
Laubidhmuckes, überall wachſen von Blüten ſtroßende und leuchtende Oleander, in den Gärten prangen Limonens,
Grün ſeines Laubes der Gummibaum Siphonia oder Hevea elastica. Der ſchönſte von ihnen wird 12—13 m . hoch, mit 3-3,5 m. Stammesumfang und beſchattet einen Kreis von 20 m . Durchmeſſer. Die Roſen blühen hier
Drangens, Citronen- und Apfelſinenbäume und ſtellenweiſe
das ganze Jahr hindurch, und im Frühjahr wadyfen überall
Rahmen des unbeſchreiblid mannigfaltigen und ſchönſten
Ein Beſuch auf Bermuda .
272
Lilien, welche wegen ihrer wunderbaren Größe, Schönheit, Mannigfaltigkeit, Farbenpracht und ihres föſtlichen Ges ruchs unbeſchreiblich ſind. Gelber und weißer Jasmin und Orangenblüten ſchwängern das ganze Jahr hindurd) die Atmoſphäre mit ihrem herrlichen Duft. Geranien und
Cacteen blühen beinahe unbeachtet , ausgenommen der nächtlid blühende Cereus, welcher nad Verdienſt gewertet wird; er öffnet ſeine lieblichen Blüten von der Größe einer Untertaſſe, deren er 30-40 auf einmal trägt, gegen
4 oder 5 Uhr Nachmittags. Die flammende glühende Schönheit des Feuerbuſdes (Poinsettia pulcherrima) mit ſeinen tiefſcharladıroten endſtändigen Blütenblättern und
die ſanfte Anmut der purpurnen Winden iſt nicht zu be ſdyreiben. Auch Thee, Kaffee und Tabat gedeihen hier,
werden aber nur verſuchsweiſe in wenigen Eremplaren angepflanzt. Dleander mit ihren hübſchen weißen, blaß oder hodyroſafarbenen Blüten gelten dem Landmann als ein Unkraut, denn ſie überwuchern raidh den bebauten Boben .
und kommen ohne Mühe fort. Die Bermudas waren früher wegen ihrer Drangen berühmt, allein dieſe und andere Arten von Dbſtbäumen ſind nun durch die weniger maleriſchen und einträglideren Speiſezwiebeln verdrängt
worden. Tamarinden gedeihen und reifen , werden aber nicht angebaut. Melonen , Gurken, Kürbiſſe und alle Arten von ausgezeicineten Gartenfrüchten gedeihen überall, kommen aber nur ſelten auf den Markt. Alle Lederbiſſen und föſt lidhen Gewächſe der Erde ſtehen den Bermudiern zu Gebote, aber dieſe leben armſeliger als unſere weit weniger be: günſtigten Bewohner nördlicherer Klimate. Sie haben eine an fire Idee grenzende Vorliebe für Kartoffeln, To maten, Zwiebeln und Arrowroot (das allerdings hier auch vorzüglich gedeiht) und deinen außer Stande, ſich zu einer anderen Lebensweiſe aufzuraffen. An Fleiſch findet man auf dem Markt in Bermuda eingeführtes Odyſenfleiſd) zu einem
Shilling das Pfund und einheimiſches Schweinfleiſch zu acht Pence und Geflügel zu einem Shilling das Pfund.
Landſchaftsbild die verſchiedenen Bananen- und Plantanen
Geflügel wird ziemlich viel gezogen ; da es aber nicht ge mäſtet wird, ſo ſtellt es ſich lang und dünn und hody: beinig dar. Obwohl daher Bermuda von Natur aus einer
Arten (Musae) mit ihren großen dunkelgrünen Blättern ;
der begünſtigtſten Punkte in der Welt iſt, ſo iſt es doch
man kultiviert hier verſchiedene Arten, von der nur finger
für diejenigen, welde daſelbſt leben müſſen, einer der arm
langen, runden und weichen Banane , welche beinahe nur als Dbſt roh gegeſſen wird, bis zu der mehr als ſpannen
ſeligſten Orte wegen ſeines ganz ſchlecht verſorgten Marktes. Auch die Kleidung iſt teuer, namentlich in Anbetradıt der geringen Qualität der Ware, und alle kleinen Bedürf
Einen ganz eigentümlichen Zug bringen in das
langen achtedigen Plantane, welche drei bis fünf flache
welche mit ihrem reichen glänzend grünen Laub einen Schmuck der Gärten bilden .. Einen weiteren Reiz der
niſſe und Genüſſe des Daſeins koſten die unerſd)winglichſten thörid teſten hohen Preiſe. Der größte Nachteil aber iſt der Mangel an Quellwaſſer, denn es gibt auf den Inſeln feine einzige Quelle und man muß ſich allgemein mit dem Ziſternenwaſſer behelfen. Die Gewäſſer der Inſeln ſind ziemlich fiſchreich und
Seiten hat, aber nur gekocht oder gebaden als Gemüſe verſpeiſt wird.
Das gewöhnlichſte Obſt ſind die verſdie
denen Sorten der Aurantiaceen, die mannigfaltigſten Varie
täten von Drangen, Citronen, Limonen und Apfelſinen ,
Landichaft bilden die Palmettos, welche wie Büſchel von
die Fiſdierei iſt lohnend, wird aber ohne alle Energie
Fächern mit gefranſten Rändern ausſehen, und die Yuccas mit den feſten ſtachelſpißigen Blättern , welche man ſpaniſche
betrieben. Früher verlegte man ſich ſtark auf den Wal fiſchfang, allein dieſer hat auf den Bermudas beinahe auf:
Bayonnette nennt. Man vergegenwärtige ſich einen Ber: muda -Himmel, noch lieblicher als den italieniſchen, ein
wir ſaben einmal vier Wale zu gleicher Zeit auf der Höhe
bermudiſches Meer, noch ſchöner als irgend eines auf Erden, und die Vogelwelt der Bermudas, beſonders den Kardinal oder die virginiſche Nachtigal und den prächtigen Blauvogel (Sialia ), welcher in dem verſchiedenfarbigen Laube wie ein Juwel funkelt, und man hat eine Szene die an Schönheit, Pracht und Anmut nicht übertroffen werden kann .
Troß alledem iſt auf den Bermudas die leibliche
Verpflegung eine ziemlich unvollkommene.
Die Wein
trauben z. B. ſind ſauer und ſelten und werden per Pfund mit einer Marf bezahlt , obwohl nun auch beſſere Sorten für den amerikaniſchen Markt gezüchtet werden. Die eins heimiſden Bananen ſind gut, werden aber nicht in genüs
gender Menge gezüchtet und mit einem Penny per Stück bezahlt, aljo teurer als in New York. Drangen, Limonen ,
Citronen , Granatäpfel, ſurinamiſche Kirſchen, Weintrauben und andere Dbſtarten brauchen nur angepflanzt zu werden
gehört, obwohl noch Wale genug vorhanden ſind, denn der Küſte ſprißen .
Ackerbau, bezw. Spatenwirtſchaft, und Handel ſind der: malen die einzigen Erwerbszweige, welche mit einiger Rührig: feit betrieben werden.
Unwiſſenheit unter der farbigen Bes
völkerung und Unmäßigkeit unter den niederigeren Ständen der Weißen ſind der Fluch dieſes (dönen Fleckchens Erde. Die Geſamtbevölkerung beträgt etwa 14,000 Seelen, die Einkünfte aus allen Quellen ca. 30,000 Litrl., worunter
beinahe 13,000 Lſtrl. an Zöllen , Abgaben und Steuern
auf Wein, Branntwein und Bier ; mehr als ein Drittel dieſer Summe wird auf die verſchiedenen Lebensbedürfniſſe erhoben.. Kirdyen ſind in Menge vorhanden und ihr Bes ſudy iſt an der Mode, aber der farbigen Bevölkerung fehlt es trot ihrer Frömmelei und ihres Iceren Formendienſtes an praktiſcher Frömmigkeit. Das Unterrichtsweſen befindet ſid, in einem traurigen Zuſtand, obgleich es nun verbeſſert werden ſoll; ein Haupthindernis iſt jedoch die Abneigung
Ein Beſuch auf Bermuda.
273 .
der Weißen, ihre eigenen Kinder in denſelben Schulen unterrichten zu laſſen, wie die Kinder der Farbigen.
Man iſt überraſcht, ſo wenig Land angebaut zu ſehen. Die Hügelhänge ſind mit Wäldern von Cedern , unter:
Das Klima von Bermuda iſt heiß, aber im ganzen
miſcht mit einzelnen Kalebaſſen-Bäumen, Geigenholz zc.,
geſund. Im Winter iſt es hinreichend fühl, um warme Kleidung nötig zu machen, aber ſelten ſo kalt, daß man ein Feuer bedürfte. Da deshalb nur wenige Häuſer Defen oder Ramine in den Wohnzimmern haben , ſo vermißt man, wenn
bedeckt, und die fumpfigen Niederungen ſind allenthalben mit Dleandern, Tamarisken und Mangroven umgürtet.
Von den zwölftauſend Morgen Landes auf den größeren
Sprühen eines Kaminfeuers ſehr. Die Winterszeit gleicht
Inſeln ſind weniger als der dritte Teil Acer- und Gras: land; das übrige beſteht aus Wald, Sumpf und natür: lichen Weiden. Der ſcheinbar verwahrloſte Zuſtand von
hier dem ſogenannten „ Indianerſommer “ von Nordamerika,
Anbau erklärt ſich aber auch großenteils durch die That
weit mehr als allen anderen. Bei anhaltendem Südwind finden ſich Menſchen und Tiere niedergeſchlagen und ges drüdt. Pferde ſtraucheln und ihre Reiter geben ſich kaum
mit einer dünnen Humusſchicht bedeckt iſt.
man an falten Tagen ans Zimmer gebannt iſt, das heitere
Mühe, dieſelben auf ihren Beinen zu erhalten. Du gehſt friſch und vergnügt zu Bett und erwachſt mit einer Em pfindung, als wäreſt du ein ausgewaſchener Lappen, und warum ? weil der Wind über Nacht von Norden nach Süden umgeſchlagen hat. Du fümmerſt did, um nichts und niemand, fühlſt did ganz elend, teilnahmslos und zum Verzweifeln aufgelegt. Die Feuchtigkeit iſt eine andere
Landplage: Schuhe, Stiefeln und kidlederne Handſchuhe, ſowie alles, was zum Faulen oder Schimmeln aufgelegt iſt, verdirbt, wenn man es nicht beſtändig trägt. Schimmel und Kakerlaken ſind große Feinde der Bücher und zer ſtören deren Einbände ſehr ſchnell.
Ameiſen und andere
Infekten werden ebenfalls zu gewiſſen Jahreszeiten für die Europäer zu einer Plage. Die Menſchen erreichen aber in dieſem milden und
gleichartigen Klima ein hohes Alter. Ich ſah mehrere Greiſe im Alter zwiſchen achtzig und neunzig Jahren noch täglich in den Straßen ſpazieren gehen , als wäre dies
jache, daß ein großer Teil der Bodenfläche felſig oder nur Der verhältnismäßige Mangel an den kleineren Formen des Tierlebens in den Bermudas leiht einſamen Spazier
gängen den Eindruck unerträglicher Dede. In den düſtern Cedernwäldern gibt es keine munteren helläugigen Eich hörnchen, welche droben fißen oder burd, Knurren und
poſſierliches Springen und Klettern die Stille des Forſtes unterbrechen, feine Singvögel, welche die Luft mit Melodie erfüllen, wie bei uns in Deutſchland. Unzählige Ameiſen gehen geräuſdylos ihrer Arbeit nach und fein Laut unter : bricht das Schweigen, als das gelegentliche Zirpen eines Heimchens oder einer Heuſchrede, das Summen einer Zikade oder das gelegentliche Auffliegen irgend eines ſtummen Vogels. Wenn der Fremde auf Bermudas jedoch der ſtillen Wälder und Gärten müde iſt, ſo wird er dagegen am Meeresſtrande viel Intereſſantes finden. Der Strand iſt fehr lieblid ), dyneeweiß und von Muſcheln wimmelnd,
von denen nicht weniger als 269 Arten nur auf der kleinen Inſel Bermuda allein gefunden werden. Die hier vorkommenden Tangarten ſind wunderbar zart und ſchön
eine ganz natürliche Sache. Ich lernte auch eine Anzahl
und die Gewäſſer wimmeln von einer endloſen Mannig
hochbetagter Leute kennen, die nicht mehr gehen konnten, aber noch ganz geſund und in vollfommenem Beſit aller ihrer geiſtigen und der Mehrzahl ihrer phyſiſchen Eigen ſchaften waren. Die Leute im allgemeinen ſind gut, und
faltigkeit von Fiſchen . Die Regierung der Bermudas beſteht aus einem Gous verneur, einem geſeßgebenden Körper oder Kolonialrat
und einem Abgeordnetenhaus.
Die zu verhandelnden
es iſt ein großer Irrtum , die Bermudas für eine Heimat
politiſchen Fragen ſind felten von großer Bedeutung, und
des gelben Fiebers zu halten ; dasſelbe iſt zwar ſchon einigemale dort geweſen, aber jedesmal von außen einges idleppt worden. Die Bermudier ſchreiben ihre Geſundheit zum großen Teil dem Genuß und Gebrauch des Regenwaſſers aus ihren Ziſternen zu, da es kein anderes gibt, denn man
die geſegeberiſche Thätigkeit iſt eigentümlich vorſichtig
kennt auf dieſen Inſeln auch keine Bädhe, Flüſſe und Seen. Jedes Haus hat entweder eine eigene Ziſterne oder ein großes gemauertes Baſſin , auf dem es ſteht und in welches alles Regenwaſſer ſorgfältig hinein geleitet und für Menſchen und Vieh geſammelt wird. An den Hügel: hängen ſieht man große grabenartige Strecken mit Steinen
und geht ſehr prüfend zu Werke. Die neuen Gefeße werden
zuerſt zit einer Art Probezeit erlaſſen, bevor ſie definitiv gegeben und eingeführt werden . Im Winter herrſcht hier cin heiteres und geſelliges Leben , namenilid) wegen der Anweſenheit von Kriegsſchiffen. Das Flaggenſchiff gibt Bälle an Bord, die auf der Inſel ſtationierten Linien offiziere veranſtalten Wettrennen , Schniteljagden und ähn: liche Vergnügungen . Allein troßdem iſt das Leben auf
den Bermudas etwas langweilig und gleicht ſo ziemlid) demjenigen, das man an Bord eines Schiffes führt. Man
begegnet beinahe täglich und ſtündlich dieſelben Leute ;
ausgelegt, gut verfittet und zementiert, von welchen das
Neuigkeiten treffen nur alle vierzehn Tage ein ; die gebil
Regenwaſſer in große darunterliegende Teide abläuft .
Dieſe ſind gewöhnlid für irgend einen Zweck errichtet, Ž. B. um den Waſſerbedarf für Kaſernen oder Waſch
deten Stände fehlen, und ſo iſt es kein Wunder, daß hier viel Klatſd, und Schwäßerei herrſchen , welche möglicherweiſe gar keinen Grund haben, aber doch beeifert weiter getragen
anſtalten u. dgl. zu liefern.
werden . Die heutige Welt mit ihren Telegraphen , Teles
Ob Drift- oder Gletſcher- Theorie?
274
phonen, ihrem elektriſchen Licht und ihren Errungenſchaften der modernen Wiſſenſchaft hat die Bermudas noch nicht (C. J. ) mit ihrer Kultur beledt !
Thatſache iſt, daß heute alle Gletſcher bei einem ge ringeren Gefälle ihre Bewegung einſtellen. Da aber doch
unbedingt in der Vorzeit dieſelben Naturgeſeke herrſchten wie heute (keiner der auf den Namen eines Naturforſchers
Anſpruch macht, wird dieſes beſtreiten ), ſo ergibt eine ein fache Rechnung , daß der nach der Torrel'idhen Lehre
Ob Drift- oder Gletſcher-Theorie ?
in Skandinavien liegende Ausgangspunkt des Gletſchers 80,000 ---100,000 Fuß hoch gelegen haben müßte. - Dieſes
Von Theodor Overbed in Hamburg.
genügt ! – Die Anhänger Torrel's mögen ſehen, wie ſie
Unter obigem Titel bringt Dr. Karl Müller von Halle in der Natur", Nr. 37 vom vorigen Jahre, eine Kritik meines Artikels : „ Die Eiszeit und deren Bes
ſich aus dieſem Dilemma herauswickeln ; ich fürchte, der größte Scarfſinn bringt dieſes nicht fertig. Dr. Müller ſagt in ſeiner Kritik allerdings, daß die Torrel'iche Lehre in unvergleichlichem Maße Erkläs rung über Dinge gibt, welche die ältere Drifttheorie, zu
ziehungen zu der Bildung des norddeutſchen Tieflandes“ in Nr. 28-31 des „ Ausland", die mir durch einen unglüdlichen Zufall leider erſt vor wenigen Tagen zu Geſidit fam , infolge deſſen dieſe Erwiderung auch etwas ſpät, immerhin jedoch noch nicht zu ſpät, kommt. So lieb mir eine ſadliche Kritik des Gegenſtandes und ſo vorteilhaft eine ſolche für die Ermittelung der Wahrheit geweſen wäre, ſo wenig befriedigt mich die geübte Kritik, da man ihr das Prädikat „ſachlicy" eigentlich nicht zu erkennen kann.
Dr. Müller gibt nur auszugsweiſe die Grund gedanken meiner Theorie, unterläßt aber, auch nur einen der von mir vorgeführten , ſchwerwiegenden Gründe, welche eben mid) zu der Aufſtellung meiner Theorie nicht nur veranlaßten , nein zwangen , und auch jeden vorurteilsloſen Beobachter zwingen werden, in den Kreis ſeiner Betrachtung zu ziehen , und ich kann nur annehmen ,
daß der von mir perſönlich hochgeſchäßte Kritiker, mit Arbeiten überhäuft und von der Richtigkeit der Lehre
Torrels feſt überzeugt, meinen Argumenten nur flüchtig ſeine Aufmerkſamkeit geſchenkt hat. Dieſe Gründe find aber auch ſo durchichlagender Natur
und dazu ſo einfach, daß eine abfällige Kritik es eigent:
lich nicht wagen darf, ſie anzutaſten, da hierbei keine Lor: beeren zu ernten, deshalb iſt es vom gegneriſchen Stand punkte aus auch ganz richtig gehandelt, ſid nicht näher darauf einzulaſſen . Ich bin mit ſolchem Umgehen der Hauptpunkte jedoch
nicht einverſtanden. — Alle meine Gründe nochmals zu erörtern würde natürlich zu weit führen, und ich will mid) deshalb mit einem Hauptpunkte begnügen. Ich ſagte ſeinerzeit : Auf größere Strecken eri ſtiert heutzutage keine Gletſcherſtrömung mit einem geringeren Gefälle wie 3 Grad (ſiehe u. A. Beudant, Geologie § 77). Es dreht ſich nun einfach um die Frage, die ich hier: mit direkt an alle Kritiker richte: „,, Iſt dieſe Behauptung von mir wahr oder iſt ſie nicht wahr ?" Behauptet jemand,
daß dieſes nicht wahr, ſo bringe er den Beweis durch ein kontrolierbares Beiſpiel, ſo ſage er : ,,der N.-Gletſcher hat auf größere Strecken noch eine Bewegung bei einem ge fingeren Gefälle."
der ich mich ja allerdings auch nicht bekenne, nicht erklärt, aber hinſichtlich des obenerwähnten Punktes îcheint mir die Torrel'ſche Lehre denn doch etwas ſehr fadenſcheinig zu ſein ; da iſt mir ſogar die alte abgeſtan : bene Drifttheorie noch lieber.
Gerade ſo, wie bei dieſem Punkte, iſt es auch bei den anderen von mir angeführten Gründen. Sie ſind eben nur dadurch zu widerlegen , daß man mir nachweiſt, daß ich die Unwahrheit (ob abſichtlich oder unabſichtlich, iſt gleich ) geſprochen. Ich glaube mich aber ſo beſtimmt aus: gedrückt und ſo wenig mit detaillierten Angaben zurück: gehalten zu haben, daß es für jedermann leidyt ſein
dürfte, die Richtigkeit meiner Behauptungen zu prüfen. Eine ganze Reihe zuſtimmender mündlicher und ſchrift:
licher Urteile ſind mir bereits zugegangen und ich glaube deshalb feſt überzeugt ſein zu dürfen, daß ich der Torrel': fchen Hypotheſe einen argen Stoß verſeßt habe.
Id bin ſtreng induktiv vorgegangen, ich habe die Thatſachen ſelbſt ſprechen laſſen und habe hieraus die naturnotwendigen, einfachen Schlüſſe gezogen. Die An hänger Torrel's haben dagegen meiſtens den entgegen geſeßten Weg eingeſchlagen ; ſie gingen mit der vorgefaßten Meinung an die Arbeit, daß deſſen Lehre richtig ſei, und ſie ſuchten nun die Erſcheinungen , je nachdem mehr oder
minder glücklich, in den vorgefundenen Rahmen hineinzu preſſen. Um nun aber ſpezieller auf die Einzelheiten der Kritik der ,,Natur “ einzugehen, muß ich vor allen Dingen bemerken, daß es mir vollſtändig unerfindlich iſt, weshalb die Flora der Wanderblöcke, die auf den Norden hin:
deutet, gegen meine Lehre ſprechen ſoll! Id leugne ja audy, daß Norddeutſchland zur Diluvialzeit längere Zeit Meeresboden geweſen, ich nehme eine große, aber kurze Kataſtrophe an, eine kurze Ueberflutung , deren natur notwendiges Eintreten am Schluß der Eiszeit ich in Nr. 44 des „ Ausland " von 1885 glaube nachgewieſen zu haben.
Es iſt hier wohl nicht überflüſſig, darauf hinzuweiſen , daß der Planet Mars uns eine ganz analoge Erſcheinung
zeigt, indem die vor einigen Jahren beobachtete Bildung ſogenannter neuer Kanäle nichts weiter wie eine große,
Ob Drift : oder Gletſcher- Theorie ?
275
von der Erde aus geſehene Ueberflutung der niedrigſten Gebiete des tropiſchen Kontinentalgürtels des Mars ſein wird. Da die Neigung der Achſe des Mars eine erheblid,
Lebend gelandet haben, ſo wären dieſe bei der Leichtigkeit der Sporen mehr als genügend, um im Laufe der Zeit die ganze Gegend mit den auf ihnen ſich entwickelnden
größere als die der Erde, dazu ſein Jahr erheblich länger als das Erdenjahr iſt, ſo folgt naturgemäß , daß die Winter des Mars lang und hart, die Sommer lang und
Pflanzen zu bevölkern. Täglich kann man doch beobachten,
beiß ſein müſſen .
Zeit mit Flechten und Mooſen bedecken. So fand ſich z. B. vor einigen Jahren auf einem Blode im Forſte Roſengarten bei Harburg das bekannte Rorallenmooe der Gebirge, Sphae
Während des langen Winters werden alſo große
Quantitäten Waſſer als Eis und Schnee abgelagert, die ſpäter fich größtenteils wieder verflüſſigen. Beim Beginn eines jeden Frühlings auf dem Mars werden auf der be treffenden Halbkugel alſo ähnliche Verhältniſſe ſein, wie ſie auf der Erde am Schluß der Eiszeit waren. Was wir alſo auf dem Mars als neue Kanäle er:
blidten , waren großartige, dort ſich wahrſcheinlicy alljähr lid wiederholende Ueberflutungen großer Länderſtreden , hervorgerufen durch das Schmelzen rieſiger Eis- und Schnee
wie die erratiſchen Blöde, welche, eben erſt dem Schooße
der Erde entriſſen, völlig pflanzenleer ſind, ſich nach kurzer
rophorus coralloïdes, auch eine nordiſche Form, und zwar auf einem Blode, der, wie ich beſtimmt weiß, zwei Jahre
vorher noch völlig pflanzenleer war. — Dieſe Flechte zählt in unſerer Haide zu den größten Seltenheiten. Ferner findet ſich auf einem mit Wald beſtandenen Gipfel eines Berges in der Haide zwiſchen Harburg und
Buytehude der niedliche Streifenfarrn, Asplenium tricho
maſſen, verſtärkt durch plutoniſche Erſchütterungen, welche
manes, in ca. 20--30 Eremplaren üppig wuchernd, und zwar wunderbarerweiſe an der Erde, während er ſonſt
durch die Abnahme der Eislaſt in den Polarregionen aus:
nur an Felſen und Mauern wächſt.
gelöſt wurden.
Obgleich in Gebirgsgegenden häufig, iſt er doch bei
Gerade ſo wie dem Mars alljährlich zweimal, erging es unſerer Erde am Ende der Eiszeit und wird es ihr, falls nochmals eine Eiszeit eintreten ſollte, wieder ergeben. Wie ſchon in dem früheren Artikel erwähnt, waren dieſe aus hohem Norden heranbrauſenden Gewäſſer mit großen Eismaſſen und Gletſchertrümmern bedeckt, welche lektere ihrerſeits wieder eine große Anzahl mit Mooſen und Flechten bedeckter Felsblöde trugen, wenngleidh audy bas Gros der Blöde und Felstrümmer in den Schlammfluten ſelbſt rollte.. Dieſe Eismaſſen ſtrandeten und ließen nach ihrem Aufthauen , welches meiſtens wohl erſt beendigt
ward, nachdem die Gewäſſer ſich längſt verlaufen , die Blöde, von denen eine ziemliche Anzahl noch mit leben den Pflanzen bedeckt waren, liegen. Da bekanntlich Eis auf dem Waſſer ſchwimmt , ſo iſt es ganz ſelbſtredend, daß die meiſten der auf Eisfeldern und Eisbergen liegenden Blöde feinen Tropfen Seewaſſer zu foſten bekommen , alſo aud ihre Mitreiſenden nicht durch Seewaſſer getötet wer den konnten .
uns faſt noch nie gefunden worden und iſt auf viele Meilen im Umkreiſe kein anderer Fundort bekannt. Da der Gipfel dieſes Berges unzweifelhaft fünſtlicy aufgebracht ward (es iſt eine alte vielleicht prähiſtoriſche Befeſtigung), ſo können dieſe Farne eigentlich auch erſt in verhältnismäßig neuer Zeit durch mittelſt des Windes von weit her transportierte Sporen ausgeſamt ſein. Wäre
dieſer Berg nun nicht fünſtlich aufgebracht, ſo würde man vielleidit auch behaupten, Gletſcher hätten zur Eiszeit einen Block mit Asplenium trichomanes nach hier geſchleppt. Die Beobachtung, daß die erratiſchen Blöde ſehr viele nordiſche Pflanzen aufweiſen, iſt hochintereſſant, beweiſt
aber für das, was ſie jeßt beweiſen ſoll, eigentlich gar nichts.
Was nun die Zitation des Dr. F. Theile anlangt,
welcher im vorigen Jahre über die Oberſteine und andere erratiſche Blöcke der Dresdener Haide eine Abhandlung geſchrieben, ſo bringt auch deſſen Arbeit eigentlich nichts
von irgendwie durchſchlagender Beweiskraft. Dr. Theile
Aus meiner Kindheit iſt mir noch ein hierher ge
hörender, lehrreicher Fall erinnerlich. Im Jahre 1854 oder 1855 ereignete es ſich auf der Unterweſer, daß ein kleines Boot mit Gemüſe in eine nicht ſehr große Eisſcholle ein fror, mit dieſer losgeriſſen ward, anfänglid, mit der ein : laufenden Flut ſtromaufwärts, dann mit der Ebbe fees
iſt eben Anhänger der Gletſchertheorie Torrel's und des:
halb iſt ſelbſtredend die ganze Abhandlung nach Torrel
wärts bis auf Meilen in die Nordſee hinaustrieb und
idem Modelle zugeſchnitten . Sicherlich bringe ich noch mehr Gründe über Gründe. Bis man mir dieſe widerlegt (und dieſer ſicher lich unmögliche Verſuch iſt bis jeßt noch von keiner Seite gemacht worden), ſo lange erkläre ich nach wie vor : ,,Die
dann nach ca. 8 Tagen durch einen Nordweſtſturm wieder in die Weſer getrieben und auf dieſe Weiſe ſeinem Eigen
Sorte !"
ganze Torrel'ſche Lehre iſt ein Fehlichuß ärgſter
Die Ladung hatte durch
Die ganze Shilderung der Terrainbildung der Drea :
die Kälte natürlich ſehr gelitten, von einer Beſchädigung
dener Haide iſt ſehr allgemein gehalten und dieſelbe ſchließt
tümern wieder zugeführt ward.
durch Seewaſſer war aber keine Spur. - - Ebenſo wie dieſem Boote wird es ſider aber auch den auf Eisichollen
und Eisbergen treibenden erratiſchen Blöden ergangen ſein. Sollten aber auch nur ganz einzelne Blöcke ihre Flora
noch längſt nicht jede andere Deutung aus ; anſcheinend bat auch dort die Umlagerung der Oberflädie durch die Stürme der Urzeit, gerade wie bei uns in Nordweſtdeutſd):
land, eine große Rolle geſpielt und die hierdurch hervor
Ob Drift- oder Gletſcher Theorie ?
276
gerufene eigentümliche Schichtung hat man ſich nicht erklären können. Auc) ein arger Widerſpruch findet ſich in der Zitation des Dr. Theile. In Spalte 27 ſteht näm
macht, als ſie ein rieſenhaftes Material der höchſten Breiten zum Studium in unſeren Gegenden deponiert, welches
lid wörtlich bei der Schilderung der Ablagerung der Dresdener Haide : „ alles dieſes ohne Ordnung
zu erreichen geweſen wäre.
und Schichtung durcheinander gemengt." In Spalte 31 dagegen folgt : ,,dergleiden Bils dungen in jo regelmäßiger Ablagerung hätten von Fluten nun und nimmer bewirft werden
noch manche große Ueberraſchung bereiten ! So ſah id Ž. B. vor einigen Jahren in Wismar bei einem Arzte (der
können . "
kunft zu erlangen ſein), der zugleich als Nebenſtudium Aſtronomie und Geologie betrieb und im Beſite einer ſehr dönen , meiſtens ſelbſt zuſammengebrachten Betrefaktenſamm : lung ſich befand, zwei Sandſteinplatten , in Medlenburg
Alſo einmal iſt die Ablagerung ohne Ordnung und
Schichtung, gleich darauf iſt ſie eine ſehr regelmäßige Ablagerung.
Was nun die Findlinge ſelbſt anlangt, ſo iſt wohl nirgends mehr und beſſere Gelegenheit, dieſelben zu ſtudieren,
ſonſt nur durch die koſtſpieligſten und gefährlichſten Reiſen Unſere norddeutſche Ebene wird infolge deſſen ſicher
Name des Herrn iſt mir leider entfallen, doch würde in Wismar für einen jeden dafür ſid, intereſſierenden leicht Aus:
gefunden , mit je einem Abguſſe der Oberſeite des Fußes
wie gerade in unſerer zum großen Teile wildromantiſden,
eines großen Faultieres. Der eine Fuß war ſchön erhalten , vor allem die großen Krallen. Der originelle, auf den
von Menſchenhand noch wenig oder gar nicht berührten
erſten Blick rätſelhafte Abguß erklärt ſich ungezwunger ,
und umgeſtalteten nordweſtdeutſchen Haide. In weld rieſigen
wenn man ſid, erinnert, daß die über alle Maßen plumpen Faultiere Klettertiere ſind, die ſid, auf dem Erdboden in
Maſſen dieſelben hier, in Hannover , Sdleswig -Holſtein und Medlenburg vorhanden ſind, beweiſen die Menge alter heidniſcher Denkmäler und Hünengräber. Zwiſden den Dörfern Ashauſen und Didarmbed bei Winſen a./Luhe zählt man in einer Reihe, ſoviel mir erinnnerlich, 35 Hünengräber , ſämtlich noch ungeöffnet, alſo jedes wahr ſcheinlich im Inneren mit einer Steinkammer verſehen ; in der Gegend von Uelzen zählte 1846 von Eſtorff auf einer
der Weiſe fortbewegen, daß ſie nicht wie andere Tiere mit der Sohle, ſondern mit der Oberſeite des Fußes auftreten. Auf dieſe Weiſe fonnte die Oberſeite des Fußes ſich deut :
lich in den weichen Boden eindrüden und nachher dieſe Spur ausgegoſſen werden. Dieſer Fund iſt deshalb von höchſter Wichtigkeit, weil vorweltliche Faultiere bisher aus Europa nid )t bekannt waren, ivenigſtens erwähnen
Fläche von 6 Meilen Länge und 5 Meilen Breite ca. 7000
Quenſtedt ſoivohl wie Geiniß dieſelben nicht.
heidniſche Denkmäler, darunter 300 von Steinblöden ein gefaßte ſogen. Hünenbetten. Faſt jeder Bauernhof nebſt
Streitfrage zurücfzukehren, kann ich nicht umhin, darauf ertra
Garten in unſerer Haide iſt von ſogen . cyklopiſchen Mauern ,
langen , 4-5 Fuß hohen Mauern, aus meiſtens unbear beiteten oder nur einmal zerſpaltenen , erratiſden Blöden eingefaßt, faſt alle Kirchen der Dörfer ſind daraus er: baut, und dann liegen noch viele Millionen in der freien
Dochum nach dieſer kleinen Abſchweifung zu der hinzuweiſen , daß Dr. Müller in ſeiner Kritit ſelbſt erklärt, daß der Ausſtrahlungspunkt des von ihm verteidigten
Nieſengletſchers ca. 200 deutſche Meilen oder 1500 Km. von Dresden entfernt, in Skandinavien liegt ; trokdem be: merkt er, daß, da das norddeutide Fladland allmählich
Haide zerſtreut, der in unendlicher Anzahl im Erdboden ſtedenden , im Diluvium eingebetteten gar nicht zu ge
bis 100 m . anſteigt (wir haben allerdings ſchon in nädyſter
denken.
können die Gletſcher nach hydroſtatiſchen Gefeßen nicht mehr bergab fließen, ſondern müſſen infolge des Druckes, den die Eismaſſen im Hochgebirge (Skandinavien) auf den
In mineralogiſcher Hinſicht ſind dieſe erratiſchen Blöde
ſehr verſchieden, die verſchiedenſten Arten Granit, Gneiß, Porphyr, Hornblende, Syenit, Diorit, Gabbro, Baſalt und
dergleichen, denen ſich noch eine Anzahl Sedimentgeſteine, zum Teile mit Petrefakten, zugeſellen, ſind vertreten.
Von Mineralogen iſt der Reichtum unſerer Haide noch viel zu wenig gewürdigt ; ich verweiſe in dieſer Hinſicht nochmals auf das Studium der hochwichtigen Abhandlung
von H. O. Lang : ,,Erratiſche Geſteine aus dem Herzogtum Bremen “, Abhandlungen des „ Naturwiſſenſchaftlichen Vers eins zu แ Bremen " (bei C. E. Müller, Bremen) 1879, 6. Bd., 1. Heft, S. 109--306 . – In dieſer Abhandlung wird, wie ich bereits im vorigen Jahre erwähnte, der Beweis geführt, daß unſere Findlinge nur zum geringſten Teile
Nähe Harburgs Erhebungen von ca. 145 m. Höhe), 10
ganzen Gletſcherſtrom ausüben, hier in Deutſchland bergan ſteigen. Alſo ein Druc, der in 1500 Km. Entfernung ſtattfindet, ſoll ſich wagrecht bis hierher fortpflanzen, ge:
rade als ob keine Reibung vorhanden und die dazwiſchen liegenden Eismaſſen kein eigenes Gewidyt befäßen ?! Was ſagen unſere Mathematiker dazu ? Alſo nochmals, ich bitte um eine ſadliche Kritik meiner
Gründe ; dieſe wird mir im Intereſſe der Ermittelung der Wahrheit , um welche mir lediglich zu thun iſt, ſehr erwünſcht ſein, und ſollte ſie noch ſo abfällig aus: .
fallen ; ich lege aber Verwahrung ein gegen ein Totſchweigen
von Skandinavien, die meiſten dagegen von Grönland und
der vielen , ſchwerwiegenden Gründe. Id werde der erſte ſein, der wirkliche Beweiſe anerkennt. Bis jeßt ſind ſolde
den Inſeln des Eismeeres herſtammen, alſo die Natur ſelbſt es den Geologen und Mineralogen inſofern bequem
aber nicht beigebracht worden, und ſo glaube ich daher feſt behaupten zu dürfen, daß die Thatſachen bis jekt für
Geographiſche Neuigkeiten.
mich ſprechen, ſowie daß mein ganzer Angriff auf die Lehre Torrel's durd, die einfachſte Logik nicht nur veranlaßt, nein , naturnotwendig erzivungen iſt.
Geographiſche Neuigkeiten. * Eine Unterredung mit Stanley. Der Lon
277
habe ferner erfahren, der Freiſtaat beginne junge Frauen zimmer zu rekrutieren, um ſie als Lehrerinnen für die jungen Sdywarzen nach Afrika zu ſchicken ."
(G. g.
* Die Provinz Kars . Die ,Gazette de Moscou " bringt aus amtlichen Quellen verſchiedene ſtatiſtiſche Nach : richten über dieſe Provinz von Ruſlijd )-Armenien , wohin fid) dermalen die ruſſiſche Auswanderung lenkt. Dieſe
Provinz wird gebildet durd) cine überaus fruchtbare und dem Acerbau äußerſt günſtige Hochebene, deren natürliche
doner Korreſpondent der „ Indépendance Belge “ ſchreibt: ,,Die Daily News' meldete jüngſt, Stanley werde wieder nach dem Kongo zurüdfehren, um die Leitung des Frei
Beiväſſerung ebenſo reich wie unerſdyöpflid, iſt. Die Berg bänge, welche die Hochebene in verſchiedenen Richtungen
ſtaates zu übernehmen , und erwarte bezüglich ſeiner Ab
die zahlreichen Flußthäler und Gebüſche gutes und reiches Viehfutter. In Anbetracht dieſer günſtigen Zuſtände wendet
reiſe nur die zur Erbauung der fünftigen Eiſenbahn zu verwilligenden Kapitalien. Id hielt es für intereſſant,
dem hervorragenden Forſdzungsreiſenden einen Beſuch zu inadhen und ihn zu befragen. Er hat mid ſehr freund lich in der Wohnung empfangen , welche er in New Bond : ſtreet mit einem deutſchen Diener und einem von der Dſt füſte Afrika's ſtammenden Neger innehat, dementierte aber gleich im Anfang der Unterhaltung die von der Daily News' gebrachte Nadrid t, und verſicherte mich, ſeine Rückkehr nach dem Kongo hänge nid) t von ihm ab,
ſondern von der Verwaltung des Freiſtaates ; allein dieſe habe ihm ſeit lange nicht den geringſten Vorſdylag gemacht. Herr Stanley hat den Eindruck, das Perſonal des Frei: ſtaates werde binnen kurzem eine vollſtändige Veränderung erleiden. Er meint, ohne etivas behaupten zu wollen , die
Engländer, Amerikaner und Deutſden , mit einem Wort alle Ausländer, wvelde im Freiſtaate dienen, werden nad)
Ablauf ihrer Dienſtzeit durch ein ausſchließlich belgiſdyes
durdyziehen , bieten vortreffliche Weiden und überdies liefern
ſich die wirtſchaftlide Thätigkeit der Bevölkerung beinahe ausſdiließlidy demn Acerbau und der Viehzudyt zu. Man Vaut eigentlich nur Sommergetreide, denn die Verſudje der ruſſiſchen Koloniſten mit der Einſaat von Winterfrucht ſind nicht gelungen . Dieſe Koloniſten glauben aber hart nädig an die Möglichkeit der Winterſaat, wenigſtens in den Bezirken Ardaghan , Sdyuragel, Zaruſdad, ſowie in
der Umgegend von Kars , vorausgeſeßt , daß ihnen die Militär -Intendantur den Abſaß ihrer Erzeugniſſe ſichere. Die Erfahrung beweiſt in der That , daß das Mehl aus
dem Winterroggen dieſer Provinz ganz ebenſo gut iſt, als das aus dem europäiſchen Rußland eingeführte.
Die
Verſuche mit der Budweizenkultur ſind nid ) t.gelungen . Die Provinz Kars beſigt Ländereien im Flädyengehalt von mehr als 1,200,000 Debjatinen , welche unter die Eins wohner verteilt werden können . Dank den Bemühungen der Molokanen und anderer ruſſiſdien Sektierer entwickelt
Perſonal erſeßt werden . Was nun die Eiſenbahn anlangt, jo fümmere ſid, Herr Stanley um dieſelbe wenig. Engliſche Kapitaliſten kämen jeden Tag zu ihm , um ihm ihr Gold
ſich der Gemüſebau zuſehends . Man baut hauptſädlich
zur Erbauung der berüchtigten Eiſenbahn anzubieten, von welder ein von ihm eigenhändig entworfener Plan auf
tiert wird. Der Gartenbau liegt noch in der Kindheit, aus genommen in dem Amt Olt und in dem Flecken Kagiy
die Kohlarten in dem Bezirk Sduragel mit ſolchem Er:
folg, daß die Stadt Kars ausſchließlid , damit verprovian :
ſeinem Tiſdie liegt. Er habe jedoch keinen Auftrag , mit
man , deren Birnen und Trauben einen Nuf erlangt haben .
ihnen zu unterhandeln , ſei jedoch immer noch von der
Der dort gewonnene Wein iſt dagegen mittelmäßig und
Notwendigkeit einer Eiſenbahn überzeugt. Dhne dieſe Eiſenbahn ', ſagte er, würde ich nicht dieſes Kiſtden Zi garren um das ganze Kongo -Becken geben.' „Herr Stanley hat mir einen der engliſchen Beamten des Freiſtaates vorgeſtellt, den Kapitän Sauley, weldier ſeit zwei Jahren die Station Leopoldville leitete und in dieſen Tagen aus Zentralafrika zurückgekehrt war. Dieſer wird ſid nädjſte Woche nach Brüſſel begeben, um dort von ſeiner Miſſion bei der Verwaltung des Freiſtaates Rechenſchaft abzulegen. Er äußert ſich ſehr vorteilhaft über den Kongo und hat mir bezüglich des Herrn Gren fell, des Forſdungsreiſenden und anglifaniſchen Miſſio
bildet keinen Handelsartikel . Außer den ruſſiſden Ras
nars, die intereſſante Thatjade mitgeteilt, Herr Grenfell ſei mit einer Negerin vom Kongo verheiratet und habe von ihr ſchon zwei Mulattenkinder. Die Koloniſation des Kongo beginnt alſo mit der Raſſenkreuzung. Idy
folniken beſdhäftigen ſid) nur die Karapapafen und die nomadiſchen Kurden mit der Viehzucht, die Nuſſen mit dem Acerbau für den eigenen Bedarf , die Eingeborenen im Hinblick auf den Verkauf. Das Vieh iſt von kleiner
Raſſe, aber kräftigem Bau. Die gewonnene Schafwolle wird ganz im Lande verbraucht, wo man Tüdyer und Teppiche daraus verfertigt . Die ruſſiſchen Koloniſten haben allein Vieh von beſſerer Raſſe , und auch die Zugpferde ſtammen von den Hengſten der Marſtälle von Woroneſdy und Tambow ab. Die unter dem Namen der Donkoborzen bekannten Seftierer , welche in den Dörfern Gorelowka
und Spaſſowka wohnen, beſißen viele ſchöne Pferde. Die einheimiſchen Pferde , ſind klein und ſdhwach. Der Honig von Kars iſt zwar von vorzüglicher Beſchaffenheit, aber die Bienenzucht iſt trozdem wenig entwickelt. Handwerk
Kleinere Mitteilungen .
278
und Gewerbe eriſtieren beinahe nidyt ; cs gibt nur einige Gerbereien, Ziegelhütten und Butterfabrifen. Dagegen iſt die Hausinduſtrie in den Dörfern bedeutend und be: faßt ſich mit Teppichieberci, Filzbereitung, Töpfereien 2c. Der Handel in den Städten und Dörfern iſt in den Händen der Armenier von Adjalzyk und Alerandropol. Der größte natürliche Reid tum des Landes ſind die unter der Ver:
Norden eine Bergmaſſe, deren höchſte Spißen ungefähr 6000 F. erreiden und die im Durdidhnitt 3600 F. hoch
iſt. Nad Süden bildet dasſelbe cine dichtbewaldete Hodha ebene, in welde zahlloſe, tiefe, canonartige Thäler ein:
dyneiden . Hier trifft man eine Menge Kiefern, welche ein
Meter über dem Boden einen Stammdurdhmeſſer von 90 cm . haben .
Nadydem Nabot ſeine Beobadytungen auf
waltung der Domänenleitung des Gouvernements Erivan
dem Fjeld beendigt hatte, ſtellte er Forſchungen auf der
ſtehenden Staatswaldungen und die Salinen von Kagysman ,
Halbinſel Kola im ruſſiſdien Finnland an und wies da: ſelbſt das Vorhandenſein von drei deutlich verſchiedenen
wvelde in den Bereid, des Bergwerks- Departements ge hören. Man führt nod) Salz aus, obivohl die reichen Salinen von Olt gar nid) t ausgebeutet werden . Die Provinz liefert ferner nod) Marmor und Alabaſter und beſigt mehrere Mineralquellen , worunter die gegen rheu: matiſche Leiden für beſonders heilſam geltende Thermal quelle von Beſchkiligin mit einer Temperatur von 230 R. Die Provinz Kars hat von jeher für die Kornkammer von
Bergletten ziviſden dem Polar- und dem Weißen Meere
nad ), welde eine Höhe von mehr als 3000 F. erreichen . Das Land iſt ſeither auf den Karten verzeichnet als eine Art Ebene, welche blos von Scen und niederen Hügeln unter: broden wird. Die Flädie zwiſchen den Bergketten iſt eben
und Bäume von ziemlidem Umfange und guter Geſtalt
die anderen ihren Bedarf an Getreide zu beſonders billigem
reidyen noch bis zu 680 50' ; darüber hinaus erſtrecken ſie fidy zwar noch auf einige Entfernung, werden dann aber faum 12-15 F. hodh.) Rabot hat hübſche Sammlungen von geognoſtiſden Handſtücken und von Erd- und Fluß
Preiſe bezogen. Während des lezten ruſſiſd) - türliſdyen
Mollusken und Fiſchen mitgebracht.
Nleinaſien gegolten und war zur Zeit der türkiſden Herr: (chaft diejenige der benad;barten Provinzen, aus welder
Krieges haben beide kriegführende Teile ihren Proviant
Eine neuere Forſchungsreiſe in Sibiriei ,
bedarf von hier bezogen. Seither iſt der Ackerbau daſelbſt in Zerfall gekommen , da viele Ländereien unbebaut bleiben und die Kulturmethoden zu den allerurſprünglichſten ge
wvelde fünf Jahre lang währen ſoll, wird unter den Aufpi
und Maſchinen ; aber deſſen ungeadytet genügen die Ernten vollſtändig für den Bedarf der Bevölkerung. ( G. g. ) Berghohen in Lappland. Neueren Forſdungen im ſchwediſchen Lappland durch Biedyt Svenonius und Nabot haben im Bezirk Hoebotten das Vorhandenſein einer Berg
zien der Ruſſiſchen Geographiſchen Geſellſchaft durdy Jadrint hoff organiſiert zum Zwecke der Unterſuchung der Ethno logie und der ſozialen und wirtſchaftliden Verhältniſſe von Sibirien . Die Reiſegeſellſdaft wird aus jungen Männern beſtehen, welche zum Zwecke des Studiums über verſchiedene Teile jener ungeheuren Region verteilt werden follen . Bewohner von Sibirien haben bereits ein löbliches Intereſſe an derartigen Forſdungen bethätigt und außer den Muſeen von Jrkutsk, Tomsk, Omsk und Jeniſſeist hat beſonders Herr Martianoff in Menuſink, im Gouver:
maſie bargethan , von welder ſid) mehrere Gipfel beträcht lidh über 6000 Fuß erheben . Ihre Sd)ludyten enthalten
ardhäologiſchen und ethnologiſchen Gegenſtänden zuſammen :
zahlreiche Gletſcher.
gebracht.
hören.
Dem Vorhandenſein der Hülfsfaſjen für die ader
bauende Bevölferung zum Trotz beſitzen die Leute nidyt einmal die einfachten und notigſten Aderbau Werkzeuge -
Der höchſte Gipfel heißt bei den
nement Jeniſlei, eine Sammlung von mehr als ſechstauſend (Sc.)
Lappen Kebnafaiba , liegt unter 680 n. Br., anderthalb Grad vom Meridian von Stodholm und ziviſden den
Seen Luleo und Torneo , und ſcheint nady trigonometriſden Meſſungen 6940 F. hoch zu ſein . Die beiden nädyſthohen ſind der Rasfaſatjoffo , annähernd 6800, und der Sarjetit , 6700 F. hoch. (Sc. ) 3m nördlid) en Norwegen und Finnland haben die Beobadytungen von Charles Rabot in dem ge
birgigen Bezirk des Store Baergefjeld in Nordland, im arktiſchen Norwegen , dargethan , daß die Bezeichnung des: felben auf den beſten Karten als ein ungeheures, fort: laufendes Gletſcherfeld ganz irrig und mißverſtanden iſt. Es gibt gar keinen primären , ſondern nur ſieben ſekun
Kleinere Mitteilungen. Das große Weideland der Vereinigten Staaten. Oeſtlich von den Feljenigebirgen liegt ein koloſſales Weide land. Es umfaßt 44 ", des geſamten Areals der Vereinigten Staaten , Alasca ausgenommen, und iſt mit ſeinen 1,365,000 Q.-Mlı . 10 groß als Großbritannien, Frankreich, Deutſchland, Dänemart, Holland, Belgien , Oeſterreich -ligari, Italien , Spanien, Portugal
und ein Fiinftel vom europäijchen Iinßland. Es gehören zu ihm
däre Gletſder, die in Schlucyten iſoliert ſind und kaum
cin großer Teil von Teras, das Indianer- Territorium , der weſt lidhje Teil von Kanſas, Nebraska und Dakota, die Territorien Montana, Idaho, Syoming, Utah, Arizona und Nieu -Mexico, die Staaten Colorado und Nevada , ſowie Teile von Californien,
uber den Zuſtand von Firn- oder Gletſderſdynee hinaus reichen. Ihr Geſamtflächenraum über dreitet 6 Q.-Km.
Oregon und Waſhington - Territorium . Dieſes ganze Weideland, die „ Ebenen “ (Plains) genannt, wird lediglich zur Viehzucht, als
nicht, und etwa ein Fünftel dieſer Fläche gilt als früher
zählt man dort 16 Millionen Stüd im
von Eis bedeckt. Das Field iſt kein Plateau, ſondern nach
Dou . Erſt ſeit wenigen Jahren wird die Viehzucht in dieſem
Weide für Kindvieb und Schafe , bemigt; bloß an Kindvieb Wert von 340 Millionen
Litteratur.
Weidediſtrikt betrieben und ſchon ſind die Eigentiimer der Vieh
279
reiche Leute geworden ; das angelegte Kapital verzinſt ſich mit 300 0 und das Vieh vermehrt ſich durch Nachzucht außerordentlich. Die Eigentümer haben ihre Hirten , die in dieſer Wildnis jahr
politiſchen und religiöjen Pflichten nachzuweiſen , welche wir mit der Koloniſation auch gegen die Eingeborenen amſerer Kolonien zut iibernehmen haben, vor allem die Pflicht, dieſelben zu be . chuitzen, zu erziehen, zu Chriſten und niitzlichen Menſchen zu machen , zur Arbeit , Mäßigkeit, Tuigend md Sitte zi1 gewöhnen und ihnen
heerden als die Vieh -Könige oder Vieh Barone fennt man ſie),
aus jahrein von der Jagd und vom Fiſchfang leben und zahl
die Laſter, Gefahren und Schattenſeiten der Ziviliſation möglichſt
reiche engliſche lords und Kapitaliſten haben große Strecken Weide
fernzuhalten .
land käuflich an ſich gebracht. Im Jahre 1884 wurden 1,025,000
ans Herz legt, der vermöge ſeiner Erfahrungen auf dem Gebiete der Miſſion ganz beſonders berufen iſt, hier ein Wort mitzu reden und mit Winkeit, Vorſchlägen und Räten hervorzutreten.
Stiid Rinder im Werte von 35:34 Millionen Doll. auf der Eiſen bahu niach Kanſas City , St. Louis und Chicago transportiert, dort geſchlachtet und abermals auf der Eiſenbahn in Eiswagen nach den öſtlichen Hafenſtädten befördert, um zum Teil auch nach Europa weitergeführt zu werden . . Auch lebend fommen viele Rinder nach den öſtlichen Häfen. Mit Hinzurechung der Rinder, welche aus den weſtlichen Acerbauſtaaten ausgeführt worden, kamen im Jahre 1884 in Chicago 1,817,697 Rinder an (791,884 wurden weiter verſchifft und 1,182,905 geſchlachtet und verpadt ) , in St. Louis 450,717 (davon 315,433 weiter verſchijft) , in Kanſas City 533,526 (davon 463,001 weiter verſchifft) . Auch Cincinnati konſumiert übrigens zum Schlachten und Verpaden ein bedeutendes Quantum Rinder. Ilm die Koſten des Eiſenbahn - Transports lebenden Kindviehs nach den genannten Städten zu erſparen , er
ridhten die Eigentiimer der Heerden jetzt ſelbſt Stationen zum Schlachten und Verpacken und ichaffen ſich ſelbſt Eiswagen an . Im Jahre 1884 repräſentierte das nach dem Ausland verſendete Fleiſch einen Wert von 41 Millionen Dol.
Es ſind goldene Worte , die uns Dr. Warneck
Wir empfehlen daher dieſe wid)tige und bedeutende Schrift, die in der Sammlung der „ Zeitfragen des dhriſtlichen Volfslebens“ erſchienen iſt, der Beachtung aller Geniſjenhaften und Denkenden unſerer Nation.
* Dedert , Dr. Emil: Grudz ii ge der Handels- und Verkehrsgeographie. Leipzig , Þaul Frohberg , 1885. Das vorliegende Werf iſt ein ſehr guter Leitfaden beim llnterricht
in der Handelsgeographie an Handelsſchulen und zugleich ein gute ? Handbudt zum rajchen Nachſchlagen. Es iſt nach einem guten und rationellen Syſtem auſgebaut, jührt die geſamten Er
zeugniſſe, die Handels- und Verkehrsſtrömungen und die dadurch bedingten Kulturverhältniſſe auf die Natur der Länder und Orte ſelbſt zuriick und entwidelt die 311 gebenden Thatjachen in einer iiberſichtlichent, knappen und bündigen Darſtellung, welche auf ge
ringem Raum das Wichtigſte und Notwendigſte zuſammen zu drängen weiß .
* Pechiel - l'oeſche, E.: Die Bewirtſchaftung tropi: Die Olivenzucht in Californien .
Die wunderbare Ertragsfähigkeit Californiens iſt noch fanm zur Hälfte zıır Geltung gebracht, eine ganze Reihe von Zweigen der Voden - Juduſtrie, welche dort in ergiebigſter Weiſe ausgebeutet werden könnte , iſt noch faſt imberiihrt. Darunter dürfte vor allen Dingen der Olivenbau zul nennen ſein , der im Verein mit
dem Weinbau eine neue Quelle des Reichtuns fiir das land zi1 werden verheißt. Bis jetzt haben indes ſelbſt die Pflanzer im
Süden ( in San Diego, Santa Barbara , Los Angeles , San Bernardino 20. ) dieſer Kultur nur geringe Sorgfalt zugewendet, und doch iſt nicht blos der Siiden , ſondern auch der Norden
Californiens — allerdings, weil fiihler, nicht fiir alle Sorten Oliven für ſie prädeſtinirt und doch bietet Californien allein für die Olivenzucht mindeſtens dasſelbe Areal, wie Italien und Spanien zuſaminengenommen. Die 100 Millionen Olivenbäume, welche in Spanien wachſen, können in Californien mit leichteſter Miihe
auf das Doppelte gebracht werden . Spanien erzielt aus ſeinem Oliven -Del bei niedrigen Preiſen jährlich 80 Millionen Doll.,
Italien producirt jährlich 80 Millionen Gallonen Del ; das mag, angeſichts der foloſſalen Mengen des alljährlic) importierten Oe18 ,
annähernd einen Begriff von den Chancen einer ſyſtematiſch bes triebenen californiſchen Olivenzucht geben .
Wer ſich fortan in
Californien anſiedelt, wird gut thun, der Olive eine ganz beſondere Dr. G. W. Aufmerkſamkeit 313iwenden.
Litteratur. * Warner , Dr. theol. Viſtav : Welche Pflichten Tegen uns unſere Kolonien auf? Ein Appel an das chriſt
liche deutſche Gewiſjen. Heilbronn, Gebriider Henninger, 1885. Der Herausgeber der trefjlich redigierten „ Allgemeinen Miſſions: Zeitſchrift" ( Giitersloh, Bertelsmam ) entledigt ſich in der vor liegenden Sdirift einer Gewiſſenspflicht , den Denkenden und Filhlenden unſerer Nation auch die Folgeil unſerer neuer Holonialpolitik zu Gemiit zu führen und die ernſten ſittlichen ,
ſcher Gebiete. Vortrag , gehalten am 22. September 1885 in der 58. Verſammlung deutſcher Naturforſcher und Aerzte 311 Unſere Straßburg. Straßburg , Karl f. Triibner, 1885.
deutſche Kolonialpolitik hat die Frage : ob dic Tropenländer nach europäiſcher Art landwirtſchaftlich auszubeuten ſind , ganz ſpeziell in der Brempunkt der öffentlichen Aufmerkſamkeit und Erörte rung gerüdt, imd dieſe Frage wird nun lebhaft diskutiert. Eine der eingehendſten und beachtenswerteſten Erörterungen dieſer Frage iſt der vorliegende Vortrag von Bedhuel -Loeſche, welcher die Tropen länder wenigſtens teilweiſe aus eigener Anſchauung kennt. Er ſchildert darin zimädyſt die verſchiedenen Bodenverhältniſſe , die Bewäſſerung, die Vegetation 11. ſ. w . und fuiipft an dieſe Vor bedingungen ſeine Winke und Schliiſje bezüglich der Möglichkeit der Bewirtſchaftung tropiſcher Gebiete , und wir verweiſen wegen der Reſultate, 311 denen er gelangt, auf die kleine Schriſt ſelbſt. Engel, Morit : Die Löſung der Paradiesfrage. Mit einer Karte. Leipzig . Otto Schulze , 1885. – Die Frage, wo wir den Garten Eden , das Paradies des Alten Teſtainentes, zu
funden haben, hat von jeher die Bibelforjder und Archäologen beſchäftigt. Die vorliegende Schrift glaubt dieſe Frage gelöſt zu haben und verlegt das Paradies der heiligen Sage nordöſtlich vom Dichebel Hairan in das ländchen Er Ruhbé , wo die vier Paradieſesfliiſje ausgehen. Ueber ſeine Beweisgrinde hiefiir, von denen mehrere ſebr konkluſiv ſind, verweiſen wir auf die gewiſſen hafte und wohldurchdachte Schrift ſelbſt. * Scott , James George (Chway Yoe) : Franfreich 111d Tongfing. Eine Beſchreibung des Feldziiges von 1884 und der Beſetzung Hinterindiens. Nebſt Sdhilderingen von Land und Leuten . Deutſch von W. kudow . Mit einer Karte. Ilfeld am Harz , Chr. Fulda, 1886 . Dieſe fliichtigen Aufzeidhumgen
eines britiſchen Soldaten , weldier den iibereilten imgliidlichen Feld3113 in Tongking mitgemad )t hat , ſind im Felde geſchrieben und geben die hingenommenen friſchen Eindrüde wieder, was ihnen eine beſondere Anziehungskraft verleiht.
Sie bilder jedod)
nicht den Hauptwert des Buches, obwohl ſie manche intereſſante und anziehende Einzelheit berichten , ſondern wichtiger und lehr: reider ſind die Bemerfungen des Verfaſſers iiber Land und
Leute von Tongting, Annam und Sambodſcha, welche wohl
Correſpondena .
280
lloch fiir eine Reihe von Jahren umjere Aufmerkſamkeit auf jene
meinſchaften mit erheblichen Koſten zur Ausbildung von Geiſtlichen
Länder Indochina's hinlenken werden , und die uns in einer guten Karte vorgefiihrt werden . Dies macht das Buch auch für den
Mitte 1885 im
Freund der Geographie leſenswert und lehrreich. * Rath , Profeſſor G. vom : Arizona. Studien und Wahrnehmungen . Nach Porträgen in Freundeskreiſen. Seidel berg , Karl Winter, 1885. Herr Geh. Bergrat und Profeſſor (G. vom Rath in Bonn gibt in der vorliegenden Schrift eine ſehr
errichtet wurden. Die Zahl der Schulen fiir Maori-Kinder betrug ganzen 61 und wem
man die von religiöſen
Gemeinſchaften unterhaltenen Penſionate hinzınimmt, 67, und die Zahl der Schulkinder nicht , wie angegeben , 1097 ( es ſind da durch ein Verſehen nur die Knaben angegeben und auch dieſe nicht
richtig) vielmehr 2422, nämlich 1368 Knaben und 1054 Mädchen. Dies nach den letzten Berichten des Schulminiſters fiir Ende
lebendige und treue Schilderung des Gebietes Arizona, des „ Landes
1884. Hier hätte auch das College fiir Maori erwähnt werden
des Sonnenſcheins und Silbers“ , deſſen reidhe mineraliſche Schätze neuerdings jo viel von ſich reden machen und ſo viele Auširan derer dorthin locfen. Da wir noch wenige wijjenſchaftliche Be dreibungen dieſes Territoriums beſitzen , welches binnen weniger
jollen , das zu Te Aute in dem Hawkes-Bay- Diſtrikt beſteht. Der
Jahre einen weiteren Staat in der rieſig fortſchreitenden nordameri
Sdafbeſtand der Kolonie betrug am 31. Mai 1884 wicht 13,306,329
Stiicf (dieſe Zahl gilt für 1883) , vielmehr 14,056,266 Stiick und ſo ließe ſich noch eine ganze Reihe von Ausſtellungen machen . Emil Jung. Leipzig .
kaniſchen Union bilden wird, ſo hat dieſe Donographie, welche uns Land und Leute nach allen Seiten darſtellt, einen beſonderen Wert
und verdient beſonders auch dadurch Beachtung, daß der Verfaſſer der gegenwärtigen brennenden „ Indianerfrage“ bejondere Beachtung
Verlag von Paul Frohberg in Leipzig.
ſchenkt . Die Schrift erſchien in der bekannten wertvollen , von
Grundzüge der
N. Fronimel und Friedrich Pfaff herausgegebenen „ Sammlung
Sandels- und Verkehrsgeographie
von Vorträgen " . voli
Dr. Emil Deckert. 1885.
VIII und 283 5.
Preis M. 2.40 .
Zahlreiche giinſtige Recenſionen !
korreſpondenz.
Verlag von Karl I. Trübner in Straßburg. * Frauen als Ammen von Vierfiißlern. In der Nummer 37 vom 14. September 1885 des „ Ausland“ teilt W. Oeſterhaus, Detmold, mit, daß im lippiſchen Hiigellande
Die Bewirthſhaftung tropiſder Gebiete. Vortrag ,
Frauen zuweilen Tiere jängten, wenn ſie leberfluß an Milch
gehalten am 22. September 1885 in der 58. Verſammlung Deutſcher
hätten . Jil Tenneſſee wurde mir in den Siebziger Jahrert wieder holt verſichert, daß man Wödynerinnen , wenn ſie empfindliche Briiſte und wunde Saugwarzen hätten, ein junges viindchen neben dem Kinde jäigen laſſe , wodurch die Briiſte geſuig und ſchmerzfrei wiirden . Es wurden mir Frauen genannt, welche
Naturforider und Herzte 311 Straßburg
.
von
E. Peduel - Loeſche. In gr. 80.
31 Seiten . Preis : 1 Marf.
.
dieſes Mittel mit Erfolg angewandt hatten , und zwar nicht allein Frauen ans den unterſten Ständen , ſondern Damen . Die Sache wurde imter ſanitariſchem Geſichtspunkte betrachtet und man fanid
Verlag von Hermann Cortenoble 110 311 beziehen durch jede Buchhandling.
Hodintereſantes Reiſewerk !
nichts anſtößiges daran .
Stein a . Rh. (Schweizi.
D. Plii macer.
Berichtigung. Geſtatten Sie mir einige Berichtigungen zu dem in mancher Beziehung ganz verdienſtlichen und recht lesbaren Artikel Greffrath's
Wanderungen eines Naturforſchers im oſtindiſchen Archipel in den Jahren 1873 -- 1883 pont
Henry D. Forbes. Aus dem Engliſchen von Dr. med. R. Teuſcher.
iiber „ Neuſeeland “ .
In dem kurzen Abſchnitt über das Schulweſen iſt geſagt, daſs Neuſeeland zwei Univerſitäten beſitze, eine 311 Dimedin , eine andere
311 Audland. Das iſt nicht ganz zutreffend, allerdings beſteht eine Univerſität in Dunedin , die Otago llniverſity , an der auch unſer Landsmann Profeſſor Wirich mitwirft, der ſich ichon in Victoria
als Geolog auszeichnete ; allein dieſe lluiverſität hat mir beſdränkte
2 Bde. gr. 8. in eleg. Ausſtattung, mit einer dhromolithogr. ' bbildung, zahlreichen Illuſtrationen und 4 varten . Broſch. 14 Mart, eleg . geb. 18 M. Das Werf iſt von bleibenden wiſſenſchaftl. Werth u . Doch auch für den (Hebildeten bodyintereſjant und jpannend geidrie ben . Der Verf. berichtet iiber icinen Mufenthalt auf den
Cocos si eeling Injeln , beichreibt ihren Bau , ihre Thiere,
Rechte, lo fann ſie feine akademijden Grade erteilen, während die
ihre Pilanzen , die atmojphäriſchen Erſcheinungen u . Die 2. Abth . berichtet iiber java . Die 3. bth. behandelt
Ilniverſity of New Zealand 311 Chriſtchurch (merkwürdigerweiſe hat Herr Grefſrath dieſe Univerſität bei Beſchreibung der Stadt
Palembang
nicht einmal genannt) dieſelben Rechte beſitzt, wie die 311 rford und Cambridge. Dieje Univerſität iſt in der wiſjenſchaftlichen Welt durch ihren Kanzler James sector und Surch unſeren Pande mann Profeſjor Julius v. Haaſt ſeit Jahren bekannt. Uudland beſitzt feine llniverſität , jeudern ein llniverſity College, das der Univerſität affiliiert iſt. Dabei wären denn auch die Colleges
Cumatra , die l'ampongs imd die Kejidentichaft Die 4. Abth. führt nad ) Amboina, in
dejjen Inneres , nach Timor - laut, cinem bis jetzt faſt unbefannten lande. Die 5. Abth . berichtet iiber die Inſel Burn 11. den gebeimniſvollen gee des Innern ; die 6. Abth . dildert Timor, wo ein hochintercijanter Ausflug nach dem Jumern den Schluß bildet . Herr Profeſſor Ernſt hädel hat das jehr gut geichriebene und viel Neues und
Originelles enthaltende Buchy" für eine deutſche Bearbei ting empjoblen.
zu erwähnen geweſen, welche von den verſchiedenen religiöſen Ves
Druck und Verlag der J.G. Cotta'idhen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Sluslaud . Wodenſdrift für länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von
der
I. G. Gotta'ſhen Budhandlung in Stuttgart und Mündjen. Neunundfünfzigſter Zahrgang.
1886 .
Stuttgart, 12. April .
Nr. 15.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Cuartal M. 7. -- Zu beziehen durch alle Budihandlungen des 311- und Auslandes und die Poſtämter.
Manuſcripte und Recenſions-Gremplare von Werfen der einjchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraſze Nr. 6 II, zu jenden . Injertionspreis 20 Pf. fiir die gejpalteile Zeile in Petit.
Reyes 2c .
Inhalt : 1. Sitten und Brändje der Tagalen (Luzon ). Nadı dem „ Folk- Lore bulaqueño“, nach D. A. Paterno, de los Von F. Blumentritt. S. 281 . 2. Die Gemeindewirtſchaft und der deutſche Koloniſt in Rußland. Von Dr. Ed. Þetri.
3. Zur Ethnographie der Republik Guatemala. Bon B. Langkavel. S. 287. 4. Die Kulturmiſſion der Deutſchen , vom Geſichtspunkte der vergleichenden Erdkunde beleuchtet von 9. Habenicht. S. 290 . 5. Ein Beſuch bei einem aſiatiſchen Heiligen. S. 293. 6. Geographiſche Neuigkeiten . S. 296 . 7. Kleinere Mitteilungen : S. 297. Dr. Wetel +. Die deutſche Sprachgrenze in den Alpen. 8. Litteratur. 5 298. 9. Notizen. S. 299. S. 285.
Sitten und Bräude der Tagalen (Luzou ). Nadı dem
„ Folk - Loré bulaqueño “ , nach D. A. Paterno,
danken haben, indem die Seelen dieſer Foetus ſich in jene Spukgeſtalten verwandeln. Iſt dieſe Deutung richtig, ſo
។
de los Reyes 26.
Von F. Blumentritt.
waren die Waldwildniſſe von vielen Individuen der Spezies
bewohnen, einiges Intereſſante. Darnach iſt bei den Be
Tigbalang 2c. bevölkert, während die alten Mönchschroniſten nur von einem einzigen Tigbalang, einem einzigen Patianac u. 1. w. ſprachen. Wenden wir uns zunächſt dem Tianac zu . Dieſer erſcheint in wahrer Proteusgeſtalt, bald als ein ganz kleines
wohnern dieſer Provinz der Glaube an die Unbolde der
Kind von Säuglingsgröße, bald als Hund, ein andermal
heidniſchen Vorzeit noch immer nicht erloſchen, wenn auch die drei Jahrhunderte der chriſtlichen Aera den Charakter der alten Dämone vielfach umgeändert haben . Der Pa tianac und Dſuan, ſowie der Tigbalang treiben noch immer
wieder als ein (Wild- [?]) Schwein oder gar als ein Baum ſtrunt; ob er aber nun in dieſer oder jener Form einem entgegentritt, immer erkennt man ihn an einem Gewimmer,
unter dem Namen Tianac, Aſuan (Aſuang, Ajuang) und
Sein Lieblingsaufenthalt iſt der Wald, beſonders entlegene,
Tigbalang ( Ticbalang) ihr Unweſen und erfüllen mit
weit von menſchlichen Wohnorten entlegene Pläßchen. Hier
Angſt und Schreden die Gemüter der abergläubiſchen Dorfleute. Unter den erſten Tagalen dieſer Landſchaft,
lauert er dem einſamen Wanderer auf, um ihn vom Wege abzubringen, denn die Menſchen ſich verirren zu laſſen,
II .
Das „ Folk -Lore bulaqueño“ berichtet uns über den Aberglauben der Tagalen, welche die Provinz Bulacan
das jenem gleicht, welches neugeborene Kinder äußern.
welche ihre Bildung an der von den Dominikanern ge
ſcheint ſeine Lieblingsbeſchäftigung zu ſein, ſeitdem die
leiteten Skt. Thomas-Univerſität zu Manila empfingen,
Pfarrer mit Weihwaſſer und Erorcismen ihm den Beſuch der Ortſdaften erſchweren. Rein Tagale, der auf einem
ſoll einer ein in ſeiner Mutterſprache geſchriebenes Manu ſkript hinterlaſſen haben , welches ausführlich über die Dämone ſeines Volkes abhandelt. Leider iſt dieſes für die Kulturgeſchichte der Tagalen ſo überaus koſtbare Schrift: werf verloren gegangen , nur einige Stellen desſelben find durd) mündliche Ueberlieferung erhalten worden ; nach dieſen ſollen die oben genannten Unholde ſowie nod; an dere Ungeheuer und Wichtelmännchen , die unter dem ſpani den Namen Duende ( oft zu Duente forrumpiert) zuſam mengefaßt werden, ihre Entſtehung Fehlgeburten zu ver Ausland 1886, Nr. 15.
Marſche die Richtung verfehlt hat, wird ſeiner eigenen Unkenntnis oder Unachtſamkeit dies zuſchreiben , er wird
gewiß ſteif und feſt behaupten, der Tianac hätte ihm einen ſchlimmen Streich geſpielt. Don Gregorio Santillan er:
zählt hierüber folgende Geſchichte: ,,Als ich noch ein Knabe war, dickte mein Vater
einen unſerer Knechte nach einem Reisfelde, das ungefähr eine Meile von unſerem Dorfe entfernt war. Der Knecht gieng dort ſeiner Verrichtung nach und begab ſich dann 43
Sitten und Bräuche der Tagalen (L113011 ) .
282
wieder nach Hauſe; auf dem Heimwege aber überraſchte
Der Tigbalang erſcheint in der Provinz Bulacan
ihn die Nacht. Er ſchritt demungeachtet weiter , als er
in einer monſtröſen Geſtalt: als Menſchenfigur mit Pferde : kopf. Die Gliedmaßen ſind ſo überaus lang, daß, wenn
le
plößlich das Wimmern eines Kindes vernahm , das aus
nädſter Nähe zu kommen ſchien. Er ging darauf los, fand aber ſtatt des geſuchten Kindes nichts als ein Stück knarrenden Holzes, das ſich zu bewegen dien. Der arme Teufel er ſchraf zum Tode, die Haare ſträubten ſich ihm zu Berge ;
von namenloſer Angſt erfaßt, lief er, ſo ſchnell er konnte, auf den Pfad zurüd und jagte wie ein gebeşter Hirid) nach Hauſe, indem er feſt nach der Laterne des Kirchturms als ſeinem Wegweiſer blidte. Schon ſah er in den Hütten die Lidhter glänzen , idon glaubte er ſich gerettet, aber o Schrecken ! als er im Dorfe ſchon zu ſein glaubte, ver ſchwanden die Lichter und er ſtand in Finſternis in der Einöde da. Bald aber faßte er neue Hoffnung, in einer anderen Nidhtung ſah er Lichter blißen, dort alſo war der rettende Port, dahin auch lief er wie mit Sturmesflügeln ,
der Dämon fich niederkauert, die Kniee weit über den
Kopf hinausragen ; dabei iſt er bei ſeiner hohen Statur ſo dürr, daß die Haut nur direkt an den Knoden hängt. Der Pferdefopf iſt nicht mit einem
Fell, ſondern mit
Menſchenhaut überzogen ; zwiſchen den Dhren, wo den Pferden ein Haarbüſchel herabfällt, ſproſſen einige lange, ſteife Borſten, die an die Stacheln des Stachelidhweines lebhaft erinnern. In dieſer Figur fann der Tigbalang erſt ſeit der Conquiſta aufgetreten ſein, denn das Pferd iſt erſt von den Spaniern aus Mexico, Japan und China nad Luzon und den Philippinen gebracht worden. In anderen Provinzen Luzons tritt der Tigbalang, wie der
verſtorbene Guſtav Wallis in ſeinem Tagebuche bemerkt, auch mit Pferdehufen auf, was vielleicht durch Anlehnung
aber kaum dort angelangt, verſchwanden auch hier die
an die Teufelsgeſtalt der Chriſten zu erklären iſt.
Lidhter wieder, um an einer anderen Stelle wieder auf zutauchen . So rannte er hin und her, ohne daß es ihm gelang, in eine Niederlaſſung zu kommen oder einen Menſchen anzutreffen , der Tianac trieb eben ſein Spiel mit ihm . Je länger dieſe Trugbilder ihn äfften, deſto größer wurde
Dod, fehren wir zum Tigbalang der Landidaft Bu lacán zurück. Er bringt den größten Teil ſeiner Zeit in den Höhlungen alter großer Bäume zu, die in dem dichteſten Teile der Urwälder zu finden ſind.
Einen
glühenden Haß hegt er gegen alle Kinder, denn er be
feine Angſt, die ihm wieder friſche Kräfte zu neuer ver
neidet fie, die Lebenden um
geblidher Furdyt eingab. Endlich brac er völiig erſchöpft
Daſein, die Geſtorbenen um die Ruhe des Todes und die Freuden des Paradieſes ( hier läßt ſich chriſtliche Beein fluſſung der Mythe erweiſen ), denn er ſelbſt hat ein ähnlics Leben zu führen, wie es die Sage vom ewigen Juden beridytet. Dhne Raſt und Ruh muß er herumirren ; ſelbſt wenn er fidy in die Höhlung eines Baumes verkriecht oder zu deſſen Stammende fich fauert, fühlt er feine Stärkunç, ſondern die Müdigkeit hält an , und dody, obwohl es ihm ,,wie Blei in den Gliedern liegt," kann er nicht ruhig bleiben , ſondern muß weiter wandern. Dabei fühlt er, wie Tantalus, evig Hunger und Durſt und dod; vermag er weder zu trinken noch zu eiſen, obwohl nid)t geſagt
unter einem Baume zuſammen, unter welchem er eine Nacht voll Sdyrecken verbrad )te, bis der anbrechende Tag die
Geſpenſter verſcheuchte und ihm die Welt, wie ſie wirklich iſt, offenbarte. Jeßt jah er, daß er ſid, eine halbe Meile von unſerem
Hauſe entfernt befand.
Fiebernd fam der
Tagale heim und war noch ſo aufgeregt, daß er erſt am folgenden Tage ſeine Erlebniſſe berichten konnte. Ein alter
Mann unter den Zuhörern düttelte, nad)dem der Knect geendet hatte, das Haupt und ſagte : „ Das iſt dir nur deshalb geſchehen , weil du nicht wußteſt, was du zu thun hättcſt, denn es gibt ein ſehr einfaches Mittel, um den Tianac ſich vom Halſe zu halten. Aus eigener Erfahrung weiß idy, daß wenn man ſein Hemd umwendet und ſo
wieder anzieht, der Tianac einem gar nichts anhaben fann." Der Knecht hatte vor dem Tianac eine ſolche Angſt bekommen , daß er ſeither dem Rate des Greiſes folgend, ſein Hemd ſtets auf der verkehrten Seite trug und zwar nicht nur bei Nacht und in der Einöde, ſondern
aud bei Tage und im Dorfe ſelbſt, eine folche Angſt hatte ihm ſein Abenteuer mit dem Tianac eingeflüßt." Der moderne Patianac oder, wie er jegt heißt, Tianac, tritt alſo heutzutage viel harmloſer auf, als in den Tagen der Conquiſta, wo er ein Begleiter des Djuang war und
mit dieſem im Verein die Wöchnerinnen und Kreiſenden heimſuchte. Auch genügſamer oder, wenn man will, ge ſitteter iſt er geworden, denn ehedem ſchüßte man ſich vor
itym durch Entblößung des Körpers, ſpeziell der Genitalien , heute genügt idon die Kehrſeite des Hemdes, um ihn zu bannen und ſeiner Zaubergewalt zu berauben.
ihr fröhliches, ſorgenloſes
wird, was ihn hindert, ſeine Gelüſte zu befriedigen. Ebenſo erzählen die Tagalen der Provinz Bulacán, daß er über dies von Gewiſſensbiſſen hart gedrüdt würde, dod, wiſſen ſie nicht zu ſagen, was der Tigbalang zu bereuen hätte.
Während der Tianac von den Eingeborenen ängſtlid gemieden und gefürdytet wird, gibt es unter dieſen genug Verwegene, welche nicht nur feine Scheu vor ihm beſißen, ſondern ſogar ihm nadſpüren, um ihm eine koſtbare Beute abzujagen. Unter den Stachelborſten ſeines Kopfes beſivt der Tigbalang drei, welche alle, beſonders aber die mitt
lere, ſich durch eine auffällige Größe auszeidynen und ein Anting -Anting ſind. Unter dem Anting -Anting (Untin Antin, Anteng -Anteng) verſtehen die Tagalen eine Art Wünſchelrute oder einen mit Zaubermädyten ausgeſtatteten Gegenſtand, der was immer ſein kann : Ring, Zwirn, Broche u . dgl. Der Anting- Anting fann nur zu gewiſſen Dingen dienen , z. B. Sdäße finden , einen unverwundbar machen , oder auch den glüdliden Beſißer zu einem voll
Sitten und Präuche der Tagalen (C113011).
283
ſtändigen Herenmeiſter oder Zauberer maden. Um nun das Anting -Anting dem Tigbalang abzujagen, begibt ſich der Waghals in den Wald und ſucht jene Stellen auf, ivo die größten Bäume wachſen. Hier glückt es ihm nun vielleicht, den Dämon anzutreffen , und zwar in ſeiner
Weſen gezivickt fühlt, ſo iſt dies ein Zeiden , daß ein
Ruheſtellung, d. ħ. auf den Ferſen am Fuße eines Wald
Sand und anderer Unrat ſid, vorfindet oder Steine von Ter Zimmerdecke auf ſie herunterfallen . In dem Pueblo
rieſen hockend.
3ſt dem Abenteurer das Schidjal hold,
ſo daß der Tigbalang ihn nicht merkt, ſo id leicht ſich der Tagale an ihn heran und ſtürzt ſich plößlich auf ihn, ſo daß der Dämon unten zu liegen kommt, ſonſt erhebt er ſid ), obwohl er keine Flügel beſikt, mit dem Menſchen in die Luft und entführt ihn in unendlid, entfernte Regionen
oder ſchüttelt ihn ab, ſo daß er aus der Höhe fallend zer: idhellt. Am beſten iſt es, wenn der Anting -Anting - Jäger
Robold es minnt.
Gibt es ſich ihn nicht preis, jo hat
es die Rache des kleinen Ungeheuers zu befürdyten, die fid verſchiedenartig äußert, indem entweder das Haus der ſpröden Dirne plötlid Feuer fängt oder in ihren Speiſen
Valinag der Provinz Bulacan lebt gegenwärtig ein Mäd dien, das von ſo einem verídımähten Liebeskobold viel zu leiden hat. Eines Nachmittags ſtand es mit ſeinen El tern und den Nachbaren vor der Treppenleiter ſeines Hauſes, die ganze Geſellſchaft ergab ſich dem Klatſch und war ſo mitten im Zuge, als man plöblid) einen brenz
lichen Gerud, verſpürte, man eilte in das Haus und fand
einen jener geweihten Stride mit ſich trägt, mit welchem
eine aufgehängte Saya (Rod ) des Mäddens in Flammen ,
die Franziskaner und andere Mönche ihre Rutten umgür: ten ; mit dieſer Schnur läſst der Tigbalang ſid leicht
obwohl ſeit mehr als einer halben Stunde niemand die Hütte betreten hatte. Ein anderesmal brad, in der Sieſta
feſſeln. Hat alſo der Tagale den Dämon „ unter ſid) be kommen ", ſo erhebt dieſer ſich wohl auc hod) in die Lüfte,
Zeit in der Küche unerwartet Feuer aus, obwohl die Glut
1
aber wenn man ſich nur feſthält, ſo hat dies nichts zu ſagen , denn ídließlid) ermüdet das Unweſen und läßt ſich nicht weit von der Stelle, wo er aufgeflogen iſt, zur Erde
am Herde längſt erloſchen war ; nur mit großer Anſtreng ung gelang es den herbeigeeilten Nachbarn , das Feuer zu löſchen. Ein junger Mann, der dem Mädden Troſt zu ſprad) und ihm einzureden ſudyte, es läge hier nur ein
nieder und bekennt ſich nun für beſiegt; er fordert nun
Fall von Sinnestäuſchung vor, ſpürte plötzlich einen ſo
ſeinen Bezwinger ſelbſt auf, von ihm etwas zu fordern, Nun verlangt der
gewaltigen Riß, daß er glaubte, ein Stüd Haut müßte mit abgeriſſen ſein , doch war kein ſichtbares Zeichen zu
Glüdlide die mittlere der drei Zauberborſten ; der Tig balang will zuerſt nicht einwilligen, wenn man ihn aber
regte, ſo begab ſich ein gebildeter Eingeborener, Don Gre
da er alles zu gewähren bereit ſei.
rüdgeblieben. Da dieſes Ereignis großes Aufſehen er
gehörig mit dem geweihten Strick, denſelben zuſammen
gorio Gonzalez, zu dem offenbar an Hyſterie kranken
ſchnürend, gequält hat, ſo gibt er endlich nach, nadidem er vergeblich die eine der beiden anderen, minderwertigen
Mädden und ſagte ihr dasjelbe, wie der verunglüdte
Ratgeber, doch blieb er vor der Rache des Koboldes ge
Borſten ſeinem Peiniger angetragen hat. Von dem Augen blide an , wo der Tigbalang ſeine Hauptborſte dem Sieger
ſidhert. Das Mädchen leidet unter den Verfolgungen ſeines Galans aus dem Geiſterreich unſäglich ; einmal ging es
übergeben, iſt er ſein willenloſer Sllave geworden ; der Tagale braucht nur die Borſte ein wenig zu berühren oder
ihm fodledit, daß es, im Glauben , ſeine leßte Stunde wäre ſchon gekommen, ſich den Prieſter holen ließ, um die Sterbeſakramente der katholiſchen Kirche in Empfang zu nehmen . Don Gregorio Santillan behauptet, daß das
aud nur einfach zu rufen und ſchon ſtellt ſich ihm audy der Dämon zur Verfügung. Das allerbeſte bei dieſem Zaubermittel iſt, daß ſein Beſiber es nicht ängſtlich zu
behüten braucht, da er mit der Zeremonie der Uebergabe und Empfangnahme die Gewalt über den Tigbalang für immer erlangt hat, aud) wenn er den Talisman verliert. Andererſeits würde es niemanden nüßen , dem rechtmäßigen Beſiber das Anting-Anting zu nehmen oder zu ſtehlen ,
denn die Zaubergabe klebt nicht mehr an der Glücksborſte, wenn ſie in fremde Hände übergegangen iſt, während der rechtmäßige Beſiber auch nach dem Verluſte ſeines Anting Anting der Gebieter des Tigbalang bleibt. Abgeſehen von dieſen Wald- und Berggeiſtern eri ſtieren noch eine Anzahl von Robolden , welche beſonders
den Mädchen nachſtellen. Da es auch weibliche Kobolde gibt, welche auf Männer Jagd machen, ſo ſind dieſe mo: dernen, liebesdurſtigen Geiſter wohl mit dem Lacanpate
der alten Tagalen identiſch, welcher als Hermaphrodit ſich um die Gunſt beider Geſchlechter bewarb. Wenn ein Mädchen bei Tag und Nacht ſich von einem unſichtbaren
einzige Schußmittel gegen die Zudringlichkeit dieſer ver liebten Geiſter wäre : ſtets ſeinen Taufpathen in der Nähe zu haben ; ob die von weiblichen Kobolden verfolgten Männer ſich vor dieſen durch die Gegenwart der Tauf: pathinnen retten könnten, wird nicht geſagt. Wie man aus dem zuleßt Erwähnten erſehen kann, iſt der modifizierende Einfluß des Chriſtentums auf die alten heidniſchen Bräuche nicht zu verkennen , denn troß
Tianac und Tigbalang ſind die Tagalen der katholiſchen Kirche ſehr ergeben und feiern alle Feſtlichkeiten derſelben init großem Gepränge. Abgeſehen von Prozeſſionen ſind es insbeſondere die Wallfahrten zu gewiſjen Gnadenbil dern, welche bei den Tagalen in Anſehen ſtehen und ſidy einer außerordentlichen Beliebtheit erfreuen. Ein ſolches Gnadenbild iſt jenes der Nueſtra Señora de Antipolo, von welchem die Tagalen viele Wunder zu erzählen wiſſen. Es wurde von Acapulco in Merico durch den General gouverneur der Philippinen, Don Juan Niño de Tabora,
Sitten und Bräuche der Tagalen (Luzon ).
284
im Jahre 1626 nad Luzon gebracit und der eben erſt
erbauten Kirche des Städtchens Antipolo geſchenkt, von wo es im XVII. Jahrhundert vorübergehend weggenommen
wurde, um ſchließlich ſeit dem Anfang des vorigen Jahr: hunderts dauernd dort zu verbleiben. Anfangs Mai iſt
Mund nod feine Naſe hätte erreichen können. Dies iſt der Grund, weshalb die Tagalen in U. 2. F. von Anti polo ihre Sduspatronin anerkennen . Von anderen kird lichen Feſten 2c. will ich nid)ts weiter berichten, da ſie eben allgemein katholiſche ſind, ohne auf die Tagalen ſelbſt ſich
menkommen , um dort an den mit außergewöhnlicher Pradit
zu beziehen. Der Einfluß des Klerus hat es auch bewirkt, daß
ausgeſtatteten Prozeſſionen und Kirchenfeſtlichkeiten teilzu
manche heidniſche Bräude im Schwinden begriffen ſind,
die Feſtwoche, wo zahlloſe Menſchen in Antipolo zuſam
nehmen. Von weiter Ferne kommen die Tagalen hierher,
ſo gilt dies z. B. für den Paſiam . Unter dieſem Namen
indem
faßte man jene neuntägige Totenfeier zuſammen , die darin beſtand, daß die Hinterbliebenen mit den Nachbarn und Verwandten im Sterbehauſe durd neun Tage hindurd) zuſammenkamen, um einerſeits den Toten (ſchmauſend und zechend !) vereint zu beklagen, andererſeits um die Rüd fehr ſeiner Seele zu erwarten, denn nach dem Glauben der Tagalen kehrt die Seele des Verſtorbenen in der neunten Nacht nach dem Tode wieder in ihre irdiſche Be hauſung zurück, um dort noch einmal an den Speiſen und
ſie behaupten , daß Unſere Liebe Frau von Anti
polo ſpeziell ihrem Volfsſtamme ſich hold erweiſe. Als Beweis hiervon erzählen ſie folgendes : Ein Tagale namens Yacinto Bernardo fuhr mit einem anderen Landsmann und deſſen Weibe über den See von Bay, bei der Barre von Tay Tay ſchloſſen ſich ihrem Boote zwei Kähne an , die mit vier fremden Männern bemannt waren. Die drei Fahrzeuge ſeşten nun ihren Kurs vereint fort, bis ein
plößlich eingetretenes Unwetter ſie zwang, in einer Budyt Souß zu ſuchen. Hier überfielen nun die Piraten, denn
Getränken ſich zu laben, welche die Lebenden genießen,
dies waren die Fremden, den Yacinto Bernardo, töteten
und um ſid zu überzeugen, ob die Hinterbliebenen audy
ſeine Begleiter und brachten ihm ſelbſt ſieben ſchwere Wunden bei ; der Verwundete rief die Hülfe der Lieben Frau von
des Toten nod gebührend gedenken. Deshalb werden am
Antipolo an und gelobte, in ihrer Kirde ihr zu dienen, dann warf er ſich ins Waſſer und ſchwamm troß ſeiner Verleßungen 200 Ellen weit, bis er das rettende Ufer
fand, wo er im Gebüſche zuſammenbrach und liegen blieb, bis ihn einige Jäger nach vier Tagen fanden. Bernardo
leßten Abende des Baſiam die beſten Speiſen und die
ſtärkſten Getränke aufgetragen; vor die Treppe wird ein Gefäß mit Waſſer hingeſtellt, damit die von der langen Reiſe durſtig gewordene Seele ſich erquicken könnte ; ebenſo ſtreut man Aſche auf die Matten , um nach den Fußſpuren des Verſtorbenen zu ſudjen, und ſich ſo zu überzeugen, ob
genas von dieſen Wunden und diente ein Jahr hindurch
er thatſächlich hier geweſen wäre. Nur in entlegenen,
in der Kirche von Antipolo, erreichte ein hohes Alter und ſtarb, nad)dem er vor dieſem Abenteuer in ärmlichen Ver hältniſſen gelebt, als ein wohlhabender und angeſehener Mann. Das andere Wunder erzählen die Tagalen fol gendermaßen : Eine tagaliſche Bäuerin gieng eines Mor gens zeitlich nach Antipolo, um dort einer Meſſe beizu wohnen. Sie hatte ſchon die Gärten, welche die Stadt umgeben, erreicht, als ein Bote ſie einholte, welcher ihr
einſamen Weilern wird noch dieſer Brauch feſtgehalten ; in anderen Gegenden kommen zwar die Freunde und Bekann
mitteilte: ihr dreijähriges Söhnchen ſei plößlich abhanden
reduziert , in Manila ſogar auf drei Tage, ſo daß hier die Benennung Paſiam gar nicht mehr am Plaße iſt, denn
gekommen, ſie möge umkehren . Die Mutter erſdırak nicht
wenig ob dieſer Runde, ſeşte aber ihren Weg fort und knicte in der Kirche nieder, die Mutter Gottes bittend, ſie
möge durch die Almadit ihres Sohnes das Kind retten, dann kehrte ſie idleunig heim.
Wie dankbar hob ſie die
Hände zum Himmel empor, als beim Eintritt in die Hütte ihr das verlorene Kind entgegenlief. Als der Bote dem don ganz faſſungsloſen Vater den Gruß ſeiner Frau : „ Er möge nur auf die Fürbitte U. L. F. von Antipolo ver trauen ", ausgerichtet hatte, nahm er wieder das bisher er:
folgloſe Suchen auf und fand endlich ſeinen Knaben im Fluſſe. Man zog ihn aus der Tiefe empor und glaubte
nur eine Leiche geborgen zu haben ; man täuſchte ſich aber : das Kind öffnete die Augen und erzählte, eine wunderbare
ſchöne und leuchtende Frau hätte, ſo lange es unten am Grunde des Fluſſes gelegen, die Hände über dasſelbe ſchüßend ausgebreitet, ſo daß das Waſſer weder ſeinen
ten neun Abende hindurch im Trauerhauſe zuſammen, aber es wird da nidyt nur gegeſſen und getrunken, ſondern auch gebetet, oder es lieſt einer der Anweſenden eines der zahl reichen Legendenbücher vor , welche von den ſpaniſchen Mönchen in das Tagaliſche überſekt worden ſind. In einigen Städten hat man auch die Zahl der Paſiam-Tage
fiam heißt im Tagalog neun. Der philippiniſche Me: ſtize Don Alerandro Paterno hat unter dem Titel ,, Ninay" (Madrid, Fortanet. 1885) die Geſchichte eines ſolchen Paſiam niedergejdhrieben. In dieſem Buche, dem ſeine bald puerilen, bald grotesken Fußnoten mehr ſchaden als nüßen, finde ich folgende hier verwendbare Notizen : Ein Lieb: lingsſport der Tagalen, insbeſondere der Jugend, beſteht
darin, daß ſie von ſteil abfallenden Klippen oder Ufer böſdungen zuerſt in horizontaler Richtung in das Meer oder den Fluß fich ſtürzen , um dann in der Luft burd eine flinke Bewegung den Körper in eine ſenkredyte Lage zu bringen und ſo unterzutauchen. Ferner erwähnt Pa terno, daß die Tagalen ein Erdbeben prophezeien, wenn die Wolken ſich iduppenartig übereinander türmen .
Die Gemeindewirtſchaft und der deutſche Koloniſt in Rußland.
285
Die Gemeindewirtſchaft und der deutſche Koloniſt in Rußland.
fremden Verhältniſſe der Gemeindewirtſchaft zurückzuführen
Von Dr. Ed. Betri.
Uebergangs zur Gemeindewirtſchaft entwaffnen. Dieſer
Die Nachricht, daß die deutſchen Koloniſten an der Wolga die ruſſiſche Feldgemeindewirtſchaft angenommen
Uebergang geſchah keineswegs auf Grund einer theoretiſchen Erkenntnis der Vorzüge der Gemeindewirtſchaft ! Es wurde derſelbe vielmehr durch eine ganze Reihe höchſt einfacher, aber um ſo mächtigerer Urſachen bewirkt. Den Ausídlag haben in dieſem Fall die wirtſchaftlichen Verhältniſſe Ruß lands gegeben. Nichts wäre unpraktiſcher als die An wendung der Formen des rationellen Akerbaues unter unreifen ökonomiſchen Verhältniſſen, bei denen der Abſatz
haben, hat ſeinerzeit ein gewiſſes Aufſehen erregt. In Deutſchland wurden Befürchtungen laut über den Verfall
des Deutſchtums und den wirtſchaftlichen Niedergang der deutſchen Kolonien in Rußland ; die ruſſiſchen Verfechter
des Gemeindeweſens triumphierten hingegen, indem ihnen der Uebergang der „ Lehrer der Ruſſen in der Landwirt
ſchaft“ zur Feldgemeindewirtſchaft gleichbedeutend war mit einem Sieg der „ Objchtſchina ", des Gemeindeweſens, über die individualiſtiſchen Tendenzen der Feinde der alten Volfsordnung. Beide Auffaſſungen waren indeſſen völlig unbegründet. Die Gemeindewirtſdyaft iſt durdaus vereinbar mit
ſind, ſo laſſen ſich die Behauptungen der Ruſſen durch einen einfachen Hinweis auf die Motive des erwähnten
ein ungeregelter iſt, der Verkehr ein jdwieriger und koſtſpieliger, das arbeitsluſtige Kapital und der Unter: nehmungsgeiſt reine pia desideria . Iſt ja das Raub
ſyſtem in Rußland (wie noch jeßt zum Teil und früher in höchſtem Maße in den Vereinigten Staaten Nord amerika's, ſowie in jedem jungen Lande) die wenn audy
Es iſt das eine An
ſehr bedauernswerte, ſo doch natürlichſte Form der Wirt:
ſchauung, in Bezug auf welche wir keineswegs vereinzelt daſtehen. Die Frage iſt vielmehr die, ob das Gemeinde:
ſchaft; geht doch ein ruſſiſcher Forſcher ſo weit, daß er für die Bered )tigung der Urbarmadung der Felder durch
allen Fortſdyritten der Bodenkultur.
weſen in ſeinen altüberlieferten Formen beizubehalten,
Waldbrände (! ) im Gouvernement Dlonez eintritt. " Wenn
oder aber in Anpaſſung an die jeweiligen Verhältniſſe in einer oder der anderen Weiſe umzugeſtalten ſei. Wir be kennen uns zu der leşteren Anſchauung, indem ja, wie wir das in einer ſpeziellen Studie über den Urſprung und die
nun auch die Deutſchen ihre zweifelloſen und unbeanſtan : deten Verdienſte um die Hebung der Landwirtſchaft in
Entwicelung des Gemeindeweſens 11 nachgewieſen haben,
nur für ſich ſelber einen ſoliden Wohlſtand, ſondern auch
die Gemeindewirtſchaft ſelber aus einer , wir dürfen viel: leicht ſagen, inſtinktiven Anpaſſung an die den jeweiligen Naturverhältniſſen und den jeweiligen Kulturmitteln der menſchlichen Individuen am eheſten und trefflichſten zu : jagende Erwerbsform hervorgegangen iſt; wir vertreten ferner den Saß, daß der natürlidye" Ausgang des Ges meindeweſens nicht die Zerſtörung desſelben und nod) weniger die unmittelbare Hinüberſeßung desſelben in die modernen Kulturverhältniſſe ſei , ſondern ein allmählicher Uebergang in das Aſſociationsweſen , in welchem der ur: ſprünglichen, inſtinktiven, gewiſſermaßen unbewußten Form gegenüber die den modernen Verhältniſſen entſprechende bewußte Form der Gemeindewirtſchaft zu erkennen iſt.? Daß aber die deutſche Gemeindewirtſchaft in Rußland weniger ein Rüdfall in die alte primitive Wirtſchaftsform als eine Annäherung an das Aſſociationsprinzip iſt, das werden wir weiter unten zu beweiſen haben. Wenn nun aber die Befürchtungen, daß die deutſchen Koloniſten durch Annahme der Gemeindewirtſchaft ihren wirtſchaftlichen Rüdgang bekundet haben, auf eine gewiſſe Unkenntnis der eigentümlichen und dem Deutſchen ſo ſehr
für Nußland ein gutes Stück Kulturland in den ſüdlichen und ſüdöſtlichen Steppen errungen haben, ſo wußten ſie
1 Siehe unſeren Aufſat : „ Die Gemeindewirtſchaft und der Bauer in Rußland“ . „ Mitteilungen der Oſtſchweizeriſchen Beo : graphiſchen Geſellſchaft für 1884 ; in abgefiirzter Form erſchienen in der „ Allgemeinen Zeitung“ 1883, Nr. 319 und 320. 2 Intereſſante Beiſpiele für die Möglich feit und Leichtigteit eines derartigen Ueberganges bietet die Schweiz . Ausland 1886, Nr. 15 .
Rußland beſißen und allen großartigen Sdywierigkeiten, welchen ſie anfänglich ausgeſetzt waren , zum Troß nicht
ſich doch mit praktiſchem Sinn in die primitiven Verhält niſſe zu ſchicken und in ihren Neuerungen ein vernünftiges Maß einzuhalten. Indem die Koloniſten ſich den lokalen Verhältniſſen anpaßten, mußten ſie aber auch mancherlei von den Ruſſen entlehnen. Zivar hielten ſie mit einer bemerkenswerten Zähigkeit, wie ſie eine ſolche verwandteren Kulturen gegenüber leider nie aufgewieſen haben (wir
erinnern an das Geſchick der Deutſchen in den Vereinigten Staaten Nordamerika's) an der heimatlichen Tradition, an Sprache, Sitte und Brauch, Kleidung (eine Ausnahme
macht der Schafpelz, vielfach kommen auch die hohen Stiefeln in Brauch), Haus und Gerät; in ihrem ökonomiſchen Leben aber, in Speiſe und Trank („ Quaß" das nationale Getränk der Ruſſen ), in wirtſchaftlichen Handgriffen und in manden Lebensgewohnheiten haben ſie fich doch den
Ruſſen nähern müſſen. Von Intereſſe für uns iſt aber ſpeziell die Annäherung des Deutſchen an das ruſſiſche Gemeindeweſen. Entſcheidend in dieſem Fall war der Umſtand, daß den Roloniſten von Haus aus ein höheres Maß von Selbſtverwaltung und Gemeindewirtſchaft ein ^ S. Priflonskij: „ Das Volfsleben im Norden " . Mostan
1884 (ruſſiſch). Siehe unſer Referat über das genannte Werk in
Petermann's Geograpbijchen Mitteilungen “ 1885, Heft 3 , S. 114 .
11
2
Intereſſante Details liefert das überſichtliche Wert von F. Matthäi : ,,Die deutſchen Anſiedeliugen in Rußland. " Leipzig 1866. 44
Die Gemeindewirtſchaft und der deutſche Soloniſt in Rußland.
286
geräumt war, als ihre deutſchen Brüder in der Heimat es
überflüſſig vorhandenen Boden ſo viel genommen als er
Der durch die erwähnten Verhältniſſe bes
beadern konnte ( alſo wiederum ein durchaus primitives,
günſtigte Gemeindeſinn der Koloniſten erſtarkte aber Dank der iſolierten Lage der Deutſchen inmitten einer aus ſlawi
den gegebenen Umſtänden angemeſſenes Verhältnis der
iden, türkiſchen und finniſden Elementen beſtehenden Be :
geſtiegen war, haben ſie freiwillig die ruſſide Ader: teilung bei ſich eingeführt. Sie teilen ſomit alle
je bejaßen.
völkerung um ſo mehr und machte im Verein mit den übrigen bereits erörterten Momenten den Uebergang zu einem gemeinſchaftlidhen Vorgehen in den gemeinſchaftlichen Intereſſen ganz natürlich und leicht. Dieſer Uebergang
war ein ganz allmählicher, aber nie ein vollſtändiger. Das alte deutſche Wirtſchaftsweſen wurde nie völlig auf gegeben. Die neue, den ruſſiſchen wirtſchaftlichen Ver: hältniſſen angepaßte Form trat bald in dem einen, bald in dem anderen Zweig der Wirtſchaft je nach den lokalen Verhältniſſen auf ; ſie bezog ſid hier auf den Ader, dort
Gemeindemitglieder zu einander ! ). Als die Bevölkerung
drei, vier bis ſechs Jahre auf jedesmaligen Gemeinde beſchluß den Ader nad Seelenzahl. Mit eigenen Schnüren von zehn Faden Länge wird alles Land vermeſſen und dann verlooft."
Dafür aber, daß der Uebergang der Deutſchen zum
wirtſchaftlichen Syſtem ihrer Nachbarn fein unbedingter und fein unbedachter war , reden uns zahlreiche Quellen. Die Koloniſten im Bezirke Nowo-Ujeni, die zur Feld gemeindewirtſdaft übergegangen ſind, haben ſich in prakti
auf das Wieſenland 2c.
ider Weiſe der ſolidariſchen Haftbarkeit zu entziehen ge
Nichts iſt irriger als die von den Ruſſen vorgebrachte Anſchauung, daß die koloniſten an der Wolga erſt neuer
wußt. Sie haben das ruſſiſde Gemeindeweſen in An
dings auf die Feldgemeindewirtſchaft verfallen wären . Nach der ruſſiſchen Verſion hätten die Koloniſten im Kreiſe Nowo-Ujenj, Gouvernement Sjamara, vor ein paar Jahren gemeinſam ein Land erworben und, da ſie angeſichts der bevorſtehenden Ausſaat nicht an eine Teilung ſchreiten konnten, dieſes Land probeweiſe nadı dem Syſtem der ruſſi iden Gemeindewirtſchaft beſtellt. Der Verſudy wäre ſo
glänzend ausgefallen , daß ſie nunmehr dieſes Syſtem der Gemeindewirtſchaft endgültig acceptiert hätten. Wir wollen die Möglichkeit des erwähnten Ereigniſſes keineswegs in Zweifel ziehen, wohl aber läßt es ſich darauf verweiſen,
daß den Deutſchen das Weſen der Gemeindewirtſchaft feineswegs fremd, vielmehr durchaus geläufig war, und daß ſomit die eine Probe nicht von jo entideidender Bes deutung ſein konnte', wie das behauptet worden iſt. Der
für die Erkenntnis der mannigfaltigen , teils überlieferten, teils neuauffeimenden Formen des Gemeindeweſens ge
paſſung an die lokalen und momentanen Verhältniſſe umgeſtaltet, was der Ruſſe, der auf dem Wege ſeiner hiſtoriſchen Entwidelung zu den gegenwärtigen Zuſtänden gekommen iſt, nicht vermag. Zwar iſt die ſolidariſche
Haftbarkeit eine natürliche Folge des Gemeindeweſens und als ſolche iſt ſie bei zahlreichen primitiven Völkern der
Welt vertreten ; ſie bildet die Grundlage für eine Reihe von Erſcheinungen , die das höchſte Intereſſe des Anthro pologen verdienen, ſo für die Blutrade, die ewigen Kämpfe
und Zwiſte der wilden Völker u. f. w .; in ihrer gegen wärtigen Form aber, in Rußland, wo ſie unter dem Eins fluß der Kulturverhältniſſe und des herrſchenden Régime's
reduziert iſt auf die Zahlungsleiſtungen der Gemeinde an den Fiskus, da arbeitet die ſolidariſche Haftbarkeit aus: ſchließlich für den Fiskus und befördert die Auflöſung des des Gemeindeverbandes. Ein Abſtehen von einem der: artigen Brauch war ſomit durchaus am Plaß. Von Intereſſe iſt ferner ein Bericht über die „ obsch
ſchärfte Blick des Forſchers findet eine Fülle bezüglicher
tschinnaja - Viehzucht“, wie die Ruſſen ſich ausdrücken , die
Erſcheinungen in dem wirtſchaftlichen Leben der deutſden
von der Gemeinde aus betriebene Viehzucht der Koloniſten in Südrußland. Die deutſchen Koloniſten des Odeſjaer
Koloniſten, wie es uns in der keineswegs ſpärlidhen und namentlich in den vierziger bis ſechziger Jahren hodis intereſſanten Litteratur über die Kolonien in Rußland geſdildert wird. Aber noch mehr ! Finden wir doch bei dem mit Necht geſchäßten Harthauſen, deſſen Werk, gelegent lich erwähnt, auch ins Ruſſiſche übertragen iſt , eine aus weit vergangener Zeit herrührende intereſſante Notiz über
Bezirkes, Gouvernement Cherſjon , verfügen über einen reiden Viehſtand. Für ihr Gemeindevieh beſißen ſie vor zügliche aus Stein errichtete Stallungen nebſt Wohn gebäuden für die aufs Jahr gemieteten Hirten. Für den
Annahme des ruſſiſden Wirtſchaftsſyſtems von ſeiten der
Unterhalt des Gemeindeviehes werden gewiſſe Parzellen an Acker- und Wieſenland ausgeſett (5-8 Deßjatin Acker land, 5—10 Deßjatin Heuſchlag; 1 Deßjatin = 1,092
Deutſchen, eine Notiz, weldie ſich auf die Wolga -Rolonien, und zwar ſpeziell auf das Gouvernement Sjamara, bezieht.
Heftar ). Die Arbeiten auf dem Gemeindeland werden nidyt gemeinſchaftlich von der ganzen Gemeinde vorges
Da heißt es gelegentlich einer Beſchreibung von Paning: foje : „ Anfangs (die Kolonie wurde 1765 begründet), wo
nommen ; es wird die Gemeinde in vier Sektionen geteilt,
-
von denen jede einzelne ein ſpezielle Arbeit auf ſid nimmt,
die Bevölkerung noch gering war , hat ein jeder von dem
1 Siehe unſern oben erwähnten Aufjat, „ Mitteilungen der 1 A. v. Harthauſen : „ Studien über die inneren Zuſtände, das Volfsleben und insbeſondere die ländlichen Einrichtungen Rußlande ". Hannover 1847, Band II , S. 36.
Oftichweizeriſchen Geographiſchen Geſellſchaft“ 1884, S. 21 . 2 ,,Semskij Obſor “ (Rundſchau der „ Semſtwo"), heraus gegeben von der Semſtwo des Gouvernements Poltawa. Jahr gang III , 1885 , S. 175 .
Zur Ethnographie der Republik Guatemala.
287
das Ackern , das Ernten , das Heuen u. dgl. m. In jedem
wir bei ihm Ausdrücken , ivie ,,es ideint", „wahrſcheinlid )",
nachfolgenden Jahre fällt der einzelnen Sektion eine andere
„vielleicht“. Zu folden Reiſenden gehört aud Dr. med.
Arbeit zu, und zwar wird dabei die Anordnung getroffen, daß jede der vier Sektionen in dem Turnus von vier Jahren
Otto Stoll, Dozent an der Univerſität Zürid ), welcher im vorigen Jahre ein Werk : ,,Zur Ethnologie der Republik Guatemala “ mit einer ethnologiſchen Karte herausgab.
ſämtliche Arbeitsleiſtungen der geſamten Gemeinde auf dem Gemeindegut beſorgt hat, ohne daß darunter die ſonſtigen
1
Während feines mehrjährigen Aufenthaltes in jenem
Sektionen
Lande als praktizierender Arzt benußte Dr. Stoll ſeine
Es iſt das ein intereſſantes
Beiſpiel für die natürliche Rechtlichkeit, mit welcher der
Mußeſtunden dazu, die vom Abbé Braſſeur de Bourbourg begonnene und von Dr. Berendt ſo erfolgreich fortgeſeşte
Bauer derartige Fragen zu löſen verſteht.1 Für ihre Heerden halten die Koloniſten gewöhnlic) 2—3 Zuchtbullen und 2-5 Zudythengſte, die auf gemeinſame Koſten ange-
Aufgabe der vergleichenden Linguiſtik Zentralamerika's wenigſtens für den Umfang des Staates Guatemala weiter fortzuführen. Es werden in dieſem Lande gegenwärtig
ſchafft werden und als Gemeindevieh gelten. Die Befoldung der Hirten wird entſprechend dem Viehſtand des Ein-
noch 18 ſelbſtändige Sprachen geredet, von denen die
Arbeiten der Gemeinde und der
ſonderlich gelitten haben.
einzelnen
zelnen von den Gemeindemitgliedern zuſammen getragen. Neben der wohldurchdadyten und gewiſſermaßen erſt in der Neuzeit acceptierten genoſſenſchaftlichen Wirtſchaft der Deutſden finden wir, gelegentlid, bemerkt, im gleichen Odefjaer Kreiſe bei der ſonſtigen Bevölkerung desſelben
Maya, Mopan, Chol, Qu'ekchi, Pokonchi, uſpanteca, Iril, Aguacateca, Mame, Qu'idé, Cakchiquel, Tz'utujil, Poko: mam , Chorti der Maya -Qu'iché: Gruppe angehören, die
Sinca , Pupuluca , Pipil , Caribe andere Spradytypen repräſentieren und die Alagüilac vielleicht eine ſchon aus: geſtorbene Spradje iſt.
manche altüberlieferte Gemeindeformen, die ihre Analogien
Es fehlen bis jeßt ſidere Anhaltspunkte, um zu be
in fernen Ländern und fernen Weltteilen finden könnten . Es gilt das nicht ſowohl von den Ruſjen , bei denen hier das altruſſiſche Artelj-Weſen ( Genoſſenſchaften ) auf die Schafzucht angewandt worden iſt und die vielleicht auch den Deutſchen den Anſtoß zur genoſſenſchaftlichen Bewirt:
ſtimmen, welches die älteſten Bewohner Guatemala's ge weſen ſind. In dem zentralen Teile Amerika's haben ſich
auf ihren ausgedehnten Wanderungen die Völker oft an einander verſchoben und gegenſeitig durdſeßt, daß eine
ſchaftung gegeben haben , wie von den Bulgaren. Dieſe
Orientierung außerordentlich ſchwierig iſt. Dr. Stoll be ginnt ſeine Unterſuchungen mit den in Guatemala iſoliert
Koloniſten verfügen über bedeutende Heerden und ſind als
ſtehenden Völkern.
Viehzüchter beſtens bekannt.
Sie pflegen keine Zucht-
Der einzige Repräſentant der aztekiſden Völker
bullen auf Gemeindekoſten zu kaufen, wohl aber iſt es
ſind die Pipiles. Gegenwärtig wird die Pipil-Sprache innerhalb dieſer Republik nur noch an wenigen Orten ge ſprochen, die aber nicht ein Gebiet bilden, ſondern in eine nördliche und in eine ſüdliche Kolonie zerfallen. Die nördliche mit den Drtſchaften Salamá, S. Auguſtin, Aca fabuaſtlan, Tocoy und den umliegenden Aldeas reicht von Salamá faſt bis Chiquimula und Zacapa, die ſüdliche vom
Brauch bei ihnen , daß der eine oder der andere in der
Regel auf ein religiöſes Gelübde hin der Gemeinde (!)
einen jungen Bullen ſchenkt. Nachdem derſelbe in die redyten Jahre gekommen und im Laufe eines Jahres als
Zuchtbulle verwendet wurde, pflegt man ihn zum Kirch: weihfeſte, Pangïr genannt, zu ſchlachten und gemeinſchaft:
lich (!) zu verſpeiſen. Der feſtlichen Mahlzeit ſchließen ſidy in althergebrachter und allgemein verbreiteter Weiſe
öffentliche Spiele, Ringkämpfe und Tänze an.
Stillen Dzean nördlich bis Escuintla, dann öſtlich bis über Guajiniquilapa und Jumay hinaus. Die Pipil Sprache iſt an manchen Orten ſchon ausgeſtorben, an an deren durch fremde Sprachen verdrängt worden. Als die Spanier nach der Unterjochung der alten Reiche der Qu'ichés
und Cakchiqueles auf ihrem Eroberungszuge im Jahre 1524
Zur Ethnographie der Republik Guatemala. Zu denjenigen Völkerſchaften , über deren Sprache, Geſchichte, Denkmäler, Sitten und Gebräuche wir gegen-
wärtig nur wenig und fragmentariſch unterrichtet ſind, gehören auch die Zentralamerika's. Freilid, iſt die Littera tur über jene Gegenden ganz beträchtlich; aber je gewiſſen hafter und freier von vorgefaßten Meinungen ein Forſcher
in dieſem Teile Amerika's iſt, um ſo häufiger begegnen 1 Siehe unſeren Aufſat S. 19 und 20.
2 Rohl : „ Reiſen in Siidrußland" , Leipzig und Dresden 1847. Band I. S. 213-217 bringt eine intereſſante Charakteriſtik dieſer Bulgaren .
weiter ſüdwärts drangen, befremdete es ſie im hohen Grade, an der Südküſte von Guatemala einen Volksſtamm zu finden, der eine dem Mexicaniſchen nahe verwandte Sprade redete. Iſt nun auch das Dunkel, welches das mittelamerikaniſche
Altertum umhüllt, faſt nicht zu erhellen, ſo machen dod neben anderen auch rein philologiſche Gründe es wahr: ſcheinlich, daß die Pipiles von Norden her einwanderten. Im April 1883 ſammelte Dr. Stoll in der Stadt Salamá ein Vokabular von ca. 300 Pipil-Wörtern. Da er nun jedem einzelnen das der klaſſiſchen Azteca-Sprache gegen überſtellte, ſo vermag der Leſer ſofort zu erkennen , daß das Pipil durchweg eine vereinfachte Form des Mericani den iſt. Dieſe einfachen Wortformen fanden ſich ſchon
288
Zur Ethnographie der Republik Guatemala.
zur Zeit der ſpaniſchen Eroberung, wie das aus dem ſpär: lidhen Vorrat von Pipil-Wörtern hervorgeht, welche in den Sdriften der ſpaniſchen Chroniſten enthalten ſind.
Individuen waren unzweifelhafte Indianermiſchlinge, ſog.
Sie beiveiſen eine große Stabilität dieſer Sprache, weldie
daß die Frauen für gewiſſe Dinge andere Ausdrücke ge brauchten als die Männer. Aber auch in den Maya Sprachen, einer dem Caraibiſden gänzlich fernſtehenden Sprachenfamilie, finden ſich für die Bezeichnung der Ver
im Laufe mehrerer Jahrhunderte ſich wenig verändert hat. Es iſt Dr. Stoll ſehr wahrſdeinlich, daß die toltekiſchen Wanderungen , welche die mericaniſch - redenden Völker Guatemala's, Salvadors und Nicaragua's ſo weit ſüdlich führten , viel früher, als die ſpaniſchen Chroniſten ſchließen laſſen ( 10. - 11 . Jahrhundert), ſtattgefunden haben. Die
Ladinos, die Spaniſd) reden . Es iſt bekannt, daß die alte
Sprache der Inſel-Caraiben die Eigentümlichkeit beſaß,
wandtſchaftsgrade häufig verſchiedene Ausbrücke bei Män: nern und Frauen, und vermutlich wird ſich dieſelbe Ers ſcheinung auch noch für andere mittelamerikaniſche Sprach
von Adolf Baſtian ( ,,Steinſfulpturen aus Guatemala . "
gruppen herausſtellen .
Berlin, 1882) beſchriebenen und kommentierten Denkmäler ſind gewiß nicht die einzigen im ganzen früheren Pipil
Guatemala wurde in alter Zeit von Indianerſtämmen be:
Gebiete an der Südſee-Küſte von Guatemala und Sals
vador ; eine gründliche Unterſuchung würde gewiß nod ) manchen wertvollen Fund zu Tage fördern, jedoch iſt die
Hoffnung, daß dies geſchehe, nur gering. Dieſe ſtummen Zeugen altindianiſcher Baukunſt fallen wahrſcheinlich dem
Vandalismus ihrer jeßigen Umwohner zum Opfer. Von den Mije : oder Miris . Stämmen finden ſich
in Guatemala nur die Pupuluca - Indianer ; ihre Sprache wird nur in der Gegend von Conguacu (Depto Jutiapa, nahe der ſalvadoreniſchen Grenze) geſprochen, aber in Salvador, in Jayantique (im Departement von S. Miguel), alſo an zwei ziemlich weit von einander entfernten, durd andere Sprachgebiete getrennten Orten. Es iſt wahrſcheinlich,
Der weitaus größte Teil des Territoriuins des heutigen wohnt, welche zuſammen mit einigen Völkern der angren : zenden Gebiete Chiapas und Tabasco als Maya: Völker bezeichnet werden, entſprechend ihrer Sprachverwandtſchaft mit Een Mayas von Yucatan. Ihre älteſte Geſchichte verliert ſich in unentwirrbare Sage ; wir vermögen bis jeßt nicht anzugeben, wann und woher ſie gekommen. Zu ihnen gehören die Huaſtecas, deren Gebiet gegenwärtig den Norden des Staates Vera Cruz und den angrenzen
den Teil von San Luis Potoſi begreift. Ihre Geſchichte in vorcortezianiſcher Zeit iſt uns völlig unbekannt; wir wiſſen nur burd Irtlilrochitl, daß ihr Gebiet um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts unter mexicaniſche Oberherr
denn jedes ſichere hiſtoriſche Material fehlt, daß auch ſie
daft fam . Die Mayas bewohnten bereits zur Zeit der ſpani
von Norden her, vom Iſthmus von Tehuantepeque, einwan derten, wo die Mijes einſt ein ausgedehntes, ſpäter durch freinde Stämme eingeengtes Gebiet bewohnten . Im Jahre 1796 brachten die Engländer nach der kleinen Inſel Roatan , nahe der hondureniſden Küſte
iden Eroberung dieſelben Gegenden , welche ſie heute inne haben. Ob fid, aber in längſt vergangener Zeit die klaſ fiſde Maya nid )t auf ein erheblid größeres Gebiet erſtreckt habe, ob wir nicht die prachtvollen Ruinen von Quiriguá, Copan, Palenque und von ufumacinta demſelben Volke
Caraiben ( ſpaniſd Caribes, engliſch Caribs), von wo
zuzuſchreiben haben, welches auch die Nuinen von Tikal
ſie ſich allmählid, nad Honduras verbreiteten. 31 Gua: temala bewohnen ſie nur den kleinen Hafenort Livingſtone auf der atlantiſchen Seite, ſind alſo ein in jüngſter Zeit
und die zahlreichen und ausgedehnten Bauwerke in Yuca tan geſchaffen , das iſt eine völlig offene Frage. Es förs dert nicht, aus dem vorliegenden, anerkannt mangelhaften und unzulängliden litterariſchen Material neue Theorien herauszuleſen, ſondern geduldig neuen Stoff zu ſammeln
der Republik künſtlich aufgepfropfter Bevölkerungszweig. Die jebigen Bewohner von Livingſtone und Belice find ſämtlich „ ſchwarze Caraiben", d. h. Zambos oder vielmehr
Neger, in welchen das alte Caraiben-Blut vermutlich ſeit Generationen untergegangen iſt, obwohl ſie bis auf den heutigen Tag die alte caraibiſche Sprache der fleinen An: tillen beibehalten haben. Es ſind hochgewachſene hagere Geſtalten mit dem typiſchen Wollkopf des Negers, der kurzen, breitgequetſchten Naſe und dicken Lippen ; ihre fett glänzende Haut hat eine ſtark geröſtetem Kaffee ähnliche Farbe. Sie ſind lebhaft, Freunde der Rede, die all ihr
Thun mit großem Lärm begleiten. Die Frauen lieben ſidy in grellfarbene Zeuge zu hüllen. Arbeiten, bei denen
ſowohl durd) eingehende Lokalſtudien an den Ruinenpläßen in den Wäldern von Chiapas und Tabasco, als auch durd, umfaſſende linguiſtiſde Arbeiten. Den Reſt der Maya-Sprachen dürfen wir zweifels: ohne als Töchterſprachen der Maya von Yucatan betrachten. Es ſind folgende vier Gruppen : die Tzental- , P0- . fond é : , Qu'idé- und Mame- Gruppe. Zu der Tzental . Gruppe gehören die Chontales von Tabasco, deren Gebiet ſich über die Tiefländer des ſüdmericaniſchen Staates Tabasco, welche vom Strom gebiet des Rio Grijalva, von deſſen weſtlichſtem Arm,
mehrere beſchäftigt ſind, wie z. B. das Rudern der Laſt
dem Rio Seco, bis zum öſtlichſten, dem Tulijá, einge
boote, begleiten ſie mit einer Art Geſang, der aus der
nommen werden , erſtreckt. Die Tzentales bilden einen alten Teil der Bevöl
Ferne nicht unharmoniſch klingt, eine Neußerung gemüt licher Zufriedenheit. Von , gelben Caraiben" konnte Dr. Stoll
nichts bemerken, denn die hellfarbigen und ſtraffhaarigen
ferung des mexicaniſchen Staates Chiapas und bewohnen gegenwärtig noch die Gegend von Dcofingo, Bachajon und
Zur Ethnographie der Repnblit Guatemala.
289
Sacramentos . Es iſt kaum anzunehmen , daß, wie Braſſeur
Die bedeutendſten Ortſchaften , in weldien jeßt nod)
meint, die auf ein weit größeres geographiſches Gebiet ſich
das Pokomam geſprochen wird, ſind: Amatitlan, Mita,
erſtreckende Maya -Sprache, welche zudem von einem num
Jalapa, Mirco und Chinantla. Das heutige Dorf Mirco, drei Leguas weſtlich von der Hauptſtadt Guatemala, wird
meriſch ganz unverhältnismäßig zahlreicheren Volfe ge ſprochen wird, von dem lokal beſdyränkten Tzental abſtamme. Dazu kommt, daß die reine Maya eine gewiſſermaßen ifo lierte Stellung einnimmt, während das Tzental noch vier
von dem Reſt der Bevölkerung des alten Mirco bewohnt,
Schweſterſpradjen hat, welche ſich in ganz ähnlider Weiſe
das 1524 von den Spaniern eingenommen und verbrannt wurde. Die Ruinen dieſes älteren Mirco liegen in ziem licher Entfernung nordweſtlich von der Hauptſtadt in wenig
von der typiſchen Maya entfernen, alſo mit demſelben Recht wie das Tzental als Mutterſprache der übrigen gelten
wären wenigſtens in topographiſcher Beziehung heute noch
könnten.
einer Unterſuchung wert.
Das Gebiet der Tzotziles beſchränkt ſich auf einen kleinen Teil des mericaniſchen Staates Chiapas, auf die Umgegend von San Criſtobal de Chiapas. Die Chañabal - Sprache wird gegenwärtig noch in der Umgegend der chiapanefiſchen Ortſchaft Comitan, nabe
beſudyter Gegend in der Nähe des Fluſſes Pircayá und Das Gebiet der Chorti -Sprache beſchränkt ſich heute auf die Umgegend der Nuinenſtadt von Copan und wird noch in den Dörfern Jocotan und Camotan geſprochen.
Das Chorti iſt dem Pokomam nahe verwandt, ſteht aber
der Nordgrenze von Guatemala, geſprochen . Nach Braſſeur
dem Chol ferner. Wenn es nun auch nicht wahrſchein lich iſt, daß die Ruinen von Coban von den Vorfahren
ſoll ein Dialekt dieſer Sprache auch die Sprache des
der jeßigen Chortis herrühren, da deren Hieroglyphen mit
äußerſten Nordens des guatemaltekiſchen Departements Huehuetenango ſein, alſo derjenigen Gegend, für deren Sprache von anderen Schriftſtellern der Name Polonam
denen weit entlegenerer, ſicher dem Maya-Gebiet angehörens der Ruinen ſehr nahe verwandt ſind, ſo iſt es doch drin gend geboten, dieſe dem Ausſterben nahe Sprache nod in
gebraucht wird. Bis jeßt iſt dieſe Sprache noch völlig
möglichſter Ausführlichkeit zu ſammeln, weil zur Zeit der
unbekannt .
ſichere Beweis, daß die Ruinen von Copan nicht von den Chortis herrühren , nicht erbracht werden kann. Auch Audy
Die einſt zahlreiche und weit verbreitete Nation der
Choles ſcheint gegenwärtig ſtark zuſammengeſchmolzen
Dr. Eiſen aus Californien, welcher im Sommer 1882 die
und auf fünf Dörfer des Departements Palenque in Chiapas beſchränkt zu ſein. Würde das vom Urwald be dedte und faſt 'unbekannte Gebiet nördlich vom See von
Ruinen von Copan beſuchte, ſchrieb : , consider the Chorti
Jabal bis in das Innere von Britiſdy Honduras durch forſcht, ſo ließen ſich dort möglicherweiſe noch verſprengte Trümmer dieſer Nation auffinden. Die Choles beanſpruchen auch deshalb ein beſonderes Intereſſe, weil auf ihrem Ge
biet, etwa 11 Leguas ſüdlich von Jabal, die ſchönen Ruinen von Quiriguá liegen, über welche jede hiſtoriſche Ueberlieferung zu fehlen ſcheint. Von den Mopanes , einem anderen Zweig der Maya, kennen wir bislang nur den Namen. Ihre Sprache war wahrſcheinlich verſchieden vom Chol und der Maya vom Peten nahe verwandt. Wir ſind über die von Ju arros erwähnten Mopanes ebenſo aufgeklärt, wie über die
language as of the greatest importance for the deci phering of the glyphs. “ Zu der Qu'iché-Gruppe (auch Kiché geſchrieben)
gehören die Qu'ichés. Ihr Sprachgebiet erſtredt ſich über die Hochländer des inneren Guatemala, die ſpeziell als , Los Altos“ bezeichnet werden , bis hinab in die heiße Tiefebene der pazifiſchen Seite. Das alte Reich der Qu'ichés war einſt das mächtigſte in Guatemala und beſaß bei der
Ankunft der Spanier eine verhältnismäßig hohe Zivili ſation. Ueber ſeine Vorgeſchichte ſind uns noch in Qu'iché geſchriebene Dokumente erhalten . Die Mythen und hiſtoris fchen Ueberlieferungen finden ſich nämlich in einem merk
würdigen Buche niedergelegt, welches durch Scherzer in
Zu der Pokonchi-Gruppe gehören die Qu'ekchi
der Herausgabe der Ueberſegung des Ximenez zuerſt in Europa bekannt wurde und ſeitdem durch Braſſeur's Edition des Originals als Popol Vuh berühmt geworden iſt. Es folgen die Indianer von St. Miguel Uſpantan. Aus dem Vokabular, das Dr. Stoll in dieſem Dorfe auf
Indianer im nördlichen Teil des guatemaltefiſchen De partements der Alta Vera-Paz. Da ſich die Indianer
ſteht, als ein Zweig desſelben zu betrachten iſt. Eine halbe
Chicuyes des Padre Delgado , welche das „ Omon " ſprechen , wie über die A cala es oder A calanos des Jimenez, und über die Mandés.
nahm, ergibt ſich, daß die uſpanteca dem Qu'iché nahe
von Coban mit denjenigen von Cahabon ohne Schwierig
Legua von dieſem Dorfe entfernt liegen völliger Vergeſſen
keit verſtändigen, ſo iſt die Aufſtellung zweier Dialekte, Qu'ekchi als Hochlandſprache für die lengua Cobanera,
heit anheimgegeben die Ruinen der 1530 von den Spaniern
und Cakchi als Tieflandſprache für das Idiom von Ca habon, völlig unnötig. Das Pokonchi wird gegenwärtig hauptſächlich im oberen Teil des Thales des Rio Polochic geſprochen ; weſtlich erſtreckt es ſich über das Quellgebiet des Rio Cahabon und San Criſtóbal bis an den Rio Chiroy. Ausland 1886 , Nr. 15 .
zerſtörten Stadt von Uſpantlan. Da das Dorf empfind lichen Mangel an heiratsfähigen Mädchen hat, ſind die Männer gezwungen , ſie ſich auswärts zu ſuchen , und ſie wählen ſie faſt ausnahmslos in dem Dorfe Chiquimula,
nördlich von Totonicapan. Dort reden die Frauen reines Qu'iché, und deshalb lernen in uſpantan die Kinder die 45
Die Kulturmiſſion der Deutſchen.
290
Sprache der Mutter, behalten ſie ſpäterhin bei, und daher
wird ſie im Süden der Republik im Departement Santv
wird wohl ſchon in den nächſten Generationen dieſes Jdiom Die Cakchiquel-Sprache ( genannt aud ): Lengua
Roſa geſprodjen. Es iſt nicht unmöglicy, daß die Alagüilac -Sprache ſchon zu den ausgeſtorbenen gehört.
Adji, Kacchifil, Chacciquel, Pupuluca Ratſchifel, Cakchi quelchi) iſt verbreitet in den ,,Altos " des Departements
fernſtehenden zoque , Chiapaneca und Totonaca.
im Qu'iché aufgegangen ſein.
Sololá, in den Departements Chimaltenango und Saca tepequez und reid)t in einem ſchmalen Streifen über Santa Lucia Cozumalhuapa in die weſtliche Tiefebene hinab. Die ſpaniſchen Grammatiker zählen dieſe Spradje zu den
Lenguas Metropolitanas, d. h. den Sprachen der Haupt ſtädte oder Königshöfe. Dr. Stoll will in einer ſpäteren
Herausgabe der Grammatik des Cakchiquel den Beweis bringen, daß dieſe Sprache im Lauf von 130 Jahren nur ganz unerheblich ſich geändert hat, troßdem ſie ſich in
Zu den Maya-Sprachen gehören nicht die gänzlid Hamburg.
B. Langfavel.
Die Kulturmiſſion der Deutſchen, vom Geſichtspunkte der vergleichenden Erdkunde beleuchtet von H. Habenicht.
Deutſdland iſt recht eigentlich das Reich der Mitte. Wenn icon Europa durdy ſeine geographiſche Lage in der
gemäßigten Zone, zwiſchen arktiſcher Region und Tropen , in der Mitte zwiſchen alter und neuer Welt , zwiſchen
ſtetem Kampf befand mit dem Spaniſchen, dem alle Vor teile des Siegers über den Beſiegten 'zu Gebote ſtehen.
Rontinental- und Seeflima, an der einzigen Stelle des
Da wir nun den indianiſchen Sprachen der Maya - Familie
Globus gelegen , wo ein Meeresſtrom tropiſche Wärme bis
keine große Tendenz zu Veränderungen zuſdyreiben können,
tief in arktiſche Regionen verteilt , wie kein anderer Kon tinent geeignet iſt, die Einflüſſe aller Zonen und Kultur völfer in ſich aufzunehmen und zu verſchmelzen, alle Gegen: fäße zu vermitteln, ſo iſt Deutſchland das Herz Europa's, das Reich der Mitte par excellence. Die reiche Gliederung Europa's, feine alle anderen Kontinente verhältnismäßig weit überragende Küſtenent widelung, welcher es ſeine Madhtſtellung und hohe Kultur nicht zum geringſten Teil verdankt, welche im Verein mit feiner zentralen Lage den unverſiegbaren Quell der An: regung und des Fortſdyrittes, ſowie der Wiederbefruchtung
ſo iſt ſicher der Zeitraum, deſſen es bedurfte, um das Cakchiquel, reſp. den ganzen Stamm der Qu'iché-Gruppe,
in ſeine jeßige Entfernung von der Maya zu bringen, für viel größer zu halten , als man gemeiniglich zu thun ge
neigt iſt. Dr. Stoll glaubt , daß mindeſtens 2000 Jahre nötig waren, um das Cakchiquel ſo weit von der Maya zu entfernen. Deshalb müßten auch die „ Wanderungen "
dieſer Völkerſtämme und ihre Trennung vom Mutterſtamm weit in die Vergangenheit zurücverſeßt werden, bis wohin die bisher bekannten hiſtoriſchen Dokumente nicht reidyen. Dadurch wächſt aber auch unſere Hoffnung, daß die Sprache der Hieroglyphentafeln keine verlorene, ausgeſtorbene ſei. da nicht anzunehmen iſt, daß die alten Ruinenſtätten ſchon Jahrtauſende lang den atmoſphäriſchen Einflüſſen eines
Tropenklima's erfolgreichen Widerſtand geleiſtet haben . Die Tz'utujiles bewohnen ſeit alten Zeiten die Südufer des großen Sees von Atitlan und die Abſtürze der weſtlidhen Cordillere jener Gegend. Ihre Sprache iſt uns nur durch Jimenez und Flores bekannt, letterem
zufolge ſoll ſie dem Cakchiquel näher ſtehen als dieſes dem Qu'iché. Zur Mame - Gruppe gehört erſtlich die Sprache der Ixiles , deren Gebiet auf die drei in den Hochgebirgen nördlich vom Rio Negro gelegenen Dörfer Nebaj, Chajul
fremder Erdteile bildet, kommt ganz beſonders ſeinem Zentrum zu gute. Die Europäer ſind über alle Zonen und Erdteile
verbreitet, aber es gilt das von keinem Volk Europa's in dem Umfang wie von den Deutſchen . Kein Volk iſt wie die Deutſchen nicht nur allen Kolonialländern und ſelbſt
ſtändigen Staaten der außereuropäiſchen Welt untermiſcht, ſondern auch und zum Teil in beträchtlicher Anzahl allen Staaten Europa's beigemengt .
Die Miſſion der Völker Europa's iſt im Lauf der Geſchichte nicht dieſelbe geblieben , ſie iſt in der Neuzeit, beſonders in dem Zeitalter der Dampfkraft eine andere,
irgendwo in Guatemala, ſo iſt es in dieſem ausgedehnten Gebiet noch möglich, intereſſante geſchriebene Dokumente
ſie iſt außer einer europäiſchen zugleich eine univerſelle geworden. Bis zur Entdeckung Amerika's und des See: wegs nad Oſtindien blieb Europa auf die innere Ent: wickelung, Aufnahme und Verſchmelzung äußerer Einflüſſe und innerer Gegenfäße beſchränkt, erſt von da ab wirkte es befruchtend auf andere Kontinente zurück. Die große europäiſch-aſiatiſche Gebirgsare , weldhe dieſen Kontinental- Rompler in ſeiner ganzen Länge, vom
aufzufinden.
Biscayiſden Meerbuſen bis nach China in eine fühlere
und Cozal beſdıränkt iſt, ſodann die der Mames im ganzen Nordweſten von Guatemala. Einige Grammatiker
behaupten, daß das Mam auch in einem Teil der chia paneliſchen Provinz Soconusco geſprochen werde. Wenn
Der Mam -Sprache nahe verwandt iſt die Aguaca teca , die Sprache von Aguacatan . Mit welcher anderen Sprache die Sinca verwandt
iſt, konnte noch immer nid)t eruiert werden . Nach Juarros
Nord- und eine wärmere Südhälfte zerſchneidet, iſt die Haupturſache der Kulturgegenfäße in Europa. Im Norden breiteten ſich die barbariſchen Steppenvölker mit ihrer un widerſtehlichen Naturkraft aus , im Süden entwickelte ſich
Die Rulturmiffion der Deutſchen .
291
die uralte aſiatiſche Kultur in dem feingegliederten Nord ufer des Mittelmeerbeckens zu den höchſten Stufen . Der Zug der Völker Aſiens nach Weſten fand wohl icon ſeit dem Schwinden der leßten oder kleineren Eiszeit ſtatt, das allmähliche Schwinden der Gewäſſer, das teilweiſe Austrođnen der Sümpfe ſchaffte in Europa günſtige Lebens
Bewegung. In der Kunſtinduſtrie wird es von keinem
bedingungen, während es in Aſien frühere Kulturländer
Skandinavien hat wohl die Aufgabe , europäiſche Kultur bis in die höchſten Breiten zu verpflanzen. Rußlands Miſſion liegt in der Landwirtſchaft und in der Koloniſation Aſiens. Deſterreichs natürliche Miſſion fällt, ſeiner geographi idhen Lage nach, zum Teil mit der Deutſchlands zuſammen , zum Teil mag ſie im Orient liegen ; es wird gerecht ſein , wenn das Reich, welches am meiſten unter den Angriffen
in Wüſten verwandelte.
Im äußerſten Dſten von Europa, an der Weſtgrenze Aſiens, war die Geburtsſtätte der chriſtlichen Religion, der edelſten und idealſten Religion, die es je gab und geben
wird. Sie war offenbar von der Vorſehung gerade hier her gepflanzt, um mit dem Zug der aſiatiſchen Kultur ſich zunächſt über Südeuropa zu verbreiten. Sie hat ihre Miſſion erfüllt troß ihres ernſten , der damaligen ſinnlichen Welt abgeneigten Charakters, fie hat ſelbſt die Grenze, wo nordiſcher Barbarismus und ſüdliche Kultur von jeher
aufeinander plaßten, zwiſchen Deutſchland und Frankreich,
Volt erreicht. Aber es hat das Unglück, daß es zu ſeinem Schaden die Erperimente macht, von denen andere Völker den Vorteil haben . Englands Miſſion liegt auf den Meeren , im Welt: handel und in der Induſtrie.
der Türken zu leiden hatte, die Erbſchaft derſelben antritt. Deutſchland, das Reich der Mitte , der Kriegsſchau: plaß der Völker Europa's, wenn es zerriſſen und dwad) iſt, hat als mächtiges, einiges Reid) einen Teil der Miſſion
Leichter überſchritten als römiſche Waffengewalt. Troßdem wurde der alte Gegenſaß niemals ausgeglichen. Die Natur: freudigkeit der früheren Barbaren bäumte ſich auf gegen
eines jeden Nachbarſtaates und außerdem die höchſte Miſſion von allen, die des friedlichen Ausgleichs der Gegenfäße.
die Uebertreibungen der römiſchen Kirche, ſpaltete das
teſtantismus hoch zu halten , die berechtigten Seiten des: ſelben, ſowie die des Naturalismus zu verteidigen, die Uebergriffe des Ratholizismus zurüđzuweiſen. Es lag daher zeitweiſe in ſeinem Intereſſe , die Gegenfäße zu verſchärfen. Dem Deutſchen Reich iſt jede Verſchärfung
Chriſtentum auseinander und iſt heute noch der größte
Feind des Katholizismus. Die in erſter Linie durch klimatiſche Verhältniſſe be dingten Gegenſäße zwiſchen Nord und Süd eriſtieren heute noch wie vor 2000 Jahren, ſie ſind beſtimmt, be
fruchtend aufeinander zu wirken, die Phantaſie, der Kunſt ſinn und das erregbare Temperament des Südländers
ergänzen ſich mit der kalten Ruhe, der Nüchternheit und dem ſcharfen praktiſchen Verſtand des Nordländers. Nad ): dem das Chriſtentum die Völker Nordeuropa's der Bar: barei entriſſen hatte, brachte der Naturalismus dieſer wieder den unter ſtarrem Dogma verſumpfenden ſüdeuropäiſchen Völkerſchaften neues Leben. Audy in dieſer Beziehung iſt Deutſchland das ver kleinerte Spiegelbild Europa's. Die Gebirgsare Europa's iſt an ihrer Weſtgrenze von der ſüdlichen Kultur überſchritten worden, Deutſchland zerfällt ebenſo wie Europa in eine proteſtantiſche Nordhälfte und fatholiſdhe Südhälfte. Wenn dieſe großen Gegenſäße heute noch befruchtend fortwirken , ſo haben ſich außerdem im Laufe der Zeit, bedingt durch den Gliederbau Europa's, die Völker zu
Das norddeutſche Preußen hatte die Fahne des Pro
der Gegenſäße naturgemäß äußerſt ungünſtig , mögen ſie
religiöſer, politiſcher, nationaler oder ſozialer Natur ſein, ja ſie bedrohen geradezu ſeine Eriſtenz. Es iſt freilid) ebenſo unmöglich als es unzweckmäßig wäre, Gegenſäße vollſtändig zu verſchmelzen, ſo wenig wie man aus Feuer Waſſer machen kann, aber je inniger man dieſe beiden
Elemente zuſammenwirken läßt, je feiner man ihre Wir kungen gegenſeitig abwägt und begrenzt, je allmählicher, mit Vermeidung von Gewalt und Kataſtrophen, man fie ſich gegenſeitig durchdringen läßt, deſto edlere Erzeugniſſe erlangt man durch ſie.
Wenn große Gegenfäße in Europa nicht in ſeinem Herzen friedlich ausgeglichen werden , ſo kommen ſie zu gewaltſamem Ausgleich, der Kampfplaß wird naturgemäß meiſt Deutſchland ſein.
Gegenſäße im Leben der Völker wie in dem der In dividuen laſſen ſich hauptſächlich mildern durch Mäßigung
verſchiedenen Nationen individualiſiert, von denen jede ihre
im Angriff und rüchaltloſe Anerkennung der berechtigten
beſondere Miſſion hat.
Seiten und Vorzüge des Gegners. Wohl iſt die deutſche Nation gerade in der objektiven Beurteilung ihrer Gegner
Die Staliener ſind vorzugsweiſe Verbreiter der Kunſt geworden, ſie ſcheinen außerdem dazu berufen, einſt wieder die Beherrſcher des Mittelmeeres zu werden. Die Spanier und Portugieſen eignen ſich vorzüglid)
zur Koloniſation tropiſcher Länder, beſonders Negerſtaaten. Frankreich hat eine hohe Miſſion , es iſt die Geburts ſtätte vieler der weltbewegendſten Ideen geweſen , hat alle Völker Europa's mit feineren Sitten beglückt, es iſt die
Heimat der Völkerfreiheit, aber auch der modernen ſozialen
allen anderen Völkern voran (eine naturgemäße Folge der geographiſchen Lage), jedenfalls aber iſt der Deutſche nady dieſer Richtung nod bedeutender Vervollkommnung fähig,
ohne die berechtigten Grundzüge feiner Nation, Partei 2c. deshalb aufgeben zu müſſen. Bei aller Objektivität hält der Deutſche infolge ſeiner Gründlichkeit und Kleinigkeits
krämerei andererſeits ſo hartnäckig an Irrtümern feſt wie vielleidyt kaum ein Ausländer.
Die Kulturmiſſion der Deutſchen.
292
Das größte menſchliche Elend unſerer Zeit beſteht wohl in der Unſitte, dem Gegner öffentlich gemeine Motive
unterzuſdieben. Wieviel Parteigehäſſigkeit ſieht man täg lich in unſeren Zeitungen. Ein norddeutſcher Proteſtant läßt fein gutes Haar an einem Ultramontanen und dudy kann dieſer vom edelſten Streben für das Wohl der Menſch: heit beſeelt ſein. Der größte Vorwurf, den man dem Gründer des Seſuitenordens maden kann, iſt der, daß er durch ſchlechte Mittel Gutes zu erreichen ſuchte, und daß er ein Sdwärmer war. Und dod; ſanktionieren aud) wir einen Krieg, wenn durch ihn Gutes erreidyt wurde, und doch iſt die katholiſde Kirde das wirkſamſte Mittel gegen die Unzufriedenheit, die Genußſudyt der Maſſen, kurz gegen
die Urſachen der Sozialdemokratie, und doch verdanken
wir ihrer konſervativen Kraft das allzu raſdye Auswadyſen des Liberalismus und die Berhinderung des Zuſammen bruds der modernen Kultur.
Wir verdanken ihr das ſüd
Chriſtian Gotthilf Salzmann über das menſchlide Elend lieſt, ſo kann man nicht anders als in Anbetradht der damaligen Zeit dem edlen Streben des Verfaſſers die größte Hodyachtung zollen. Heute, wo die Prinzipien eines Rouſſeau und Voltaire ein Jahrhundert lang gewirkt haben, dürfte ein edyter Menſchenfreund nicht mehr von ihrer allein ſeligmadıenden Wirkung überzeugt ſein. Die foloſ ſalen Gegenſäße unſerer Zeit : die Intereſſenwirtſchaft, der Parteihader, der Nationalitätenhaß und das ſoziale Elend,
ſind wohl zumeiſt Wirkungen dieſes Prinzips. Es dürfte jeßt wohl angezeigt ſein , dieſen Uebeln entgegenzuarbeiten
durch auf Selbſtbeherrſchung, Abhärtung, Entſagung und wahres Chriſtentum gerichtete Erziehung der Jugend, Achtung des Gegners , Vermeidung von jeder nationalen oder religiöſen Herausforderung, Begünſtigung der Land wirtſchaft, der Auswanderung, des Kleingrundbeſißes und Zurüdführung des Ueberſchuſſes der Stadt- und Fabrik
deutſche Gemüt, welches uns Norddeutſdien ebenſo zum
bevölkerung zu einfacher natürlicher Lebensweiſe, womög
Beliebtjein fehlt, wie den Süddeutſchen der preußiſde
lich auf das Land. Bevor nicht die alten großen Gegenfäße zwiſdien naturaliſtiſden Proteſtanten und Katholiken, Rationaliſten und Dogmatikern gemildert werden, iſt an eine Milderung unſerer heutigen politiſchen Partei - Gegenſäße nicht zu denken. Sie ſind aus dem Naturalismus, welcher den
Stahl zur Erlangung von Macht. Die freie Entfaltung der dem Menſchen innewohnenden Naturkräfte erzeugt, ſo ſegensreid ſie in gewiſſen Grenzen wirkt, bis zu ihren
äußerſten Konſequenzen durchgeführt, da die Natur wenige Tüchtige und viele Schwache ſchafft, die Herrſdaft der Kapitaliſten, das Ueberangebot der Arbeitskräfte , führt zur menſchenunwürdigen und grauſamen Jronie, zum un natürlichſten Daſein der Maſſen. Dieſer Ausartung des Naturalismus wirken viele Einrichtungen der katholiſchen Kirche entgegen. So die häufige Vorführung der Leiden Chriſti, das Hinweiſen auf das Verdienſt der Beherrſchung von Naturtrieben , die
Entſagung ſinnlicher Genüſſe , ſelbſt das Cölibat hat in gewiſſem Sinne eine Berechtigung, denn die Uebervölkerung iſt das Grundübel unſerer Zeit.
Das Weſentliche des
Chriſtentums iſt doch wohl Nädyſtenliebe, der Glaube an Cott, an die göttliche Inſpiration oder Miſſion Chriſti und an ein beſſeres Jenſeits, die Auffaſſung des irdiſden
Daſeins als eine Prüfung. Wo viele zuſammenleben , muß jedes zum Algemeinwohl ſich vieles entſagen. Das
.
Kampf um’s Daſein, das egoiſtiſdie Intereſſe und das Hecht des Stärkeren als oberſtes Prinzip aufſtellt, hervor gegangen . Der heutige Kampf zwiſchen Liberalen und Konſervativen iſt hauptſädlich ein Kampf zwiſchen Handels:
und Produktionskapitaliſten , denn wenn die Forderungen der Agrarier zunächſt den Reichen zu Gute kommen, ſo haben faſt jämtliche liberale Gefeße erſt recht die beſißen : den Klaſſen , nämlich die des Handelsſtandes und der Städtebevölkerung, bereichert, indem ſie ihnen billige Ar beitskräfte, alſo billige Waren lieferten. So lange aber dieſe Gegenfäße fortwirken , wird die Sozialdemokratie mit elementarer Gewalt anwachſen. Wir müſſen den Hebel an der proteſtantiſchen Kirche anſeßen , welche zum Teil, ſo
groß aud, ihre Berechtigung iſt, das Kind mit dem Bade
Wohl der Menſchheit iſt noch weniger ohne Opfer des
ausgeſchüttet hat. Wenn es uns gelingt, dieſen alten Gegenſag, an dem ſelbſt die Staatskunſt eines Bismard
Einzelnen zu erreichen , wie das des Staates. Religion
ſcheitert, zu mildern, ſo wird die Milderung aller anderen
iſt nicht Vernunfts- ſondern Gemütsſadje, ohne Religion kann kein Volk gedeihen , eine reine Vernunftreligion iſt aber keine Religion, d. h. ſie entbehrt des Hauptzwecks einer ſolchen, indem ſie den Ausſdireitungen des Natura
Gegenſäße uns von ſelbſt zufallen. Je rüdhaltloſer wir die Vorzüge unſerer Gegner an erkennen, deſto eher werden wir den Sieg davontragen.
lismus feinen Damm entgegenſeßt.
kennen ohne charakterlos zu ſein, und kann doch gleich
Man kann ſehr wohl die Vorzüge der Gegenpartei aner
Andererſeits, weldien gehäſſigen Verdächtigungen und
zeitig die berechtigten Seiten der eigenen Partei energiſch
Anfeindungen ſind die Fortſchrittsmänner ſeitens der Kon
verteidigen. Ein Volf, welches nach ſolchen Prinzipien handelt,
ſervativen und Ultramontanen ausgelegt, und doch ſind unter ihnen die edelſten Männer, doch verdanken wir ihrer Richtung die ſchönſten Blüten des Humanismus, der Kunſt und Wiſſenſdaft, die Befreiung der Menſchheit aus Knecht: ſchaft und Stlaverei.
Wenn man das genau hundert Jahre alte Buch von
wird ſich nicht nur die Achtung, ſondern auch die Zu
neigung jeder Partei und Nation erwerben, es wird, wenn es bereits ſo viele gute Eigenſchaften wie das deutſche hat,
die Welt erobern, nicht im politiſchen Sinn, ſondern, was mehr wert iſt, moraliſch. Die Deutſchen ſind berufen,
Ein Beſuch bei einein aſiatiſchen Heiligen . ivie kein anderes volt, echtes Chriſtentum und wahre
Humanität über den Erdball zu verbreiten , ſie können dieſes höchſte Ziel aber nur durch die hödyſten Tugenden erreichen .
Die fünftige Miſſion der Deutſchen iſt eine eminent friedliche, ſie ſind dazu beſtimmt, über den Parteien zu
293
nid ts, außer vielleicht etivas Thee mit Zucker, genießen ; andere dagegen ſind nicht nur überzeugt, daß die Gygens ebenſo wie alle anderen Sterblichen eſſen und trinken,
ſondern geſtatten ihnen auch Laſter, wie Trunkenheit, Wolluſt u. f. w ., was übrigens ihrer Heiligkeit keinen Ab
ſtehen . Im Zeitalter der Dampfkraft bedarf es nicht
bruch thut ; das Begreifen der Eriſtenz zweier ſolcher Ron : traſte - der Heiligkeit und der Laſter – geht nach ihrer
mehr der Kriege zum gegenſeitigen Durchdringen der Völker. Die glücklichſten Momente der deutſchen Geſchichte
Von den Gygéns Narbandſchin - Gygén und Chunchun:
waren wohl immer die der Friedensídlüſſe und Toleranz,
Anſicht über den Horizont des menſchlichen Verſtandes.
ihre Gedenktage ſollen wir vor allem feiern . Wenn die
Kutuchtu glauben ſie, daß ſie nur von Branntwein leben ; auch wird erzählt, daß der leßtere Heilige an einem Tage
Deutſchen dieſe ihre Miſſion mit zielbewußtem Streben
ein Mann, am anderen ein Weib ſei.
zu erfüllen ſuchen, ſo werden ſie alle Feinde überwinden
Der Zugang zu dieſen Gottesmenſchen iſt äußerſt
und eine unvergängliche Baſis der Vaterlandsliebe ſchaffen.
ſchwierig und auch Potanin fonnte nicht eine Audienz bei dem Tjagan - Gygén erlangen ; doch führt er in ſeinem
Reiſewerke einen Bericht des ruſſiſden Topographen Offiziers, Lieutenant 3. Matuſſowſlij, an , dem es ge
Ein Beſuch bei einem aſiatiſchen Heiligen.
lungen war, vor das „erlauchte Antlig " des Heiligen ge
Eine Eigentümlichkeit des lamaitiſchen Buddhismus, wie er ſich bei den Mongolen herausgebildet hat, iſt, daß bei dem genannten Volke außer ihren Gößen auch noch lebende Götter oder Gottmenſchen vorkommen , von denen die Männer ,,Gygen " und die Weiber ,, Daridu" genannt werden. Sie leben in lamaitiſchen Kloſtern ,, Churé ", haben große Ländereien und Leibeigene aus den Gütern der la maitiſchen Geiſtlichkeit und nehmen in der chineſiſden Hierarchie auch als weltliche Herrſcher einen hohen Rang ein. 6. N. Potanin erzählt in ſeinem Reiſefverke, daß er in der nordweſtlichen Mongolei von adyt ſolchen Männern
Erzählung entnehmen : Am 25. Juli 1873 langte Matuſ fowſkij mit ſeinen Kojaken am Flübden Kurtu, einem Nebenfluſſe des Kran, etwa 10 Werſt von dem Wohnſiße des
laſſen zu werden, welchem Berichte wir auch die folgende
Heiligen, an und fertigte zwei Roſaken und einen Kirgiſen in das lamaitiſche Kloſter Schar Sjumeh oder Sary Sjum beh, die Reſidenz des Gygéns, mit dem Auftrage ab, ſidy dem Heiligen vorzuſtellen, ihm ſeine offene Ordre zu übers
geben, mit der Bitte, ihm beim Kloſter einen geeigneten Lagerplaß anweiſen zu laſſen ; darauf ſollten die Koſaken wieder zu ihrer Truppe ftoßen. Je mehr Matuſſowſkij ſich dem Kloſter näherte, deſto
und zwei Frauen gehört habe, von denen der am meiſten
belebter wurde die Gegend ; ſo trafen ſie mehrere Einzel
verehrte der Tſagan - Gygén oder der weiße Gottmenſch fei, in deſſen Händen ſich nach der Meinung der Tonguten
gehöfte der Eingeborenen und auf eine halbe Werſt ſeit
die Sdlüffel der Erde befinden .
der Weg führte, bebaut, auf einigen Stellen ſtand das
Nach dem Glauben der Mongolen werden die Gygens
nach ihrem Tode von neuem geboren und wird die Jurte, in welcher der zukünftige Heilige, d. h. der Knabe, in deſſen Körper die Seele des verſtorbenen Gygén überſiedelt, geboren werden ſoll, an einem beſonderen Zeichen erkannt. Dieſes Zeichen iſt nach der Sage der Mongolen das Er:
dyeinen eines Regenbogens über der Jurte, und wo ſich der leştere zeigt, werden einige Lamas hingeſdidt, um die Geburt des heiligen Knaben abzuwarten ; daß das neu: geborene Kind ein Mädchen ſein könne, iſt nach dem Glauben des einfaden Volkes ganz undenkbar, da ja die
Lamas die bevorſtehende Geburt des heiligen Gygéns in ihren heiligen Büchern geleſen haben. Wenn der Knabe zu ſprechen anfängt, zeigt man ihm die Sachen des verſtor
benen Heiligen, und falls er nicht gleid) erkennt, daß dieſe Sachen ſein Eigentum ſeien und er ſie ſchon in ſeinem früheren Leben benußt habe, wartet man dieſe Erklärung erſt ab und bringt erſt dann ihn in die Reſidenz des ver ſtorbenen Gygens.
Einige Mongoien glauben, daß dieſe Gottmenſchen
wärts war das ganze rechte Ufer des Kran, längs weldem Korn noch ungemäht, auf anderen dagegen ſchon geſchnit: ten und in großen Schobern aufgeſtellt.
Vorzugsweiſe
wurde da Weizen, Hirſe, Gerſte und Erbſen gebaut. Da jedoch ſeine Abgeſandten nicht zurückehrten, ſo wurde Matufoſſowſkij unruhig und machte am rediten Ufer des
Kran im Angeſichte des Kloſters Halt, da der Fluß durdy beſtändige Regen ſehr angeſchwollen und die einzige Brücke fortgeſchwemmt war, ſo daß ein Uebergang über den Fluß
nur mit den größten Schwierigkeiten verknüpft ſchien. Gegen Mitternacht wurde das Lager durch großes Geſchrei und Lärm aufgeſchreckt. Die Reiſenden griffen
ſchon nach ihren Waffen, um einen Ueberfall blutig zu rückzuſchlagen, als es ſich erwies , daß der Kirgiſe , den Matuſſowſkij ſeinen Kofafen mitgegeben hatte, der Urheber der Störung war. Derſelbe berichtete, daß der Tſagan Gygen die offene Ordre gar nicht empfangen , ſondern die Roſaken habe arretieren und ihnen ihre Waffen und Pferde wegnehmen laſſen ; der Kirgiſe jedoch, welcher fürchtete, daß vielleicht für ſeinen allzu eifrigen Dienſt den Ruſſen gegenüber ſein Haupt zur Zierde des Stadtthores beſtimmt
294
Ein Beſuch bei einem aſiatiſchen Heiligen.
ſei, war entflohen, indem er das erſte beſte Pferd beſtiegen hatte. Der Beſitzer desſelben war ihm nad geeilt und hatte jenes Gefdrei erhoben, das die Ruſſen ſo erſdredt. Ein ſolches Verfahren des Gygen fam Matuſjowſkij ſehr uns erwartet, umſomehr, als er genau wußte, daß ein ſtrenger Befehl vom Ezdem -Khan, wie die Mongolen den Kaiſer von China nennen , jedes feindliche Vorgehen gegen die Ruſſen unterſagt hatte, wie der Gygén es 1867 gegen ruſſiſche Kirgiſen verübt, wofür die chineſijde Regierung 200,000 Liangs oder Taels à 2 Nubel 10 Kopeken zu zahlen hatte. Am anderen Morgen war das Waſſer im Kran ſo
blicke mit Ungeduld die Ankunft des hohen Herrn erwarte, und gab ſogleidh den Befehl, daß fünf Koſaken in Parade: Uniform den Kommandanten auf dem Wege empfangen und ihn ins Lager geleiten ſollten. Nad) einer Stunde
erſchien denn auch der Würdenträger und wurde von den Ruſſen nach allen Regeln der chineſiſchen Etikette empfangen .
Nach dem gegenſeitigen Austauſche der gewöhnlichen Höflichkeitsphraſen und dem Bezeigen der größten Freude über die Begegnung kam der Mandarin zur Sprache und
erklärte, daß er vom Tjagan -Gygén den Auftrag erhalten habe, ſich genau nach Ziel und Zweck der Expedition zu
weit gefallen, daß die Ruſſen ihren Train auf das linke
erkundigen , desgleichen auch zu erforſchen, was Matuſ
Ufer überſetzen und dort ein Lager aufſdlagen konnten .
ſowskij für ein Anliegen an Se. Heiligkeit habe, wobei
Bald erſchienen auch zwei chineſiſdie Beamte, die einen Glückwunſch vom Gygén zur Ankunft überbrachten und zugleich in hochtönenden Phraſen erzählten, wie liebens
er erklärte, daß der Heilige zu ſeinem Bedauern der großen Faſten wegen , die er gegenwärtig halte, die Ruſſen nicht
würdig der Kommandant der Feſtung Tulta die beiden
Koſaken aufgenommen, ihnen eine beſondere Wohnung und zwei Hämmel angewieſen , außerdem mehrere Diener zu ihrer Bedienung beſtellt habe ; die Waffen und Pferde je doch habe der Kommandant zu ſich bringen laſſen, damit
empfangen könne. Matuſſowſkij erwiderte hierauf, daß der Gygen ſchon aus ſeiner offenen Ordre, die er mit jenen zwei Koſaken vorausgeſchickt, den Zweck und das Ziel ſeiner Reiſe habe erſehen können ; was jedoch den zweiten Punkt anbetreffe, ſo ſei ihm die Inſtruktion geworden, auf jeden Fall den Heiligen perſönlich zu ſpredjen, und
ſie nicht, wie der eine Beamte mit frommem Aufidlag der
er bitte deshalb ſehr, Se. Heiligkeit möge ihn am folgen
Augen zum Himmel und tiefem Seufzer hinzufügte, von bojen Menſchen, die es ja überall gebe, entwendet würden. Der Chef der ruſſiſchen Erpedition ſtellte ſich, als durch (dhaue er die Falſdyheit der Chineſen nidyt, und dankte für die freundliche Aufnahme ſeiner Abgeſandten, ließ aber zu gleich den Herren Kommandanten erſuchen, die Roſaken fofort ins Lager zu ſchicken , widrigenfalls er ſich genötigt ſehen werde, ſeinem Gouverneur zu beridyten, daß zwei ſeiner Leute, die er zum Tjagan -Gygén geſchidt, dem
ben Tage empfangen , da er im entgegengeſeßten Falle zu rückfehren müſſe, und nur die Ueberzeugung mitnehmen könne, daß ſowohl der Gygén als auch die chineſiſchen
gekleidet, ganz außerordentlidy dwißte und begab ſich mit ſeinem Gefolge, das aus etwa 20 Mann beſtand, in die
Grenzbehörden ſich feindlid; gegen Rußland verhalten und er auch in dieſem Sinne ſeinen Rapport abſtatten werde. Nach langem Hin- und Herreden erhob ſich der dicke Rom
mandant, der, bei 200 R, in zwei Chalate und einen Pelz
Kommandanten von Tulta ſo ſehr gefallen hätten , daß er
Stadt zurüd.
ſie nicht mehr von ſich laſſe. Die beiden Vertreter des Reiches der Mitte lächelten ſehr ſchlau und höflich und
Am anderen Morgen langte ein Bote mit der Viſiten karte des Tſagan -Gygén an, wobei der Leştere mitteilte,
verſprachen, Matuflowſkij's Auftrag auszurichten. Darauf
daß er gegenwärtig ſeiner ſtrengen Faſten wegen ſich gar
zog der eine aus ſeinem Atlasſtiefel ein elegantes Schreib gerät hervor und begann in chineſiſden Sdhriftzeiden die
nicht mit weltlichen Dingen beſchäftige, doch für einen Fremden eine Ausnahme mache, und den ruſſiſchen Offis zier empfangen wolle. Eine Stunde darauf begab ſidy
Namen, Rang, Zahl der Koſaken und Kirgiſen , Pferde Kameele u. f. w. zu notieren , worüber der Kommandant, wie der Beamte vielſagend flüſterte , unverzüglich dem Edzem -Kahn berichten müſſe. Nachdem die beiden Chineſen ſich verabſchiedet hatten , didte Matuſiowſkij ſogleid) mit einem Boten ſeine Viſiten karte dem Tſagan -Gygén mit der Bitte, ihm die Zeit zu beſtimmen , wann er ihm ſeine Ehrfurcht bezeigen könne. Der Bote kehrte bald zurück und meldete, daß er die Karte einem höheren Hofbeamten des Heiligen überreichte, welcher ihm verſprochen habe; dem Anführer der Erpe dition baldmöglidiſt eine Antwort zukommen zu laſſen. Am anderen Tage gegen 10 Uhr Vormittags erhielt
Matuſſowſkij die Viſitenkarte des Kommandanten , der ihn bitten ließ, ihm eine Zeit zu ſeiner Auſwartung zu be: ſtimmen. Matuſſowſkij antwortete, daß er in jedem Augen
Matuſſowſfij in Parade-Uniform in Begleitung von fünf Kojaken in das Kloſter Schar-Sſumeh. Das Thal des Kran, durch welches ſie ritten, erſchien fehr belebt, oft begegneten ihnen Dleuten oder Chineſen zu Pferde, auf den Feldern waren Landleute mit dem Dreſchen oder dem Einernten des Kornes oder auch des Mohnes beſchäftigt. Näher zu Sdar-Sjumeh bildet das Land faſt nur ein zuſammenhängendes Kornfeld, hier und
da mit Mohnplantagen untermiſcht. Ungefähr eine Vier: telwerſt oberhalb des Kloſters liegt am Fluſſe Kran die dhineſiſche Stadt Tulta, und auf einer ſanft aufſteigenden Anhöhe das Kloſter ſelbſt. Es beſteht aus etwa fünfzig niedrigen Lehmgebäuden , die einen recht geräumigen Plaß umgeben .
Das Haus des Tſagan -Gygén ſteht neben einem
Ein Beſuch bei einem aſiatiſchen Heiligen.
Tempel und bildet eine Art kleiner Feſtung für ſich, deren Mauern ein Viereck bilden, an deren vier Eden ſich Türme
erheben. Um die Mauer, ungefähr einen Faden von ihr entfernt, iſt ein nicht hoher Wall mit einem tiefen und etwa vier Arſchin breiten Graben aufgeführt. Zwei Thore, eines im Norden und eines im Süden, führen auf einen
geräumigen Hof, auf welchem ſich vier Gebäude aus un gebrannten Ziegeln mit verſchiedenen architektoniſchen Dr:
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Austauſch nod, einiger Höflichkeitsfloskeln fragte der Gygén , was Matuſiowſkij ihm vom Gouverneur zu übergeben habe, worauf der Leştere erwiderte, daß ihm aufgetragen ſei, alle höheren chineſiſden Beamten an der Grenze zu be
fuden , um von ihnen zu erfahren, wie der chineſiſche Grenz rayon in adminiſtrativer Beziehung eingeteilt werde. Es entſtünden viele Unannehmlich feiten und Mißverſtändniſſe, wenn der rullide Gouverneur nidyt wiſie, an ivelden
chineſiſchen Beamten er ſich wegen Schlichtung etwaiger Streitigkeiten zu wenden habe. Su ſei z. B. ein Streit zwiſchen rufliſchen Kaufleuten und am Kom nomadiſierenden chines fiſchen Unterthanen ausgebrochen und die ruſſiſche Regie
namenten im chineſiſchen Stile befinden. Die Ruſſen ritten durch das ſüdliche Thor ein, wo ſie ein Beamter empfing und in das nächſte Haus führte. Hier fielen ihre Augen zuerſt auf etwas Bekanntes, einen Samowar ( Thee maſchine) aus Tula, dann traten ſie, nachdem ſie einen ſchmalen Korridor paſſiert hatten, in ein großes Zimmer, an deſſen rechter Wand ein ziemlich breiter Divan ange bracht war. In der Mitte ſtand auf einem zierlichen Tiſche im aſiatiſchen Geſchmacke eine Art ruſſiſcher Gerichtsſpiegel, ein
rung habe ſich um Beilegung desſelben an den Amban
dreifantiges Prisma, deſſen Seiten mit tangutiſchen Schrift:
Angelegenheit nod) nicht zum Austrage gebracht werden
zeichen, in Gold ausgeführt, bedeckt waren . Rechts vom Tijd doen ſaß auf zwei ſeidenen Kiſjen der Djagan-Gygén und blätterte beim Eintritte der Fremden in einem Buche ;
können .
er trug einen leidyten, weißſeidenen Chalat und chineſiſche Pantoffeln und war dem Anſcheine nad 40 Jahre alt, von mittelgroßer kräftiger Statur ; am Vorderhaupte ließ
von Kobbo gewandt, doch der habe geantwortet, die Leute
gehörten zur Provinz Bulon-Tochoi, während der Gouver neur der letteren Provinz wieder geantwortet, daß die beregten Leute nad Robdo gehören, und ſo habe die
Nadidem
der Gygen mit geſpannter Aufmerkſamkeit
den Worten des Dolmetſders gefolgt war, brady er hier in ein helles Gelächter aus. „ Sie fragen mich“, ſagte er, ,,wie unſere Grenzprovinzen eingeteilt werden, während es doch hier nicht einen einzigen Punkt gibt, der von den
ſich troß der abraſierten Haare eine beginnende Glaße
Nuſſen nicht beſucht und beſchrieben wäre ? Es wäre an
erkennen ; eine hohe gewölbte Stirne, nidyt große ſchwarze Augen und der lange herabhängende dünne Schnurrbart gaben dem Geſichte des Heiligen ein intelligentes und ernſtes
mir" , fuhr er fort, „ zu fragen, wie weit es zum Beiſpiel von hier bis zum Fluſie Kaba oder dem Saiſſangpoſten
zu erheben, während die Beamten, welche die Fremden hineingeleitet hatten, niederfielen und während der ganzen Zeit - die Audienz währte den Knieen liegen blieben.
gegen 12 Stunden – auf
Vor dem Divan war auf der Diele ein Teppich aus: gebreitet, auf dem wiederum ein Tiſchden mit verſdiedenen
Süßigkeiten, unter anderen audy ruſſiſdies billiges Kon jekt, Karamellen , Zuder u.ſ. w. ſtand ; neben dem Tiſd chen lag ein Kiſſen und der Gygén wies Matuſſowſkij mit einer Handbewegung an, darauf Plaß zu nehmen. Doch hielt es der Leßtere für nicht ganz bequem , ſich auf das
Kiſſen niederzulaſſen , ſondern holte ſid, einen Stuhl, der an der anderen Wand ſtand, und jete ſich darauf, indem
er ſich entſchuldigte, daß er als Europäer es nidit ver ſtehe, auf der Erde mit untergeſchlagenen Beinen zu ſißen, bei welchen Worten ein leichtes Lächeln das Geſicht des Heiligen überflog. Darauf erkundigte ſich der Tjagan Gygén nach ſeiner Reiſe, nach dem Befinden des Tjagan Khan, des weißen Czaren, und des Gouverneurs. Matuſ:
ſowſkij ſeinerſeits fragte nach dem Befinden des Bogdy Rhans, worauf jener erwiderte, daß, Dank der unerſchöpf lichen Gnade des ewigen Gottes, der Beherrſcher des Reiches der Mitte blühe wie eine Roſe, allen Intriguen zum Trok, die ſeine Feinde wider ihn ſpinnen. Nach dem
fei." -- ,, Ich kann Shnen nicht nur ſagen ", antwortete
Matuſſowſkij, „wie weit es von hier bis zu den genannten Punkten iſt, ſondern auch, wie groß die Entfernung zwi dhen Tulta und Semipalatinsk oder Omsk oder Moskau iſt; das iſt bei uns kein Geheimnis, für einen Liang Silber kann ſich dort ein jeder ein Buch kaufen, in welchem nicht nur die Entfernungen zwiſchen den bedeutenderen Städten , ſondern ſogar zwiſchen den einzelnen kleinen Stationen angegeben ſind ." In dieſer Weiſe ging das Geſpräch einige Zeit weiter bis der Tſagan -Gygén Matuſſowſkij aufforderte, wieder nad, dem Saiſſangpoſten zurückzukehren , da weiter nach Oſten ſich große Räuberbanden aufhielten, welche die Er pedition überfallen könnten , und müßte er als der oberſte Beamte dieſer Gegend die Verantwortung dafür tragen. Matuſjowſkij beruhigte ihn über dieſen Punkt, da er 30 wohlbewaffnete Männer bei ſich habe und ſich vor keinem
***
Ausſehen. Auf die Verbeugung Matuſſowſkij's antwortete er mit einem leichten Nicken, ohne ſich vom ſeinem Plaße
aſiatiſchen Räuber fürchte. Nach langem Dispute über dieſe Frage gelangten ſie zu folgendem Kompromiß : Der Djagan-Gygén folle nach Peking und an den ruſſiſden Gounerneur ſchreiben, daß er ſich gegen jegliche Verant
wortung hinſichtlich der Sicherheit der Erpedition verwahre, da er den Anführer derſelben auf das Schwierige eines weiteren Vordringens nach Diten aufmerkſam gemacht, aber jener auf ſeine Warnungen nicht gehört habe. Ma
tuſſowſkij dagegen könne reiſen, wohin er wolle, nur müſje er der ruſſiſchen Regierung berichten , daß ſowohl er, als
Geographiſche Neuigteiten.
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auch der Tſagan -Gygén die Unterhaltung begonnen und geendet hätten ,,mit freundlichen Geſichtern ". (St. Petersb. Herold.)
Vernichtung bedrohen könnten, das iſt der nichts weniger als ermutigende Inhalt des fraglichen Artikels. Bereits ſind verſchiedene Unternehmungen gezwungen worden, ſich zurückzuziehen, und die Verkäufe derſelben brachten nur Preiſe ein, die in gar keinem Verhältnis zu dem wirklichen Werte der Liegenſchaften , Maſchinen 2c. ſtanden. Die
Geographiſche Neuigkeiten.
neuen, vor der Thür ſtehenden Verluſte werden auch den
* Chaffanjon's Reifen auf dem Drinoco. Der franzöſiſche Reiſende Chaffanjon, welcher die oberen Teile des Drinoco erforſchte, iſt im Juli vorigen Jahres nach Frankreich zurückgekehrt. In der Abſidyt, eine vollſtändige bydrographiſche Karte des Drinoco-Bedens zu bearbeiten,
leßten Funken von Vertrauen in die Landbau-Induſtrie erlöſchen und die Aufbringung von Betriebskapital ganz und gar unmöglich werden laſſen. Dadurch liegt, nach der Anſicht des genannten Blattes, der Untergang der Zuckerinduſtrie in der nächſten Perſpektive und hiermit
gleichfalls die Vernichtung eines Teiles des nationalen Nirgends
hat er zahlreide Ausflüge längs den linken und rechten Ufern
Vermögens und die Verarmung der Javanen.
des Stromes und ins Innere hinein gemacht. Im Ver laufe ſeiner Forſchungen hat er eine große Anzahl In
erſcheint eine Ausſicht auf Rettung. Die anderen Kulturen :
driften entdedt, welche neues Licht auf die Geſchidte und
den Charakter der eingeborenen Raſſen des Landes werfen
werden. Er hat verſchiedene ethnographiſche Gegenſtände durch den Verkehr mit den Caribes , Panaies und Ma:
poyes geſammelt. Er berichtet, daß das Reiſen in dieſen Gegenden ſehr koſtſpielig iſt und die Lebensmittel teuer ſind. Auf einer ſeiner Reiſen in das Innere von Caura
Kaffee, Chinarinde und Thee, teilen dasſelbe Loos und ſind nicht kräftig genug, um in die Breſche zu ſpringen. Es kennzeichnet den Zuſtand, daß man ſelbſt von amtlicher Seite gegen die Anlegung von indiſchem Kapital in Hol: land, ſelbſt gegen viel geringere Rente, fid ſehr wähleriſd verhält. Wenn dies in ähnlicher Weiſe fortgeht, muß der Nudgang des Landbaues die notwendige Folge haben, daß auch der Handel und die Schifffahrt der Kolonien dasſelbe
kam der Reiſende durch die Verräterei eines feiner Führer
Loos teilen werden. ,, Mit überraſchender Sdynelligkeit", ſagt
beinahe ums Leben.
das
Er war in dem Dorfe Caraucura
in der Nähe der braſilianiſchen Grenze angekommen und auf den Beridyt ſeiner Führer hin in Begleitung von zweien derſelben nach einem abgelegenen Orte in der Nähe
des Dorfes aufgebrochen, um einige Skelette von Guag
nungomas zu beſichtigen. Während er ſich anſchickte, einige derſelben als anthropologiſche Specimina mitzu: nehmen , wurde er von einer Bande von zwölf Guangnun : gomas unter der Leitung ſeines früheren Führers über: raſcht. Es gelang Herrn Chaffanjon, den Anführer der: ſelben zu töten, worauf die anderen flohen . Einer ſeiner treuen Führer wurde getötet , während der andere dem Reiſenden zur Flucht vor den Eingeborenen verhalf, die zurüdfehrten , um ihn zu verfolgen. Nachdem ſie ſich einige Stunden bis um die Hüften in einem Sumpf verſtedt
„Batavia'ſche Handelsblad“ , „ nähert ſich der drohende
Untergang der Suderinduſtrie mit ſeinem unvermeidlichen
Einfluß auf den Kredit des Landbaues und drängt das einſt ſo reiche Java zurüd auf das jämmerliche Maß von Surinam . Finis Poloniae ! Mit dieſen Worten iſt geſagt, wohin wir alle, wohin die Kolonien kommen, gefolgt von den Niederlanden ſelbſt."
* Die Bevölkerung von Braſilien im Jahre 1885 beträgt nach dem ,,Annuario " des Dr. Graciano in den einzelnen Provinzen (däßungsweiſe folgende Zahlen : Minas Geraes
Bahia Sao Paulo
Pernambuco Rio de Janeiro
hatten, erreichte der Reiſende wieder Caura, reiſte von da
Rio Grande do Sul Ceará
den Strom hinab nach Temblador und langte am 7. April daſelbſt an. Hierauf fehrte er über Canara und den Meta-Fluß nach Ciudad Bolivar zurüd. Er hat eine Karte
Maranhao
Parahyba Alagoas
über den Lauf des Drinoco zwiſchen Caicara und Ciudad :
Pará
Bolivar im Maßſtab von 1 : 660,000 ausgearbeitet, welche
Rio Grande do Norte Bianchy
eine Menge neuer Belehrung enthält. * Der 3 uſtand der holländiſd - indiſchen Kolonien läßt ohne Zweifel dermalen viel zu wünſchen übrig, denn wir entnehmen einem Leitartikel unter dem Titel : ,,Wohin werden wir kommen ? " den wir im ,,Ba tavia'ſchen Handelsblad" vom 24. September 1885 finden , folgende Aeußerungen : Der jämmerliche Zuſtand der Zuderinduſtrie und die Gefahr , daß die Zuckerpreiſe noch mehr heruntergehen und die Kapitalanlagen mit gänzlicher >
(,,Amſt. Hbl.")
2,449,010 Köpfe 1,655,403 1,058,950 1,014,700 938,831 899,100 722,000 432,817 430,059 397,379 343,511 269,051 239,691
Santa Catharina
211,173
Sergipe
201,043 191,711 189,668
Goyaz Paraná Eſpirito Santo Amazonas Matto Groſſo
100,717
80,942 72,071
Municipio Neutre (Stadt Rio) 435,568 600,000 Wilde Indianer Zuſammen
12,933,375 ,
Kleinere Mitteilungen. * Der Fluß San Benito in Weſt afrifa. lleber dieſen Fluß , welcher ſid, etwa 110 Km . nördlid)
vom Gabun in den Atlantiſchen Ozean ergießt und einer der intereſſanteſten in dieſem wenig bekannten Teile des weſtlichen äquatorialen Afrika's iſt, hat jüngſt ein fran
zöſiſcher Reiſender, Herr Léon Guiral, auf Grund eigener Forſchungen Bericht erſtattet. Dieſer Fluß , welcher die Heimat der fannibaliſchen Fans und des Gorilla durch ſtrömt, iſt nur bis zu ſeinen erſten oder Yobe- Fällen, 35 Km . von ſeiner Mündung, ſchiffbar; von dieſen Punkte
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Forſdung darzuthun, und Lieutenant Danenhower erklärte ſich für einen entſchiedenen Gegner aller weiteren Er: forſdung der Polarregion über den 85. Breitengrad hinaus, hauptſächlich wegen der zu beſtehenden Gefahren und des geringen Nußens, welchen die Wiſſenſchaft davon zu er warten habe . Der Vortrag ward ergänzt durch andere von ſeiten des Zivil- Ingenieurs Melville, des Sir Georges Nares und des Lieutenants Greely, und wurde diskutiert
von unſerem Landsmann Dr. Emil Veſſels und Herrn Markham .
Briefe zu Gunſten weiterer Polarforſchung
Der
wurden verleſen von Profeſjor 3. E. Nourſe (von der
Fluß nimmt von dem Dorfe Mafike bis Maliko drei Nebenflüſſe auf , den Pardiebe, den Longwe und den
früheren Gouverneur von Däniſch - Grönland. Der Tenor
Mandjakué, welche in ſehr felſigen Betten einen gut be
dieſer Erörterung ging im allgemeinen dahin : man müſſe
waldeten hügeligen Bezirk durdſtrömen . Die Region iſt
zwar zugeben , daß weitere Forſdung aus Nütlidyfeits:
an mußte Herr Guiral den Landweg einſdlagen.
reidh an Elefanten und Gorillas, welch lettere während der Reifezeit der Früdyte in den Wäldern bleiben und hernach die Pflanzungen in der Nähe der Wälder ver:
Marine der Vereinigten Staaten ) und von Dr. Nint, dem
oder Handelsgründen nicht gerecytfertigt werden könne,
ſu erreicht der Reiſende Sungwe ( Sungüe), welches in den den Fluß begrenzenden Bergen liegt. Jenſeit des
daß aber trotzdem auch ohne Bezugnahme auf wiſſenſchaft liche Ergebniſſe die Welt nur gewinnen fönne durd die Beiſpiele und Vorbilder von Entſchloſſenheit und Helden mut, auf deren künftige Entwicklung man durch arktiſche Forſchung eber ſo gut zählen dürfe, wie ſie dies in der
Dorfes Moroko wird der Weg (dywierig, und die Führer
Vergangenheit gethan habe ; daß ſich individuen und
mußten an vielen Stellen erſt einen Pfad durch das
dichte Gewirr von Buſdwerk und Sdlinggewädjen
Nationen nicht darauf beſchränken fönnen, ihre Bemüh : ungen nur nach einem rein kommerziellen Geſichtspunkte
hauen.
auszumeſſen , und daß Herr Danenhower bezüglich der
heeren . Hat man Maliko und die dortigen Fälle paſſiert,
Der Strom nimmt auf ſeinem
linken Ufer den
Lange, ſeinen bedeutendſten Zufluß, auf, der eine mittlere Breite von nahezu 40 m ., eine Tiefe von etwa 60 cm . und gleich dem San Benito ein ſehr felliges Bett hat. Der Reiſende erreichte endlich den Ediba-See, der inmitten
terreſtriſden Phyſik, welche durdy arktiſdie Forſchung be
ſtimmt werden müſſe, zu einem ungerechtfertigten Sæluſſe ge langt ſei . Auf der leßteren Anſicht beſtand Dr. Rink (nad , der
Schilderung der „ Science“) ganz beſonders in einer kräf
eines großen, von hohen Bergen umgebenen Thales liegt. Der See iſt ungefähr 600 m . lang und 240 m . breit
tigen und ſehr umfaſſenden Darlegung. „,,Science“ ſelbſt iſt zwar entidyieden gegen Erpeditionen um des bloßen
und wird von einem Flüßden geſpeiſt. Die Entfernung
Rulmes willen und unter der Leitung und Mitwirkung
von der Küſte bis zum See beträgt ungefähr 135 Km .
von Männern, deren Mut, Begeiſterung und Mangel an
Herr Guiral machte in dem Dorfe Njela Halt, weil ein Krieg zwiſchen den Pahuins (Fans) und den Balanigny
Erfahrung ihre einzigen Qualifikationen hiezu ſind , gibt aber zu, daß ihres Eradytens wiſſenſchaftliche Erforſchungen
ausgebrochen war. Bei der Rüdkehr nach der Küſte hatte
der arktijden Regionen fortdauern werden ; ,,daß die Krone unſerer Erdkugel der Einſamkeit und den Polarlichtern
er ſein Gepäck und ſeine Vorräte dem Häuptling von Njela
zur Aufbewahrung übergeben , da er eine neue Reiſe in die hohen Berge um den Ediba-See anzutreten beabſidy tigte. Er war wahrſdeinlich der erſte Weiße, welcher ſo weit den Fluß hinan gedrungen war, da der hochbetagte Häuptling Ngombe niemals zuvor einen Weißen geſehen hatte und über den Anblick des Reiſenden in eine förmliche Beſtürzung geriet.
überlaſſen werden ſoll, während die Wiſſenſchaft mit ihren Fragen und der Menſch mit ſeinen Beſtrebungen nod) auf dieſem Planeten mitvorhanden ſind, iſt ein Vorſdlag, der keine Widerlegung erfordert.“ ( Proc. R, G, S.)
(Proc. R. G. S.)
* Arktiſde Forſdung. Am 9. Oktober vorigen Jahres fand in dem U. S. Naval Inſtitute zu Annapolis eine intereſſante Diskuſſion über arktiſche Forſchung in einer Verſammlung ſtatt, in welcher der damals in den Vereinigten Staaten reiſende bekannte Geograph und Forſcher Mr. Clement R. Markham den Vorſitz führte. Den Vortrag des Abends hielt der Lieutenant J. W. Danenhower, einer der Teilnehmer an der unglücklichen Erpedition der „ Jeannette". Der Zweck des Vortrages
Revolution, er trat in die Reihen der Aufſtändiſchen und wurde in einem Scharnitzel ſchwer verwundet. Seine Freunde ſchafften
war: die Unrätlichkeit und Vergeblichkeit weiterer arktiſcher
ihn über die Grenze nach Frankreich, dann ſchiffte er ſich nad)
Kleinere Mitteilungen. Dr. Weßel *.
In New -York iſt ſoeben wieder ein deutſcher Achtundvierziger geſtorben, Dr. W. Wetzel. Er war ein gebiirtiger Badenjer, ſtudierte in Wien und Edinburgh, trat, nachdem er promoviert hatte , als Regimentsarzt in die badiſche Armee und machte als ſolcher den ſchleswig-Holſteiniſchen Krieg von 1848 mit. Da kam die badiſche
Litteratur.
298
Im
der Verfaſſer eines tiichtigen praktiſchen „ Handbuchs der Nautit und ihrer Hülfswiſſenſchaften ,“ hat dieſes engliſche Handbuch über
Bürgerkrieg wurde er, weil er ſich den Offizieren der nördlichen
ſetzt, das uns nun hier vorliegt imd auch jeden Naturfreund
Ottupationsarmee freundlich erwies, überfallen und durch Meſjer ſtiche ſchwer verletzt. Nach ſeiner Geneſung iiberſiedelte er nach
intereſſieren wird, weshalb wir es hier anzeigen und als ein gutes Gilfsbuch fiir praktiſche Witterungsfunde empfehlen . * Atlas von Afrika. 50 kolorierte Karten auf 18 Tafeln mit einem geographiſch -ſtatiſtiſchen Text. Wien, Peſt und Leipzig, A. Hartleben'e Berlag, 1886. - Gegenwärtig tonzentriert ſich die
Merico ein und ging von da nach New -Orleans, wo er ſich während einer Gelbfieber-Epidemie einen Namen machte.
New -York und dort , wo er ſich eine bedeutende Praxis erworben , W.
iſt er jetzt geſtorben.
Die deutſche Sprachgrenze in den Alpen behandelt Neumann in einem intereſſanten Vortrag in der Frommel
Pjafi'ichen Sammřung. Sie geht fiidlich iiber die Waſſerſcheide hiniiber im Lys -Thal, wo ſie bei Iiſime ihren ſiidlichſten Punkt
Aufmerkſamkeit aller Freunde der Erd- und Länder- uud Völker
kude auf den „ ſdwarzen Erdteil“, deſſen Erforſchung von allen
Seiten her in Angriji genommen wird und deſſen Schilderung in unſerer geographiſchen Litteratur ſo ſehr vorwiegt. Da kommt
erreicht, und im Gebiete der Seſia -Zuflüſſe, dann am Toſa -Thal
mın diejer hübſche und ſorgfältig bearbeitete, elegante Handatlas von Afrika ſehr gelegen, welcher auf ſeinen 50 Karten und Kärt
im Pommat und in Gurin an der Meggia, dem einzigen dent
dien die genaueſte leberſicht über den ſchwarzen Kontinent and
iden Dorfe im Teſſin , ferner im Etſch- Gebiet und bei Bladen im
alles Wiſjenswerte in demſelben bietet und beſonders der nenen
Piave-Gebiet und Tiſchelwang im Tagliamento -Gebiet. Italieniſche Sprache greift über die Waſſerſcheide heriiber im Val di Lei öſt lich vom Spligen ins Rheingebiet und bei Livigno im Gebiet
Kolonialpolitik und fünftigen Staatenbildung in Afrika Rechnung trägt. Das bequeme Forinat geſtattet den leichteſten und parateſten Gebrauch desſelben , der billige Preis von uur drei Mark für das hiibid, gebundene Eremplar macht ihn jedermann zugänglich und der furze bündige geographiſch-ſtatiſtiſche Tert, welcher die Karten
des dem Fim zuiſtrömenden Spöll ins Donau - Gebiet. Dagegen bleibt die deutſche Sprachgrenze erheblich von der Waſſerſcheide zuriid im Oberrhein -Gebiet, im Engadin- und im Grödner: iulid Gode- Thal, wo ſich zwiſchen ihr imd dem Gebirgsfanım die Ko manen oder Ladiner erhalten haben . Von Sprachinſeln kommen in Betradit die Anſiedelingen in Graubünden , Nachfommen der Alemannen, welche die fränkiſchen Naiſer zum Sdiutze der Alpen päſſe dort anlegten ; dann die ſüdlich vom Monteroſa, wo in
Land und Leuten in der dankbarſten Weiſe. Das ſehr zeitgemäße Unternehmen darf des allgemeinſten Erfolges gewiß ſein . * Zenger, Profeſſor K. W.: Die Meteorologie der Sonne und ihres Syſtems. Mit 5 Abbildungen und Die 1 Tajeln. Wien, Beſt imd Leipzig , A. Hartleben, 1886.
Rimella fid ) die deutſche Nationalität außer Zuſammenhang mit
Photographie hat neuterdings den geſamten Naturwiſſenſchaften
dem Reſt der ſeit dem 13. Jahrhundert aus dem Oberwallis ein : gedrungenen Koloniſten erhalten hat. Damm hauptſächlich in Siid tirol , im Nonsberg, wo ſie der Autor im Einklang mit Steub für Goten hält, im Fleimſer- und Ferſen -Thal, wo die Bevölkerung
ſo viele wichtige Dienſte geleiſtet, daß der Autor bereits im Jahre
bis auf geringe Reſte verwelſcht iſt, endlich in den beiden bekannten Enflaven im italieniſchen Gebiet, in den ſieben und den dreizehn
Gemeinden . Die Bewohner der beiden letzteren riemen ſich zwar Cimbern und ihre Sprache cimbriſd), haben aber zweifellos mit den
Cimbern nichts zu thun, ſondern ſind die Abfömmlinge eines Gemiſches von verſchiedenen Volksſtämmen , die in der Völfer wanderung iiber den Brenner zogen . Auch ſie ſind imr geringe Riſte; nied in 1598 tomten die ſieben Gemeinden allein eine deutſche Landwehr von 10,000 Mann auſſtellen . Erfreulich iſt,
daß der Verwelſchung Siidtirols , an welcher die Geiſtlichkeit eifrigſt arbeitet , nun durch die Bemiihingen des Deutſchen Schulvereins fo. wenigſtens einigermaßen geſteuert wird.
begleitet, unterſtijgt die Orientierung und ergänzt die Kunde von
1874 Verſuche anſtellie, dieſelbe zur Wetterprognoſe zu verwenden . Als Apparat zur photographiſchein Aufnahme des Luftzuſtandes jollte ein Brownyng'ſches Spiegelteleſkop dienen, um damit Somen Wolfen- und andere Aufnahmen zu machen. Später wurde zu
gleichem Zwede ein Steinhäl’ſcher Apparat benützt. Dabei zeigten ſich gerade, wenn jehr heiteres und ruhiges Wetter herrſchte, auf: fallende weiße, das Somienbild umgebende Zonen von freis förmiger, elliptiſcher, paraboliſcher und foniſcher, kometenſchweifs artiger Form . Durch die in kurzer Zeit nach Wahrnehmungen
dieſer Erſcheinungen in den Sonnenphotographien eintretenden plöblidhen Wetterumſchläge, Stürme, Gewitter und Hagelfälle auf: merkſam gemacht, verfolgte der Autor von 1875 ab bei täglicher
Aufnahme der Sonne im Focus des Aplanaten dieje, anfänglich für Jrradiationswirkungen angeſehenen Erſcheinungen und war darauf bedacht, Methoden zu finden, um dieſe, wie er almabm , durch Abſorption der aktiniſchen Strahlen in der Atmoſphäre ent ſtandenen Abſorptionszonen mit voller Deutlichkeit zu erhalten.
Man benutzte daher Emulſiousplatten von Bromchlor - Silber =
Litteratur. Freeden , W. v.: Barometerbuch zum Gebrauch der Seeleute. Nach der neueſten Ausgabe des „ Barometer
collodium mit Chlorophyll gefärbt, da dieſes in ätheriſcher Löjung beinahe in allen Teilen des Spektrums Abſorptionsſtreifen zeigt, und erwartete , daß es die Platten für alle Arten von Strahlen empfindlich zu machen geeignet ſein werde. Von 1875 an dieſe
Manual for the Use of Seamen “ des Meteorological Office zu
Chlorophyllplatten anwendend , erhielt man höchſt merkwürdige
london aus dem Engliſchen überſetzt . Mit 13 in den Text ge brudten Holzſchuitten und 2 lithographirten Tafelii. Oldenburg, Schulze'iche Hofbuchhandlung, 1885. Das Verſtändnis des Baro : meters und ſeiner Weiſungen und die Anwendung desſelben auf praktiſche Witterungskunde iſt fiir keine Berufsart wichtiger als fiir den Seemann , weil er dadurch in den Stand gejetzt wird,
Erſdheinungen, welde lange vor dem Eintritte atmoſphäriſcher eleftriſcher oder magnetiſcher Störungen ſich bemerklich machten ,
lange ehe das Barometer und ſelbſt die Magnetnadel das Heran , nahen der Störungen anzeigte. Das vorliegende Werk hat den Zied , die Reſultate der inn durch mehr als zehn Jahre nach
Möglid; keit mit täglichen Sonnenaufnahmen durchgeführten Unter
fommende Stürme und Zyklonien ſchon einige Zeit vorauszuſehen.
ſuchung des Luftzuſtandes mittelſt der Veliographie bekannt zu
Dieſe Kunde iſt auf Grund langjähriger Beobachtungen und Er
geben , die daraus gefolgerten Urſachen der großen Störungen des
fahrungen zu einem Syſtem ausgebildet worden, das auch dem minder Gebildeten leicht verſtändlich iſt. Das Meteorologiſdhe
atmoſphäriſchen Gleichgewichts und des Erdinnern klar zu ſtellen
Amt in london hat daher für den Gebrauch der Seeleute ein
und die Aufmerkſamkeit der Meteorologen auf die Periodizität aller dieſer Erſcheinungen zu lenken, ſowie die Nüglichkeit und
kieines Barometer- Handbuch ausarbeiten laſſen , welches run in der Hand jedes britiſchen Seemannes iſt. Herr W. v. Freeden,
leichte Anwendbarkeit dieſer Art von Sturmprognoſen für die Zwede der Schifffahrt und des Aderbaues darzulegen. Dieſe
Notizent .
von der Sonnenrotation abhängig erſcheinende Periodizität der großen atmoſphäriſchen und endogenen Störungen zeigt ſich auch in den planetaren Bewegungen des Sonnenſyſtems und ſtellt jo
die Aſtronomie und allgemeine Meteorologie auf dieſelbe Baſis der direkten Einwirfung der Sonnenbeweging. Sollte es durch dieſes Werk gelingen , die Aufmerkſamkeit der Fachkreiſe dieſer Beobachtungsmethode und den daraus abgeleiteten Reſultaten zu zulenken , ſo wird dies reichlicher Lohn fiir die durch zehn Jahre darauf gewendete Mühe ſein und vielleicht manchen praktiſchen
299
Orten der Provinz ſind merkwürdig genng, um einen Beſuch zu verlohnen, und werden in dem vorliegenden Buche im anmutigſten Plaudertone ſo friſch und anregend geſchildert, daß ſie gewiß in manchem Leſer den Wunſch erwecken, einen Ausflug dorthin zu machen , und nebenbei bietet das Schriftchen inaniche dankenswerte
neue Bereicherung des geographiſchen Wiſſens .
Notizen.
Erfolg für die Weiterentwickelung einer rationellen Wetterprognoſe in ſich ſchließen .
* Müller , P. Joh.: Das Deutſche Reich in ſeiner Entwidelung und Geſtaltung. Ein geographiſches Hands buch für den Schulgebrauch, ſowie zum Selbſtſtudium. Langen : jalza, Sculbud handlung. - Dieſes fleißig bearbeitete Wert ift Schulbuchhandlung eine willkommene Ergänzung unſerer älteren geographiſchen Hand biicher und ein Leitfaden für den Unterricht in der vaterländiſchen 1
* Der Poſtdienſt in den Vereinigten Staatent. Das Generalpoſtamt in Waſhington hat ſeinen Jahresbericht iiber
die Thätigkeit der Poſt in dem mit dem 30. Juni 1885 zu Ende gegangenen Fiskaljahre veröffentlicht. Im Laufe des Jahres iſt die Zahl der Poſtämter um 1235 geſtiegen , ſo daß ihrer jetzt 51,252 exiſtieren : für 2233 derſelben ernennt der Präſident die Poſtmeiſter, für die iibrigen 49,019 der Generalpoſtmeiſter. Die Zahl
Geographie, welcher leider in vielen unſerer Schulen noch allzu ſehr vernachläſſigt wird. Es erfüllt genau , was ſein Titel ver
der Geldanweiſungsämter iſt um 749 auf 6992 geſtiegen. Das
ſpricht, und dürfte auch für Eramens Kandidaten und andere
Syſtem der freien Ablieferung beſteht in Aemtern ; dieſer Dienſt iſt ſeither ſchon auf alle Städte ausgedehnt, welche 20,000 Ein
ein nütliches Lehr- und Lejebuch ſein .
* Beyer , Otto Wilhelm : Die Naturwijjenſchaften in der Erziehungsich ule. Nebſt Vorſchlägen für Schulreijen, Tierpflege, Schulgarten, Schulwerkſtatt und Schullaboratorium . Der Verfaſſer, l'eipzig, G. Reichardt, 1885. Preis 3 Marf. früher Oberlehrer am ehemal. akademiſch pädagogiſchen Seminar des Profeſſors Ziller in Leipzig, wünſcht die Naturwiſſenſchaften in gründlicherer und praktiſcherer Weiſe als ſeither in den ers ziehenden Unterricht unſerer Jugend eingereiht zu ſehen , und be gründet dies auf befriedigende Weije. Zugleich ſchlägt er eine ſehr verſtändige Methode derartigen lnterrichts in den verſchie denen Schulen vor, welche Beachtung verdient und beziiglich deren wir alle, die ſich dafiir intereſſieren , auf das mit gewinnender Wärme geſchriebene obige Buch des Verfaſſers verweiſen . * sobeko , Dmitri: Der Cäſarewitſch Paul Petro : witid (1754-1796). Hiſtorijde Studie. Autoriſierte dentiche Ausgabe von Julius Laurenty.
Berlin , A. Deubner, 1886 .
Die Lebensgeſchichte des nachmaligen Kaiſers Paul I. von Ruß land, des Sohnes des ſchwachen Zaren Peter III. und der großen Katharina II . , vor jeiner Thronbeſteigung, d. h. bis zum 17. No vember 1796, iſt in mancher Beziehung intereſſant, iiämlich durch) die Folgen der deſpotiſchen Erziehung, welche ihm ſeine Mutter geben ließ und die den offenen und geraden Charakter des Thron folgers aúmählich in Härte und Verſchloſſenheit umwandelte.
In Anbetracht, daß gerade die Jugendgeſchichte dieſes imgliicfidhen Monarchen ſeither vielfach ungenau und parteiiſch geſchildert worden iſt, hat Herr Kopeko es unternommen , dieſelbe im vorliegenden Werke aktenmäßig und möglichſt wahrheitsgetreu zu ſchildern und zugleich ein genaues Bild von den damaligen ruſſiſchen Zuſtänden und dem ruſſiſchen Hofleben zu entwerfen, um ſo das Bild der ganzen Perſönlichkeit des Großfürſten -Thronfolgers treuer zu geben und ihn als das Kind ſeiner Zeit und in ſeiner naturnotiendigen
Entwicelung zu zeigen , und in dieſer Hinſicht iſt das Buch ein dankenswerter Beitrag zur ruſſiſchen Kulturgeſchichte und bio graphiſchen Litteratur und bietet auch für die Länder- und Völker: funde Rußlands in jener Zeit ſehr nützlichen Thatſachen und Notizen, welche unſere Leſer vielfach intereſſieren diirften .
* Leiſt, Arthur: Georgien. Natur, Sitten und Be wohner. Mit 9 JŲuſtrationen nach Original-Aufnahmen. Leipzig , Wilh. Friedrich. – Die reiche Provinz Georgien am ſiidweſtlichen Fuße des Kaukaſus gewinnt von Jahr zu Jahr an Intereſſe und Bedeutung und verlohnt einen Beſuch der europäiſchen Touriſten ſowohl als land wie auch um ihrer Bewohner willen . Das Nebeinander von Morgenland und Abendland in dem maleriſch gelegenen Tiflis, der orientaliſche Charakter von Kutais und anderen
wohner haben oder jährlich eine Brutto - Einnahme von 20,000
Dollars erzielen ; es iſt aber ſeine weitere Ausdehnung auch auf die Städte mit 10,000 Einwohnern oder 10,000 Dollars Brutto
Einnahme im Zuge. Mit der Eiſenbahnpoſt ſind 4,948,059,400 Poſtſtücke befördert , über 428 Millionen Stück mehr als im Vorjahr , und bei dieſer koloſſalen Beförderung entfällt nur ein Irrtum in
der Zuſteứung auf je 5574 Poſtſtücke, 99,98 Prozent der Stüde wurden richtig beſtellt.
W.
* lleber einen ſeltſamen Gebrauch der Navajo - Indianer gibt Dr. Matthews cinen vorläufigen Bericht in der Oktober Nummer des „, American Naturalist “ . Dieſelben führen nämlid ) für ihre heiligen Tänze in der Medizinhütte nach einer ganz be: ſtimmten Schablone Zeichnungen von Sand aus, welche in ge wöhnlichem Sand mit rotem , gelbem und weißem Sand, Nohle und einem Gemenge von Kohle und Sand , das Blau vorſtellen
joll, angefertigt werden . Es geſdieht dies unter Aufſicht des Medizinmannes oder Hathali , und ſofort nach dem Tanz löſcht dieſer die Figuren wieder aus und läßt den Sand wegbringen . Die Figuren werden von einer Generation zur anderen mündlich überliefert und haben ihre ganz beſtimmte mythologiſche Bedeu .
tung ; auch die Farben jeder einzelnen ſind von Wichtigkeit. Matthews lernte nicht weniger als 17 verſchiedene Zeremonien fennen , wovon zu jeder durchidhnittlich vier Bilder gehören , dod) konnte er Farbenſtizzen uur von ſieben verſchiedenen Zeichnungen anfertigen , welche demnächſt in einein eigenen Werfe veröffentlicht
werden ſollen. Die Zeremonien dürfen nur im Winter ausgeführt werden , wenn die Schlangen ſchlafen ; ſie ſind den Medizinmännern
von dem großen Propheten Dzil'-yi-neyam , der ſie von den ver ſchiedenen Gottheiten direkt erlernte, mitgeteilt worden .
No.
* Für Ausrottung von wilden Kaninchen, Sperlingen und wilden Hunden ( Dingos) verausgabten im Jahre 1884/85 die Kolonien Südauſtralien 41,165 lſtrl. imd Victoria 13,311 lſtri. Nei Siidwales hatte bis Ende 1884 darauf bereits über 100,000 lſtrl. verwendet. Und dennoch merkt man kaum eine Abnahme
derſelben ! Als vor ungefähr 20 Jahren die erſten Sperlinge aus Europa importiert und in Freiheit geſetzt wurden , ſtellten die Kolonialregierungen ſie unter ihren beſonderen Schut, und es ward deren Tötung bei hoher Strafe verboten . Man zahlte damals in
Auſtralien fiir das Paar Sperlinge baar 68 e. Shillings: Nod) viel größere Not machen die Milliarden verwildeter Kaninchen ,
deren man in keiner Weiſe Herr werden kann . Man fängt jetzt an, große Strecken Landes zum Schutze gegen dieſe gefräßigen Gr. Tiere mit einem Drahtgeflecht zii imziehen.
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Inhalt : 1. Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Starpathen. Von A. Rzehak. S. 301 . S. 304 .
2. Ergebniſſe eigener Forſchungsreiſen über die Anbaufähigkeit des Kamerun - Gebietes. Von A. Frhr. v. Hammerſtein. 3. Die anglo-indiſche Armee. Von Emil Img. S. 307. 4. Bagdad. S. 311 , 5. Siidoſtafrika zwiſchen Sambeſi
und Rovuma.
Nach O'Neill.
S. 314.
6. Geographiſche Neuigkeiten. S. 317 .
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland ! und am Nordabhange der Karpathen.
7. Litteratur.
S. 319.
Was zunächſt die baltiſchen Provinzen Rußlands an belangt, ſo hat, wenn wir die neuere Litteratur berüď
fidhtigen, zunächſt C. Grewinck (,, Erläuterungen zur 2. Aus : Von A. Rzebaf.
gabe der geologiſchen Karte• Livá, Eſt- und Kurlands,"
Die mannigfaltigen , in ihrer Verſchiedenheit aber
Dorpat , 1879) die dortigen Quartärablagerungen als
dennod) auf eine einheitliche Entſtehungsurſadye deutenden
glazial gedeutet ; übrigens ſpricht don Chr. Martins in ſeiner 1867 erſchienenen Abhandlung : „ Les glaciers ac
Gebilde, welche wir als das nordiſche Glazialdiluvium
bezeichnen , ſind in den leßten Jahren Gegenſtand zahl reicher Beſchreibungen und Erörterungen geweſen. Im norddeutſchen Flachlande ſind dieſe Ablagerungen zuerſt genauer bekannt geworden ; jeßt hat man ſie ſchon mit weſentlich ähnlichen Charakteren bis an die nördlichen Be hänge der deutſchen Mittelgebirge verfolgen können, und nur die äußerſten, ſüdöſtlichen Ausläufer derſelben, welche uns alſo nach der momentan herrſchenden Anſicht gleid ): jam den Gletſcherfuß des ſkandinaviſch-ruſſiſchen Inland eiſes bezeichnen und gerade deshalb ein beſonderes Intereſſe
beanſpruchen, waren bisher nur in ganz allgemeinen Um riſſen bekannt. Einige Arbeiten der jüngſten Zeit, wie 3. B. die geologiſchen Aufnahmen Rußlands durch S. Ni fitin , Singow u. a., die Erforſchung des nordiſchen Di: luviums in den Oſtſee-Provinzen durch F. Schmidt und Holm,
die intereſſanten Ergebniſſe der von öſterreichiſchen Geologen durchgeführten geologiſchen Aufnahmen im nördlichen Vor: lande der Karpathen und endlich eine Anzahl kleinerer
regionaler Beſdhreibungeu ſeßen uns nun in den Stand, das Glazialphänomen eines Landſtrides kennen zu lernen, der durch ſeine Flädienausdehnung die norddeutſche Nie derung mehrfach übertrifft. Ausland 1886, Nr. 16 ,
tuels et leur ancienne extensions etc. („ Rev. des deux Mondes “) von Gletſcherſpuren in Finnland, und H. Habe nidyt läßt auf ſeiner Karte Europa's während der beiden Eiszeiten “ („ Petermann's Mitteilungen , " 1878, Heft 3) den ffandinaviſchen Gletſcher der erſten Eisperiode bis über die finniſde Seenplatte hinaus ſich erſtrecken. Die
finniſchen Glazialablagerungen ſind in jüngſter Zeit auch von Gerard de Geer („Zeitſchr. der Deutſchen geol. Geſellſch .," 1885, 1. Heft) erörtert werden, beſonders in ihrer Beziehung zu analogen Gebilden Sdywedens. Die im ſüdweſtlichen Finnland auftretenden und auch in den neueren geologi ichen Karten dieſes Gebietes (z. B. der von F. J. Wilk
publizierten Karte im Maßſtabe 1 : 200,000) verzeidyneten Moränenzüge find nad Geer die Fortſeßung der im öſt lichen Schweden beobachteten. Es ſind hauptſächlich zwei etwa 11-13 Km . von einander abſtehende, von Weſt ſüdiveſt bis Dſtnordoſt bogenförmig fortſtreichende Moränen konſtatiert worden, während ungefähr 22–24 Km. nord weſtlich von der zweiten Moräne die Spuren eines dritten Moränenzuges erkannt wurden. Für die Moränennatur der Aszüge ſpricht nad Wilt (,,Oefversigt af Finnlands
geologiska Förhållanden “ ) beſonders der Umſtand, daß 46
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland ud ain Nordabhange der Karpathen.
302
ihre Längsrichtung ſtets normal ſteht zur Richtung der
zeitig das öſtliche Ufer eines ſupponierten, eiszeitlichen
zahlreich beobachteten Gletſcherſchrammen, welche im all
Diluvialmeeres. Der Baltiſche Eisſtrom wird mit der zweiten Glazial
gemeinen von Nordweſtnord oder Weſtnordweſt verlaufen .
Die ſüdliche der beiden obenerwähnten Moränen iſt beſonders in der Nähe des Ortes Lajo gut aufgeſchloſſen ; ſie iſt daſelbſt nach Jernſtröm („ Strödda geogn. anteckn. “ I, II , Helsingfors, 1876) im Mittel 23 m ., an einem Punkte ſogar über 50 m . hoch und etwa 327 m . breit, in der Regel geſchichtet, aus Grand und gerundeten Steinen, an einzelnen Stellen aus thonigen Gebilden zuſammen gefeßt. Wilt nimmt an, daß dieſe Moräne im Meere abs gelagert wurde, ähnlich wie es 3. H. 2. Vogt („ Christiania Vidensk. Selsk. Forh .,- 1881 , Nr. 8) für die Endmorä : nen am Chriſtianiafjord nadygewieſen hat. ។
Der von Torrel ſchon 1865 angenommene ,,Baltijde Eisſtrom" wird auch von Geer acceptiert und die er wähnten Endmoränen als demſelben angehörig betrachtet. Holſtröm führt auch die oberen Moränen Schwedens auf den Baltiſchen Eisſtrom zurück. In Finnland ſelbſt laſſen ſich die Moränen auf eine Längenerſtreckung von 580 Km, verfolgen ; an einzelnen
Stellen ſcheinen die Moränen-Anbäufungen die Abdäms
epoche in Verbindung gebracht; im nordöſtlichen Teile
Deutſchlands dürften die jüngeren Moränen-Bildungen dieſem Eisſtrome angehören.
Die Glazialablagerungen in Eſthland, Defel und In germanland haben F. Sdmidt („Zeitſchr. d. Deutſch. Geol Geſellſch .," 1884, S. 248 ff.) und Holm (, Jswjeſtija " / Nuf . Geol. Com., 1884, S. 297) beſchrieben. Es laſſen ſidy hier im allgemeinen dreierlei Formen des glazialen .
Diluviums unterſcheiden , nämlid ): 1. Der ſogen . ,, Nicht",
welcher aus den durch das vordringende Inlandeis auf gewühlten Maſſen der oberflädlichen Erdſchichten beſteht. 2. Geſchiebe- Lehm , der durch Hinzutreten zahlreicher nor:
diſcher Geſchiebe ganz allmählich aus dem Richt hervor: geht und, einige Meter mächtig, guten Aderboden liefert. 3. Ajar , als beſondere Ausbildung der Grundmoräne, entweder kurze , unregelmäßige Hügel (crossåsar) oder langgeſtredte Höhenzüge ( rullstensasar) bildend ; leştere
ſind manchmal, von geringen Unterbrechungen abgeſehen, an 40 Km. lang und erreichen in Eſthland nahe an 170 m .
mung von Seen bewirkt zu haben (Salpanpelkä). Die Mächtigkeit des Baltiſchen Eisſtromes wird,
Höhe. Wichtig iſt das an mehreren Orten konſtatierte
hauptſächlich mit Rückſicht auf die Verhältniſſe auf der
Meeres -Niveau, weil dadurch die bezüglich der finniſden Endmoränen ausgeſprochenen Anſichten eine Stüße zu er: halten ſcheinen, obwohl Holm (I. c.) die Mitwirkung des Meeres bei der Ablagerung der Aſar ausſchließt. Die Verbreitungsgrenzen des nordiſchen Glazial diluviums in Rußland ſind durch S. Nikitin („ Iswjeſtija "
Inſel Bornholm , auf 120-170 m . geſchäßt. Landſtrecken , deren jeßige Seehöhe 170 m. überſteigt, ſcheint der Baltiſche
Eisſtrom nicht überſchritten zu haben ; in ſeinem ſüdlichen Teile erfuhr er nadyweislich eine Ablenkung gegen Südoſt, wie man aus dem Verlaufe der Schrammen auf Dagö, Deſel und Gotland ſchließen kann.
Zu einer Zeit muß der Baltiſche Eisſtrom ziemlich weit nad Weſten ſich erſtreckt haben, da von Aland ſtam : mende Geſchiebe bei Groningen in Holland ſchon vor längerer Zeit von Torrel , und neuerlich von Calker („Zeitſchr. d. Deutſchen Geol. Geſellſch .," 1884, S. 713) gefunden worden ſind. Gekalbte Eisberge jenes Teiles des Baltiſchen Eisſtromes, welcher in das ſüdliche Katte
Vorkommen mariner Conchylien , 20 m . über dem jeßigen
des geol. Com., St. Petersburg, 1885, IV. Bd., Nr. 4) auf einer Ueberſichtskarte dargeſtellt worden. Wir finden da ziemlich beträchtliche Abweichungen von älteren Ein zeichnungen , wie z. B. der Murchiſon'ichen ; im allgemeinen erſcheint das vom nordiſchen Erraticum bedeckte Areal größer als man bisher angenommen hat.
Im äußerſten
gat mündete , transportierten baltiſche Kreide bis nach
Nordoſten finden wir auf der erwähnten Karte Glazial bildungen eingetragen, welche einer zwiſchen dem Timan Gebirge und dem obdariſchen Ural ſüdwärts bis zum
Bohuslän. Die Aland -Geſchiebe find übrigens zum Teile ſchon während der erſten Glazialzeit ſehr weit füdwärts
62. Breitengrade ſich erſtreckenden Eismaſſe, dem uralo : timan'ſchen Gletſcher, ihre Entſtehung verdanken. Die
geführt worden, und kommen auch in Sadjen im unteren
äußerſte Grenzlinie der erratiſchen Blöde, die dem großen,
Diluvium vor.
ſkandinaviſch - ruſſiſchen Gletſder angehören , bildet drei
Es iſt übrigens nad Geer nicht unwahrſcheinlich, daß das Dſtſee-Becken ſchon auf die erſte Vereiſung in eigentümlicher Weiſe ablenkend gewirkt hat ; die Spuren dieſer älteren Vereiſung find einerſeits bereits ziemlich ver wiſcht, anderſeits in den nördlichſten Provinzen Rußlands ſo gut wie gar nid )t unterſucht. Nach einem von Geer entworfenen Ueberſichtskärtchen ( 1. cit.) reicht die Dſtgrenze der erſten Eisverbreitung im nördlichen Rußland bis etwa zum 65. Meridian, nach Habenicht's obenerwähnter Karte
bis an das Timan -Gebirge und die uralo-alauniſche Platte ; auf der lektgenannten Karte bezeichnet dieſe Grenze gleich
ſtark ausgeprägte Ausläufer, nämlich eine große, zungen
förmige Ausbuchtung zwiſchen der Wytſchegda und Wjätka, nahe an den 70. Meridian heranreichend ; eine zweite nord öſtlich von Rjäſan und eine dritte füdöſtlich von Tſcherni gow. Im Gouvernement Koſtroma bildet die Wetluga, im Gouvernement Saratow und im Lande der Don'den
Koſaken die Medwedißa die Dſtgrenze. Im Gebiete von Kamyſhin (an der Wolga, ſüdlich von Saratow ) wurde
die Grenze durch I. Singow ( Algem. geol. Karte v. Ruß: land, Blatt 93) feſtgeſtellt. Südöſtlich von Tidernigow und Kiew reicht das Erraticum bis in die Gegend von
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Karpathen.
Ekaterinoslaw , ſo daß alſo die Südgrenze beträchtlid, tiefer reicht als man bisher angenommen hat. Die dunkelbraunen, fandigen Thone mit Kalkſteinbrocken, welche St. Kontkiewicz (,,Gornij Jurnal," St. Petersburg , 1881 ) öſtlich vom Dnjepr beobachtet hat, dürften hiernach zum Teile dem
303
ſtehenden Untergrund, für die Geneſis des Lehmes jeden: falls ein wichtiger Umſtand. Die Marimalmächtigkeit des
Geſchiebe- Lehmes iſt 14 m ., die ganze Maſſe iſt reichlich
Desna budytet ſich die Grenze gegen Norden aus, ſo daß Kurst und Orel frei von Glazialdiluvium ſind; Nikitin's
mit fremden Geſchieben durdſeßt, unter welchen kryſtalli niſde Geſteine aus Finnland und Dloneß, Bergfalt und zugehörige Kieſelgeſteine, juraſſiſche, ſelten permiſdie Ge ſteine beobadytet wurden . Was die Verbreitung des Ge diebe-Lehms anlangt, ſo wurde ſeine öſtliche Grenze
Grenzlinie ſtimmt hier genau mit der Murchiſon's über:
unmittelbar jenſeit des Fluß -Thales der Unſha konſtatiert;
ein . In Wolhynien läuft die Grenze ſüdlich vom Pripet,
längs der Wetluga und deren lintsſeitigen Nebenflüſſen findet ſich, wenigſtens im Gouvernement Koſtroma, keine Spur davon . Die äußerſten Reſte wurden an der Meſha, einem linken Nebenfluſſe der Unſha, bei dem Dorfe Spaßkoë,
Geſchiebe-Lehm entſprechen. Zwiſchen dem Don und der
aus der Gegend von Dirutſch in Weſtſüdweſt-Richtung 2
gegen den Karpathenrand zu. Auch dieſe Erfahrung iſt neu , da nad den Angaben von Barbot de Marny das nordiſche Erraticum in Wolhynien nid)t mehr auftrit und auch Habenicht auf ſeiner oben erwähnten Karte die Süd grenze der Geſchiebe ungefähr mit dem Laufe des Pripet zuſammenfallen läßt. Ruſſiſch Polen iſt ſo gut wie voll ſtändig von Glazialdiluvium bedeďt ; nur vereinzelte, aus
paläozoiſchen und meſozoiſchen Gebilden beſtehende Erhe bungen ragen aus der Quartärdede hervor, welche ſich bis
an den Nordrand der Karpathen erſtreckt. Was den petrographiſchen Charakter der glazialen Ablagerungen Rußlands anbelangt, ſo finden ſida auch hier
die wichtigſten Typen der im norddeutſchen Fladılande beobachteten Bildungen vertreten . Nifitin hat uns (,,Er: läuterungen zur allgem . geol. Karte v. Rußl.," S. Peters: burg, 1885 ) dieſelben eingehend beſchrieben. Nad) ſeiner Dar
ſtellung ſind im mittleren Rußland unter den poſtpliozänen
Ablagerungen zunächſt Gebilde zu erwähnen , welche als Sedimente von Binnenſeen aufzufaſſen ſind und an manchen
Orten, wie z. B. bei Moskau, Knochen vom Mammut und anderen ausgeſtorbenen Säugetieren enthalten. Unter den eigentlichen Glazialgebilden wurden unterſdieden : Oberer Sand, Geſdiebe-Lehm und unterer Sand, alle drei durch eingeſchloſſene erratiſche Blöde charakteriſiert.
vorgefunden. Deſtlich von der Wolga fehlt der Geſchiebe Lehm ebenfalls ; an einigen Stellen der Gegend von Kerſhe
neß wurde aber ein nicht unbedeutendes, ungeſchichtetes Lager von lehmigem Sand beobachtet, welcher vielleicht als ein durch ſubaerale Prozeſſe veränderter Geſchiebe-lehm aufzufafien iſt.
Der Geſchiebe- Lehm iſt nach Nikitin, welder verſdjie dene Erklärungen des ganzen Phänomens verſuchte, als eine Moränenbildung zu betrachten ; die Blöde zeigen nicht felten Schrammen und erreichen noch an der Unjha und
Wolga mitunter 2–3 m. im Durchmeſſer. Der untere Geſchiebe-Sand breitet ſich gegen Oſten viel weiter aus als der Geſchiebe-Lehm, denn er findet ſich
überall in dem großen Waldgebiet jenſeit der Unſha. Es iſt ein zumeiſt gelb gefärbtes, ſehr oft deutlich geſdhichtetes Gebilde mit thonigen und mergeligen Zwiſchenlagen, mit unter in feſten, eiſen dhüſſigen Sandſtein oder Konglomerat (jo z. B. zwiſchen Kaljaſim und Uglitſch an der Wolga)
übergehend ; ſeine Mächtigkeit beträgt durdyſdynittlich 2 m . Die maſſenhafte Entwicelung der Geſchiebe in der Ge gend jenſeit der Unſha deutet darauf hin , daß man es hier mit Ueberreſten der Endmoränen zu thun habe , während
Der obere Geſchiebe-Sand iſt in der Regel ſdhichtungs
die Hauptmaſſe des unteren Geſdiebe-Sandes nach Nikitin's
los, zuweilen thonig und dann wie der darunter liegende Lehm gefärbt, in den er mitunter unmerklich übergeht.
Anſicht durch die unter dem Gletider fließenden Waſſer
Unter den Geſchieben herrſchen kryſtalliniſche Geſteine, an
Die wallartigen Anhäufungen großer Geſdiebe, wie ſie, meiſt von Nordweſt nach Südoſt ſtreichend, in manchen Gegenden beobadytet wurden , hält Nilitin für Seiten:
manchen Stellen ein roter, aus dem Gouvernement Olonet
ſtammender Sandſtein vor ; das ganze Gebilde iſt 5 bis 8 m . mädtig und nimmt nur einzelne Flächen ein, ohne alſo eine ganz kontinuierliche Decke zu bilden. Nach
Nikitin's Anſidyt iſt der obere Geſchiebe-Sand als eine alluviale Abänderung des Geſchiebe-lehms aufzufaſſen ; da für ſpricht beſonders der Umſtand, daß dieſer Sand ge wohnlid, auf den Anhöhen auftritt. Das mächtigſte und wichtigſte Gebilde iſt der Ge ichiebe-Lehm ; er überzieht deckenartig das Land, auch die
Waſſerſcheiden ; er iſt in der Regel nicht geſchichtet, noch weniger ſandig, mitunter mergelig, zumeiſt braun oder rot gefärbt ; die intenſive rote Farbe ſteht manchmal ( o z. B. ſehr deutlich im nördlichen Teile des Galip'ichen Kreiſes)
in Beziehung zu dem aus bunten Mergeln (Trias) be
entſtanden iſt.
moränen ; mir ſcheinen ſie nach der Beſchreibung mehr Analogie mit den iriſchen , audy in Nordamerika und in den Alpen beobachteten „ Drumlins “ zu beſißen. In den Gouvernements Saratow und Tambow wurde das Glazial diluvium von Singow (,Abhandl. . geol. Com .," Bd. II , Nr. 2) und Muſchketoff (ebenda Bd. I, Nr. 4) ſtudiert.
Die Blöcke ſind über die Steppe zerſtreut, meiſt nur klein, mitunter jedoch auch von 200—1000 Kgr. Gewidyt ; die größeren Blöcke liegen immer nur an der Oberfläche, höchſtens bis zu 13 ihres Volumens in Oberflächenlehm ſteckend; kleinere Gefdiebe kommen auch in einem braunen,
ungeſchichteten Lehm vor, der alſo offenbar dem Geſchiebe Lehm entſpricht.
Das Material der erratiſchen Blöde
304
Ergebniſſe eigener Forſchungsreiſen über die Anbaufähigkeit des Kamerun Gebietes.
ſind Granite , Diorite, kirſchroter Sandſtein (aus dem Gouvernement Dronet), Sandſteine und foſſilifere Rieſel kalke der Carbonformation. Die Verbreitung der Blöcke
bietet hier und in dem angrenzenden Gebiete der Don'idhen Roſaken ſehr viel Rätſelhaftes; eine Ablagerung durd) Treibeis iſt jedod, wie Sinbow ausdrücklich hervorhebt, ausgeſchloſſen. (Sluß folgt .)
Ergebniſſe eigeuer Forſdungsreiſen über die Anbaufähigkeit des kamerun -Gebietes. Von A. Frhru . V. Hammerſteini.
Es iſt erſt eine Errungenſdjaft der Neuzeit, daß man aud) in Zentralafrika koloniſierend vorgehen kann, und Deutſdland war nod) gerade rechtzeitig inn Inneren ge kräftigt, um daran teilzunehmen und ſeinem überſdüſſigen privaten Kapital und Intelligenz größere Felder der Thätig
ſdhen Kolonien weite Strecken viel beſſeren Bodens in guter Lage der Bebauung barren.
Das weite Niederland zwiſchen den Rumbi-Bergen und dem Kamerun -Gebirge iſt von Comber teilweiſe durch ſtreift. Er hat dort hauptſädylid ſteppen- und ſavannen artige Gebiete mit üppigem Bodenwuchs auf beſſeren Lehm böden gefunden und dildert das Land als ein ſehr fruchtbares. Es wird ähnlich ſein wie die von mir durdı. kreuzte, in 1040 m. über dem Meere gelegene Hochebene ziviſden dem Großen und Kleinen Kamerun -Gebirge. Dieſe Ebene dheint durch Lagerung von mädytigen
Baſalttuff- und Wacken -Schichten, von Reibungs-Ronglome raten der Eruptionszeit gebildet zu ſein. Die Tiefgründig feit ihres Verwitterungsbodens iſt dann wohl nod) ver
mehrt durch die Abſchwemmungen der in ſie ausmündenden gewaltigen Hänge des großen Ramerun - Berges. So hat ſich hier ein felsloſer Lehmboden gebildet, den ich als
fruchtbar bezeichnen muß nach der Ueppigkeit des Kraut und Graswuchſes auf demſelben. Er iſt von einer gelb
feit zu ſichern . Bis jeßt haben alle dieſe Kolonialgebiete nur durdy den Handel dem Vaterlande Vorteile gebracht, aber diejenigen, welche in einer dem Pflanzenwudys und alſo dem Anbau tropiſdier Kulturgewädyſe günſtigen Klima:
rötliden , nicht ſehr humusreichen Farbe, infolge mangeln den Waſſerabzuges wohl oft nody etwas mehr als friſd,
Zone liegen, werden auch den Deutſchen anderer Erwerbs
dere Erzeugniſſe des Waldes hat er unbedingt Recht, jedenfalls aber nicht in Betreff der bedeutendſten Gegen
Thales Lehmböden haben, die in der Trockenzeit ſteinhart werden und in Riſſe und Kluften zerſpalten, aber während der Regenzeit eifrig bebaut werden und oft erſt nach Ers härtung des Bodens das Getreide noch reifen laſſen, muß man dieſem Boden feinen Wert zuerkennen. In loderer, humoſerer Form findet er ſich in größerer Ausdehnung und Verteilung an den Hängen des Gebirges. Ein dichter Wuds von undurchdringlichen , übermannshohen Kräutern, ſchilfigen , breithalmigen Gräſern und Sträuchern bedeckt
ſtände, des Palmöls und der Palmkerne. Wie dem aber
ihn, wo die Eingeborenen zur Brennholz- und Weide
auch ſei, der Anbau des Bodens wird allein einen irgend bedeutenden Aufidwung derjenigen Kolonien bedingen, die, wie Dſtafrika, Neu -Guinea und das Kamerun - Gebiet, dem Anbau günſtig und durd, Küſtenlage, Häfen und ſchiff
Gewinnung den Urwald heruntergehauen und nur wenige Baumgruppen ſtehen gelaſſen haben. Daß die Hodiebene und ihr ähnliche Flächen der Weſthänge waldlos ſind, kann ich mir nur aus dem überaus hohen und didyten Pflanzen wuchs erklären , der perennierende Holzgewächſe gar nicht auffommen läßt, weil ſie ſich immer langſamer als dieſe Kräuter und ſchilfigen Gräſer entwickeln. Dazu kommt, daß zahlreiche, breite und feſtgetretene Elefantenwechſel
zweige Gelegenheit geben , ſich das Verdienſt zu erwerben, daß ſie in den Kolonien erworbenes Geld in der Heimat
verzehren. Herr Woermann macht ſogar auch die Zukunft
des weſtafrikaniſchen Handels von der Anlage von Plan tagen abhängig wegen der ſinnloſen Ausbeutung ſeiner Gegenſtände. In Bezug auf Kautſchuk, Ebenholz und an
bare Flüſſe von Natur hinreichend aufged) loſſen ſind.
Wie dieſer Anbau mit den einzelnen Handelsgewächſen in
Angriff zu nehmen iſt, habe ich in meiner Schrift: „ Der tropiſche Landbau ", Berlin, P. Parey, ausgeführt und will
deshalb leicht ſteif oder bindig, ein feinſandiger Thon boden.
Wenn man weiß, daß die Reisfelder des Ganges:
hier die Ergebniſſe meiner Unterſuchungen darüber mit
kreuz und quer laufen und wohl jeder Fled von Elefanten
teilen, ob Klima und Bodenverhältniſſe des Kamerun- und
beweidet und betreten wird.
Togo-Gebietes ſich dazu eignen.
ſelten der idywarze Jäger dieſe Gegenden, übrigens niemand. Als herrenloſes Gebiet ſind ſie jegt von der deutſchen Regierung in Beſitz genommen . Im übrigen und zum weitaus größten Teile beſteht das Gebirge aus Baſaltlava, teils feſt, teils leichter ver witternd und durch Auswitterung der Feldſpath-Gemeng teile ſehr porös. Der Boden iſt dementſprechend zuweilen
Das Togo-Gebiet hat ſeinen Wert, indem es ſich als Keil zwiſchen die zollverſchloſſenen fremden Kolonien dieſer
Küſte ſchiebt und gute Handelswege in das unermeßliche Hinterland hat ; in anderer Beziehung hat es keine Zu kunft. Der Boden des Innern, von dem Zöller viel er ivartet, iſt, wie ich mich an Drt und Stelle überzeugte, durchweg ſteifer, humusarmer, ſehr eiſendüſſiger Lehm und Thon - Boden auf Laterit, der in dem günſtigen Klima
Von Menſchen betritt nur
ziemlich flady, meiſt aber reidhlich tiefgründig, durch den
zur Regenzeit bebauungsfähig iſt, aber noch lange nicht
ſtarken , dunkelfärbenden Augit-Gemengteil des Geſteins reid an Kalt- und Magneſia -Salzen, durch ewige Humus:
in Angriff genommen werden wird, weil in anderen tropis
Anſammlungen ſehr ſtoffreich und trop etwas hohen Thon
Ergebniſſe eigener Forſchungsreiſen über die Anbaufähigkeit des Kamerin-Gebietes. gehaltes locker, was durch die kleinen, ſcharfkantigen Fels ſtüde, die ihm in Menge beigemiſcht ſind, noch vermehrt wird. Leştere ſtehen vielfady ſo zu Tage, daß das Gehen
ſelbſt auf getretenen Pfaden außerordentlid, erídywert wird. Die Hänge des Gebirges find namentlich auf der Dſt- und Weſtſeite ziemlich ſteile, und zwar ſind das nicht nur die nadten, zerriſſenen , gewaltigen Felswände der höheren Regionen , ſondern auch die ſanfter abfallenden unteren Gelände, die teilweiſe von Eingeborenen bewohnt, größtenteils aber dicht bewaldet ſind. Namentlich auf der Süd- und Südoſtſeite, die durch die günſtige Küſte und den Mbinga:Creet für die Bebauung beſonders gut auf: geſchloſſen ſind, ſteigen aber die Hänge, wenn auch immer
ziemlich ſteil, doch in weiteren Thälern und Terraſſen an, die ſich zwiſchen kleinen Hügeln und vortretenden Rücken bilden. Dieſe Rücken ſind meiſtens felſig und zu flach gründig für die Kultur, was man ſchon an der Gering wüchſigkeit des Waldes dem in den Mulden und auf beſſeren Böden gegenüber ſofort erkennen kann. Der Erpoſition wegen würden dieſe Abdachungen bei uns ja auch die günſtigſten ſein. Dort iſt eine nördlide
305
anderen Stelle : ,,Welch zauberhaft dönes Land, welche
Fruchtbarkeit, welcher Reichtum !" Das Gebirgsland iſt etwa 2000 Q.-Km. groß. Wenn nur die mit völliger Sicherheit einen guten Erfolg geben: den Teile des Gebirges in Plantagen verwandelt würden, könnten dort ungefähr 100,000 Neger unter der Leitung von 2000 Deutſchen ein lohnendes und menſchliches Daſein führen . Das iſt nicht viel, aber für den Anfang reichlich,
als Muſter für das weitere Vorgehen unſchäßbar. Wie viele Deutſdhe im Heimatlande würden außerdem dadurch in Nahrung geſeßt. Das an das Kamerun-Gebirge anſchließende Gebiet des Mungo - Fluffes kenne ich nur aus den mündlichen Schilderungen Dr. Buchners und des Kaufmanns Wölber. Es iſt ein teilweiſe hügeliges Land, das Dr. Buchholz in .
ſeinen Reiſebeſchreibungen und Rogoſinsky und Comber in ihren ſpärlidhen Berichten alle übereinſtimmend ein ſehr üppiges und fruchtbares nennen . Namentlich in ſeinem oberen Teile hat Dr. Buchner Urwälder gefunden, die
rieſenſtämmig, hoch und geſchloſſen den Boden von Unter: wudis frei halten. Solche Angaben machen eine baldige
Lage aber ebenſo gut, weil die Sonne in der höchſten Vege
Inangriffnahme genauerer Erforſchung und einen baldigen
tationszeit ſenkrecht ſteht, in einem großen Teile des Jahres, in unſerm Sommer, aber von Norden ſcheint. Eine un :
Beginn der Bebauung mit Handelsgewädſen wünſchenswert. Im Süden des Kamerun-Gebirges liegt das eine
günſtigere Expoſition könnte höchſtens die weſtliche, wegen
breite Halbinſel bildende Hügelland von Bimbia. Die Berge, die ſich nicht zu größeren Höhen erheben, bilden
des Mangels der Morgenſonne, ſein . Waſſer ſcheint nur auf der beſchriebenen Hochebene und in der Umgegend von Majanja zu fehlen, wo Brunnen jedenfalls anzulegen ſind, ſie müſſen aber vor der Beſiede
meiſtens kleinere Retten, die von ſpißeren Erhebungen ge krönt ſind. Die Thäler zwiſchen ihnen fallen im allge meinen nicht ſteil ein. Klare Bäche habe ich mehrfach in
lung gebohrt werden. In allen übrigen Gegenden iſt in
denſelben gekreuzt.
Quellen, klaren Gebirgsbächen und in den weiteren Thälern in Flübchen das herrlichſte Waſſer vorhanden. Ueber 800—1100 m . Meereshöhe hinaus werden die Hänge zu ſteil und zu ſehr mit Felsgerölle bedeckt. Nur
faltiger. Das Gebirge iſt ebenfalls baſaltiſch. Die For: men der Felfen und die Umwandlung und ſtarke Rötung eingeſchloſſener Thonſchichten zeigen deutlich die feuerflüſſige Bildung. Die Felfen treten auch auf den Hängen viel: fach zu Tage ; fie ſind oft nur von dünner Bodenſchicht überlagert, oft hat ſich dieſe nur zwiſchen ihnen in ge ringer Menge gebildet. Das Geſtein iſt meiſtens ſehr feſt
bis dahin ſcheinen ſie fich im allgemeinen für Plantagen zu eignen. Die Grenze des Urwaldes liegt durchſchnittlich erſt in 2500 m. Höhe. Die Waldvegetation der weit überwiegenden tief gründigeren Böden iſt von einer ſelbſt für tropiſche Ver:
hältniſſe großen Ueppigkeit. Und wo in der Nähe von Anſiedelungen die rieſenhaften Bäume und kraftſtrogenden Palmen ſich nicht mehr zu dichteſtem , dunklem Urwald ſchließen , entwickeln ſich deſto mehr die Sdlingpflanzen
und der Bodenwuchs zu hohem, undurchdringlichem Dickicht
Der Pflanzenwuchs iſt ein mannig:
und verwittert ſchwer, ſein Gehalt an Magneteiſen iſt ein Der Boden iſt deshalb hier ein bindiger, rötlich brauner Thonboden, etwas feinſandig und, wenn er der Sonne ausgefeßt iſt, brödelig. Er hat nicht die vorzüg: großer.
lichen Eigenſchaften eines gewöhnlichen baſaltiſchen Bo dens, und zeigt das auch in dem Mangel ſehr ſtarker und ſehr hoher Bäume ; das Klima madyt ihn aber troba
von Sträuchern , Halbſträuchern , Blattpflanzen, Farnen und breitſchilfigen Gräſern. Auch Zöller, der ziemlich alle
dem zu einem fruchtbaren. Zum Anbau tropiſcher Kultur
Tropenländer der Erde geſehen, hat die Gegenden über Vudonange und Victoria, ſowie die über dem Mbinga
Zwiſchen Bimbia und Victoria , nicht weit von leß terem Orte, liegt eine kleine Cacao- Pflanzung eines Victoria
gewächſe iſt er größtenteils geeignet.
Creek beſudyt. Er ſagt davon : ,, Alerwärts herrſchte eine
Negers, die beweiſt, daß der Cacao hier ſelbſt auf ſteifem
Ueppigkeit des Pflanzenwuchſes, die von wenigen Tropen
Thonboden gut gedeiht, wenn ſie auch ſonſt den Mangel jeden Verſtändniſſes ihres Beſißers zeigt.
ländern, wenn überhaupt von einem übertroffen werden dürfte. Ueber der Lava, deren verwitterte Blöcke überall umberliegen, lagert eine dichte Schicht dunkelbrauner, fetter
und äußerſt fruchtbarer Humuserde ," und ſchließt an einer Ausland 1886, Nr. 16 .
In der Umgebung der ſchönen , ſogen. Kriegsſchiff-Bucht habe ich auf Woermann'ſchem Gebiet Thäler mit gutem
Boden in geringer Ausdehnung gefunden, auch zwei Bäche 47
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Ergebniſſe eigener Forſchungsreiſen iiber die Anbaufähigkeit des Namerun - Gebietes.
mit klarem Waſſer.
Die Gegend iſt wie das ganze
iſt mit Humus überall ſtark durchſeßt und ſeine Frucht
Hügelland unbewohnt, aber vielfach von Bradwaſſerarmen
barkeit beipeiſen die alles bedeckenden Urwälder.
durchzogen. Hier hat die Kamerun -Land- und Plantagen Geſellſchaft zu Hamburg nun idon mit der Urbarmadyung
nach dem ſchroffen Anſtieg wird das Land zunächſt überall flach, hat tiefgründigen, felsloſen oder mit wenig Fels
begonnen .
teilen durchſetzten Boden, ſo daß es ſich ſogar für inten: ſive landwirtſchaftliche Maſchinenarbeit eignen würde. Nicht ſehr weit landeinwärts ſteigen dann aber ſchon die Ges birge ſteil an, von denen gerade bei Groß-Batanga ein mädytiger, didyt bewaldeter Vorpoſten , der Elefantenberg,
Das Binnenland, die Landſchaften Abo, Wuri und Budiman ſind weit und breit flady und in der Höhe der Negenzeit vielfad Ueber dywemmungen ausgefekt .
Nur
wenige ſchmale und langgezogene Hügel durchziehen es, die ſtets ſteil anſteigen, aber ſich nur ſehr wenig erheben. Die ſämtlichen Bodenbildungen gehören hier der
Tertiärformation an. Sandiger Lehm und lehmiger Sand, meiſt humushaltig und wenig eiſenſchüſſig, gehen bei einer Erhebung auch in ſteifere Lehmböden über. Nur an einer Stelle des Flußufers unterhalb der Mündung des Abo Fluſſes liegt eine Anzahl Baſaltblöde, die nicht beſonders
merkwürdig iſt, da den Horizont nach dem Innern zu in weiter Ferne hohe Bergkegel und Bergzüge begrenzen,
deren Geſtaltungen deutlid baſaltiſdie Durchbruchsgebirge erkennen laſſen, was ja audy den Lagerungen entſpridyt. Leştere haben mit größter Wahrſdieinlichkeit die günſtigſten Bedingungen für Plantagenbetriebe in großer Ausdehnung, und es wäre ſdon deshalb eine höchſt wünſchenswerte Auf
gabe, die Erforſchung dieſer Binnenländer bald in An griff zu nehmen . Ihre regelredyte Anſiedelung und Bes bauung aber wird doch einer etwas ferneren Zukunft vorbehalten bleiben .
In dem Fladılande Kameruns ſieht man außerdem
ausgedehnte, grüne, ſumpfige Flächen, die nur von Fluß
pferden bewohnt werden. Die üppigen Sumpfgräſer laſſen vermuten, daß eine regelrechte Entwäſſerung hier den beſten Grund für Kornbau, beſonders Reis, daffen würde. Die
Gleich
ſeiner Form nach ſo benannt, fich bis viel über 1000 m. erhebt .
Die Gegenden zwiſchen dem Lobe-Fluß und Malimba ſind von Zoller beſchrieben . Die an Kamerun grenzenden Landſchaften find flady, und an dem Waſſerfall des Mo:
anja ſah Zöller auch noch nirgends Gebirge, ſüdlich da: von aber treten ſie aus dem Innern vor und in den Landſchaften Plantation und Kriby bis ziemlich nahe an
das Meer. Es ſind das meiſtens ſteile, rundkuppige und ziemlich bedeutende Berge, wie man ſie weiter ſüdlid
ſtets im Innern immer höher anſteigen ſieht. Ueberall an der Küſte treten die Granitfelſen und übereinander liegende Blöcke wie bei Groß-Vatanga ins Meer vor. Das Land iſt Waldland. Die flachen Landſchaften
ideinen nach Zöllers Beſchreibungen am Moanja noch ganz ähnlich denen von Wuri zu ſein. Boden, der ſich zur Bebauung mit Handelsgewächſen eignet, iſt im ganzen Kamerun -Gebiet demnach reichlid) vorhanden. Weil die Arbeiterfrage noch nid )t gelöſt iſt, kann er größtenteils aber noch nicht in Angriff genommen werden, und unter den jetzigen Arbeiterverhältniſſen dürften nur am Kamerun -Gebirge und allenfalls bei Groß-Batanga der höchſt günſtigen Bodenverhältniſſe wegen Anfänge gas
Inangrijfnahme derſelben iſt aber ohne Frage ſehr uns geſund und man bat zunächſt beſſere Flächen, von denen man ausgehen kann. Sozuſagen unbekannt ſind noch die Gebiete, aus denen die beiden ſüdlicheren Flüſſe des Delta's, der Bungaſi und der Edea, kommen . Id) glaube, daß ſie dem übrigen Flach: lande, beſonders dem des Wuri und Abo gleich ſind. Das ausgedehnte Delta ſelbſt, das die Meeresbucht völlig umgibt, trägt den eigentümlichen Charakter ſeines Mangrovewudiſes, weil das Waſſer desſelben überall eine mehr oder weniger ſtarke Miſchung des Meerwaſſers mit
wagt werden .
dem Süßwaſſer der Flüſſe iſt. Die weiten Mangroves
Wenn Bodenproben hier begutachtet werden, kann man
Wälder ſtehen auf niedrigem Sumpf- und Schlamm - Boden. Eine Entwäſſerung dieſer peſthauchenden Sümpfe iſt un
für das Ramerun-Gebiet ſtets die phyſikaliſchen Eigen ſchaften als möglichſt günſtige annehmen .
möglich, weil ihre weiten Flächen unter dem Meeresſpiegel
Seiner Lage auf der nördlichen Erdhalbfugel ent ſprechend, fallen die Jahreszeiten des Kamerun -Gebietes
liegen zur Zeit der Flut und dann regelmäßig unter Waſier ſtehen .'
Von dem ſüdlichen Kamerun-Gebiet kenne ich nur die Ilmgebung von Groß-Batanga.
Die Küſte iſt dort eine
felfige ; das Land ſteigt, teilweiſe in ſehr ſchönen Felfen ufern, ſteil 15-30 m . hod) an. Das Gebirge iſt Granit.
Der an und für ſich reiche Verwitterungsboden desſelben
Warnen möchte id nun noch davor, Böden aus den
dortigen Gegenden nur nach hieſigen chemiſchen Unter: ſuchungen und Bodenbeſtimmungen zu beurteilen. So wertvoll dieſelben ſind, fönnen ſie dody feinen Anhalt für die Anbaufähigkeit geben, denn dafür kommen ganz be ſonders auch die phyſikaliſchen Verhältniſſe in Betracht, die man nur an Drt und Stelle kennen lernen kann. Nur
dort, und nur ein Fachmann kann ein Urteil über den Boden abgeben auf Grund von Unterſuchungen und Klima kenntnis, und auch der Fachmann irrt ſich noch oft dabei.
mit denen unſerer Zone zuſammen. Wenn die Sonne fich im Süden am Wendekreiſe des Steinbocks befindet, fallen ihre Strahlen in Kamerun am ſchrägſten. Das iſt der Fall im Dezember. Die Monate November, Dezember, Januar und Februar ſind die Wintermonate; es herrſcht dann die fühlere, regenarme Trockenzeit; es iſt bedeckter
Die anglo-indiſche Armee.
Himmel, Landwinde ſind vorherrſchend, eine Anzahl Bäume verliert ſogar das Laub, Luft und Temperatur ſind an-
307
eigene und durdy Soyaur gemachte Beobadytungen ſtüßt. Für das Gebirge habe ich ſelbſt in meinen Reiſebriefen eine
genehm . Dann rüdt die Sonne nach Norden. Am 20. März ſteht ſie über dem Aequator ſenkrecht; es wird wärmer.
meteorologiſche Tabelle von St. Thomé veröffentlicht, die mit den Beobachtungen, die der Schwede Waldau und ich ſelbſt
März iſt der Uebergangsmonat mit unbeſtimmtem Wetter,
und eine noch weit regelmäßigere und weit geringere Schwankung zeigt als die klimatiſchen Erſcheinungen des dortigen Flachlandes.
es treten heftige Gewitter auf, die im April ihren Höhes punkt erreichen. Am Ende dieſes Monats ſteht die Sonne
im Kamerun-Gebirge gemacht haben, genau übereinſtimmt
über Kamerun ſenkrecht , mit dem April beginnt dort der Sommer und dauert ſo lange, wie die Sonne ihren Weg
zum Wendekreis des Krebſes madit, bis ſie, von dort zu rüdkommend, Anfangs September wieder über Kamerun ſenkrecht ſteht, und dann wieder weiter nach Süden rückt. Die Monate Mai bis September ſind die eigentlichen
Die anglo- indiſde Armer. Von Emil fung.
Ehe die Königin von England im Jahre 1859 in
keren Regengüſſen etwas ab, die Luft iſt feuchtigkeitsge-
Indien an die Stelle der Oſtindiſden Kompagnie als Herr ( dyerin trat, alſo nach dem großen Aufſtande, welder fo viel
(dwängert , drückend und ſchwül, bis Negen erfolgt. Dann
Blut und Geld koſtete, war die Zuſammenſeßung der
iſt das Wetter außerordentlid, klar, man hat weite Aus-
indiſchen Truppen eine ganz andere als heute, wo nady dem
ſicht. Landregen gibt es niemals. Zeitweiſe täglich, ſonſt
Prinzip des divide et impera ! die Miſchung möglidiſt vieler einander , wenn nicht feindſelig , doch mit Abneigung
Sommermonate, die Temperatur fühlt nur nach den ſtär-
in größeren Zwiſchenräumen , fällt der Regen in Strömen
herab, die oft noch viel ſtärker ſind als unſere Wolfen :
gegenüberſtehenden Kaſten und Religionsbekenntniſſe ſehr
brüche. Inmitten des Sommers , wenn die Sonne am Wendekreis des Krebſes ſteht, im Juni und Anfangs Juli, ſind die Regen ſeltener, dann herrſcht die ſogen. kleine Trodenzeit, die Hauptvegetationsperiode dauert aber ununterbrochen fort. Ebenſo kommen die Regen nur noch ſelten in dem
wirkſam einer Koalition gegen das vor allem gehaßte re gierende Volt vorgebeugt. Gerade dieſe inneren Zwiſtigkeiten, die ſich fortwährend zu blutigen Fehden ſteigerten, haben es den Briten immer möglich gemacht, die Indier durch die Indier ſelber zu bekriegen und im Zaume zu halten. Das erſte britiſche Regiment betrat indiſchen Boden im Jahr 1755, und 1784 waren bereits 70,000 Mann unter die britiſchen Fahnen ein
Uebergangsmonat Oktober, dagegen treten aud dann in beiden Uebergangszeiten , die wir mit Frühling und Herbſt bezeichnen würden, heftige Gewitter, Tornados, auf. Die Regen bleiben im Kamerun -Gebiet aber auch während der ganzen Trockenzeit niemals ganz aus. Je mehr man von Kamerun nach Süden kommt,
deſto mehr verſchwimmen die Grenzen der Jahreszeiten. Die klimatiſche Grenze zwiſchen der nördlichen und füdlichen Erdhälfte müßte ja theoretiſch der Aequator ſein, an dem zwei Trocken- und zwei Regenzeiten, alle vier
gleidy lang, herrſchen müßten. Die Sibange- Farm nördlich von Gabun und dem Aequator, ſowie die Eloby- Inſeln
haben aber ſchon ausgeprägt die Jahreszeiten der ſüdlichen Erdhälfte, während das Batanga-Gebiet noch zur nörd: lidhen zu rechnen iſt. Zwiſchen beiden liegt die Grenzzone, die auf der ganzen Erde nicht genau mit dem Aequator zuſammenfällt. Sie hat eigentlich gar keine ausgeprägte und geſundere Trockenzeit. Dort herrſcht faſt ſtändig veränderliches Wetter. Regelmäßige und hohe Wärmegrade, hoher Feuchtig-
keitsgehalt der Luft, regelmäßige Niederſchläge mit ſtarkem nächtlichem Thau, gänzliches Fehlen ſchärferer Winde in der Vegetationsperiode ſind die meteorologiſchen Vorgänge und Verhältniſſe, die den Pflanzenwuchs ſo überaus be-
günſtigen. Wer ſich genauer über dieſe klimatiſchen Ver: hältniſſe unterrichten will, für den hat Dr, v. Dankelmann ein vorzügliches Buch geſchrieben, das ſich auf jahrelange
gereiht, wovon nur 13,500 Mann europäiſcher Abkunft. Am
Ende des Mahrattenkrieges , im Jahre 1808, ſtanden in
Bengal und Madras je 64,000 Soldaten, in Bombay 26,500, alſo in allen britiſden Beſißungen 154,000 Mann und 1844 dienten 235,446 indiſche Soldaten unter den britiſchen Fahnen. Sie verſahen den Dienſt nicht nur in ihrem Heimatlande, ſondern auch auf einigen der auswärtigen engliſchen Beſißungen . Die Kavallerie beſtand aus engliſchen Regimentern, welche einige Jahre in Indien zu dienen hatten, aus indi fden regulären Regimentern mit engliſchen Ober- und
Unteroffizieren, und aus indiſchen irregulären Regimentern, deren Mannſchaften und Offiziere mit Ausnahme des Kommandeurs und Adjutanten ſämtlich Eingeborene waren . Dieſe leßteren beſchafften ihre eigenen Pferde, ſowie deren
Ausrüſtung und Fourage gegen eine kontraktlich vereinbarte Vergütung. Die Artillerie, die reitende ſowohl wie die Fußartillerie, ſtand ganz in Dienſten der Oſtindiſchen Geſellſchaft, Soldaten wie Offiziere waren bei einigen
Regimentern ausſchließlich Engländer, während bei den anderen, der Kala oder ſchwarzen Truppe , die Offiziere zum Teil Eingeborene, zum Teil Briten waren . Bei den Pionnieren waren die Offiziere ausſchließlich Briten, die
Mannſchaften großenteils Indier. Die Zuſammenſeßung der Infanterie war ganz wie die der Ravallerie ; der bei
Die anglo -iudiſche Armee.
308
weitem größte Teil der Regimenter zu Fuß beſtand aber aus Einheimiſchen. Dieſe Truppen , deren 3abl je nach dem Friedens- oder Kriegsfuß ſich zwiſchen 200,000 und 300,000 Mann bewegte, waren in die drei Kommandos von Bengalen, Madras und Bombay geteilt. Bei der Rekrutierung zog man die Mannſchaften der betreffenden Kontingente in der Regel ganz, jedenfalls zum
allergrößten Teil aus den Landſchaften, in welchen ſie ihre Garniſonen beziehen ſollten, auch waren die Regimenter,
ja ganze Diviſionen ziemlich einheitlich nadı dem Religions bekenntnis gruppiert, bei den Hindu waren aud) die Kaſten einteilungen beſtimmend. So beſtand das Bengal- Korps zum allergrößten Teil aus Hindu, darunter viele aus den Kaſten der Brahmanen und der Kſhatriya, tapferen, aber etwas übermütigen und eitlen Leuten ; nur wenige waren
Mohamedaner. Dagegen bildeten faſt ausſchließlich Mo hamedaner die Madras-Kavallerie, während die Infanterie
zu zwei Fünfteln aus Mohamedanern , zu drei Fünfteln aus Hindu zuſammengeſeßt war, die lekteren zumeiſt Tes ling und Tamil Sudra mit einigen wenigen Angehörigen höherer und niederer Kaſten, ſowie einigen Chriſten. Das Bombay -Korps beſtand teils aus demſelben aus Nordindien
ſtanden hatten , wurden in dieſelbe aufgenommen . Bei der numeriſch ſtark reduzierten indiſchen Armee wurden weit weniger engliſche Offiziere angeſtellt; in der That verließ man bei derſelben das Syſtem regulärer Regi menter und bevorzugte die Errichtung irregulärer Truppen: formationen, von denen ſich einige während der Rebellion fehr loyal gezeigt hatten. Ganz beſonders aber jah man darauf, daß eine Miſchung von Nationalitäten und Glaubensbekenntniſſen bei den Regimentern und eine daraus entſpringende Eiferſucht der Soldaten desſelben Truppenteils, derſelben Kompagnie auf einander das Zu= ſtandekommen einer Verſchwörung in Zukunft verhinderte. In die Artillerie, in welcher die Indier früher die Euro päer an Ropfzahl überwogen, wurden faſt nur Engländer eingeſtellt. Und während ſich vor 1857 das Verhältnis der europäiſchen Soldaten zu den indiſchen wie 1 : 5 ge ſtellt hatte, wurde dasſelbe jeßt nahezu wie 1 : 2 gebracht. So vollzogen ſich in der Zuſammenſeßung der Armee, was das Verhältnis der Europäer zu den Indiern anbelangt, feit 1857 ſehr bedeutende Verſchiebungen, wie die nach: folgende, dem India Office zu London entſtammende Auf ſtellung nadweiſt.
bezogenen Material, wie das Bengal-Korps, teils aus
Judier
Europäer
Fufantterie
33,254
Ravallerie Artillerie
3136 6944
185,047 30,473
49,845 6274
8963
13,672
1465
438
2853
Mahratten, nebſt einigen Juden , Leuten niederer Kaſten und Chriſten.
Die Truppen in Bombay und Bengalen bewegten ſid, immer unter ihren eigenen nächſten Stammes- und Spradjangehörigen oder doch wenigſtens ſehr nahe ver wandten Völkerſchaften, aber das Madras -Korps wurde nicht nur in Indien in verſchiedenen Landſchaften ver wandt, Abteilungen desſelben verfahen auch zeitweilig den
1865
1857
Europäer
Genieforps
43,334
224,483
1879-80
Als im Mai des Jahres 1857 die große blutige
Fufanterie Ravallerie Artillerie
Genietorps
Europäer Judier 47,519 102,283 4420 18,548 12,232 902
Truppen jenen 45,000 Engländern gegenüber, zu welden nur 60,000 Indier hielten, aber noch vor Ende des Jahres war ein Sikh-Heer vom Pendihab zu dieſen geſtoßen , ſo daß die treugebliebenen indiſchen Truppen bis auf 150,000 Mann angewachſen waren , im Juli 1858 hatten Verſtär kungen aus der Heimat die britiſchen Truppen auf 85,000
118,345
1881-82
4632
Fudier 94,256 16,739
11,141
1943
Europäer 46,866
3245
549 1404 136
3019
64,520
124,978
64,728
115,957.
Invaliden 2c. Zuſammen
71,880
349
Stab
Rebellion ausbrach, ſeşte ſich die britiſche Armee in Indien zuſammen aus 45,000 europäiſchen Soldaten, 244,000 Sepoys und 80,000 Poliziſten, weldie eine halbmilitäriſche Stellung einnehmen.. Anfangs ſtanden 250,000 indiſche
14,674
1145
Invaliden 2c .
Dienſt in Borneo, Singapur, Malakta, Penang, auf den Andamanen und Nifobaren , in verſchiedenen Pläßen Virma's (Moulmein, Rangun, Prome u. a.), ja auch zu Zeiten in Aden, Kanton, Hongkong, Aegypten und Malta.
99,353
1406
Stab
Zuſammen
Judier
Ueber die Geburtsländer und die Religionsbekenntniſſe des indiſchen Soldaten liegen Ausweiſe für das Zenſus: jahr 1881 vor. Darnad, iſt Nord- und Nordweſtindien von der Bengal-Armee bejeßt, ferner vom Bendſchab -Grenz korps, der Zentral- Indien -Ravallerie und kleinen Rontin genten, den Bhopal-, Erinpuraderli- und Mhairwara Bataillonen nebſt den Bhil-Korps von Malwa und Mewar.
Mann gebrad)t und zwölf Monate darauf lag Indien zu
Die Bengal- Armee, 50,451 Mann ſtark, wird faſt aus:
Füßen des ſiegreichen Englands , das nicht vergaß, aus der glücklich überwundenen Gefahr eine Lehre für die
ſchließlich aus den britiſchen und den Tributärſtaaten des Bendſchab, aus Audh, Delhi, Den Nordweſtprovinzen, Cis
Zukunft zu ziehen.
Sutled dund Nepal rekrutiert , nur etwa 2000 kamen
Das europäiſche Kontingent wurde nunmehr auf 66,000, das einheimiſche auf 120,000 Mann normiert. Die
wurde errichtet, als die Nordweſtgrenzen Britiſch - Indiens
erſten gehörten jest jämtlid der britiſchen Armee , die,
welche früher im Dienſt der Oſtindiſchen Kompagnie ge
aus Bengalen und Aſſam. Das Pendſchab-Grenzkorps gegen die Stämme an den Südabhängen des Himálaya hin erweitert wurden. Dieſe berühmte, 13,957 Mann
Die anglo -indiſche Armee .
ſtarke Truppe, welche zur größeren Hälfte aus dem eigent lichen Pendſchab und Hazara , nächſtdem aus den Nord weſtprovinzen, Delhi, Audh, den im äußerſten Nordweſten liegenden Ländern, aus Cis-Sutledid, Nepal, den Zentral provinzen rekrutiert wird, wozu noch einige Afghanen und Angehörige von Stämmen jenſeit der Grenze kommen, beſteht zur guten Hälfte aus Mohamedanern und ſteht unter dem direkten Befehl des Vizekönigs. Die Zentral Indien -Ravallerie, 1007 Mann ſtark, gehört verſchiedenen Stämmen ; die Hälfte kommt aus Audh, Delhi und den Nordweſtprovinzen. Die übrigen kleinen Kontingente zählen 5702 Mann, unter ihnen iſt das Bhopal-Bataillon vor 902 Mann Stärke das bedeutendſte. Die 30,448 Mann ſtarfe Madras - Armee iſt in faſt
gleichem Verhältnis zuſammengefeßt aus Leuten von Telin gana in den Northern Circars und Teilen des Karnatik,
etwa 4000 ſtammen aus Myſore. Die Bombay-Armee iſt 25,885 Mann ſtark und kommt zum größeren Teile aus Konkan und Dekkan, nächſtdem
aus dem Pendichab und
Hazara, den Nordweſtprovinzen, Delhi, Audh u. a. Das Haiderabad Kontingent hat der Nizam nach dem Vertrag von 1853 zu ſtellen, es beſteht aus ſechs Regimentern Infanterie, vier Regimentern Kavallerie und vier Batterien, zuſammen 7498 Mann, von denen 3550 aus den Nord weſtprovinzen, Rohilkand, Delhi und Audh und 3414 aus bem Dekkan ſtammen.
309
vor demſelben einen der ſtärkſten Beſtandteile bildeten,
werden nur noch in kleinen Zahlen unter die Rekruten aufgenommen ; am liebſten ſieht man die Sikhs aus dem Pendſchab, die ſich als ſo vorzügliche Kameraden der Engländer bewährten , die Pathan und die Rohilla aus den Thälern des oberen Ganges, die Radſchputen und die Ghorka aus Nepal.
Dazu kommt, daß die Ausdehnung
des Eiſenbahnneßes es geſtattet, mit größter Schnelligkeit bedeutende Truppenmaſſen auf etwa bedrohte Punkte zu kon
zentrieren und entſtehende Aufſtände ſofort zu unterdrücken. Auch in Bezug auf die Religionsbekenntniſſe iſt nach
dem Eingangs genannten Prinzip für eine gründliche Miſchung und eine Balancierung der verſchiedenen ſich ſo ſcharf, wenn nicht feindlich gegenüberſtehenden Bekenntniſſe geſorgt worden ; den 42,559 mohamedaniſchen Soldaten halten 47,588 Hindu die Wage. Dazu kommen 17,416 Sikhs, der größte Teil derſelben ( 13,972) ſind Didats, ferners 10,719 Teling, 3690 Chriſten 2c. Die Engländer haben in Indien ſehr wenige feſte
Pläße, ganz im Gegenſaß zu den einheimiſchen Herrſchern, welche ſich beſonders auf ihre ſtarken Feſtungen ſtüßten, in denen ſie den britiſchen Heeren oft lange genug Wider
ſtand leiſteten . Zahlreich ſind aller Orten die zerſtörten Zitadellen , die Briten haben nur in Kalkutta, Madras und Bombay eigentliche, nach modernen Prinzipien errichtete
im Jahre 1881 aus der Präſidentſchaft Bengalen 82,878
Forts, außerdem aber ſind Delhi, Allahabad und Sikan: derabad bei Hyderabad feſte Pläße. Sifanderabad iſt ein Kan tonnement wie viele andere in Indien , eine militäriſche Stadt, in welche die indiſchen Soldaten mit ihren Frauen und
Mann, davon aus dem Pendidhab und Hazara allein 26,403, aus Audh 14,457 , aus den Nordweſtprovinzen
Kindern, ſelbſt mit ihren Eltern ziehen. Denn der indiſche Soldat dient ſehr häufig ſo lange , als ſeine phyſiſchen
Nach den drei Präſidentſchaften hinſichtlich ihrer Hers kunft eingeteilt, ſtammten von 138,305 indiſchen Soldaten
8858, aus Delhi 6812, aus Cis -Sudledich 6398, aus Nepal 5691 Mann. Dagegen lieferte die Präſidentſchaft
Kräfte es irgend geſtatten. Man ſagt, daß die Zahl der
Madras nur 33,637 Mann , wovon 12,255 aus den
Deſertionen bis auf 8000 im Jahre ſteigt, dennoch iſt der Dienſt nicht unbeliebt und die britiſche Regierung findet
Northern Circars und 11,507 aus dem Rarnatik ſtammten. Aus der Präſidentſchaft Bombay endlich famen nur 21,690
gänzen, obſchon die Vorteile, welche dem indiſchen Soldaten
es nicht ſchwierig, die jeweilig entſtehenden Lücken zu er
Mann und zwar 10,662 aus dem Konkan und 9579 aus
geboten werden, keineswegs glänzend erſcheinen. Aber der
dem Dekkan.
Indier macht feine allzu hohen Anſprüche. Die Koſten des indiſchen Soldaten ſind in den ein zelnen Provinzen verſchieden, auch bewilligt man hier Zu lagen, die man dort verſagt ; im Durchſchnitt ſtellten ſich
So ſind die drei Armeekorps von Bengalen, Bombay und Madras in ihrer Organiſation , nach der Herkunft der Mannſchaften und auch nach der Sprache der Mehrzahl
der Soldaten durchaus von einander verſchieden. In dem erſten Korps wird hauptſädylich Hinduſtani und Bengali geſprochen, in dem zweiten Mahratti und Gudſcheratti,
dieſelben aber per Jahr für einen Kavalleriſten auf 440, für einen Artilleriſten auf 164 und für einen Infanteriſten
auf 156 Rupien im Jahr. Der indiſche Soldat erhält
in dem dritten Telugu. Es verbindet ſie kein gemeinſames Band der Sprache, der Nationalität, des Patriotismus, und
nicht, wie der engliſche, ein Handgeld am Tage ſeiner An
ſehr geſchickt hat man die Kaſten ſo zu gruppieren gewußt,
zum Schuldner der engliſchen Militärverwaltung für allerlei
daß ſie ſich gegenſeitig balancieren und im Falle des Aus geborenen Soldaten werden zu dem Heeresförper , den ſie bilden, nur zuſammengehalten durch die europäiſchen Offi
Bedürfniſſe, welche dieſe ihm liefert, und er hat lange Zeit zu dienen, ehe ihm eine fleine Penſion in Ausſicht ſteht. Und dennoch iſt der Zubrang zum Heere ein ziem lich großer, aber noch größer iſt ja auch die Armut unter
ziere, welche ſie kommandieren . Man iſt auch bei der Zu:
den niederen Klaſſen .
laſſung der verſchiedenen Elemente in die Armee ſeit dem
Die indiſche Armee beſteht gegenwärtig aus 113 In fanterie-Regimentern und 31 Kavallerie-Regimentern, und
bruches einer Revolte neutraliſieren . Die einzelnen ein
Aufſtande ſehr vorfidhtig geworden. Die Brahmanen, die Ausland 1886, Nr. 16 .
werbung, er wird im Gegenteil ſofort nach ſeinem Eintritt
48
Die anglo- indiſche Armee.
310
zivar kommen nach den neueſten Verordnungen acht eng
Weſtindien :
liſche Offiziere auf 822 eingeborene Infanteriſten und
Bevölferung Einfunfte Kavallerie Infanterie Geſchüte Transport 15,967,843 4,486,265 37,112 120,002 2821 Staaten
ebenſoviele auf 550 eingeborene Ravalleriſten. Die britiſche Armee zählt 50 Bataillone Infantrrie, 9 Negimenter Kavallerie, 77 Batterien Artillerie und 3 Kompagnien Pionniere. Man darf nidyt vergeſſen , daß die genannten Truppenkörper ſämtlich eine weit geringere Zahl von
Baroda 2,185,005 600,000 800,189 100,000 Kolhapur Statich 512,081 150,000 Kathyawar 2,343,899 1,000,000
Mannſchaften haben als die unſerigen.
Hyderabad 9,167,789 2,000,000
Zu dieſen regulären Truppen kommt noch eine in Indien ſelbſt aus Europäern und Euraſiern gebildete Volontärmacyt, welche vor kurzem 29 Regimenter ſtark war, nebſt vier Kadettenkompagnien, und 311 Dffiziere, 736 Unteroffiziere und 4971 Gemeine, alſo zuſammen 6018
Myſore 4,186,399 1,082,000 Travancore 2,401,158 428,500 600,278 Cochin 105,749
Mann zählte. Sie ſind den engliſchen Volontärregimentern
3098 154
11,000
300
1502 600
30 258 38
3033
15,306
508
36,890
725 6
Siidindien : 8202 35 60
1000 1211
6
300
3
3191
7185
141
1393
18,436
96
360
2484
80
300
3275
27
Cis-Sutledich-Staaten : 1,467,433 Battiala 3hind 249,862 Nabha 261,824 Kalſia 67,708 Malar kotla 71,051 Faridkot 97,034 Kaſchmir 1,534,972
300,000 400,000 400,000 13,000 10,000
nadygebildet und ebenſo tüchtig oder untüchtig wie jene. Zu dieſer unter unmittelbarem Befehl des Vizekönigs von Indien ſtehenden Streitmacht kommen nun noch die Truppen, welche die verſchiedenen einheimiſchen Prinzen unterhalten und die in ihrer Geſamtheit die britiſche
Kapurthala
252,617
Armee, Engländer und Indier zuſammengeredynet, weit
Mandi
147,017
überwiegen. Die ,, Times " vom 29. Juli 1879 enthielten
Chamba
115,773
65,000 30,000 57,700 30,000 12,000
eine, augenſdeinlicy von kompetenter Seite verfaßte Tabelle, welche neben Bevölkerung und Einkünften auch die Truppen
Safit Kleinere Fürſtent
52,484
8000
2,445,492
857,200
4000
18,000
302
Summa
45,325,505 12,173,614
64,172
241,063
5252
Bahawalpur 573,494
7500
und Geſdyützahl jedes einzelnen der britiſden Tributar:
ſtaaten bradyte. Die nachfolgende Tabelle fußt auf dieſer Mitteilung, wurde jedoch nach neueſten offiziellen Angaben abgeändert und ergänzt. Staaten
Radſchputana: Bevölkerung Einkiinfte Kavallerie Infanterie Geſchütze 6240
15,100
2,315,219
Lſtrl. 400,000 360,000
3530
10,500
312
1,421,891
175,000
5600
220 68 119
die engliſche Herrſchaft in Indien von außen her bedrohen
53 90
wird, iſt demnach klar. Die Fürſten können ihr Gewicht ſowohl
400
4000 2000 4600 2288 3500
400
3200
40
150 610
2000 3650
35 32
1460 2280
8500 5633 940
38 351 53
400 850
12 4
1881
udepur
1,321,521
Jeypore Jodhpur Bundi Rotah
242, 107
Tonk
479,634 293,757
Jhalawar
319,612
Karauli
139,237 97,846 229,050
50,000 250,000
200 700
80,000 145,000
430
538
Daß die Armeen der einheimiſchen Fürſten bei einem
526,115 436,190 57,484
30,000 60,000 60,000 210,000 160,000 60,000 50,000
Sirohi Donyarpore Banswara
123,633
80,000
375
75,260
60
632 500
Partabgarh
75,050
75,000 300,000 26,240
275
950
12
Alwar
Bikanir
Jaiſalmir
535,367
99,467
670
500 57
3
Zentralindien : Gwalior
Indore Bhopal Dhar Dewas Rema
Kleinere Staaten Summa
den Konflikt Faktoren ſind, mit denen man zu rechnen haben für als gegen England in die Wagidale werfen. Es iſt
bekannt, daß einige derſelben zur Zeit des mit Rußland
co
Kiſhengar Dholpore Bharatpur
Außer den Koſten, welde die einheimiſchen Fürſten für die von ihnen gehaltenen Truppen tragen, zahlen einige derſelben noch anſehnliche Summen zur Erhaltung der britiſchen Armee. Im Jahre 1880–81 betrugen dieſe Zahlungen mit Einſchluß anderer Abgaben an die britiſche Regierung, wie das Chouth, im ganzen 742,209 Lſtrl.
2,820,275 979,065 1,186,699 149,244 128,096 1,305,124
931,000
6058
16,050
210
300,000 137,625
3000 1194
5500
43,700 42,500 225,000
370
4766 790
102 39 4
905
2000
35
435,000
265,000
2677
22,163
421
15,967,843 4,186,265 37,112
120,002
2821
drohenden Konfliktes ihre Bereitwilligkeit zu erkennen gaben, für England mit allen Kräften einzutreten, und daß viele derſelben bei einem ausbrechenden Rampfe auf Eng: lands Seite ſtehen würden, iſt mit Sicherheit zu erwarten, aber von anderen iſt dies ſehr zweifelhaft. Die engliſche Regierung in Indien iſt ſich dieſer Gefahr ſehr wohl be: wußt und ſie ſucht derſelben vorzubeugen, indem ſie den einheimiſchen Fürſten verbietet, ihre Armeen mit Schieß waffen neueſter Konſtruktion , namentlich mit gezogenen Hinterladergeſchüßen auszurüſten , und ſie inſpiziert ihre Arſenale und Pulverfammern, um zu große Anſammlungen
von Kriegsmaterial zu verhüten. Dennoch ſollen, ſo ſagt man, dieſe Prohibitivmaßregeln umgangen werden. Darum möchte England am liebſten den Fürſten dieſe Prärogative nehmen und ſie zu erblichen Lords ihrer großen Herr ſchaften maden , nur iſt das Erperiment vorläufig noch zu gefährlich. Inzwiſden häuft man allerlei Titel und
311
Bagdad.
Ehren auf die immer noch mächtigen Fürſten. Ein Kabinets: befehl der Königin Victoria vom 26. Juni 1867 bewilligt 101 Fürſten Ehrenſalven durdy Geldüße, deren Zahl von 21 bis 9 geht, und wie der mohamedaniſche Herrſcher der
„Herzlich geliebte Sohn der britiſchen Regierung " ( Farzand i-Dil-Pazir -i- Daulat-i- Ingliſchia ) offiziell genannt wird, ſo
iſt noch manchem eine ihm ichmeichelnde Ehre zu Teil ge worden . Aber der britiſche Löwe (dläft dabei nicht. Dicht neben der Reſidenz des mächtigſten der britiſchen Fürſten, des Nizams von Hyderabad, erſtredt ſich über 50 Q.-Km. die ſtarke Militärſtation Sifanderabad, deren auf zwölf Monate vollſtändig verproviantiertes verſchanztes Lager
im Zentrum den Europäern nötigenfalls eine ſichere Zu:
flucht gewährt. Die Briten vergeſſen in Indien nie , daß, wenn ſie den Frieden wollen, ſie für den Krieg gerüſtet fein müſſen. Toujours en vedette ! gegen innere wie äußere Feinde, muß immer ihre Loſung bleiben.
das nackte Leben abmühen und mit mehr als zweimal ſo vielen anderen , nicht minder ſchlauen, gewandten, gedul digen und ausdauernden Drientalen wie ſie ſelbſt im
Handel und Wandel wetteifern müſſen unter Verhältniſſen , wo Unterdrückung, Armut und Mangel jedes Mannes Wiß geſchärft haben. Eine Stadt, welche als Königin auf dem Throne ſiten und über die Gewäſſer gebieten könnte, als Tochter und Erbin des einſt ſo mächtigen Babylon und der ſpäteren Herrlichkeiten von Madain, Seleucia und Cteſiphon und die nun im Staube friecht
ziviſchen den Ruinen einer längſt vergeſſenen früheren Glorie. So iſt das heutige Bagdad, die Stadt des Kalifen Harun -al- Naſchid, die bekannte Heimat von Sinbad dem Seefahrer, und den anderen Berühmtheiten von ,,Tauſend und Eine Nadit".
Bagdad liegt herrlich auf beiden Ufern des Tigris, welde von Palmen umrauſcht ſind. Wenden wir uns aber
durch die engen Gäßchen der bewohnten Stadt, welche
nicht nach den „ fabäiſchen Wohlgerüchen von den gewürz
Bagdad.
reichen Küſten des geſegneten Arabiens" riechen , ſondern eher nad den Haufen von Schmut, Abfall und Unrat,
welche der unreinliche Orientale vor ſeinen Thüren ſich Eine Stadt von mehr als hunderttauſend Einwohnern ,
anſammeln läßt, ſo kommen wir an die berühmten Bazare
mit keinem öffentlichen Vergnügungsorte, wo jedes Haus einer Feſtung oder einem Gefängnis gleicht, wo die ídyweren Thüren ſich auf enge düſtere Gäßchen münden, welche ſich
von Bagdad, welche der fernwohnende Beduine der Wüſte
zwiſden finſtern nadten Mauern hinziehen , die Thüren freiſchend und mühſam ſich in ihren Angeln drehen und
den niedrigen, dunkeln, gewölbten Eingang enthüllen , der zum innern, bisweilen ſehr maleriſdy mit pfeilengetragenen
nur ein einziges Mal geſehen zu haben ſich begnügt und dann gern ſtirbt in dem Glauben, daß er nichts Schöneres mehr ſehen könne dieſſeit der Gärten und Houris des Paradieſes . Wenn es nicht einer der vielen Sabbathe in Bagdad iſt ( denn Muslimen , Juden und Chriſten feiern
die ihrigen der Reihe nach), ſo werden wir uns ſchnell
Veranden und arabiſchen Giiterwerk umgebenen , aber immer weitſchichtigen, unbehaglichen und unpaſſenden und nach
hoffnungslos unter wallende Gewänder und ſchmierige Jacken verwidelt finden , herumgeſtoßen von fremden EU
europäiſden Begriffen unreinlichen Hof führen – eine
bogen und angerufen von rohen Zungen . Hier begegnen wir den gewaltigen barfüßigen Hamåls oder Laſtträgern,
Stadt, wo der Lurus eines Räderfuhrwerks unbekannt iſt, denn wer vermödyte irgend etwas auf Rädern Gehendes in Gäßchen von ſechs Fuß Breite zu kutſchieren , welche ſich um jede Hausecke biegen und wo der Roth im Winter knöcheltief liegt und der Staub im Sommer die Luft ver
dunkelt ? Eine Stadt , durch deren Mitte ein mächtiger Strom fließt, auf weldiem der Handelsverkehr troß Wind
welche unter erſtaunlichen Laſten einherwanken, dem dunklen Beduinen, der ſich nach einer alten roſtigen Flinte oder irgendeinem Gegenſtand umſieht, welchen er an ſein Pferd hängen kann , damit es damit glänze oder Geräuſch mache, liſtig ausſehenden Perſern, bärtigen, trübbelickenden Juden,
ernſten Türken in Jađen und Arabern in Turbanen,
und Strömung durch Menſchen vermittelt wird, die gleich
Muslimen, die uns finſter, und ſolchen, die uns nur teil
Zugtieren ins Geſchirr geſpannt ſind , auf welchem die zum Vergnügen wie zum Nußen dienenden Fahrzeuge noch
nahmslos und ſtier anſdauen, und den ſpärlich dazwiſchen eingeſprengten Chriſten, welche ſtolz ſind, einen Fremdling ihres eigenen Glaubens zu ſehen , der in den Straßen von Bagdad mit Gleichmut und Ruhe umhergehen und zeigen kann , daß er ſich durchaus nichts um den Großtürken und deſſen Treiben bekümmert und frei, wenn auch ein Reger,
nad dem Muſter der alten Skandinavier, Germanen und
Briten erbaut ſind, auf welchen ausländiſcher Unter nehmungsgeiſt Dampfer geſeßt hat, welche gegen jede Arg liſt und Verſchleppung zu kämpfen haben, deren nur der verſchmißte Orientale fähig iſt. Eine Stadt, welche nach Schönheit der Lage und Fruchtbarkeit unerreicht, von einer
Wüſte umgeben iſt, welche man in ein Paradies umwan deln und zum Handelsmittelpunkt für einen ganzen Ron tinent maden könnte, die aber dennoch in Armut und
Zerfall verſunken iſt – eine Stadt , wo dreißigtauſend Juden ſich im Kampf ums Daſein oder eigentlich nur um
iſt. Zwei badſteingewölbte Arkaden laufen parallel durch den Mittelpunkt der Stadt, in Zwiſchenräumen mit Deff nungen im Dach, um Licht und Luft hereinzulaſſen, und enthalten Läden oder Höhlen auf jeder Seite, die ſich weit nach der Straße öffnen und worin jeder Händler ſeine mancherlei Waren in beſtmöglichſter Weiſe zur Schau
ſtellt und ernſthaft mit untergeſchlagenen Beinen inmitten
312
Bagdad.
ſeiner Vorräte ſißt. Wer irgend jemals die finſtern Winkel
hat derartige kleine Schwierigkeiten zu beſtehen , allein die
des Khan-Khalil in Kairo erforſdt oder den Bazar in
Remedur dagegen iſt nicht bei Konſuln und Prinzen (die
Stambul burdwandert hat, nur der wird imſtande ſein, ſich einen annähernd richtigen Begriff von dem Weſen des
beide nidyt helfen fönnen ) zu finden, ſondern weit ein
facher: man beſteche flug, aber hinreichend, unverfroren
Bazars von Bagdad zu machen. Wer Zeit zum Feilſchen
und ohne Beſchränkung. Wenn der Reiſende in Indien
hat, mag zu einem anſtändigen Preis einen hübſden perſi ſchen Teppich oder ein Paar tiefer , weicher, geſchmeidig gewobener Satteltaſchen kaufen ; aber darüber hinaus iſt gar wenig vorhanden, was die Neugier oder Kaufluſt des
und dem fernen Oſten eine Erfahrung gemacht hat , wie weit eine armſelige Rupie einen vertrauenden Eingeborenen
zu demoraliſieren imſtande iſt, ſo wird er ſich vielleidyt
Europäers anloden fann, der ſich verwundert nach dem
verſucht fühlen, angeſichts eines feierlichen und würde: vollen türkiſchen Beamten, deſſen Haut nur eine Schattics
Nußen oder Gebrauch der mannigfaltigen Sammlung von
rung dunkler iſt als die feinige, zu zaudern ; er braucht
fremdartigen Gegenſtänden fragt , womit ſich der morgen ländiſche Händler zu umgeben liebt. . Hat aber der argloſe Reiſende eine Freude an Altertümern , und ſudit er ſich einzureden, nun ſei Zeit und Gelegenheit, einige zerſchlagene Ziegel aus Babylon mit Keilſchrift - Inſchriften oder einige faſianidiſche oder kufiſche Münzen einzukaufen , ſo wird er manden ,,Abd -ul-antigat“ oder ,,Vater der Altertümer" finden , welcher vor ſeinen erſtaunten Blicken ganze Haufen
der foſibaren Altertümer zu einem Preiſe zeigt, welcher ihn glauben läßt, die ſpekulativen Juden, welche dieſe Sachen fabrizieren, müſſen dieſes Gewerbe nicht ſehr loh.
aber keine Furcht für die Moral des würdigen Beamten
zu hegen, denn ſein ſittliches Gefühl kann nur beleidigt werden , wenn man ihm eine Summe anbietet, deren An nahme er unter ſeiner Würde halten würde.
Bagdad iſt vielleicht die einzige morgenländiſche Stadt von gleichem Umfang, die keinen eigenen ſpezifiſchen Cha: rafter der Arditektur aufzuweiſen hat. Es iſt hoffnungs Los alltäglich. Man durdforſcht ſeine Gaſſen und Gäßchen vergebens nad jenen auserleſenen Anſichten in Form und Farbe, welche man ſo häufig z.3 B. in Kairo findet, nady einem ſchön gemodelten Thorweg, einem fantaſtiſchen Bogen
nend finden. Ein wirklich echter Thonzylinder iſt ein
oder einem vergitterten Fenſter. Die Kuppeln und Mina
Gegenſtand von großer Schönheit und dauernder Freude für den enthuſiaſtiſchen Bewunderer; aber er muß not gedrungen nach dem echten Artikel fragen, um zu ſehen,
rette von Delhi und Agra ſind würdige und dauernde Denkmäler eines erobernden islamiſchen Reiches ; allein hier ſieht man ſich vergebens nach irgend etwas um, was Einen an die gerühmte Pracht der abbaſſidiſchen Khalifen oder der türkiſchen Eroberer gemahnen kann. Das Grab der Sitta Zobeida , der Gattin Harun -al-Raſchids, iſt ein armſeliges Badſteingemach von etwa zwölf Fuß ins Ge
daß er ihn bekomme. Hier iſt die größte Vorſidt und
genaueſte Kenntnis erforderlich, um ſich vor Fälſchungen zu ſichern. Vor einigen Jahren fam in London bei Chriſtie
und Manſon eine ſehr ſdhöne Sammlung babyloniſcher Alter tümer, welche ein lange Jahre in Bagdad anſäſſiger Eng länder angelegt und aus dem Lande geſchmuggelt hatte, zur Verſteigerung, und wir glauben aus guter Quelle zu wiſſen , daß die paar wirklich guten Zylinder unter der Maſſe faum den Preis eintrugen , welchen ſie in Bagdad gekoſtet hatten , während natürlich der geringere Plunder die Spekulation zu einer lohnenden machte. Das türkiſche Verbot der Ausfuhr von Altertümern ſcheint den Handel
nicht ſehr zu beſdränken , ſondern eher zu ermuntern, da
jede Konfiskation die weggenommenen Artikel – natürlich wieder in die Hände der gegen eine ,, Erkenntlichkeit " Händler bringt.
Ein Fall mit babyloniſchen und anderen
Altertümern wurde einſt acht Monate lang im Zollhaus behalten, und als der Abſender nad, langer Abweſenheit wieder nady Bagdad zurückehrte, ward er in eine Sißung des Majeis Maruf oder örtlichen Erziehungsrates vorge laden, wo der Inhalt der Riſte vor verſammeltem Rat
genau unterſucht und endlich für das faiſerliche Muſeum in Konſtantinopel als konfisziert erklärt wurde. Db jemals einer der weggenommenen Artikel nach dem Konſtantinopler
Muſeum gelangte, mag bezweifelt werden ; jedenfalls wiſſen wir zufällig, wo einige der wertvollſten derſelben zu finden ſind, ohne daß man bis Konſtantinopel zu gehen braucht. Jeder Reiſende in der Türkei, beſonders in der aſiatiſchen,
vierte, überragt von einer unbedeutenden kegelförmigen Kuppel, und verfällt allmählich dem Einſturz. Einige wenige zerfallende Grabmäler von ähnlich dürftiger Archi tektur auf demſelben weſtlichen Ufer des Tigris bezeichnen die Stätte der früheren Stadt, ehe der Hof der Abbaſſiden auf das linke Ufer des Fluſſes verlegt wurde zur Zeit, wo die
legten Khalifen jener denkwürdigen Dynaſtie, ohnmächtig, verarmt und entwürdigt , die Verbrechen und Grauſam feiten eines beinahe fünfhundertjährigen Deſpotismus büßen mußten. Von ihrem Stolz und ihrer Pracht iſt in Bagdad
kaum eine Spur übrig geblieben ; dagegen hat ſich ein weiterer Vergeltungsakt der Zeit in der Sage erhalten, welche ein Haus auf dem öſtlichen Ufer des Tigris als die Behauſung Dichafers , des barmecidiſchen Weſfiers Harun-al-Raſchids, und als die Stätte jener blutigen That bezeichnet, welche das Andenken Aarons des Gerechten für immer mit Wolluſt und Grauſamkeit befleckt hat. Wahr: ideinlich haben Halafu-Khan im zwölften und Timur im
fünfzehnten Jahrhundert, in deren Hände Bagdad nadh einander fiel, das Zerſtörungswerk mit ihrer gewöhnlichen
Vollſtändigkeit vorgenommen. Allein Städte von ähn licher Berühmtheit ſind von den Tartaren und Mongolen geplündert worden und vermögen dennoch dauernde Dent:
mäler aufzuweiſen . Gewiß iſt jedoch, daß das heutige
Bagdad.
313
Bagdad in dem Geiſte des Reiſenden wenig wadrufen
bunden – eine keķeriſche Neuerung, welche anfangs die
wird, was nid)t türkiſch iſt, und es hat offenbar ſeine
frommen Vorurteile nicht weniger rechtgläubigen Muslimen ſehr verleßt zu haben ſcheint. Dieſe ḥaben ſich aber nach: gerade daran gewöhnt und bezahlen ihr Billet nun ohne Skrupel mit 25 Pfennigen. Verfolgt man den Lauf der Wälle bis zum ſüdlichen Thor , ſo hat man zur Linken die unbegrenzte (dyrankenloſe Wüſte, nur unterbrochen durch einige zerſtreute und unbedeutende Erdhügel , welche ent weder den Lauf eines alten Ranals oder die Lage eines ehemals volfreichen Dorfes bezeichnen. Die weite Aus:
gegenwärtige Erniedrigung und ſeinen Schmuß und Zer
fall ſchon zur Zeit ſeiner leßten Eroberung durd, die Türken unter Sultan Murad IV. erreicht. Der zerfallene Ueberreſt der Mauer, welche früher den öſtlichen Teil der Stadt verteidigt, und auch an ihrem nördlichen und ſüdlichen Ende auf dem rechten Ufer des Tigris nodh vorhanden iſt, umſchließt innerhalb ſeiner halbkreisförmigen Zingel von beinahe drei Kilometer einen wüſten öden Raum, der beinahe ebenſo groß iſt als
der Grund, welchen die nody vorhandene Stadt einnimmt. Ein paar formloſe Haufen von ſolidem Badſteingemäuer ſind die einzigen Ueberbleibſel von der Maſſe von Ges bäuden, welche einſt unzweifelhaft dieſen Flächenraum be dedten, der nun ebenſo gut eine Wüſte iſt als die unab ſehbare Ebene jenſeit der Mauern. Die Mauern von
Bagdad, in unregelmäßigen Zwiſchenräumen von ſdywveren
dehnung, das tiefe Schweigen und die Einſamkeit dieſer unabſehbaren Ebene gemahnen Einen am lebhafteſten an cin Meer, das die Mauern von Bagdad beſpült. Zu Anfang des Jahres 1884 war die Umgebung von Bagdad auch viele Monate hindurch ein wahres Meer. Die Ges
wäſſer des Tigris, durch die Schneeſchmelze in den Ge birgen von Kurdiſtan angeſchwollen , traten aus ihren
Ufern und überſchwemmten das ganze Land von Bagdad bis Basra ( Baſſora). Bagdad wäre unfehlbar fortgeriſſen
maſſigen Türmen in Geſtalt von Baſtionen flankiert, follen einſt einen impoſanten Anblick gewährt haben . Der
worden , hätte das Waſſer nicht oberhalb der Stadt einen
unglüdliche Midhat Paſca war ein findiger Kopf. Zur Zeit als er Wali von Bagdad war und es ihm an Mitteln zur Verwirklichung eines ſeiner mannigfaltigen Pläne
Abfluß gefunden. Die geſchädigten Bauern gaben aber in der That ſchlechthin dem Wali die Schuld, er habe die Ufer durdyſtochen eine Anklage, welder er dadurd, bes
für die Hebung und Verſdönerung der Stadt fehlte oder ' wo er vielleicht den türkiſchen Truppen ihren rückſtändigen
gegnete, daß er die angeſchenſten Einwohner von Bagdad nad dem Serai beſchied und ſie bat , eine Urkunde zu unterzeichnen , welche beſtätigte, daß er alle erforderlichen Vorkehrungen zum Schuße der Stadt getroffen habe. Man fann fid, denken , daß dieſe Erklärung ohne alle Einwen dung unterzeichnet wurde. Betritt man die Stadt wieder
Sold auszahlen mußte, ſoll er ſich der überflüſſigen Be
feſtigungen der Stadt erinnert und, um ſeinen leeren
Schaß zu füllen, das Material der Mauern und Türme verkauft und ſo die Hälfte der Ziegelbrenner in Bagdad ruiniert haben. Der Graben der Stadtbefeſtigung iſt breit und tief und ſo eingerichtet, daß er im Fall einer Belage: rung die Gewäſſer des Tigris aufnehmen fann . Dies ſoll auch während des leßten Krieges mit den Perſern geſchehen
und ſo das Verfahren in Herodot's Schilderung der Ein nahme von Babylon durch Cyrus umgekehrt worden ſein . Wenn man die Stadt durch das nördliche Thor verläßt,
ſo kommt man an dem Serai oder Regierungsgebäude vorüber, einem langen, niedrigen, weitſchichtigen Bau von
durch das ſüdliche Thor, ſo muß man ſich zunächſt ſeinen Weg durdy ein Labyrinth ſchlecht gepflegter und von dichtem Unterholz durchwachſener Dattelpalmenhaine ſuchen , deren zerfallene und zerfallende Lehmmauern allein die Geleiſe bezeichnen , welche ſtatt der Wege dienen . Dies iſt der Stadtteil, welchem die kleine in Bagdad wohnende
Kolonie von Engländern den Vorzug gibt. Das Exil der Europäer an einem ſolchen Ort würde ohne Zweifel traurig genug ſein, wenn nicht die Vorteile des Handels den
unſcheinbarem Ausſehen, bemerkt im Vorbeigehen die von
Aufenthalt in dieſer Stadt die Mühe lohnten.
Midhat erbauten ziemlich impoſanten Kaſernen und gelangt bald an die Stelle, wo die äußerſte nördliche Grenze der
Dampfſchifffahrts -Geſellſchaft für den Euphrat und Tigris hat einige Dampfer, welche zwiſchen Bagdad und Basra gehen und trok des Widerſtandes und der Hinderniſſe, die ihnen die Türken mit ihren eigenen Dampfern bereiten,
Mauer an den Tigris ſtößt. Von dieſem Punkte aus
bringt ein Spaziergang von einer halben Stunde den zerfallenen Wällen und Mauern entlang uns an das
Die
ſüdliche Thor und wieder an den Tigris. Nad Norden
doch einen Handel treiben , welcher lohnend genug ſein muß. Die Stadt hat mehrere große Moſcheen , die jedoch
hin bezeichnet eine niedrige Linie von Grün die Dattel gärten und Drangenhaine , welche den Lauf des Stromes
ſtillos und meiſt aus neuerer Zeit, mehrfach mit bunten glaſierten Ziegeln gedeckt ſind. Die Muslimen ſind der
beſäumen, und die Kuppeln und Minarette von Muathem
Mehrzahl nach Schiiten, welche hier auch einen Muſchtſched
und Kathemain , auf den entgegengeſeßten Seiten des Fluſſes, haben in der Entfernung ein ganz orientaliſches Ausſehen. Leştere Dertlichkeit, ein Schiah -Heiligtum , ent hält die Gräber von zweien der Imams und iſt mit dem weſtlichen Ende der über den Tigris führenden Schiffbrüde durch eine von Midhat Paſcha erbaute Pferdebahn ver
oder höheren Geiſtlichen und einige Kloſterſchulen haben
und für die Beförderung der Pilger zu ihren benachbarten w ſorgen. Die Stadt ent Heiligtümern zu Kerbela u. ſ. w. hält ferner mehrere Klöſter oder Tekijeh von Derwiſchen , den kreiſenden ſowohl als den heulenden, welche aber nicht
alle im Kloſter wohnen, ſondern nur an den Andachts
Siidoſtafrifa zwiſchen Sambeſi und Rovuma.
314
übungen daſelbſt teilnehmen, ſonſt aber bürgerliche Ge ſchäfte treiben. Das Klima iſt ſehr heiß, im Sommer bis zu 30 und 400 R., und man hat daher in jedem Hauſe eine Serdab oder Kellerwohnung , welde um 100 kühler iſt, als die oberen Geſchoſſe. Gleichwohl gilt das Klima für geſund und die Lebensmittel ſind wohlfeil, mannigfaltig und reichlidy vorhanden, denn die Ufer des Tigris ſind wohlangebaut und frudytbar. Der Handel iſt äußerſt belebt, die Aus- und Einfuhr bedeutend.
Einſt
die Hauptſtadt eines Weltreiches, der Mittelpunkt eines ausgedehnten Handels, die Wiege einer ziemlich hohen Kultur, iſt das heutige Bagdad nur noch der Schatten ſeiner früheren Größe. So iſt das heutige Bagdad, Dar es - Salam , der Aufenthalt des Friedens, Sitta Bilab, die Königin der Städte, jeßt gedemütigt und in Staub (S. R.) und Afche ſißend!
die Bewohner dieſer Gegenden nichts weniger als die von
den Portugieſen bezeichneten Attribute der „ Wildheit, Rohheit“ 2c. verdienen , im Gegenteil, daß ſie friedlich ſind und bildungsfähig erſcheinen und, wenn auch erſt in primitivſter Form , ſo dod in wirkſamer und für die Eu ropäer beachtenswerter Weiſe Ackerbau treiben. Zur vorläufigen Orientierung diene die Bemerkung, daß in D. Neill's Reiſen unter anderen drei Hauptrouten beſonders hervortreten :
1) von Quilimani nach Blantyre (in 14 Tagen ; Livingſtone brauchte hiezu ca. drei Monate). 2) von Mozambique nach Blantyre ; 3) von Blantyre nach Audoche , der portugieſiſchen Kolonie an der Südoſtküſte.
Der Südweſt-Endpunkt des ganzen Gebietes in der
Nähe der jeßigen Miſſionsſtation Blantyre ſcheint von ihm bald als Dperationsbaſis ausgewählt worden zu ſein, und vom Zamba -hill aus hatte er eine leicht orientierende
Südoftafrika zwiſchen Sambefi und Rovuma. Nach D. Neill. „ Vlutend aus tauſend Wunden Stirzt auf den Sand er hin Den Tod hat er gefunden Durch did , furchtbare Sultanin . Die er enthüllen wollte
Fernſicht auf den herrlichen Shirwa-See mit ſeinen ſanft anſteigenden, ſich ſo ſchön vom Firmamente abhebenden Ufern, auf die weiten , fruchtbaren Thäler mit ihren blauen Waſſeradern und ihren ausgedehnten Kaffee- und Moha: Plantagen. Selbſt die frühere Hypotheſe eines unter:
irdiſchen Abfluſſes des Shirwa-Sees verwandelte ſich ihm hier zur Gewißheit. Ferner mit den wertvollen Produkten
Den Augen aller Welt, und die darob ihm grollt In ihrem Palmenzelt.“
Dieſe geflügelte Elegie Freiligrath's auf das Schidſal des Afrikareiſenden, in welcher er den ,,dunkeln Erdteil " als unüberwindliche Sultanin perſonifiziert, gefrönt mit
des Shirwa-Hodlandes, ſeinen einheimiſchen wie erotiſchen Früchten eines heißen (aber geſunden) Klima's, wie Drangen, Melonen , Baumwolle, Zucker, Kaffee, Tabak, Delſamen.
Ob Kaffee und Baumwolle einheimiſche Produkte ſind
Wüſtenſandes, ſcheint je länger deſto weniger zu paſſen auf die fühnen Afrikareiſenden der Gegenwart ; hat ja doch ſchon wieder einer derſelben, Henry E. D. Neill, in ritter:
oder einſt aus Arabien eingeführt wurden, iſt noch eine offene Frage; gewiß iſt jedoch, daß ſie ſchon Jahrhunderte lang wichtige Handelsartikel waren und noch wichtigere werden, ſobald einmal auch dieſes Gebiet Europa gehörig erídloſſen iſt. Aeußerſt bedeutſam iſt ferner eine Pflanze
lidem Kampfe geſiegt und der Royal Geographical Society in London, ſowie der Scottish Geographical
, Calumba “ genannt (Menispermum palmatum) , deren Wurzel als Hopfenſurrogat eine große Rolle ſpielt. Die
Society in Edinburgh die Reſultate ſeiner nahezu zehn jährigen Forſchungen in einem bisher viel zu wenig be
Thatſache, daß der Preis derſelben per Zentner von 25 sh. oft bis auf 100 sh. ſteigt, je nachdem der Ertrag
kannten und tendenziös verſchrieenen Gebiete beſcheiden zu
der Hopfenernte in Europa ausfällt, illuſtriert am beſten obige Behauptung. Der Anbau des Tabaks liefert quan
der tropiſchen Sonne und eingehüllt in den Mantel des
Füßen gelegt. Als Konſul in Mozambique machte er ſich vorerſt
mit der Sprache der angrenzenden halbwilden Völker: ſchaften vertraut, ließ ſich von den einſeitigen Urteilen der portugieſiſchen Sklavenhalter nicht abſdrecken und wagte ſich allmählich weiter hinein ins Innere besjenigen
Landes zwiſchen Rovuma und Sambeſi, das vor neun Jahren nodi der geographiſchen Wiſſenſchaft als terra incognita galt, und das auf dem beſten damals bekannten
Spezialatlas nur die verhängnisvollen drei Worte auf wies : „The Makua Countries “. Er war der würdige Nach folger des bekannten Kapitän Elton, indem er in dem kurzen Zeitraum von ſechs Jahren ca. 4000 e. Min. durchwan berte, zahlreiche geographiſch und merkantil wichtige Punkte geographiſch beſtimmte und die Thatſache fonſtatierte, daß
titativ, aber nicht qualitativ günſtige Reſultate. Von eminenter Tragweite könnte dagegen der Handel mit Kau
tſchuk werden. Während die Ausfuhr dieſes Artikels im Jahre 1873 erſt einen Wert von 443 Lſtrl. erreichte, ſtieg ſie drei Jahre ſpäter ſchon auf 22,198 Sitrl. und im Jahre 1883 erreichte ſie eine Summe von 60,000 Lſtrl. Einen integrierenden Beſtandteil des ſchon vorhan denen Kulturelements in den Hülfsſtationen, von denen aus weitere Völkerſchaften dem Chriſtentum und der euro
päiſchen Bildung zugänglich gemacht werden können , ver mittelten bisher die Scottish Established and Free Church
Mission, ſowie die English University Missions in Blan tyre, deren ſegensreiche Wirkſamkeit der Redner aus eigener mehrjähriger Wirkſamkeit kennen gelernt hat.
Siidoſtafrifa zwiſchen Sambeſi ino Rovuma.
315
Den klarſten Einblick in die eminente Leiſtungs
Auf jedem Blatte ſeiner intereſſanten Berichterſtattung
fähigkeit dieſes energijden Verbreiters chriſtlicher Kultur und wiſſenſchaftlicher Forſchungsreſultate erhalten wir ſo:
dokumentiert der Verfaſſer ſeine glühende Begeiſterung für Europa's ſegensreiche kulturelle Aufgabe. Weder vom
dann aus den einläßlicheren Schilderungen in den „ Pro ceedings of the Royal Geographical Society, woraus
konfeſſionellen Standpunkte aus, noch etwa im Eifer ein
wir Näheres entnehmen , z. B. über ſeine Syſiphusarbeit bei Ermittelung des Meridians „ zweiten Grades " in
ſeitiger Kolonialpolitik, ſondern ganz objektiv entwirft er uns ſodann (438) ein anſprechendes Bild von der Wirk ſamkeit der Miſſionsgeſellſchaften mit ihren 13 Miſſions
Blantyre. Er definiert dieſen ,,Secondary Meridian " als
ſtationen und Handelsniederlaſſungen. Von Blantyre aus
einen ſolchen, der mit Greenwich oder anderen Haupt: punkten nicht in ,,elektriſcher Verbindung" ſteht, und deſſen
verbreitet ſich ihre ſegensreiche Thätigkeit gleich erwärmen den Strahlen bis nach dem Nyaſſa -See und den Shiré
Fixierung deshalb ſeinerzeit ausſchließlich vor aſtronomiſchen
und Mangoni-Hochländern. Der Miſſion auf dem Fuße
Vermeſſungen abhing. Die Notwendigkeit eines ſolden Meridians inter günſtigem Himmelsſtrid iſt im Hinblick auf den Einfluß
folgt überall der Handel, welcher ſowohl auf dem Sambeſi,
der tropiſchen Sonne, des Witterungswechſels, die Trans porthinderniſſe, die Zeiteinbuße bei der Unterbrechung der Vermeſſungsarbeiten ſehr einleuchtend. Blantyre wird alſo zweifelsohne in nächſter Zukunft ein geographiſch ſehr wichtiger Anhalts- und Ausgangspunkt für neue Forſch
ungen und ſo iſt zu hoffen, daß Mr. D. Neill's unſägliche Mühen bei 1200 ſchwierigen aſtronomiſchen Vermeſſungen (meiſt Nachtarbeiten !) bei teilweiſe bewölktem Himmel und
anderen Hinderniſſen mit bleibendem Erfolg gekrönt ſeien. Blantyre iſt jeßt ſchon nicht nur als geographiſcher Aus: gangspunkt, ſondern auch als zukünftige Handelskolonie ſehr beachtenswert. Es kann ja jeßt ſchon von Quilimani aus in 15 Tagen erreicht werden, was nach dem Maßſtab der Afrikareiſenden eine ſehr kurze Friſt genannt wird. Zudem iſt dieſe Route weniger monoton als manche ähn: liche und hat keine ſanitariſch gefährlichen Stationen. Allein
auch die anderen Routen , die von Mozambique nach Blantyre und Schirwa-See und von da zurück nach dem immer bedeutſamer werdenden Condoche, gleichen dem Ei des Columbus gegenüber der früheren unrichtigen Beur teilung von Land und Leuten, laut welcher in den Küſten ſtrichen noch entſeßliche Gerüchte herumgeboten wurden,
über das Schidſal der im Innern von den dortigen „ bar bariſchen Völkern der Makua- und Lomwe-Länder getöteten Europäer" und den haarſträubenden Verheerungen, welche die vermeintliche Malaria unter den des tropiſch -feuchten Klima's ungewohnten Weißen anrichtę. Gewiß iſt die Kenntnis des Charakters und der Sprache eines Volkes
als auch auf den Shiré-Nivers und dem Nyaſſa-See regel mäßige Dampfſchiffverbindungen eingeführt und zahlreiche Handelspläße gegründet hat. Schon ſpedieren fünf Dampf ſchiffe auf dem Shiré, Nyaſſa und Tanganyika Waren der ſchottiſchen und engliſden Kolonien, Zucker und Kaffee nad allen Richtungen hin, und wo die Natur noch ihre
Gewalt dem Menſchen nicht dienſtbar machen will, wie in den Shiré-Stromſchnellen, kommt der unternehmende An ſiedler ihr zuvor, indem er ſichere Straßen baut und jeßt
ſchon Tramway-Verbindungen ſichert. Ja, um Blantyre herum ſeien, behauptet D. Reill, ſolidere und zweckmäßigere Straßen als im portugieſiſchen Mozambique ; ſchon erheben
ſich daſelbſt ſtolze Wohnungen und Vorratsräume ganz nach engliſchem Stil. Im Innern (daren ſich die Eingeborenen vertrauens
voll um die neu errichteten Miſſionsſtationen. Es ſiedeln ſich in ihrer Nähe auch viele vertriebene Sklaven an , ſo daß bald da, bald dort Dörfer der Ureinwohner in der
Umgegend aufblühender chriſtlicher Gemeinden ſich erheben, die ſichtbaren und gewichtigen Zeugen edler Koloniſations beſtrebungen .
Dieſe Einheimiſchen gewöhnen ſidy ohne Zwang an
nüßliche Thätigkeit. Europäiſche Kleider, Werkzeuge, Ge nußmittel 2c. haben einen beſonderen Reiz für ſie ; ſie wünſchen ſich ihren Beſit ; dies ſpornt ſie an zur tüchtigen Arbeit ; ſie wird ihnen erleichtert, ſie lernen europäiſche Geſchidlichkeit kennen , ſchäßen und anwenden und ſind
durch verdoppelten Fleiß für die neue Errungenſchaft dank
der erſte und ſicherſte Weg zu ſeiner Ziviliſation und die
bar. Miſſionen mit induſtriellen und merkantilen Zweig unternehmungen bieten ihnen beides : die Erlernung euro: päiſcher Berufsarten und das Chriſtentum mit ſeinem
Nußbarmachung der ſchon vorhandenen Vorarbeiten und
ſegnenden Einfluß. Ihre Sitten werden milder , ihre
brachliegenden oder unzweckmäßig angewendeten Kräfte iſt der erſte entſcheidende Schritt, der auf demſelben langſam
Freuden reiner, ihre Geſinnung und Denkweiſe edler ; ſo ſtreifen allmählich auch die mit dyriſtlichen Gemeinden neu in Verbindung getretenen Völfer ihre Wildheit ab ; ihr
und ſicher zum kulturellen , merkantilen oder philanthropi iden Ziele leitet. Daß ſodann der Europäer nicht nur kultiviertes Land ſtatt Urwald, ſondern auch äußerſt be hagliche für den Nordländer ſehr erwünſchte, zur Erholung geeignete Wohnſiße trifft, mag ſelbſt diejenigen optimiſtiſch ſtimmen, welche, mitten in die kolonialpolitik der leßten Jahre
vertieft, peſſimiſtiſch jeden kommerziellen Erfolg für kleinere Länder als höchſt illuſoriſch oder unmöglich bezeichneten.
Hang zum ungebundenen Leben verliert ſich, beſiegt durch die Macht der Gewohnheit an geregelte Thätigkeit, an das uralte und überall gültige : ,,Bete und arbeite ! " Soweit 9. Neill.
Und in der That erweiſen ſich auch hier die eng liſchen Koloniſationsprinzipien als geſunde, philanthropiſche, ja kosmopolitiſche Grundfäße, welche alle Anerkennung
Siidoſtafrifa zwiſchen Sambeſi ind Novuma.
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verdienen und in fürzeſter Friſt äußerſt erfolgreich ſein dürften. Sonderbar erſcheint die Idee des Verfaſſers, nach welcher ſein vorgeſdlagenes Koloniſationsprojekt
keine Eiſenbahn, etwa von Blantyre nach der nädyſten Küſtenſtadt Quilimani, einſchließt.
Als Grundpfeiler des
Landes bezeichnet er nämlid : „ Viel Arbeit, Zeit und Geld .“ Das ſeinerzeit gekennzeichnete Vorgehen der Por tugieſen in ihren Küſtenniederlaſſungen iſt ihm dabei n
ein warnendes Erempel und lehrt ihn , daß man nicht, wie ſie, bezüglich des Eldorado's Indien, im Streben nach den beſten Verkehrswegen den Anbau der Kolonie, die Ausbeutung ihrer Schäße, mit einem Wort den goldes
Material zur Erklärung intereſſanter Erſcheinungen. Nady ihm bildeten ſich 3z. B. auf den Namuli-Peaks ungeheure Gletſcher, welche in der prähiſtoriſchen Periode dem Dzean zu ihren Weg ſid bahnten , alles mit ſich reißend, Furchen als Thäler ziehend und da und dort einen ſonderbar ges formten Berg von Schlamm , Geröll 2c. zurüdlaſſend oder Sümpfe und Moräſte bildend. So führt er uns die intereſſante Schilderung manch' eines Berges oder Thales vor (z. B. der Malema Plain), deren Lebenslauf ebenfalls auf die Na muli - Hills hinweiſt und von wo herab zuerſt die reißen den Gletſcherwaſſer ihren Lauf ſich bahnten, die Vorboten
der enormen Schnee- und Eismaſſen, die, losgelöſt, mit
günſtigen Häfen verſchloſſen , keine arbeitſamen friedlichen
aller Wucht auf ihre Unterlage, die kleineren niedriger ge legenen Gletſcher, drüdten , ſolche mit ſich fortriſſen, Schluch ten aushöhlten, Thäler bildeten und kleinere und größere Flüſſe, wie den Baroni-, Ludia- und Loſi-Niver, ſpeiſten und allmählicy, nachdem ſie da und dort Spuren ihrer
Völker unthätig ſein für den Hauptzweck und keine gang: baren Rohprodukte unbenußt liegen gelaſſen werden. Jede
Verheerungen in iſolierten Maſſen zurüdgelaſſen hatten, eine gleichmäßige Richtung annahmen ; und heute noch
latente Kraft muß geweđt, befreit, belebt, womöglich ver
konſtatieren ſie nun in Abgründen, ſteilen Felsabhängen, erratiſchen Koloſſen oder im Lauf der Flüſſe und Bäche
werten Segen wohlorganiſierter Arbeit aufgehen laſſen dürfe im fieberhaften Jagen nach der Fata Morgana
bloß ſcheinbarer, jeden Fundamentes entbehrender merkan: tiler Vorzüge.
Im neuerforſchten Lande dürfen keine
doppelt eingeſeßt werden, damit ſie in Wirklichkeit „ als dienendes Glied ſich an ein Ganzes anſchließe." Als
in deutlicher Schrift die verhängnisvollen Umwälzungen,
Nervus rerum einer gedeihlichen Entwicelung des leb:
denen die Erdoberfläche hüben und drüben, auf dem Kon
hafteſten Handels betrachtet er die allſeitige merkantile Ausbeutung des Sambeſi durch eine lebhafte Schifffahrt und dadurch erleichterte Handelsverbindungen mit Ländern
ausgeſeßt war, in jenen Perioden der Eisrevolution wie
ſüdlich von dieſer dienſtbaren Waſſerſtraße, die gegen:
wärtig nod ihre nötigſten Produkte mit enormen Unkoſten von 900-1200 Min. entfernten Pläßen vom Süden her
beziehen und ohne Zweifel unter günſtigeren Bedingungen
tinent wie auf den Inſeln, zu verſchiedenen Zeiten idon in der Zeit allgemeiner vulkaniſcher Eruptionen , und zwar ſo lange, bis die Erdrinde endlich erfaltete. Doch wir haben mit dem Verfaſſer noch eine weitere intereſſante Erkurſion auf das prähiſtoriſche Gebiet hinüber zu machen. Ueberall, ſo auch hier , finden wir nicht nur
gern Handelsbeziehungen mit ihren nädſten Nadybarn im
in geologiſch wichtigen Hügeln und Bergen ſtille Zeugen
Norden eröffnen würden. Südafrika mit ſeinem Gold und Elfenbeinreichtum , ſeinen Vorräten an Gummi, Cocos
der dunkelſten, weit abſeits liegenden Vergangenheit ; aud mandy' „ eine hohe Säule zeugt von verſchwund'ner Pracht“ ziviſchen dem da wo wir's am wenigſten vermuten
nüſſen 2c. böte wichtige Vorpoſten für die engliſchen (und wohl auch deutſchen !) kolonialen Unternehmungen. Doch auch die dunkle Vergangenheit all dieſer Staaten enthüllt uns der kundige Reiſende. Nicht nur auf bloße Vermutungen beſdränkt er ſich; er geht auf ſeiner Quellen:
fahrt weiter als irgend einer ſeiner Vorgänger, denn für's erſte iſt er Geolog, und zieht als ſolcher aus der For mation der 2-9000 Fuß hohen, bald vereinzelten, bald in zuſammenhängenden Maſſen erſcheinenden Hügel und Berge den Schluß, es müſſen -- analog ihrer Formation – meiſt Vulkane ſie einſt gebildet haben . So unterzog er die Hills mit ihrer ſeltenen vulkani idhen ſoliertheit einer ſpeziellen diesfallfigen Unterſudung
und reihte ſie in beſagte Kategorien ein, trozdem weder in ihrer reichen Flora nocy in ihrer weniger intereſſanten Fauna die weſentlichen äußeren Merkmale hierfür ſich zeigten. Er dringt jedoch noch tiefer in die wiſſenſchaft liche Löſung ſeiner Aufgabe ein. Auch die Gletſcherperiode mit ihren intereſſanten Gebilden, ihren erratiſchen Blöden, ihren muldenförmigen Vertiefungen in den Namuli-Ranges, den Suaga- und Tugwi-Hills leiht ihm das gewünſchte
27–84.0 Ö. L. und nördlich vom 21.0 1. Br. Uralte Ruinen ſind hier nämlich entdeckt worden , die vermutlidy aus prähiſtoriſcher Periode ſtammen und als Wohnſiße, als Kolonie eines proſperierenden Staates gelten mögen, der ſchon lange vor der Zeit, da Griechen, Aegypter und Phöniker in Afrika vereinzelt auf die geſchichtliche Bühne traten, exiſtiert haben muß. In die Reihe derjenigen Herren, welche ſchon vor Jahrzehnten reiſten in dieſen Regionen und als treue Diener der Wahrheit und Wiſſenſchaft Zeit und Kraft opferten auf dem Altar des allgemeinen wiſſenſchaftlichen Intereſſes, gehören nady O'Neill auch Erskine, Maud, Baines, Mohr und Selous. Sie entdedten Ueberreſte
früherer Baukunſt, deren Solidität derjenigen der aſſyriſchen und ägyptiſden Bauwerke ſpottet , indem ſie Wind und Wetter ſchon länger froßten.
Sdon Mauch fand ausgedehnte Ruinen in der Nähe der Sofala-Küſte .
Die Ruinen von Zimbabye, die neulich ans Tages
licht famen , ſind von großer Ausdehnung und ſehr
Geographiſche Neuigkeiten .
achtenswert wegen der ſonderbaren Form ſowohl, als aud) bezüglich der äußerſt ſoliden Bauart. Sie konnten offen bar – dieſer Schluß drängt ſich uns fofort auf – nur von einem Volk erbaut ſein, das in der Kunſt und Wiſſen ſchaft idon bedeutendes leiſtete. 30 Fuß hohe Mauern von 12 Fuß Dicke am Grunde, ohne Mörtel und gänzlich von gehauenen Granitblöcken aufgeführt, deren einige 18 bis 20 Fuß lang ſind, bezeugen genügend den Fleiß und die
Intelligenz ihrer Meiſter. Aehnliche Ueberreſte von Mauers werk, zum Teil ebenfalls nod) ſehr gut erhalten, findet
317
Der Totaleindrud, den D'Neill's Vorträge ſowohl in Edinburgh als auch in London gemacht, war denn audy ein ſehr günſtiger. Eine hohe Anerkennung wurde ihm init Redit zuteil , denn er hat ſeinem Nachfolger, Herrn
Laſt, welcher mit der genaueren Erforſdjung des nördlichen Teils dieſes neuerſchloſſenen Gebietes betraut iſt, offenbar den Weg geebnet. Der erſte und entſcheidende Schritt iſt gethan ; der richtige Schlüſſel in ein weiteres, für den europäiſchen Handel wichtiges Gebiet iſt gefunden und angeſett; die günſtigen Auſpizien zu erfolgreichen wiſſen .
man nördlich von Zimbabye in der Umgegend von Manica
ſchaftlidien, merkantilen und philanthropiſchen Unterneh
und ebenſo 350 Min . weſtlich von da. Die brennendſte Frage iſt wohl angeſidits dieſer ſtummen Zeugen früherer Jahrhunderte, ja Jahrtauſende, ob irgendwelche Schriftzeichen , Inſchriften 2c. vorhanden
inungen ſind vorhanden. Behalten wir dieſen ſich auf- · hellenden Punkt des fernen Südens in Sicht.
und imſtande feien, uns Aufſdluß zu geben über die im Staub und Moderluft verſchloſſenen Geheimniſſe, beſonders über die Abſtammung dieſer ſo frühe ſchon hier etablierten Völfer. Noch muß ſie zwar verneint werden, indem es bisher wohl an archäologiſch gebildeten Forſdern fehlte, aber zweifelsohne werden dieſe Denkmäler einer weit ab:
Geographiſde Neuigkeiten. Grenfell am Kongo. Der Methodiſten-Geiſt liche Grenfell , welcher ſich unter den Erforſchern von
Zentralafrika durch die Entdeckung des Mobangi ſdon
ſeits liegenden, bisher nicht einmal geahnten Geſchichte
einen Namen gemacht , hat der Wiſſenſchaft einen neuen
von ſprachkundigen Altertumsforſchern zum Gegenſtande genauer Unterſuchungen gemacht werden . D'Neill hat
Dienſt geleiſtet. Von Stanley-Pool mit dem Miſſions
nicht ermangelt, von maßgebenden Eingeborenen Erkun: digungen über die frühere Exiſtenz ſolcher Inſdriften ein zuziehen und erfuhr, daß dieſe Sdhriftzeichen der Reilſdyrift angehören müſſen. Die Vermutung liegt ſomit nahe, daß dieſe Kolonien phönifiſchen Urſprung waren und aus einer lange vor der chriſtlichen Zeitrechnung liegenden Periode
ſtammen. Daß ferner Bearbeitung von Gold die Haupt beſchäftigung dieſes ziemlich abgeſchloſſenen Volkes war, darf mit ziemlicher Sicherheit aus den noch vorhandenen Ueber reſten der Goldminen und ihres Inhaltes geſchloſſen werden. Hiebei mag die ſichere Thatſache in Betradit fallen, daß ja die Phöniker überhaupt mit Vorliebe Kolonien grün deten. Iſt es ferner nidit erklärbar, daß während ein Teil der Phönifer von ihrer urſprünglichen Heimat am Perſiſchen Meere aus ſich nad Nordweſt ans Mittelmeer
wagte, ein anderer bei günſtigem Wind den viel bequemeren Weg von dort aus nach der Oſtküſte Afrika's vorzog ? Die Anſicht, daß die Phöniker in der vorhiſtoriſchen Zeit viel weiter auf der Erde ihre Kolonien ausgebreitet hatten, als man früher allgemein annahm, gewinnt in
den wiſſenſchaftlichen Kreiſen immer mehr an Boden. Die neueſten Entdeckungen haben auch in anderen Teilen Afrika's über manches bisher ganz dunkle Gebiet etwas mehr Licht verbreitet und mand, ein Menſchenleben iſt ſchon darauf verwendet worden und wird in Zukunft noch dazu ver wendet werden , die Verbreitung der phönifiſchen Völker in den entlegenſten Gebieten auf der Erdkugel nachzu :
weiſen, wie z. B. in Beludichiſtan, Afghaniſtan, wo zuver: läſſige Kenntnis der Schriftzeichen eine ſichere Quellenfahrt bildete zu koſtbaren wiſſenſchaftlichen Reſultaten.
dampfer , Peace" in Begleitung des Lieutenants François,
einem Agenten des Kongo-Staates, ausgehend, hat er die beiden großen Zuflüſſe des Rongo, welche ſich etwas ober: halb des Aequators auf dem linken Ufer in den Kongo ergießen und von denen man ſeither nur die Mündungen kannte, näher rekognosziert. Der wichtigſte dieſer Waſſer läufe, der Uruki, Stanley's ,,Schwarzer Fluß ", der in kurzer Entfernung von ſeiner Einmündung den Namen Tidaupa annimmt, kommt aus Dſten und nimmt etwa 100 Km.
vom Kongo die Gewäſſer eines bedeutenden Nebenfluſſes auf, des Buſſara , welcher von Südſüdoſten kommt. Die Forſcher haben auf ihrem Ausflug etwa fünf Längengrade durdymeſſen ; anfangs wurden ſie von friedlichen Völker: ſchaften aufgenommen und gebeten, ſich auf ihrem Gebiet niederzulaſſen ; ſpäter ſind ſie auf minder gaſtfreundliche Stämme geſtoßen und endlich ſind ſie an einem Punkte ( 10 1 ' 1. Br. und 28 ° 14' 3. L.) umgekehrt, wo der noch immer ſchiffbare Fluß 150 m, breit iſt, aber die Anwohner in ihren feindlichen Abſichten ſo weit gingen , daß ſie ſogar mit Pfeilen nach dem Dampfer ſchoſſen. Ehe der , Peace" fid in den Sdwarzen Fluß hineinwagte, hatte er den Lulongo erforſcht, deſſen Einmündung unter 00 40ʻn. Br. liegt. Dieſer Fluß, welcher an der Stelle ſeines Erguſſes
in den Kongo eine Breite von ungefähr 500 m. hat, ſtrömt nördlich vom Aequator in der Richtung Dſt-Weſt. Die Europäer wurden während ihrer Reiſe auf dieſem Waſſer lauf, den ſie auf eine Entfernung von 350 e. Min . erforſcht haben, gut aufgenommen. Ungefähr 40 MIn. vom Kongo haben ſie einen wichtigen Hauptpunkt für den Handel mit Elfenbein und Sklaven beſucht. Anfangs iſt die Gegend nieder und überſchwemmt und die Häuſer ſind auf Pfählen
318
Geographiſdie Neuigteilen.
errichtet, allein auf dem Oberlauf des Lulongo ſteigt das
Terrain an und die Ufer überhöhen bedeutend den Fluß; die Landſchaft iſt nad Grenfell pradytvoll und würde zu einer Niederlaſſung der Miſſionare ſehr geeignet fein . Dieſe beiden Forſchungsreiſen füllen alſo eine widytige
Lücke in der Karte von Zentralafrika aus. Es iſt eine bemerkenswerte Thatſache, daß das Jahr 1885 in der
Geſchichte unſerer Entdeckung auf dem Sdwarzen Erdteil eine wichtige Rolle ſpielen wird, denn Dank den Arbeiten unerſchrockener Forider ſind der Mobangi (wvelden ſein
Zeitpunkt dürfte aber noch fern ſein, denn man fennt ja faum erſt die Ufer des Kongo, und das Thal des Licona iſt ein nod ganz unerforſchtes Gebiet. * Die Hülfsquellen Afrifa's. In ſeiner lehr:
reichen und gehaltvollen Schrift: „ Mehr Licht im dunkeln Weltteil" prüft Dr. A. Fiſcher bekanntlich die Hülſs: quellen von Afrika und ſeine Tauglichkeit zur Koloniſation mit Weißen . Er beſpricht die unbeſtimmten Angaben über die Reichtümer Afrika's und hält es für geraten , den
Maßſtab der Statiſtik an dieſelben zu legen. Seine Schrift
Entdeder Grenfell für den Uëlle Sdyweinfurthy's zu halten
handelt vorzugsweiſe von der Region der Dſtküſte, befaßi
geneigt iſt), der Raſjai, der Urufi und der Lulongo bei nahe auf der ganzen Erſtredung ihres chiffbaren Laufes unterſudyt worden . Als der „ Peace" von der ebenerwähnten Forſdungs
ſich aber auch in einiger Ausdehnung mit der Weſtküſte.
reiſe nadı dem Stanley-Pool zurüdfehrte, iſt er den Licona
dieſem Flächenraum unternehmen und ſich bereits über zu große Konkurrenz beklagen. Der ganze Handelsverkehr
hinaufgefahren , welche Forſchungsfahrt mit einigen Worten erwähnt zu werden verdient, denn der Licona bildet einen
Teil des franzöſiſchen Kongo, da die Waſſerſcheide dieſes Fluſſes die öſtliche Grenze der franzöſiſchen Beſißungen bildet. In Wirklichkeit beſtimmt der am 5. Februar 1885 zwiſden Frankreid) und der Internationalen Kongo-A110 ciation abgeſchloſſene Vertrag die Grenzen der beiden
Staaten folgendermaßen : ,,Der Kongo bis zu einem nody zu beſtimmenden Punkte ſtromaufwärts von dem Fluſſe Licona N'kundida. Eine nody zu beſtimmende Linie von dieſem Punkte bis zum 17.0 ö. L. von Gr. , die ſoviel wie möglich der Waſſerſcheide des Beckens des Licona N'fundſcha folgt , welcher einen Teil der franzöſiſchen Beſißungen bildet. Der 17. Grad öſtlicher Länge iſt der: jenige von Greenwidy."
Er däßt die kommerzielle Herrſchaft der Sanſibar-Region auf 400,000 D ..-Min . und hebt hervor, daß acht europäiſche Firmen (worunter drei deutſche) das ganze Geſchäft auf
von Sanſibar beläuft ſich auf 134 Millionen Litrl. an Aus- und Einfuhr. Die Eingeborenen geben nach Dr. Fiſcher den engliſden Waren den Vorzug „alle guten Dinge kommen von England " ſagen ſie. Den Geſamtwert der Erzeugniſſe der Sanſibar- Region ſchäßt Dr. Fiſcher auf eine Million ſtrl.
Die hauptſächlichſten Erzeugniſſe :
Kautſchuk, Gewürze, Kopal, Häute, Kopra, Ordilla, Se: ſam 2c., kommen von einem ſdmalen Küſtenſtreifen , der ungefähr 1100 €. MI. lang iſt; das Binnenland hat nur das Elfenbein , welches den Transport nach der Küſte lohnt.
Oſtafrika liefert Kautſduk in kleinen Mengen und geringerer Qualität, wird aber nördlich von Mombaſa nicht
Nach der von Grenfell aufgenommenen und nach
mehr gefunden. Nad Dr. Fiſdier ſoll es in den Küſten bezirken durch die ungeſchickte und unvorſichtige Weiſe, in
Brüſſel geſandten Karte mündet der Licona in den Kongo unter 10 gʻ F. Br. und 170 20ʻ ö . L. von Gr. (dieſe
welcher der Saft abgezapft wird, rajd ausgerottet werden. Auf den ausgedehnten, aber dürftig bewaldeten Hochebenen
Länge iſt ungewiß), etwas öſtlich von den Dörfern Mbunga,
von Zentralafrika findet man weder Ficus elastica nod
ivo die Franzoſen einen Poſten gehabt haben und beinahe
Landolphia. Ordilla (Erdorſeille, Serelle) wird bald durd geiviſje dhemiſche Präparate , beſonders die Anilin
der belgiſchen Station Lukolela gegenüber. Grenfell iſt den Licona auf einer Strecke von 50 Min . und in nord
öſtlider Richtung hinaufgefahren. Dieſer Fluß ſtrömt, nach den Beobachtungen, welche Herr v. Brazza auf ſeinem Oberlauf angeſtellt hat, anfangs von Weſt nach Oſt, würde alſo einen großen Bogen nach Süden machen , um ſich
nady Südweſt nach ſeiner Einmündung in den Kongo zu wenden . Wir brauchen wohl nid )t zu bemerken, daß, wenn die Beobachtungen des Herrn Grenfell genau ſind , die durch die Waſſerſcheide des Licona gebildete Grenze des franzöſiſchen Kongo- Gebietes weiter nad Oſten verlegt werden wird, als man es annahm, da der von Norden kommende Licona erſt nach Dſt, dann nach Süd und Süd
weſt verläuft. Die Grenze würde alſo eine dem Licona
farben, verdrängt werden . Kaffee, Zimmet , Muskatnuß, Indigo, Baumwolle zc. wadyfen ſpärlich in wenigen Gärten, aber nicht inafſenhaft genug zur Ausfuhr. In Weſtafrika iſt es kaum beſſer. Seine Küſte verhält ſich zu derjenigen von Dſtafrika wie 16:11, aber ſeine Ausfuhrartikel ſtehen nicht in demſelben Verhältnis. Elfenbein findet ſich in größerer Menge, während die anderen obenerwähnten Artikel ebenfalls mit
keinein
weſentlichen Unterſchiede
erzeugt werden. Baumwolle, Indigo, Tabak und Ge: würze, welche man gewöhnlich als Landesprodukte auf führt, ſind von feinem Wert für den Handel.
Seit der
Mitbewerbung Auſtraliens iſt das Kopalgummi ſo im
und Mobangi parallele Linie verfolgen , um an einem erſt fünftig noch zu beſtimmenden Punkte , wenn die Karten
Preiſe geſunken, daß es ohne Sklavenarbeit nidt mehr lohnt. Nur in Liberia wird Kaffee, und zwar in guter Qualität, auch als Handelsartikel erzeugt und in den
jener Region die Grenze zu beſtimmen erlauben werden,
portugieſiſchen Beſißungen auch von der wilden Pflanze
den Meridian von 170 ö. L. von Gr. zu erreichen. Dieſer
gewonnen. Den Geſamtwert der Ausfuhren der Weſtküſte
Litteratur,
319
gibt Dr. Fiſcher auf 2,450,000 Lſtrl. an. Db man Rau tſchuk im weſtafrifaniſchen Binnenlande findet, iſt noch nicht
durch die Arbeit der Eingeborenen entwickelt werden, und
erwieſen ; die von den Stanley- Fällen nach Sanſibar zurück kehrenden Karawanen bringen nur Elfenbein mit. Der von 120 bis 200 Min . beinahe ausgerottet worden. Im größeren Teile von Südafrika wird er nicht mehr gefun :
halb, nach Dr. Fiſcher's Anſicht, Sklaverei oder lebens: länglicher Dienſt unvermeidlich iſt. Fiſcher's Schrift ent hält ungemein vieles, was der ernſten Aufmerkſamkeit aller, welche fich für die Entwickelung Afrika's intereſſieren, ſehr würdig iſt. Seine Anſicht iſt allerdings eine peſſimiſtiſche
den, während das große Handelsgebiet Aegyptens jährlich
und weicht ſehr von derjenigen anderer Reiſenden ab, hat
nur noch etwa 330,000 Pfund liefert. Die Geſamtmenge des jährlich aus Afrika ausgeführten Elfenbeins beläuft
Mr. Johnſton z. B. fand, daß man am Kilima'ndſdaro
Elefant iſt auf dem ganzen Küſtenbezirk auf eine Strecke
ſich auf 1,760,000 Pfd., was einer jährlichen Erlegung von 40,000 Elefanten entſpricht. Die beſte und verhältnis: mäßig größte Menge Elfenbein liefert Sanſibar, 440,000 Pfund von einem Flädienraum von 400,000 D.-Min . Die weſtliche Region, von welcher das Kongo-Gebiet allein über eine Million Quadratmeilen umfaßt, liefert nur
550,000 Pfund. Mozambique liefert 220,000 Pfund, das
Niger-Gebiet 165,000 Pfund, Gabun, Kamerun und Lagos ebenſoviel ; Ambriz, Benguela und Moſſamedes 220,000 Pfund, das Rote Meer 110,000 Pfund und die Kapregion ebenſo viel. Den Geſamtertrag Afrika's an Elfenbein
die Eingeborenen werden nicht ohne Zwang arbeiten, wes
jedoch die Erfahrung und eigene Anſchauung für ſich.
die meiſten europäiſchen Gewächſe ohne Dünger und mit den reichſten Erfolgen anbauen konnte. Die Statiſtik zeigt, daß der Handel Afrika's ſeit Jahren ſtetig im Steigen begriffen iſt und wir müſſen uns erinnern, daß unſere Kenntnis von den Hülfsquellen des Schwarzen Kontinents
noch eine ungemein dürftige iſt. Gleichwohl aber iſt es ſehr anzuerkennen, daß Dr. Fiſder ſeine kompetente Stimme über dieſe Frage hat vernehmen laſſen , und es iſt gut, daß wir in dieſer Zeit der Ueberſchäßung des Wertes unſerer Kolonien audy feine Anſichten kennen lernen.
ſchäßt Dr. Fiſcher auf etwa 800,000 lſtri. Er iſt geneigt, den Elfenbeinhandel für das Verderben Afrika's anzuſehen ,
litteratur.
da er die ganze Thatkraft der Eingeborenen und mohame daniſchen Händler von der ſtetigen Aderbau-Arbeit abhält. Bezüglich deſſen , was das Elfenbein nach ſeiner Erſchöpfung erſeßen und den Eingeborenen und den im Elfenbeinhandel Angeſtellten Beſchäftigung verſchaffen ſoll, kann man nachy Dr. Fiſcher's Behauptung von den Reiſenden im Innern nur die unbeſtimmteſten Angaben erlangen. Man ſpricht zwar von der koloſſalen Fruchtbarkeit des Bodens und dem
und Bibliographhie. Leipzig, Ferd. Hirt und Sohn , 1886.
Neidytum des Pflanzenwudſes, gibt aber keine beſtimmten
Rußland den Schwerpunkt ſeiner Politik nach Aſien verlegte I, hat es
* Pan $ dell , penry : Ruſija - Zentralaſien nebſt Stuldſcha, Bidara , Chiwa und Merw . Deutſche Ausgabe,
bearbeitet durch H. v. Wobeſer. 3 Bände, mit vielen Flluſtra tionen im Text, vier doppelſeitigen Tonbildern, Karte und Photo graphie des Berjaſſers , ſowie einem einzeln fäuflichen wiſſenſchaft lichen Anhang, enthaltend Fauna und Flora von Ruſſiſch- Turkeſtan Seit
.
dort mit unwiderſtehlicher Gewalt eine Menge Eroberungen gemadit Anhaltspunkte an . Ueber die Tauglichkeit des afrikani
îchen Bodens zum Ackerbau hegt Dr. Fiſcher eine ebenſo
und ein koloſſales Gebiet annektiert und deſſen Bewohner ſich in iiber raſchend ſchneller Weiſe aſſimiliert. Rußlands nene länderermer
entmutigende Anſicht. Die Fruchtbarkeit des jungfräu : lidhen Bodens" von Afrika läßt ſich nicht mit derjenigen des Bodens von Südamerika und Indien vergleichen ; in
bungen umjaſſen Gebiete, die uns ſeither nur wenig bekannt waren , obwohl es vorwiegend deutſche Reiſende waren , die uns dieſelben friiher beſchrieben ; erſt durch Vámbéry, Pridewalsky 11. a. ſind uns jene Länder eingehender geſchildert worden , aber wie vieles
Uſagara und am Stanley:Pool kann man europäiſche
iſt uns da noch unbekannt ? Um jo dankbarer ſind wir daher fiir jedes neue Werf, welches unſere Kunde von jenen Gegenden ver
Gewächſe nicht ohne Düngung zum Wachſen bringen. Gleichzeitig gibt Dr. Fiſcher aber zu, daß die Fruchtbarkeit Afrika's in verſchiedenen Regionen ſich ſehr voneinander
unterſcheidet. Der Weſten iſt, infolge ſeiner größern Feuchtig keit, weit fruchtbarer als der Dſten, und ſelbſt im Innern der portugieſiſchen Befißungen an der Weſtfüſte ſind die
Wälder und der Pflanzenwuchs überhaupt von ausnahms weiſem Reichtum . Aus Tabat fann nad Dr. Fiſchers Anſicht nicht viel gemacht werden, und ſelbſt Kaffee dürfte ohne Sklavenarbeit nicht mit Vorteil kultiviert werden
mehrt und vertieft, und in dieſer Hinſicht ſteht das vorliegende Werk von lansdel in erſter Reihe, denn es iſt eines der griind lichſten und gehaltreichſten neueren Reiſewerke und ſchildert Land und Leute nur aus eigener Anſchauung. Lansdell hat ſich ſchon durch ſein friiheres Reiſewerf „Durch Sibirien “ als einen ausgezeichneten Beobachter und vorziiglichen Schilderer bewieſen, und die Vorzüge ſeines erſteren Werkes bewähren ſich auch bei dem gegenwärtigen ,
welches gerade jene Gebiete beſchreibt, über die die ruſſiſche Er
am meiſten verſprechende in Afrika, allein feine Getreides
oberung ihren ſieghaften Weg nach Zentralaſien hineinnimmt. Kuldicha, Vuchara, Chiwa, Merw, Turkeſtan und die Turkmenen ſteppe werden in breiten Ziigen nach ihrer phyſiſchen Beſchaffen heit, nach Land und Leuten und nach den Ausſichten geſchildert, welche ſie fünſtig fiir regelrechte Beſiedelung und Anbau, fiir
art kann ohne die größte und beſtändigſte Sorgfalt ange
Handel und Verkehr bieten werden.
baut werden. Dr. Fiſcher weiſt den Gedanken ab , daß
natürlichen Produkten , dem Klima und der Topographie beſonders auch die anthropologiſche und ethnologiſche Seite und die politiſche Zukunft der ruſſiſchen Herrſchaft in Zentralaſien und ſchildert mit
fönnen. Von europäiſchem Getreide iſt Weizen noch das
Europäer jemals imſtande fein werden , Afrifa zu kolonis ſieren. Die Hülføquellen jenes Kontinents können nur
Lansdel betont neben den
einer Lebendigkeit, Wärme und Auſdanlichkeit, welche uns, zumal
320
Litteratur.
bei der reichen und guten Juuſtration und ihrer innigen Verbindung von Wort und Bild, mitten in die Sache hineinverſett. Dabei iſt er für einen Engländer ſehr objektiv und frei von Befangen heit und ſchildert ſo treu und maßvoll , daß man ihm, dem welt :
gewandten, vielerfahrenen Reiſenden und geübten Beobachter, uit bedingt Glauben ſchenken darf. So iſt dieſes Werf, deſſen drei Bände nahezu tauſend Drudſeiten umfaſſen, ein ausgezeichnet
Berichtigung. Ju dem Artikel des Herrn Kappler über die Molusken Surinams („ Ausland“ S. 260) muß es ſtatt Bulla ovata heißen
Buliminns ovatus ; ſtatt Achatina princeps und Achatina gallina : Orthalicus princeps und Orthalicus gallina sultana ; ſtatt Helix serpentes, Helix pillis : Helix pellis serpentis ; ſtatt Toredo : Teredo.
ho.
wertvoller Beitrag zur Sunde des heutigen Aſiens und eine dankens werte Bereicherung unſerer geographiſchen Litteratur, umſomehr
als dieſe Gegenden Zentralaſiens vorausſichtlich in den nächſten Jahrzehnten der Schauplatz noch wichtigerer politiſcher Ereigniſſe ſein werden . Die geſchichtlichen Rückblicke und die ethnographi ſchen Notizen leihen dem Werke noch einen beſonderen dauernden Wert.
* Volkmer , Ottomar : Die Technit der Reproduks tion von Militär - starten und -Plänen nebſt ihrer Ver vielfältigung, mit beſonderer Berückſichtigung jener Verfahren, die im f. t. militär-geographiſchen Inſtitut zu Wien ausgeübt werden . Mit 57 Abbildungen im Text und einer Tafel. Wien, Beſt, Leipzig, A. Hartleben's Verlag, 1885 . Als 122. Band der wertvollen und verdienten „ Chemiſch-techniſchen Bibliothek“ hat die riihrige und mit ſo großer Vorſicht geleitete Şartleben'iche Berlagsbuchhandlung in Wien jiingſt das vorliegende Wert heraus gegeben, deſſen lehrreicher Inhalt nicht allein den Geographen vom Fach und den wiſſenſchaftlichen Forſchungsreiſenden , den
Zivil- und Eiſenbahn - Ingenieuren und den Gebildeten überhaupt, ſondern vor allem auch den gebildeten Offizier intereſſieren wird. Bei dem regen Intereſſe, welches heutzutage nicht nur der Militär, ſouderu das große Publikum im allgemeinen guten und billigen Karten entgegenbringen, indem der erſtere ſeine Truppe nach der
Anzeigen . Verlag von Hermann Coftenoble und zu beziehen durch jede Buchhandlung.
Hodintereſantes Reiſewerk !
Wanderungen eines Naturforſders im oſtindiſchen Archipel in den Jahren 1873–1883 von
Henry D. Forbes. Aus dem Engliſchen von Dr. med. R. Teulder. 2 Bde. gr. 8. in cleg. Ausſtattung, mit einer chromolithogr. Abbildung, zahlreichen Juuſtrationen und 4 Karten. Brojch. 14 Mart, eleg. geb. 18 M. Das Werk iſt von bleibendem wiſſenſchaftl. Werth u . doch auch für den Gebildeten hochintereſſant und ſpannend geſchrie ben. Der Verf. berichtet über ſeinen Aufenthalt auf den
Cocos- Keeling- Inſeln, beſchreibt ihren Bau , ihre Thiere,
ihre Pflanzen , die atmoſphäriſchen Erſcheinungen a . Die 2. Abth. berichtet über Java. Die 3. Abth. behandelt Cumatra, die lampongs und die Reſidentſchaft
Karte führt, die Boden -Unebenheiten zu ſeinem Vorteil benußt, das
Palembang.
Publikum aber an der Hand einer Karte ſeine touriſtiſchen und alpinen Exkurſionen ausfiihrt, muß es gerechfertigt erſcheinen,
deſſen Inneres, nach Timor - Laut, einem bis jetzt faſt unbekannten Lande. Die 5. Abth. berichtet über die Inſel Buru u. den geheimniſvollen See des Innern ; die
daß ſich der Berfaſſer der vorliegenden Arbeit der Mühe unterzog,
6. Abth. ſchildert Timor, wo ein hochintereſſanter Ausflug
eine biindig gehaltene und doch klare Abhandlung über den
Die 4. Abth. fiihrt nach Amboina, in
nach dem Innern den Schluß bildet. Herr Profeſſor Ernſt
Häţel hat „ das ſehr gut geſchriebene und viel Neues und Gegenſtand der Reproduktion und der Vervielfältigung von Karten,
Originelles enthaltende Buch“ für eine deutſche Bearbei
baſiert auf ſeine nahezu zehnjährigen Erfahrungen als Borſtand der techniſchen Gruppe einer Muſteranſtalt der Welt , wie ſie das militär- geographiſche Inſtitut auf dieſem Gebiete iſt, zu veröffent lichen. Nach einer kurzen Einleitung mit hiſtoriſchen Daten über die Kartographie im allgemeinen beſpricht der Verfaſſer ſehr ein
tung empfohlen .
Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
gehend zunächſt die Wichtigkeit der Photographie für die Karten
Heidelberger Erinnerungen.
reproduktion , dann die Inſtallation der Ateliers hiefüir und die
Am Vorabend der fünften Säkularfeier der Univerſität.
verſchiedenen Aufnahmsmethoden ſelbſt. Daran ſchließen ſich dann
Von
die photographiſden Kopiermethoden, ſowie in ſehr detaillierter Weiſe die diverſen Reproduktionsverfahren auf Stein und auf Metall. Ein eigener Abſchnitt iſt der Evidenthaltung eines Karten
Georg Weber. Mit dem Porträt Webers in Stich .
werkes gewidmet und der eminenten Wichtigkeit, welche dieſe für die Kartographie hat, entſprechend die Durchführung der Korrektur auf den Stein- und Metallplatten , recht anſchaulich beigefügt. Eigene Abſchnitte behandeln dann die Einrichtungen zur Verviel
f . C. Dahlinann's
fältigung der Karten und der Hilfsmaſchinen hierzu, ſo wie auch am Schluſſe der Abhandlung den neueren Errungenſchaften in
80. VIII und 310 Seiten .
M. 4. -
und Reden.
Kleine Schriften und Reden. gr . Oftav .
XIV und 484 Seiten .
M. 6.
dieſem Gebiete Kaum gegönnt iſt und insbeſondere redit in
ſtruktiv die Verwertung des elektriſchen Lichts 311 photographiſchen Aufnahms- und Kopierzweđen erläutert wird. Als Reſumé findet man endlich kurz ſkizziert die Art der Herſtellung der General
ſtabskartenwerke in den Großſtaaten Europa's. Eine große Anzahl vorzüglicher Abbildungen trägt weſentlich zum Verſtändnis des Tertes bei.
Gedidhte von Martin Greif. Vierte durchgeſehene und ſtark vermehrte Auflage . Oftav.
XVIII und 481 Seiten .
M. 44. - Elegant gebunden M. 5. –
- Hiezu ein proipeftus der Verlagsbuchhandlung Ferdinand Sirt & Sohn , Leipzig .
Druck und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Minchen und Stuttgart.
Das Ausland. Wodenſchrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von
der
I. G. Gotta ſdhen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 26. April.
Nr. 17.
1886 .
Jährlid, 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions- remplare von Werten der einſchlägigen Litteratur jind direft an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6. II , zu jenden. Inſertionspreis 20 Pf. fiir die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Fort Griffin im nordweſtlichen Teras. Von Albert S. Gatſchet. S. 321 . Nach J. Chaffanjon . S. 323.
europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Karpathen. Von A. Rzehak. (Schluß.) S. 331 . - 6. Geographiſche Neuigkeiten . S. 336.
7. Litteratur.
S. 339.
2. Das Beden des Orinoco.
4. Die Glazialablagerungen im 5. Japaniſche Häuſer. S. 334.
3. Eine lappiſche Schule. Von Joſef Korensky. S. 326. 8. Berichtigung. S. 340.
Fort Griffin im nordweſtlichen Texas.
bevor Albany zum County -Hauptort gemacht ward, wurde
Bon Albert S. Gatichet.
in Fort Griffin aud Gericht gehalten. Die wichtigſten dieſer Grenzforts, die jeßt noch be
Kurz nach Beendigung des Sezeſſionskrieges errichtete die Bundesregierung am Weſtufer des Clear Fork of the
ſtehen , heißen, von Süden nach Norden aufgezählt, wie folgt : Fort Browen bei Brownsville am Rio Grande und
Brazos einen anſehnlichen Verteidigungspoſten , dem der
unweit der Mündung dieſes Fluſſes , Fort Ringgold und Fort MacIntoſh, beide am Rio Grande, Fort Clark, Fort bei San Antonio, Fort Concho und Fort Davis. Im nördlichen Teras, in den Staked Plains, liegt noch Fort Elliott unweit Mobeetie, und im weſtlichen Teile des In
.
Name Fort Griffin beigelegt wurde. Fort Griffin bildete ein Glied in einer langen Kette von Poſten zum Schuße
gegen Mexico und die wilden Indianerſtämme; dieſe Rette zog ſich vom untern Rio Grande in nordöſtlicher und nörds lidher Ridytung nach dem Weſtteile des Indianer- Terri
toriums und ſollte eine andere Reihe folcher Forts erſeßen, die ſich früher durch das zentrale Teras nach Norden ge zogen, dann aber durch das Vorſchreiten der Anſiedelungen nach dem Weſten überflüſſig geworden war. Unter einem amerikaniſchen Grenzfort des Weſtens verſtehe man ja nicht ein mit Erds oder Steinwällen umzogenes, mit Artillerie geſpictes und mit Kaſematten verſehenes Fort oder Feſtung ;
die Mehrzahl derſelben beſteht lediglich aus hölzernen Bars raden und einigen gemauerten Häuſern, die auf freiem Felde, meiſt in der Ebene belegen und oft nicht einmal mit Stafeten umzäunt ſind. Dieſe Anlage entſpricht durchaus ihrem temporären Charakter; denn die Forts werden oft ſchon nach wenigen Jahren aufgegeben und die
Truppen anderswo ſtationiert. In Fort Griffin beſtand die Beſabung aus ſechs Kompagnien weißer Truppen und ſechs Schwadronen Neger-Kavallerie; das Fort war eine Zeit lang das militäriſche Hauptquartier für Teras, und Ausland 1886, Nr. 17.
dianer-Territoriums Camp Supply, ſowie die mit ſehr
ſubſtantiellen Bauten ausgeſtatteten Forts Sill und Reno.
Zu den ſchon früher aufgegebenen Forts in Teras gehört das einſt wichtige Fort Duncan bei Eagle Paß am Rio Grande, ferner Fort McRavitt und das in der Nähe gegen
Romantichen - Einfälle errichtete Fort San Saba ; Fort Phantom Hill, 1862 von den Romantichen - Indianern er: obert, die bei der Erſtürmung die ganze Beſaß.ng nieder machten ; Camp Cooper, Fort Belfnap und Fort Richardſon
bei Jadsborough, alle drei nicht ſehr weit von Fort Griffin belegen. Durch die Verlegung der tezaniſchen Indianer
Reſervationen nach dem Indianer- Territorium und Ein : grenzung der Indianer auf jene Gebiete wurden die meiſten der obigen Forts und befeſtigten Lager überflüſſig. Fort Griffin , kurzweg auch Griffin genannt, iſt jeßt ein ſehr unbedeutender Drt ; ich habe ihn bloß wegen ſeiner
geſchichtlichen Vergangenheit zum Gegenſtand meiner Notiz gewählt. Derſelbe liegt eine halbe Meile weſtlich von der 49
322
Fort Griffin im nordweſtlichen Teras.
Stelle, wo die Straße, die Albany mit Henrietta verbindet, den Clear Fork of the Brazos, einen weſtlichen Zufluß des ganz Teras durchfließenden Brazosfluſſes, überſchreitet. Die Gebäude und Barraden, die einſt das Fort bildeten, liegen auf einer vorſpringenden, ſteil in die Flußebene abfallenden Höhe, die ſich langſam gegen Weſten abdacht.
Red River.
Von 1876 an wurde die Büffeljagd in dors
Füßen eine Sonnenuhr und eine tiefe Ziſterne. Eine
tiger Gegend im Großen betrieben, und bis alle Büffel getötet oder verſprengt waren, dauerte es gerade drei und ein halbes Jahr. Die Wagenzüge, welche in dieſer Periode mit den Häuten der erlegten Büffel nach Fort Griffin zurüdkehrten, um dieſe dort zu verkaufen, ſollen unabſeh bar lang geweſen ſein. Ein Marketender, namens Conrad, der die meiſten dieſer Häute ungegerbt einkaufte, ſoll das
Krümmung der Straße führt von hier nach dem Haupts
Blei für die Kugeln nicht etwa zentnerweiſe, ſondern nach
teil des Ortes, dem etwa 130 Fuß tiefer gelegenen Griffin , das aus etwa 30 Häuſern, die Farmen der nächſten Um gebung mitgezählt, beſteht. Von Brunnen eriſtieren in
Wagenladungen beſtellt haben. Von den getöteten Tieren nahm man bloß die Haut und die Zunge und lies den Reſt auf der Prärie vermodern. Der Mittelpreis der
dieſem trođenen , kahlen Land bloß Ziehbrunnen, in denen
in Griffin gekauften Häute war 1 Dollar; ſehr große
das Waſſer 30 bis 40 Fuß unter der Oberfläche ſteht.
Häute brachten bis zu 1 /4-1 /2 Dollar und ſie wurden weiter verkauft nach Fort Worth, Dallas und Sherman, lauter nordteraniſche Städte. Büffelzungen galten durch ſchnittlich bloß 25 Cents. Der Winter iſt die beſte Jahres: zeit für dieſe Jagd, und es waren alsdann durchſchnittlid ) 1500 Mann im Feld, während hundert bis zweihundert in Fort Griffin mit der Zubereitung und Verpadung der Felle beſchäftigt waren. Scenfen, liederliche Häuſer und Spielhäuſer waren in Menge da ; Geld kurſierte flott, ein Glas Whiskey foſtete 50 Cents , Zigarren 25 Cents das Stück, von der Sorte , die man jekt für 5 Cents fauft. Schießaffairen waren an der Tagesordnung und einmal koſtete ein Streit, der durch Revolverſchüſſe ausgefochten
In der Mitte ſteht noch der hohe Flaggenmaſt, zu deſſen
Der Clear Fork iſt die meiſte Zeit des Jahres faſt waſſer los, außer an den tiefen Stellen , wo das Waſſer ſidy ſtagnierend anſammelt. Nur in der Nähe von Waſſer runſen iſt die Vegetation von einiger Bedeutung, nament lich bedeckt der Mesquiteſtrauch viele Strecken in den Niederungen und die Cactusſtauden finden ſich auch häufi ger in den niedrigeren Gegenden als auf der waſjerloſen
Hochebene, wo felbſt die Bäume verkrüppelte Formen an: nehmen. Am Horizont ſind flache, niedrige, mit Geſtrüpp beſeßte Hügelzüge ſichtbar. Im übrigen iſt die Phyſio gnomie des Landes ganz dieſelbe, wie ich ſie ſchon in einer früheren Nummer dieſer Zeitſchrift ( 1885, Seite 301 ) ge ſchildert habe. Das Land iſt mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau geeignet und von Jagdtieren ſind bloß Haſen, Antilopen und Füdiſe, an einigen Stellen auch Rehe, von einiger Bedeutung. Auf der Südweſtſeite des Dorfes iſt eine Kolonie" von Präriehunden ; zwiſchen Fort Griffin
und dem 16 e. Min . ſüdweſtlich gelegenen Albany iſt auch nicht ein einziges Haus ſichtbar. Ebenſo ſchwach ſind auch die übrigen Teile des nordweſtlichen Teras be
wurde, ſechs Männern das Leben .
Die rückſichtsloſe Ausrottung von Jagdtieren des
augenblidlichen Gewinnes halber iſt in Amerika nichts Ungewöhnliches und läßt ſich ganz dem ſorgloſen Nieder: brennen der dyönſten Nußwälder im Weſten an die Seite jeßen. In Teras gibt es jeßt keine Büffel mehr, und von
da nördlich bis Montana, wo noch einige Herden eriſtieren ,
nordöſtlich bis über den Red River hinauserſtreďt. Die meiſten Erpeditionen zur Bekämpfung der wilden Indianer (Komantſchen, Kayowes, Apachen ) ſind ſeit Schluß
ſind ſie ebenfalls ſyſtematiſch ausgerottet worden. In Kanſas wurden ſie ebenſo mutwillig niedergeſchoſſen wie in Teras. Es geht eben jeßt durch die Zeitungen die Notiz, daß einige Viehzüchter im ſüdweſtlichen Ranjas und Teras ſich auf die Büffelzucht verlegen, und daß am Nord arme des Canadian River, in den Stafed Plains, bereits
des Bürgerkrieges von Fort Griffin aus abgeſandt worden.
4000 Büffel angekauft worden ſeien und von ,, Cowboys"
Gefechte fanden an vielen Punkten in der Nähe ſtatt; ſo
gehütet werden, worauf der Preis der Felle geſtiegen ſei und das Fleiſch jeßt zu 12/2 Cents per Pfund verkauft werde.
ſiedelt.
Der Ort liegt in der Mitte eines breiten Gürtels
der Kohlenformation, der ſich von Fort Phantom Hill
am Hubbard Creek, einem ſüdweſtlich und ſüdlich vom Fort Griffin ſich hinziehenden, meiſt waſſerloſen Bache. Die zahlreichen Truppen , Kundſchafter (scouts), der Waren und Perſonenverkehr nach dem öſtlichen Teras, Kontrakt: lieferungen u. ſ. w. brachten viel Geld und Geſchäftsleute
Die Frandlyn Land- and CattiesCompany ſoll 50 Dollars für Büffelkälber und 75 Dollars für ausgewachſene Tiere bezahlen, und gedenkt die angekauften Büffel auf einen beſonderen Weidegrund zu bringen. Wir ſind begierig zu
ins Land, und Fort Griffin hob ſich zuſehends. Audy
hören, ob ſich die Büffel ſo geduldig auf Weiden , mit
Karawanen von Büffeljägern machten den Ort zu ihrem
Drahtzäunen umgeben, werden einſperren laſſen und was überhaupt bei dem ganzen Erperiment herauskommen wird. Kurz nachdem die Büffeljagden ihr Ende erreidyt
Sammel- und Ausgangspunkt für die Jagd auf die zahl reichen Heerden , die ſich noch auf den Staked Plains und ſüdlich davon vorfanden. Weiter ſüdlich als der Concho fluß, ein Nebenfluß des Colorado, unter 31 ° 30 ' n. Br.
hatten, zog die Bundesregierung audy das Militär von
ſollen die Büffel niemals geſchweift haben, und Fort Griffin
Fort Griffin zurück ( 1881) und ſandte dasſelbe nach Fort Davis jenſeit des Rio Pecos. Die leßten Konflikte mit
liegt gerade in der Mitte zwiſden dieſem Fluß und dem
den Komantſchen hatten ums Jahr 1877 ſtattgefunden
Das Becken des Drinoco .
3:23
Die Entdeckung der Aufgabe. geographiſche Quellen des Drinoco iſt noch eine
und es war keine Ruheſtörung mehr zu befürchten. In dem Grade wie die Gedäfte dlaffer wurden , wanderte aud) die Bevölkerung anderswo hin und ließ ſid) großen
eine unglaublide Menge bilden.
teils in Albany nieder, das zum Sit der County :Behörden
find durch die Feindſeligkeiten der Guaharibos- Indianer, zahlreicher, wilder Völkerſdjaften von angeblichen Menſdyen frefjern, zur Umkehr gezivungen worden.
gewählt, durch eine Eiſenbahn mit Cisco , einer Station
an der Teras- und Pazifit-Bahn , in Verbindung geſekt wurde. Seitdem iſt es in Fort Griffin ziemlich ſtill ge worden , die Gebäude des Forts fangen an zu verfallen
und die Drähte der aufgegebenen Telephonlinie nadh Al bany, der einzigen bedeutenden Ortſdaft in Shackleford County , hängen ſchlaff von ihrem Pfoſten herunter.
Einen beſonderen Anziehungspunkt für den Ort bil deten lange die in der Nähe niedergelaſſenen Tónfawes
Die Reiſenden, welche bis dorthin vorzudringen verſuchten ,
Wenn die Quelle des Drinoco noch unbekannt iſt, 10
iſt ſein Lauf dagegen ziemlich bekannt, und jene unermeß
liche Region, die er berväſſert, bietet dem Reiſenden auf jedem Schritte neue leberraſdungen und Entdeckungen . Im erſten Teile meiner Reiſe habe ich das Delta des Drinoco beſudyt, welches zwiſchen dem 9. und 10.0 n . Br. und dem 63. und 65.0 w . L. von Paris liegt.
Dieſer
Indianer, welche nebſt einigen zwanzig Lipans bei den
Strom ergießt ſeine Gewäſſer in den Atlantiſdhen Ozean
Truppen als Kundſchafter dienten . Der Hauptſitz der Lipan -Apaden ſind die Santa Roſa - Gebirge im Coahuila,
durd zwölf Hauptmündungen, von denen nur zwei kaum
Merico, unweit des Rio Grande ; und obwohl die Tón : kawe in hiſtoriſcher Zeit ſtets in Teras gewohnt, deuten
bekannt ſind : die Boca Macareo, welche durch die zwiſchen Trinidad und Ciudad Bolivar verkehrenden Dampfboote be: fahren wird, und die Boca del Drinoco o de Navios, die
dodh ihre Ueberlieferungen auf einen früheren Aufenthalt
Durchfahrt der aus Europa oder Nordamerika kommenden
in Merico oder dod am Rio Grande ( Unterlauf) hin. Da die Regierung für dieſe zwei kleinen Stämme nidyt länger einen eigenen Agenten halten und bezahlen wollte, ſo wurden die 78 Tónkawe und 19 Lipans am 9. Oktober
Segel- und Dampfſchiffe. Ueber dieſe beiden Mündungen
1884 nach der Jowa-Reſervation im Indianer-Territorium ſpediert, wobei ſie den größten Teil des Weges mit der Eiſenbahn über Fort Worth und Deniſon zurüdlegten. Die Ueberſiedelung fand innerhalb zehn Tagen und mit
einem Koſtenaufwand von ungefähr 2800 Dollars ſtatt.
eriſtiert noch nicht einmal irgendeine genaue Karte. Das Fahr: waſſer iſt nur einigen Lootſen bekannt, und der Fall er: eignet ſich häufig, daß Schiffe auf den Bänken von Treib
ſand auflaufen, mehrere Tage braudien , um wieder los zu kommen und ſich noch glüdlich ſchäßen müſſen, wenn ſie nicht genötigt ſind, behufs ihrer Entlaſtung ihre La dungen über Bord zu werfen . Die Boca de Macareo war diejenige, welche id) zu beſuchen wünſchte. Ich madjte mir die Gelegenheit einer Dampfyadit zu Nußen und ließ mich mit zwei Führern und einem Dolmetſcher beim Canio Rico ausſchiffen , wo
Das Beken des Orinoco.
ſich ein Stamm der Guaraunen - Indianer befindet. Als
Nach J. Chaffanion.
idh deren über den Wald zerſtreute Hütten erreichte, fand id ſie alle leer, denn die Bewohner waren geflohen und
Der Orinoco iſt einer der größten Ströme Südamerika's ; ſein Lauf hat eine Länge von ungefähr 2500 Km.; das Becken, welches er bewäſſert, nimmt einen Flächenraum von etwa einer Million Quadrat-Kilometer oder mehr als
den Flächenraum von ganz Frankreich ein . Der Strom, im Tropengebiet gelegen , bietet je nach den Jahreszeiten zweierlei ſehr verſchiedene Anblicke bar.
hatten ihre ganze Habe mitgenommen. Nur ein zurüd gebliebener alter Häuptling kam uns, nicht ohne Miß trauen, entgegen . Da er aber nach kurzer Zeit unſere friedlichen Abſidyten eingeſehen und begriffen hatte, ſo verließ er uns und begab ſich in den Wald, und bald
bezog der ganze Stamm wieder ſeine Hütten.
Während der trockenen Jahreszeit, vom November
Zum erſtenmal befand ich mich halbwilden Indianern gegenüber und empfand eine wahre Regung von Mitleid ;
bis zum Mai, wediſelt ſeine Breite auf einem großen Teil
ich hielt dieſe Weſen für unglücklich, aber ich täuſchte mich,
ſeines Laufes zwiſchen 1400 und 3000 m .; während der
denn ſie ſind nach ihrer Art glüdlid). Ohne Wunſch und ohne Bedürfniſſe, ziehen ſie ihr Loos dem unſerigen vor, und es iſt beinahe unmöglich, ſie zur Annahme unſerer Lebensweiſe zu bewegen. Sie gehen nadt und ihr einziges Kleidungsſtück iſt der einfache Buja, den man auch mit dem Namen Kalimbe oder Guyaro bezeichnet. Dieſer am Gürtel angebundene Buja iſt aus einem durch Tauſch handel erivorbenen Stüd Zeug oder aus Palmblattfaſern geflochten. Dem weißen Mann gegenüber drapiert ſich
Regenzeit, vom Juni bis zum Oktober, ſteigen ſeine Ge wäſſer um etwa 8 m, und ſein Bett nimmt dann eine
bedeutende Breite an, ſo daß der Waſſerſpiegel von Ufer zu Ufer mehrere Meilen breit iſt. Zu dieſer Jahreszeit wird die Schifffahrt durch die große Menge entwurzelter Baumſtämme, welche die Strömung bis in das Delta mit führt, wo dieſelben große Anhäufungen bilden, ſchwierig und gefährlich gemacht.
Der Grund dieſes ungeheuren Waſſerlaufes beſteht im allgemeinen aus Bänken von beweglichem Sand, welche
der rote Mann in ein langes Stück blauen Zeug, und das Weib trägt ein langes Hemd ohne Aermel.
Das Beden der Orinoco.
324
Die Phyſiognomie dieſer Indianer iſt gewöhnlich, aber
Provinz Caura den Lauf des Drinoco und wir wandten
nicht dumm ; ihre Haut iſt ein dunkles Gelb, der Kopf etwas breiter als hoc ); die Augen ſtehen nahe beiſammen,
uns den Indianern des Innern zu. Ich beſuchte San
beſonders bei den Kindern, und erinnern an die aſiatiſchen Raſſen . Ihr reiches, dichtes Haar iſt ſdwarz, ſtraff und
Maron- oder Buſchnegern, welche aus der Sklaverei ent laufen und zu den Indianerſtämmen geflohen waren . Sie
glatt ; ſie ſchneiden es hinten in der Höhe des Nadens ab und laſſen es vorn bis auf die Wimpern herabfallen. Die Weiber tragen das Haar hinten länger. Dieſe kräftig gebauten , unterſekten , muskulöſen Indianer von kleiner Statur ſcheinen ſich einer trefflichen Geſundheit zu er : freuen und verbringen ihr Leben mit Fiſdfang und Jagd ;
ſind ziviliſiert, aber leibarm , klein, (dwächlich und fränklich und erinnern entfernt nicht an die kräftigen Neger von
Iſidro, Maripao und Aripao, lauter Dörfer von ſogen.
den Antillen und vom Kongo. Zu El Bueco fand ich in elenden Ranchos oder Hütten Panares-Indianer, klein, unterfekt, mit tieriſchem Geſichtsausdrud, ſehr mißtrauiſche und ſdheue Wilde, welche bei der Annäherung des Fremd lings floben und ſogar ihre Hütten auf Nimmerwiederſehen
fie verfertigen Hängematten, fangen Affen in Schlingen und Vögel, welche ſie nach Trinidad gegen Tafia, Zeuge
verließen. In San Pedro leben die Areguas oder Ari
und Werkzeuge austauſchen . Während der paar Tage, welche ich unter ihnen zu
guas, die ſo ſchön ſind, wie die Guerigueripas ; ihre Weiber ordnen ihr Haar mit einem gewiſſen Geſchmad und tragen
bradite, konnte ich ſehr gut ihre Sitten ſtudieren und mir
alle den Guayuco und das lange Hemd.
von ihrer Lebensweiſe Rechenſchaft geben . Das Delta iſt mit ungeheuren undurchdringlichen
Wäldern bedect, welche ſich längs dem ganzen Laufe des Drinoco auf mehrere Meilen vom Ufer fortſeßen. Der ,,Bolivar" gewährte mir eine Paſſage bis nach Barran: cas und ich fam am 25. Januar in Ciudad Bolivar an. Von hier an beginnt der zweite und wichtigſte Teil meiner Reiſe. Der General Bermudez Grau, Gouverneur des Staates Guayana, verſchaffte mir einen Führer und ich inachte mich mit meinen Leuten auf den Weg nach dem oberen Drinoco. Um mir von dem hydrographiſchen und
orographiſchen Syſtem des Bedens Rechenſchaft zu geben,
Da ich von meinen Führern erfahren hatte , daß
weiter im Süden ſehr merkwürdige Indianer, die ſogen . Guagnungomos oder Guayncomos wohnen , beſchloß ich,
dieſe aufzuſudzen, und organiſierte ſogleich eine Expedition. Mit zwei Ariguas - Indianern und den nötigen Vorräten an Lebensmitteln und Waren zum Tauſch und zu Ge ſchenken ſchlug ich den Weg nach Braſilien ein ; unter wegs ſah ich zahlreiche verlaſſene Indianer-Dörfer, von
denen einige früher bedeutend geweſen ſein müſſen, ž. B. Urbany, wo ſich ſpaniſche Miſſionare niedergelaſſen hatten. Der beſte Weg, den ich verfolgen konnte, war dem Caura entlang, einem der größten Zuflüſſe des Drinoco auf dem
ſeßte ich meine Reiſe auf jeder Seite des Fluſſes von 30 bis 40 Km , weit bis an den Fuß der Berge fort. Den Orinoco hinauffahrend, beſuchte ich Almacen, Borbon, Moïtaco, La Piedra, Santa Cruz, Mapire, Las Bonitas, Caïcara, Cachivero 2c., lauter ziviliſierte venezueliſche Städt
rechten Ufer.
chen , worin Sitten und Lebensweiſe der Bewohner nicht minder merkwürdig und intereſſant ſind, als diejenigen der Indianer. Ih ſah auch einige Pueblos in den Gebirgen Camurica , Hamac , Mereille , Ponguri und Dörfer der Guerigueripas- oder Guiriguiripas- Indianer. Dieſe unter:
nur möglich mittelſt kleiner Kähne, welche leicht auf den Schultern getragen werden können und teils in Ein bäumen (Curiaras, Korialen, aus einem einzigen Baum ſtamm ausgehöhlten Kähnen), teils in nur aus Baumrinde verfertigten Piroguen beſtehen ; dieſe ſind das einzige Bez
cheiden ſich wenig von den Guaraunen, ſind von mitt:
förderungsmittel. Den Mühſalen einer ſolchen Fahrt zog ich lieber die Reiſe zu Lande, durch die unabſehbaren,
lerem Wuchs und hübſcherer Bildung ; die Weiber find
Dieſer Fluß iſt breit und tief, allein die
Schifffahrt darauf ſchwierig wegen der vielen Randales
(Stromſchnellen oder Engen, wo das Fahrwaſſer von großen Steinblöden verſperrt iſt) und der ſehr hohen Waſſerfälle, die man auf demſelben trifft.
Die Schifffahrt iſt daher
klein, mit angenehmen, ſogar hübſchen Zügen, ſehr wohl gebildeten Füßen und Händen, hauptſächlich bei den jungen
beinahe baumloſen Savannen vor.
Mädchen von 12—15 Jahren ; zu meinem Erſtaunen be merkte ich aber, daß alle, ſogar die jungen Leute, ſchlechte Zähne hatten. Auf der Fahrt von Bolivar nach Caicara entdeckte ich an vier verſchiedenen Orten indianiſche Denkmäler, nämlich 1. auf der Inſel Boca del Infierno, 2. in Cachi vero, 3. in Tiramute und 4. in Caicara. Dieſe Dent mäler beſtehen aus gewaltigen Blöcken von porphyroidem Granit und Syenit, auf welchem bizarre Zeichnungen, fantaſtiſche Tiere, Sonne, Mond 2c. eingegraben ſind. Am 12. März, wo ich mich in Caicara befand, ver : ließ ich infolge der Aufforderung des Gouverneurs der
möglich. Ich ſtudierte der Reihe nach die Inaos, von kleinem Wuchs und beinahe bradycephalem Schädel, und
Landreiſen in dieſer Region find allein , zu Pferde
die etwas größeren Arobatos mit maſſigem dolicho -bradyy: cephalem aber an in einem Da
Kopf. Die Inaos ſind Nomaden, die Arobatos den Ufern des Caura bei dem Salto del Para Dorfe namens Cachara anſäſſig. meine Ariguas- Begleiter den Weg nicht weiter
kannten, mußte ich mir einen Führer ſuchen. Ade India: ner dieſer Region ſind mißtrauiſch und tragen kein Bes denken, die Reiſenden zu ermorden, welche ſie mißhandeln oder ihnen ihren Willen aufdrängen wollen ; erſt wenige
Monate zuvor waren in der Nähe von Cachara zwei
Das Becken des Drinoco .
engliſche Kaufleute und ihre ſechs Ruderer meuchlings er: ſchlagen worden. Ich wandte Sanftmut an, und Dank einigen Geſchenken, welche ich dem Häuptling meiner Be: gleiter bringen ließ, wurde ich gaſtfreundlich aufgenommen . Nach der anſcheinend aufrichtigen Aufnahme trat ich mit dem Häuptling in Unterhandlung um einen Führer, da
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Bedeuten, er kenne die Menſchen meiner Farbe ſehr gut und habe viele in derſelben dem großen Dorfe Demerari geſehen.
Noch am ſelben Tage machten wir uns auf den Weg nach Chanaro und Caranacuna. Jn Chanaro ſah id nur einige ſeit kurzem verlaſſene Hütten , in Caranacuna nur
ich ſchon am anderen Morgen aufzubrechen wünſchte.
etwa fünfzehn Hütten, welche das ganze Dorf bildeten.
Noch an demſelben Abend bereitete man in der Hütte des Häuptlings den Carato , d. i. jenes gegohrene Getränke, welches mit gekautem Mehl von Yucca oder Maniok, mit Zuderrohr-Saft und etwas Waſſer bereitet
Dieſe Indianer waren ganz denjenigen ähnlich, welche id
wird. Ueber Nacht trat die Gährung ein und am anderen
Guayuco aus den Faſern der Corroba -Palme und ein
weiter unten geſehen , hatten dieſelben anthropologiſchen Charaktere und unterſchieden ſich von jenen nur durch
ihre Sitten und Lebensweiſe. Alle giengen nadt ; ein
Morgen verſammelten ſich alle Indianer in feſtlichem Puß,
aus Haaren geflochtener Gürtel bildeten die Kleidung der
d. h. den Körper mit Drleans bemalt , mit Pfeil und
einen , andere hatten durchaus nichts als Sierraten in den Naſenlöchern oder Dhren oder ein Halsband aus Perlen und Tierzähnen und eine aus einem Palmblatt gefloch
Bogen bewaffnet, ihre Weiber hinter ihnen, um unſere Hütte und erwarteten nur das Zeichen . In einem ge gebenen Augenblick machen die Marađen und der Pitto einen betäubenden Lärm ; die Weiber faſſen ſich um die Hüfte und beginnen zu vieren zu tanzen ; die Männer miſchen ſich darein, in der einen Hand den Bogen, in der anderen den Pfeil haltend. Nach mindeſtens einſtündigem, groteskem Herumſpringen kehren alle Männer den Weibern den Rüden, machen Halt und ſchießen ſämtlich ihre Pfeile
tene Krone. Dank den Geſchenken, die ich ihnen machte, ward ich übrigens gut aufgenommen, und um eine Flaſde Tafia erhielt ich von dem Häuptling das Verſprechen, daß er am Abend ein Feſt geben wolle, wobei ich die Tänzer mit Feuerwaſſer zu bewirten verſprach.
Am anderen Morgen wollte ich abreiſen, allein mein
in einer Richtung ab ; alsbald faſſen vier Weiber die
leßter Führer war ſchon ſeit dem vorigen Morgen, ſeit unſerer Ankunft in Caranacuna , verſchwunden. Id
Canoa (den ausgehöhlten Baumſtamm, worin fich der
wartete den ganzen Tag auf ihn, in der Hoffnung, er
Carato befindet) und tragen ihn hinaus unter einen Baum.
werde bald wieder kommen.
Der Tanz beginnt wieder, aber diesmal nehmen nur die Frauen daran teil, die Männer hoden um die Canoa
Tage noch nicht zurückgekehrt war, nahm ich den Weg
herum und ſingen und trinken. Der Häuptling ließ mich an ſeiner Seite niederſißen , tauchte ſeine Kalebaſſe in die Flüſſigkeit, trank fie zur Hälfte aus und reichte mir den ich der die
Reſt. Eingedenk der Bereitung des Getränkes mußte meinen Widerwillen niederkämpfen und den Inhalt Totuma hinunterſchlucken . Das Gelage dauerte fort ; Weiber famen herzu und erhielten ebenfalls ihren
Teil, worauf fie von neuem zu tanzen begannen. Nach etwa zwei Stunden war die Canoa leer und die Mehr
Da er aber am anderen
nach Süden und bog etwas ſchräg nach Weſten ab, um Skelette von Guagnungomos- Indianern aufzuſuchen, welde der Arobato namens Kuafajir einige Monate zuvor hatte
begraben ſehen. Nach einigem Suchen befand id) mich ſechs Grabhügeln gegenüber. Ich ſtellte alsbald meine beiden Ariguas als Schildwachen aus ; das Verſchwinden meines Führers flößte mir einigen Argwohn ein, und id) ließ mir von Kuafajir beim Graben helfen. Id hatte ſchon ein Skelett gefunden und ſchickte mich an, ein an:
Getränke und dem Geſang.
deres Grab zu öffnen, als plößlich ein Hagel von Pfeilen um uns herum niederfiel ; mein Indianer wurde getroffen und ſtürzte wie niedergeſchmettert zu Boden mit einer
Id verließ das Dorf mit meinem neuen Führer, und am folgenden Tage gelangten wir nach Achagua. Hier beobachtete ich dasſelbe Verfahren wie bei den Arobatos. Ich war nun bei den Guagnungomos, und da dieſe mit den ſchon etwas ziviliſierten Indianern in Berührung
Wunde von einem vergifteten Pfeil, welche er am Halſe neben dem linken Schlüſſelbein bekommen hatte. Als id) mich aufrichtete, gewahrte ich etwa zwanzig Schritt von mir meinen entlaufenen Führer, der ſich an die Spiße von nomadiſchen Indianern geſtellt und, um mich meiner
waren, ſo hatten ſie ſchon einen Teil ihrer Lebensweiſe
Habſeligkeiten zu berauben, kein beſſeres Mittel gefunden
geändert und ſich in einem Dorfe feſtgefeßt; ſie ſtehen mit den noch wilden Guagnungomos nur in geringer und
hatte, als mich meuchlings zu erſchlagen. Zum Glück war mir meine Büchſe zur Hand ; ich konnte noch einem
ſeltener Verbindung. Auch ihre Sprache iſt verſchieden
neuen Pfeil ausweichen, den er mir zuſandte, und ihm eine Kugel durd, den Leib jagen, an welcher er im Feuer
zahl der Tanzenden lag am Boden, berauſcht von dem
und meine Führer hatten große Mühe, ſid) verſtändlid zu machen ; glücklicherweiſe verſtand der eine von ihnen
etwas Spaniſch und ich vermochte ihm ziemlich leicht be greiflich zu machen , daß ich die Guagnungomos des Ge birges kennen lernen und einen Führer ſeines Stammes bekommen möchte. Er bot ſogleich, ſich ſelbſt an , mit dem Ausland 1886 , Nr 17 .
zuſammenſtürzte, worauf ſeine Gefährten wie durch Zauber ſchlag verſchwanden und ich mich allein zwei Leiden gegen : über befand.
Mein Pferd war davongeführt, meine Sdildwachen
verſchwunden, ich war in einen Hinterhalt gefallen. Einige 50
326
Eine lappiſche Schule.
Augenblicke ſpäter, inmitten trauriger Reflerionen, die ſich mir ganz natürlich aufdrängten , und in dem Momente, wo ich eben an meinem Schickſal zu verzweifeln begann,
am Orinoco, wo ich, um den Reſt der ſchönen Jahreszeit zu benüßen, ſogleich nach dem Meta aufbrady, dem Zufluß des Orinoco vom linken Ufer, und zwar in Geſellſchaft
hörte ich die Stimme eines meiner Ariguas, der ebenfalls
des Generals Dublion, des Inſpektors der Territorien.
nur mit knapper Not dem Tod entgangen und, als er ſeinen
Jd beſuchte der Reibe nach Cabruta, Capuchino, zwei früher bedeutende und heutzutage beinahe verlaſſene Dörfer, die von Raimanen wimmelnden Mündungen des Apure, die Sandſtrecken von Manteca und Buena Viſta , wo id; Zeuge der Bereitung des Dels aus den Schildkröteneiern war, und endlich La Urbana, das leßte Dorf am Orinoco,
Stammesgenoſſen zu Pferde hatte fliehen und ſich von Pfeilen verfolgt geſehen, umgekehrt war, meht um ſich unter den Schuß meiner Waffen zu ſtellen, als um mich
zu retten. Er zog mich in einen Morichal (Sumpf), ivo wir von vier Uhr Nachmittags bis zur tiefen Nacht, um ſieben Uhr,, verſteckt blieben -- drei Stunden voller Todes:
angſt. Die Indianer, mindeſtens 30 Mann ſtark, ahnten wohl, daß wir in dem hohen Graſe ſtedten und ſchwärmten
um den Sumpf herum, wagten ſich aber nicht nahe heran. Als die Nacyt niederſank, verſchwanden ſie alle und mein
Indianer zog mich von neuem fort. Der Aufenthalt im Waſſer hatte mid ganz erſtarrt, die Zähne klapperten mir. Furcht oder Selbſterhaltungstrieb belebte mich wieder, und barfuß, den Schädel unterm Arme, der mich beinahe das Leben gekoſtet hatte, wanderte ich die ganze Nacht, ohne an etwas zu denken, ſah überall neue Geſpenſter und wähnte jeden Augenblick Pfeile pfeifen zu hören. Dieſe ganze Nacht der Flucht war abſdeulidy; der Tagesanbruch überraſchte uns noch auf der Flucht, wir wußten nicht,
wo wir waren. Endlich kam mir der Einfall, meinen Taſdenkompaß zu Rate zu ziehen, das einzige Inſtrument,
welches mir geblieben war: wir nahmen unſere Richtung nach Dſten, und um Mittag hatten wir den Fluß erreicht. Wir mußten um jeden Preis dieſe ungaftlichen Ge genden verlaſſen, wenn wir nicht in die Hände unſerer Feinde fallen wollten , welche uns ficher für das Leben ihres Spießgeſellen hätten ſchwer büßen laſſen. Mit Hülfe
des Arigua verfertigte ich eine Art Floß aus zwei toten Baumſtämmen und dieſem gebrechlichen Fahrzeuge vers trauten wir unſer Leben an, und fuhren, die Beine halb im Waſſer, mitten in der Strömung den Fluß hinab.
Am anderen Abend befanden wir uns in Achagua, dem Dorfe der Arobatos, gegenüber. Man brachte uns ge röſteten Fijd, der uns trefflich mundete, obwohl er ſchon etwas in Fäulnis übergegangen war ; denn ſeit Carana cuna hatten wir nidts als Waſſer über die Lippen ge bracht.
Hier kaufte ich einen Korial und konnte nun, forthin
vollſtändig geſichert, meine Reiſe fortſeßen. Am Waſſers fall des Para, wo der Caura einen Sturz von etwa 20 m .
tvo man noch Weiße antrifft.
Ich beſuchte auf dieſem Teil meiner Reiſe die arm ſeligen , unreinen und ſtumpfſinnigen Guamos-Indianer, welche wenig zahlreich ſind und ein unſtetes Wanderleben führen ; ferner die einſt mächtigen und zahlreichen Yaruros, welche nun den Guamos ähnlich und vielleicht noch arm
ſeliger ſind, denn ihr Körper iſt voll bläulider Flecken , infolge einer Krankheit, die man Carate nennt. Sie leben wie die wilden Tiere, haben keine Hütten, thun ſich an jedem beliebigen Ort auf den nadten Erdboden nieder, ohne alle Vorkehrung gegen Raubtiere und Reptilien, wo
her es kommen ſoll, daß häufig Nachts ein Jaguar einen von ihnen hinwegträgt. Ihren Unterhalt bilden vorzugs weiſe Fiſche, und der Fiſchfang iſt ihre einzige Beſchäfti gung. Am Rio Parguaſje ſah ich auch die Mapoyos: Indianer, welche kräftiger und wilder ſind als die übrigen ; ich konnte jedoch leicht mit ihnen verkehren und eine Menge Nachrichten über ihre Lebensweiſe von ihnen erlangen. Als ich die Mündung des Meta, des großen Zufluſſes des Drinoco auf dem linken Ufer, erreichte, hörten die Oſtwinde
plößlich auf; da id) nun die Strömung nicht hinanfahren fonnte, welche durch das Anſchwellen des Fluſſes von Tag zu Tag ſtärker wurde, und es vermeiden wollte, mich vom
Anfang der Regenzeit auf dem Strome überraſchen zlı laſſen , fo traf ich meine Vorkehrungen, um nach Bolivar hinunterzufahren , wo ich am 7. Mai eintraf. Von hier nahm mich das Dampfſchiff „ Bolivar“ mit nach Trinidad, Meine Reiſe wurde glüdlich, ohne Unfall, beendet, und zu : frieden mit den Entdeckungen und Beobachtungen, welche ich gemacht hatte, kehrte id nach Frankreich zurück, nadı: dem id 28 Kiſten voll anthropologiſcher, ethnologiſcher und naturwiſſenſchaftlicher Sammlungen an das Mini ſterium des öffentlichen Unterrichts in Paris abgeſandt hatte, und brachte eine Menge geographiſcher Notizen über (G. g.)
das Becken des Drinoco mit.
bildet, mußte ich unter Beihülfe meines Ruderers den
Kahn eine Strecke von ungefähr 2 Km. weit bis unter den Waſſerſturz hinuntertragen .
Endlid traf ich bei dem
Naudal del Temblador die kleine Schaar Bewaffneter, welche mein Freund, der General Gonzales Jil , Gouverneur
Eine lappiſde Scule. Von Joſef Rorenofy.
von Caura, ausgeſchickt hatte, um mich aufzuſuchen, ge
führt von Jarajara, dem Arigua-Indianer, welcher auf
Wer es unternehmen wollte, mit mir einer lappiſden
meinem Pferde entkommen war. In wenigen Tagen war ich wieder zurück in Cairaca
Schule einen Beſuch abzuſtatten , der mache ſich gefaßt auf eine Reiſe zum nördlichen Polarkreiſe. Wir begeben
Eine lappiſche Schule.
uns dahin von Lulei ( ſprich Luleo) aus, welches Städt den auf der Karte unter dem 66. Grade nördlicher Breite
an der Oſtfüſte Schwedens und an der Mündung des gleichnamigen Fluſjes zu finden iſt. Das ä ( ſprich 6) in dem Worte Luleå bedeutet, ebenſo wie in Island das á, einen Fluß.
Der Luleelf iſt ein mächtiger, etwa 400 Km. langer Strom , der, wie alle Flüſſe Sdwedens, raſch fein Ge: wäſſer dem Bothniſchen Balte zuführt und während ſeines
Laufes zahlreidhe Kaskaden , Schnellen und Wirbel bildet. Die beſagte Eigenſchaft der ſchwediſchen Flüſſe läßt ſich daraus erklären , daß das Feſtland der ſkandinaviſchen Halbinſel von der norwegiſchen Grenze gegen das Baltijde
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chen mit. „ Björknäver“ wird nie durch und durch naß und wird daher anſtatt des teuren Judytenleders verwens
det. Am ſchlimmſten fommen dabei freilich die Birken weg, denen die Rinde ohne Gnade und Barmherzigkeit bei lebendigem Leibe abgeſchunden wird. Zeitweilig boten ſich die Einheimiſchen gegenſeitig Brot und Käſe oder auch die Tabaksdoſe an. Der Schnupf: tabak wurde aber nicht der Naſe, ſondern dem Munde
zugeführt. Eine auf dieſe Art genommene Priſe ſchien ihnen einen ſolchen Hochgenuß zu gewähren, als hätten ſie die feinſte Chokolade zu fidh genommen . An den Ufern des Luleelf befinden ſich meiſtens Wieſen. In den ſehr häufig vorkommenden kleinen Bau
Meer hin allmählid ſich ſenkt, wogegen das aus Urgebir:
den und Blodhäuſern wird das Heu geſammelt und für
gen beſtehende Ufer Norwegens ſchroff und in beträcht
den langen Winter aufgehoben. Hie und da ſieht man aud, cin ,, Häßja “ (ſprich Heſcha ), d. i. ein aus Balken und Stangen errichtetes Geſtell, auf welchem das abgemähte Gras beſſer trocknet, als auf dem feuchten Boden des
lidher Höhe über die Fläche des Atlantiſchen Djeans
emporragt, ſo daß der ſkandinaviſche Kontinent (wie Budy
ſagt) einer von Dſten gegen Weſten ſich wälzenden Welle gleidt, die in demſelben Momente erſtarrte, als ſie ihren höchſten Gipfelpunkt erreicht hatte.
Während der warmen Sommerszeit verkehrt auf dem
Angers. So wie man auf den Ufern faſt nur Heuböben zu ſehen bekommt, ſo gibt es auf dem Fluſſe wieder nur Holz,
Luleelf täglich der Dampfer „ Aros“. Stattlich wie dieſes
das weit her aus den waldreichen Gegenden geſchwemmt
Schiff iſt auch ſein Kapitän.
wird.
Noch nie ſah ich eine rü:
ſtigere Geſtalt, als eben den Kapitän des ,,Aros" , einen echten Nachkommen der nordiſchen Rieſen . Stellt er ſidy auf die Schiffsbrücke, ſo glaubt man ſicher, ,, Aros " habe nun einen Schornſtein mehr. Einmal, als der Kapitän auf der Schiffsbrücke ſeines zweiräderigen Dampfroſſes ſtand und zu beiden Seiten auf dem Fluſſe zwei Nachen erblicte, bemerkte er (derzend : ,, Die könnten mir gut als Squhe dienen."
Aber auch ,, Aros" paßt gut zu ſeinem Kapitän. Wie mir geſagt wurde, famen beide, das Fahrzeug und ſein
Nur mit Mühe und größter Vorſidyt bricht fidy
das Schiff durch die dwimmenden Stämme ſeine Bahn. Jeden Augenblick kommen wir an einer einträglichen Lachsfalle vorbei. Jährlich werden da Tauſende von
Lachſen gefangen. Kalter Lachs wird in Schweden wie das tägliche Brot gegeſſen . Auch ich aß davon mehrmals des Tages um ein paar Dere ( 1 Krone = 100 Dere = ca. 1 Reichsmark).
Nad) freiſtündiger Fahrt auf dem ,,Aros" befinden wir uns in der Nähe brauſender Stromſdynellen und ver
Führer, von Stockholm her, wo ,, Aros " zu Ausflügen auf dem Mälar -See benüßt wurde. Jest befinden ſich
laſſen deshalb das Schiff, um einen zweiräderigen Karren zu beſteigen. Ein vorgeſpanntes, wohlgenährtes Pferd bringt uns im Galopp zu einem kleinen Dampfer, der
beide hier im hohen Norden. „ Aros " wurde als abge nüßtes Fahrzeug um 30,000 Kronen verkauft. Mit ihm
zu befördern.
fam auch ſein treuer Kapitän als das beſte, aber zugleich
hoch über dem Waſſerfalle unſerer harrt, um uns weiter Gegen Abend langen wir in Edefors (fors = Strom
aud, das größte Inventarſtück.
(dynelle, Waſſerfall) an, übernachten in einem einſamen,
Auch wir trafen hier von Stockholm ein und traten nun unſere Reiſe in das lappiſche Binnenland an.
früh geht's tvieder weiter.
Als wir Lulei verließen, waren unſer Wenige und unter den Wenigen noch mehr Hunde als Paſſagiere. Freilich ſah man da nur Hunde reinſter lappiſcher Raſſe, mit ſpißiger, ſchakalartiger Sdynauze, buſchigem Wedel und didytem Haar von brauner oder ſchwarzer Farbe.
Auf dem Verdecke ſaßen einige Männer und verzehr ten gemütlich ,,Kuminoſt" (gekümmelter Käſe) und ein den jüdiſchen Mazeß ähnliches Brot. Ohne ,, Knäckebröd" be gibt ſid, hier zu Lande niemand auf Reiſen. Und ſo wie
aber trokdem ſehr gut eingerichteten Hotel, und zeitlich
Abwechſelnd Schiff und Karren benüßend, durchreiſen wir die traurigen, öden Gegenden Lapplands. Unſer Ziel
iſt Jokkmokt. Auf der ganzen Fahrt wird man keiner Seele gewahr und nur ſelten dringt zu unſerem Ohre aus dem Dickicht die Stimme eines befiederten Sängers. Unſer Falbe läuft immer im Trabe, aber die hieſigen Waldwege
ſcheinen endlos zu ſein. Ungeduldig ſpähen wir in die
der Norweger auf ſeinen Wanderungen ſtets eine bunt
Ferne und ſehnen uns nach Jokkmoff, wie der verſchmad ): tende Araber in der Wüſte nach einer rettenden Daſe. Endlich erblicken wir Jokkmokk : einige Holzhütten mit
bemalte Schachtel mitführt, ebenſo nimmt auch der Nord
einem Kirchlein am Saume des Waldes.
ichwede immer ſeinen Kunt“, d. i. ein aus geflochtenem
nicht alle Häuſer bewohnt ; die meiſten ſtehen da leer mit
Holze verfertigtes und mit Birkenrinde überzogenes Schränk
verſchloſſener Thür, mit bloßen Fenſterläden anſtatt der
Zu alledem ſind
Eine Tappiſche Schule.
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Fenſter, mit Binſendeđen anſtatt der Vorhänge, die zu: weilen auch ein vorgehängter Sad vertritt. Knapp an den Häuſern wächſt üppiges Gras, die
ſdmalen Gäßchen bedeckt grüner Raſen, und auf den Fel dern ringsherum ragen aus dem ſpärlichen Getreide, aus dem
Korn oder der Gerſte, deren volle Aehren ſich zur
Erde neigen, große Granitblöcke. Nächſtens ſchon wird das Getreide geſdhnitten werden , denn ſchon zu Ende Juli wverden die Feldfrüchte eingeheimſt, falls der Sommer ivarm war .
Wehe aber, wenn das Getreide nod) unreif nach Ver: lauf dieſes Monats auf dem Felde bleiben muß. Die eintretenden Auguſtfröſte vernichten dann gar zu leicht alles, und Hunger und Elend kommen dann in's Land, wie es dort vor 19 Jahren der Fall ivar. Des Jahres 1867 erinnert ſich hier im ganzen Lande jedermann nur mit Angſt und Grauen.
Damals über
raſchte der Froſt das Land viel zu früh, und mit einem Sdylage war die ganze Ernte vernichtet. Die Folge da:
von war eine Hungerpeſt, welche unter den Leuten ( dyrecklich graſſierte, die nur durch den Tod von ihren Leiden erlöſt
wurden ; andere dagegen bereiteten ſich , ein kümmerliches Daſein friſtend, eine elende Speiſe aus Flechten und Birkenrinde, die ſie mit etwas Mehl vermengten . Das nächſte Jahr darauf verließen viele dieſer Armen das traurige Land und wanderten nach Amerika aus. Die Straße, auf welcher wir nach Jokkmokk kamen , wurde nach dieſem Elementarunglüc erbaut ; ba ſie die lappiſchen Marken mit dem bothniſchen Küſtenlande ver bindet, erleichtert ſie die Zufuhr von Lebensmitteln in das Innere Sdwedens. Die Jokkmoft'iche Ortskirche wurde don im Jahre
1606 gegründet.
Um die Kirche herum iſt eine rote
Mauer, vor der ſich ein hölzerner, ebenfalls mit roter Erde angeſtrichener Glockenthurm befindet. Der Kirchhof iſt verödet. Einige verkrümmte Föhren und Fichten, dann
zwei kleine hölzerne Kreuze bilden den einzigen Schmuck der verfallenen Gräber. Nur über einigen erheben ſich Weidenröschen (Epilobium) und Glockenblumen (Campa nula). An der Kirchenmauer ſelbſt, in ſumpfigem Boden,
zu finden . Wenn ſie dann wieder von dannen gehen, bleiben die Häuschen leer, wie ausgeſtorben. Luſtiger geht es in Jokkmoff zu im Herbſte und im Winter, wenn die Lappen ihre Fjelde (Berge) verlaſſen und mit ihren zu Tauſenden zählenden Renntieren ein: ziehen. Die Geweihe dieſer Tiere bilden eine ungeheure
wilde Maſſe und es kann eine ſolche dahinziehende Renn: tierheerde recht gut mit einem wandelnden Walde ver glichen werden. Zu dieſer Zeit kopuliert der Ortsſeel forger vor dem Altare viele Pärden, tauft ſchon ziemlich herangewachſene Säuglinge und Kinder und predigt ſeinen Schäflein nidyt nur in ſchwediſcher, ſondern auch in lappi: ſcher Sprache. Einſt begnügten fid, die Lappen mit einer bloßen Ueberſeßung der Predigt, welche ihnen der Kirchendiener in ihrer Mutterſpradze lieferte, währenddem der Prieſter zu feinen Zuhörern Sdwediſd ſprach. Aber ſeine Worte drangen nicht in ihr Herz ein ; im Gegenteile lachten ſie manchmal hell auf, wenn der Diener , der ihnen die Predigt Saß für Sap verdolmetſchte, den Sinn ſelbſt nicht redyt begriff und bei der Ueberſeßung einen tüchtigen Uns ſinn herausbrachte. Jest wird den Lappländern nicht nur in ihrer Mutterſprache vorgepredigt, ſondern auch ihre Kinder werden in den Schulen, wenn ſie zu ABC -Schüßen herangewachſen ſind, mittels des lappiſchen Idioms in die Myſterien der lappiſchen und ſchwediſchen Schreib- und
Lefekunſt eingeführt. Heget ihr das Verlangen, eine lappiſche Schule zu beſuchen ? Ich für meinen Teil befann mid, keinen Augen blic und war hocherfreut darüber, als mir der Jokkmokker Seelſorger die Mitteilung machte, daß es im Drte eine folche Sdule gibt.
Als Lehrer hätte ich mir wahrlich eine Sünde daraus gemacht, wenn ich, da id don einmal in dem Lande der Lappen war, es verſäumt hätte, eine lappiſche Schule kennen zu lernen. Alſo auf zum Sdyulhauſe! Das Jokkmokker Schulhaus ſteht einſam im Walde. Ein ſumpfiger Weg führt von der Straße aus hin. Einige auf den Torfboden gelegte Bretter ſchüßen uns vor dem 1
ivädyſt die Moor-Heidelbeere (Vaccinium uliginosum) ;
Einſinken. Vor dem Schulhauſe ſelbſt iſt der Wald zum
ſchwarze Früdyte tragen auch die Bärentrauben (Em
Teile abgeholzt und die Morgenſonne beſcheint ſeine Schwelle. Ueber dem Schulhauſe brauſt es in den Wipfeln der Tannen und aus dem Waldesdidicht dringt zu uns das
petrum nigrum) ; dort riedyt auch Ledum palustre. Selbſt in den Gärten Jokkmokks gibt es keine Blumen, denn auch dort grünt bloß das Erdäpfelkraut, ſäuſelt Birkenlaub und wiegen ſich Kornähren. Unweit der verlaſſenen Hütten wohnt der Ortsſeel ſorger. Während des Sommers hat er nicht viel zu thun. Nur an Sonn- und Feiertagen verkündet er den andäch tigen Gemeinde- Inſaſſen, die zahlreich aus entlegenen Ge genden zum Gottesdienſte ſich einfinden , das Wort des Herrn. Manche von ihnen kommen ſchon am Abend zu vor und quartieren ſich in den Hütten ein, die ſie zu dem Zwecke erbauten, um während ihres Beſuches Unterkunft
Getöſe des Waſſerfalles „ Kaitomfallet “, auch „Kaitom fors " genannt, den hier der Lilla ( lilla = klein) Luleelf bildet. Der Name desſelben ſtammt aus dem lappiſchen
Worte „ Kaito " (d. h. Hecht), denn außer Lachſen, Forellen, Barſchen u. a. werden in den Gewäſſern Lapplands auch ſehr häufig Hechte gefangen.. Das ſchwediſde ,,Fallet"
und „ Fors “ (norwegiſdy „ Fob“ ) bedeutet einen Waſſer, fall, eine Stromſchnelle. Auch das Wort Jokkmokk (aus dem finniſchen jokki = Fluß) heißt ſoviel als Strom.. Zur Sdyule ſchritten drei lappiſche Mädchen. Sie waren im
Eine lappiſche Schule.
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Walde geweſen, um Sumpfbrombeeren zu ſuchen. In 1 Mutterſprache: „ Maicosumus tetemålma Sverigesne ja såmes parahabmusist åbbå taan aimon lei Karl Linné “, d. h. der berühmteſte ſchwediſche Naturforſcher und einer ſchmedt, jeden Sumpf. Mit dieſer Frucht wird ſchwerer der erſten im ganzen Lande und aller Zeiten iſt Karl
Joffmoft gibt es keine Erdbeeren. Dafür bedecken die Sumpfbeeren (Rubus chamaemorus), deren Frucht ſüßlid) Skorbut ſicher geheilt ; aud) verzehren die Einheimiſchen ſie in Rum eingelegt. Auch der berühmte Seefahrer Norden : ſfjöld empfiehlt ſie als beſtes Mittel gegen Sforbut bei Nordpolfahrten, da ſie zur Geſundheit und Friſche aller
Linné."
Und weiter beißt es von ihm in dem lappiſchen
Leſebuche : ,,Schon in der früheſten Jugend fühlte er eine große Zuneigung zu den Naturwiſſenſchaften ; ſchon als Snabe ſammelte er Steinchen, Blumen und kleine Tiere
am Schiffe befindlichen Leute ſehr viel beitragen.
im Walde und in der Umgebung.
Auf meine Frage, wie die Lappen die Sumpfbeeren nennen, antworteten mir die Schülerinnen uniſono : ,,Ladtet" , ſchwediſch „ Hjortron “, die Norweger nennen ſie „ Multer".
viel mit Not zu kämpfen. Selbſt an Kleidern fehlte es ihm. Aber ſein feſter Wille überwand alle dieſe Widers wärtigkeiten und er brachte es zum Profeſſor in Upſala. Sein Name wurde nicht nur in ganz Schweden, ſondern ſelbſt in der ganzen Welt bekannt, und von allen Seiten ſtrömten die Naturforſcher herbei, um ſeine Lehre zu ver
Alle lächelten freudig, als wir ſie mit dem Worte „ Puo: riſt", dem landesüblichen Gruße, anſprachen , und wieder: holten unſeren Gruß, wie es bei den Lappen Sitte iſt. Aber deſto freudiger ſtrahlten ihre kleinen Augen, als ſie einige Geldſtücke von uns zum Andenken empfangen hatten. Ein höfliches ,,Kita" (i danke) uns zurufend, eilten
ſie raſchen Schrittes dem Schulgebäude zu. Ihre roten Wangen funkelten nur und ihre Geſichtsfarbe ließ es gar nicht bemerken , daß ſie der mongoliſchen Menſchenraſſe angehören. Alte Lappländerinnen haben freilich keine ein-
nehmenden Geſichter, auch ſind ihre Wangen nicht gerötet. Bei unreinen Lappländern iſt es dann überhaupt unmöglich zu entſcheiden, von welcher Farbe ihre Haut iſt, da
man oft mehr Schmuß als Hautfarbe ſieht. „ In Lappland ſind ſchnutige Leute, Plattföpfig, breitmaulig und klein , Sie fauern um's Feuer und backen Sich Fiſche und quäfen und ſchrein .“
(Heine.)
Die unfehlbaren Merkmale , an denen man jeden Angehörigen der lappiſchen Raſſe erkennt, ſind ſchiefſtehende Augen und hervorragende Badenknochen.
An der Schwelle des Schulhauſes jaßen zwar auch
Als Student hatte er
nehmen. Er brachte die Naturwiſſenſchaften, insbeſondere die Botanik, in ein Syſtem , weshalb ihm der Name eines Blumenkönigs (Käjeki kongasen ) beigelegt wurde." Wahrlich ein prächtiger Aufſaß das, deſſen ſich ſelbſt unſere Schulleſebücher nicht zu ſchämen brauchten. Ueber: haupt gefiel mir der geſamte Inhalt des Leſebuches, das den
Titel : „ Appetuskirje Aitigladan Suptsasikum “ (d. i. Lehrbuch der vaterländiſchen Geſchichte) trägt, ſehr. Ueber dies ſchmücten das Buch ſehr ſchöne Illuſtrationen. Auf
einigen ſind berühmte Herrſcher oder Männer, die ſich um das Vaterland Verdienſte erworben haben , abgebildet, andere veranſdaulichen die Vergangenheit des Landes, indem ſie insbeſondere viele Abbildungen aus der Archäo logie bringen, als da ſind : das Schiff der Wifingen ( lapp. „ vikingahaksa“), der altnordiſche Saal („ tollots nuortalanden quossesluggo“ ), die Königshügel bei Upſala während der Reformationszeit (,,Upsalan domkyrko kyr kopuoretemen aiken “ ), die Veranſchaulichung von Waffen und Gräbern aus der Stein- und Bronze- Periode, Grabs
einige Schülerinnen, aber dieſe verſchwanden eiligſt im
hügel („ kedkeåmårtas“ ), Felfenzeichnungen , verſchiedener
Inneren des Hauſes ſamt der Frau Lehrerin, welche ihnen dazu den Wink gab, als ſie bemerkte, daß wir auf die Scule zuſchritten. Das Schulhaus in Joffmoff iſt ein hübſches, von Holz erbautes, nur ebenerdiges Gebäude, in dem ſich eine
Schmudgegenſtände und Münzen, Ruinenmonumente 2c. Auch fehlt es da nicht an Proben der altnordiſchen Dicht kunſt und Sagen. Am Schluſſe des Buches iſt das Reichs wappen und der Spruch : „Jubmel varjelus mijen etse tum aitiglandab“ (Gott beſchüße unſer geliebtes Vater
Wohnung für den Lehrer und ein geräumiges Lehrzimmer
land !) Die Bücher ſind ſteif in Leder gebunden, als
befindet. Schüler gibt es nicht viel. Plaß gibt es da für 17 Kinder. Mit den kleineren beſchäftigt ſich die Gattin des Lehrers in ihrer Wohnung. Ehe wir in die Schule eintraten, wurde dort auf: geräumt, als wenn der Schulaufſeher ſelbſt die Schule mit ſeinem Beſuche beehren ſollte. Am Ratheder nahm die Frau Lehrerin Plaß, die Mädchen ſaben in den ſehr
follten fie Jahrhunderte überbauern und werden an die Kinder unentgeltlich verteilt. Auch ich bekam ihrer viele
praktiſch entweder für einen oder zwei Schüler eingerich: teten Bänken. „ Aufgeſagt“ wurde um die Wette. Ein Mädchen trachtete das andere im lauten Leſen aus der vaterländiſchen Geſchichte zu übertreffen. Alle batten
zum Andenken vom Biſchofe zu Hernöſand, H. 2. Landgren,
dem ich zugleich auch viele Uufichlüſſe über das Schul
weſen in Lappland verbanke, was zu bemerken ich für meine Sduldigkeit erachte. Andere in's Lappiſche überſeßte Schulbücher ſind:
„ Bibelhistoria mav aktam katjalvasaikum“, d. h. Bib liſche Geſchichte mit Fragen ; dann Luthers kleiner Kate: chismus („ Doktor Mårten Lutherusa utseb katekesa “ ). Gedruckt wurden ſie in Stocholm (Stokkholman ).
gleichzeitig einen Artikel über den berühmteſten Gelehrten
Die Lehrersfrau in der Jokkmokker Schule ſpricht
Schwedens aufgeſchlagen und lafen von ihm in ihrer
Schwediſch und Lappiſch, gerade wie ihr Gatte, der einen
Ausland 1886, Nr. 17.
51
Eine lappiſche Schule .
330
aus gedeďt. Die Miſſionen zahlen für die Pflege eines
Ausflug unternommen hatte, um ſeltene Pflanzenarten der nordiſchen Flora, alſo echte Lapponica zu ſammeln , die er dann an Liebhaber der Polarflora entweder als Tauſd ):
Lappenfindes 170—190, der Staat an 200 Kronen. Die dywediſde Miſſionsunion verfügt über 4 lap,
objekt oder für ein geringes Entgelt verſendet.
piſdie Schulen mit 62 Kindern, der Staat ebenfalls über
Die Frau, welche uns im Geiſte unſerer dürftigen Sprachkenntniſſe wegen nicht wenig bemitleidet haben mag ,
4 Sdulen mit 58 Rindern ; eine andere vom Staate unter ſtüßte Sdyule zählte 8 Kinder, die Prinzeſſin -Eugenie-Schule
war ſo liebenswürdig, mit Worten und Geſten alle unſere Fragen zu beantworten, die Mädchen wiederum zeigten uns mit einem Stabe ihr Vaterland, ſucten auf der
Karte die Ortſdjaft Jokkmokt auf, wofür wir ihnen wieder mit dem Finger unſer teures Land zeigten . Dann wurde Sdywediſch geleſen . Außer der Karte von Europa hiengen an der Wand die Karten von Paläſtina und Skandinavien , dann Ab bildungen von Tieren (dywediſd), Farbendruck aus Stutt gart), Fiedlers anatomiſche Bilder, ein metriſches Quadrat und Bilder geometriſcher Körper. Bei der Tafel lag ein Haſenlauf. Er war ganz weiß, aber nicht von der Kreide, denn er rührte von einem Schneehafen (Lepus variabilis, L. ) her, deſſen graubrauner Pelz dort im Winter ſchneeweiß wird . Von ungefähr fiel
mir da ein , wie ich ſelbſt als id; noch mit einem „ Hähn dhen" (einer Holztafel, auf welcher das ABC und ein
etwa 18 Kinder, und die vom Femöreforeningen ( fem = fünf) erhaltene Schule 39 Kinder, alſo in Summa 146 lappiſche Kinder. Außer in dieſen beſtändigen Sdulen,
von denen einige als Internate zu bezeichnen ſind, wird nody 200 Kindern von 10 Katecheten Unterricht erteilt. Im ganzen genießen alſo in den ſchwediſden Lappmarken an 385 Kinder Unterridyt. Erwägt man , daß nach den
Berichten der Synode von Hernöſand im Jahre 1883 in den ſchwediſdyen Lappmarken 6106 Lappen mit 806 ſchul pflichtigen Kindern ivaren, ſo blieben alſo nod) 421 Kins
der ohne Unterricht. Aber viele Lappenfamilien wohnen außerhalb der Lappmarken, in dywediſchen Gemeinden, und ihre Kinder beſuchen die dortigen Schulen, weshalb die Zahl 421 etwas kleiner erſdeinen dürfte. Dagegen leben in den Lappmarken an 1000 Lappen, welche die ſdywe: biſche Tradht angenommen haben und Gewerbe betreiben und alſo nidt mehr als echte Lappländer zu betrachten
gemalter Hahn ſich befand ) in die Schule gieng, mit einem
ſind. Das jährliche Einkommen der Lehrer in den lappi
„ Haſenfüßel" die Tafel abzuwiſchen pflegte.
ſden Schulen beläuft ſich auf 800 Kronen, Wohnung und Heizung nicht mit eingeredynet.
Was uns aber beſonders überraſdite, das war ein
vorzügliches Harmonium von einer Stuttgarter Firma.
Gegen Oſtern (Pásk) bereitet ſid, die reifere Jugend
Bei mir zu Hauſe kann hödyſtens eine Stadtſchule fold, ein ſchönes Inſtrument aufweiſen, aber die Jokkmoft'de
zur Konfirmation vor und wird durch einige Tage bin
Schule, im Herzen der Lappmarken gelegen, hat deren zwei auf einmal auf dem anderen pflegt die Lehrersfrau ihren kleinen Pfleglingen vorzuſpielen. Die Moskitos fehlen in Lappland nirgends und fehlten deshalb auch in der Jokkmokker Scule nicht. Aber
die bibliſche Geſchichte wiederholt. Die Ronfirmanden ver ſammeln ſich zu dieſer religiöſen Handlung aus der ganzen
durch unterrichtet. Beſonders wird der Katechismus und
Umgegend und empfangen das heilige Abendmahl von
den ſumpfigen Wäldern Myriaden, die alles überfallen ,
ihrem geiſtlichen Hirten. Während des Sommers ziehen die Lappen mit ihren Kenntieren in die Berge hinaus, wo ſie dann von den Miſſionaren beſucht werden, die ihnen das Wort Gottes predigen, da es den angeſtellten
was nur warmes Blut hat.
Wehe dem Wanderer, wenn
Predigern rein unmöglich wäre , ihren Dienſt in dem
ihn die Gelfen noch an ihrer Wiege überfallen . Vergebens mordeſt Du ſie zu Tauſenden hin, Du ſchaffſt ihrer eine
weiten Lande zu verrichten. Die erſte lappiſche Schule wurde zur Zeit Guſtav Adolfs im Jahre 1619 zu Piteå errichtet. Auf Grund des Landtagsbeſchluſſes vom Jahre 1738 wurden in den von Lappen bewohnten Marken Kirchen und Kapellen er
nur einige ſummten in der Klaſſe; dafür gibt es ihrer in
Unzahl aus der Welt, und doch ſeßen ſich wieder neue blutgierige Schwärme an Deine übel zugerichteten Wangen
und von Stichwunden geldwollenen, gedunjenen Hände.
Da iſt es dann zu ſpät, ſich eines Myggnât zu erinnern, d. h. eines Schleiers gegen die Moskitos, der uns noch am beſten vor ihren Stichen ſchüßt. Heißt es body, daß derjenige, der ſeinen Namen heuer in einen Gelfenídywarm
aufſchreibt, ihn das nächſte Jahr wieder finden werde. In der Jokkmokker Schule waren während unſeres Beſuches 10 Zöglinge. Ihre nomadiſierenden Eltern hatten
ſie den ſchwediſchen Nachbarn anvertraut, die das ihrer Pflege überwieſene Kind mit allem Nötigen, mit Speiſe und Kleidern verſehen, wofür ſie dann jährlid, ein Ent:
gelt von etwa 200 Mart bekommen . Dieſe Auslagen werden entweder aus der Miſſionskaſſe oder vom Staate
baut und Paſtoren und Lehrer angeſtellt. Damit die Verbreitung des Chriſtentums unter den Lappen erfreuli dhere Reſultate zu Tage fördere, wurde eine eigene Ab teilung zur Förderung der Aufklärung unter den Lappen
errichtet, und ſo gab es ſchon bei Lebzeiten des Miſſionars Högſtröm (im XVIII. Jahrhundert) in den ſchwediſchen Lappmarken 6 Schulen für lappiſche Kinder mit von Staatswegen honorierten Lehrern. Während der Herrſchaft der Dänen ſollten die Lappen ſtatt ihrer Mutterſprache Däniſch lernen, ihre Jugend
follte im Däniſchen unterrichtet werden und auf ſolche Art hoffte man dieſe Sprache überall einzuführen und ſie zur
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Karpathen.
Hauptſprache zu machen. „ Ein herkuliſches Unternehmen ", ſagt Leopold v. Buch in -ſeiner Reiſe durch Norwegen und
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zumeiſt nur an der Oberfläche ; die kleineren werden aus
dem Acerboden entfernt und zu Beſchotterungs- und
Lappland ( 1810), „ das noch nie irgendeiner Regierung
Bauzivecken verwendet, die größeren muß der Pflug um :
geglückt iſt und wahrſcheinlich auch nie glücken wird. Denn von allem Eigentum halten die Völfer mit Recht ihre Sprache für das Unveräußerlichſte und Heiligſte und feines mag auch wohl unmittelbarer und lauter das Gefühl von
ziehen . Einen ſehr großen , wahrſcheinlich abſichtlid, ver idonten Granitblock ſah id) inmitten der Straße ,, Leſzno " in Warſchau. Die Geſchiebe von Granit, Gneiß, Diorit und Quarzit, welche ich in feinem , lorem Sande der Umgebung von Lodź beobachtete, waren zumeiſt gut abgerundet und ohne
Selbſtändigkeit und von Freiheit erregen. Iſt eine Sprache je unter dem Drucke derjenigen eines dominierenden Volkes verſunken , ſo haben dody nie Polizeianordnungen dies Wunder bewirkt. "
Im Jahre 1752 wurde das lappiſche Seminar in Throndhjem errichtet, wo jeder Miſſionar Gelegenheit hatte, ſich die Sprache der Lappen anzueignen. Dieſe Anſtalt
iſt zwar längſt ſdon eingegangen , aber trondem wirken die Miſſionare weiter im Geiſte des eifrigen Predigers in Vadſö (700 n. Br?), der, da es ihm um die Herzen der
Lappen zu thun war, nur in ihrer Mutterſprache mit
eine Spur von Sdjrammen .
Einige von den Granit
Blöcken enthielten Granaten ; ſolche Granite kommen auch im Flugſande der Gegend nordweſtlich von Krakau vor. Ein Teil der unter den nordiſchen Geſchieben mitvorkommenden
foſſiliferen Geſteine ſtammt aus dem polniſchen Jura-Zuge. im allgemeinen hat es den Anſchein, als ivären die glazialen Ablagerungen Polens zum Teil bereits durch
verſchiedene, ſubaerale und fluviatile Einwirkungen ver ändert, zum Teile aber, und dies beſonders mit Rüdjicht auf das Quartär der ſüdöſtlichen Hälfte des Landes, dhon
ihnen verkehrte und ſie belehrte. In Schweden gibt es ein lappiſches Lehrerſeminar in Mattiſudden am Polar freiſe. Die lappiſche Litteratur weiſt im ganzen ca. 40
außerhalb des eigentlichen Gletſdierbereiches , aber unter dem Einfluſſe der den nordweſtlichen Teil überziehenden
Werke auf, deren Inhalt meiſtens auf religiöſe Dinge ſich
Eisbecke gebildet worden. Von den Schmelzwäſſern des
bezieht.
Eiſes konnten die von dem leşteren mitgeführten Blöcke noch weit über den Gletſcherfuß hinaus transportiert werden, ſelbſt bis in das obere Bugthal hinein, welches die Grenze
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Mordabhauge der Karpathen. Von A. Rzehak.
zwiſchen dem wolhyniſden und podoliſchen Plateau bildet, und wo E. v. Dunikowski („ Seitſdr. d. Deutſchen geol. Geſellſch .,“ 1884, S. 41-67) angeblid nordiſche Granite,
Syenite und Quarzite in grauem Quarz -Sand, mitunter (Solub.)
Im Gouvernement Tambow beſteht das Glazial diluvium vorwiegend aus Sand und Kies, ſeltener aus rötlichem Geſchiebe- Lehm ; möglicherweiſe ſind erſtere auch hier zum Teile durch alluviale Umbildung des Geſchiebe Lehmes entſtanden. Nicht ſelten wechſeln Sand und Löß miteinander ab, ein Umſtand, der wichtig iſt mit Rückſicht auf die in neuerer Zeit vielfach ausgeſprochene Anſicht
auch in Lehm, eingelagert fand. Großes Intereſſe erwecken die Glazialablagerungen
am Nordrande der,Karpathen ; ſie ſind, obwohl ſeit lange
von der gegenſeitigen Ausſchließung von Löß und Ge
bekannt, doch erſt durch die in den leßten 5 Jahren durch: geführten geologiſchen Aufnahmen in Galizien, an welchen ſich beſonders E. Tieße, V. Uhlig und V. Hilber beteiligten, näher bekannt geworden. Durch die Einſenkung der Oder zwiſchen den Aus läufern der Oſtſudeten und den mähriſchen Karpathen reidyt
ſchiebe-lehm . Was die Quartärbildungen in Ruſſiſch- Polen anbelangt,
denn Hohenegger verzeichnet auf ſeiner „ Geognoſt. Karte
ſo erwähnt ſchon Puſch in ſeiner ,,Geognoſtiſchen Beſchreibung
der Nordkarpathen “ erratiſche Blöcke noch in der Gegend
von Polen " ( 1833) Sand mit Urfelsblöcken, welche ſich reihen
ſüblid) von Freiberg. Bei Schönbrunn liegen große Blöde
das nordiſche Erraticum ziemlich tief nach Mähren herein,
weiſe fortziehend, am Gipfel und an den obern Gehängen
von zum Teile granatführendem, teils grob-, teils fein
der Hügel und Hügelketten vorfinden . Neuere Mitteilungen beſißen wir von St. Kontkiewicz (,,Verh. d. f. f. geolog. Reichsanſtalt ,“ 1881 , Nr. 4), Michalskij ( „ Jsweſtija “ des geol. Com., 1883) u. a.; ich ſelbſt habe mich gelegentlich
körnigem Granit, Gneis und Quarzit in einer mächtigen
einer 1880 unternommenen Studienreiſe überzeugen können,
Schotterlage eingebettet ; die Kanten der Blöcke find ab:
geſtoßen, die Flächen ſollen „vielfach gerißt und gefurcht“ ſein (Makowsky, „ Verh. d. Naturf.-Ver. in Brünn ," 1882, 1. Heft, S. 77). In der Umgebung von Troppau iſt das
daß die Quartärablagerungen in dieſem Gebiete ſehr man
Erraticum ausgezeichnet durch das Vorkommen foſſilreicher
nigfaltig ſind. Lehmige, jandige und Rieſige Gebilde wed): jeln mit einander ab, ſowohl in horizontaler, als in ver tifaler Richtung, ſind nicht ſelten geſchichtet, und nur durch die eingeſchloſſenen , fremdem Geſteinsblöcke als dem nor diſchen Erraticum angehörig bezeichnet. Die Blöde liegen
Silurkalkſteine von unziveifelhaft nordiſcher Herkunft; ihre urſprüngliche Lagerſtätte iſt ein Lehm , den Hilber ,,Geol. Aufnahme der Niederung zwiſchen Troppau in Schleſien
und Skawina in Galizien ,“ „ Verh. D. k. k. geol. Reichs anſtalt," 1884, Nr. 17) mit dem Geſchiebe-Lehm vergleicht.
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Sarpathen .
332
halten und alſo jenem Gebilde entſprechen, welches in der
Vorkommniſſe dieſelbe ſein ; ſie würðen danach aus zer: ſtörten Tertiärablagerungen ſtammen . Zu erwähnen iſt nod ), daß unter den erratiſchen Geſchieben auch jolche ge funden wurden, die durch Sdrammen gekennzeichnet ſind. Der eigentliche, typiſche Geſchiebe-Lehm tritt in ſeiner
neueren Litteratur der Karpathen -Geologie mit dem Namen
Verbreitung im farpathiſchen Vorlande ſehr zurück; nur
„Miſdiſchotter“ bezeidnet wird und ein charakteriſtiſches
an wenigen Stellen läßt ſich derſelbe als die urſprüngliche, unveränderliche Grundmoräne auffaſſen. Störungen im Untergrunde, analog den in Norddeutſchland beobadyteten, konnten nirgends konſtatiert werden. Oft erſcheint der Geſdiebe Lehm durd ſpätere, fluviatile Einwirfungen um:
Im allgemeinen ſind typiſche Glazialgebilde in der ſchleſi den Niederung ſehr dwad) entwickelt, um ſo ausgedehn ter dagegen fluviatile Ablagerungen, beſonders Schotter, weldie neben einheimiſden Geſteinen auch nordiſche ent
Glied des ſubkarpathiſchen Quartärs bildet.
Die Höhengrenze der erratiſchen Blöde beträgt im
Teſchener Gebiete etwa 400 m .; dies dürfte auch im all gemeinen die Minimalhöhe ſein, bis zu welcher das nor
diſche Erraticum im farpathiſden Vorlande hinaufreicht.
gelagert, wodurch nicht ſelten Gelegenheit zur Bildung
Zu bemerken iſt hierbei, daß Verwechslungen erratiſder
fluviatiler Lehme (zu welchen Uhlig auch den größten Teil
und herausgewaſchener erotiſcher Blöde nicht ſelten vor: gekommen und mitunter ſchwer zu vermeiden ſind. Was die ſüdlide Grenze des Erraticums anbelangt, ſo ſchmiegt ſich dieſe im allgemeinen der Konfiguration des farpathi
des galiziſchen Löß zählt) und Bloslegung der eingeſchloſſenen
den Vorlandes an, entfernt ſich aber von Weſten gegen
Blöcke gegeben wurde. Die Mächtigkeit des Geſdiebe Lehms iſt in der Regel eine ſehr geringe, mitunter faum 1 m . erreichend. Im nordweſtlichen und nordöſtlichen Teile Galiziens
Oſten immer mehr und mehr von dem Gebirge. In der
finden ſich ausgedehnte Sandablagerungen, oft als Flug
Gegend von Dobromil reidt die Grenze am weiteſten nach Süden , wie H. Wolf ſchon 1860 auf einer Manuſkript :
ſand weite Streden bebedend ; da die Geſchiebe nicht ſelten im Sand eingebettet ſind, ſo mag der leştere zum Teile
Karte verzeichnet hat ; von da wendet ſie ſich, wie man einem von Uhlig (,,Jahrb. d. geol. Reichsanſt.," 1884,
vielleicht als aluviale Umbildung des ſandigen Geſchiebe:
S. 228) entworfenen Kärtchen entnehmen kann, nordöſtlid gegen Zolkiew, ſo daß die Niederung zwiſchen Lemberg,
Lehms aufzufaſſen ſein, wie es nach Nifitin der obere Geſchiebe-Sand Rußlands iſt. Eines der merkwürdigſten Quartärgebilde Galiziens iſt der bereits furzerwähnte Miſchſchotter. Die nordiſchen Geſchiebe derſelben ſind pyras
Brody und der ruſſiſden Grenze frei von erratiſchen Vor kommniſſen iſt. Im weſtlichen Teile von Galizien reichen die erratiſchen Blöde mitunter ſehr weit in das Karpathen : Gebiet hinein ; ſo liegen ſie am Fuße des Liwocz nach
Geſteine ſtets in Form edyter Fluß -Geſchiebe auftreten. Die Entſtehung der Miſchſdyotter iſt noch nicht ganz klar ; .
Uhlig (,,Jahrb. d. geol. Reichsanſt.," 1883, S. 553) etwa
Uhlig vergleicht dieſelben („ Jahrb. d. geol. Reichsanſt.,“
26 Km., bei Bonarówka 22 Km . ſüdlich vom Nordrande des Gebirges. Gewiſſe Quarzite und Hornſteine, die mit:
nimmt an , daß ſie ſubglazial durch dem Eiſe entgegen
unter ſüdlich von der Geſchiebe-Grenze gefunden werden, oft bedeutende
Dimenſionen
aufweiſen und früher für
midal, mit gerundeten Kanten, während die einheimiſden
1883, S. 555) mit gewiſſen Ablagerungen Sachſens, und
fließendes Waſſer abgelagert wurden. Hilber dagegen er klärt ſich die Bildung der Miſchſchotter ( ſpeziell der in der
Erratica gehalten wurden, erklärt Uhlig für Denudations
Umgebung von Przemysl) durch die Annahme, daß das
reſte tertiärer Ablagerungen ; ähnliche Geſteine ſind in der That von Tieße bei Lemberg in situ beobachtet worden.
vorrückende Inlandeis eine präglaziale Schotter-Ablagerung
Unter den Geſteinen der erratiſden Blöde ſind her: vorzuheben : Gabbro, roter Granit, grauer Granit, Gneiß,
Porphyr, Amphibolit, Diorit und verſchiedene Sediment Geſteine. Von den letteren ſind einige durch Foſfilführung
angeſchnitten und die Beſtandteile derſelben in ſeine Grunds moräne aufgenommen habe. Auf die Geſamtheit der Miſch: idotter läßt ſich leştere Anſicht nicht anwenden, weil dies felben meiſt als edzte, geſchichtete Waſſerſedimente erſcheinen. Aud Tieße ſpricht ſid, über die Geneſis der Miſdidotter ſehr reſerviert aus ( ,,Jahrb. d. geol. Reichsanſt.," 1883,
ausgezeichnet , ſo ž. B. die gefleckten Kalkſteine , welche Uhlig in Weſtgalizien auffand, und welche Reſte von Ilaenus Chiron Holm . enthalten ; nach Profeſſor Dames
S. 288 ).
ſtammen dieſelben aus dem Silur von Deland. Im öſt
nordiſchen Diluviums am Nordabhange der Karpathen
lidhen Teile Galiziens treten Silur- Geſchiebe nicht mehr auf; dafür wurden hier Hornſteine gefunden, die, wie man
ſchließen kann, höchſt wahrſcheinlich der baltijden Kreide
die Glazialtheorie acceptiert ; wenn auch dieſe den beob achteten Verhältniſſen in der That am beſten entſpricht, ſo bleiben doch noch gewiſſe Rätſel zu löſen, welche zum Teil ſchon von Tieße (,,Geol. Verhält. 8. Umgebung von
angehören. Charakteriſtiſche Beſtandteile des Erraticums
Lemberg ", „ Jahrb. d. geol. R.-Anſt.“ 1882) berührt worden
nach einer darin vorkommenden Koralle (Parasmilia Fittoni)
Tieße, Uhlig und Hilber haben zur Erklärung des
.
ſind auch verkieſelte Hölzer ; die Provenienz der erratiſchen
ſind. Eine der merkwürdigſten Erſcheinungen iſt die, daß
Kieſelhölzer in der Gegend des Zobten, welche von H. Con
die Karpathen nur geringe, nicht unter 4000 Fuß herabs
wenß („ Sdriften d. Naturf. Geſellſd).,“ Danzig, IV. Bd., 1880) unterſudyt wurden, dürfte aud) für die galiziſchen
rend das nordiſche Inlandeis bis an ihren Fuß gereicht haben
.
reichende Spuren eigener Vergletſcherung aufweiſen, wähs
Die Glazialablagerungen im europäiſchen Rußland und am Nordabhange der Karpathen . foll. Tieße verſucht dieſes Paradoxon zu erklären, indem
er annimmt, daß zur Glazialzeit die Region der Karpathen ein außergewöhnlich trođenes Klima , das Gebirge ſelbſt öden Steppencharakter beſaß, ſo daß bei dem Mangel an
Niederſchlägen die Gletſcherentwicklung gehemmt war. Der Hinweis auf analoge Verhältniſſe Dſtaſiens iſt jedoch un zureichend, nachdem Cersfi fchon 1882 auf alte Gletſchers ſpuren in Ditſibirien aufmerkſam gemacht und Brückner („,Neues Jahrh. f. Miner. " 2c. 1885, Bd. I , S. 236) auf die
Forſchungen Krapotkins hingewieſen hat, welcher eine Ver gletſcherung Dſtſibiriens zwiſchen der Sajan'ſchen Rette und Ochotsk fonſtatieren konnte. Es bleiben anſcheinend nur zwei Möglichkeiten zur
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cidiert, noch bedeutend höher an den Abhängen hinauf gereicht. Von Wichtigkeit iſt auch der Umſtand, daß der in den Karpathen ſo weit verbreitete Berglehm zum Teile
nachweislich ein vorglaziales Gebilde iſt, die von den neogenen Ablagerungen nicht bedeckten höheren Teile des Gebirges waren alſo zur Zeit der beginnenden Gletſcherentwickelung von einer mit Rückſicht auf die der Verwitterung günſtigen klimatiſchen Bedingungen der beginnenden Glazialzeit ge
wiß recht anſehnlichen Lehınmaſſe überzogen. Die zur Bildung von Obermoränen nötigen Bedingungen waren
bloß in den erſten Phaſen der Vergletſcherung gegeben ;
landeis wirklich bis an den Saum des Gebirges gereicht,
ſpäter, als die Firnmaſſe an räumlicher Ausdehnung ge wann , hörte die Bildung von Obermoränen faſt vollſtändig auf, während die Grund- und Endmoränen ſich haupt fächlich nur aus thonigem , mit wenig feſten Geſteinen
Erklärung des Phänomens übrig ; hat das nordiſche In dann muß es auch noch eine bedeutende Mächtigkeit gehabt
durdyſeßtem Materiale ſich aufbauten . Die thonige Grund:
haben, nachdem wir die nordiſchen Blöde jeßf nod in
moräne drang bis in die Niederung vor, dem anrückenden
einer Seehöhe von über 400 m., alſo hoch über der Niederung, vorfinden. Eine mächtige, dem Gebirge un mittelbar vorgelagerte und über viele Hundert Quadrat
nordiſden Eisſtrome entgegen, und es iſt gar nicht un
wahrſcheinlich, wenn auch durd direkte Beobadytungen nicht erhärtet , daß die beiderſeitigen Moränen einmal
meilen Landes fich erſtreckende Eismaſſe iſt aber gewiß unvereinbar mit einer minimalen Gletſcherentfaltung im
zuſammentrafen ; gerade die Zone, in welcher dies eintrat, mußte ſpäter durdy die reidlichen Sdimelzwäſſer der fidy
Gebirge ſelbſt. Die Annahme einer totalen Vergletſche rung des lekteren iſt dann viel wahrſcheinlidher , weil
zurückziehenden Eismaſſen weitgehende Umlagerungen er fahren, deren deutliche Spuren wir auch in der That im
natürlicher, und gewiß nicht weniger begründet, als die Annahme eines abnorm trockenen Klima's für eine Res gion, die unmittelbar an ein ,,Grönland " anſtößt. Zu erklären bleibt bei dieſer Annahme blos, warum die mäch
tige Gletſcherentwickelung ſo gut wie keine Spuren hinter laſſen habe ?
Unzweifelhafte Gletſcherſpuren ſind in den Karpathen bis jeßt nur in der hohen Tatra, in der Czernagora (Dſt: Galizien) und in neueſter Zeit auch in den ſogenannten Fogaraſcher Alpen nachgewieſen worden. In der Czerna: gora reichen die Spuren nad Tieße nicht unter 4300 Fuß herab ; ob jedoch dieſe Angabe nicht wird modifiziert werden müſſen, iſt fraglich, nachdem Tieße ſelbſt im Vereine mit
Paul ſchon vor einigen Jahren („ Jahrb. d. geol. R.-Anſt.“
ſubkarpathiſchen Glazialdiluvium überall erkannt haben. Auch die Wirkungen der Grundmoränen konnten ſehr bald
verwiſcht worden ſein , da einerſeits der aufgewühlte Thal:
grund vorherrſchend aus lehmigen Gebilden zuſammen geſegt war, anderſeits ein hinlänglich langer Zeitraum von dieſer großartigen, nach meiner Anſicit der erſten Glazialzeit entſprechenden Vergletſcherung bis auf die Jeßtzeit verfloſſen iſt, um ſo weitgehende „ Entſtellungen " der einſtigen , ohnedies nicht ſehr markant ausgebildeten
Gletſcherlandſchaft erklärlich zu finden . Die Annahme poſtglazialer Niveauſchwankungen ſcheint
für das in Rede ſtehende Gebiet unbedingt notwendig zu ſein. Da z. B. die mittlere Seehöhe von Ruſſiſch -Polen nur etwas über 200 m , beträgt, die Erratica in den Kar
1877, S. 89 und 108) die Möglichkeit eines bedeutend tieferen Herabreichens der Gletſcher andeutete. Daß die Gletſcherſpuren ſo ſpärlid beobachtet werden, ſcheint mir
pathen aber bis über 400 m. hod, hinaufſteigen, müßte das
durch folgende Betrachtung erklärlich: Die Hauptmaſſe des Gebirges beſteht bekanntlich aus Sandſteinen mit untergeord neten Kompleren von Schiefern , Mergel und Konglome: raten. Dieſe Geſteine ſind an und für ſich nicht ſonderlich
mechaniſchen Gründen unmöglich zu ſein , während die Annahme, die Karpathen wären zur Zeit der erſten Aus: breitung des nordiſchen Eiſes um ca. 200 m, niedriger geweſen als jeßt , nicht ohne weiters verwerflid) erſcheint,
geeignet zur Konſervierung von Gletſchermarken; dabei bleibt noch zu bedenken, daß dieſelben vor der Entfaltung der
vielmehr durch zahlreiche Beobachtungen geſtüßt werden kann. So liegen z. B. die neogenen Schichten in Mähren
Gletſcher in weiter Ausdehnung mit einer mächtigen Dede
etwa 100-200 m. tiefer als die bathymetriſch äquivalenten Gebilde in Galizien, ein Umſtand , der wohl nur durch die obige Annahme erklärt werden kann. Die zweite Erklärung des ſubkarpathiſchen Erraticums
ſehr leicht zerſtörbarer, neogener Sedimente überkleidet waren ; die Neogen -Ablagerungen finden ſich jeßt noch, hie und da tief in das Gebirge eindringend (wie z. B. nach Uhlig in der Gegend von Alt- und Neu -Sandec), bis in
einer Seehöhe von etwa 400 m., haben alſo einſt, da dieſe föhe keineswegs mit dem Niveau des Neogenmeeres coin:
nordiſche Eis am Abhange der Karpathen angefähr 200 m .
hoc emporgeſtiegen ſein. Dies ſcheint jedoch ſchon aus
wäre folgende : Die (um den oben angegebenen Betrag niedrigeren) Karpathen waren zum Teile vergletſchert, an ihren Gehängen jedoch von den Fluten eines Binnenſees
334
Japaniſche Häufer.
(oder Meeresteiles ?) beſpült, welcher nach Norden bis an den Fuß des nordiſden Landeiſes reichte; das leştere mag ſich noch über den nördlichen Teil Polens ausgebreitet
Bildungen erklärt würden, um ſo eher, als ſie in ihren Lagerungsverhältniſſen und audy in ihrer petrographiſchen Zuſammenſeßung eine in die Augen ſpringende Aehnlich:
haben, entſandte jedoci ſüdwärts nur mächtige Treibeis
keit mit oſtgaliziſchen Vorkommniſſen ( Przemysl) auf
maſſen , welche Blöcke, Grand und Lehm , mit fid führten. Tieße findet allerdings die Drifthypotheſe unzureichend zur Erklärung der galiziſchen Glazialerratica ; der von ihm erhobene Einwand, nämlich das Fehlen eines füdöſtlichen Ufers des ſupponierten Diluvialmeeres, ſcheint jedoch nicht ganz begründet zu ſein. Es war nämlich ein großer Teil
weiſen .
des jeßt vom Glazialdiluvium bedeckten Terrains noch während der jüngeren Tertiärzeit ſubmerſiert, ohne daß ſidh das Meer über die angrenzenden Tiefländer aus
Fremdenverkehr hat dem Erforſcher des Entwickelungs ganges der Menſchheit mehr Gegenſtände der Forſchung
gebreitet hätte ; daraus folgt aber, daß eine das Ufer bil
dende Landerhöhung in der jüngeren Tertiärzeit, und
Japaniſche Häuſer. Die Eröffnung des Japaniſchen Reiches für den
geliefert, als irgendwelches Ereignis der Neuzeit. Hier iſt eine Nation, welche Jahrhunderte lang von allen anderen
als den unbedeutendſten äußeren Einflüſſen abgeſperrt war. Während dieſer Abſchließung iſt die moderne europäiſche
wahrſcheinlich nod in der erſten Glazialzeit, exiſtiert haben muß. Nad den durd, Nikitin neu feſtgeſtellten Verbrei tungsgrenzen des nordiſchen Erraticums iſt es gar nicht
Ziviliſation mit ihren Wiſſenſchaften und Künſten, mit ihren Behaglichkeiten und Verfeinerungen, wirklich ins Daſein ge
unmöglich, daß die ſupponierte Waſſerfläche im ſüdlichen
treten . Inzwiſchen iſt die abgeſperrte Nation, hauptſächlich
Teile Rußlands durch den Awratyn'idhen Landrüden , die Don'ſche Platte mit dem damit zuſammenhängenden Kurst':
îchen Plateau und weiter durch die Erhebungen am linken Wolga-Ufer begrenzt war. Es ſei diesbezüglich nod ) auf 2. Satfe's Aufſaß : ,, Die Luftdruckverteilung und die Eis: zeit " (,,Gaea ", 1885, 5. u . 6. Heft) hingewieſen , der die teil weiſe Waſſerbedeckung Rußlands während der Glazialzeit aus anderen Gründen wahrſcheinlich zu machen ſucht. Nady den neueſten Ausführungen Jamieſon's ,, The Inland Seas and Salt Lakes of the glacial period“, ,,Geol. Mag. “, 1885, II) iſt die Annahme eines Binnenſees wahrſchein lider als die eines Meeres, weldes mit dem Eismeer oder Schwarzen Meer in Verbindung ſtand.
Es ſcheint, daß eine Kombination der neuen Glazial
mit der älteren Drifttheorie am beſten geeignet ſein wird, einen Teil der ruſſiſch -galiziſchen Quartärbildungen zu er
ohne Beihülfe oder Hemmung von ſeiten ihrer Nachbarn,
damit beſchäftigt geweſen , das Problem ihres nationalen Lebens auf ihre eigene Weiſe zu verwirklichen. Plößlich wurde der Vorhang von ihr zurückgezogen und wir durften in das Schauſpiel hineinblicken , weldjes ſo lange in Vor
bereitung war. Ein Vierteljahrhundert lang haben wir die uns enthüllten Szenen ſtudiert und es iſt uns endlich gelungen, ihre Bedeutung zu ermitteln . Daß die japaniſche Raſſe eine angeborene Lebenskraft und alle möglichen Hülfsquellen beſißt, das hat uns das
Ergebnis dieſes langen Erperiments der Iſolierung ge zeigt. Bei allen Nachteilen, welche aus dem Mangel eines freien auswärtigen Verkehrs entſpringen, haben die ja:
paner einen ſolchen Fortſchritt in den Künſten der Zivili: ſation gemacht, daß ſie unſere Bewunderung herausfordern. Sie können ſicherlich an intellektueller Rührigkeit, an
klären ; an vielen Orten zu beobachtende Schidytung, be
kriegeriſcher und ritterlicher Vollkommenheit, an angenehmen
ſonders aber Molluskenfunde, ſind Anzeichen einer min :
und freundlichen Manieren , an den Verfeinerungen und Annehmlichkeiten des Lebens den Vergleich mit den kulti
deſtens teilweiſen Waſſerbedeckung. Eine Mahnung, die Wirkungen des Waſſers bei Beurteilung derartiger Ver hältniſſe nicht ganz außer Acht zu laſſen , ſehe ich auch darin, daß man gewiſſe Vorkommniſſe , die im erſten En
vierteſten Raſſen mit Vorteil aushalten.
Sie bieten uns
ein ſeltſames Gemiſd) von Vorzügen und Fehlern dar. Während ſie als Nation augenfällig tapfer und kriegeriſch
thuſiasmus für charakteriſtiſche Glazialbildungen erklärt
ſind, haben ſie nur wenige furchtbare Kriegsgeräte erfun
wurden, bei näherer Unterſuchung als pſeudoglazial, nur durch Waſſerwirkung entſtanden erkannte. Speziell in den
den und entwickelt. Sie haben große Städte gebaut und
Karpathen ſind die Verhältniſſe durd; das für die Flyſch zone charakteriſtiſche Vorkommen von erotiſden Blöden weſentlich kompliziert; auch außerhalb des einſtigen Glazial territoriums fonnten ſich durd, Zerſtörung und Umlagerung der erotiſche Geſchiebe einſchließenden Schichten Ablage rungen von pſeudoglazialem Charakter bilden. So bin
betreiben ein ungeheures Handelsſyſtem, und doch erſcheinen ihre Schiffe und Warenhäuſer, ihre öffentlichen und Privat gebäude neben den unſeren zerbredilich, dürftig und zeit
weilig. Sie verfertigen die ausgezeichnetſten und geſchmad vollſten Fabrikate und Waren und doch ſind ihre Werk zeuge und die mechaniſchen Hilfsmittel ihrer Künſte rudi: mentär.
ich z. B. überzeugt, daß die merkwürdigen Block- und Ges
Wir ſind jedem dankbar, der uns behilflich ſein will,
ſchiebe-Anhäufungen , die ich aus dem ſüdliden Mähren beſchrieben habe ( „ Jahrb. d. t. t. geol . Reidsanſt.", 1878 und 1879), am Nordrande der Karpathen als glaziale
einige Einſicht in den Charakter und das Leben eines ſo
intereſſanten Volkes zu erlangen, und wir fühlen uns in
dieſer Hinſicht ganz beſonders dem Boſtoner Profeſſor
Japaniſdie Häuſer.
335
Edward S. Morſe verpflichtet, daß er während ſeines
wirkſame und einflußreiche Urſachen zur Beſtimmung des
Aufenthaltes in Japan die japaniſchen Häuſer zu einem beſonderen Gegenſtand ſeines Studiums gemacht und das
Charakters der Wohnung. Dieſe Urſachen erklären zum
größten Teile die Eigentümlichkeiten des japaniſchen Hauſes
Ergebnis ſeiner Beobachtungen in einer ebenſo lehrreichen
im Vergleich mit dem unſerigen. Japan iſt ſeit unvor
als intereſſanten Monographie i niedergelegt hat. Nichts
denklichen Zeiten von Erdbeben und Teifunen heimgeſucht
vermag uns ein deutlicheres Verſtändnis von dem Leben
worden , und dies wird erklären , warum der Japaner ſein
des Bewohners zu geben, als die Schilderung ſeiner Wohn-
Haus ſo niedrig wie möglich baut und als Baumaterial
ſtelle, feines Heims und der Geräte und Möbeln , welche er in derſelben um ſich ſammelt. Zum Glück für uns verband der Verfaſſer des angeführten Buches in ſeiner eigenen Perſon die Befähigung des wiſſenſchaftlichen Beobachters und die Geſchidlichkeit des Künſtlers. Wir können füglich ſagen, wir haben hier zum erſtenmale verſtändliche Schilderungen des japaniſchen Wohnhauſes und einſichtsvolle Erklärungen des Gebraudys und der Anord:
das Holz dem Stein und Badſtein vorzieht, warum er am
nung ſeiner Geräte und Möbel.
Früher haben uns die
Reiſenden in Japan nur Photographien vom Aeußeren der Häuſer, von Thorwegen, Portalen und Straßenſzenen oder Reproduktionen von einheimiſchen japaniſchen Zeichnungen durch Kupferſtecher und Holzſchneider geboten, die jene Zeidnungen nicht verſtanden . Jeder Ausländer, der
liebſten aus dem ganzen Hauſe nur einen einzigen Hohl raum madt und die erforderlichen kleinen Innenräume durch leichte Verſchläge, Schiebwände, ſpaniſche Wände und oft nur durch papierene Wände, Tapetenvorhänge, Schirme zc. abteilt. Der Japaner ſchläft auf dem Fuß boben, eine Matte und ſelten eine Wolldecke als Lager, feine Kleider und eine Woll- oder leichte Steppdecke zum Zudecken, eine Art hölzernen Schemel anſtatt des Ropf
kiſſens – er bedarf alſo keiner Betten. Er ſißt zum Ar beiten, zum Studieren, zum Eſſen, zum Plaudern auf dem
Fußboden, welcher nur mit einer Matte oder einem Teppich belegt iſt
er bedarf daher außer einigen niedrigen
ſchemel-artigen Tiſchden auch keiner Möbel, und alle Ge:
Japan bereiſt, madyt die Erfahrung , daß er trop allem ,
räte, mit denen er ſich umgibt, dienen mehr dem Lurus,
was er zuvor aus Büchern über Japan zu erfahren bemüht geweſen iſt, über das wirkliche japaniſche Haus und
der Verzierung 2c. als dem Bedürfnis, und hängen von der Bildungsſtufe und dem Wohlſtand und Geſchmad des
ſeine Umgebungen ſo ſehr erſtaunt war, als ob er nie-
Hausbewohners ab. Dies erklärt die Abweſenheit von Möbeln in unſerem europäiſchen Sinn. Das Klima iſt
mals zuvor eine Uluſtration desſelben geſehen hätte. Profeſſor Morſe dagegen iſt mit offenen Augen und einem
Zeichenſtift in der Hand umhergegangen, und die Genauigfeit und Zuverläſſigkeit ſeiner Belehrung überraſcht uns auf jeder Seite. Wir müſſen einräumen , daß ein hoher Grad von Unternehmungsgeiſt und Zuverſicht dazu gehörte,
um ſich in den Beſiß von einigen dieſer Skizzen zu ſetzen. Die Japaner ſind ein äußerſt liebenswürdiges , zuvor: kommendes und höfliches Volf ; allein es muß ſie überraſcht und vielleicht ſogar beluſtigt haben , die Ausdauer
und Beharrlichkeit zu ſehen, mit welcher der Künſtler umberging und hinter ihre Schirme und Vorhänge, unter ihre Matten und in ihre geheimſten Winkel blickte. Wir haben uns jedoch darüber nicht zu beklagen, denn Profeſſor Morſe hat für uns viel mehr geſehen , als wir ſelbſt zu ſehen imſtande geweſen wären, und hat eine ſolche Maſſe von Thatſachen und eine ſolche Mappe voll Juuſtrationen geſammelt, wie wir ſie in einem ganzen Menſchenleben nicht zuſammengebracht haben würden . In jedem Lande iſt ein Wohnhaus nur das Produkt von komplizierten Urſachen . Das Klima, das Vorwalten von zerſtörenden nachteiligen Agenzien , die Beſchaffenheit des zur Verfügung ſtehenden Materials, die Geſchicklichkeit der Handwerksleute, der Reichtum des Volkes, die Entwickelung der künſtlichen phyſiſchen Bedürfniſſe und des Geſchmacks für das Schöne und Verfeinerte im Leben, dies alles ſind 1 Japanese Homes and their Surroundings. By Edward S.
Morse.
With
Ticknor, 1886.
illustrations
by the anthor.
Boston ,
mild und erheiſcyt nid)t jene furdytbare ſorgliche Vor kehrung gegen die Kälte , welde uns vertraut und zur
Notwendigkeit gemacht iſt - daher die Abweſenheit von Kaminen und Defen.
Die arbeitende Klaſſe geht beinahe
nackt und iſt gegen die mindereren Sdivankungen der Temperatur abgehärtet dies erklärt die geringeren Vor kehrungen für Dady und Fach für die Mehrzahl des Volkes. Wir finden darin eine gewiſſe Genügſamkeit und Bedürfnis loſigkeit, welche aber auch der Findigkeit und Erfindungs: gabe der Menſchen einen weſentlichen Sporn benimmt und den Fortſdyritt hemmt, denn unſere Bedürfniſſe ſpornen unſere Kräfte, wie das franzöſiſde Spridwort mit Recht ſagt. Wir Europäer können es nur dywer begreifen, warum der Japaner, welcher in der Entwicelung ſo vieler Künſte des
ziviliſierten Lebens eine ſolche Geſchidlichkeit zeigt, in an deren Künſten und Fertigkeiten ſo geringe Fortſchritte gemacht hat. Hievon nur ein Beiſpiel unter vielen. Im Jahre
1542 landeten die Portugieſen auf den ſüdlichen Inſeln von Japan und hinterließen dort, unter anderen Spuren ihres Beſuches, eine Anzahl der Luntenflinten , welche damals
in Europa im gewöhnlichen Gebraud waren. Nach Ver lauf von drei Jahrhunderten ſah man noch vor wenigen Jahrzehnten den japaniſchen Jäger in den Bergen mit dem identiſchen Muſter der Luntenflinte bewaffnet, welche die Portugieſen hierher gebracht hatten. Der japaniſche Büchſen ſchmied hatte nur ausfindig gemacht, wie er aus dem Ges wehr mit dem Luntenſchloß eine weit zierlichere und orna
mentalere Waffe machen konnte, als jenes vordem in den
336
Geographiſche Neuigteiten.
Händen der Portugieſen geweſen war. Er hatte den Rolben verziert, den Lauf mit Gold und Silber eingelegt und ſchöner
Volfscharakter und ſein ethiſches und ſoziales Weſen erſt redyt verſtehen und würdigen.
Ausrüſtung verſehen ; aber es iſt nod) immer die alte Lunten:
Die ſchönen Erzeugniſſe der ornamentalen Künſte der
flinte, an welcher nidyt ein einziger wirkſamer Teil verändert oder verbeſſert worden iſt. Erſt in den allerjüngſten Jahr zehnten haben die japaniſchen Büchſenſchmiede ſolche Gewehre mit einer plumpen Nachahmung von Perkuſſionsſdlöſſern verſehen. Eine ſolche Abweſenheit von Fortſchritt und erfinderiſcher Fortbildung iſt überraſchend; allein ſie erregt
Japaner ſind uns vertraut geworden und in unſeren Bes hauſungen beinahe ebenſo heimiſch wie in den ihrigen ; allein die Geräte des gewöhnlichen Lebens, welche doch für die Ethnologie, für die Kulturgeſchichte und Anthropologie
nicht halb ſo ſehr unſer Erſtaunen als die unverkennbare
eine ſo hohe Bedeutung haben , ſind uns ſeither nod)
fremd geweſen , und wir müſſen dem Profeſſor Morſe nur dankbar ſein , daß er uns in ſeinem genannten Buche fo
bedeutſame Ueberlegenheit der Japaner in anderen und
viel wichtige Belehrung über dieſelben geboten hat.
ſchwierigeren Künſten, denn in der Modellierung und Vers
verweiſen hier nur auf gewiffe 3uuſtrationen, wie die: jenigen der Zimmermanns- und Tiſchler-Werkzeuge, die
zierung von Töpferwaren, in ornamentalen Metallarbeiten,
Wir
in Weberei und Sticerei, in Malerei, Bildſchnißerei, Elfen
Darſtellungen eines Strohdaches, die inneren Einrichtungen
bein- und Emailarbeiten , in der vorzüglichen Herſtellung ihrer ladierten Waren, in ihrer Kunſttiſchlerei und Marqueterie 2c.
des Wohnhauſes, der verſchiedenen Küchengeſchirre, der
ſtellen ihre Leiſtungen die Japaner in die vorderſte Reihe
der japaniſchen Brunnen und Waſſereimer, der Gärten
Badewannen und Waſdſchüſſeln, der Leuchter und Lampen,
unter allen Völkern.
und Gartenlampen u. ſ. w., um zu zeigen, wie mannig:
In allen dieſen Erzeugniſſen des Gewerbfleißes nehmen die Japaner nun eine anerkannte Stellung ein. Minder bekannt iſt es , daß auch in vielen der beſcheideneren Zweige ihrer Thätigkeit ihre Arbeit kaum weniger zu
faltig und intereſant der Inhalt jenes Buches iſt.
bewundern iſt, und gerade hievon legt das obenerwähnte
blid in ſeine Sammlungen gönnen ; namentlich aber ſehen wir uns zu dem Wunſche gedrungen, ein intelligenter und
Werk des Profeſſors Morſe das günſtigſte Zeugnis ab. Er führt uns genügende Belege für die Trefflichkeit ihrer
Wir
ſind überzeugt , daß Profeſſor Morſe's Mappe noch nicht erſchöpft iſt, und wir fönnen nur den Wunſch anfügen,
er möge uns in gehöriger Zeit noch einen weiteren Ein:
keit im Gartenbau und ihrer Gewandtheit vor, das Haus
unternehmender deutſder Verleger möge eine deutſche Auss gabe des Morſe'ſchen Werkes veranſtalten , weldies für Länder: und Völkerkunde, Kulturgeſdichte und Kunſthands
und den Garten nicht allein dem phyſiſchen Behagen, ſondern auch dem intellektuellen Vergnügen und Genuß
werk, Anthropologie und Ethnographie u . 1. w . eine ſolche umfangreiche Quelle der Belehrung iſt.
Zimmermanns- und Kunſttiſchler-Arbeit, ihrer Geſchidlich:
der Bewohner dienſtbar und nüßlich zu machen. Wir ſind dem Verfaſſer beſonders dafür zu Dank verbunden, daß
er uns ſo deutlich die inneren Einrichtungen des japani îchen Wohnhauſes und die häusliche Routine vorführt, die in demſelben vor ſich geht, und daß er uns mit all den
Geographiſde Neuigkeiten.
Beweiſen für die Behaglichkeit und Verfeinerung bekannt macht, welche man überall ſieht. Es iſt merkwürdig, wie
* Die Goldproduktion. Aus dem jüngſten Bes richt von Mr. Horatio Burchard, dem Münzwardein der Vereinigten Staaten, über die Produktion der Edelmetalle in dieſen , geht hervor , daß dieſer Ertrag im Jahre 1884 denjenigen des Vorjahres um 800,000 Doll. oder 3,200,000
der Japaner einerſeits jo bedürfnislos und nüchtern iſt und andererſeits doch eine ſolche Freude an einem , wenn
auch traditionell beſchränkten und ſtyliſierten künſtleriſdien Schmuck ſeiner Umgebungen hat. Die Tapeten, womit er ſeine Wände bekleidet , zeigen eine phantaſiereiche, wenn audy ſtyliſierte und ſich in überkommenen Muſtern
Mark an Gold und um 2,600,000 Doll. an Silber über
und Vorwürfen bewegende Malerei; die papierenen
an Silber, welche ſich an Werten für die einzelnen Staaten
Zwiſchenwände, die Kattunvorhänge und leichten Ver ſchläge, womit er die Innenräume ſeines Hauſes abteilt, ſind mit reichen Bildern verſehen ; wo Balken und Holz
und Territorien wie folgt verteilen : Alaska an Gold 200,000
werk zu Tage tritt , ſind ſie mit Sdnißwerk in delikaten
Colorado an Gold 4,250,000 , an Silber 16,000,000, Dakota an Gold 3,300,000, an Silber 150,000, Georgien
Muſtern verziert und reid bemalt, und man iſt verſucht, zu ſagen : der Japaner ſtellt in ſeiner ganzen Umgebung
erſt nur das abſolut Notwendige her und verbindet damit das Nüßliche, bevor er ſich bemüht, durch künſtleriſchen, pban: taſiereichen Schmuck aud das Angenehme, das Element des Schönen, in ſeinen Bereich zu ziehen . Dies wirft ein eigentümlides Licht auf den Japaner und lehrt ſeinen
troffen hat. Der Geſamtertrag ſtieg im Jahr 1884 auf 30,800,000 Dollars an Gold und auf 48,800,000 Doll.
Doll., Arizona an Gold 930,000, an Silber 4,500,000, Californien an Gold 13,600,000 an Silber 3,000,000,
an Gold 137,000, Idaho an Gold 1,250,000, an Silber 2,720,000, Montana an Gold 2,170,000 , an Silber
7 Millionen, Nevada an Gold 3,500,000 , an Silber 5,600,000, Neu -Merico an Gold 300,000, an Silber drei Millionen, Nordcarolina an Gold 157,000 , an Silber
3500, Oregon an Gold 660,000, an Silber 20,000, Süd
Seographiſche Neuigteiten .
Carolina an Gold 57,000, an Silber 500, Utah an Gold 120,000, an Silber 6,800,000, Virginien an Gold 2000, Waſhington an Gold 85,000, an Silber 1000, Wyoming an Gold 6000, Alabama, Tenneſſee an Gold 76,000, an Silber 5000, im Ganzen an Gold 30,800,000 Dollars, an Silber 48,800,000 Dollars , zuſammen 79,600,000 Dollars. Mr. Burchard gibt dann die Ueberſicht über den Gold- und Silberertrag während des vierzigjährigen Zeitraums von 1845-1885 mit 8260 Millionen Franken in Gold und 3325 Millionen Franken in Silber. Ends
337
unterwaſchene, verwitterte und manchmal zuvor durd) Di namit angegriffene Erdreich unter Geräuſch zuſammen ſtürzen und manchmal ungeheure Stücke weit hinaus:
ſchleudern. Hat man nun einen Teil des Erdreichs auf dieſe Weiſe zerſtört, ſo endigt das Verfahren mit dem Auswaſchen des Schutts im ,,Gerinne" ( flume), einem
hölzernen Kanal von großem Umfang, der oft ein Meter
lich gibt Mr. Burchard nach den zuverläſſigſten Nachrichten die er auftreiben konnte, die Ueberſicht über die Produktion
breit und in welchen das Waſſer oft aus großer Entfernung hergeleitet iſt. Manchmal fammelt ſich das Angriffswaſſer direkt in einem Abzugskanal, welcher dann das Gerinne erſeßt. Dieſer Kanal iſt im Erdreich ausgehöhlt und an der Sohle mit großen Steinen gepflaſtert und in den
der Edelmetalle in der ganzen Welt während des Jahres
Fugen dieſer Steinplatten ſammelt ſich das Gold.
1883, den Wert in Dollars ausgedrückt, in folgenden
Die mittelſt des hydrauliſchen Verfahrens behandelten Placers oder Fundorte heißen dry diggings oder trodene Placers ; man kann auf dieſe Weiſe Stellen von geringem Goldertrag angreifen, z. B. folche, die nur 30 Centimes
Ziffern :
Vereinigte Staaten Gold 30,000,000, Silber 46,200,000 , Rußland Gold 23,867,935, Silber 323,427 , Auſtralien Gold 32,500,000, Silber 80,000, Merico Gold 955,639, I
Gold auf die Tonne abwerfen .
Ein trockener Placer be
Silber 29,568,276 , Deutſches Reich Gold 303,722, Silber
deđt gewöhnlich einen bedeutenden Flächenraum und zu
9,589,300, Deſterreich-Ungarn Gold 1,088,615, Silber 2,024,645, Schweden Gold 24,590, Silber 65,800, Nor wegen Silber 234,645 , Stalien Gold 72,375 , Silber
derlich.
17,949, Spanien Silber 3,096,220 , Türkei Gold 6646, Silber 89,916 , Argentiniſche Republik Gold 78,546, Silber 420,225, Columbia Gold 3,856,000, Silber 760,000,
Bolivia Gold 72,375, Silber 16,000,000, Chile Gold 163,000 , Silber 5,325,000 , Braſilien Gold 632,520, Japan Gold 120,080, Silber 353,825 , Afrika Gold 1,993,800, Venezuela Gold 3,338,058 , Canada Gold
ſeiner erſchöpfenden Ausbeutung ſind mehrere Jahre erfor: Solche Lagerſtätten ſind entweder von wandern
den Gletſchern oder durch Waſſerläufe von dem Diluvium niedergeſchlagen worden und bilden heutzutage die echten californijden Placers ; ſie ſind die einzigen, deren Aus
beutung heutzutage wirklich lohnend iſt, und ſie liefern die bemerkenswerteſte Menge Gold , welche Californien ſeit der berühmten Entdeckung des Waſdgoldes durch Marſhall und Humphrey auf der Pflanzung des Kapitäns
Sutter unaufhörlich in die ziviliſierte Welt hinausgeſandt
954,000 , Silber 68,205. Geſamtſumme Gold 94,027,901,
hat. Die Anwendung des hydrauliſchen Verfahrens hat
Silber 114,217,783 Dollars.
gleichzeitig die Wirkung, den Grubenertrag zu zentraliſieren ;
Als Beilagen zu ſeiner gewaltigen Arbeit hat Herr
denn anſtatt einzeln zu arbeiten , wie es die Goldwäſcher
Burchard noch vier Denkſchriften der Herren Egleſtone,
früher thaten, haben ſie ſich nun in Gruppen von fünfzig, aditzig bis hundert Perſonen vereinigt. In jüngſter Zeit
Blake, Randall und Skidmore beigefügt, die folgende Gegenſtände behandeln : die erſte, die Scheidung von Gold und Silber vom Rotkupfer ; die zweite die verſchiedenen
und dürfte die intereſſanteſte ſein , denn ſie enthält merk
hat dieſe Art von Arbeiten ſogar eine ſolche Bedeutung erlangt und ſo große Geldanlagen und Vorſchüſſe nötig gemacht, daß ſie nur von Geſellſchaften von Kapitaliſten unternommen werden konnte , welche ihre hauptſächlichſten Agenten und Ingenieure an Ort und Stelle hatten, wäh rend ſie ſelber in San Francisco reſidierten . Der Gold gräber von ehedem , welcher auf eigene Rechnung und
würdige Einzelheiten über die verſchiedenen Arten des
Gefahr dieſes abenteuerliche Leben mit ſeinen Wechſelfällen
Goldwaſchens aus dem goldführenden Boden, wie ſie in
von Glück und Unglück führte , iſt verſchwunden und hat einem bezahlten Arbeiter Plaß gemacht. Allein ſchon ſeit mehreren Jahren hat ſich angeblich ein großer Streit
Geſtalten, unter denen das Gold fich findet; die dritte die auf die Bergwerks -Induſtrie angewandte Hydraulif, und endlich die vierte die Produktion der Edelmetalle in Cali fornien. Die leßte dieſer Denkſchriften iſt ſehr vollſtändig
Californien der Reihe nach praktiziert worden ſind, von den einfachſten und primitivſten bis zu den komplizierteſten und beſonders bis zu demjenigen Verfahren, welches man das eigentlich hydrauliſche genannt hat und das 1852 von
einem Goldſucher aus Connecticut erfunden worden iſt. Es beſteht darin, daß man einen Hügel oder ein Plateau von Aluvium an ſeiner Baſis untergräbt mittelſt ſehr ſtarker
Waſſerſtrahlen, welche eine biegſame Röhre auswirft. Der von dem Goldgräber geſchleuderte Waſſerſtrahl iſt deſto kräftiger, je höher der Druck iſt, der oft auf mehrere At:
moſphären ſteigt. Man ſieht dann das an ſeiner Baſis
zwiſchen den Grundeigentümern und den Bergwerks-Geſell ſchaften in Californien entſponnen ; die Ackerbauer madjen nämlich den Goldgräbern den Vorwurf, ſie verderben durch das hydrauliſche Verfahren rettungslos das Gelände, das ſie ausbeuten. Der Streit iſt ſehr hißig geworden und hat mehrere Phaſen durchlaufen ; er iſt durch eine Reihe von gerichtlichen Urteilen entſchieden worden, welche den Goldwäſchern Unredyt gaben und ihnen forthin das Waſchen mittelſt großer Waſſermaſſen unterſagten. Mr. Skidmore
338
Geographide Neuigteiten.
meint, die Goldproduktion werde fidy in dieſem Jahr ſogar um mehr als vier Millionen Dollars vermindern , und ſagt, es ſeien auf dieſe Weiſe über 20,000 Menſchen arbeitslos
naſtir, Saloniki, Roſlowo und Seres würden dann , nach den vertrauenswürdigſten Ermittelungen , 1,531,000 Ein
ausnehmen. Die anderen großen Verwaltungsbezirke Mo
geworden und das ſteuerpflidhtige Eigentum auf einer
wohner ergeben , weldie ſich folgendermaßen verteilen
Oberfläche von etwa 7000 e. Q.-Min. um 50 bis 90 Proz.
würden : 410,000 chriſtliche Bulgaren, 46,000 mohame:
entivertet worden .
Mr. Sfidmore iſt der Anſicht, daß,
daniſche Bulgaren ( Pomaken ), 350,000 Albaneſen, 280,000
abgeſehen von dieſem Umſtande, die Bergwerks-Induſtrie in Californien ſich unter einem im allgemeinen günſtigen Ausſehen zeige und für die Zukunft viel zu verſprechen
zaren und 40,000 ſpaniſche Juden. Der Reſt beſteht aus
deine.
Das Gebiet Alaska verſpridit ebenfalls ein widytiges
goldführendes Land zu werden . „ Die Goldſudher haben ", wie Mr. Horatio Burchard in ſeinem Beridyt ſagt, ,,bisher nur einige Punkte des Küſtenſtridis in Angriff genommen und die örtliche Regierung in Bezug auf das Innere nod) nichts gethan. Gleichwohl vermochten ſie ſich zu vergewiſſern, daß die Inſel Douglas zahlreiche goldführende Lager ent halte ; und man darf nicht vergeſſen, daß der Ardipel von Alaska gegen 1100 Inſeln und Eilande enthält, welche alle von derſelben geognoſtiſchen Zuſammenfeßung find, wie die Inſel Douglas ſelbſt ." Trotdem darf man nicht erwarten , daß die Kapitalien ſich nach dieſer Seite wenden werden, ſo lange die Regierung von Alaska noch keinen feſten Fuß gefaßt hat und die Goldgräber nidyt einer geſetzlichen Anerkennung und friedlichen Ausbeutung verſichert ſein dürfen .
(G. g.)
* Ueber die Bevölkerung und die Zuſtände in Makedonien entnehmen wir der „Kölniſchen Zeitung "
folgende Notizen : Dieſe türkiſche Provinz bietet das Bild der buntſchecigſten Bevölkerung in ganz Europa, in der keine Nationalität eine abſolute Majorität beſikt, bar. 3m
Dſten, bei Saloniki und an der Meeresküſte iſt das grieci
Türken, 145,000 Griechen, 120,000 Serben, 95,000 Zin Zigeunern und Ausländern.
* Die antarktiſchen Regionen. In einer Denk ſchrift über die Wichtigkeit der Erforſchung der antarkti ſchen Regionen berichtet der britiſche Admiral Sir Erasmus Ommaney über alle ſdon in dieſer Richtung veröffentlichten
Arbeiten und Studien von Cook, Bellingshauſen, Weddell, Biscoe, Balleny, Wilfes , Dumont D'Urville, James Rob und Nares und gelangt zu folgendem Schluß : Nad; allem ,
was man heutzutage kennt, ſteht zu vermuten, daß der Südpol von einem ewigen Gletſcher umgeben iſt, und
nach der Beſchaffenheit der daſelbſt von Roß ausgeführten Peilungen möchte es erſcheinen , daß die große Eismauer, längs deren die Sdiffe hingefahren ſind, das Ende dieſes Gletſchers bildet , die unerſchöpfliche Quelle der Eisbänke
und Eisinſeln, welche in den Südpolar-Dzean und manch: mal bis zum 12.0 1. Br. hinaustreiben . Die Thatſache,, daß man in den antarktiſchen Regionen ſchon Vulkane von
ebenſo bedeutenden Verhältniſſen wie der Aetna getroffen hat, dürfte hinreichen, um das Verlangen nach weiteren Forſdungen in jenen Gegenden anzuregen , wo weder Menſchen nod Tiere jemals vorhanden geweſen ſind.
Noch nie hat ein Menſdy den Winter in der antarktiſchen Zone zugebracht. Es wäre zu wünſchen, daß eine Erpe dition unternommen würde, welche während dieſer Jahres
( che Element von großer Bedeutung , aber ſelbſt die wich
zeit daſelbſt verweilte, ſo daß man die Beobachtungen , die
tige Hafenſtadt könnte eher für eine jüdiſche Stadt als
man dort zu machen imſtande wäre, mit den Phänomenen
Im Weſten
vergleichen könnte, die man bereits aus der arktiſden Polarregion kennt. Die Beobachtungen, welche man im Verlauf eines ganzen Jahres dort ſammeln würde, dürften wohl die wichtigſten Reſultate für alle Zweige der Wiſſenſchaft er: geben . Man könnte den Zweck , welchen man ſich vors nähme, mit Hülfe von Dampfſchiffen erreichen , welche
für einen Mittelpunkt der Griechen gelten.
wohnt das albaneſiſche Element, die wildeſte, originellſte und unbotmäßigſte Völkerſchaft unſeres ganzen Erdteils . Zwiſchen den Griechen und Arnauten finden ſid, Slaven , Türken und Walachen in großer Anzahl eingeſprengt.
Leßtere heißen hier Zinzaren , weil ſie in ihrer Sprache die Zahl drei nicht tſchlutſch ausſprechen , wie die Bewohner
von Rumänien , ſondern zinz. In Betreff der Ziffer der einzelnen Volfsſtämme ſind die gewonnenen Zahlen nicht
ganz beſonders bemannt und eingeriditet wären. Es iſt kein chimäriſdes Projekt um den Plan einer Erpedition ,
und Wünſde der verſchiedenen Autoritäten Blick und Urteil
welche in Schlitten den Gletſcher von Victorialand über chritte, um nach dem Südpol vorzubringen , nach dem
Wenn ein ruſſiſcher General die Zahl der Bul
Beiſpiel derjenigen, welche Profeſſor v. Nordenſkiöld in
zuverläſſig , ſondern deſto ungenauer , je mehr die Anſprüche trüben .
garen in Makedonien auf anderthalb Millionen ſchätt, ſo gibt er eine ebenſo beſtreitbare Zahl an, wie die griechi den Notabeln , welche in einem Bericht an den Patriarchen und die Pforte fid unverfroren für die Vertreter von 800,000 in dieſer Provinz lebenden Griechen ausgeben . Wenn man von Makedonien im allgemeinen als Schau
plaş politiſcher Vorgänge ſpricht, ſo dürfte man zunädyſt die albaneſiſchen Bezirke Janina und Skutari davon
Grönland verſucht hat. Ein anderer nicht minder merk würdiger Punkt verdient ebenfalls neue Studien, nämlich die Temperatur des Meeres in einer gewiſſen Tiefe, denn die Thermometer, welche ſeinerzeit dem Kapitän Rob
geliefert wurden , waren von einer fehlerhaften Konſtruktion und nicht darauf berechnet, um unter dem ſtarken Druck des Dzeans genaue Ziffern zu geben. Ebenſo wäre audy
von Wichtigkeit, eine neue magnetiſche Aufnahme vorzu
Litteratur.
nehmen, um genau beſtimmen zu können, was für ſekulare
Veränderungen ſich nach einem Zeitraum von vierzig Jahren und mehr in den Elementen des Erdmagnetismus voll zogen haben.
(G. g.)
339
genau dieſelben Erſcheinungen hervorbringt, wie in den dürren Einöden von Nevada und Dakota , von deſſen geringer Regen menge man ſie ſeither weſentlich mitbedingt glaubte. In Oahu und Weſtmani iſt ſchon ein guter Teil des anfänglich aufges ſchütteten Gebirges wieder ins Meer hinab geführt. Eine inter
eſſante Erörterung erfahren auch die Regenverhältniſſe und be ſonders die an mehreren Punkten vorkommenden regenreichen
Gegenden im Windſchatten . Sie ſind dadurch bedingt, daß der
litteratur.
Paſſat nicht über 7000 Fuß in die Höhe reicht; ſobald ihm eine
höhere Bergmaſſe entgegenſteht, tritt in deren Lee der gewöhnliche * Hawaiian
Volcanoes.
By Captain Clarence Edward
Dutton, Ordnance Corps, U.S.A. In Fourth Annual Report of the U.S. Geological Survey for the years 1882–83. Wir halten es umſo mehr für unſere Pflicht, unſere Leſer auf dieſe ſchöne Arbeit aufmerkſam zu machen, als ſie an einer Stelle ſteht, wo die wenigſten einen Bericht über eine Reiſe auf den SandwichInſeln ſuchen werden. Dutton ging niach Honolulu in der ganz beſtimmten Abſicht, Vergleichsmaterial zu ſammeln zu
einer großen Arbeit über die vulkaniſchen Gebiete in den Vereinigten Staaten , und mußte ſich darum auf anderen Pfaden bewegen, als die Touriſten, welche ſich mit einem fliichtigen Beſuch des Kilauea und höchſtens einer Beſteigung des Mauna Loa begnügen. Mit einer vollſtändig ausgerüſteten Karawane durchwanderte er zunächſt Hawaii, deſjen Feuerberge allein noch thätig ſind, und beſuchte
ſeine fiinf Eruptionszentren, Kilauea, Mauna Loa, Manna Rea , þualalac und Kohala, nur fürzere Zeit konnte auf Maui mit dem Haleakala und Dahu verwandt werden . Dutton's Reſultate ſind ſehr intereſſant. Zunächſt konnte er feſtſtellen, daß Hawaii beſon
ders im Siiden zwei, wahrſcheinlich ſogar drei bedentende Hebungen erfahren hat. Die oberſte Terraſſe, welche aus Lehm und Lava ſchichten gemiſcht, unzweifelhaft im Meere gebildet ſein muß, fand er faſt 3400 Fuß iiber dem Meer. Alle hawaiiſchen Vulkane ſind ihrer Hauptmaſſe nach aus übereinander gefloſſenen Lavaſtrömen aufgebaut, nicht aus Auswürflingen, daher auch die geringe Nei gung ihrer Seiten , welche nicht über 200 ſteigt und häufig nur 3-40 beträgt. Die angeblichen Rieſenfrater, Kilauea, Mokua weoweo auf dem Mauna Loa, die Gipfeleinſenkung des Haleafala auf Maui ſind durchaus nicht als Krater anzuſehen und haben niemals erhebliche Maſſen ausgeworfen ; ſie ſind vielmehr Ein ſtürze von durch die glühende Lava unterwaſchenen Deden , die .
nicht auf einmal, ſondern nach und nach erfolgt ſind ; Kilauea und Mauna Loa , obſchon bis auf eine kleine Senkung verſchmolzen ,
ſind durchaus unabhängig von einander und als zwei verſchiedene Vulkane zu betrachten. Im Inneren von Hawaii fand Dutton Lavafelder, welche den beriihmten lavadecen in Dakota und Cali fornien durchaus ebenbürtig und trotzdem aus einer einzigen kleinen Ausflußöffnung entſtanden ſind, aus welcher freilich 1859 die ganz diinnfliiſſige lava dreizehn Monate lang ausſtrömte. Das läßt Richthofen's Theorie, daß die californiſchen Lavadeden aus langen Spalten auf einmal ausgetreten ſeien, iiberflüſſig er ſcheinen. Eine Senkung des Landes erſdien nur an der Oſtküſte von Maui am Gehänge des Haleakala wahrſcheinlich, wo das Meer in die von der Eroſion gebildeten Schluchten eingedrungen
iſt. Am Weſtrande der Inſel dagegen iſt eine Hebung um min deſtens 200 Fuß unzweifelhaft, gehobene Korallenbäufe liegen bis in dieſe Höhe und die Wildbäche haben ihre beim Eintritt in die Ebene friiher aufgeſchütteten Schuttkegel bis zur Baſis und in dieſe hinein wieder durchſchnitten. Heute ſind nur nod) Kilauea und Mauna Loa, freilich auch im großartigſten Maßſtabe, thätig ; der Hualalai iſt ſeit Anfang des Jahrhunderts erloſchen ; der Haleakala auf Maui ſchon ſeit vielen Jahrhunderten. Oſtmaui, das von Weſtmaui ganz unabhängig iſt, Oahu , Houai und die kleineren Inſeln ſind ſchon ſeit Jahrtauſenden erloſchen und der Eroſion und Abraſion verfallen , die wunderbarerweiſe in dieſem
extrem regenreichen Klima bis in die minutiöſeſten Details binab
Wechſel zwiſchen Seewind und Landwind ein , und die ſich ver dichtenden Dämpfe des Seewindes bringen dieſen Gegenden jeden Nachm tag einen tüchtigen Regen , der nur eine ſchmale Küſtens zone frei läßt, welche darum diirr wird. Ditton hat iiber der Gede logie übrigens das Landſchaftliche nicht vergeſſen und weiß 1
prächtig zu ſchildern ; ſeine mit zahlreichen guten Anſichten ge ſchmückte Arbeit iſt darum auch dem zu empfehlen , den die Ro. ipeziellen Sulfanforſchungen weniger intereſſieren . * Stoll , Dr. Otto : Guatemala. Reiſen und Schildes rungen aus den Jahren 1878-1883 . Mit 12 Abbildungen und zwei Karten . Leipzig , F. A. Brodhaus, 1886 . Derſelbe Autor, dermalen Dozent an der Univerſität Zürich , hat uns im vorigen Jahre eine wertvolle Monographie über die verſchiedenen Indianers
ſtämme und ihre Sprachen geliefert , die wir in dieſen Blättern beſprochen haben . Jener ethnologiſchen Arbeit läßt er nun ein größeres und umfaſſenderes Werk iiber jenie noch wenig bekannte zentralamerikaniſche Republit folgen , welche zu den reichſten und
geordnetſten der ehemaligen ſpaniſch -amerikaniſchen Kolonien gehört und eine ungemeine Mannigfaltigkeit an Boden , Klima und Pro dukten hat und wohl in nicht ferner Zukunft noch eine bedeutende wirtſchaftliche Rolle zn ſpielen berufen iſt und imverkennbar ſchon
vor der Eroberung durch die Europäer die Wiege einer ziemlichen Kultur und der Schauplatz größerer und häufigerer Völkerwandes rungen war. Der Verfaſſer benützt zwar am geeigneten Ort ge wiſſenhaft die ſchon vorhandene Litteratur über Guatemala, gibt aber in der Hauptſache kein „ Buch aus Büchern “, ſondern vor allem die Ereigniſſe eigener Auſchauung und Beobachtung, welche
das Gepräge ſtrenger Wahrheitsliebe und Thatſächlichkeit tragen und trop der autobiographiſchen Form von Reiſebriefen den An forderungen an eine objeftive Geſamtſchilderung gerecht werden . Dr. Stol betrat das Land von der pazifiſchen oder Weſtſeite aus und widmete ſich, nach erſtandener Staatsprüfung , der medizini ſchen Praxis, welche ihn mit allen Ständen in Beriihrung brachte und ihm die Kenntnis des Volkslebens und der Zuſtände weſent lich erleichterte und vermittelte. Da er dieſe Praxis an verſchie denen Orten nach eiriander ansiibte und viel reiſte, ſo hat er beinahe das ganze land von 121,140 Q.-Km. und ſeinen 11/4 Millionen Einwohnern aus eigener Anſchauung kennen gelernt und hat uns ein anſchauliches Bild von Land und Leuten , von der großartigen gebirgigen Natur , von den mancherlei Hülfsquellen und namentlich auch von den Altertümern des Landes entworfen , wie wir es bisher noch nicht beſaßen. Daneben ſchildert er auch die politiſchen Zuſtände und die jüngſten politiſchen Ereigniſſe bis
zum 12. September 1885. Der Ethnologie und Ethnographie iſt beſonderer Fleiß zugewandt und die Kenntnisnahme von dieſen Zweigen der Erdkunde durch eine ethnographiſche Karte von Gua temala unterſtiitt, wie für das allgemeine Verſtändnis die gut gewählten Juuſtrationen und die ſehr gute und genaue Karte des ganzen Staates ſorgen .
Wenn Guatemala vorerſt auch für die
Answanderung und den Handel des Deutſchen Reiches noch nicht in Betracht kommt, ſo iſt es doch in naturgeſchichtlicher und geo graphiſcher Hinſicht hochintereſſant und einer hohen Entwidelung ſeiner Hülfsquellen fähig , und in dieſer Hinſicht leiſtet die knappe, lebendige und anſchauliche Schilderung des Verfaſſers alles , was man nur wiinſchen kann, ſo daß wir das Werk wirklich als einen
Litteratur.
340
der wertvollſten neueren Beiträge zu unſerer geographiſchen Littera
ſelben bekannt geworden iſt, ſo daß diejenigen , welche unſer neues
tur bezeichnen und der Beachtung der Gebildeten empfehlen dürfen . Das ſorgfältig hergeſtellte Regiſter macht es 311gleich zu einem
Kolonialgebiet in der Südſee kennen lernen wollen , in dieſer Schriſt alles irgend Wiſſenswiirdige überſichtlich und in anſprechen. der gewandter Darſtellung und befriedigendſter Wciſe beiſammen finden , weshalb wir dieſe Schrift angelegentlich empfehlen.
trefflichen Nachſchlagewerk. * Chalmers , James , and Gill , W. W y att : Neu
guinea. Reiſen und Miſſionsthätigkeit während der Jahre 1877 bis 1885. Autoriſierte deutſche Ausgabe. Mit Abbildungen und einer Karte. Leipzig, F. A. Brodhaus , 1886 . Die Annexion eines Teils der Nordküiſte von Neu - Guinea hat neuerdings das allgemeine Intereſſe auf dieſe größte Inſel der Welt unter den Tropen gelenkt , welche uns ſeither nur zu einem ſehr kleinen Teil und nur ſehr mangelhaft bekannt war. Unter den neueren
Werken der engliſchen Litteratur , welche ſich mit Nenguinea be faſſen, gehört das nun in vorgenannter deutſcher Bearbeitung vorliegende Werk der Miſſionare Chalmers und Wyatt zu den beſten und lehrreichſten , indem es die von denſelben beſuchten
Teile der Inſel wenigſtens aus eigener Anſchauung unbefangen
Berichtigung. Seite 102, Zeile 11 von oben : Neuſeeland anſtatt Neu guinea.
Seite 103, Zeile 19 von oben : Waite mata anſtatt Wai ternata .
Seite 104, Zeile 13 von oben : Grafſchaft ( County) anſtatt Geſellſchaft. Im Verlage der J. G. Cotta’schen Buchhandlung in
und nach allen Seiten treu ſchildert und namentlich dem Leben und den Zuſtänden der Eingeborenen eine beſondere Aufmerkſamkeit
Stuttgart erschien so eben :
ſchenkt.
FINANZ - ARCHIV.
Beſonders ſind es die ſüdliche und ſindöſtliche Küſte von
Neuguinea, von der Port Moresby -Bay bis zum Oſtfap, welche in dem vorliegenden Buche geſchildert werden , alſo der von der Krone Großbritannien annektierte Teil der Juſel, und die objektive
Zeitschrift für das gesamte Finanzwesen .
Beſchreibung dieſer Region wird noch belebt durch die individuellen
Herausgegeben von
Erlebniſſe der beiden Miſſionare und ihrer Kollegen . Der Bear beiter hat dem durch zwanzig gute Illuſtrationen und eine Ueber.
k . b . Hofrat und o.ö. Professor der Nationalökonomie, Statistik
ſichtskarte noch lehrreicher und anſchaulicher gemachten Buche eine
und Finanzwissenschaft an der Universität Würzburg.
Einleitung beigefügt, welche die geſchichtliche Entwicelung der Erforſchung der Jugel ſeit ihrer Entdeckung ſchildert und dadurch den Inhalt und Gehalt des Buches weſentlich ergänzt, aus dem wir einige Ausziige als Proben bringen werden . Hager , Karl : Kaiſer Wilhelm $ - Land und der
Dr. Georg Schanz, Dritter Jahrgang . gr. 80.
454 Seiten .
1
Bismard - Archipel. Nach den neueſten Quellen geſdiidert. Mit vielen Abbildungen und zwei Karten von Kaiſer Wilhelms-land. Leipzig, Greßner und Schramm, 1886. Die nunmehrige deutſche Nordküſte von der þumboldt- bis zur Aſtrolabe-Bay führt fünftig den offiziellen Namen „ Kaiſer Wilhelms-land“ und die nordöſtlich von
Erster Band . Preis Mark 12.
Inhalt : Abhandlungen .
Zuckersteuer und Zuckerindustrie
in den europäischen Ländern und in der amerikanischen Union von 1882 bis 1885 , mit besonderer Rücksichtnahme auf Deutschland und die Steuerreform daselbst. Von Dr. Julius Wolf, Docent an der Universität Zürich . Zur sog. Meldangabe bei der Veranlagung der persönlichen
Steuern. Von Carl Burkart, Regierungsrat und Rent amtsvorstand in München . - Die deutsche Reichsbank im
Neuguinea liegenden Inſeln Neu -Britannien, Neu - Irland und die
Dienste der Finanzverwaltung des Reichs und der Bundes
Herzog von Yorf- Inſel ſind nun unter dem Namen Neu -Pommern ,
Professor in Freiburg.
Neu-Medlenburg und Nen -Lauenburg zum „ Bismard -Archipel "
staaten. Von Dr. E. Philippovich v. Philippsberg, Finanzstatistik . Das Budget des Königreichs Italien.
vereinigt worden und werden fortan amtlich dieſen Namen führeni.
Von Prof. Dr. Richard v . Kaufmann .
Bereits ſind auch mehrere Handelsgeſellſchaften entſtanden , welche
Finanzgesetzgebung . Das preuss. Kommunalsteuer Notgesetz vom 27. Juli 1885. Von L. Herrfurth , Unter staatssekretär im Ministerium des Innern . Gesetz , betr.
ſich die Erſchließung und Entwicelung der fiilisquellen dieſer Kolonien zum Zwecke geſeßt haben, und insbeſondere gedenkt die
Neuguinea-Kompagnie noch in dieſem Jahr mit der genauen Er forſchung der Kiiſten und des noch ganz unbekannten Immern des dortigen deutſchen Kolonialgebietes zu beginnen. Da wir nun jeither feine zuſammenfaſſende vollſtändige Schilderung jener Ge genden bei den Antipoden haben , die uns doch nunmehr ſo ſehr beſchäftigen, ſo hat ſich der Verfaſſer des vorliegenden Buches die verdienſtliche Aufgabe geſtellt, eine ſolch eingehende und einheitliche Schilderung zu verfaſſen und dazu mit Fleiß und Geſchidlichkeit ſich der beſten vorhandenen Quellen bedient imd geſchickt Bild und Wort mit einander zu verbinden gewußt. Nach einer ſehr gut
geſchriebenen lehrreichen allgemeinen Einleitung iiber Natur, land und Leute und Geſchichte der Erforſchung und Beſiedelung , über die Beziehungen und Ausſichten des deutſchen Handels ac. ſchildert der Verfaſſer erſt Kaiſer Wilhelms Land und dann den Vismard ,
Archipel nebſt den benadybarten fleineren Inſeln in einer anſchaiis lichen Weiſe, welche uns dieſe fremde Region und ihre Bewohner
deutlich nahe riidt und alles zuſammenfaßt, was ſeither über dies
die Bereinigung des Katasters, die Ausgleichung der Grund
steuer unddie Fortführung desKatasters in Elsass-Lothringen . Vom 31. März 1884 . Herzogl. Sachsen - Meiningen'sches Gesetz vom 25. Juni 1885 , die Besteuerung des Gewerbe betriebs im Umherziehen betr. Bremisches Gesetz , betr. die Firmensteuer. Vom 27. Mai 1884. Bremisches Gesetz,
betr. die Aufhebung der Umsatzsteuer. Vom 27. Mai 1884. – Königl . sächsisches Gesetz, die Befugnis zu Ausschliessung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungs orten betr.
Vom 21. April 1884.
Das russische Gesetz
über die Abschaffung der Kopfsteuer und die Ablösung der Domänengrundpacht. Von Dr. J. v . Keussler. Die russische Kapitalrentensteuer. Von Dr. J. v. Keussler. Die neuesten drei niederländischen Steuergesetze. Ein Die neueren geleitet von Dr. R. van der Borg h t. griechischen Gesetze, betreffend die Staatsmonopole auf Petro leum , Zündhölzchen, Spielkarten und Cigarettenpapier. Finanzrechtsprechung. Entscheidungen des Reichs gerichts in Finanzfragen. Bearbeitet von Wilhelm Burk
hard , Regierungs- und Fiskalrat in Würzburg . Finanzlitteratur mit Bibliographie pro 1885.
Druck und Verlag der I. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Juslaud. Das Unglau Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter
Fach männer herausgegeben von der
I. G. Gotta'ſden Budhandlung in Stuttgart und München . Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 3. Mai .
Nr. 18.
1886 .
Jährlich 52 Nummern å 20 Seiten in Quart. Preis pro Cuartal M. 7. zu beziehen durch alle Vudhhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions -Gremplare von Werten der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6. 11 , zu jenden. Injertionspreis 20 Pj. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Die neueſte franzöſiſche Annexion am Maroni. S. 341 .
2. Bilder aus dem ruſſiſchen Volfsleben . I. Der 3. Die Grönländer. Nach dem Tagebuch eines Miſſionars aus dem Däniſchen. S. 348. 5. Ein Ausflug in den Altai. Von George Kennan . S. 351 . 4. Ein canadiſches Meffa. Von Dr. G. Weisbrodt . S. 354. 6. Geo Símolenski- Tag.
S. 345.
graphiſche Neuigkeiten. S. 356.
7. Notizen . S. 358.
8. Litteratur.
Die neueſte franzöſiſde Annexion am Maroni. Nody ſind die Händel nicht vollkommen beglichen, in welde die franzöſiſche Republik neuerdings durch ihre
Ländergier mit China, Annam , Tonking und Madagascar gekommen iſt, und ſchon ſcheint ſie wieder darauf erpicyt, mit
der Krone Holland in der Kolonie Holländiſch -Guyana (Suri nam ) durch einen Gewaltſtreich Streit anzufangen , indem ſie daſelbſt einen Bezirk von ungefähr zwei Millionen Hekta: ren Flächenraum von einem Landſtriche uſurpieren will,
welcher ſeither allgemein für rechtmäßiges Eigentum der niederländiſchen Kolonie Surinam galt. Vor uns liegt nämlich ein Ertra - Blatt der in Paramaribo erſcheinen den Zeitung „ De West-Indier“,2 Nr. 22, vom 15. März
1886, welches folgenden Artikel enthält :
S. 360.
| 9. Korreſpondenz. S. 360.
holt auf die noch nicht definitiv geordnete Grenzbeſtim mung hingewieſen, aber nichts half. Troßdem muß nun gehandelt werden, gleidjviel, ob dies der Regierung im Haag angenehm iſt oder nicht, denn die Kolonie fann nicht ruhig zuſehen , daß ihr Grundgebiet auf ſolche Weiſe zerbrödelt wird. Daß Cayenne ſeit langer Zeit auf das an Mineralien und Metallen reiche Gebiet lüſtern war, iſt kein Geheimniß. Die Begierde nad; dieſen reichen Län dereien gab im Jahre 1861 den Anſtoß zu der Ernen nung der niederländiſch -franzöſiſchen Kommiſſion, welche die Grenzbereinigung feſtſtellen ſollte, welche, richtig be.
trachtet, durch die bereits vollzogenen Thatſachen abge: ſteckt war. ,,Sicer bildet der Maroni- oder Marowijne-Fluß die anerkannte Grenze zwiſchen dem franzöſiſchen und dem
niederländiſchen Guyana. Dieſer Fluß entſpringt in dem „ Franzöſiſche Uſurpation an der Marowijne.“
,,Vor einigen Tagen fam uns durch den Beridyt über beinahe fabelhafte Goldfunde am rechten Ufer des Maroni
unwillkürlich die Frage von der Grenzbeſtimmung vor den Geiſt; doch hätten wir uns damals noch nicht denken können, daß die Frage bereits in einer derartigen Phaſe
iſt, daß man nun dagegen auf ſchlichtende Weiſe aufkom men muß.
Der „ Moniteur de la Guyane françaises
vom 6. Februar enthält nämlich die Nachricht, daß die Regierung von Cayenne die Unvorſichtigkeit gehabt hat, die Forderung von nicht weniger als 69,984 Heftaren Land von Niederländiſch -Guyana durch zwei dort wohnende Franzoſen in Behandlung zu nehmen. Man hat wieder
Tumuc-Humac-Gebirge und ſtrömt in jüdnördlicher Rid ) tung, bis er ſich als breiter, mächtiger Strom
Stoelman beſeßter Militärpoſten lag ergießt ſich in den ſelben der Tapanahony, der auf dem Gebiet von Nieder
ländiſch-Guyana aus ſüdweſtlicher Richtung kommt und einen ganz anderen Urſprung hat, als der Maroni ſelbſt. ,,Wo es nun bei der erſten Niederlaſſung von Kolo niſten an den Ufern dieſer Ströme nicht ausdrücklich be dungen war, zu welchem der beiden Guyana's das zwiſchen dem Tapanahony und dem Maroni liegende Gebiet gehören 52
Ausland 1886 , Nr. 18.
an der
Küſte ins Meer ergießt. Auf der Höhe von Stoelmans: Eiland – einer der vielen Inſeln, welche im Maroni gefunden werden und auf welcher früher ein von Kapitän
Die neneſte franzöſiſche Annexion am Maroni.
342
ſollte, dürfte ſicherlid, der Jahrhunderte- lange ungeſtörte Beſiß durch dieſen oder jenen Nachbar bei einer ſpäteren
definitiven Regelung der Grenze deſſen Eigentumsrecht
dieſe höchſt belangreiche Frage hatten löſen helfen, wur: den von den intereſſierten Regierungen Orden verliehen und ſo dem ganzen Werke auch moraliſch der Stempel
daran beſiegelt haben .
der Anerkennung aufgedrückt.
,,Daß Cayenne eine nähere , ſogen. wiſſenſchaftliche
Grenzbeſtimmung verlangte, troßdem es wußte, daß ſo wohl das linke Ufer des Marowijne oder Lava, als beide Ufer des Tapanahony von den unter der niederländiſchen Herrſchaft ſtehenden Buſchnegern bewohnt wurden, hätte
unſeres Bedünkens ein Fingerzeig für uns ſein ſollen, um auf unſerer Hut zu ſein . „ Wären jedoch die Umſtände anders geweſen und hätten franzöſiſche Unterthanen ſich ſchon bei der erſten Anlage der Kolonie an den Ufern niedergelaſſen und wären ſie mehr als 200 Jahre hindurch in dem ruhigen
,, Nach dieſem Ereignis hörte man von der Geſchidhte Die Veranlaſſung, um derentwillen die Kommiſſion ins Leben gerufen worden war, ſdien ihre Aufgabe erledigt und zufällig zu Gunſten von Surinam entſchieden zu haben, was jedoch nicht gelten durfte. „ Wir wiſſen nicht, was die Gründe geweſen ſein können, warum die niederländiſche Regierung nid )t ihre Pflicht gethan und ſich bemüht hat, durch Traktat das
nichts weiter.
mit großen Dpfern für die Kolonie erworbene Recht feſt:
zuſtellen. Wir haben wiederholt darauf hingewieſen, wie
geheimnisvoll alles was einigermaßen von Belang iſt und
Beſik derſelben geblieben, ſo würde Frankreich wohl nie
Surinam betrifft, durch die Regierung im Haag und durch
mals geduldet haben, daß unſerm Andringen bezüglich der
die koloniale Verwaltung hier betrieben und behandelt
Aufſtellung einer internationalen Sommiſſion zur Feſtſe ung der Grenze, die auf Grund des Beſißrechts bereits
wird. Allein dennoch haben wir uns nicht unbezeugt ge laſſen, und jedesmal, wenn wir darauf zurüdkommen zu
entſchieden war, Folge gegeben worden wäre. ,,Allein nun es eine Frage von einem mächtigen , ge genüber von einem ſchwachen Nachbar war, wurde dieſes Prinzip, das ſonſt als eine Hauptbedingung für koloniale
müſſen vermeinten , an die Nichtbeendigung dieſer kißlichen
Annerationen auf dem leßten zu Berlin gehaltenen Kon
Sache erinnert. Es iſt noch gar nicht ſo lange her, daß wir dasſelbe Thema wieder zur Erörterung gebradyt haben, allein wie es leider noch mit fo vielen anderen Sachen geht, haben weder die Regierung von Surinam, noch die Lan
greß aufs neue anerkannt worden iſt, für dieſen beſon
desvertretung , noch die niederländiſche Regierung es für
deren Fall beiſeite geſchoben. Nun ſoll für uns Holländer
der Mühe wert erachtet, unſerer Warnung Gehör zu ichenken.
eine wiſſenſchaftliche Grenzlinie gelten ! Die Bedingung ward angenommen, und die ſoeben erwähnte Kommiſſion vollzog ihren Auftrag auf hervorragende Weiſe. „ Der früher unbekannte Maroni wurde vermeſſen und
in eine Karte gebracht und zur Beſtimmung, welcher von den beiden Flüſſen - der Tapanahony oder der obere
Maroni, von den Franzoſen auch Lava genannt als Hauptſtrom angeſehen werden müſſe, wurde die Waſſer abfuhr beider Flüſſe während einer gewiſſen Zeitfriſt be
„In unſerm Blatt vom 23. November 1884 haben wir eine leßte Berufung an die Kolonialregierung und Landesvertretung eingelegt und bei Erörterung der Grenz frage mit dem franzöſiſchen Guyana unter anderem geſagt : 'Unſere öſtliche Grenze mit Franzöſiſch-Guyana iſt bereits E
durch die dazu ernannte niederländiſch -franzöſiſche Kom miſſion auf ausgezeichnete Weiſe behandelt worden und es wartet der dazu von der Kommiſſion gethane Vorſchlag
rechnet. Das Ergebnis war, daß die obere Marowijne
nur noch auf die Beſtätigung von ſeiten Frankreichs und
oder Lava bei Stoelmans-Eiland in derſelben Zeitfriſt
der Niederlande. Warum die Beſtätigung bis heute noch nicht ſtattfand, wiſſen wir nicht. Inzwiſchen iſt das uns
ungefähr zweimal ſo viel Waſſer in den unteren Strom
ergoß als der Tapanahony, und demzufolge ward die
von Cayenne beſtrittene Gebiet zwiſchen dem linken und dem
Lava durch die franzöſiſch-niederländiſche Kommiſſion für
rechten Seitenarm des Maroni gelegen, und war vor der Bes handlung der Frage von wenig Wert, hat aber an folchem
den Hauptarm des Maroni und ſomit auch für die wiſſen ſchaftliche Grenze der Kolonie erklärt. Die Natur hatte es ſo gefügt, daß die Wiſſenſchaft das bereits durch Beſit
durch die Entdeckung von Gold anſehnlich zugenommen Grund mehr, um uns ſo mit der Entſcheidung dar
erworbene Eigentumsrecht von Surinam auf das linke
über zu beeilen, beſonders da zu wiederholtenmalen an
Ufer der Lava beſtätigen mußte. ,,Der Tapanahony wurde dann auch nicht hoch hins auf durch die Kommiſſion vermeſſen und in eine Karte gebracht. Dasſelbe that die Kommiſſion mit dem oberen Marowijne oder Lava, und der Verlauf der Linie, um die es zu thun war, ward ſpäter bis zum Tumuc-Humac
die diesſeitige Regierung, ſelbſt von franzöſiſcher Seite, Anſuchen ergangen ſind um die Ueberlaſſung eines bes deutenden Teiles dieſes beſtrittenen Landſtrichs, welcher
Gebirge, wo ſie ſich verliert, abgemeſſen und in die Karte gebradyt. Hiermit war die Aufgabe der Kommiſſion ab
etliche Hunderttauſend Hektaren groß iſt. Sowohl von einem politiſchen, wie von einem finanziellen Geſichtspunkt aus betrachtet, iſt dieſe Regelung notwendig geworden. Wir halten uns überzeugt, daß wenn unſere Regierung wirklich mit Nachdruck auf eine Beendigung dieſer Ange
gelaufen.
legenheit dringt, das franzöſiſde Gouvernement trop ſeiner
,,Den Herren, welche auf fold, verdienſtvolle Weiſe
zunehmenden Gier nach Ausbreitung ſeines Kolonialgebiets
Die neueſte franzöſiſche Aunerion am Maroni.
343
gleichwohl bereitwillig unſere billigen Rechte anerkennen wird. Sollte dies jedoch wider Erwarten nicht der Fall
Verübung dieſer übermütigen That wohl bedacht haben. Allein man redynet darauf, daß wir uns dies gefallen
ſein, ſo müßte die Anrufung einer ſchiedsrichterlichen Ver:
laſſen werden , gerade ſo, wie wir geduldig zugeſehen haben
mittelung von ſeiten der einen oder der anderen Großmacht uns zu unſerem Rechte verhelfen .'
„Auch dieſe auf Thatſachen beruhende Berufung wird heutzutage geſtellt. Vielleidyt weil die Staaten, wie wir bereits mehrmals gezeigt haben, durch ihre Zuſammen : ſtellung es für beſſer erachten, über die Sadie zu idweigen ,
und noch zuſehen , daß Frankreich den Auswurf ſeiner Be:
völkerung gegen unſere Grenzen losläßt. Sicherlich war es nimmermehr urſprünglich die Abſidit Frankreichs ge
während der gegenwärtige Gouverneur van Heerdt ſeiner
weſen, 40—75,000 rüdfällige Verbreder nach Cayenne zu ſdyiden . Der hierauf bezügliche Gefeßentwurf beſtimmte nur, daß die rüdfälligen Verbrecher nach Neu -Caledonien gebracht werden ſollten. Allein faum hatten die auſtrali
ſeits dasſelbe that, weil er vielleicht fürchtete, fortan das Merkwürdigſte in ſeiner Eröffnungsrede an die Kolonial
îchen Kolonien von dieſem Vorhaben Kunde erhalten, ſo proteſtierten ſie dagegen kräftig bei der engliſchen Re
ſtaaten weglaſſen zu müſſen, wo Seine Erzellenz jedesmal
gierung und erklärten unverfroren , daß fie ihrerſeits eine
von dem guten Einvernehmen zwiſden dem Kabinet Seiner
fold heilloſe Maßregel nicht durdyführen laſſen würden.
Erzellenz und demjenigen des Gouverneurs von Cayenne
Die britiſde Diplomatie ließ ſich darauf in Paris ver
zu reden geruht .
nehmen und die franzöſiſche Regierung bejdloß, Groß
„ Mittlerweile hat der gegenwärtige Gouverneur von Cayenne, Herr Le Cardinal, hierüber anders gedacht und
britannien zu Liebe ihre Unterthanen nach Cayenne zu
dasjenige gethan, was ſeine Vorgänger nicht unternehmen
und die dortigen Franzoſen proteſtierten dagegen ihrerſeits, ihre lieben Mitbrüder aufzunehmen .
durften. Wenn wir gut unterrichtet ſind, haben Franzojen wiederholt bei der Regierung von Cayenne Geſuche um Kon zeſſionen von dem zwiſchen der oberen Marowijne oder Lava und dem Tapanahony gelegenen Grenzgebiet eingereicht, aber
jedesmal wurden die Nachſuchenden, ſehr mit Recht, durch die verſchiedenen Gouverneure angewieſen, ſich bezüglich der
{dhicken. Allein nun brach der Sturm in Cayenne los
„ Was in dieſer Beziehung im Generalrat in Cayenne vorgefallen iſt, haben wir bereits unſeren Leſern mitgeteilt,
und ebenſo, wie der Gouverneur von Cayenne zur Be ruhigung der Bewohner die Erklärung abgab, daß die rüdfälligen Verbrecher ihnen nicht zur Laſt fallen ſollten,
Verwirklichung ihrer Wünſde an unſere Regierung
weil eine Uebereinkunft beſtehe, daß dieſelben an dem fran
wenden.
zöſiſchen Ufer des Maroni untergebracht werden , mit anderen Worten, daß wir mit der Ueberlaſt der Böſewichter bedacht
So wurde uns mitgeteilt, daß dem Ingenieur de la
Bougliſe durch die Regierung auf ſeine Anfrage betreffs
werden ſollten .
der Ueberlaſſung von ungefähr 80,000 Hektaren Land am
,, Jenun, das Maß iſt voll! Erſt wurde durch unſere
redyten Ufer des Tapanahony geantwortet wurde, er folle fich zur Erlangung dieſer Konzeſſion an unſere Regierung
Nachbarn beſchloſſen, uns mit einer Bande Böſewichter zu beſchenken, deren Kopfzahl ungefähr derjenigen der
wenden, was denn auch geſchehen iſt. Hätte unſere Res gierung dieſes Geſudy bewilligt, ſo würde ſie von ihrem Rechte Gebraud, gemacht und zugleich der Halbheit und Unſchlüſſigkeit der Regierung im Haag ein Ende gemacht haben , deren Pflicht es idon ſeit lange war, dieſe fatale Frage definitiv zu regeln. ,,Nein, anſtatt zu handeln , wird aus einer gewiſſen
geſamten Einwohnerzahl von Niederländiſch-Indien gleich kommt; jeßt werden uns ungefähr zwei Millionen Hektaren
müſſen unſererſeits dagegen proteſtieren. Wenn daher die Franzoſen dies thun in dem Bewußtſein, daß wir nicht
Art von Courtoiſie gegen den franzöſiſchen Nachbar, um
imſtande find, dagegen aufzukommen, und wenn die Nieder
ihm gefällig zu ſein und vielleicht auch um einen Orden zu erſdynappen, dieſem Geſuche nicht willfahrt. „ So ſtehen wir vor dem Fall, daß Herr Le Cardinal am 6. Februar 1886, indem er die Beſuche von zwei in Cayenne wohnenden Perſonen in Behandlung nahm, durdy Verleihung dieſer Konzeſſion zwei Millionen Hektaren von
lande ſich nicht um das bekümmern , was hier vorfällt, dann müſſen wir auf die eine oder die andere Weiſe Sdus
von dem reichſten Teil unſeres Grund und Bodens abge nommen .
,,Das wird und kann nicht geduldet werden. Wir
zu bekommen trachten. Wir können nicht zuſehen, daß unſer Grundgebiet zerſtückelt wird, ohne zum mindeſten eine Kraftanſtrengung zu machen , um dieſer Gewaltthat Schranken zu ſeßen. Die Sache hat auf uns einen ſold
ſurinamiſchem Gebiet an das franzöſiſche Guyana an
gewaltigen Eindruck gemacht, daß wir uns für verpflichtet
neftierte.
erachteten, durch ein Ertrablatt unſerer Zeitung die Be völkerung mit der uns drohenden Gefahr bekannt zu machen. ,,Beſtünde eine telegraphiſche Verbindung mit dem Mutterlande, - ſo wie ſie faſt jedes Negerdorf da hat, wohin die Ziviliſation gedrungen iſt, worin aber, Dank der Regierung im Haag , die Kolonie Surinam noch eine
„ Nach all dem oben Angeführten iſt es nicht zu ver wundern , daß die Franzoſen unſere Halbheit und Un ſdlüſſigkeit ausnüßen und zu dieſem Schritt übergegangen ſind.
Wäre die Kolonie unter dem Schuße der nieder
ländiſchen Regierung und bildete ſie nicht blos einen Teil des niederländiſchen Reichs, ſo würde man fid, vor der
,
Die neueſte franzöſiſche Annexion am Maroni.
344
Ausnahme madyt – ſo hätten wir uns beeilt, die uner:
Gebiet, auf weldem einige Millionen Menſchen Raum
hörte Thatſache an die niederländiſche Preſſe zu melden ,
haben würden , iſt nur von etwa 3000 Buſdinegern und
und an dieſe zu appellieren, daß ſie der Regierung und Volksvertretung in den Niederlanden , mit Einem Wort dem niederländiſchen Volke davon Renntnis gebe. Sollte aber dies nichts nüßen, ſo müſſen wir die Dazwiſchenkunft und Vermittelung einer befreundeten Großmadit anrufen , uin dieſem franzöſiſchen Uebermut ein Ziel zu ſtecken .
einigen dünnen Indianerſtämmen bewohnt und einer be deutenden fünftigen Entwickelung fähig. Wenn daher,
Sobald Frankreich weiß – was für viele kein Geheimnis mehr iſt – daß Deutſland von Herzen gern
Niederländiſch -Guyana zu einer deutſchen Kos lonie zu machen wünſdt, und wenn Bismarck kund: gibt, daß es ihm darauf ankommt, ſo wird dieſe Runde
ein kalter Waſſerſtrahl ſein, um dieſe erhitten franzöſiſchen Pläne von kolonialen Annerionen, die ſich auch unter dieſem Himmelsſtrid offenbaren, abzufühlen. ,, Allein hoffentlid kommt es nicht ſo weit. Wir haben bereits erklärt, warum wir dieſes Extrablatt ausgeben. veute Abend verſammeln ſid, die kolonialen Stände. Wir
(domeideln uns, daß die Stände, ſobald ſie mit der That: ſadie bekannt geworden ſind, bevor ſie die auf der Tages ordnung ſtehenden Gegenſtände behandeln, die Regierung
wie mehrfach verſichert wird, Holländiſch-Guyana in den Koloniſationsplänen unſers Reidhskanzlers eine Rolle zu ſpielen beſtimmt iſt, ſo wäre zu beklagen, wenn ihm Frant
reich den beſten Teil widerrechtlich vorwegnähme, um es mit den rüdfälligen Sträflingen zu bevölkern, deren es fich ein- für allemal entledigen will. Da auch unſerem Deut dhen Reiche eine überſeeiſde Straffolonie Not thut und unſerem Auswärtigen Amte die Vorteile bekannt ſein werden, welche Surinam durch ſeine relativ nahe Lage,
fein Klima, ſeine Bewäſſerung, ſeinen fruchtbaren Boden und andere Eigenſchaften bietet, ſo wird es unſerem weit blidenden Reichskanzler gewiß ein Anliegen ſein , den integralen Beſtand jener Kolonie zu erhalten , welche uns noch beſſere Dienſte leiſten könnte , als den Franzoſen. Es gilt, auch unſere Nation für dieſen Gedanken zu erwärmen , daß wir mit Guyana eines der ergiebigſten, erſchließbarſten, reidyſten und zugleich uns nächſtgelegenen Tropenländer gewinnen könnten, das unbedingte Vorzüge
darüber, was ſie in dieſer Angelegenheit zu thun gedenkt,
vor dem tropiſchen Weſtafrifa hat. Es iſt wahr, Surinam
interpellieren werden.
iſt durch eine unverzeihliche Verwahrloſung von ſeiten des
„ Unſer gegenwärtiger Gouverneur mag vielleicht in dieſe Angelegenheit nicht eingeweiht worden ſein ; wir ſind im Gegenteil überzeugt , daß wenn er früher an der Regierung geweſen wäre, dieſe heikle Sadie längſt been
digt ſein würde. Und wir vertrauen ſeiner kräftigen und
Mutterlandes ſehr heruntergekommen, aber ſeine Natur hat darunter nicht gelitten. Ein engherziges verkehrtes Syſtem der Regierung hat die Kolonie nahe an den Rand des Ruins gebracht; allein es iſt ein Land, dem deutſche Intelligenz, Betriebſamkeit, Unternehmungsgeiſt und Kapital nody eine bedeutende Zukunft ſchaffen können, nicht allein
raſchen Initiative, daß in dieſer auf eine würdige und beförderliche Weiſe gehandelt werde. „ Unſeres Bedünkens iſt die koloniale Regierung in
Beſiedelungs-Kolonie. Unter deutſcher Verwaltung wird
Erwartung desjenigen, was die niederländiſche Regierung
das Land ſich wieder heben und einträglich werden, das
als Strafs, ſondern auch als Handels- und ſpäter als
zu verridyten gedenkt , ihrerſeits verpflichtet, nadh Cayenne
ſeitherige Liebäugeln der holländiſchen Gouverneure und
einen feierlichen Proteſt ergehen zu laſſen. Allein dann hoffen wir auch zugleich, daß durch dieſe Begebenheit die
deren Dienſtbefliſſenheit gegen die franzöſiſche Nachbar Regierung, nur um Drden u. ſ. w. zu erhaſchen, welche die Franzoſen zu fortwährenden Uebergriffen ermutigten , wird aufhören, und es iſt keine allzu ſanguiniſche Hoff
I
Regierung dazu veranlaßt werde, die ganze Grenzfrage ſchnell und gehörig zu erledigen .“ Soweit unſer Ertrablatt , dem wir auch die Verant
nung, wenn wir die Möglichkeit einräumen , daß unter
wortlichkeit für die gemeldeten Thatſachen überlaſſen.
deutſchem Regiment und Fleiß Guyana mit der Zeit für
, De West-Indier “ iſt Oppoſitionsblatt und mag vielleicht
uns ebenſo wertvoll werden könnte, wie Java es für
aus Parteigründen ſeine Nachricht etwas aufgeſtußt haben. Die politiſche Seite der Sache kümmert uns nicht, ſondern nur die geographiſche und die deutſch -nationale. Die That ſadje der verſuchten Annerion jenes Gebietes zwiſchen Lava
Holland geworden und lange Zeit geweſen iſt. Bei den herrlichen Waſſerſtraßen in das Innere, in das geſündere und fruchtbare höhere Land, welche mit wenigen Koſten praktikabel für die Schifffahrt gemacht werden können , iſt ſchon jeßt ein wichtiges Element künftigen Gebeihens ge
und Tapanahony beweiſt, daß man franzöſiſcherſeits die Kolonie Surinam für der Selbſtauflöſung nahe und dem Zerbröckeln preisgegeben hält und ſich einen ihrer ſchönſten und reidſten Diſtrikte im voraus ſichern will. Dieſer
Diſtrikt gehört zu dem ſurinamiſchen Oberland, das hügelig, gut bewäſjert, geſund und ſehr fruchtbar iſt, eine herrliche Vegetation und große mineraliſche Schäße beſißt, nament
lidy auch in ſeinen Gewäſſern Gold führt, das ſchon jeßt zu heben verſudyt wird. Das ganze große und wertvolle
geben, wie es z. B. in Kaiſer Wilhelms- Land nicht vor handen iſt. Guyana brängt fid ſomit von ſelbſt in den Brennpunkt unſerer kolonialen Beſtrebungen und der Wett bewerb Frankreichs um dasſelbe bezeugt uns genugſam den
Wert dieſes Landes.
Bilder au £ dem ruſſiſchen Volfsleben.
Bilder aus dem ruffiſden Volksleben. 1.
Der Simolensti.Tag.
In den erſten Nachmittagsſtunden vom 28. Juli 9. Auguſt ergießt ſich bei günſtigem Wetter über alle
Newabrücken, die von den übrigen St. Petersburger Stadt
345
Unterſchiede der verſchiedenen Nikolai- , Georgs- oder Marientage u. ſ. w. ebenſo genau kennt, wie der gelehrteſte Profeſſor die Fragen ſeines Spezialfaches ; wir brauchten uns deshalb nur an den erſten beſten Droſchkenkutſcher zu wenden, was ich auch ſofort mit der Frage that : „ Is woſchtſchik! was iſt heute für ein Feiertag ? " Verwundert, ohne zu antworten, ſah uns der Ges
teilen nach Waſſili Oſtrow (Wilhelms-Inſel) führen, ein un
fragte einige Augenblicke mit einem Geſichte an, welches
gewöhnlich ſtarker, hauptſächlid; aus den mittleren und
deutlich ſagte : Wollen die Beiden mich nur foppen oder ſind es wirklich ſolche Heiden , die nicht einmal wiſſen,
unteren Klaſſen der Bevölkerung beſtehender Menſchenſtrom .
Hunderte warten außerdem zu derſelben Zeit fortwährend
welch wichtiger Tag heute iſt? Genug, erſt nach wieder
auf allen Halteſtellen der dorthin gehenden Pferdebahn und Dampferlinien, aber trop der für dieſen Nachmittag
holter Frage entgegnete er lakoniſch: ,,Simolensfi- Tag!" Jeßt war uns auch die Be: Alſo Simolenski-Tag !
bedeutend verſtärkten Verkehrsmittel reichen die vorhan denen Pläße immer nicht aus, ſo daß fich viele der War
wegung unter der St. Petersburger Bevölkerung vollkommen verſtändlich. Wir beide hatten von dieſem Tage, an dem
tenden genötigt ſehen, den Weg entweder zu Fuß fortzu=
hauptſächlich der St. Petersburger Handwerker und Arbeiter die Gräber ſeiner Angehörigen auf den an der Nordweſt ede von Waſſili-Dſtrow gelegenen großen deutſchen und ruffiſchen Símolensti- Friedhöfen beſucht, ſchon häufig genug
feßen oder zu einem Fuhrwerk oder Boot ihre Zuflucht zu nehmen, vorausgeſeßt, daß die Mittel vorhanden ſind, um die an folchen Tagen wirklich unverſchämten Forderungen
der St. Petersburger Droſchkenkutſcher und Bootführer zu befriedigen. Den Weg zu Waſſer wählen deshalb auch weniger bemittelte Familienväter, denen ihre mehr oder weniger zahlreiche Nachkommenſchaft, oder der Umfang
‘ ihres Gepäcks ſowohl zu Fuß wie zu Wagen mehr Schwierig
gehört ; es war bisher aber unterblieben, uns die Sache einmal ſelbſt anzuſehen ; beſonders deshalb, weil verſichert wurde , daß ein Beſuch dieſer Friedhöfe am 28. Juli in der gegenwärtigen Zeit nicht mehr recht lohne, weil der Sſmolenski-Tag von ſeinem früheren eigenartigen Charak:
keiten bereitet, als anderen, die ohne Bagage, blos für ſich oder höchſtens für eine zweite Perſon zu ſorgen haben, zumal die Boote unmittelbar an dem beabſidytigten Ziele anlegen können, was mit feinem anderen Beförderungs mittel an dieſem Tage möglich iſt. Feſtlich gekleidet, in heiterſter Stimmung und außer dem unvermeidlichen Samowar - der ruſſiſchen Theemaſchine - mit größeren oder kleineren Rörben und Bündeln be
ter ſeit demjenigen Tage bedeutend verloren habe, wo der
packt, macht die Menge den Eindruck einer rieſigen Geſell ſchaft, die ſich auf dem Wege zu einer Landpartie befindet.
verbieten . Wurde es mit dieſem Verbot hier wirklich ſtreng
„ Wiſſen Sie nicht, was heute für ein Feiertag iſt ? "
fragte mich am 28. Juli vorigen Jahres ein Bekannter an der Ecke vom Admiralitätsplaß und Newsky-Proſpekt,
wo er im Vorübergehen dem Kampfe der Menge um einen Plaß in den über die Palais- und Nikolai-Brücke gehenden Waggons der Pferdebahn einige Augenblicke verwundert zugeſehen hatte. Leider konnte ich hierauf auch keine Auskunft geben , da ich einer jener Unglücklichen bin, welche ſich um die Heiligen der ruſſiſchen Kirde und deren Verdienſte um die Menſchheit nie kümmerten, wohl aber die bedenklichen wirts ldhaftlichen und ethiſchen Folgen dieſer endloſen, mehr als die Hälfte des Jahres und den geſamten Verdienſt der unteren Voltsmaſſe verſchlingenden Feiertage, ohne deren Beſeitigung die Hoffnung auf das Erreichen des weſteuropäiſchen Kultur ſtandes nur leere Träumerei bleibt – ſeit langer Zeit ſcharf beobachteten ; aber unſerer Unwiſſenheit in folchen wichtigen Dingen war hier leidyt abzuhelfen, da ſelbſt der
leßte ruſſiſche Bauer in Betreff ſeiner Heiligen und Feier tage eine Autorität erſten Ranges iſt, welche die feinen Ausland 1886, Nr. 18.
Kirchenrat der deutſchen lutheriſchen Ratharinengemeinde den Beſuch des dieſer Gemeinde gehörenden Friedhofes mit Speiſen und Getränken oder von Betrunkenen auf das
Strengſte unterſagte und dies Verbot auch rückſichtslos durchführte, wodurch ſich die ruſſiſche Geiſtlichkeit und Polizei wohl oder übel gezwungen ſah, das Mitbringen von ſpirituoſen Getränken auch auf ihrem Friedhofe zu genommen , ſo verlor der Simolenski-Tag allerdings das eigentlich belebende Element, und der Beſuch der Fried höfe hatte für die Maſſe der niederen Ruſſen dann keinen Reiz mehr. Ein Vermindern der Frequenz auf dem ruſſi îchen Friedhofe konnte aber aus verſchiedenen höchſt trif
tigen, beſonders klingenden Gründen, die bei den Deutſchen nicht vorhanden waren, nicht gewünſcht werden, und da
das Mitbringen gewiſſer Lebensmittel, wie wir ſpäter ſehen werden , wirklich nicht gut zu beſeitigen war, ſo ließ ſich die Sache troß dem beſtehenden Verbot immerhin fo ar rangieren, daß Niemand beſonders wehe gethan wurde. Das Hereinſchleppen von Branntweinflaſchen von einem
Viertel- bis zu einem vollen Waſſereimer Inhalt durch die Hauptpforte wurde allerdings nicht mehr geduldet, aber
um die Flaſchen mit ,,Selterswaſſer oder Stärkungstropfen" in den Speiſekörben und Kleidertaſchen oder dasjenige, was auf den Gräbern oder längs den Zäunen paſſierte, hatte ſich fein Vernünftiger zu fümmern , und fümmerte ſich auch keiner, ſo daß die Sache in der Hauptſache beim Alten blieb.
Bei unſerer Kenntnis der ruſſiſchen Verhältniſſe, wo 53
Bilder aus dem ruſſiſchen Volfsleben.
346
ganz im überhaupt ſehr viel befohlen wird, ſich aber Gegenſaß zur Anſicht der Weſteuropäer nur unendlich Wenige um das Befohlene fümmern, rechneten wir alſo
mit Sicherheit darauf, daß ein Beſuch des genannten ruffiſchen Friedhofes des Intereſſanten noch immer genug biete, und es wurde beſchloſſen , uns um halb fünf Uhr in der bekannten Reſtauration von Leiner auf dem Newsky zum Mittag zu treffen, um von dort aus unſere Entdeckungs reiſe anzutreten.
ſchuhen und dem zerfekten , ſchmierigen Schafpelz der Bauern, zeigte. Auf beiden Seiten , längs den Trottoiren , eine ununterbrochene Reihe von feſtſtehenden Händlern , mit allen nur denkbaren Gegenſtänden, die wohl zu allem übrigen, aber nicht zu einer Totenfeier gehörten. Hier miſchte ſich das Lärmen der Menge mit den Rufen der fliegenden Limonade- und Theeverkäufer ; mit den Tönen von Kindertrompeten oder der Harmonika bas Johlen und Schimpfen betrunkener Arbeiter und Frauen ; das Weinen
Obgleich es bei unſerer Abfahrt von Leiner ſchon
von Kindern und gemißhandelten Müttern mit den Melo
halb ſechs Uhr war, ſo hatte ſich die Bewegung nach den Friedhöfen doch noch nicht bedeutend vermindert, und dies
dien Offenbach'icher Operetten , welche die mechaniſchen Spielwerke in den hier zahlreichen ruſfiſchen Trakteuren herunterleierten, oder dem cyniſchen Gelächter öffentlider Dirnen, die rauchend in den Fenſtern der Wirtshäuſer lagen. Wir ſtehen an der Brücke über die ,, Tſchernaja Retſchka“, dem ,,Schwarzen Flüßchen " , welches den ruſſiſchen und deutſchen Friedhof trennt ; aber welcher Kontraſt zwiſchen den beiden Ufern ! Jenſeit der Brüde ein faſt leerer, freier Raum, auf dem nur einige Privatequipagen halten , wenig Beſucher und dies größtenteils Frauen. Unter der mit einem vergoldeten Kreuz und der Inſchrift: ,, Ich weiß,
in Verbindung mit der Menge der bereits wieder Heim kehrenden, machte das Vorwärtskoinmen zu Wagen, haupt ſächlich der Flügellahmen wegen, deren Anzahl fortwäh rend wudis, mit jedem Schritte dwieriger, ſo daß wir uns bereits in ziemlicher Entfernung von den Friedhöfen genötigt ſahen, unſeren Weg zu Fuß fortzuſeßen. Das eigentliche Tagestreiben begann an der Ede der 17. Linie, an deren nördlichem Ende die Friedhöfe liegen,
und dem kleinen Proſpekt, der ebenſo wie der große und mittlere, die Linien rechtwinklig von Dſten nach Weſten durchſchneidet, wo die Straße für Fuhrwerke überhaupt vollſtändig abgeſperrt war. Mit Mühe und Not vermochte die Polizei zu Pferd und zu Fuß hier in dem Wirrwarr von Wagen und Pferden einigermaßen Ordnung zu er: halten ; beſonders machten ihr die Menge der mit einem gehörigen Donner Beladenen ſehr viel zu ſchaffen.
So unangenehm den Weſteuropäer in der erſten Zeit die Maſſe der Betrunkenen auf allen ruſſiſchen Volksfeſten überhaupt an Feiertagen – berührt, ſo gleichgültig
betrachtet die ruſſiſche Bevölkerung die bei ſolchen Gelegen: heiten herumtaumelnden Männer und Frauen. Ein ge
daß mein Erlöſer lebt ! " gefrönten Hauptpforte einige ruhig auf- und abgehende Perſonen vom Kirchenrat der Katharinen -Gemeinde nebſt einigen Poliziſten, weiter nichts,
dagegen auf dieſer Seite eine ausgelaſſene, lärmende Menge, welche bunt wie ein Ameiſenhaufert durcheinanders wirbelt. Was ſoll die leştere übrigens auch bei den Deutſchen ? Keiner von ihren zur rechtgläubigen Kirche Gehörenden ruht auf dem Friedhofe der „ Ungetauften ", die pedantiſch und trocken, ohne Verſtändnis für die Bes dürfniſſe der ruſſiſchen Natur, der leşteren auf ihrem Grund und Boden nicht einmal das „ unſchuldigſte" Vergnügen erlauben. Links dagegen herrſcht Vergnügen und Leben,
höriger Donner wird von derſelben - und nicht immer
troß den Tauſenden von Gräbern, und keiner der Ges
von den unterſten Klaſſen – zur Vervollſtändigung einer ein gewöhnlicher Arbeiter auf dem Thüringer Walde dem
kommenen läßt fich feine heitere Laune durch trübe Ge danken oder die Sorge um die Zukunft ſtören. Hier gehört der Augenblick dem Genuß, die Zukunft dagegen
dortigen Dorfidulzen auf deſſen Vorwürfe einſt antwor
ben Göttern !
tete : „Ach was, Herr Schulz, wenn's kei? Hieb' gibt, is
Für Keinen, welcher an dieſem Nachmittag den ruſſi ſchen Símolenski-Friedhof beſudyt, iſt es ein leichtes Stück
Feſtlichen Feier als ebenſo felbſtverſtändlich betrachtet, wie
feil Kirmes !"
Ein Bild, ſo originell und verſchiedenartig, wie es nur in Rußland zu finden iſt, wo ſich die weſteuropäiſche Ziviliſation und aſiatiſche Unkultur noch in den Haaren liegen, entrollte ſich ſowohl vor, wie auf dem Simolenski Friedhofe vor unſeren Augen. Nichts in dem Aeußeren der Straße oder der Stimmung der Maſſe ließ vermuten , daß die Tagesfeier dem Beſuch der Gräber und dem Ge dächtnis der Toten galt, wenn nicht die Rufe der Händ ler mit Kreuzen und Kränzen aus getrockneten und leben den Blumen daran erinnert hätten. Alle Fenſter und
Balkone in der Straße waren garniert mit Menſchen in den
Arbeit, durch deſſen Hauptpforte zu kommen, über der die
einfachen zwei Worte ſtehen „ Duchownaja Bogadelna“ ( Geiſtliches Armenhaus).
Viele machten überhaupt gar
keinen Verſuch, ſich durch die ineinander gekeilte Maſſe zu zwängen, und gingen unverrichteter Sache entweder nadı Hauſe oder ſie ſuchten eine andere Stelle im Freien, wo ſie die verbliebenen paar Stunden noch verbringen konnten. Hinter der Pforte empfing uns längs dem Hauptweg eine Reihe alter Frauen, die bittend den Ankommenden die
Hände entgegenſtreckten, und wir glauben, daß ſie an ſolchen Tagen ein ausgezeichnetes Geſchäft machen, denn
neueſten Pariſer Toiletten, wogegen die Menge, welche das Pflaſter bedeckte, alle Trachten des ruſſiſchen Volkes
ſelbſt der gewöhnlichſte Ruſſe gibt bei ſolchen Gelegen
vom Pariſer Zylinder und Ladſtiefeln, bis zu den Baſt
Weſteuropäer. Hinter dieſen Frauen lockerte ſich die Maſſe,
heiten, ſeinen Verhältniſſen entſprechend, weit reicher wie der
Bilder aus dem ruſſiſchen Volksleben .
da jeder das Verlangen hatte, aus dem Gedränge zu kom men ; wir traten deshalb einige Schritte abſeits zwiſchen die Gräber der ruſſiſchen reichen und eleganten Welt, die ſich audy hier, wie überall, mit ihrem Gelde die beſten Pläße am Eingange und in der Nähe der Kirche zu ſichern wußte.
Bekannte und unbekannte, ruffiſche und ruſſifi
zierte deutſche Namen glänzen uns in der goldenen Schrift der zahlloſen Denkmale entgegen. Männer und Frauen aus den verſchiedenſten Stellungen und Lebensaltern ; ſolche die ſich innigſt liebten, und ſolche, die im Leben
vielleicht die tötlichſten Feinde waren , ruhen hier friedlich nebeneinander. Eins war aber allen oder den Jhrigen gemein : ,,die volle Taſche“, denn wer ſich hier und in
dieſer Weiſe begraben laſſen will, muß Summen ent: behren können, die der deutſche Spießbürger idyon als ein Vermögen betrachtet. Rieſige Kapitalien liegen in den reichen Vierteln aller ruſſiſchen Friedhöfe ; in dieſer Un : maſſe von Gewölben und Kapellen, von Monumenten aus Marmor in allen Farben, von Bronze und Eiſen, oder audy nur in den fortwährend erneuten blühenden Blumen und erotiſchen Pflanzen , welche die Gräber ſchmüden, und einer der begehrteſten Poſten iſt hier derjenige „ des Totengräbers ", wie der Friedhofaufſeher gewöhnlich be zeichnet wird. Verbindet ſich im Weſten Europa's mit
der Bezeichnung „ Totengräber“ bei der Menge ein eigen tümliches Gefühl und ein beſtimmter Grad von Verad ) tung dem Träger dieſes Namens gegenüber, ſo beſißt der hier ſo Bezeichnete gewöhnlich ein Einkommen , um das
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Einen ihrer Erntetage hält die Friedhofskirche, an der wir jeßt vorüberkommen , am 28. Juli.
Alle Hände
voll haben die Verkäufer der Wachslidhter oder die Kirchen diener in und außerhalb der Kirche, an dem proviſoriſchen Altar zu thun , um die Bedürfniſſe und Wünſche dieſer
Tauſenden von Gläubigen zu befriedigen. Sämtliche Wege in der Nähe der Kirche ſind zu beiden Seiten mit Tiſchen und den Waren von Händlern bedeckt, die mit Heiligenbildern und Kreuzen an Ketten oder ohne ſolche, aus allem möglichen Metall, aus Porzellan oder Glas handeln ; aber zwiſchen dieſem finden ſich wieder verſchie
dene profane Schnurrpfeifereien, die eigentlich nicht in dieſe fromme Geſellſchaft paſſen . Nach wenigen Schritten empfängt uns hinter den
Gräbern der reichen Ruſſen endlid, ein anderes Bild und das wirkliche Treiben dieſes Tages.
An verſchiedenen
Kreuzungspunkten der Hauptwege waren an einer Seite
proviſoriſche Kochherde, bedeckt mit ziſchenden Kaffee- oder
Waſſerkeſſeln, errichtet, neben denen ſid mächtige dam pfende und pfeifende Samoware, hinreichend, um eine mehr pferdige Dampfmaſchine zu treiben, breit machten . Auf der anderen Seite ſtand eine ziemlich umfangreiche Bier bude, urſprünglich wohl nur zum Zufluchtsort bei ſchlechtem Wetter beſtimmt, deren gutgenährter Inhaber aber heute ohne Rock, mit der weißen Schürze angethan, und die
Hände in die Seite geſtemmt, hinter einem mächtigen Tiſch, bedeckt mit allen möglichen Speiſen und Getränken (nur keinem Branntwein, wenigſtens nicht ſichtbar) ſtand, und
ihn mancher Miniſter beneiden könnte. Mit einem kleinen
mit Befriedigung auf den Gang des Geſchäftes ſah, während
Heer von Maurern, Bildhauern, Gärtnern und gewöhn lichen Arbeitern ſpielt derſelbe vollſtändig die Rolle des
ſeine beſſere Hälfte nicht genug Wiener Würſtchen fertig machen konnte. Dieſelben Düfte von verbranntem Fett 2c.,
angeſehenen Herrn, und mancher von ihnen, der eine ſolche
welche uns beim Beſuche eines deutſchen Vogelſdießens
Stelle als armer Schlucker erhielt, beſaß nady wenigen Fahren bereits Rapitalien, für die er ſich ein bedeutendes Rittergut kaufen konnte. Leer waren faſt alle dieſe reichen Gräber, da die eles gante Welt den Friedhof ſchon am Morgen beſucht, dort die Meſſe hört, und nach eingenommenem Frühſtück dann wieder nach Hauſe fährt. Blos am Hauptwege waren
oder Volksfeſtes umwehen, begrüßten uns auch hier bei den Toten des Sſmolenski-Friedhofes, und wie dort, ſo fehlten auch hier nicht die Buden mit allen möglichen Kuchen und Nachwerk, von dem das ruſſiſche Volk eine
einige Familienpläße beſeßt, aber die Haltung der dort Befindlichen bewies, daß ſie nicht gekommen waren um zu trauern, ſondern um zu ſehen und geſehen zu werden. Nur auf einem etwas entfernten Grabe , welches ein
knieender Engel aus weißem Marmor idmückte, kniete in tiefſter Trauer eine einzige Perſon , überhaupt die einzige wirklich Trauernde, der wir auf dem ganzen Friedhofe begegneten. Eigentümlich kontraſtierte der tiefe Schmerz der noch jungen Frau, die in dem Hügel, auf dem ſie
kniete, vielleicht den Inhalt ihres ganzen Lebens begraben laſſen mußte, mit dem Toben der Menge, die den Fried hof erfüllte, oder der gleichgiltigen Miene Jener am Hauptwege, deren hochmütiger Geſichtsausdruck es allen deutlich ſagte : „Auch wir gehören zu denen, welche ſich
hier begraben laſſen können !"
wirklich erſtaunliche Maſſe verbraucht. In dieſer Gegend waren nur wenig Gräber von Be ſuchern frei, die ſich dort auch alle häuslich eingerichtet hatten. Wer die Mittel hierzu beſigt, läßt die Gräber,
außer dem Gitter, für ſolche Tage und überhaupt für Be ſuche, ſchon mit Tiſchen und Bänken verſehen. Die weniger Begüterten begnügen ſich dagegen mit dem einfachen Raſen hügel als Tiſch für ihre Taſſen, Teller und Flaſchen oder
Kaffee- und Theegeſchirre, wobei die benachbarten Gräber als Siß oder auch als Lager dienen. Bunt geht es hier zu, und der Erfinder des Wortes „ Friedhofsſtille" wurde
ſicher nicht hier geboren oder lernte das Treiben an den Feiertagen der ruſſiſchen Friedhöfe nicht kennen . Mit dem Klappern der Teller und Taſſen , dem Knallen
der Pfropfen und Klingen der Gläſer miſchen ſich Küſſe
und heiße Schwüre ewiger Liebe und Freundſchaft, von nüchternen und betrunkenen Lippen getauſcht. Mit geiſt lichen Geſängen , welche kaum der Schule entwachſene
Die Grönländer.
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Knaben und Erwachſene, die ſich nur noch notdürftig auf den Füßen halten können, in allen Tonarten brüllten,
ſo wird ſchnell ein Mahl angerichtet, und alsbald iſt das Haus voll von Gäſten. Man ſpciſt, unterhält ſich und
vereinigte ſich die Melodie eines Gaſſenhauers oder das
iſt vergnügt. Als ich einmal bei einem ſolchen Mahle
Weinen von halbbetrunkenen Weibern, denen es eben in
zugegen war, mußte ich mich wundern über den Appetit
1
den Sinn kam, daß ſie hier ſind, um ihre Toten zu be
der Leute. Auf meine Frage, wie ſie ſo viel auf einmal
trauern, ebenſo, wie mit den unausgeſeßten Rufen der
eſſen fönnten, antwortete man mir : ,,Wir können viel eſſen , wenn es ſein muß, aber auch hungern ". Sie ſind wohl
vorübergehenden Händler erſt ein Uebermaß von Liebens:
würdigkeit und dann eine Flut von Schimpfworten zwiſchen dem feſtſißenden oder ſich in den Gängen bewegenden Publikum wechſelt. Reine Sprache der Welt iſt an den leßteren vielleicht ſo reich wie die ruſſiſche, und rechnet
man zu dieſem allen noch das Krächzen und Geſdirei der hier in den Baumwipfeln niſtenben , zahlloſen Krähen, ſo ergibt dies vereinigt ein Konzert, wie es harmoniſcher und
ſchöner nicht gedacht werden kann, und dem gegenüber das Wort „ Friedhofsruhe " wie der reine Hohn erſcheint. Auf einem freien, etwas abſeits gelegenen Plate, der
jedenfalls erſt in den legten Jahren zum Friedhofe gezogen
thätig, namentlich gegen Witwen und Waiſen. Der Zu: kunft gehen ſie ſorglos entgegen. Wohl verſehen ſie ſich im Sommer mit getrockneten Häringen und getrocknetem
Robbenfleiſch, indeſſen reicht dieſer Vorrat oftmals nicht aus, und ſie müſſen infolge davon, namentlich bei ſtrengem Winter, mehr oder minder Not leiden. Auch gegen Fremde ſind ſie gaſtfrei. Wenn ich auf meinen Reiſen mich entſchließen mußte, bei ihnen Quartier zu nehmen , ſo wollte mich der Eine noch lieber beherbergen als der Andere. Kaum hatte ich auf der mit einem Stück Bärenfell belegten Bank Plaß genommen, ſo verſammelte
worden war, hatten ſich diejenigen gelagert, die blos hier:
ſich ein großer Kreis um mich, und ich mußte den Leuten
hergekommen waren, um ſich einen fidelen Tag zu machen: Geſellen und Arbeiter, deren einziges Vergnügen darin
von meinem Vaterlande, vom Bau der Schiffe, vom Ader: bau 2c. erzählen. Als Schlafplag wurde mir das Lager des Hauswirts auf einer Bank angewieſen. Als Kiſſen
beſteht, ſich am Feiertage bis zum Umfallen voll zu trinken , und daß ſie dies auch wirklid) gethan hatten und die Sache nicht immer beſonders friedlich abgegangen war, bewieſen nicht allein die bedeutende Zahl der im Graſe Sdilafenden , ſondern zugleich die blutigen Naſen und
blauen Augen bei verſchiedenen anderen. (Schluß folgt.)
diente mein Vorratskorb , als Decke mein Pelz , und das Unterbett bildeten die mit Robbenfell überzogenen Bretter
der Bank. Dody gewöhnte ich mich ſchließlich auch hieran, wie man ſich an ſo manches gewöhnt, und konnte zulegt auch auf einem ſolchen Lager ſchlafen. Bei meiner Ab: reiſe ſchenkte id; meinem Wirt Brot und Tabak, womit er ſo zufrieden war, daß er mich einlud, auf meiner Rück reiſe wieder bei ihm einzukehren.
Diebſtähle gehören zu den Seltenheiten. Deshalb
Die Grönländer.
laſſen ſie ihre Saden nicht nur in ihren Häuſern , ſondern Nach dem Tagebuch eines Miſſionars aus dem Däniſchen .
auch auf den flachen Dächern unverſchloſſen liegen. Seit Hans Egede im Jahre 1721 das Chriſtentum in Grönland eingeführt hatte, ſind daſelbſt beſtändig Miſſio:
II.
Das häusliche Leben der Grönländer.
nare thätig geweſen. Einer dieſer ſpäteren Miſſionare, Hans Egede Saabye, ein Nadıkomme des Obengenannten , er
Jedes Frühjahr um Pfingſten verlaſſen die Grön
zählt in ſeinem Tagebuche von den Grönländern folgendes.
länder ihre um dieſe Zeit ſehr unreinen Winterquartiere,
und beziehen Zelte. Bald darauf begeben ſie ſich nady
I.
Gleich
dem Süden, teils um Butten und Häringe zu fangen , teils um Tauſdyhandel zu treiben. Zu Michaelis kehren ſie zurück. Nun werden die verlaſſenen Häuſer wieder in Stand geſetzt. Die Männer ſehen das Holzwerk nach),
wohl genießt derjenige hohes Anſehen, welcher fidh durch
während die Frauen Steine, Erde 2c. herbeiſchaffen. Im
fühne und glüdliche Thaten hervorgethan hat. Von Natur gutmütig, mißbrauchen ſie ihre Freiheit felten zu Aus dyreitungen. Dhne Obrigkeit, ohne Gefeße leben ſie fried
Innern des Hauſes werden die Wände mit Häuten be zogen. Als Fenſter dienen zuſammengenähte Fiſddärme. Es dauert aber nicht lange, dann ſind die Wände wieder
lich und einig. Während die Männer auf den Fang ausgehen, liegt den Frauen die Arbeit im Hauſe ob. Sie
ſchmußig und iſt der Fußboden von dem Seehundsblut
Züge aus dem Charakter und den Sitten der Grönländer.
Unter den Grönländern herrſcht Freiheit und Gleich heit.
Jeder kann thun und laſſen, was er will.
nähren ſich von dem, was der Tag an Beute bringt oder
ſo verunreinigt, daß die Füße daran feſtkleben, des üblen Geruchs nicht zu gedenken , welcher von den Speiſereſten
das Haus an Vorräten bietet , und ſind zufrieden, auch wenn der Hunger kaum geſtillt iſt.
bleiben.
entſteht, die während des ganzen Winters im Hauſe liegen
Die Bewohner eines Drtes leben geſellig und teilen
In einem ſolchen Hauſe wohnen oft zwei, drei, ja
ihre Güter miteinander. Haben ſie einen Fiſch gefangen ,
noch mehr Familien in Freundſchaft und Eintracht bei:
Die Grönländer,
ſammen . Mit Tagesanbruch ziehen die Männer auf den Fang aus, im Sommer in kleinen , je für einen Mann beſtimmten Booten (Kajak) , im Winter auf Schlitten . Vor der Ausfahrt nehmen ſie einen Trunk Waſſer, füllen
ihre Schnupftabatsdoſen und verſehen ſich mit Kautabat. So ausgerüſtet, bleiben ſie oft den ganzen Tag draußen , ohne Lebensmittel, nicht ſelten in Lebensgefahr. Aus den Seehundshäuten verfertigen ſie Pelz- und Fußzeug. Die Frauen ſind nichts weniger als reinlich. Der Thran, welcher übrigens nicht, wie man häufig erzählen hört, von den Grönländern getrunken, ſondern nur als Brechmittel
eingenommen wird, wird nicht ausgebraten, ſondern aus: gepreßt und bleibt daher hell und klar und frei von dem
widerlichen Geruch , den ausgebratener Thran verbreitet.
349 IV.
Eine Reiſe nach Jakobshafen .
Wegen Unwohlſeins beſchloß ich, in den Weihnadits ferien eine Reiſe nach dem eine halbe Meile nördlich des
Iſefjords (Eisbucht) belegenen Jakobshafen zu machen, um dort einen Aderlaß zu nehmen. Das Wetter war unbeſtändig, es war am 20. Dezember. So kurz vor Sonnenwende pflegt die See unruhig zu ſein.
Das Eis
war ſehr unſicher, da es von dem ſtarken Seegang in die Höhe gehoben wurde. Dennoch machte ich mich auf, da die Reiſe notwendig war und ein Grönländer am Tage vorher mir mitgeteilt hatte, daß das Eis auf dem Fjord paſſierbar ſei . Wir fuhren mit zwei Schlitten. Eine halbe Meile ging die Reiſe durch das Gebirge
III.
ohne Unfall von ſtatten .
Als wir aber eine Strecke in
Die Erzichung der Grönländer. An ihren Kindern hängen die Grönländer mit großer Liebe. Im zarteſten Alter trägt die Mutter das nacte
den Fiord hinausgekommen waren , trafen wir auf ſo dünnes Eis, daß wir die Hunde bis auf vier von den Schlitten abſpannen mußten. Umkehren konnten wir nicht,
Kind in einem weiten Pelz auf dem Rücken.
Möglichſt
ja wir hätten nicht einmal die Hunde abſpannen können ,
früh gewöhnt ſie die Arme des Knaben an die Bewegungen, welche der Erwachſene beim Rudern zu maden hat. Wenn der Knabe herangewachſen iſt, gibt der Vater ihm eine
wenn nicht eine ſtärkere Eisſcholle uns Gelegenheit zum
Peitſche, macht ihm einen kleinen Schlitten und richtet junge Hunde zum Ziehen des Schlittens ab. So lernen die Kinder frühzeitig zu fahren und, was den Europäern
viel Mühe macht, die Peitſche richtig zu gebrauchen . Einige Jahre ſpäter beginnt der Vater in ſeinen Mubeſtunden
einen Kajak (ein Boot für einen Mann ) anzufertigen, und nimmt den Knaben bei gutem Wetter mit auf See, um ihn im Rudern und im Gebrauch des Bogens zu unter: richten . Sobald das Kind das Boot einigermaßen lenken
Halten gegeben hätte. Auf Büchſenſchußweite zur Linken befand ſich das offene Waſſer, zur Rechten faßen am Fuße eines Eisberges einige Grönländer, um Seehunde zu ſchießen, und weiterhin im Fjord krachte das Eis. Endlich erreichten wir nach vielen Gefahren glüdlich das Ufer. Der Weg zur Kolonie führte zunächſt über einen ziemlid) hohen Berg, von welchem aus wir gewahr wurden, daß dort, wo wir vor kurzem uns befunden hatten, kein Eis mehr vor: handen war. Abends um 8 Uhr kamen wir in der Kolonie an, gerade als der Kaufmann und der Paſtor zu Tiſch
fann, macht der Vater ein ſchmäleres Boot, welches zwar leichter umſchlägt, aber auch deſto behender und beſſer zum
gegangen waren. Dieſe hatten wohl das Gebell unſerer Hunde gehört, ſich aber unmöglich vorſtellen können , daß zu dieſer Jahreszeit ein Europäer ſich über den Fjord
Fiſch- und Robbenfang geeignet iſt.
Der Knabe muß ſid)
wagen würde, und hatten ſich daher um das Hundegebell
nun darin üben, dieſes ſchmale Boot mittelſt der Ruder im
nicht weiter gekümmert. Da ich beim Eintreten merkte,
Gleichgewicht zu halten, wobei der Vater abſichtlich den
daß man mich nicht erkannte, feßte ich mich ſchweigend
Knaben dann und wann einmal mit dem Boot fentern
auf eine Bank neben der Thür.
läßt, um ihn deſto dreiſter und gewandter zu machen . Auf dieſe Weiſe lernt der Knabe an der Seite des Vaters eine
von mir. Der Kaufmann wandte ſich an mich, den er für einen Grönländer hielt, mit der teilnehmenden Frage,
Hantierung, mit welcher er dereinſt ſich und ſeine Familie
ob ich heute etwas von dem Prediger in Klaushafen ge: hört hätte. „Ich habe ihn geſehen", ſagte ich. „Geſehen ?
ernähren kann. Die Grönländer wachſen in voller Freiheit auf. Doch
hat dies bei ihnen nicht die gewöhnlichen böſen Folgen.
Auch noch als Erwachſene achten und lieben ſie ihre Eltern, find ihnen gehorſam, pflegen ſie im Alter und fühlen ſich glüdlich, wenn ſie zu ihrem Wohle beitragen können . Daher leidet ein alter Vater niemals Not , 10 lange der Sohn noch etwas beſigt, und wenn dieſer ſich verheiratet, führt ſeine alternde Mutter, der die Schwieger: tochter fich willig unterordnet, ihm die Haushaltung ſo lange ſie dazu Kraft und Luſt hat. Und ſo iſt es nicht nur bei den dyriſtlichen Grönländern , ſondern auch bei den beidniſchen . Ausland 1886, Nr. 18 .
Man unterhielt ſich gerade
Das iſt unmöglich !" rief er aus. ,,Allerdings" , erwiderte ich und trat einen Schritt näher. Da erkannte man midy und war ebenſo verwundert als froh , mich lebendig vor
fich ſtehen zu ſehen. Nun mußte ich erzählen und wieder erzählen. Als ich mir für den folgenden Tag einen Ader laß ausbat, erwiderte der Kaufmann mir, daß id den bekommen könne , dod halte man einen Aderlaß zur Zeit der Sonnenwende nicht für gut. Der nächſte Tag fam und verging , ohne daß ich zu einem feſten Entſchluß ge kommen war. Ob es nun der veränderte Aufenthalt that,
oder die geſellige Unterhaltung, oder was ſonſt, genug, mein Sinn wurde heiterer, mein Blut ruhiger, und ſo ſdjob 54
Die Grönländer.
350 id, auf Anraten den Aderlaß, weſwegen idy unter ſo großen Gefahren gekommen war, auf. Endlich mußte idy an die Rückreiſe denken , da die Feiertage nahe waren . Aber wie ſollte ich zurückkommen ? Zu Boot an der Küſte entlang wagt um dieſe Jahreszeit kein Däne die Tour, höchſtens der Grönländer in ſeinem Kajat.
Mitten aber
zwiſchen den Eisbergen im Innern der Bucht mußte die Fahrt eine äußerſt gefährliche ſein, wenn auch das Eis nady meiner Berechnung eine halbe Meile jenſeit der Linie, auf welcher ich entlang gekommen war, noch hielt. In: zwiſchen entidyloß ich mich doch zur Heimreiſe, troß der Vorſtellungen meiner Freunde und ungeachtet der Auf forderung von Seiten meiner Ehefrau, welche ein Boot
auf der Tour begleitet, hatte die plögliche Gemütsbewo: gung die nachteilige Wirkung ausgeübt, daß er von ſeinem
alten Leiden, dem Scorbut, wieder befaller wurde und eine Zeit lang das Bett hüten mußte. Als id) zu ſeiner Aufheiterung zu ihm ſagte : ,,Sind wir nidyt 'mal kühne Leute ?! " erwiderte er mir : „ Ja freilit, aber Sie werden in 3hrer Kühnheit leider noch einmal uni's Leben kommen !" V.
Die Ruhe des Grönländers in Lcben gefahr.
mit der Bitte an mich abgeſandt hatte, doch einſtweilen zu
Bei verſchiedenen Gelegenheiten zeigen die Grönländer Mangel an Muth, beſonders Europäern gegenüber. Im Augenblick der Gefahr aber fehlt es ihnen weder an Mut noch an Geiſtesgegenwart, ſolvie fie audy ſtandhaft Stra
bleiben, da der alte Katechet den Gottesdienſt bei den Gröna
pazen aushalten und Sdımerzen ertragen.
ländern beſorgen und den beiden anweſenden Dänen eine gedrudte Predigt vorleſen wollte, id) alſo nichts verſäumte. Zeitig am 23. Dezember brad id auf. Meine Freunde begleiteten mich eine Strecke weit. Da aber der Weg immer beſdhwerlicher wurde und ich ohne ihre Begleitung raſcher vorwärts kommen konnte, trennten wir uns. Nach großen Anſtrengungen und mancherlei Gefahren trafen
verteidigen ſie ihr Leben ſo lange als möjlidy, ſind dabei
mal in Begleitung eines Grönländers einige Meilen weit übers Eis gefahren, als plößlich ein Sturin aus Südoſt ſich erhob. Dieſer Wind, welder oft mit der Gewalt
wir einen Eisberg, welder größtenteils von etwa zwei
eines Drkans daher gebrauſt kommt, führt eine ſolde
Faden tiefem Waſſer umgeben war. Da wir über das
Menge Wärme mit ſich, daß der Gdynee am Fuß der Gebirge und in den Thäler:1 lihmilzt. Die Menſchen , welche während eines ſolchen Sturmrs ſid, gerade draußen befinden, müſſen, wenn die Windſtöße kommen, ſich auf
Waſſer nidyt hinüber kommen konnten, mußten tvir uns
entſchließen, über den Eisberg hinüber zu klettern. Der Berg war zwar nicht hoch und das Eis ſchien auch nicht zerbrechlich zu ſein, dennod, aber war das Unternehmen ein ſehr gewagtes. Als wir den Eisberg glüdlich über ſtiegen hatten, ließen wir unſere Hunde zu uns hinüber
ſchwimmen. Aber noch hatten wir das Ufer nicht erreicht, ſo war ſchon das Eis allenthalben geborſten. Während
der nächſten Stunden wurde der Weg bald zu Schlitten , bald zu Fuß zurückgelegt, bald gings vorwärts, bald zurück, bis wir endlich auf einer mit dem Lande in Verbindung ſtehenden Eisícolle das Ufer erreichten . Hier waren meine
Unverzagt
aber gleichgültig gegen den Tod, wenn ſie ihm nicht ent rinnen fönnen .
Der däniſche Kaufmann in Chriſtianshaab war ein
die Erde niederwerfen, um nicht i'n ijnen fortgeſcleudert zu werden . Ein ſolcher Wind zerbricht das ( dywerc Strand
eis in kleinere oder größere Stücke, die Niſſe werden größer und größer, und bald ſieht man das offene .Baſſer, wo man furz zuvor mit der größten Ruhe eine Strede von mehreren Meilen auf den Eife zurückgelegt hat. Und dies alles iſt das Werk eines Tages, ja oft nur einiger Stunden.
Als nun ein ſolcher Sturm
ſich erhoben hatte, bes
Grönländer noch nie geweſen. Sie wußten in dem Ge birge und in den Thälern nicht Beſcheid; nur das war ihnen bekannt, daß wir , um unſer Heim zu erreichen, die
gaben ſich der Kaufmann und der Grönländer eiligſt auf die Heimreiſe. Kaum aber hatten ſie die Hälfte des Weges
Ridytung nach Südweſt einſchlagen mußten. Schon war
Schollen vom Ufer ab. Die Reiſenden fuhren nun bald hierhin, bald dorthin und famen nur wenig vorivärts. Die Eisſchollen wurden kleiner und iinmer kleiner und es
der Abend und mit ihm die Dunkelheit nahe und wir wußten nicht, einen wie langen Weg wir noch zurückzu legen hatten.
Inzwiſchen hatten wir glüdlich den Fiord hinter uns.
Kaum aber war eine Stunde verfloſſen, da ereignete ſich das Unglüd, daß der Schlitten des Grönländers beim Hinunter fahren von einem Felſen gegen einen großen Stein anprallte, infolge deſſen ein Riemen zerriß und die Hunde davons liefen. Wir mußten daher den Grönländer mit in unſern Schlitten aufnehmen. Seine Hunde aber waren inzwiſchen
zurückgelegt, da zerbrach das Eis und trieb in großen
ſchien nichts anderes übrig 311 bleiben, als den Schlitten im Stiche zu laſſen und von einer Scholle auf die andere zu
ſpringen. In dieſer Lage ſagte der Grönländer kaltblütig zu ſeinem Begleiter : „ Rauſmann, Du kannſt nicht ſo gut ſpringen, wie ich, und es ſieht nicht darnach aus, daß ich Dir helfen kann. Ich rette vielleicht mein Leben, Du aber nicht. Höre ! Du haſt ju Papier und Bleifeder bei Dir
wo man natürlich glaubte , daß wir umgekommen wären ,
in Deiner Brieftaſche, reiß ein Stück Papier heraus und dreibe, daß Du ertrunken ſcieſt. Sonſt könnten Deine Leute, wenn ich allein nach Hauſe komme, am Ende denken,
bis das Gebell unſerer Hunde der Kolonie unſere Ankunft
id) hätte Dich umgebricht." Natürlich hatte der Kauf
meldete. Auf den alten Katecheten aber, deſſen Sohn mid)
mann dazu keine Luſt, ſondern bat den Grönländer um
naß und mit Eisklumpen bededt zu Hauſe angekommen,
Ein Ausflug in den Aitai .
Gottes willen ihn nidt zu verlaſſen . ,,Verlaſſen will id) Dich auch nicht“, erwiderte dieſer , „ aber Du kannſt bei einem Sprung leicht ertrinken, während ich mich auf dieſe Weiſe zu retten vermag. Doch gleichviel, ſtirbit Du, fo
ſterbe ich mit Dir, dann kann niemand etwas ſagen ." Nach vielen Mühen und Gefahren ſahen endlich beide ſich gerettet. Der Kaufmann aber mußte nody lange an die Ruhe denken , mit welcher der Grönländer ihn aufges
351
Grashalm, ſo weit das Auge reichte, war unter der Sonnen glut abſolut verdorrt ; bleichende Knochen von gefallenen
Pferden lagen da und dort an der Straße, große wirbelnde Sandſäulen von 100 bis 150 Fuß Höhe dwebten langa ſam und majeſtätiſch über die ſonnverbrannte Ebene hin,
und wir konnten den Fortſchritt eines einzelnen kirgiſiſchen
Ein Ausflug in den Altai.
Reiters ſieben Werſt an der Staubwolke verfolgen, welche die Hufe ſeines Pferdes von der Steppe aufwirbelten. Ich litt beſtändig furchtbar von Hiße und Durſt und konnte mich vor der gewaltigen Sonnenglut nur dadurch dyüßen , daß ich mich vierfach in ſchwere Wolldecken einhüllte und ein dickes Kiſſen über meine Beine legte. Von der Heftiga keit dieſer Sonne fann man ſid, vielleidyt einen Begriff
Von George Menn a ni.
machen, wenn ich ſage , daß ich meine nackte Haut nicht
Wir verließen Semipalatinsk am Sonnabend den 18. Juli, um einen Ausflug von ungefähr 1000 Werft oder Kilometer in die wilde Gebirgsregion des Altai an zutreten. Wenn man auf der Landkarte eine Linie in ſüdlicher bei öſtlider Richtung von der Stadt Tomsk in einer Länge von ungefähr 900 Kilometer zieht, bis die
ohne Schmerz der Sonne ausſeßen konnte und daß das Einhüllen meines Körpers in vier Diden einer dweren
fordert hatte zu ſchreiben, daß er ertrunken ſei. (Schluß folgt.)
ſelbe die chineſiſche Grenze erreicht, ſo wird man die Region treffen, welche ich zu erforſchen hoffte. Die deutſchen Rei fenden Finſd und Brehm kamen im Jahr 1876 an den Rand derſelben, allein die weiter oſtwärts davon liegenden hohen Gipfel ſind noch niemals von einem Ausländer erblickt
Wolldecke mir allein eine Empfindung von Kühle gab .
Obwohl id) mit Sibirien ziemlich vertraut war, ſo ahnte idy dod ), als ich Tjumen verließ , kaum, daß ich in ihm
eine nordafrikaniſche Wüſte mit wirbelnden Sandſäulen und einen Sonnenſchein finden würde, vor welchem ich mid mittelſt Wolldecken ſchüßen müſſe. Ich lachte beinahe
einen ruſſiſchen Offizier in Omsk aus, welcher mir erzählte, die Hiße im Jrtiſd )-Thal ſei mandymal ſo groß , daß ſie
zum Jrtiſch herab und verläßt denſelben endlich ganz in
Uebelkeit und Ohnmacht (Sonnenſtich ?) verurſache, und der mir riet, ja nicht zwiſchen 11 Uhr Vormittags und 4 Uhr Nadymittags zu reiſen, wenn der Tag wolkenlos und heiß ſei. Der Gedanke , daß man in Sibirien einen Sonnenſtidy bekommen könne, und der Rat, über die Mittag ſtunden nicht zu reiſen , erſdienen mir ſo ungeräumt, daß ich ein halb ungläubiges Lächeln nicht unterdrücken konnte. Der Militär-Gouverneur Tjeklinski zu Semipalatinsk ver ſiderte mid ſpäter, er habe im Jrtiſch- Thal das Thermo
Bolide-Narimskaja.
meter ſchon auf 540 C. ſtehen ſehen, bei einem Sandſturm
und auch nur von ſehr wenigen Ruſſen beſucht worden. Bis zu dem erſten Koſaken -Vorpoſten , welcher unter dem Namen der Altai-Station bekannt iſt, gab es eine Poſtſtraße. Ueber dieſen Punkt hinaus gebachte ich, zu Pferde zu reiſen. Die Straße führt von Semipalatinsk das Irtiſch Thal hinan bis zur Stadt Uſtkainenogorsk, wendet ſich dann
dem Gebirge, zu ſteigt bei der Station Bukhtarma wieder
Zweihundert Werſt weit von Semipalatinsk aus wird
der Jrtiſch begrenzt von einer großen wellenförmigen Steppe mit dürrem gelblichen Gras. Hier und da, wo die Steppe durch kleine, ſich in den Jrtiſch ergießende Flüſſe bewäſſert wird, trägt ſie eine reiche Vegetation, und die kleinen Thaler zeigen einen reichen Anflug von wilden
Roſen, Malven, Goldruten, wilden Johannis- und Stadhel beer- Büſchen und prächtigen, beinahe mannshohen Lavendel
ſträuchern mit dunkelul.ramarinblauen, Ritterſporn -artigen Blüten ; gewöhnlich al er iſt die Steppe fahl und ſonna
verbrannt. In Uſtkamenogorsk und Ulbinsk machte ich die Bekanntſchaft von zwei ſehr intereſſanten Kolonien politiſcher Verbannten, welche mich mit großer Freundlidkeit und Herzlichkeit aufnahmen .
aus Süden, wo das Atmen während der Dauer dieſes ſamum-artigen Windes mit einem beinahe unerträglichen Gefühl des Erſtidens verbunden geweſen ſei. Wir erlebten nichts ſo Schlimmes, aber auf der Station Wornoinskaja, mitten in der dürren Wüſte am oberen Irtiſd), wurden wir von einem wütenden Sandſturm aus Südweſten bei einer Temperatur von 32 ° C. im Schatten in unſerem Tarantaß überfallen. Der Sand und der feine heiße Staub wurden zu einer Höhe von hundert Fuß aufgelvühlt und trieben in dichten erſtickenden Wolken an uns vorüber, verhüllten uns alle Gegenſtände und machten es uns bei nahe unmöglich zu ſehen oder zu atmen. Obwohl wir
mit dem Sturme fuhren und nicht gegen denſelben, ſchnappte ich buchſtäblich über zwei Stunden lang nach Atem , und als wir die Station Cherem-ſchanka erreichten, wäre es
Je weiter wir den Zrtiſch hinauffamen , deſto heißer wurde die Witterung und deſto unfruchtbarer und fahler
bei einer Beſichtigung unſerer Geſichter ſchwer zu ſagen
wurde die Steppe, bis man ſich in eine arabiſche oder nordafrikaniſche Wüſte verſekt glauben konnte. Das Thermo meter ſtieg Tag für Tag auf 32 bis 39 ° C. im Schatten ,
Weiße ſeien. Einen ſolchen Wind mit ſolcher erſtickenden Hiße und blendendem Staub hatte ich niemas zuvor in
die Temperatur war erſtidend, jedes Blatt und jeder
meinem Leben erfahren.
geweſen, ob wir Kirgiſen oder Amerikaner, Schwarze oder
Ein Ausflug in den Altui.
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Auf der Station Mala-Krasnojarskaja ließen wir den Jrtiſch zu unſerer Rechten und ſahen ihn nicht wieder. Spät an jenem Nachmittag erreichten wir die erſten vor:
liegenden Ausläufer der großen Altai-Gebirgskette und begannen den langen allmählichen Anſtieg zu dem unter
und um das Anmutende und Anheimelnde dieſes Tons zu fäßen , muß man einen Monat lang in dem aus: gedörrten, ſonnverbrannten , mit erſtickendem Staub ange füllten Thale des Irtiſch gereiſt ſein. Wir blieben drei
oder vier Tage in der Altai-Station, machten Ausflüge
Vor Einbruch der Nacht am folgenden Tag ritten wir durch kühle hochgelegene Alpenmatten , wo das friſche grüne Gras untermengt war mit blauen Glockenblumen, duften: den Spiräen, Gentianen, zart gefranſten Nelken u. f. w .
in die benadybarten Berge, beſuchten und photographierten die Kirgiſen und ſammelten Belehrung und Auskunft be: züglich der weiter öſtlich liegenden Region, welche wir zu erforſchen beſchloſſen hatten. Am Montag den 27. Juli traten wir die Reiſe von 300 Werſt nady den Katunskij
und wo die Berghäupter über unſeren Köpfen tauſend Fuß weit herab weiß von dem friſchgefallenen Sdynee waren.
îchen Altai. Unſer Ausflug nahm zehn Tage in Anſpruch und
dem Namen der Altai-Station bekannten Roſaken - Vorpoſten.
Der Wechſel von der heißen afrikaniſchen Wüſte zu dicſer prächtigen ſibiriſchen Schweizerlandſchaft war ein ſolch plöß licher und außerordentlicher, daß er beinahe verblüffte. Zu jeder Zeit und unter allen Umſtänden würde mir dieſe Szene
wunderſchön erſchienen ſein , allein nadidem ich 2000 Werſt ununterbrochener Steppe zurückgelegt hatte, machte ſie auf mich einen ungemein tiefen Eindruck. Wir erreichten die Altai -Station etwa um 6 Uhr in der Kühle eines ſchönen windſtillen Sommernachmittags,
Alpen oder ,,Bailkin" an, den hödyſten Gipfeln des ruſſi während drei derſelben lagen wir vom Sturme gebannt in einem Lager im Nakhmanowskij-Thal, beinahe 7000 Fuß über der Meeresfläche. Die letzten ſechzig Werft unſerer
Neiſe wurden mit großer Mühe und einiger Gefahr zurüd gelegt. Denn unſer Weg führte quer über furchtbare Bergrüden und tiefe Thäler mit beinahe ſenkrechten Seiten, in welche wir nur hinabſteigen konnten, indem wir dem
Laufe toſender ſchäumender Bergſtröme folgten oder an alten Gletſchermoränen über große Maſſen loſer Felſen
und ich werde niemals das begeiſterte Hochgefühl vergeſſen,
hinabkletterten, uns durch Sümpfe und Sumpfwälder voll
bas mich erfüllte , als ich aus einem von wilden Blüten
Büſchen und umgeſtürzten Bäumen hindurch arbeiteten oder
duftenden Waldthale und an einem maleriſchen Haufen
an Abhängen hinunter ritten, welche ſo ſteil waren, daß
kirgiſiſcher Zelte vorüber quer über 200 m. einer glatten, hochgelegenen Wieſe in die kleine Anſiedlung von Blockhäuſern
man kaum ſeinen Körper weit genug zurücklehnen konnte, um ſich im Sattel im Gleichgewicht zu erhalten, während
einritt und mich dann nach den Bergen umfah. Ich habe
das Pferd unter einem beinahe die halbe Seit auf allen
meines Erachtens niemals ein Alpenbild geſehen, das auch nur einen Augenblick den Vergleich damit aushalten konnte. Es ſtand in meiner Erfahrung unerreicht da und erſchien mir ſogar unerreichbar. Ich habe ſeither die höheren und
Vieren rutſchen mußte und Steine losriß, welche ein Kilo meter tveit hinunter rollten und hüpften, bis ſie über
Namen der Bailkin bekannt ſind, wo der Fluß Katun
furchtbare Abſtürze hinab in Stücke zerſdimettert wurden. Ich war nicht unerfahren in Bergreiſen, denn ich hatte die ganze Länge der Halbinſel Kamtſchatka reitend zurüd : gelegt und dreimal die Bergkette des Raukaſus überſchritten,
großartigeren Piks weiter oſtwärts geſehen , die unter dem in voller Kraft und Macht unter ungeheuren Gletſchern
allein ich muß geſtehen, daß mir während unſerer Abſtiege
hervorquillt und als ein wütender Bergſtrom durch die wildeſte Szenerie im nördlichen Aſien dem Obi zueilt ;
in die Thäler des Rakhmanowskij , des Schwarzen und des Weißen Berel und des Ratun das Herz mehrmals in
allein ich bin noch der Anſicht, daß an mannigfaltiger
die Schuhe fallen wollte.
wechſelvoller Schönheit, an großartig wirkſamem maleri ſchem Charakter die Gebirgslandſchaft, welche ſich vor dem Reiſenden erſchließt, wenn er aus dem Thale zur Altai:
Kirgiſenpferde wären ſolche Abſtiege überhaupt ganz un
Station heraufſteigt, ihresgleichen nicht wieder hat und
wir paſſierten, iſt eine Urwildnis voll von Wild und Tieren aller Art. Wir ſahen Marals oder ſibiriſche Elche,
jedenfalls nicht übertroffen wird .
Auf einem anderen als einem
möglich geweſen. Mein Pferd ſtürzte einmal mit mir, aber ich wurde nicht verleßt. Die Region, durch welche
Die Station ſelbſt iſt ein bloßer Außenpoſten der
Wölfe, Wildſchafe, zahlreiche friſche Bärenfährten, wir
Roſaken von 70 oder 80 Blodhäuſern, welde, mit breiten
jagten wilde Ziegen zu Pferde, und hätten Hunderte von Feld- und Moorhühnern, Enten, Gänſen , Reihern und Adlern ſchießen können. Die Flora der unteren Gebirgs thäler war ausnehmend reich, mannigfaltig und üppig,
reinlichen Straßen dazwiſchen und mit einer ſeltſamen hölzernen Kirche am Ende, in Reihen ſtehen . Vor jedem
Hauſe in der Anſiedelung iſt ein kleiner umfriedigter Hof oder Vorgarten, bepflanzt mit jungen Birken, ſilberblätte rigen Eſpen und blühenden Sträuchern, und durch alle dieſe Höfe fließt, an beiden Seiten jeder Straße herab, ein murmelnder, plätſchernder Bad von klarem faltem
und umfaßte wilde Penſées, purpurne, gelbe, rahmweiße und bunte, gefranſte Nelken, Spiräen, blaue Gentianen, wilde Malven, Vergißmeinnichte, Maßliebchen, Alpenroſen,
Waſſer aus dem geſchmolzenen Schnee auf den Bergen.
ich nie zuvor geſehen hatte, und darunter viele, welche
Das Dorf iſt daher, wohin man auch gehen möge, von dem plätſchernden Gemurmel des fließenden Waſſers erfüllt,
ausnehmend glänzend, groß und in die Augen fallend
purpurne Altai- Lilien und Hunderte von Blüten, welche
und prangend waren . Von Gewächſen und Früchten, die
Ein Ausflug in den Altai.
bei uns domeſtiziert ſind, aber im Altai wild wadſen , bemerkte ich Rhabarber , Sellerie, ſchwarze und rote Jos hannisbeeren, Stadyelbeeren , Himbeeren, Heidelbeeren und
353
insbeſondere waren ſo groß und überreif vorhanden wie in irgend einem Garten. Die Landſchaft war überaus
auswieſen und ſich 6-7 Km , weit ausdehnten mit einer Breite von 300 und einer Höhe von 25—75 Fuß über das allgemeine Niveau des Gletſchers. Die äußerſten Gipfel der beiden höchſten Pifs waren mehr als die Hälfte der Zeit über in Wolken gehüllt, allein das verminderte nidit die wilde Großartigkeit des Anblids, ſondern erhöhte dieſelbe eher noch, indem ſie den Urſprung der ungeheuren Gletſcher in ein Geheimnis hüllte, welche zu ſolchen Zeiten
wild und großartig und übertraf zu Zeiten alles, was
der Einbildungskraft erſchienen , als ſtürzten ſie durch
id im Kaukaſus geſehen hatte. Am Sonnabend dem 1. Auguſt erreichten wir den
Maſlen wallender Dünſte aus unbekannten Höhen vom Himmel herunter. Die ganze Zeit über tönte aus den Tiefen der Schlucht zu uns herauſ das wilde Rauſchen des Waſſerfalls, das hie und da beinahe verloren ging in dem tieferen Donner, der von den großen Gletſchern herabfam, wenn ſich an den Eisſtürzen größere Maſſen ablöſten und neue Stellungen einnahmen . Dieſer Donner der Gletſcher währte jedesmal beinahe eine Minute, wechſelte an In: tenſität und glid; gelegentlich dem Schall einer entfernten, aber dweren und raſchen Ranonade. Von unſerem Stand punkt aus war keine Bewegung des Eiſes in den Eis ſtürzen wahrzunehmen ; aber der düſter rollende Donner war Zeugnis genug von der mächtigen Gewalt der Natur fräfte, welche vor uns in Thätigkeit waren . Nadidem wir eine halbe Stunde lang die Berge be: trachtet hatten , wandten wir unſere Aufmerkſamkeit dem Thale des Katun unter uns zu mit der Abſicht, zu er
Erdbeeren, Schlehen , wilde Kirſchen, Holzäpfel und wilde Aprikoſen und Pfirſide. Die meiſten Beeren tvaren con
ganz oder beinahe reif, und die wilden Johannisbeeren
Fuß des leßten großen Rückens oder die Waſſerſcheide, welche uns von der Hauptkette der Ratunski-Alpen trennt. Am Sonntag Morgen kletterten wir ungefähr 2000 Fuß
bis zum Gipfel des leşten Rückens hinan und ſchauten in das wilde Thal des Katun hinab , aus weldjem die „ Katunski- Pfeiler", die höchſten Spigen des ruſſiſchen
Altai, emporſteigen. Ich war auf einen großartigen land ſchaftlichen Charakter vorbereitet, weil ich dieſe Gipfel bereits einige Male aus Entfernungen von 36-45 Km. geſehen hatte ; allein der Anblick aus der nädyſten Nähe von den Anhöhen über dem Katun aus übertraf meine
Erwartungen ſo ſehr, daß ich einfach von Ehrfurdt über: wältigt wurde. Der Anblick war nicht dyön, nicht male : er war einfadı überwältigend und erſtaunlich. riſch
Das tiefe, enge, ſchluchtartige Thal des Katun, das unmittelbar beinahe zu unſeren Füßen lag, war ziemlich zwiſchen 2000 bis 3000 Fuß tief. Auf der jenſeitigen Seite desſelben erhoben ſich weit über unſere Köpfe die
Häupter der wilden gewaltigen Gebirgskette der Katunski Alpen und gipfelten uns gerade gegenüber in zwei furcht baren fdyneeigen Spißen, deren Höhe ich auf 15,000 Fuß
äßte. Oberſt Maiyfski , der Gouverneur des Diſtrikts, hat mir ſeither mitgeteilt, man glaube allgemein, ſie haben eine Höhe von mindeſtens 18,000 Fuß. Sie waren vom
Fuß bis zum Gipfel weiß von Schnee, ausgenommen wo dieſer durch große ſchwarze Abſtürze unterbrochen wurde oder wo aus demſelben darfe felfige Sacken oder , Nadeln "
aufragten . An den Seiten dieſer Berghäupter und den auf ihnen liegenden ungeheuren Firnfeldern ſenkten ſich gewaltige Gletſcher herab, der größte von ihnen fam von der hohen Einſattelung zwiſchen den beiden Pifs in einem fortlaufenden Eisſtrom von mindeſtens 4000 Fuß Länge
herab. Der Gletſcher zur äußerſten Rechten zeigte einen beinahe ſenkrechten Eisſturz von 12—1500 Fuß, und aus dem Gletſcher zur äußerſten Linken entſprang ein Berg
mitteln, ob es möglich ſein würde, in dasſelbe hinunter zu kommen und den Fuß des Hauptgletſchers zu erreichen, welcher dem Katun feinen Urſprung gibt. Obwohl der
Abſtieg ſchwierig und gefährlich genug ausſah, war ich doch keineswegs verſucht, ihn für ganz unausführbar zu halten. Während wir noch die Frage erörterten, madhte unſer Führer einen fühnen und praktiſchen Verſuch dieſelbe zu löſen. Wir fonnten ihn von unſerem Standpunkt nicht mehr ſehen ; allein ale paar Augenblicke ſprang vor uns ein Stein oder ein kleiner erratiſcher Blod , welchen der Huf ſeines Pferdes in Bewegung geſeßt hatte , in einer Entfernung von 300 oder 400 Fuß unter uns auf, rolite polternd den Berghang hinunter und zerſchmetterte endlich an den Felſen auf der Sohle der Schlucht in tauſend Stücke mit dem Geräuſch des fernen Knatterns eines Mus: ketenfeuers. Unſer Führer fam unverkennbar gut vom Fled.
Nach wenigen Minuten kam er auf einem kühnen
Felſenvorſprung etwa ſechshundert Fuß unter uns zum Vorſchein und rief fröhlich herauf : ,,Kommt doch! Ihr könntet hier mit einer Telega (einem ruſſiſchen Bauern wagen) fahren !" Ausgenommen das, daß man hier faum hinunterſehen konnte, ohne ſchwindlich zu werden, war es dody eine ziemlich hyperboliſche Schilderung der Möglichkeiten
ſtrom , welcher mit einem wilden Brauſen ungefähr 800 Fuß tief in die enge Schlucht herunterſtürzt. Leşterer Gletſcher war der Länge nach geteilt durch drei Moränen, welche von unſerem Geſichtspunkt aus wie lange ſchmale Abſtürze von Hohofenídlade oder feinem Kohlenſtaub erſchienen, die ſich jedoch, als ich ſpäter dieſelben hinan kletterte, als aus ſchwarzen Blöcken von der Größe eines
des Fallens.
Menſchenkopfes bis zu derjenigen eines Hauſes beſtehend
ohne viel wirkliche Gefahr bis auf die Sohle des Katun
Wir erreichten endlich einen ſehr ſteilen, aber graſigen
Abhang gleich der Seite einer titaniſchen Aufdämmung, an welchem wir im Zickzack mit großem Unbehagen , aber
Ein canadiſches Melta .
354
Thales hinunterritten. Als wir die Schlucht hinanzogen
Fuß zurüdzulegen
gegen die Großen Piks, endlid, von den Pferden ſtiegen und den Hauptgletſcher hinankletterten, ſah ich erſt, wie
Stroms. Ueberall der franzöſiſche Gruß „ Bon voyage!“ Man paſſiert St. Roche, geht über die Brücke des Charlega
ſehr id ), von unſerem früheren hohen Standpunkte aus, die Entfernungen, Höhen und Größen unterſchäßt hatte. Der Ratun - Fluß, welcher von oben wie ein ſchmales, idimuzigweißes Band , das ein Kind überſchreiten könnte, ausgeſehen hatte, erwies ſich als ein Bergſtrom von 30 bis 40 Fuß Breite mit einer Strömung, welche beinahe tief und ſtark genug war , um Reiter und Pferd mit ſich fort zu reißen. Der Hauptgletſcher, deſſen Breite id) auf etwa dreihundert Fuß geſchäßt hatte , erwies eine Breite von mindeſtens 750 m. und ſeine Zentralmoräne, welche mir
-
iſt der Landweg am Ufer des Lorenzo:
River und iſt alsbald im offenen Lande. Blumen , wohin
das Auge ſieht. Sie ſchlingen ſich um Galerie und Fenſter, um Mauern und Brunnen, werden in hölzernen Kaſten, in alten Krügen und in winzigen Candes aus Birkenrinde
gezogen ; große ſchöne Dahlien in allen Farben niden uns mit ihren vollen Kronen entgegen und Dotterblumen, deren Samen die erſten Anſiedler aus Frankreich mitge bracht, Herbſtroſen, Fingerhüte , China - Aſtern, der flam mende Liebling der Normandie, die Sonnenblume, und
eine Menge anderer altmodiſder Blumen eines altmodiſchen
von oben wie ein 30 Fuß breiter Streifen ſchwarzen Sandes
Volks prangen ringsum in Fülle. Kleine ſtallähnliche
erſchienen war, türmte ſich in der Wirklichkeit zu einer Höhe von fedhs bis ſieben Fuß wie ein langer Ablagerungs plaß von Hohofenſchlacke auf und erwies ſich als eine gegen 6 Km. lange und 3—400 Fuß breite ungeheure Maſſe rieſiger Felfen, welche auf dem Gletſcher an Stellen bis zur Höhe von 75-80 Fuß aufgehäuft war. Kurzum,
Häuſer, oft nur gerade geräumig genug, um eine Kuh oder ein Pferd zu beherbergen, kleine Gärten daneben charakteriſieren den echt canadiſchen Weg ; wie in den
es war ein furchtbarer Gletſcher und dennoch war er nur einer von den elf , welche ich von dem Gipfel des Rückens zwiſchen dem Schwarzen und dem Weißen Berel zählte. Von den beiden Hauptpifs allein kommen ſieben Gletſcher berab .
Wir verbrachten den ganzen Reſt des Tages mit dem Aufnehmen von Skizzen und Photographien und mit Herumklettern im Thal und auf den Gletſchern und kehrten
erſt ſpät am Nachmittag in unſer Lager im Thal des Weißen Berel zurüd. Am Montag unternahmen wir einen zweiten Ausflug nach dem Ramme des Katunski-Rückens und es gelang
uns, eine gute Photographie von den beiden großen Pifs ohne eine Wolke zu bekommen.
Am Mittwoch den 3. Auguſt kehrten wir nach der Altai-Station zurück und brachen zwei Tage ſpäter nac) Uſtfamenogorst auf. Im Gebirge zwiſchen Bukhtarma
Dörfern der Schweiz rieſeln Quellen kryſtalklaren Waſſers von den Abhängen herab und werden in Trögen für die
Pferde aufgefangen. Die Höhen in der Umgebung von Beaupré ſtroßen meilenweit von wilden Pflaumen, die auf den Markt nach Quebec geführt werden . Auch ganz
beſonders typiſche Eremplare altfranzöſiſcher Bauernhäuſer ſieht man, aus unbebauenen Steinen und Mörtel auf gebaut, darauf ein ſehr ſpiß zulaufendes Dach mit einem mächtigen Schornſtein , der meiſt weit über den Giebel
hinausragt, wie auch die Dachtraufen und die Dachfenſter
weit vorſpringen, einzelne Häuſer noch aus der erſten Zeit der Eroberung des Landes ſtammend. Gewöhnlich ſind ſie nach der Straße zu geſchloſſen.
Die Ställe und
Scheunen ſind in der Regel mit Stroh gededt und neigen fich merkwürdig nach vorn ; auch die Obergeſchoſſe der Giebel- und Längsfronten ragen gewöhnlich mehrere Fuß über die Grundmauern hinaus. Selbſtverſtändlich übrigens fehlt es auch nicht mehr an moderneren Bauten. Die erſte Raſt-Station von Quebec aus ſind die
Montmorency-Fälle, dann führt uns ein reizender Weg über
und Aleyandrowskaja wurden wir von einem Gewitter
einen Hügel nach dem Weiler Ange-Gardien. An ſeinem
überfallen , verirrten uns , unſer Tarantaß wurde Abends neun Uhr in der Dunkelheit in einem Loche umgeworfen, und ſo lagen wir daſelbſt bis zum Morgen in einem
Ein- und Ausgang ſteht je ein kleines Bethaus, mitten im Ort die alte Kirche. Sobald wir das Dorf betreten,
kalten Regen ohne Dbdad), Nahrung oder Feuer. Kurz
Sträußen entgegen, die ſie uns zum Kauf anbieten ; andere ſuchen mit einem Glas Waſſer oder mit Erdbeeren und Himbeeren in Schalen von Birkenrinde Geſchäfte zu machen ; ſie reichen aber noch nicht entfernt an die Kulturhöhe der
nach Tagesanbruch traf Hülfe von der nächſten Nieder
laſſung ein, allein es koſtete acht Pferde und drei Fuhr leute, darunter zwei berittene, um unſern Tarantaß nach der nächſten Station zu bringen.
laufen uns die Kinder, barhäuptig und barfüßig , mit
Bettler an anderen heiligen Orten heran, denn ſie ſchlagen keine Purzelbäume und ſingen auch nicht im Chor Balladen von der heiligen Anna. Die Kinder ſind durchgehends
auffallend hübſch. Hier rufen uns, aus der Schule kommend,
Ein cauadiſches Mekka.
drei allerliebſte Mädchen mit den reizenden canadiſchen
Hüten und Schürzen ihr „ Bon jour, Monsieur ! “ zu, dort Das canadiſche Mekka heißt St. Anna. Man erreicht
traben ein paar Buben aus den Bergen nach St. Anna,
es zu Waſſer und zu Lande, aber der unbedingt ſchönſte
um an der heiligen Quelle Flaſchen zu verkaufen, und
Weg – und man thut wohl, ihn von Quebec aus zu
Alles lüftet graziös vor dem Fremden den Hut. Es ſtedt
Ein canadiſches Meffa.
noch ganz die Raſſe der belle France in ihnen. Neben ihnen taucht freilich, als eine Specialität gerade dieſer Gegend, der „ geſunde Bettler" auf und jedes Dorf beſißt einen privilegirten Stamm dieſer Sorte. Es ſind lauter
rüſtige Leute, und ſie denken nicht daran, gleich ihren Berufs genoſſen anderswo irgendwelche fingierte Leiden zur Schau zu tragen ; ſie begnügen ſich damit, in den defekteſten
Kleidern zu erſcheinen und vor Schmuß zu ſtarren. Wir ſind alſo in St. Anna und quartieren uns in einem hübſchen, reinlichen Hotel ein ,,The Retreat" . Ein
Telegraph im Hotel wird von den Pilgern mit ſcheuer Ehrfurcht angeſtaunt. Aber eigentlich iſt jedes Haus ein
„ Hotel“ und jeder Hausbeſißer (nebenbei Fiſcher) ein Hotelier. Dann treten wir auf die Straße ; das Dorf
beſteht nur aus einer einzigen (ungepflaſterten ) Straße am Fuß des Uferhügels. Schön iſt das ſchöne Geſchlecht nicht. Die furchtbare Stubenbiße im Winter, das ſchlechte Eſſen und die harte Arbeit macht die canadiſche Bäuerin
ſchon in den mittleren Jahren plump und runzelig, am meiſten aber die, deren Gewerbe es mit ſich bringt, daß ſie die ſteilen Anhöhen auf- und niederſteigen müſſen . Die derbgebauten Weiber klettern, die Arme im rechten
355
mit Granaten befekten Rahmen neben dem Altar befindet
ſich ein reiches Perlenkreuz und daneben erblicken wir eine Sammlung von allerlei Reliquien, namentlich ein Fingers glied der heil. Anna, ein Stück von der Grundmauer des Hauſes, in welchem ſie gewohnt, einen Span von dem Kreuze, an welchem der Erlöſer geſtorben 2c.
Auch ein
prachtvolles Meßgewand wird gezeigt, welches Anna von Deſterreich, die Mutter Ludwigs XIV., geſchenkt. Das Sehenswerteſte aber iſt eine ungeheure Pyramide (22 Fuß hoc, in ſechs Stodwerke abgeteilt und mit einer ſehr alten vergoldeten Statue der Heiligen gekrönt) von allen Sorten
Krücken und Stöde, welche die wunderbar geheilten Krüppel hinterlaſſen . Während des Gottesdienſtes ſteigen die Pilger zum Altar und knieen in langen Reihen an der Baluſtrade. Die Geiſtlichen tragen in der einen Hand die Reliquien und in der anderen ein Tuch, mit welchem ſie nach jedem
Kuß der frommen Beter auf die Glashülle der Knochen dieſelbe ſorgſam abwiſchen. Eine Menge der Pilger geht zur Quelle, trinkt das heilige Waſſer oder nimmt es in Flaſchen mit nach Hauſe ; es iſt freilid) nicht mehr die Originalquelle, aber da es geſtattet war, die Kirche zu
Winkel von den Schultern abſtehend, wie der beſte Mann.
verſeßen, konnte auch die Verſezung der Quelle kein Be
Eine dieſer Schönen (in der Neige der Sechzig) hat ſich einen beſonderen Wirkungskreis geſchaffen : ſie iſt – Sattler und Schuhmacher. Mit einer runden Brille
denken haben, und jeßt nimmt eine aus unbehauenen Steinen und Mörtel pittoresk aufgebaute Kapelle einen vom Hügel herabkommenden Waſſerſtrang in ſid, auf. Die Wände aller Häuſer auf dem Wege dahin zeigen ſchwarze
bewaffnet, die ſie, wenn ſie genau ſehen will, auf die Stirne hinaufſchiebt, raudyt ſie eine Thonpfeife. Glück licherweiſe fißt gerade gegenüber am offenen Fenſter ein
reizendes Mädchen in der kleidjamen normänniſchen Haube und ſpinnt. Wir erreichen das andere Ende des Dorfes. Die
alte Kirche ſteht nicht mehr , ihre Mauern waren ge borſten , und man riß ſie nieder, um an ihrer Stelle einen aufdringlich geſchmadloſen Neubau zu errichten .
Einer
Kruzifixe und, plaſtiſch oder in Farben dargeſtellt, das Bild der heil. Anna. Der alte Kirchhof iſt — troß der Wunder kuren der Heiligen - ſo ſtark benußt worden , daß drei Reihen Leichen übereinander geſchichtet werden mußten ; wer übrigens 25–100 Dollars daran wenden kann und will, darf ſidy – eigene Gewölbe find dazu beſtimmt – unter der neuen Kirche begraben laſſen. Doch wir kehren zum Hotel" zurück und bewundern -
angebauten kleinen Kapelle, zu der die Steine der alten
unterwegs nur noch, die durſtigen und hungrigen Gläubigen
Kirche das Material geliefert , hat man wenigſtens einen
zu laben , Rieſenfäſſer mit Wurzel- und Sproſſenbier und
altertümlichen Anſtrich gegeben und neben ihr ſteigt der pittoreske doppelte Glockenturm des alten Gotteshauſes empor, aber ſeine ſchlichte Façade mit ihrer Roſette und
ſein normänniſcher Thurm ſind verſchwunden. Aber eben langen die Dampfer an und landen etwa 2000 Pilger, die, ein Muſikkorps voran , ſofort in Pro : zeſſion zur Kirche ziehen.
Am Altar und in den Seiten
ganze Berge von Brot und Butter, Ingwerbrot, geröſtetem Korn und anderen canadiſchen Delikateſſen, aber auch eine Neihe vielverheißender Inſchriften feſſelt den Blick. Hier ſteht ein Haus, an dem wir leſen : „ Ici bonne maison de
pension “ und auf der anderen Seite iſt ein koloſſales Brett angenagelt, welches in nicht ganz klaſſiſchem Fran zöſiſch verkündet, daß wir das ,,Bureau de Poste Office
ſchiffen fungiert die Geiſtlichkeit. Gleich am Eingange hängt, mit eiſernen Klammern befeſtigt, an einem Pfeiler
vor uns haben . Noch weiter aber ragt ein großes Schild weit in die Straße hinein : „ S. Lachance, époux de
eine altertümliche Sammelbüchſe von merkwürdiger Form ,
Demoiselle Mercier. Maison de Pension “ und über der
ein altmodiſcher Schlüſſel öffnet ihr künſtliches Vorlege ſchloß. Ueber den Seitenthüren prangen plumpe Votiv bilder, wunderbare Rettungen aus Waſſergefahr verewigend,
die Aufſchrift: ,, Maison de Pension, Demoiselle Mercier
welche die heil. Anna vollbradit. Ueber dem Altar ſchaut man das Bild der Heiligen (von Lebrun gemalt) , die Seitenaltäre enthalten Bilder des ( 1685 geſtorbenen ) Franziskanermönchs Le François. In einem kranzförmigen,
nächſten Thüre trägt eine mit einem Fiſch gezierte Tafel mit aufklärenden Anmerkungen, aus welchen erhellt, daß die Maison Mercier zwei ſchöne Tödyter hatte, die zu
ſehen viele fromme Pilger mehr Sehnſucht hatten, als zu beten, daß ſchließlich der Beſißer eines benachbarten Ron
kurrenz - Hotels die ſchönſte der beiden als fein ehelich
Geograpbilde Neuigkeiten .
356
Gemahl heimführte, daß das alte Haus die Firma von De moiselle Mercier beibehielt, der glückliche Gatte aber ſein
eigenes Schild übertünchen ließ und in einer neuen Inſchrift der Welt zu wiſſen gab, daß das zugkräftige Nachbar-Hotel kraft ehelichen Rechts das ſeine geworden. Wir traten, diesmal zu Waſſer, die Rücreiſe nach Quebec an. Eben aber fam von der Orleans-Inſel ein neues menſchenbeladenes Boot herüber und die Pilger fangen, ſo falſch als möglid :
durch den Mangel an Verkehrsmitteln und einer genügen den Bevölkerung. Troßdem ſteigen die Erträgniſſe der Forſte von Jahr zu Jahr. Im Jahre 1876 betrugen dieſelben nur ungefähr 40,000 Rubel und für 1885 ſind ſie auf 111,240 Rubel geſchäßt. Bisher haben die oſt ſibirijden Wälder nur Holz für den lokalen Verbrauch
geliefert. Die Hauptſtapelpläße des Holzhandels ſind Tomsk und dann Tinnene, der Ausgangspunkt der Flußſchifffahrt. (G. g. )
* Statiſtik von Indien. ( Nach dem jüngſt er ſchienenen ,Statistical Abstract relating to British India"
„ Vers son sanctuaire
Depuis deux cent ans La vierge à sa mère
für die Jahre 1874–75 und 1883—84) . Die Geſamt:
Conduit ses enfants .
Daignez, St. Anne, en un si beau jour
bevölkerung von Indien beläuft ſich auf 253,982,595 Ein: wohner (die unter der direkten Herrſchaft des Vizekönigs
De vos enfants agréer l'amour. “
von Indien ſtehenden Reſidentſchaften und Provinzen zählen Dr. G. Weisbrodt.
198,790,853, die tributpflichtigen Staaten 55,191,742 Ein
wohner). Ganz Britiſch - Indien bedeckt einen Flächenraum von 1,378,044 Q.-Min. Man zählt darin 43,549,158
Behauſungen . Die Dichtigkeit der Bevölkerung erreicht ihr Maximum in Bengalen : 442.8 Bewohner auf die eng
Geographiſche Neuigkeiten.
liſche Quadratmeile ; ihr Minimum in den halb unab: * Die Wälder Sibiriens. Die Zeitſchrift des ruſſiſchen Finanzminiſteriums verbreitet ſich in einem längeren Artikel über Lage der Waldkultur in Dſtſibirien. Die ungeheuren Wälder von Kiefern, Lärchen, Tannen, Fichten , Birken, Eſpen und Linden, die den beinahe aus
hängigen Provinzen von Zentralindien 59.3 auf die eng liſche Quadratmeile und in Britiſch -Birma 42.8 auf die
ſoließlichen Reidytum jenes ungeheuren Landſtriches bilden , gehören beinahe jämtlid dem Staat. Dieſe Wohlſtands quelle war ſchon ſeit einer langen Reihe von Jahren ganz unergiebig und erſt ſeit 1869 hat man eine mehr oder
Die Verteilung nad) den Hauptreligionen iſt beiläufig folgende : Hindu und Buddhiſten 190 Mill., Mohamedaner 50 Mill., Chriſten 1,800,000, Parſis 85,000, Juden 12,000, ſodann eine Anzahl mehr oder minder beſtimmter Sekten. Die Geſamtſchuld Indiens belief ſich am 31. März 1884 auf 171,577,945 Lſtrl., wovon in Indien ſelbſt kontrahiert 93 Mill. Lſtrl., in England 68 Mill ., dazu noch etwa
minder regelmäßige Forſtverwaltung einzurichten ange: fangen. Die dermalige Ausdehnung der Wälder in Dita ſibirien wird auf 72,335,330 Deßjätinen geſchäßt, welche ſich folgendermaßen verteilen : 33,548,210 Deßjätinen im Gouvernement Tobolst, 37,633,060 Deßjätinen im Gou vernement Tomsk, 822,200 Deßjätinen im Gouvernement Semipalatinsk und 331,860 Deßjätinen im Gouvernement Afmolinsf. Von dieſen Wäldern find 22,355,760 Deß: jätinen genau vermeſſen, und 50,979,570 Deßjätinen an nähernd abgeſchäßt. Der Staat beutet für ſeine eigene Rechnung 3,388,570 Deßjätinen bewohnter Wälder aus,
und zehn unbewohnte Wälder von einem Flächenraum von 31,508,700 Deßjätinen werden gemeinſam vom Staate
und den Bauern ausgebeutet, und ebenſo 23 Millionen Deßjätinen Steppen in den Regionen von Narynst und Baſſiongansk. Die den Bauern eingeräumten Wälder, 105 an der Zahl, haben eine Ausdehnung von 7,068,240 Deßjätinen. Endlid, ſind noch 889,000 Quadrat-Werſten Waldung im Bezirf Surgutski beinahe gar nicht aus .
gebeutet, weil ſie ſid, auf einem ſumpfigen und ſchwer zugängliden Terrain befinden. Im Vergleid, zu einer ſold ungeheuren Ausdehnung liefern die Wälder Dſt ſibiriens gegenwärtig nur einen unbedeutenden Ertrag. Die Entwickelung ihrer Ausbeutung iſt zunächſt gehemmt
Quadratmeile. 2
Die Bevölkerung verteilt ſich nach den beiden Geſdıledı: tern in folgendem Verhältnis : Männer 130, Weiber 124.
10 Mill. Litrl. in verſchiedenen Obligationen auf Indien, worunter 4 Mil. als Depoſiten in den Sparkaſſen. Die
93 Mill. Ljtrl. der in Indien kontrahierten Schuld teilen ſich in 57 Mill. in der Abteilung der reproduktiven öffent
lichen Arbeiten und in 36 Mill. von der eigentlichen Schuld. Die Geſamtlänge der Eiſenbahnen in Indien betrug am 31. März 1885 12,000 e. Min. Im Jahre 1884 gab es nur 10,750 Min. Die Zahl der beförderten Rei: fenden betrug 78,815,119 und die Geſamtſumme der be : förderten Waren 16,663,007 Tonnen. Am 31. März 1884 hatten die eröffneten Telegraphenlinien eine Länge von 23,341 e. Min ., die Drähte eine Länge von 68,694 e. Min ., was im Mittel drei Drähte per Linie vermuten läßt. Hier,
wie bei den Eiſenbahnen, iſt noch Spielraum zu vielen weiteren Arbeiten in einem Lande von ſolcher Ausdehnung (G. g. ) und einer ſo hohen Ziffer der Bevölkerung.
* Die Expedition der Herren Profeſſor Paulitſchfe und Dr. v. Hardegger nach dem So
mali - Land iſt ganz glücklid; abgelaufen. Nachdem es den beiden Neijenden nach ſehr vieler Mühe gelungen war,
Geographiſche Neuigkeiten.
ihre Karawane zu organiſieren, brachen ſie von Zeila nad dem Inneren auf und erreichten Harar am 15. Februar. Sie blieben hier drei Wochen und dieſer Aufenthalt feßte Herrn Paulitſdyfe in den Stand, die Länge der Stadt in ganz befriedigender Weiſe zu beſtimmen. Nach
dem ſie die Seen von Haramâya und Adêlo, iveſtlich von Harar, beſucht und es unmöglich gefunden hatten, wegen des Krieges nach Schoa vorzudringen, wandten ſie ſich nach Südweſten und gelangten über Argóbba nach Be báſſa, wo ſie für einige Zeit ihr Quartier aufſdylugen. Dann wagten ſie in der Richtung von Jble und bis zu der Trümmerſtadt Bia Worâba, auf der Grenze des Ge bietes der Annia Galla, vorzubringen. Ueber das Vor: handenſein von Seen ſüdlid) von Harar war nichts Sidheres zu ermitteln . Reichliche Quellen waren häufig, allein das einzige den Somali oder Gallas bekannte Waſſerbecken oder See war angeblich derjenige in Dgadên, ſüdöſtlich vom Melengür Stamm , und heißt Gaábarta. Bia Worába iſt der Ort, welcher auf der Karte der Geographiſchen Ges fellſchaft mit ,,Steinruinen" bezeichnet iſt. Während ihres
Aufenhaltes zu Bebáſſa hörten die Reiſenden von Mr. James und ſeinen Gefährten, welche im Norden weit gen Dſten reiſten .
Die wiſſenſchaftlidhen Reſultate der Erpedition ſcheinen
ganz befriedigend geweſen zu ſein. Die Lagen von Sal déja, Harar und Beldaſja ſind mit großer Sorgfalt be
ſtimmt, der Weg iſt in die Karte eingetragen, die Höhen ſind mittelft vier Aneroid - Barometern und Siedpunkt Beobachtungen gemeſſen worden. Dr. Paulitſchke hat
ebenfalls ungefähr 150 große Photographien von Galla und Somali aufgenommen und wiſſenſchaftliche Samm lungen aller Art ( einſchließlic Handſdriften ) mitgebracht und verſchiedene wiſſenſchaftliche Anſtalten in Wien damit beſchenkt. Er ſpricht mit der höchſten Anerkennung von der freundlichen Aufnahme und Unterſtüßung, welche ihm von ſeiten der Herren Major J. Hunter, Kapitän Stuart King, Major. Heath und Lieutenant Peyton zu Teil ge
worden iſt. Er hat eine Anzahl meteorologiſcher Inſtru mente in Harar und Zeila zurückgelaſſen und die daſelbſt ſtationierten britiſchen Offiziere haben ihm verſprochen, die ſelben regelmäßig abzuleſen , und es ſind Herrn Paulitſchke bereits regelmäßige meteorologiſdhe Journale in vollkom mener Ordnung zugekommen, welche bis Ende April reichen .
Die öſterreichiſchen Reiſenden ſchlugen einen Weg ein, welcher weſtlich von demjenigen der James'ſchen Erpedition
liegt, und da ſie von den Eingeborenen möglichſt viele Erkundigungen eingezogen, ſo verſpricht ihr Beitrag zur Kartographie der Somali- und Galla -Länder ſehr wertvoll zu werden, obgleich ihre Reiſerouten nicht ſehr ausgedehnt ( Proc. R. G. S. ) geweſen ſind. a's r . In dem amtlichen * Die Wälde Canad
Berichte über die Wälder von Canada ſind einige ſtatiſtiſche Notizen über die noch ſtark bewaldeten Teile der Dominion
und ihre Ausdehnung gegeben . Der „ Urwald " in dieſem
357
Gebiet iſt natürlich ſehr verheert worden , teils durch Wald brände, teils durch ſchonungsloſen Niederhieb . Sowohl in Canada, als in den Vereinigten Staaten bekümmern fich die Regierungen nunmehr um die Hodwälder und
ihr Holz ; eine ungefähre Schäßung gibt den ganzen Flächen raum des Waldgebietes in Canada auf 280,000 e. Q.- Min . an. In der Provinz Ontario ſchäßt man die Waldflädic auf 38,000 2. -Min., in Quebec auf 92,000, in Neu
Braunſchweig auf 12,500, in Neu -Schottland auf unge: fähr 3000 e. Q.- Min . Auf Prinz Eduard's - Inſel gibt es
idon keine Wälder von einiger Ausdehnung mehr. Es gibt keine Sdjäßungen für Manitoba oder für das große nord
weſtliche Gebiet, wo in den Felſengebirgen noch bedeutende Flächen bewaldet ſind. Nach) einem Bericht von Dr. Ro bert Bell, dem Unterdirektor der geologiſchen Aufnahme von Canada, kann man die Waldbäume öſtlich von den Felſengebirgen in Betreff ihrer geographiſchen Verteilung in=
nerhalb der Dominion in vier Gruppen ſcheiden : 1. in eine nördliche Gruppe, einſchließlich der weißen und ſchwar zen Sproſſenfidyten , der Lärdhe, Bankskiefer, Balſamfichte,
Eſpe, Balſampappel, Kahnbirke, Weide und Erle ; 2. in eine zentrale Gruppe von ungefähr 40 Arten, welche den Landgürtel von der Linie der weißen Kiefer bis zu der jenigen der nordamerikaniſchen Platane einnimmt ; 3. in
eine ſüdliche Gruppe, welche die Platane, die ſchwarze Wall nuß, die Hidories, die Kaſtanie, den Tulpenbaum, die Stadhel eſche, den Sour Gum, Saſſafras, und den blühenden Hartriegel umfaßt, welche man nur auf einem kleinen Flächenraum im ſüdlichen Ontario findet; und 4. in eine weſtliche Gruppe, beſtehend aus dem eſchenblätterigen Ahorn, der Kletten ciche (Bur-oak ), der Baumwollpappel und grünen Ejdhe, welche ſpärlich über die Prärie- und Waldregionen weſtlich vom Red River und Winnipeg-See verbreitet ſind.
* Der Wolga- Don-Kanal. Der Plan , die Becken des Schwarzen Meeres und des Kaſpi-Sees durch die Vereinigung der Flüſſe Wolga und Don mittelſt eines
Kanals zu verbinden, iſt ſchon ſeit einigen Monaten im Werke. Die Unterſuchungen werden unter der Leitung
des Ingenieurs Leon Dru ausgeführt, welcher die Initia tive dieſes Unternehmens ergriffen hat, woran ſich hervor: ragende franzöſiſche und ruſſiſche Notabilitäten aus den
Kreiſen der Ingenieure, Kaufleute und Unternehmer von öffentlichen Arbeiten beteiligt und intereſſiert haben. Der Gemeinderat und der Bürgermeiſter der Stadt Roſtoff, Herr Andreas v. Baykoff, ein ſehr rühriger und intelli genter Mann, haben mit Hülfe der Mitglieder der Handels kammer und ihres Vorſißenden, Manincoff, in der genann ten Stadt, dem Unternehmen den beeifertſten Beiſtand geleiſtet. Am Stromgebiet des Don iſt Roſtoff diejenige Stadt, welche an dem Gelingen dieſes Werkes, das den Handel und Verkehr auf dieſem Fluſſe mächtig entwickeln muß, am meiſten intereſſiert iſt. Die zu erhoffenden Er gebniſſe ſind jedod, nidyt minder wichtig für die Hafenſtadt Aſtrachan an der Mündung der Wolga, welche ihren
Notizen .
358
ungeheuren Fiſchhandel mit den benachbarten Ländern am
Anſtrengungen auf den Norden ſeines Reiches zu konzen
Schwarzen Meere fid von Tag zu Tag vermindern ſieht.
trieren und infolge davon das Kanalprojekt aufzugeben. Herr Leon Dru hat die Gegenden beſucht, wo jene
Die Waren von Aſtrachan können infolge der hohen Frachtfäße auf den Eiſenbahnen im Bajfin des Schwarzen
Meeres nicht mehr die ausländiſche Konkurrenz beſtehen. Die kommerzielle Lage dieſes wichtigen Plaßes iſt ſeit einigen Jahren eine klägliche, und der Wolga-Don-Kanal würde ihm ſeine frühere Rührigkeit wieder gebent.
Dieſes Kanalprojekt iſt übrigens ſchon alt, wie alle diejenigen, welche in unſerer Zeit in Frage gekommen ſind. So war der Durdiſtich der Landenge von Suez ſchon zur Zeit der Pharaonen bekannt ; der Kaiſer Nero hat Spuren ſeiner Arbeiten an der Landenge von Korinth hinterlaſſen ; und der Canal du Midi, mit welchem ſich eine franzöſiſche Geſellſchaft dermalen beſchäftigt, um Kriegsſchiffen einen Durdigang zwiſchen dem Mittelländiſchen Meer und dem Atlantiſchen Ozean zu verſchaffen , war ſchon unter Franz I. der Gegenſtand einer Unterſuchung. Die erſten geſchidyt lichen Urkunden, welde ſid auf den beabſichtigten neuen Kanal beziehen , datieren aus dem 17. Jahrhundert, um's
Jahr 1668. Angeblich war es Selim II. , der Sohn Soli man's des Prächtigen , der zuerſt dieſe rieſige Arbeit unter
nehmen wollte, um den Transport des Kriegsmaterials der türkiſchen Heere, weldies er behufs der Belagerung dieſer Stadt nach Aſtradan dirigierte, zu erleichtern . Er gab
aber dieſe Arbeiten auf infolge der Schwierigkeiten, welche er bei der Ausführung fand, allein nod viel mehr wegen der Verdrießlichkeiten, welche ihm damals der in Moskau
herrſdiende Zar, Iwan IV., der Schredlide, bereitete. Im
Arbeiten ſtattgefunden hatten, und ſie noch in ganz wohl
erhaltenem Zuſtande vorgefunden. Der große Einſchnitt Peters des Großen iſt noch vorhanden und kann auf ſeinem ganzen Verlaufe zwiſchen dem Ramyſchinka und Slowla verfolgt werden. Der Kanal Peters des Großen mit den beiden Flüſſen , welche kanaliſiert werden mußten, hatte eine Länge von nicht weniger als 160 Km. Seit jener
Zeit hat man von neuem die Möglichkeit eines Kanals von Kamyſhinka unterſucht und es wurden der ruſſiſchen
Regierung verſchiedene andere Projekte vorgeſchlagen, allein ohne daß man bis jeßt in dieſer Beziehung vollſtändige Studien gemacht hätte. Heutzutage wird die Idee Peters
des Großen wieder aufgenommen und dürfte unſeres Er achtens eine definitive Löſung und Verwirklichung erfahren. Herr Leon Dru iſt im jüngſtvergangenen Monat Juli an Ort und Stelle gereiſt, um das Land zu erforſchen und das günſtigſte Tracé zu rekognoſzieren . Er hat in St. Pe tersburg die Genehmigung des Kaiſers und die beſten Er: mutigungen, ſowie Empfehlungen an die Gouverneure des von ihm zu bereiſenden Gebietes erhalten. Die von ihm organiſierte Miſſion beſteht aus dem tüchtigen franzöſiſchen Ingenieur Lanet, welcher bereits Rußland und den Kau
kaſus kennt, aus dem ruſſiſchen Ingenieur Powtanski vom Miniſterium des Handels- und Verkehrsweſens, aus den Gebrüdern Combelles, welche die Landvermeſſungen , und einem Herrn Baugé, welcher die Peilungen 2c. zu leiten hat, denn die geologiſchen und geognoſtiſchen Verhältniſſe
Jahre 1696 richtete Peter der Große ſeine Aufmerkſamkeit auf dieſe Regionen und ſuchte den Handel am Schwarzen
müſſen genau ſtudiert werden. Der Miſſion iſt ebenfalls
Meere dadurch zu entwickeln, daß er ſich der türkiſchen
ein Herr Papoff aus Roſtoff am Don in der Eigenſchaft
Beſißungen an der Mündung des Don bemächtigte. Mit ſeinem wunderbaren Genie begriff er die ganze Wichtigkeit, welche die Vereinigung dieſer beiden großen Ströme haben
eines Sekretärs und Dolmetſchers beigegeben. Man kann dieſer Erforſchung, welde nebſt den von uns bereits er:
würde. Er vertraute die Ausführung dieſes Planes einem
lich beitragen wird, nur den beſten Erfolg wünſchen, denn dieſer Kanal wird das Becken des Kaſpiſchen Meeres mit dem Schwarzen und dem Mittelländiſchen verbinden und auch dem Handel des weſtlichen Europa mit dem öſtlichen Rußland bedeutende Chancen eröffnen. (G. g.)
deutſchen Ingenieur an , welcher um der Feſtungsbau Arbeiten willen dem ruſſiſchen Heere beigegeben war. .
Dieſer Ingenieur wählte die Dertlicykeit des Kanals ſchlecht, hatte verſchiedene Unfälle bei der Erbauung einer Schleuſe, ergriff die Flucht, indem er ſich des Paſjes ſeines Dieners bediente, und kam niemals wieder zum Vorſchein. Später
wähnten zur kommerziellen Entwicelung Europa's weſent
ward er durch einen Engländer erſeßt, welcher dem Zar bei Gelegenheit ſeiner Reiſe nach London, im Jahre 1698,
Notizen.
vorgeſtellt worden war, worauf neue Studien vorgenom men , neue Pläne entworfen und vom Zar dem Institut de France vorgelegt wurden. In den Jahren 1701–2 beſchäftigte man 1000-1200 Menſchen an dem Graben
* Rußland und Bokhara. Ein gegenſeitiger Austauſdh von Höflichkeitsbezeugungen findet in neuerer Zeit zwiſchen dieſen
Willen des Gouverneurs der Provinz, des Fürſten Galißin ,
Ländern ſtatt. Nachdem eine ruſſiſche Geſandtſchaft den jeßigen Emir von Bokhara zu ſeiner Thronbeſteigung beglüdwünſcht, hat dieſer die Höflichkeit erwidert und ebenfalls eine Geſandtſchaft nach St. Petersburg geſchiđt. Sie brachte dem Kaiſer von Nuß Yand als Geſchenk ihres Herrſchers ſieben wundervolle Pferde
zu kämpfen ; dann nötigten politiſche Ereigniſſe und Zu
turkmeniſcher Raſſe mit, und macht durch ihre originelen Koſtüme
ſtände, wie der Aufſtand der Strelißen und vor allem
in der ruſſiſchen Hauptſtadt viel Aufſehen. Seid-Mir-Manzor- Ture, Bruder des jevigen Emirs, wird im kaiſerlichen Bagenkorps er
die Niederlage von Narwa, Peter den Großen , alle feine
zogen .
des Ranals ; allein der neue Ingenieur hatte, wie der vorige, ebenfalls mit der Abneigung und dem ſchlechten
E. B.
Notizeit.
* Die Ruſsiſche Geographiſche Geſellſchaft þat die Ausſendung folgender Expeditionen beſchloſſen : Eine botaniſch geographiſche während dieſes Sommers an die nördlichen Abhänge des Kaukaſus. Eine zweite Expedition fol die Gebirgskette Char
Tegri in Aſien und deren Gletſcher unterſuchen. Die dritte Er pedition iſt ſchon unterwegs. Sie verließ Tiflis am 5. Februar unter Führung des Dr. Radde und iſt ihr Ziel das transfaſpiſche E. B.
Gebiet, ſowie das nördliche Choraſſan.
* Am 10. Februar hielt die Ruſſiſche Geographiſche Geſellſchaft in St. Petersburg im Balais der Großfürſtin Katharina Michaelowna eine Feſt - Sigung zu Ehren Prichewalsty's
ab, an welcher mehrere Mitglieder des kaiſerlichen Hauſes, ſowie das ganze gelehrte St. Petersburg teilnahmen. Bei ſeiner Ankunft wurde der eminente Forſcher mit anhaltenden Bravos empfangen und vom Präſidenten der Gefellſchaft durch eine Feſtrede begrüßt, worin derſelbe betonte, daß die Geſellſchaft diesmal den Forſcher ſchon zu ſeiner vierten gliidlich beſtandenen Reije in Zentralaſien beglüdmünſchen konnte. Er habe zu Pferde und 311 Fuß 30,000 ruſſiſche Werſt auf einem Gebiet , welches zehnmal größer als 1
Frankreich, durchzogen. Nachdem der berühmte Forſcher darauf einen intereſſanten Vortrag ſeiner letzten Reiſe gehalten , wurden ihm zwei goldene Medaillen , die eine aus Schweden , die zweite
ans Italien, überreicht. In einem Vortrag, den Prſchewalsky am 24. Februar in St. Petersburg hielt , beſchrieb er höchſt ſpannend einige Hauptzüge über ſeine lette zweijährigen Reiſe. Eine Beſchreibung der Quellen des Gelben Fluſſes, die Abenteuer ſeines Zuſammenſtoßes mit einem räuberiſchen Volksſtamm , den Tan guten, und die Nachrichten über den von ihm genau unterſuchten Lob-Nor-See, jowie der Bevölkerung um denſelben herum , boten des Intereſſanten viel. Zum Schluß gab er noch eine orographi ſche Beſchreibung über die von ihm zum erſtenmal beſuchten Stređen des inneren Aſiens und über das Thal des Fluſſes
Tarin. Der Vortrag wurde durch Abbildungen illuſtriert, welche
359
Erpedition aufgefunden habe. Die Sache ſcheint ſich diesmal zu Sr. beſtätigen . * Kapitän John Strachan fehrte Anfang Januar 1886 von ſeiner zweiten Forſchungsreiſe im engliſchen Neu - Guinea zurück. Er fuhr auf einem kleinen Dampfer den Mai-kaſſa oder Barter River, welcher weſtlich vom Papua- Golf in 90 16 î. Br. und 1420 24' ö. £. von Gr. mündet, 160 Km . hinauf und machte dann Ezkurſionen ins Innere. Das Land, welches er dabei
paſſierte, war zum Teil vorzügliches Aderland und ſchien fich 311 Plantagen mit tropiſchen Gewächſen beſtens zu eignen. Der Baxter beſigt viele Nebenflüſſe, von denen einige, wie der Prince Leopold, ſchiffbar ſind . An der Küſte von der Mündung des Bayter bis zum Weſten des Papua-Golfes entdeckte er fünf, ebenfalls mehr
oder weniger ſchiffbare Flüſſe.
Sammlungen von Holzarten,
Bodenerzeugniſſen , Gerätſchaften der Eingeborenen und Raritäten Gr. wurden mitgebracht. * In dem wiiſten Zentralauſtralien wächſt ein merkwürdiger Baum, welchen die Eingeborenen Pituri nennen , der bekannte Regierungsbotaniker Dr. v. Müller in Melbourne aber Duboisia
Hopwoodii benannt hat. Er wird von den Eingeborenen ſehr hoch geſchäßt und ſie ſchleppen ſich mit Holzſtücken davon viele Meilen weit umher, um ſie zu verhandeln. Das Holz dient ihnen als Reizmittel. Sie verwenden es zıım Kauen und, mit der Aſche von Acazienblättern vermengt, zum Rauchen . Der Geruch iſt penetrierend, aber zugleich aromatiſch. Der Baum erreicht eine Höhe von 20 m . , blüht jedoch ſchon , wenn noch ein Strauch, und .
?
empfiehlt ſich wegen der ihm eigenen Reizkraft (Stimulation ) ful tiviert zu werden . Sein Alkaloid findet in Auſtralien bei Augen Gr . frankheiten Verwendung . * Die neueſten Nachrichten aus Auſtralien lauten ſehr un
günſtig. Wolle iſt um 4 bis 5 d . oder 0,34 bis 0,42 Mark per
Pfund engliſch gefallen , und dabei können die Squatters nicht mehr beſtehen . Ein Schäfereianweſen, Run , in Queensland im Umfange von 1524 e. Q.-Min ., auf welchem eine jährliche Ab
mittelſt einer Laterna magica hervorgebracht wurden . E. B.
* Verchojanst in Sibirien iſt wohl der Punkt auf unſerer Erde, wo die niedrigſte Temperatur bisher gemeſſen wurde. Die fälteſten Regionen Aſiens liegen öſtlich vom Lena- Fluß Die Unterſuchungen der meteorologiſchen Station auf dem Jakutsk Gebiet in der Stadt Verchojanst am Jana- Fluß, welche jdon ſeit mehreren Jahren beſteht, haben ergeben, daß Verchojansk, auf 671/20 n. Br. liegend, der fälteſte Punkt unſerer Erde iſt. Die Mitteltemperatur des Jahres iſt — 170 C. Der Unterſchied in der Temperatur des Januar und des Juli beträgt nicht weniger als 640, nämlich Mitteltemperatur im Jannar — 490 C., im Juli +150 C. (8. 5. nicht viel geringer wie in Norddeutſchland zur ſelben Zeit.) Die bisher beobachtete niedrigſte Temperatur war -630 C.; in Verchojansk wurde aber am 15. Januar 1885 - 680 C. konſtatiert. Angenehmer Obſervationspoſten ! E. B. -
* Die Waſſerſtraße zwiſchen der Oſtſee und dem Weißen
Meer iſt beſchloſſene Sache. Nachdem die Ruſſiſche Geſellſchaft zur Beförderung des Handels und der Juduſtrie den Plan einer Vereinigung des Dnega-Sees mit dem Weißen Meer wieder an geregt (ſchon Peter der Große hatte ſich damit beſchäftigt) und der Vorfitende dieſer Geſellſchaft, Graf Ignatjew , ſeine Unterſtügung zugeſagt, hat kürzlich eine Miniſterkonferenz die Arbeit beſchloſſen. Die Koſten, welche auf ca. 7 Millionen Rubel angeſchlagen ſind, werden vom Staate getragen und ſollen die Arbeiten noch in
dieſem Jahre beginnen. Man ſchätt den Reichtum an Erzen im Olonet -Gouvernement dermaßen hoch , daß dieſe Ausbeute ſchon E. B. das angelegte Kapital verzinſen fanıı.
* Von Cloncurry , einer Kupferminenſtadt im nördlichen Queensland, am Cloncurry - Fluſſe und in 200 40' 1. Br. und
gabe von 350 lſtri. ruht, wurde kürzlich in öffentlicher Auktion für 10 Lſtrl. verkauft.
Kupfer, früher mit 103 eſtrl. pro Tonne
bezahlt, iſt jetzt nur noch 43 Lſtrl. wert, und ebenſo fällt Zinn
fortwährend im Preiſe. Die Goldfelder ſind erſchöpft, wenigſtens keine Erwerbsquelle mehr für den armen Mann. Der Buſhel Weizen (60 e. Pfund) wird nur mit 3 sh . bezahlt, und das lohnt den Farmer nicht mehr u. ſ. w. Kurz, es ſind böſe Zeiten in Auſtralien, und wer auswandern will, ſollte jeßt auf alle Fälle
nicht Auſtralien wählen . Die Not unter der dortigen Arbeiterklaſje iſt entſeßlich. Am ſchlimmſten ſieht es in der Kolonie Südauſtralien und Neu -Seeland ans. Da iſt es denn in Deutſchland immer noch
beſſer, wo ein ordentlicher und fleißiger Menſch keine Not zu leiden Gr.
braucht.
* Wir haben in Band 59, Seite 1037, auf eine von David Lindſay am 26. Oktober 1885 internommene Forſchungsreiſe im zentralen Auſtralien hingewieſen. Erſte Nachrichten darüber ſind in Adelaide eingetroffen. Der in den MacDonnell Ranges in 230 31' 1. Br. und 1330 30' ö. l. von Gr. entſpringende Finke River, deſſen unterer Lauf bisher unbekannt war, verliert ſich,
wie die Forſchung ergab, oſtnordöſtlich von Dalhouſie in ungefähr 260 26 ' 1. Br. und 1350 45° ö . l . von Gr. im
Sande.
Bei
ſtarken tropiſchen Regengüſſen fluten aber ſeine Waſjer vor wärts, vereinigen ſich mit denen des Macumba River und über ſchwemmen zuletzt eine weite , mit Eukalyptenbäume beſtandene Ebene, wo ſie bei eintretender Sommerhitze bald wieder ver ſchwinden. Spuren der verſchollenen Leichhardt-Expedition , nach denen man ebenfalls ſuchte, fanden ſich nirgends. Mr. Lindſay) erforſchte dann das öftlich vom Finke River liegende unbekannte Gebiet bis zur Grenze von Queensland, welche er in 250 30ʻ1. Br.
1400 354 Ö. L. von Gr. , wird berichtet, daß ein Kameeltreiber in
erreichte und kam dabei, nachdem er zuerſt wiiſte Sandhügel paſſiert
dortiger Gegend die Reſte der längſt verſchollenen Dr. Leichhardt
hatte, iiber ſchön begraſtes Terrain. Das nötige Waſſer konnte
Litteratır.
360
Korreſpondenz.
er ſich aus acht guten Brunnen der Eingeborenen zur Geniige
geologiſchen Aufnahme jenes Landes, hat die vorliegende hoch-
verſchaffen. Am 3. Februar brad die Geſellſchaft von einem Lager, welches ſie 128 Km . öſtlich von der in 250 55' 1. Br. und 1340 54' 0. l. von Gr. gelegenen Station Charlotte Waters
intereſſante Schrift ſelbſt bezeichnet als „ Begleitworte zu den vor der geologiſchen Aufnahme von Japan für den internationalen Geologen Kongreß in Berlin bearbeiteten topographiſchen und geologiſchen Karten .“ Die Konfiguration der japaniſchen Inſeln macht das Problem ihres Aufbaues und ihrer Entſtehung zu einem ebenſo ſchwierigen als intereſſanten , und da uns Dr. Naumann in der vorliegenden Schrift wirklich eine ſehr vollſtändige und ſyſtematiſche
des lleberlandtelegraphen errichtet hatte, auf und wollte iiber meiſt unbekanntes Gebiet in nordnordöſtlicher Richtung auf den Lake Naſh, welcher in 190 15' 1. Br. unweit der Grenze von QueensGr. land liegt, reiſen. * Künſtlicher Wald in den Präriel. Eine Eijenbahn-
Geſellſchaft im ſüdlichen Kanſas hat in Anbetracht des dortigen Holzmangels eine große fiinſtliche Anpflanzung von Waldbäumen hergeſtellt, um ihren fiinftigen Bedarf an Wertholz 311 befriedigen . Mehr als eine engl. Quadratmeile land in der Nähe von Farlington iſt mit jungen Setlingen von Catalpa- und AilanthusBäumen angepflanzt worden und der vorausſichtliche Erfolg dieſes Verſuchs hat zur Anlage einer zweiten derartigen Pflanzung von gleichem Flächenraum geführt. Dieſe Bäume haben ein raſches Wachstum und liefern wertvolles Werkholz zu Pfoſten- und r. Zaunriegeln . * Die Statiſtik der franzöſiſchen Meerfiſcherei für 1884 iſt kiirzlich erſchienen und weiſt aus, daß der Geldwert des gejamten Fanges von 1884 ſich auf die Summe von 87,961,124 Franken beläuft und gegenüber von 1883 einen Rüdgang von
19,265,797 Franken darbietet. Jedoch hat der Fang des Stockfiſches (Neufundland und Island ), des Härings, der Mafrele und
des Anchovis im Jahre 1884 eine Zunahme von 16,530,053 Kilo ergeben. 413 Fiſcher und Seeleute, worunter 11 Algerien ange-
hörten , welche auf den mit dem Fiſchfang beſchäftigten Fahrzeugen Heuer genommen hatten , ſind im Lauf des genannten Jahres ertrunken oder im Meer verſchwunden und haben 196 Witwen und 432 Waiſen hinterlaſſen . Die Entſchädigungen , die an ihre Familien bezahlt wurden , belaufen ſich auf etwa 100,000 r.
Franken
Schilderung der Geologie von Japan und das Ergebnis feiner eigenen Vermeſſungen und Forſchungen darbietet , ſo begrüßen wir in derſelben nicht nur einen ſehr wertvollen Beitrag zu Geologie
und Geographie , ſondern auch eine höchſt dankenswerte und auch für den weiteren Kreis gebildeter Leſer ſehr intereſſante Arbeit. * Erman , E.: Nordenſkiöld’s Vegafahrt um Aſien 1
und Europa. Nach Nordenſkiöld's Berichten für weitere Kreiſe
bearbeitet. Mit 200 Abbildungen, einem Porträt und einer Karte. Der ſehr nahe liegende Ge : Leipzig, F. A. Brodhaus, 1886. dante, die Geſchichte der Nordenſkiöld'ſchen Nordoſt-Durchfahrt mit
der „ Vega “ in gedrängter populärer Darſtellung dem weiteren Leſerkreis vorzuführen, iſt ein berechtigter und dankenswerter und in dem vorliegenden Buche in anerkennenswerter Weiſe verwirk
licht worden . Die ſämtlichen intereſſanten Thatſachen nnd Ent deđungen des berühmten Polarfahrers ſind hier in anregender, fliezender und volksfaßlicher Darſtellung wiedergegeben und mit den Original-Holzſchnitten illuſtriert, ſo daß das Werk ein Bolts: buch im beſten Sinne des Wortes bildet und eine Menge der
mannigfaltigſten Belehrung darbietet, und daß man es dem gebil deten weiteren Leſerkreis und namentlich den Belehrung ſuchenden jüngeren Leſern in jeder Hinſicht mit Fug empfehlen kann. Es bildet ein wiirdiges Pendant zu der Volksausgabe der „ Zweiten Deutſchen Nordpolfahrt von 1869–70 unter Fiihrung des Kapitän Moldewey “ , welche diejelbe Verlagshandlung veranſtaltet hat und die ebenſo wie das vorliegende Werk eine Stelle in jeder Haus bibliothek einer gebildeten Familie verdient. 1
Litteratur. * Lieutenant Wißmann hat jüngſt eine Flugſchrift erſcheinen laſjen unter dem Titel : „ Mes appreciations sur les critiques de l'oeuvre du Congo contenues dans la replique de Mr. le Dr. Pechuël-Loesche à Mr. Stanley ( Bruxelles, P. Weissen bruch ). “ Dieſe Broſchüre iſt nicht in den Buchhandel gekommen, was für Herrn Wißmann nicht zu bedauern iſt, denn ſie enthält
Korreſpondenz. * 3u „ Frauen als Ammen von Vierfüßler n .“
Im
Jahre 1879 ſah ich in Thayetmyo in Ober - Birma auf dem
Bazar eine junge Birmanin ihrem Sprößling die Bruſt reidhen ,
eine Reihe uſubſtanziierter Angriffe gegen Dr. Bechtel- Poede,
während an der anderen Seite ein kleines Hündchen ſaugte. Man
auf welche dieſer die Antwort ebenſo wenig ſchuldig bleiben wird , wie auf die ebenſo ſchwachen Angriffe des Herrn Wauters. Ohne die Verdienſte des Herrn Wiſmam als Forſchungsreiſender irgends wie ſchmälern zu wollen , muß doch an die Thatſachen erinnert werden , daß ſein Bericht iiber ſeine erſte Reiſe („ Mitteilungen
ſchien das gar nicht auffällig z11 finden ; erſt als ich die junge Amme mit ihren Säuglingen näher beobachtete, begann die Korona
der Afrikaniſchen Geſellſchaft “ , Band IV , Heft 1 , Seite 40, 44
bis 47) in vollſten Widerſpruch mit ſeinen jetzigen Ausführungen,
und mit den neueſten, von Kund, Tappenbeck, Biittner zc. gegebenen Nachrichten ſteht, und daß er iiberdies von dem ungeheuren Kongo Gebiet nur ein einziges Stück im Süden von etwa 13-1400 Km . zu Lande bereiſt, überall Grasländer gefunden hat und darum jetzt weder von Wäldern ſprechen kann noch berufen ſein
in Gelächter auszubrechen, wahrſcheinlich aber mehr über mein Benehmen wie iiber das der Amme. In Mandalay wurde mir
von durchaus zuverläſſigen Leuten auf das beſtimmteſte verſichert, daß junge Mütter es ſich zur beſonderen Ehre rechnen , einem kleinen weißen Elefanten ihre Bruſt zu reichen. Daß die Aino Frauen auf Yeſſo kleine Bären mit ihrer Milch aufziehen, dürfte allgemein bekannt ſein . Berlin . W. Joeft.
Verlag der I. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
diirfte, ein Urteil über ein Gebiet von 1,600,000 Q.-Km. abzu gebeii , von dem er nichts geſehen hat . * Naumann , Dr. Edmund: Ueber den Bau und die
Entſtehung der japaniſchen Inſeln . Berlin, R. Fried:
länder und Sohn , 1885. – Der riihmlichſt bekannte Herausgeber der geologiſchen Karten von Japan und derzeitige Direktor der
F. C. Dahlmann's
Kleine Schriften und Reden. gr. Oftav .
XIV imd 484 Seiten.
Druck und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
M. 6. -
Das 1 Suslaud. Wodenſchrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
I. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang .
Stuttgart, 10. Mai.
Nr. 19.
1886 .
Jährlid) 52 Nummern å 20 Seiten in Quart. Preis pro Cuartal M. 7, Zu beziehen durch alle Buchhandlungen de: 311- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions -Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur jind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6 II, jul jenden. Injertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Wann wird die Erde übervölkert ſein ? Von Dr. A. Oppel. S. 361. 2. Die Mythen der Tlinkit- Indianer. Miſſionars aus dem Däniſchen. (Shluß.) S. 369. S. 375. - 6. Geographiſche Neuigkeiten . S. 377. -
Von Dr. W. Kobelt . S. 367 . 3. Die Grönländer. Nach dem Tagebuch eines 4. Timbukti. S. 371 . 5. Bilder aus dem ruſſiſchen Volksleben . (Schluß .) 7. Notizen . S. 379. 8. Litteratur. S. 380.
Waun wird die Erde übervölkert ſein ?
deshalb von dem vollſtändigen Verlöſchen niedrig kulti vierter Volfsſtämme nicht die Rede ſein, als ſie in ihrer
Von Dr. A. Oppel.
urſprünglichen Form zwar verſchwinden, aber von Völkern
Die Frage, ob die Zahl der auf der ganzen Erde lebenden Menſchen im Zunehmen oder Abnehmen begriffen ſei, und welche Folgen die eine oder die andere Bewegung nach ſich ziehen würde, iſt vielfady und von verſchiedenen Geſichtspunkten erörtert und demgemäß in abweichender
höherer Kultur oder kräftigerer Konſtitution aufgeſogen werden und zu deren zahlenmäßiger Vermehrung beitragen ; zu Grunde, aber als numeriſche Größe bleiben ſie erhalten . In keinem Falle aber iſt über dieſe und ähnliche Verbält:
Weiſe beantwortet worden. Von den ſogen. Naturvölkern glaubte man eine Zeit lang annehmen zu dürfen, daß
wird erſt dann gefällt werden können , wenn zuverläſſige
ſie im allgemeinen einem allmählichen Ausſterben mit Sicherheit entgegengehen, ein Vorgang, deſſen hauptſäch
lichſte Urſache in ihrer zu geringen Widerſtandskraft gegen über den Einflüſſen der auf ſie einwirkenden höheren Kultur: formen gefunden wurde. Die Richtigkeit des Saßes von dem allmähligen Verlöſchen der Völker niederer Kultur iſt jedoch andererſeits mehrfach und mit Recht in Zweifel ge zogen worden. Jedenfalls darf er nicht ohne weiteres auf alle Naturvölker in gleicher Weiſe angewendet werden, ſchon deshalb nicht, weil in manchen Fällen eine ſichere Handhabe durchaus fehlt, um zu entſcheiden , ob ein Wachs: tum, ein Stillſtand oder eine Abnahme ſtattfinde. Dies gilt in erſter Linie von allen denjenigen Stämmen , mit denen
man erſt in neueſter oder neuerer Zeit bekannt geworden iſt, ferner auch von ſolchen, deren Kenntnis aus irgend einem Grunde mangelhaft geblieben und bei denen vor allem
eine genaue Feſtſtellung der Seelenzahl in mehreren gleichen Zeitabſtänden unterlaſſen wurde. In anderen Fällen darf Ausland 1886, Nr. 19 .
ſo gehen ſie als ſelbſtändige ethnographiſche Elemente zwar
niſſe ein abſchließendes Urteil ſchon jeßt erlaubt, ſondern Zahlenreihen gewonnen ſind, welche die in den Natur: völkern vor ſich gehenden Bewegungen von jedem Zweifel befreien. Dieſe Thatſachen werden in Verbindung mit den allgemeinen Zuſtänden das Richtige ergeben. Anders ſteht es mit der Renntnis der Bevölkerungs
bewegungen bei den Kulturvölkern, beſonders bei denen mit moderner europäiſcher Bildung. Da es bei dieſen im
Laufe dieſes Jahrhunderts mehr und mehr zu feſter Ge wohnheit wurde, in beſtimmten Zeitabſtänden ſorgfältige Aufnahmen der Seelenzahl vornehmen zu laſſen , und zwar
von Staatswegen, wodurch für die Richtigkeit der gewon nenen Zahlen die verhältnismäßig größte Gewähr geleiſtet wird, ſo iſt man über die Art und Weiſe der Volksbewe gungen vollſtändig aufgeklärt, wenigſtens für einen Zeit raum, der bei den meiſten europäiſchen und einigen außer europäiſchen Staaten die leßten vier Jahrzehnte, 1840 bis 1880 , umfaßt , bei manchen auch noch weiter zu rüdreicht. Aus der Vergleichung der auf dieſe Weiſe 55
Wann wird die Erde iibervöllert ſein ?
362
gewonnenen Zahlen ergibt ſich mit zweifelloſer Sicherheit
ſtellen und zu beantworten . Die eine lautet : „Iſt anzu-:
die wichtige Thatſache, daß alle Völker, bei denen regels mäßige ſtatiſtiſche Aufnahmen bisher ſtattgefunden haben,
der Völker auch in der Zukunft Geltung haben wird ? " und
ohne Ausnahme in fortſchreitender Vermehrung begriffen
ziveitens, wenn dieſes zu bejahen iſt: ,,Wann wird die
ſind. Zwar iſt die Zunahme derſelben keine gleichmäßige. Sie iſt es zunächſt nicht, wenn man die verſchiedenen
Erde übervölkert ſein ?"
Völfer nebeneinander ſtellt; einige vermehren ſich nämlich fehr raſdy, z. B. die Bevölkerungen der ſfandinaviſchen Län: der und Großbritanniens, andere ſehr langſam, wie die
Franzoſen und Spanier, wieder andere zeigen einen ge mäßigten Fortſchritt, wie die Deutſchen und die Belgier. Auch erfolgt die Vermehrung der einzelnen Völfer inner halb verſchiedener gleicher Zeitabſtände nicht in ganz gleich mäßiger Weiſe, inſofern die Zahl bald ſchneller, bald
nehmen , daß das Geſet von der progreſſiven Zunahme
Beſchäftigen wir uns zunächſt mit der erſten Frage und unterſuchen wir demgemäß, ob Gründe dafür vorliegen, daß die progreſſive Zunahme der Bevölkerungen auch in Zukunft ſtattfinden wird. Dabei iſt von dem Ariom aus zugehen, daß dem Menſchen , mag er auf einer niederen oder höheren Kulturſtufe ſtehen , der Trieb der Selbſt:
erhaltung innewohnt. Dieſer Trieb äußert ſich in zwei Hauptrichtungen. Die eine derſelben ſchließt das Streben in ſich, das per
langſamer fich ſteigert, mandimal ſogar aus leicht aufzu
ſönliche (individuelle) Leben nicht nur unverſehrt und in
findenden Urſachen eine zeitweiſe Verminderung zeigt man braucht beiſpielsweiſe nur an das franzöſiſche Volk mit Bezug auf den lekten großen Krieg zu denken . Immer hin aber ſteht ſoviel feſt, daß in den leßten vier Jahrzehn ten kein Volt Europa's, als Ganzes aufgefaßt, eine dau: ernde Verminderung erfahren hat, und wenn z. B. in Jrland die Seelenzahl in dieſem Zeitraum eine beſtändig
voller Kraft und ungeſtörtem Wohlbefinden zu erhalten ,
ſondern es auch möglidſt lange zu genießen ." Daher kommt es auch, daß viele Menſchen jede Schädigung ihrer Ehre, ihres Anſehens, überhaupt ihrer allgemeinen Würde ertragen, wenn ſie nur leben können , daß viele das elendſte Daſein dem Nidytſein vorziehen, und daß die Zahl derer,
welche beim flaren Bewußtſein und nach reiflicher Ueber:
geringere geworden iſt, ſo iſt dieſe Abnahme nur eine
legung mit eigener Hand ihr Leben vernidhten oder ab:
ſcheinbare, die ihre Erklärung in der ſtarken Auswande: rung findet; in Wirklichkeit iſt auch das iriſche Volf in einer beſtändigen Zunahme begriffen. Die eben erwähnten offiziellen ſtatiſtiſchen Aufnahmen geſtatten aber nidyt nur, die Thatſache der Vermehrung
kürzen, eine verhältnismäßig recht geringe iſt. Die ſog . Moralſtatiſtik hat ſich bekanntlid, auch mit dem Selbſt
im allgemeinen feſtzuſtellen, ſondern vermöge ihrer Perio dizität gewähren ſie auch die Möglichkeit, den Prozentſat zu berechnen , mittelſt deſſen die verſchiedenen Bevölkerungs zahlen fortſchreiten. Zwar geſtalten ſich dieſe Coefficienten von Jahr zu Jahr nicht ganz gleichmäßig, ſondern ſie erleiden , je nach den verſchiedenen Verhältniſſen , welche
auf ein Volk einwirken, mitunter beträchtliche Schwankungen. Kriege, Epidemien , ſtarke Auswanderungen, Veränderungen des Wohlſtandes und andere Vorkommniſſe können bedeu tende Abweichungen von dem durchſchnittlichen Vermeh rungsprozentſaß bewirken.. Immerhin aber läßt ſich der Beweis erbringen , daß der leßtere für längere Zeiträume in Geltung bleibt, zumal wenn man die heutzutage ſo tief
einſchneidende Auswanderung beiſeite läßt und nur das Verhältnis des Ueberſchuſſes der jährlich Geborenen über die in dem gleichen Zeitraum Geſtorbenen in Betracht zieht. Beiſpiele dafür anzuführen , iſt nicht nötig ; es genügt,
auf die Ergebniſſe der offiziellen Statiſtiken hinzuweiſen ; für das Deutſche Reich bietet das „ Statiſtiſche Jahrbuch " , 11
herausgegeben vom Kaiſerlich Statiſtiſchen Amt, zu Berlin,
morde beſchäftigt; und wenn die Ergebniſſe der Unter:
ſuchungen des italieniſchen Profeſſors Morſelli , der in ſeinem Buche: „ Il Suicido, Saggio di Statistica Morale ", dieſen Gegenſtand in umfaſſender Weiſe und mit Zugrunde :
legung der neueſten und beſten Materialien behandelt hat, richtig ſind, ſo hat den höchſten Betrag der Selbſtmörder,
nämlich 299, im jährlichen Durchſchnitt auf eine Million, oder 0.0299 auf das Hundert, das Königreid Sachſen aufzuweiſen , der niedrigſte Betrag dagegen kommt auf Irland mit 18 auf eine Million oder 0.0018 auf das Hundert. Und bei dieſen zwiſchen 18 und 299 auf eine Million idwankenden Säßen iſt zu berückſichtigen , daß wohl die größere Hälfte der Selbſtmörder im Augenblicke der That ſich nicht bei vollem , ungeſtörtem Bewußtſein befand. Die zweite Hauptrichtung jenes Selbſterhaltungs triebes tritt hervor in dem Verlangen , ſich durch geſchlecht=
liche Zeugung fortzupflanzen, d. h. „ das Leben über die Dauer des perſönlichen Daſeins zu verlängern und den Fortbeſtand der Spezies Homo sapiens ſicher zu ſtellen ," ein Verlangen, das ſich vielfach zur Leidenſchaft ſteigert und in dem ſo geſtaltenreichen Begriff der „ Liebe " ſeinen Ausdruck findet.
Dieſer auch dem Naturmenſchen anhaftende Doppel
1884, S. 23, alle wünſchenswerten Unterlagen .
trieb der Selbſterhaltung findet ſich nun bei den Kultur
Wenn es nun feſtſteht, daß die Völfer hoher Kultur, oder zunächſt die europäiſchen, in einer beſtimmten Zu nahme begriffen ſind, ſo liegt es nahe, an dieſe Thatſache
völkern in geſteigertem und verzweigtem Maße wieder. Jede Kultur, ſei ſie nun antik oder modern, chriſtlich oder mohamedaniſd, brahmaniſch oder buddhiſtiſch, iſt ja in
gewiſſe Folgerungen anzuknüpfen. Wir beſchränken uns
vornehmlicher Weiſe von dem Beſtreben durchdrungen,
darauf, im Anſchluß an das Geſagte zwei Fragen aufzu
gewiſſe geſicherte Rechtszuſtände unter ihren Anhängern
Wann wird die Erde übervölfert ſein ?
zu ſchaffen und eine Art von Humanität, d. h. die Beach tung und Uebung der gleichen Menſchenrechte, zu befeſtigen , um dadurch dem Individuum den weitgehendſten Schutz ſeiner Perſon vor Uebergriffen, Beleidigungen , Beſchädi: gungen und Gefährdungen zu gewähren. Dieſe mit dem Begriffe höherer Kultur auf's innigſte verbundene Richtung
auf perſönliche Sicherheit iſt von allen modernen Staaten in ihr Rechtsſyſtem aufgenommen und dahin erweitert worden, daß ſie einerſeits jedes aktive Unredit verbieten,
363
wenigſtens die thunlichſte Einſchränkung der „männermor denden " Kriege (eine Bewegung, welche einen allgemeinen Weltfrieden als leßtes Ziel haben würde) hat ja aber
einerſeits den Zweck, den Völkern die günſtigſten Vor bedingungen für die Entfaltung ihrer ſtaatlichen und ge ſellſchaftlichen, geiſtigen und wirtſchaftlichen Entwicelung zu gewähren, anderſeits das Hinſchlachten von Tauſenden lebenskräftiger Menſchen zu verhindern , alſo das vorhan: dene Leben zu bewahren und zu erhalten . Die eben beſprochenen Tendenzen der modernen Kul : tur wirken zunächſt negativ , d. h. ſie enthalten das Be :
andererſeits die Selbſthülfe gegenüber fremden Angriffen in beſtimmte Grenzen einſchränken . Die dwerſte Strafe, nämlich der Tod, iſt nach dem heutigen Recht auf abſicht: lichen Mord gefeßt ; ja neuerdings iſt man in einigen Staaten zu ſolcher Wertſdäßung des individuellen Lebens
derſelben aber iſt imſtande das ſchließliche Erlöjden des Lebens zu verhindern. Davor wird die Menſchheit durch
gelangt, ſelbſt für abſichtlichen Mord die Todesſtrafe auf
den Fortpflanzungstrieb geſdüßt, der ſeinerſeits unter den
zuheben. Für alle anderen Vergehen und Verbrechen,
Zuſtänden einer höheren Kultur eine größere Förderung findet als auf niedriger Entwidelungsſtufe. Die Ehe,
mögen durch ſie noch ſo ſchwere Verleßungen perſönlicher Rechte oder geſellſchaftlicher Zuſtände herbeigeführt werden, erkennt man Vermögens , Freiheits- oder Ehrenſtrafen ;
ſtreben, das Gewordene möglidiſt lange zu erhalten, keine
dasjenige Verhältnis zwiſchen dem erwachſenen männlichen und weiblichen Geſchledyt, weldjes zur Zeit zwar nicht bei
das Daſein der Uebelthäter aber taſtet man nicht an.
allen Kulturvölkern vorhanden iſt, zweifellos aber doch
Hieraus geht hervor, daß in dieſer Beziehung nicht die Schuld, ſondern das Leben der Güter höchſtes iſt.
als ein allgemeines Ideal gilt, iſt hingegen der poſitive, idöpferiſche Faktor ; ſie wird, wenigſtens von den dyriſt lichen Völfern, als die echte Grundlage der Staaten an: geſehen, und wo ſie, wie bei den Mohamedanern, fehlt, glaubt man eine ernſte Gefahr für den Fortbeſtand oder
Wird alſo bem einzelnen Menſchen von ſeiten des
Staates die Siderheit ſeiner Perſon ausdrüdlich gewähr
leiſtet in der Weiſe, daß er für ſich Rechtsſchuß fordern fann, ſo richtet ferner der Kulturmenſch ſelbſt ſein Sinnen und Trachten darauf, ſein Leben nicht nur möglidiſt an : genehm und genußreid zu geſtalten, ſondern er ſtrebt auch mit allen Mitteln darnach, ſeine Lebenskraft gegen Krank heiten und Tod ſo widerſtandsfähig wie möglich zu maden.
die gedeihliche Entwickelung der ſtaatlichen Gebilde fürchten zu müſſen . Mit dem Weſen der Ehe iſt aber der Begriff
Nahrung , Kleidung und Wohnung, ſowie durd fein per:
,,Nachkommenſchaft" auf das innigſte verknüpft, und wenn dieſe fehlt, ſo ſieht man dies als einen ungeſunden , nicht normalen Zuſtand an . Vier Tendenzen : Rechtsſicherheit und Humanität, Be feſtigung und Verlängerung des individuellen Lebens,
ſönliches Verhalten die ſchädigenden Einflüſſe, die das
allgemeiner Weltfriede und die Notwendigkeit ehelichen
Klima bereitet, zu beſeitigen oder wenigſtens auf das ge ringſte Maß beſchränken. Annehmlichkeit und lange Dauer
Lebens, ſind es alſo , welche mit dem Weſen der höheren Kultur unzertrennlich verknüpft ſind . Solange dieſe in Wirkſamkeit bleiben , werden ſie auch die gleichen Erſchei nungen im Gefolge haben wie bisher ; ſie beſtätigen mit zwingender Kraft den Saß, daß auch in Zukunft die pro greſſive Vermehrung der Völker nicht nachlaſſen, ſondern
Beſonders ſucht er durch entſprechende Einrichtung der
des Lebens ſind, wie oben angedeutet, Ziele, welche die Kulturmenſdheit - verhältnismäßig wenige Individuen ausgenommen auf jede denkbare Art und Weiſe ver
folgt und in deren Errcidung ſie von der mediziniſchen Wiſſenſchaft nad beſtem Wiſſen und Können unterſtüßt
wird. Ferner erſchöpfen Aerzte und Eltern ihre intellektu: ellen und pekuniären Kräfte, um das heranwachſende Ge ſchlecht in förperlicher Beziehung möglichſt zu kräftigen und am Leben zu erhalten. Dieſes Streben gilt heutzutage als eine notwendige Pflicht, deren auffällige Bernachläſſi gung den Betreffenden nicht nur zur Schande gereichen , ſondern in manchen Staaten ſogar eine ſtrafrechtliche Ver
im Verhältnis zu den gegenwärtigen Zuſtänden eher eine Steigerung als eine Beſchränkung erfahren wird. Und die erſtere wird um ſo mehr eintreten, je günſtiger ſich der Wohlſtand der Völker geſtalten wird; dieſen aber mit Anwendung aller Mittel zu heben, iſt ja eine der Haupt
beſtrebungen der Kultur aller Zeiten geweſen und wird es ohne Frage in aller Zukunft bleiben . Mußte alſo die oben aufgeworfene erſte Frage unbe
folgung nach ſich ziehen würde. Die Rechtsſicherheit ſoll
dingt bejaht werden, ſo wird es geſtattet ſein, zu der
jedoch nach dem Willen der Völker nicht blos auf die
zweiten überzugehen, welche lautete : ,,Wann wird die Erde übervölkert ſein ? " oder etwas anders ausgedrüdt:
Angehörigen der einzelnen Staaten unter fich beſchränkt fein, ſondern ſie ſoll aud zunächſt während der Friedens: zeiten zwiſchen den Bürgern verſchiedener Staaten beſtehen. Den Frieden aber dauernd zu erhalten, dies gilt für eines
der wichtigſten Ideale unſerer Zeit. Die Beſeitigung oder
Wird es einen Zeitpunkt geben, wozu viel Menſchen leben und die Erde nicht mehr imſtande iſt, dieſelben in
einer den Forderungen höherer Kultur entſprechenden Weiſe zu ernähren, und wann wird dieſer Zeitpunkt eintreten ?
364
Wann wird die Erde übervölkert ſein ?
Die Beſchäftigung mit einer Frage , welche ſo weit in das Bereich der Zukunft eingreift und es unternimmt, ſcheinbar unberechenbare Dinge zahlenmäßig auszudrücken , könnte mander vielleidyt geneigt ſein , als ein müßiges Spiel der Phantaſie anzuſehen oder wenigſtens geltend machen, daß wir zur Zeit nicht imſtande ſeien, derartige Verhältniſſe mit einiger Sicherheit zu beurteilen . Man
fönnte ſagen , daß wir es nicht vermögen, das Gegen wärtige oder das Vergangene in völlig zutreffender Weiſe zu erkennen und darzuſtellen, geſchweige denn, daß wir dazu
haften Urſprungs anſieht und von der erſten Summe zur zweiten überträgt, ſo ſtellt ſich das Verhältnis etwas anders,
nämlid; 771 Millionen zu 663 oder abgerundet wie 7 zu 6. Die geſamte Erdoberfläche dagegen wird gegenwärtig zu rund 136 Millionen Quadrat - Kilometer angegeben , eine Zahl, bei welcher das Verhältnis der Meſſungen zu den
Schäßungen oder ungefähren Berechnungen meiſt plani metriſcher Art nicht beſtimmt werden kann ; wahrſdheinlid überwiegen hierfür die leşteren. Seßt man nun die Zahl
aller Menſchen zu dem geſamten Areal in ein Verhältnis
befähigt ſeien, Schlüſſe auf Zufünftiges zu ziehen, auf deſſen Geſtaltung auch ſolche Einflüſſe wirken fönnen, die
und nimmt an , daß die Menſchheit gleichmäßig über die ganze Erdoberfläche verteilt ſei, ſo würden auf jedem Kilo
jeßt noch nicht bemerkbar, alſo auch nicht berechenbar ſind.
meter durchſchnittlich etwas mehr als 10 Menſchen , genau
Ohne Zweifel enthält ein ſolcher Einwurf etwas Richtiges, was jedoch nicht hinreicht, den oben angedeuteten Ver
10.52 leben. Oder denkt man ſich die ganze Menſdyheit zu Familien geordnet, jede im Durchſchnitt zu 5 Perſonen, und unter dieſe die ganze Erde gleichmäßig verteilt, ſo würde jeder Familie etwa 0.5 Quadrat-Kilometer zufallen. Ein halber Quadrat- Kilometer oder 50 Hektaren Boden beſig würde jeden Familienvater zu einem Großeigentümer
ſuch als ganz unmöglich nachzuweiſen . Denn dem Ange führten kann mit vollem Recht die Behauptung entgegen geſtellt werden, daß zur Zeit wenigſtens die allgemeinen Grundlagen für eine ſolche Zukunftsbetrachtung gegeben ſind. Befannt iſt ja in erſter Linie der geſamte Raum ,
mittlerer Güte, ſeine Nachkommen aber zu wohlhabenden
welcher überhaupt für die Ausdehnung und Vermehrung
Erben machen. Jedenfalls wäre bei einem ſolchen Stande
der Menſchheit in Betracht kommen kann ; und wenn audy die Zahlen für die Arealgröße der Erdoberfläche und ihrer einzelnen Teile noch nicht mit der wünſchenswerten Sicher
der Dinge ein jeder in der Lage, ſeine Lebensbedürfniſſe in umfänglichem Maßſtabe zu befriedigen und noch manches
heit beſtimmt ſind, ſo werden erneute und vollſtändige Meſſungen die jeßt geltenden Zahlen nur um geringe
Scherflein zurückzulegen . Von einer Uebervölkerung, d. h. wenn man von Geſamtheit zu Geſamtheit urteilt, kann alſo unter den heutigen Verhältniſſen nicht die Rede fein, auch
Beträge bezüglich der Geſamtſumme verändern. Bekannt
wenn man ſich bewußt bleibt einerſeite, daß die gegen:
iſt ferner der Umſtand, daß gewiſſe Teile der Erdoberfläche
wärtig lebenden Menſchen auf ungleicher Kulturſtufe ſtehen ,
wegen ihrer natürlichen Beſchaffenheit als Wohnpläße oder
alſo recht verſchiedenartige Bedürfniſſe haben, andererſeits,
Erwerbsräume entweder ganz oder größtenteils untauglid ſind, und man vermag ſchon jett ihr Verhältnis zur Ge ſamtfläche ungefähr anzugeben . Bekannt iſt weiterhin der ungefähre Betrag der dem einzelnen Menſden unent behrlichen Nahrungsbedürfniſſe wenigſtens in Form eines Minimums, woraus durch einfache Rechnung die für eine
daß eben nur ein beſdyränkter Teil der Erdoberfläche be
beſtimmte Seelenzahl notwendige Geſamtproduktion an Bodenerzeugniſſen hergeleitet werden kann. Endlich audy dürfte es nicht unmöglich jein, den mittleren Betrag deſſen zu finden, was eine gewiſſe Bodenfläche bei den günſtigſten Vorausjeßungen hinſichtlich ihrer Naturbeſchaffenheit und der auf ſie verwendeten menſchlichen Arbeit hervorzubringen vermag. Dies ſind diejenigen Geſichtspunkte, welde als Hauptgrundlagen für die Veantwortung der oben erwähn ten Fragen angeſehen werden dürfen.
wohnbar und ertragsfähig iſt. Ob aber nicht an einzelnen Punkten der Erde ſich die Anzeichen beginnender Ueber völkerung oder die Spuren dieſer Erſcheinung als einer vorhandenen icon ießt bemerkbar machen , das iſt eine
Frage, die an dieſer Stelle nur angedeutet, aber nicht näher erörtert werden kann.
Wie eben angedeutet, fönnen die angeführten Geſamt zahlen von der Seelenzahl und der Bodenfläche nicht als
Ausgangspunkte für die tweitere Behandlung der vorliegen den Frage dienen. Zunächſt iſt die geſamte Bevölkerung der Erde nicht unter den gleichen Geſichtspunkten zu bes trachten . Einmal haben nicht alle jetzt lebenden Menſchen
die nämlichen Bedürfniſſe, z. B. ſind diejenigen eines Es fimo weit verſchieden von den Anſprüchen eines modernen
Kehren wir nun zu dem eigentlichen Gegenſtande
Europäers oder die eines Indiers oder Chineſen von denen
zurück. Die jeßt gültige Summe aller gegenwärtig auf der ganzen Erde lebenden Menſchen beträgt etwa 1434 Millionen. Die größere Hälfte dieſer Zahl wurde durdy offizielle ſtatiſtiſche Aufnahmen oder Berechnungen ge wonnen, die kleinere durd teils offizielle, teils private
eines Auſtraliers oder Buſdymanns. Sodann geſtaltet ſich auch die progreſſive Vermehrung oder die Vermehrung der Seelenzahl bei den heutigen Völkern in ganz verſchiedener Weiſe. Ohne Zweifel ſind gegenwärtig einige Stämme im allmählichen Erlöſchen begriffen. Dazu gehören z. B. die
Schäßungen. Gezählt, reſp. auf Grundlage früherer Zäh lungen berechnet, wurden nach meinen Berechnungen rund
Eingeborenen Auſtraliens , einige Teile der Polyneſier, gewiſie ſibiriſche Stämme, die Buſchmänner und manche
1121 Millionen, geſchätt rund 313 Millionen oder wenn
Abteilungen der amerikaniſchen Urbevölkerung. Bei anderen
man die für das eigentliche China gültige Zahl als zweifel
wie bei den Eskimo, den Papua und den Mittelaſiaten ,
Wann wird die Erde libervölkert ſein ?
365
liegen Anzeichen für dieſen Vorgang ebenfalls vor ; doch läßt ſich bei dieſen im übrigen lebensfähigen und wider
Prozent. Legt man 320 Millionen zu Grunde, ſo ver :
ſtandskräftigen Leuten nicht mit Sicherheit feſtſtellen , ob
mehrt ſich Europa jährlich im Durchidnitt um 2,784,000
die Annahme nur unter den peripheriſchen Teilen oder
Seelen, wobei die jährlich nahezu eine Million betragende Auswanderung nicht berüdjichtigt iſt. Jene Summe würde
auch innerhalb der Geſamtheit erfolgt. Jedenfalls ſind alle diejenigen Völker , deren allmähliche Verminderung
mit einiger Sicherheit nachgewieſen iſt, wenig zahlreich, ſo daß ihr gänzliches Verſchwinden keinen großen Einfluß auf die Geſamtzahl der Menſchen ausüben würde; ihrer ſind ja beſtenfalls nur einige Millionen vorhanden. Anders ſteht es mit den großen Völkerraſſen , den Mittelländern, den Mongolen , den Malayen und Negern.
Europas's jährlich um 87 Köpfe auf 10,000 oder um 0.87
alſo genügen , um jedes Jahr aus den Ueberſdüſſen einen
Staat von der Größe der Schweiz oder des Königreichs Sachſen zu bilden . Der Grad der Zunahme geſtaltet ſich fich natürlich in den verſchiedenen Teilen Europa's nicht
gleichmäßig. Am ſtärkſten iſt er im Norden , in den ſfan dinaviſchen Ländern, in Rußland und Großbritannien , wo der Prozentſaß mehr als 1 % beträgt ; am geringſten er:
Dieſe ſtellen zuſammengenommen eine Zahl von 1300
weiſt er ſich in Frankreich und Spanien ; ungefähr dem
Millionen oder mehr dar, welche entſchieden die Neigung
Durchſchnitt entſprechend iſt er im Deutſchen Reiche, näm
zu ſtetiger Zunahme zeigen. Zwar läßt ſich dieſe Bewegung nicht bei allen in gleicher Weiſe an der Hand offizieller ſtatiſtiſcher Daten nachweiſen, denn ſolche einander unge fähr gleichwertige Zahlen ſind nicht einmal für alle Teile Europa's vorhanden. Für gewiſſe Gebiete der Balkan balbinſel, nämlid) für Südrumelien, Makedonien , Nord theſſalien und Nordalbanien, fehlt jede vertrauenswürdige Zahl ; bei anderen, z. B. bei Bosnien, der Herzegowina, Südalbanien, Südtheſſalien und Bulgarien, iſt nur eine einmalige Zählung vorhanden , ſo daß alſo für dieſe Ge:
biete kein ſicherer Nachweis der Bevölkerungsbewegung gegeben werden fann. Mangelhaft iſt auch die Statiſtik Rußlands, Spaniens und Rumäniens ; Rumäniens inſofern ,
als ſeit 1860 feine Zählungen, ſondern nur Berechnungen ſtattfanden ; in Spanien iſt ſeit 1877 feine ſtatiſtiſche Aufnahme mehr gemadt worden und in Rußland hat man früherer Sitte gemäß nur die Männer, d. h. die
Reviſionsſeelen, gezählt. Aehnliche, beziehungsweiſe nod) größere Mängel hat die Statiſtik der außereuropäiſchen Bevölkerungen aufzuweiſen. Manche Gebiete , die gerade ſehr volkreich ſind, wurden nur einmal gezählt, z. B. China im Jahre 1812 ; bei anderen liegt der Mangel darin, daß
der Unterſchied zwiſchen Eingeborenen und Eingewanderten
lich 0.89 % O .
Behauptet ſid
dieſes Verhältnis auch in
Zukunft, ſo würde ſich das deutſche Volk in hundert Jahren um mindeſtens 40 Millionen ſteigern; das Jahr 2000 würde alſo eine Bevölkerung von 100 Millionen ſehen .
Rechnet man zu dem für Europa feſtgeſtellten Prozent: ſaß von 0.87 den Umſtand hinzu, daß gerade in den
legten Jahrzehnten, wofür er gilt, die Auswanderung ſehr ſtark war und daß z. B. die 60 oder mehr Millionen Europäer, welche in Amerika ſind, der Bevölkerung Eu ropa's zugezählt werden müßten, ſo gewinnt es den Anſdein , als ob dieſe die vermehrungskräftigſte der ganzen Erde ſei. Dieſes muß man wenigſtens ſo lange annehmen, als die ſtatiſtiſchen Aufnahmen aus anderen Erdteilen nidht das Gegenteil nahe legen . Denn ſo weit id, imſtande war, die Prozentſäße für Niditeuropäer auf Grund von offi ziellen Statiſtiken zu ermitteln , gibt es nur ein Gebiet,
wo eine exzeſſive Vermehrung ſtattgefunden hat. Dieſes iſt Java mit Madura. Von 1871 zu 1881 ſtieg, hier die Volfszahl von 16,891,068 auf 20,088,613, d. 6. jährlid) um rund 480,000 oder 2.84 %, ohne daß hier eine beſon
ders ſtarke Einwanderung, wenigſtens von Europa her, ſtattgefunden hatte. Alle übrigen Berechnungen bezüglid) außereuropäiſcher Gebiete ergaben einen mäßigen Ber:
entweder gar nicht oder mit ungenügender Sorgfalt be
mehrungsjak; lo ſtieg die Bevölkerung Ceylons in zehn
achtet wurde; wieder bei anderen , wozu die Vereinigten Staaten gehören, kommt der Zuwachs hauptſächlich auf
Jahren von 2,405,287 auf 2,758,929, alſo um 0.68 % diejenige Merico's in vierzehn Jahren um 0.64 % 0, diejenige Japans in neun Jahren ſogar nur um 0.33 % . Wie ſich aus den eben angeführten Beiſpielen ergiebt, fehlt es hinſichtlich ganzer Menſchenraſſen an zahlenmäßigen Nachweiſen dafür, ob eine Vermehrung ſtattfinde und in welchem Maße dieſelbe vor ſich gehe. Das iſt z. B. bei den Negern der Fall. Indeſſen wird über dieſe wenigſtens nicht von Verminderung berichtet. Im Gegenteil find
Rechnung der Einwanderungen, ſo daß ſich der Grad des Fortſchritts der jeweilig vorhandenen Bevölkerung ent weber gar nicht oder nur in ungenügender Weiſe feſt ſtellen läßt.
Troß dieſer und anderer recht fühlbaren Uebelſtände iſt es aber doch möglich, nicht nur die Thatſache der Ver mehrung der Bevölkerungen an und für ſich zu konſtatieren,
ſondern auch den Prozentſaß, mittelſt deſſen jene vorwärts ſchreiten, für eine Anzahl von Jahrzehnten feſtzuſtellen.
mehrere Anzeichen dafür vorhanden , daß die Neger aud)
Mit Ausſchluß der nicht gezählten Gebiete der Balkanhalb
den Einflüſſen einer höheren Kultur Stand zu halten vermögen . Das eine Beiſpiel bieten die in den Vereinigten
inſel wächſt nad den von mir vorgenommenen, auf Bodio's Angaben 1 fich ſtüßenden Ermittelungen die Bevölkerung
zipation im Jahre 1865 waren deren etwas über 4 Millionen
Staaten von Nordamerika lebenden Neger ; bei der Eman :
vorhanden. Der Zenſus vom Juni 1878 ergab 4,880,009, 1 Movimento delle state civile, Rom 1865–73. Ausland 1886 , Nr. 19 .
derjenige vom
Jahre 1880 aber 6,580,793, ſo daß eine 56
366
Mann wird die Erde übervölfert ſein ?
die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Ferner iſt zu
ganz bedeutende Steigerung ſtattgefunden hat ; den Prozent: ſaß zu berechnen unterlaſſen wir, da wir nicht in der Lage ſind, feſtzuſtellen, wie viel davon auf die naturgemäße
Naturcharafters der menſchlichen Kultur die verhältnis:
Vermehrung kommt und wie viel auf die Einwanderung
mäßig günſtigſten Bedingungen bietet. Keiner der übrigen
aus anderen Teilen Amerika's. Das andere Beiſpiel von der Widerſtandsfähigkeit der Neger gewährt ihr Verhalten
gegenüber der mohamedaniſchen Kultur , die bekanntlich
beachten , daß Europa wegen ſeines vorwiegend gemäßigten
Erdteile, alles in allem genommen , vermag Europa in
dieſer Hinſicht zu übertreffen , ſelbſt das im übrigen für eine große Verdichtung der Bevölkerung prädeſtinierte
Dſten von Sanſibar aus in ihr Gebiet eindringt, ohne ihre ſpontane Vermehrung einzuſchränken. Etwas anders ſteht es mit den Eingeborenen Amerika's,
Amerika nicht. Um nur eins hervorzuheben : Europa enthält den Begriff der zuſammenhängenden vegetations loſen Wüſte gar nicht, den der dürren Salzſteppen nur in beſdränktem Maße ; bas leştere gilt auch von den Tundren, die in Amerika und Aſien weite Flächen ein
den ſogenannten Indianern; dieſe find nachweislich in
nehmen.
einigen Gebieten, z. B. in Weſtindien und an manchen
Troß dieſer ſo günſtigen Umſtände werden nach Maß gabe der ſtatiſtiſchen Ermittelungen von der Geſamtfläche
von zwei Richtungen , einerſeits von Norden her durch die
Sahara und den ägyptiſchen Sudan, andererſeits von
Teilen der Oſtküſte, ganz verſchwunden ; in den Vereinigten Staaten aber geben ſie offenbar dem Erlöſchen entgegen.
In denjenigen Staaten Mittel- und Südamerika's dagegen, wo die Indianer den Hauptſtock der Bevölkerung bilden, hat eine Verminderung derſelben im Laufe der Zeit nicht feſtgeſtellt werden können, vielmehr ſcheint es, als ob ſie, wenigſtens gegenüber den romaniſchen Elementen , die Ober
Europas, welche mit Ausſchluß der in dieſer Beziehung unbekannten Teile der Balfanbalbinſel rund 9,448,300 Q-Km. ausmacht, 27.3 % oder 2,578,000 Q.-Km. als unproduktiv bezeichnet. Dürfte man dieſes Verhältnis -
als das gewiß günſtigſte - einfach auf die ganze Erte
band behaupten würden. Für die oben angedeutete beſondere Vermehrungskraft
übertragen, ſo würde dies eine unproduktive Fläche von rund 37 Millionen Quadrat-Kilometer ausmachen , d. h. beinahe ſoviel als das Areal Amerika's beträgt. Nun
der europäiſchen Raſſen ſcheint auch der Umſtand zu ſprechen,
ſtehen wir allerdings ſelbſt hinſichtlich der Anbaufähigkeit
daß ſelbſt unter ſo ungünſtigen Naturbedingungen, wie ſie Jsland bietet, ein wenn auch langſames Wachstum ſtatt: findet; in zwanzig Jahren ( 1860-1880) haben ſich näm lich die Jsländer von 66,987 auf 72,448, alſo um jähr 0.407 % , vermehrt. Ferner dürfte zur Erhärtung des Ge ſagten auch die Thatſache beizutragen geeignet ſein, daß Europa der verhältnismäßig am dichteſten bevölkerte Erd :
Europa's nod nicht am Ende der Dinge. Man darf wohl annehmen, daß durd, intenſive Arbeit und entſprechende Verbeſſerungen mandjer jeßt für unproduktiv erklärte Be zirk ſid, noch als ergiebig oder wenigſtens nicht als völlig unbrauchbar herausſtellt. Andererſeits werden es , nach den heutigen Anſchauungen wenigſtens, die übrigen Erd: teile niemals zu der gleidymäßigen Fruchtbarkeit Europa's
teil iſt; wie bekannt, fommen nämlich hier 34.7 Menſden
bringen, daran hindert ihr Naturcharakter und wird ſo
auf einen Quadratkilometer, in Aſien dagegen 18.6 , in Afrifa 6.6, in Amerika 2.7, in Auſtralien 0.5 und die
lange hindern , als es an Mitteln fehlt, Wüſten, Salz ſteppen, Tundren , Felſen und Gebirgsabhänge zu bebauen. Leider gibt es keine ſicheren Zahlen für die Ausdehnung derjenigen Gebiete, welche in den außereuropäiſchen Erd teilen nach jeßigen Begriffen als für immer unproduktiv anzuſehen ſind ; man muß ſie alſo zu ſchäßen verſuchen. Nimmt man demgemäß an , daß das Polargebiet, rund 4.5 Millionen Quadrat-Kilometer, zum allergrößten Teile
Polargegenden gar ſind noch viel ſchwächer bewohnt, indem hier auf einem Raum von nahezu 5 Millionen Quadrat Kilometer nur 82,000 Menſchen ſich befinden.
Mit vollem Recyt kann man alſo behaupten, daß die außereuropäiſchen Erdteile fähig ſind, eine viel dichtere Bevölkerung aufzunehmen als ſie jeßt haben und daß, ebe nur Aſien, Afrika und Amerifa in einer Europa entſprechen
den Weiſe gefüllt ſind, ein recht langer Zeitraum ver ſtreidhen muß. Dazu gehören aber nicht weniger als
unproduktiv bleibt , von Aſien 15 Millionen, von Afrika 10.5 Millionen, von Amerika 10 Millionen, von Auſtralien 4 Millionen, und ermäßigt man den Betrag für Europa
rund 5000 Millionen. Das iſt ganz richtig. Anderers
auf 2 Millionen , ſo ſind das gewiß Schäßungen , welche
ſeits darf man aber die gegenwärtigen Verhältniſſe zwiſchen
als Minima gelten dürfen.
Europa und den übrigen Erdteilen nicht als für alle
Geſamtſumme von 46 Millionen Quadrat-Kilometer oder
Zeiten feſtſtehende anſehen. Wohl hat ſich Europa in den
nahezu 34 % der ganzen Erdoberfläche, wobei 90 Millionen
leßten vier Jahrhunderten jene in wirtſchaftlicher Be ziehung unterworfen und dienſtbar gemacht, aber dieſe
als produktives Gebiet übrig bleiben würden .
Unterordnung oder, wenn man will, Ausbeutung faſt der ganzen Erde zu Gunſten europäiſcher Intereſſen wird nad,
und nad fich ändern , vielleicht einmal ganz aufhören , eine Bewegung, für deren Vorhandenſein ſich ſchon jekt mande Anzeichen bemerkbar machen. Man denke nur an
Troßdem ergeben ſie die
( Schluß folgt .)
Die Mythen der Tlinkit Indianer.
Die Mythen der Tlinkit- Judianer. Von Dr. W. Robelt.
In dem intereſjanten Buche von Aurel Krauſe über die Tlinkit Indianer iſt eines der anziehendſten Kapitel .
367
tierſchürze und ging zum Dhein. Dieſer verſuchte ihn zu töten, wie ſeine Brüder, aber die Feuerſteinjäge zerbrach an Jeldi's Halſe, ohne Schaden fällte er den gläſernen Baum , deſſen Splitter ihn töten ſollten, und er befreite ſich audy
aus dem Kanoe, in das ihn der Oheim eingeſchloſſen hatte.
das über die Mythen dieſes Stammes, welcher den äußer:
Da lud ihn dieſer ein, mit ihm zum Fang eines Tinten
ſten Vorpoſten der Rothäute nach Nordweſten hin bildet und unmittelbar an die Innuit von Alaska grenzt. Wie ſo viele Indianerſtämme, lehen auch dieſe, ohne von Darwin etwas zu wiſſen, in den Tieren ihre Vorfahren und Ver
fiſches hinauszufahren , und als ſie weit draußen waren , ſtürzte er ihn ins Meer und fuhr davon. Dod Jeldy
wandte und haben von jeder Art Sagen in Menge zu erzählen. Der Bär iſt ein verwandelter Mend , der zu
bradyte ihn nach Hauſe und warf ihn dem verräterijden
Zeiten ſeine menſchliche Geſtalt wieder annehmen kann ,
Tintenfiſch ſchwoll an, bis er das Haus zerſprengte, und zugleich ſtieg das Meer und überſchwemmte alles Land. Alle Menſchen ertranken , nur Jeld und ſeine Mutter, die Vogelbälge angezogen hatten , flogen davon und hinauf
Fiſdotter und Seeotter verkehren mit dem Men den als
ſeinesgleichen , die unheimliche Difa, der Nordkaper, reprä
ſentiert auch im Behringsmeer, wie einſt im Mittelmeer, ein dem Menſchen feindlides Prinzip, die kleinen Eisenten ſind die Seelen ertrunkener Kinder, die ihr Heimatsdorf
nicht wieder finden können, und darum immer ,,Ha ani, va ani“, d. h. unſer Dorf, rufen, die Räuzchen ſind die Seelen von Neugeborenen , welche die Mutter im Schlafe erdrüdt hat.
hatte ein kleines Kanoe unter ſeiner Decke mitgenommen
und ſeşte ſich hinein. Dann fing er den Tintenfiſch,
Dheim vor die Füße. Aber nun war das Maß voll; der
bis zum Himmel; dort hängten ſie ſichy feſt und das Waſſer ſtieg ſo hody, daß es ihnen bis an die Füße reidyte. Zehn Tage blieben ſie hängen ; da verlief ſich das Waſſer und
Jelch ließ ſich herabfallen und fiel auf einen Tanghaufen. Nun ſuchte er aber vergeblid nach Trinkwaſſer. Was
davon auf der Erde war, hatte Kanuk in Verwahrung
Die Hauptrolle in den Mythen aber ſpielt der eigent
genommen und hielt es verborgen. Kanuk iſt auch ein
liche Stammvater und Schußpatron, Jeld ), der Rabe.
geheimnisvolles Weſen, das ſchon früher auf der Welt
Was weiter im Süden der kluge Coyote gethan hat, die
war als Jeld), „noch ehe die Leber von unten herauffam ",
Erde, Mond und Sonne gemacht, den Menſchen Licht und Feuer gebrad )t und alle Künſte erfunden, das hat bei den Tlinkit der nordpacifiſde Vetter unſeres Hans Hudebein gethan, und er behütet noch heute ſeine Nachkommen und bringt ihnen Hülfe, wenn ſie nötig iſt. Nach manchen Mythen war er ſchon , ehe die Erde
und mächtiger als Jelch, wie er dieſem bald bewies. Er
gab ihm zu trinken, aber nicht genug, und ließ ihn um keinen Preis an den Kaſten , in weldem das Waſſer war.
Da brauchte Jelch eine Liſt; er machte Kanuk weiß , der:
dem Brauche der Tlinfit die Erben ihres Oheims geweſen wären ; der aber wollte das Erbe ſeinen eigenen Kindern zuwenden ; darum tötete er ſeine Neffen einen nach den anderen, indem er ſie auf ein Brett legte und ihnen dem Hals mit der Feuerſteinſäge abſchnitt. Die verzweifelte
felbe habe ſich im Schlafe verunreinigt, und während dieſer hinauseilte, ſich am Meere zu waſchen, tranf er fidy fatt, nahm den Mund noch voll Waſſer und verwandelte ſich dann wieder in einen Raben, um davonzufliegen. In dieſem Moment erſchien Kanuk wieder, und ehe Jelch durdy die Rauchöffnung hinausgelangen konnte , warf er Pedy: holz aufs Feuer und räucherte ihn ſo ein , daß heute noch die früher weißen Raben ſo ſd)warz find. Aber endlich entkam Jelch doch und flog über die Erde, und wo aus ſeinem Schnabel ein kleiner Waſſertropfen hinfiel, ent ſtanden Quellen und Bäche, und aus den größeren die
Mutter floh in den Wald, um ſich ſelbſt zu töten. Da
Flüſſe.
ſtand, nach anderen aber wurde er erſt ſpäter geboren, und zwar auf wunderbare Weiſe.
Seine Mutter war die
Schweſter des großen Häuptlings, welcher der erſte Bes wohner der Welt war ; ſie hatte zehn Söhne, weldje nad
begegnete ihr ein alter Mann und riet ihr, einen runden Kieſel am Meeresſtrande zu erhißen und zu verſchlucken, dann werde ſie einen Sohn bekommen, denn niemand töten
könne. Sie folgte ihm und ihr Sohn war Feld ), der dhnell zu einem ſchönen Jüngling heranwuchs und als gewaltiger Jäger ſeine Mutter reichlich mit Nahrung ver
forgte. Sorgſam hielt ſie ihm die Eriſtenz anderer Menſchen geheim , aber eines Tages erſchienen ein paar Sklaven ihres Bruders, welche dieſer abgeſandt hatte, um die Ge beine der Sdyweſter zu ſuchen . Durch ſie erfuhr dieſer die
Eriſtenz ſeines Neffen und Erben und lud denſelben als bald in ſein Dorf ein. Umſonſt warnte die Mutter ; Jeldy nahm eine Fucsdecke, eine Marderdecke und eine Renn
Es war damals noch finſter auf der Erde. Die
Himmelslichter gehörten einem großen Häuptling, der ſie in drei Kiſten verſchloſſen hielt. Sie waren von ihm weder im Guten nod durch Gewalt zu bekommen, Jelch mußte alſo wieder Liſt anwenden . Der Häuptling hatte eine ſchöne Tochter, die er aufs ſorgſamſte hütete. Jelch verwandelte ſich aber in einen winzigen Halm und ließ ſich von ihr verſchlucken, und ſo wurde fie idywanger und gebar einen Sohn , der natürlich kein anderer als Jelch
war. Der Großvater war ganz vernarrt in ſeinen Wunder enkel und konnte ihm nichts abídlagen . Eines Tages begann Jelch nun zu ſchreien und wollte ſich nicht be ruhigen, wenn man ihm nicht den Kaſten gäbe, in dem
Die Mythen der Tlinfit- Judianer.
368
die Sterne waren . Der dywache Großvater gab endlich die Erlaubnis . Jelch ſpielte mit dem Kaſten erſt ein wenig im Hauſe herum, dann bradyte er ihn an die Thüre und riß
verſteckt, dynitt davon Stücke ab und fing einen Fiſch nad dem anderen . Der Bär wollte wiſſen , wie er das made,
den Deckel ab, und alsbald flogen die Sterne heraus und
ſeinem Fleiſch ab ; mit ſeinem Meſſer thue das gar nicht weh. Der dumme Bär ließ ſich beſchwaßen, nahm das Meſſer und brachte ſich einen tüchtigen Schnitt ins Bein bei ; es that weh und blutete, und nun ſah er , daß Jelch
nahmen ihren Plaß am Himmel ein . Der Großvater liebte ſeinen Neffen darum nicht minder und ließ ſich auch den Mond auf dieſelbe Weiſe entienden , aber die Sonne hütete er forgſam und wollte den Kaſten um keinen Preis her:
geben. Da wurde Jelc frank und verſd mähte Speiſe und Trant, bis er am Sterben war .
und Jeld log ihm vor, er dyneide fic Stückchen von
ihn belogen, und wollte ihn dafür züchtigen, aber der Rabe flog davon und ließ ſich heßen, bis der Bär ſich
Endlich gab der
verblutet hatte und ſtarb. Juk, der Kormoran, hatte die
Alte nach und ließ ihn im Hauſe mit dem Kaſten ſpielen, duldete aber nicht, daß er ihn öffne. Da verwandelte ſich
Geſchichte mitangeſehen , und wollte es den Frauen des Bären erzählen ; aber Jelch brachte ihn dazu, daß er die Zunge herausſtreckte und riß ihm dieſe aus, ſo daß er nur noch unverſtändlich lallen konnte. Dann ging er zu den Bärinnen, ſagte, daß ihr Mann mit den Heilbutten gleich käme, und gab ihnen die Fiſchblaſen ; ſie ſollten ſie ganz
Jelch auf einmal in den Raben und flog mit dem Raſten
davon. Als er aber zu den Menſchen kam und den Kaſten öffnete, ſo daß die Sonne auf einmal in ihrem ganzen Glanze am Himmel erſdien, erſchraken dieſelben über die ungewöhnliche Hellung ſo, daß ſie auseinander liefen und ſich zum Teil in den Wäldern , zum Teil in den Bergen zum Teil aber auch im Waſſer verbargen , und ſo ent
ſtanden die Tiere, die Vögel und die Fiſche. Nun fehlte aber immer noch das Feuer ; es war nur auf einer Inſel weit im Meer. Jeld) flog als Rabe dahin, nahm einen Brand in den Schnabel und flog zurüd. Die Entfernung war aber ſo groß, daß der Brand faſt ver zehrt und der Schnabel ſchon angejengt war, als Jelch
die Erde endlich erreichte. Da ließ er die Kohle fallen ; ſie fiel auf Holz und Stein und in dieſen wohnt ſeitdem .
das Feuer .
Auch die Pflanzenwelt hat Jeldy auf die Erde ge bracht, indem er einen Zweig des einzigen Baumes, der damals auf einer entfernten Inſel ſtand, holte und ſeine
Blätter über die Erde zerſtreute. Als Jeld, das Leben unter den Menſchen müde war, ging er wieder dahin zurüd, wo ſeine eigentliche Heimat
verſchlucken und tüchtig Waſſer darauf trinken, dann würde der Bär immer reichlich Heilbutten fangen. Sie thaten nach ſeinem Rat, da ſchwollen die Blaſen ſo auf, daß ſie davon zerplazten, und Jelch nahm ihre Reichtümer in Beſik . Harmloſer iſt eine andere Anekdote, wie Jelch feine Vettern, die Dohlen , betrog. Er hatte nad mehreren
verunglüdten Verſuchen einen großen Lachs gefangen ; dann zündete er ein Feuer an und hieß die Dohlen, die ihm geholfen, Blätter holen, die als Teller dienen ſollten ; ſie müßten fie aber von einem entlegenen Plaß holen, denn in der Nähe habe er ſein Weib verbrannt und könne
darum die Blätter nicht benußen. Kaum waren ſie fort, -ſo briet er den Ladys und zehrte ihn auf, dann legte er ſich ſchlafen. Als die Dohlen mit den Blättern zurüd kamen und ihn wedten, warf er ihnen vor, ſie hätten ,
während ſeines Schlafes den Fiſch aufgegeſſen und im ſcheinbaren Zorn ſchüttete er die Roblen des Feuers über ſie, ſeitdem ſind die Dohlen idywarz. Aehnliche Anekdoten ſind zahllos ; fein Menſch fann ſie alle wiſſen und erzählen , ſagen die Märchenerzähler
war, an die Quellen des Naß - Fluſſes. Dort hauſt er noch ; ſeine Wohnung iſt Menſchen wie Geiſtern unzu: gänglich ; wer ſich ihr zu nähern wagt , wird in Stein verwandelt. Seinen Tlinkit iſt er aber immer noch geneigt und ſie rufen zu ihm , wenn ſie in Not ſind.
von Profeſſion. Aber auch bei den Tlinfit beginnt ſidy die Ziviliſation geltend zu machen und übt ihren Einfluß
Neben den vorſtehenden Mythen wiſſen ſie aber nod)
ſelbſt auf Jeld), den Raben. Sdon Weniaminow hat ſid)
eine Menge Anekdoten von ihrem Stammvater zu erzählen, und es iſt überaus charakteriſtiſch für ihre Sinnesweiſe, daß es ausnahmslos liſtige Gaunerſtreiche find, durch welche
bemüht, Anklänge an die chriſtliche Mythologie in dem
Jelch fich Nahrung auf Koſten anderer bequem und billig verſchaffte. Sie müſſen den Tlingit als Entſchuldigung für ihre Spißbübereien dienen. „ So wie Jelch handelte
und lebte, ſo müſſen auch wir leben “, ſagten die Aelteſten zu dem ruſſiſchen Prieſter Weniaminow , der lange unter ihnen lebte und ſie genauer kennen lernte, als irgendein
anderer Europäer. Eine Liebingsanekdote iſt z. B. wie Jelch den braunen Bären überliſtete und tötete. Er lud ihn ein, mit hinaus zum Fang von Heilbutten zu fahren , obſchon ſie keinen Köder hatten ; der Bär fing natürlich
nichts, aber Jelch hatte ſid; Lachsfleiſch unter den Federn
Glauben der Tlinfit zu finden ; er hat ihm einen Sohn beigefügt, der die Menſchen noch mehr liebt , als ſein Vater und den Fürſprecher für ſie bei ihm macht, und
bereits bezeichnen die Indianer mit demſelben Namen Haſdak Hun den vergötterten Raben und den Chriſten gott. Es war hohe Zeit , daß die Brüder Krauſe unter
dem von der Ziviliſation noch faſt unberührten Stamme der Tſchilkat die Mythen ſammelten und ohne tendenziöſe Bearbeitung für die Ethnographie ſicherten.
Die Grönländer.
Die Grönländer. (Schluß .) VI .
Der Walfiidfang.
Die Grönländer ſind außerordentlich froh, wenn ſie einen Walfiſch gefangen haben und haben alle Urſache dazu, da ein folder Fang ihnen einen bedeutenden Vor: teil bringt. Die Männer hängen ſich ihre Belze um, die Frauen legen ihren Schmuck an. Unter Geſang bugſieren dieſe das Tier ans Land, während jene gleich Raben oben
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von der Länge einer Degenklinge tauchen ſie unter, um die Barten abzuſchneiden. Oft ſteht einer auf den Schul tern eines anderen , um dieſen unter Waſſer zu halten da er fonſt, vermöge ſeines Pelzes, in die Höhe gehoben würde. Kann nun der unter Waſſer Befindliche es nicht länger aushalten ohne Luft zu holen, dann gibt er ein Zeichen und der auf ſeinen Schultern Stehende ſpringt herab.
pierte und im Winter ungefähr eine Meile von der Kolonie
Bei einer ſolchen Gelegenheit ereignete ſich das Un glüd, daß der unter Waſſer beidhäftigte Grönländer einem anderen, der oberhalb des Waſſers mit dem Zerſchneiden des Tieres zu thun hatte, unvorſichtigerweiſe ſein Meſſer in den Leib jagte. Der Getötete war ein angeſehener Mann und fein Tod wäre unter Heiden ſicherlich gerächt worden. Um der Witwe ihr Beileid zu bezeugen, kamen unter anderen auch einige von ihren heidniſchen Freunden . Dieſe ſtellten ihr vor, daß die That Rache erheiſche. Als id von dieſem Vorfall Kunde erhielt, begab ich mich fo: fort zu der Witwe, um größerem Unglück vorzubeugen. Sie verſprach mir als Chriſtin, nicht zu dulden, daß man
entfernt gefunden wurde. Wie gewöhnlich, ward ich auch zur Beſidytigung dieſer Beute eingeladen, und da ich ge
dem Thäter ein Uebel zufügte. Dieſer befand ſich in zwiſchen in einer beſtändigen Furcht vor Rache, ward un
rade nach der Gegend hin eine Dienſtreiſe zu machen hatte,
thätig und unſtät, ja er bat mich, ihn nach meiner Heimat hinüber zu ſchicken, da er ſich hier nirgends ſicher fühle,
auf dem Tiere fißen , um die Haut abzulöſen.
So oft fie
einen Fang gethan hatten, ließen ſie ein Boot ans Land gehen, um mich davon zu benadrichten, und gleichzeitig
mich und meine Ehefrau zur Beſichtigung des Tieres ein zuladen. Einmal ereignete es ſich, daß ein Walfiſch entkam ,
obgleich man ſchon Stücke aus ihm herausgeſchnitten hatte ; doch hatte das Tier ſo viel bekommen, daß es ſpäter fre:
nahm ich die Einladung an und hielt mich einige Stunden bei den Walfiſchfängern auf. So ſtark es auch fror und ſo dick das Eis auch war, ſo lag doch das Tier rund umher von Waſſer umgeben . Bei meiner Ankunft waren die Grönländer ſchon in voller Thätigkeit. Einige dynitten
unterhalb des Waſſers die Barten ab, andere machten ſich über den Spec. Zugleic thaten die Haifiſche fich gütlich, indem ſie mit ihren ſcharfen Zähnen große Stücke von dem Tiere abbiſſen. Man ließ ſie ruhig gewähren, nur, wenn ſie den Grönländern allzu nahe famen, wurden ſie zur Seite geſtoßen. Einer dieſer Haie ward mit meiner Hülfe aus dem Waſſer aufs Eis gezogen und aufgeſchnitten. Der Magen war voll von Hautſtücken, die das Tier von dem toten Walfiſch abgebiſſen hatte, und das Fleiſch zitterte noch lange nach dem Tode fort. Die Grönländer geben
und ließ ſich erſt beruhigen, nachdem ich ihm wiederholt
die Verſicherung gegeben hatte, daß er für ſein Leben nicht zu fürchten brauche, da er die That ja nicht abſichtlich vollbracht und die Witwe ihm verziehen hatte. VII .
Die Disko - Bucht.
Dieſer merkwürdige Meerbuſen dehnt ſich zwiſchen den zu Klaushafen und Jakobshafen gehörigen Gebieten in einer Länge von 5-6 Min . und einer Breite von 14--12 Mle.
aus. Ehemals ſoll derſelbe frei von Eisbergen und ſchiff bar geweſen ſein, ja die alten Grönländer berichten aus den Erzählungen ihrer Vorfahren, daß man in früherer
auf Haie nicht viel, da das Fleiſch dieſer Tiere ihnen nicht
Zeit ganz bis an das Dſtende dieſer Bucht durch die jeßt mit ewigem Eiſe bedeckte Gebirgskette habe hindurch fahren
ſchmeckt und dieſelben auch keinen Thran liefern. Nur
können und einmal ein Stück Zimmerholz von der einen
allein die Leber enthält Thran, und zwar den allerfeinſten ,
Seite bis zur anderen getrieben ſei, ein Beweis, daß hier
der beim Zerſchneiden derſelben herausfließt. Doch halten die Eingeborenen es nicht der Mühe wert, deshalb die Tiere zu fangen. Ich ſprang vom Boot auf den Walfiſch
ehedem von Küſte zu Küſte ein offener Strom vorhanden
und ging einige Schritte weit auf einem ſchwammartigen Stück Fleiſch, welches, wie man mir ſagte, die Zunge des Walfiſches war, die denn auch zu dem großen Rachen und dem ungeheuren Körper des Tieres im Verhältnis ſtand.
Daß diejes Tier einen Schlund von der Enge einer Thee taſje, feine Zähne, wohl aber barte Barten hat und ſich
geweſen, welcher ſpäter durch Eismaſſen verſtopft worden iſt. Der Rücken der Bergkette, welcher, mit dem Lande parallel laufend, den Meerbuſen in eine öſtliche und eine weſtliche Hälfte teilt, bildet ſeit unvordentlichen Zeiten ein unabſehbares, anſcheinend bis an die Wolken reichendes Eisfeld. Die Menge des Eiſes wächſt von Jahr zu Jahr, während der Schnee im Sommer ſchmilzt, in Bächen herab
von kleinen Tieren (Mollusken ) nährt, welche in dieſen
fließt und in das Eis gefährliche Löcher bricht, in welchen zuweilen Renntierjäger ihr Grab finden. Wo das Eis
Gewäſſern leben, iſt bekannt.
über das Waſſer hinausragt, bricht es allmählich unter
Die Ausſicht auf Gewinn macht die Grönländer bei dergleichen Gelegenheiten äußerſt unvorſichtig. Mit Meſſern
ſeiner eigenen Schwere und ſtürzt hinab. Daher die Menge
Ausland 1886, Nr. 19 .
der furchtbar ſchönen Eisberge. 57
Die Grönländer.
370
Das Herabſtürzen folder Eisſtücke iſt von einem ſo
meines Aufenthaltes auf Grönland ein Umial ( Frauenboot)
gewaltigen Donner begleitet, daß man denſelben mehrere Meilen weit hören kann. Im Waſſer angelangt, dreht
über dieſe Budit hinüber. Als dasſelbe ſich den Eisbergen näherte, ermahnten die Leute im Boote, wie gewöhnlich,
ſidh der niedergeſtürzte Eisblod inehreremale herum , bevor
einander, fid ruhig zu verhalten , und hielten mit dem Rudern inne. Ein halberwachſener Knabe aber ſĐlug aus Uebermut mit einem Stück Holz auf das ausgeſpannte Bootfell. Im Nu war der Schall oben in der Spiße des mürben Eisberges ; dieſer ſtürzte zuſammen und alle fieben Perſonen, die im Boote waren, fanden ihren Tod im
er ins Gleichgewicht kommt, und führt nicht ſelten un geheure Felsſtücke aus der Tiefe mit ſich herauf. Der
ganze Meerbuſen gerät in Bewegung, das Waſſer ſteigt brauſend empor, mit ſtarkem Getöſe zerbrodjene Eismaſſen
taudien im Waſſer auf und nieder, bis ſie endlich wieder feſtſtehen oder weiter hinaustreiben, um den Meerbuſen
meilenweit mit dem die Schifffahrt gefährdenden Treibeis
Waſſer! Wenn die Grönländerinnen in ihrem
Frauenboot
Bei ſolcher Gelegenheit löſt das ſteigende
fahren , folgen ihnen gewöhnlich einige Männerboote (Ka
Waſſer oft den größten Teil der Eisberge und treibt ſie
ähnlich, die mit vollen Segeln dem Lande ſich nähern ;
jaks), teils weil es ſid) für Männer nicht ſchickt, unbes ſchäftigt in einem Frauenboot zu fißen und nod, viel weniger in demſelben zu rudern, denn dies iſt Sadhe der Frauenzimmer, teils audum um bei dieſer Gelegenheit
zwar iſt es Täuſchung und abermals Täuſchung, und doch
unterwegs womöglich einen Seehund zu fangen . Nur
iſt die Aehnlichkeit eine ſo große, daß man häufig in froher Erwartung nad ihnen ausſchaut, bis ſie bei Veränderung
der Hausherr fißt im Frauenboot als Steuermann , die übrige Mannſchaft beſteht, wie geſagt, aus Frauen. Wenn
ihres Kurſes ſich von einer anderen Seite zeigen. Wer dieſe Bucht nicht wiederholt geſehen hat, kann fid) trok aller Einbildungskraft feinen richtigen Begriff von dieſen Eisbergen machen . Man denke ſid, eine Strecke von ſo vielen Meilen voll von folden großen Eismaſſen , daß
aber die Reiſe über dieſen Meerbuſen geht, dann wird das
anzufüllen.
mit Ungeſtüm weiter in die Bucht, ja nidit felten ins
offene Meer hinaus. Da ſieht man ſie dann , oft Sdiffen
Frauenboot ſtets von einigen Kajats begleitet , deren
eigentliche Aufgabe es iſt, zu unterſuchen, ob zwiſchen den Eisbergen offenes Waſſer vorhanden und dasſelbe breit
ſie 2-300 Faden unter die Oberfläche des Waſſers hinab
genug iſt, um hindurdyzufahren. Bei einer ſolden Tour verunglückte das oben gedachte Boot lediglich infolge der
reichen. Sie machen den Eindruck, als fönnten ſie der Zeit Trotz bieten, und doch ſind ſie trügeriſch wie das
Sanal war nad der Berechnung der Kajakführer zum Hin
Waſſer. Mitunter ſehen ſie aus wie Häuſer, Sdlöſſer, Thore, Fenſter, Schornſteine 2c. Eine ſehr angenehme Täu
durchfahren breit genug. In dieſer Bucht wird im Winter eine Art Butt ge
ſdung, beſonders ſo lange man die Gefahr nidit fennt, welche mit einer Annäherung an dieſelben verbunden iſt, und ſelbſt, wenn man ſich der Gefahr völlig bewußt iſt, erfreut man ſich dennoch dieſer Erſcheinung. Einzelne dieſer Eisberge ſind weiß, andere blau, noch andere grün,
fangen , welcher zwar viel fieiner als der gewöhnliche Butt, aber zugleich audy weit feiner von Fleiſch und fetter iſt. Dieſen Fiſch fängt man mit Schnüren, die aus Walfiſch barten verfertigt werden. Der Fiſchplat iſt immer umgeben
von Eisbergen, die ſich dort auftürmen wie Gebäude um
je nachdem ſie aus Süßwaſſer oder Salzwaſſer entſtanden
einen Marktplaß. Hier verſammeln ſich viele Menſchen ,
ſind. Dieſe Farbenverſchiedenheit macht die Täuſdung noch vollſtändiger, zumal unter Hinzutritt der Sonnen ſtrahlen . Die Eisberge beſitzen an deinend eine Anziehungs kraft, wozu ohne Zweifel die Strömung viel beiträgt, ſo daß ſelbſt große Schiffe in Gefahr ſind, gegen dieſelben
anzutreiben , wenn ſie nicht bei Zeiten ihnen aus dem Wege gehen. Die Grönländer ſind zwar mit ihnen ver traut, dennoch aber büßt mancher ſein Leben zwiſchen den ſelben ein. Da die Seehunde fich gerne in der Nähe der Eisberge aufhalten, ſind die Jäger genötigt, ſie dort auf zuſuchen und ſich entweder Brot oder den Tod zu holen. Zwiſchen den Eisbergen iſt ein ſo ſtarkes Echo, daß man
im Vorbeifahren bei gewöhnlichem Sprechen deutlich die Worte zurückempfängt. Die Eisberge ſind aber mitunter von dem Umbertreiben im Waſſer oder von der Einwir fung der Sonnenſtrahlen jo mürbe, daß ſie bei geringer
Erſchütterung zuſammenbrechen. Dann wehe denen, die ſich in ihrer Nähe befinden ! So fuhr einmal zur Zeit
von dem Knaben begangenen Unvorſichtigkeit; denn der
Auswärtige, um zu kaufen, die Fiſder, um zu verkaufen. Ein förmlicher Markt. Der Tod droht den Menſchen von
jedem Eisberge, und dennoch ſind ſie ſo ſorglos und ver gnügt, als ob gar keine Gefahr vorhanden wäre. Auch ich beſuchte einmal dieſen Markt. Der Play
war ſehr geräumig, das Eis dick und die Zahl der Be: ſucher groß. Dort hatte man ſdon über adit Tage gefiſt und die dieſe Stelle umgebenden Eisberge jahen nicht mürbe aus. Es machte mir viel Vergnügen, die Munter keit und das Treiben der Menſchen zu ſehen. Sie fiſchten in meiner Nähe, damit ich ſehen ſollte, wie das gemacht würde. Ich maß mittelſt einer Sdynur die Tiefe und fand an verſchiedenen Stellen 2-300 Faden. Nach einem Auf enthalt von etwa zwei Stunden verabſchiedete ich midy, da es bereits anfing Abend zu werden und ich noch gegen 3/4 Meilen bis nach Hauſe hatte. Kaum war id) eine
halbe Stunde fort, als in der Nähe des Fiſchplaßes ein Eisberg herabſtürzte, der die Eisdede zerbrad und die Fiſche ſamt den Fiſchereigeräten vernichtete. Eine große
Timbukti .
Zahl Menſchen fiel ins Waſſer, einige wurden ſo ſtart ge quetſdt, daß ſie einen bauernden Sdaden davon trugen. Einer verlor dabei ſein Leben. Die meiſten fainen gut davon, wenn auch mit leeren Händen.
Daß dieſe ungeheure Menge Eisberge durd, die aus: ſtrömende Kälte den Aufenthalt in ihrer Nähe unbehag licher machen als manchmal ein höherer Breitengrad, liegt auf der Hand. Ich wohnte eine halbe Meile von der
Budit entfernt und habe oftmals das donnerähnliche Ge töſe gehört, welches durch das Zuſammenbrechen eines Eisberges entſteht. Täglich ſah ich Eisberge und ver ſpürte oft ihre Nähe. Als ich von dem vier Meilen ſüd licher belegenen Chriſtianshaab in meine Heimat reiſte,
371
mindeſte Ahnung von dem , was ihm bevorſtand. Kaum eine Stunde nach ſeiner Rückkehr ward er herausgerufen
und auf die oben beſchriebene Weiſe umgebracht. Am Tage darauf ließ der Neffe des Getöteten mit ſeinen acht Kindern ſid in unſerer Kolonie nieder und nach einem Jahre mit ſeiner ganzen Familie ſich taufen. Gleich nach dieſer Ermordung begab id mid an Drt und Stelle, um den Thätern ihr Unrecht ernſtlichy vorzuhalten. Auf ihre Bemerkung, daß in unſerem Lande
dud auch Menſden hingerichtet würden , entgegnete ich ihnen, daß bei uns niemand hingerichtet werde, deſſen Schuld nicht bewieſen ſei, und daß der große König unſeres
Landes dem Angeſchuldigten ſogar einen Verteidiger zur
liefen mir, obgleid, es um Pfingſten war, vor Kälte die
Seite ſtellen laſſe, damit fein Unſchuldiger verurteilt werde;
Thränen aus den Augen.
ich vermodyte ſie indeſſen von dem Glauben nicht abzu bringen, daß es Heren gäbe und daß ſie dieſe ſehr leicht VIII .
als ſolche erkennen könnten. Hexenglauben.
Es kommt oft vor, daß jemand von den ſogenannten Weifen der Grönländer der Hererei beſchuldigt wird. Dieſe
Timbuktu. Weiſen ſind in der Regel Perſonen , die nidit arbeiten können oder zu träge zur Arbeit ſind. Gleichwohl ge nießen ſie als Menſchen, von denen man glaubt, daß ſie
mit übernatürlichen Mächten in Verbindung ſtehen , großes Anſehen unter ihren Landsleuten, die bei Krankheiten, Todesfällen, Unglück im
Timbuktu iſt nun zum fünften Male von einem Europäer (und unſeres Wiſſens überhaupt erſt zum fünften Male) beſucht worden. Obwohl noch immer das bedeu tendſte Emporium zwiſchen dem nördliden und dem zen
Fiſch- und Robbenfang 2c. ſidy
tralen Afrika, obwohl ſich einer langen und ausgezeidineten
ihrer als Ratgeber zu bedienen pflegen . Dann wehe der alten verlaſſenen Witwe oder dem alleinſtehenden alten
Vergangenheit rühmend, obwohl angeſichts der Schnellig keit, mit welcher afrikaniſche Erforſchung und Koloniſierung nun auf allen Seiten vordringen, wahrſcheinlich beſtimmt, in nicht ferner Zukunft ſeine ganze frühere Wichtigkeit
Manne, gegen welche jene Ratgeber entweder einen heim lichen Groll hegen oder nach deren Hab und Gut ſie trachten ! Denn dieſe werden nun als Urheber des Un glücks bezeichnet und früher oder ſpäter getötet. Der Her
gang dabei iſt gewöhnlich folgender : Der Betreffende wird
geltend zu machen , hat ſich dieſe „ Königin der Wüſte“, wie man ſie bisweilen nennt, doch bis jeßt nur in den
Augen von fünf Europäern abgeſpiegelt. Im Jahre 1630 wurde ein franzöſiſcher Matroſe
aus ſeinem Hauſe oder Zelte herausgerufen und man legt ihm die Frage vor, ob er nicht ein Herenmeiſter ſei, nicht den oder den mit ſeiner Zauberei getötet habe ? Mag er nun antworten, was er will – der Tod iſt ihm gewiß . Er wird mit einem Meſſer erſtochen , die Glieder werden ihm abgeſchnitten und ſein Herz wird aufgegeſſen, damit
namens Paul Imbert, der an der atlantiſchen Küſte Schiff bruch gelitten hatte, von den Arabern gefangen genommen und als Sklave verkauft. Als ſolcher wurde er zwangs weiſe nach Timbuktu geſchleppt und von da nad Marokko gebradt und ſtarb daſelbſt, ehe eine im Jahre 1632 or
er nicht als Geſpenſt umherwandeln könne.
ganiſierte franzöſiſche Erpedition rechtzeitig zu feiner Be
Auf dieſe Weiſe tötete man einen Mann, der einige Stunden vorher mich beſucht hatte. Derſelbe wünſchte von mir zu wiſſen, was am folgenden Tage Weihnachten)
freiung eintraf. Sodann vergehen beinahe zweihundert Jahre des Aufhörens jeder Verbindung zwiſchen Europa und Timbuktu, ehe der zweite Europäer, der von Edin burgh gebürtige Major Laing, welcher von der Küſte von
bei uns vor ſich gehen ſollte, da er einige ihm unverſtänd liche Andeutungen gehört und unſere Leute ſich hatte ſchmücken ſehen. „ Du wirſt mich doch nicht verſtehen ", ſagte ich zu ihm, ,,denn Du kennſt den großen Herrn des Himmels und der Erde nicht; wir aber freuen uns auf morgen, weil er ſeinen Sohn auf die Erde geſandt und durdy ihn uns hat fund thun laſſen , wie wir gut und glüdlich werden können . "
Sierra Leone aus įdon mehrere erfolgreiche Ausflüge ins Innere gemacht hatte , im Auguſt 1826 in Timbuktu an fam. Der Zweck der Erpedition , mit welcher er von der engliſchen Regierung betraut worden, war die Erforſchung des Niger. Er war von Tripolis aufgebrochen und hatte über Rhadames und Tuat die Wüſte durchwandert. Un
,,Das iſt ja wunderbar !"
glücklicherweiſe wurde Major Laing, ungefähr einen Monat
„ Gib mir etwas, dann will ich auch zu Hauſe erzählen , was ich gehört und geſehen habe." I gab ihm Brod und Tabak und er ging fort, ohne die
nachdem er Timbuktu erreicht hatte, zwiſchen dieſer Stadt
antwortete er.
und Aeawan ermordet, und mit ihm gingen alle Aufzeich nungen über dieſe Unternehmung verloren. Zwei Jahre
Timbuftu .
372
ſpäter, im Mai 1828, wurde Timbuktu zum drittenmale von europäiſchen Augen erblidt, und zwar zum erſtenmale
von einem Europäer, welcher uns eine Schilderung ſeines Beſuches überliefert hat -- von einem Franzoſen René
Caillié. Angeloďt durch die Prämie von zehntauſend Franken , welche die Pariſer Geographiſche Geſellſchaft demjenigen ausgeſeßt hatte, der den Beweis erbringe, daß
in Timbuktu ſelbſt währte nur vom 1. bis 18. Juli, und
feine Schilderung der Wüſtenſtadt iſt wenig mehr als eine Beſtätigung von Barth’s Beſchreibung, welche er nady Verlauf von 26 Jahren im weſentlichen noch immer als richtig erfand.
er Timbuktu erreicht habe, und getrieben von ſeinem eigenen
Timbuktu dehnt ſich auf dem linken oder nördlichen Ufer des Niger in der Geſtalt eines Dreieds aus, das ſeine Baſis dem Fluſſe und in einer Entfernung von etwa
Hang zu Abenteuern, erwarb ſich René Callié zunädyſt eine rechte Geläufigkeit in der arabiſden Sprache und in den
nur wenig über dem mittleren Niveau des Fluſſes, obwohl
6 Kilometer ſeine Spiße dem Norden zukehrt. Es liegt
Sitten der Araber, gab ſich dann für einen Aegypter aus, der ſeine Heimat wieder aufſuche, und trat einen ſtrapazer vollen Marich nach Oſten von Senegambien aus an, bis
etwa 800 Fuß über dem Meeresſpiegel unter ungefähr
er, fußfrant und erſchöpft, die Stadt Jenni am Niger
ſchreitet man einen unanſehnlichen, mehrere Tauſend Fuß
erreichte, von wo er den Strom hinabfuhr nach Kabara, dem Hafen von Timbuftu. Der vierte Europäer in der Liſte der Beſucher von Timbuktu war unſer berühmter deutſcher Reiſender Heinrich Barth , welcher am 7. Sep
breiten Landſtrich, der nur die Streu und den Kehricht verwüſteter Baulichkeiten aufweiſt. Zur Linken bemerkt
tember 1853 die Stadt betrat , hier volle ſieben Monate
verweilte, ſeine Gelegenheit vortrefflich ausnüßte und über alles, was er ſah , vollſtändige und verſtändige Aufzeich: nungen machte , ſo daß Europa vermittelſt ſeiner Beridyte
zum erſtenmale in den Stand geſeßt ward, ſid , ein fon : kretes, ſorgfältiges und gleichzeitig treues und vertrauens: würdiges Bild von der Stadt in der großen Wüſte zlı machen, durch welche das zwiſchen dem nördlichen und zentralen Afrika verkehrende wirtſdaftliche Leben haupt fädylich angeſammelt und verteilt wird. Der fünfte und
leßte der Europäer, welcher Timbuktu beſuchte und der
170 30 ' n . Br. und 30 30' w. L.
Betritt man die Stadt von Norden her, ſo über:
man dann wieder das Grabmal des Faki Mahmud , das jeßt zwar außerhalb der Stadt liegt , allein vormals von den Mauern derſelben umſchloſſen geweſen ſein muß. Offenbar nimmt das heutige Timbuktu nur einen Bruch :
teil des Flächenraums ein , über welchen es ſich in ſeiner Blütezeit ausdehnte. Auch iſt die Stadt keineswegs mehr von Mauern und Befeſtigungen umgeben, denn ſeine leßten Wälle ſind im Jahre 1826 bei Gelegenheit eines Einfalls
der Fulahs, eines nad Weſten und Süden hin herrſchen: den Volkes, eingeebnet worden . Die vielen Eroberungen der Stadt und der häufige Wechſel ihrer Beherrſcher haben in Verbindung mit ihren phyſiſchen Schußwerken ihre
vorigen Jahre die Schilderung ſeiner Reiſe von Marokko aus über Timbuktu nach dem Senegal und der Küſte von Weſtafrika in zwei ſtarfen Bänden 1 herausgegeben hat,
ganze politiſche Unabhängigkeit oder Selbſtbewußtſein zer: ſtört, ſo daß die jeßt ausſchließlich auf ein wirtſchaftliches und kommerzielles Daſein beſchränkten Einwohner geduldig ihre Abgaben an jedes Volk entrichten , welches zeitweilig die Oberhand hat – bald den Fulah, bald den Tuariks, den beiden herrſchenden Raſſen der umgebenden Länder. Was ſodann die wirkliche Größe der Stadt anlangt, ſo
welche wir ſchon im vorigen Jahrgange S. 59 beſprochen
zählte Barth 950 Häuſer, deren Einwohnerzahl er auf
baben. Auf Anregung und mit Unterſtüßung der Deutſchen
Afrikaniſchen Geſellſchaft bracher im Herbſt 1879 von
13,000 ſchäßte ; Dr. Lenz aber berechnete die Bevölkerung, welche zur Zeit ſeines Beſuches vielleicht durch eine außer:
Marokko auf, überſtieg den Gebirgsſtock des Atlas , in
gewöhnliche Einwanderung von Fulahs und Tuariks an :
welchem er ſpezielle Vermeſſungen vornahm, durchreiſte die
geſchwollen war, auf 20,000 Röpfe. Die Stadt beſteht aus runden ſtrohgedeckten Hütten auf dem den Negern angewieſenen Umkreis und aus Lehm häuſern, welche die eigentliche Stadt bilden und ſo ziems lich von derſelben Bauart 2c. ſind. Als Muſter eines Hauſes der beſſeren Klaſſe wollen wir das Haus nehmen, welches Herrn Lenz während feines achtzehntägigen Aufent halts zur Wohnung angewieſen war. Es ſteht in einer
jenige, welcher zuleßt den ſandigen Vorhang lüftete, welde bis auf unſere Zeit Timbuktu für unſere Blicke verſchleierte,
war wieder ein Deutſcher, Dr. Oscar Lenz , welcher im
Wüſte auf einem neuen Weg und erreichte am 1. Juli 1881 Timbuktu, von wo er ſich weſtwärts wandte, Sene gambien berührte und dem Senegal bis zu ſeiner Mün dung bei St. Louis folgte , eine Route, wie ſie vor ihm in gleicher Weije noch kein Europäer betreten hatte. Seine Reiſe, eine der erfolgreichſten in der ganzen Beſdidyte der Afrifaforſchung, erſchloß auf dieſe Weiſe zwei Wege nach der Hauptſtadt der Wüſte, den einen von Norden, den
ziemlidj breiten Straße und iſt von einem Hof umgeben,
anderen von Weſten her. Der Aufenthalt des Dr. Lenz
von wo eine kleine Treppe in das erſte Stodwerk hinauf:
1 Timbuktu. Reiſe durch Maroffo, die Sahara und den
Sudan, ausgefiihrt im Auftrag der Afrikaniſchen Geſellſchaft in Deutſchland in den Jahren 1879 und 1880 von Dr. Oskar Leilz. Zwei Bände mit 57 Avbildimgen und 9 starten . Leipzig, F. A. Brodhaus, 1884 .
führt, das durch ein hübſches großes Zimmer eingenommen wird. Steigt man von hier noch ein paar Stufen weiter hinan, ſo betritt man die Terraſſe, welche wieder von einem Gebäude gekrönt wird, das ein ſehr kleines Zimmer mit zwei Fenſtern enthält, von denen eines auf den Hof,
Timbuktu .
das andere auf die Terraſſe ſchaut. Das ganze Gebäude
iſt aus Lehmziegeln aufgeführt, die Fußböden beſtehen aus erhärtetem Lehm und die Thüren und Fenſter ſind von Holz. Die hübſch geſdynißten und ausgeſägten Fenſter
haben die mauriſche Hufeiſenform. Etliche einfade Drna: mente an den Thoren geben einem ziemlich ſubſtantiellen Gebäude feine Vollendung.
Timbuktu hat nicht weniger
als ſieben verſchiedene Stadtteile von beſonderem Namen und Charakter, von denen der ſüdöſtliche der hübſcheſte und insbeſondere der Wohnſit der reichen rhabameſiſchen Kaufleute iſt. Die einzigen öffentlichen Gebäude in dieſer ſo ausſchließlichen Handelsſtadt ſind die Moſcheen, vier große und drei kleine; die geräumigſte davon iſt die
„ Große Moſchee“, 262 Fuß lang und 194 Fuß breit, mit zwölf Schiffen oder Hallen , welche aus dem Jahre 1327 batiert.
373
und, was noch mehr iſt, ſehr ſtark, fühn und ausdauernd und bezüglich der Qualität ihres Futters gar nicht wähle riſch und felbſt hinſichtlich der Menge desſelben nicht ſchwer zu befriedigen . Die Pferde ſind eine kleine Rajje, aber abgehärtet und flink. Am Abend ſieht man lange Züge von Kameelen, Eſeln und Pferden gemächlich nach den Dayas hinausziehen, um ihren Durſt zu löſchen.
Die Bevölkerung von Timbuktu iſt eine Anhäufung von buntfchedigen und verſchiedenen Elementen , deren beſſerer und effektiver Beſtandteil von den Marokko-Arabern gebildet wird, welche jedod infolge der durch viele Ge dlediter hindurch fortgeſetten Heiraten mit Negerinnen beinahe alle eine dunkle, ſdhwärzlide Hautfarbe angenom men haben. Ein anderes Element beſteht aus den zahl
reichen Abkömmlingen der alten Sonrhay -Neger und den
Sie iſt ein ſtattliches Gebäude und flantiert nun
Negerſklaven, welche aus den entfernteſten Teilen des Sudan
das äußerſte weſtliche Ende der Stadt, obwohl fie fid) in der Blütezeit von Timbuktu ſtolz im Mittelpunkt derſelben erhoben haben muß. Bei allebem gewährt die Stadt, wie eingeräumt werden muß, einen ziemlich traurigen und troſtloſen Anblick. Nicht der Anblick von öffentliden Pläßen bietet dem Auge Abwechslung , nicht die Anſicht
bezogen worden ſind. Weitere Elemente ſind die wilden kriegeriſchen Tuariks vom berberiſchen Stamm , barſch von Rede und unverſchämt von Gebahren, die ihre Geſichter unter einem Litham (blauen Tud ) verbergen , durd,
offentlicher Gärten erfriſcht es , noch bemerkt man irgend
welches erfriſchende Grün. Vor der Eroberung der Stadt durch Hamed -el-Manſur von Marokko, im 16. Jahrhundert, olen Bäume in Timbuktu ziemlich häufig geweſen ſein ;
welches nur die Augen hervorſdauen, und deren Körper von Rüſtung, Sdwert, Säbel und Lanze klirren. Зu dieſen müſſen noch die Fulahs hinzugefügt werden, ein
fanatiſcher, aber ziemlich kultivierter und hübſcher Menſchen ſchlag, mit lichter Hautfarbe, leidit gekrümmter Naſe, ges
allein nad jenem Ereignis tvurden ſie alle umgehauen,
rader Stirn, feurigen Augen, langem ſchwarzen Haar und wohlgeformten Gliedern ; ferner Reiſende und Wanderer
um Boote daraus zu erbauen . Man füge dazu noch die heißen Südwinde, welche beſonders zwiſchen Juli und
hara, aus Algerien u. ſ. w .
September wehen und oft von heftigen Gewitterſtürmen
begleitet werden ; die häufigen Dayas oder Boden fenkungen außerhalb der Stadt beſonders gegen Süden, in welchen ſich beinahe alles für die Ztvecke des Trinkens
und Rochens verfügbare Waſſer anſammelt; dann der Niger dicht dabei, welcher häufig das flache Land über dywemmt und peſtilenzialiſche Tümpfel hinterläßt , und
aus Bornu und Sokoto, Araber aus der weſtlichen Sa
Timbuktu iſt gleichſam nur ein einziger großer Markt, wo die Kaufleute den Austauſch der Erzeugniſſe des Nor dens gegen diejenigen des ſüdlichen Sudan vermitteln. Dieſes Emporium ſteht unter der Regierung des Rahia , deſſen Amtsverrichtungen denjenigen eines Bürgermeiſters
oder Schultheißen ( einſchließlich der Gemeindeälteſten und des Stadtrats) gleichen, der aber feine politiſche Mact:
man wird leicht begreifen, daß Timbuktu in geſundheit
vollkommenheit bekleidet.
licher Beziehung nicht alles das iſt, was man wünſchen
Familie der Er-Rami, welche ſeit der marokkaniſchen Er
möchte, ſondern ganz dazu angethan iſt, ſeine europäiſchen
oberung im 16. Jahrhundert in Timbuktu anſäſſig iſt. Die Er-Rami ſind urſprünglich aus dem ſüdlichen Spanien
Beſucher fieberkrant zu machen, wie ſowohl Barth als
Dr. Lerz zu ihrem Schaden erfahren haben.
Der einzige verſöhnliche und gewinnende Zug in dem natürlichen Anblick von Timbuktu iſt ſein Reichtum an
Das Amt iſt erblich in der
nach Marokko eingewandert und heißen daher ,, Andaluſi." Ein ganzes Stadtviertel von Fâs iſt noch nach ihnen be nannt und die Frauen der Andaluſi ſtehen im Rufe be
Vögeln und anderen Tieren. Eine kleine Finkenart iſt dort ſo häufig wie die Sperlinge bei uns ; Schwärme von
ſonderer Schönheit. Der gegenwärtige Rahia, Mohamed
Tauben, abwechſelnd mit Raben , Krähen und Staaren,
ſdılauer, aber dabei doch gutmütiger Phyſiognomie, welche in Wirklichkeit durch ihre Liſt niemand zu ſchaden beab ſichtigt; er iſt ſehr zum Lachen aufgelegt, und wenn er lacht, ſo ſtrahlt ſein ganzes ſchwarzes Geſicht. Es iſt
ſind beſtändig auf dem Flug, während es nicht an Ha: bichten und Adlern fehlt, welche gelegentlich auf dieſelben
Jagd machen. Zahlloſe ſchwarze Störche ſpazieren an den Dayas umher, während Strauße, denen man ihre Schmuckfedern abgeſchnitten hat, überall zu ſehen ſind. Außerdem gibt es eine Menge Buckeloden. Die Gſel von Timbuktu, groß, von gelblich -grauer Farbe, mit einem tiefſchwarzen Streifen über den Rückgrat, find hübſche Tiere
Er-Rami, iſt von entſchieden negerartigem Ausſehen, von
nicht eine Spur von Fanatismus in ihm, und ſollte er ſich je gewiſſer Härten gegen einen Chriſten ſchuldig machen,
ſo würde dies nur unter fremdem Einfluſſe geſchehen. Der Kahia beſuchte den Dr. Lenz jeden Abend, immer begleitet von einem großen Gefolge und von ,,Mauern von großer
374
Timbuktu .
Gelehrſamkeit", welche ſich immer ſogleich in eine religiöſe
Erörterung mit dem Dolmetſcher unſeres Reiſenden , Hadich Ali, einließen. Unter dieſen Gelehrten waren einige von ganz lichter Hautfarbe wie die Männer von Marokko.
Der Rahia entledigte ſich in hübſcher Weiſe der Pflichten der Gaſtfreundſchaft gegen den deutſchen Reiſenden während deſſen achtzehntägigen Aufenthalts, denn er verſah ihn in dieſer Zeit mit reichliden Lebensmittelvorräten. Auch an
dere wohlhabende Leute in Timbuktu, welche Dr. Lenz
beiden Seiten mit Seidenſtickerei verziert iſt. Eine der artige Tobe bildet im Sudan ein ſehr annehmbares Ge:
ſchenk. Das teure, aber vortreffliche einheimiſche Fabrikat wird jedoch raſch vom Markte verdrängt durch das „,wohl feile und ſchlechte " engliſche Material. Aus dem Norden kommen alljährlich ungefähr 5000 Kameelladungen Waren auf den beiden Hauptſtraßen von Marokko und Rhadames nad Timbuktu. Die aus dem Nors den kommenden Waren ſind Tuch, blauer Kattun, grüner
kennen lernte, berſaben ſeine Tafel mit einem Ueberfluß von Bewirtung, ſo daß er und ſeine Reiſegeſellſchaft nicht nur keine Gaſthofsredinung zu bezahlen braudyten, fondern immer noch einen Ueberfluß guter Speiſen an ärmere Leute verſchenken konnte. Die anderen wichtigen Perſönlichkeiten in Timbuktu, mit denen Dr. Lenz verkehrte, waren Abadin -el-Bakay, der Vorſteher der Fulah's, ein ehrgeiziger, auf ſeine Geburt ſtolzer und beſonders gelehrter Mann, deſſen Vater Herrn Barth
chineſiſcher Thee, Zucker, Wachskerzen, Datteln und Tabak. Die Kolanuß, welche im Sudan die Stelle von Thee, Kaffee und Cacao vertritt, wird ebenfalls aus den Län: dern der Sierra-Leone-Küſte und Adanti in Menge ein geführt. Die Ausfuhr nach Europa dagegen beſteht in Straußenfedern, Gummi, etwas Gold, ſowie in Elfenbein und nach den nordafrikaniſchen Staaten in Negerſklaven .
in ehrenhafter Weiſe bejdüşt hatte, und der daher nicht
Völkerſchaften im Süden verkauft. Das Salz wird in
geneigt war, dem gegenwärtigen Reiſenden ein Leid zu
Tafeln, deren jede einen Meter lang iſt und ungefähr 60 Pfund wiegt, hierher gebracht. Eine ſolche Tafel ver kauft fid; um einen Mittal Gold, d. h. zu einem Wert
zufügen , obwohl er, aus Furcht, den Fanatismus ſeiner Anhänger hervorzurufen, nur eine negative Haltung gegen
Dr. Lenz annahm, und der „ Sultan " oder Häuptling Eg- Fandagumu, an der Spiße der wetteifernden Tuariks, welche damals im Aufkommen begriffen waren und die auf die Einfuhren und Ausfuhren von Timbuktu gelegten Steuern erhoben. Die Tuarifs leiden viel an Augen :
krankheiten, teils infolge ihrer unreinlichen Lebensweiſe und teils infolge der Sandſtürme der Wüſte. Timbuktu iſt, wie ſchon erwähnt, eine reine Handels
Timbuktu iſt beſonders ein Handelsplaß für Salz, welches es von den Salzlagern von Taubeni bezieht und an die
von 8-9000 Raurimuſdeln oder 9-10 Mark.
Die Bevölkerung von Timbuktu lebt in ökonomiſchem Sinne im ganzen ſehr behaglich, und Dr. Lenz ſah nur ſehr wenige Anzeichen von Armut oder Bettelei unter derſelben. Sie halten drei Mahlzeiten täglich. Die erſte, um 9 Uhr Morgens, beſteht aus kleinen , friſchgebackenen Weizenbroten von ganz vorzüglicher Güte, welche man beim Eſſen ſtüdiveiſe in Schüſſeln mit Honig oder flüſſiger
ſtadt und erzeugt weder Naturprodukte nod Manufaktur:
Butter eintaucht. Die Hauptmahlzeit, um 3 Uhr Nado:
waren. Die ſchönen Lederarbeiten, weldie unter den zahl reichen Völkerſchaften im Süden und Weſten verfertigt
mittags, beſteht aus zwei, manchmal aus drei Gängen, nämlich Rusfus, Gemüſen, Ochſen- oder Schaffleiſch, Hühner
werden, ſind nur zum allerkleinſten Bruchteil für den ört
und Tauben. Alles iſt ſdmachaft zubereitet. Der Kuskus iſt ein Gericht aus dem Mehl von Weizen, Gerſte, Mais
lichen Gebrauch in der Stadt ſelbſt gemadht. Die auf: fallendſte von dieſen Waren iſt eine hübſche Ledertaſche, welche an einem ledergeflochtenen Strick um den Hals getragen und zur Aufnahme von Tabak, Stahl, Feuerſtein und Zunder dient. Im eigentlichen Sinne des Wortes gibt es in Timbuktu keine Gewerbſamkeit, ſondern alles was der Handel an gewerblichen Erzeugniſſen bedarf, kommt von auswärts. Selbſt die Gemüſe und andere Gewädyſe bezieht die Stadt unmittelbar von dem Hafen Kabara, welcher, auf einer Anhöhe dicht am Fluſſe erbaut, 150
oder ſogar Negerhirſe. Das Mehl wird angefeuchtet und dann durch eine eigentümliche Bewegung der Handfläche und der Finger in kleine Körner verwandelt und dann in der Sonne getrocknet. Der Kuskus wird nicht gekocht, ſondern nur gedämpft, indem man ihn in einen am Boden mit
vielen kleinen Löchern verſehenen irdenen Topf ſchüttet, dieſen auf einen anderen mit Waſſer gefüllten Topf ſeßt,
und dieſen über das Feuer bringt. In eine Schüſſel geleert,
bis 200 Lehmhäuſer und eine Bevölkerung von etwa 2000
wird der Kuskus dann mit Safranbrühe übergoſſen, wor auf Fleiſch und Gemüſe geldymadvoll darüber gebreitet
Negern enthält, nebſt fremden Kaufleuten und Händlern aus Timbuktu und Tuak. Das Städtdyen Kabara hat zwei
und das Ganze mit den Fingern der rechten Hand gegeſſen wird. Es gehört einige Geſchidlichkeit dazu, den Kuskus
kleine Marktpläße und baut Reis, etwas Baumwolle und
zum Munde zu führen, ohne daß man etwas fallen läßt. Fiſch wird beinahe ausſchließlich den Negern überlaſſen,
verſchiedene Arten von Melonen, um ſie in Timbuktu zu verkaufen . Außer Lederarbeiten werden auch große und vortreffliche Strohhüte, Kleider, Töpferwaren u. dgl. m. meiſt aus dem Süden bezogen .
Die männliche Kleidung
des Volkes iſt die lange, weite, blaue Tobe, welche aus einheimiſchem Stoff verfertigt, blau gefärbt und oft auf
und eine Perſon ſinkt ſchon ziemlich tief in der Achtung, wenn ſie irgend eine Art Fiſch iſt. Die Abendmahlzeit wird zwiſchen 9 und 10 Uhr eingenommen und beſteht ges wöhnlich aus Reis, der mit kleinen Fleiſchſtückchen gemiſcht iſt. Geiſtige Getränke ſind nidyt üblich, und die feſte Nahrung
Bilder alle dem ruſſiſchen Volfsleben .
375
wird nur mit Waſſer hinuntergeſpült, das man aus den ! von 24—25 Jahren bereits bis zum gehörigen Spitz vor Kalebaſſen trinkt. Es wird den Leſer vielleicht überraſchen, zu hören,
geſchritten war, was aber nicht verhinderte, daß ſich ein junges, friſches Mädchen von 18-19 Jahren in der be
daß die Einwohner von Timbuktu mit den laufenden Bes
kannten ruſſiſden Nationaltracht zärtlich an ihn (dmiegte.
gebenheiten in Europa gut vertraut ſind, und daß ſie be: reit waren, mit Dr. Lenz ſich über die Ergebniſſe des legten ruſſiſch-türkiſchen Krieges zu unterhalten. Sein beabſichtigter Beſuch in Timbuktu war ebenfalls dort ſchon bekannt,
Was im Weſten Europa's einem jungen Mann in den Augen ſtreng erzogener Mädchen das Urteil unbedingt ſprechen würde, deckt hier gewöhnlich die Gewohnheit und die häufig zu hörende Entſchuldigung : ,,Sie trinken ja alle!" Links von den beiden erwähnten Gräbern war eine
ehe er noch den Atlas überſdyritten hatte.
Mit den Mos
(deen ſind Schulen verbunden, und die große Mehrheit
Geſellſchaft aus dem Arbeiterſtande um einen noch ziemlid)
der Einwohner kann leſen und dreiben, weiß lange Stellen
friſchen Grabhügel gruppiert, und der jüngſt erlittene Ver luſt mochte wohl auch die Urſache ſein, daß die Leute ſich mehr als andere bemüht hatten, in die richtige Feiertags: ſtimmung zu kommen, wofür die umberliegenden leeren
des Korans auswendig und iſt imſtande, darüber zu disputieren.
Flaſchen deutlid ſprachen, und daß ihre Bemühungen nicht
Bilder aus dem ruſfiſchen Volksleben.
vergeblich waren , ließ ſich am beſten daran erkennen, daß
dieſe Stimmung bei der Mehrzahl bis zur vollen Selig ( Soluß .)
keit, bei den übrigen aber bereits bis zum vollſtändigen
,,Seßen wir uns etwas ! Die Geſchichte regt auf und ermüdet gleichzeitig ; ganz abgeſehen von dem Gefühle des Unwillens, den das Ganze hervorruft !" ſagte mein Bes
fannter, als wir nad) einiger Zeit auf eine verhältnis: mäßig ruhige Stelle famen , wo zugleich eine Bank zwiſchen
zwei Gräbern unter einer dichtbelaubten Ebereſche gerade unbeſeßt ſtand. Zur Linken der Bank ein einfaches Grab,
deſjen Kopfende ein einfaches hölzernes Kreuz trug, wogegen der übrige Raum , wie es ſchien , blos mit den Ober kleidern einer benachbarten Gruppe bedeckt war. Zur Redten ein von Unkraut überwuchertes Familiengrab mit einem früher eleganten, jeßt vernachläſſigten Eiſengitter umgeben. Waren ſie ſelbſt geſtorben, verarmt oder weggezogen, die dieſes Gitter errichten ließen ? Wer wußte es ! Nichts wechſelt ja in Rußland ſo ſchnell, als die Bevölkerung der nordiſchen Reſidenz, die faſt allen nur als vorübergehender Aufenthalt dient.
Auf der anderen
Seite des idymalen Weges, uns gegenüber, zwei Gräber mit liegenden Steinen, doch ohne Beſuch, und rechts von dieſen eine einzelne Gruft , vor der ein Tijd von drei
Bänken umgeben ſtand, die von zwei, allem Anſdein nadı
Rater vorgeſchritten war. Einen Augenblid wurde unſere Aufmerkſamkeit durch das Geſchrei eines Knaben , den ein anderer an den Füßen herunterziehen wollte, nach dem Bretterzaun gelenkt, an dem einige Dußend Jungen fortwährend auf und nieder: kletterten. Die Sache hatte aber nichts weiter auf ſich und wurde von einem älteren Mann mit einigen links und redits ausgeteilten Dhrfeigen auch ſehr bald geregelt. „ Um Gottes willen, ſehen Sie dort links ; das Herz blutet bei einem ſolchen Anblik !" flüſterte mir mein Bes kannter zu. Ich konnte nur zuſtimmend nicken . Von ihren beiden Söhnen, zwei Knaben von ca. 16 und 14 Jahren, die an der Müße das Zeichen der kaiſer: liden ſchule trugen, geführt, ſchwankte eine etwa vierzigjährige Frau, aus den beſſeren Ständen , in elegan: tem dwarzem Anzuge, aber ſinnlos betrunken , heran. Den Oberförper nach vorn gebeugt, mit verwirrtem Haar, die Uhr aus dem Gürtel gelöſt und an der Kette baumelnd, hieng fie fraftlos in den Armen ihrer beiden Kinder. Der Aeltere hielt ſich ſtraff aufrecht und ſah ſtarr vor fidh nieder, während der Kleinere ſeine Haltung nur mit Mühe
dem gebildeten Handwerkerſtande angehörenden Familien
aufrecht erhielt und bitterlich weinte, wogegen das mit
bejeßt waren. Das gußeiſerne Kreuz diente heute als Kleiderſtänder, und machte mit den aufgehängten Mänteln
einem etwa zehnjährigen Mädchen und etwas kleinerem Knaben folgende Dienſtmädchen , welches den Samowar
und Tüchern und dem modernen weißen Damenſtrohhut auf der Spiße jest ganz den Eindruck einer eleganten Vogelſcheuche. Den Tijd bedeckten Porto: und Xeres: flaſchen, eine kleine Karaffe mit „ Reinem “, der auf einem edt ruſſiſchen Tiſche niemals fehlen darf ; Kaviar, Sar:
dinen, Schweizerkäſe, Schinken, Eierkuchen u.ſ. w. – man ſieht, daß ſelbſt der ruſſiſche Handwerker im Punkte der Gourmandiſe nichts zu wünſchen übrig läßt – zu dem dann noch der dampfende Samowar im Hintergrunde fam ,
und daß dieſe Dinge, beſonders die Flaſchen, nicht unbenußt
und das übrige Geſchirr trug, ganz munter in die Welt ſchaute. Wo war der Vater der Kinder ?
War die Frau
vielleicht auf ſeinem Grabe in dieſen Zuſtand geraten oder
war er nicht hier, oder ſchlief er vielleicht gleichfalls heute wie ſo viele andere den Schlaf der Gerechten auf den Gräbern ſeiner Angehörigen?
Was nüßt hier alle
Scule und alles Wiſſen , was aller äußere Schliff, wenn
Mütter, in deren Händen die Erziehung der kommenden Geſchlechter ruht, ihre Stellung und Verpflichtungen, ſidy
mitgebracht worden waren, bewies die ziemlid animierte
ihren Kindern und der Welt gegenüber in dieſer Weiſe
Stimmung der Geſellſchaft, die bei einem jungen Mann
vergeſſen !
Bilder aus dem ruſſijden Vorfsleben .
376
Noch war es mir nicht möglich, mich von dieſem trau rigen Bilde loszureißen, welches nach rechts an uns vor überſchwankte, als die Worte : ,,Erlauben Sie gefälligſt „ etwas Feuer !" meine Aufmerkſamkeit wieder nach der linken Seite zogen . Vor mir ſtand, mit ſchlotternden Knieen und blöden Augen, ein junger Arbeiter aus der oben geſchilderten Gruppe nach links, der in der linken
Hand eine halb durdbrochene Cigarette hielt und mit der rechten einen mißlungenen Verſuch madyte, ſeine halb im Naden ſigende Müße zu lüften .
In dem Augenblic, wo ich demſelben meine Zigarre zum Anzünden hinhielt, bewegte ſich das Kleiderbündel unmittelbar zur Linken und eine Alte, die ruhig ſchlafend unter den Kleidern gelegen hatte, und von uns bis jeßt nicht bemerkt worden war, richtete ſich etwas empor; aber
aber der gewiſſermaßen allein ſchuldige Teil, die Alte auf
dem Grabe, ganz ruhig weiter ſchlief. Die Rauferei hatte nicht länger als 10 Sekunden
gedauert, übrigens lange genug, um alle dabei Beteiligten ganz ſauber zuzurichten, als ein Poliziſt, der erſt um Unterſtüßung gepfiffen hatte, herbeigelaufen fam und den Knäuel auseinander zu reißen ſuchte. Ehe ihm dies aber
gelang, mußte er ſelbſt erſt noch einige geſunde Hiebe ein ſtecken ; ſolchen Kleinigkeiten gegenüber iſt aber der St. Pe tersburger Gorodowoi – Stadtpoliziſt - weit üveniger empfindlich wie der deutſche Schußınann, beſonders dann, wenn 20-30 Kopeken als fühlendes Pflaſter auf die fdmerzende Stelle gelegt werden . Sie würden übrigens auch nicht aus den Gerichten herauskommen, wenn ſie -
jeden Betrunkenen , überhaupt jeden, der ſid, hier zur Webre
ihre Bemühungen, ſich aufrecht zu ſeßen und ihre ziemlich
ſeßt und thätlich an der Polizei vergreift, in weſteuropäi:
derangierte Toilette etwas in Drdnung zu bringen, miß glüdten, und müde ſank der noch ſtark umnebelte Kopf wieder zurück, während der eine Fuß über den Hügelrand hinter dem vor mir ſtehenden Arbeiter herausragte. So geringfügig dieſer Umſtand auch war, ſo bedeutende Folgen
idher Weiſe arretieren und den Gerichten überliefern wollten. Nachdem die Ruhe einigermaßen wieder hergeſtellt
follte er haben.
Nad mehreren vergeblichen Verſuchen, ſeine beſchädigte Zigarette zum Brennen zu bringen, gelang dies dem Arbeiter endlich notdürftig, und mit einem, Gott weiß bei welder Herrſchaft aufgeſdnappten merci , wollte er zurücktreten. Unglüdlicherweiſe ſah er aber den hervorragenden Fuß der
war, ließ ſich erſt erkennen, daß bei der Sache niemand ernſten Schaden am Körper erlitten hatte ; von den blauen Flecken, dem Zuſtand der Kleider, dem verdorbenen Geſchirr u. ſ. w. durfte natürlich keine Notiz genommen werden. Zuerſt ſuchte man den Arbeiter zu beſchuldigen, daß er den Verkäufer abſichtlich umgeſtoßen hätte, wogegen ihn aber eine robuſte Köchin mit einer Zungenfertigkeit, die
einen eben vorübergehenden , baumlangen Verkäufer von
viele ihres Standes charakteriſiert, verteidigte, und da ihre Angaben der Wahrheit entſprechend waren , ſo konnten wir dieſelben auf die Frage des Poliziſten, auch nur beſtätigen ; aber trozdem mußte der Händler und Arbeiter den Poli ziſten folgen. Wir ſahen aber, daß man ſie etwa 50
Alten nicht, und über dieſen ſtolpernd, ſchlug er mit dem vollen Gewichte ſeines Körpers nach vorn derart gegen
Gefrorenem, daß dieſem die zivei legten Silben ſeines
Sdhritte weiter wieder laufen ließ, da man ſich aller Wahr
eben geſungenen ,moroshenoe choroshoe, moroshenoe ! " (Gefrorenes gutes , Gefrorenes ! ) in der Kehle ſtecken
ſcheinlichkeit nach verſtändigt hatte.
blieben , das ſtolz auf dem Kopf getragene Holzgefäß
denen die Luſt zum ferneren Bleiben natürlich vollſtändig
mit den beiden Blechbüchſen heruntergeſchleudert wurde,
vergangen war, eben entfernen , als ein weißhaariger Alter von der Arbeitergruppe an das Grab unmittelbar zur
und er ſelbſt zwiſchen die beiden Gräber uns gegen:
Wir wollten uns, ebenſo wie die Familien zur Rechten,
,,Ach du meine Güte! " Wie der Strahl einer Feuer
Linken herantrat und die dlafende Alte mit dem Rufe rüttelte : „ Maſca !" ( ruſſiſche Bezeichnung für „ Marie"
ſpriße ergoß ſich der Inhalt der auf dem liegenden Grab
im gewöhnlichen Verkehr) „ Maſcha !" wiederholte er be:
ſteine heftig aufſchlagenden Gölte über die kaum zwei Fuß davon entfernten beiden Familien zur Rechten. Auf
reits ungeduldig, „wohin haſt Du denn die Graupen und Klukwa (Moosbeeren) gelegt ?" „ Warten Sie noch einen Augenblick ! " bat ich meinen Bekannten, der den Widerwillen gegen das ganze Treiben nicht inehr unterdrücken konnte. ,,Maſcha!" wiederholte der Alte ſchreiend und die Schlafende ſtärker rüttelnd, „ich will wiſſen, wo Du die Graupen und Klukwa haſt?"
über ſtürzte.
regender fann in der Schlacht eine einſchlagende Granate auch nicht wirken als dieſer Eimer voll Eisſtücken , ſchmußi
gem Waſſer und Fruchteis, welches mitten in die äußerſt heitere Geſellſchaft und ihre den Tiſch bedeckenden Herr:
lichkeiten hineingeſchleudert wurde. In der nächſten Se funde miſchte ſich Weinen, Fluchen und Schimpfen mit den Fauſtíchlägen, welche der wütende Moroſhenoe-Verkäufer auf den unglüdlichen Anſtifter des ganzen Unheils nieder bageln ließ. Der leßtere ließ ſich dies nun auch nicht ruhig gefallen , und da er von ſeinen Freunden Unter ſtüßung erhielt, wogegen der junge Mann von rechts dem
m
Als auch hierauf nur ein bloßes Grungen erfolgte,
faßte er die Alte an den Schultern und ſeşte ſie mit den
Worten aufrecht hin : „ Ac Du ....!" jeßt folgte eine
Händler zur Hülfe eilte, ſo war nach wenigen Augenbliden
Reihe von Worten, die ſich in keinem Lerikon finden, und die auch vom ruſſiſchen Strafgeſet verfolgt werden , d. h . „ ſollen ", aber ſowohl dies, wie ſeine weiteren Fragen, hatten
die ſchönſte Keilerei in vollem Gange, während welder
feinen anderen Erfolg, als daß die Alte mit halb geöffneten
Geographiſche Nenigteiten .
Augen und noch halb id lafend zurüdfragte: „ Waas ?" -
377
ihm dieſer den Kuchen über die Augen .
Wie ein Pedi:
„ Was willſt Du ?" doch plößlich brachte ihn ein tellergroßes
pflaſter verſchloß ihm die klebrige Johannisbeeren- und
Pflaſter von Graupen, Eigelb und Klukwaſaft auf dem
Zudermaſſe Mund und Augen und zurücktaumelnd ſtürzte er noch über den Samowar hinweg. Rieſiges Gelädyter lohnte den Einfall des Einen und folgte den Anſtreng ungen des Anderen, das Geſicht von der unangenehmen
hellen Kattunkleide ſeiner Alten auf die Spur nach den
geſuchten Gegenſtänden. Mit einem zweiten : „ Ac Du !" ſchob oder vielmehr ſtieß er die Alte auf die Seite, ſo daß dieſe neben dem Grabe auf die Erde zu ſiten kam und zu weinen begann, worauf er das auf dem Grabe befindliche
Kuchenmaſſe zu reinigen.
Durcheinander von aufgeweichtem Papier , zerquetſchtem
Wohl wäre es möglich geweſen, die vorgeführten Bil der um das Doppelte, ja Zehnfache zu vermehren, doch
Weißbrot, Eiern, Beeren u. ſ. w . fortwährend räſonnierend, in ein buntes Taſchentuch zu raffen ſuchte.
uns nad dem Ausgange zu, wobei wir aber erſt noch mit
Was mit dieſem Durcheinander werden ſollte, war
verſchiedenen anderen Bekannten zuſammentrafen, die gleich
uns allerdings bekannt, wir hatten das Verfahren der
uns den zurüdflutenden Menſchenſtrom mit ſeinen unend
Bevölkerung bei dem bevorſtehenden Gebrauch aber nicht
lich zahlreichen Beſeligten an ſich vorüberziehen ließen und
wozu ? Wir denken, das Gegebene genügt. Wir wandten
felbſt geſehen, und blieben deshalb abſichtlich ſo lange bis
Beobachtungen machten. Unterdeſſen war es halb neun
der Alte das Zerpflücken des Weißbrotes, der Cier, Fleiſch
Uhr geworden und das Klappern mit einem metallenen
ſtücken u. 1. w. beendigt hatte. Beſonders appetitlich fah die Sache in dem ſchmutigen Taſchentuche nun allerdings nicht aus, aber die Toten, für welche das Ganze beſtimmt war, ſind ja in jeder Hinſicht nachſichtig. Still, die Hände gefaltet, umſtanden die Uebrigen der Arbeitergruppe jeßt den friſchen Hügel, auf dem ſie ſich
Inſtrumente, aber keiner Glode, zeigte der Menge an, den Friedhof zu verlaſſen. Mehr und mehr lichtete ſid) die Maſſe, und von jeßt ab begann die Nachtarbeit der Polizei und Arbeiter des Friedhofaufſehers. Die Gräber und Gebüſche werden überall abgeſucht. Solche, die aus: geſchlafen haben, entläßt man ohne weiteres, wogegen die Betrunkenen nach der Polizei gebracht und häufig auch
bisher voll getrunken hatten, während der Alte das in
ſeinem Tuche Befindliche über denſelben verſtreute. Weinen und Klagen um die Gute, welche unter dem Hügel ſchlief,
noch beſtraft werden . Leerer und leerer werden endlich die
wurden jeßt hörbar, bis nach einigen Augenbliden ſich
ternadyt begegnen
der geſchloſſene Kreis nach dreimaligem Befreuzen wieder lüſte, das mitgebrachte Geſchirr hierauf zuſammengepackt wurde und ſich die ganze Geſellſchaft im Dreiachteltakt auf den Heimweg machte. Faſt alle von ihren Beſuchern
ganzen Schwärmen der von dort Zurüdfehrenden, und viele von ihnen legen ſich erſt mit dem beginnenden Morgen
verlaſſene Gräber waren jeßt in der gleichen Weiſe be ſtreut und uns war es klar, weshalb hier ſo viele Krähen
Straßen in der Nähe der Friedhöfe, aber noch nach Mit wir in den entfernteren Stadtteilen
zum Schlafe nieder, um mit zehntauſend anderen erſt zu ſpäter Stunde mit ſchwerem Kopf und leerem Beutel, aber mit dem Bewußtſein zu erwachen , ihrer Chriſtenpflicht den Toten gegenüber am vergangenen Tage vollkommen ge
niſten und ſich Unmaſſen von Raßen heruin treiben.
nügt, den Símolenski-Tag überhaupt ordentlich gefeiert
Hundert Schritte weiter, unter Bäumen halb verſteckt, befand ſich eine Geſellſchaft junger Leute aus den wohl
zu haben !
habenden Ständen.
H. L.
Erhikt von der Anſtrengung des
Tages, hatte es ſich der größere Teil der Herren bequem
gemacht und die Röcke ausgezogen ; bei beiden Geſchlechtern aber waren die Wirkungen desjenigen Geiſtes zu ſehen, welcher der ganzen Tagesfeier ſeine Signatur aufgeprägt
hatte. Einer von den Herren war der gehabten Anſtreng ung ſchon unterlegen und ſchlief in einem Winkel ganz ruhig, während ein anderer, die Hände auf dem Rüden , langſam an die um den Tiſch herum ſigende Geſellſchaft herantrat und der einen Dame mit Brennneſſeln über den
Geographiſche Neuigkeiten. * Das Malpais in Michoacan , Merico. Carlos Naulleau hat jüngſt das Malpais in Midyoacan in Mexico beſudyt, und wir entnehmen ſeiner Schilderung nachſtehende Notizen : Das Malpais liegt vier Leguas von Panindicuaro und iſt eine Region von vier Leguas in der Länge und zwei Leguas in der Breite, welde mit den fantaſtiſchen
Nacken ſtrich. Sdireiend fuhr dieſe empor, um ſich vor
Auswürfen eines nun erloſdenen Vulkans bedeckt iſt. Die
der Wiederholung dieſes nichts weniger als zarten Scherzes zu flüchten , während die übrigen Frauen hinter den Herren
Zinnen, Zacken und Blöcke gleichen den Ruinen einer
die nötige Dedung ſuchten. Kühn gemadit durch den erſten
einer ſtählernen Rüſtung bedürfen kvürde, um ſich unver
Erfolg, wollte der Angreifer das gleiche Erperiment audy an einem der Herren verſuchen ; er hatte aber nicht geſehen , daß dieſer die Hand langſam neben ein großes Stück Kuchen ſchob, und in dem Augenblick als er den Sißenden mit den Neſſeln über das Geſicht fahren wollte, klatſchte
Stadt und ſind ſo rauh und fantig und eckig, daß man
leßt zwiſchen ihnen hindurch zu zwängen. Es ſind viele Höhlen, Gruben und Schädyte vorhanden, welche man
forgfältig vermeiden muß. Die Szene iſt eine ganz außer ordentliche, denn die verdrehten, gewundenen und düſteren Felſen entbehren auch der geringſten Spur von Vegetation,
378
Geographiſche Neuigleiten .
Der Sage nach haben die alten Indianer ſich in dieſem
Amu-Darja etwa weitere 500 Km .
Die Bahn nach Du :
Zufluchtsort gegen Cortes und ſeine Gefährten verſchanzt
ichak durchichneidet vom Kaſpiſchen Meere an etwa 100 Km.
und verteidigt. Der Ort iſt eine natürliche Citadelle, innerhalb deren ſid, die Eingeborenen der Sage nad eine Stadt mit einer dreifachen Umfaſſungsmauer und nur
weit einen Teil der großen Wüſte, bis zu der ausgedehn ten Bergfette, welche Perſien von Turkeſtan ſcheidet; von hier führt ſie längs dem Fuße dieſes Höhenzuges durch
einem einzigen Eingange bauten. Nach einer Sage ſollen
eine ziemlich wohlbewäſſerte Region nach Duſchat. Von
Tauſende hier eine Zuflucht gefunden haben und der Ort
hier durchſchneidet ſie die Steppen der großen Wüſte gegen jene weiten Ebenen hin, aus denen Attila, Didengis Khan und Tamerlan ihre Heere zur Ueberflutung von Europa
zweimal von der Peſt heimgeſucht worden ſein, ſo daß das zweitemal nur 60 Perſonen nady Zacapu entkamen. Der Geiſtliche Fermin Martinez, welcher ſich eingehenden Stu : dien über dieſen Gegenſtand hingegeben , hat in der Bi bliothek der Franziskaner von Michoacan einige Berichte
über dieſe Flüchtlinge gefunden . Unter den höheren Teilen jener wirren Lavamaſſen befinden ſich mehrere Bauten, welche die Geſtalt von Teocalli zeigen, mit einer ſchmalen Treppe umgeben , und unter einander durch Pfade aus lavablöcken
verbunden ſind. An verſchiedenen Stellen findet man auch die Trümmer von einigen Häuſern. Der merkwürdigſte dieſer Teocallis oder pyramidenförmigen Tempelbauten mißt an der Baſis 35 auf 12 Varas ( 1 Vara = 0.836 m.) und iſt 15 Varas hoch. Er iſt ganz nad ) Altertümern
herausführten. Das geſamte Material für dieſe Eiſenbahn, felbſt das zum Bau derſelben nötige Holz, kommt aus dem Inneren von Rußland. Einige der Arbeiter kommen von jenſeit Smolensk in Rußland, aus der Nähe der Grenze von Polen ; andere ſind die kriegeriſchen Tekke und Turk : menen, von denen gegen 8000 Mann an dieſer Eiſenbahn beſchäftigt ſind und der Zudrang zu den Arbeiten den Bedarf weit überſteigt. Die erforderlichen Arbeitspferde
werden in den Kirghiſenſteppen, 1000 Km . oſtwärts von Merw , gekauft, während ihre Fuhrleute Rojaken aus dem 2000 Km. weſtlich liegenden Gebiete des Don find.
Das Waſſer, welches beinahe überall in dieſen un
umgewühlt worden ; in einer Tiefe von drei oder vier Varas fand man mehrere kleine, aus Adobe erbaute Zellen,
geheuren Steppen fehlt, wird in den Daſen geſammelt.
deren jede ein Skelett mit einem kleinen Krug aus ge branntem Thon, vielen Pfeilſpißen und mehreren Meſſern aus Obſidian enthielt. Die Nachforſdungen wurden durch
in gewaltigen Filtern gereinigt und durch Röhren, welche
Räuber geſtört, welche , ohne Zweifel in der Meinung,
aber das nun in unbegrenzter Menge entdeckte Petroleum
daß hier nach Schäßen an Gold und Juwelen geforſdyt worden, die weiteren Nadigrabungen verboten. (Sc. ) Die transkaſpiſche Eiſenbahn nach Merw , Bukhara und Samarkand. Während die ſerbiſd bulgariſchen Händel die Aufmerkſamkeit von Europa be: ſchäftigten, haben die ruſſiſchen Ingenieure die ſchon mehr fach von uns erwähnte transfaſpiſche Eiſenbahn gefördert
wird zur Feuerung von Lokomotiven und Dampfſchiffen
ſich nach Maßgabe des Voranſchreitens der Arbeiten nord wärts bewegen und das Verpflegungsamt, die Vorräte, die
und dieſen geheimnisvollen Teil von Aſien in eine ruſſiſche
Der Telegraph ſchreitet der Eiſenbahn voraus und bereits
Provinz verwandelt. Dieſe Eiſenbahn, eines der Wunder unſerer Zeit, welche am Raſpiſchen See beginnt, iſt bereits 380 Km . weit eröffnet und reicht ſchon bis auf 80 Km . gegen Askabad, bis wohin ſie im Laufe des jüngſtver
ſind Merw , Samarkand und Bukhara durch Drähte mit
gangenen Dezembers eröffnet werden ſollte.
Die Ver
meſſung der Bahn iſt vollendet bis Duſchak, 150 Km. ſüdöſtlid, yon Askabad. Hier wird die Bahn ſich ver
zweigen und der indiſche Zweig ungefähr 200 Km, weiter bis nach Seraks gebaut werden , wo er mit der engliſdien
Es iſt häufig ſchlammig und mandimal ſalzig, wird dann es den Arbeitern liefern, auf Entfernungen bis zu 30 Km . gepumpt. Es fehlt an Roblen und Holz zur Feuerung,
verwendet.
Die ruſſiſche Kolonie lebt in wandernden Dörfern, welche
Beamten und eine Menge folder Artikel mit ſich führen, welche für die Arbeit oder die Arbeiter erforderlich ſind.
St. Petersburg verbunden, wodurch die Ziviliſation unter die älteſten der ariſchen Stämme hineingetragen wird. Der ganzen Eiſenbahnlinie entlang errichten ruſſiſche Kaufleute ihre Magazine und verſehen die Bewohner der Wüſte nady Norden hin bis Khiwa, Bukhara und Samarkand und die
Perſer im Süden mit ruſſiſchen Waren ; ſie haben Nieder lagen in Merw und Bendídeh errichtet, welche bereits
den Bewohnern von Herat ruſſiſche Manufakte und Waren liefern. In Amerika brachte die Lokomotive die Einwan derer mit, welche das Land beſiedelten und bebauten. In
Bahn von Quettah durch Afghaniſtan vereinigt und mit der großen indiſchen Eiſenbahn verbunden werden ſoll. Der andere Zweig ſoll nordoſtwärts nach Zentralaſien hineingeführt werden, den Amu- Darja überſchreiten und durch Bukhara bis nach Samarkand führen. Dieſe Linie iſt nun begonnen, wird aber bis zur Vollendung mindeſtens noch drei Jahre erfordern. Sie führt über Merw und
melt hat.
foll im bevorſtehenden Frühjahr bis dorthin vollendet wer :
welchen aber erſt Kriege und dann die beſtändigen Ver
den. Die Entfernung vom Raſpiſchen Meere bis Merw beträgt ungefähr 600 Km . und die von dort bis an den
heerungen der Turkmenen zerſtört haben. Den Charakter der Turkmenen lernen wir durd Vámbéry kennen, welcher
Ajien betritt die Lokomotive wieder diejenigen Straßen, welche das Menſchengeſchlecht in ſeinen früheren Zeiten begangen hatte, und bringt alle diejenigen Wunder mit,
welche die Raſſe auf ihren langen Wanderungen angeſam: Dieſe Wüſte war einſt der Garten der Welt,
Notizeri.
in einem ſeiner Bücher ſagt : ſie haben den „wohlverdien I/
379
tiefes Waſſer , außerdem aber Sandbänke, und es kommt
ten Ruf, niemanden zu ſchonen, und würden ſogar den Pro
häufig vor, daß man nicht über ihn ſeßen kann, ſelbſt
phelen ſelbſt in die Sklaverei verkaufen, wenn er in ihre
wenn er wenig Waſſer hat.
Hände fallen würde" , und an anderer Stelle äußert, ſie
haben ein Sprichwort: „Wenn Du eine Bande das Haus Deiner Eltern überfallen ſiehſt, ſo ſchließe Dich ihr in Raub und Plünderung an." Raub und Sklaverei find nun zwar zu einem großen Teil unterdrückt und die ruſ ſiſche Regierung hat ſchon ziemlich viel Ruhe, Ordnung
und Gefeßlichkeit hergeſtellt. Unter ihrer Verwaltung wer: den die alten Bewäſſerungskanäle wieder eröffnet und die ſo große Wüſte, die, wenn bewäſſert, ſo reich und frucht
Notizen . * Fürſt farl von Urach - Württemberg iſt jüngſt wohl behalten von Rio de Janeiro in Stuttgart angekommen , nachdem er über ein Jahr lang Südamerika in ſeiner ganzen Ausdehmung bereiſt
hat. Dieſe gefährliche Reiſe , welche der Firſt unter Strapazen und Fährlichkeiten aller Art unter ſeiner alleinigen Leitung durch beinahe unerforſchte Regionen gemacht, wohin ſich vor ihm kaum
bar iſt, bald wieder ſo didyt bevölkert werden , wie in
noch ein Europäer gewagt hat , hat dem jungen Reiſenden auf
früheren Jahrhunderten. Auf dieſe Weiſe wird das un
dieſer ganzen Fahrt die achtungsvollſten Sympathien erworben . Firſt Karl iſt in Rio de Janeiro vom Kaiſer Dom Pedro , vom Hofe, von der Diplomatie und von der Geſellſchaft mit dem lebs hafteſten Intereſſe empfangen und namentlich von der kaiſerlichen
gebeure Unternehmen dieſer Eiſenbahn, welches in der That eines gewaltigen Staates und einer gebietenden Weltgroß
macht würdig iſt, ebenſo das ziviliſierende Agens der alten
Familie mit der größten Herzlichkeit aufgenommen worden und
Welt werden, wie es dasjenige der neuen geweſen iſt, und hierdurch erhält dieſe ruſſiſch - aſiatiſche Eiſenbahn eine ( Sc .) foloſſale unabſehbare Tragweite. * Die Erforſchung von Sulu - Land. Die ſüd afrifaniſchen Zeitungen, z. B. der ,,Natal Mercury ", der ,,Cape Argus " u. a. brachten vor kurzem eingehende Be
hat ſich nach einem Aufenthalt von einigen Wochen wieder nach
richte über die Ergebniſſe der Forſchungen, welche unſer jüngſt nach Europa zurückgekehrter Landsmann Auguſt Einwald aus Heidelberg auf einer ſechsmonatlichen Reiſe durch das Sulu -Land angeſtellt hat. Die zu Vryheid, der Hauptſtadt der neuen Republit, anſäſſigen Buren, ungefähr 600—700, beſißen die beſten Bodengründe, legen dem Handelsverkehr Steuern auf und ſteigern ihre An ſprüche fortwährend ſo ſehr, daß die Sulus bald ihr ganzes
Europa eingeſchifft.
* Bodenſee- Vermeſſung. Das königl. wiirttembergiſche Miniſterium des Auswärtigen hat die Regierungen der Bodenſee Uferſtaaten : Deſterreich, Bayern , Baden und die Schweiz, einge
laden, an gemeinſđaftlichen und gleichzeitigen Forſchungen und Unterſuchungen in den tiefſten Teilen des Bodenſees teilzunehmen , um eine genaue Karte desſelben herſtellen 311 können . Eine Kom miſſion von Spezialiſten aus allen dieſen Staaten ſoll in Friedrichs hafen zuſammentreten, um die Ausdehnung und den Zeitpunkt der Nachforſchungen , ſowie die Methode zu beſtimmen , mittelſt deren
dieſe Unterſuchungen zu einem guten Ziele geführt werden ſollen . * Unſer geehrter Mitarbeiter Freiherr Ernſt v. Heiſe Warttegg , welcher ſeit vorigen Herbſt den Südweſten und Weſten von Nordamerika bereiſt, iſt nach dem „ Courrier de San Francisco “ am 1. April d. Js . dort angekommen und gedenkt
einige wiſſenſchaftliche Ausflüge in die Sierra Nevada zu machen,
Eigentum in die Hände der Buren werden übergehen
nachdem er in Niedercalifornien und Arizona wichtige Reſultate
ſehen. Die Sulus benehmen ſich übrigens ganz loyal
ſeiner Forſchungen erzielt hat . * Lieutenant Wißmann, der kiirzlich in einer auffallen
gegen die Buren und im allgemeinen gegen alle Weißen, obſchon ſie ſich noch immer etwas von ihrem kriegeriſchen Geiſte erhalten haben. Es wird jedoch, nach Herrn Ein wald's Anſicht, über kurz oder lang ein Augenblick kommen, wo die Unruhen wieder von neuem beginnen werden, nämlich
dann, wann die Buren Beſitz von all den Farmen er greifen wollen , welche Diniſulu ihnen im ganzen Sulu land jenſeit der Reſervation eingeräumt hat ; einige Häuptlinge werden ſich dieſem widerſeßen , und es wird dann neues Blutvergießen geben.
Herr Einwald hat viele
Mineralien geſammelt, welche Gold, Kupfer u. f. w. ent halten. Nach der „Kölniſchen Zeitung " hat er ſogar ein
den und anſcheinend ungerechtfertigten Weiſe zu Gunſten Stanley's Partei gegen Dr. Pechuel-Loeſche ergriffen hat, iſt von Madeira nach
dem Kongo zuriidgekehrt. Kaum in Vivi angekommen , hat er eine Karawanie organiſiert und ſich auf den Weg nach Leopoldville
gemadıt, wo er noch zeitig genug anzukommen hoffte, um Paſſage an Bord des kleinen Miſſionsdampfers „ Peace" nehmen zu können , welcher nach den neueſten Nachrichten ſich 311 einer Reiſe den Kaſjai hinauf riiſtete. Falls er den ,, Peace" nicht mehr erreichen könnte, wird er den „ Stanley “ abwarten , welcher gegen Mitte April von den Stanley Fällen zuriidkommen ſoll. Auf der Fahrt den Kaſjai hinauf wird er von zwei belgiſchen Offizieren, den
Herren Macar und le Marinel, begleitet werden, welche den Befehi über die Station {nluaburg übernehmen ſollen. Dort wird Herr Wißmann, unterſtützt von ſeinen treuen Ba-luba , eine Karawane
Goldlager entdeckt, das ſehr günſtig gelegen iſt und zu
bilden und ſich mit denſelben oſtwärts wenden , aber im Süden
deſſen Ausbeutung er in Deutſchland die erforderlichen Maſchinen und Arbeitskräfte ſuchen will. Für den für:
ſeines Reiſewegs von 1881 , der ihn nach Nyangwé gefiihrt hat.
zeſten Weg von der Küſte nach den Goldfeldern des
ſtudieren, wo ſich, nach den Schilderungen der Eingeborenen , der Landſchi- See finden wiirde, in welchem ſich die drei oberſten Arme, die den Kongo bilden , vereinigen ſollen : der Lualaba, der Lua pula und der Lufuga. Sobald er den Kongo erreicht hat, wird er ſich nach der Station der Stanley- Fälle begeben und von da
Transvaal-Landes hält Herr Einwald denjenigen durch
Sululand, welcher deshalb Veranlaſſung geben würde, ihn in gutem Stand zu erhalten, was mit geringen Roſten geſchehen könnte. Gegenwärtig hat der Tugela- Fluß, den man bei Bond's Drift paſſieren muß, ſtellenweiſe ein
Er wird die in hydrographiſcher Beziehung ſehr intereſſante Region
zum Stanley -Pool herabfahren .
Litteratur.
380
Litteratur. * Wanderungen eines Naturforſchers im Malais iſchen Archipel. Von Henry O. Forbes . Autoriſierte deutſche Ausgabe. Aus dem Engliſchen von Dr. med . Reinhold Teuſcher. Mit ſehr zahlreichen Abbildungen nach den Stizzeit
Hervorragungen darſtellen. Leguminoſenbäume und Sträucher gibt es in Menge; ſie bilden mit Myrten, Pandanus, Palmen , Euphorbien, Malvaceen, Feigen und Apocineen die Hauptmaſſe
des Pflanzenwuchjes . Unter ihnen verbirgt ein Teppich von Commelyna nuditlora den rauhen , holperigen Korallenboden . Artocarpus incisa, die auf den Moluffen gewöhnliche Art der
des Verfaſſers , einer Farbendrudtafel und vier Karten . Zweiter Band. Jena, H. Coſtenoble , 1886. 6 Mark. Unſere Lejer erinnern ſich wohl des anerkennenden llrteils , das wir jiber den
Brotfrudyt , iſt in Mienge vorhanden. Außerdem fand Forbes eine ſehr ſchöne Orchidee, Dendrobium phalaenopsis, bisher nur aus Queensland bekannt, in Forallenſpalten , und die Bänine im
im vorigen Jahre erſchienenen erſten Band der Forbes'ſchen
Sprigwaſſer des Arafura Sees waren mit Polypodien und Den
Wanderungen im Malayiſchen Archipel zu fällen in der Lage
drobium antennatum beſetzt. Aus der Fauna ſei an dieſer Stelle mr eines neuen Honigfreſſers (Philemon timorlavensis ) erwähnt, des erſten Vogels, der nach der Landung die Aufmerkſamn : keit auf ſich zieht und von einer neuen Art Oriolus (Oriolus decipiens) im äußeren nachgeahmt wird. Außerdem erlangte Forbes noch eine andere ſchöne Art aus derſelben Familie der
waren . In noch höherem Grade gebührt dem ſoeben erſchienenen zweiten (Schluß-)Bande, welcher uns von Java nach Amboina, Timor-laut, auf die Inſel Buru und nach Timor führt, ungeteiltes
Lob. Der Sowerpunkt des Buches liegt ohne Zweifel in den eingehenden Mitteilungen über die Naturgeſchichte von Timor-laut
Honigfreſſer, zum Genus Myzomela gehörig, welche er nach ſeiner
über welche vor der Forbes'ſchen Reiſe faſt nichts bekannt war, ſo daß die vielen, zum Teil unter großen Miihen und Anſtreng: ungen von dem fühnen Forſcher gemachten Beobachtungen um ſo mehr auf das Jlitereſſe der wijjenſchaftlichen Welt rechnen können . Wann die Jujeln zuerſt entdeckt worden ſind und den Namen Timor - laut oder Tenimber erhalten haben , ſteht nicht feſt. In Mercator's Atlas vom Jahre 1636 ſind ſie auf der Karte der oſtindiſchen Inſeln in kleinem Maßſtabe dargeſtellt. Die erſte verläßliche Nachricht, die wir beſitzen, riihrt vom Kapitän Omen Stanley her, deſſen Namen durch jene wunderbaren Bergeshäupter
ſchöpft, brad und unſchmachaft. Auf der Hauptinſel bemerkte Forbes jedoch über der Flutmarke ſüßeres Waſſer, welches von
treuen Heijegefährtin
ſeine Gattin begleitete ihn unter großer
Aufopferung mehrere Jahre
Myzomela Annabellae benannte.
Das Klima von Timor-laut iſt äußerſt ungeſund; ſchädliche Fieber befallen jeden Europäer nad) 18-20 Tagen und greifen den Körper furchtbar an . Es gibt auf den Inſeln weder Berge noch fließendes Waſjer. Alles ſogenannte Siißwaſſer, welches von
Forbes gebraucht wurde, war aus löchern im Korallenfels abge
am Südoſtrande von Neu - Guinea verewigt wird , die noch kein
Quellen herriihren diirfte . Der ganze nördliche Teil der Juſeln
weißer Fuß erſtiegen hat. Seinem ſehr mageren Bericht folgt erſt nach 38 Jahren ein Zuwachs, als 1877 ein Schifi, das Eigentum einiger Banda-Kaufleute, die Inſeln beſuchte. Dieje Nachricht findet ſich im Journal der Royal Geographical Society
cheint ſich danach kürzlich gehoben zu haben oder hebt ſich noch, nachdem er lange von der See bedect geweſen iſt. Die weitere Reiſe führte Forbes auf die Inſel Buru 11. a. an den See
für 1878 Seite 294 unter dem Titel : „ Reijen des Dampfbuotes
ebenſoviel Jahrhunderten beſucht worden iſt. Er fand am See
,, Egeron " im Indiſchen Archipel mit Einſchluß der Entdeckung der
nur ſicben bis acht ärmliche Häujer, deren Bewohner von allem Einfluß von außen entfernt leben und ſelten , wenn überhaupt jemals die Niiſte bejuchen , ein ſchwächlides, mageres, ſchlecht ge währtes, nicht kriegeriſches, eher weibiſches Gejdylecht, von brauner oder gelblichbrauner Hautfarbe. Im See, der ganz das Anſehen eines Kraterſees hat, leben ſeltſamerweiſe feine anderen Fiſche als
Egeron - Straße in den Tenimber- oder Timor-laut- Iujeln .“ Jul demſelben Jahre dieſer Veröffentlichung trat Forbes ſeine Weije an, die er erſt 1883 beendete. Die Bewohner von Timor-laut ſind meiſtens große, gut gewadijene leute von ungefähr 5 FUB 11 Zoll, manche iiber 6 Fuß , prächtige Burſche mit vollkommener Geſtalt und kräftiger Muskulatur. Ihr Gang hat etwas Hüpjendes, Springendes, wobei der Kopf und das hinten herabgekämmte Haar eine nicende Bewegung machen. Die Farbe rer glatten , weichen Haut iſt ein ſchönes Chokoladebraim : doch ſieht man hier und
da ein ganz ſchwarzhäutiges Individuum , welches als Ausnahme auffällt. Die Weiber ſind zum Teil klein und unterſetzt, zum Teil erreichen ſie die Größe der Mämer. Viele von den Mädchen ſind hübſch , einige jogar ſchön mit ſchwermütigen Augen , zarten Zügen und fehlerlojem Umriß des Körpers. Die Männer bringen ihr Leben in wiiſter Faulbeit zu, während die Weiber immer be
dhaſtigt ſind. Die moraliſchen Eigenſchaften der Einwohner an langend, jo ſind ſie ſinnlich, obgleid) keine Immoralität in ihren Handlungen oder Bildwerken 311 Tage kommt, weſentlich ſelbſt ſiid)tig und ohne jedes Gefühl von Dankbarkeit und Mitleiden.
Etwas umſonſt herzugeben, würde einen Bruch mit ihren erblichen Inſtinkten bedeuten. Die Flora anlangend, ſo fand Forbes an mandien Stellen das niedrige buſchige Iluterholz jo dicht und ſtaðrelig, daß man kaum hindurchdringen fonnte, wogegen ander märts die Wälder zum Teil offen ſind. Die Bäumie waren zum Teil von bedeutender Höhe, aber nicht ſchr diđ und ſparſam vers
teilt. Den anfallendſten Gegenſtand in der Landſchaft bilden die Sterfulien (Sterculia foetida ), deren Blüten vor den Blätterni
Wakolo , welcher von weißen Männern nur dreis oder viermal in
Nale.
Der Rand des Waſſers war dicht mit Schwertel und
ſtrauchartigen Pandanus bewachſen, worin ſich Tauſende und aber Tauſende von Enten (Dendrocygne gnttata) aufhielten. Der letzte Teil des Budies führt uns nach Timor ,! zunädyſt in das fieberſchwangere Dilly , dann nach Bibiçuçu, wo wir alle Zwiſchens nuance zwiſchen dunkelgelben, ſchwarzen oder chokoladebraunen Einwohnern finden , deren Haare von rot und ſtraff bis zu dem kurzen und rolligeil Haar der Papuas wechſeln. Nach einem längeren Aufenthalte in Sailakuk und Samoro fehrte Forbes mit ſeiner treuen Gefährtin nach Europa zurüc.
Seinem raſtloſen
Eifer iſt es zu danken, daß unſere Kenntnis des Malayiſchen Archipels bedeutend bereichert worden iſt, und auf ſeine Forſchungen werden alle diejenigen zuriidgreifen müſſen , welche in Zukunft dieſen Archipel als Forſcher beſuden wollen. Figen wir noch hinzu, daß die Ueberſeßung aus der Feder des Dr. med. Teuſcher ſich ſehr fließend lieſt und daß die Abbildungen nach den Skizzen des Verfaſſers einen intereſjanten Schmuck des auch ſonſt vorzüg lich ausgeſtatteten Buches bilden . Die anziehenden Bruchſtellen , welche Forbes aus dem Tagebuch ſeiner Reiſegefährtin in ſeiue Darſtellungen verwoben hat , werden namentlich auch weibliche !
Leſer intereſſieren . Mitten a . D. R.
Dr. Wilhelm Beumer.
erſcheinen und die mit ihren Kronen gewaltige, ſchön jcharlachrote i
Drug und Verlag der J. G. Totta'ſchen Buchhandlung in Minnchen und Stuttgart.
Das Ausland . Wodenſdrift für fiir Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von der I. G. Cotta’ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden . 3. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 17. Mai.
Nr. 20.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.
1886 .
Zu beziehen durch alle Budhhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter.
Manujeripte ud Recenjions= ( remplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind dirett an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, kurzejtraße Nr. 6. II, ju jenden . Injectionspreis 20 Pf. fiir die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley Fool. Von Dr. Pedyniel- Loeſche. S. 381. Natur und ſein Land. ( Schluß . ) S. 391 .
S. 385.
2. Teras, ſeine
3. Der Kilima'ndſcharo. S. 387. – 4. Wam wird die Erde libervölfert ſein ? Von Dr. A. Oppel .
5. Von Hawwi bis zur Grenze der Provinz Finang- Si. Viitteilungen einer 1881 ausgefiihrten Forſchungsreiſe
von M. Aumvittés, franzöſiſchem Konſularbeamten in Hanoi. Mitteilungen : S. 399. Die Metzeleien in Harrar.
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley-Pool. Von Dr. Þech nel- Loeſche.
Den Einfluß der Bodenbeſchaffenheit und der wechſeln den Verteilung der Niederſchläge auf die Anordnung und Beränderung der Vegetationsformationen in Weſtafrifa, beſonders an der Loango -Küſte, habe id; bereits eingehend darzuſtellen verſucht. Es genügt daher, hier im allgemeinen auf die Grundzüge im Landſchaftsbilde hinzuweiſen, die
6. Geographiſche Neuigkeiten. S. 398.
S. 394 .
7. Nleinere
ſind die Gebiete mit echten Regenwäldern, die den günſtig während des ganzen Jahres verteilten Niederſdlägen ihre Entwidelung verdanken und darum unabhängig ſind von dem Vorhandenſein des Grundwaſſers im Boden. Gerade
hiedurdy unterſcheiden ſich die echten Regenwälder von den Galeriewäldern.
Denn die leßteren gedeihen
auf den vom Grundwaſſer durdytränften Bodenſtrecken und ſind deßwegen unabhängig von der Verteilung der Nieder chläge.
vermöge ihrer chemiſchen Zuſammenſeßung, ſondern vermöge
Die Negenwälder finden ſich vorzugsweiſe auf Ge birgen, an der Seite der Erhebungen, wo die zum Auf ſteigen gezwungenen warmen und feuchten Winde audy während des Ausſeßens der Zenithalregen ihren Ueber ſchuß an Feuchtigkeit (Steigungsregen) abgeben. Die Galeriewälder finden ſich vorzugsweiſe in ebenen
ihrer phyſifaliſchen Beſchaffenheit. Leßtere vermindert die
Gebieten , immer aber an die Uferleiſten der Waſſerläufe,
günſtige Einwirkung der Regenzeit, verſchärft dagegen die
Seen und Sümpfe oder an unterirdiſde Waſſerzüge ge bunden. In der Regel bilden ſie nur ſdmale Waldſtreifen , die ſich in den Vertiefungen hinziehen. Bald beſtehen ſie
id unſeren Reiſenden zur beſonderen Beachtung und weiteren Prüfung empfehlen möchte. Die Laterite, welche ſich in warmen Zonen bilden,
in denen eine mehr oder minder ſtrenge Scheidung von Regen- und Trockenzeit eintritt , ſind nid )t unfruchtbar
ungünſtige der Trockenzeit. Die Laterite bedürfen daher,
um eine üppige Vegetation hervorzubringen , ſehr reichlidyer Niederſchläge in allen Monaten.
nur aus locker aneinander gereihten Bäumen und Büſchen ,
Wo nur periodiſche Regen fallen, die Zenithalregen, alſo eine ausgeprägte Trođenzeit eintritt, da dehnen ſidy die Grasländer. Wo außer den Zenithalregen audy noch unperiodiſche Regen , die Steigungsregen, einſeßen und die anderwärts auftretende Trođenzeit verkürzen oder
bald aus üppig verwachſenen und faſt undurchdringlichen Dickungen, bald breiten ſie ſich über feuchte Niederungen aus und gleichen dann unſeren Auenwäldern. Bäume, nicht durch die Ueppigkeit ihrer Vegetation unter:
nahezu verwiſdien , da dehnen ſich Waldländer. Lettere
ſcheiden ſich die Galeriewälder von den Regenwäldern,
1 Die Poango -Erpedition. Abtheilung III . Vegetation S. 119 bis 199. Weſtafrikaniſche Laterite. „ Das Ausland " 1884 , Nr. 21 , 22, 24. Siidafrikaniſche Laterite. „ Das Ausland" 1885, Nr. 26 .
ſondern durch die Art ihres Vorkommens, durch ihre Stand orte. Allerdings ſind auch viele Pflanzenformen , wie
Ausland 1886, Nr. 20.
Nicht durch die Größenentwickelung der einzelnen
anderwärts Weiden, Erlen, Pappeln , den afrikaniſden 58
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley -Pool.
382
Galeriewäldern eigentümlich , doch haben ſie wiederum mandie andere mit den Regenwäldern gemein, und wo beide Waldgattungen zuſammen auftreten , iſt die Grenz
knorrige und verkrüppelte Sträucher oder Zwergbäumden , manche aber auch als ſtattlidye Bäume, einige Arten ge
hören ſogar zu den Riefen des Pflanzenreiches. Allen
linie zwiſden beiden nach Pflanzenarten kaum zu beſtimmen.
aber iſt das gemeinſam , daß ſie nur in der offenen Land:
Die echten Regenwälder, die in der Regel die ſee
ſchaft, in der ſonnenhellen, wohldurdýlüfteten und trockenen
wärts gewendeten Teile von Gebirgen und Erhebungen,
Grasflur gedeihen ; daß ſie wohl ſtellenweiſe ſich zu lidhten Hainen vereinigen und den raumen Beſtänden von Eidhen
ſowie auch Streden der vorliegenden Gelände ichmücken, entwickeln ſich auf Koſten der leewärts von ihnen liegenden Hinterländer, auf Koſten der in ihrem Regenſchatten ſich ausdehnenden Gebiete. Denn dieſen entziehen ſie die
unperiodijden Niederſchläge, die Steigungsregen . Die edyten Galeriewälder ſind der Sdmud der Gras länder und unterbrechen die Einförmigkeit der Landſdaft um ſo häufiger, je mehr Waſſerläufe dieſelbe durchziehen. Doch iſt zu bemerken, daß ſie manchen Gebieten , troß der günſtigen Vorbedingungen, auch gänzlich fehlen. In den engen Einſenkungen , Niſſen und Sæluchten , welche die
auf unſeren Hutungen gleichen können , aber dennody niemals waldbildend auftreten. Sie erſticken viel: mehr rettungslos im Schluſſe des vollwüdligen Waldes und finden ſid, darum weder in den Galeriewäldern nod in den Regenwäldern . Wohl aber trifft man ſie nicht ſelten an den Rändern derſelben an, da wo die Grasſlur beginnt.
Wo immer man dieſe eigenartigen Charaktergewächſe beobachtet, da hat ſicher ſeit ihrer Anſiedelung kein Wald geſtanden. Da ſie ſid meiſtens ſehr langſam entwickeln ,
Bäche und Flüſſe nicht ſelten jo tief in den mürben Boden
jo ſind die älteſten unter ihnen untrüglidie Zeugen dafür,
der Tafelländer eingeſchnitten haben, daß die Wipfel ter
daß an ihrem Standorte ſeit ſehr langer Zeit keine Vera
der auf der Sohle ſtehenden Bäume auf der Höhe der Ebene gar nicht ſichtbar werden, drängt ſich ein mehr
änderung in der Vegetationsformation ſtattgefunden hat. Ein Uebergangsglied zwiſchen Steppe und Wald
oder minder üppiges Pflanzenleben zuſammen . Rings umher dehnt ſich die ſonnenhelle Steppe.
In der Steppe, alſo in Landſtrichen, welchen durch dynittlid) eine ausgeprägte Trodenzeit zufällt, gedeihen
nur ſolde Gewächſe, welche entweder ihre Entwicklung
bildet die Savanne.
Der erſteren iſt ſie durch Zulaſſung
von waldbildenden Gewächſen auf trodengrundigen Bodenſtrecken übergeordnet, dem leşteren durch das Vor kommen ſteppenähnlicher Grasbeſtände mit ihren Qarafte
oder eine normale
riſtiſchen Holzgewädyſen untergeordnet. Demnach iſt die Savanne eigentlich dem Waldlande zuzurechnen. Sei es
Trockenzeit ungeſchädigt überdauern können . Den größten
nun, daß die Witterungsverhältniſſe allmählig ungünſtiger
Teil des Raumes nehmen die Gräſer ein. Die Dichtigkeit
geworden ſind und einen allgemeinen Rückgang der lleppig .
wie die Höhe ihres Wachstums iſt von Jahr zu Jahr veränderlich, nimmt zu oder ab, je nach Menge und Dauer der Niederſchläge in den verſchiedenen Regenzeiten. Die
keit der Vegetation verurſadyt haben ; ſei es , daß die wachſende Bevölkerung der Gegend mit Art und Feuer
während einer Regenzeit vollenden
nämliche Grasflur, die in dem einen Jahre nur ſehr loder
die teilweiſe Entholzung bewirkt hat und auch fernerhin befördert ; ſei es, daß weidende Heerden die Entwidelung
und kümmerlid beſtockt erſcheint, mag im nächſten Jahre außerordentlich dichte und hohe, faſt undurchdringliche Gras beſtände hervorbringen. Dieſer ſtete Wedſel in der Ent: wickelung der vorherrſchenden Beſtandteile des Pflanzen kleides verdient beſondere Beachtung. Beſtändiger als die Gräſer in ihrer Verteilung er
des Waldes gehemmt haben und noch beeinträchtigen
weiſen ſich naturgemäß die Dauergewächſe der Steppe, die für dieſelbe überaus darakteriſtiſch und geradezu als Leit
landſchaft verglichen worden ; größere Waldſtreifen und Gehölze wechſeln ab mit Grasbeſtänden, in welche wiederum
pflanzen derſelben zu betrachten ſind. Dieſe eigenartigen Holzgewächſe vermögen der all jährlich wiederkehrenden monatelang anhaltenden Trocken zeit , ſelbſt der nachteiligen Einwirkung eines ungewöhn liden Regenmangels zu widerſtehen und erliegen den un günſtigen Witterungsverhältniſſen erſt dann , wenn länger
inſelgleich dichte Hage eingeſtreut ſind oder aus welchen Buſchwäldchen , welche Gruppen ſtattlicher Bäume umgeben, aufragen. Die Grasfluren derſelben, welche gewöhnlich
andauernde wiederholte Dürren eintreten..
Sie finden
fich allenthalben zwiſden den Gräſern verſtreut, bald locker verteilt, bald enger aneinander gerückt. In manden Ges
genden fehlen ſie gänzlid ), in anderen finden ſie ſich in überraſchend großer Menge, ſo daß dieſe Stelle der Steppe beſſer eine Buſch- oder Baumſteppe genannt werden könnte.
Viele dieſer Charaktergewädſe entwickeln ſich blos als
ſtets bildet die Savanne ein unverkennbares Mittelglied zwiſchen Waldland und Grasland, deſſen fortſdreitende Entwickelung zum Schlimmeren oder Beſſeren von der
Einwirkung der genannten drei Hauptfaktoren abhängt. Nicht unzutreffend iſt die Savanne mit einer Park:
eine derartig geringe Ausdehnung beſißen, daß der um herſchweifende Blick allenthalben durd Waldbeſtände ein geſdränkt wird, ſind am beſten mit dem in Unter-Guinea üblichen Namen „,,Campinen " zu benennen . Selbſt bei gleich günſtig bleibenden Niederſdılagsverhältniſſen und wenn äußere Eingriffe nicht mehr ihre Erhaltung befördern, verändern ſie ihren Charakter entweder gar nicht oder nur überaus langſam zum Beſſeren. Denn der einmal ent waldete poröſe Lateritboden , der dem verderblichen Einfluß von Luft und Sonne offen liegt, iſt nur unter ſehr günſtigen
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley Pool .
Bedingungen imſtande, wiederum waldbildende Pflanzen auffommen zu laſſen .
In den Campinen finden ſich ebenfalls die für die Steppen fo charakteriſtiſchen waldſcheuen Holzguvächſe, und aus dem Alter derſelben iſt mit Sicherheit abzuleiten , feit
383
Pflanzenkleides der durchreiſten Gebiete, iſt für die Be urteilung der Witterungsverhältniſſe und des Kulturwertes
derſelben von ungleich größerer Wichtigkeit, als das An ſtellen von meteorologiſchen Beobachtungen während eines Jahresabſdynittes. Lettere kann der Reiſende dod immer nur in unvollkommenem Maße beſorgen ; aud) die gewiſſerie hafteſten ergeben bloß räumlich wie zeitlid) beſdränkte Reſultate. Zufällig mögen ſie ſich auf Perioden beziehen ,
welcher Zeit mindeſtens die in Betracht kommende An ordnung der Vegetation beſteht. Dieſe kümmerliden oder wenigſtens genügſamen Leitpflanzen werden in der Regel auch zuerſt zu Mittelpunkten für die Anſiedelung junger waldbildender Gewädyſe, die nun wiederum , je mehr fie
während welcher die Witterungsverhältniſſe, namentlid) die Regenfälle, ganz außerordentlid von den mittleren
auf dießen und erſtarfen, um ſo ſicherer ihre ehemaligen
Werten abividen .
Sdrüßer der Eriſtenzbedingungen berauben und ſie idyließ lid) einfach erſticken . Allenthalben kann man in Savannen dieſe Vorgänge beobachten. Selbſt die Rieſen des Pflanzen
reidies, die Adanſonien, findet man in allen Stadien des Berfalles, wo ſie inmitten des rings um ſie aufſtrebenden jungen Waldes ſtehen.
Wälder von untergeordneter Ausdehnung, die nicht als Galeriewälder aufzufaſſen ſind, treten allerdings auch in reinen Steppengebieten auf, und zwar dort, wo einzelne Erhebungen oder Höhenzüge außer den Zenithalregen aud) nod ) eine gewiſje Menge unperiodiſder Niederſchläge ,
alſo Steigungsregen, empfangen. Die bedeutendſten Höhen tragen nid )t ſelten Waldkappen , welde edyten Regen wäldern gleichzuachten find. Zuweilen treten auch kleine Gehölze mitten in der Steppe auf, die man als Reſte einer allgemeinen ehemaligen
Bewaldung anſehen könnte. Sie verdanken jedody, wie ſchon eine Muſterung der Baumarten , aus denen ſie zuſammengeſetzt ſind, erweiſt, den Menſden ihr Daſein . Darum habe ich ſie Siedelhaine genannt, denn ſie
Die Verteilung der unperiodiſden Regen wird in
erſter Linie durdı örtliche Bedingungen beſtimmt. Sie hängt vorzugsweiſe ab von dem Vorhandenſein warmer Meeresſtrömungen, von dem Vorherrſchen der Seewinde, von der Erhebung des von dieſen beſtridienen Landes. Die Steigungsregen kommen demnad blos Gebieten von vergleichsweiſe beſchränktem Umfange zugute und werden zugleich eben von dieſen den ferner liegenden und vielleidyt um das Vielfache größeren Gebieten entzogen.
Andererſeits iſt es zweifellos, daß die Verteilung der periodiſchen Regen eine ſehr unſichere iſt. Die Zenithal regen zeigen in den verſchiedenen Jahren ganz außerordent
lich große . Schwankungen nach Dauer , Häufigkeit und Geſamtmenge der Niederſdläge ; ſie fallen weder in ver diedenen Gebieten im nämlichen Jahre, noch in verſchiedenen
Fahren im nämlichen Gebiete in gleicher Verteilung und Menge.
Wenn nun ein Reiſender noch ſo gewiſſenhaft eine Zeit lang meteorologiſche Beobachtungen anſtellt, ſo geben
dieſelben doch nur im ſeltenſten Falle die wichtigen mittleren
umgeben die Wohnſite der Eingeborenen , wo ſie gepflegt
Werte, die nur aus langen Beobachtungsperioden gewonnen
werden, wo mancherlei Abfallſtoffe ihre Entwicklung be
werden können ; ſie mögen zufällig ſogar die Reſultate
fördern , oder kennzeidinen noch, wie bei uns die Ruinen , die Stätten auf weld)en einſt Menſchen gelebt haben. Es ſind alſo zunädiſt Waldländer und Gras länder zu unterſdeiden und als Uebergangsglied zwiſchen
eines beſonders günſtigen oder ungünſtigen Jahres dar: ſtellen . Darum iſt es viel wichtiger, das Pflanzenkleid der bereiſten Gebiete zu unterſuchen und genau nach ſeiner
beiden die Savanne.
Das edyte Grasland iſt die Steppe mit ihren dyarak teriſtiſden Leitpflanzen, den niemals waldbildenden Holz gewächſen . Der Wald iſt in der Steppe an das Auf treten des für die Wurzeln erreichbaren Grundwaſſers
gebunden : es iſt der Galeriewald. Er findet ſich an fließen: den oder ſtehenden Gewäſſern , in feuchten Gründen oder an den Wänden der Sdjluditen , wohin ſich von höheren
Geländen das durd, die Laterit - Decke gedrungene Waſſer zieht. Die einzelne Erhebungen ſdhmückenden Waldkappen und die Siedelhaine ſind wie die Galeriewälder von unter geordneter Bedeutung und ändern nidhts im Charakter des Steppengebietes. Auf das hier in allgemeinen Zügen Dargelegte möchte id vor allem
die Aufmerkſamkeit unſerer Reiſenden hins
lenten .
Eine verſtändnisvolle Schilderung der Landſchaft, des
Beſchaffenheit zu gliedern und zu ſchildern. Denn die Anordnung der natürlichen Vegetation iſt der bedeutſamſte Ausdruck, ſo zu ſagen das Spiegelbild des mittleren Wertes der Regenverteilung. Sie iſt in ihrer Algemeinheit das unmittelbare Ergebnis einer Wechſel
wirkung der Bodenbeſchaffenheit und der Witterungsver hältniſſe, die ſeit Jahrzehnten und Jahrhunderten bes ſtanden hat. Wenn z. B. ein Reiſender in irgend welchen Gebieten ſehr verkürzte Trockenzeiten oder ſogar während aller
Monate des Jahres Regenfälle beobachtete, jo ließe ſich
annehmen, daß in den betreffenden Gebieten ſehr günſtige Niederſchlagsverhältniſſe herrſchten, daß fie echte Wald :
länder ſein müßten. Wenn aber der nämliche Beobachter gleidyzeitig mitteilt, daß die Gebiete zu den Grasländern gehören, daß ſie Steppen mit ihren Leitpflanzen tragen und im übrigen bloß Galeriewälder beſißen , ſo iſt mit Sicherheit zu ſchließen, daß ſeine meteorologiſden Beob
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley Pool.
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achtungen ſich entweder auf abnorm günſtige Jahre be
ziehen oder daß die Bodenbeſchaffenheit zu ungünſtig iſt, um ſelbſt bei andauernder glücklicher Regenverteilung eine üppigere Vegetation hervorzubringen und zu ernähren.
Gemeiniglich wird man, ohne fehlzugreifen, das erſtere annehmen können – weil auch der ſchledyteſte Boden im Laufe der Zeit ſich bei genügender Beregnung verbeſſern und mit ſtetig an kraftvoller Entwickelung zunehmender Vegetation ſchmücken würde. Der Kulturwert eines Gebietes wird jedenfalls mit größerer Sicherheit nach der Anordnung feiner natürlidhen
Vegetation , als nad den Reſultaten zeitlich und räum lich beſchränkter meteorologiſdyer Beobachtungen beurteilt. Leştere ſind darum keineswegs überflüſſig, denn ſie können aus anderen Gründen ſehr widytig ſein. Es darf nur den lückenhaften und nicht fadımänniſchen nicht eine zu große Bedeutung beigelegt werden. An der Küſte von Unter- Guinea wälzt ſid, die fühle ſüdatlantiſche Strömung entlang, die in der Regel ſelbſt an dem Mündungsgebiet des Kongo vorüber nad) Norden vordringt. Ihr begegnet an der Loango -Küſte die warme Guinea -Strömung. Die Küſtengebiete und aud) das zurück
liegende Gebirge im Süden des Kongo erhalten darum ſehr geringfügige oder gar keine Steigungsregen, während die nördlich vom Kongo liegenden dieſelben in zunehmender Reichlichkeit empfangen . Die größere Hälfte der Loango Küſte, namentlich die nördlichen und die landeinwärts
liegenden höheren Gelände, tragen Savannen und auf den weſtlichen Ketten des Gebirges breitet der Yombe'ſche Wald
ſich aus, der jedoch nirgends bis zum Kongo fidh fortſeßt. Galeriewälder begleiten die Waſſerläufe bis zum Meere. Unter dieſen hat derjenige, welcher die Uferleiſten des Kuilu-Nyadi in Loango ſchmückt, die großartigſte Ent wickelung erlangt, und findet ſeinesgleichen nicht einmal in der Niederung des Kongo.
Die echte Steppe beginnt an der Loango -Küſte etiva ſüdlich vom Tſchiloango - Fluß, nimmt ſdynell an Ausdehnung zu und breitet ſich in der Nähe des Kongo über das
ganze Gebirge aus. Weiter nach Süden herrſcht ſie un unterbrochen.
Dort tritt die Adanfonie in außerordentlicher Menge auf und bildet in manchen Gegenden förmliche lidte Be ſtände. An der Loango -Küſte findet ſie ſid) in großer Ana
zahl noch in den ſüdlichen, namentlich dem Kongo benady barten Gebieten, wird aber nach Norden hin immer ſeltener und hat ihre Verbreitungsgrenze noch diebſeit des Kuilu: Nyadi. Weiter nach Norden fehlt ſie den Küſtenländern und erſdeint erſt wieder im Norden der Niger- Mündungen . Am Kongo entlang wird ſie im Gebirge ſeltener (obwohl ſie im Süden wie im Norden fid finden mag) und ver dwindet aus der Landidyaft etwa halbwegs zwiſden Sjangila und Manyanga. Erſt am Stanley-Pool tritt ſie wieder auf. Aehnlich verhält es ſich mit der Hyphaene guineensis
( Borassus kommt am Kongo nidyt vor) . Sie gedeiht in der Steppe, und zwar im Strandgebiete ſüdlich wie nördlich vom Kongo, überſchreitet aber noi dwärts nicht den Kuilu Nyadi. Nur am Nyanga - Fluß hat ſie noch einen Stand ort und taudit dann erſt wieder am Buſen von Benin auf – wie die Adanſonie. In der Kongo- Niederung findet ſie ſich ſtreckenweiſe in großer Menge und im Gebirge bis unterhalb Vivi. Dann begegnet man ihr erſt wieder am
Stanley-Pool, wo ſie vielleicht gemeinſchaftlich mit H. ventricosa vorkommt.
Welcher Art die im Gebirge
ſüdlich vom Kongo auftretenden Fächer-Palmen angehören, iſt noch nidit entſchieden ; es könnte auch H. coriacea Gaertn. oder H. benguellensis Welw . ſein.
Mehrere, wie es ſcheint, größtenteils ſich nur als Zivergbäume entwickelnde Afazienarten , welche an den Hängen um Vivi redyt häufig ſind , werden nach dem Innern bin immer ſeltener und verſchwinden bald gänzlich.
Die verbreitetſte Leitpflanze der Steppe , die auch noch die Campinen der nördliden Savannenlandidaft
djarakteriſiert, iſt die knorrige, immer ſtrauchförmig bleibende Adona senegalensis. Sie findet man überall an der Loango-Küſte und im Süden des Kongo wie im Gebirge bis zum Stanley-Pool, obwohl am zahlreichſten in den Küſtengebieten nördlid, vom Kongo. Euphorbia Tirucalli, die, im Süden angepflanzt und gehegt, mädytige Pflanzenwälle um mandie Dörfer bildet, kommt an der Loangoküſte nur vereinzelt vor und am
Gebirgslauf des Kongo blos in wenigen Eremplaren auf Siedelpläßen. Statt ihrer findet ſich im Gebirge eine offenbar vom Süden eingeſchleppte Euphorbie, die der Euphorbia canariensis ähnelt und zur Einzäunung ein zelner Gehöfte dient. Die Aloë vulgaris des Südens hat in der Umgebung von Vivi, an den Yelala-Sdnellen, und an verſchiedenen Dertlichkeiten zwiſchen 3jangila und Manyanga den Kongo überſchritten. Ebenſo tritt zwiſchen Vivi und Sjangila eine Stapelia auf, ferner Helichrysum argyrosphaerum (das ich ſpäter im fernen Herero- Lande weit verbreitet fand) und an den ödeſten Pläßen eine merk würdig zuſammengerollte große Euphorbia, welche an einen Haufen Tauwerk erinnert. Die zweiſeitig, bis 2 m, lange,
Reitpeitſdien gleichende, runde Blattorgane treibende Wife (die vuévue der Eingeborenen ): (Sanseviera angolensis,
cylindracea ?) und Sanseviera longiflora, findet ſich nörd lid vom Kongo im Küſtengebiete und im Gebirge bis nad Manyanga und iſt namentlich auf den bei Boma liegenden Inſeln gemein. Der ſogenannte braſilianiſche Pflaumenbaum (Spondias lutea ), der namentlich im ſüdliden Teile der Loango-Küſte
vollſtändig eingebürgert iſt, wird hier und dort bereits in den weſtlichen Gebirgsdörfern beobachtet. Er befißt eine derartig unverwüſtliche Lebenskraft, daß faſt ein jedes Holzſtück, unter welchen Verhältniſſen es auch in den Boden gelangen mag, ſehr bald zu wachſen beginnt. Audy die Adanſonie ideint fid willig durch Stecklinge fortpflanzen
Teras, ſeine Natur und ſein Land.
311 laſſen ; wenigſtens ſalı ich an der Südküſte bei Muſerra einen um die franzöſiſche Faktorei in Ermangelung beſſeren Materiales aus Adanſonien - Zweigen hergeſtellten Zaun, welcher zu einer lebenden Hede geworden war. Die Tamarinde, welche in manchen Dörfern an der
Südküſte in Gruppen ſich findet , fehlt am Kongo, und Sterculia tomentosa , weldie in dem erſtgenannten Gebiete
nidit felten vorkommt, wurde bloß in der Umgegend von
Vivi und am Stanley-Pool in einigen Eremplaren bemerkt.
385
Zwiſchen den Gräſern ſind die Indigofera -Arten und Malvaceen der Küſtengebiete , ſowie Striga Jutea und
Abrus precatorius weit ſeltener zu bemerken und Cassia mimosoides wie Hibiscus verrucosus wurden gar nicht
beobachtet. Asparagus africanus kommt nicht im Küſten : gebiet , dagegen im Gebirge überall vor und an vielen Stellen auch drei Helichryſum -Arten . Eine reichblütige Crotalaria, die ich vom Gabun kannte, war am Stanley Pool häufig, und eben daſelbſt blühten im Auguſt und
Allenthalben verbreitet als Leitpflanzen der Steppe am Gebirgslauf des Kongo wie im Küſtengebiete ſind die Anona senegalensis und eine Hymenocardia ; die Rinde der lekteren benußen die Eingeborenen als ein Mittel
September aud) Gloriosa superba und ein blaßroja bis violetter Gladiolus. Um diefelbe Zeit blühten auch allent halben in den lockeren Grasbeſtänden im Gebirge eine
gegen Fieber. Ausſchließlich im Gebirge treten als Zwerg
von denen die eine einen ſehr ſchönen und vollen hyazinthen
bäume und ſparrige Sträucher auf : Syzygium guineense (deſſen verkohlte Rinde die Eingeborenen ihrem Schnupf tabak beimengen ) und Sarcocephalus Russeggeri , die beide Herr Sdweinfurth nebſt der Apona senegalensis auch im Nordoſten des Kongogebietes beobachtet hat. Zu
ähnlichen Blütenſtand mit hochgelben Blumen , die andere
zierliche Fridee mit weißen Sterndien, und zwei Erdorchideen,
einen faſt meterhohen ſchwanken Blütenſtand mit ſpär:
lidhen rötlichen Blumen hervorbrachte. (Schluß folgt.)
ihnen geſellt ſich an den ödeſten Berghalden die herrlich) blühende und duftende Camoënsia maxima, die ſchon bei Vivi gemein iſt, und eine Pavetta (canescens ?). In manchen Gegenden öſtlich von Manyanga und am Stanley
Pool ſind die Holzgewächſe der Steppe außerordentlich reid mit einer Usnee behangen.
Zwei Gardenia -Arten, die an der Südküſte heimiſd) ſind, werden in der öſtliden Hälfte des Gebirges häufig
angetroffen. Strychnos innocua mit den charakteriſtiſden orange-ähnlichen Früchten, im Süden häufig, in Senes gambien und im oberen Nilgebiete beobacitet, findet ſich von Manyanga bis zum Stanley-Pool ; Strychnos edulis, im Süden bekannt, wurde nicht bemerkt. Alenthalben, aber nirgends zahlreich, tritt auch ein Strauch mit eidel förmigen Früditen auf, und eine knorrige, nur Mannes: höhe erreichende Ficus, die im Auguſt blattlos, aber über und über mit rotbraunen fade idymedenden Früchten be deckt war.
Die Grasbeſtände beſigen im Gebirge durchſdynittlicy nidit die Ueppigkeit und Mannigfaltigkeit der Zuſammen : feßung wie in dem entſprechenden Küſtengebiete. In weit
überwiegender Menge iſt ein Andropogon vertreten, deſſen locker verteilte Halme etwa Mannshöhe erreichen und allenthalben zwiſchen dieſen das niedrigere Ctenium ele
gans wie im Vorlande. Nur in einzelnen Gegenden, be: fonders in Einſenkungen , finden ſich dichtere Beſtände zweier garbenähnlich aufſchiebender lockerriſpiger Panicum : Arten. Demnad, iſt die Steppe größtenteils eine offene Grasflur, welche gut zu überblicken und ziemlich leicht nach allen Richtungen zu durchwandern iſt.
Nidyt ſelten über:
raſchen ſogar Strecken : Berghalden und mit Grus befäete Flächen, welche jeglicher Vegetation bar ſind. In der Oſt: hälfte des Gebirges überwudert audy zuweilen ein (milar artiges dornenloſes Rankengewächs die kümmerlichen Gras
beſtände. Ausland 1886 , Nr. 20 .
Texas, ſeine Natur und ſein Land. Zu den Eigentümlichkeiten von Teras gehören der Bottom, der Norther, der Chaperal, die Kreuzfichten und der Bayou.
Die teraniſchen Flüſſe ſind in ihrem Mittel- und Unterlaufe tief in den Alluvialboden eingeſchnitten, und man nennt den Flußgrund, wo er ein abgeſchloſſenes Ganzes bildet, Bottom. Man ſteigt von der Prärie in den Bottom hinab. In demſelben findet ſich der reidiſte Boden des Landes abgelagert ; er iſt mit mannigfachen Hölzern und Sträuchern beſtanden und voll ſaftiger Kräuter, Portulaceen und Salat-Arten. Baumwollenpappel ( Populus monilifera ),
Cedern, Ahorn, Ulmen, Maulbeer- und Perſimonbäume, wilde Pflaumen- und Kirſchbäume, Lorbeerpfirſid , Saſſa fras, finden ſich vorzugsweiſe in ihm. Bis in die höchſten Spißen der Bäume ranken ſich oft armsdide, ſchwer mit Trauben beladene Reben empor. Die Guadaloupe, Me:
dina und die beiden Siſterbäche zeichnen ſich durch ihre hohen, mächtigen Cypreſſen aus, welche die Gewäſſer ſtellen : weiſe wie eine Wand einengen. Am unteren Teile nehmen ſie merkbar an Umfang zu, ſo daß ſie wie auf einem
Poſtamente emporſteigen und ihre ſtarken Wurzelarme weit und offen in das Waſſer hineinſtrecken . Die Cypreſſen
liefern das beſte Schindelholz. Es iſt dies die Cypressus distycha, mit zweireibigen, im Winter abfallenden Nadeln, nicht die Cypressus sempervirens. Die umfangreichſte, wenn auch nicht höchſte aller Cypreſſen des weſtteraniſchen Oberlandes, war die 1400 Jahre alte Cypreß- Queen , 15 e. Min. oberhalb Zink's Farm im Guadaloupe- Bottom . Sie iſt aber während des Bürgerkrieges gefällt worden. Auch in dem ſogen. Winter ſieht es im Bottom nodi grün aus. Die Kühe überwintern und falben gerne im 59
Teras , ſeine Natur und ſein Land.
386
Frühjahr in demſelben gegen den Norther geſchüßt. Einen
den Flußthälern, oft undurd)dringlich ; vor allem am Pecos
eigentliden Winter kennt das ſubtropiſche Teras nicht, ebenſo wenig eine regelmäßige Regenzeit. Statt deſſen hat es die Northers, vom Dktober bis März plößlich über das Land hereinbrechende Nordſtürme, welche die bisherige Sommertemperatur in ein paar Stunden bis unter den
und am Rio Grande, wo ſie ſich die ſteilen Flußufer und
Gefrierpunkt herabdrüden können, drei Tage lang wehen, worauf dann wieder klarer Himmel und warmes Wetter eintritt. Auch leichter Schneefall kommt bisweilen vor. Die Luft iſt durch den Norther gereinigt, wie bei uns nach
einem Gewitter. Man zählt durchſchnittlich 4–6 Norther im Winter, für die Vegetation oft eine ſehr verderbliche Erſcheinung. Von dem Norther auf der blanken, weiten Prärie überraſchte Fußgänger ſind ſchon erfroren . Zur Norther -Zeit retirieren Vieh und Pferde von der Höhe der
Böſchungen entlang meilenweit hinziehen ; nur die hin und her ſchwankenden Viehpfade ermöglichen das Durch: paſſieren. Pferde ſind oft nur mit äußerſter Anſtrengung durd, den Reiter in den Chaperal hineinzubringen. Ein ſtarker Mann drängt und zwängt ſie rückwärts hinein. Am Rio Grande ſtarren alle Gewächſe von Stacheln und Dornen : Ebenholzbäumen, Gleditſchien und Cactus; eine
Yucca-Art heißt das ſpaniſche Bayonett. Die aus dem Chaperal wie Kandelaber herausragenden Säulen Cactus werden bis 30 Fuß hoch, gewähren aber keinen Schatten und bieten wegen ihrer verwitterten, grauen Ninden nur einen düſteren Anblick. Die Blattglieder anderer Cactus! Arten – und es gibt deren unzählige – verfüttern die
den großen Flüſſen in den rieſigen Bäumen des Bottoms
Mericaner Fuhrleute an ihre Zugodyſen wenn Gras mangelt, indem ſie dieſelben mit ihren Pifier- und Treibeſtangen aufpicen , am Campfeuer die Stacheln abſengen laſſen und ſie dann den Ochſen vorhalten. Mitten im Chaperal fins den ſich hie und da verſteckt kleine, heimliche Daſen mit friſdgrünendem , feinem Graſe, auch mit Blumen, eine nicht geringe Freude für Mann und Pferd. Von den die Rän der des Rio Grande zierenden Zwergpalmen , Palmettos, ſind leider nur noch wenige Ueberbleibſel zu ſehen ; von Camargo an bis zur Bocca del Rio zählte man vor zwanzig Jahren etwa noch zwanzig. 11 Je näher man von Norden und Dſten her dem Strome zukommt, deſto ähnlicher wird die Tier- und Pflanzenwelt von Teras jener des zwiſchen den Wendekreiſen liegenden
ganze Baumſtämme. (Vgl. ,, Teras, ein Handbuch für Aus wanderer nach Teras.“ Von Karl, Prinzen zu Solms
Teiles von Merico. Dem im Freien am Rio Grande Uebernachtenden unterwühlt das Armadill das Lager, und
Braunfels. Frankfurt a. M. Verlag von F. D. Sauer
das Liliput-Känguruh oder auch das Diminutiv Eichhörn :
Prärien in den Bottom. Dem Reiſenden gewährt dieſer, falls keine Wohnung in Sicht iſt, eine willfommene Zufluchts ſtätte. Er gehört aud) mit zu Haus und Hof ; man ſagt,
wenn jemand gerade nicht zu Hauſe iſt und nach ihm ge fragt wird : ,,Er iſt im Bottom " , wie bei uns : der Herr iſt in der Scheune, im Keller, im Garten. Auch Waſſer marken, welche für den Anſiedler von der größten Wichtig
feit ſind, liefert der Bottom . Deutlich zu ſehen iſt näm : lich der Stand des Waſſers, wie er bei Ueberſchwemmungen war, durdy die Farbe der Borke der an den Flüſſen ſtehen den Bäume und durch die in den Zweigen der leşteren ſteden gebliebenen Gegenſtände , welde das Hodwaſſer mitgeführt, namentlich Gras, Zweige, Aeſte, zuweilen an .
länder.
1846.
S. 11.)
chen , die Springmaus mit ihrem langen, buſchigen Sdwanz,
Im Tieflande ſind die Bottoms häufig mit 20—25 Fuß hohem Rohre (Cane) didyt beſtanden , welches, wenn
ſeßt ihm über den Kopf weg und rennt flüchtig über die
es grün iſt, mit ſeinen Sproſſen ein treffliches Viehfutter
dem Laube der Bäume hervor, ein harmloſer Fliegenfänger,
abgibt, trocken geworden aber beſonders Pferden lebens
Fledermäuſe huſdyen im Dämmerlichte hin und her. Sdiaa:
gefährlich werden kann, weil es ihnen im Halſe ſteden bleibt oder Darmverſchlingungen verurſacht. Sonſt wird
ren lärmender, blau -ſchwarzer Mafahs flattern am frühen Morgen auf und herum und raſten in dichtgedrängter
das Rohr zum Dadidecken, zu Gehegen, Angelruten, Spazier
Neihe auf einem Afte, ein Mittelding zwiſchen Papageien
ſtöcken , Flöten und Pfeifenröhren benußt. Das größte Rohrdidicht in Teras iſt am Caney - Creek (Rohrbach) zwiſchen dem Brazos und dem Colorado ; es dehnt ſich
und Elſtern mit Krähenſtimmen. Eigentliche Papageien gibt es in Teras nicht. Dieſe ,mericaniſche Zone" von Teras erſtreckt ſich vom Nueces bis zum Rio Grande und iſt zum bei weitem größten Teile von Mericanern bevöl kert. Bei dieſen gilt auch heutzutage noch der Nueces als die Grenze von Merico, nidyt der Rio Grande, und es rekrutieren ſich immer noch aus dieſem Gebiete die
mehrere engliſche Meilen in der Breite aus und hat auf einer Entfernung von 60 e. Min. nur wenige Bäume. Der Bottom mit ſeinen durcheinander gewürfelten Holzarten und Schlinggewädſen vertritt in Teras die Trope, während auf den Höhen und Hügeln, im Gebirge
Fenzen hin ; das blaugrün -ſchillernde Chamäleon lugt aus
Waldungen von einer Holzart, wie in den gemäßigten
1 Schreiber dieſes iſt 1847 mit der Darmſtädter Geſellſchaft
Zonen vorkommen : Eichen, Hidorys, Bekannuß-, Fichten Waldungen, Cederndidichte, Mesfit-Afazien-Haine.
nach Teras ausgewandert und hat die Niederlaſſung am Plano mit ausbauen geholfen, meiſt an der teraniſchen Grenze gelebt, zwei Farmen gegründet, ſich in den Staaten umgeſehen, meiſt von Art und Pilug gelebt , hat dann noch zwei Jahre als Reiter
Vom Bottom , der an ſich freundlicher, einladender Natur iſt, ſind ſehr zu unterſcheiden die Chaperals, ſtach lidte Didicite, auf den Höhen der Prärien ſowohl als in
in der konföderierten Armee gedient und nach erhaltener Discharge 1865 Teras verlaſſen .
Der Kilima'ndſcharo.
387
Briganten aus den erſten mericaniſchen ländlichen Familien,
hegen Bullfröſche, Alligatoren, auch Mokaſſin -Sdlangen.
deren Haupt lange Zeit hindurch Cortinas war.
Nach der See zu ſtehen ſie offen, Ebbe und Flut ſind in ihnen bemerkbar. Soweit das Flutwaſſer ſteigt, reicht
Eine
Meile füdlich vom Los Olmos: Bad, beginnt die ſandige, wellenförmige ,,wilde Pferdewüſte", die ,, Yackaß -Prärie", die ſich faſt 100 e. Min . weit in has Innere des Landes
zieht. Ein Salzſee in derſelben iſt von den beſten Weiden umgeben , wohin ſich Muſtangs und Antilopen ziehen, wohin aber auch der Jaguar ſtreift. (Vgl. „ William Kennedy's Geographie, Naturgeſdichte und Topographie von Teras. Ueberſeßt aus dem Engliſchen von Otto v. Czarnowsky ." Frankfurt a. M. Verlag von J. D. Sauer: länder.
1846.
S. 112--144 .)
In dieſem lehrreiden, heute nody muſtergültigen Buche, leſen wir noch S. 88 ff. ,,Die Kreuzfichte des nördlichen Teras iſt eine Naturmerkwürdigkeit des Landes." .. Die Croßtimbers, Kreuzfichten , bilden eine Reihenfolge von Wäldern, welde fid von dem wvaldigen
Gebiet an den Quellen des Trinidad in gerader Linie nördlid; über die unendlichen Prärien des nördlichen Teras und des Dzart-Bezirkes nach dem ſüdlichen Ufer des Arkanſas ziehen. Dieſe Fichtenwaldungen wechſeln in der Breite von 5 zu 50 e. Min . Zwiſchen dem Trinidad und dem Roten Fluß beträgt ihre Breite im allgemeinen zwiſchen
5 und 9 Meilen und ſie ſtehen ſo gerade und regelmäßig , daß man ein Werk der Kunſt zu erblicken glaubt. Sieht
der Bayou ; oberhalb dieſer Grenze beginnt der eigentliche Fluß. Es gibt aud im Binnenlande Bayous, z. B. der in die Angelina, einen Zufluß des Neches, langſam ab
fließende Ayiſche-Bayou , der in den Neches mündende San Pedro-Bayou, der in den oberen Colorado mündende
Pekan-Bayou. Von der Jacinto-Vay bis Houſton (einem Hauptſtapelplaße für die nad Neu-Orleans ausgeführte Baumwolle) erſtreckt ſich der längſte Bayou von Teras, der
Buffalo -Bayou, in bisweilen ſehr ſchmalen Windungen, ausgezeichnet durch ſeinen üppigen tropiſden Baumwudis,
darunter an den Rändern die bis 80 Fuß hoch wad ſende großblumige, prächtige Magnolie. Die Dampfſdiffe haben ſich an manchen Stellen durch die Schlinggewädyſe und unter den weithin reichenden Armen der mächtigen Bäume durd):
zudrängen. Eine Nachtfahrt mit Kienfackelbeleuchtung auf einem diefer Fluß- und Seedampfer gehört mit zu den
beſten amerikaniſchen Reiſe-Erlebniſſen, und bleibt die Ge:
gend für jeden Teraner eine der merkwürdigſten des Landes, weil Sam Houſton hier am San Jacinto am 21. April 1836 mit wenig Truppen Santa Anna auf's Haupt ſolug und gefangen nahm, worauf der Teras frei erklärende Friedens dluß von Velasco erfolgte (Velasco etwas weiter weſtlich
man ſie von den benachbarten Prärien im Dſten oder
von San Jacinto an der Brazos -Mündung gelegenes
Weſten, ſo erſcheinen ſie in der Entfernung wie ein großer
Städtchen).
Wall, der ſich in gerader Linie von Süden nad Norden zieht und deſſen Enden ſich im Horizont verlieren . Die Kreuzfiditen entfernen fid in ihrer allgemeinen Ridhtung nicht bemerkbar von dem wahren Meridian. Sie bilden die große Landgrenze der weſtlichen Prärien, und wenn
Die Reize der Prärie in ihrem Blumenſdymud , mit ihren Parfs und Boskets, ſind unnadyahmlich von Charles Sealsfield (Karl Poſtel aus Mähren) und von Gerſtäder geſchildert worden . In trođenen Jahren iſt der Anblick allerdings nicht erfreulich und es gibt Prärien auch in anderen Staaten Nordamerika's und die Pampas in Süd amerika. Savanne nennt der Mericaner die Prärie.
Indianer und Jäger ihre Züge durch das Land auf ihren verſchiedenen Erpeditionen beſchreiben, ſo beziehen ſie ſich auf die Kreuzfichten , wie die europäiſchen Sdhifffahrer auf den Meridian von Greenwich .
E. v. W.
Wollen ſie nun eine Skizze des Weges zeichnen, ſo
ziehen ſie zuerſt eine Linie, welde die Kreuzfidten an: deutet und dann eine andere, die jene nad, der von ihnen
Der Kilima’ndſcharo.
eingeſchlagenen Richtung durdſchneidet, und ſo bietet ſich
Gewöhnlich ſtellen wir uns den großen afrikaniſchen Kontinent als ein Land vor, dem wir entweder die dunſti gen fieberſchwangeren Mangrovenwälder der Weſtküſte oder die wuchernden blütenreichen Grasflächen des Südens, oder
leicht dem Blick cine einfache, aber richtige Karte des von
ihnen bereiſten Teiles des Landes dar. Man hat die Vermuthung aufgeſtellt, daß dieſe Kreuzfichten bei der be: ſonderen Regelmäßigkeit, welche ſie bezeichnen , ein Werk künſtlider Anpflanzung feien und als Scheidewand zwi den zwei Nationen einer prähiſtoriſchen Menſchenraſſe gedient hätten . Es exiſtiert aber nidyts gewiſſes. Gegen Ende des Bürgerkrieges dienten die Großtimbers erſt nord lidhen, dann ſüdlichen Flüchtlingen als Verſteck und bes gegnete man dort auch noch dem Manne mit dem „ böſen
die pfadloſen Sandwüſten des Nordens, oder die wellen förmigen durſtigen Ebenen des „ Buſches “ zu Grunde legen. Bei manchen unter uns konzentriert ſich die Vorſtellung
von dem ſchwarzen Erdteil auf die drei Charakterzüge : Hiße, Wilde und Fieber, und vielen wird es ſchwer werden, den Gedanken zu erfaſſen , daß im Herzen dieſes trockenen und von Hiße umgürteten Kontinents auch Berge exiſtieren,
Blic " (evil eye).
deren Gipfel mit ewigem Schnee gekrönt ſind. Und doch
Eine andere Eigentümlichkeit von Teras ſind die Bayous. Es ſind bereits ſtagnierende, erweiterte Mün dungen der Flüſſe in den Golf oder deſſen Budyten, ſie
ſind ſeit Jahrhunderten Sagen im
Umlauf von einer
wunderbaren Gebirgsmaſſe im tropiſchen Mittelpunkt von Afrika, deren Gipfel beſtändig mit einer geheimnisvollen
Der Hilina'ndicharo.
388
Subſtanz, in der Vorſtellung der Eingeborenen mit ,,weißem
Salz", bedeckt ſein ſollen. Da man jedoch den ewigen Sdynee unter dem Aequator nur in Zentralamerika kannte - denn nirgends ſonſt erreichen Berge unter den Tropen die Schneegrenze jo herrſchte ſeit Jahrhunderten Uns gläubigkeit bezüglich des Vorhandenſeins jenes angeblichen
afrikaniſchen Montblanc oder Chimborazo. Die darauf bezügliche Sage muß jedoch idyon vor dreihundert Jahren den erſten portugieſiſden Reiſenden befannt geweſen ſein,
Königl. Geographiſchen Geſellſdaft zur Ausführung dieſer Forſchungsreiſe gewählt. Die Aufgabe, welche Herrn John iton geſtellt wurde, ivar : die vielen intereſſanten Probleme bezüglich der Fauna und Flora dieſer afrikaniſchen Alpen: region zu löſen. Herr Johnſton verließ London im März 1884 und gelangte in gehöriger Zeit nady Sanſibar, wo ihm der dortige britiſche Generalkonſul Sir John Kirk behülflich
war, einen Trupp Träger, Diener und Führer zuſammen
denn die Portugieſen waren ſchon im 16. Jahrhundert in
zubringen. Nach einigem Aufenthalt in Mombaſa infolge
Mombaſa, und da dieſes nur 180 e. Min. in Luftlinie
eines heftigen Fieberanfalls trat Herr Johnſton ſeine Reiſe
on dem Berge entfernt und der Küſtenendpunkt des Handelswegs zwiſchen dieſem und dem Meere iſt, ſo müſſen
in die Wildnis an der Spiße feiner langen Bande von Trägern an, welche Ladungen von häuslichen Bedürfniſſen ,
ſie dieſe Geſchichten von den Eingeborenen und den arabi ſchen Händlern gehört haben. Andere hielten jenen ſchnee gekrönten Berg, den Kilima’ndicharo, nur für das ſagen:
Lebensmitteln, Handelswaren und Waffen trugen. Die lange Fußwanderung in das Binnenland hinein war eine
hafte Mondgebirge.
Der früheſte authentiſche Beridt über die ,,Entdedung " dieſes Schneegebirges durd, einen Europäer iſt derjenige durch den deutſchen Miſſionar Rebmann, der am 11. Mai
1848 zum erſtenmal den wunderbaren ſchneegekrönten Dom
ſehr mühſame, denn ſie führte durch ein heißes durſtiges Land, das die Ausdauer der Reiſegeſellſchaft auf eine ſchwere Probe ſtellte. Den erſten Anblick des Kilima'ndſdaro erhielt man lange bevor die Geſellſchaft ſeinen Fuß erreichte. Hier mag denn audy gelegentlich erwähnt werden , daß der
zu Geſicht bekam . Ein anderer Deutſcher, der Forſchungs
Name der ganzen Gebirgsmaſſe beigelegt wird, weldie aus
reiſende Baron van der Decken, erreichte im Jahre 1861 wirf lich den Kilima’ndſdaro und verweilte etwa drei Monate
zwei gewaltigen Gipfeln und einer Anzahl kleinerer be ſteht und genau unter dem dritten Breitengrade füdlid) vom Aequator liegt. Der höchſte von den Gipfeln heißt Kibô, erhebt ſich 18,880 e. Fuß über die Meeresfläche und iſt auf dem Gipfel immer, an den Abhängen aber gelegent lich bis zu 14,000 Fuß herab mit Sdnee bedeckt. Dies
auf deſſen Abhängen. Auf einem zweiten Beſuche erſtieg Herr van der Decken den Berg bis zu einer Höhe von 10,000
Fuß, ohne jedoch den Schnee zu erreichen. Ihm folgte im Jahre 1871 ein engliſcher Miſſionar, Rev. Charles
New, "velder zwei Reiſen nach Chaga oder Tſchaka
iſt, ſoweit bis jeßt bekannt, der höchſte Berg in Afrika.
dies iſt der landesübliche Name für den bewohnten Gürtel,
Der Zwillingsgipfel des Ribó, der Kimawenzi, iſt 16,250
welcher ſich in einer Höhe von zwiſchen 3-7000 Fuß um
Fuß hod), reicht noch über die Schneegrenze, iſt aber nicht beſtändig mit Schnee bedeckt. Die ganze Bergmaſſe iſt
den ganzen Berg herum erſtreckt – machte und bei der ziveiten Gelegenheit von dem eingeborenen Häuptling Man dara ausgeraubt und mißhandelt wurde. Mr. Joſeph
Thomſon, der fühne Afrikareiſende , kam im Jahre 1883 auf ſeiner Reiſe durch Maſai-Land ", von welcher er eine ſolch intereſſante Schilderung geliefert hat , an den Kilima'ndſcharo, reiſte beinahe um den ganzen Fuß des Berges herum, erſtieg denſelben aber nur bis zu einer Höhe von 9000 Fuß und ward ebenfalls von Mandara
vulkaniſchen Urſprungs und die beiden Gipfel ſind die Krater von erloſchenen Vulkanen.
Nähert man ſich dem Berge von Südoſten her , ſo erſcheint er wie in einſamer Iſolierung und bietet einen höchſt merkwürdigen Anblick bar mit ſeinen bis zu den
Wolfen ragenden Gipfeln und ſeiner glänzenden blinkenden Schneekrone. Es lohnt der Mühe, hier mit Herrn Johnſton's
eigenen Worten ſeine Empfindungen beim erſten Anblick
beraubt.
des Ziels feiner Wünſche zu ſchildern : ,,Mit der ſinkenden
Erſt dem Herrn H. H. Johnſton, Mitglied der Königl. Geographiſchen Geſellſchaft in London, war es vorbe
Temperatur der kleinen Stunden erhob ſich ein ſcharfer
halten, in die Geheimniſſe des „Monarchen der afrikani
Himmel bis auf die Maſſe, welche hartnäckig am Kilima'
idhen Gebirge " einzubringen und ſeine Erlebniſſe und Er:
nd charo hing. Fieberiſch und übermüdet, vermochte id
fahrungen in einem hödyſt intereſſanten Buche: „The Kilima-Njaro Expedition “ (London , Kegan Paul) nieder: zulegen. Herrn Johnſton's Erfahrungen am Kongo madı
nicht zu ſchlafen, ſaß da und beobachtete den Himmel und wartete auf die Morgendämmerung. Ein Hundert Menſden
ten ihn für afrikaniſche Forſchung befähigt , während ſeine der Wiſſenſchaft in anderen Teilen der Welt geleiſteten Dienſte ihn als einen Mann bezeichneten, welcher für naturgeſchichtliche Erforſchung und Beobachtung der Dert lidyfeit ganz geeignet war, und ſo ward er denn von einem
gemeinſamen Aus duß der Britiſden Aſſociation und der
Wind aus der erhißten Ebene und fegte die Wolken vom
(dnarchten um mich her und die Nacht war nichts weniger als ſtill, denn die Hyänen lachten abſcheulich im Dunkel
außerhalb des Lichtſcheins unſerer erlöſdienden Lagerfeuer. Um fünf Uhr weckte ich meinen Diener Virapan und ver
fank, während er mir meinen Morgenkaffee bereitete, in einen leichten Schlummer , aus welchem er midy mit Tages anbrud, weckte und nad, dem Horizont deutete, wo im
Der Kilima’ndjcharo.
Nordweſten ein ſeltſames Sdauſpiel zu ſehen war. Las
389
puta !' rief ich, und da Virapan zwar den „ Robinſon
dem Häuptling von Maranû, einem kleinen Staat auf dem ſüdöſtlichen Abhang des Berges. Nach vielen ein
Cruſoe" und ,, Tauſend und Eine Nadyt" in ſeiner Mutter ſprache geleſen hatte, nicht aber „ Gullivers Reiſen ", ſo
ward er endlich in dieſes Reich eingelaſſen und mußte
ichidte ich mich an , ihn über die berüchtigte hängende Inſel von Swift's Phantaſie zu belehren , und erläuterte meinen Ausruf dadurch, daß ich auf den nun ſichtbaren Kilima’ndſcharo deutete , welcher ſich mit ſeinen beiden Gipfeln Kibô und Kimawenzi und der Hauptmaſſe des Gebirges nun hod) über eine ebene Wolkenlinie erhob und
jo dem Anſchein nach vollfommen von der Erde darunter getrennt war, daß er in der ſeltſamſten Weiſe der ſdweben den magnetiſchen Inſel Laputa glich.“ Erſt am dreizehnten Tage nach dem Aufbruch von
Mombaſa betrat die Reiſegeſellſchaft den Staat Moſi, über welchen der ſchon erwähnte Mandara herrſcht. Diejes kleine Reich hat ungefähr denſelben Flächenraum wie London und liegt auf dem untern Abhang des Berges , zwiſchen drei- und viertauſend Fuß über der Meeresfläche. Man hat von ihm aus herrliche Ausſichten über die unten liegen den Ebenen und ſeine Zuſtände ſind nichts weniger als
wild. Der Aderbau ſteht auf einer hohen Stufe, und die Bevölkerung geht zwar beinahe nadt, iſt aber intelligent und fleißig. Die Felder ſind gut von fünſtlichen Waſſer: läufen durchſchnitten , welche von den höheren Bergſtrömen beruntergeleitet werden und die Luft ertönt melodiſch
leitenden Schritten und dem Austauſch vieler Geſchenke
buchſtäblich durch die als Schußwehr dienende Verpfählung friechen, durch welche nach dem herrſchenden Landesbrauch die einzelnen Völkerſchaften ihr Gebiet von einander abzu grenzen pflegen . Zwiſchen dem Reiche Maranû und dem Gipfel des Kibô lag kein anderer feindſeliger Stamm, ſo daß Herr Johnſton, nachdem er fich Führer verſchafft hatte,
nach einem kurzen Aufenthalt in den Stand geſeßt war, ſeine Reiſe nach der Schneegrenze fortzuſeßen . Der Weg führte über einen ſchönen Fluß und anfangs
durch ein lachendes und fruchtbares Gelände mit Spuren von Anbau und prädytigen Bananenhainen bis hinauf zu einer Höhe von 5000 Fuß. Kurz darauf hörte der Anbau auf und man erreichte einen haideartigen Bezirk mit graſi gen Hügeln und zahlreichen kleinen Strömen fließenden Waſſers. Der Anſtieg war ſehr allmählich und die erſte Nacht wurde in einer Höhe von 6500 Fuß im Freien
verbracht. Als man dieſen Bezirk verließ, erreichte man in 7000 Fuß einen dichten Wald, dann eine Strecke Hoch: land, dicht bedeckt mit Moos und Farnen voll kurzer ver krüppelter Bäume, wvimmelnd von Begonien und wohl riechenden blühenden Sträuchern , aber mit nur wenigen
von dem Gemurmel der plätſchernden Bächlein und dem
Spuren von Tierleben. In 9000 Fuß Höhe war die Region frei von Wäldern und nur mit Gras bedeckt;
Gebimmel der Gloden der Kinder- und Schafheerden .“ Ueberall, wo der Boden unbebaut, iſt er mit prächtig ge
allein höher hinauf begann wieder das Waldland und das fließende Waſſer wurde ſehr reichlich. . Das dritte Nadyt:
färbten wilden Blumen von zahlloſen bekannten und uns
lager ward in 10,000 Fuß Höhe aufgeſdylagen, und hier
bekannten Arten bededt ; das Summen der Bienen läßt endloſe Vorräte von Honig vermuten, und die Ergiebigkeit an Mild) wird von den unzähligen Heerden ſanftblickender Kühe verbürgt, welche ſich auf den fetten Weiden aſen. Da Herr Johnſton fand , daß die Fehden zwiſchen den Mofi-Leuten und den anderen Gebirgsſtämmen eine Schranke für ſeine Wanderung durch Mandara's Land war, ſo entfernte er ſich und verhandelte einen Friedens: und Handelsvertrag mit einem der rivaliſierenden Herr der, deſſen Gebiet ſich näher an den Gipfel erſtredte. Bevor er jedoch dies that, mußte er ſich an einen Ort
beſtand die Reiſegeſellſchaft ein furchtbares Gewitter mit Regen, denen dann ein herrlicher heiterer Morgen folgte,
wo ſich die beiden Schneegipfel deutlich von dem wolkenloſen blauen Himmel abzeichneten . An dieſem Punkte hielt ſich
Herr Johnſton beinahe einen Monat lang auf, beſchäftigte ſich rührig mit Sammeln und Beobachten und bereitete ſidy auf den endlichen Abſtieg vor ; dann brady er eines
Tages nur mit drei Begleitern nach dem großen Kibô auf. Bis auf etliche 2000 Fuß höher herrſcht eine üppige
Vegetation, und ſelbſt noch in 12,600 Fuß Meereshöhe fand die Geſellſchaft einen hübſchen kleinen Fluß, an deſſen
namens Taveita zurückziehen, den er auf ſeinem Wege nach
Ufern Flede von grünem Raſen und eine Menge ſchmucker
Mandara's Land paſſiert hatte und von dem er ſagt :
Blumen zu ſehen und Fährten von Büffeln zu beobachten
,,Von dem Tag meiner erſten Ankunft bis zu der Zeit
waren. Man bemerkte ſeltſame ſtielloſe Diſteln von fünf
meiner endlichen Abreiſe erſchien es mir als einer der lieb lichſten Punkte auf der ganzen Erdoberfläche." Taveita iſt eine Art Handelszentrum für den ganzen Bezirk und wird durch einen Senat von Notabeln, die ſogen. Waſtiî oder Aelteſten , regiert, welche Geſeß und Drbnung aufrecht erhalten und in Streitigkeiten zwiſchen den anſäſſigen Einheimiſchen und den nomadiſchen Händlern ſchiedsrichterlich urteilen ; ſeine Bevölkerung mag ſich auf
Fuß im Umfange und eine ungewöhnliche, drei bis vier
ungefähr 6000 Seelen belaufen .
Von Taveita aus unterhandelte Herr Johnſton mit
Fuß hohe Lobelia mit hellblauen Blüten , ſowie andere merkwürdige Pflanzen. Bienen und Weſpen waren ſogar in dieſer großen Höhe noch immer zu ſehen und bunte kleine Sonnenvögel flatterten herum . Jenſeit der Höhe von 13,000 Fuß traf man die Vegetation nur noch in zwerghaften einzelnen Fleden, der Boden zeigte ſich mit erratiſchen
Blöcken bedect, welche in wirren Maſſen umherlagen, mit gelegentlichen gewaltigen Felsplatten , welche eigentümlich gezeichnet waren wie Schildkrötenſdalen. In einer Höhe 60
Ausland 1886, Nr. 20 .
Der Kilima'rdjcharon .
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von 13,600 Fuß wurde der letzte hier heimiſche Vogel eine Art Steinſdmäßer bemerkt, obwohl man höher hinauf hochſchwebende Gabelweihen und großſchnäbelige Raben kreiſen ſah.
Jn 14,117 Fuß ivaren die Sanſibar:
Leute vollſtändig ermattet und begannen unverkennbare Zeichen von Furcht vor dem „ Geſpenſt" des Berges kund zugeben, ſo daß fie zurückgelaſſen wurden, um eine Schlaf ſtätte für die Nacht herzurichten , während Herr Johnſton den Anſtieg allein fortſeşte. Mit 15,150 Fuß erreichte er den zentralen verbinden den Rücken oder Sattel des Kilima'ndſdaro und konnte
dynaubend und feudjend und mit ſchmerzenden Gliedern ,
den idylüpfrigen Grat von kahlem Fels entlang, welcher ſich immer bergan zog ... Das Gefühl, weldes mich über : fam , als ich raſtend in dieſer großen Höhe auf den naſſen (dlüpfrigen Steinen ſaß und nach Atem ſchnappte, war eines von überivältigender Vereinſamung. Es war mir zu Mute, als ſollte ich niemals wieder die Kraft er: langen , mich zu bewegen, als müßte ich hier bleiben und
inmitten dieſer entſeßlichen Einöde von Geſtein und Sdinee bleiben und ſterben . Dann trank id etivas verdünnten Branntwein aus meiner Feldflaſche, und es kehrte mir wieder etwas Mut zurück. Id fror elendiglich, denn der
nad beiden Seiten hinabſehen. Der „ Monarchy" jedoch war in Wolken gehüllt. Das was nun folgte, fann nicht
wogende Nebel hatte mich bis auf die Haut durchnäßt.
beſſer gegeben werden, als in Herrn Johnſton's eigenen
Und dennoch war die Temperatur hier nodı über dem
Morten :
Gefrierpunkt, denn der Thermometer ſtand auf 350 F.
„ Endlich – und es war ſo plößlich und ſo flüchtig, daß ich keine Zeit hatte, die ganze Majeſtät des ſchneeigen Doms des Kibô ganz in mich aufzunehmen teilten ſich die Wolken und ich ſchaute auf einen ſo blendend weißen
( 1.6 ° C.). Der Barometer ſtieg auf 183.8. Dieſe Be
obachtung, wenn richtig gerechnet und unter Zufügung der Korrektur für die Temperatur der umgebenden Luft ergibt
Schneeglanz unter dem furzen Blinken des Sonnenlichts,
den ich auf dem Kilima’ndſcharo erreichte.“
daß ich wenig Einzelheiten unterſcheiden konnte. Seit derii
eine Höhe von 16,315 Fuß ü. M. als den höchſten Punkt, Als Herr Johnſton nach dem Lagerplatz zurüdkehrte,
Sonnenaufgang an dieſem Morgen hatte ich nichts mehr
fand er, daß die drei Begleiter ihm durchgegangen ivaren ,
vom Kibô geſehen ; und nun ſtellte er ſid mir plößlid) mit ungewöhnlicher und überraſchender Nähe dar ... Da
da ſie ſich vor Schreck nicht mehr zu faſſen gewußt und die feſte Ueberzeugung gehegt hatten, daß der weiße Mann auf den einſamen Höhen zu Grunde gegangen ſei. Mit großen Schwierigkeiten und Mühen ſudyte er ſich ſeinen
ich nun die Richtung meines Zieles kannte, erhob ich midy von den feuchten Steinen , erfaßte mein Skizzenbud, mit erſtarrten Händen und begann von neuem
weſtwärts
hinanzuſteigen. Der Nebel war ſo ſtark, daß ich nur wenige Sdritte weit vor mich hinjah, und ſo fam id) nur langſam vom Fleck; gleichwohl ſtieg ich fortwährend einen
Weg nach der Station im tiefem Grunde, wo die Haupt: menge ſeiner Begleiter zurückgeblieben war und im weitern Verlaufe erreichte die ganze Reiſegeſellſchaft wohlbehalten wieder Taveita. Von da aus ward ein neuer Weg über den
ſanften abhängigen, budeligen Rücken entlang hinan , wo
Jipé:(Dichibé:)See nadı der Küſte zu Pangani eingeſdílagen
die Zwiſdenräume der Felsmaſſen mit einem feinen gelb lichen Sande angefüllt waren. Die Felſenplatten waren von dem ſich niederſchlagenden Nebel ſo ſchlüpfrig, daß id oft beinahe meinen Fußbalt verlor und mit Schaubern daran dadyte, was ein verrenkter Fußknödel hier bedeutet
und hier das Gefolge abgelohnt. Eine engliſche Miſſion
gab Herrn Johnſton Unterkunft, bis er an Bord einer arabiſchen Dau eine Ueberfahrt nach Sanſibar bekommen konnte, wo er den Poſtdampfer traf ; und in wenig mehr
als ſechs Wochen , nachdem er von den Geſtaden des Jipé.
haben würde.
Sees aus ſeinen leßten Blick auf den Kilima’ndſcharo geworfen
,, Endlich, nach einem ungewöhnlich ſteileren Anſtieg an dem nun glätteren und ſchärferen Rüden hinauf, traf id plößlich Schnee , der unmittelbar vor meinen Füßen
hatte, war der fühne Forſchungsreiſende wieder in London . Herr Johnſton hat zwar die höchſte bis jeßt in Afrika von Menſchen erreidste Höhe erſtiegen, aber die Eroberung
lag und ſtürzte beinahe kopfüber in eine große mit Sdinee
des Kilima'ndſdaro doch nicht vollendet ; er gelangte jedoch
gefüllte Spalte, welche hier quer über den Abhang hin zu Herlaufen und ihn zu unterbrechen ſcien. Der dichte Nebel hellte ſich teilweiſe ein wenig auf und nun ſah ich zu meiner Linken den ſchwarzen Fels fich ſanft zu einem furchtbaren Abgrund von Schnee abſenken , welcher ſo un geheuer und tief war, daß mir der Nebel ſeine Grenzen verbarg. Ueber mir war gerade noch eine Schneelinie ſicht: bar und der Anblick im ganzen war ein ſold düſterer, mit ſeinem alles umgebenden Vorhang von Düſteren Wolken
bis auf zweitauſend Fuß an den Gipfel und nachdem er
und ſeinen öden unbewohnten Wüſten von Fels und Sdynee,
ſcher Kälte hinanſteigen kann. Selbſt in den Ebenen iſt
daß mir im Gefühl meiner Einſamkeit das Herz im Leibe ſant ... Mich zunächſt nordwärts wendend , umging idy
ſechs Monate lang im Jahre die Temperatur ganz erträg
die Sdyneeſpalte und ſdjleppte mich noch einmal , nun
den Weg gezeigt hat, wäre es ſonderbar, wenn nicht irgend ein abenteuerlicher Kopf unter den heutigen Alpenſteigern ſidh an die Aufgabe wagte, in die verborgenen Tiefen
des Kraters von Kibô hinabzuſchauen. Sei dem jedoch wie ihm wolle, das Ergebnis der Erpedition war , uns eine Menge wertvoller Belehrung über die Geographie, Fauna und Flora dieſes ſeltſamen Gebietes zu verſchaffen , wo man in zwei Tagen aus äquatorialer Hiße zu arkti
lich und in einigen Teilen angenehm. Die außerordent liche Fruchtbarkeit der Berghänge, der Ueberfluß an Wild,
Wann wird die Erde iibervölfert ſein ?
die von den ungeheuren Elefantenheerden zu erlangenden Vorräte von Elfenbein, die feltenen und dyönen Vogel
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geiviſſer Beziehung ein relativer Begriff, der fidh haupt ſächlich nach dem jeweiligen Kulturzuſtande der Völker ver ſchiebt. Daß niedrig ſtehende Menſdhen eines größeren
bälge und Tierhäute, kurzuin all die bekannten Reidytümer an tieriſchen und pflanzlichen Erzeugniſſen und das ver
Raumes bedürfen als höher entwickelte, iſt im allgemeinen
mutete Vorhandenſein mineraliſcher Fundorte, wie Kupfer, Salpeter 2c., deuten darauf hin, daß dieſem Bezirke nod)
richtig und bedarf wohl keiner näheren Erörterung, denn die gegenwärtig vorhandenen Dichtigkeitsverhältniſſe liefern
eine wichtige Rolle in der Zukunft Afrika's vorbehalten iſt. (C. J.)
den Beweis dafür. Audy wird man wohl ſo viel zugeben dürfen, daß die äußerſte Dichtigkeitsgrenze ſelbſt in keinem Lande Europa's erreicht iſt. Db aber dieſe nod) um ein Be
trächtliches erweitert werden kann , das iſt für einige Gebiete
Wann wird die Erde übervölkert ſein ? Von Dr. A. Oppel .
wenigſtens ſchon fraglich. Denn, wie geſagt, die Ertrags: fähigkeit des Bodens hat ihre Grenze, da ſie ja nicht mit der Zahl der darauf wohnenden Menſchen in entſprechens
(Shluß.)
Im Vorſtehenden war von dem Verhältnis der Seelen
dem Verhältnis wächſt, ſondern von gewiſſen unveränder lidhen Naturbedingungen abhängig bleibt. Bodenzuſammen
zahlen zu den Arealgrößen und deren möglicher Ertrags
feßung und Witterung werden eben immer ihre Rolle
fähigkeit die Rede , ohne daß ein Grund dafür angegeben wurde, weshalb eine Erörterung dieſes Gegenſtandes gerade
ſpielen. Andererſeits können wir uns nicht denken, daß
an dieſer Stelle ſtattfand. Es geſchah dies deshalb, weil
ich den Grundſaß feſthalten zu müſſen glaube , daß die Zahl der Menſchen in einem
beſtimmten Verhältnis zu
dem von ihnen bewohnten Raume ſtehen müſſe ; ich meine nämlid), daß zwar, wie es ja audy thatſächlich der Fall iſt, an einzelnen bevorzugten Stellen eine erzeſſive Ver dichtung ſtattfinden könne und dieſe noch eine bedeutende
Steigerung zulaſſe, daß aber die durchſchnittliche Dichtig keit eine beſtimmte Grenze innehalten müſſe, deshalb, weil auch die Produktionsfähigkeit des Bodens , ohne welche keine künftige Kultur beſtehen wird , über ein gewiſſes Maß nicht wird geſteigert werden können . Es fragt ſich nur, wann man dieſes äußerſte Maß als erreidit anſehen muß. An Vermutungen darüber, wenigſtens ſolchen über die äußerſte zuläſſige Zahl der Menſchen , fehlt es bekannt: lid nicht. So ſagt z. B. Büſching ſchon in der erſten
Auflage ſeiner Erdbeſdireibung ( 1754) : „ Es könnten auf dem Erdboden wenigſtens an die 3000 Millionen Menſchen zugleich leben, es lebt aber faum der dritte Teil davon oder 1000 Millionen ." (Vgl. auch Brehm und Wagner,
,,Die Bevölkerung der Erde," II. S. 4). Der Grundſaß von dem notwendigen Verhältnis zwiſchen der Seelenzahl und der Arealgröße des Wohn
raumes unterliegt hinſichtlich ſeiner theoretiſchen Richtig:
die Menſdyheit jemals der Produkte wird entbehren können , welche durch Bodenanbau und Viehzucht gewonnen werden. Solange dafür feine Erſaßmittel gefunden ſind, wird man auch mit dem für beide Produktionsarten notwendigen Raum redinen müſſen. Genauer ausgedrüdt geſtaltet ſich nun die Sache ſo , daß die Zahl der Menſchen in einem
gewiſſen Verhältnis zu der Bodenanbauflädje ſtehen müſſe oder, noch mehr eingeſdränkt, zu der der Getreideproduktion beſtimmten Fläche. Dafür wird aber jene als produktiv von mir angenommene größere Hälfte der Erdoberfläche
im Betrage von 90 Millionen Q.-Km. niemals ganz und ausſchließlich angewendet werden können. Zunächſt wird ja mit der ſteigenden Verdichtung der Bevölkerung eine entſprechend größere Bodenfläche zu Anlagen von Woh
nungen, Arbeitsgebäuden , Verkehrsanſtalten u. dgl. in Anſpruch genommen werden . Ferner wird ein beſtimmter
Teil für Forſtzwecke und Holzproduktion, für Erzeugung von Induſtriepflanzen und Genußmitteln, für Viehzucht u. a. reſerviert bleiben . Dies ſind lauter Bedürfniſſe, die als folche unentbehrlich ſind, zugleich aber die der Produktion
der unentbehrlichſten Bedürfniſſe gewidmete Fläche mehr und mehr beſchränken. Man kann ſolche Zuſtände der Zukunft natürlich
nur auf Grund wirklich und gegenwärtig vorhandener zu beurteilen verſuchen, und es müſſen dabei aus naheliegen
keit überhaupt wohl keinem Zweifel. In praxi aber iſt er , ſolange die Erde von Menſchen bewohnt iſt und inſoferne dieſe irgendwelche Spuren ihres Daſeins hinter laſſen haben, von den Völkern , ſei es bewußt oder unbe dingt, dadurch in Anwendung gebrad )t worden , daß fie in den Fällen einer zu großen, wenn auch nur ſcheinbaren, Bevölkerungsverdichtung ihren Ueberſchuß in leerere Ge: genden ausſandten oder durd, Krieg und Eroberung ſich neue, größere oder beſſere Wohnräume erzwangen. Ein großer Teil der politiſchen Geſchichte und der Völkerkunde
den Urſachen die entſprechenden Verhältniſſe der europäi
beſteht ja aus der Darſtellung derartiger Ereigniſſe.
Schweden mit 6.2 %, Finnland mit 2.3 % und Norwegen
Das äußerſte Maß der zuläſſigen Dichtigkeit iſt in
Ichen Länder als Ausgangspunkte dienen. Vergleicht man nun dieſe untereinander auf die Frage, wieviel Prozent des Geſamtareals zum Ackerbau verwendet werden, ſo zeigt ſich, daß nur in zweien derſelben mehr als die Hälfte dem genannten Zwede dient , nämlich in Belgien 53.9 % und in Frankreid 50.2 % ; ihnen kommt das Deutſche Reich
mit ſeinen 48.5 % ziemlich nahe ; in weiteren Abſtänden folgen Dänemark mit 42.5 %, Italien mit 39.9 % , Ungarn mit 37.7 %, Deſterreich mit 36.7 % u. f. w., während mit 2.1 % das äußerſte entgegengeſeßte Ertrem darſtellen,
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Wann wird die Erde übervöſfert ſein ?
Die Ackerbauflächen aller daraufhin unterſuchten Länder
Europa's aber machen zuſammengenommen ein Gebiet von 5,464,270 Q.-Km. aus, was von der dafür in Betracht kommenden Totalſumme bon 9,448,300 Q.-Km. gerade
26 % darſtellt, d. h. die betreffenden Diſtrikte der Balkan : halbinſel ausgenommen , dient wenig mehr als ein Viertel Europa's den Zwecken des Aderbaues, die anderen etwas ichwachen drei Viertel kommen auf Wald, Wieſen und Weiden, ſowie auf unproduktives Land ; oder zieht man den Betrag des leßteren, bekanntlich 2,578,116 Q.-Km. oder 27.3 % , von der Totalſumme des Areals ab und feßi man
den Reſt in ein Verhältnis zu der Ackerbaufläche, ſo ſtehen ſich die Zahlen 6,870,200 und 2,464,270 gegenüber, die ſich wie 100 : 35.9 verhalten, d. h. ein ſtarkes Drittel der ganzen als produktiv angenommenen Ausdehnung Europa's wird gegenwärtig für den Aderbau verwendet. Nun iſt es ja richtig, daß zur Zeit wohl in keinem Lande Europa's der Ackerbau auf alle diejenigen Räume
unterſcheiden, wie viel von jener Totalſumme im Laufe eines Jahres wirklich aufgezehrt, wie viel etwa für die Zukunft aufgeſpart, wie viel etwa ausgeführt oder, im Falle daß ſie nicht ausreidyte, wie viel aus anderen Erd teilen eingeführt wurde.
Wir müſſen alſo verſuchen, auf andere Weiſe zum Ziele zu kommen . Am beſten ſcheint es, ſich zunächſt auf ein Land
Europa's zu beſchränken . Nehmen wir da beiſpielsweiſe das Deutſche Reich. Nach den Angaben des „ Statiſtiſchen Jahr budys für das Deutſche Reich" betrug der durchſchnittliche jährliche Ertrag, nach den Jahren 1878-1882 berechnet, für Roggen 0.99 Tonnen oder 990 Kgr. auf den Hektar, für Weizen 1.30 Tonnen, für Gerſte 1.33, für Kartoffeln 7.64, jedes auf der gleichen Fläche. Verrechnet man die
einzelnen Getreidearten allein untereinander, ſo gibt das einen mittleren Getreideertrag von 1.20 Tonnen oder 1200 Kgr. auf jedem Hektar. Nun bedarf jeder Bewohner des Deut
ſchen Reiches, nach den Angaben, welche Scheel in ſeinem
ausgedehnt worden iſt, auf denen er ſtattfinden kann,
„Handbuch der Statiſtik“ bietet, an heimiſchen Getreide
ferner iſt es richtig, daß ſich dafür a priori eine Grenze wird ziehen laſſen ; aber wenn man zum Zwede der Beant
nährt jeder Hektar vier Perſonen.
wortung der vorliegenden Frage annimmt, daß dieſer auf 60 % der produktiven Geſamtfläche ausgedehnt würde, ſo darf dieſer Saß wohl als ein Maximum gelten. Iſt es nun weiterhin geſtattet, denſelben auf die Fläche von 90 Millionen Q.-Km., welche für als eventuell ertrags fähig von der ganzen Erde angenommen wurde, ſo würde ſich ein Raum von 54 Millionen Q.-Km. ergeben, der im
äußerſten Falle zur Erzeugung von Getreide und Nahrungs: mittelſtoffen überhaupt herangezogen werden könnte. Dieſe Annahme muß als Grundlage zu weiterer Verfolgung unſeres Hauptgegenſtandes dienen. Die nächſte Frage würde nun die ſein, wie viel ver mag ein ſolcher Raum hervorzubringen ? Der Einfachheit
arten, von Kartoffeln abgeſehen, 300 Kgr. Demnach er Dieſe Berechnung
ſtimmt auch mit den thatſächlichen Zuſtänden wenigſtens
im Prinzipe überein. Denn die drei Hauptgetreidearten nehmen einen Raum von rund 9,400,000 Hektaren ein und würden mit ihrer Produktion eine Bevölkerung von
rund 38 Millionen Köpfen zu erhalten imſtande fein. Der Reſt von 7 Mill . ( 1880 ) würde teils auf die unverhältnis
mäßig große Kartoffelernte , teils auf die Getreideeinfuhr angewieſen ſein, welche ja bekanntlich für 20 Tage not wendig iſt. Dieſe würde die Summe von 738 Mil . Kgr.
ausmachen und dem durchſchnittlichen Ertrag von 615,000 Heftaren entſprechen. Oder anders ausgedrückt: wenn eine Bevölkerung jährlich und für den Kopf 300 Kgr. Getreide bedarf und es foll dieſer Verbrauch ausſchließlich aus
wegen beſchränke ich mich bei der Beantwortung auf das
heimiſcher Produktion gedeckt werden, ſo müſſen bei einer
Getreide und lege wiederum die in den europäiſchen Län dern gewonnenen durchſchnittlichen Erträge zu Grunde. Nach den Zuſammenſtellungen des bekannten Statiſtikers v. Neumann - Spallart ( „ Ueberſichten der Weltwirtſchaft “, Jahrgang 1880) betrug die geſamte Getreideproduktion Europa's im Jahre 1879 1710.9 Mill. Hektoliter ; auf die ganze A & erfläche verteilt, würde dies einen durchſchnittlichen Ertrag von 6.9 Hl. auf den Hektar ausmachen oder, vor ausgeſeßt, daß ſich die europäiſche Bevölkerung ausſchließ lich auf die eigene Produktion angewieſen lähe, auf den
Seelenzahl von 45 Mill. und bei einem Durchſchnittsertrag von 1200 Kgr. 11,250,000 Hkt, oder 1125 Q.-Myr, mit den betreffenden Getreideſorten beſtellt werden, und wenn dieſe Bevölkerung jährlich 0.89 % oder rund 400,000 Seelen wächſt, ſo müſſen jedes Jahr 100,000 Hkt. oder 10 Qu.. Myr. dem betreffenden Adergebiete hinzugefügt werden.
Kopf durchſchnittlich 5.2 Hl. der verſchiedenen Getreidearten.
Nach dem Vorſtehenden würde alſo die mutmaßliche Be
völkerung für 1885 — 47 Mill. — eine Getreidebauflädje von 1175 Myr, erfordern, welche aber nicht weniger als 21.5 %
des ganzen Areals bedeuten. Je mehr ſich alſo die Bes
heit nicht zu fördern , denn einmal wird die ganze euros
völkerung ſteigert, deſto mehr muß von dem Grund und Boden der Getreideproduktion zugewieſen oder der Ausfall durch Einfuhr gedeckt werden . Denkt man fich nun, was
päiſche Acerbaufläche nicht ausſchließlich mit Getreidearten
ja gegenwärtig nicht der Fall iſt, irgend ein Gebiet herme:
bepflanzt, ſo daß man aus obigem Verhältnis die durch:
Erſaß für Getreide wenigſtens bei einigen Völkern eine
tiſch abgeſchloſſen und demnach auf ſeine eigene Getreidepro duktion beſchränkt, ſo kann man die Frage aufwerfen , wie lange wird der heimiſche Ertrag genügen ? Wenn alſo bei ſpielsweiſe die deutſche Bevölferung jedes Jahr 10 Q.-Myr.
große Rolle, und ſchließlich iſt man nicht in der Lage zu
neuen Aderboden braucht, und, wenn es zuläſſig iväre,
Indes vermögen wir mit dieſen Zahlen unſere Angelegen
dhnittliche Ergiebigkeit nicht ableiten kann ; ferner ſpielt aud die von Neumann nicht berückſichtigte Kartoffel als
Wann wird die Erde iibervölkert ſein ?
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dieſen bis zu 60 % des Geſamtareals zu ſteigern, ſo svürden demnach insgeſamt 3270 Q.-Myr. zur Verfügung ſtehen. Da nun im Jahre 1885 ſchon 1175 nötig waren, ſo würde eine Differenz von 2095 oder rund 2100 beſtehen, zu deren
Jahres hervorbringen und auch ſonſt wertvollere Früdyte gedeihen laſſen . Einen Beweis für die vorſtehende Bes hauptung bieten die Verhältniſſe auf den Inſeln Java und Madura ; hier lebten ſchon im Jahre 1881 152 Men
Beſeitigung 210 Jahre verfließen müßten . Bleibt nun die Progreſſion der Bevölkerung die nämliche wie jeßt, nämlich
ſchen auf dem Quadrat-Kilometer nicht nur in auskömm
rund 400,000 jedes Jahr, ſo würden im Jahre 2095 oder ſagen wir abrundend 2100 n. Chr. etwa 130 Mill. Men ichen vorhanden oder die durchſdynittliche Volksdichtigkeit auf rund 250 geſteigert ſein. Dieſe Summe dürfte als
das höchſte Maß gelten, welches einer Bevölkerung eine nach gegenwärtigen Begriffen menſchenwürdige Eriſtenz zu
lichen Verhältniſſen, ſondern ſie vermochten auch noch eine beträchtliche Menge Bodenerzeugniſſe für die Ausfuhr zu gewinnen. Doch bleibt zu bedenken, daß Java und Ma dura wohl das ergiebigſte Gebiet innerhalb der Tropen
darſtellen, und daß demnach die dortigen Verhältniſſe weit über den Mittelwert der Tropen hinausgehen. Immerhin wird man annehmen dürfen, daß die ganze Erde im
führen geſtatten kann. Jenſeit dieſer Grenze müßte ein
äußerſten Falle eine noch höhere Seelenzahl, als ſie oben
unſägliches Chaos entſtehen.
mit zu Grundlegung deutſcher Zuſtände berechnet wurde,
Nun trifft ja die Annahme von der hermetiſchen Ab
geſdhloſſenheit bei keinem Lande zu ; jedes ſteht mit einer
zu ernähren imſtande ſei. Leider fehlt es aber an feſten Handhaben, um mit Berückſichtigung der Ergiebigkeit der
Anzahl anderer in Verbindung und kann die fehlenden
verſchiedenen Zonen die obere Grenze der möglichen Volfs
Bedürfniſſe durch Handelsthätigkeit gewinnen. Anders ſteht
dichtigkeit zahlenmäßig auszudrücken . Beiſpielsweiſe könnte man annehmen , daß das äußerſte Marimum 250 Menſchen
es mit der Erdoberfläche! Sie iſt eine nach Umfang und Begrenzung ringsum abgeſchloſſene Größe und wird immer Sonnenwirkung nur auf ihre eigene Leiſtungsfähigkeit
auf jeden Kilometer der Erdoberfläche ausmache, was eine Geſamtzahl von 34,000 Mill. ergibt ; daß dann die Erde der
und Witterung natürlich ausgenommen – beſchränkt bleiben.
Uebervölkerung ſehr nahe gerückt ſei, daran wird wohl
Wäre es nun erlaubt, die für das Deutſche Reid gewon
niemand ziveifeln.
nenen Ergebniſſe ohne weiteres auf die Erdoberfläche zu übertragen, ſo würden wir raſch zum Ziele kommen. An
Vergleicht man die äußerſte Zukunftszahl mit der Totalſumme der jeħt lebenden Menſchen, alſo 34,000 zu
einer früheren Stelle war ja angenommen worden, daß
1434 oder rund 1450 , ſo ſind beide ſehr weit von einan:
von der ganzen Erdoberfläche 54 Mill. Q.-Km. im äußer ſten Falle der Getreideproduktion überlaſſen werden könnten.
der entfernt ; manchem mag es vielleicht auch erſcheinen, als ob jene Summe niemals erreicht würde; jedenfalls bedürfe
Seßt man nun die Annahme dahin fort, daß dieſe Fläche
es langer Zeiträume, um die gegenwärtige Menſchenmenge
eine gleiche durchſchnittliche Ergiebigkeit zu entwickeln ver
um das mehr als Dreiundzwanzigfache zu ſteigern. Viel
möge wie der deutſche Ackerboden, ſo würde der jährliche
leicht iſt eine ſolche Anſidit richtig, vielleicht auch nicht. Das lektere würde aber dann der Fall ſein, wenn die
Geſamtertrag 6480 Mid . Tonnen ausmachen, welcher bei
gleichem Verbrauch wie in Deutſchland eine Marimalzahl von 25,920 Mill. Menſchen zu ernähren imſtande wäre.
Tendenz der progreſſiven Vermehrung in Zukunft in Kraft
Denkt man ſich dieſe pro rata des als produktiv ange nominenen Bodens verteilt, ſo würde auch in Zukunft das
reicht werden .
Polargebiet unbewohnt bleiben, Auſtralien würde dann eine Einwohnerzahl von 1425 Mill., Europa 2203 Mill., Afrika 5574 Mill., Amerika 8216 Mill. und Aſien 8502 Mill. erhalten. Die durchſchnittliche Dichtigkeit auf der ganzen Erde, das Polargebiet eingeſchloſſen, würde dann 190 Seelen auf jeden Kilometer betragen und demnach überall 1
ein ſolcher Grad der Verdichtung vorhanden ſein, wie er vor wenigen Jahren in Belgien herrſchte, ſeitdem aber überſchritten worden iſt. Allerdings iſt es nicht ſtatthaft, die Verhältniſſe des Deutſchen Reiches ohne weiteres auf die ganze produktive
Erdoberfläche zu übertragen. Denn ſelbſt in den gemäßig
bleibt. Dann wird jene Maximalzahl ſicher einmal er Stellen wir uns daher auf den Boden dieſer An nahme und verſuchen wir die Zeit zu beſtimmen , wo vor ausſichtlid Uebervölkerung herrſchen wird. Seßen wir den Fall, daß von den jeßt lebenden Menſchen 1000 Mill.
vermehrungskräftig ſeien, und daß bei ihrer Progreſſion der
mäßige Saß von 1 % im Jahre, alſo Verdoppelung in einem Jahrhundert ſtattfinde, ſo würde - wenn man mit dem Jahre 1900 beginnt der Fortſdyritt folgender ſein : 1900-1000 2000-2000 2100-4000 2200-8000 2300-16,000
2400—32,000
ten Regionen gibt es Gebiete, wie Ungarn, Mittelrußland, das Miſſiſſippigebiet, welche den deutſchen Boden an Er
tragsfähigkeit übertreffen und deshalb eine intenſivere Ver
Wir brauchen die Progreſſion nicht weiter zu führen , denn wir ſind der Maximalzahl bereits ſehr nahe gekom men. Nach dieſen Vorausſeßungen würde ſie in der ver
dichtung der Bevölkerung zulaſſen , nicht zu reden von den bevorzugteren Teilen der Subtropen und Tropen, welche
hältnismäßig kurzen Zeit von 500 Jahren faſt erreicht
vermöge ihres Klima's eine mehrfache Ernte während eines
ſein. Man könnte nun ſagen, daß vorausſichtlich ein fo
Vou Hanoi bis zur Grenze der Provinz Kitang.Si.
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raider Forſchritt nicht ſtattfinden werde, oder einwenden ,
mehr die Menſdheit der Zukunft entgegenſchreitet, fie fid;
daß der Zeitraum , innerhalb deſſen die Bevölkerungs
die Bedingungen ihres Daſeins ſelbſt mehr und mehr er
vermehrung ſorgfältig beobachtet wurde, zu kurz ſei, um daraus foldhe Schlüſſe zu ziehen. Dem gegenüber muß be merkt werden, daß die ſtatiſtiſchen Aufnahmen bei vielen europäiſden Staaten ſich zwar nur auf die leßten 40 oder
ſchwert, ja füglich unerträgliche Zuſtände ſchafft. Einen folden Gedanken möchte man gewiß gern von ſich weiſen,
indes drängt er ſich bei der Unterſuchung der vorliegen den Verhältniſſe mit zwingender Gewalt hervor.
50 Jahre beziehen, daß aber für einige auch ältere ver
Ich gebe zu, daß ſich gegen die eben gemachten Schlüſſe
trauenswürdige Zählungen vorliegen, weldie meine Schlüſſe rechtfertigen. So betrug die Bevölferung des heutigen Deutſchen Reiches im Jahre 1816 24,831,396 Seelen ; rechnet man nun zu der Zählung von 1880 die auf
und Ableitungen mandhe Einwendungen erheben laſſen.
4 Mill. veranſchlagte Auswanderung hinzu, jo zeigt ſich, daß in 64 Jahren nahezu eine Verdoppelung eingetreten war. Ferner die Bevölkerung der britiſchen Inſeln belief ſich im Jahre 1801 auf 16,237,000, im Jahre 1883 auf 35,920,621; da nun in dieſem Zeitraum von 83 Jahren mindeſtens 10 Mill. ausgewandert ſind, ſo hat ſid, jene im Laufe dieſes Jahrhunderts nahezu verdreifadyt. End lid verweiſen wir noch auf Sdweben , das einzige Land
Europa's, wo die Zählungen bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurückgreifen ; in einem Jahrhundert, nämlich von 1751 bis 1850 iſt die Volkszahl von 1,785,727 auf
3,482,511 – die Auswanderung ungerechnet -- geſtiegen, ſie hat ſich alſo nahezu verdoppelt. Man ſieht, der von
mir in die Zukunftsprogreſſion eingelegte Prozentſak ent
Beiſpielsweiſe könnte man ſagen : wenn man in gleicher Weiſe rückwärts redinen würde, wie es vorwärts geſchehen,
ſo würde die Menſchenzahl für die Vergangenheit viel zu klein werden ; es würde ſich alſo die Bevölkerung Euro pa's im Jahre 880 nur auf etwa 10 Mill. belaufen, eine Zahr, die ohne Zweifel den Thatſachen nicht entſpricht., Demgegenüber muß auf das im Anfange dieſer Abhand:
lung Geſagte zurückgegriffen und wiederholt werden , daß die progreſſive Vermehrung der Menſchheit nur dann in gleicher oder ähnlicher Weiſe wie jeßt erfolgen werde, wenn die vier Tendenzen des modernen Kulturlebens : Nechts: (dyuß und Humanität, Konſolidierung des individuellen Lebens, Beſeitigung der Kriege und Feſthaltung der Ehe, nicht nur in vollem Umfange aufrecht erhalten , ſondern aud) auf die ganze Menſchheit ausgedehnt werden . Daß dieſe Tendenzen dem Mittelalter und dem Altertum zum großen Teile fremd waren , iſt eine bekannte Thatſache.
ſpridyt nad einigen thatſächlid, nachgewieſenen Verhält
Ein anderer Einwand fönnte jo formuliert werden,
niſjen durd aus der Wirklichkeit. Die von mir gewählten
daß der menſchliche Geiſt ſtets Mittel und Wege gefunden hat, um über ſcheinbar unüberwindliche Schwierigkeiten zu
Beiſpiele ſind aber um ſo lehrreidyer, da ſie zeigen, daß die Völker nidyt bei aller Gunſt der politiſchen und wirt
(daftlidyen Lage, wie ſie bei den britiſchen Inſeln der Fall war, ſich vermehren , ſondern auch dann, wenn dieſe,
wie bei Deutſchland und Schweden, manches zu wünſchen übrig laſſen . Sollte man aber wirklid, die angenommene Verdop:
pelung in einem Jahrhundert als zu hoch gegriffen an : ſehen, nun , ſo könnte man das Verhältnis beiſpielsweiſe
ſiegen . Ohne Zweifel iſt dies richtig und kein Jahrhun bert iſt wohl reidyer an überraſchenden Entdeckungen als dasjenige, in weldem wir leben. Ob es aber jemals ge
lingen wird, die menſdliche Nahrung aus anderen Stoffen herzuſtellen, als es gegenwärtig geſdieht, das iſt jedenfalls eine große Frage, und Zweifel an deren Löſung ſind zur Zeit wohl noch geſtattet.
um die volle Hälfte vermindern und den gleiden Vor gang erſt in 200 Jahren eintreten laſſen. Dann würde ſich die Progreſſion folgendermaßen ſtellen :
Von Hanoi bis zur Grenze der Provinz Kuang-Si.
Im Jahre 1900 als Anfang 1000 Mill.
M. A. Aumoittés, franzöſiſchem Konſularbeamten in Hanoi.
Mitteilungen einer 1881 ausgeführten Forſchungsreiſe von 2100
2000
2300 2500
4000
Bearbeitet von E. B.
8000
2700
16,000
2900
32,000
Seit der Errichtung franzöſiſcher Konſulate in Ton fing im Jahre 1875 eriſtierten weder über Bac Ninh, die nädiſt Hanoi liegende Provinz, noch über Lang - Son, weldie an die chineſiſche Provinz Kuang -Si ſtößt, genauere Auskünfte und es beſchränkten ſich dieſe nur auf unzuver läſſige Nachrichten der Eingeborenen.
In tauſend Jahren würde alſo jener Zuſtand ein getreten ſein, weldhen wir als Uebervölkerung bezeidinen. Was ſind aber tauſend Jahre im Leben der Völker ? Sie gleichen kaum dem Zeitraum , der zwiſchen Karl dem Großen
und der Gegenwart verfloſſen, einem Zeitraum alſo, inner
Durch die Vermittelung des franzöſiſchen Konſuls in
Zuſammenhange entwickelt haben, und der in ſeinen Haupt
Hanoi, Mr. de Kergaradec, wurde mir ein offizieller Paß von den Mandarinen Hanoi's ausgeſtellt, wodurch ich die Erlaubnis erhielt, zu Pferde, in Begleitung von einem Dol
ereigniſſen vor uns ſteht wie ein geöffnetes Buch. Eine
metſcher und von Trägern, nach Lang-Son über Baca
traurige Sache aber wäre es, denken zu müſſen, daß, je
Ninh zu reiſen.
halb deſjen fid) die europäiſchen Volfer in unterbrochenem
Bon Pantoi bie zitr Grenze der Provinz Ruang Si.
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ſtadt Bac Ninh's , indem hier die Häuſer aus in der Form mißratenen Krügen und Särgen aufgebaut ſind. In Bac-Ninh angelangt, ſtieß ich ſchon auf Schwierig keiten, um weiter reiſen zu können. Der Gouverneur und
Nicht ohne Schwierigkeiten war dieſer Paß zu erlangen . Der Gouverneur von Hanoi, Tong- Doc-Huynh, entwarf mir perſönlich ein ſchaudererregendes Bild von dieſer Tour. Er wolle nicht meiner Reiſe hinderlich ſein, wie er behauptete, aber ich möchte es mir doch erſt genau überlegen ,
die übrigen Oberbeamten mad ten mir dieſelben Vorſtel
,,denn die Straßen hinter Bac Ninh wären ſchlecht, wimmelten von Tigern und Räubern ; das Waſſer ſei un-
Hanoi ſchon erfahren : unpaſſierbare Gebirge, Tiger und
geſund und verurſache den Eingeborenen Fieberkrankheiten, denen Europäer nicht widerſtehen könnten u. 1. W." Die Beſorgniſſe dieſeswürdigen Staatsbeamten machten
lungen betreffs einer Fortſeßung der Reiſe, wie ich ſie in ſchlechtes Waſſer ſollten mich von einem weiteren Vor dringen aufhalten.
auf mich keinen Eindruck, und zu ſeinem inneren Aerger
Nur durch beharrliches Feſthalten an meinem Plan und durch Widerlegung der Einreden , gelang es mir
war er gezwungen, mir den erwähnten Paß am 4. Juli auszuſtellen.
ſchließlich, eine Eskorte annamitiſcher Soldaten unter Füh rung eines Hauptmanns bis Lang-Son zu erhalten ; doch
Am folgenden Tag verließ ich gegen Mittag Hanvi
kam es mir vor, als ob meine Begleitmannſd)aft mehr zur
in Begleitung des chineſiſchen Dolmetſchers vom fran-
Beaufſichtigung meines Gebahrens, als zu meinem Schuß
zöſiſchen Konſulate und einer Eskorte annamitiſcher Soldaten, welche vom Gouverneur den Befehl hatten, mich bis Bac Ninh zu begleiten. Hier angelangt, ſollte ich eine
mir zugeteilt worden ſei. Am 8. Juli, Morgens, begab ich mich auf den Weg nach Phu -lang in Begleitung der aus 10 Soldaten be ſtehenden Eskorte und 10 Kulies, welche ich in Hanoi für die ganze Dauer der Reiſe gemietet hatte. Vom Gouver neur in Bac Ninh war meine Abreiſe nach Lang-Son dem
neue Eskorte erhalten, welche mich bis Lang-Son zu begleiten hatte.
In BacNinh langte ich am folgenden Morgen nach
Zurücklegen des 35 Km. langen Weges, welcher denſelben mit Hanoi verbindet, an. Auf dieſer Strecke, welche ich im vergangenen Jahre
dortigen Gouverneur gemeldet und außerdem war der Be fehl an die auf dem Wege dorthin liegenden Tram- oder Poſt
einzigen Aufenthalt verurſacht der Uebergang des Song-
häuſer gegeben , mir vorkommendenfalls Träger zu ſtellen. Leştere Maßregel war mir ſpäter, auf meiner Rücreiſc, von großem Nußen, indem acht meiner Leute durd Fieber
Chi oder Kanal der Waſſerfälle, welcher aber ohne Sdwie :
frankheiten unterwegs zurückbleiben mußten.
rigkeit in einer Dichonke, Pferde und Bagage aufnehmend,
Von Bac Ninh nach Phu - lang. Bac Ninh verlaſſend, erreicht man in einer guten Stunde zu Pferde den Song -Can, welcher hier eine Breite von ca 200 m . zeigt und bei gewöhnlichem Waſjerſtand mit Pferden und Bagage mittelſt Fähre zu überſeßen iſt. Die von hier zwiſchen Reisfeldern weiterführende Straße bis Phu-Lang iſt breit und gut gehalten. Die
ſchon bereiſt , zeigt ſich nichts Bemerkenswertes.
bewerkſtelligt wird.
Den
Auf halbem Wege nach Bac Ninh
liegt das Dorf Phu-Tu-Son, von wo aus man eine ganze Anzahl anſcheinend noch reicher Dörfer paſſiert. Das Land iſt hier ganz flad) und überall aus Reisfeldern beſtehend.
Die Stadt Bac Ninh, Hauptplaß der großen und prachtvollen Provinz gleichen Namens, in einer hügeligen Gegend liegend, iſt als Handelsplaß weniger bedeutend ; dagegen durch ihre aus Ziegeln erbaute Zitadelle, welche
als regelmäßiges Sechseck angelegt iſt, ein ſehr gut gewählter ſtrategiſcher Plaß, welcher die Straßen nad Thai-
Nguyen, Lang -Son und Hai-Duong beherrſcht.
Einwohner der Gegend find arbeitſam und wohlhabend.
Auf der ganzen Strecke ſah ich dichtbevölkerte Dörfer. In Phu - Lang am Fluſie Song - Thuong angekommen , begab id) mich mit meiner Reiſebegleitung in das ,,Dinly", ' um auszuruhen. Phu -Lang iſt ein Stapelplaß für Salz von der Küſte, 1
Bac-Ninh iſt der Siß eines General-Gouverneurs (Tong-Doc) über die Provinzen Bac Ninh, Lang-Son und
welches hier, in kleine Körbe verpadt, ſeinen Weg nach der
Cao-Bang, eines Dberrichters (Quan-An) und eines Ober:
Von Phu - Lang bis Lang - Rep. Nach eintägi gem Aufenthalt verließ ich Phu-Lang, um mich nach Lang
verwalters (Quan-Bo). Außer der zivilen Verwaltung hat Bac:Ninh auch einen Oberbefehlshaber der Truppen der Provinz.
Die Hauptſtraße der Stadt iſt von Geſchäftsleuten,
zum größten Teile Chineſen, bewohnt, welche ſpeziell Apothekerivaren , baumwollene Stoffe, Harz 2c. führen.
Eine
bedeutende Induſtrie des Ortes iſt die Fabrifation von großen Krügen, für Waſſer und Dele beſtimmt, und von kleinen Steinfärgen, worin die Knochenreſte der Verſtor benen nach der Ausgrabung verwahrt werden . Einen ganz eigentümlichen Anblick gewährt eine Vor-
chineſiſchen Provinz Kuang-Si nimmt.
Kep zu begeben. Auf dieſem Wege verändert ſich die Landſchaft vollſtändig ; der Boden wird hier don uneben und teilweiſe hügelig, die Straße (dymäler, auch die Reis. felder werden ſeltener und die Bevölkerung nimmt zuſehends ab. Ungefähr eine und eine halbe Stunde Weges vor Lang-Rep erreichte ich die erſten wirklichen Hügel, von denen
aus idy ſehr genau nach Dſten bewaldete Gebirgsketten 1 Jede Stadt oder jedes Dorf in Tonking beſitzt ein Dinh oder Haus, wo der Reiſende Obdach findet.
Von Hanoi bis zur Grenze der Provinz Kulang-Si.
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entdecken konnte. Dieſe Retten bildeten die Grenze des Vordringens der Rebellen in den Jahren 1878, 1879 und 1880.
5 Tiens für die Tracht = 64 Catties (ein Cattie
= 600
Gramm), gehörte meinem Wirt, dagegen wurde die Ab: gabe auf Dpium, ein Taël = 71 Fr. 43 Cent. pro Hun
Lang-Kep iſt unbedeutend. Die Obrigkeit wird hier durch einen „ Quan " vertreten , der zugleich Nichter, Steuereinnehmer und Befehlshaber der Truppen iſt. Ich blieb zwei Tage bei dieſem Oberhaupte, welches mir ſehr nütz: liche Belehrungen für meine Reiſe gab ; audy erhielt icy
dert, von einem anderen Chineſen eingenoinmen.
folche von einem Chineſen, der bei der hieſigen Opium .
redhts führte. Auf Halbem Wege links begann eine von
niederlage angeſtellt war. Auf den Nat des leßteren er : der Weg weiterhin durd chineſiſche Räuber unſicher ges
ſteilen Felſengruppen beſtehende Gegend fich auszubreiten , welche bewachſen und von einer Menge Väche und Waſſer fällen durchſchnitten iſt. Dieſe Gegend, äußerſt maleriſch,
worden war.
wo aber leider nur hödiſt ſchlechtes Waſſer zu finden iſt,
Meine 10 annamitiſchen Soldaten aus Bac-Ninh, nur mit Lanzen bewaffnet, waren im ganzen wenig furchterregend, und ſo erhielt id, denn von hier aus noch vier
wird von einem ca. 3000 Köpfe zählenden Bergvolt, „ Tho ",
ſuchte ich um Verſtärkung meiner Begleitmannſchaft, weil
mit Luntenflinten bewaffnete Bergbewohner zur Verſtärkung
mit, welche midi bis Bac-Le begleiten ſollten. Von Lang - Kep bis Bac - le. Nach kurzem Aufenthalt in Lang -Kep madyte ich mich am 11. Juli mit meiner verſtärkten Eskorte nad Bac-Le auf den Weg.
Die Straße führt durd, eine wilde, von Bädhen durdı: ſchnittene Gebirgslandſchaft; von Dörfern iſt nichts zu feben. Zur Negenzeit iſt ein Paſſieren dieſer Gegend jedenfalls ſehr ſchwierig. Auf der ganzen Strecke, bis Truong-Ranh, iſt kein gutes Waſſer zu finden.
Daß dieſe Gegend aber früher bewohnt und angebaut geweſen, zeigen die Ruinen ehemaliger Wohnungen und Hütten und aufgegebene Reisfelder. Während des Auf: ruhrs von 1878–1880 iſt alles zerſtört worden und die ſo vertriebenen Einwohner ſind aus Furcht in dieſe ab:
gelegenen Gegenden nicht wieder zurückgekehrt.
Kurz vor Bac-Le famen mir ſedis unbewaffnete Chineſen entgegen, wovon der eine mir ſagen ließ, daß er Hauptmann des Militärs im Diſtrikte wäre, und da das
Von Bac Le bis Truong - khanh. Am 13. Juli .
verließ ich Bac-le, und nachdem ich in einer Stunde eine
Hügelkette überſchritten, kam ich auf einen ſehr guten Weg, welcher bis Truong-Khanh zwiſchen Anhöhen links und
bewohnt.
Während dieſer Strecke hatte id, wenig unter der Hiße zu leiden, da der Weg oft durch dichtbewachſene Gründe führte. Auf halbem Wege mußte ich bei einer geheiligten Pagode Halt machen, da hier ein jeder ſein Scherflein einer in der Pagode aufgeſtellten Statue oder ridtiger geſagt, dem Wächter opfern muß. Der dyineſiſche Oberſt aus Bac-Le, welcher mich bis Truong- Khanh begleitete, erflärte mir die Notwendigkeit, hier eine Gabe zu verabreichen , und nachdem wir beim Thor der heiligen Stätte angelangt, warf ſich meine Be gleitmannſchaft, Soldaten , Kulies und Diener, auf die Erde. Ihre hervorgemurmelten Gebete dienen äußerſt inbrünſtig, und jeder, obgleich ja alle ſehr arm , gab dem Wädyter einige Sapeken . Als ich ſpäter meinen Leuten
dieſes Geld wieder zahlen wollte, weigerten fie ſidy foldes anzunehmen, behauptend, daß die Gabe nur perſönlich eine Wirkung habe. In Truong-Khanh wurde ich vom Quan - Phu (Ober: beamter ), welcher von meiner Ankunft benachrichtigt war, mit großem Gefolge, lanzentragenden Soldaten , Trom:
peter 2c., empfangen und von ihm eingeladen, bei ihm zu
Tram ( Poſthaus) im Drte nicht mir und meinen Beglei-
wohnen. Truong -Khanh liegt ſehr hübſdh am Song- Thuong
tern genügen könnte, er mir ſein Haus als das größte des Dorfes zur Verfügung ſtellte.
Fluß.
Nach den von mir in Bac Ninh eingezogenen Erkundigungen glaubte icy in Bac-Le eine kleine Stadt oder mindeſtens ein großes Dorf zu finden , konnte aber hier nur
ungefähr ein Dußend zum Teil ſehr elender Hütten entdecken. Mein Wirt fonnte mid) über manches aufklären,
weswegen ich 24 Stunden ſeine Gaſtfreundſchaft in Anſpruch nahm. Er war von der annamitiſchen Regierung mit einer Abteilung Soldaten hierher verlegt, um das Land von Räubern frei zu halten und die Warentrans-
porte zu beſchüßen. Von der Regierung erhielt er für jeden Soldaten monatlich, 1/2 Ligatur = 1 Fr. 20 Cent. und ein Maaß Reis (35-40 Kgr. ) , außerdem war er
Die Einwohner , Miſchlinge von Chineſen und
Annamiten, handeln hauptſächlich mit Holz, aber auch mit Baumwollenſtoffen und Apothekerwaren. Die Reisfelder der nädyſten Umgebung ſind ausgedehnt und genügen für
den Konſum des Ortes ; leider iſt aber das Waſſer un genießbar. Der Oberbeamte ließ gerade zu meiner Zeit eine aus Bambusröhren verfertigte Waſſerleitung von einer in der Gegend gefundenen guten Quelle anlegen. Das Waſſer des Song-Thuong, nocy trinkbar bis Lang-Rep, wird von dieſer Stelle an durd, Zuflüſſe über mineraliſche Bodenarten und durch allerhand verweſte Teile aus den Wäldern verunreinigt und der Geſundheit ſchädlidy. Id wurde in Truong-Khanh auf's Freundlicyſte auf: genommen und während meines 24 - ſtündigen Aufenthalts
ermädytigt, einen Zoll von einem Tien = 10 Cent. von
dort in keiner Weiſe beläſtigt. Es war der einzige Ort
jedem Warenträger zu nehmen. Für Dpium und BadianDel wurde ertra gezahlt. Die Abgabe auf Badian-Del,
auf meiner Reiſe, wo man mich nicht durch ein ſonſt ſebr deutlid ſid) zeigendes Spionageſyſtem langweilte.
Von Hanoi bis zur Grenze der Provinz Kuang Si.
Der dyineſiſche Oberbeamte hatte von Lang Son Bes fehl erhalten, mich zu dieſer Hauptſtadt zu begleiten , und daher, als ich mich von Truong -Khanh auf den Weg be gab, hatte ich ein wirklich ſtattliches Gefolge. Zwanzig
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gemacht; nicht gerade wegen der kleinen Strecke direkt bis
zur chineſiſchen Grenze, nach Cua-Ai, dagegen aber wegen meiner beabſichtigten Tour nördlich nach Cao -Bang. Da überall in den Orten diesfeits an der Grenze chineſiſche
chineſiſche Soldaten mit Trompeten, Flinten und Fahnen ,
Soldaten in Garniſon lagen, ivar der Gouverneur wahr
von ihrem Anführer zu Pferde geführt, zogen voran, dann fam ich mit meinen 10 annamitiſchen Soldaten aus Bac Ninh und ſchließlich meine Träger mit der Bagage.
ſcheinlich ängſtlich, mit dieſen in Konflikt zu geraten. Dieſe dhineſiſchen Truppen waren auf Wunſch der Regie:
Auf halbem Wege nach lang- Son wurde in Cut, einem kleinen Dörfchen , geraſtet. Die Höhen dieſer Gegend bilden die Grenze des Bedens des Roten Flufies, und hier beginnt ſchon das Waſſerſyſtem der chineſiſchen Flüſſe.
Mehrere Nebenflüſſe ergießen fid in den bei
Lang Son fließenden Song -Ki-Rung, welcher durch die chineſiſde Provinz Louong - Chau geht. Es iſt ohne Zweifel, daß ſämtliche Waſſerläufe, von Cut aus gerechnet, ſich nidit in das tonkineſide Deita ergießen.
Der Gouverneur von Lang -Son und mehrere Chine fen, welde, aus der Provinz Canton kommend, nach An nam gereiſt ſind, haben mir die Verſicherung gegeben, daß der Song-Ki -Siung durd) China fließt, und daß der ſelbe die Nebenflüſſe des bei Canton fid) ergießenden
rung in Huë von China nad hier verlegt worden, um das Land von Räubern zu ſäubern und die Ordnung auf recht zu erhalten. Die chineſiſche Grenze bei Cua-Ai iſt
von Lang-Son nicht weit abgelegen. Ich habe dieſe Strecke in dreieinhalb Stunden zurückgelegt, denn der nach dort führende Weg war breit und gut gehalten. In dieſem Teil des Landes wird das erwähnte Ba dian- Del gewonnen . Das Del wird in Tonking und China zu mediziniſchen Sweden verwendet und koſtet ein Picul = 60 Kgr. dieſes Deles ca. 150 Taëls ( 1 Taël = 7 Fr. 43 Cent.). Aus der chineſiſchen Nachbarprovinz Kuang -Si wird eine fabelhafte Quantität Dpium eingeführt. Dieſes iſt
aber nicht wie dasjenige aus Benares in Kugelform, ſon dern in Form fladjer Brote wie dasjenige aus dem Fün
Stromes erreidyt.
nan , gemodelt, und bedeutend billiger als das indiſdhe
Der Song-Ki-Kung entſpringt den Gebirgen an der Grenze der tonkineſiſdien Provinz Duang- Jen, wird aber erſt ſdiffbar bei That-Ke, zwiſchen Lang-Son und Cao Bang.
Opium.
Eine Stunde vor Lang-Son wurde ich von cinem
Abgeſandten des Gouverneurs empfangen und eingeladen, in der Zitadelle der Stadt mein Quartier aufzuſchlagen. Dieſe Zitadelle, ein großes Viereck bildend, deſſen
Mauern aus Ziegeln aufgeführt ſind, enthält aud die Wohnungen des Gouverneurs, ſowie ſämtlicher ſonſtiger Beamten.
Die Gegend von Lang-Son iſt ſehr geſund und ſchöne
Kulturen von Reis und Baumwollenwaren überall zu ſehen. Eine ſehr bedeutende Induſtrie bildet hier das Gewinnen des Badian - Dels, welches aus den Samen eines Strauches, des Illicium avisatum , Sternanis, zu
Leider wird es von Arm und Reich zu allen
Tageszeiten geraudyt.
Die Straße zur Grenze führt über Dong-Dang, wo ebenfalls eine kleine chineſiſche Garniſon lag. Bald befand id) mid mit meinem Führer (meine Eskorte hatte ich in
Lang-Son zurückgelaſſen ) vor dem Eingangsthor China's. Eine Ziegelmauer, worin das Thor angebracht iſt, bildet die Grenze und obgleid, dieſe zur Zeit nicht bewacht war, da die Soldaten gerade in Dong- Dang waren, erlaubte mir mein Führer das Betreten des Reiches der Mitte nid)t. Ich hätte gerne meine Erkurſion bis Luong Chau fortgeſett, mußte aber meinen Plan, um Unannehmlich keiten zu vermeiden , aufgeben, und kehrte, nadidem id) das Thor China's, wodurch id, nid)t dringen konnte, ſfiz ziert, nach Lang-Son zurück.
der Familie der Magnoliaceen gehörend, erhalten wird.
Auf meinem Rückweg erfuhr ich in Dong- Dang durch
Die Bevölkerung hier hat don viel Aehnlichkeit mit den Chineſen und auch äußerlich zeigt ſid, in der Klei dung dieſes.
es mir, hierüber Ausfünfte zu erhalten. Id war wohl der erſte Europäer, welder hier erſchienen , und konnte
den Dpiumpächter, bei dem ich übernachtete, daß die Straße über That-Khe nady CaoBang gerade von hier aus ab gieng. Sofort machte ich mid daher auf dem Wege nad) Lang-Son zurück, um mir das Nötige für eine achttägige Reiſe zu holen. Sehr angenehm überrajdyt wurde id) in LangSon durd, das Eintreffen des Paters Fuentes, eines ſpaniſchen Miſſionars, weldier ebenfalls nady Cao-Bang reiſen wollte, um dort eine Miſſion zu gründen. Es war das erſtemal, daß ein Miſſionar bis hierher gelangt war. Wir beſchloſſen
wohl merken, daß mir wiſſentlid, und auf Befehl alles,
ſofort, unſere Reiſe gemeinſchaftlich zu machen und brachen
was mit den Hülfsquellen des Landes in Verbindung ſtand, verſchwiegen wurde.
am 24. Juli nad That-Khe auf, um dieſe Tour in drei Etappen, von Lang -Son nad Dong-Lam über Dong Dang,
Hier in Lang -Son wurden mir ſchon wieder, ſeitens
von Dono-Lam nach Ro und von Ro nach That-Khe,
Bei Lang -Son follen Silberminen vorhanden ſein und ich wollte natürlich dieſe in Augenſchein nehmen ; doch iſt es mir trot meines adyttägigen Aufenthaltes in Lang
Son nicht gelungen, nady dort geführt zu werden. Weder von den Mandarinen, nody von anderen Perſonen gelang
des Gouverneurs, Schwierigkeiten wegen der Weiterreiſe
auszuführen .
Geographiſche Neuigkeiten .
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Die Gegend, welche wir durchzogen, war prachtvoll, der größte Teil unſeres Weges führte an dem Song -Ki Kung - Fluß entlang, welcher aber infolge einer Menge kleiner Waſſerfälle und in ſeinem Bette liegender Felſen nicht ſchiffbar iſt. Erſt von That--Rhe an wird er dieſes.
baten als Eskorte mit .
Ohne bemerkenswerte Vorkomm :
niſſe wurde der Rückweg auf derſelben Route, auf welcher ich vorgedrungen, zurückgelegt.
Die Einwohner dieſer Gebirgsgegend find Acer bauer, deren Hauptkulturen in weißem und rotem Mais,
Geographiſde Neuigkeiten.
ſowie in Anpflanzungen des Sternanis -Straudzes beſtehen. Reisfelder waren ſehr wenig zu entdecken. Die Häuſer
* Mr. David Lindſay's Expedition zur Auf
ſind hier auf Pfähle gebaut ; der obere Stock dient als
ſudung der Spuren von Dr. Leidyhardt. Seit
Wohnung, während der untere Teil, weldher zur Nadyt
37 Jahren iſt einer von denjenigen Reiſenden , welche zur Erforſd)ung der unbekannten Teile Auſtraliens die her: vorragendſten Dienſte geleiſtet haben , Dr. Leidshardt, ſpurlos verſdywunden. Die Regierung von Südauſtralien hatte ſeither nid)ts gethan , um wenigſtens die Reſte der Mitglieder 'von deſſen Erpedition aufzufinden . Nun iſt ein wohlbekannter Forſchungsreiſender, Mr. David Lindſay, feit Mitte Oktobers vorigen Jahres daran, dieſe mühſame und gefährliche Aufgabe zu erfüllen , und zwar auf ſeine eigene Koſten. Die Erpedition iſt am 26. Dkt. 1885 von Adelaide
vollſtändig geſchloſſen wird, zum Beherbergen der Haustiere benußt wird. Sdyweine und Geflügel ſah ich hier ſdyöner als im Delta. Ueberhaupt dienen die Bewohner wohl habend zu ſein. In dieſer Gegend ſind die Tiger ſehr zahlreich und fügen den Einwohnern viel Schaden zu ; daher die Häuſer aud), wie ſchon erwähnt, auf Pfähle gebaut ſind.
Der Weg nach That -Rhe führt über Dong - Lam , einen
Marktflecken von einiger Vedeutung, ebenfalls von einer dyineſiſchen Garniſon beſeßt. Hier wurde ich ſchon wieder, dieſesmal durch zivei uniformierte Chineſen , aufgefordert,
umzukehren ; dieſelben drangen in meine Hütte ein und unterſuchten ſogar meine Sachen. Es blieb mir nidhts weiter übrig, als dieſe Herren de facto hinaus zu werfen, und da dieſelben Miene madyten von ihren Reiterpiſtolen Gebraud) zu machen , fieng aud) id) an, meinen Revolver
etwas näher zu unterſudien . Dieſes Manöver genügte, meine Herren Cangzöpfe zogen ſid) zurück. Von Dong-Lam über No, welches nur ein Tram iſt, zog ſich unſer Weg durch eine ſehr maleriſdie Gegend, vom Song -Ki-Rung durchfloſſen. Zweimal mußten wir in der
abgegangen und hat die Eiſenbahn benüßt bis Herrgott Springs " , die leßte Station der Nordeiſenbahn unter 290 34 ' 1. Br. und 137 ° 50' ö. L. von Gr. Von hier hat ſie zunächſt eine nordnordweſtliche Richtung nach dem Finke - Fluß eingeldlagen , welder in den McDonnel
Gebirgen entſpringt, um den Unterlauf dieſes Fluſſes genau zu ermitteln. Herr Lindſay wird dann mit der größten Sorgfalt das noch gänzlich unbekannte , öſtlich vom Finke-Fluß gelegene Gebiet unterſuchen, das einen
Flädienraum von ungefähr 941 geogr. Q.-Min. hat und worin man , nadh mehrfaden Anzeichen , Spuren von Dr. Leichhardt's Erpedition zu finden hofft.
Hierauf wird
Fähre denſelben paſſieren.
Herr Lindſay ſich nach Nordnordoſt gegen den Herbert
That-Khe iſt ein Flecken von ziemlider Bedeutung, worin zur Zeit eine dyineſiſche und eine annamitiſche Gar
Fluß wenden , welcher unter 200 56' 1. Br. und 1380
niſon lag . Ein kleiner Fluß, welcher aus der Provinz
ö. L. aus der Provinz Queensland in das Gebiet von Südauſtralien tritt, und wird dort die ihm aufgetragenen
Thai-Nguyen, bei Cao Bang vorbeikommend, ſid, hier gleich
Vermeſſungen vornehmen. Nach der Beendigung derſelben
oberhalb That-leh in den Song -Ki-Kung ergießt, iſt für kleinere Dichonken diffbar. Von hier aus wird auch le terer Fluß mit Fahrzeugen befahren und nimmt die Rid ) tung durd) die chineſiſche Provinz Kang -Si über die nädyſte Grenzgegend, Luong - Chan genannt. In gerader Richtung iſt die chineſiſche Grenze von hier nur ca. zwei
wird er ſeine Reiſe nach dem Golf von Carpentaria fort: ſeßen und dieſelbe wahrſcheinlich am MacArthur-Fluß
Stunden abgelegen.
Eine gute Straße führt in drei
Tagesmärſden nady Cao- Bang. Leider gelang es mir nicht, und zwar durch meinen
beendigen , deſſen Mündung unter 15 ° 46' 1. Br. und 136 ° 44' ö. L. liegt. Außer Herrn Lindſay, dem Haupt der Erpedition, beſteht die Gruppe nody aus den Herren Herm . Dietrich, früherem preußiſchen Artillerie-Lieutenant, als Naturforſcher, W. D. Glyde, F. W. Leed ), Georges Lindſay und M. Warner, und verfügt über mehr als zehn Kameele. Die Reiſe wird vermutlich ein ganzes Jahr ( G. g.)
dineſiſchen Führer, weder nach Cao-Bang, nod nad China vorzubringen. Meinem Reiſebegleiter, dem Miſſionar Fu entes, wurden keine Hinderniſſe in den Weg gelegt und
bauern .
derſelbe gieng von hier nach Cao-Bang, um dort eine
in hübſchem Quartformat, gegründet worden , welche die Landeskunde und die Entwicelung des Territoriums fördern foll. Es iſt die vierte der nun in Alaska ſelbſt erſcheinen den Zeitungen, nachdem in den jüngſten Jahren mehrere die alaskaniſchen Angelegenheiten behandelnden periodiſchen
Miſſion zu gründen. Ich kehrte daher in drei Tages: märſchen nach Lang-Son zurück, um mich hier auszuruhen.
Von hier aus gab man mir als Begleitung bis Hanoi den Sohn eines der höheren Beamen und zwölf Gebirgsſol
* Die neueſten Nad richten aus Alaska.
In Sitka iſt eine neue Wochenſchrift, „The Alaskan“,
Kleinere Mitteilungen.
399
Schriften in San Francisco erſchienen ſind. Die , Alaska
bis 500 Dollars Waſdygold, und berichten, das Klima ſei
Times “ in Groß -Quart, herausgegeben von T. G. Murphy,
demjenigen von Montana ſehr ähnlich . * Cabot - Straße , Neufundland .
(Sc.) Die bisber
erſchien erſtmals im Mai 1868 und eriſtierte ungefähr zwei Jahre unter der militäriſchen Difupation. Mehrere Nummern mußten in Ermangelung anderen Materials
unbenamſte Meerenge, welche die Inſel Kap Breton von
auf Padpapier gedruckt werden.
gouverneur von Canada ihrem Entdecker zu Chren ,,Cabot
Dieſer folgte 1875 das
Neufundland trennt, iſt unter der Mitwirkung des General
Alaska Bulletin“ in Klein - Folio, welches auf der Preſſe
Straße" genannt und unter dieſem Namen auch auf den
der einzigen damals in Sitka zurückgebliebenen Kompagnie Militär gedruct wurde. Hievon erſchienen ungefähr ſieben
Karten der britiſchen Admiralität eingetragen worden.
vierzehntägige Nummern . Im Dktober 1876 wurde ein neues
ähnliches Blatt unter dem Titel „Sitka Post“ begonnen und mit ſeiner vierzehnten Nummer beendet, als die Truppen
von Sitka zurüdgezogen wurden . Die gegenwärtige Zei tung iſt von einem ernſthafteren Charakter als ihre Vor: gängerinnen, und die uns vorliegenden ſieben Nummern enthalten manche intereſſante Notiz, welche außerdem ver loren gehen würde. Einer der Ortsbeamten liefert eine wöchentliche meteorologiſche Ueberſicht. Unter dem 12. De
zember 1885 bemerft der Herausgeber, die Temperatur erhalte ſich ſtändig auf 70 C. und er habe einen Rohl: kopf erhalten, welcher in jener Woche in einem der Orts gärten geſchnitten worden , noch ganz vom Froſt unbe ſchädigt, dicht und feſt geweſen ſei und einen Durchmeſſer von 15 e. Zoll gehabt habe. Ein Expreßbote im Kanoe nahm die wöchentliche Ausgabe des Blattes von Sitfa
nach Jumau in drei Tagen , auf eine Strecke von unge fähr 180 e. Min . Eine neue Stadt, welche den Namen Edwardsville führen ſoll, war in der Nähe der Bergwerke auf der Douglas Inſel im Entſtehen. Die Treadwell -Grube, deren Betrieb allerdings durch Waſſermangel etwas geſtört worden war, hatte im vorangehenden Monat ungefähr 75,000 Dollars in ungemünztem Golde geliefert. Die Bergwerke der Silver-Bay in der Nähe von Sitfa waren
von einer Geſellſchaft Kapitaliſten in die Hand genommen worden. Die Thranſiedereien von Killisnoo waren im ſchönſten Betrieb und hatten mit dem leßten Dampfer 300 Tonnen Häringsthran verſchickt. Von Fort Reliance ſchrieb ein Herr E. Heß, daß die Eingeborenen über Trage pläte die Reiſe von dort nach dem Tananah-Fluſſe in adt Tagen zurückgelegt hätten, und daß ſie die Reiſe vom Quellgebiete des Tananah nach dem Kupfer- Fluſſe in vier bis ſieben Tagen zurüdlegen. Der Oberlauf des Tananah liegt dem Weißen Fluſſe ſo nahe, daß die Tenan-Kutſchin Indianer über denſelben mit ihren Pelzen feben und ein Floß bauen , auf weldjem ſie den Weißen Fluß herab fahren nach dem Yukon , und auf dem lekteren dann bis Fort Reliance, wo ſie ihre Pelze verhandeln ; auf dieſe Art legen ſie zu Waſſer dae Vierfadye der direkten Ent:
kleinere Mitteilungen . * Die Mekeleien in þarrar. Die italieniſchen Truppen haben ſich bekanntlich der Hafen ſtadt Sela (Zeila) und der Stadt Harrar an der Kiiſte des Meer
buſens von Aden bemächtigt und dadurch eine ſehr feindſelige
Stimmung unter den dortigen Einwohnern hervorgerufen, weiche binnen weniger Wochen 311 grauſamen Metzeleien geführt hat, deren eine die franzöſiſche Karawane eines Herrn Barral, die andere die italieniſche Erpedition des Grafen Porro betraf.
Die erſtere tragiſche Begebenheit fand auf der Grenze des Reiches Schoa unter folgenden Umſtänden ſtatt: Die nach Schoa beſtimmte Karawane Barral, beſtehend aus Herrn Barral und ſeiner Frau, Herrn Savouré und dem Dolmetſcher Dmitri Rhigas, fiihrte ungefähr 3000 Gewehre und eine große Menge Munition mit ſich. Sie hatte Harrar , das Stelldichein aller Stämme der Somali, Gallas, Danatil und Abeſſynier, verlaſſen , um ſich nad )
Faré 311 begeben , und nach zwei Tagereiſen die ſchwefelhaltige Quelle Amohiſja erreicht, als Herr Varral mit ſeiner Frau und dem Bruder des Sultans von Loitah nebſt neunzehn wohlbewaffneten
Abeſſyniern vorausritt, um Waſſer zu ſuchen. Zwei Kilometer von ſeiner Karawane entfernt, ſah er eine bedeutende Anzahl Ein geborenier aus dem Gebiiſche heraus und in feindſeliger Abſicht auf ſich zu kommen und wollte eben eine Salve auf ſie abgeben , als Muhamed Loitah ihn davon abhielt mit den Worten : „ Fürchte nichts, es ſind Danakils, ich will eine Unterredung mit ihnen pflegen .“ Dies geſchah. Die Aſſaimaras vom Stamme Badoo unter dem Häuptling Momèni erklärten hierauf, ſie ſeien gekommen , um die Karawanie Chefneng 311 plündern , welche mit reichen Schäten aus Schoa zuriidkomme. Loitah machte ihnen bemerklich, ſie täuſchten ſich im Wege, da ſie ſich auf dem Gebiet des Stammes der Mullu befänden ; auch gehe ihre Karawane erſt nach Abeſſynien und fiihre mur Waffen bei ſich. Der Häuptling ſchien dieje Grinde 311 achten , allein einige Ingeduldige erklärten die Gelegenheit für giinſtig und wollten angreifen, da ſie zu dieſem Zweck gekommen
ſeien. Um ſie zum Schweigen zu bringen, riet loitah Herrn Barral, einige Flintenſchiijje in die Luft abzufeuern. Unglüdlicher weiſe beſtand aber die Bewaffung der Schwarzen aus Perfuſſions gewehren nebſt fünf Remington -Wichſen , und die Afjaimaras, die umr einen Augenblic verbliifft waren , bemerkten bald, daß ſie ge wonnenes Spiel hatten. Während daher die Abeſſynier mit großer Mihe ihre Gewehre wieder luden , griffen die Ajjaimaras dieſelben mit Speerſtößen an und daraus entſpann ſich ein Handgemenge,
fernung von ihrer Heimat nach dem Fort zurück. Herr Heb hatte ſich entſchloſſen, am Weißen Fluß zu überwintern. Er fand an mehreren Stellen Gold in placeres und in Quarz und auch ein Erz, welches er für Nickelerz hält, Die Goldſucher am Lewis-Fluſſe gewannen an den Barren
in weldem die kleine Truppe binnen weniger Mimiten nieder gemetelt wurde. Muhamed loitah wurde durch den Häuptling Momèn gefangen genommen und ihm verſichert, daß ihm nichts
dieſes Fluſies während des furzen Sommers je für 200
Sultans nieder. Von hier aus griſjen die Aſjaimaras das Gros
zu leide geſchehen ſollte. Da aber Momèn einige Augenblice
ſpäter eine Kugel ins Handgelenke erhielt ind infolge der Ver blutung ſtarb, hieben die Leute von Sadoo auch den Bruder des
Kleinere Ditteilungen .
400
der Karawane an ; die Stameeltreiber zerſchnitten alsbald die Riemen, welche die Kiſten auf den Kameelen hielten , beſtiegen
welchem Zwede ſie außer vielen Waren eine Barſumme vou
dieſe , ergriffen die Flucht nach Harrar und ließen ſämtliche Waren
urſpringlich ein ſehr viel weiterer geweſen : man verſprach ſid
im Stich. Herr Savouré dedte den Riidziig. Zwei Tage nach dieſer Begebenheit fam die Karawane Chefueur an . Die Leute derſelben
davon nicht weniger, als daß derſelbe dem italieniſchen Handel das ganze ungeheure Somali- land erobern würde. Nachdem ſich ſechs Mitglieder der Erpedition von derſelben losgelöſt hatten, beſtand ſie noch aus dem vierzigjährigen, aus Mailand gebürtigeri Grafen Beter Porro, einem ehemaligen Ravallerieoffizier, dem neapolitaniſchen Profeſſor Licata , dem piemonteſiſchen Grafen Cocaſtelli di Montiglio, dem Afrifareiſenden Sumbert Romagnioli, der ſchon im vorigen Jahre mit ſeinem Freunde Fernet in Harrar geweſen war, dem Schiffsarzte Gottardi, dem Kaufmann Wilhelm Zanini, den Herren Paul Bianchi und Julius de Angelis , ſowie dem Diener Blandini, insgeſamt alſo aus neun Italienern . Mehrere Mitglieder des Unternehmens, wie z. B. Porro und Zanini, waren gleichzeitig Teilhaber des in Sanſibar anſäſſigen
waren auf ihrer Hut und als ſie über 2500 Gewehre auf dem
Boden zerſtreut, die Kiſten eingeſchlagen und verſtiimmelte menſch licher Glieder umherliegen jahen, begriffen ſie ſogleich, was hier vorgegangen war. Mouſeigneur Louis de Gonzague, der apoſtos liſche Vikar von Schoa, ſuchte mit ſeinen Miſſionaren die zer ſtreuten Ueberreſte der beiden Franzoſen zuſammen , die man aber
kaum mehr erkennen konnte, weil die Hyänen darüber geweſen Man erwies ihnen die letzte Ehre und lagerte dann an
warenr .
Ort und Stelle, um ſoviel wie möglich von den Gewehren und
der Munition zu retten . Herr Chefneur bethätigte eine große auf opfernde Hingabe, indem er ſeine eigenen Kameele mit dieſen Waffen belud und ſie Herrn Savouré in dem Augenblick über brachte, wo dieſer, von allem entblößt, traurig den Weg nach Schoa einſchlug, um dort Hilfe zu ſuchen. Dieſer invorher geſehene Ueberfall, welcher für die beiden Franzoſen folch ver hängnisvolle Folgen hatte, ſcheint am 25. Februar etwa vierzig Tagemärſche weit im Junern ſtattgefunden zu haben . Der König von Sdoa und die Stämme Loitahs wollen demnächſt den Stamm
der Badoo ziichtigen , welcher von Schoa abhängt, indem er an geblich dem Menelet einen fleinen Tribut bezahlt. Der andere Fall iſt folgender: Die Expedition , welche der
Mailänder Verein für koloniale Forſchung nach Afrika geſchickt hatte , iſt auf Befehl des Emirs von Harrar ermordet worden . Dieſe Expedition verließ Neapel am 26. Januar; ſchon bei ihrer Ankunft in Aden wurde Graf Porro durch den engliſchen Roma miſjär Major Hunter von den Schwierigkeiten in Kenntnis geſetzt, die ſich in jenein Augenblick der Verwirklichung ſeines Reiſeplanes entgegenſtellten. Jufolge davon wurde das Reiſeprogramm etwas abgeändert und ein Teil der Expedition kehrte nach Maſiana
50,000 Lire mit ſich führten . Der Zwed des Unternehmens war
Hauſes Filonardi, fir deſſen Rechnung wohl auch die beabſichtigten
kaufmänniſchen Geſchäfte hätten ausgeführt werden ſollen. Auf fallend muß es erſcheinen, daß, während man die anglo-indiſchen Soldaten, die allerdings Mohamedaner ſind, blos entwaffnete und gefangen nahm , die italieniſchen Reiſenden ſämtlich getötet wurden . „ Wir ſind eben “, ſo erklärt ſich eine römiſche Zeitung dieſe Thatſache, „weniger gefürchtet als die Engländer, aber trotzdem nidit weniger verhaßt." Auch wird daranf hingewieſen , daß, während nach der im September 1884 an der abeſſiniſchen Grenze erfolgten Ermordung Bianchi's alle umwohnenden Fürſten die Verantwortlichkeit möglichſt von ſich abzuwälzen ſuchten , der Emir Abdallahi von Harrar allein ganz offen auftrat, faſt als ob der Krieg ſchon erklärt ſei. Obwohl von all den vielen au afrikaniſchen
Forſchungsreiſenden begangenen Frevelthaten min .
deſtens 95 Prozent inbeſtraft geblieben ſind und nach Lage der Verhältniſſe unbeſtraft bleiben mußten , ſo erſcheint es doch nicht
gerade wahrſcheinlid ) , daß ſid, England die Entwaffnung und Gefangemahme ſeiner Soldaten ruhig werde gefallen laſſen. Aud) drängt namentlich die oppoſitionelle und radikale Preſje
zuriick. Graf Porro aber ſchiffte ſich mit dem Grafen Cocatelli, dem Profeſſor Licata und den Herren Zanini, Romagnoli und Bianchi nad Sela ( Zeila ) ein , von wo die Erpedition ſich nach Didaldeſſa (Caldezza) begeben ſollte. Die Mailänder „ Esplora
Italiens z11 thatfräftigen Maßregeln , vielleicht bloß deshalb, weil
zione commerciale “ enthält eine Reihe von Briefen des Grafen
ſdhleudern zlı kömmen .
Porro (welche wir unſeren Leſern demnädyſt im Auszuge mitteilen
lich ins Innere vorriidei: ließe , bei dem erſten , wenn auch noch ſo geringen Mißgeſchiď die Oppoſition ihre Auflagen noch lauter erheben würde, fann faſt als ſicher vorausgeſehen werden .“ r .
1
wollen ) aus Maſſana vom 23. Februar und ans Aden vom 8.
und 16. März mit intereſſanten Einzelheiten, und das ,,Bolletino “ der Italieniſchen Afrikaniſchen Geſellſchaft zu Neapel bringt einen Brief des Profeſſors Licata, welcher beſagt , daß die englijden Behörden die Sicherheit der Expedition wenigſtens bis Dichaldeſja verbürgen zu fönnen glaubten. Die „Kölniſche Zeitung“ meldet in einer Korreſpondenz ans Rom vom 27. April : „Die Porro'jche Erpedition ſegelte, nachdem die Unterhandlungen mit den Eng ländern über die Anwerbung einer eigenen Schuttruppe ſich zerſchlagen hatten , Ende März von Aden nach Sela, wo die 110 Vetterli - Gewehre, die man behufs der Ausriiſtung der erwähnten
Truppe mitgenommen hatte, als uitlos zuriidgelaſſen wurden . Die Engländer ſollen der Geſellſchaft nicht bloß eine Schutztruppe von 100 anglo indiſchen Soldaten mitgegeben , ſondern ſie ſollen ſich aud), wenn man den alſo lautenden italieniſchen Behauptungen glauben darf, innerhalb des Somali- Landes, alſo bis nach Djáal
ſie ſolche von der jetzigen Regierung nicht erwartet, und um
dann ſpäter um ſo wohlfeilere Vorwürfe gegen das Siabinet Daß aber , faus inan die Truppen wirf !
MM
Veriag von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung .) So eben erschien :
H
a n d buch der
deutschen Alterthumskunde. Uebersicht
der Denkmale und Gräberfunde frühgeschichtlicher und vorgeschichtlicher Zeit . Von L. Lindenschmit.
deſia, fiir deren Sicherheit verbirgt haben . Schon in Sela , heißt
es, ſeien den Italienern die feindlichen Abſichten des Emirs von Barrar befannt geworden und ſie hätten ſich demzufolge entſchloſſen, ſid) einſtweilen mit der Anlage einer auf die Handelsausbeutung
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Druď und Verlag der J. G. Cotta'jden Vidzhandlung in München und Suuttgart,
Das Suslaud.. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner herausgegeben von
der
I. G. Gotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 24. Mai.
Nr. 21 .
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions-Gremplare von Werten der einſchlägigen Litteratur ſind dirett an verrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/ II, zu jenden. Inſertionspreis 20 Þf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Zur Ethnologie der Japaner. Bon Dr. M. Alsberg. S. 401. 2. Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley -Pool. Von Dr. Pechuel- Loeſche. (Schluß.) S. 405. 3. Das amerikaniſche Boardinghaus. Von einer Amerikanerin . S. 410. 4. Der alpine Cretinismus, insbeſoudere in Steiermark. Von Dr. Vinzent Goeblert. S. 412. 5. Der Winter in Florenz. S. 414 . 6. Geographiſche Neuigkeiten . S. 416. 7. Kleinere Mitteilungen : S. 419. Die Goldfelder Auſtraliens. Tasmanien. Die Betroleum - Produktion in den Vereinigten Staaten. 8. Notizen. S. 420. 1
Zur Elhuologie der Japaner.
ſind dieſelben vermöge der neuen Geſichtspunkte, die ſie
Von Dr. M. Alsberg.
eröffnen , ſehr wohl geeignet , auch denjenigen zu feſſeln, welcher anthropologiſd -ethnologiſchen Studien im allge
In demſelben Maße wie die zwiſchen Deutſchland und Japan beſtehenden kommerziellen Beziehungen ſich erweitert haben, hat auch die deutſche Forſchung dem zulegt er wähnten Lande und ſeinen Bewohnern ſich neuerdings mit beſonderer Vorliebe zugewendet, und es kann daher nicht verwundern , daß die während der leßten Jahrzehnte über die geographiſchen , ethnologiſchen und kulturellen Verhält
meinen fernſteht.
niſje des oſtaſiatiſchen Inſelreiches veröffentlichten Werke
müſſen wir nach unſerem Autor das Kulturvolk des Oſtens
bereits eine kleine Bibliothek ausmachen. Andererſeits iſt ſo vor die Thatſache, daß über manche wichtige Punkte aliem über die Abſtammung und die Raſſeneigentümlichkeiten
benennen
an Lebenden vorgenommenen Beobachtungen zu dem näm
der Japaner — noch vielfach unrichtige oder doch ungenaue Vorſtellungen verbreitet ſind, darauf zurückzuführen, daß
lichen Zweck benußt und in welchem zugleich die Ergebniſſe der Unterſuchungen über Rörpergewicht, Größe, Spann
jene Werke zum größten Teile von Perſonen verfaßt wurs den, die nur einen vorübergehenden Aufenthalt im Lande genommen haben und daher nicht in der Lage waren, ein gehende Unterſuchungen nad ſtreng wiſſenſchaftlicher Mes thode vorzunehmen. Dagegen ſtüßen ſich die Forſchungen, deren wichtigſte Ergebniſſe wir im Nachfolgenden zuſammen: faſſen , auf eine ſo bedeutende Anzahl von Einzelbeobach
tungen, Unterſuchungen und Meſſungen, daß jeder erhebliche Irrtum von vornherein ausgeſchloſſen erſcheint. Zudem 1 „ Die körperlichen Eigenſchaften der Japaner “ von Profeſſor Dr. E. Baez. ,,Mitteilungen der Deutſchen Geſellſchaft fiir Natur und Völkerkunde Oſtaſiens“. Heft 28 und 32. Berlin , Aſher und Co. Yokohama , Buchdruckerei des 12Echo du Japon “. Ausland 1886, Nr. 21
Die Schrift von Dr. Edwin Baelz, welcher ſeit einer Reihe von Jahren eine hervorragende Stellung als Pro
feſſor und Dozent an der Univerſität Tokio , ſowie als Arzt am dortigen Krankenhauſe einnimmt, zerfällt in zwei Abteilungen, nämlich in einen anatomiſchen Teil, in dem der Körperbau der „ Japaner" – ſo und nicht „,, Japaneſen "
nach an Skeletten vorgenommenen Meſſungen erörtert wird, ſowie in einem zweiten Teil, in welchem die
weite der Arme, Haltung und Gang, Wachstum und Ent wickelung der Geſchlechter, ſowie vor allem über die Stellung
der Japaner im Raſſenſyſtem und über die Abſtammung dieſes Volkes mitgeteilt werden. Um mit dem zuleßt er wähnten Punkte zu beginnen , ſo hat man, ſeitdem der Venezianer Marco Polo vor nunmehr 600 Jahren zuerſt einen kurzen Bericht über das Land Zibango wie Japan von ihm benannt wurde – abſtattete, die Japaner wegen ihrer unbeſtreitbaren Aehnlichkeit mit Chineſen und Koreanern als echte Mongolen betrachtet. Dagegen iſt jedoch in neuerer Zeit durch Wernich und franzöſiſche Autoren die Behauptung aufgeſtellt worden, daß in den
Adern der Japaner verhältnismäßig viel malayiſches Blut 61
402
Zur Ethnologie der Japaner.
fließe und daß andererſeits eine Vermiſchung mit den
Ainos – einer Bevölkerung, die heutzutage nur noch auf Yezo, der nördlichen der japaniſchen Inſeln, in einer Zahl von ca. 20,000 Seelen angetroffen wird – ſtattgefunden habe. Bezüglich des zulegt erwähnten Stammes, der durch ſeine körperlichen Eigenſchaften der kaukaſiſchen Raſſe nahe ſteht und in ſeinem Ausſehen an den bei ruſſiſden Bauern vorherrſchenden Typus erinnert, weiſt nun Baelz nach, daß derſelbe am heutigen japaniſchen Volfe einen ſehr geringen Anteil habe , wie unter anderem aus der That: ſache fich ergiebt, daß im Gegenſaß zu der außerordentlich ſtarken Behaarung tarung der Ainos - gerade der Haarwuchs iſt nach der Anſicht der meiſten Ethnologen als eines der der Japaner konſtanteſten Raſſenmerkmale zu betrachten zu den wenigſt behaarten Menſchen gehört. Bezüglich der Frage nach dem in der Bevölkerung Japans enthaltenen malayiſden Element iſt zunächſt hervorzuheben, daß unſer Gewährsmann Baelz die von dem verſtorbenen D. Peſchel, von Alfred Wallace und anderen hervorragenden Forſchern vertretene Anſicht teilt, der zufolge eine (djarfe Scheidung des mongoliſchen und malayiſden Elements nid )t möglich
zulegt erwähnten Volke erſt nach langwierigen Kämpfen gelungen iſt, zur Herrſdaft zu gelangen. Wenn auch die
den Japanern eigentümliche Wanderluſt, ferner die Leichtig keit der Eheſchließung und -Trennung, die in Japan ſeit
Jahrhunderten verbreitete Sitte der Adoption, ſowie andere Umſtände die Vermiſchung der beiden Bevolkerungselemente
begünſtigt haben, ſo läßt ſich doch in den Provinzen, in welchen die beiden Einwanderungen ſich zunädſt lokaliſiert haben , der verſchiedene Volfscharakter noch heutzutage
deutlich erkennen. Während der Choſiu-Mann (Repräſen tant der erſten Einwanderung) zwar förperlich wenig kräftig, aber in ſeinem Weſen fein und von hervorragen : der diplomatiſcher Gefdhidlichkeit, ſtellenweiſe aud raffiniert dlau iſt , zeichnet ſich der in ſeinem Körperbau plumpe Satſumaner (Vertreter der zweiten Einwanderung) durch einen biederen, offenen Charakter und Gutmütigkeit, ſowie
zugleich durch Tapferkeit und Kampfešluſt aus. Bemerkens:
zuſammenzufaſſen ſind. Um uns die heutige Zuſammen ſeßung des japaniſchen Volkes zu erklären, haben wir nach
wert iſt ferner der Umſtand , daß unter den Nadyfommen des zuerſt eingewanderten Volfes Perſonen mit ſpezifiſch) femitiſchen Geſidytszügen nicht ſelten angetroffen werden. Behufs Erklärung der zuleşt erwähnten Thatſache iſt nach Baelz die Vermutung nidyt ohne Weiteres von der Hand zu weiſen, daß der zuerſt in Japan eingewanderte mon goloide Stamm vielleicht urſprünglich in den Gegenden des Euphrat und Tigris anſäſiig war und daß in dieſem Falle das Auftreten femitiſder Raſſeneigentümlidyfeiten beim japaniſchen Volfe auf eine Vermifdung der noch vor der Gründung des babyloniſchen Reiches in dieſen Gebieten anſäſſigen Affader – jenes älteſten der bis jeßt bekannten Kulturvölker Aſiens, das wahrſcheinlich der Erfinder der
unſerem Autor zwei verſchiedene Einwanderungen , die
Schrift für alle Völker geweſen iſt – mit jemitiſch-dyaldai
wahrſcheinlich beide über Korea ſtattgefunden haben, anzu :
ſdhen Bevölkerungselementen zurückzuführen wäre. Bezüge lich der zulegt erwähnten Theorie, über deren Berechtigung
iſt, wonad vielmehr wegen der Uebereinſtimmung in den wichtigſten förperlichen Merkmalen ( gelbliche Haut,
ſòlichtes walzenförmiges Haar , ſpärlicher Bart, geringe Behaarung am Körper, brachykephaler oder der Brachy kephalie in ſeiner Form naheſtehender Schädel, ſtarf pro minierende Badenknochen, mehr oder weniger diefe Augen u. dgl.) Malayen und Mongolen zur ,,mongoloiden Raſſe"
nehmen. Die zuerſt eingewanderte Bevölkerung, beſtehend
aus einem mongoloiden, den beſſeren Klaſſen der Chineſen
die Aſſyriologie zu entſcheiden hat, wollen wir hier nur
und Japaner ähnlichen Stamm , hat ſich, wie es ſcheint,
daran erinnern, daß die Entzifferung der Inſchriften Alt
zuerſt im ſüdweſtlichen Teil der Hauptinſel niedergelaſſen
Babyloniens zu dem Schluſſe geführt hat, daß die Sprache der Atlader dem ural-altaiiſchen Spracſtamme angehört (woraus ſich dann weiter ergiebt, daß dieſes Volk ſelbſt wahrſcheinlich ein ,,mongoloides" geweſen iſt) und daß die
und von dort aus über ganz Nippon verbreitet, während
als weiteres Bevölkerungselement ein zweiter mongoloider, aber zugleich deutlich malayenähnlicher Stamm , der ur ſprünglich wohl in mehr ſüdlich gelegenen Gegenden – entweder im heutigen Tongking oder ſonſt in Hinterindien anſäſſig war , zuerſt auf Kiu-Shiu ſich anſiedelte und, von da nach der Hauptinſel überſeßend, allmählich die Herrſchaft über das ganze Land an ſidy brachte. Während die zuerſt eingewanderte Bevölkerung bezüglich ihrer körper lichen Eigenſchaften im großen und ganzen wohl dem noch heute unter den vornehmen Japanern vorherrſchen den iclanken und wenig kräftigen Typus entſprochen hat, haben wir die gedrungenen muskulöſen Geſtalten der niederen japaniſchen Volksklaſſen im weſentlichen als die Nachkommen des zuletzt eingewanderten Stammes zu be trachten. Auch deuten gewiſſe, im Kozhiki, der älteſten
ſchriftlichen Ueberlieferung Japans, mitgeteilte , von der Mythe ausgeſchmüdte Erzählungen darauf hin, daß es dem
auf den bejagten Denkmälern fich findenden Bilder eine
haarloſe oder raſierte Raſſe darſtellen, die ebenſowohl an die heutigen Japaner wie an die alten Aegypter erinnert. Aud) fönnte, wie Baelz bemerkt, der Umſtand, daß die
Sage der Sintflut in Japan fehlt , wohl zu Gunſten der Annahme gedeutet werden, daß die beſagte mongoloide
Bevölkerung, welche in ihren erſten Wohnſißen mit Semiten in direkte oder indirekte Berührung kam , ſchon in febr
früher Zeit ihrer bisherigen Heimat den Rücken zugewendet hat und nach Dſten gezogen iſt.
Im Vorhergehenden wurde bereits erwähnt, daß wir unter der heutigen Bevölkerung Japans zwei weſentlich ver ſchiedene Typen : nämlid) einen ſchlanken und zugleich
îd wächliden und einen unterjeften und zugleich kräftigen Menſchen dlag zu unterſdeiben haben.
Zur Ethnologie der Japaner.
Im Gegenſaß zu Nord- und Mitteleuropa, wo man in der
Regel beobachtet, daß die höheren Stände kräftiger ſind und einen bedeutenderen Bruſtumfang aufweiſen als die niederen Volksklaſſen , ſind die vornehmen Japaner teils infolge von Vererbung, teils auch weil ſie fid gar keine Bewe
gung machen, ſowie vor allem
infolge des ſeit Jahr
hunderten in Japan befolgten politiſden Syſtems, welches zur Entartung und Verweichlichung der alten Adels geſchlechter ( Daimios) führte, im allgemeinen zart und dwächlich. Ihre Statur iſt, wie ſchon bemerkt, ſdplank
403
im Zuſtand der Erregung wenig rot erſcheint und daß an einzelnen Körperteilen merkwürdige Pigmentierungen vor:
kommen . So iſt z. B. die Mittellinie des Bauches (linea alba) nicht nur bei dwangeren Frauen , ſondern häufig auch bei Jungfrauen und mitunter auch bei Männern dunkel gefärbt und es wird eine dunkle Pigmentierung nicht ſelten an der Sdleimhaut der Lippen und der Mundhöhle ſowie an der Bindehaut des Auges beobachtet. ,,Die merkwürdigſte
Pigmentierung bildet aber ein blauſdywarzer Fleden von verſchiedener Größe, der entweder auf dem Kreuzbein oder
und fdmächtig, die Ertremitäten mager und wenig mus :
in der Gefäßgegend ( in ſeltenen Fällen aud, an den Beinen
kulös, das lange Geſid)t, aus weldiem die Backenknodien
oder Sdultern ſich vorfindet -- ein Pigmentflecken , den
nur mäßig hervortreten , erhält burd, den wohlgeſtalteten
alle japaniſden und, wie es ſcheint, auch die koreaniſchen
Mund und die feingeformte Adlernaſe einen diſtinguierten Anſtrich. Einen abſoluten Gegenſatz zu dem ſoeben be
Kinder mit zur Welt bringen, um ihn während der erſten Lebensjahre wieder zu verlieren .“ Auch glaubt unſer Gewährsmann Baelz, daß bei dem beſagten Flect, den wir wahrſcheinlich als „ pithefoides Merkmal " (Zeichen der Abſtammung des Menſchen von einer affenähnlidien Cier form) zu betrachten haben, der Farbſtoff nicht wie bei anderen Hautpigmentierungen in der Oberhaut , ſondern
driebenen Menſchen dlag bildet der unendlid zahlreidere
niedere Typus der japanijden Bevölkerung. Derſelbe iſt unterſekt gebaut, kräftig und muskulös , das Geſidyt ver bältnismäßig breit, die Naſe flach und ſtumpf, der Mund oft wulſtig und deutlid , prognath , der Unterkiefer breit, die Jodybeine ſtark hervortretend. Beide Typen haben die Hautfarbe, einen verhältnismäßig langen Rumpf, die kurzen Beine, ſowie die Eigentümlichkeiten des oſtaſiati
vielmehr in den Bindegewebszellen der tieferen Lederhaut
îchen Auges gemeinſam ; auch findet ſich in der Mitte
und namentlid, in der Umgebung der Haarbälge enthalten iſt. Was den Haarwuchs des japaniſden Volkes anlangt, ſo wurde bereits erwähnt, daß derſelbe im allgemeinen
ſtehend zwiſchen den beiden im Vorhergehenden beſchriebenen Kategorien von Japanern noch ein dritter Typus, der
Loden ſind ſehr ſelten und gelten für häßlid). Im Gegen
einerſeits nidyt ſo plump iſt wie der niedere Typus und
ſaß zur kaukaſiſchen Raſſe, bei welcher das Barthaar auf
andererſeits nicht das Krankhaft -Zarte des vornehmen
dem Querſchnitt eine ovale, ſtellenweiſe auch eine nieren:
ein ſpärlicher iſt. Das Kopfhaar des Japaners iſt ſchlicht,
Japaners aufweiſt und der beim beſonders deutlich hervortritt. 1
weiblichen Geſchlecht
förmige Figur darſtellt, iſt der Querſchnitt des japaniſchen
nadidem
wir die verſchiedenen
Barthaares regelmäßig zylindriſd . Der Bart, wenn über: haupt vorhanden , iſt dünn und ſpärlich, in der Regel in
Wenden wir uns ,
Typen des japaniſdien Volkes gekennzeichnet haben, zur Betrachtung der einzelnen Raſſenmerkmale, welche für die ethnologiſche Unterſcycidung in Betracht kommen , ſo iſt bezüglich der Haut der Japaner zunädyſt zu beridyten ,
daß dieſelbe im allgemeinen hellgelb, oft nicht dunkler als die vieler Südeuropäer, manchmal aber auch ſo intenſiv
gefärbt iſt, wie bei den Berbern Nordafrika's oder wie bei den helleren Eingeborenen Ceylons. Leşteres iſt nament lich bei den nadt gebenden Fiſchern und Laſtarbeitern der
Fall; aud) iſt die gelbe Färbung durch das nämliche
braunförnige Pigment bedingt, welches beim Neger in der Oberhaut und Lederhaut abgelagert wird ; nur iſt bei legterem der Farbſtoff in ſehr viel größerer Menge und Didyte vorhanden. Bemerkenswert iſt ferner, daß die beim
Europäer lebhaft gefärbte Wangenhaut beim Japaner ſelbſt 1 Baetz macht darauf aufmerkſam , daß der die verſchiedenen Volfstypen ſtudierende Ethnograph im allgemeinen wohl daran thun wird, den Frauen mehr Aufmerkſamkeit zu ſchenken als bis her geſchehen iſt; denn während der Körper des Mannes durch
Büſchelform auf Kinn und Wangen verteilt ; auch fängt derſelbe gewöhnlich erſt nach dem 25. Lebensjahr oder gar nod ſpäter zu wachſen an. Die Haarfarbe iſt ausnahms: los (dwarz oder dunkelbraun ; beim Japaner ſtehen etwa 300 Haare, beim Europäer durchſchnittlich nur 280 bis 290 Haare auf einem Quadrat-Centimeter Kopfhaut. Was den Körperbau und die Proportionen der Bewohner Japans anlangt , ſo iſt es bekannt, daß letztere bezüglich der Körpergröße hinter der kaukaſi
iden Raſſe erheblich zurückſtehen ; andererſeits iſt die durch: ſchnittliche Körperlänge doch nicht ſo gering , wie einzelne Forſcher (Wernid ), Rein u. a.) annehmen.
Dieſelbe wurde
von unſerem Autor, der mehr als 2000 Individuen ge meſſen hat, für den erwachſenen Japaner auf 159 cm ., für die erwachſene Japanerin auf 147 cm. feſtgeſtellt, woraus ſidy alſo ergiebt, daß in Japan der Mann ungefähr ebenſo groß iſt als in Europa die Frau. Der Unterſchied der Geſchlechter beträgt in der Größe hier wie dort 13 bis 1/16 ; auch wurde bereits erwähnt , daß in den höheren Ständen Japan's die Menſchen durdyſchnittlich etwas
die Arbeit und das tägliche Leben in beſonders hohem Grade be :
größer ſind als in den niederen Volfaklaſſen .
einflußt und zum Teil auch verändert wird, laſſen ſich beim weib : lichen Geſchlecht, das den beſagten Einflüſſen weniger ausgeſetzt iſt, die ererbten Eigenſchaften im allgemeinen leichter erkennen .
ſei ferner, daß Baelz durd, die von ihm ausgeführten
Bemerkt
Meſſungen zu dem Schluſſe gelangt, daß in Japan beide
404
Zur Ethnologie der Japaner.
Geſchlechter ihre volle Körpergröße erſt im 35. bis 45. Lebensjahr erreichen; auch glaubt derſelbe, daß genauere Meſſungen für Europa wahrſcheinlich das nämliche Reſultat ergeben würden und daß aus dieſem Grunde bei der bisher gebräuchlichen Methode , Rekrutenmaße als Norm von Bevölkerungsmaßen zu benußen, zu niedrige Reſultate erzielt werden. Weiterhin bemerkt unſer Autor,
daß das von Duetelet aufgeſtellte „ binomiale Geſet " demzufolge die einzelnen eine beſtimmte Körpergröße re präſentierenden Zahlen um eine Mittelzahl, welche die
häufigſt vorkommende Körpergröße ausdrückt, ſich fymme triſch gruppieren ſollen – nicht in der Schärfe ſeine Be ſtätigung findet, wie ſie Ouetelet für ſeinen Sat behauptet und beanſprucht. Bezüglich des Körpergewichts der Japaner konſtatierte Baelz , daß dasſelbe bei den arbei tenden Klaſſen durchſchnittlich 56 Kgr., bei den höheren Ständen 52 bis 54 Kgr. beträgt ; das höchſte Körper
gewicht wird in Japan um das 40. Lebensjahr erreicht.
Spiße der großen Zehe als gerade Linie, während beim
europäiſchen Kulturmenſchen eine Verſchiebung der großen Zehe nach der zweiten Zehe hin durch die Fußbekleidung faſt ausnahmslos hervorgerufen wird. In hohem Grade be merkenswert iſt ferner der Daumenähnliche Gebrauch, den die Japaner von ihrer großen Zehe machen . Sie können dieſelbe ſelbſtändig bewegen und ſo ſtark gegen
die zweite Zehe anpreſſen, daß ſie ſelbſt feine Gegenſtände auf dieſe Weiſe feſtzuhalten imſtande ſind. Während die japaniſche Frau, die, beiläufig bemerkt, mit den Zehen empfindlich zu kneifen imſtande ſein ſoll, beim Nähen häufig das Zeug mit den Zehen hält und nad Belieben
ſpannt, benußt der Japaner ſeinen Fuß , um ſich am Boden feſtzuklammern, weshalb er da , wo es, wie beim Fechten, Ringen u. dgl. feſtzuſtehen gilt , regelmäßig bar
fuß iſt. Um auf den Rumpf des Japaners zurüdzukommen, To ſei hier noch bemerkt, daß die Wirbelſäule desſelben im allgemeinen weniger gekrümmt iſt, als diejenige des Europäers. Namentlich fällt die Einwärtskrümmung des Wirbelrohres gering aus, weil die Japaner ſich ſelten
Bemerkenswert iſt ferner, daß zwar Neugeborene in Japan und in Europa bezüglich des Körpergewichts ſich ſehr wenig unterſcheiden , daß aber , während in Europa das Gewicht des Erwachſenen zu demjenigen des Neugeborenen ſich durchſchnittlich wie 21 : 1 verhält, dieſes Verhältnis in Japan nur 18 : 1 beträgt oder, mit anderen Worten, daß der Japaner während des Wachstums ſein Gewicht
bei den höheren Ständen Japans im allgemeinen lang, ichmal und ſchlecht gebaut, ſo daß die Schwindſucht furcht bar unter ihnen hauſt; im Gegenſaß hierzu iſt die Bruſt des japaniſchen Bauern und Arbeiters im allgemeinen
weniger vervielfacht als der Europäer. Im übrigen iſt
ſehr wohl konſtruiert und dementſprechend Schwindſucht
die Gewichtszunahme beim Europäer und Japaner nicht
unter ihnen ſelten. Der Bauch des Japaners iſt verhält nismäßig lang, Fettleibigkeit ſeltener als in Europa mit Ausnahme der japaniſchen Ringer, bei denen oft der fette Wanſt ſacfartig herabhängt. Der Nabel iſt oft ſehr flach und meiſt ſchmußig, da ein Aberglaube das Reinigen desſelben verbietet. Jeder Japaner bewahrt das ihm von der Mutter übergebene vertrocknete Nabelſchnurſtück, das nach der Geburt abfällt, fein ganzes Leben hindurch forg fältig auf und nimmt es mit ſich ins Grab. So häßlich die unteren Ertremitäten beim japaniſchen Volke durch gängig ſind, ſo ſchön geformt ſind in der Regel Schultern , Hals und Nacken , und gar mancher japaniſche Laſtträger
in gleicher Weiſe auf die einzelnen Lebensabſchnitte ver teilt ; denn während die Gewichtszunahme des erſteren vom 17. bis 25. Lebensjahre 33 % des Geſamtkörpergewichts
ausmacht, beträgt die des Japaners in der nämlichen Periode nur 4 % . Mit Bezug auf die Hauptproportionen des Rörpers iſt zu bemerken , daß der Japaner fich im
allgemeinen durch großen Kopf , langes Geſicht, langen Rumpf und kurze Beine vom Europäer unterſcheidet. Letterer Umſtand, nämlich die Kürze der unteren Er
tremitäten im Verhältnis zur Länge des Rumpfes", er giebt ſich übrigens ſchon daraus, daß wenn irgendwo Europäer und Japaner zuſammenſißen, fie meiſt faſt gleich
groß erſcheinen , daß dagegen, wenn ſie ſtehen, der Euro päer den Japaner um eine halbe Haupteslänge oder mehr
überragt. Während beim Europäer die Beinlänge (vom Trochanter zum Boden gemeſſen) ſtets weit größer iſt als die Hälfte der Körperlänge, iſt ſie beim Japaner faſt ausnahmslos kleiner. Dazu kommt noch , daß bei faſt allen Japanern der mittleren und höheren Stände die kurzen Beine zu allem Ueberfluß aud noch frumm ſind
und daß bei den japaniſchen Frauen infolge des vielen Niederfauerns (suwaru) und der dadurch hervorgerufenen Verlangſamung des Kreislaufes in den unteren Extremi täten ſchon frühzeitig eine Verdidung der Knöchelgegend ſich ausbildet. Am Fuße des Japaners überragt die ztveite Zehe die erſte in höherem Grade als dies beim Kaukaſier der Fall iſt; auch verläuft der innere Fußrand bis zur
ſo aufrecht halten, wie die Europäer. Der Bruſtkorb iſt
befißt Hände und Arme, um
die ihn eine europäiſche
Dame beneiden könnte. An der Hand tritt beſonders die zierliche Geſtaltung der Finger und die ſchöne Wölbung der Nägel, die ſorgſam gepflegt werden, hervor. Bezüglich der Spannweite der Arme, betreffs deren neuere Unter fudjungen ergeben haben, daß dieſelbe bei europäiſchen
Völkern in der Regel etwas größer iſt, als die Körperhöhe, fand Baelz, daß dieſelbe bei Japanern in einer beträcht= lichen Anzahl von Fällen hinter dem zulegt erwähnten Faktor zurückbleibt. Das Becken der Japanerinnen weiſt nach unſerem Autor keinerlei charakteriſtiſche Eigentümlich: keiten auf ; auch beweiſt ſchon die Thatſache, daß ſelbſt bei den zierlichen , oft höchſt gebred lich ausſehenden Frauen der höhe: ren Stände Japan's die Geburten im allgemeinen ſehr gut verlaufen , daß dasſelbe gut gebaut iſt. (Schluß folgt .)
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley -Pool.
405
Die Vegetation am kongo bis zum Stanley-Pool.
trugen ihre volle Belaubung, und zwar mitten in der
Von Dr. Þechuel - Loeſche.
Trockenzeit. Vielleicht wechſeln die nichtblühenden Bäume ihr Laub mehrmals im Jahre. Die ſtattliche Allanblackia floribunda, die ich häufig
(Schluß.)
im Kamerun , Gabun, auch noch in Yumba und in der
Die Galeriewälder ſind in den weſtlichen Teilen des Gebirges durch dynittlich weniger entwidelt als in den öſtlichen. Dieſe Erſcheinung iſt wohl aus dem inneren Bau des Gebirges zu erklären ; denn die binnenwärts
Niederung des Kuilu- Nyadi, nicht aber in der des Kongo beobachtet habe, fand id im Gebirge wieder in der Um gegend von Manyanga und bis halbwegs zum Stanley
gelegenen Teile erhalten ſchwerlich reichlichere Niederſchläge
Pool. Eben dort tritt auch die ſchöne cecropia -ähnliche
als die küſtenwärts gelegenen. Die lekteren beſtehen aus
Musanga Smithii in folcher Menge auf, daß ſie bisweilen ausſchließliche Beſtände der Galeriewaldſtreifen bildet, während ſie nad Weſten hin bis Sjangila immer ſeltener
mehr oder minder ſteil aufgerichteten Schichten von kryſtal liniſchen Schiefern und Thonſchiefern ; die öſtlichen dagegen aus horizontal gelagertem Sandſtein . Die Laterite be: deden gleichmäßig alle Muttergeſteine. In der weſtlichen Hälfte des Gebirges haben die
noch in ganz vereinzelten Exemplaren vorkommt. Stephe gyne (Mitragyne) africana und stipulosa find in der
Waſſerläufe zwiſchen den aufgerichteten Schichten vor:
Dſthälfte des Gebirges ebenfalls allgemein verbreitet, in
wiegend tiefe, ſteilwandige Schluchten ausgefurcht und , die durch die Laterite ſinkenden Regenwäſſer eilen ſchnell
der Weſthälfte dagegen ſeltener. Ein ſehr auffälliger • pfahlſtämmiger Baum , der ſich durch eine außerordentliche Regelmäßigkeit der Stellung ſeiner verhältnismäßig dünnen Aeſte und deren an Blätter von Adiantum erinnernden Belaubung auszeichnet, iſt ein nicht häufiger Bewohner der Galerien um Manyanga bis nach Mpakambendi . Blüten und Früchte waren nicht zu erlangen.
.
den tiefſten Stellen zu. Darum verſiegen viele Bäche gänzlich während der Trockenzeit. In der öſtlichen Hälfte dagegen bewegen ſich die Waſſerläufe auf den horizontalen Schichten vorwiegend in weniger tief ausgeſchliffenen Betten und ſtürzen ſich oft von beträchtlicher Höhe in den Kongo hinab. Die durch die Laterite eingeſunkenen Regenwäſſer werden auf dem unterliegenden horizontal ausgebreiteten
wird und nad, Vivi hin wie in dem Küſtengebiete nur
(Sterculia
Der ſchöne, edel belaubte Rolanußbaum
acuminata ), der im Küſtengebiete nur vereinzelt angepflanzt
Felſen länger zurückhalten. Es gibt ſogar hochgelegene
iſt, erſcheint ganz plößlich in einem beſtimmten mittleren
verſumpfte Stellen . Die Galeriewälder finden unter folchen Uinſtänden günſtigere Bedingungen, namentlich größeren Raum für ihre Entwickelung.
Teile des Gebirges in überraſchender Menge. Sein Stand ort iſt ausſchließlich beſchränkt auf die Region der falt:
So ſind denn in den weſtlichen Teilen des Gebirges am Kongo die Waſſerläufe ſehr häufig bloß von locker gereihten Büſchen und Bäumen eingeſäumt und nur ein:
zeine feuchte Schluchten und Einſenkungen ſind mit üppigerer Vegetation angefüllt. In den öſtlichen Teilen dagegen bleibt der Galeriewald nicht überall bloß auf die Ufer der Flüſſe und Bäche beſchränkt, ſondern ſteigt auch an ſanft geneigten Hängen empor, die von oben einen, wenn auch geringen, ſo doch anhaltenden unterirdiſchen Waſſer zufluß empfangen, und breitet fid) über muldenförmige Vertiefungen aus.
Die Galeriewälder haben vorherrſchend den Charakter
der Didungen oder des Buſchwaldes, ohne jedoch eine be ſondere Ueppigkeit zu beſißen. Beſtände von volwüchſigen Bäumen ſind auffallend ſelten und niemals von großer
haltigen Thonſchiefer, die zu 3jangila beginnend, mit der Kukibuendi-Kette, etwa halbwegs nach Manyanga, endet. In dieſem Gebiete findet man ihn allenthalben, zuweilen ſogar zu kleinen Gehölzen vereint, ſowohl in den Galerie:
wäldern wie an Thalgehängen und in Siedelhainen. Manchmal bildet er den hervorragenden Teil des Baum beſtandes. Die Eingeborenen nehmen ihn erſichtlich in Schuß und wiffen ſeine Früchte gebührend zu ſchäßen. Ende Auguſt hatte die Sterculia eben abgeblüht. Die Sterculia macrocarpa mit den weißen Nüſſen ſcheint gar
nicht bekannt zu ſein ; ich habe überhaupt in ganz Weſtafrika nur die roſa gefärbten Nüſſe der Sterculia acuminata geſehen ."
Der Giftbaum ( Erythrophleum guineense), deſſen Ninde (nkássa) die Eingeborenen bei ihren Drdalien be nußen , findet ſich allenthalben in den Galerien verſtreut,
Ausdehnung. Sie gehören vorwiegend dem Sandſtein gebirge an. Der hervorragendſte Baum der Galeriewälder iſt auch in Gebirge der Wollbaum oder Silf-cotton-tree oder Bombar
(Eriodendron anfractuosum ), doch iſt er bei weitem nicht ſo häufig wie in den Küſtengebieten und erreicht auch nicht die gewaltige Größe. Die verſchiedenen Eremplare auch der nämlichen Gruppen zeigten , wie gewöhnlich, überraſchende Abweichungen im Zuſtande ihrer Belaubung ; manche waren gänzlich blattlos, andere ſchlugen eben aus, andere Aufland 1886 , Nr. 21 .
1 Rolanüſſe fönnten aus dieſem Gebiete, wie ſicherlich auch aus entſprechenden nördlicheren, in genügender Menge bezogen und nicht nur nach den ſüdlichen Theilen von Ober-Guinea , wo ſie einen ſehr guten Abſatz finden würden , ſondern anch nach Europa ausgeführt werden. Freilich verlangen die zarten und ſehr empfindlichen Nüſſe vorſichtige Behandlung und ſchnellen Transport. Ich habe bereits früher darauf hingewieſen, daß die Niiſſe , die einen größeren Kaffeïn-Gehalt als Kaffeebohnen be ſiten , ſich geſchnitten und geröſtet zur Bereitung eines Getränkes eignen , das von vielen dem Kaffee vorgezogen werden diirfte. Wir haben nicht nur Solaniiſſe in dieſer Weiſe verwendet, ſondern 1
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Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley - Pool.
aber, wie im Vorlande, durchaus nicht häufig, ſo auch der
Wohlgeruch ihrer ſehr großen weißen Blüten auf. Die
Notholzbaum ( Baphia nitida). Ein ſtattlicher, djön belaubter Artocarpus wurde nur in der Nähe von Vivi, am Ufer des während der Troden:
(Cercopithecus) zu lieben.
zeit verſiegenden Vivibachs, in etwa ein Dußend Eremplaren
dunkeln feuchten Stellen bilden zwei Arten von Croton
Er trägt am alten Holze, der ausgewachſene
und dort erſcheinen auch zuweilen Beſtände von dem rot, nicht aber von dem weiß blühenden Amomum des Küſten:
bemerkt.
Baum auch oben wie unten am Stamme ſelbſt anſigende
fugelrunde Fruchtknäuel, die teilweiſe eine ganz außer: ordentliche Größe erreichen. Ein wahres Ungeheuer von Frudyt, dem Hauptzweige im ſturmgebrochenen Wipfel des
älteſten Baumes entſtammend, wog über 40 Kilo. Es war bei weitem die größte Frucht, die ich je erblickt. Die Früdyte von Artocarpus incisa, die ich auf den Inſeln des Stillen Ozeans geſehen, können mit den Früchten der Bäume bei Vivi gar nid)t und die gewichtigeren von Artocarpus integrifolia, die ich namentlich in Weſtindien von ſehr bedeutender Größe gefunden habe, auch nur an nähernd vergliden werden . Pandanus, die namentlich in zwei Arten in den Niederungen im Küſtengebiete ſehr häufig vorkommen und die daſelbſt ebenfalls gemeine Phoenix spinosa ſowie Raphia vipifera und Raphia textilis ? wie auch der groß blumige Hibiscus tiliaceus wurden in den Galerien des Gebirges nirgends beobadytet. Dagegen fand ich eine Raphia, die hod) aufgeſdoſjen ſtets nur wenige tümmer
lidhe Blattwedel trug, in Dörfern auf der trockenen Berghöhe vereinzelt angepflanzt; doch machten dieſe Eremplare den
Eindruck der Verkommenheit. Zu erwähnen iſt, daß die Ein geborenen auf ihren regelmäßigen Märkten vielfad Bündel
kirſchenähnlichen Früchte der Ximenia ſcheinen die Affen Einen Hauptbeſtandteil des gedrängten Budhes an
gebietes und Didichte von Phrynium. Die Blätter des leftgenannten benußen die Eingeborenen im öſtlichen Teile des Gebirges zum Einſchlagen ihrer zu Markte gebrachten Maniofpräparate (Tſchikuanga). Die ſchöne, im Küſten : gebiete häufige Monodora grandiflora, deren ölhaltige, im Geruch an Citronenöl erinnernde Samen neuerdings in den Handel gebracht werden , wurde im Gebirge ſehr ſelten bemerkt.
Einen prächtigen Schmuck der Galerien bilden mehrere Combretum-Arten , deren langſchöſſiges Gezweig, welches mandymal ſogar ziemlich hohe Bäume überzogen hat, ſehr ,
reichblütig in allen Schattierungen von düſterrot bis blaß rot prangt. Das ſchönſte derſelben iſt ein etiva 4 m . hoch werdender lockerer Strauch, deſſen ſchwanke Zweige an den Enden große Sträuße von feuerfarbenen Blüten und
Bracteen tragen . Dieſes vornehmlich und ein rotblütiges Clerodendron mit weißen Bracteen (C. Thomsonae ?) weben auch während der Trockenzeit breite Farbenmuſter
in das Landſchaftsbild; die weniger häufig vorkommenden Ariſtolochien und Paſſifloren ſind ihnen darin nicht eben : bürtig. Rhynchocarpa foetidissima findet ſich an manchen Dertlichkeiten , und recht häufig auch eine Cucurbitacee
von Naphia-Baſt und daraus gewebte Zeuge zum Aus:
( Adenopus breviflorus) , die das Buſdwerk durchrankt
tauſch bringen ; ſie erhalten dieſelben nach ihrer Ausſage vom Süden des Kongo im Tauſchhandel. Binnenwärts vom Stanley :Poolwerden Raphiaſtoffe, namentlid, glänzend dhwarz gefärbte, ſo allgemein getragen, daß die betreffende Palienart dort wohl wieder in Menge auftreten wird. Calamus secundiflorus kommt von Vivi an vereinzelt, bei Manyanga aber in einigen verſumpften Schluchten
und mittelgroße, grüne, meiſt geſcheckte Kugelfrüchte trägt. Dieſe halten ſich monatelang unverändert nach dem Ab
in großer Menge und von dort an bis zum Stanley-Pool ſtredenweiſe redyt häufig vor. In den locker beſtandenen Galerien fällt eine Ximenia durch den feinen Duft ihrer
Blüten und eine ziemliche Größe erreichende, aber dennoch von Grund aus veräſtelte Gardenia durch den betäubenden mit Glick auch die Samen der wie linkraut wachſenden Cassia occidentalis. Wahrſcheinlich würde ſich aus Kolanüſjen durch
Zuthaten von Gewürz und Zuider eine kräftige und wohlſchmedende Chocolade herſtellen laſſen. Vielleicht wird die hier nochmals ge gebene Anregung beſſer beachtet, als meine vor zwölf Jahren den deutſchen Kaufleuten im Kamerin -Gebiet gegebene, die Landolphia zur Kautſchufgewinmmg auszuniiten . 1 Bambus ( B. arundinacea) kommt nicht vor ; es iſt damit nicht zu verwechſeln die Raphia, die öfter als Bambu oder Bambule
Þalnie (Burdào) angefiihrt wird. Bambus fand ich in Ober
ſterben der Pflanze, mögen ſie zu Boden gefallen oder an den vertrockneten Ranken im Gezweig hängen geblieben ſein. Auffälliger als dieſer Adenopus iſt eine im Vor
lande wie im Gebirge vorkommende ſchöne Momordica (cissoides ?), ein ſehr empfehlenswertes Ziergewächs mit langen dünnen Ranken und zierlichen Blättern , deſſen längligte, mit fleijdigen Stacheln beſeßte Früdyte hodyrot
und gelblich aus dem Laube hervorleuchten. Luffa acu tangula, am Gabun viel verbreitet, in der Kongo -Niede rung fehr ſelten, wurde im Gebirge nicht bemerkt. Einige im Küſtengebiete heimiſche Clerodendron und farbenprächtige Muſſaenda wie die blau blühende Commelina fehlen das gegen nirgendsivo. Der durch eine ungewöhnlich hohe Eigenwärme (bis 400 C.) in der Spatha ſid auszeid nende Anchomanes, den id für das Küſtengebiet als Amorphophallus beſchrieb,
wurde ebenfalls beobachtet, wie auch, wenigſtens in der
Weſthälfte des Gebirges, die Mucuna pruriens mit ihren düſter gefärbten Blütentrauben und allgemein gefürchteten Schoten.
(Guinea bei Accra und ſehr ſchön entwickelt am Altcalabar- Fluß ;
an der Poango- Kiiſte gedeiht er im Miſſionsgarten zu landana. Jn Angola iſt er von Welwitſch nachgewieſen .
Die kautſchukliefernde Landolphia florida iſt überall am Gebirgslauf des Kongo auffallend wenig verbreitet ;
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley-Pool.
die Kegelkugeln - gleichende Früchte tragende Landolphia owariensis , die im Küſtengebiete gar nicht beobachtet wurde, fand ſich in einigen Eremplaren bei Vivi. In manchen Teilen des Gebirges ſüdlid vom Kongo muß jedoch die Candolphia , (die audy in Loango heimiſch iſt und nament: lich im Yombe'den Walde in großer Menge vorkommt), wiederum ſehr häufig ſein ; denn nach den Faktoreien der Südküſte, beſonders nad Muſerra und Kinſembo , wird
Hautſduk in bemerkenswerter Menge zum Verkauf gebracht. Und zwar iſt es von einer vorzüglichen Qualität, die, nach der Form der kleinen Stüdden benannt, als , Thimble" in den Handel gebradt wird, ſonſt aber auch „ Rungo" genannt wird, weil viele Faktoreien der Südküſte wie der
der Nordküſte ihre zur Verfraditung nach Europa beſtimmten Producte zunächſt erſt an ihre Haupthäuſer in der Rongo: Mündung verſduiffen . Eine ſehr ſtattliche Pflanzenform der Galerien im Gebirge iſt die auch an der Loango-Küſte wie in der Kongo -Niederung namentlich bei Ponta da Lenha heimiſche Anthocleista nobilis. Sie findet ſich allenthalben, wurde aber nie in Gruppen beobadytet. Im Gebirge ſcheint ſie auch Standorte an den Rändern der Galeriewälder mit
annähernd trockengrundigem Boden zu lieben. Ende Auguſt ſtand das ſtolze Gewädys in voller Blüte. Ungefähr an denſelben Orten erſcheint auch hie und da eine nie zur Baumform entwickelte Dracaena mit langſchöſſigen durch aus mit kurzen Blättern beſeßten Zweigen , die auch in Loango bemerkt wurde. Von Farnen ſind Pteris aquilina , ſowie mehrere ſtattliche Arten von Adiantum, weit verbreitet und bilden ſtellenweiſe große Beſtände. Adiantum caudatum findet fid; ſid, an vereinzelten Standorten. Ein originelles Platy: cerium wurde einmal in einer düſtern Schlucht öſtlich von Manyanga beobachtet.
In außerordentlicher Menge treten auch zwei Ananas: Arten auf, eine breitblätterige und eine ſchmalblätterige. An manchen Dertlichkeiten bilden ſie ausgedehnte und nahezu unburdydringliche Beſtände. Sie beſchränken fidy nicht nur auf die Galeriewälder, ſondern haben ſich auch in Siedelhainen eingeniſtet und, den Schatten der Holz gewächſe verlaſſend , ſogar in der Grasflur ausgebreitet. Die von den Früchten abgebrochenen und achtlos am Pfade verſtreuten Blätterſdöpfe ſcheinen ſich unter einigermaßen
günſtigen Verhältniſſen allenthalben zu beſtoden . Ihre größte allgemeine Verbreitung hat die Ananas am ſüdlichen Kongo
Ufer, während ſie am nördlichen vorzugsweiſe in der Um gebung der Fährſtellen und beſuchten Marktpläße heimiſch geworden iſt; woraus zu ſchließen, daß ſie wie manche andere Nußpflanzen von den portugieſiſchen Provinzen her eingeführt worden iſt - wenn überhaupt darüber ein 1 Dieſe Kautſchukſtiidchen wurden bereits vor mehr denn zehn Jahren in den betreffenden Gebieten der Südküſte von den Eingeborenen unter ſich als Werthmeſſer, als Kleingeld, verwendet und allenthalben als Zahlung genommen ,
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Zweifel herrſchen könnte. Beſonders in einem im öſtlichen Teile des Gebirges liegenden Landſtrid ), der etwa von Manyanga fich bis zwei Tagereiſen vor dem Stanley: Pool ausbehnt, kommt die Ananas im vollen Sinne des Wortes maſſenhaft vor. Einzelne Früchte gibt es ſchon im September, die Hauptreifezeit fällt in die erſte Hälfte der Regenzeit, November bis Januar.
Ein Angraecum ( distichum ? ) iſt im öſtliden Teile des Gebirges nicht ſelten, wurde aber nirgends in Blüte gefunden. An einigen günſtigen Stellen der Kongo -ufer zwiſchen Boma und Jiangila tritt in kleinen Kolonien ein weißblütiges Crinum auf, welches mir auch im Gebirge am Kuilu-Nyadi auffiel. Eines der ſchönſten Crinum , das ich kenne, das zugleich ſehr reichblütig iſt, fand ich im Freien an den Uferrändern mandyer Bäche und Flübchen des ſüdlichen Kongo-llfers in der Nähe vom Stanley Pool im Gebirge. Es entwickelt außerordentlich große und edel geformte, zart weiße, wohlriechende Blumen im Auguſt und September.
Am Stanley - Pool jelbſt blühte
um dieſelbe Zeit am Kongo-Ufer eine Amaryllis mit ſehr großen Blumen , die auf hellem , unrein violettem Grunde kräftig braunrot geſtreift waren. Unter der Vegetation der Sümpfe und Gewäſſer
nimmt das „ loango-Gras “ (Cyperus papyrus ) die erſte Stelle ein ; in Loango wie in der Kongo -Niederung wächſt es in Maſſen und bildet ausgedehnte Beſtände. Am Ger birgslauf des Kongo dagegen wurde es nirgends häufig gefunden , ſüdlich davon ſoll es jedoch minder gemein ſein . Bei Vivi, in einem Waſſerloch des während der Trockenzeit verſiegenden Baches, trat auch, und zwar nur .
an dieſer Stelle, Cyperus alternifolia auf.
Azolla
pippata iſt, wie auch Pistia stratiotes, im Küſtengebiete verbreiteter als im Gebirge. Ein Pancratium der Niederung erſchien wieder in einem todten Arm des Kongo am
Mbundi-Fluß und bei Kalubu, halbwegs zwiſchen Ijangila und Manyanga . An leßterer Stelle gewahrte ich auch etliche junge Pflanzen von Ambatſ (Herminiera elaphroxylon) und in ruhigen Seitengewäſſern an den Ntamo-Schnellen , dicht unterhalb Stanley Pool auch ausgewachſene Exemplare des: ſelben Ende Auguſt in voller Blüte.
Weiter ſtromabwärts
findet man öfters Stammſtücke als Schwimmer an den
Fiſchgeräten der Eingeborenen befeſtigt. Zu Fahrzeugen wird es nicht verwendet, wie dies in Benguella geſchieht; die Pflanze fann ſich an der für ſie ungünſtig beſchaffenen Stromſtredke wohl darum nicht recht einbürgern, weil ſie den alljährlich wiederkehrenden bedeutenden Hochwaſſern des Kongo zur leichten Beute wird. Im übrigen habe ich den Ambatſch in Weſtafrika nirgends wieder bemerkt, obwohl er auch in Senegambien durch Adanſon nachges wieſen worden iſt. Eine tangartige Podoſtemacee findet ſich an verſchie denen Stellen im Inundationsbett des Kongo, beſonders auf dem Diabas-Riff zu Sjangila und auf dem Sandſtein
Die Begetation am Kongo bis zum Stanley Bool.
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des Pocok-Baſſins. Sie überzieht, wenn berieſelt , das
tote Geſtein mit einem leuchtend grünen Kleide. Die Eingeborenen genießen ſie , wie audy die von Zentral amerika, als Gemüſe. Die rieſenhafte Erd-Orchidee, Lissochilus giganteus, findet ſich nur in der Rongo-Niederung in der Gegend von Ponta da Lenha auf halbverſumpften , noch von 1
ragenden) der Kufibuendi-Kette und die niedrigeren weſt lichen Sundi-Verge , zwiſchen 3jangila und Manyanga, ſowie die eine annähernde Höhe erreichenden Erhebungen
der Itimbi-Berge weſtlich vom Stanley Pool. In der
Umgebung dieſer Ketten und ſelbſt zwiſchen den Wald fappen tragenden Bergen ſind die nicdrigeren Erhebungen waldlos, wie auch die jenen an Höhe am nächſten kommen
brađigem Waſſer durchtränkten und zur Regenzeit meiſt
den und rund 600 m . meſſenden der Landſchaft Mpakam :
gänzlid) überfluteten Strecken , dort aber auch in ſehr
bendi. Die Regenwälder ſind nicht umfangreich und der artig von Campinen burdſeßt, daß die Gebiete der Sa:
großer Menge und mandmal in förmlichen kleinen Bes So fand ich ſie im Jahre 1882, während ich ſie 1875 baſelbſt nur ſelten antraf. Weiter kenne id; ſie nur von der Loango -Küſte, wo einzelne Exemplare bei Ponta negra vorkommen und vom Gabun, wo ſie wiederum, namentlich in und bei Libreville, gemein iſt. Am Kongo fällt, wenigſtens ſoweit meine Beobachtungen reidhen, die Hauptblütezeit in den April und Mai, während ſie am ſtänden.
Gabun in den November und Dezember fällt, doch blühen auch in den zuleßt angeführten Monaten manche Erem plare, wenn auch nicht reidlich, am Rongo. Die hier wachſenden Liſſochilus ſind durchweg größer und fräftiger entwickelt als die am Gabun. Viele Blütenſtände erreichen volle 2 m . Höhe und darüber. Man kann armblütige und ſehr reichblütige Eremplare, ſehr ſchwach und ſtärker duf tende unterſcheiden, wie auch die großen Blüten bei vielen
zart farminrot, bei manchen faſt leuchtend rot gefärbt ſind. Mein Verſuch , dieſes Pradtgewächs erſten Ranges in
einigen Eremplaren lebend nach Deutſchland überzuführen, iſt leider mißglückt; dod ſoll er von befreundeter Seite mit beſſeren Mitteln wiederholt werden .
vannen-Formation zugerechnet werden können – ſie ſind auch reicher bevölkert als der Reſt des Gebirges am Kongo .
Siedelhaine finden ſich allenthalben. Die Eingeborenen lieben es nicht, in Einſenkungen zu wohnen . Sie errichten äußerſt ſelten und wohl nur aus geſchäftlichen Rüdſichten
an Fährſtellen ihre Hütten in dieſen ſowie im Galerie walde. Für ihre Wohnſiße wählen ſie, wo immer es an geht, die freien, luftigen Höhen ; obwohl ſie das Waſſer oft recht weit hinaufſchaffen und viele ihrer Pflanzungen in unbequemer Entfernung anlegen müſſen. Einladende
Thäler gibt es zu wenig ; an den ſteilen Hängen bietet ſich zu wenig Raum für die Dörfer und im Grunde
mancher lauſchiger Vertiefungen würden die auf ſdhwere Regengüſſe folgenden Hochwaſſer zu gefährlich werden.
So bevorzugen ſie die Höhen und unter dieſen dies jenigen, welche bereits einige Bäume tragen. In der weſtlichen Hälfte des Gebirges finden ſie hier und da eine Gruppe Adanſonien, die ihre Hütten ſchirmt, allenthalben auch einen oder den anderen ſeit vielen Jahren verlaſſenen
Siedelhain ; wo ſich dergleichen Pläße nicht bieten, errichten
Die Strandflora' und den Galeriewald der Niede rung habe id) in dem früher erwähnten Kapitel des Werkes
ſie ihre Hütten frei im Graſe. Da die Eingeborenen nach gewiſſen , ſie tiefer berührenden und erſchreckenden Ereig
der Loango-Erpedition bereits ſo eingehend beſchrieben,
niſſen ihren Wohnſiß zu verlegen pflegen, der verlaſſenen Dertlichkeit aber noch lange Zeit eine gewiſſe Verrufenheit anhaftet, ſo geben auch mandhe Siedelhaine bis auf die
daß hier nichts mehr hinzuzufügen iſt. Nur möchte id) nochmals erwähnen , daß die Rhizophoren - Beſtände am
Kongo nicht bloß auf das äußerſte Mündungsgebiet be ſchränkt ſind, ſondern ſich namentlich an den Seiten gewäſſern binnenwärts viele Meilen weit ausdehnen. Selbſt am Hauptſtrom gedeihen Mangroven, wenn auch fümmerlich, noch oberhalb Ponta da Lenha, auf der unteren Spike der ſogen. Monkey-Inſeln. Avicennia africana findet ſich allerdings nur im eigentlichen Mündungsgebiete. Die großen Bohnen der Entada scandens wurden
am Stanley Pool gefunden und werden auch an der
Loango -Küſte vom Meere angeſpült, ſo auch in Menge die Bohnen von Mucuna urens. Die Pflanzen ſelbſt habe ich dagegen nid)t beobachtet.
Die Bohne
der
Canavalia crassinervis, die man im Niger-Gebiet und dem Buſen von Benin angeſchwemmt findet, wurde im Kongo- Bereiche nicht bemerkt.
Echte Regenwälder treten als Buſchwälder an einigen Stellen des Gebirges auf. Sie ſchmücken in Form von Waldkappen einige Gipfel der höchſten Bergzüge : ſo die
rund an 700 m. hohen (ca. 550 m. über den Kongo auf
echten Steppengewächſe wieder zu Grunde. Nur die aus: dauernde Delpalme hält ſich an der Stelle, als die regte
Zeugin für die einſtige Anweſenheit des Menſchen. In den lockeren , aus Bäumen , Buſchwerk und Del
palmen zuſammengeſetten verlaſſenen Siedelhainen und an den Ortſchaften wie auf alten und neuen Pflanzungen, die teilweiſe hart an den Dörfern liegen, geſellen ſich eine Menge von Gewächſen zu einander, die größtenteils ab ſiditlich oder unabſichtlich vom Menſchen dahin gebracht worden ſind. Manche derſelben beſtehen einen ſchweren Kampf nidyt bloß gegen die Ungunft ihres neuen unge
wohnten Standortes, ſondern auch gegen die Uebergriffe der Haustiere. Diejenigen, die ſie für ſich ſelbſt erhalten wollen, idüßen daher die Eingeborenen auf den Siebel: pläßen durch Umzäunungen : ſo die Capſicum -Sträuder und die Hanfpflanzen , nach deren Blättern die Ziegen lüſtern ſind, nicht ſelten audy etliche hochgeſchoſſene blatt arme Kohlſtrünke. Im Dorfe Mungombe in der Kufi buendi-Kette, wo ich auf trockener Höhe einige der rieſigſten
Die Vegetation am Kongo bis zum Stanley- Pool. Bananen jab, die mir je vorgekommen ſind ( ſie hatten
mannsdicke, 6 bis 8 m. hohe Schäfte getrieben und wurden
fleißig begoſſen ), fand ich jede einzelne mit einem feſten forbähnlichen Geſtell umgeben , zum Scuße gegen die durſtigen Dorfſchweine.
Die Delpalme (Elaeis guineensis) findet ſich auf allen Siedelpläßen , dennoch aber im Gebirge bei weitem nicht ſo zahlreich wie an der Loango -Küſte, und ſehr ſelten
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Mimosa pudica, am Gabun gemein , fehlte in den Jahren 1874 bis 1876 noch an der Loango -Küſte wie am Kongo ; 1882 dagegen fand ich ſie am Tichiloango und am Kongo in der Niederung wie oberhalb Boma bis Muſſuku und an der Südküſte in Mukulla, Muſerra und Kinſembo, wo ich ſie 7 Jahre zuvor noch nicht beobachtet. Portulaca oleracea , im Küſtengebiete, beſonders in der
Strandregion vollſtändig eingebürgert, findet ſich ſpärlich
Es mag dies daraus zu er
bis zu den Yelala-Schnellen . Abrus precatorius ift überall
klären ſein , daß ihre Früchte im Gebirge faſt nur von Menſchen verſchleppt werden, weil die wilden Tiere, die ſie als Nahrung oder Nebenkoſt lieben, Papageien, Rhinozeros
im Gebirge nicht ſo häufig wie im Vorlande; eine andere
vögel, Adler (Gypohierax angolensis) , Affen, Schakale, Leoparden, daſelbſt teils ſeltener, teils gar nicht vorkommen.
ſchaft Mpakambendi und am Pocock -Baſſin bemerkt. Die Euphorbia Tirucalli und die der Euphorbia canariensis ähnelnde wurde früher erwähnt. Ricinus communis, an der Küſte häufig, iſt im Gebirge ſelten. Lantana camara, Quisqualis indica wurden bis nach
einmal im Galeriewalde.
Ein mittelgroßer Baum mit Eichenlaub, nsāfu dionga genannt, vielleicht eine Afzelia, von dem ich weder Blüten
noch Früchte beſchaffen fonnte, iſt oſtwärts von Sjangila in den meiſten Dörfern zu finden . Er wird offenbar gehegt. Dagegen fehlen die beiden ſchönen und eigen
artigen Ficus, die ich von der Loango-Küſte beſchrieben. Spondias lutea, der nur weſtlich von Siangila nad einigen
Dörfern eingeführt iſt, wird weiter öſtlich durch einen hochaufgeſchoſſenen kurzzweigigen Lonchocarpus vertreten, der in manchen Dörfern reihenweiſe angepflanzt iſt. Die kümmerliche Raphia der öſtlichen Hälfte des Gebirges iſt bereits erwähnt worden.
Die durch ihre Blütenpracht ausgezeichnete Spathodea
campanulata, die am Gabun und ſüdlich vom Kongo im Gebirge nach den alten portugieſiſchen Provinzen hin häufig iſt, habe ich blos in wenigen Eremplaren am Vivi bach und im Dorfe Banja Nkulu auf der Höhe über den Yelala -Sd;nellen beobachtet. Dort findet ſich auch eine Dracaena als hochaufgeſchoſſener Baum mit ſparrigem Aſtwerk, die ich bisher nur in der Landſchaft um Yumba bai an der Nordküſte geſehen hatte. Eine im Auguſt blühende Umbellifere, ein kleiner Baum von auffälliger Geſtalt, Peucedanum ( Stegano taenia) fraxinifolium ? iſt in der Weſthälfte des Gebirges eigentümlich, wie auch Gomphocarpus fruticosus, den ich nachmals auch im fernſten Süden, im Hererolande heimiſch
gefunden habe, und der Baumwollenſtrauch. Allenthalben verbreitet, dod nirgends häufig iſt Cassia occidentalis
und Solanum xanthocarpum. Auch eine Martynea mit ihren ſeltſamen, im Auguſt reifen Doppelhafen - Früchten gedieh an einigen Dörfern im Sundi-Lande.
Art mit ſchön blauen Samen wurde, offenbar vom Süden
eingeſchleppt, an den Fährſtellen bei Kalubu, in der Land
Manyanga hin beobachtet.
Chenopodium ambrosioides,
von den Eingeborenen zu Heilbädern benußt, fand ich noch in den Sundi-Dörfern öſtlich von jangila. In manchen beſonders dichten und ſchattigen Siedel hainen haben ſich auch Scitamineen und unſer weitver:
breiteter Adlerfarn (Pteris aquilina) eingeniſtet. Canpa indica, wie an der Loango -Küſte offenbar nur zur Augen weide angepflanzt, findet ſich in einzelnen auch ſonſt be ſonders nett gehaltenen Dörfern des Gebirges, vornehmlich im Sundi- Lande; und die Poinciana pulcherrima, wohl von der Südküſte gebracht, blühte am Stanley Pool, wie auch Budleya madagascariensis , die ich ſonſt nirgends an der Küſte, wohl aber in den Gärten des Raplandes
häufig getroffen habe ; auf der Inſel St. Helena iſt ſie gemein. Die gefürchtete Mucuna pruriens und manche Clerodendron -Arten fehlen auch den Siedelhainen nicht. Manche der genannten Pflanzen ſind ſelbſtverſtändlid, nicht in den dichteren Siedelhainen , ſondern überhaupt auf den Siebelpläßen , namentlich auf verlaſſenem Acker
lande zu finden . Zu dieſen gehören auch zwei etwa 2—4 m. Höhe erreichende Tephroſia -Arten, von denen die
häufigere mattviolett gefärbte kleinere Blüten, die ſeltenere dagegen größere und rein weiße Blüten hervorbringt. Von den Eingeborenen wird ſie mbumi genannt und, wie anderwärts, als Fiſchgift verwendet. Beſonders die jungen Triebe der Pflanze ſamt den Blüten werden zwiſchen Steinen zerquetſdt und , ſoweit ich den Vorgang be
Zu den
obadytete, in Waſſerlöcher oder auch längere, raſch fließende
Vernonien der Küſtengebiete geſellt ſich in der Oſthälfte des
Kanäle im Inundationsbett des Kongo geworfen. Binnen weniger Minuten bereits kommen zunächſt die kleineren Fiſche an die Oberfläche und werden mit Handneßen
Gebirges eine neue Art, deren dicke Büſche im Auguſt und September über und über mit hollunderfarbigen Blüten bedeckt waren , ſo daß das Grün ihrer Blätter gänzlich zurüdtrat. Bixa orellana, die an der Loango-Küſte fehlt, tritt zwiſchen Iſangila und Manyanga aud am Nordufer des Kongo auf, offenbar eingeſchleppt vom Süden, aus
aufgeſammelt wird. Die wichtigſten Kulturpflanzen des Gebietes ſind :
den portugieſiſchen Provinzen, wo ſie längſt heimiſch, teil
Maniok, Cajanus indicus, Musa sapientum , Musa para
weiſe ſogar regelrecht angepflanzt worden iſt.
disiaca , Strauchbohnen, Arachis ; zweiten Ranges ſind :
Ausland 1886 , Nr . 21 .
herausgeholt. In ſchnell fließendem Waſſer feßt man weiter ſtromab auch ein Gatter vor, an welchem die Beute
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Das ameritaniſche Boardinghaus.
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Mais, Bataten, Tabak ; gelegentlich angepflanzt werden :
weil er auf dieſe Art am beſten die Schwierigkeiten zu beſeitigen imſtande iſt, unter welchen hier mehr als in irgend einem anderen Lande das geſellſchaftliche Leben zu
16
Yams, Voandzeia subterranea, Seſam , Zuckerrohr, Kohl, römiſcher Salat. Maniok nimmt am ganzen Kongo die erſte Stelle ein mit Ausnahme vielleicht des Sundi-Landes
öſtlich von Iſangila , wo Cajanus indicus und Pijangs vorzuherrſchen ſcheinen .. Der Erbſenſtrauch (Cajanus),) im Vorlande ſelten , iſt im Gebirge vornehmlich bis nach Mpakambendi verbreitet und wird dann ſeltener ; etwa drei Tagereiſen weſtlich vom Stanley Pool verſchwindet er. Seine Kultur iſt nicht ſchwierig , da er, wie der
Maniok, mit armem, trockenem Boden vorlieb nimmt. Nach der erſten Ernte werden die Sträucher ganz kurz zurüd:
geſchnitten und tragen dann reichlich zum zweitenmale. Die jungen Erbſen geben vom Juli bis September ein ſehr wohlſchmeckendes und nahrhaftes Gemüſe , welches unter allen Umſtänden den verſchiedenen Maniokpräparaten vorzuziehen iſt. Die Kultur der übrigen angeführten Pflanzen wie die Erfolge, die mit unſeren europäiſchen Küchengewächſen
erzielt werden können, habe ich bereits in anderen Schriften ſo eingehend behandelt, daß ich mich hier nicht zu wieder
Leiden hat.
ſagen wir – einem Eins Ein junges Ehepaar mit kommen von 1000 Dollars (was bei uns ungefähr 500 bis 600 Thlrn. gleichkommen würde) könnte es ſehr ſchwer ermöglichen, mit dieſer Summe in einem Hauſe in New York allein zu wohnen, denn die gewöhnliche Miete für ein kleines Haus beträgt dort ca. 800 Dollars, und ſolche Häuſer ſind wenig zahlreich und in einer leidlich anſtän digen Gegend ſelten mietsfrei. Ein ſolcher Mietzins läßt ſid natürlich aus einem Einkommen von 1000 Dollars
nicht beſtreiten. In den leßten Jahren ſind zwar die ſog. ,, Flats" (Etagen) in Aufnahme gekommen, allein dies ſelben haben in der Regel ganz winzige Schlafzimmer und in den billigen – für etwa 500-800 Dollars Miete haben die Schlafzimmer zumeiſt kein Licht, und Venti lation und fanitäre Einrichtungen ſind oft herzlich ſchlecht; ſelbſt aber wenn dieſe Uebelſtände nicht vorhanden wären, würde ſogar der billigſte Flat wenig zu anſtändigem Leben -
holen brauche. Von Fruchtbäumen finden ſid, namentlich
übrig laſſen. Auf der anderen Seite bietet das Boarding
im mittleren Teile des Gebietes , und wohl gleich den
baus an Lurus, was ihm an Comfort mangelt, und der Mangel an Comfort wird mandhem jungen Paare kaum
Haustauben vom Süden eingeführt, am häufigſten : Ana cardium occidentale und Pſidium (Guajaven ). Limonen , Mangifera indica , Anona muricata , Anona squamosa, ſowie Carica Papaya beobachtete ich nur ganz vereinzelt
Der Umſtand, daß einige 20 bis 30 Perſonen zu: jammenwohnen, feßt die Beſißerin in den Stand, ihren
in manchen günſtig gelegenen Ortſchaften des Sundi- Landes.
Penſionären die Vorteile eines großen Hauſes zu ge
Carica Papaya, der Melonenbaum , der fo außerordentlich leicht ausgefäet werden kann und im ärmſten Boden ges
währen, Bedienung und einen beſſeren Tiſch, als dieſelben
deiht , iſt merkwürdigerweiſe am Gebirgslauf des Kongo, etliche Sundi-Dörfer ausgenommen , gar nicht verbreitet. Erwähnenswert iſt, daß der Melonenbaum , den ich
fühlbar werden.
ſich ſelbſt mit einer viel größeren Summe verſchaffen könn ten . Es iſt wahr, die Geſellſchaftsklaſſe, welche hier in Betracht kommt, muß ſich in der Regel mit einem Zimmer, einem großen, geräumigen Schlafzimmer begnügen, zu dem
im Vorlande nur diöciſch gefunden habe, zu Vivi, wo er
in der Regel ein Kabinet gehört, das man hier zu Lande
auf trockener Höhe in ſechzehn Eremplaren angepflanzt
, Bantry " (Speiſekammer) nennt und tas auf der einen
war, ſich ausſchließlich monöciſch entwickelt hatte. Die
Seite einen feſten Waſchtiſch mit faltem und heißem Waſſer und auf der anderen Seite einen Wandſchrank mit Schub laden enthält. In vielen Häuſern hat dieſes Kabinet an
Früchte erreichten nur Fauſtgröße und hafteten an finger
langen Stielen, gewöhnlich zu drei bis fünf eine Art Traube bildend. Nur ein geringer Prozentſat enthielt Samen, und dieſer erwies ſich keimfähig.
der Rüdwand noch eine Thür, welche nach dem Bade zimmer führt. Wenn die meiſten Penſionäre auch den Tag über ſich in ihren eigenen Zimmern aufhalten, ſteht
ihnen doch das ganze Haus zur Verfügung, und Bades zimmer, Speiſezimmer und Wohnzimmer oder „ Parlor",
Den Amerikanern wird von Fremden oftmals Mangel
wie man es hier nennt, gehören allen gemeinſam. Und wie bei allem in Amerika iſt die Freiheit eine abſolute, ohne kleinliche Einſdyränkungen. Die Wirthin des Hauſes kommt ihren Gäſten nie in den Weg und ſchreitet nur in
an häuslichem Sinn vorgeworfen, und das kommt daher,
den ſeltenen Fällen ein, wenn jemand zum Nachteile der
weil in Amerika felbſt verheiratete Leute vielfad, in Boar dinghäuſern wohnen. Jene Meinung aber zeugt von einer oberflächlichen Beurteilung des Charakters der Amerikaner,
anderen ſich zu viel Freiheiten herausnimmt. Das , Par:
Das amerikaniſche Boardinghaus. Von einer Amerikanerin.
die, wie die angelſächſiſchen Brüder, mit großer Liebe an ihrem Heim hängen . Nidit freiwillig wählt der Ameri kaner das Boardinghaus zu ſeiner Wohnung, ſondern
lor" iſt in der Regel ſo gut ausgeſtattet, wie die Mittel der Wirtin es eben zulaſſen, aber niemals fehlt darin ein Piano. Hier kommen die Damen Morgens nach dem Frühſtück zuſammen , während das Geſinde ihre Zimmer eilig aufräumt, und hier können ſie nach Belieben den
.
Das amerikaniſche Boardinghaus.
ganzen Tag über verweilen . Fügen es die Verhältniſſe ,
dann iſt das Parlor der Verſammlungsort zu gemeins ſamen Vergnügungen am Abend. Auch wird das Zim mer zum Empfang von Beſuchen benuşt, falls dieſelben nicht ſo intim ſind, daß man ſie im eigenen Zimmer empfangen kann. Natürlich gibt es viele Arten von Boardinghäuſern in New -York, von dem koſtſpieligen lururiöſen Hauſe in der fünften Avenue, in dem nur reiche Leute wohnen fönnen , bis hinab zu dem billigen Handwerker- Boardinghaus im äußerſten Dſten oder Weſten der Stadt.
Die Gattung
von Häuſern aber, von denen hier die Rede iſt, liegt an dem äußeren Rande der faſhionablen Viertel, etwa einen Bloc weſtlich und zwei Blöcke öſtlich von der fünften Avenue, bei der zehnten Straße beginnend. In der Regel
ſind dieſe Häuſer hübſch, geräumig, ſehr reſpftabel, aber eben nicht faſhionabel. Ungeachtet der Vorurteile gegen Boardinghäuſer darf man eingeſtehen, daß die gut bes
wirtſchafteten gewöhnlich beſſer ſind als man für das Geld erwarten kann. Die Arrangements ſind der Regel nad ver ſtändig. Selten kommt es vor, daß das Eſſen nicht von guter Qualität und vollſtändig ausreichender Quantität iſt. Zum Frühſtück hat man gewöhnlich die Wahl zwiſchen Beefſteat, Mutton-Chops, verſchiedenen Arten Fiſd und entweder Roggenbrot, Weißbrot oder Biscuits und Rar
toffeln, wozu es Kaffee gibt. Die Zubereitung allerdings iſt ein wunder Punkt und die Boardingshaus- Eigentümerin, die imſtande wäre, ſich eine perfekte Köchin zu halten, was ſelbſt in Privathäuſern ſchwer zu erreichen iſt, würde enormen Zulauf haben. Das Diner bringt gebratenes oder gekochtes Rind: fleiſch, Hammel- oder Lammbraten und diverſe andere Ges ridite, Hühner, Puten, Paſteten und dergleichen, je nach der Jahreszeit und den Marktpreiſen ; in einigen Häuſern bekommt man auch Suppe, doch nur gelegentlich. Die Güte des Mittagstiſches hängt mehr von der Küchenwirt daft als von den Koſten ab.
Deſſert gibt es ſtets, da
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geren Häuſern und zahlen jährlich ſo viel, daß ſie damit bequem einen eigenen Haushalt führen könnten , denn einige Häuſer laſſen ſich ſelbſt Hotelpreiſe zahlen, vierzig bis fünfzig Dollars pro Perſon und Woche. Möblierte Zimmer mit Bedienung zu vermieten , iſt bei uns etwas ganz unbekanntes.
Viele Leute, denen es ihre ſoziale
Stellung verbietet, in einem abgelegenen Viertel zu wohnen und ohne Dienſtmädchen ſich zu behelfen, haben in dem Boardinghauſe ihren Anteil an den Dienſtleiſtungen des Stubenmäddens, der Ködyin, der Aufwärterin und des Portiers für geringeres Geld, als wenn ſie in der ob ffurſten Gegend ganz beſcheiden wohnen und ſich an einem Mädchen für alles genügen laſſen wollten.
Die Einwendungen gegen die Boardinghäuſer ſind dwerwiegend. Das müſſige Leben und das Fehlen aller häuslichen Pflichten wirkt auf die jungen Frauen zu oft
demoraliſierend ein, die Beſchäftigungsloſigkeit und das Zuſammenſein mit vielen anderen Frauen führt zu Klat ſdiereien und ſonſtigen Unannehmlichkeiten. Sdylimmer iſt es noch, wenn Kinder hier erzogen werden müſſen , und oft genug iſt es beim beſten Willen nicht anders
möglich. In der That iſt es in New-York um das Fa: milienleben bei den arbeitenden Klaſſen ſehr übel beſtellt. Die einzige Löſung dieſer Frage wäre die, daß man auf dem Lande wohnt und der Ernährer der Familie täglich zur Stadt fährt. Das iſt aber den Männern natürlich höchſt unbequem und oft gar nicht durchzuführen, ſo daß das Boardinghaus, wenn die Familie nicht zu zahlreich
iſt, die einzige Zuflucht bleibt. Ein anderer Vorwurf iſt der, daß bei aller Güte der Verpflegung ſo wenig Ab: wechslung darin vorhanden iſt, und daß die Zubereitung
wenig genügt. Das lektere iſt aber ganz allgemein in Amerika der Fall, wenn nicht die Familie imſtande iſt,
eine wirkliche Köchin zu halten, oder wenn nicht die Haus frau ſelbſt Sinn für die Kochkunſt hat und dabei mit hilft. Natürlich wird eine Köchin , die nicht einmal für eine Privatfamilie ausreichend zu kochen verſteht, ganz
man hier Süßigkeiten liebt ; ſie beſtehen zumeiſt in zwei
und gar nicht genügen, wo ſie täglich verſchiedene Gerichte
Arten Paſtete und Kuchen oder Eiscreme und darnach Früchte und Thee oder Kaffee. Da die Männer zum Lunch ( dem zweiten Frühſtüc) in der Regel nicht zu Hauſe ſind,
zubereiten muß. Was für New-York gilt, trifft übrigens in verringer tem Maße auch für andere amerikaniſche Städte zu. New York muß , um die ſich ſtetig vermehrende Bevölkerung unterzubringen, auf ſeinem beſchränkten Raume die Häuſer in der Richtung nach oben ſich ausdehnen laſſen und dieſe
iſt dasſelbe ſehr einfach und beſteht gewöhnlich aus kaltem Aufſchnitt und Weißbrot mit Thee. Der Durchſchnittspreis für eine Penſion wie die bes ſchriebene beträgt 10 Dollars pro Perſon und Woche,
wofür einzelne Herren oder Damen nur ein kleines Zim mer erhalten, wenn ſie nicht mehr zahlen wollen. Dafür kann ſelbſtverſtändlich niemand im eigenen Hauſe oder im
Flat ſo gut leben, wie im Boardinghauſe. Schon die Gefindefrage macht das Wirtſchaften hier im Lande ſo ſchwierig, daß viele Leute das Boardinghaus vorziehen, ſelbſt wenn ſie in recht guten Verhältniſſen leben, einzig aus dem Grunde, um den Mühſalen des eigenen Wirt
ſchaftens zu entgehen. Dieſe leben natürlich in koſtſpieli
oft himmelhohen Häuſer werden neuerdings zum Vermieten in Flats eingerichtet und vielfach mit Verbeſſerungen aus geſtattet, ſo daß eines Tages die Schwierigkeit vielleicht
beſeitigt fein wird. (In den guten Häuſern beträgt aller dings die Miete, felbſt wenn die Schlafzimmer nicht mehr
als zehn Fuß im Geviert ſind, 1500 bis 4000 Dollars pro Jahr.) Gutes Geſinde wird dann für die weniger bemittelte anſtändige amerikaniſche Familie das einzige ſein, was zu einem behaglichen Familienleben fehlt. Aller dings darf ſich der aufmerkſame Beobachter nicht verhehlen,
Der alpine Cretinismus, insbeſondere in Steiermarf.
412
daß ſich das Geſinde in dem leßten Jahrzehnt bedeutend verbeſſert hat, und wenn das ſo fortgeht, kommen wir
vielleid)t in weiteren 10 Jahren zu erträglichen Zuſtänden. Zunädſt der hohen Löhne wegen hält man weniger Ge
finde als nötig, und in kleinen Familien muß ein Mäd: chen oft Köchin, Wäſderin, Aufwärterin und Stuben mädchen ſein. Das Mädchen für alles (gewöhnlid Ir länderin oder Deutide) unterzieht ſich dieſen Pflichten in der Regel, ohne eine einzige zu kennen. Daher iſt das
verſdlingt gierig alles, was man ihm hinwirft, ſelbſt rohes und faules Fleiſdy; ein Strohlager im Stalle dient ihm als Schlafſtätte." Die in der amtlichen Statiſtik nachgewieſene Zahl der Cretinen (2888) fann wohl faum Anſpruch auf Vollſtän : digkeit machen , was ſchon daraus erhellt, daß innerhalb zwei Jahren in einigen Bezirken von Steiermark eine
Zunahme, in anderen dagegen eine Abnahme der Zahl der Cretinen ſtattgefunden hätte. Es iſt mit vieler Wahr :
Leben der amerikaniſdien Hausfrau eine Reihe von Be
( cheinlichkeit die Annahme berechtigt, daß die nachgewieſene
mühungen , ein unfähiges und oft unluſtiges Mädchen zu einem brauchbaren heranzubilden, und häufig genug muß
Zahl der Cretinen hauptſächlich die Ganz-Cretinen ums faßt und die Halb-Cretinen, welche einer regelmäßigen Beſchäftigung nachgehen und blos mit Geiſtesídwäche be
ſie ein Auge zudrücken und ein ſonſt untaugliches Mädchen
behalten, weil es vielleicht eine einzige gute Eigenſdaft
haftet ſind, nur teilweiſe enthält, wie ſchon die für die
beſikt. Hiergegen aber haben die Frauen das Mittel allein
Verwendbarkeit der Cretinen geltende relative Zahl er :
in der Hand. Wenn ſie dem unbrauchbaren Mädchen nicht
kennen läßt.
denſelben Lohn geben wollten wie dem tüdytigen und den
Die Cretinen -Quote berechnet ſich für Steiermark mit 24 im Durchſchnitte, d. h . auf je 10,000 Einwohner ent fallen 24 Cretinen ; ſie ſtellt ſich um das Dreifache höher
Lohn nady den wirklichen Leiſtungen einrichten möchten , würde das Verlangen nady Lohnerhöhung die Dienſtmäd den dazu veranlaſſen, ſelbſt an ihrer Vervollkommnung zu arbeiten. Jeßt erhält ein Mädchen, das in der Küche Feuer anzuzünden verſteht und notdürftig die Namen der gewöhnlichen Küdyenutenſilien kennt, ebenſo viel Lohn, wie
ein erfahrener Dienſtbote, wenn es nur ſoviel fordert und erklärt, daß es etwas verſtehe. Bleibt ſie audy nur einen Monat im Dienſt, ſo erhält ſie dafür dody ihren guten Lohn und iſt ſicher, am andern Tage eine neue Stelle zu finden. (St. Petersb. Herold .)
Der alpine Cretinismus, insbeſondere in Steiermark .
als die für alle öſterreichiſchen Länder geltende Quote.
Nur noch in höherem Grade als in Steiermark tritt der Cretinismus in den Alpenländern Salzburg und Kärnten (init den Quoten von 30.9 und 34.3) auf, während er im minderen und unter den allgemeinen Durchſchnitt tief ſinken : den Maße in Dalmatien, Sſtrien, Vorarlberg und Böhmen verbreitet iſt.
Die geographiſche Verbreitung des Cretinismus nach den einzelnen Bezirken von Steiermark fällt mit jener des Idiotismus und der Taubſtummheit zuſammen, nur macht ſich ein Unterſchied darin bemerkbar, daß hier die Marimal grenzen in den nördlichen und nordweſtlichen Bezirken ſchroffer hervortreten, als dies bei den beiden anderen Gebrechen
Von Dr. Vinzent Goehlert.
Mit dem Namen Cretinismus bezeichnet man ge:
der Fall iſt. Es läßt ſich nicht leugnen, daß der Creti nismus mit der Bodenbeſchaffenheit im Zuſammenhange
wöhnlich jenen frankhaften Zuſtand, welder mit einer
ſteht.
eigentümlichen Mißgeſtaltung der körperlichen Organiſation und zumeiſt mit einem hohen Grade geiſtiger Schwädje
,,Der alpine Cretinismus “ nadygewieſen , daß der Cretinis
verknüpft iſt.
In ſeiner typiſden Erſcheinungsform tritt
der Cretinismus in intenſivem Grade zumeiſt in den Alpen
Insbeſondere hat Dr. 3. Kratter in ſeiner Sdrift
mus in Steiermark vorzugsweiſe in den Urgebirgsforma tionen und im Diluvium jener Flüſſe, deren Quellgebiete im Urgebirge liegen, ſowie in einer begrenzten vertikalen
ländern auf und wird deshalb auch der alpine Cretinis
Erhebung auftritt, dagegen auf dem Kalkboden und auf
mus genannt .
den tertiären Schichten weniger verbreitet iſt. Audi Dr. P. Sid iſt in ſeiner ,,Statiſtik der Geiſteskranken in
In welch erſchredender Weiſe die phyfiſde und pſy: diſche Entartung eintreten kann, daß der wahre Cretin
eher einem Tiere als einem menſchlichen Weſen gleicht
Württemberg " zu den Ergebniſſen gelangt, daß der Creti:
und als ein Zerrbild des Menſchen ſich darſtellt, mag die
nismus auf gewiſſen geologiſchen Formationen häufiger vorkomme als auf anderen, und daß insbeſondere die
folgende Schilderung bezeugen, welche der ausgezeichneten
Thäler des Keupers und Muſchelkalkes demſelben befon :
Monographie von Dr. B. Knapp über den Cretinismus
ders ausgeſeßt, die Jura -Bildungen aber beinahe frei von dem Hebel ſeien. Weitere Unterſuchungen über dieſe Frage haben jedoch ergeben, daß noch andere Urſachen das Vorkommen des Cretinismus fördern. So will Dr. G. Mayr (,,Die Verbrei tung der Blindheit u . ſ. w. in Bayern " ) den Zuſammen bang des Cretinismus mit der Bodenbeſchaffenheit nicht
in Steiermark entnommen iſt: „ Von kleiner Körpergeſtalt mit aufgebunſenem , verzerrtem Geſichte von fahler Farbe, mit ſtieren und gloßenden Augen und ſtruppigen Haaren , mit abſtehenden Dhren und offenem geifernden Munde,
mit ſchnarchendem Athem und grunzender Stinime, mit Kropf und aufgetriebenem Bauch behaftet, fauert er, in einen Leinenfittel gehüllt, in einem Winkel der Stube und
ganz zugeſtehen, obgleich es ihm unzweifelhaft erſcheint,
Der alpine Cretinismus, insbeſondere in Steiermark.
daß die Bodenverhältniſſe einen großen Einfluß hierauf ausüben, daß aber noch andere Urſachen hierauf einwirfen . Dr. G. Mayr rechnet hierher den Einfluß der Richtung und Enge der Thäler, den Einfluß des Waſſers in ſeinen verſchiedenen Erſdeinungsformen als Trink-, Grunds, Sumpf- und Verdunſtungswaſſer, ferner die Lebensweiſe mit
beſonderer Rückſicht auf die Wohnungs- und Ernährungs verhältniſſe, die Armut, die Heiraten unter der Ortsbevöl kerung u. F. w. Auch Dr. H. Bircher iſt in ſeiner Schrift
,,Der endemiſche Kropf in ſeinen Beziehungen zum Creti nismus in der Schweiz" der Anſicht, daß das Vorkommen
des Cretinismus zwar an beſtimmte geologiſdie Formatio nen, insbeſondere an Sedimente der Trias, gebunden ſei,
doch müſſe man die cretiniſde Entartung als eine chroniſche Infektionskrankheit bezeichnen, deren Miasma an beſtimmten marinen Ablagerungen unſerer Erdrinde naftet und durch das beſtimmte Geſteinsarten auslaugende Trinkwaſſer in den menſchlichen Körper gelangt. Es gibt aber noch andere Urſachen , welche das Vor: kommen des Cretinismus erklären laſſen ; es ſind dies
Urſachen ſozialer Natur, welche man bei ſolchen Unter
ſuchungen bis jeßt noch wenig beachtet hat. So bezeichnet Dr. B. Knapp in ſeiner bereits erwähnten Monographie
als Urſachen des Cretinismus : Trunkſudit des Vaters,
Mißhandlungen, Entbehrungen und Kränkungen der Mutter
413
wirken mehrerer gleichzeitig auftretenden Urſachen, welche das Vorkommen des Cretinismus begünſtigen , wobei noch
zu berückſichtigen kommt, daß dieſe verſchiedenen Urſachen je nach den Umſtänden mit einer ungleichen Intenſität ihre verderblichen Wirkungen äußern werden. Der Cretinismus ſteht übrigens aud mit der Taub
ſtummheit und dem Kropf im Zuſammenhange. Nach den Daten von Dr. B. Knapp ſind 22.9 % mit Taubſtumm heit und 64.3 % der Cretinen mit Kropf behaftet.
Die Cretinen werden in den ſtatiſtiſchen Nachweiſen noch in der Richtung unterſchieden, ob ſie in der bezüg lichen Familie als einzige erſcheinen. Dieſe Ausſcheidung liefert uns Anhaltspunkte zu der Beurteilung, in welchen öſterreichiſchen Ländern der Cretinismus blos ſporadiſch verbreitet iſt und in welchen er in einem intenſiven Grade auftritt und dadurch einen endemiſchen Charakter erlangt. Wenn wir nun das inverſe Verhältnis annehmen und jene Fälle in Betracht ziehen, in welchen in einer Familie mehr als ein Cretin vorkommt, ſo finden wir, daß in Steiermark unter je 100 Cretinen je 42 ſolche ſind, welche
mehrfach in einer Familie vorkommen, während ſich in Böhmen die bezügliche Prozentzahl nur auf 20 ſtellt. Die Differenz zwiſchen dieſen beiden Zahlen (22) läßt die Höhe der Belaſtung, welche in Steiermark den bezüglichen Fa
Urſache trifft beſonders die uneheliden Kinder. Auch hat ſchon Dr. A. Mitchell auf Grund ſtatiſtiſcher Daten nachgewieſen, daß in Schottland unter den Erſtgeborenen und, da unehelidie Kinder zumeiſt Erſtgeborene ſind, auch
milien in Bezug auf den Cretinismus auferlegt iſt, er kennen und kann zugleich als numeriſcher Ausdruck für den alpinen Cretinismus gelten. Um übrigens den Intenſitätsgrad des Cretinismus in den einzelnen Ländern richtig beurteilen zu fönnen , iſt es notwendig, die betreffenden Zahlen bis auf die kleinſten Bezirke, ja fogar bis auf die Ortsgemeinden zu verfolgen,
unter jenen der Jdiotismus viel häufiger vorkommt als
denn es ſind in einem Bezirke oft nur wenige Gemeinden,
unter den anderen Kindern .
welche von dieſem Uebel beſonders ſtark heimgeſucht wer den und als Hauptherde desſelben gelten können, wie
während der Graviditätszeit, Ueberfütterung, Mißhandlung
und überhaupt Verwahrloſung der Kinder. Die leßtere
Um über dieſen Punkt nähere Aufklärung zu erlangen, habe ich die in Steiermark in den drei Jahren 1881 bis 1883 unehelid, geborenen Kinder nad) den einzelnen Bezirken zuſammengerechnet und die Prozentzahl derſelben gegenüber den ehelich geborenen Kindern beſtimmt. Wenn man nun die Cretinen-Quote und dieſe berechnete Prozent zahl einander gegenüberſtellt und die Bezirke nach der Größe der beiden Werte ordnet, ſo zeigt ſich bei einer
beiſpielsweiſe die Umgebung von Ferniß (im Bezirke Unter Graz), wo beinahe in jedem Hauſe ein oder mehrere Cre: tinen vorkommen. In dieſer Beziehung iſt beſonders her vorzuheben, daß unter den Bezirken, welche die höchſten Cretinenquoten aufweiſen , die Bezirke Bruck und Liezen in einem höheren Grade (mit 61.6 und 65.7 % ) belaſtet ſind
als die Bezirke Judenburg und Leoben (mit 43 und 44 %),
ſolchen Anordnung eine überraſchende Uebereinſtimmung
in welchen die cretiniſche Belaſtung mit der für das ganze
der Reihenfolge, ſo daß man zu der Annahme berechtigt wird, der Cretinismus ſtehe auch mit der Illegitimität der Kinder im Zuſammenhange. Als eine Haupturſache des Vorkommens des endemi îchen Cretinismus muß jedoch die Erblichkeit bezeichnet werden ; leider ſtehen in dieſer Beziehung nur ungenügende
Land geltenden (41.5 % ) nahezu zuſammenfällt. Bei Betrachtung des Lebensalters der Cretinen finden
Daten zur Verfügung. Nach den von Dr. B. Knapp ge ſammelten Daten ſind 50 % oder die Hälfte der Cretinen
wir, daß die jüngeren Altersklaſſen (unter 20 Jahren) verhältnismäßig ſtärker bei dieſen vertreten ſind, als dies bei den Jrrſinnigen der Fall iſt. Dieſe Thatſache ſteht mit dem Umſtande in Verbindung, daß der Cretinismus vorzugsweiſe ein angeborenes und ererbtes Gebrechen iſt, während der Irrſinn gewöhnlich erſt im vorgerückten Alter
erblich belaſtet. Es darf daher auch nicht Wunder nehmen , daß dort, wo der Cretinismus einmal Wurzel gefaßt hat,
entfallen nämlich, nad der Geſamtzahl beredynet, 20.2 %
dieſer auc, in fortwuchernder Weiſe weiter immer greift.
bei den Cretinen und 13.8 % bei den Irrſinnigen. Selbſt
Wie wir nun erwähnt haben , iſt es das Zuſammen:
verſtändlich treten dann dieſe Unterſchiede zwiſchen dieſen
zum Ausbruche kommt. Auf die Unterzivanzigjährigen
414
Der Winter in Florenz.
beiden Kategorien der Gebrechlichen auch in den höheren Altersklaſſen hervor. Die Cretinen erreichen in der Regel
Der Winter in Florenz.
kein hohes Lebensalter ; dies kann man ſchon daraus
Florenz iſt zwar für diejenigen , welche aus Geſund heitsrückſichten nach Italien reiſen, keine beſonders geeig nete Stadt, namentlich vom November bis Ende Februars, doch iſt es durchaus fein unangenehmer Winteraufenthalt für ſolche Ausländer, welche einen minder melancholiſchen Grund zum Reiſen haben. Die bloße Abweſenheit von
ídließen, daß die über 50 Jahre alten Cretinen nur 17.2 % betragen, während dieſe Altersklaſſe bei den Jrrſinnigen 25 %
und bei der Bevölkerung des ganzen Landes 19.5 % erreicht. Was das Geſchlechtsverhältnis der Cretinen betrifft, ſo zeigt ſich, daß das männliche Geſdylecht mehr von dieſem Uebel heimgeſucht wird als das weibliche. Das umgekehrte
Kranken und Leidenden macht die ausländiſche Geſellſchaft
Verhältnis findet ſich bei den Jerſinnigen, bei weldien das
heiterer und minder zurückhaltend, und was die übrigen
weiblidie Geſchlecht überwiegt. Die Cretinen werden ferner nach der Richtung unters ſchieden, ob ſie zu leichten häuslichen Arbeiten verwendbar ſeien oder nicht. Dieſe Unterſcheidung hat deshalb eine
Anziehungskräfte der Stadt betrifft, ſo ſind ja alle in den
beſondere Bedeutung, weil hierdurch die erhöhte körperliche und geiſtige Entartung zum Ausdrucke gelangt, welche jedod mit dem intenſiveren Auftreten des Cretinismus nicht immer im Zuſammenhange ſteht So erreicht die Unver wendbarkeit der Cretinen zu leichten Arbeiten in den Be zirken Murau und Judenburg (mit 58.3 und 60.6 % ) den höchſten Grad und tritt im minderen Maße (mit 50 %)
in den Bezirken Bruck und Liezen hervor, für welche wir eine hohe cretiniſche Belaſtung nachgewieſen haben. Im all gemeinen berechnet ſich die Nichtverwendbarkeit der Cretinen in Steiermark mit 51.5 % gegen 47 % in den anderen
Reiſehandbüchern beſchrieben. Indeſſen dürfte ſelbſt ein Nordländer eine Woche wirklich kalter Witterung als eine Prüfungszeit empfinden , wenn er nicht Zimmer bes wohnt, welche eine ausnahmsweiſe günſtige Ausſicht und Lage haben oder mit einigen modernen Heizvorrichtungen verſehen ſind. Das alte italieniſche Kamin iſt eine ſinn:
reiche Vorrichtung, um die ganze Wärme durch den Schorn ſtein entweichen und den größten Teil des Rauches in das Zimmer treiben zu laſſen. Die ärmeren Florentiner ſind ſelbſt noch unglücklicher als der gelegentliche Beſucher, da ſie, außer in der Küche, überhaupt nur ſelten Feuer anzumachen imſtande ſind. Dies iſt wahrſcheinlich der Grund, warum fie ſo ſehr die Scaldini lieben, die irbenen
Kohlenbecken mit glühenden Kohlen, welche gewöhnlich von
öſterreichiſchen Ländern. Bezüglich der Verwendbarkeit der
den Ausländern mit unverdienter Geringſchäßung behan
Cretinen zu leichten Arbeiten iſt noch zu bemerken, daß
delt werden . Selbſt Goethe ſcheint, bei all ſeinem forg fältigen Studium italieniſchen Lebens, ihren wahren Ge
dieſe Verwendbarkeit ſich für das männliche Geſchlecht günſtiger als für das weibliche zeigt. Welcher Verwahrloſung die in Steiermark lebenden Cretinen ausgefeßt ſind, geht ſchon daraus hervor, daß von den nahezu 3000 Cretinen im Jahre 1880 nur 51 ( 1.7 %) in Verſorgungshäuſern lebten. Gewiß mehr als die Hälfte der Cretinen, wie die Nichtverwendbarkeit der ſelben ſelbſt zu leichten Arbeiten zeigt, iſt ganz verwahr loſt und fällt ihren Mitmenſchen zur Laſt, zu welchem Behufe in den Alpenländern das ſogen. Einlegerweſen be: ſteht, nach welchem die Wirtſchaftsbeſiger verpflichtet ſind, die armen Cretinen durch eine beſtimmte Anzahl von Tagen in ihrer Behauſung unentgeltlich zu verpflegen. Für die Verbeſſerung der Lage dieſer Unglücklichen iſt bis jeßt ſehr wenig geſchehen und doch könnten ſo manche Maßnahmen zur Verhütung der cretiniſchen Entartung getroffen werden ; vorerſt würde es ſich um die Erhöhung der allgemeinen Widerſtandskraft des menſchlichen Orga: nismus durch Verbeſſerung der ſozialen und hygieniſchen
Verhältniſſe handeln. In der Schweiz geht man bereits daran oder iſt auch ſchon daran gegangen, durch öffent liche Unterſtüßungen die Kinder mit cretiniſder Anlage in Aſyl-Häuſern und Sanatorien unterzubringen . Audy
in Steiermark laſſen ſich ſolche Anfänge verzeichnen. In Admont, Brud a. D. Mur und teiltveiſe in Kainbad, wer: den Cretinen verpflegt.
brauch niemals verſtanden zu haben. Einen kleinen Topf
mit Glut in die Mitte eines hohen, zugigen Gemachs zu ſtellen, dheint allerdings ſich nur über das Elend ſeiner verlorenen Bewohner luſtig zu machen, und dodh wird ein Scaldino, richtig behandelt, eine Behaglichkeit. Um jedoch
eine wohlthätige Wirkung von ihm zu haben, muß man auf ihm ſißen wie die Bruthenne auf ihren Eiern ; man muß ihn nämlich zwiſchen die Füße ſtellen und um ihn und den unteren Teil des Körpers einen dicken Plaid oder Reiſeteppich wickeln. Auf dieſe Art behandelt ges währt er eine wirkliche, wenn auch beſchränkte Genug thuung.
Diejenigen, welche in Italien nur ihrem Vergnügen nachgehen , können einigen Erſaß für das Unbehagen ihrer Wohnungen im Freien finden.
Auch die fälteſten Tage
ſind im allgemeinen fonnig, und Spaziergänge, die, wie der Lung’Arno vor dem Winde geſchützt, ſind während der Mittagsſtunden angenehm warm. Sie wimmeln dann von den Florentinern, welche in's Freie gehen, um ſich
in der Sonne zu wärmen, aber gedrückt und leblos aus ſehen wie die Eidechſen , die ſich auch gelegentlich zu ähn:
lichem Zwecke aus ihren Löchern herauswagen. Ale Mun terkeit und Beweglichkeit des Sommers iſt verſchwunden, die raſche, leidyte Grazie des Auges und der Gebärde iſt einer gezwungenen und gedankenvollen Energie gewichen ;
wenn Blick oder Bewegung ſich beſchleunigen, ſo geſchieht
Der Winter in Florenz.
415
es nur als Antwort auf einen bewußten Willensakt; das
auch ein Kreis um einen Lehrer aus der benadybarten
Ueberwallen von Lebenskraft, das ſonſt den Italiener und
aus den Frauen der unteren und mittleren Stände wird ,
Elementarſchule oder einen Unterbeamten von litterariſchem Geſchmad, welcher entweder allabendlich oder zwei- oder dreimal in der Woche den Beſuchern der Weinſchänke vors lieſt. Er wird für ſeine Dienſte nicht bezahlt, allein einer oder der andere der Gäſte traktiert ihn gewöhnlich mit
iſt ſchwer zu ſagen ; ſie gehen wahrſcheinlich bei ſolcher
einem Glas Wein und der Wirt ſpendet ihm wahrſchein
Witterung ſehr früh zu Bett und ſtehen ſo ſpät auf als ſie fönnen , wenn es nicht ein Sonn- oder Feſttag iſt und ſie eines der männlichen Glieder ihrer Familie überreden
lich ein frugales Abendbrot. Andererſeits bleibt die Wahl
die Eidedſe kennzeichnet, iſt ganz verloren gegangen.
Nach Sonnenuntergang, wenn die Luft im Freien ſcharf wird , ſucht beinahe jedermann ein Obdach. Was
ſeines Autors ganz ihm anheimgeſtellt und die Wahl iſt
welches dasſelbe beſucht. Beinahe alle dieſe Kaffeehäuſer
gewöhnlich eine ſchlechte. Langweilige Geſchichtsauszüge oder Lebensbeſchreibungen der ausgezeichneteren Männer Staliens ſind ſein Lieblingsſpeiſezettel ; aber hie und da
ſind mit Defen verjehen oder haben Luftheizung und wer-
mildert er auch dieſen ſtrengen Ernſt und geht, nachdem
den von Frauenzimmern unter geeignetem Sdu beſucht. An den verſchiedenen Tiſchen wird Schach, Dambrett und Domino oder die verſchiedenen polizeilich erlaubten Arten
er eine Biographie von Boccaccio geleſen, auf eine von deſſen luſtigen Geſchichten über. Damit findet er immer am meiſten Anklang, denn der moderne Florentiner iſt weit empfänglicher für Pathos als für Humor, und es gewährt einen eigentümlichen , ſeltſamen Genuß , dieſe
können , ſie mit ſich in das kleine Kaffeehaus zu nehmen,
1
von Kartenſpiel geſpielt, und wer nur eine einzige Taſſe Kaffee bezahlt, ſichert ſich das Recht, beliebig lang ſiben zu bleiben . Man kann manchmal an den derartigen Drten ſeltſame Auftritte ſehen. Ein Kind von vier Jahren tritt z. B. ein, warm unter ſeines Vaters Mantel geborgen ; zwei Männer, wahrſcheinlich Dheime, begleiten es. So-
bald die Thüre geſchloſſen iſt, wird der kleine Gefangene freigegeben, dyreitet ſtolz zu dem beſten Tiſd, und beſtellt Kaffee mit Rum für Drei und Kuchen für Vier.
Ein
Wink an den Wirt vergewiſſert diejen, daß der Auftrag ausgeführt werden ſoll und der kleine Held bezahlt die
ganze Zeche. Er reicht den Kuchen herum , aber niemand nimmt davon als der Vater, der zwei Stücke davon, wahrſcheinlich aus Klugheits -Rüdſichten, einſtedt. Wenn du in der Nähe des Tiſches fißeſt, ſo wirſt du hören, daß es der Namenstag, d. h. der Tag des Schußpatrons des Kindes iſt, welcher in Italien ebenſo gefeiert wird, wie der Geburtstag in proteſtantiſchen Ländern, daß die Mutter des Kleinen im Laufe des Jahres geſtorben iſt und daß der Vater dies für die beſte Weiſe gehalten hat, dem Rinde ein Vergnügen zu bereiten. Solche Dinge ſind nicht Landes-
gebrauch, aber kennzeichnend für das Volk. Die kleinen Weinſchänken ſind gefährliche Nebenbuhler 1
für die kleinen Kaffeehäuſer und werden von den altväteriſchen Florentinern bevorzugt, obwohl ſie ſelten eine Zeitung halten und man in ihnen keine Frauenzimmer findet als die Verwandten des Wirtes. In den meiſten derſelben trifft man noch das alte italieniſche Syſtem der Zimmerheizung ; es wird nämlich kurz nach Sonnenunters gang ein großes Metallgefäß voll glühender Holzkohlen hereingebracht und auf einen Dreifuß geſeßt ; die Gäſte
/
alten höfiſchen Geſchichten einem folden Zuhörerkreiſe vors
Jeſen zu hören beim trüben lichte eine qualmenden Pe troleumlampe und inmitten der nidyts weniger als füßen Düfte von Käſe , geräuchertem Fleiſch und geſalzenen
Fiſden. Und doch iſt dies der echte Ruhm. Es iſt bei manchen Leuten Braud), den Verfaſſer des „ Decamerone " zu unterſchäßen, ſeinen Styl als ſchwerfällig und ſeine Gegenſtände entweder als frivol oder als ſentimental zu tadeln. Allein welcher andere Proſaerzähler vermag nach ſo vielen Jahrhunderten eine ungebildete Zuhörerſchaft ſeiner Landsleute noch ſo ſehr zu entzüden ? Der ſicherſte Weg zur Unſterblichkeit ſoll ja der ſein, daß die Werke eines Schriftſtellers noch Jahrzehnte nach ſeinem Tode in
Zwanzigpfennig -Ausgaben verbreitet werden, wie der „ Land prediger von Wakefield" oder die ,,Erzählungen " von Hein rich Sidhoffe oder Chriſtoph Schmid. Am Sonntag belebt ſich die Weinſchänke, beſonders wenn beiratsfähige Töchter oder Nichten vorhanden ſind, und der Abend wird häufig mit einem Zahlenlotto-Spiel beſdhloſſen, denn der Italiener iſt von Natur aus ein Spieler. Das Wagnis iſt an ſolchen Drten nicht groß,
denn eine einzelne Karte koſtet zwei Centeſimi, ſo daß man um 10 Pfennige deren fünf kaufen fann. Wahrſcheinlich
verſteigt ſich aber niemand zu einer derartigen Verſchwen dung, idenn es nidyt irgend ein Bewerber um die Hand
charen ſich um dasſelbe ; hie und da wird ein aus Gras
der Tochter des Hauſes iſt, der entweder das Sprichwort nicht kennt oder nicht beachtet, welches beſagt, daß wer in der Liebe glüdlich iſt, kein Glück habe ; zwei farten oder höchſtens vier ſind die Regel. Der Unternehmer des Spieles, der das Geld einnimmt und die Nummern zieht es iſt
oder Binſen geflochtener Fächer zum Wegblaſen der weißen Aſche und zur Anfachung der Glut benüşt ; die Thüren
mit. Der glückliche Beſißer der Karte, die zuerſt gefüllt
werden ſo dicht geſchloſſen als das Geſchäft es erlaubt,
wird, erhält eine Lira, und wenn dann nod, etwas mehr
und die Wärme macht ſich bald in dem kleinen, niedrigen Zimmer fühlbar. Alsdann greifen an den meiſten Orten die Gäſte zu den Spielfarten ; an einigen bildet ſid, aber
in der Kaſſa bleibt, ſo wird das Spiel fortgeſeßt und der Gewinner erhält den Reſt. Es iſt intereſſant und unter haltend, ein foldes Spiel zu beobachten , woran Kinder
niemals der Wirt oder die Wirtin
ſpielt nicht ſelbſt
416
Geographiſche Dieuigkeiten .
von 7 Jahren und Greiſe von 70 einen gleichen Anteil zu nehmen ſcheinen, und die feierlidye Gier zu ſehen , mit
welcher dide, roſige und runzelige Hände gleichermaßen ihre weißen Bohnen auf die gezogenen Nummern ſeßen.
· Dreifönigstag oder Erſcheinungsfeſt iſt das große Winterfeſt der Florentiner, obwohl es gegenwärtig hauptſäd ): lich oder beinahe ausſchließlich im häuslichen Kreiſe gefeiert wird. Wenn die Kinder eingeſchlafen ſind, nimmt ihnen die Mutter die Strümpfe hinweg und füllt reine Strümpfe
mit Obſt, Badwerk, Süßigkeiten und kleinen Geſchenken, worunter immer zwei oder drei ſorgfältig in Papier ge widelte Kohlenſtückchen gefunden werden . Dieſe Schäße werden ſorgfältig an verſdiedenen Stellen des Zimmers verſteckt, und ſobald die Rinder erivachen, beginnt die Suche
nach den Strümpfen. Es iſt gewiſſermaßen die Weihnachts bejdeerung in Florenz. Ein ähnlidher Brauch, wenn auch
Einbildungskraft ſeiner großen Künſtler gefärbt ſind. Die Prozeſſion des Erſcheinungsfeſtes iſt jedenfalls herunter
gekommen, ehe ſie abgeſchafft wurde. Sie ſcheint ſogar (djon zu Horace Walpole's Zeit ihre einſtige Anmut und Würde bereits verloren zu haben, denn er (dyrieb unter dem 27. Januar 1743 an Sir Horace Mann : „ Id freue mich auch, daß Marcheſe Bagneſi, welchen ich, wie Sie wiſſen, immer gut leiden mochte, rich ſo wohl befindet, und es freut mich noch mehr, zu hören , was für eine Befana die Kurfürſtin iſt." Wozu nun Lord Dover die grauſame
Anmerkung macht: ,,Die Befana war eine Puppe, welche am Abend des Erſcheinungsfeſtes in der Stadt herum: geführt wurde.
Das Wort iſt abgeleitet von Epifania .
Es bedeutet auch ein häßliches Frauenzimmer. Die Kur fürſtin (Witive des Pfalzgrafen, die lekte aus dem Hauſe
mit einigen Veränderungen , herridit unſeres Wiſſens aud
Medicis) ging zufälligerweiſe am Erſcheinungsfeſte zum erſtenmale nach einer langen Krankheit aus und äußerte
in Norwegen, wenn aud) nid) t am ſelben Tage. In früheren Zeiten wurde das Feſt mit weit größerem
gehen an dieſem Tage aus."
Glanze gefeiert und hatte mehr einen öffentliden Charakter.
Ein weiblides Bild der ,,Santa Epifania " wurde durch die Stadt getragen. Knaben giengen in der Prozeſſion mit langen Glastrompeten und dieſen folgten andere
im Scherze gegen den Prinzen Craon : „ Die Befane alle 11
So ſteigen wir von hohen feierlichen Prozeſſionen zu einer Sdar lärmender Neger und von dem ehrwürdigen aber doch lieblichen Bilde einer Heiligen zu einem häß
Knaben und Mädchen , welche geiſtliche Lieder fangen.
lichen alten Weibe herab ; allein die Winterſonne ſcheint noch immer glänzend auf die Hügel und Paläſte von Flos
Derartige Prozeſſionen lieferten wahrſcheinlich Luca della
renz herab, und noch immer leiſten die alten Bildſäulen,
Nobbia die Anregung zu mehreren der wunderbaren Ne:
Reliefs und Fresken Zeugnis von einem Leben, welches
liefs, welche nun das Bargello idmüden. Die Farbe ſchwindet aus dem italieniſchen Leben, wie ſie es immer vor dein Vorrücken unſerer modernen Ziviliſation thut, und
einſt vorhanden war oder das wenigſtens deren Verfertiger ſchaffen zu können meinten !
(S. R. )
die einzige übriggebliebene Erinnerung an den alten Brauch iſt noch die Gewohnheit, am Vorabend des Erſcheinungs
feſtes die Knaben mit Trompeten zu beſchenken. Dieſe pflegten früher immer von Glas zu ſein ; allein irgend ein unternehmender Fabrikant hat entdeckt, daß ſie dauer : bafter ſind und wohlfeiler geliefert werden können , wenn man Metall dazu verwendet, und ſo findet man jeßt die
alten Glastrompeten nur noch in den Häuſern der Reichen und Vornehmen. Wir machen entſchieden Fortſdritte, aber in welcher Ridhtung ? Auf dieſe Frage können Volfs: wirtſdaft und Kunſt leicht Antwort geben. In der Havana wird das Erſdeinungsfeſt noch immer mit Feſtlichkeiten von einem ähnlichen Charakter gefeiert,
nur nimmt hier eine nach der ganzen Höhe ihrer Phantaſie aufgepußte Negerin die Stelle des Heiligenbildes ein und ver
langt Geſchenke von den weißen Einwohnern, um dieſelben angeblich dann gleichmäßig unter ihr lärmendes Gefolge auszuteilen. Sieht dies nicht einigermaßen wie eine Tra
veſtie des alten florentiniſden Feſtes mit ſeinen trompeten: den Knaben und ſeinen Sängerdören von Knaben und Mädchen aus ? Nur wenige von den gebildeten Einwoh nern der Havana würden es bedauern, wenn der Umzug der Negerin und ihres Gefolges unterdrückt würde, und vielleicht ſind wir geneigt, die alten Bräude Italiens durch Brillen zu betrachten, welche allzu tief durd die
Geographiſche Neuigkeiten. * Aus den Polar-Negionen. Unter den Samm : lungen, die der Kapitän Holm von ſeiner Erpedition nach
der Oſtküſte von Grönland zurückgebracht hat, befindet fich
nach Herrn Hanſen-Blangſted auch eine Sammlung von Holzſtücken , welche ſehr genau die Umriſſe der Küſte dar
ſtellen ; andere Gegenſtände derſelben Sammlung veran ſchaulichen den Anblick der benachbarten Inſeln, und die Mitglieder der Erpedition fanden die Aehnlichkeit voll kommen genug, um die Inſeln wieder zu erkennen , vor denen ſie vorübergefahren waren . Das Vorhandenſein dieſer Sammlung von hölzernen Landkarten unter einem wilden Stamm, der bis zur Erpedition des Kapitäns Holm unbe: kannt geblieben war, an einer Küſte, welche niemals von Europäern beſucht ward, denen es gelungen iſt, wieder in ihr Vaterland zurückzukehren , iſt eine im höchſten Grade
ſtaunenswerte Erſcheinung. Es iſt unſeres Wiſſens der erſte Fall, daß man aus Holz ausgeſchnittene Relief-Land: farten entdeckt hat , welche von Wilden ohne alle Zivili
ſation ausgeführt worden ſind. Daß dieſe Holzſtücke von Eingeborenen ausgeſchnitten worden ſind , welche um die
Bucht von Angmagſalik herum wohnen , dürfte mit Fug
Seographiſche Neuigteiten.
bezweifelt werden. Um Holz zu dem Zwecke auszuſchneiden, eine Küſte und die benadybarten Inſeln darzuſtellen , be: darf es einer entwidelteren Intelligenz , als man ſie ge wöhnlich bei den Wilden findet. Es bedarf eines gewiſſen Grades von Unterricht, einer großen Geduld, einer an: dauernden langen Arbeit, die zu einem vernünftigen Zweck vollbracht wird, weldien man bei den Eskimos nicht voraus feßen kann . Derjenige, welcher dieſe Arbeit ausgeführt hat, mußte auf irgend eine Weiſe eine Karte gezeichnet haben, ehe er das Holz mit mangelhaften Werkzeugen zu bearbeiten anfing. Herr Hanſen -Blangſted äußert hier
417
wane von 88 Negern von der Loango-Küſte und wandten fich zu Lande nach Südſüdoſt. Am 6. September über ſchritten ſie den Kongo ungefähr unter dem 6. Breiten grade, brangen von dieſem Augenblick an in eine völlig unbekannte Region ein und zogen oſtnordoſtwärts in
gerader Linie nach dem Kaſſai. Auf dieſem Teil ihres Weges, zwiſchen dem Koango und dem Kaſſai, ſeşten ſie
nacheinander über drei bedeutende Waſſerläufe, die nacho Nordnordoſt fließen , nämlich am 28. September über den Wambo, am 6. Oktober über den Saia und am 7. Dkt. über den Kivilu.
Am 19. Oktober erreichte die Erpedition
über in einem Schreiben an die Geographiſche Geſellſchaft
den Kaſſai oberhalb der Einmündung des Luebu, folgte
in Paris : „ Wie viele Erpeditionen ſind ſchon von der Oſtküſte Grönlands nicht mehr zurückgekehrt ? In einer an die Geſellſchaft in der Sißung vom 6. November 1885 gerichteten Notiz habe id, einen kurzen und unvollſtändigen Ueberblick über dieſe Erpeditionen gegeben . Die lebte verſchollene iſt diejenige der ,,Lilloiſe" , befehligt von Jules de Bloſſeville. Wäre nicht denkbar, daß irgend ein Mit glied dieſer Erpedition eine Reihe von Jahren unter den Eingeborenen vom Angmagſalik gelebt und , um ſich die Zeit zu vertreiben, ehe er als Dpfer des Klima's, des Elends und vor allem der Verzweiflung über die Trennung von
einige Tage lang dem linken Ufer des von Wißmann
1
ſeinem Vaterlande ſtarb, dieſe von Kapitän Holm entdeckten
Holzſtücke ausgeſchnitten habe ? Ich zweifle, ob dieſe Re flerionen dem Führer der däniſchen Erpedition gekommen ſind, der von anderen Sorgen in Anſpruch genommen war ;
er war einfach erſtaunt, dieſe hölzernen Landkarten zu finden, und hat ſie mitgenommen . Die Polarwelt, die Zeugin ſo vieler Unglücksfälle, birgt unter ihrem Leichen
tuche von Schnee und Eis noch manche Geheimniſſe. Der ſo gar unvorhergeſehene Erfolg des Kapitäns Holm läßt
mutmaßen, daß Regierung und Volk in Dänemark ein ſo günſtig begonnenes Werk fortſeßen werden wollen. Wäre es da nicht der geeignete Zeitpunkt, ſich dieſer hölzernen Land karten zu erinnern ? Könnte man nicht vielleicht mit Geduld und Ausdauer von den Eingeborenen einige Nadı: weiſe erhalten, welche ſie freiwillig verbergen ? Ich fann
mich unmöglidy des Gedankens entſchlagen , dieſe Land farten auf Holz verbergen vielleicht die unglücklidhe Ges
erkannten Fluſſes, fuhr über denſelben und ſetzte dann quer über die Ebenen des rechten Ufers hin ihren Weg nach Nordoſt fort. Bald darauf erreid ten die Herren Kund und Tappenbeck das linke Ufer eines neuen Stroms
namens Jkata, welchen ſie ziemlich weit oſtwärts, bis ungefähr unter den 21.0 ö. L. von Gr., hinan und dann wieder bis zu ſeiner Einmündung herabfuhren. Auf dieſe Weiſe konſtatierten ſie, daß der Stata, welcher im Dſten unweit der Quellen der Buſſera (des linken Zufluſſes des
Tiduapa) zu entſpringen ſcheint, anfangs parallel mit dem Sankuru, dann mit dem unteren Kaſſai zu verlaufen ſcheint und ſich mit dem von Stanley entdeckten Mfini
identifiziert, welden dieſer nur für den Ausfluß des Leopold-See's hielt, während auch er der Unterlauf eines ſehr bedeutenden Stromes iſt. Als die Erpedition am 14. Januar 1886 in ihrer Fahrt den Skata hinauf Halt
gemacht hatte, um den Rückweg anzutreten, gelangte ſie, auf Rähnen eingeſchifft, am 20. Januar nach Kwawuhl und kehrte am 28. nach einer überaus mühſamen und zu
verſchiedenen Malen durch die Feindſeligkeit der Einge borenen unterbrochenen Reiſe und nach einer Abweſenheit von fünf und einem halben Monat nad Leopoldsville zurück. (Mouv. géogr.) * Der Weg nach Laos. Am 8. September v. 3., zur Zeit der Hodygewäſſer, iſt der Schiffskapitän Reveillère,
Kommandant der franzöſiſchen Flottenſtation in Cochin
Infolge der Forſchungen der Herren Wiß
china, mit ſeltener Kühnheit und Geſchicklidzkeit die Strom ſchnelle von Preapatang am Mekong hinaufgefahren, die man bisher für eine unüberſchreitbare Schranke zwiſchen Kambodſcha und dem ſiameſiſchen Laos hielt. Das Tor
mann , v. François und Grenfell iſt nun der größte Teil
pedoboot Nr. 44 batte bei der Fahrt zu Berg ohne
der ſüdlich von der großen Krümmung des Kongo gelegenen
Schwierigkeit, aber nicht ohne Aufregung das hauptſäch
Region hydrographiſch enthüllt worden . Gleichwohl blieb noch zwiſchen dem Leopold -See, dem Kaſſai, dem Sankuru
lichſte Hindernis überwunden und einige Stunden ſpäter ohne Schädigung die Thalfahrt über die Stromſchnellen
(G. g .) ſchichte der „ Lilloiſe". * Die Entdeckung eines neuen Nebenfluſſes des Kaſiai .
und der Buſſera ein großer unbekannter Fleck zu ent
bewerkſtelligt. Der Erfolg des Unternehmens war großen
ziffern. Die Lieutenants Kund und Tappenbeck , von der deutſchen Nokki -Erpedition , haben jüngſt dieſe Frage gelöſt
teils den Bemühungen des Schiffslieutenants de Féſigny,
durch die Entdeđung eines neuen ſchiffbaren Fluſſes namens Ikata , welcher ſich von der rechten Seite in den Kaſſai ergießt . Die beiden genannten deutſchen Forſder verließen am 12. Auguſt v. 3. Leopoldville an der Spiße einer Kara
Kommandanten des Kanonenboots ,,La Sagaie" , zu ver
danken, welcher mit einer hydrographiſchen Aufnahme in dieſen Gewäſſern betraut war. Der Rolonialrat von Cochindhina hat ſich keinen Augenblick über die wirtſchaft
lichen Folgen der glänzenden und glücklichen Forſdjungen
418
Geographiſche Neuigkeiten .
der beiden Marine-Offiziere getäuſcht und daher auch beeilt,
und im Genferſee vorgenommen worden ſind, hat Herr
die nötigen Geldmittel zur Rekognoszierung des Weges,
Hörnlimann entdeckt, daß der Rhein und der Rhone ihren Lauf unter den Gewäſſern dieſer See'n fortſeßen, und zwar in tiefen Schluchten, welde ſie ſich unter den Del tas des einen und des anderen an der Sohle des See's
welcher Cochindyina in Flußverbindung mit den reiden
Thälern des ſiameſiſdien Laos ſeßen ſoll, und für die Fortſeßung dieſer Arbeiten zu verwilligen. Herr v. Féſigny hat dieſelben rad zu einem guten Ende geführt. Am 8. Februar, alſo zu der Zeit wo der Waſſerſtand im Me: long am niedrigſten iſt, hat er ſich mit der Sonde in der Hand Rechenſchaft von dem Verhalten der Stromſchnellen von Preapatang zu geben verſucht und anſtatt jenes
Strudels wirbelnder, trüber, mit ſdywindelnder Geſdwindig keit fortgeriſſener Waſſermaſſen, weldie der Kommandant
ausgewühlt haben .
Der Rheinlauf kann auf eine Strede
von 4 Km . in einer Tiefe von 125 m , unter dem Waſſer ſpiegel verfolgt werden. Der Lauf des Rhone kann bis auf mehr als 6 Km . von der Einmündung des Fluſſes in einer Tiefe von 200—230 m . verfolgt werden. * Entdeckung von Lagern goldführenden Sandes in Patagonien . Wenn man den Berichten der Zeitungen von Buenos-Ayres glauben darf, ļo ſollen
Reveillère nur vermittelſt der Geldwindigkeit des Torpedo bootes überwinden konnte , einen Flußarm von mehr als 50 m . Breite gefunden , der ſeine klaren und tiefen Gewäſſer zwiſchen Granitwänden hinwälzte. Der Kanal hatte noch über 15 m . Waſſer, was den Sdluß zu zichen geſtattet, daß
die Ländereien zwiſchen der Magellansſtraße und dem Rio Gallegas in Patagonien in ziemlidier Menge Gold ent
das Torpedoboot noch mindeſtens 25 m. Waſſer unter dem
bis 100 Gramm Gold ſammeln können.
Kiel hatte, als es die Stromſdnelle paſſierte. Nad Herrn v. Féſigny würden , um die 30 Min . Stromſdnellen, die ſich von Samboac bis an die laotiſche Grenze erſtreden,
wo das Fahrwaſſer wieder frei wird, der Schifffahrt zu
ſolcher Placeres iſt eigentlich nichts Neues, ſoll aber in jüngſter Zeit gelegentlich eines Schiffbruchs von neuem beſtätigt worden ſein, worüber der „Courrier n de la Plata“ folgendermaßen berichtet: ,, Ein franzöſiſcher Matroſe, wel
gänglich zu machen, die Sprengung einiger Felſen von 8 oder 12 m. Baſis, das Ausbaggern von drei Kiesbänken und das Fällen einiger Dutzend Bäume genügen , welche
Magellansſtraße) geſcheiterten Fahrzeug gehörte, foll die Muße ſeiner ſchiffbrüchigen Zeit zum Auswaſchen von
das Fahrwaſſer verſperren. Herr v. Féſigny hat dieſe Rekognoszierung in einem Kahne gemacht, wobei er häufig von Piratenbanden gehindert wurde. Sobald man das Fahrwaſſer von den bezeiduneten Hemmniſſen befreit haben
halten, und ein mit Geräten nur mittelmäßig ausgerüſte ter Goldwäſder ſoll, je nachdem er Glück hat, täglich 35 Die Entdeckung
der zu einem am Jungfernkap (an der Oſtſpiße der
Sand verwendet haben. Als der nad dem Stillen Dzean beſtimmte Dampfer ihn aufnahm , hatte er ein kleines Ver
wird, was mit Dynamit eine ſehr leichte Sache iſt, ſo werden ſchnelle Dampfboote einen regelmäßigen Dienſt
mögen in ſeinem Sädchen. In Puntas Arenas angekommen , erzählte er ſein Abenteuer und bald darauf begab ſich eine Anzahl Goldſucher nach dem Jungfernkap, wo ſie noch war, als die von der Argentiniſchen Regierung abgeſchickte
zwiſchen Codyinchina und dem fiameſiſchen Laos antreten
Kommiſſion an Drt und Stelle anfam . Dieſe beſtand aus
können.
* Der Meeresgrund des Atlantiſchen Ozean s .
einem Ingenieur und einer Anzahl Beamten. Nach dem ,, Courrier" beſtätigt der an die Regierung ergangene Be
Aus den unterſeeiſchen Unterſuchungen und Forſdungen , welche neuerdings unter den Auſpizien der Londoner Geo :
ungeheuren Strecke Landes ; die Ausbeutung desſelben
Atlantiſchen
foll am Meeresſtrande und in gewiſſen Thälern, wo reich liche Quellen vorkommen, leidyt ſein. Außerdem will die
graphiſchen Geſellſchaft angeſtellt und im
(G. g.)
Dzean bis zu einer großen Tiefe gemacht worden ſind, geht hervor, daß der Grund dieſes Meeres in der nördlichen Region durch zwei Thäler gebildet wird , von welchen das eine, öſtliche ſich vom 10. bis 30.0 w ... erſtreckt und bis zum Aequator in einer Tiefe fortſeßt, welche nidit weniger als 13,000 Fuß beträgt, während das andere Thal vom 30. bis 50.0 w . L. reidt. Beide Thäler ſind geſchieden durch eine Bergkette , die in einer Tiefe von nur 1600 Braſſen eine Linie von 30 Graden w. l. verfolgt und ſich nord wärts bis nach Island und jüdwärts bis zu den Azoren erſtreckt und an den beiden Endpunkten von vulkaniſdem Charakter iſt. Ihre äußerſte Breite iſt wenig unter 500 Meilen , und die Waſſertiefe ſteigt von der einen wie von der anderen Seite der Kette aus, je nach der Entfernung der Achſe. (G. g.) * Der Bodenſee und der Genferſee. In folge von neueren Peilungen , welche jüngſt im Bodenſee
richt das Vorkommen goldführenden Sandes auf einer
Niegierung noch auf Mittel ſinnen laſſen , um das Waſſer
für die Wäſchereien in reichlicher Menge herbeizuſchaffen. Da aber in jüngſter Zeit die Vorbereitungen für die Präſidentenwahl die argentiniſchen Behörden ganz in An ſpruch genommen haben, ſo ſind dieſe noch nicht in der Lage geweſen, die nötigen Maßregeln zu treffen , um den Gold
ſudhern Sicherheit des Eigentums und der Perſon zu ver daffen. Sie werden jedoch genötigt ſein, ſich bald dieſer
wichtigen Entdeđung zu bemächtigen, welche vielleicht die ganze Lage Patagoniens umzuwandeln beſtimmt iſt. (Wir geben dieſe Nadyridyt übrigens mit allem Vorbehalt.) (G. g.)
* Der gegenwärtig im Ausbruch befindliche Vulkan Tunguragua liegt in den öſtlichen Cordilleren der Anden von Ecuador und iſt einer der berühmten vier
Krater des Plateau's von Quito , welche ſid, über die
Kleinere Mitteilungen .
Grenze des ewigen Schnees erheben. Dieſe großen Deff nungen in der Erdrinde in bedeutenden Höhen ſcheinen durch geheimnisvolle Berührungspunkte mit einander ver bunden zu ſein. Die Vulfanſpalten , welche ſich auf einem einzigen Herde befinden, ſind zuweilen ſo geſtaltet, daß die Verſtopfung der alten Abzugskanäle des Dampfes oder die Eröffnung von neuen einen gleichzeitigen Ausbruch fogar auf entfernten Punkten veranlaſſen kann. Als in der Nacht zum 11. Auguſt 1772 der Vulfan Pepandajan auf der Inſel Java mit großer Heftigkeit ausbrach), ſpieen
zwei andere Vulkane auf derſelben Inſel, obwohl 184 und 352 Meilen vom Bepandajan entfernt, in derſelben Nacht
Feuer. Es kann daher nid )t befremden, daß der Tungura gua gegenwärtig gleichzeitig mit dem Cotopari ſeinen Aus
bruch hat. Die großen Ausbrüche der meiſten foloſſalen Kegel, welche die Cordilleren der Anden überragen, haben beinahe vor einem Jahrhundert ſtattgefunden. Den leßten bedeutenden Ausbruch hatte der Cotopari im Jahre 1803, obwohl er feit dieſer Zeit mehrfach Flammen ausſtieß. Verſchwinden eines See's. Man meldet aus Merico das Verſdwinden des Vega-See's in Meßtitlan,
Unzen zu 35,724,179 ſtrl. Der Gewinn aus den Goldfeldern
der Kolonie Queensland betrug 307,804 Unzen (+ 95,017 gegen 1883) zu 1,077,314 Lſtrl., und ſeit dem Jahre 1867, wo ſie ent deckt wurden , iiberhaupt 4,529,280 Unzen zu 15,852,480 Lſtri. In der Kolonie Siidauſtralien wird zwar auch Gold gefunden , allein eigentliche Goldfelder ſind nicht vorhanden. Man ſchätzt das bis Ende 1885 gewonnene Gold auf 120,000 Unzen zu
478,000 Lſtrl. Dagegen exiſtieren ſiidlich von Port Darwin im Norden des zur Kolonie Siidauſtralien gehörigen Northern Terri tory Goldfelder, welche aber nicht ſonderlich lohnend ſind und darum meiſtenteils von Chineſen bearbeitet werden . Sie lieferten in den 16 Jahren ihres Beſtehens bis Ende 1884 einen Ertrag von
210,000 Unzen zu 745,000 Lſtrl. In der Kolonie Weſtauſtralien
wurde bis jett, trotz aller Nachforſchung, fein Gold entdeďt. Man will zwar in neueſter Zeit in dem nördlichen Kimberley Diſtrikt an den Fliiffen Margaret und Ord, welche in den leopold Ranges entſpringen, Gold gefunden haben , allein nach den neueſten Nachrichten iſt darauf wenig Wert zu legen. Die Inſelkolonie Tasmanien beſitzt Goldfelder von ziemlicher Bedeutung. Im
Jahre 1884 wurden 42,339 Unzen (- 3039 gegen das Vorjahr) zu 160,404 eſtrl. gefunden , und vom Jahre 1866 bis zum erſten
Juli 1885 insgeſamt 400,482 Unzen 311 1,537,363 Lſtrl. Die Goldfelder der Fuſelfolonie Neuſeeland folgen in ihrer Ergiebig
*
und den Hergang dabei ſchildern Augenzeugen folgender maßen : Am Morgen des 10. September 1885 hörte man ein dumpfes, heftiges, unterirdiſches Getöſe, das die der
419
keit denen von Victoria.
Sie ergaben im Jahre 1884 eine Aus =
beute von 229,946 Unzen zu 921,797 Lſtrl. gegen 248,374 zu 993,352 lſtrl. im Vorjahre. Der geſamte Ertrag der Goldfelder
Neuſeelands ſeit deren Entdedig, d. i. vom 1. April 1857 bis
Vega benachbarten Hügel in demjenigen Teil, welchen
zum 31. Dezember 1885 , betrug 10,552,279 Unzen zu 41,379,292 Lſtrl. Summieren wir die vorſtehenden Angaben, ſo lieferten die auſtraliſchen Kolonien Victoria, Neuſeeland, Queensland, Neu
man den Golf der Yeguas (Stuten ) nennt, erbeben machte. Verſchiedene Leute, welche auf einem dieſer Hügel und auf
wie ſie ihrem Goldreichtum nach folgen , im Jahre 1884 reſp .
Siidwales, Tasmanien , das Northern Territory und Südauſtralien, 1885 eine Totalausbeute von 1,508,724 Unzen Gold zu 5,831,468
den benadybarten am Tajo Jrien (eine Zwiebelpflanze) ſammelten, wo die Erdſtöße verſpürt worden waren , be richten , ſie haben unmittelbar nady Aufhören des Stoßes
das ganze Waſſer des See's, das auf einem Raum von ungefähr zwei Quadrat-Leguas enthalten war , abſolut verſd winden ſeben ; dieſes Waſſer habe ſich in eine Spalte
geſtürzt, welche ſich nach ihrer Anſidit im Augenblick des Erdſtußes inmitten der Ebene gebildet habe, die ſich dem Tajo entlang hinzieht. In dieſe nämliche Spalte ergießen fid nun mit derſelben Heftigkeit die Gewäſſer des Fluſſes, (G. g .) welcher den Vega-See durchſtrömte.
Lſtrl., und bis dahin überhaupt 79,194,094 Unzen zu 310,865,718 lſtrl. Eine Unze Gold iſt der zwölfte Teil eines Troypfundes und gleich 31.1 Gramm . Ein Gramm Gold hat den Wert von ungefähr 2.60 Mark. Das in Auſtralien gefundene Gold differiert je nach ſeiner Reinheit im Preiſe und wird mit 3 bis 4 eſtri. bezahlt. Das feinſte Gold liefern die Goldfelder der Kolonie Victoria zu 4 lſtrl. pro Unze. Auf Neu -Guinea ward trotz vieler Nachforſchung bisher kein Gold gefunden, und ebenſo wenig in der Kolonie der Fidſchi-Juſelit. Gr. Tasmanien.
Die auſtraliſche Kolonie Tašmanien, friiher Van Diemens -Land genannt, war bis zum 27. Auguſt 1853 eine Verbrecherkolonie. Sie umfaßt mit den zu ihr gehörigen umliegenden Inſeln ein Area !
von 1240 deutſchen Quadratmeilen. Ihre Seelenzahl belief ſich
Kleinere Mitteilungen . Die Goldfelder Auſtraliens. Unter den Kolonien Auſtraliens, in welchen Gold gefunden
am Schluſſe des Jahres 1884 auf 130,541 (+ 4321 gegen das Vorjahr) und davon waren 69,140 männlich und 61,401 weib lich. Die City of Hobart, Hauptſtadt, zählte 28,618 Einwohner, und Launceſton, die zweitgrößte Stadt an der Nordkiſte, 17,715 . Die Revenue des Jahres 1884 betrug 549,262 lſtil (- 12,927) oder 4 lſtri. 5 sh . 7 d . , und die Ausgaben 584,047 ( + 51,011)
wird, nimmt Victoria den erſten Rang ein , wiewohl die jetzigen Erträge hinter den früheren , namentlich in den fünfziger Jahren , weit zurücſtehen . Im Jahre 1885 lieferten die Goldfelder dieſer Kolonie einen Ertrag von 783,671 Unzen (+9341 gegen das
geſtiegen , und eine weitere Anleihe von einer Million ( ſtrl. ſtand
Vorjahr) im Werte von 3,134,684 lſtrl., und von 1851 , dem
bevor. Der Import des Jahres 1884 bewertete 1,656,118 Lſtri.
.
oder 4 eſtri. 11 sh . pro Kopf der Bevölferung. Die öffentliche Schuld war Ende 1885 auf 3,422,000 oder 25 lſtri. pro Kopf
Jahre der Entdeđung , bis Ende 1885 überhaupt 53,807,656 311
(- 176,519) oder 12 lítrl. 18 sh ., und der Erport 1,475,857
215,230,624 lſtri. Es wurden Goldflumpen , Nuggets , bis zuim
Lſtrl. (- 255,942 lſtri. gegen das Vorjahr) oder 11 lſtri. 12 sh. pro
Gewichte von 280 Unzen gefunden. Ju Neu - Südwales ergaber: die Goldfelder im Jahre 1884 eine Ausbeute von 107,199 Unzen (- 16,606 gegen das Vorjahr) im Werte von 395,291 Lſtrl., und vom Jahre 1851 bis Ende 1884 in Summa 9,596,653
Kopf. Zu den wichtigſten Exportartikeln zählten Wolle ( 24,415 Ballen ), Zim (3707 Tonnen 311 301,423 Lſtrl.), Gold (42,339 Unzen zu 160,404 Lſtrl.), Friichte (mit 80,155 Lſtrl.) und kon ſerren (mit 72,766 £ ftrl.). Vom Jahre 1866 , wo die Statiſtik
Notizen.
420
beginnt, bis zum 1. Juli 1885 wurden 400,482 linzen Gold 311 1,537,363 Lſtri., und vom Jahre 1874 bis zum 1. Juli 1885 Zinn im Werte von 2,971,483 Lſtrl. exportiert. Vis Ende 1884 waren von dem geſamten Areal der Kolonie 1,782,121 Ha. in
ſeit einiger Zeit Deutſche, Franzoſen und Amerikaner fich bewerben , am Ende der arabiſchen Kiiſte des Roten Meeres , fünftig den Nameu Segueira führen, was mit folgenden Griinden motiviert wird : 1 ) den Namen Scheit -Said , welcher dermalen allgemein
Privatbeſitz übergegangen und davon befanden ſidh 177,327 unter
dem franzöſiſchen Gebiet von Bab- el- Mandeb gegeben wird, fiihrt
Kultur. Der Viehſtapel zählte 27,188 Þjerde +348) , 128,834 Rinder (- 1701) ,' 1,720,027 Schafe (- 111,042) und 57,303
auch eine kleine an der äthiopiſchen Küſte des Roten Meeres ge legene Inſel zwiſchen Maſjana und der franzöſiſchen Adulis- Bucht;
Schweine (+ 1529). An Eiſenbahnen waren 346 Km . (+77) und an Telegraphen 2113 Km . (+ 64 gegen das Vorjahr) im.
2) der Name Segueira würde überdies den Vorteil haben , das
Gr.
Betrieb .
* Die Petroleum-Produktion der Vereinigten Staaten betrug im Jahre 1884 24,089,000 Barrels ( Faß) Petroleum von je 42 Gallonen in einem Wert von 20 Millionen Dollars, was ungefähr zwei Dritteln der Goldproduktion der Vereinigten Staaten gleichkommt. Das Vorfommen von Petroleum oder Steinöl in Pennſylvanien war ſchon bekannt, ehe William Penn dieſem Land
Andenken eines Seefahrers zu verewigen, der in den Gewäſſern des Roten Meeres eine ruhmvolle Rolle geſpielt hat, nämlich des Diego Lopez de Segueira, des zweiten Nachfolgers von Alfonſo Albuquerque als Vizekönig des portugieſiſchen Zudien, welcher im Roten Meer den eldzug ſeines Vorgängers Lope Suarez d'Albegaria wieder aufnahm , ſich Maſſaua's bemächtigte und dort ein portugieſiſches Fort etablierte und der im Beginn ſeiner ſee männiſchen Laufbahn im Indiſchen Ozean die Stadt Malacca entdeckt. und mehrere Miſſionen im Sunda -Archipel ausgeführt hat. I.
ſtrich ſeinen Namen gab ; diefes Naturprodukt wurde jedoch bis zum Jahr 1859 beinahe gar nicht beachtet, und in den zahlreichen
* Die neue ſpaniſche Expedition nach der Weſt
Salzwerken Pennſylvaniens, welche friiher einen hervorragenden
füſte Afrika's , welche von der Madrider Handelsgeographiſchen
Induſtriezweig bildeten , war das Vorkommen von Steinöl beim Konzentrieren der natiirlichen Soolen ſehr imangenehm . Samuel hier in Pittsburgh war einer der erſten, welche mit einigem Er folg ein Leuchtöl aus dem rohen Petroleum herzuſtellen verſuchten, indem er 1850 eine kleine Raffinerie anlegte ; allein das Unter: nehmen ging aus Mangel an Rohmaterial wieder ein . Etwa
Geſellſchaft ins Werf geſetzt werden ſoll, hat den Zweđ, die Dajen von Hadrar und die den ſpaniſchen Beſitzungen an der Kiiſte der Sahara zunächſt liegenden Gebiete zu erforſchen. Die mit dieſer
gleichzeitig hatte James Yomg aus Schieferthon (shale), der mit
Arbeit beauftragte Kommiſſion beſteht aus einer beſchränkten An zahl tiichtiger Männer, und ſoll nach dem urſprünglichen Plane zu Anfang des Monats April nach den Canariſchen Inſelii ab gehen . Vor ihrer Einſchiffung wird ſie in Cadiz 110ch verſchies
Erdöl getränkt war, ein leuchtöl herzuſtellen unternommen , welches vieưſeitige Verwendung fand und die Thatſache feſtſtellte, daß ſid) aus dem rohen Steinöl ein zur Beleuchtung vorziiglich geeigneter
dene Inſtrumente einnehmen , welche das ſeemänniſche Objer
Brennſtoff herſtellen ließ.
T. Verfügung ſtellen wird. * Der Afrikareiſende Auguſt Eilwald aus Heidelberg, der vor einigen Monaten von ſeiner vierten Reiſe in Afrika zurücf gefehrt iſt und im März einen ſehr anziehenden Vortrag über dieſelbe im Handelsgeographiſchen Verein in Stuttgart gehalten hat, iſt im Begriff, ſeine fünfte Reiſe nach Oſtafrika imd nament
Die Ausbeute an rohem Steinöl, die
damals aus einigen natiirlichen Delquellen und Delteichen gewommen wurde, war aber noch zu klein , um die Rentabilität einer
größeren Raffinerie zu ſichern. Erſt als 1859 eine kleine Gesellſchaft am ſogenannten Oil Creek , Grafſchaft Venango in þenna ſylvanien , nach Art der arteſiſchen Brunnen auf Steinöl bohren
ließ und eine Delquelle erbohrte, welche täglich 25 Barrels Betroleum lieferte, bemächtigte ſich die Spekulation in wildeſter Weiſe dieſer Wohlſtandsquelle, und das ſogen . „ Delfieber“ entſtand, ſo daß in wenigen Jahren: Tauſende von Oelquellen erbohrt und auf weite Stređen hin die Luft mit Petroleumdiinſten geſchwängert wurde. Um die Schwierigkeiten und Koſten des Transports zu erſparen , welche den Preis des Rohſtofjes wie der raffinierten
Ware verteuerten , eröffnete im Jahre 1865 die „ Oil Transpor-
vatorium ihr für die Aufnahme von Karten und Plänen , für
Höhenmeſſungen und andere topographiſche Zwecke leihweiſe zur
lich nach dem Sulu - Lande und der St. Lucia- Bucht anzutreten , Ivo
er ſich einen Landbeſitz geſichert hat , und von wo aus er
weitere Reiſen in das Juere von Oſtafrika anzutreten gedenft. * Nad)richten über die Herren Schnişler und
Funder. Das Miniſterium des Auswärtigen in Berlin hat durch Vermittelung des deutſchen Konſuls in Sanſibar einen Brief von Dr. Fiſcher erhalten , welcher, vom 8. Januar d. J. und vom Nyanza.See aus datiert , meldet, daß Dr. Shnişler 1
tation Company “ eine Leitung von zweizölligen Röhren von 32,000 Fuß länge bei Phytole und Little Phytole mit zwei Pump ſtationen, um ihr Petroleum fortzuleiten. Dies fand Nach ahmungen , und nun exiſtieren bereits Leitungen mit Röhren von
Mađay ſich mit den Herren Junger und Cajati in der Nachbar
vier, fünf und ſechs Zoll Durchmeſſer in einer Geſamtlänge von
zu durchreiſen .
etwa 1330 e. Min ., z. B. von Olean , NY ., nach Bayonne, NJ., und Brooklyn, 300 Min . weit; von Colegrove, Penn ., nach Phila delphia, 280 Min .; von Millway, Penn ., llach Baltimore, 70 Min .; von Hilliards, Penn ., nach Cleveland, O. , 100 Min .;
von Mile, NY ., nach Buffalo, 70 Min .; von Carbon Centre, Penn ., nach Pittsburg, 60 Min ., u . ſ. w.
( Emin Bey) nach ſeinem Briefe an den anglikaniſchen Miſſionar ſchaft des Gebietes Unjoro, eines nordweſtlich von Uganda gelegenen Landſtriches, befand, daß es ihnen aber nicht erlaubt wurde, Unjoro * Der mericaniſche Golfſtrom . Der Pariſer Muni: zipalrat hat in ſeiner Siķung von 29. März den Antrag des Herrn Guidhard genehmigt, Herrn Georges Poucher einen Bei trag von 5000 Franken zu bewilligen , um ihn in den Stand zu ſeten, ſeine Unterſuchungen und Erfahrungen iiber die Richtung
r.
des Golfſtromes fortzuſeßen.
* Zur Erforſchung von Zentralaſiet. Die natur wiſſenſchaftliche Sektion der Kaiſerl. Ruſſiſchen Geographiſchen
Notizen.
Geſellſchaft in St. Petersburg hat beſchloſſen , im Laufe dieſes
* Scheit - Said. Nach dem Bericht des italieniſchen For: ſchungsreiſenden G. B. Licata ( in ſeinem Werke ,, Assab e i Dana-
Jahres eine neue Erpedition uach Zentralaſien zu organiſieren zum Zweck der Erforſchung der Gebirgsgegend von Khan - Tengri,
kili“, Mailand 1885) ſoll die Rhede von Scheit-Said, um welche i welche noch niemals von europäiſchen Reiſenden beſucht worden iſt.
Drud und Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart,
Das Slusland. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von
der
I. G. Gotta ſdhen Buchhandlung in Stuttgart und München. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart, 31. Mai.
Nr. 22.
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durd alle Budhandlungen des 311- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions-Gremplare von Werfen der einſchlägigen Sitteratur ſind direft an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6'11 , zu jenden. Inſertionspreis 20 Þf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Aus dem
Inhalt : 1. Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden . S. 421. – 2. Notizen über den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens. 3. Zur Ethnologie der Japaner. Von Dr. M. Aisberg. (Schluß.) S. 426.
Franzöſiſchen von L. Rösler . S. 424.
4. Eine Walfijchjagd im Varanger Fiord. Von einem Norweger. S. 430. 5. Sechs Wochen in Sicilien. S. 433 . 7. Kleinere Mitteilungen: S. 439. Ueber die Ermordung der Porro’ſchen Erpedition. Portugieſiſche
6. Geographiſche Neuigkeiten. S. 436.
Forſchungs -Unternehmungen in Afrika .
8. Litteratur.
S. 440 .
Der ſechfite Deutſche Geographentag in Dresden.
graphiſche Geſellſchaft (D. Ghica), die Ungariſdie Geo graphiſche Geſellſďaft in Budapeſt (v. Berecz) u. a. m.
Der ſechſte Deutſche Geographentag trat am 28. April
Sider dürfen wir die offizielle Beteiligung einer ſo großen
dieſes Jahres in der fädyſiſchen Haupt- und Reſidenzſtadt,
Reihe gelehrter Vereine als eine beſonders günſtige Vor
deren liebliche Umgegend im herrlichſten Schmucke der
bedeutung für das weitere Gedeihen der jährlichen Deut ſchen Geographentage auffaſſen.
Baumblüte prangte , zuſammen.
Die Verſammlungen,
welche im großen Ganzen einer regen Teilnahme ſich erfreuten , fanden in der ſchönen Aula des Königliden Polytechnikums ſtatt ; in den Hörſälen dieſes Inſtitutes war ſchon einige Zeit vorher eine auch diesınal mit dem Geographentage
verbundene ,,Geographijde Ausſtellung" eröffnet worden.
Nachdem noch einige geſchäftliche Angelegenheiten er ledigt worden waren , erſchien gegen 11 Uhr Se. Maj. der König in Begleitung Sr. Rönigl. Hoheit des Prinzen
Georg, um während der ganzen Vormittagsfißung des
Vorſißende des Lokalfomité's, Profeſſor Dr. S. Ruge, der Verſammlung mit, daß zahlreiche geographiſche Geſellſchaften Deutſchlands und des Auslandes durch Delegierte vertreten ſeien. Wir nennen von dieſen die Geſellſdaft für Erd kunde in Berlin (vertreten durch Dr. v. Dankelmann), die Geographiſche Geſellſdaft von Amſterdam ( Dr. Kuyper), die Geographiſche Geſellſchaft zu Halle ( Profeſſor Dr. A. Kirch
erſten Tages zugegen zu ſein, Als erſter Vortragender ergriff Premierlieutenant v. François das Wort, um an der Hand einer ſchon vor: her den Zuhörern überreichten Stinerarſkizze über ſeine Reiſen jüdlich des Kongo zu referieren. Nad dem die Afri faniſche Geſellſchaft in Berlin die Löſung der Aufgabe, die füdliden Nebenſtröme des Kongo zu erforſchen , that kräftig begann, indem ſie im Jahre 1881 Lieutenant Wiß mann und Dr. Pogge nach Loanda ſandte, ſind die mäch tigen Waſſeradern, welche die nordwärts nach der Thalrinne des Rongo zu ſanft abfallende Hochebene in nahezu parallelen
yoff ), die Geographiſche Geſellſchaft zu Bern (H. v. Moſer),
Syſtemen durchfließen , mannigfach bereiſt und durchforſcht
die Dſtſchweizeriſche Geographiſche Geſellſchaft von St. Gallen ( Profeſſor Dr. Petri und Profeſſor 3. Egli), die Geogra:
worden, ſo daß die heutige Karte dieſer großen Diſtrikte ein weſentlich anderes Bild zeigt als die Karten vor 1881 . Drei der Strom-Gebiete ſüdlich des Kongo ſind durc) v. François erploriert, welcher in zwei Reiſen, die eine in
Die erſte Sißung begann am 28. April Vormittags
10 Uhr. Nachdem der Oberbürgermeiſter der Stadt Dresden, Dr. Stübel, die erſchienenen Gäſte begrüßt hatte, teilte der
phiſche Geſellſchaft in Berlin ( Profeſſor Dr. Sachau ), die Wiener Geographiſche Geſellſchaft (Dr. Tieße), die Ged graphiſche Geſellſchaft von Neuenburg ( Profeſſor Zobriſt), den Verein für Erdkunde in Kaſſel (Coordes), den Verein
für Erdkunde in Halle (Mummer), die Rumäniſche Geo Ausland, 1886 Nr. 22.
Geſellſchaft Wißmann's, die andere mit Mr. Grenfell zu ſammen, den Lauf des Kaſjai, des Tſchuappa und des Lulongo erkundete. Da, wie alle auf den Geographentagen 64
Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden .
422
derung eine Höhe von 6 m., und auch auf den Höhen findet man 2–3 m. hohe Gräſer. Je näher man dem
Kamerun zu finden . Dieſer Vorſchlag findet einige Unter: ſtüßung durch die jüngſten Gerüchte von einem großen Strome ( Ndjong ), welcher, unweit des Küſtenſtriches vor Kamerun entſpringend, dem Kongo-Syſtem ſich zuwenden foll (vgl. Dr. Hugo Zöller: ,,Die deutſchen Beſißungen an der weſtafrikaniſchen Küſte. Band 4). Den zweiten Vortrag der Vormittagsſigung hielt Dr. Edmund Naumann über ſeine topographiſche und geo logiſche Aufnahme Japans. Dr. Naumann wurde im Jahre 1874 von der japani ſchen Regierung nach Tokio berufen, um an der dortigen Bergſchule Unterricht zu erteilen. Da die Stelle, welde er bekleiden ſollte, inzwiſchen eingegangen war, ward er
Aequator kommt - und damit der Zone der gleichmäßigen
als Berg- Ingenieur beſchäftigt und iſt ſodann 5 Jahre
Regen – deſto mehr dwindet der Savannentypus, deſto
gehaltenen Vorträge, ſo auch der Bericht v. François' ber öffentlidt werden wird, ſo iſt es zweckentſprechend, hier nur einzelne beſonders intereſſante Mitteilungen desſelben zu erwähnen.
Trotz der, wie ſchon oben geſagt, ſanften Neigung der Hochebene ſüdlich des Kongo iſt die Schifffahrt auf dem Kaſſai gelegentlich mit nicht unbedeutenden Schwierig keiten verknüpft. Das Gefälle iſt ſtellenweiſe ſo bedeutend, daß die Waſſer in der Minute mehr als 500 m . zurüd legen. Die Ufer ſind im Süden von üppiger, bebuſchter
Grasflur eingefaßt. Einzelne Halme erreichen in der Nie
Reiſender, wenn man plößlich in dieſe Dörfer hineinkommt,
lang mit der geologiſchen Landesaufnahme des abendländis der Kultur ſich mehr und mehr erſchließenden Inſelreiches beſchäftigt geweſen . Dieſe Aufnahme hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, welche wohl auch ber : anlaßt haben, daß leider von einer grundlegenden Triangu: lation abgeſehen werden mußte. Der Vortragende legte ziemlich ausführlich ſeine Meſſungsmethode dar und ver : wies auf die geographiſche Ausſtellung, deren Gruppe E ausſchließlich durch ſeine und ſeiner japaniſchen Mitarbeiter Originalſkizzen, Meßtiſchblätter und Ueberſichtskarten ge füllt war. In angemeſſener Beſcheidenheit nannte er ſein leider nicht zur Vollendung gediehenes Werk eine Reko : gnoſzierungsarbeit und wies darauf hin, daß ſeine Methode der Kartierung für Inventariſation unſerer Kolonialgebiete ſich als dienlicherweiſen dürfte. In einem zweiten Teile des Vortrages gab Dr. Naumann ein überſichtliches Bild der geologiſchen Verhältniſſe Japans, legte dar, wie die
ſich wirklich manchmal fragt, von weldjem Vorteil für die armen Eingeborenen der erſte Eindringling der Ziviliſation
ſelben die Süß'chen Hypotheſen der Gebirgsbildung unter ſtüßen, und verbreitete ſich eines weiteren über das Problem
iſt.“ Dennoch werden ſie auch dieſe 20,000 Qu. -MIn . Erd
der ozeaniſchen Inſeln und Inſelketten . Wir verweiſen diejenigen unſerer Leſer , welche ſich eingehender über Dr. Naumann's Theorien unterrichten wollen, auf ſein in Berlin ( 1885) erſchienenes Werk : „ Ueber den Bau und die Entſtehung der japaniſchen Inſeln ." Die Nachmittagsſibung gehörte der Schulgeographie. Auf dem vorjährigen Geographentage zu Hamburg waren, was wahrlich in Hinſicht auf den großen Prozentſaß von Lehrern höherer Lehranſtalten unter den auswärtigen Teil nehmern (unter 160 Auswärtige 100 Lehrer) zu beklagen war, ſchulgeographiſche Themata nicht auf das Programm geſeßt, troßdem das Statut des Deutſchen Geographen tages unter Artikel V ausdrücklich verlangt, daß jedes mal ein Teil der Verhandlungen dulgeographiſchen Fragen gewidmet ſein ſoll. 1 Der durd ſein methodiſches Handbud bekannte Direktor
zahlreicher werden Baumgruppen und Waldungen, bis
unter 60 f. Br. Urwald mit undurchdringlichem Unter: holze, unterbrochen nur durch die Kulturen der Eingebo renen, beginnt. Ale Stämme der dortigen Bantu-Neger treiben Aker bau, die am Kaſſai ſind zugleich Fiſcher, ſie fertigen mit
großem Geſchicke ihre täglichen Gebrauchsgegenſtände, Neße , Speere und Hausgeräte aller Art – nirgends vermißt man die Grundlagen der Kultur. Wir wurden bei dieſen Sdil derungen v. François' an die Worte erinnert, fpelde Wiß
mann über ebendieſelben Neger auf dem Frankfurter Geo graphentage ausſprach: ,,Sie wohnen in dönen, geräumigen Häuſern, in hübſchen, reinen Dörfern, die von Palmen und Bananen um- und überſchattet ſind und machen einen im höchſten Grade glücklichen Eindruck, ſo daß man als
bodens der Ausbeutung durch die Raſſe der Mittelmeervölker nicht entziehen können . Lieutenant v. François hatte Gelegen : heit, während eines monate -langen unfreiwilligem Aufenthal tes in Leopoldsville über die Zukunft Innerafrika's nachzu
denken und mit den Miſſionaren über dieſes ſo oft audy ſeitens wenig Berufener disfutierte Thema zu disputieren. Er iſt
zu der Ueberzeugung gelangt, daß das Gebiet der großen ſüdliden Nebenflüſſe des Kongo ein ganz beſonders be günſtigtes Tropenland iſt. Lohnende Erportartikel würden Elfenbein und Hippopotamus-Zähne, Gummi und Kopal,
Palmöl und Felle ſein, für den Anbau würden ſich Reis, Kaffee und alle Arten Gewürze eignen. Die mangelhafte Beſchaffenheit der Verkehrsiege müßte allerdings durch
Anlage einer oder mehrerer Eiſenbahnen beſeitigt werden . Gewiß ! Zeigen uns doch Beiſpiele aus Nordamerika, daß es recht wohl einträglich ſein kann, zuerſt die Bahn zu
der landwirtſchaftlidhen Sdule Weilburg, Maßat, ſpracy
bauen und dann erſt mit der Landeskultur zu beginnen. Am Schluſſe ſeiner Ausführungen machte v. François
über das Kartenzeichnen in der Schule und illuſtrierte
darauf aufmerkſam, daß es nicht unmöglich ſein dürfte, vom mittleren Kongo aus einen bequemen Weg nady
1 Bgl. die hierauf bezüglichen Worte Profeſſor Dr. H. Wag ner's im „ Geographiſchen Jahrbuch ", X, 2, S. 671 .
Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden .
423
ſeinen Vortrag durch eine Skizze des mittleren Jtaliens,
Fläche auf. Dann nahm ſich Philipp Fiſcher mit großem
welche er vor ſeinen Zuhörern an der Wandtafel entſtehen ließ ; auch hatte er Hefte von Sdülern und Schülerinnen ausgelegt. Das Weſentliche der Methode Maßat beſteht darin, daß er (damit wir uns, um furz zu ſein, einer mathe matiſchen Ausdrucsipeiſe bedienen ) die Punkte der Karte
Eifer der Frage an, kritiſierte die Leiſtungen ſeiner Vor: gänger, kam aber im ganzen, wie auch Liſting, welcher nach ihm ſchrieb, zu denſelben Reſultaten. Leßterer glaubte bei St. Helena eine Depreſſion des Meeresſpiegels von 847 m ., an anderen Stellen des Dzeans eine ſolche von faſt 2000 m . konſtatieren zu können . So führte die Rech nung, je mehr Pendelbeobachtungen berückſichtigt wurden,
nicht durch Beziehung auf ein rechtwinkeliges Coordinaten ſyſtem (wie A. Kirchhoff will), ſondern durch Polarcoordi naten beſtimmt. Der Vortrag rief eine lebhafte Diskuſſion hervor, in welcher ſich Dr. Schneider ( Dresden ) und Stadt: ſchulrat Kroſta (Stettin ) gegen eine zu ſtarke Betonung des Zeichnens überhaupt, Dr. Regel (Jena) gegen die Maßat'iche (in der That unpraktiſche und unſchöne) Ter: raindarſtellung wendete. Beherzigenswert iſt jedenfalls
der Saß, welchen bei dieſer Gelegenheit Stadtſdulrat Kroſta ausſprach (wie wenige unſerer modernen Sculräte ivürden ihn unter dyreiben !): ,,Jebe Methode iſt gut, wenn der Lehrer barnach iſt ."
Im Namen der auf dem fünften Geographentag ge wählten Kommiſſion zur Begründung eines fortlaufenden geographiſchen Repertoriums nahm darauf Profeſſor v. Ridyt: hofen das Wort, indem er mitteilte, daß, wie ja jeder Leſer der , Petermann'den Mitteilungen" weiß, in dieſer Zeit
idrift von Profeſſor Supan bereits ſeit einiger Zeit regel mäßige Litteraturberichte ganz im Sinne der Reſolution des Geographentages erſcheinen. Die Sache iſt in der
richtigen Weiſe angelegt; wünſchenswert iſt eine Erweites rung derſelben, ſowie eine Vermehrung der Zahl der Mit arbeiter, damit der hochverdiente Herausgeber in Stand
geſeßt werde, vorzüglich auch die auswärtige Litteratur
zu beſto höheren Reſultaten .
Dr. Leipoldt nun ſprach die Ueberzeugung aus, daß die Unregelmäßigkeiten der Meeresfläche weſentlich geringere ſind. Die Gründe, welche er dafür anführte, ſind in Kürze folgende : Erſtens hätten ſich bei den Grabmeſſungen , welche zwiſchen entfernten Küſten angeſtellt wurden, Differenzen ergeben müſſen. Nun aber hat die ruſſiſch - kaukaſiſche Triangulation die bemerkenswerte Thatſache an’s Licht gefördert, daß z. B. die Ditſee und das Schwarze Meer
ein gleiches Niveau haben, trokdem erſtere doch ſicher von
dem gewaltigen Maſſiv des ſkandinaviſchen Berglandes ganz bedeutend beeinflußt werden müßte. Daß der Spiegel des Mittelmeeres ca. 70 cm . tiefer liegt als der des Atlantiſchen Ozeans, erklärte der Vortragende als Neſultat der ſtarken Verdunſtung des erſteren, welche durch die Zu flüſſe nicht ausgeglichen wird. Zweitens hält es Dr. Lei poldt aus phyſikaliſden Gründen für unzuläſſig, überall eine gleiche örtliche Sdywere vorauszuſeßen, weshalb man auf St. Helena z. B. gar nicht etwa dem Erdzentrum näher
zu ſein brauche als anderswo, weil dort das Pendel eine Vergrößerung der Schwerkraft nadweiſt. Recht wohl könne, wie der Vortragende durd) zahlreiche Beiſpiele klar:
eingehender zu berückſidytigen. Auf Vorſchlag des Profeſſor
zuſtellen verſuchte, die Zunahme der Sd were an ſolchen
v. Richthofen beſchloß die Verſammlung, der Firma Perthes
Orten aus größerer Didytigkeit der darunter lagernden
und dem Profeſſor Supan ihren Dant, ihre Anerkennung und die Bitte auszuſpreden , das begonnene Werf fort
Beſteine abgeleitet werden . Allerdings zeigt ſich in Mitte der Dzeane ziemlich allgemein eine Zunahme der Schwer
zuſeßen.
kraft ; dabei aber finden ſo auffallende Unregelmäßigkeiten
Der zweite Verſammlungstag brachte zivei ozeano graphiſche Vorträge. Zuerſt ſprach Dr. Leipoldt (Dresden) über das ſo intereſſante Thema: Erhebung des Meeres ſpiegels an den Feſtlandsküſten . Die Geſchichte dieſes Problems wird unſeren Leſern aus der vortrefflidhen und eingehenden Darſtellung S. Günther's („ Geophyſik“ I, Kapitel III) bekannt ſein. Nachdem ſich durch Pendel meſſungen ergeben hatte, daß auf Ozeaniſchen Inſeln die Sdywere größer iſt als auf den Kontinenten bezw. an den Küſten, drängte ſich den Phyſikern die Erklärung auf, daß dieſe Thatſache ihren Grund in nichts anderem habe, als daß man im offenen Weltmeere dem Mittelpunkte der Erde näher ſei als an den Kontinenträndern. Die Un regelmäßigkeit der Niveau - Fläche aber werde durch die
ſtatt, daß man gezwungen iſt, der ungleichen ſpezifiſchen Schwere der Geſteine einen großen Anteil an den Ab weichungen zuzuſdyreiben. Die thatſächlichen Abweichungen vom normalen Sphäroid brauchen auch aus dieſem Grunde
Attraktion der Feſtlandmaſſen veranlaßt. Saigey in ſeiner 1842 erſchienenen ,, Petite physique du globe“ und Stockes in ſeiner Schrift „ On the variation of gravity at the surface of the earth" ( 1849) ſtellten don Zahlenwerte
für dieſe Abweichungen des Meeresſpiegels von der Sphäroid
nicht ſo bedeutend zu ſein als bisher angenommen wurde. Beſonders wichtig ſcheint uns der dritte Grund zu ſein, welchen Dr. Leipoldt gegen das Vorhandenſein beträcht licher Niveau-Differenzen anführte. Bekanntlich iſt das
Barometer ein höchſt zuverläſſiges Inſtrument, Höhenunter ſchiede erkennen zu laſſen. Wenn nun gewiſſe ozeaniſche Inſeln in der That ſo viel tiefer lägen als der Meeres:
ſpiegel unſerer Küſten, ſo müßten dort gewaltig hohe Baro meterſtände (bis 1000 mm .) beobachtet werden, und ein Blick auf die Rarte der Ziobaren müßte uns von der Rich: tigkeit der Hypotheſe Philipp Fiſcher's und ſeiner Vor
läufer überzeugen. In Wirklichkeit haben allerdings alle Inſelſtationen etwas höhere Barometerſtände als die in analoger Lage befindlichen Küſtenpunkte. Doch ſind die Barometerſtände der Inſeln im Durchſdynitt nur 1.3 mm ,
Notizen über den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens.
424
höher, was einer Depreſſion von 13-14 m. entſprechen
würde. Die Iſobaren aber verlaufen ohne Berückſichtigung ſo kleiner Unterſchiede. Zum Schluſſe ſtellte der Vortragende die Hypotheſe auf, daß die ſchwerſten Geſteine ſich aus dem Grunde in den Meerestiefen vorfinden müßten, weil die Becken der Meere die Stellen erſter Abkühlung des Planeten vorſtellen .
In der Beſprechung, welche dieſem Vortrage folgte, tvies Geheimer Admiralitätsrat Profeſſor Dr. Neumayr darauf hin, daß es unſtatthaft ſei, die unter den verſchiedenſten Bedingungen und nach den verſchiedenſten Syſtemen anges ſtellten Pendelbeobachtungen ohne weiteres mit einander zu vergleichen. Er verweiſt den Vortragenden auf das vor kurzem erſchienene Werk Helmert's, deſſen Benußung nidyt hätte unterlaſſen werden dürfen . Wir müſſen geſtehen, daß Dr. Leipoldt's barometriſdes Kriterium einen bemer: fensiverten Fortſdyritt in der Behandlung des hochwichtigen Problems von der Beſtimmung der Erdgeſtalt repräſentiert. (Schluß folgt .)
Notizen über den Rieſen- Eucalyptus Auſtraliens. Aus dem Franzöſiſchen von
Rösler.
Man kann mit Recht ſagen, daß diejenigen, die in
Europa die Kartoffel und den Eucalyptus eingeführt, be kannt und beliebt gemacht haben, mehr für das Glück der Menſchheit gethan, als alle die großen Eroberer, deren Helden- oder Uebelthaten die Geſchichte rühmt. Alles dieſes Thema Betreffende bietet uns das größte Intereſſe, und ich wünſchte nur, daß man neben ſo vielen Statuen , welche nußlos einer geſellſchaftlichen Eitelkeit zu Liebe errichtet werden, vor allen Dingen jene der beiden ſo verdienſtvollen Männer, die eines Ramel und die eines Parmentier, errichten möge.
Erinnern wir uns kurz, wie der Eucalyptus fid, in Europa verbreitet hat.
Ein franzöſiſcher Botaniker, l'Héritier, entdeckte zuerſt im Jahre 1788 in Tasmanien die Mannigfaltigkeit der Eucalypten, welche er unter dem Namen Obliqua beſdyreibt. Einige Jahre ſpäter, 1792, bemerkte Labillardière, ein Botaniker, welcher an der zur Forſchung nach dem ſeit 1788 verſchollenen franzöſiſchen Seefahrer Lapeyrouſe aus: geſendeten Erpedition teilnahm, als er in Auſtralien landete, Rieſenbäume, deren Zweige ſich 60 m. vom Boden ent fernt ausbreiteten . Es waren Kugel-Eucalypten , ſo genannt nad der Form ihrer Blütenknoſpe. Seit langer Zeit blieben die bei uns in Europa aus
dem Samen erzielten Pflanzen Warmhaus-Pflanzen oder
Süden Europa's zu verwenden . Der franzöſiſche Forſcher Ramel, welcher im Jahre 1854 in Geſchäften nach Au ſtralien gerufen wurde, begeiſterte ſich für dieſe ydee, deren Apoſtel er während 30 Jahren geweſen iſt, und ſeine unermüdlichen Anſtrengungen waren auch mit Er:
folg gefrönt. In der Geſchichte von der Einführung des Eucalyptus fann man die beiden Namen Müller und Ramel nicht von einander trennen ; beiden gebührt die
öffentliche Anerkennung; der eine war Prophet, der an dere hatte ſich ſein ganzes Leben hindurch mit der Aus: führung und Verbreitung dieſer Idee beſchäftigt. Im Jahre 1862 gelangen in Algier die erſten An pflanzungen. Die Herren Cordier Trottier, Arlès- Dufour, Bertherand, Certeur 2c. trugen viel dazu bei, die Anſtreng ungen Herrn Namel's zu unterſtüßen , welcher mit Hülfe
jeines koloniſierenden Baumes die Wüſte zum Verſd)winden bringen wollte. In der That entſpricht der Eucalyptus durch ſeine rieſigen Dimenſionen , durd) ſein raſches Wachstum , durch die Widerſtandskraft und Dichtigkeit ſeines Holzes, ſowie durdy ſeine heilkräftigen Eigenſchaften einer Menge der dringendſten Bedürfniſſe; es iſt der vorzüglichſte und aus : gezeichnetſte Koloniſationsbaum . Seine Einführung in das ſüdliche Europa und in das nördliche Afrika muß als eine der intereſſanteſten Errungenſchaften der Wald kultur des 19. Jahrhunderts betrachtet werden. Hier liegt vielleicht das Rätſel verborgen von der Wiedernußbar
madung der Wüſten und der Wiederbevölkerung aller jener Teile Europa's, die heute aus Mangel an Vege: tation faſt verlaſſen ſind. In Frankreich, beſonders in Hyères und Umgebung, machte man ſeit dem Jahre 1864 Anpflanzungsverſuche mit den damals bekannten Arten des Eucalyptus. Dieſe verſdiedenen Arten haben ſich nach und nach durch wieder holte Sendungen von Samen aus Auſtralien fo vermehrt, daß man heute mehr als 150 Arten fennt. Die einen ziehen den feuchten Boden dem trockenen
Erdreiche vor ; dieſe ſind Alpenpflanzen und wachſen in beträchtlichen Seehöhen, jene ſind Bäume erſter Größe, wieder andere ſind nur Sträucher. Man ſieht hieraus, welche Verwirrung in ihrer Einteilung nod herrſchen muß, aber auch welche ungeheuren Hülfsquellen uns eine ſolche Pflanze bietet. Heute findet man im Süden den Eucalyptus auf
allen großen Gütern ; er hat ſchon beträchtliche Ausdeh nungen erreicht. Hier findet er, wie in ſeinem Heimatlande, ein Erdreich und ein Klima gleich dem Auſtraliens.
Hier entwickeln ſich auch ſehr gut andere Pflanzen , die ein Schmuck unſerer Wälder ſind, ſo die weiße Akazie,
wurden in Sammlungen aufbewahrt bis zu dem Jahre 1832, in welchem Herr F. Müller die Wälder der Kolonie Victoria burchwanderte und erſtaunt über das wunderbar kräftige Wachstum der Wälder die Idee faßte, den Euca
die Grevilea robusta, die Mimoſa 2c., welche ſich von Fréjus bis Genua findet und deren Zweige in großer Anzahl auf den Markt von Paris geſchickt werden.
lyptus zur Wiederbepflanzung der fahlen Gegenden im
meinſam iſt, iſt das Vorkommen von Deldrüſen auf den
Eine Eigentümlichkeit, die allen Eucalyptus-Arten ge 1
Notizen iiber den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens.
Blättern, der Rinde und allen grünen Teilen der Pflanze ; dieſem reinen Pflanzenöl, welches ſich aus den Drüſen
abſondert, verdankt der Eucalyptus ſeinen balſamiſchen Duft, den man in ſeiner Nähe bemerkt, und der, je nady den beſonderen Spielarten , ſehr verſchieden iſt. Ein anderes ſeiner charakteriſtiſchen Merkmale iſt das Ausídwißen von Del und Harz enthaltenden Stoffen aus den Blättern in Form eines feinen Staubes, welder der
Pflanze eine mehr oder weniger grau-grüne oder weißliche Färbung verleiht. Wie groß der Einfluß dieſes Pflanzenöls und der balſamiſchen Wohlgerüche auf die Entfernung der Inſekten und Miasmen und endlich auf die menſchliche Geſundheit iſt, das hat noch niemand erklärt ; immer aber hat man in vielen Gegenden und beſonders in Algier eine fühlbare Abnahme der Sterblichkeit bemerkt, im Zuſammenhange mit beträchtlichen Anpflanzungen dieſer in Spanien ,, Fieber baum “ genannten Pflanze. Dieſe geſundheits-verbeſſernde Eigentümlichkeit des Eucalyptus iſt vielfach angefochten
und in Abrede geſtellt worden, aber da er ein Baum von ſo ſchnellem Wadstum iſt, kann man nicht leugnen , daß
dieſe Anpflanzungen als Schußwälle gegen die Sumpf: Miasmen, welde die Winde weiter tragen, dienen können.
In dieſer Ridhtung würde der Eucalyptus eine ganz entgegengeſeßte Wirkung wie der Mancenille-Baum her: vorbringen. Wenn infolge mangelnder Durchlüftung eines an organiſchen Stoffen reichen Bodens durch ſtagnieren : des Waſſer und hohe Temperatur alle Bedingungen zur Sumpfbildung gegeben ſind, ſo muß ein Baum mit folder
Triebfraft und ſolchem Wachstum , ganz abgeſehen von
425
Indien, Canada und ſelbſt in Algier ' noch immer an die Kolonialpolitik und die Ausbreitung der franzöſiſchen Raſſe? glauben. Ein afrikaniſdes Koloniſationsfieber hat ſidy unſeres Zeitalters bemächtigt, ähnlic) dem , weldies uns
im vorigen Jahrhundert nach Amerika führte. Aber über kurz oder lang wird Europa auf dem idwatzen Kontinent keinen Plat für Völferkolonien mehr finden . Das Klima bietet denſelben die größten Schwierigkeiten. Man ſpricht von Gleichheit und Vervollkommnung des Menſdenge: idhledytes ! Indeſſen gibt es ſeit Jahrhunderten ganze Völferſtämme, welche in der Barbarei der Urvölker leben und ohne Zweifel don des Klima's wegen noch lange leben würden , wäre nicht für Europa das Bedürfnis der
Ausdehnung vorhanden, welches Afrika im 20. Jahrhun dert zum Gegenſtand der lebhafteſten Koloniſationsbeſtre bungen machen wird .
In Aſien ſind unter 250 Millionen engliſcher Unter thanen nur 50,000 Europäer. Wir werden auf beiden
Kontinenten Handelsniederlaſſungen haben, aber die Ab fabwege für die Waren ſind zweifelhaft. Wenn man nun berechnet, was die franzöſiſden Kolonien gekoſtet haben und das, was ſie einbringen , ſo wird man ſehen, daß dieſe Kolonien viel weniger ein Abſaßweg für europäiſche Er zeugniſſe ſind, als für das Geld der Steuerzahler. Ich kann hier dieſe Fragen nicht unterſuchen ; ich begnüge mich, daran zu erinnern , daß, wenn es Kolonien mit Pflanzern wie bei den Engländern gibt, und Kolonien ohne Pflanzer, wie bei uns, es auch Pflanzer ohne Kolonien geben muß, wie bei den Deutſchen, und wenn ich mich nidyt täuſche, ſind dieſe nicht die Wenigſtgeſcheiten. Auſtralien iſt mit
ſeinen gewürzhaften Erhalationen, allein durch ſein raſches
den Vereinigten Staaten der Schauplaß der größten Ent
Wachstum zur (dynellen Entwäſſerung einer Sumpfgegend
widlung der europäiſchen Raſſe, und zwar aus ſehr leicht
beitragen und ſie ſanieren ; wiſſen wir doch, daß eine ſolche Eigenſchaft eigentlich jedem Pflanzenwachstum zukommt, wie viel mehr aber muß dies bei dem Eucalyptus der Fall ſein. Ich erwähne hier nur flüchtig der zahlreichen Erzeug niſie, die man von dem Eucalyptus gewinnt, und welche, größtenteils als Mittel gegen die Krankheiten der Bruſt und der Atmungsorgane, dieſelbe Wirkung wie Theer und Harz täglich an den entzündeten Sdyleimhäuten ausüben. Die Mönche des Kloſters Tré Fontane in der Nähe Roms und mehrere Apotheker von Algier, Paris, Genf u. f. w. ſtellen verſchiedene Präparate her, deren Wirkungen in Eſſenzform , Pulver, Kapſeln oder Syrup der Heilkunde
zu begreifenden Gründen.
durch ihre desinfizierenden , antiſeptiſchen und fieberver: treibenden Eigenſchaften die größten Dienſte leiſten. Da wir von Bäumen ſprechen , die der Geſundheit, und von Klimaten , die der europäiſchen Bevölkerung zu träglich ſind, jei noch kurz bemerkt, wie wenig fremde Länder, außerhalb der Vereinigten Staaten und Auſtralien ,
Außer den Goldminen, die z. B. in Kalifornien vor
vier Dezennien ſchon viele Auswanderer angezogen haben, hat die weiße Raſſe auch dort den unſrigen ganz ähnliche klimatiſche Bedingungen gefunden ; dort hat ſie ſich ver: dont geſehen von dem ganzen Wuſt alten Papieres und der Vielregiererei einer Verwaltung - einem Glück, das uns in Europa noch nicht zuteil geworden iſt. 4 Trotz ſeines vorteilhaften Klima's und trotzdem es uns ſo
nahe liegt und auch ſchon ſeit 55 Jahren zu Frankreich gehört,
finden ſich in Algier doch nur 300,000 Franzoſen ; nach den Ver einigten Staaten aber wandern durchſchnittlich jedes Jahr wohl an 500,000 Europäer aus. 2 In den im „ Journal officiel “ vom 6. November vor. IS. veröffentlichten Parlamentsurkunden iſt folgendes zu leſen : „ Die Franzoſen können für Cochinchina und Tontin nur eine geiſtig fördernde Kraft ſein, die den erſten Anſtoß zu den zu gründenden Anſiedelungen geben . Sie können ſich mit dem Großhandel be ſchäftigen und die landwirtſchaftliche und induſtrielle Ausbeutung und die darauf beziiglichen Unternehmungen dirigieren, nie aber daran denken, den Kleinhandel den Chineſen zu entreißen oder
ſich für eine Ausbreitung unſerer Raſſe eignen. Die Naivität gewiſſer Leute iſt merkwürdig, welche uneingedenk unſerer Niederlaſſungen am Miſſiſſippi, in
eine jener mechaniſchen Profeſſionsarbeiten zu verrichten , die fort geſetzte Strapazen oder tagelangen Aufenthalt in der heißen Sonne erfordern .“ 65
Ausland 1886, Nr. 22.
426
Zur Ethnologie der Japaner.
Zu Ende des vorigen Jahrhunderts war noch kein einziger Europäer dort, heute zählt man ihrer mehr als drei Millionen. 3d erwähne nod nebenbei, daß dieſe drei Millionen Menſchen 75 Mill. Schafe beſißen. Ja, in dieſen Ländern iſt es nicht nur der Eucalyptus, welcher
delle und Entwürfe. Aber kaum, daß ſie erſchienen ſind, kaufen ſie die Fremden bei uns auf. Außerdem haben unſere Nachbarn, die Deutſchen, zahlreiche Familien ; ſie ſprechen mit Leichtigkeit mehrere Sprachen, ſie ſcheuen ſich
ſidy ſo raſch vermehrt ; man denke nur an die enorme
nicht auszuwandern , der Arbeitslohn iſt bei ihnen ſehr
Getreide Produktion in Indien und den Vereinigten Staaten, an die Fleiſc)-Produktion in Teras und Braſilien, an die der Wolle in Auſtralien, ſowie überhaupt an ſo viele dem Menſchen zum Leben nötigen Erzeugniſſe, ſo wird man wohl auf den Gedanken gebracht, für das 20. Jahrhundert eine volkswirtſchaftliche Revolution vorauszuſehen, wie die Welt noch keine erlebt hat. Die Fortſchritte der Chemie und der Mechanik, das
niedrig, ſomit iſt bei ihnen die Konkurrenz, gegenüber der
Durchbrechen der Landengen , der niedrige Preis der Frach:
Welt mit ſeinen Kolonien bedecte ; man gedenke der Dpfer,
ten für weite Entfernungen , alles das gibt unſern Herr
die England und Holland für ihre Kolonien in Indien
ſchern ſehr zu denken , die im Ausland Abjaßwege für
und Java gebracht haben, und der Reichtümer, die ihnen täglich von dort zufließen ; man forſche nur die deutſche
Waren ſuchen, die mit Zoll und Steuer beladen und in
ſind überall dieſelben. Es bleibt noch die Frage der Mo
engliſchen und amerifaniſchen, am meiſten zu befürchten, wie es ſich gegenwärtig auch auf allen Märkten der Welt fund gibt. Die Staatsmänner wiſſen, daß ein Volf, welches auf ſich ſelbſt angewieſen iſt und keine Unterſtüßung von außen für ſeine Kriegs- und Handelsmarine und ſeine
induſtrielle Produktion hat, ein verlorenes Volk iſt. Man erinnere ſich nur an Rom, welches die halbe
Ländern verfertigt ſind, wo das Leben ſehr teuer iſt. Man denkt aber nicht daran, daß das Klima, die Sitten, die Religion, die Lebensbedürfniſſe in Afrika und Aſien nicht die unſrigen ſind . Die orientaliſchen und afrikaniſchen Völkerſchaften haben, um ihren Erforderniſſen zu genügen , dineſiſche und indiſche Arbeiter, die faſt von nichts leben. Man vergißt, was man in allen den ver ſchiedenen Ausſtellungen und Läden von Paris und Lon
Politik aus, deren Beſtreben iſt, die Häfen der Nordſee zu beſißen und ſich in Afrika eine Macht zu erringen. Ruß land dehnt ſich immer mehr nach Indien und China hin aus ; England ſtiftet Feindſchaft zwiſchen Deutſchland und Birmanien, um ſich bei dieſer Gelegenheit des leşteren Landes zu bemächtigen und ſich ſo den Söhnen des Him
don ſehen kann, nämlich die erſtaunliche Vollendung, die der Drient in den verſchiedenen Induſtriezweigen beſißt,
umgebenden Länder ?
mels zu nähern.
Was wird aus unſerem früheren Ueber
gewicht inmitten der induſtriellen Fortſchritte aller uns ( Schluß folgt.)
z. B. die Shawls, die Seidenweberei, die Töpferei, die Bronze Arbeiten 2c. Dieſe Produkte werden von Arbeitern
gewonnen, die nur den zehnten Teil von dem Verdienſte der unſrigen einnehmen. Gewiß beneide ich nicht ſolche Tozia len Verhältniſſe, aber man muß hinſichtlich unſerer Koloni ſationspläne Wert darauf legen. Sind es in Nordamerika die Indianer, die unſeren Waren einen Abſaßweg eröffnet haben ? Nein, es ſind
die europäiſchen Auswanderer , die ſich dort vermehrt haben. Ebenſo iſt es in Auſtralien. Aber auch wie viel
Zur Ethnologie der Japaner. Bon Dr. M. Alsberg. (Schluß .)
Faſſen wir die Schädel- und Geſichtsbildung des japaniſch en Volkes ins Auge , ſo wurde bereits erwähnt, daß im Verhältnis zur Körperlänge der Kopf des Japaners ſehr groß iſt. Der Schädel hat nach Baelz,
Täuſchungen erwarten uns da ! Wir müſſen viele Menſchen
der, beiläufig bemerkt, den Schädelmaßen für die Unter
leben opfern und unſere Induſtrie bedeutend modifizieren , überhaupt unſere ſtubenhockeriſchen Gewohnheiten ändern, ehe wir das finden werden, was wir ſuchen. Wir fouten, anſtatt unſere Zeit und Worte in Diskuſſionen und mit
dheidung der Raſſen nicht die Wichtigkeit einräumt, die denſelben in der Regel zuerkannt wird und der es zugleich für gewagt hält, wenn man aus der Größe der Hirnmaſſe auf die geiſtige Befähigung des betreffenden Individuums einen Schluß zieht, einen relativ großen Inhalt und ſteht in dieſer
dem Umſturz von Miniſterien zu verlieren, uns mehr mit den um uns her ſich ſtets vollziehenden Fortſchritten be: ſchäftigen. Wird dies die Aufgabe und Arbeit unſerer Nachkommen ſein ? Wollen wir es hoffen ! Noch ſind wir Franzoſen eines der erſten Völker der Welt, ſowohl was Geſchmack
Beziehung durchſchnittlich über dem des Europäers. Die Form des japaniſchen Schädels iſt im allgemeinen meſokephal mit Annäherung an Brachykephalie; auch zeichnet ſich derſelbe durch bedeutende Höhenentwickelung aus. Bei
vielen glattraſierten japaniſchen Köpfen ſteht die in der
und Erfindung anbelangt. Die Weltausſtellungen haben
Mitte des Schädeldaches verlaufende Pfeilnaht als eine
es am deutlichſten bewieſen ; aber heutzutage trägt nicht mehr der Geſchmack und die ſchöne Form auf dem Welt
Rante hervor, ſo daß leşteres von vorne geſehen, ein
markt den Sieg davon , ſondern der billigſte Preis. Faſt
ſammentreffen der perſiſtierenden mittleren Stirnnaht (knöcherne Vereinigung der beiden Stirnbeinhälften) mit
alles wird jeßt mit Maſchinen hergeſtellt, und die Maſchinen
eigentümliches dreieckiges Ausſehen erhält. Die durd Zu:
Zur Ethnologie der Japaner.
427
der Kranznaht und Pfeilnaht zuſtande kommende „ Kreuz
Breite des japaniſden Geſichts doch im allgemeinen nicht
ſchädelform“ findet ſich ebenfalls in Japan ziemlich häufig. Infolge des leichten Verlaufes der Geburten iſt Kopf
ſo bedeutend iſt, als es bei oberflächlidyer Betrachtung den Anſchein hat, daß es ſich vielmehr zum Teil um eine
geſchwulſt der Neugeborenen felten und wird, wo ſie vor
Augentäuſchung handelt, die dadurch hervorgerufen wird,
fommt, durch eine Art Maſſage, deren Anwendung in Europa für ſolche Fälle fidh ebenfalls empfehlen dürfte, beſeitigt. Eine größere Bedeutung als der Schädelform und dem Schädelumfang wird von unſerem Autor dem
daß beim Dſtaſiaten die größte Geſichtsbreite weit nadı vorn, etwa in der Fläche des äußeren Augenwinkels, beim
Verhalten des Geſichts zum Hirnſchädel - wie man es
mählich, beim Japaner plößlich erreicht wird. Was die
nach der von demſelben erſonnenen Methode am Lebenden
bereits erwähnten Jodbogen der Japaner anlangt, ſo
durch einen in der Sagittalebene vom Kehlkopf über Ge
haben ältere Beobachter bereits hervorgehoben , daß das Jochbein bei dieſem Volke häufig aus zwei durch eine Naht miteinander verbundenen Knochen (die Anthropologen
ſicht und Kopf bis zum Nacken angelegten Bleidraht ver
anſdaulichen kann beigemeſſen. Bei Anwendung der beſagten Methode fällt beſonders auf , daß das Geſicht des Europäers wegen des hohen Naſenrückens weit mehr
vorſpringt, als dasjenige des Japaners. Während die höheren Stände meiſtens dem ſchmalgeſichtigen Typus (Leptoproſopie) angehören , überwiegt bei den niederen Volksklaſſen Japans die breite Geſichtsform (Chamae proſopie), was darauf beruht, daß bei lekteren die Ab flachung der Wangen beſonders ausgeprägt iſt. Dieſe
Abflachung wird einerſeits durch etwas größere Breite der Jodhbogen , andererſeits durd die eigen tümliche Form des japaniſchen Oberkiefers bes dingt, welcher leßtere ſich dadurch auszeichnet, daß er breiter und zugleich niedriger iſt als der Dberkiefer der kaukaſiſchen Raſſe, daß die fossa maxillaris ( fossa canina ) in ihrem oberen Teile faſt ganz fehlt, der Alveolarfortſaß mehr oder weniger vorſpringt, ſowie vor allem dadurch, daß der Stirnfortſaß des Oberkiefers, deſſen Fläche bei faſt
ſämtlichen Europäern überwiegend ſeitlich geſtellt iſt, beim Japaner mehr nach vorne gerückt iſt und häufig ganz horizon tal liegt. Das zulegt erwähnte Verhalten des Oberkiefers — gerade dieſer Knochen iſt nach Baelz als der
Europäer dagegen weiter nach hinten gelegen iſt und daß die beſagte Breite des Geſichts beim Europäer ganz all
bezeichnen dieſe Eigentümlichkeit als os japonicum ) ſich zuſammenſeßt. Dagegen iſt die von namhaften Forſchern aufgeſtellte Behauptung : die Breite der Jochbogen beim
Japaner ſtehe damit in Zuſammenhang, daß ganze Klaſſen des japaniſchen Volkes faſt ausid ließlich von Pflanzens nahrung leben, nicht aufrecht zu erhalten , wie unter anderem
daraus hervorgeht, daß die ausſchließlich von Fleiſch lebenden Indianer Nordamerika's die nämliche Geſtaltung der Jochbogen aufweiſen. Die Stirn der Bewohner Japans iſt meiſt niedrig , was bei den Frauen dieſes Landes für ſchön gilt. Um noch über das Auge des Japaners einige Mitteilungen zu machen , ſo ſtellen bekanntlich die ſchiefen Schlißaugen ein Hauptraſſenmerkmal der oſtaſiatiſchen
Völker dar. Indeſſen iſt nach Baelz die Schiefſtellung des japaniſchen Auges doch bis zu gewiſſem Grade eine ſcheinbare und beruht hauptſächlich auf dem Verhalten der Lider. Das Weſentliche iſt dabei eine vom oberen
Lid über den inneren Augenwinkel abwärts und ein wärts ziehende und denſelben verdeckende bogenförmige Falte, welche eben wegen ihres Verlaufes das Auge weit
eigentliche Raſſenknochen zu bezeichnen , indem
( chiefer erſcheinen läßt, als es in Wirklichkeit iſt. Oft iſt
die weſentlichſten Merkmale , durd welde der japaniſche vom europäiſchen Schädel ſich unter:
die beſagte Falte in der ganzen Länge des oberen Lids
îcheidet, durch ſeine abweichende Geſtaltung bedingt werden - insbeſondere die beſagte Stellung
ihm den Anſaß der Augenwimpern , die daher ſehr kurz erſcheinen , völlig verdeckt und daß , indem der innere
des Naſenfortſaßes des Oberkiefers find es auch, welche
Augenwinkel durch die Falte abgerundet, der äußere aber
dem Naſenrücken des Japaners die ihm eigentümliche Breite und flache Geſtaltung verleihen. 1 Andererſeits haben die Meſſungen unſeres Autors ergeben, daß die
ſehr ſpiß iſt, die Augenlidſpalte des Japaners auf dieſe
1 Daß die Profillinie des japaniſchen Geſichts von dem Profil, welches die meiſten europäiſchen Völker aufweiſen, nicht unerheblich abweicht, bedarf nach dem was oben über die Geſtalt des japaniſchen Naſenriickens gejagt wurde, fanm einer Erwähnung. Während beim Abendländer der liebergang der Naſe in die Stirn in der Regel durch einen ſcharfen Winkel markiert iſt, findet ſich beim Japaner an dieſer Stelle ein flacher Bogen und auch beim vornehmen japaniſchen Typus, von dem wir oben bemerkten ,
daß er ſich vom Typus der niederen Volfsklaſſen durch ſtärkere
ſo ausgeprägt, daß ſie den freien Rand desſelben und mit
Weiſe einem Knopfloch ähnlich wird. Von Einfluß auf das Ausſehen des japaniſchen Auges iſt auch der große Abſtand zwiſchen Augenbrauen und freiem Lidrande. Während beim Indogermanen fidy faſt ausnahmslos unter den Augenbrauen eine Einſenkung findet, bildet beim
Japaner das obere lid, von der Seite geſehen, meiſt die durch keine Einſenkung unterbrochene Fortſeßung der Stirn haut. Bezüglich der Farbe des japaniſchen Auges ſei hier noch bemerkt, daß dasſelbe regelmäßig dunkel in den meiſten Fällen braun - iſt und daß blaue oder graue Augen auf Japaner denſelben Eindruck machen, wie auf
Wölbung der Naſe unterſcheidet, iſt doch der Naſenjattel tiefer gelegen , und ragt die Naſe ſelbſt weniger über die Geſichtsfläche hervor, als dies beim Europäer der Fall iſt.
uns die roten der Albinos.
Wir haben im Vorhergehenden die widytigſten förperlichen
428
Zur Ethuologie der Japaner.
Merkmale des japaniſchen Volkes , wie ſie aus den von
Baelz angeſtellten Unterſuchungen ſich ergeben, kennen gelernt und wollen nunmehr noch einigen anderen Fragen , die in der Schrift des beſagten Gelehrten zur Beſprechung kommen ,
beim weiblichen Geſchlecht der höheren Klaſſen Japans die weiße Schminke (als ſolche wird benußt das Pulver der Mirabilis Jalappa, das Reismehl und leider häufig auch
die Schönheitsbegriffe des japaniſchen Volkes
das giftige Bleiweiß) eine ausgedehnte Verwendung findet. Dagegen wird rote Schminke höchſtens zur Uebertünchung der Lippen in Anwendung gezogen , da rote Wangen in
unſere Aufmerkſamkeit zuwenden . Hier verdienen zunächſt und die mit denſelben in Zuſammenhang ſtehende
Japan für ein Zeichen niedriger Abkunft gelten. Um über
Kosmetit des Geſichts ſowie die Haartradyt einige
die Haarpflege und die Friſur der Japanerin noch einige
Beadıtung. Bezüglich der beſagten Begriffe fällt es auf,
Worte zu ſagen, ſo iſt beim weiblichen Geſchlechte Japans
daß die Japaner für Schönheit der menſdlichen Geſtalt und für edle Proportionen im allgemeinen gar kein Ver
das Haar von derſelben Farbe wie das der Männer ; nur legen die Mädchen und Frauen in dieſem Lande aus äſthetiſchen Gründen beſonderen Wert darauf , es ganz idywarz erſdeinen zu laſſen und helfen daher überall, wo
ſtändnis haben, was um ſo merkwürdiger iſt, als ſeit mehr als 1000 Jahren in Japan Malerei betrieben wird
und in dieſer Kunſt zum Teil ſchon redyt bedeutendes ge
die Haarfarbe ins Bräunliche oder Rötliche ' hinüberſpielt,
Leiſtet wurde. Was ſpeziell die Auffaſſung von weiblicher Schönheit anlangt, ſo hebt Baelz hervor, daß nach japani ſchem Begriff allgemeine Schlankheit und Magerkeit die
mit Fett , Wachs und anderen Mitteln nach. Während beim männlichen Geſchlechte Japans in neuerer Zeit und
Grundbedingung weiblichen Reizes darſtellt und daß der
allgemein herrſdiend geworden iſt, hat die weibliche japa niſche Bevölkerung die zu einer wahren Kunſt ausgebildete nationale Haarpflege und Friſur beibehalten. Während
Japaner daher von ſolchen Geſtalten, wie ſie z. B. Rubens dargeſtellt hat, mit Efel ſich abwendet. Nad japaniſcher Anſchauung ſoll bei einem ſchönen Weibe das verfeinert Aetheriſche über das Rohmaterielle überwiegen und daher
alles, was die Sinnlichkeit zu reizen oder an die ſeruellen Beziehungen des Weibes zu erinnern geeignet iſt, ver mieden werden . Entſprechend dem ſoeben Geſagten gilt es für unfein , wenn beim weiblidhen Geſchledyt die kon turen der Hüften- und Beckengegend durch die Kleidung
hindurch wahrgenommen werden ; die japaniſdhe Dame ſtopft vielmehr ihren Gürtel mit Papier aus , damit die Schmalheit der Taille nicht ein Hervortreten der Hüften bewirke.
Eine japaniſche Frau der höheren Stände
insbeſondere in den Städten die europäiſche Haartracht I
man den Kindern beiderlei Geſchlechts bis zum 3. Lebens jahr den Schädel glatt raſiert, läßt man den Mädchen von dieſem Zeitpunkt an das Haar wachſen und bereitet im zehnten oder elften Lebensjahr das Haar für die fünf
tige Friſur vor. Lettere beſteht im allgemeinen in einem Chignon, der die verſchiedenſten Modifikationen barbietet, ſowie in einer mehr oder weniger ſtarken Aufbauſchung der ſeitlichen Haarpartieen. Das Friſieren wird berufs weiſe von den Kami-ihi ausgeübt, die in Japan wegen der Schwierigkeit, ſich ſelbſt zu friſieren, für das weibliche
Gefdlecht noch unentbehrlicher ſind als ihre Kolleginnen in Europa. Von der üblichen Haartracht gänzlich ver
um dieſes noch hinzuzufügen – ſteht oder geht nie ganz aufrecht; je mehr ſie feine Manier und höfliches Be nehmen zeigen will, um ſo mehr drückt ſie ihre weiblide
friſur, welche leßtere in einer pfannkuchen oder beiligen
Veſcheidenheit und Unterwürfigkeit durch eine leicht gebeugte Haltung aus. Zugleich iſt ſie - im Gegenſaß zu der jeßt
ſchein -ähnlichen Anordnung des Haares hinten am Kopfe beſteht, deren Herſtellung nicht weniger als vier Stunden
herrſchenden europäiſchen Damenmode - bemüht, das Gefäß möglichſt wenig hervortreten zu laſſen und ſucht ſie daber durd , Vorſtrecken des Unterbauches die normale Ronkavität der Lendenwirbelſäule möglichſt auszugleichen. Die beſagte Körperhaltung, ſowie die oben beſchriebene häßliche und
der ſowohl auf der Straße, wo ſie jene abſdheulichen Stelz
in Anſpruch nehmen und die zugleich das Muſter von Unbequemlichkeit ſein ſoll. Erwähnt ſei hier auch, daß jene Nacken- und Schulterſchmerzen, über die man japani dhe Frauen un Mädchen häufig klagen hört, im weſent: lichen auf das ſtarfe Anſpannen des Haares , wie es die japaniſche Friſur mit ſich bringt, zurückzuführen ſind. Bezüglich der Augenbrauen ſei hier noch bemerkt, daß wohl nirgends der Beſchaffenheit derſelben mehr Aufmert
(duhe aus Holz (geta) trägt, wie im Hauſe, wo ſie in baumwollenen Strümpfen oder barfuß geht, auf den an
wir als dunkelbraun, ſchwarzbraun u. dgl. bezeichnen würden , gilt
plumpe Beſchaffenheit des japaniſchen Beines und Fußes beeinfluſſen begreiflicherweiſe auch den Gang der Japanerin ,
(chieden iſt die am japaniſchen Hofe eingeführte Damen:
1 Jedes Haar, das nicht ganz ſchwarz iſt, alſo auch Haar das
den graziöſen Schritt europäiſcher Damen gewohnten Frem
dem Japaner als „ rot" . Daß aber ſpeziell die rote Farbe, ſobald
den einen unangenehmen Eindruck macht. Im Gegenſatz
zu unſeren Begriffen verlangt eben die japaniſche Etikette
ſie am menſchlichen Körper ſich bemerkbar macht, in Japan nicht gern geſehen wird, hierauf deutet die Art und Weiſe, wie die
von der wohlerzogenen Frau oder Tochter, daß ſie mit
Japaner den Teufel darſtellen. Jedes Volf, reſp. jede Raſſe,
ganz kleinen ſchlürfenden Schritten einhergehe , wobei die
verleiht, wie Baelz treffend bemerkt, der Perſonifikation des Böſen ſolche Eigentiimlichkeiten, welche mit den in den betreffenden Ländern herrſchenden Schönheitsbegriffen im ſchärfſten Gegenſatz ſtehen, und nur auf dieſe Weiſe erklärt es ſich, daß der Europäer den Teufel ſchwarz, der Reger weiß, der Japaner denſelben rot darſtellt.
Fußſpißen nach innen gedreht und die Kniee von einander entfernt ſind. Bezüglich der Hautfarbe ſdyreibt der japa
niſche Schönheitscoder vor, daß dieſelbe hell ſei, weshalb
Zur Ethnologie der Japaner.
ſamkeit geſchenkt wird, als in Japan. Bei jedem Japaner
Mann, Weib oder Kind - gehört das Zurechtraſieren der Brauen ebenſo zur Toilette wie das Waſchen des Geſichts, und zwar lieben es vorzugsweiſe die Männer, den unteren Teil der Brauen, namentlich in ſeiner äußeren Hälfte, mit dem Scheermeſſer zu entfernen , wodurch ſie es bewirken, daß der Brauenbogen weiter als in Wirklichkeit der Fall, vom Auge abzuſtehen ſcheint, was für ſchön gilt, ſowie auch, daß dieſelben ſchräg nach oben auslaufen, wo durch das Auge (diefer erſcheint als in Wirklichkeit, was
ebenfalls dem japaniſchen Schönheitscoder entſpricht. Bei Frauen ſollen die Brauen nady japaniſcher Vorſchrift ein ſchmalen , tiefſchwarzen , den Fühlern des Seidenſchmetters lings ähnlichen Bogen bilden , und da , wo die Natur einer Frau folde ſcharfgezeichnete Seidenſchmetterlings Brauen (gappi) nicht verliehen hat, ſucht man zum Teil durch Raſieren , zum Teil durch Färbung mit Rohlenpulver dem Schönheitsideale nachzukommen.
Bezüglich der Hautpflege bei der Bevölkerung Japans , welder Baelz in ſeiner Schrift ein beſonderes Kapitel widmet, ſei hier hervorgehoben, daß die Japaner durc Reinlichkeit vor den meiſten Völkern ſich auszeichnen und daß Bäder in Waſſer von 44 bis 49 ° C, unter allen
Ständen und Klaſſen dieſes Volkes eine wichtige Rolle ſpielen. Daß ſolche heiße Bäder aber, wenn man, wie Japaner esthun , ſich von Jugend auf an dieſelben ge wöhnt, keineswegs, wie häufig behauptet wird, einen ver weichlichenden Einfluß ausüben , das wird einem jeden
429
Ausdehnung der Kleider des betreffenden Standes, von den feinen Stichen der Tätowiernadel gerißt werden , daß nicht alle Arbeiter, ſondern ausſchließlich folde, die ihrem
mit großer Anſtrengung und reichlicher Schweißſefretion verbundenen Berufe nackt beſſer obliegen können , wie Träger, Läufer, Laſtzieher u. dgl., und unter dieſen auch nur diejenigen , die in Städten verkehren, wo vollkommene
Nadtheit anſtößig erſcheint, ſich tätowieren laſſen , ſowie daraus, daß bezüglich des gewählten Muſters und der Farbe die Tätowierung mit der Kleidung des betreffenden Standes häufig aufs Genaueſte übereinſtimmt. Zum Schluſſe unſerer Betrachtungen wollen wir aus dem reichen Inhalt der Baelz'ichen Schrift hier nod; zwei Thatſachen hervorheben, die wenn auch nicht gerade für den Ethnologen von Intereſſe , ſo doch auf Fragen von hoher wiſſenſchaftlicher und praktiſder Bedeutung Licht zu werfen geeignet ſind. Als erſte der beſagten Thatſachen teilt nämlich unſer Autor mit , daß die Einwohner der kleinen an der japaniſchen Küſte (gegenüber dem Bade orte Atami) gelegenen Inſel Hatſuſhima ſeit mehr als 200 Jahren ausſchließlich unter ſich heiraten und daß, obwohl feit dieſer Zeit niemals fremdes Blut in die Inſel
gekommen iſt, die ungefähr 300 Seelen zählende Bevölke rung körperlich und geiſtig völlig normal entwickelt iſt und ihr Standesregiſter eine größere Geburts- und kleinere Sterbeziffer aufweiſt als die übrigen Teile des japaniſchen Reiches. Auch macht Baelz im Anſchluß an die beſagte
Mitteilung darauf aufmerkſam, daß in den Urzuſtänden
ihrer Geſundheit barfuß und mit nadten Beinen im Schnee
der menſchlichen Geſellſchaft, ſolange dieſelbe aus einzelnen auf weiten Strecken zerſtreuten und wenig unter einander verkehrenden Gruppen von Individuen beſtand und ſo
umhergehen ſieht. Audy hebt Baelz hervor, daß dieſe un entgeltlich oder für ganz geringen Preis den niedrigen
lange die zweifellos bei vielen Völkern vorherrſchende Polyandrie das Auseinanderhalten der Vaterſchaft ers
Volksklaſſen zur Verfügung ſtehenden Bäder ganz abges
Winter ein angenehmes Wärmegefühl verſchaffen und daß
ſchwerte oder faſt unmöglich machte, Verwandtenheiraten faſt die Regel geweſen ſein müſſen, und daß troß ſolcher Zuſtände die Menſchheit ſich körperlich und geiſtig immer mehr emporgearbeitet hat. Mit Recht bemerkt auch der
auch die weide, ſammetartige Beſchaffenheit der Haut, wie man ſie beim Japaner und namentlich bei der Japanerin findet, zum Teil auf den Gebrauch derſelben zurückzuführen
auf den Zuſtand des Nervenſyſtems beſonderes Gewicht zu legen iſt; daß während bei den im Naturzuſtande be
iſt. Um an die Erörterung der japaniſchen Hautpflege
findlichen Menſchen Verwandtenehen in der Regel keine Nachteile für die Tüchtigkeit der Völker und Raſſen mit
klar, der die japaniſchen Arbeiter und Bauern, nachdem ſie ſoeben ihr heißes Bad genommen haben, unbeſchadet
ſehen von dem hygieiniſchen Nußen, den ſie ſtiften, inſo
fern von Vorteil find, als ſie den ärmeren Klaſſen im
einige Bemerkungen über die in dem oſtaſiatiſchen Inſela reiche gebräuchliche Tätowierung anzuknüpfen , ſo ſei hier erwähnt, daß dieſe Sitte in Japan eine völlig verſchiedene Bedeutung hat als in anderen Ländern, daß dieſelbe beim
japaniſchen Volke nicht als eine Auszeichnung, ſondern eher als ein Abzeichen niederen Standes gelten darf, und daß ſie von den arbeitenden Klaſſen , bei denen ſie in Gebrauch iſt, gewiſſermaßen als ein Erſaß für die mangelnde Kleidung betrachtet wird. Leßterer Schluß ergiebt ſich
daraus, daß im Gegenſaß zu anderen Völkern , bei denen die unbededten Körperteile mit Vorliebe tätowiert werden ,
bei den Japanern ausſchließlich jene Teile, welche beim bekleideten Menſchen bebedt ſind, und zwar genau in der Ausland 1886, Nr. 22 .
beſagte Gelehrte, daß bei der in Rede ſtehenden Frage
ſich bringen, überall da, wo zwei Menſchen mit krankhaft angelegtem Nervenſyſtem ſich heiraten - und gewiſſe
nervöſe Störungen bilden bei den Kulturvölkern nahezu die Regel – daß in einem ſolchen Falle derartige Krank heitsanlagen in dem aus dieſer Ehe hervorgegangenen Kinde ſid, potenzieren. Ein anderer wichtiger Punkt der Baelz'ichen Ausführungen beſteht in der bereits ange deuteten Thatſache, daß in Japan das niedere volk weit: aus überwiegend von Pflanzenkoſt ſich ernährt, ohne dadurch
an Körperkraft (der kräftigen Konſtitution der niederen japaniſchen Volksklaſſen wurde oben bereits gedacht) oder an Arbeitsfähigkeit etwas einzubüßen. Als Beweis für 66
Eine Walfiſchjagd im Varanger Fjord.
430
leßteren Umſtand weiſt unſer Autor auf die japaniſchen
feſtigt iſt, welches, wenn der Schaft in die Kanone geſteckt
Wagenzieher hin, die imſtande find, bei einer Hiße von 30
wird, bis zur Dille hinaufreicht und durch einen Strick
bis 350 C. im Schatten einen erwachſenen Menſchen auf
befeſtigt iſt. Wenn dieſes furdytbare Geſchoß nach dem Wal geſchleudert wird, ſo wird der Rud des Taues durch den Strick gemildert, der den Ring am Zerbrechen hindert, und dieſer läuft dadurch bis zum Ende des Schafts hinauf. Sobald der Wal die Wunde fühlt, macht er einen plöß: liden Sprung, wodurch die Haken am Schaft in einer horizontalen Lage vorſpringen ; durch dieſe Thätigkeit aber wird mittelſt einer ſehr ſinnreichen mechaniſchen Vorrich: tung der Sprengſtoff in der Granate entzündet und plaßt
ſonniger Straße in einem Tage 60 Km. weit und mehr zu ziehen, ohne auf den Stationen etwas anderes als eine
frugale Reismahlzeit zu ſich zu nehmen. Indeſſen wäre es unſeres Erachtens doch wohl voreilig, die beſagte Er
fahrung ohne weiteres auf europäiſche Verhältniſſe über tragen oder gar zu Gunſten des Vegetarianismus an
9
führen zu wollen. Denn ganz abgeſehen davon, daß eine Pflanzennahrung, welche in ſolchem Grade, wie der Reis, die Vorzüge der Leichtverdaulichkeit, des hohen Nährwertes und der Billigkeit in fich vereinigt, dem europäiſden Ar- · beiter nicht zur Verfügung ſteht, dürfen wir wohl annehmen,
daß bei den arbeitenden Klaſſen Japans ſeit Jahrhunderten oder gar Jahrtauſenden eine Anpaſſung des Organismus
an die beſagte Lebensweiſe ſtattgefunden hat
eine An
paſſung, welche vielleicht eine Verlängerung des Darm rohres (daß leşteres beim Japaner länger ſei als als beim
Europäer, hält auch Baelz für wahrſcheinlich) zur Folge hatte.
Eine Walfiſajagd im Varanger Fjord. Vou einem Norweger.
Die Errungenſchaften der modernen Wiſſenſchaft üben heutzutage einen ſolch bedeutenden Einfluß auf das praktiſche Leben und die Beſchäftigungen der Menſchen aus, daß man ihre Grenzen kaum überſchauen kann. Aber daß die Wiſſen ſchaft auch zur Erlegung und zum Fang des Leviathans des Meeres die Hand reichen würde, das hätte doch noch vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten ; allein es iſt gleichwohl der Fall. Den Küſten des arktiſchen Norwegens entlang, unter dem 70. und 71.0 n. Br., wird dermalen der Walfiſchfang alljährlich mittelſt Dampfbooten und eines ſehr finnreich konſtruierten Geſchüßes ausgeübt. Die Dampfboote ſind ſiebzig oder achtzig Fuß lang , mit ſehr ſtarken Maſchinen verſehen , und die Zahl der mit dieſer Jagd beſchäftigten Fahrzeuge mag dermalen etwa
mit einer ſolchen Gewalt, daß der Tod des Wals beinahe
augenblicklich erfolgt. Dies iſt die Erfindung Foyns, auf welche er große Summen Geldes und die Arbeit von vielen Jahren ſeines Lebens verwendet hat. Es bedarf
kaum der Erwähnung, daß dieſes Geſchüß zur Zeit ſeiner Erfindung nicht ſo vollkommen war, wie gegenwärtig, aber Sien hat ſie allmählich verbeſſert. Diejenigen Arten von Walen , auf welche in Finns marken Jagd gemacht wird , gehören zu der Familie der „ Finnwale " oder Finnfiſche, Physalus antiquorum , und der größte ' von ihnen allen iſt der „ Blauwal". Er iſt der ſchlankſte aller Wale und das längſte aller Tiere, denn er kann eine Größe von 30 m, erreichen. Seine Farbe iſt ein Bläulichgrau, das an der Unterſeite etwas heller iſt und lange weiße Furchen oder Falten zeigt, deren Nußen für das Tier die Zoologen noch nicht entdeckt
haben. Dieſer Wal nährt ſich, ſoviel wir wiſſen , nur vom ,,Krill", einem kleinen Kruſter, der aud dem Kabeljau zur Nahrung dient. Der Blauwal kommt gegen Ende Mai
landwärts und geht in der ziveiten Hälfte des Auguſt wieder in die hohe See, weshalb er auch „Sommerwal" genannt wird. Dies iſt im allgemeinen diejenige Wal Art, welche die Reiſenden nach dem Nordkap zu Geſicht bekommen.
Die nächſte Varietät iſt der gewöhnliche Finnwal oder Finnfiſch, welcher eine Länge von ſechzig bis ſiebzig Fuß erreicht, noch ſchlanker gebaut iſt als der andere, auf dem
dreißig betragen, welche meiſt dem unermüdlichen Jäger
Rücken dywarz und unten weiß iſt. Er iſt ungemein raſch in ſeinen Bewegungen und wird wahrſcheinlich das ganze Jahr hindurch an der norwegiſchen Küſte gefunden.
Swen Foyn, von Tönsberg , dem Erfinder der Kanone
Seine Nahrung beſteht in kleinen Fiſchen und „ Krill ".
und dem Schöpfer dieſes wichtigen Erwerbszweiges, ge
Außer dieſen kommen noch zwei andere Varietäten in denſelben Gewäſſern vor, von denen die größere gefangen wird. Endlich iſt hier noch der „ Troldwal“ ( Rorkwal) oder Buckelwal, Megaptera longimana, welcher eine Länge
hören . Die Kanone, welche die Hauptrolle in dieſem Ge ſchäfte ſpielt, iſt auf einer Platform im Vorderteile des Schiffes aufgeſtellt, ſo daß ſie einen Schußbereich nach allen Seiten hin hat. In die Mündung derſelben wird ein Schaft geſteckt, von dem noch ein kleiner Teil außer halb der Dille bleibt und vier bewegliche Haken trägt,
welche der Kanone zugekehrt, freuzweiſe geſtellt und je etwa acht Zoll lang find. Vor dieſen iſt eine große eiſerne
Granate mit einer Stahlſpiße angebracht und die Granate init einem Sprengſtoff gefüllt. Auf dem Schaft verläuft ein eiſerner Ring, woran ein etwa armslides Rabel be
von 13 bis 15 m, erreicht, äußerſt behend und beweglich
iſt, und wenn er heftig verfolgt wird , ſchreit und das Meer mit ſeinem Schwanz zu Schaum aufpeitſcht. Dieſer iſt jedoch an der norwegiſchen Küſte nicht ſehr häufig. Man nimmt allgemein an, der Wal ſei troß ſeiner
ungeheuren Größe und Stärke ſehr ſcheu und leicht in die Flucht zu ſchlagen ; allein dies iſt nicht immer der Fall, wie aus manchen Geſchichten hervorgeht, welche mir
Eine Walfiſchiagd im Varanger Fjord.
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die Fiſcher im vergangenen Sommer von ſeiner Dumm heit und Bösartigkeit erzählt haben. Sie erzählten mir,
allein zum Erſat dafür gibt es keine andere Jahreszeit, wo die Natur in dieſen Regionen ſich in ſolchen Farben
es ſeien mehrere Boote von Walen zerſchlagen und nieder
darſtellt, wie gerade alsdann.) Das Varanger Fjord er: ſcheint gerade jeßt in ſchlechter Laune ; das Wetter wird etwas trüber und es erhebt ſich ein Wind. Kein Wal iſt in Sicht. Noch vor einer kleinen Weile ſah man einige drunten am öſtlichen Horizont ſprißen , aber nun ſind ſie fort ; vielleicht iſt das Abendbrot um uns her nicht appes
gerannt worden und dadurch viele Menſchenleben zu
Grunde gegangen, aus welchem Grunde ſelbſt die kühnſten Fiſcher den Walfiſchfang nicht ſonderlich lieben. Bei einer Gelegenheit im jüngſtvergangenen Mai wurde ein Wal von einem der Dampfboote aus geſchoſſen ,. welcher ſidy
dann dicht unter den Stern desſelben flüchtete und dem
es gelang, das Tau abzureißen, da der Kapitän ſeine Sdraube zu verlieren fürchtete, wenn er ſich rühre. So: bald der Wal fich frei fühlte, umkreiſte er mehrmals das
Schiff und rannte dann mit voller Wucht und ſolcher
titlich oder reichlich genug geweſen ; es iſt alſo weder Wal nod Köder zu ſehen. Von Zeit zu Zeit fliegt ein einſamer Meeresvogel raſch an uns vorüber, der Küſte zu ; er hat ſich ſein Abendbrot geholt. Die Nacht ſenkt langſam ihren Schleier über den Dzean herab. Wir ſind
Gewalt gegen den Stern an , daß der Kiel auf mehrere Meter weit verbogen und Schraube und Ruder hinweg geriſſen wurden . Nachdem er auf dieſe Weiſe ſeine Rache befriedigt hatte, ſchwamm er gemädylid der hohen See zu. Nady dieſen vorläufigen Bemerkungen gehe ich nun an die Schilderung einer Walfiſchiagd an den Küſten des Landes der Mitternachtsſonne, und erzähle meine eigenen
des Kapitäns, wo wir es uns ſo behaglich machen, als die Umſtände es erlauben, um einige Stunden zu ſchlafen. Dies gelingt uns auch bald unter dem leiſen Rauſchen
Erfahrungen vom vorigen Sommer.
der Wogen des eiſigen Meeres, wie ſie ſo an die Seiten
Es war ein lieblicher, ſonniger Abend zu Ende Juli, als wir aus einem der hübſchen kleinen Fiords in den ſüdlidhen Varanger hinausdampften. Die Luft iſt klar und balſamiſch, und das Meer liegt vor uns durch ſichtig wie ein Spiegel und von dunkelgrüner Farbe. Die Berge im Süden heben ſich wie ſcharf geſchnißt auf dem
des Schiffes anſpülen.
dunklen Hintergrunde ab , während ihre kegelförmigen
Sie ſind uns bald aus dem Geſicht, und der Verſuch, ihnen zu folgen, würde uns nichts helfen. Wir legen
Spißen ſich in der See an ihrem Fuße ſpiegeln. Nirgends ſieht man mehr ein Fledchen Eis oder Schnee. Allmählich
verſchwinden die mit Gehölz bedeckten Hügel und die Birkenwäldchen am Hintergrunde des Fiords in der Ent fernung und durch ſeine Mündung erblicken wir das breite
gewaltige Varanger Fjord, das größte in Norwegen. Nach Norden wird die Ausſicht durch hohe Berge verſperrt, die in einen azurnen Schleier gehüllt ſind; die Sonne ſteht
noch immer hodh am Himmel, obwohl es ſchon acht Uhr vorüber iſt; und nach Weſten hin blicken wir das Varanger Fjord hinab, wo rieſige Retten von Bergkegeln in maleri:
bald weit genug draußen ; ſo wird der Maſchine ein ,,Langſam " kommandiert und alle, welche nicht auf Wache ſind, gehen unter Ded.
Wir (die Offiziere und der Er
zähler) begeben uns nach dem Hinterdeck in die Kajüte
Mit dem erſten Streifen von Tagesgrauen im Dſten werden wir gerufen. Es ſind Wale in der Nähe. Die Keſſel werden geheizt, wir laufen aus und ſehen in großer Entfernung einige Wale ſprißen ; aber der Kapitän be merkt, es ſeien nur einige , welche dem Fjord zuſteuern.
uns wieder zur Ruhe, aber vergebens – der Schlaf iſt
geflohen. Wir kleiden uns an und das Frühſtück wird aufgetragen. Der Steward erſcheint mit einem dampfen den Topf voll Kaffee und mit friſchem Brot - ein wahrer
Lurus. Bei dieſer Gelegenheit werden wir , da ein Gaſt an Bord iſt, mit wirklicher Sahne bewirtet ; allein ſonſt wird nur ein Surrogat aus präſervierter Milch und Zucker,
ein einheimiſches Fabrikat, aufgetragen. Nachdem die Forderungen des Körpers befriedigt ſind, verlangt auch der Geiſt einige Nahrung und Unterhaltung , die ihm
ſchem Kontraſt zu der Anſicht vor uns ſich abheben. Nach
bald in einer Pfeife Tabak zu teil wird. Der Kapitän
Oſten hin iſt nur eine einzige Ausſicht, Himmel und Meer. Wir ſind an den Grenzen des großen Arktiſchen Ozeans.
bietet uns zwar eine Zigarre an , allein eine Pfeife iſt derſelben weit vorzuziehen und ſieht auch ſchiffsmäßiger aus. Gegen Mittag ſind wir auf der Höhe von Ryba tſchi-Poloſtrow (der Fiſcherhalbinſel). Dieſe Halbinſel iſt
Unter dieſen vielverſprechenden Auſpizien machen wir uns auf einen guten und raſden Fang gefaßt, da der Wal mit dem Menſchen jene Empfindung gemein hat , daß
er Sonnenſchein und ein ruhiges Meer liebt. In ſolchem Wetter nähert er ſich den Küſten , tummelt ſich in den Sonnenſtrahlen und verſpeiſt von Zeit zu Zeit gemächlich
ein paar Scheffeln Krill zum Abendbrot , ehe er ſich für die Nacht in die hohe See zurückzieht. (Beiläufig bemerkt, follte man zu einer Vergnügungsreiſe in das arktiſche Norwegen die Monate Juli und Auguſt wählen.
Aller
dings läuft man Gefahr, die Mitternachtsſonne nicht zu ſehen, welche in der zweiten Hälfte Julis verſchwindet;
ſehr nieder und fandig ; landeinwärts ſehen wir einen
Höhenzug, um uns her fliegen und flattern Tauſende von Meeresvögeln mit kläglichem Geſchrei, aber nirgends iſt ein Wal zu ſehen. Sie kommen jedoch im allgemeinen hier
in Menge vor ; zu Zeiten ſieht man ſogar hier ungeheure Schollen von ihnen, beſonders wenn der Fiſchfang fido
oftwärts zieht, da der Köder dann hier gefunden wird, was der Wal liebt. Adein jeßt, während der Sommer monate, ſind ſie weiter zerſtreut. Die Zeit zum Mittageſſen iſt bereits vorüber und wir
Eine Walfidjagd im Varanger Fiord.
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haben immer noch nichts geſehen. Wir gehen etwas ent täuſdit unter Dedt, während der Dampfer ſeinen Kurs
gegen Vardoe nimmt. Seit vergangener Nadit hat eine ſteife Briſe geherrſcht und das Meer hat ſich an einigen Stellen in Schaum gehüllt. Die Wogen werden größer und der Dampfer beginnt zu ſchlingern. Unſer Rauden und Ruhen unter Deck ſind jedoch nur von kurzer Dauer, und ſo ſteigen wir wieder auf Dedt, um uns nach ſprißen
den Walen umzuſehen. Hie und da neigt fidy das Schiff zur Seite und ein paar Drhoft Seewaſſer ſpülen zijdend über den Bug herein, thun uns aber keinen Schaden, da wir
drunten die tiefſten Saiten eines Dußends doppelter Contre
bäſſe geſtriden würden ; dann wiederum hört man einen ſcharfen ziſchenden Ton, wie eine ungeheure, plößlich los
gelaſſene Fontäne, und eine kryſtallene Schaumſäule ſteigt einige dreißig Fuß hoch in die Luft. Der rieſige glän: zende Körper erſcheint an der Oberfläche, der Rüden iſt
eine Sekunde lang aufwärts gekrümmt und verſcywindet dann wieder. Es ſieht aus, als ob es dem Wal ganz warm und behaglich wäre ; das Meerwaſſer, welches uns ſo eiskalt erſcheint, ſpielt angenehm um ihn herum ; heißer Dampf entſtrömt ſeinen ausgedehnten Nüſtern und der
hohe Schifferſtiefeln , einen dicken Wachtrod und einen
Wal geberdet ſich wie ein Menſch, der ein erfriſchendes
Südweſter tragen.
Morgenbad nimmt. Während der leßten Viertelſtunde haben wir etliche
Ich ſtarre auf das grüne Meer und die ſchaum gekrönten Wogen hinaus, wie ſie ſo gegen das Schiff beranrollen , bis id müde werde.
Mein Geſidit bes
fdhlägt ſich mit einer ganzen Salzkruſte, die ſich hier
feſtſeßt, wenn der Schaum der Wogen über Bord hinfegt, ſo oft das Schiff in den Trog des Meeres hinabtaucht. Wenn man nicht an die arktiſche Seeluft gewöhnt iſt,
wird man bald furchtbar müde und muß ſich niederlegen ; und ſo ging es auch mir : nachdem ich eine Zeitlang auf der Wache geweſen war, ging ich hinunter und legte mich
nieder. Bald übermannt mich der Sdilaf unwiderſtehlidy, die Gedanken werden Träume, während das Sdlingern des Schiffs ſich anfühlt, wie das ſanfte Schaukeln in
einer Hängematte; ich bin in der That feſt eingeſchlafen , als eine Stimme von der Schiffstreppe herunterdonnert :
„ Kommt auf Ded, Wale in Sicht!" Erſdırocken ſpringe ich auf, anfangs unfähig, mich zu beſinnen, wo ich bin ; allein bald wird das Bewußtſein , daß ich auf der Wal fiſdhjagd bin, deutlich und ich eile auf Dec , voll Furcht, irgend einen Teil des großartigen Schauſpiels zu ver lieren.
vierzig Wale geſehen, aber keiner iſt in Shußweite heran gekommen . Die Ranone hat über 30 m. hinaus keine große Treffſicherheit, ſo daß der Wal beinahe unter dem Schiffsbug ſein muß, wenn man feuert. Wie wir ſo daſtehen und uns dieſes prächtige Schauſpiel betrachten, wird das Waſſer um das Schiff herum plößlich hellgrün
von Farbe und einigermaßen ruhig. Dann erfolgt ein tiefer, (dywerer Donner; das Schiff erbebt in allen ſeinen Teilen, eine große Säule Waſſerdunſt dießt in die Luft und durchnäßt uns alle; ein dumpfes Schnauben, und ein ungeheurer Blauwal erhebt ſich wenige Meter von unſerer Steuerbordſeite aus dem Meere. Wir denken, nun werde der Kapitän feuern und halten uns unwillkürlich an die Drahttaue des Tafelwerfes ; allein Foyn ſteht an ſeiner
Kanone, ohne die mindeſte Bewegung zu machen , und in der nächſten Sekunde taucht der Wal wieder in ſeine wäſſerige Heimat hinab. Die Schußweite war wahrſchein lich keine günſtige. Einige Minuten ſpäter derſelbe Donner, dieſelbe Empfindung , dieſelbe Dunſtſäule und dasſelbe
Schnauben – ein zweiter Wal erſcheint an der Badbord
Welch eine Veränderung! Jebt hat jede Woge eine
ſeite. Der Kapitän dreht die Kanone, während wir mit
ſchneeweiße Müße ; ſie türmen ſich auf allen Seiten hoch
Herzpochen die Bewegungen des Wals wie diejenigen des Kapitäns beobachten. Jede Sefunde erſcheint wie eine
auf und das Schiff wird hin und her geſchleudert wie ein Spielzeug. Möven und andere Meeresvögel ſtreichen raſch den Furchen zwiſchen den Wogen entlang, erheben ſich beinahe ſenkrecht, wenn die Woge berſtet, idyweben
leicht über deren Kamm hinweg und tauchen in das nächſte wäſſerige Thal hinab. „Schau, ſchau ! was für ein ge waltiger Spriter !" - ,, Jener dort iſt noch dicker !" --
,,Schaut, ſchaut! puff! puff !" – ,,Dort ſind eine ganze 1
Menge ! " Wir ſind nun inmitten einer ganzen Sdhar der Meeresrieſen . Die ungeheuren braunen und blauen Körper erheben ſich aus der See ; der Rücken iſt aufwärts ge bogen - er ſieht aus wie der Boden eines umgeſtürzten Bootes, er verſchwindet. Aber das Meer wird beinahe
ruhig, wo der Wal verſank, und mehrere Minuten ver gehen, ehe die Wogen wieder imſtande ſind , die Ruhe zu überwinden. Von Zeit zu Zeit hört man ein dumpfes, tiefes, donnerndes und zitterndes Schnauben , als ob da
Ewigkeit. Er richtet das Geſchüß , er zielt. Leider prallt eine ſchwere Woge an das Schiff an und legt es zur Seite ; die Ranone wird tiefer gerichtet, aber der Wal iſt verſdwunden. Alle Wale ſcheinen nun verſchwunden zu ſein, denn es iſt kein Sprißen mehr zu ſehen. Wir ſtehen noch da und beſprechen den Vorfall und jemand macht den Vorſchlag, nach hinten zu gehen und eine Pfeife zu rauchen , als wir plößlid zwei Wale in einiger Entfernung
auftauchen und bald neben, bald hintereinander ſchwimmen ſehen. Das Steuer wird gewendet und wir folgen ihnen in hißiger Eile durch Wind und Wogen. Ein vollſtän : diges Sdyweigen herrſcht während der Verfolgung an Bord , nur hie und da unterbrochen durch die kurzen Kommandoworte des Kapitäns, der nun ruhig daſteht und die Tiere beobachtet. Jeßt legt ſich das Schiff auf die Seite – die Wale ſind innerhalb Schußweite . „ Stop !" tönt es in den Maſdinenraum hinunter. Aber die Eile
Sechs Wochen in Sicilien .
war zu groß und wir ſchießen an den Walen vorüber. ,,Mit doppelter Geſchwindigkeit vorwärts !" ertönt es wieder, „ zwei Mann an den Helm !" Das Schiff wendet ſich raſch und wir trennen die beiden Wale. Dieſe verſchwin ben. Wir folgen der Richtung, welche ſie einſchlagen, und ſiehe da ! in kurzer Entfernung vor uns wird das Meer
wieder ſmaragdgrün. „ Langſam !" ertönt das Kommando. Das Fahrzeug bewegt ſich langſam vorwärts, und der Wal erſcheint wieder 20 m . vor uns. „ Stop !" ruft der Kapitän. Das Geſdüß wird gewendet, erhoben und wieder
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während wir mit unſerer edlen Beute im Schlepptau uns langſam nach der Walſtation in Süd- Varanger auf den (C. J.) Weg machten .
Sechs Wochen in Sicilien. Die heutigen Zuſtände Aegyptens und die Folgen des Krieges haben es denen, welche Heilung und Erleidi
terung von Leiden im Süden ſuchen , in den jüngſten
das Schiff in allen Fugen beben. Wir haben den ganzen
Jahren beinahe unmöglich gemacht , in Aegypten eine klimatiſche Kur zu machen und eine Zuflucht vor dem nordiſchen Winter zu ſuchen. Mander, der in einem ähn lichen Fall iſt, wird ſich im Angeſicht des nabenden Winters
Hergang mit Anſpannung aller Nerven beobachtet, und
fragen : Wohin ſollen wir gehen ? Als Antwort hierauf
fühlen kaum mehr den eiſigen Schaum , der die Wangen
möge die gedrängte Schilderung eines kurzen Aufenthaltes in Sicilien dienen , den wir in einem der jüngſten Winter
heruntergelaſſen – kein Laut iſt an Bord zu hören – der Wal hat geſprißt und fein Rücken wölbt ſich. Der Kapitän zielt, ein donnernder Knall zerreißt die Luft und macht
bethaut und die Hände erſtarren macht.
,,Haben Sie ihn getroffen ? " rufen wir dem Kapitän zu.
und Frühlinge aus Geſundheitsrüdſichten genommen haben.
,, Ich weiß nidyt", iſt die lakonideAntwort ; ,,es war
Sicilien iſt, nach unſerer Erfahrung und unſerem unmaß
beinahe thöricht, es bei folchem Seegang zu verſuchen ;
geblichen Urteile, Aegypten als klimatiſcher Kurort ent ſchieden vorzuziehen.
man riskiert, ſein Zeug zu verlieren und den Wal zu er ſchrecken !"
Mittlerweile iſt die ganze Mannſchaft emſig beſchäf tigt, die Leine der Harpune frei zu machen, und wir ſind noch immer im Zweifel, ob wir den Wal getroffen haben ; allein die Ungewißheit dauert nicht lange, denn unmittel bar darauf ruft der Kapitän „ Aufgepaßt !" und die Leine
Man kann ſich unmöglich etwas Schöneres denken, als den Eingang in die liebliche Bucht von Palermo, der einerſeits von dem maſſiven Monte Pellegrino, anderer
ſeits von dem ſchön geformten Monte Navarino flankiert
läuft mit furchtbarer Geldwindigkeit und einem großen
wird, während die Stadt Palermo , in ewigen Sonnen ſchein gebadet und von des Mittelmeeres ruhigen Fluten beſpült, am Saume jener reichen und fruchtbaren Ebene
„ Mit voller Geſchwindigkeit vorwärts !" ruft
liegt, welche man nicht mit Unredit die Conca d'oro, die
man hinunter, aber das Schiff läuft mit dem doppelten ſeiner höchſten Geldwindigkeit , ſo gewaltig iſt die Stärke des Wals, welcher es im Schlepptau hat. Das Tier flieht
goldene Muſchel, nennt, wahrſcheinlich wegen der goldenen Frucht der Heſperiden , die in der Ausfuhr von Palermo
Lärm ab.
eine ſolch bedeutende Stelle einnimmt. Dieſe ganze Ebene
mit ſeiner höchſten Schnelligkeit und wir folgen ihm gerade durch die brandenden Wogen. Zehn Minuten vergehen
iſt nämlich einfad, ein viele Quadrat-Kilometer umfaſſendes
– ſie erſcheinen uns wie zehn Stunden – als plößlich eine blutgeſtreifte Waſſerſäule am Horizont erſcheint. Es iſt unſer Wal ! Noch ein Augenblick und man ſieht einen hellen Strahl. Es iſt der andere Wal, der ſeinem ver wundeten Gefährten folgt. Beide tauchen unter ; die Leine läuft nicht mehr ſo raſch ab ; der verwundete Wal erſcheint noch ein- oder zweimal, worauf er verſinkt. Der Wal iſt tot. Nach einer Weile beginnt das Aufholen ſehr vorfidytig, und endlich ſteigt der große Körper an die
welches ſich zu einem umkreiſenden Amphitheater von Hügeln
Gelände oder Didicht von Drangen- und Limonen- Gärten, und Bergen emporzieht, von welch lekteren einige bis zur Höhe von fünftauſend Fuß emporragen. Das ganze Ges
lände ſtellt ſich dar als ein Landſdaftsbild, welches jedem Maler als das Modell oder Vorbild zu einem Paradies oder Göttergarten dienen könnte. Dazu noch neben der herrlichſten Natur ein föſtliches Klima, welches Palermo
rajd zum Lieblingsaufenthalte für Bruſtkranke und ſonſtige Leidende machen wird, da die Temperatur zwiſchen Tag
Oberfläche und das Schiff neigt ſich etwas zur Seite.
und Nacht einer weit geringeren Schwankung unterworfen
Nach einigen Stunden harter Arbeit, um das Ungetüm
iſt, als ſie an irgendeinem anderen Orte gefunden wird. Die Stadt ſelbſt iſt wunderbar dön und reinlich.
mit Ketten und Tauen an das Fahrzeug zu befeſtigen, wird der Kurs nach Hauſe genommen . ,,Nun, was halten Sie davon , Kapitän ?" frage ich.
Die Hotels ſind behaglich und gut geleitet, wenn auch
Der Wal maß über achtzig Fuß in der Länge.
etwas teuer – von zwölf bis zu zwanzig Franken per Tag je nach der Wahl der Zimmer oder, beſſer geſagt, je nach dem Uebereinkommen, welches man treffen muß, ehe man ſein Gepäck vom Mietwagen herunternehmen läßt. Eine Bemer: kung, die unſerer langjährigen Reiſe-Erfahrung im Süden
Noch einmal machte ſein verwittieter Gefährte eine Nunde um das Schiff, worauf er ſich ſeewärts wandte,
entſpringt, dürfte für manchen Reiſenden nicht ohne Nußen ſein: in Jtalien muß man , um vernünftig zu reiſen und
„Nicht ſo übel“, verſeßt er einfach. „ Steward, gebt der ganzen Mannſchaft etwas zu trinken und laßt uns etwas zu eſſen haben ! "
Sechs Wochen in Sicilien.
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ſich nicht unnötig die Haut über die Dhren ziehen zu laſſen, in allen Hotels um die Preiſe feilſchen, wo man nicht idon genau bekannt iſt; nun befanden wir uns ſtets in
einer unabhängigeren und günſtigeren Lage zum Abſchluß einer Uebereinkunft oder eines Handels, wenn wir bei der Ankunft mit der Eiſenbahn oder dem Dampfboot uns
nicht eines der Hotel-Omnibus bedienten, welche die Reiſen den dort erwarten, ſondern immer eine eigene Droſchke
Rattan, Zuckerrohr und anderen Gewächſen des Morgen landes und des Südens ; die ſchönen ornamentalen Spring
brunnen und Teiche nähren eine reiche Blüte von Waſſer roſen , Lilien und anderen Gewächſen , umgeben von reichen Gewinden von Frauenhaar und anderen zarten Farnen. Viele der hier kultivierten Schlingpflanzen ſind über alle Beſchreibung lieblich. Die wunderſchöne Bougain villea mit ihrem glänzenden blütenähnlichen Laub bildet
oder einen anderen Mietwagen benüßten. Kommt man
buchſtäblich Maſſen von Blüte und Farbe.
in einem Hotel-Omnibus an, ſo wird man gewiſſermaßen
gegenwärtige ſich Büſche von drei oder vier Fuß Tiefe
ſchon als ein erlegtes Wild betrachtet und nach Belieben geſchoren; vom eigenen Wagen aus kann man aber feilſchen und ſeine Bedingungen ſtellen . Die beſten Hotels weiſen das Wort „ Penſion “ geringſchätig zurück, ſind aber
mit der dichteſten reichſten Blüte vom ſchönſten ſanfteſten mauve oder in den glänzendſten Schattierungen von
einem ,,Arrangement“ zugänglid), namentlich wenn es ſich um eine Familie oder, wie in unſerem Falle, um einen Aufenthalt von mehreren Tagen oder Wochen handelt. Wer da weiß, was das Reiſen in Italien und namentlich in Sicilien heißt, der weiß auch , wie notwendig ein der
artiges Uebereinkommen iſt, wenn man die unangenehme Begleitung einer geſtörten Gemütsruhe , einer reizbaren Stimmung, eines ſchweren Herzens und einer leichten Börſe vermeiden will.
Man ver:
Korallenrot, wie ſie einen Bogen oder einen Balkon bis zur Höhe von 20-30 Fuß bekränzen, wie wir es im März und April ſahen. Die Privatgärten von einigen der wohlhabenderen
Einwohner ſind dem Beſuche der Fremden und Einheimiſchen geöffnet. Es gewährte uns ein großes Vergnügen, die Gartenanlage des dönen Belmonte zu beſuchen , welde am Pellegrino hinanſtiegen, wo alle paar Minuten eine
Steinbank dich auf dem Wege zu der noch höher gelegenen kleinen Kirche zur Ruhe einladet. Hier bietet ſich dem Fremden die beſte Ausſidyt auf das herrliche Panorama,
rung mitzuteilen. Die Familie Raguſa bewirtſchaftet die ,, Trinacria “ und das Hotel des Palmes " und ein Ver
welches ſich zu ſeinen Füßen ausbreitet ; man kann hier mit Staunen die herrlichen Eremplare von Aloës und Cacteen bewundern, welche bald einzeln, bald maſſenhaft
wandter dieſer Familie das Hotel Dliva" . Wir waren jedod an das Hotel de France" empfohlen , das etivas billiger iſt als die ,, Trinacria ", fanden dasſelbe ſehr gut
end in jeder Riße oder Spalte des Geſteins der hell-roja
Man geſtatte uns, unſere eigene konkrete Erfah
und behaglich und wurden , als einer von unſerer Geſell ſchaft erkrankte, von dem Directeur oder Verwalter ſehr zuvorkommend, freundlich und billig behandelt. Von einer befreundeten Familie, welche im Hotel Rebecchino " (Via 11
Vittorio Emanuele) logierte, hörten wir auch nur ein
vorkommen und die felſigen Berghänge bekleiden, währ rote Stern der Saponaria calabrica wuchert, welche ſich auch in die Wieſen am Fuße des Felſens hinunter verirrt und einen roſigen Schimmer über den Weideplaß einer maleriſch-kletternden Heerde wilder Ziegen wirft. Pflanzen,
welchen man bei uns die forgliciſte Pflege ſogar im Kalt haus angedeihen laſſen würde, wuchern hier als Unkraut
ſtimmiges Lob über dieſes etwas billigere Hotel. Auch die
von ſelbſt. Geranien und Pelargonien bildeten eine Hecke
deutſche Penſion der Madame Lehn (Preis per Tag zwölf
von vier Fuß Höhe und ebenſo viel Breite, und die hieſigen
Franken) ward uns gelobt. Wir lernten jedoch einen deutſchen Künſtler kennen , welcher mit ſeiner Frau und
Gärtner legen offenbar dem hieſigen üppigen Pflanzenwuchs
I
zwei Kindern ſchon ſeit einem halben Jahre in Palermo lebte, in einem Hotel garni wohnte, in einer Trattorie ſpeiſte und uns verſicherte, man lebe in Palermo, wenn man ſich einmal auskenne, nicht teurer als in Rom. Von der Fruchtbarkeit des Bodens und ſeinem Wert in der Umgebung von Palermo vermag man ſich einen Begriff zu machen , wenn man erfährt, daß ein preußiſcher Morgen Drangen- oder Limonengarten in günſtigen Jahren
einen Ertrag von ungefähr 1400 Mark nach unſerem Gelde abwirft , während man im Detailhandel auf dem
.
keinen Zwang an , ſondern unterſtüßen ihn noch in ſeiner holden üppigen Kraft. Verläßt man Palermo auf dem Landwege, ſo findet man die meiſten Landſtraßen beſeßt mit den wahrhaft maleriſchen Dlivenbäumen. So weiß , daß manche dieſen
Baum wegen ſeiner Aehnlichkeit mit manchen Weiden-Arten mit ſeinem ſdmalen graugrünen Laub und ſeinen knorri gen Stämmen und Aeſten nicht für ſchön halten. Allein
viele der dort vorhandenen Delbäume ſind Veteranen, die ihre Kindheit elfhundert Jahre rüdwärts, in die Zeit der Sarazenen -Herrſchaft, zurückverlegen können und mit einer
Markt um den Wert von 10 Pfennigen ein Dußend der
übernatürlichen Lebenskraft begabt erſcheinen. Ihre knorri
köſtlichſten Orangen kaufen kann, von deren Güte der nur an die im Norden zu habenden Drangen Gewöhnte keine
gen, knotigen, verkrüppelten Stämme beſtanden beinahe nur noch aus Rinde, und dieſe, oft in ein durchbrochenes offenes Neßwerk zerriſſen, diente allein noch zum Kanal, um Lebenskraft und Lebensjaft der Krone von jungen , friſchen fruchttragenden Aeſten zuzuführen.
entfernte Ahnung hat. Die Vegetation iſt hier überraſchend,
man ſieht im Botaniſden Garten eine Allee von Dattel: und anderen Palmen , mit ſchönen Eremplaren von Bambus,
Sechs Wochen in Sicilien .
Ein Künſtlerauge muß notgedrungen mit hohem Inter eſſe auf dem orientaliſchen Charakter der Mehrzahl der
hieſigen Architektur verweilen. Sogar noch in der Nor
man :ienzeit war es üblich, arabiſche Baumeiſter und Künſtler für den Bau und die Verzierungen von Kirchen anzuſtellen , denn der mauriſche Styl war voltstümlid geworden. Die
barbariſche Pracht der reichen Moſaifen des Doms und noch mehr derjenigen in der mit dem alten Königspalaſt zuſammenhängenden Kirche - der Capella palatina
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kleine Marmorſäulen mit ebenſo vielen verſchiedenen Rapi tälen, welche ein vollſtändiges Ganzes von unvergleich licher Schönheit ausmachen , und obgleich fie nun ihres Moſaiküberzuges beinahe ganz beraubt ſind , für den un gemeinen Reidytum und die Kunſt- und Prachtliebe jener alten Stüßen des Chriſtentums zeugen. Ein anderer intereſſanter Ausflug, obwohl von einem ganz anderen Intereſſe, iſt der nach dem Piano dei Greci,
iſt wirklich überraſchend und ſtaunenerregend. Hier hängen
einer Hauptkolonie jener Albaneſen, welche nach der Er oberung Albaniens durch die Türken im Jahre 1466 nach
maſſive ſilberne Lampen, zwei bis drei Zentner ſchwer, von
Süditalien flohen und denen die Königin Johanna von
der mit Geſchichtsbildern und bibliſchen Szenen verzierten
Sicilien die freie Ausübung ihres Kultus eingeräumt hatte. Sie befolgen noch heute den griechiſchen Ritus, haben ſich aber der Oberherrlichkeit des Papſtes unterworfen, reden noch heute die albaneſiſche Sprache und leben von Acker bau und Schafzudyt, haben aber ihre frühere maleriſche Tracht abgelegt und tragen nun die ſchwarze phrygiſche Müße der ſizilianiſchen Bauern und den furzen dunkel blauen Rock. Die kleine Stadt mit ihren 7800 Einwohnern
Dede herab und werfen ein feierlich gedämpftes Licht auf die von goldener Moſaik blendenden Wände , denn das ganze Innere iſt mit dieſem Goldgrunde bedeckt, von dem die Bilder aus der heiligen Geſchichte ſich glänzend ab heben. Wenn dieſe Moſaiken von großem Maßſtabe find und aus der richtigen Entfernung betrachtet werden , ſo
machen ſie durch die Kraft und Schönheit ihrer Zeichnung einen wunderbaren Eindruck. Zeugnis dafür iſt der Kopf des Erlöſers in der Tribuna der leßterwähnten, prachtvollen
in ihrer Art einzigen Kirche. Der vielfache Wechſel der Raſſen und Nationen, die einſt in Sicilien herrſchten , hat auch ſeiner Bevölkerung den Stempel einer eigenartigen Mannigfaltigkeit aufges
drückt. Man ſieht hübſche mauriſche Geſichter, namentlich an Kindern und jungen Burſchen, Seite an Seite mit dem weicheren blauäugigen und blondhaarigen normänni ſchen Typus, während hie und da die gerade Naſe und die ſtrichförmigen Brauen der Griechen von der Starrheit zeugen, mit welcher jede Raſſe ſid, erhalten hat. Beſonders aber ſollte man geneigt ſein, an die beinahe unzerſtörbare Dauer des orientaliſchen Elements zu glauben. Uns fiel die Menge von gut gekleideten jungen Leuten auf, welche mit einer gelangweilten, trägen , kläglidh-müßigen
Miene in den Straßen und Kaffeehäuſern herumbummelten, bis wir von unſerem Freunde, dem Maler, erfuhren, daß
liegt in einer Meereshöhe von mehr als 2000 Fuß in
einer rings von nackten ſteilen Höhen umgebenen Thal ſenkung. Die Straße dorthin zieht an der Höhe La Cometa hinan und den Zugang zu ihr vermittelt eine lange ges wundene aber ſchön gebaute Straße , deren ſteigende Höhe Gelegenheit zu plößlichen und unerwarteten Stößen eines falten ſchneidenden Zugwindes gibt, welche für angegriffene Lungen um ſo qualvoller und unerträglicher ſind. Die Kälte war an dem Tage, wo wir dieſen Aus flug machten, ſo ſcharf, daß die überwiegende Zahl der
Teilnehmenden, lauter Damen , mit einem Strike drohten I
und den Kutſcher veranlaſſen wollten , nach der ſonnigen Ebene von Palermo zurückzukehren. Der Aufſtand wurde
jedoch durch den Chef de Voyage gedämpft und wir fuhren weiter, bis wir nach einer mühſamen vierſtündigen Fahrt in die rauhe ſteile Straße des kleinen Städtchens ein: bogen.
dies Studenten ſeien, und er uns daran erinnerte, daß Palermo eine Univerſität habe.
Offenbar erfreute ſich die Stadt keines zahlreichen Beſuches von Fremden und Ausländern , denn kaum waren wir in ein kleines Kaffeehaus getreten, um einige Erfriſch
Die morgenländiſche Prunkliebe gibt ſich noch heute
ungen einzunehmen, als uns eine Sdyar von vierzig bis
deutlich kund durch die Menge eleganter Equipagen , welche die faſhionable Promenade zwiſchen der Stadt und der Favorita beleben, dem bourboniſchen Königspalaſt am Fuße des Monte Pellegrino , der in der ziemlich unklaſſiſchen Form einer Pagode erbaut iſt. Man ſagt den Palermi tanern nach , ſie haben für ihren Ehrgeiz vier Ziele :
fünfzig Männern auf dem Fuße folgte, Thüren und Fenſter beſeßte, dann allmählich das Kaffeehaus erfüllte, ihre
1. eine eigene Equipage zu beſißen ; 2. eine Loge im Theater zu halten ; 3. zum Mittageſſen Salat und Macca
roni zu bekommen, und 4. dereinſt einen eigenen Friedhof von privatem Charakter zu haben.
Stellung in jedem möglichen Stand- und Ausſichtspunkte, auf Bänken und Tiſchen , an Hinterthüren und auf Hinter treppen nahm und uns mit ihren wilden, ſcharfen, ſchwarzen Augen muſterte. Da die Bewohner von Piano dei Greci
im Verdacht ſtehen, in der jüngſten Jahren ſich einigermaßen mit dem Räuberweſen befaßt zu haben, ſo war es unſeren Damen etwas unbehaglich, der Gegenſtand einer etwas beunruhigenden und unerſättlichen Neugier von ſeiten dieſer
Ein reizender Ausflug iſt eine Fahrt nach der benach :
Männer zu ſein, welche in den landesüblichen kurzen,
barten Stadt Monreale mit ihrem Dom und Kloſter, einem der reichſten Stifter in Sicilien. Der marmorene Kreuz
braunen Mänteln und den kapuzen -artigen dwarzen phry:
gang enthält über zweihundert ausgezeichnet kunſtreiche
Allein die Leute betrugen ſich außerdem anſtändig und es
giſchen Müßen keine ſehr vertrauenerwedende Figur machten .
Geographiſche Neuigkeiten .
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erfolgte keinerlei Unfall aus dieſer Begegnung. Vielmehr waren wir auf unſerem Rückweg nicht wenig überraſcht, ungefähr halbwegs in dem einſamſten Teil dieſer wilden Gebirgsſtraße auf ein Muttergottesbild zu ſtoßen , das aus Stein ausgehauen in einer in den Fels gehauenen Niſche ſtand und bei Nadyt von den bigotten Näubern von Piano dei Greci beleuchtet wurde. Wir geſtehen, daß wir etwa halbwegs auf unſerer Aus
fahrt eine gewiſſe Beklommenheit und ein Herzklopfen beim Anblick dieſer Wildausſehenden Geſtalten nicht unterdrüden konnten , diefer tropigen , finſteren Männer in langen
blauen Mänteln, mit ſpißen , federgeſchmückten Hüten auf dem Kopf und beinahe unfehlbar mit Piſtolen im Gürtel,
weldhe, auf Pferden oder Maultieren reitend, uns bald einzeln, bald zu zweien, bald ſogar zu dreien oder vieren begegneten und unſerer Vorſtellung vom eigentlichen Bri gantentum vollkommen zu entſprechen ſchienen . Der Anblic der gelegentlich vorkommenden ſehr paſſend ausſehenden Höhlen, die in dieſen Ralffelſen ziemlich häufig ſind, ſchien unſere Befürchtungen nicht zu beſchwichtigen, ſondern eher zu beſtärken, und beruhigend war nur der Anblick der in vielen kurzen Zwiſchenräumen längs der Straße aufge ſtellten Carabinieri, beſonders als dieſe von unſerer Anzahl Notiz zu nehmen ſchienen . Einige der Dörfer, welche wir auf dieſer Fahrt paſſier ten , gaben uns einen Einblick in das ſicilianiſde Land
leben . Es ſchien ein allgemeiner Waſchtag, ein heilſamer aber unangehmer Tag, zu ſein, und da nichts die Sitten und Bräuche und Hülfsquellen der Armen ſo deutlich ent
hüllt als eine Familienwäſdje (nämlich wenn ſie reich genug iſt, ſich dieſen Lurus zu gönnen), ſo intereſſierte es uns
ſehr, die friſche Wäſche zu betrachten , die von dürren Maisſtengeln (denn hier wird viel Mais gebaut) herab: hieng, welche man in freundnadybarlicher Weiſe über der engen nur 8-10 Fuß breiten Straße von Fenſter zu Fenſter gelegt hatte. Die ausgehängte Wäſche war im ganzen ſehr anerkennenswert, ausgenommen die große An zahl von grellroten und gelben wattierten Steppdecken , die an ſich ſelbſt zwar hübſch, aber ſo groß waren, daß ſie mutmaßen ließen , ſie dienten der ganzen Familie zur Geſamtdede.
An den Gaſſen der Dorfer fiel uns auch
auf, daß der einzige Verſuch der Pflaſterung die Abſpü lung des felſigen Bodens durch die Winterregen war.
In Betreff der Art der Beerdigung intereſſierten wir uns zunächſt bei einem Beſuch des Kapuziner -Kloſters für jene lange niedrige Gruft, worin die toten Möndie zu vielen Hunderten in ihre Kutten gekleidet und mit einem Strid um die Lenden ſtehend in einem halb präſervierten
völlig den Blicken preisgegeben waren .
Es war eine
bizarre Parodie auf Kleidung und Tod , wenn man die
Leichen junger Mädchen im Ballkoſtüm , in Seide und Tarlatan von den heiterſten Farben gekleidet , mit ver goldeten oder verſilberten Kränzen um die glatten Schädel, mit verblichenen künſtlichen Blumen und Flittern in den knöchernen Fingern, hier liegen und gewöhnlich eine bei
Lebzeiten abgenommene Photographie mit Angabe von Namen , Alter und Todestag an jedem Sarg angeheftet ſah. Es herrſcht hier der Brauch für die Freunde und Verwandten der Verſtorbenen , am Allerſeelentage dieſen Ort zu beſuchen und allfällig die Kleidung dieſer Stelette zu erneuern . Wir vernahmen jedoch mit Genugthung,
daß die Stadtbehörde alle weiteren derartigen Beiſeßungen als ebenſo unziemlich wie ungeſund verboten habe. (Eine Dame unſerer Reiſegeſellſchaft hatte am Tage nach unſerem
Beſuch einen Anfall von Diphtheritis, welcher auf dem : felben zurückgeführt wurde.) Durch dieſes Verbot wird nur die Kirdje geſchädigt, welche ſich das Privilegium, an
dieſem Ort beigeſett zu werden , mit ſchwerem Gelde be :
zahlen ließ, ſo daß dieſe Tauſende von hier beigeſeßten Leichen der Kirche ungeheure Summen eingetragen haben müſſen.
Weit anſprechender als dieſe Särge mit modiſchem Tand und ein förmlicher Kontraſt zu denſelben iſt die Schönheit und Ruhe des am Fuße des Monte Pellegrino
wunderſchön gelegenen neuen Friedhofes. Derſelbe liegt dicht am Strande, wo die Wogen des Mittelländiſchen Meeres mit leiſem Murmeln an die Felſen ſchlagen und die Toten mit dem Geſicht nach Diten zur Ruhe gebettet werden , als harrten ſie hier auf das erſte Morgengrauen des großen Auferſtehungstages.
Geographiſche Neuigkeiten. * Birma in Gegenwart und Zukunft. Dic
Annexion von Oberbirma an das Britiſche Indien , die ſich vor kurzem vollzogen, hat die Aufmerkſamkeit aller Gebil deten auf jenes herrliche Land am Irawaddy gelenkt, und jeder auf eigene Anſchauung beruhende Bericht über jenes Land und ſeine Zuſtände wird gewiß nur mit Intereſſe aufgenommen werden, ſelbſt wenn er einen einſeitigen Parteiſtandpunkt vertritt. Aus dieſem Grunde teilen wir
nachſtehend einige Notizen und Auszüge aus einem Vor trage mit, welchen der britiſche Ingenieur Holt Hallett, einer der Reiſegefährten Colquhoun's, in dem Londoner Verein für Kunſt über Birma gehalten hat , das er aus
Zuſtande aufbewahrt werden. Waren aber die uneinge ſargten Möndye ſchon ein unerquidlicher geiſterhafter
eigener Anſchauung kennt. Er ſagt : In dieſen Tagen,
Anblic , ſo waren es nod tauſendmal mehr die Reihen
und wo uns feindſelige Tarife nicht allein die europäiſchen Märkte, ſondern in geringerem Grade aud) amerikaniſche
von toten Stußern beider Geſchlechter von Palermo, die in verglaſten Särgen Reihe über Reihe beinahe bis zur
Decke aufgeſchidytet, in ihren heiteren unpaſſenden Kleidern
wo der ausländiſche Wettbewerb jeden Tag ſchärfer wird
und engliſche Kolonien verſchließen , wo unter den euros päiſchen Mächten ein Rennen nach friſchen Kolonien und
Geographiſche Neuigteiten .
437
neuen Märkten ſtattfindet, iſt es von Wichtigkeit, daß wir
würden, als die von Colquhoun und mir veranſchlagte
(Engländer) uns unſerer gegenwärtigen Gelegenheit für eine binnenländiſche Verkehrs-Verbindung und Handels allianz mit Indochina und China bedienen und uns neue
Summe, welche überdieß noch den großen Vorteil böte, daß ſie in einem Seehafen endigte anſtatt in einer Stadt,
welche 840 e. Min. weit landein an einem Fluſſe gelegen
Märkte von fünftiger Ergiebigkeit und Vortrefflichkeit
iſt. Außerdem würde die von uns projektierte Eiſenbahn
ſichern. Birma und die birmaniſchen Shan Staaten ſind durch ihre geographiſche Lage beſonders begünſtigt. Sie
das ganze zentrale Indochina erſchließen und durch eine
liegen unter dem Strich der Monſuhne und erfreuen ſich
weit fruchtbarere und volfreichere Region führen als die andere. Bhamo wird ohne Zweifel in kürzeſter Friſt über
zum größten Teile eines ergiebigen Regenfalls. Der Jra waddy iſt ein Strom, welcher jährlich ungefähr 420 Mill.
Mandaleh mit der britiſchen Rangun- und Tounghu-Eiſen bahn verbunden werden und ſich dann ſpäter an das
Der Fluß iſt ungefähr
indiſche Syſtem in die Brugarh anſchließen. Auf dieſe Art würde es der Abzug für ſämtliche Bäſſe ſein , welche aus dem Weſten der Shan-Staaten herunterkommen, und ſo einen der längſt von den Ingenieuren vorgeſchlagenen Pläne verwirklichen. Die Bewohner von Birma ſind infolge des herrlichen Klimas kräftig und geſund ausſehend , und erreichen die gewöhnliche menſchliche Lebensdauer ; beſonders gedeihen
metriſche Tonnen Waſſer ergießt.
900 e. Min. lang, wovon die leßten 200 britiſches Gebiet durchſtrömen . Südwärts bis Afuftung hinab iſt ſein Bett felſig, weiter abwärts aber ſandig und ſchlammig. Es bilden ſich fortwährend neue Sandbänke und die alten werden entfernt, woraus ſich für die Dampfſchiffe, die zwiſchen Rangun, Mandaleh und Bhamo fahren, die Not:
wendigkeit ergibt, einen Lotſendienſt auf dem Fluſſe zu unterhalten. In der Regenzeit laufen Dampfſchiffe und große Boote von Rangun aus durch den Pan-Hlaing
die Kinder ſehr in dieſem Lande.
Die Bevölkerungs
Statiſtik weiſt nach, daß die Sterblichkeit der Kinder unter
Creek in den Hauptſtrom ein, allein während der Trocken
fünf Jahren nur gleich 27 auf die Geſamtzahl 85 der
zeit müſſen ſie eine Strecke weit den Rangun-Fluß hinab
Todesfälle iſt, daß ſie dagegen in England 40 Prozent bes trägt. Ueber die charakteriſtiſchen Eigenſchaften und Eigen tümlichkeiten des Birmanen iſt nicht viel zu ſagen. Seine vielen Tugenden und ſeine nicht wenigen Fehler ſind ſo ziemlich hier dieſelben wie in jedem Teil ſeiner ausgedehnten
fahren und auf verſchiedenen Wegen weiterhin in den
Frawaddy einbiegen. Der Khyeng- Dwen iſt für die größten auf dem Gras
waddy fahrenden Boote ſchiffbar, für Dampfboote jeden falls nordwärts bis Rendak und höchſt wahrſcheinlich auch noch bis zu den Stromſchnellen, welche etwas oberhalb
der Einmündung des Uru - Fluſſes vorkommen. Im unteren Teile des Khyeng-Dwen-Thales und ebenſo in dem des Uru Thales, bei deſſen Quellen die Serpentinbrüche liegen, wächſt eine ziemlide Menge Getreide. Der Unterlauf des Fluſſes
Heimat. Er legt auch hier wie anderwärts viel krampf hafte Thatkraft und allgemeine Trägheit, viel Vorliebe für Feſte und Prunk, viel Mißachtung der Heiligkeit des menſchlichen Lebens und große Zärtlichkeit für das Leben
durchſtrömt ein breites, volfreiches und fruchtbares Gelände
untergeordneter Tiere, viel Anmaßung und Leichtſinn, wenn er in eine hohe Stellung verſeßt wird, und endlich, was nicht das unbedeutendſte iſt, viel allgemeine Wahrhaftigkeit und
und bietet einen beinahe fortlaufenden Horizont von Palmyra Hainen dar, was in Birma immer ein Zeichen von Bevölke:
- unter unverdorbenen, natürlichen Dorfbewohnern den ſehr unorientaliſchen Zug an den Tag, daß er ganz
rung und Kultur iſt. Aus dem Saft der Palmyra - Palmen
außerſtande iſt, eine ſcheinbare Unwahrheit zu ſagen ein Zug, welcher ebenſo ehrenvoll für ihn ſelbſt als ange
wird eine beträchtliche Menge Palmzucker bereitet , denn das echte Zuckerrohr dient in Birma vorwiegend zum Kauen, doch wird nach Oberſt Yule in der Gegend von Ava auch etwas Zucker aus Zuckerrohr bereitet.
nehm für diejenigen iſt, in deren Hand die Regierung
dieſes Landes liegt. Seine Beſchäftigung iſt Landbau in kleinem Maßſtab und Kleinhandel. Wirkliche Armut iſt
Bhamo, am Lauf des Frawaddy, iſt der Handels
beinahe unbekannt, aber Reichtümer werden auch niemals
plaß nach dem nordweſtlichen Yünnan und wird unter britiſcher Herrſchaft gewiß ein Plaß von großer Bedeutung werden, da es der Endpunkt der kürzeſten Karawanen
den indiſden Raſſen durch ſeine Vorliebe für Sport und
ſtraßen nach dem weſtlichen China iſt. Längere Zeit waren verſchiedene britiſche Beamte der Anſicht, man folle den Karawanenweg durch die Erbauung einer Fahrſtraße oder ſogar einer Eiſenbahn verbeſſern , aber ſpätere Ermitte lungen haben nachgewieſen, daß Bhamo, welches 430 Fuß
über dem Meere liegt, zwar in gerader Linie nur 250 e. Min. bon Talifu entfernt liegt, die zu erbauende Eiſen
bahn zur Verbindung dieſer beiden Punkte aber eine Länge von 600 Min. bekommen, die Koſten der Erbauung einer
folchen Eiſenbahn alſo mindeſtens viermal ſo groß ſein
angeſammelt. Der Birmane unterſcheidet ſich ſehr von Unterhaltung und ſeinen Hang zum Lächerlichen; er iſt in jeder Weiſe ein ſcharf gezeichneter Gegenſaß zum Hindu. Die birmaniſchen Frauen mengen ſich frei unter alle ge ſelligen Verſammlungen, verkehren auf vollkommen gleichen Fuß mit den Männern und bilden einen ſehr wichtigen Faktor in der Geſellſchaft. Das britiſche Birma iſt nac Mr. Hallett ein ſo herr liches Land, daß die Hälfte ſeiner Bodenfläche anbaufähig, aber nur ungefähr ein Siebentel von dieſer wirklich anges baut iſt. Nimmt man daher die gegenwärtige Bevölkerung desſelben zu vier Millionen an , ſo bietet es Raum für
438
Geographiſche Neuigleiten .
24 Millionen Einwohner, ohne die Provinz zu didt zu bevölkern. Das Land führt ſelbſt gegenwärtig idyon eine Million Tonnen Reis jährlich aus, nachdem es damit die
bezüglich der Erpedition Bunge - Toll erhalten hat, find datiert von Raſatſchié vom 12. Dezember, wo die beiden Reiſenden ſich ſchon ſeit dem 23. Auguſt befinden . Weil
Bevölkerung, den Viehſtand und die Elefanten ernährt
es damals noch zu früh war, um ein Winterquartier zu
hat. Es iſt alſo gewiß , daß , wenn alle die anbau fähigen, aber unangebauten Ländereien kultiviert werden würden, Birma als Kornſpeicher ohne Nebenbuhler da ſtände. Die Bevölkerung von Britiſch -Birma iſt von 2,747,141 Seelen 1872 auf 3,736,771 Seelen im Jahr 1883 geſtiegen und der Handel hat mit der Zunahme der
beziehen, ſo hat ſich Dr. Bunge mit den Vorbereitungen zu einer Erpedition nach der Inſel Kotelnoi befaßt, wo:
Bevölkerung und der Einkünfte gleichen Schritt gehalten, wie die nachſtehenden Zahlen zeigen werden : im Jahre 1874 betrug die Einfuhr 1,859,095 Litri., im Jahre 1883 3,772,887 litrl., die Ausfuhr 1872 3,480,407 Litrl. und
hin man ſich Mitte März in Hundeſchlitten zu begeben gedenkt. Die Rüdreiſe ſoll dann Mitte November ſtatt finden.
Die beiden Reiſenden haben ſich in Bulun an der
Lena getroffen, wohin Dr. Bunge ſich begeben hatte, um den regelrechten Verlauf der zu Jakutsk befohlenen Ab lieferung von Fiſchen zu überwachen. Herr v. Toll kam von ſeinem Ausflug an die Borkaja - Bucht am Eismeer und von ſeinen Jagden am redyten Ufer der Lena zurüd , von
wo er ſechs Bergziegen mitgebracht hat. Gegen Ende
1883 7,039,525 Lſtrl. Die relative Vermehrung der Ein fuhr iſt etwas größer als die Zunahme der Ausfuhr, allein
Oktobers find die beiden Reiſenden nach Kaſatſchié zurüd
bei der Handelsbilanz, die ſo ſehr zu Gunſten der Pro
gefehrt, wo ſie ſich mit der Abfaſſung ihrer Berichte und
vinz ausfällt, läßt ſich ihre Befähigung als Konſumentin britiſcher Manufakturwaren durch den dermaligen Wert der Einfuhr nur ſehr unvollkommen berechnen. Und wiederum thut der vergleichsweiſe kleinere Betrag jener Einfuhr in
ſchlagender Weiſe dar, daß Ober- Birma bisher als wirk ſame und unüberſteigliche Schranke zwiſchen dem Hafen Rangun und jenen unbegrenzten kommerziellen Forde: rungen des weſtlichen China und der Shan-Staaten ge
wirkt, deren Ermittelung und Befriedigung ſeither die Hoffnung der Regierung und der Kaufleute geweſen iſt. Der Reis beträgt 80 Prozent der geſamten Ausfuhr ; die
übrigen Ausfuhrartikel ſind : Teakholz, Baumwolle, Jade, Petroleum, Gewürze, Tabak, Häute, Elfenbein, Kautſchuk, Schellac , Katechu , Droguen 2c.; von dieſen bildet Teaf holz » und Baumwolle 2 1/2 Proz. der geſamten Ausfuhr. Ober-Birma iſt dünn bevölkert, namentlicy infolge der bisherigen ſtarken , geſeßwidrigen Auswanderung nach Britiſch-Birma. Was ihm vor allem not thut, iſt Volks : zahl, und dieſen Mangel kann die künftige Verbindung mit Indien und China leicht erſeßen ; die Präſidentſchaften Madras und Bengalen können dieſen Mangel an Menſchen fraft leicht erſeßen und die Bevölkerung wird ſich unter
nit der Verpackung ihrer Sammlungen beſchäftigt haben. In den erſten Tagen des Dezember hat Herr v . Toll noch einen Ausflug nad einem Punkte gemacht, welcher 270 Werſten jüdöſtlid von Uſtyansk, im Gebiete von Tichen don, gelegen iſt, wo ein Tunguſe vor einigen Jahren einen Mammutſchädel entdeckt hat, welcher teilweiſe noch mit Haut und Haar bedeckt war.
Die Reiſenden wollen vor
ihrer Abreiſe nach Neu -Sibirien noch einmal dieſen Punkt beſuchen, um zu ſehen , ob ſie nicht ein ganzes Skelett
entdecken können. Die Ergebniſſe der Erpedition müſſen als zufriedenſtellend betrachtet werden. Beinahe das ganze Gebiet der Yana und ihrer Zuflüſſe iſt im Verlauf des legten Sommers erforſdyt worden. * Die künſtliche Bewäſſerung der Daſe Merw. Ueber dieſen Gegenſtand hat der kürzlich von
einer Forſdungsreiſe in die transkaſpiſche Region zurück: gekehrte ruſſiſche Ingenieur Poklewski-Rojedl am 14. Februar zu St. Petersburg im Zirkel der Ingenieure der Verkehrs:
anſtalten einen Vortrag gehalten, deſſen Inhalt die Mög lichkeit der Schaffung einer anbaufähigen Zone der trans faſpiſchen Eiſenbahn entlang in Ausſicht ſtellt. Er begann
britiſchen Geſeßen und britiſcher Verwaltung bald unge
mit der Schilderung des Bewäſſerungsſyſtems, welches dermalen in mehreren Teilen der Daſe Merw exiſtiert,
mein wohl und ſicher fühlen und raſch heben.
und erläuterte, wie dieſes Syſtem auf die ganze Ausdeh
* Forſchungen in der Krim . Das laufende Jahr verſpricht eine beſonders reiche Ausbeute an wiſſen :
nung der Daſe, von Mert bis Murghab, angewendet
ſchaftlichen Forſchungen über die Halbinſel Krim zu liefern. Ein Herr Kuznetſow wird im bevorſtehenden Sommer eine Reiſe dorthin unternehmen, um die Sitten und Bräuche
ung eines Dammes vor, welcher nur 150,000 Rubel unter
und die wirtſchaftliche Lage der Muslimen in der Krim
zu ſtudieren ; und ein bedeutender Naturforſcher, Dr. Waſie lowski, beabſichtigt die Halbinſel auf ihre mineralogiſchen
werden könnte. Herr Poklewski-Kojell ſchlägt die Erbau-: der Bedingung koſten würde, daß man die Erdarbeiten den Eingeborenen anvertraue, welche ſich zur Uebernahme
derſelben erbötig zeigen. Dieſer verhältnismäßig unbes deutende Aufwand würde ſich raſch bezahlt machen durch
bau - Verſtändige die Obſtgärten der Krim einem eingehen
die Schaffung von 150,000 Debjatinen anbaufähigen Lan des, welches ſehr ſchöne Ernten an Baumwolle, Reis ac. zu liefern imſtande wäre. Wenn auch nur die Hälfte von
deren Studium unterziehen werden.
dieſen 150,000 Debjatinen dem Anbau von Baumwolle
Schäße zu unterſuchen, während mehrere tüdytige Garten
* Erpedition nach dem nördlichen Sibirien.
gewidmet würde, ſo könnte das den Anpflanzungen ge
Die neueſten Nachrichten , welche man in St. Petersburg
widmete Waſſer, zu 5 Rubel per Debiatine, eine jährliche
Kleinere Mitteilungen.
Einnahme von 8 Mill. Rubel liefern. Würde man mit
telſt dieſer Einnahmen die Bewäſſerungsarbeiten fortſeßen, ſo würde man dahin kommen, in 20 Jahren 640,000 Deß
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Bambushütten von beiläufig acht Fuß Höhe, welche mit Palmblättern gedeckt werden, und ſind häßlich und furcht ſam , aber harmlos. Sie tragen das Haar lang und loſe
jatinen eines gegenwärtig unproduktiven Geländes der
herabhängend , anſtatt es, wie die Malayen, aufzubinden ;
Kultur zu überweiſen. Das Waſſer des Murghab würde
ſie ſind kleiner als dieſe , gleichen ihnen aber in anderen
zur Speiſung dieſer Bewäſſerung hinreichen. Für den:
phyſiſchen Merkmalen . Sie gewöhnen ſich allmählich an
jenigen Teil der angebauten Zone, welcher der transkaſpi
den Verkehr mit den Europäern und jeder ihrer Gemeinden
dhen Eiſenbahn entlang liegt, iſt auf der Strecke von der
ſind einer oder mehrere Malayen von ſeiten der Regie rung beigegeben , um ſie vor Unrecht, Betrug oder Ver (Sc.) gewaltigung zu ſchüßen .
Michailowski-Bucht bis Duſchok der Bahnbau (don volens det und ſollte bis zum März 1886 fogar bis Meriv ſchon fertig ſein. Allein um die Baukoſten decken zu können, muß man der ganzen Bahn entlang anbaufähiges Land
ſchaffen . Nach der Verſicherung des Vortragenden können dieſe Ländereien mittelſt der zu grabenden artefiſchen
Brunnen und mittelſt der Anſammlung von Regen- oder unterirdiſchem Waſſer an gewiſſen Punkten vollkommen bewäſſert werden . Das etwa noch fehlende Waſſer fönnte durch den Tedichen-Fluß geliefert werden .
Man fönnte
auch jeden Teil der transfaſpiſden Eiſenbahn auf dieſe Weiſe mit Waſſer verſorgen, ſelbſt die zwiſchen dem Retídy und dem Amu- Darja, auf Ländereien, die dermalen noch
vollkommen dürr und ſandig ſind, gelegenen Stationen der genannten Bahn .
Kleinere Mitteilungen. Ueber die Ermordung der Borro'iden Expedition . Die Geſellſchaft für andelsgeographiſche Forſchung in Mailand hat am 2. Mai einen Brief des Grafen Porro erhalten, welcher aus Somada vom 1. April datiert war. Das Schreiben
beſagt, die Erpedition ſei am 26. März Morgens 9 Uhr von Zeilah aufgebrochen mit einer Geleitsmannſchaft von zehn ſuda neſiſchen und Somali-Soldaten , die mit Remington- und Snyder Gewehren bewaffnet waren . Am 29. waren ſie in Enza, dem
Berg Monda-ha gegenüber , wo die Kameeltreiber fich etwas un
* Die Erforſchung des Bogung - Berges in den Auſtraliſchen Alpen. Nach neueren Nachrichten aus Melbourne hat der bekannte deutſche Geolog und Na
turforſcher Dr. v. lendenfeld mit zwei anderen den
Mount Bogung, den höchſten Gipfel der Auſtraliſchen Alpen, in der Rolonie Victoria, 6508 Fuß hoch, erſtiegen und erforſcht. Der Aufſtieg geſchah vom Snowy Creek,
Mitta -Mitta, in drei Tagen und die Forſcher verweilten 24 Stunden auf dem Gipfel. Im Thale wurden Gletſcher ſpuren entdect, ferner verſchiedene geologiſche Beobachtungen
gemacht und die Ausſicht vom Berge und die Szenerie photographiert.
* Die Sakeis oder Sakis der Malayiſchen Halbinſel. Dem leßten Jahresberichte des britiſchen Reſidenten zu Selangore auf der Malaviſchen Halbinſel entnehmen wir einige Notizen über den merkwürdigen Stamm der ſogen. Sakeis, welcher dermalen nody ungefähr 800 Köpfe ſtart ſein ſoll. Sie teilen ſich in neun Sektionen, deren Häupt
geberdig zeigten , weil ſie von dein Kameeltreiber eines Türfen aus Harrar aufgehetzt worden waren , welcher in Zeilah gebeten hatte, ſich der Expedition anſchließen zu dürfen , angeblich aus Furcht vor einem Angriff der Iijas. Graf Porro meint aber, der Türke fönnte vielleicht ein Späher des Emirs von Harrar ſein. Am 1. April brach die Expedition von Somada auf und der Brief ſchließt mit den Worten : „ Morgen werde ich bis Arro weina, übermorgen bis Bigo-Kaboha reiſen , wo ich mich aufhalten werde ; von da gedenke ich in drei Etappen nach Gildezza zu gehen. Bis jetzt ſteht alles gut, obwohl wir inmitten der ſchlimmſten Völkerſchaften Afrika's reiſen .“ In einer Nachſchrift fügt der Graf hinzu : „Die Somalis wollen weiße Baumwollſtoffe zum niedrigſten Preiſe , die Weiber tragen Halsbänder von grober weißer, roter und blauer Glasware mit Stüden von falſchem
Bernſtein. Ich habe Muſter von allen dieſen Gegenſtänden .“ Man vermutet, daß die Niedermetzelung am 8. oder 10. April jenſeit Gildezza ſtattgefunden haben muß. Der „ Officiel" von Nom beſtätigt in ſeiner Nummer vom 10. Mai die Ermor
dung der Expedition Porro in Farrar und veröffentlicht die Ausſage,
gläubiſch, glauben an gute und ſchlimme Vorbedeutungen ,
die eines der dem Blutbade entgangenen Mitglieder der Erpedition vor dem italieniſchen Konſul gemacht haben ſoll und die im weſentlichen dahin geht : Die Erpedition war von Zeilah aus in Artub angekommen. Um ein Uhr Nachmittags (der Tag wird nicht genau angegeben ) ſah ſie fünfzehn berittene und ſämtlich mit Flinten bewaffnete Männer aus Harrar herankommen . Einer der Italiener ließ fich, den Ratſchlägen der übrigen Geleitsmannſchaft
betrachten gewiſſe Vögel für heilig und verlaſſen jede An
zum Trot, mit ihnen in eine Unterredung ein, und man tauſchte
Sie tätowieren fidy
von beiden Seiten beruhigende und befriedigende friedliche Worte aus. Die Harrar-Leute nahmen ſogar den Kaffee im italieniſchen Lager ein, wo ſie auch übernachteten . Am anderen Morgen mit Tagesanbrudh ſah die Erpedition eine große Menſchenmenge heraukommen, von welcher ſich ungefähr ſechshundert mit Flinten und Speeren bewaffnete Männer, teils zu Fuß , teils zu Pferde, abhoben . Dieſe Männer machten ſich ſogleich daran, die Italiener zu entwaffnen und ihre Hände zu binden , während die Menge der Geleitsmannſchaft zurief , dieſe ſollte keine Furcht haben , ſondern die Kameele beladen und die Reiſe fortſetzen. Die Expedition
linge Batins heißen, und leben hauptſächlich vom Sammeln
von Kautſchuk und anderen Erzeugniſſen der Didungel. Sie haben keine förmliche Religion , ſind aber ſehr aber
ſiebelung, wo einer von ihnen ſtirbt.
die Arme zur Verzierung, allein die Tätowierung hat nicht die Bedeutung eines Totem oder Stammeszeichens. Sie eſſen alles, was ihnen in den Weg kommt, fogar Schlangen
und Skorpionen. Sie erlegen kleineres Wild mit Bolzen,
die mit dem Safte des Upasbaumes vergiftet werden und die ſie aus einem Blasrohre abſchießen , größeres Wild mit Pfeilen und Bogen aus Bambus. Sie wohnen in
Litteratur.
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gehorchte und man ſchiďte ſich zur Abreiſe an . Eine halbe Stunde ſpäter feuerten die Leute aus Harrar , welche ſich untereinander verabredet hatten , eine Gewehrſalve auf die acht Italiener und den abeſſiniſdien Dolmetſcher, welcher die Eskorte begleitete, ab. Die Ueberfallenen ſtirzten alle tot zuſammen , worauf die Mörder
gliicflichen Ende zu führen verſtand. Er hatte jedoch dabei unge heure Schwierigkeiten zu iiberwinden, welche ihm insbeſondere die Flucht einer großen Anzahl von Geldwechslern und Trägern verurſachte.
Die Herren Serpa Pinto und Cardozo ſind bereits
in Europa angekommen .
die Leichen plünderten und unbeerdigt liegen ließen . Dann zogen ſie weiter nach Gildezza mit den drei abeſſiniſchen Dienern , welche ſie gebunden hatten , und mit den zehn Mann der Eskorte. Sie bemächtigten ſich alsdann der Beſayung von Gildezza, welche aus 19 indiſchen Soldaten und etwa 20 Somali und Arabern be
Litteratur.
ſtand, die die engliſchen Streitkräfte darſtellten , worauf der An führer der Leute aus Harrar das Gepäck der italieniſchen Erpes
* Das Geographiſche Inſtitut zu Weimar publiziert ſoeben
dition an den Emir von Harrar abſandte. Infolge eines Aufſtandes,
unter dem Titel : „ Die polen in Deutſchland" ein karto
welcher bald darauf in Gildezza ausbrach , weil der Anführer der Harrarer ſich des Häuptlings des Stammes der Iſja bemächtigen wollte, befreiten die Anhänger des letzteren die Leute der Esforte und die der Beſayung, von welchen fünf Zeilah erreichen und von da nach Aden gelangen konnten .
graphiſches Tableau (Preis 1 Mark), das eine Zuſammenſtellung von Ueberſichtskarten der wichtigſten geographiſch -ſtatiſtiſchen Ver hältniſſe Nordoſt- Deutſchlands bildet und als ein lehrreiches Orien
Portugieſiſche Forſdungs-Unternehmungen in Afrika. Die Portugieſen bethätigen neuerdings einen großen Eifer in der Erforſdung von Inner-Afrika. Die Liſſaboner Geographiſche Geſellſchaft beſchäftigt ſich dermalen mit dem Plan einer neuen
Forſchungsreiſe quer durd) Afrika. Dieſer Plan ging aus der Initiative eines der Mitglieder der Geſellſchaft, des Herrn Carlos de Mello, hervor und wurde von der afrikaniſchen Kommiſſion des Vereins gebilligt , und es wurde von dem permanenten Se fretär der Geſellſchaft, Herrn Luciano Cordeiro, ein vortrefflicher Bericht über dieſen Plan erſtattet, welcher nun gedruckt und in der Generalverſammlung des Vereins diskutiert werden ſoll. Ferner ſind mit dem letzten Badetboot aus Angola neuere Nachrichten über die portugieſiſche Erpedition nach dem Muata - Jamwo in Liſſabon eingetroffen, welche bis zum 11. Januar reichen . Die Erpedition war damals in der Station Andrade Corvo, unter dem 7.0 17 '
ſ. Br. und dem 20.0 43' ö. L. , in einer Höhe von 690 m. am Ufer des Tricapa, gelagert. Sie ſollte ihren Marſch nach Lunda fortſetzen , war aber nicht ſicher, ob ſie die Schwierigkeiten iiber : winde, welche ſich ihr infolge des Todes des Muata - Jamwo ent
gegenſtellen würden . Die Prätendenten um den Thron des ver ſtorbenen Königs ſtellten ſich nämlich mit wandelbaren Chancen
des Erfolges dar, denn die verſchiedenen Stämme hatten für den einen oder den anderen Bartei ergriffen. Derjenige Nachfolger welcher das beſte Anrecht an die Thronfolge hat , befand ſich bei
der portugieſiſchen Expedition. Wenn es ihm gelang, ſich Ge horſam zu verſchaffen , ſo konnte die Erpedition einen großen Erfolg erzielen und den portugieſiſchen Einfluß in dieſem Teil
tierungshilfsmittel über jene Fragen bezeichnet werden darf, die bei dem Vorgehen Bismards in den öſtlichen Provinzen Preußers in erſter Linie in Betracht kommen . Das Sprachgebiet der Polen und jenes der Deutſchen gelangen auf dem erſten Kärtchen zur Darſtellung , während ein anderes die Verteilung der chriſtlichen Konfeſſionen in den Grenzprovinzen veranſchaulicht ; ein drittes ſtellt die Verteilung jener Reichstagswahlkreiſe dar, welche Abge ordnete der polniſchen Partei wählten , und zwar für die Reichs tage von 1871 , 1878, 1881 und 1884.
Endlich iſt noch eine
hiſtoriſche Ueberſichtskarte des ehemaligen polniſchen Reiches bei gefiigt, welche deſſen größte Ausdehnung (bis 1660 ), ſowie die ver
ſchiedenen Teilungen darſtellt. Bei dem nunmehr ſo rege gewor denen Intereſſe fiir die vier oſtdeutſchen Provinzen dürfte dieſes Tableau, das durch die anſchauliche NebeneinanderſteŰung dieſer Kärtchen die verſchiedenſten Vergleiche geſtattet, weiteſten Freijen der Zeitungsleſer gelegen kommen . * Geinit , Dr. F. E.: Die medienburgiſchen Höhen rüden (Geſchiebeſtreifen) und ihre Beziehungen zur Eiszeit. Mit zwei Ueberſichtskärtchen und zwei Profilen. Stuttgart, Joh. Engelhorn, 1886 . Die vorliegende Schrift des rühmlichſt be kannten Roſtoder Mineralogen und Geologen bildet die 5. Liefe rung des verdienſtlichen Sammelwerks „ Forſchungen zur deutſchen Landes- und Volkskunde “, welches im Auftrage der Zentral kommiſſion fiir wiſſenſdaftliche Landeskunde in Deutſchland er ſcheint. Sie behandelt jenen eigentiimlichen Zug im Charakter
der niederdeutſchen Diluvial Landſchaft, der dem Geognoſten lange Zeit ein Rätſel war, bis man in dieſen Ablagerungen oder Ge
ſchiebeſtreifen die Ueberreſte vorweltlicher Endmoränen erkannte, welche in vorliegender Schrift aufzuzählen und nachzuweiſen und nach ihrer Entſtehung wiſſenſchaftlich zu erklären verſucht werden . r.
von Afrika auf bemerkenswerte Weiſe befeſtigen. Man hat jedoch ernſte Gründe zu der Befiirchtung, das Reich des Muata Jamwo könnte ſich nicht wiederherſtellen laſſen , ſondern nach erbittertem
Kampf in kleine Staaten zerfallen, welche auf einen ſtärkeren oder
geſchickteren Eroberer warten werden , um ſich wieder zur alten Einheit zuſammenzuſchließen .
Nach neueren Berichten iſt die
portugieſiſche Expedition , welche Major Serpa Pinto behufs der Erforſchung des Nyaſſa -Sees organiſiert hat , jüngſt nach der Küſte zuriidgekehrt. Die Ergebniſſe dieſer Erpedition ſind allem Anſchein nach von hoher Wichtigkeit. Dieſelbe war unter der
Leitung des Herrn Serpa Pinto nach dem Nyaſſa abgegangen, aber als dieſer Herr vou einer Krankheit befallen wurde , welche ihn an dem Weitermarſche hinderte, wurde die Erpedition unter die Leitung des Flottenoffiziers Cardozo geſtellt, welcher ſie zu einem
* Soeben erſchien : Rio de Janeiro, par Emile Allain ; 1 vol . in -8, Paris, L. Frinzine et Comp., ein wertvoller Beis trag zur neueren Litteratur über Braſilien. Der Verfaſſer iſt durch langen Aufenthalt in Rio de Janeiro, durch ſeine perſönliche Stellung 2c. imſtande geweſen, das braſiliſche Volf und die Haupt ſtadt genau zu ſtudieren und kennen zu lernen, und hat ſich bes müht, in ſeinen Schilderungen objektiv, für einen Franzoſen una parteiiſch und wahrheitsliebend zu ſein. Allein in dankbarer An erkennung der beeiferten Vorliebe der heutigen braſiliſchen Generation für die Franzoſen behandelt er doch die Braſilier nach ihren Sitten, ihrer Geſchichte, ihrer Bildungsſtufe, Verwaltung, Politit und ihren öffentlichen Zuſtänden etwas zu mild und ihre politiſche r. Zukunft zu ſanguiniſch.
Druď und Berlag der 3. 6. Cotta'lchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Iluslaud. Wodenſdrift fiir Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
3. G. Gotta ſhen Buchhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang. Stuttgart, 6. Juni.
Nr. 23.
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Cuartal M. 7. Zu beziehen durd, alle Vudhhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. – Manuſcripte und Recenſions- remplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/ II, zu ſenden. Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Ueber die Geſezmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See-Phänomens und deren wahr ſcheinliche Urſache. Ein Beitrag zur Morphologie der Alpenſeen. Von Dr. Alois Geiſtbec. S. 441 . 2. Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden . (Schluß.) S. 444. 3. Notizen über den Rieſen - Encalyptus Auſtraliens. Aus dem Franzöſiſchen von 2. Rösler. (Mit 6 Abbildungen .) (Schluß.) S. 447. 4. Briefe aus Neu- Mexico. Von Adolf Bandelier. 1. S. 451 . 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 456. – 6. Kleinere Mitteilungen : S. 459. San Antonio. Eine neue Inſekten -Wanderung. Die chineſiſche Triad- Geſellſchaft. in der Vorzeit ," 1882, hervor, und nun hat auch Profeſſor
Ueber die Geſekmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See-Phänomens und deren wahrſcheinlide Urſade. Ein Beitrag zur Morphologie der Alpenſeen . Von Dr. Alois Geiſtbeđ .
A. Heim , eine der erſten Autoritäten in der Renntnis des alpinen See -Phänomens, in ſeiner unvergleichlichen ,,Gletſcherfunde" , 1884, ſein maßgebendes Urteil hierüber hören laſſen. Wer aber in dieſen beiden bedeutſamen Werfen einen ernſtlichen Fortſdyritt zu einer einheitlichen
Würdigung des See-Phänomens hoffte, ſah ſich gründlich
Bildung in den Vordergrund der wiſſenſchaftlichen geographi
enttäuſcht; hier ſtehen die alten Gegenfäße noch unver mittelt einander gegenüber, und vergeblich ſucht man in dem Wirrſal der Meinungen nach einem feſten Punkte zur Löſung des Problems. Aus dieſen Umſtänden ergibt ſich
ſchen Diskuſſion gerückt haben, iſt unſer Wiſſen von den
von ſelbſt, daß eine endgültige Entſcheidung zu Gunſten
beiden Phänomenen ſowohl durch eine Fülle geographiſcher und geologiſcher Beobadhtungen , als auch durch zuſammen
der einen oder anderen Hypotheſe ſo lange zurüdgehalten werden muß, beziehungsweiſe unmöglich ſein wird, als
Seit der berühmte Baſeler Biologe L. Rütimeyer
und der glänzende Vertreter der dynamiſchen Geologie, A. Heim in Zürich, das Problem der Thal- und See:
faſſende fritiſdie Arbeiten erheblich gefördert worden. Ge
nicht durch weitere neue Thatſachen die beregte Frage
nügt dody don der Hinweis auf die Namen Supan , Tieße , Credner , Partid , Bend und löwl , um ganz bedeutſame Fortſdritte in der angedeuteten For:
weſentlich gefördert wird. Zunädyſt mag es nun wohl geſtattet ſein, die Frage aufzuwerfen , ob das Gebiet, auf dem der Streit über die
ſchungsrichtung in unſere Erinnerung zu bringen. Während nun Dank dieſen Beſtrebungen die Anſchauungen in Bezug
allein ſchon ganz ausſchließlich maßgebend und zureichend
auf die Bildungsweiſe der Thäler mehr und mehr einer
ſei, ob nicht hier bei aller Kenntnis des Details doch nocy
einheitlichen Auffaſſung ſich zuneigen , nicht zum wenig ſten aus dem Grunde, weil die Diskuſſion hier ausſchließ lich von Fall zu Fall geführt wird und hypothetiſche Lehrmeinungen erſichtlich in den Hintergrund treten, be finden ſich die Theorien über die Entſtehung der großen
eine Doppeldeutung möglich und damit eine endliche Ver föhnung der Widerſtreitenden Meinungen überhaupt auß
alpinen Seebecken noch in den ſchärfſten Gegenfäßen zu
einander. Wir heben hier Dr. A. Pend's vorzügliches Werk über „ Die Vergletſcherung der Deutſchen Alpen Ausland, 1886 Nr. 23.
Geneſis der Seen bisher ausgefochten worden iſt, für ſich
geſchloſſen ſei. Es iſt vielleicht denkbar, dem intereſſanten
Phänomene noch eine Seite abzugewinnen, die bisher unter: chäßt und nebenſächlich behandelt, oft gar nicht beachtet wurde und vielfach don deshalb aus der allgemeinen Erörterung verwieſen war, weil entweder das notwendige Beobachtungsmaterial hierzu ganz fehlte oder doch unzu 67
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Ueber die Geſetzmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See-Phänomens .
verläſſig und unzureidend war. Bis heute ſind die Ver handlungen über die Bildung der Alpenſeen faſt aus:
u. 1. w. in Umlauf gefeßten Zahlen nur mehr als ein ſinn lojes Durcheinander von Unmöglichkeiten und Verkehrt
ſchließlich auf dem Boden geologiſcher Forſchung geführt
heiten , wobei die Verwechslung der einheimiſchen und
worden, und faſt möchte man glauben , daß auf dieſem Gebiete eine Art Erſchöpfung im Auffinden neuer, maß gebender Momente eingetreten ſei ; die Geologie aber iſt bis jeßt nicht zu einer einheitlichen Würdigung des See Phänomens gelangt. In Anbetracht deſſen er deint der Verſuch einladend,
den in Rede ſtehenden Gegenſtand mehr auf das geo graphiſde Gebiet hinüber zu ziehen und das Ver: halten der Seen von dieſem Geſichtspunkte aus zu prüfen, felbſtverſtändlich den geologiſchen Faktor hierbei ſtets im Auge behaltend. Es iſt ja unbeſtreitbar, daß die Betrach: tung des See - Phänomens auch eine geographiſche Seite hat, daß fid in dieſer Beziehung bei genauer Unter:
fremden Maße, Einſeßung der Höhenmaße ſtatt der Tiefen zahl, ungenau arbeitende Meßapparate u. dgl. die Haupt: rolle ſpielen. Wie ſehr dadurch alle Thatſachen verſchoben und weitergehende Schlußfolgerungen einfach unmöglich werden, erhellt z. B. aus den Aufzeichnungen eines ſonſt vortrefflichen und weitverbreiteten Lehrbuchs der Geographie, nach welchem nicht die größeren Thalſeen des Hochgebirgee, .
Königs- und Walchenſee, wie man bislang glaubte, fons
dern Würm- und Kochelſee mit 246 m . bezw. 252 m . die größte Tiefe befißen. Aus dieſem Grunde war es geboten, einmal eine ganze
ſuchung eine gewiſſe Gefeßmäßigkeit im Verhalten ſeiner
Seen-Zone mit möglichſter Genauigkeit und Zuverläſſigkeit nach ihrer geſamten geographiſchen Erſcheinungsform zu unterſuchen , über jeden See ein möglidyſt dichtes Neß von
räumlichen Dimenſionen, ſeiner Verbreitung und Vertei lung, ſodann im ganzen Beckenbau und in der Boden
Tage" klar liege, und dann den Verſuch einer Morphos
Konfiguration, in der Formung der Kontouren, der Inſel
logie der Alpenſeen zu wagen . In mehrjährigen, zumeiſt
bildung u. ſ. w . offenbart; daß ferner die morphologiſchen Verhältniſſe eines geographiſchen Objektes der Ausdruck
auf die Ferienzeiten beſchränkten Studien habe ich all gemach über 1700 Tiefenpunkte firiert, die im großen
Meßpunkten zu legen, damit deſſen Beckenbau „wie am
der bei ſeiner Entwickelung wirkenden Kräfte ſind, und
Ganzen als hinreichend ſich erwieſen, um ein topographis
daß endlich von den hierbei gewonnenen Reſultaten ein ſcharfes Licht auf die zunächſt in Betracht zu ziehenden
ides Gemälde von der Beden -Konſtruktion unſerer ſüd bayeriſchen und nordtiroliſchen Seen zu entwerfen, deſſen
Hypotheſen fallen muß, von denen nur jene Anſpruch auf
Naturtreue ſelbſt die Poſitionsblätter des topographiſchen Bureau's im Maßſtabe von 1 : 25,000 überbietet.1 Neue,
dauernde Geltung wird erheben können, die auch die geo graphiſchen Elemente des See- Phänomens vollauf befrie digend zu erklären weiß. Bis zur Stunde freilich iſt die außerordentliche Fülle des nach der angedeuteten Richtung verwertbaren Materials faum in die wiſſen daftlicheDiskuſſion eingeführt worden ; es fehlte eben das Beobachtungsmaterial für ganze Seen Zonen nahezu vollſtändig. Profeſſor Dr. Simony in Wien hat ſeine auf Grund ſorgfältigſter Studien entwor
fortgeſetzte kontrolierende Unterſuchungen werden einzelne Unrichtigkeiten des Details zu berichtigen haben, in ſeinen
Hauptzügen aber iſt nunmehr das Bild von der Geſtal tung unſerer heimiſchen Seebecken für immer feſtgeſtellt. So wünſchenswert, ja unentbehrlid) ein derartiges Sammelmaterial aud ſein mag, es kann dasſelbe für ſich als empiriſtiſche Stoffmaſſe nur ſehr untergeordnetes Inter eſſe beanſpruchen ; denn die Menge der Namen und Zahlen ,
fenen Tiefenſchichtenkarten der Salzkammergut-Seen noch nidht veröffentlicht, und in der Schweiz, wo die Profeſſoren
der Areale und Tiefen, der Höhenlage und Zuflußverhält :
Heim und Forel bahnweiſend vorgingen, furſieren ſelbſt
beſchreibenden Geographen zu beſchäftigen , ſie wird aber als ſolche keine wiſſenſchaftliche Wertſchäßung fordern dürfen. Anders freilich geſtaltet ſich der Wert dieſes Ma terials, wenn wir durch eine vergleichende Betrach.
über recht umfängliche Beden noch gegenwärtig ſehr wenig zuverläſſige Angaben. Kommt es doch vor, klagt Supan, daß die Tiefenzahlen für den Brienzer See zwiſchen 650 m. (Sauſſure) und 160 m. ſchwanker. Um dann bezüglich
der bayeriſchen Seen zu einigermaßen verläſſigen Quellen zu gelangen, muß man auf das Jahr 1806 zurüdgehen, wo Adrian v. Riedel , der hocverdiente bayeriſche Militärgeograph, einige Tiefenſondierungen zur Gewinnung
der Marimalabſenkung der Seen vornahm , die allerdings nicht entfernt hinreichen, um überhaupt ein Bild über die Bedenverhältniſſe dieſer Gewäſſer zu gewinnen. Wenn nun ſchon Riedels limnimetriſche Angaben teilweiſe ganz bedenklich von der Wahrheit abweichen – er gibt z. B. dem Chiemſee eine Tiefe von 147 m . und überſchäßt ihn alſo faſt um das Doppelte - ſo er deinen die ſpäter in
Zeitſchriften, Reiſehandbüdyern, geographiſchen Compendien
niſſe u . a. m. vermag an ſich wohl den Topographen und
tung der einzelnen geographiſchen Elemente eine beſtimmte Geſekmäßigkeit und Naturnotwendigkeit zu erkennen vermögen ; wenn die verſchiedenen Entwidlungs ſtadien , in denen die Erſcheinungen uns entgegentreten , Rüddlüſſe auf die ſie bedingenden Kräfte geſtatten ; wenn
zur Löſung eines Problems die Beweiskraft geographiſcher Thatſachen nicht fehlen darf. Dies iſt offenbar beim 1 Das geſamte Kartenmaterial iſt niedergelegt in dem Werke : „ Dr. A. Geiſtbed , Die Seen der deutſchen Alpen .“ Eine Mono
graphie. Mit 128 Figuren, geographiſchen und geologiſchen Pro filen , Tiefenſchichtenkarten und Diagrammen .
dem Verein für Erdkunde zu Leipzig. Humblot, 1885.
Herausgegeben von
Leipzig . Dunđer und
Ueber die Geſetzmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See -Phänomens.
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Studium des See- Phänomens, das nach der Seite der Geo graphie wie der Geologie gleich innige Beziehungen hat, der Fall, und wir wollen nun verſuchen, einige dieſer uns maßgebend erſcheinenden Momente eingehender zu würdigen.
mit ſeinen 580 Q.-Km. mehr als zweimal die Areale jämtlicher bayeriſchen Seen zuſammengenommen und mehr als ein- und einhalbmal die Flächen aller bayeriſchen und öſterreichiſchen Seen miteinander! Umgekehrt, wie klein
Nadi welden Richtungen offenbart fidh eine beſtimmte Ge
gegenüber einem Boden See mit 540 Q.-Km.! Die Summen aller mehr als einen Quadrat -Kilometer großen Seeflächen in den drei Zonen der Nordalpen aber zeigen folgendes Verhältnis :
erſcheint ſelbſt das ,, Bayeriſche Meer" mit 82.149 Q.-Km. ſetzmäßigkeit in den geographiſchen Erſcheinungsformen des nordalpineu Sce-Bhänomens ? Ohne den Vorwurf auf uns laden zu wollen, genetiſche
Verhältniſſe aus bloßem Kartenſtudium zu entziffern, können
wir doch bei unſeren Ausführungen des kartographiſchen
Schweiz : 1845 Q.-Km.
Südbayern und Nordtirol :
263 Q -Km
:
Salzkaminergut. 115 Q.-Km.
Läßt doch ſchon ein flüchtiger
16.04
:
2.28
:
1
Blick auf eine Alpenkarte uns klar die bedeutungsvolle
7.01
:
1
:
0.43
Materials nicht entraten .
Thatſache erkennen, daß die drei Seen -Zonen am Nordſaume der Alpen hinſichtlid, ihrer horizontalen Ausbreitung und der Häufigkeit der ſtehenden Gewäſſer recht
jene mehrerwähnte Thatſade einer graduellen Abnahme
verſchiedenartige Beanlagung bekunden. Nad beiden Ridi
in der Entwidlung der räumlichen Dimenſionen des See
tungen hin erſcheint das ſchweizeriſche Land in ganz her
Phänomens von Weſten nach Dſten handgreiflich aus.
vorragender Weiſe von der Natur begünſtigt, denn ſeine vielgerühmte Seen-Landſchaft umſpannt ein Areal von
Den Marimaltiefen der ſchweizeriſchen Seen, einem Genfer See init 334 m., dem Boden-See mit 276 m ., dem Urner See mit 205 m ., ſtehen die der bayeriſchen Gewäſſer, der
1,270,000 Hkt. , hinter dem das ſüdbayeriſdie Gebiet mit 647,300 Akt, faſt um die Hälfte zurückbleibt, während die Zone des Salzkammergutes mit 291,300 Hkt, faum die Hälfte des weſtlichen Nachbargebietes erreicht. Und in dieſem weiten Rahmen beherbergt die Schweiz eine ſolche
Fülle von Seen in den mannigfaltigſten landſchaftlichen Formen, daß kein anderes Stück unſerer Alpen damit ſich
Endlich ſpridit ſich auch noch in den Tiefen- und namentlid in den Volumenverhältniſſen der Seen
Waldhen -See mit 196 m ., der Königs-See mit 188 m.
und der Würm -See mit 114 m ., entſchieden nach, und hinter dieſen bleiben wieder die Seen des Dſtrandes, der
191 m. tiefe Gmundener-See, der 171 m . tiefe Atter-See und der Hallſtätter See mit 125 m., wenn auch nicht er heblid), fo doch thatſächlich zurück.
zu vergleichen wagen darf. Jedes größere Flufthal birgt
Ungleich ſchärfer und bedeutſamer ſind aber die Kon
nicht bloß einen See, ſondern meiſt eine ganze Reihe
traſte der See - Volumen in den einzelnen Zonen der Nordalpen . Nehmen wir als mittlere Tiefe der großen
räumlich hervorragend entwickelter Gewäſſer — dem Aar Thale fügen ſich der Brienzer- und Thuner-See, dem Linth Limmat- Thal der Wallen- und Züricher-See ein, am Dſt abhange des Jura erglänzen der Neuenburger- und Bieler
dyweizeriſchen Rand-Seen 40 % der Marimaltiefe an, eine Größe, die ſich bei einer Vergleichung der bayeriſden Seen ergeben hat, und die mit dem wirkliden Mittel nicht
See, der Vierwaldſtätter-See repräſentiert geradezu eine
erheblich differieren dürfte, ſo berechnet ſich für den Genfer
Kombination mehrerer Becken , zu ſchweigen ganz von den
See, den größten aller Alpenſeen , bei 580 Q.-Km. Fläche und 133 m . mittlerer Tiefe ein kubiſcher Inhalt von 77,140 Mill. Kubikmeter, ein ungeheurer Raum, von deſſen
zahllojen kleineren Seen, die in minder wichtige Flußadern
eingeſchaltet ſind
und in der Hochſchweiz liegen die
„ glänzenden Bergaugen “ an günſtig disponierten Stellen
Ausdehnung wir uns nur durch Vergleidung mit leichter
oft neſterartig beiſammen , im Gotthard-Stode und am Monte Roja beiſpielsiveiſe fehlen ſie faſt in keinem Thal
faßbaren Größen eine annähernde Vorſtellung zu machen
vermögen. Sollte etwa die Stadt München aus einem
hintergrunde. Im ganzen zählen wir in der Schweiz nicht
ähnlich großen Reſervoir ihren täglichen Waſſerbedarf von
weniger als 14 Seen mit mehr als 10 Q.-Km. Flächen inhalt, wogegen Südbayern deren nur 4 ( Chiem-, Würm-, Ammer- und Waldhen -See), das Salzkammergut deren
37.5 Mill. Liter beziehen , ſo reichte eine Waſſermenge gleich der des Genfer-Sees nicht weniger als 5635 Jahre
gar nur 3 (Atter-, Gmundener- und Wolfgang-See) beſißt. Nirgends treffen wir die Seen in einer ſolch großen An zahl wieder. Die Seenhäufigkeit vermindert fid im Alpen gebiete augenſcheinlich ſucceſſive in der Richtung von Weſten nach Dſten .
Noc idärfere Gegenfäße offenbaren fich, wenn wir die Flächenentwidlung der Seen nach den einzelnen
hierzu aus, und der Nhone, welcher dem See bei Genf pro
Sekunde durchſchnittlich rund 300 Kubikmeter entführt, müßte nahezu 10 Jahre ununterbrochen fließen, um ihn zu entleeren.
Der Boden -See dann, obwohl nur um
40 Q.-Km. kleiner, bleibt infolge ſeiner geringeren mitt leren Tiefe von 110 m, ſchon beträchtlich hinter dem ,,Meere von Wallis" zurück; er hat 59,400 Millionen Kubikmeter . Gegenüber ſolchen Größen müſſen felbſt die
Zonen einer vergleichenden Betradhtung unterſtellen. Wie
1 v. Gajſer hat die mittlere Tiefe dieſes Sees zu 320
gewaltig tritt hier das Uebergewicht der Schweiz hervor !
wiirttembergiſchen Fuß, à 0,2865 m . = 91.680 m ., berechnet, in des teinerlei Angaben iiber die Methode ſeiner Berechnung gemacht.
Uebertrifft doch der Rieſenſpiegel des Genfer-Sees allein
Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden.
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umfänglichſten Gewäſſer Südbayerns beſcheiden zurücktreten ,
lande untereinander verbindet, von denen aus, bei ſchnellſten
denn der Chiem-See, das „Bayeriſche Meer", iſt mit ſeinen 2296 Mil . Kubikmeter nahezu 34 -mal, der Würm-See, das räumlidy größte See-Becken Bayerns, mit 3266 Mill.
Beförderungsmitteln, in gleicher Zeit die Küſte zu erreichen iſt. Selbſtverſtändlich verändern ſid, die Iſodronen. Dieſe Veränderungen geben hödyſt lehrreiches Material an die
Kubikmeter aber 23-mal kleiner als der Genfer-See.
Hand. Freilid ſagen uns die Sjochronen noch nichts
(Schluß folgt.)
über die dod ſehr wichtige Erreichbarkeit der Küſten vom
Meere aus. Es ſind eben viele Momente , welche berüd ſichtigt werden wollen, wenn man den Kulturwert einer
Der ſedfte Deutſche Grographeutag in Dresden. (Sdluß.)
In der Zeitſchrift für wiſſenſchaftliche Geographie ( V,
1885, S. 249 ff., 339 ff.) veröffentlichte Profeſſor Dr. Hahn !
(Königsberg) einen Aufſat : „ Bemerkungen über einige Aufgaben der Verkehrsgeographie und Staatenkunde", mit welchem er den Verſuch macht, zehn europäiſche Küſten formen als typiſche aufzuſtellen. Dieſen ſeinen Gedanken führte Prof. Dr. Hahn jekt vor dem Geographentag näher aus, indem er ſich in einem längeren Vortrag über die Ein teilung der Küſten in verkehrsgeographiſchem Sinne ver breitete. Nod bis vor wenigen Jahrzehnten pflegte man in den Küſten nur Umrißlinien der Kontinente , verſehen
mit einer größeren oder geringeren Anzahl guter Häfen, zu ſehen , eine Betrachtungsweiſe , welche jeßt infolge praf tiſcher nautiſcher Bedürfniſſe einerſeits, andererſeits durch
die neueren Methoden der Geologie beſeitigt worden iſt. Zwei Fragen ſind es, welche bezüglich der Küſten heute den Forſcher beſchäftigen : Auf welche Weiſe und durch
welche Kräfte ſind die gegenwärtigen Umriſſe der Küſten entſtanden ? wie ſind dieſe noch jeßt wirkſam ? und zweitens, wie wirken die phyſikaliſchen Verhältniſſe der Küſten auf die Intereſſen des Verkehrs, der Beſiedelung 2c. günſtig oder hemmend ein ? Viel zu wenig iſt bisher das reiche Material der Segelanweiſungen benußt worden ; auch hat
Küſte feſtſtellen will. Von dieſen aber das wichtigſte iſt und bleibt die phyſikaliſche Geſtaltung der Küſte, welche in erſter Linie dem Studium zu unterwerfen iſt. Aus der Kenntnis der phyſikaliſchen Geſtaltung erwächſt die
Möglichkeit, eine Prognoſe der Küſte aufzuſtellen, einen theoretiſden Wert jeder Küſte zu finden, der dann, ver glichen mit der hiſtoriſchen Verwertung derſelben, wie ſie
die hier als Hülfswiſſenſchaft der Erdkunde auftretende Geſchichte der Völker uns giebt, zu intereſſanten Unter ſuchungen Veranlaſſung bietet. Der Vortragende ſtellte nun eine Reihe von Typen für die Küſtengeſtaltung auf : den normanniſden mit ſeinen darakteriſtiſchen Verwerfungs ſpalten, welche als Häfen benutzt werden, den ſamländi den mit hohem Steilufer, den Mediterrantypus, wie er zwiſchen Nizza und Genua auftritt -- Felsküſte mit (wegen ihres parallelen Gebirges) ſchwieriger Verbindung nady
dem Binnenlande – den norwegiſchen und ſchwediſchen, den cimbriſchen Typus unſerer ſchleswig-holſteiniſchen Oſt lange Förde, welche den Verkehr zu Lande hin= den frieſiſchen , den Hafftypus u. ſ. w . Jede von dieſen Formen bietet dem Menſchen gewiſſe Bedingungen ,
küſte
dern
die örtlidy und zeitlich in verſchiedener Weiſe ausgenußt
man beim Studium der Küſten ſich leider häufig nur
worden ſind. · Vergeſſen darf freilich nicht werden, daß aud) an nidyt verkehrsgünſtigen Küſten , wie Frankreich und Deutſchland ſie ſtellenweiſe hat, Häfen entſtehen, wenn ſie notwendig ſind, daß auch an den begünſtigtſten Küſten Häfen fehlen, wenn der Anwohner, wie der Kelte in Scott
Karten kleinen Maßſtabes bedient. Es bedarf aber der
land, nicht zum Seefahrer taugt. Redner ſchloß, indem
minutiöſeſten Detailarbeit, und muß deshalb angelegent
er als Zweck ſeines Vortrages noch einmal hervorhob,
lichſt empfohlen werden, auch Beobachtungsſtationen an
zeigen zu wollen, daß noch viel auf dieſem Gebiete zu
den Küſten zu errichten, um die fortlaufenden Verände:
arbeiten iſt, und darauf aufmerkſam zu machen , daß Detail unterſuchungen der Küſten dringend notwendig ſind. Am Vormittag des dritten Verhandlungstages redete
rungen der Waſſer-Landlinie auf das eingehendſte zu kon trolieren . Was den Kulturwert der Küſten anlangt, ſo hat
ſchon Günther auf dem zweiten Geographentage ( Halle) hervorgehoben, daß die bisherigen Gliederungsbezeichnungen wertlos ſind. Sie ſind es vor allen Dingen deshalb, weil wir durch ſie nichts über die Beſchaffenheit der Küſten erfahren. Verwertbarer ſchon iſt der Vorſchag, Entfer
nungszonen in die Karten zu zeichnen , nur vernadyläſſigt man dabei die Zugänglichkeit. Dieſe mit in Betracht zu ziehen, verſucht die Methode der Iſochronen, Linien die entſtehen , wenn man alle diejenigen Punkte im Binnen Wir werden nun demnächſt aus den vorhandenen Materialien eine
nene Tiefenſchichtenkarte des Boden -Sees konſtruieren und dann die bislang üblichen limuimetriſchen Angaben über dieſes Beden einer kritiſchen Prüfung unterwerfen.
.
zuerſt Dr. P. Lehmann ( Berlin) über Kants Bedeutung für die Geographie. Die Verdienſte des großen Königs
bergers um die Erdkunde ſind erſt ſpät richtig gewürdigt worden ; ſelbſt Humboldt erkannte ſie nicht in ihrem wahren Werte, und erſt Helmholß wies auf dieſe, wenn auch neben
ſächliche, ſo doch wirkungsvolle Thätigkeit des umfaſſen den Geiſtes unſeres Philoſophen hin. Dem Vorgange Helmholt' ſind andere, Zöllner vor allen, in ſeinem mert würdigen Buche „ Ueber die Natur der Kometen “ , gefolgt. Zweierlei iſt es , das ſich der richtigen Würdigung Kant's oft entgegengeſtellt hat. Einmal iſt Rant, ſo ſehr er im Anfange in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ) den Forſchern vorausgeeilt war , in den
Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden .
ſpäteren Jahren entſchieden hinter dem augenblicklichen Stande der Naturwiſſenſchaften zurückgeblieben. Sodann
aber iſt es zu bedauern, daß wir an wirklich Originalem über Erdkunde aus ſeiner Feder wenig oder nichts beſißen. Von beiden Herausgebern ſeiner phyſikaliſchen Geographie iſt die elendeſte Büchermacherei getrieben worden.
Beide
Ausgaben unterzog der Vortragende nad Art ihrer Ent ſtehung und bezüglich ihres Verhältniffes zu anderen Schriften Kants einer eingehenden kritiſchen Beſprechung. Willman Rant als Lehrer der Erdkunde ſtudieren, ſo muß man auf das Jahr 1757 zurückgehen, in welchem er der Fakultät einen gedructen Vorleſungsplan unter breitete. Vorher hatte er ſechs Abhandlungen über Themata der phyſikaliſchen Geographie geſdrieben, die ebenſo inter eſſant ſind, wie ſie leider wenig geleſen werden . Unter dieſen
befindet ſich die berühmte „ Allgemeine Naturgeſchichte des Himmels " ( 1755), eine Rosmogenie, auf deren Erſcheinen
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Dieſem Vortrage folgte eine Darlegung des Profeſſors Dr. Egli ( Zürich) über die Entwickelung der Drtsnamen
kunde. Redner, welcher durch ſeine „ Nomina geographica“ und neuerdings durch ſeine „ Geſchichte der geographiſchen Namenskunde" (Leipzig 1886 ) – in leşterer finden wir den intereſſanten Verſuch einer toponomaſtiſchen Karte – berechtigte Anerkennung gefunden hat, ſchilderte hier die Zeit der Verſuche auf dem Gebiete der Namenkunde ( 1600
bis 1840), welche nach ſeinen eingehenden und äußerſt ſorgfältigen Unterſudjungen 270 Schriften über geographi
ſche Namen geboren hat (nahe an 1000 ſind ſeitdem hinzu gekommen ). Zunächſt tauchen Beſtrebungen toponomaſti ſcher Art in England und in Frankreich auf, Deutſchland
folgt erſt ſpät, und für unſer Vaterland brachte Leibniz etwas wirklich Neues, als er ausſprach , daß jeder Orts: namen einen Sinn habe, der oft durch die Sprache, wie ſie jeßt iſt, zu erklären, oft freilich nur aus der alten
Kant idon Jahrs vorher in der Bearbeitung einer Preis:
Namensform zu ergründen ſei. Später nod) als in Deutſch:
aufgabe der Berliner Akademie aufmerkſam gemacht hatte, einige Erdbebenſtudien und die höchſt geiſtreiche geo
land gewann man in den ſlawiſdien Ländern Geſchmack
graphiſche Unterſuchung der Frage : „ Ob die Erde vers altet ?" Kant faßt hier die Erde als einen Drganismus auf , welcher geboren ward, jung iſt, alt wird und ſtirbt, und
ſtellt an die Spiße ſeiner Betrachtungen den durch Beob
an Namensforſchungen. Der Vortragende verfolgte die Entwickelung in den einzelnen Ländern bis ins Detail, und wir verweiſen diejenigen , welche ſich eingehender mit
den Reſultaten ſeiner Forſchungen bekannt machen wollen, auf fein von uns zitiertes Werk. Dr. Petri (Bern) hielt den dritten Vortrag in dieſer Vormittagsſitung. Er ſprach über die Erſchließung Si biriens und machte auf das in dieſem weiten Gebiete nody faſt unbebaut vorliegende geographiſche Arbeitsfeld nachdrüdlich aufmerkſam . In wirtſchaftlicher Beziehung
adhtungen aus dem Pflanzen- und Tierreiche unterſtüßten Grundſaß, daß dieſelben Urſachen , welche ein Ding zur Vollkommenheit bringen und darin erhalten, es auch dem Untergange wieder nahe bringen. ,, Heute", ſo etwa faßte der Vortragende fein Urteil über dieſe Schrift zuſammen, ,wo wir Süß' „ Antliß der Erde" vor uns haben, lieſt ſich dieſe Abhandlung ganz anders als früher ; mich ſollte es gar nicht wundern, wenn jemand käme und ſagte, Rant
ſeits erſt dort eine Selbſtverwaltung mit Geſchwornen Geridten u. 1. w. eingeführt und habe man die Depor
ſei ein Vorläufer Süß'."
tation beſeitigt, ſo habe Sibirien eine glänzende Zukunft
Was das Kolleg Kant's anbelangt, ſo ſtehen uns, wie geſagt, leider nur Nachſchriften , reſp. Umarbeitungen, ſeines Heftes, nicht das Original der Hefte ſelbſt, zu Ge
werde das Land verkannt und unterſchäßt. Sei ruſſiſcher
vor ſich.
Die leßte Sißung des ſechſten Deutſchen Geographen tages am Nachmittage des Freitags war wiederum der
bote. So viel aber läßt ſich ohne weiteres erſehen, daß
Schulgeographie gewidmet. Dberlehrer Dr. Schneider aus
der beſte Abſchnitt im Kant'ſchen Kolleg die Dzeanographie iſt, auch die Atmoſphärologie hat vieles Gute. So erklärt
Dresden – ſeiner Ausſtellung einer geographiſchen Schul ſammlung werden wir noch unten gedenken – trug über
Stant bei der Theorie der Winde den Seewind ganz richtig
die ſchärfere Begrenzung geographiſcher Begriffe vor. Die
(läßt ſich aber durch ſeine Vorſtellung von einer merk
Klage des Redners , daß die auf dem erſten Geographen tage ausgeſprochene Erwartung, es werde der Geographic im Lehrplane der höheren Unterrichtsanſtalten die ihr gebührende Stellung zugewieſen werden, ſo arg getäuſdit worden ſei, unterſchreiben wir gern. An den preußiſchen
würdigen Federkraft der Luft zu einer falſchen Erklärung des Landwindes verleiten ). Der zweite Teil ſeines Kollegs,
in weldiem er die Tier- und Pflanzengeographie abhandelt, sering. Daß der größte deutſche Philoſoph vierzig Jahre lang ſeine geographiſchen Vorleſungen nicht ausſekte,
und nun auch an den ſächſiſchen Gymnaſien und Real gymnaſien ſchließt der geographiſche Unterricht in der That
ſpricht deutlich dafür, daß er ſeine Behauptung , es ſei nichts fähiger, den menſchlichen Geiſt zu bilden, als gerade
mit Obertertia ab. Daß in den oberen Klaſſen wöchentlich eine Repetitionsſtunde abfällt, iſt um ſo weniger nußbringend,
die Geographie, noch bis in das ſpäteſte Lebensalter vers
als dieſe eine Stunde durchaus dem hiſtoriſcheu Unterridt attachiert iſt, welcher in der Regel doch von geographiſchen
trat. Die Wiſſenſchaft der Erdkunde iſt ſeitdem zu einem vollwichtigen Lehrfache der deutſchen Hodyſchulen geworden ;
Laien erteilt wird. Aus dieſem Grunde muß die kurz
der aber zuerſt dieſe Diſziplin an einer Univerſität vor:
zugemeſſene Zeit bis zur Unterſekunda ſo rationell wie
trug, war Immanuel Kant.
möglich ausgenußt werden. Es iſt eine knappe Lehrweiſe
Ausland 1886 , Nr. 23 .
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Der ſechſte Deutſche Geographentag in Dresden.
erforderlich geworden , welche nun aber gebieteriſch eine ſchärfere Begrenzung der geographiſchen Begriffe erheijdt.
Die geographiſchen Lehrbücher ſtimmen in der Termino logie, wie Redner an einigen Beiſpielen zeigte, keineswegs unter einander überein , und wir müſſen uns allerdings
ſeinem Wunſche einer möglichſt genauen Klaſſifizierung, welche übrigens jeßt von vielen Seiten angeſtrebt wird,
geführt. Die Trebner'ſche geologiſche Spezialkarte, welche ſchon der Ausſtellung des zweiten Geographentages in Halle zur ganz beſonderen Zierde gereichte, war ſelbſt verſtändlich ebenfalls vertreten. Das Kgl. Bergamt und die Bergakademie zu Freiberg hatten eine große Reihe von Bergwerkskarten ausgeſtellt. Gruppe C enthielt die geographiſche Schulſammlung
völlig anſchließen . Profeſſor Drude, welcher ſich in der
Dr. D. Schneider's. In der That , „was raſtloſer Eifer
Diskuſſion , die dieſem Vortrage folgte, dahin ausſprady
und ſtete Aufmerkſamkeit eines Fachlehrers vermögen
daß in der Bezeichnungsweiſe und Namengebung für die Erſcheinungsformen der doch mannigfaltigen Natur volle Freiheit walten müſſe, iſt zu entgegnen, daß dieſer Forde rung wohl der akademiſche, aber nidit der gymnaſiale
ſolange dieſer nicht, durch ſeinem Arbeitsgebiete fern
Unterricht genügen kann und darf. Den leßten Gegenſtand der Tagesordnung bildete der Bericht des Vorſigenden über die Thätigkeit der Zentral kommiſſion für wiſſenſchaftliche Landeskunde von Deutſd: land. Unter dem Titel „ Mitteilungen der Zentral kommiſſion u. ſ. w ." gedenkt die Kommiſſion von jeßt ab
liegende Lehrfächer abgezogen, geiſtig überbürdet und er: müdet iſt" - das dürfte dieſe Abteilung gezeigt haben.
Bildliche Veranſdaulichungsmittel (Hölzel's Charakterbilder, Lehmann's Ethnographiſche Bilder, Müller's Ethnologiſcher Bilder-Atlas), zahlreiche Photographien , eine große An zahl von Rohprodukten und Warenproben, Geſteine und Mineralien, Raſſenbüſten bildeten eine Schulſammlung, wie ſie leider eben bis jeßt nur einmal vorhanden iſt. Gruppe E umfaßte die topographiſch- geologiſche Auf
auch außer den regelmäßig auf den deutſchen Geographen
nahme Japans von Dr. Edm. Naumann. In Gruppe F
tagen zu erſtattenden Jahresberichten je nad Bedürfnis von Zeit zu Zeit allerlei Thatſächliches über den Fort gang ihrer eigenen Unternehmungen wie der auf ihre
waren die wichtigſten Erſcheinungen der neueſten geo : graphiſchen Litteratur ausgeſtellt, in Gruppe G die Kolonial
Anregung geſchehenden Publikationen den Intereſſenten
meteorologiſdie Inſtitut in Chemnitz eine höchſt inſtruktive
bekannt zu geben. Die Nummer 1 (ausgegeben am 15. Februar 1886) lag dem ſechſten Deutſchen Geographens tage vor. Von den „ Forſdjungen zur deutſchen Landes und Volkskunde", welche im Auftrage der Kommiſſion von
Reihe von Originalleiſtungen vorgeführt.
litteratur, und in Gruppe H hatte das Kgl. ſächſiſche
Eine ſehr wertvolle und einzig in ihrer Art daſtehende
Sammlung waren die Stübel'ſchen Bilder aus Ecuador (Gruppe 1 ).
Unter Berückſichtigung aller geographiſch
und geologiſch wichtigen Einzelheiten hat Dr. A. Stübel
Profeſſor Dr. Lehmann (Münſter) herausgegeben werden, ſind bisher ſechs Hefte (zuleßt : die Medlenburgiſchen Höhen rücken und ihre Beziehungen zur Eiszeit von Prof. Dr. E. Geiniß) erſchienen, 24 weitere Hefte ſind in Vorbereitung.
auf einer großen wiſſenſchaftlichen Reiſe, welche ihn 1869 bis 1877 mit W. Reiß zuſammen durch die Vulkangebirge
Die Kommiſſion wendet ſich an alle Freunde der landeskund lichen Sache mit der dringenden Bitte , dahin wirken zu wollen, daß außer den großen wiſſenſchaftlichen Biblios
falt in der Farbe gehalten, geben aber, wenn man davon
theken auch die bei der heimiſchen Landes- und Volks: kunde intereſſierten Vereine, ſowie die Lehrerbibliotheken der höheren Lehranſtalten , möglichſt auf die Sammlung abonnieren.
Es erübrigt, noch einiges Wenige über die mit dem Geographentage verbundene Ausſtellung zu ſagen.
Durch die bereitwillige Beihülfe der Staats- und ſtädtiſchen Behörden war es dem Ausſchuſſe ermöglicht, in den Gruppen A und B eine Anzahl ſonſt ſchwer zu gänglicher Kartenwerke aufzuſtellen , welche ſich ſpeziell auf
Sachſen, reſp. Dresden, bezogen. Wir heben von dieſen als beſonders intereſſant hervor : Sebaſt. Münſter: Meißen und Döringen 1549, Matth. Deder : Erſte Landesvermeſſung von Sadiſen 1586—1607 in Driginalentwürfen, Balth. Zimmermann: Neue Geogr. Land-Cartha u. ſ. w., in Del: farben auf Leinwand gemalt 1632, die herrlichen 29 Original aufnahmen Lehmanns 1793, und die neueſten Arbeiten des topographiſchen Bureau's des Kgl. Generalſtabes, von der Firma Giejede und Devrient auf das vorzüglichſte aus
des äquatorialen Amerika’s führte, Landſchaftsporträts in Del ausführen laſſen . Im ganzen ſind dieſelben etwas
abſieht, die Natur überraſchend wahr , jedenfalls unge ſchminkt wieder , was leider nicht von allen Bildern, die wir aus fremden Erdteilen beſißen, behauptet werden kann.
Reiſeffizzen von Profeſſor Goering und anderen madh ten den Schluß der Ausſtellung, für deren Zuſtandekommen dem Dresdener Ausſchuſſe ſicher aufrichtiger Dant gebührt. Wir wollen nicht unerwähnt laſſen , daß die Firma
Gehe und Comp. (Dresden) ſich dadurch in dankenswerter Weiſe an der Ausſtellung beteiligte , daß fie ihre Speicher und eine in denſelben aufgeſtellte Separat-Ausſtellung von Droguen den Teilnehmern des Geographentages zur
Beſichtigung öffnete. Der nächſte ſiebente Deutſche Geographentag ver ſammelt ſich Dſtern kommenden Jahres zu Karlsruhe.
Wir wünſchen und hoffen , daß er in gleicher Weiſe wie die bisherigen Geographentage ſich der regen Beteiligung aller Freunde der Erdkunde erfreue. R. Ströje.
Notizen iber den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens.
Notizen über den Rieſen-Eucalyptus Auftralicus. Aus dem Franzöſiſchen von L. Rösler. (Soluß .)
Was wird das Schidſal aller unſerer großen Handels :
pläße ſein, über welche ſich ſo viele leider Fuſionen machen, indem ſie an der heimiſchen Scholle klebend die ausländi ſchen Verhältniſſe noch zu wenig kennen ? Sie ſind es auch, welche jeden Augenblick zur Empörung bereit ſind, ohne
daß die gegenſeitigen Beziehungen zwiſchen Patron und
447
in Bezug auf Metalle, Getreide und Feldfrüchte aller Art,
felbſt des Weines und insbeſondere auch der Viehzucht wird bewundern können . Um indeſſen wieder auf Auſtralien zurückzukommen , müſſen wir einer guten, von der Regie rung in Neu-Süd-Wales getroffenen Maßregel gedenken,
welche ganz ähnlich derjenigen iſt, die von den Vereinigten Staaten ergriffen wurde, das Yoſemite-Thal und den Volfspark von Yellowſtone abzuſondern und zu reſervieren. Man hat in Auſtralien einen der intereſſanteſten Teile der Kolonie reſerviert, um einen Nationalpark daraus zu
Arbeitern nur einen Schritt zu ihrer Löſung gethan hätten. Nicht überall lebt man in ſo vielen Aufregungen, nicht überall hat man ſo großes Bedürfnis nach Genuß und Wohlhaben, wie bei uns. Durch ein Lottoſpiel in Lyon ,
gefähr 900 Hektaren haben, mit einer Front, welche ſich ſieben Meilen längs des Stillen Dzeans hinzieht. Es iſt wohl unnötig, zu erwähnen, daß dort ganze Palmenwälder
durch Bälle in Paris heilt man ebenſo wenig wie durdy
wachſen werden, baumartig wachſende Farnkräuter, Euca
eine Parlamentsverhandlung die gegenwärtigen Mißſtände. Sie werden immer ſchlimmer, und ich wage faum , meinen
lypten und alle Arten einheimiſche Gewächſe. Zwei Ströme
Gedanken darüber Ausdruck zu geben. ' Als Beweis der großen Veränderung, die in den Beziehungen der Völker ſtattfindet, dienen die Vereinigten Staaten, für welche Europa ein ſo großer Abſaßweg ihrer Produkte war, daß ſie im Jahre 1886 in London eine große, faſt ausſchließ lich amerikaniſche Ausſtellung veranſtalten werden, wo man die erſtaunlichſte Entwicklung ihrer Gewerbe und Hülfsquellen, ſowie der Produktionsfähigkeit ihres Bodens Man erlaube mir, hier einige Bemerkungen, die zwar mit dem Gegenſtande dieſes Artikels nichts zu thun haben, aber doch nicht am unrechten Platze ſind, wenn man die Anlagen und Fähigkeiten der heute an der Spige der Ziviliſation ſtehenden Völferſchaften
ſtudiert, wenn man ihre Fortſchritte zu erklären und ihre Zukunft vorauszuſehen ſucht. Schon lange Zeit ſteht man auf dem Kriegs fuß mit unſerer klaſſiſchen Erziehung, deren geringſter Fehler einer
der iſt, daß ſie uns auf den Handel, die Landwirtſchaft und die Induſtrie nur geringſchäţig herabſehen läßt, und wir einem ſolchen
Beruf den ſogenannten freien Stand vorziehen. Was iſt nun das Wahre an den Ideen, mit welchen unſere Jugend ganz er 'füllt iſt ? Wohin führt uns die gegenwärtige Erziehungsweiſe
angeſichts der allenthalben raſch vorſchreitenden Entwickelungsweiſe auf dem Gebiet der Wiſſenſchaft und Induſtrie ? Bis zu welchem
Grade dürfen wir über dem Kultus des Schönen den Kultus des Nütlichen vernachläſſigen ? Oder iſt die angloſächſiſche Raſſe dazu
ſchaffen.
Dieſer Park wird eine Ausdehnung von uns
durchſchneiden dieſen Park - der Bola Treef und der Port Hading River – und eine im Bau begriffene Bahn wird ihn von allen Seiten erreichbar und leichter zugäng
lich machen. Ja man hofft, ihn zu einem der ausgedehn teſten und maleriſchſten Parke der Welt zu geſtalten.
Jedermann hat von den Sequoia gigantea ſprechen hören, von den Rieſenbäumen Californiens, und id habe eine
Beſchreibung des Yoſemite-Thales publiziert, wo ſid; dieſe wunderbaren Gewächſe der neuen Welt vorfinden. Weniger Kampf ums Daſein wirklich dienen könnte ? Es entwickelt und
befördert die Intelligenz und den Scharfſinn, wird man mir ſagen, aber wußten die Griechen vielleicht Latein ? Und die Amerikaner, die mit ſolchen Rieſenſchritten voranſchreiten ? Und unſere ſo intelli genten Frauen, wiſſen ſie vielleicht Griechiſch ? Ja, die Bildung iſt in der That eine ganz verfehlte. Man lehrt uns, daß der Patriotismus darin beſteht, alles was fremd iſt, zu haſſen ! Was iſt denn heutzutage ein Patriot ? Es iſt ein Menſch , der eine Stelle ſucht. Der Patriotismus beſteht utzutage darin ,. daß man die Augen ſchließt, um nicht zu ſehen, was ſich außerhalb unſerer Grenzen zuträgt , oder ,I wenn man will, in dem Umſturz alles Beſtehenden , um ſich ſelbſt an deſſen Stelle zu ſeßen. Man hält uns als Beiſpiel die Römer, dieſe Preußen des Altertums, vor, uns, die wir von der Arbeit, dem Frieden und der Freiheit leben müſſen , drei Dingen , die die Römer nicht kannten. Die Arbeit wurde ja dort durch Sllaven verrichtet,1 der öffentliche 1
berufen, die lateiniſche zu dominieren ? Bei vielen Leuten heißt
Unterricht durch Freigelaſſene erteilt , und der Hauptzweck der
unterrichtet ſein alles das wiſſen, was Epikur und Ariſtoteles
Erziehung war der Krieg. In was äußerte ſich denn das erſte Auftreten der Römer ? Ihre erſten Großthaten waren die, ihren Nachbarn die Frauen zu ſtehlen. Von was haben ſie gelebt ?
geſagt, das heißt von Grund auf die griechiſche und lateiniſche Ziviliſation kennen , da dieſe der Vorläufer der unſerigen war. Sei es ! Aber man nennt die toten Sprachen gelehrte Sprachen ; man muß ſie nur verſtehen .
Lernt man etwa durch das Latein
Religion, Chemie, Mechanit, Phyſiologie, Naturgeſchichte, Aſtro nomie, Hygiene, mit einem Wort das was jetzt iſt, und nicht !
das, was war ? Ueber alle dieſe Gegenſtände hatten die Römer die
unrichtigſten Anſchauungen . Eine Sprache 311 ſtudieren , heißt ſo viel, wie ein Werkzeug oder einen Schlüſſel ſtudieren, der uns eine neue Welt öffnen ſoll.
1
Von dem Krieg. Was iſt ihre Geſchichte ? Die Geſchichte der Unterjochung und der Plünderung der Welt zu ihrem Nutzen. „ Par cere subjectis et debellare superbos,“ das iſt ihre Deviſe. „ Und ich danke dem Himmel, daß ich kein Römer bin, da mit mir doch noch etwas menſchliches bleibt“, ſagt Curiatins. und Curiatius hatte Recht. Und das iſt das Volk , welches man unſeren Kindern zum Vorbild aufſtellt! Nachdem Rom die Welt |
Was macht man , wenn man fünf
ausgeſogen hatte und ſeinen Bürgern nicht mehr Brot und Spiele
oder ſechs Jugendjahre mit dem Erlernen der gelehrten Sprachen zugebracht hat ? Man vergißt ſie; höchſtens dienen ſie dazu, die Abſtammung einiger wiſſenſchaftlicher Namen zu erklären . Wäre
bieten konnte, brach das große Reich zuſammen , weil von An fang an ihnen der Stein der Weiſen fehlte. Ihnen waren die
es wohl auch ſo, wenn man während dieſer ſelben Zeit ein Hand
Ehren und Reichtum , iiberhaupt alle Schäte, mit Hilfe des großen Geheimmittels der Arbeit " finden kann.
werk oder eine Geſchidlichkeit erlernt hätte, die uns in dem großen
Geheimniſſe der Pandorabüchſe unbekannt, in der man Geſundheit,
Notizen über den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens.
448 Figur 1 und 2.
kennt man die Rieſen -Eucalypten Auſtraliens, die dieſelben Dimenſion en wie die Sequoia haben.
Der Freundlichkeit des Herrn Baron Ferdinand v. Müller, Direktors des botaniſchen Gartens in Melbourne, verdanke ich einige Abbildungen, (Fig. 1, 2, 3, 4) von Herrn J. Cair hergeſtellt, welche die Stämme von derjenigen Spielart des Eucalyptus darſtellen, die die größten Dimenſio
nen erreicht zu haben ſcheint, nämlich der Amyg balina.
Dieſe Anſichten ſind bei den Quellen des
Jarra-Jarra-Stromes im Nordweſten von Port Philipp genommen . Die Photographien , in
dieſem ſehr kleinen Format ausgeführt, geben nur eine unvollkommene Idee von dem üppigen Pflanzenwuchs dieſes Landes, und in Europa
habe ich mir keine Anſichten von dem ganzen Baume verſchaffen können . Für diejenigen aber, die unſere Anpflanzungen in Südfrankreid und Algier noch nicht beſucht haben, gebe ich hier (Fig. 5) die Abbildung eines Eucalyptus , der ſchon einen gewiſſen Grad der Entwicklung er: reicht hat, der Amygdalina vera, einer Spiel art, die im Jahre 1870 von dem Fürſten P. Troubeßkoy auf ſeinem Gute Intra am Lago di Maggiore eingeführt und gepflanzt worden iſt. Das Blatt dieſer Spielart iſt oben bei der Abbildung (S. 450) zu ſehen. Der Baum hat bis heute eine Höhe von 25 m . er: reicht und hat 2.10 m . im Umfang, bei 1 m.
Höhe vom Boden an gemeſſen . Der E. amygdalina erreicht rieſenhafte Di menſionen , und was ſehr wichtig iſt, er wächſt
gerade wie ein Pfeil. Sein Holz iſt ſehr dicht und er erträgt 9 bis 10 Kältegrade, was ihn ſehr wertvoll für die am Mittelmeer gelegenen
Gegenden macht. Er übertrifft auch alle an: deren Spielarten durch ſeinen reichen Gehalt von ätheriſchem Del, welches, wie man glaubt, viel zur Sanierung ſumpfiger Gegenden bei trägt.
Von Herrn A. Marchais, dem geſchickten Obergärtner der Villa Thuret in Antibes, ſind Verſuche gemacht worden über den Ertrag an
ätheriſchem Del aus. 100 Kilogramm friſcher Eucalyptus-Blätter bei circa 20 Spielarten. Die am wenigſten enthaltenden waren der Ros ſtrata, der Dccidentalis und der Callophylla, welche alle nur 125 Gramm enthielten. Die gehaltreichſten waren der Globulus, der Li terorylon und der Leucorylon , welche einen Ertrag von 1 bis 1.25 Kgr. liefern. Der E. amygdalina dagegen liefert 1.360
TERNICESC Kilogramm. Um das verſchiedenartige Aus:
Notizen über den Rieſen - Eucalyptus Auſtraliens.
449
fehen der mannigfaltigen Spielarten des Euca lyptus zu zeigen, führe ich in Fig. 6 (S. 451 ) die bei uns bekannteſte und in Algier am meiſten angepflanzte Spielart des Eucalyptus , den Eucalyptus globulus, vor. Dieſe Abbildung
iſt auf der reichen , an der von Cannes nach Antibes führenden Landſtraße liegenden Be fißung des Herrn Dognin auf photographi ſchem Wege hergeſtellt worden. Der Baum, welcher 1867 gepflanzt wurde, hat 30 m. Höhe
FEE
und 1.25 m. im Durchmeſſer.
Man hat über den Eucalyptus unzählige Notizen und Auffäße geſchrieben. Die erſte
wichtige Beſchreibung über dieſen Gegenſtand iſt die „ Flora Australiensis“, eine im Jahre 1866 von 6. Bentham und F. Müller ver öffentlichte Arbeit. Man findet daſelbſt ſchon die Beſchreibung von 135 damals bekannten Spielarten. Später hat der Baron F. v. Müller, der ſeit einer großen Reihe von Jahren Ma terial geſammelt hat, im Jahre 1879 die erſte
Lieferung ſeiner „ Eucalyptographie“ veröffent licht, von weldher die zehnte ganz kürzlich er
ſchienen iſt. In dieſem ausgezeichneten wiſſenſchaftlichen Werke iſt die Ordnung der Amygdalina auf gezeichnet, deren Durchmeſſer 30 m. und deren Figur 3.
Höhe 150 m. beträgt, alſo die des Straßburger
Münſters oder des Stephansthurmes noch über
ſchreitet; ihre erſten Zweige erheben ſid, erſt 100 m . vom Boden entfernt. In Frankreich hat ein be rühmter Botaniker, Herr Ch. Nau
din, Inſtitutsmitglied und Direktor der Villa Thuretin Antibes,eine Ver beſſerung der Klaſſenordnung der verſchiedenen Spielarten der Euca
lypten vorgenommen , welche er beſſer wie jeder andere ſtudieren konnte. Dieſe Einteilung ftüßt ſich auf die Beſchaffenheit des Blütenſtandes jeder Spielart. Es
iſt ſehr ſchwer, ſie zu beſtimmen , denn jede Art zeigt die verſchie: denſten Erſcheinungen ,
nachdem
man ſie in jugendlichem Zuſtand
njic
Figur 4 . Ausland 1886, Nr. 23.
ſieht, oder, wenn das Alter ſchon den Habitus der Pflanze, die Form und Farbe ihrer Blätter verän dert hat. Der Eucalyptus glo bulus hat zuerſt gegenſtändige und ungeſtielte Blätter. Später ſind ſeine neuen Zweige nicht mehr gegenſtändig, aber wechſelſtändig. Die neuen Blätter ſind nicht mehr 69
450
Notizen über den Rieſen -Eucalyptus Auſtraliens.
oval, ſondern länglich -fviß und rückwärts gekrümmt. Die Blüte ſieht ſchlank, blaß und traurig aus , ein Umſtand, welcher den Grafen Beauvoir auf ſeiner Reiſe in Auſtra :
lien, als er den Fluß Jarra hinauffuhr, zu dem Aus ſpruch veranlaßte: ,,Die Vegetation der Ufer iſt üppig und heiter, die Eucalyptus -Arten ſind im Ueberfluß verbreitet, ſie haben prächtige Stämme, aber dünne, zugeſpißte Blätter, ähnlich dem der Trauerweide. Dieſes Laubwerk macht den
Eindruck wie Tauſende ſenkrecht an den Zweigen auf gehängter grauer Feßen , die weder Schatten gegen die brennenden Sonnenſtrahlen, noch Schuß gegen den Regen gewähren .“ Herrn Naudin's Aufſaß iſt die bedeutendſte und vollſtändigſte Arbeit, die wir im Franzöſiſchen über den Eucalyptus beſißen. Mit Recht hat er daran er innert, daß viele der verſchiedenen Spielarten den Nach forſchungen der Botaniker entgangen ſind, weil viele Samen
Frasipota
Figur 5.
körner neuerdings in noch wenig beſuchten Gegenden Auſtra liens geerntet wurden. So hat er ganz fürzlich dem Baron V. Müller eine Pflanze im Alter von 5-6 Jahren gewpid met, die heute über 13 m. Höhe und 60 cm, im Umfang, bei einer Entfernung von einem Meter vom Boden, bat. Die Form iſt, was gewiß ſehr wertvoll iſt, ganz regel:
mäßig pyramidenförmig, ihr Wachstum ungemein raich und ihre Härte und Widerſtandsfähigkeit tadellos.
Nur
wenige hätten bei uns, ſo wie Herr Naudin , alle nötigen Bedingungen vereinigen können , um ſeine intereſſante Arbeit
zu einem guten Ende zu führen. Er hat, begabt mit bedeuten den botaniſchen Kenntniſſen , an der Spiße eines wiſſenſdaft lichen , die reichſten Sammlungen bergenden Etabliſſements,
und dies dazu recht im Mittelpunkte der am Mittelmeer gelegenen Gegenden, wo die erſten Anpflanzungen der Eucalyptus-Arten gemacht worden ſind , den Pflanzern
Briefe aus Neu -Mexico.
der Zukunft den allergrößten Dienſt geleiſtet.
451
Gegen
Lage und die Kultur der Eucalyptus-Arten, indem er
wärtig veröffentlicht Herr Felir Sahut aus Montpellier in dem Bericht der Geographiſchen Geſellſchaft des langues
ſie je nad ihrer Abſtammung und Heimat einteilt und
doc eine der intereſſanteſten Arbeiten über die geographiſche
rieſigen Dimenſionen ihres Wachstums beſchreibt. Durch
ihre verſdiedenen Eigenſchaften , Gewohnheiten und die I
Figur 6. (S. 449.)
dieſe Arbeit wird in ganz vorzüglicher Weiſe alles bas vervollſtändigt, was uns über dieſen Gegenſtand zu wiſſen nötig iſt, ehe wir Anpflanzungen unternehmen, bei welchen der Boden, die Meereshöhe und das Klima eine ſo große Rolle ſpielen. Es wird dies eine neue Huldigung für die Pflanzen
Briefe aus Neu-Mexico. Von Adolf Bandelier. I,
Santa Fé ( Neu -Merico), 5. Juli 188 .
Geographie ſein, dieſer ſo intereſſanten Wiſſenſchaft, die dazu berufen iſt, viele Mißerfolge zu erklären und uns die richtige Anleitung zur zukünftigen rationellen Einführung nüßlicher Gewächſe zu geben.
des Unabhängigkeits-Erklärungs- Tages zu begehen ſich anſchidte, frug : „ Ob das nicht des Großherzogs Feft ſei ?" Ich erinnere mich noch aus den Tagen der Kindheit an die Bedeutung dieſes Tages. Sie beſchränkte ſich damals auf die ungeſtörte Erzeugung von Knalleffekten und einige
Es war geſtern alſo der 4. Juli ! Ich befinde mich
male auf das Leſen der „ Declaration of Independence “.
ſoweit nidt mehr in dem Stadium jenes Badenſers von Anno 1842, der, als man im Miſſiſſippi- Thale die Feier
Ueberſeßen mußte ich ſie auch einmal , für den Privat gebraud nämlich, und war nahe daran , jene feierliche
Briefe aus Neu -Mexico.
452
El vencido vencido, El vencedor pudido. “
Phraſe : „ We hold these truths to be self- evident ..
»
mit „ Jene Wahrheiten ſind ſo unwiderſprechlich, daß ſie
Ueber allem flattert das Sternenbanner, es hat nichts
gar nichts mehr bedeuten", zu verdeutſchen. Alſo geſtern war der „ Glorious fourth !! “
Die
dagegen, wenn dieſer oder jener in alter Anwandlung die
Sterne und Streifen idywebten allerorten in der dunkel
mericaniſdie Tricolore aushängt oder die deutſchen Farben ,
blauen Luft, ein Strom von Paſſagieren, Landkonfekt
die Driflamme, ja am Ende das weiße Kreuz im roten Felde. Ueber dem Sternenbanner noch ſtrahlt der dunkle
aus den innerſten Cañons zuweilen , langte per Eiſenbahn
an und füllte die Hotels. Der unvermeidliche ,, Clerk"“ in der unvermeidlichen „ Office" dleuderte das unvermeidliche ,,Hotel-Regiſter" den Ankömmlingen entgegen auf dem „ Counter“ und ſah mit Staunen, daß deſſen Seiten ſich, ſtatt mit George Waſhington Smith, Thomas Jefferſon I/
Brown, Henry W. Longfellow Jones, mit Juan de Jéſus Caſtillo, Joſé Maria Sanchez, Refugio Chavez 2c. bedecten. Die Landſchaft hatte die Hauptſtadt eingenommen und die neu-mericaniſche Landſchaft iſt eben immer noch ſpaniſch. Es waren beſonders die hohen Gefeßgeber in den
Vereinigten Staaten Nordamerika's „ Legislatoren" auf
Sternenhimmel und ſeine Sterne glühen und funkeln in der unvergeblichen Pracht jener Höhen. Vor ihrem Glanze erblaßt felbſt das bunteſte Feuerwerk aus Menſchenhand.
Unter den ,,Legislatoren " ſind auch alte Bekannte aus Valencia County , die ich vor wenigen Wochen vers
ließ, als ich zum leßtenmale nach Acoma ging. Sie haben mir Grüße gebracht von dieſem oder jeneni, fogar Indianer haben ſich an den erinnert, der vor kurzer Zeit noch ihr
Gaſt war. So wenig auch die beſcheidene Thätigkeit, die in Santa Fé herrſcht, Anſprud, machen darf auf das Leben einer Stadt, ſo ſehr ſticht es doch ab gegen die friedliche Stille jener Regionen, in die ſich der Stamm von Acoma zurückgezogen. Nachdem die Neuheit des Ein
deutſch genannt) , welche anlangten zum hehren Feſte, die „ Legislatur “ von Neu -Mexico, ſie waren früher eine eigene Spezies und oft wunderbar ihre Wege. Vor etwa
druckes, die Freude des Wiederſehens alter Bekannten,
zehn bis zwanzig Jahren da hatten ſie eines Tages keine
Einöden.
Beſchäftigung und ſiehe, es ſtand auf unter ihnen ein er
Der ſogenannte Rio Puerco des Dſtens, welcher mit dem weſtlichen Flüßchen desſelben Namens nicht zu ver
leuchteter Genius, der den Antrag ſtellte: die hohe Körper ſchaft mödyte einem jeden Mitgliede derſelben eine goldene Uhr votieren. Der Antrag war ernſthaft geſtellt, wurde
aber doch nach einiger Debatte mit Mehrheit abges lehnt. So erzählt man ſich wenigſtens, und : ,, Se non è vero" etc,
Um Mittag fand ein Umzug ſtatt. Die Honoratioren fuhren in Kutſchen , die verſchiedenen Geſellſchaften mar ſchierten . Die Vereinigten Staaten -,,Regulars " eröffneten in ihrer kleidſamen Uniform den Zug. Wenig, aber gut. Dann folgten die ,, Knights of Pythias“, über deren wirk liche Bedeutung id noch jeßt im Unklaren bin , die Feuer wehr, rot wie das Cardinalat, aber in Jacken und ſchwarzen Wachstuch-Hüten , endlich das Seminar der chriſtlichen
vorbei ſind, ſehnt man ſich zurück in jene großartigen
wedhſeln iſt, entſpringt ungefähr im 36. Breitegrad im nordweſtlichen Neu-Mexico. Es iſt dort eine Hochfläche, von welcher aus die Waſſerzüge nach allen Richtungen radiieren . Der öſtliche Rio Puerco ſtrömt nach Süden , der Cañon de Chaca nad Weſten , der Cañon Largo nad dem Norden, die beiden lekteren vereinigen ſich mit dem Rio San Juan, ſo daß die „ Meſa de los Lobos" , ,,Meſa Fachada" 2c. die Waſſerſcheide bilden im Norden zwiſchen den Zuflüſſen des Rio Grande del Norte und des Rio Colorado Grande des Weſtens. Die Hochebenen jener Waſſerſcheide, auf den anglo-amerikaniſchen Karten die , Atlantic and Pacific Divide“ genannt, find trocken ,
ohne Dürre, gewaltige Schneemaſſen tränken im Winter
Brüder" , ſanft ausſehende Jünglinge in Schwarz, mit vieifarbigen Halsbinden und „ ruffled shirts “ . Hier prä dominiert eben wieder die Landſchaft. Den Schluß bildete
und Frühling den Boden bis tief in den Mai-Monat hinein, ſie bilden die wenigen Flüßchen, welche ich ſoeben
ein Reiterzug auf dem charakteriſtiſchen ,,Burro " zum großen Gelächter des Publikums. Die Neden , die daraufhin floſſen, habe ich nicht gehört. Abends war Feuerwerk in der Plaza. Um dasſelbe genau beſichtigen zu können,,
geborgene Waſſertümpel, welche infolge einfacher Ver beſſerungen das ganze Jahr nicht verſiegen , ſie ſind die Horte des Reiſenden, der im Sommer die Einöden durch
nahm ein alter Freund von mir ſeine brennende Laterne
einzelne ſpaniſche Familien (am ſogenannten „ Nacimiento" )
mit. Muntere Scharen, von der früheren Rohheit anglo amerikaniſcher Kraftmeierei" nicht mehr geſtört, durch: zogen die Stadt, man ſah nicht mehr Betrunkenheit, denn irgendwo - die Zeit der rohen Ueberwältigung iſt vorbei, diejenige der milden Drganiſation hat begonnen. Gegen ſeitiges Nachgeben iſt an der Tagesordnung, faſt möchte man, im guten Sinn, jenen Vers der alten ſpaniſchen „ Romanze" anwenden :
permanent wohnen.
.
genannt. Seltene, heutzutage zugeſchüttete Quellen, wohl
zieht, in denen nur wenige Navajo-Indianer ſporadiſch,
Der Rio San Juan, der die ſüdweſtliche Ecke des Staates Colorado vorzüglich bewäſſert, iſt mit ſeinen nördlichen und füdlichen Zuflüſſen gleichſam ein Zentralpunkt geweſen
für die frühere permanente Bevölkerung vor der Ankunft der Spanier. Wenn ich den Ausdruck „ Zentral" ver wende, ſo iſt damit nicht angedeutet ein Bevölkerungs
zentrum nach aſiatiſchem Muſter , eine „ Fourmillière“,
Briefe aus Neu-Mexico.
deren Strahlungen oder auch nur Erkurſionen zur Be
völkerung auswärtiger Regionen beigetragen. Bei Beur teilung der Verhältniſſe in dieſem weſtlichen Erdteil vor der allgemeinen Eröffnungsepoche nach Columbus haben wir uns von den Ideen der ſogenannten Völkerwanderung
ganz zu befreien !
Eine Homogeneität außerhalb des
453
(von 2 bis 21 ), deren Anzahl wächſt im Verhältnis der: jenigen der Zellen : eine bedeutungsvolle Thatſadze mit
Hinblick auf den urſprünglidhen Zweck dieſer Räumlichkeiten. Die Quères- Indianer heißen die Ruinen der Chaca die weißen Häuſer" (Qash - q'âsh -tre -tie) und behaupten , daß ihre Altvordern einſt dort gewohnt und ſidy von dort
beſchränkten Stammes hat nirgends beſtanden , und daß
nur langſam und allmählid; dem Rio Grande genähert
dieſe Homogeneität ſich auf kleine Kreiſe reduzierte, beweiſt
hätten . Allerdings wäre auch das Vordringen nady Dſten am leichteſten geweſen, denn ſüdlid verſperrt die hohe Sierra de San Mateo (Mount Taylor 11,200 Fuß) den
die große Anzahl dialektiſcher Bariationen. Leßtere find ſo ſchroff, daß erſt die neueſte Sprachforſchung imſtande geweſen iſt, einige davon zu ſogen. „ Stock-languages wieder zu vereinigen. Eine weitgreifende Wirkung des
einzelnen Stammes durch maſſenhafte Radiation hat nir:
Weg. Von dem Pueblo Pintado iſt die Entfernung nicht groß bis in die Gegend von Cia (Tzia), woher der Stamm von Acoma ſeinen Urſprung leitet.
gends ſtattfinden können. Exkurſionen haben terroriſiert,
Cia iſt heutzutage ein unſcheinbares Dörflein, von etwa
aber nie inkorporiert. Weitaus am häufigſten haben ſie
58 Queres- Indianern bewohnt. Der von ihnen geſprochene Dialekt nähert ſids, ſowohl als derjenige von Santa Ana
einfadyentvölkert. Der Einfluß , den dichter bevölferte Bezirke in prädokumentären Seiten auf die Bewohnung weiter gelegener Regionen ausübten, war daher ein langſamer, beinahe kapriziöjer. Derſelbe iſt mehr einer Filtration als einer Migration zu vergleichen. Auf folche Weiſe ſcheint die Gegend des San Juan, ſcheinen der Chaca-Bezirk und jeine hohe Meſa nad Oſten und Süden gewirkt zu haben. Am San Juan und ſeinen nördlichen Zuflüſſen (Animas, Mt.Elmo, Montezuma) finden ſich entlang der Ufer, ſei es in der Thalſohle , in den Felswänden einge baut oder auf den hohen Meſas erridytet, Trümmer alter
Pueblos in Menge.
Die älteſte urſprüngliche Form
des ſteinernen Familienhauſes erſcheint als zerſtreutes Dorf unter freiem Himmel, als „ Cliff-houſe“ (nicht mit ,,Klippenhaus " zu überſeßen !) auf Felsvorſprüngen und in natürlichen Wölbungen. Die ſpätere Defenſiv -Geſtalt tritt auf in mehrſtödigen Zellenbauten , deren Stockwerke von oben nach unten an Breite zunehmen, oder umgekehrt treppenartig zurückweichen. Bald ſind ſie in natürliche Grotten oder Portale hineingebaut und werden als „ Cave dwellingg“ bezeichnet, oder ſie ſtehen im Freien, mächtige
Honigfeime, oft bis fünf oder ſechs Stock hoch. Der
( Jâmaya ), dem Dialekt von Acoma ſehr, und die Töpfer waren von Acoma ſehen denjenigen von Cia weit ähnlicher als den Thongeſchirren von Coditi, obſchon leşteres nur 29 Min ., erſteres in direkter Linie 80 Min. von Cia weit entfernt iſt.
Schon bei Coronado's Zuge ( 1541) wurde Cia von den Spaniern beſucht. Es war ein großer Pueblo, der im Verein mit fünf oder ſedis umliegenden kleineren Dörf Im Jahre 1688, als dhen einen Stammbezirk bildete. Jin Don Domingo Gironza Petroz de Cruzate von El Paſo del Norte aus ſeinen großen Einfall nach Neu -Merico ausführte, um die rebelliſchen Pueblos zu züchtigen , leiſtete ihm Cia bartnädigen Widerſtand.
Der Pueblo wurde
endlich geſtürmt und dabei zerſtört, während der Stamm faſt ganz aufgerieben wurde. Nie hat ſich derſelbe ſeither erholt, und die langjährigen Feindſeligkeiten der Navajós
haben noch dazu beigetragen, ihn an jedem Wiederauf blühen zu verhindern. Im Jahre 1794 enthielt der Pueblo 273 Seelen. Langſam ſcheint der Stamm von Cia ſeinem
völligen Untergange entgegen zu gehen. Die Traditionen der Einwohner von Acoma gehen
Chaca -Cañon weiſt wohl die ſchönſte Reihe folcher Ruinen auf einer Länge von 20 e. Min. Von Pueblo Pintado am ſüdöſtlichen Ausgange der Schlucht bis zum Pueblo
dahin, daß vor langen Zeiten ein Zweig der Queres:
Peñasco blanco im Nordweſt und mit Einſchluß beider
der Meja. Vom Pueblo Pintado bis zum Pueblo Hues
Fluſſes iſt permanent, nähert man ſich aber dem Rio Grande bis auf 15, ja zu gewiſſen Jahreszeiten auf 30 Meilen oberhalb der Mündung des Puerco , ſo verſandet
jé-gi ſind ca. 12 Min., ſodann folgen die Ruinen in Abſtänden von einer halben bis zu zwei Meilen. Sie
Gewitter ſich über den Meſas und an den Flußufern ent
liegen zehn große Häuſer in der Thalſahle, und zwei auf
Indianer aus der Nähe des kleinen Rio de Jemez an die Ufer des Rio Puerco niederſtieg. Der obere Lauf dieſes
lekterer allmählich ganz. Nur zur Regenzeit, wenn heftige
ſind alle mehrſtödig, und während ein einziges Haus in der Form eines offenen Quadrilatuds oder Polygons ein Dorf für ſich bildet , konnte das größte davon (Pueblo Bonito ) bei einer wahrſcheinlichen Höhe von vier Stock
leeren, wird das ſandige Bett auf kurze Zeit in einen
werken dennoch nicht mehr denn 1600 Perſonen beherbergen.
ſchnell wie ſie geſtiegen, fällt auch die Flut, fie verſchwindet
Selbſt wenn, was mehr als zweifelhaft iſt, alle zwölf Pueblos gleichzeitig bewohnt geweſen wären, ſo hätten ſie zuſammen nicht über 6000 Seelen enthalten. Auffallend
dunkelroten Uferränder, tiefe Schrammen hier, aufgetürmte Geſchiebe und Lehmbaufen dort, fie bleiben übrig als
iſt dabei die große Menge der ſogenannten „ Eſtufas “
Denkmäler der Störung. Wer von Cia nadh Acoma reitet,
tobenden Strom umgewandelt. Die trüben roten Gewäſſer brauſen mit gefährlicher Eile einher, ihr Ausſehen recht
fertigt vollſtändig den Namen „ der ſchmußige Fluß ". So im Sande, nur feuchte Stellen und die Veränderung der
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Briefe aus Neu -Meriro.
vermeidet daher den unteren Lauf des Rio Puerco und wendet ſich weſtlich von deſſen Ufer, um über Pahuate und Encinal , die Nähe des logen. Rito, ,,Baches", ſomit die fruchtbare Ebene von Cubero oder die Umgegend von La guna von der Atlantic- und Pacific-Eiſenbahn zu gewinnen. Von dieſen Punkten aus führen bequeme Schludyten, die
Cañada de la Cruz, die Cañada del Agua escondida, del
die, den Weſtrand des Puercos fäumend, weit nach Norden
bin in die Gebirge von Jemez und des Nacimiento zu verſchwimmen ſcheinen. Dort ragt die Sierra del Valle ſchneebedeckt hervor. Jene Meſas, aus ſchwarzer Lava und rotem Sand
ſtein bunt zuſammengewürfelt , von Eroſionsthälern kluft artig durchſchnitten , geſtalten ſich troß ihrer Höhe und
Agua del Coyote, in dem wunderbaren Baſſin, von deſſen Südweſt -Ende der Felſen von Acoma fich erhebt. Während der untere Lauf des Puerco nur an ſeiner
Schroffheit doch nur zum beſcheidenen Poſtamente, auf
Mündung bei dem ſogen. „ Sabinal“ und ca. 30 Meilen
bildet die unſteile Pyramide, im ſchwarzen Gewande von
oberhalb bei der Lavagruppe der Cerros Mohinos Ruinen
ein verlaſſener Pueblo ſteht mit ſchön gefärbten Topf
Lava dunklen Tannenwäldern entſteigend , gleichſam die Krone des Geſamten. Ich habe icon früher den Ausſpruch gewagt, daß in Neu :Merico die Großartigkeit der Bergformen , der Um
ſcherben. Aehnliche Töpferware bedeckt die Oberfläche der Trümmer in der Ebene der Cerros Mohinos. Die Farben
fang des Geſichtskreiſes Erſaß bieten für die Dürftigkeit der Vegetation und den daraus entſpringenden Mangel
erinnern an das Drangegelb und das helle Rot der heus
an landſchaftlicher Anmut.
tigen Geſchirre von Acoma. Auf dem weſtlichen Ufer des Rio Puerco dehnt ſich
Obichon nur 11,200 Fuß über dem Meer, iſt doch die Sierra de San Mateo (aud Sierra de Ciboleta, Sierra de San Joſé, von den Queres ,, Shpi-nat“ ges nannt), ſo weit ſichtbar, wie der 2000 Fuß höhere Gipfel
aufzuweiſen vermag , trennt eine Entfernung von nur 15 Meilen die leşteren von der Meſa Colorada, auf der
nach dem Rio Grande hin eine weite dürre Ebene. Vul
kaniſde Hügel trennen dieſe Ebene von dem Rio Grande Thale. Sie bilden eine Rette von vereinzelten Gipfeln, die ſich von der ſog. „, Angoſtura " bei San Felipe bis nach Los Lunas erſtredt.
dem im Nordweſten die Sierra de San Matéo gewaltig ſich aufthürmt. Selbſt im Juli oft mit Sdnee bededt,
der . „ Truchas“ in der Santa Fé-Kette. Ich habe den mächtigen iſolierten Gebirgsſtock der erſteren aus einer
An und auch auf dieſer Rette, ſowie
Entfernung von 150 Meilen deutlid, und oft gewahrt.
im Flußthale ſelbſt, ruhen die Trümmer der einſtigen Dörfer der Tiguas und der Piros. Die urſprüngliche Ausbreitung der Dorfbewohner in dieſer Rid )tung hat
Dieſe Sichtbarkeit aus großer Entfernung verdankt ſie, wie ich ſoeben angedeutet, ihrer iſolierten Stellung. Eine vulkaniſche Maſſe, zwiſchen dem 35. und 36. Breitengrad am Dſtrand der kontinentalen Waſſerſcheide aufgetrieben und leßtere in allen Richtungen überragend , trennen ſie weite Entfernungen von der gleichhohen Sierra Blanca
nichts gemein mit derjenigen, welche den Rio Puerco und die Umgegend von Acoma bevölkerte. Jene dürre Ebene,
ſpärlich mit Grama bewachſen , noch teilweiſe von Anti lopen (Antilocapra americana) durchſtreift, iſt gleichzeitig eine ethnographiſche Scheibegrenze verſchiedener Zweige der Pueblos .
Am Weſtufer des Puerco hingegen türmen ſich hohe Mejas. Auf der Ebene an ihrem Fuß iſt die Ausſicht nicht ohne den Reiz eines ernſten großartigen Bildes. Jenſeit des Rio Grande treten die öſtlichen Gebirge der Fluß - Cordillere, die mauerartige Sierra de Sandía, die öde Sierra del Manzano in langer Kette auseinander. Im Süden ſchweift die Ebene weit hinaus ; gleichſam jenſeit der Linie des Horizonts erſcheint die hohe Magdalena, vor ihr dyrumpft das Gebirge , welches bei Socorro ſo ſtolz den Rio Grande überragt, zur mäßigen Hügelreihe zu: ſammen, an dieſe grenzt eine Wellenlinie niedriger Höhen, die in weitem Bogen nach Norden ziehen. Troßig unter bricht im Südweſten der pyramidale Gebirgsſtod der
Sierra de los Ladrones die Kurve. Das Berggewirr , welches nördlich von dieſer hohen ſtolzen Ruppe aus der Ferne hervorzuquellen ſcheint, iſt ſchwierig aufzulöſen in feine orographiſchen Beſtandteile. Die Sierra del Dio allein iſt deutlich vertreten ; was dem Landeskundigen als
Vorberge des gefürchteten Dattelgebirges (Sierra del Dátil) erſcheint, verſchwindet ſehr bald hinter den Meſas,
im Südweſten , der höheren Sierra de San Francisco im
Weſten und von der Sierra de Santa Fé im Nordoſten. Auf allen Seiten aber umgeben das San Mateo-Gebirge nicht ſowohl ausgeprägte Höhenzüge als jene breiten und flachen Meſas, denen der ſanft anſteigende Gipfel auf ſißt und die er in allen Richtungen um 3000—5000 Fuß überragt.
Die Lava-, Trapp- und Baſalt- Formationen der San Matéo-Gruppe ſind jünger denn der Rohlenſandſtein der fontinentalen Waſſerſcheide. Sie haben denſelben in der Mitte des heutigen Gebirgsſtodes wahrſcheinlich durch
gebrochen oder wenigſtens blaſenartig aufgetrieben , um geſtülpt, zerriſſen und an der Oberfläche metamorphiſiert. Daher iſt der Gipfel der Sierra von weitem einem ver witterten, zerſpaltenen Felſenkegel von geringer Steilheit ähnlich. Lavaſtröme find kaum erkennbar, allein Trapps
maſſen überlagern in allen Richtungen den Sandſtein , der ihnen ſcheinbar ungeſtört als Pfeiler dient. Spätere Eroſion hat tiefe Sdluchten, ſogar nicht unbedeutende
Ebenen am Fuße des Gebirges ausgeſchwemmt, die An höhen, welche ſie umgeben , ſind entweder aus Sandſtein allein, oder ſie tragen eine Kuppe vulkaniſcher Felſen , die, bald rundlich geformt, wie der „Cerro" von Cubero,
Vriefe aus Nen -Merico.
bald zum ſenkrechten Zahn anſteigend, wie der „ Picacho" , oft auch auf wenige Trapp -Brocken, erratiſchen ,, Findlingen " ähnlich, zuſammengeſchmolzen ſind. Die Tiefe, bis zu der das vulkaniſche Geſtein hinabgedrungen iſt, wediſelt ab in geringer Entfernung, ohne ſichtbare Störung des unter: liegenden Sedimentes ! Im Herzen des Gebirges ſelbſt iſt wenig Raum für die Bedürfniſſe ſedentärer Indianer. Auch ſind die Ruinen
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verſdjanzten ſich dieſe Ueberlebenden, und hielten ſo lange
die Navajos im Schach bis Sonnenuntergang. So wütend aber waren die ſtets erneuerten Angriffe der leßteren, daß ſie ſpäter oft zugeſtanden , mehrere Hundert der ihrigen dabei eingebüßt zu haben. Mit Einbruch der Nacht zogen
ſie ſich zurück, und die kleine Schar, ihre Toten unbegraben
Zufluchtsorte in Höhlen und auf Felsbänken . Die Filtration, welche von Cia nur nach dem Rio Puerco hin ficferte,
laſſend , trat vorſichtig den Rüdzug an, den ſie auch, obſchon alle verwundet , ohne weitere Verluſte bewert ſtelligten. Der blutige Tag im Cañon Juan Tafoya hat viel zur Entvölkerung Cubero's beigetragen. Das Dorfchen
war daher beſchränkt auf der Weſtſeite durch die Sierra
beſteht heutzutage zur Hälfte aus Ruinen, die nicht 25
dort nicht zahlreich und beſchränken ſich auf vereinzelte
de San Mateo, auf der Oſtſeite durch die dürre Ebene, die den Puerco vom Rio Grande trennt , und wurde ſo allmählich in die fruchtbare und bewäſſerte Umgegend von Cubero, von dort endlich nach Acoma geleitet. In der Ebene von Cubero ſelbſt, die einer Oberfläche von kaum 100 Q.-Min. gleichkommt, finden ſich die Ueber reſte zweier Pueblos. Es waren mehrſtödige Rechtecke, die in der Mitte einen kleinen Hof umſchloſſen. Nun ſind ſie zu Schutthügeln zuſammengeſtürzt, aus denen die unteren Zellen noch wohlerhalten ausgegraben werden können. Topfſcherben mit glaſurartigem Firniß, Dbſidian ſplitter und Feuerſteine, Mahlſteine aus Lava, Aerte aus Diorit und Baſalt, ſind die ſie begleitenden Artefakte. In jenen Ebenen von Cubero haben die urſprüng lichen Bewohner nach ihrem Verſchwinden erſt in dieſem
Jahrhundert Nachfolger bekommen. Der kleine Flecken gleichen Namens iſt eine neuere, obſchon ausſchließlich ſpaniſche Anſiedelung. Grauſig waren die Leiden der ichlecht bewaffneten Anſiedler zur Zeit der Navajo-Kriege. Unter der Anführung eines noch heute lebenden und hoch geachteten Mannes, Don Manuel Chavez (im Flecken San Matéo wohnhaft), machten ſich endlich 55 Mann auf, um den Räubern in ihre Verſtecke zu folgen. Der Mericaner
Jahre alt ſind. Allein auch auf die Navajos hat er einen
tiefen Eindruck gemacht. Er hat viel dazu beigetragen, den Friedensſchluß vorzubereiten , deſſen Folgen noch jeßt den tüdiſchen , raubmörderiſchen Stamm in Ruhe halten und ihm ſo Gelegenheit geben , ſich nach und nach der
Viehzucht und dem Aderbau permanent zu widmen. Die verwüſtenden Züge der Navajos (in Bernalillo County allein wurden von ihnen im Jahre 1862 einund
dreißig Menſchen getötet, 194 Pferde, 452 Stück Vieh und 46,000 Schafe geraubt) , für die weiße Bevölkerung eine Quelle ſteter Unſicherheit und großer Gefahr, fielen doppelt ſchwer auf die Pueblos. Die Methode ihres Landbaues lieferte ſie, z. B. in Acoma, faſt wehrlos in die Hände der Wilden.
Das Baſſin, in dem der Felſen ſteht, iſt
ohne Waſſer für Irrigations-Zwede, der Stamm hat daher ſeine Felder 14 Meilen nördlich davon , wo der fleißige
Ackerbauer ohne Zufluchtsort vor den plößlichen Ueber fällen ſeiner Feinde war.
Verläßt man Cubero und reitet nach Südweſten , ſo
gelangt man durch ein kleines Thälchen in die Schlucht, durch die der Agua Azul dem Rito zuſtrömt.
Dieſe
Shlucht erweitert ſich hier zum Thale am Fuße einer ſchroffen Meſa. Im Thale liegen die Aeder der Indianer,
iſt gut auf der Fährte der Indianer. Mit dem Morgen
an die Meja lehnen ſich ſteinerne Häuschen, treppengleich
des dritten Tages waren die Hauptbanden im Cañon Juan Tafoya überfallen und zerſprengt, die Sieger ohne Verluſt eines einzigen Mannes im Beſiß großer Beute. Chavez wollte nun den Rüdzug antreten , denn der Aufents
die Felswände erklimmend. Durch die Aecker ſchneiden die Schienen der Atlantic- und Pacific- Eiſenbahn, und
halt in dem engen Cañon , deſſen Felswände dem Feinde zahlreiche Verſtecke boten , ſchien ihm keineswegs geraten. Aber der leichte Sieg hatte die Bande der Diſziplin ge
wenn der Zug ſtöhnend die Schlucht herauffeucht, ſteht
der Indianer ſtill im Felde, den „ Carruaje del Diablos
Mit Tagesgrauen hatten mehr als tauſend Navajos das Lager umzingelt. Es regnete Pfeile und Kugeln auf die Mericaner herab, oft aus ſolcher Höhe, daß die Ge
(das Fuhrwerk des Teufels) düſter betrachtend, auf den Dächern gruppieren ſich die Weiber und beſchatten mit der Hand die dunklen Augen. Dies iſt Acomita, der Sommer-Pueblo von Acoma. Wenn im März der dunkelblaue Garbancillo zu blühen beginnt, brechen don einzelne Familien auf im Mutter dorfe und andern mit wenigen Geräten, dem geduldigen Burro, den Zugochſen und dem ungefügen Pflug aus Holz hinüber nach dem Sommeraufenthalt. Noch werden die erſten großen Kommunal-Arbeiten, das Auspußen der
ſchoſſe unſchädlich niederfielen . Dennoch blieben nach dem
Acequia madre, die Weizen- und Mais-Saat für den
erſten unvermuteten Angriff nur elf von den leşteren am Leben, darunter Don Manuel Chavez. Hinter Felſen ſtücken, Leichnamen von Pferden, Vieh und Menſchen,
Shtiâ -muñi-Hôtshañi (ſogen. Caciquen), maſſenweiſe vom Pueblo aus beſorgt, wohin man zurüdkehrt nach gethaner Pflicht zu feierlichem Tanze. Sowie aber die Familien
lodert, man verachtete das Wort des Anführers, ſchlachtete an Drt und Stelle von dem erbeuteten Vieh und mit Hülfe
des mitgenommenen Branntweins geſtaltete ſich die Nacht
nach dem Angriff zur unvorſichtigen Schwelgerei.
Geographiſche Neuigkeiten .
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beginnen, ihre einzelnen Milpás zu beſtellen, ziehen auch
an den Rändern der roten oder ſchwarzen Felfen oft ein
ihre Glieder hinüber in bequemere Nähe der leßteren . Viele überſiedeln ganz, und am Ende des Monats Juni
der Rand weiter oben weißblühende Diſteln , blutrote
Teppich violetter Verbenen zu entwachſen ſcheint, ſo ſprießt
haltungen beſeßt. Allein ein reger Verkehr wird täglich dennoch unterhalten. Nie konnte ich die mindeſtens zehn
,,teraniſche Federn " hervor. In das nackte Geſtein klan: mern ſich unſcheinbare Mammillarien und Echinocacteen, die im Juni ſchon die Wunderpracht ihrer purpurroten und
Meilen breite Meſa, die Acomita von dem Baſſin der
carmoiſinfarbenen Blumen entfalten.
Pueblos trennt, durchwandern , ohne auf dem vielfach
man den prangenden Flor der unwirtlich ſcheinenden Fläche. Ihn umgaukeln große Papilioniden und ſmaragdgrüne
iſt der Felſen von Acoma nur noch von wenigen Haus:
ausgetretenen Pfade Gruppen zu treffen, die, mit einge: heimſten Früchten , notwendigem Geſchirr beladen, hinüber
oder herüber zogen. Bald waren es Fußgänger in dem zottelnden Halbtrabe, den der Indianer ſo lange aushält,
Staunend gewahrt
Eidechſen mit ſchwarzem und glänzenbrotem Halsbande
huſchen blißichnell von Baum zu Baum. ( Fortung folgt.)
bald Frauen auf dem beſcheidenen Efelein, der Sinabe, der Mann, zu Fuß nebenher, oder gar Männer zu Pferde, einen ungeladenen Revolver an der Seite, eine Flinte quer
über dem Sattelknopf, am häufigſten jedoch mit Bogen und
Geographiſche Neuigkeiten.
Pfeil im Köcher von Pantherfell auf dem Rüden.
Hat die Sonne das Herbſt-Aequinoktium durchlaufen, neigt ſich der Mais mit goldgelben Kolben der Reife zu, ſo beginnt das Einheimſen der Hauptfrucht und mit ihr die Rüdkehr nach Acoma. Feierliche Tänze bezeichnen den Antritt der gelben Winterſonne , das Felſendorf füllt ſich wieder mit gewohnten Geſichtern, wenige nur bleiben das ganze Jahr über in Acomita zurück. Selbſt dieſe finden fid pflichtſduldigſt ein , wenn eine wichtige Cachina, ein 1
hohes firchliches Feſt, ſie ruſt.
Selbſt während der
Sommerzeit erſcheint an jedem Sonntag eine größere oder
geringere Zahl der Männer in der großen Kirche, ſtumm und ernſt ihre Andacht verrichtend. Der Pueblo-Indianer, im Innerſten ein völliger Heide, iſt in Erfüllung mander
äußeren Pflicht ein guter Sohn der Kirche. Jene Meſa zwiſchen Acomita und Acoma iſt in ihrer Monotonie ein vortrefflicher Typus der Landſchaft, wie ſie beide Falten der kontinentalen Waſſerſdeide vielfach bieten. Auf einer leicht undulierenden Fläche liegen weit äſtige Wacholder und Cedern, ſelten über zehn Fuß hoch, in ſo regelmäßigen Abſtänden zerſtreut, daß der Geſichts kreis ſidy zu einem Obſtgarten von Koniferen umzugeſtalten ſcheint. Wenige Grasbüſchel, allein fein Geſtrüpp bedecken den roten , ſandigen Boden. Höher gelegene Meſas be: grenzen den Horizont im Weſten , im Norden ſtrebt der finſtere Koloß der Sierra de San Mateo himmelwärts, nad Oſten hin entfaltet ſich eine weite Fernſicht, die ſelbſt den Anblic des Sandía-Gebirges (Hâñi-o -qôte, der Berg im Oſten ) deutlich geſtaltet. Die meilenweiten Undula
Die Erforſchung des Bunga. Der Bunga iſt der große Nebenfluß, welchen der Kongo auf ſeinem rechten Ufer unterhalb ſeiner Vereinigung mit dem Ubangi auf nimmt, und über welchen nun das „ Mouvement géo
graphique " in Brüſſel einige neuere Mitteilungen erhalten hat. Herr Weſtmard , ein belgiſcher Reiſender, hat auf feiner Fahrt, den Kongo hinab nach Stanley-Pool, ſich am Bunga aufgehalten und deſſen Ufer erforſcht. Er beſtätigt die Anſichten der Herren Grenfell und v. François, daß der Bunga ein Zufluß von höchſter Wichtigkeit iſt, denn er ſoll beim Dorfe Bunga, am Anfange ſeines Delta, nadh Weſtmarck eine Breite von 800 m. (alſo noch um 200 m . mehr als nach der Schäßung des Herrn v. François) haben . Das Dampfboot , mit welchem Herr Weſtmarck reiſte, fuhr den Bunga brei Tage lang ( 1. bis 3. Januar ds. JS.) hinan, und überall beſtätigten die Reiſenden einen herr:
lichen Waſſerlauf mit tiefem Waſſer, beſäet mit zahlreichen
grünenden Eilanden und mit Sandbänken.
Die Ufer
zeigen eine Abwechslung von Savannen und Wäldern, und ſind ſehr bevölkert von friedlichen Stämmen, welche ohne Schwierigkeit mit den Weißen in Verkehr traten. Der Boden erſcheint ſehr fruchtbar, und die Dörfer find überall
von Maniok-Pflanzungen umgeben.
Die Gewäſſer des
Bunga ſcheinen mit denjenigen des Kwa die Eigentümlich: feit zu teilen, daß ſie ein hauptſächlicher Tummelplat der
Flußpferde find.
Im Fluſſe, an den Ufern, auf den In
feln und Sandbänken ſahen die Reiſenden ganze Scharen von Flußpferden, welche ſtellenweiſe ſogar die Schifffahrt
tionen erwecken die trügeriſche Hoffnung, bald am füd
hinderten. Herr Weſtmarck verſichert, er habe während der
lidhen Rande der Meſa zu ſtehen , allein jede derſelben eröffnet nur die Ausſicht auf die nächſtfolgende, bis man endlich die leşte durchſchritten und überraſcht in das tiefe Veden herabſchaut , aus dem die phantaſtiſchen Felſen geſtalten aufſteigen wie Rieſenbilder einer unbegriffenen
drei Jahre, welche er am Kongo verbrachte, nirgends eine
Vorzeit.
Dede und traurig im Winter, entlockt der Frühling idon der Oberfläche der Meja mandh ſchöne Blüte. Wenn
folche Menge Flußpferde geſehen ; dagegen bemerkt man dort kein einziges Krokodil. In der Savanne jagte er
den wilden Stier. Der Unterlauf des Bunga hat eine nordöſtliche Richtung. Da, wo der Dampfer die Fahrt zu Berge aufgab, ſo ziemlich unter dem Aequator, da fam der Strom aus Norden und hatte eine Breite von uns gefähr 600 m . Nach den an Drt und Stelle eingezogenen
Geographiſche Neuigkeiten.
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Erkundigungen ſoll man vom unteren Bunga in die Licona
als drittehalb Seemeilen eine ungeheure Schicht von dieſem
hinauffahren können ; allein die Frage, ob dieſe der Haupt ſtrom oder nur einer ſeiner Nebenflüſſe von der rechten
Stoffe gefunden. Wenn dieſer unfühlbare Staub auf die Erde fällt, ſo nehmen wir ihn nicht wahr ; wenn er ſich aber ſeit Jahrhunderten in den Tiefen des Dzeans an
Seite iſt, läßt ſich noch nicht entſcheiden. * Der Moeris See. Die jüngſten Unterſuchungen des Herrn Whitehouſe haben das Vorhandenſein eines großen Bedens beſtätigt, welches cr für den früheren Moeris See hält und das ungefähr 50 m. unterhalb dem Niveau des Nils bei Fayum liegt. Daraufhin hat das ägyptiſche
Miniſterium der öffentlichen Arbeiten beſchloſſen , ſich dieſe Entdeđung zu Nußen zu machen und, falls es ſich die er: forderlichen Mittel hierzu verſchaffen kann, den früheren
zur Füllung des Beckens beſtimmten Kanal wieder herzu: ſtellen , den Bahr Juſſuf, deſſen urſprüngliche Anlage man
gebäuft hat, fo bildet er endlich Haufen, welche man leicht wahrnehmen kann.
* Das Nil Delta und Nil - Waſſer. Pros feſſor Judd hat in den לרProceedings der Londoner Königlichen Geographiſchen Geſellſchaft einen wertvollen Aufſaß über Proben von den Niederſchlägen des Nil Delta
veröffentlicht, wie ſie ſich aus Bohrungen ergaben, die er im Auftrage der Königlichen Geſellſchaft unter der Ober
das Miniſterium aud) das Anerbieten des Herrn White
aufſicht der Ingenieure bei der britiſchen Okkupationsarmee veranſtaltet hatte. Die Bohrlöcher wurden bis zu Tiefen von reſp. 45, 73 und 84 Fuß hinabgetrieben. Die auf dieſe Art erhaltenen Niederſchläge beſtehen alle aus an
houſe, dieſes Terrain anzukaufen, abgelehnt und will ſelbſt die benötigten Arbeiten übernehmen. Man hat berechnet,
gewehtem Sand und alluvialem Schlamm . Die Sand körper laſſen ſich beſchreiben als mikroſkopiſche Kieſel mit
daß das Becken während der Anſchwellungen des Nils, d. h. während mindeſtens 60 Tagen, eine Waſſermenge
äußerſt glatten und polierten Oberflädhen und beſtehen meiſt aus quarzigem Material, das von granitiſchen Ge ſteinen abſtammt. Man bemerkt unter ihnen auch Feldſpat körner, welche durch die Thatſadze leichter Spuren von
dem Patriarchen Joſeph beimißt. Aus dieſem Grunde hat
von etwa 100 Millionen Kubikmeter täglich aufnehmen
würde – eine Menge, welche man in Reſerve zu behalten imſtande ſein wird, um ſie ſpäter zu verwenden, während das Beden dazu dienen wird, Unterägypten vor der Ge fahr der Ueberſchwemmungen zu bewahren. * Bhamo. Ueber dieſe Stadt in Oberbirma, um deren Beſiß fich gegenwärtig England und China ſtreiten, gibt die „Hongkong Daily Press“ eine wenig anziehende Schilderung aus der Feder eines früheren Bewohners von
Bhamo mit manchen intereſſanten Einzelheiten. Die größte Länge der Stadt iſt 114 e. Min. , die größte Breite nur eine Viertelsmeile, denn die Stadt beſteht in Wirflichkeit nur aus einer einzigen Straße. Man findet daſelbſt kein einziges paſſendes Haus, denn ſelbſt dasjenige des Gouver neurs iſt in ganz elendem Zuſtande. Die Chineſen da: ſelbſt machen allerdings eine Ausnahme; allein ihre Back
Kaoliniſierung merkwürdig ſind. Die kleineren etwas winke
ligen Körner bieten eine weit größere Mannigfaltigkeit mineralogiſcher Arten dar : Granit, Feldſpat, Schiefer, Augit, Turmaline 2c. Profeſſor Judd hält ſich zu dem Soluſſe berechtigt, daß dieſe Sande wirklicher Wüſtenſand ſind , herkommend von den ungeheuren Wüſtenſtrecken, welche zu beiden Seiten des Nil- Thales liegen und durch die Wirkung der Winde in dasſelbe hinabgeweht werden. Im Schlamme dyeint dann wieder Raolin gänzlich zu fehlen. Die überraſchende Eigentümlichkeit dieſer Sand und Schlammmaſſen des Nil- Thales läßt ſich, nach Pro feſſor Judd's Anſicht, leicht erklären. In den trockenen und unfruchtbaren Strichen von Nordafrika, welche der
Nil burdſtrömt, wird dem Nil -Waſſer ſo wenig Kohlen
ſteinhäuſer würden in China ſelbſt eine ärmliche Rolle ſpielen. Die Geſamtbevölkerung beträgt nur etwa 2500
ſäure zugeführt, daß dieſelbe nicht hinreicht, um eine chemiſche Wirkung auf die Felfen hervorzurufen , in welche bas
Seelen ; die Chineſen nehmen den mittleren Teil der Stadt
Waſſer einſickert, und ſo die zuſammengeſeßten Kieſelver
ein, der nach dem freien Lande hin durch eine Verpfählung
bindungen zu zerſeken, aus denen dieſelben beſtehen und deren Produkte, in Löſung fortgeführt, ,, kaoliniſiert “ wers den würden . Die Auflöſung der Geſteine im Nil- Thale wird burdy mechaniſche Mittel bewerkſtelligt, deren wirk ſamſte die Sonnenhiße, die Gewalt des Windes und die
von Baumſtämmen beſdüßt wird. In der Nachbarſchaft hauſen viele Tiger. * Der Meeresgrund. Neuere Peilungen haben zu
konſtatieren geſtattet, daß der Boden des Djeans auf eine weite Strecke hin mit Lava und Bimsſtein bedeckt iſt, daß
man aber auch, was noch weit merkwürdiger iſt, an vielen Orten ganze Schichten von Meteoritenſtaub findet. Dieſe
Reibung der reißenden Waſſerſtrömung ſind ; da dies der Fall iſt, wird der Nil die Sandſteine, Feldſpat und an
bröckeln meiſt am Ende in eine Unzahl von Stüden. Wir
dere Stoffe in beinahe unveränderter Beſchaffenheit mit ſich führen. Dieſe Schlüſſe werden beſtätigt durch ein Studium der Zuſammenſeßung des Nil -Waſſers. Der Nil nimmt
ſehen ſie als Sternſdhnuppen am Horizonte hinziehen,
zwiſchen 170 38 ' n. Br. (bem Atbara ) und ſeiner Mün
allein man hat neuerdings entdeckt, daß dieſer kosmiſche Staub am Grunde der tiefſten Meere ganze Lagen bildet.
dung unter 31 ° 25 ', alſo auf einer Strecke von 1400 eng
So hat man z. B. zwiſchen Honolulu und Taheiti in einer Tiefe von 2350 Faden und auf einer Strecke von mehr
Laufe erleidet der Nil fortwährend Verminderung, was vorwiegend der Verdunſtung zugeſchrieben werden muß.
Körper kreiſen am Himmel wie winzige Rometen und zer:
liſchen Meilen, keinen Zufluß auf. Auf dieſem langen
Geographiſche Neuigkeiten.
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Beobachtungen ſcheinen zu zeigen, daß der Nil zwiſchen
Guinea. Wir meldeten jüngſt die Rückehr der Erpe
Siût und Kairo (240 e. Min .) beinahe 40 Prozent ſeines Waſſers bei niederem Waſſerſtande und 8 Prozent bei Hochwaſſer verliert. Die Wirkung dieſer beſtändigen Ver dunſtung ſollte in der Konzentrierung der in Auflöſung gehaltenen ſaliniſchen Stoffe beſtehen. Im Gegenteil hat aber eine von Dr. Meymott Tidy gemachte Analyſe und eine Vergleichung mit den Waſſern der Themſe, des Lea,
dition, welche die auſtralaſiſche Erpedition unter Kapitän
des Severn und des Shannon ergeben , daß das Nilwaſſer
Erpedition : Die Geſellſchaft fuhr einen zuvor unerforſch
anſtatt eine weit größere Menge ſalziger Stoffe zu
ten Arm des Fly-River von ſeiner Verbindung etwa 40 engliſche Meilen oberhalb der Inſel Ellangowan hinan. Dieſer Flußarm , welcher den Namen Strickland erhielt,
enthalten als andere Flüſſe – in Wirklid; feit weit weniger aufgelöſten Stoff enthält, als irgend einer der mit ihm verglichenen Flüſſe. Dieſes erklärt Profeſſor Judd durch die Thatjade, daß der Regen in den vom Nil durdſtröm ten Bezirken plößlich und wolfenbruchartig iſt, daß es wenig oder gar keine Vegetation gibt, aus welcher eine für die Auflöſung genügende Zufuhr von Kohlenſäure erlangt werden könnte; daß infolge davon die ſtattfindende
Auflöſung beinahe eine rein mechaniſche iſt und die daraus hervorgehenden Partikelchen nicht in Auflöſung, ſondern in Suspenſion fortgeführt werden . Hieraus entſpringt der ſehr verſchiedene Charakter der fid) ergebenden Niederſdıläge. In den Schäßungen, welche über die überirdiſche Ent blößung in verſchiedenen Teilen des Erdbaus gemacht worden ſind, hat man nach Profeſſor Judd's Sdlüſſen
gewöhnlich angenommen , daß deren Wirkung derjenigen ähnlich iſt, welche man in Europa und Amerika ſtattfin : ben ſieht. Allein die oben erwähnten Beobachtungen bes
weiſen, daß in tropiſchen Diſtrikten , wo wenig oder gar kein Pflanzenwuchs vorhanden und der Regen plößlich und plaßregenartig fällt, die Zerfeßung des Geſteins zivar
vielleicht minder raſdy vor ſich geht als in gemäßigten Klimaten, aber nady ihrem Urſprung und ihren Produkten gleid, verſchieden iſt. * Der Krater - See in Oregon. Eine von vielen
Bürgern des Staates Dregon unterzeichnete Bittſchrift richtet an die Bundesregierung der Vereinigten Staaten das Geſud ), ſie möge den Krater-See als eine der natio
nalen Sehenswürdigkeiten in ähnlicher Weiſe reſervieren,
wie man im Waſhington - Territorium einen Landſtrich, den Yellowſtone- Park, für Nationaleigentum erklärt hat. Die Bittſchrift ſchildert den See folgendermaßen : ,,Seine
Everill nad Neu -Guinea geſchickt hatte, und die aus noch nicht aufgeklärten Gründen ſich zu einer vorzeitigen Umkehr veranlaßt geſehen , was auf ein falſches Gerüdyt hin zu der Annahme veranlaßt hatte, daß die ganze Reiſegeſellſchaft ermordet worden ſei. Neuerdings aus Sydney eingetroffene Seitungen bringen nun nachſtehende Einzelheiten über dieſe
batte ungefähr dieſelbe Größe wie der Fly River , und ihm
folgte die Erpedition bis in die Nähe der britiſchen Grenze unter 5 ° 20' {. Br. und 1420 10' ö. L. Der höchſte Gipfel, welchen man erreichte, lag 750 F. über dem Spiegel des Stridland- Fluſjes, welcher an dem betreffenden Punkte
wahrſcheinlich 300 F. über der Meeresflädhe lag. Man hatte das Gebirge der Nordküſte in Sicht, konnte jedoch auf dieſem Wege den Stridland- Fluß hinauf keine ſolche Gebirgskette ſehen, wie ſie in einigen der Karten der Miſſionare als die Sir Arthur-Gordon -Kette angegeben iſt. Die Geſellſchaft fuhr in einem Walfiſchboote 80 MI. über den Punkt hinauf, wo ſie den ,,Bonito" (das von der Erpedition gecharterte Fahrzeug) gelaſſen hatte, und am weiteſten Punkte, den man erreichte, war die Strömung ausnehmend ſtark und der Fluß wand ſich durch Brüche und Felſen. Die Eingeborenen der Gegend, welche die
Erpedition durchzog, werden geſchildert als eine ſchöne, hübſdhe, hellhäutige und lichtfarbige, ſehr volfreiche, allein äußerſt ſdheue und feindſelige Raſſe, mit welcher man un möglich irgend welchen freundlichen Verkehr anknüpfen
konnte. Audy war man gänzlich außerſtande, auf irgend welche Entfernung vom Fluſſe aus landeinwärts vorzu dringen. Die Dſchungel war ſo dicht, daß man ſich jeden Fußbreit des Weges durchhauen mußte, und daß es der Geſellſchaft an keiner Stelle gelang, ſich auf mehr als 5 oder 6 Min . weit von der Dperationsbaſis aus einen Pfad zu bahnen . Die Malaien erwieſen ſich ſehr nüßlich,
um das Walfiſchboot über die (dwierigen Stromſchnellen des oberen Stridland hinauf zu ziehen.
Der „ Courier" gibt aus der Feder ſeines Townsviller
Oberfläche liegt 6300 Fuß über dem Meere; er iſt etwa 8 e. Min. lang und 6 e. Min . breit und enthält eine
Korreſpondenten nadſtehende Sdilderung der Erpedition :
kreisrunde Inſel von 600 Fuß Höhe, auf welcher ſich der
über ihren Ausflug zu geben, in Anbetracht, daß es ihre erſte Pflicht ſei, dem Vorſißenden der Geſellſchaft Bericht zu erſtatten. Jd bin imſtande geweſen, zu ermitteln, daß
Krater eines erlojdenen Vulkans befindet, der eine Tiefe von 90 und einen Durchmeſſer von 475 Fuß hat. In einem anderen Teile des See's ſieht man einen kegelförmigen Felſen, welcher ſich ſenkredit zur Höhe von 2200 Fuß über die Waſſerfläche erhebt. Andere Felſen von merkwürdigen Geſtalten und Höhen erheben fid wie Türme über den See, deſſen Ufer beinahe fenkredyt ſind und in der Höhe von 1000-2000 Fuß wedſeln .
(G. g. )
* Die Erpedition nach dem Fly :River in Neu
Die Mitglieder der Reiſegeſellſchaft verweigern es, Einzelheiten
die Erpedition eine Strecke von 200 e. Min. den ſchon von D'Albertis erforſchten Fly - Niver hinanfuhr und an
dieſem Punkte einen aus Nordoſt kommenden Nebenfluß entdeckte, welcher beinahe, wenn auch nicht ganz ſo wichtig war wie der Fly - River ſelbſt.
Der ,,Bonito " dampfte
dieſen Arm oder Nebenfluß ungefähr 300 e. Min . hinan und fand an dem fernſten Punkte, den man erreichte, den
Mycinere Mitteilungen.
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Strom noch ungefähr 600 m. breit und 5—6 m. tief.
von dort aus das Meer an der Nordküſte zu Geſicht be
Man traf ſehr viele Sandbänke, auf denen der ,, Bonito " häufig auflief, was ſehr langweilige Aufenthalte und ent
kommen ."
mutigende Verzögerungen veranlaßte. Nachdem man un
dung der Erpedition telegraphiert der Spezialkorreſpondent des , Townville Bulletin “ aus Cooktown folgendes : „ Als die Erpedition ungefähr 300 Min. weit den Fly-River
gefähr 150 Min. den Fly-River hinangefahren war, wurde die Strömung ſehr ſtarf und das Fahrwaſſer oft von ent wurzelten Bäumen verſperrt. Man glaubt, es befinde
ſich nordwärts von hier eine ſehr hohe Bergkette, welche eine furchtbare Waſſerſcheide bilde, und der Hauptzug derſelben,
von dem man ſeither annahm er ſtreiche von Weſt nadı Dſt, nehme nunmehr eine Richtung von Nord nad Süd an .
Das Gelände den Fluß entlang iſt flady.
Die Ges
fellſchaft machte häufige Ausflüge landein, und das Ergeb nis ihrer Bemühungen waren ungefähr tauſend botaniſche
Spezimina , von welchen viele für ganz neu gehalten werden. Auch ſammelte man eine große Anzahl entomo logiſcher Spezimina mit Inbegriff einer prächtigen Samm lung von Käfern, worunter viele ganz neue Arten ſein follen . Die Geſellſchaft entdeckte auch einheimiſchen Tabak, und die ſchöne Sago - Palme war überall reichlich vorhan
Ueber die Entſtehung des Gerüchts von der Ermor
hinangefahren war, wurde ſie von einer großen Menge von Eingeborenen angegriffen, welche Speere nach dem ,, Bonito" ſchleuderten und mit Pfeilen ſchoffen. Zwei Eingeborene ' von der Inſel Bampton, welche an Bord waren , wurden von paniſdem Schrecen ergriffen, warteten eine günſtige Gelegenheit ab, ſtiegen in einen Rahn, ent wichen und berichteten , da ſie nach ihrem Weggehen das Gewehrfeuer gehört hatten, bei ihrer Ankunft auf der
Miſſionsſtation, die ganze Reiſegeſellſchaft ſei erſchlagen worden .
Kleinere Mitteilungen.
den. Das kleinere Boot fuhr noch eine bedeutende Strede
San Antonio.
über die weiteſte Grenze hinaus, welche der ,,Bonito " er: reicht hatte. Die Reiſenden litten ſehr vom Fieber, und
Die ganze Union hat kaum eine intereſſantere Stadt als San Antonio in Texas. Nicht blos ihre natürliche Lage, auch eine Fülle hiſtoriſcher Erinnerungen und das bunte Gemenge mericaniſcher, amerikaniſcher und deutſcher Elemente geben ihr einen ſeltenen Reiz und zugleich eine hervorragende Bedeutung. An den mit Feigenbäumen und Bananen bedecten Ufern des Fluſſes
Dr. Bemays hatte die ganze Zeit über viel zu thun, um
nach ihrer Geſundheit zu ſehen ; die Malaien litten noch mehr als die Europäer. Die ganze Geſellſchaft wurde ſehr von Hautausſchlägen und Beulen befallen, und jeder kleine Hautriß und jede Fleiſchwunde ging in eine ſchmerz
San Antonio , der mitten durch die Stadt ſtrömt, deſſen früher
kryſtallklares Waſſer ſich aber nahezu in eine Pfütze verwandelt
bafte Puſtel über, deren Wirkung fehr entkräftend war
hat , fallen ſofort die alten Kirchen der Indianer- Miſſionen ins
und die daran Leidenden zu jeder ſchweren Arbeit untüchtig
Auge, die, aus maſſiven Steinen erbaut und der ganzen Anlage nach mehr an Feſtungen aus der Feudalzeit als an Gotteshäuſer erinnernd, dem Sturm der Zeiten getrotzt. Welchen Einfluß müſſen die katholiſchen Miſſionare auf die damals noch vollſtändig ungezähmteu Indianer geiibt haben, daß dieſe, noch heute zu keiner anſtrengenden und dauernden Arbeit zu bewegen , ſich dazu ber gaben, ſo foloſſale Bauten aufzuführen ! In der Stadt herrſcht bei Nacht nicht weniger als bei Tag ein reges Leben . Sobald es dunkelt, tauchen anf den öffentlichen Plätzen Maſſen von be leuchteten Tiſchen auf, an denen Chokolade und Kaffee, aber auch jene Produkte der ſpezifiſch_mericaniſchen Kochkunſt feilgeboten werden, mit denen ſich der Nicht-Mericaner nur ſchwer befreundet. Hier findet man alſo weſentlich nur die mericaniſche Bevölkerung,
maďte.
Die Flora war bis zur Einmündung des nordöſt lichen Armes unbeſtimmt; beim Zuſammenfluß war ſie rein auſtraliſch : Eucalypten , Titi-Sträucher , Flaſchenbürſten Bäume u. 1. w .; allein dies erſtreckte ſich nur etwa 10 Min. weit, dann nahm die Vegetation einen ganz malaiiſchen Charakter an und wurde immer tropiſcher, je weiter die
Forſder kamen. Hinſichtlich des Klima's war die Hiße nicht außerordentlid ), aber entſchieden entfräftend, weil hier keine fühle Briſe ſtattfand, ſondern nur immer dieſelbe Hiße. Nach etwa 20 Min. verſchwanden die Schlamm bänke am nordöſtlichen Ufer und widen einer ganz un
gewöhnlichen Formation von Ronglomerat, beſtehend aus Muſcheln, Korallen und Feuerſtein, welche ſid, ſoweit fort ſeßte, als die Erpedition fam. Sie hatten keine Unan nehmlichkeiten mit den Eingeborenen , bis ſie den Nebenarm eine Strede weit hinaufgefahren waren ; dann befekten die Eingeborenen die Ufer des Fluſſes, warfen Speere und doſſen Pfeile berüber, aber niemand wurde verwundet
und die Eingeborenen durch Gewehrfeuer zerſtreut. Bei dieſer Begegnung mit den Eingeborenen ſoll Kapitän Everill große perſönliche Tapferkeit an den Tag gelegt haben. Kapitän Everid behauptet, er ſei dem Stridlands Fluſſe bis hinauf in das deutſche Gebiet gefolgt, und habe
Das ſehr ſtark vertretene deutſche Element ſtrömt in die Bier
ſtuben . Einen eigentlichen Winter kennt man nicht, der ſtrengſte Winter iſt faum fälter als der Herbſt im Norden. Noch ringt das mexicaniſche Element mit dem amerikaniſchen und dem deut ſchen um die Herrſchaft, aber es wird immer weiter zurückgedrängt, und die Zufunft wird vor allen Dingen den Deutſchen gehören . Unter den öffentlichen Pläten iſt in erſter Reihe die Plaza
Alamo zu nennen . Sie war während des teraniſchen Unab hängigkeitskrieges der Schauplatz eines berühmten Verzweiflungs kampfes (28. Oktober 1835) zwiſchen den Teranern und den
Mericanern. Die Teraner, vom Oberſt James Bowie gefiihrt, hatten ſich in der Kirche feſtgeſetzt, die Mericaner griffen die Kirche an, wurden aber nach langem blutigen Ringen zurückgeſchlagen. Oberſt Bowie und die Kämpfer, welche an ſeiner Seite gefallen , ſind auf der Plaza Alamo begraben.
Der Name des Führers
ſpeziell aber iſt außerdem durch das von ihm konſtruierte „ Bowie W Meffer " verewigt.
Kleinere Mitteilungen .
460 * Eine neue Inſekten -Wanderung.
! vor der Grauſamkeit ihrer verräteriſchen Verfolger flohen. Zu
In der mittleren Aprilwoche hat das maſſenhafte Erſcheinen
ihnen geſellten ſich bald der jugendliche Sohn des legten chineſiſchen
eines Inſekts von furchtbarem Ausſehen in Waſhington bedeuten des Aufſehen erregt. Einer der Entomologen des landwirtſchaft desſelben nachſtehende Schilderung gegeben : Dieſes fragliche große
Kaiſers und ſpäter viele andere Perſonen , welche der alten Dy naſtie beſonders zugethan waren . Mehrere Jahre lang unter hielten ſie einen feden Kampf mit dem uſurpierenden Gouvernes ment. Aber 1736 wurden ſie gezwungen , ſich in die verſchiedenen
Inſekt iſt zwei und einen halben Zou lang, iſt der Belostoma
Teile des Reiches zu zerſtreuen , nachdem ſie vorher über gewiſſe
americanum der Entomologen und gehört zu der Ordnung der Hemipteren oder echten Wanzen. Es lebt während ſeines in reifen Zuſtandes in Teichen und langſam fließenden Gewäſſern
Zeichen übereingekommen waren , wodurch ſie ſich untereinander erkennen ſollten, bis der große Tag der Rache herankäme, wo ſie alle nach Nanking marſchieren und die Familie ihrer alten Herr ſcher auf den Thron jeten könnten . Von jener Zeit bis jetzt
lichen Departements hat von dem Ausſehen und der Lebensweiſe
und hat dann keine Fliiget ; es iſt im Herbſt ausgewachſen und bleibt den Winter hindurch in den Teichen. Wenn die reifen Inſekten im Frühjahr durch die warme Witterung geweđt werden
kommen ſie mit Einbruch der Nacht hervor , oft in ungeheurer Menge und fliegen umher ; die Geſchlechter paaren ſich und ſie kehren dann nach den Teichen zurück, in welchen die Weibchen ihre
Eier niederlegen. Sie werden ſehr vom Licht angezogen und namentlich von den elektriſchen Lampen , unter welchen oft große
Menge von ihnen auf die Bürgerſteige ſich niederthun und unter die Füße getreten werden. Ihr plößliches Erſcheinen ruſt oft Beunruhigung hervor und während der bezeichneten Wode und einiger vorhergehenden ſind an das landwirtſchaftliche Departe ment viele Eremplare aus verſchiedenen Teilen von Nordcarolina und anderen Südſtaaten eingeſandt worden , in deren Begleit ſchreiben die Verfaſſer derſelben die Angſt vor dieſer Inſekten
Invaſion und dem etwa daraus entſpringenden Schaden aus drüdten und ſie mit den Wanderheuſchreden in dieſelbe Kategorie ſtellten. Allein ſie ſind vollkommen harmlos ; ſie können allerdings
haben ſie ihre Verfaſſung, wie die Freimaurer in Europa, !
geheim erhalten, ſie ſind in Logen eingeteilt und durch gewiſſe, nur ihnen bekannte Zeichen verbunden . Die Art, wie ſie Taſſen und Teller auf den Tiſch ſeten , Thee ausgießen , eſſen und trinken, ihre Kleider ablegen, und die Worte, wie die gewöhnlichſten Fragen geſtellt werden , ſetzen augenblicklich ein Mitglied von der An weſenheit eines anderen der Körperſchaft in Kenntnis, obgleich die
Ertennungszeichen auf ſo geringfügigen Unterſchieden beruhen, daß fie dem ſcharfſichtigſten Auge eines Uneingeweihten entgehen würden . Die Aſſociation ſoll ſich immer noch weiter ausbreiten ; fie umfaßt Menſchen aller Klaſſen , beſonders unter den niederen, obgleich auch einige untere Mandarine und einige Polizeiangehörige unter ihnen ſind. Sie halten häufige Verſammlungen, wo ſie ihre Eide der Treue gegen einander erneuern, Verräter angeben! und über die beſte mund geheimſte Weiſe, ſie zu beſtrafen, beraten . Sie miſchen ihr Blut vor einem Altar mit Rauchwerk zum Zeichen ewiger Treue und ſchließen gewöhnlich mit einem Trinkgelage. D. Gr.
einen ſehr ſchmerzhaften Biß beibringen, denn ſie ſind mit einem kurzen harten Schnabel verſehen, aber ſie beißen nicht freiwillig und leben von keinerlei Pflanzenſtoffen außerhalb des Waſſers.
Anzeigen
Sie ſind fleiſchfreſſend und nähren ſich hauptſächlich von kleineren Waſſerinſekten und verſchmähen gelegentlich auch nicht einen Fijch, Froſch oder ſonſtigen Biſſen Fleiſch, welcher ihnen in den Weg
kommen mag. Dieſes Inſekt iſt ſchon in friiheren Jahren oft ebenſo zahlreich vorgekommen , aber nicht ſo ſehr bemerkt worden, weil es damals nicht ſoviel elektriſche Lichter gab, von denen es angezogen werden konnte.
Gleich ſo vielen anderen von den echten
Wanzen hat auch das Beloſtoma einen ſehr ſtarken und eigentüm lich widerwärtigen Geruch . Auch eine Anzahl anderer im Waffer lebender Inſekten wird vom lichte angezogen , jedoch niemals in r.
folcher Menge.
Die chineſiſche Triad - Geſellſchaft. Dieſe Societat intereſſiert durch ihren angeblichen Zwed, die
Herder'ſche Verlagshandlung, Freiburg (Baden ). In den nächſten Tagen erſcheint und werden ſchon jetzt Beſtellungen durch alle Buchhandlungen entgegengenommen :
Jahrbuch der Naturwiſſenſhaften 1885 – 1886. Enthaltend die hervorragendſten Fortſchritte auf den Gebieten :
Phyſik, Chemie und chemiſche Technologie ; Mechanik; Aſtro
nomie und mathematiſche Geographie; Meteorologie und phyſi kaliſche Geographie; Zoologie und Botanit, Forſt- und Land wirthſchaft ; Mineralogie,Geologie und Erdbebenkunde; Anthro pologie und Urgeſchichte ; Geſundheitspflege , Medicin und Phyſiologie; Länder- und Völkerkunde; Handel und Induſtrie;
fremde Familie , welche jetzt den faiſerlich chineſiſchen Thron
Verfehr und Verkehrsmittel.
behauptet, über den Haufen zu werfen und die chineſiſche Dynaſtie,
männern herausgegeben von Dr. M. Wildermaun.
welche vor zwei Jahrhunderten durch die tartariſche Raſſe ver drängt wurde, wieder einzuſetzen . In den „ Transactions of the
einer Karte und mehreren in den Tert gedructen Kärtchen
Asiatic Society “ ſind ſeinerzeit Dokumente mitgeteilt worden, welche der zu Hongkong gefundenen Korporation angehörten.
Es
und Holzſchnitten.
80.
Unter Mitwirkung von Fach Mit
(XVI 1. 634 S. ) M. 6 ; geb. in
Original Einband, Leinwand mit Deckenpreſſung M. 7. Dieſes Jahrbuch fiihrt in gemeinverſtändlicher, anregender Sprache die wichtigſten Errungenſchaften vor, die das ver flojſene Jahr auf dem Geſammtgebiet der Naturwiſſenſchaften !
ſind Geſänge bei der Einfiihrung neuer Mitglieder, der Eid den lettere leiſten mußten , Nachrichten von dem Urſprung und Fort ſchreiter: der Geſellſchaft, wie ſie ſelbſt ſie geben. Nach dieſem Dokumente datieren ſie ihren Urſprung von einem Kriege zwiſchen den Mandſchus und den Seloos gegen das Ende des 17. Jahr hunderts , in welchem das Gouvernement weſentlich unterſtützt wurde von einer Aſſociation von 1200 Bonzen des Fokien, deren Succeß und nachherige Belohnung den Neid der Hofleute ſo erregte, daß ihr Etabliſſement völlig verbrannt und der ganze Verein zerſtört wurde , mit Ausnahme von fünf Mitgliedern, die
gebracht hat.
Verlag der I. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
f. C. Dahlmann's
Kleine Schriften und Reden. gr. Oktav. XIV und 484 Seiten. M. 6.
Druc und Berlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Iluslaud.. Wochenſchrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von
der
I. G. Cotta'ſchen Budhandlung in Stuttgart und Wünchen. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 14. Juni.
Nr. 24.
1886 .
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions-Czemplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direkt an Herrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6/ II, zu jenden. Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Die Emanzipation der Neger und ihre jevige Stellung in den Vereinigten Staaten . Von D. Moſebach. S. 461 . 2. Die Brüden von London. Mit einer Abbildung. S. 466. 3. Ueber die Geſezmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See- Phänomens und deren wahrſcheinliche Urſache. Ein Beitrag zur Morphologie der Alpenſeen. Von Dr. Alois Geiſtbed. (Schluß.) S. 470. 4. Ueber das Vaterland des Seladon -Porzellans. Von A. B. Meyer. S. 474. 5. Briefe aus Neu -Mexico. Von Adolf Bandelier. (Fortſetzung.) S. 476. 6. Litteratur. S. 479.
Die Emauzipation der Neger und ihre jebige Stellung in den Vereinigten Staaten.
Kentucky, Miſſouri, Maryland, Delaware und der weſt liche Teil von Virginia, auf der Mitte zwiſchen dem Norden und Süden gelegen, wollten ſich neutral verhalten,
Von D. Moſebach.
wurden aber mit in den bald folgenden Krieg hineingezogen,
Die unmittelbare Veranlaſſung zu dem Bürgerkriege von 1861 bis 1865 war die Sklavenfrage in den Süd
und ihre Bewohner kämpften auf beiden Seiten mit um ſo größerer Erbitterung. Die Südländer hatten nicht erwartet, daß man ſie
ſtaaten der Vereinigten Staaten. Eine Emanzipierung der Sklaven wurde vor dem Kriege und ſelbſt in den erſten Jahren desſelben nicht ver
langt, denn das Volt im Norden war zu der Zeit noch
nicht für Abſchaffung der Sklaverei geſtimmt, die den Südländern garantiert worden war, nur wollte man die ſelbe beſchränken.
In der Wahl von 1860 ſiegten die Republikaner und ſie hatten den Grundſaß aufgeſtellt, daß in Zukunft die Sklaverei nicht auf neue Staaten ausgedehnt werden ſolle. Nur eine kleine Partei, die Abolitioniſten, die in den Neu -England-Staaten beſonders ſtark und thätig war, be ſtand auf gänzlicher Befreiung und Gleichſtellung der Neger; und die Südländer ſaben voraus, daß über kurz oder lang dieſe Partei den Sieg erlangen und ihren Zweck erreichen würde.
Um ſich die Sklaven zu erhalten und damit ihre Macht und ihr Anſehen, bereiteten ſie ſich auf Trennung von der Union vor, und die Wahl Lincolns zum Präſi denten 1860 zum Vorwand nehmend, ſagten fich zehn Staaten von der Union los und bildeten einen Staaten:
bund oder Konföderation für ſich. Die übrigen fünf Stlavenſtaaten, nämlid Tenneſſee, Ausland 1886 Nr. 24 .
mit Gewalt hindern und als Rebellen behandeln würde, auch vertrauten ſie auf ihr vermeintliches Recht, auf ihren
kriegeriſchen Geiſt und beſſere Vorbereitung zum Krieg, und auf die Hülfe ihrer Freunde im Norden, die demo fratiſche Partei.
Aber der Patriotismus des Nordens, die Liebe zur
Erhaltung der Union überwog alle politiſchen Meinungs verſchiedenheiten, und als der Süden durch Beſchießung und Wegnahme von Fort Sumter, im Hafen von Charles ton, den Krieg eröffnete, wurde die Begeiſterung eine all gemeine und riß jeden mit ſich fort. Das Volk wurde vom Präſidenten zu den Waffen gerufen, der Krieg be gann, und erſt nach einem blutigen, vierjährigen Ringen wurde der Süden, troß der heroiſchſten Anſtrengungen, beſiegt und die Union wieder hergeſtellt, die Sklaverei aber für immer abgeſchafft. Damit war aber der Friede noch lange nicht her:
geſtellt. Die ſüdlichen Armeen waren allerdings entwaff net, die Mannſchaften aufgelöſt und in ihre Heimat ent laſſen worden ; aber die Gährung und Aufregung dauerte noch fort, durch die politiſche Rekonſtruierung der Südſtaaten
und die Stellung der Freigelaſſenen veranlaßt. Und es 70
Die Emanzipation der Neger und ihre jepige Stellung in den Vereinigten Staaten .
462
hat noch viele Jahre gedauert, bis ſich die neuen Verhält niſſe geordnet, und Ruhe und Ordnung wieder hergeſtellt wurden .
Das zu erläutern und verſtändlich zu machen , iſt der Zweck dieſer Zeilen. Als der Krieg ausbrach, betrug die farbige Bevölke: rung im Süden ungefähr 42 Millionen Seelen. Die
meiſten waren edite Neger afrikaniſcher Abſtammung, aber in den Vereinigten Staaten geboren. Nur ſehr wenige waren aus Afrika herübergebracht worden, da die Gefeße die Einfuhr verboten und engliſche und amerikaniſche Kriegs idhiffe an der afrikaniſchen Küſte ſeit den zwanziger Jahren den Sklavenhandel faſt unmöglich machten. Aber es gab
darunter viele Farbige oder Miſchlinge, von einer Negerin oder Farbigen und einem weißen Vater abſtammend, und mandje waren von ſo heller Hautfarbe, daß man ſie an derswo für Weiße gehalten hätte. Alle waren Sklaven, mit Ausnahme von wenigen Freigelaſſenen ; ſie hatten keine Rechte, nur das Recht zu leben, und das war nominell.
Sie waren eine Sache, gerade ſo wie ein Pferd oder an deres perſönliches Eigentum, der Befißer konnte mit ihnen und ihren Kindern machen was er wollte. Die Freige laſſenen hatten auch keine politiſchen und bürgerlichen Rechte, ausgenommen ihre Selbſtändigkeit; aber ſie konn ten ſich unter den Schuß eines weißen Patrons ſtellen und in ſeinem Namen Eigentum erwerben. Troßdem war die Lage dieſer Sklaven im allgemeinen nicht ſo ſchlimm , wie man es ſich anderswo gewöhnlich vorſtellte ; ſchon der hohe Wert eines Sklaven ſicherte ihm Schuß und eine verhältnismäßig gute Behandlung. Auch
Verhältnis eingetreten, nachdem ſie die ſo geprieſene und erſehnte Freiheit kennen gelernt hatten. In den erſten zwei Jahren des Krieges wurde der Beſit der Sklaven ſelbſt von den nördlichen Truppen in den von
ihnen okkupierten Landesteilen reſpektiert, bis Präſident Lincoln im September 1862 ſeine große Emanzipations Proklamation erließ, wonady alle Sklaven vom 1. Januar 1863 als frei erklärt wurden. Der Friede machte ſie alle frei ; aber auf Anraten der Regierung in Waſhington follten ſie bis Ende des Jahres 1865 im Dienſte ihrer
Herren verbleiben gegen Vergütung an Geld oder einem gewiſſen kleinen Anteil am Ertrag der Ernte, nebſt Bes
köſtigung; und die Befehlshaber der Bundestruppen wur: den angewieſen ſie zu ſchüßen gegen etwaige Mißhandlung oder Verweigerung des Lohnes. Eine beſondere Militärbehörde wurde eingefeßt, das Freedmen's Bureau genannt, an deſſen Spiße ein General
der regulären Armee ſtand, der in Waſhington reſidierte und von dort das ganze Departement leitete. An der Spiße eines jeden Staates ſtand ein höherer Offizier, der gewöhnlich auch die regulären Truppen im Staate kommandierte. Jeder Staat war in mehrere Di
ſtrikte geteilt, dem ein Hauptmann oder Major vorſtand, und jeder Diſtrift in Bezirke – gewöhnlid) ein County mit einem Lieutenant oder Zivilbeamten. Unter den
leßtern befanden ſich auch viele Südländer. Die Befug niſſe dieſes Bureau's waren : die Freigelaſſenen zu ſüßen , Klagen anzuhören und zu ſchlichten, die Arbeits- und Lohnverhältniſſe zu regeln, Kontrakte für nur ein Jahr zu prüfen und zu genehmigen oder zu verwerfen, und die
trugen gegenſeitige Anhänglichkeit und Gewohnheit zwiſchen Herr und Sklave, die auf derſelben Scholle vielleicht ge
Schwarzen auch zur Arbeit anzuhalten. Auch ſtanden die Schulen, die errichtet wurden, und deren Lehrer, meiſtens
boren und aufgewachſen und zur Familie gerechnet wur
Frauen aus den Neu - England - Staaten, unter ſeinem
den, viel dazu bei, das Loos der Sklaven erträglich zu
Schuß. Um ihren Verordnungen Geltung zu verſchaffen, hatten die Diſtrikt-Kommandeure Soldaten zu ihrer Ver
machen ; beſonders für ſolche, die als Domeſtiken verwendet wurden . Schlimmer hatten es die Feldarbeiter, denn ſie mußten hart arbeiten, waren unter der Aufſicht von bru talen weißen Aufſehern, die allgemein verachtet wurden, und die Peitſche wurde oft angewandt, wenn der Neger ſeinem Hang zur Faulheit zu ſehr nachygab. Das traurigſte war, wenn durch Tod oder Unglück des Beſißers die Fa milien getrennt verkauft wurden.
Daß die Behandlung im allgemeinen nicht ſo ſchlecht oder grauſam war, wie es im Norden geſchildert wurde, beweiſt das Verhalten der Sklaven während des Krieges.
Nicht ein einziger Aufſtand iſt zu verzeichnen, obſchon die weißen Männer alle im Felde ſtanden. Die meiſten Sklaven waren ihren Herren treu und zugethan, und während dieſe an der Grenze ſtanden , wachten jene über die weißen Frauen und Kinder. Wohl alle ſehnten ſich nach der Freiheit, und die jungen Männer liefen davon wenn fidy ihnen Gelegenheit bot, weil der Neger mit dem
Begriff von Freiheit auch Beſiß und ein angenehmes Leben verband ; viele wären nachher gern wieder in ihr früheres
fügung und konnten jeden verhaften, der ſich ihren An ordnungen nicht fügen wollte, und ihn bis auf höheren Befehl in Haft behalten. Sobald die Staaten, deren Regierungen zuerſt provi:
foriſch, nachher aber permanent wieder reorganiſiert wur den, Geſeße erlaſſen hatten, welche die bürgerliche Gleich : ſtellung der farbigen mit der weißen Bevölkerung feſtſtellten , aber keine politiſchen Rechte verliehen, hörte, mit Genehmi gung von Waſhington, die richterliche Gewalt des Bureau's auf ; nur mußten die Offiziere und Beamten darüber wachen ,
daß die Zivilbehörden der Staaten und die Gerichte keinen Unterſchied machten zwiſchen Weißen und Farbigen ; an dernfalls konnten ſie einſdyreiten, eine Sache ſuspendieren
und zur Anzeige an die höhere Behörde bringen. Eine ſolche Behörde war unbedingt nötig und würde
auch der weißen Bevölkerung zu Gute gekommen ſein, wenn ſie von dieſer Seite unterſtüßt worden wäre. Allein die Weißen ſahen das Bureau als ein Inſtrument der Tyran nei an, nur zum Zwede errichtet, um ſie zu beleidigen
Die Emanzipation der Reger und ihre jevige Stellung in den Vereinigten Staaten.
463
und zu quälen. Die beſten Maßregeln, durch die neuen
Weißen hätten ſie gerne angewandt, allein das konnte die
Verhältniſſe geboten , ſahen ſie als Eingriffe in ihre Rechte als freie Bürger an ; ſie wollten ihre Angelegenheiten mit
Behörde nicht zugeben ; ſo mußte ſie es ſelbſt thun.
den Farbigen ſelbſt regulieren, mit anderen Worten, ihn
durch Gewalt wurden die Schwarzen gezivungen, Kontrakte
zwingen, für ſie zu arbeiten und nur das bezahlen, was ſie für gut fanden ; womöglid, wenig oder gar nichts. Durch den Krieg arm geworden , oft mit bitterer Not kämpfend, an freie Arbeit nicht gewöhnt und ſelbſt zu ſtolz zu arbeiten, ſuchten ſie ſich an den Sdwarzen (dhadlos
abzuſchließen und die Städte zu verlaſſen ; wo ihrer zu viel waren, wurden ſie auf Koſten der Regierung nach ſolchen
zu halten oder an ihnen ihren Aerger auszulaſſen ; der geringſte Widerſpruch oder die Geltendmadyung ſeiner Frei heit verſeßte ſie in Wut und riß ſie zu Thätlichkeiten hin . Durch die vielen Verhaftungen von ſeiten der Militär
behörde wurde die Stimmung noch verſchlimmert. Dazu kam, daß die Neger auch nicht wußten wie ſie ſich zu be:
Zuerſt durch Ermahnung und Ueberredung und dann
Gegenden geſchickt, ivo zu wenig waren . Das half ! Nady einer Woche idon ſah man keine lungernden Neger auf der Straße und Tauſende zogen wieder aufs Land. Auch nachher ſorgte die Behörde, daß die Schwarzen ihren Kon trakt hielten und nid t fortliefen, wann ſie gerade am nötigſten gebraucht wurden. Dadurch ermutigt, fing man an, in einigen Staaten
Gefeße zu erlaſſen, durch welche die Sdywarzen in ein neues,
durch's Land und hekten ſie auf ; aud die vielen fanati
abhängiges Verhältnis zu den Weißen, eine andere Art von Sllaverei, würden verlegt worden ſein. Zum Beiſpiel ein Geſet verordnete , daß Farbige gezwungen werden
ſchen Weiber von Neu -England, die als Schullehrerinnen
konnten, ſo lange in Dienſt zu bleiben, bis ihre Schulden
das Land überſd wemmten und den Südländern furchtbar
an ihre Arbeitgeber abgetragen ſeien , oder ſie konnten wegen Schulben auf richterlidhen Befehl öffentlich an den Meiſtbietenden verſteigert werden und waren gezwungen , dem zu dienen, bis ſie ihre Schulden mit den Gerichtskoſten
nehmen hatten ; politiſche Agenten von Norden reiſten
verhaßt waren, trugen dazu bei, die Neger faul und
widerſpenſtig zu machen . Man machte ihnen weiß, daß ſie nicht für die Weißen zu arbeiten brauchten, daß die Regierung jedem ein Haus, 40 Acer Land, einen Maul eſel und Ackergerätſchaften liefern würde. Die Folge war, daß die meiſten Schwarzen Ende des Jahres 1865 ihre Wohnſiße verließen, und nach der näch îten Stadt, wo Truppen ſtanden, zogen, um ihre 40 Ader Land u. 1. w. in Empfang zu nehmen.
abgearbeitet hatten .
Da nun die Bedürfniſſe der Schwarzen mit der Frei heit ſich gewieſen erſt nach zuzahlen
auch vermehrt hatten und ſie auf Vorſchuß an waren, um dieſelben zu befriedigen, da ihr Lohn Verkauf der Ernte oder Ende des Jahres aus war, ſo war es ein leidytes, fie in Schulden zu
Zu Tauſenden ſammelten ſie ſich dort an, wo es ihnen
bringen und auf immer darin zu halten . Dieſes Gefeß
am allernötigſten fehlte. Die Not wuchs von Tag zu
war darauf berechnet. Auch wurde die Prügelſtrafe von
Tag ; Krankheiten, wie die Blattern, brachen aus und ſteckten auch die weiße Bevölkerung an. Die Pflanzer, die
Rechtswegen eingeführt, denn der Weiße konnte ſich den Schwarzen ohne Prügel gar nicht denken , ſo daß Farbige
nach der Stadt kamen, um Arbeiter für das laufende Jahr
wegen Faulheit, Vernachläſſigung im Dienſte oder ſon ſtiger Vergehen gezüchtigt werden konnten . Die Behörde mußte auch dagegen einſchreiten und dieſe Geſeke wurden widerrufen. Die Südländer aber beſtanden darauf, ihre Angelegenheiten ſelbſt zu regulieren, die Schwarzen ſollten in einem abhängigen Verhältnis bleiben ; die Schulen waren ihnen darum ein Dorn im Auge, auch ſollte es
zu mieten , konnten keine bekommen. Die Neger ſtahlen , die Weißen ſchlugen oder ſchoſſen ſie nieder. Auch unter der weißen Bevölkerung herrſchte große Not, und die Re gierung ließ durch das Bureau Lebensmittel und Kleidung austeilen an alle Notleidenden, Weiße ſowohl wie Schwarze.
Mildthätige Gaben an Geld, Kleidung u. f. w. wurden von Norden geſchidt, um der allgemeinen Not abzuhelfen. Selbſt Hoſpitäler wurden angelegt , und die Blattern
keinem erlaubt ſein, Land zu paditen und auf eigene Fauſt
geſchafft werden. Klagen gegen Schwarze wegen Diebſtahls,
es bebauen, ſelbſt wenn ein Weißer ihnen dazu Land und das Nötige zur Bebauung hergeben wollte. Da ſie das nicht offen und auf geſeblichem Wege verhindern konnten,
gegen Weiße wegen Mißhandlung oder Totſchlags vermehr
ſo ſuchten ſie es im Geheimen und auf ungeſeßliche Weiſe
ten ſich von Tag zu Tag, immer bitterer wurde die Stim mung, von beiden Seiten geſchürt von der einen Seite durch die politiſchen Agenten und Yankee-Schoolmarms, wie man ſie nannte, von der anderen Seite durch die jungen Heißſporne, die in ihrer Armut und Verzweiflung zum Schnaps ihre Zufludyt nahmen und den Krieg gern wieder erneuert hätten. Eine allgemeine Hungersnot ſtand in Ausſicht, denn die Weißen hatten nicht gelernt zu ar beiten und die Sdwarzen wollten nicht. Nur Gewalt und energiſche Mittel konnten hier Drdnung (dyaffen. Die
zu thun. Zu dieſem Zwede rotteten ſie ſich zuſammen, zogen des Nachts aus, holten ſolche Sdwarze, die ſich zu
kranken unter den Schwarzen mußten mit Gewalt dahin
unabhängig machten, aus ihren Hütten und peitſditen ſie jämmerlich durch, jagten ſie weg oder ſchoſſen ſie nieder. Die Gefeße, die den Schwarzen gleiche Rechte verliehen , waren tote Buchſtaben. Die Gerichte waren machtlos und wollten auch nicht einſchreiten ; vielmehr ſuchten ſie die Schuldigen zu ſchüßen, indem ſie Kenntnis von Klagen und Anzeigen nahmen und dann die Verhandlungen im mer wieder hinausſchoben, während die Uebelthäter ſich
464
Die Emanzipation der Neger und ihre jetzige Stellung in den Vereinigten Staaten.
auf freiem Fuß befanden , ſelbſt wo Mord vorlag. Es
bedurfte, auf ſo viele Jahre hinaus hinderten, ſind dieſer
war unmöglich, im ganzen Süden eine Jury zu finden,
einſeitigen und ſelbſtſüchtigen Politik zuzuſchreiben. Um die Farbigen zu organiſieren und zu führen, ivurde eine Bande gewiſſenloſer Abenteurer ins Land ge
welche einen Weißen wegen Totſchlags eines Schwarzen ſchuldig befunden hätte. Die Beſſergeſinnten unter der ſüdlichen Bevölkerung mußten (dyweigen aus Furcht vor dieſen Regulatoren.
ſchickt, von den Südländern Carpetbaggers genannt – nady dem Reiſefad aus Teppichzeug, den ſie gewöhnlich mit
Das Bureau felbſt war madıtlos, denn die Offiziere mußten ſich an die Staatsgeſebe halten, und wenn ſie
deren brachten und der all ihr Hab und Gut enthielt Zived es war, ſid, auf Koſten der Südländer zu bereichern.
Soldaten ausſchickten, um ſolche Ulebelthäter zu verhaften und den Gerichten zu überliefern, gleidh gings wie ein Lauffeuer durdy's ganze Land, und der ſich ſchuldig wußte,
Die Unionsbeamten , die nicht ganz und gar mit dieſer Politik übereinſtimmten, wurden abgeſeßt, und deren Stellen
ſprang über den Zaun in den nächſten Wald und war vor Verfolgung ſicher. Gewöhnlidy aber ſtellten ſie ſich freiwillig, wenn ſie von einer Anzeige benachrichtigt wur den, und wurden dann auf Bürgidhaft entlaſſen. That
ein gewiſſenhafter Richter ſeine Schuldigkeit – und das war ſelten – und brachte die Sache zur Verhandlung am Gericht, ſo ſprach die Jury den Angeklagten frei. Alles dieſes wurde nach dem Norden berichtet und
mit dieſen politiſden Freibeutern beſeßt. Zu den hervor: ragendſten Stellen, beſonders im Steuer - Departement, wurden ſie ernannt. Sie bildeten in jedem Staat einen ſogen. Ring, der, von Waſhington unterſtüßt, die Herr ſchaft an ſid riß und alle beſſer denkenden Männer ver dächtigte und aus dem Wege räumte. Selbſt wohlerprobte, ausgediente Offiziere, deren ſich die Regierung hätte be dienen können, wurden ignoriert und beiſeite geſchoben .
die republikaniſchen Zeitungen malten dieſe Zuſtände in
Die Militär-Gouverneure, die eine mehr liberale Politik verfolgten und dieſe Freibeuter nicht unterſtüßen wollten,
den grellſten Farben aus. Auch die Regierung in Wa
fielen in Ungnade.
Im Kongreſſe
Dagegen konnten die Südländer nichts machen , fie
drang man auf verſchärfte Maßregeln , und verweigerte die Zulaſſung der ſüdlichen Repräſentanten. Präſident John ſon nahm Partei für die Südländer und ſuchte ſie zu
waren machtlos; am liebſten hätten ſie wieder losgeſchlagen
ſhington war darüber gut unterrichtet.
ſchüßen. Die Radikalen verlangten, daß die Farbigen in jeder Beziehung frei und gleid fein ſollten, und glaubten
und das ganze Geſchmeiß aus dem Lande getrieben. So
bildeten ſie geheime Geſellſchaften, die unter dem Namen der Ku -Klur- Clan oder Regulatoren ſo berüchtigt wurden. Zuerſt ſuchten fie durch allerlei Spufgeſtalten und Dro:
durd Erlaſſung von Gefeßen allein jeden Unterſdied zwiſden Schwarzen und Weißen beſeitigen zu können. Sie verlangten fogar ſoziale Gleichſtellung derſelben, die
ſammlungen fern zu halten, oder nahmen die hervor
ſelbſt im Norden nicht beſtand.
ragendſten heraus und peitſchten ſie durch; als das alles
Im Frühjahre 1867 erließ der Kongreß ein Gefeß, wodurch den Schwarzen das Stimmredit verliehen, die Verweigerung desſelben und andere bürgerliche Rechte mit Geld und Gefängnisſtrafe bedroht und die Vereinigten Staaten -Gerichte zur Vollſtreckung ermächtigt wurden. Die
nidhts half, griffen ſie zum Maſſenmord. Verſammlungen wurden mit Büdiſe und Revolver auseinander geſprengt,
Anerkennung der ſüdlichen Staaten ſollte aber von der Annahme dieſes Gefeßes in ihrer Verfaſſung abhängen. Man wollte damit dem Farbigen eine Waffe in die Hand
geben, mit der er ſich ſelbſt ſchüßen konnte ; denn man hatte damals noch die Anſicht, und die war allgemein , daß das Stimmrecht an ſich allein ſchon hinreichte, um die Menſchen glücklich und zu beſſeren Menſchen zu machen, gleichviel ob ſie dazu reif waren oder nicht. Vor allen
Dingen aber wollte man, auf die Dankbarkeit der Neger bauend, die Südſtaaten für die republikaniſche Partei ge winnen, um dieſer Partei für viele Jahre hinaus die Herrſchaft zu ſichern. Aber Gefeße machen und Geſete
hungen, auf die Dummheit und Furcht der Neger berechnet,
dieſelben einzuſchüchtern und von politiſden Klubs und Ver
die ſich hervorthaten, in ihren Hütten niedergeſchoſſen oder am nächſten Bäume aufgehangen. Tauſende von Negern ſind auf dieſe Weiſe ermordet worden, noch mehr wurden verwundet oder blutig gepeitſcht. Ihren weißen Führern
erging es auch ſo, wo man ihrer habhaft werden konnte ; ſie waren aber ſchlau genug, ſich in der Nähe von Truppen aufzuhalten . Die Neger leiſteten keinen Widerſtand, ſtedten aber heimlich die Häuſer und Scheunen an. Ein Schrecken ging durchs ganze Land. Die Militärbehörde that alles Mögliche, um dieſem Unweſen zu ſteuern , aber es fehlte an genügenden Truppen ;
die vorhanden waren, mußten in den Städten konzentriert bleiben, auch hatte ſie keine Jurisdiktion mehr über ſolche Fälle.
Die Staatsbeamten thaten, als ob es ſie nichts
ausführen iſt zweierlei , beſonders in den Vereinigten
angehe ; ſie nahmen ſelbſt teil an dieſen Verbindungen , und da die Regulatoren ihre Greuelthaten immer bei Nacht
Staaten, und eine kurzſichtigere und unweiſere Politik hätte
und mit vermummtem Geſicht und Geſtalt verübten und
jo leidyt nicht erdadyt werden können.
von den Schwarzen ſelten erkannt wurden , kein Weißer aber gegen ſie als Ankläger oder Zeuge aufgetreten wäre, ſo war ihnen ſchwer beizukommen . Endlich nahm der Kongreß die Sache wieder auf.
Die Südländer verweigerten die Annahme des Ge ſeßes, und alle die Greuel und Blutfzenen die nun folgten, und die den Aufſchwung des Südens, deſſen er ſo ſehr
Die Emanzipation der Neger und ihre jetige Stellung in den Bereinigten Staaten.
465
Die Militärgouverneure wurden ermächtigt, Kriegsrecht zu
behalten, anſtatt ihre vermeintlichen Freunde im Norden.
erklären ; Staatsbeamte abzuſeßen und an deren Stelle
Die Weißen gaben ſich nun aud) zufrieden. Das Land erholte ſich nach und nach von den harten Schlägen und der frühere Wohlſtand kehrte allmählich wieder zurück.
Dffiziere der Armee oder loyale Bürger zu ernennen ; Geſeße und die richterliche Gewalt zu ſuspendieren ; Kriegs gerichte einzuſeßen , welche Verbrechen gegen die Siderheit der Perſon unterſuchen und aud) beſtrafen konnten. Von
dieſer Gewalt madyten ſie auch einen umfaſſenden Gebrauch. Jebt wurde es ruhig. Ordnung und Sicherheit herrſchten
im Lande, mehr wie es jemals im Süden der Fall war. Die politiſchen Parteien waren nun ſdjarf getrennt; auf der einen Seite die Weißen als Demokraten , auf der anderen die Farbigen mit ihren nördlichen weißen Führern als Republikaner. Viele und zwar gerade die hervor: ragendſten Südländer waren noch vom Stimmrecht aus : geſchloſſen ; dadurch und durch mannigfache Betrügereien ſiegten die Republikaner in der Präſidentenwahl und in
den Staatswahlen von 1868 , und die Neger und Carpet baggers kamen an die Regierung. Die früheren Sklaven
ſaßen nun in der Legislatur und machten Gefeße, ſchrieben Steuern aus, weldie die Weißen bezahlen ſollten, denn ſie hatten ſelbſt kein Eigentum, folglich auch keine Steuern zu zahlen ; ſie machten Anleihen auf Anleihen und die Staats: Obligationen wurden im Norden für irgend einen Preis
flüſſig gemacht. Dazu kamen ſchlechte Ernte, Geſchäftsloſig keit, Mangel an Vertrauen , Armut und Verzweiflung. Die Feinde der Südländer im Norden jubelten. Jeßt nahmen die Südſtaaten die Bedingungen des Kongreſſes an und ſtellten die Gleichheit der Farbigen , die ſie früher
Die jüngere Generation lernte fich den neuen Verhält niſſen anpaſſen und die natürlichen Hülfsmittel des Landes benußen. Induſtrie und Handel , früher wenig gefannt, entwickelten fich , reiche Ernten brachten Geld ins Land. Die Arbeitsverhältniſſe regelten ſich von ſelbſt nach und nach, durch das gemeinſchaftliche Intereſſe bedingt , und heute würde kein vernünftiger Menſch mehr die Sklaverei
zurückwünſden. Allerdings hat es lange gedauert, bis es ſo weit kam .
Die früheren großen Plantagenbeſißer verſucyten durch weiße Arbeiter aus Europa die Schwarzen zu erſeßen, aber es gelang ihnen nicht, die Verſuche ſcheiterten alle, 1 ) weil das Klima, beſonders in den Flußniederungen, auf den Zucker- und Reis-Plantagen für die weißen Arbeiter unerträglich war ; 2) weil die weißen Arbeiter mit den ſchwarzen nicht konkurrieren konnten und wollten .
Die
Pflanzer waren demnach auf die Schwarzen angewieſen, und ſeit dieſe es unterließen , den Weißen auf politiſchem Felde konkurrenz zu machen, trat das frühere freundliche Verhältnis nady und nach wieder ein. Man behandelte ſie menſchlicher, zahlte ihnen den Lohn, den ſie verdient hatten, baute ihnen Schulen und ſtellte Lehrer an , um
ihre Kinder zu unterrichten ; ſelbſt Hochſchulen wurden , unterſtützt von Mitteln aus dem Norden, errichtet.
nicht hatten anerkennen wollen, gefeßlich und durch ein
Der große Plantagenbau erwies ſich als unmöglid
konſtitutionelles Amendement feſt. Ihre Repräſentanten nahmen im Kongreß ihre Siße ein, und die Südſtaaten
mit freien Arbeitern ; ſo teilte man das Land in kleine
wurden wieder als ſouveräne Staaten anerkannt.
Die
Parzellen , verpadytete dieſe an die fleißigſten und tüch tigſten Arbeiter und lieferte ihnen auch die nötigſten
Militärgewalt wurde eingeſtellt, das Freedmen's Bureau
Bedürfniſſe, um das Land zu bebauen .
abgeſchafft und eine allgemeine Amneſtie erlaſſen, wodurch
wurden auch durch die Not gezwungen , zu arbeiten , und
alle mit ſehr wenigen Ausnahmen wieder in ihre Bürger:
die großen Ernten ſeit dieſer Zeit beweiſen , daß auch mit
rechte eingeſeßt wurden .
freien Schwarzen gearbeitet werden kann, wenn es ver nünftig angefangen wird. Nicht allen hat die Freiheit Glück und Segen gebracht, wie ſie gehofft, und viele würden heute gerne wieder in
Um etwaige Gefährdung des allgemeinen Stimm rechts in Zukunft zu vermeiden , wurde ein Amendement zur Konſtitution der Vereinigten Staaten vorgeſchlagen und von den nötigen zwei Dritteln jämtlider Staaten angenommen . Man überließ nun die Schwarzen ihrem Schickſal, ſie ſollten in Zukunft ſich ſelbſt ſchüßen. Bei der nächſten Wahl in den Südſtaaten, zwei Jahre
Die Weißen
das frühere abhängige Verhältnis zurücktreten. Die Sorgen ums tägliche Brot, den Mangel an Schuß und Pflege in Krankheit und Alter fannten ſie früher nicht, und da die Schwarzen von Natur träge und nicht an Sparſamkeit
ſpäter, ſiegten die Demokraten. Die Carpetbaggers flohen,
gewöhnt ſind, ſo leben die meiſten von Hand zu Mund
ſolchen deren man habhaft werden konnte, wurde der Prozeß
gemacht wegen öffentlichen Diebſtahls und Betrugs, und ſeit
und ſind unzufrieden mit ihrem Loos. Daher die Aus: wanderung der leßteren Jahre nach dem Norden und
der Zeit iſt die demokratiſche Partei im Süden am Ruder
Weſten.
geblieben , troß aller flüglichen Berechnung der nördlichen Republikaner und aller Bemühungen , die Südſtaaten zurückzugewinnen. Die Schwarzen gaben ſchließlich den Kampf auf. Die traurigen Erfahrungen, die ſie gemacht, haben ihnen die Politik verleidet , die ihnen nur Unheil gebracht hat. Sie lernten auch, daß es beſſer ſei, die
Weißen, von denen ſie doch abhängen, zu Freunden zu
Die große Maſſe der Farbigen find echte Neger und Feldarbeiter auf den Zuders, Reis: und
Baumwollen
Plantagen. Man gibt ihnen eine Hütte von Baumſtämmen gebaut und ein Stückchen Land , um ihre Gemüſe u. dgl. zu ziehen , freie Ration und von zehn bis fünfzehn Dollars
Lohn den Monat. Die Ration beſteht in wöchentlichen Lieferungen von einem peck (ungefähr 15 Pfund) Mais 71
Ausland 1886, Nr. 24 .
466
Die Brüden von London.
mehl und 312 Pfund Spect, eine Nahrung , die ſie jeder anderen vorziehen. Die Arbeitszeit iſt gewöhnlich zwölf Stunden, zur Zeit der Ernte aber fünfzehn Stunden den Tag. Die Faulen und Schlechten drängen ſich in den Städten zuſammen , wo ſie nur ſo viel arbeiten, um nicht
zu verhungern ; ihre Bedürfniſſe ſind gering , und wenn die Brombeeren gut geraten
und alles unbebaute Land
Partei übergegangen, wenigſtens in Lokal- und Staats fragen , und die Farbigen ſtimmen jeßt mehr für ſolche Kandidaten, von denen ſie Schuß und Wahrung ihrer Intereſſen erwarten können, ohne Unterſchied der Partei. Man bemüht ſich daher von beiden Seiten, ihre Stimmen zu gewinnen, und inſofern iſt ihnen das Stimmrecht von Nußen. Gewalt wird nicht mehr angewendet, aber man
iſt mit denſelben bewachſen - fo leben ſie davon und arbeiten gar nicht; das übrige ſtehlen ſie. Denn zum Stehlen ſind ſie ſehr geneigt, und ein echter Sdwarzer riskiert ſein Leben, um ein Hühnchen oder eine ſchöne Waſſer melone zu ergattern. Der Eigentümer macht ſich auch kein Gewiſſen daraus, einen ſchwarzen Dieb niederzuſchießen wenn er ihn dabei ertappt. Die Farbigen , alſo diejenigen , die weißes Blut in
hat ihnen alle möglichen Hinderniſſe in den Weg gelegt,
den Adern haben, leben meiſtens in den Städten und
um Stimmen zu kaufen ; gerade wie im Norden . In den Städten der nördlichen und weſtlichen Staa: ten iſt die farbige Bevölkerung ebenfalls ziemlich zahlreich.
Drtſchaften, wo ſie als Handwerker, beſonders als Zimmer
leute und Schmiede, als Dienſtboten , Wäſcherinnen 2c.
z. B. eine Kopfſteuer von 3 Doll. per Jahr eingeführt,
und die Stimmfähigkeit von der Zahlung dieſer Steuer abhängig gemacht; aber ohne Unterſchied der Hautfarbe, was nicht gegen die Konſtitution verſtößt. Vielen Schwarzen iſt es das gar nicht wert. In Gegenden, wo ſie eine
große Majorität beſißen , ſcheut man bei den Wahlen auch nicht vor Vetrug zurück. Auch wird viel Geld angewandt,
Schon früher fand man dort viele anſäſſig, deren Zahl
ihren Unterhalt verdienen . Ihre Frauen haben von Tugend feinen Begriff, wenigſtens nicht vor der Heirat , und die hellen, hübſchen Mädchen wollen lieber die Geliebte eines Weißen ſein als die rechtmäßige Frau eines Farbigen, ſo lange ſie jung und hübſch ſind. Aud, in dieſer Beziehung wird es immer beſſer, je mehr Wohlſtand und Bildung unter ihnen zunimmt. Viele Farbige haben es durch Fleiß und Sparſamkeit
Kellner, Barbiere u. dgl., und das Vorurteil der weißen Bevölkerung gegen ſie iſt dasſelbe, wenn auch nicht ſo
zu einer gewiſſen Selbſtändigkeit und Wohlſtand gebracht,
(darf ausgeprägt wie im Süden. In den beſſeren Ho
aber durch den Krieg und die Unruhen nachher bedeutend vermehrt wurde. Ein Drittel der Bevölkerung Waſhing tons, der Bundeshauptſtadt, ſind Schwarze und Farbige. Sie befinden ſich alle, faſt ohne Ausnahme, in niedrigen
Stellungen , gewöhnlich als Dienſtboten, Wäſcherinnen,
um ſo trauriger iſt die verächtliche Stellung, die ſie in
tels und anderen öffentlichen Lokalen werden ſie audy nicht
ſozialer Beziehung einnehmen. Die dunklere Hautfarbe,
zugelaſſen, und die Verſude, ihre ſoziale Stellung durd
das Negerblut in ihren Adern iſt ihr Fluch. Kein Schwarzer oder Farbiger darf es wagen, ſich an demſelben Tiſd niederzulaſſen, wo ein Weißer ſißt, auch wenn er ihm an Bildung und Wohlſtand überlegen iſt. In keinem Hotel, wo Weiße logieren , wird er aufgenommen, in der Kirche, im Theater, auf der Eiſenbahn, überall haben ſie ihre beſonderen Pläße, die Kinder beſondere Schulen, und troß aller Gefeße läßt ſich das nicht ändern ; das Vorurteil iſt zu ſtark gegen ſie, auch ſchon durch ihren eigenen natür lichen Geruch zu entſchuldigen, der , je dunkler die Haut
Anrufung der Gerichte zu verbeſſern, ſind alle geſcheitert an dieſem Vorurteil. Sie gelten einmal für eine unter:
farbe , deſto unangenehmer iſt. Will der Farbige ſeine Rechte als freier Bürger in dieſer Beziehung geltend machen, ſo feßt er ſich nur Mißhandlungen aus. In religiöſer Beziehung gehören ſie der proteſtantiſchen , meiſtens der Baptiſten- und Methodiſten -Kirche an. Sie ſind ſehr fromm und zur religiöſen Schwärmerei geneigt. Ihre Frömmigkeit beſteht aber hauptſächlich in einem äußer lichen ſenſationellen Gebahren, ſie geben ſich dabei der größten Aufregung hin und ſingen und beten, daß ſie oft
wie toll in Verzückung fallen. Auf ihre Handlungen hat das keinen Einfluß. In leßter Zeit iſt die ſcharfe Trennung der Parteien durch die Hautfarbe ſehr gelockert worden . Da es nur zwei Parteien gibt, ſo iſt mander Weißer, um Dppoſition
zu machen, aus der demokratiſchen in die republikaniſche
geordnete Menſdienraſſe und werden es audy immer bleiben.
Die Brüden von London. Mit einer Abbildung.1
Einer der hervorragendſten Züge in der Phyſiognomie der Weltſtadt London ſind ſeine Brücken . Von der London :
Brücke bis nach Hammerſmith ſchwingen ſich 18 Brücken über die Themſe, von denen vier Eiſenbahn -Viadukte ſind, die 14 anderen aber dem Verkehr der Fußgänger, Reiter und Wagen dienen. Jede dieſer Brücken bildet im land ſchaftlichen Charakter wie im äußeren Ausſehen der Stadt wieder einen beſonderen Abſchnitt und gewährt einen 1 Wir entlehnen dieſe Jüuſtration dem von uns ſchon früher (,,Ausland" 1886 S. 60) beſprochenen Prachtwerte: »„ L'Angle terre, l'Ecosse et l'Irlande, par P. Villars. Avec 4 cartes en couleurs et 600 gravures.“ Paris, A. Quantin, 1886 , welches unter den illuſtrierten Werfen der Gegenwart eine wirk lich hervorragende Stellung einnimmt und ebenſo anziehend wie
lehrreich iſt, ſo daß wir es unſeren Leſern aus Ueberzeugung an empfehlen können .
Die Brüden von London .
verſchiedenen , ſpezifiſchen und kennzeid nenden Anblid ,
umrahmt je von einer beſonderen Umgebung. Jede der Brücken iſt aber auch eine ſpezielle Sehenswürdigkeit und
1. London - Brüde.
2. Cannon -Street- Brüde.
467
ein merkwürdiges hiſtoriſdhes Denkmal, mit welchem man ſich füglich näher bekannt machen darf. London Bridge , die am weiteſten Themſe-abwärts
Die Brüden von London . 3. Waterloo-Brüde . 4. Chelſea-Brüde. 5. Batterſea -Brüde. 6. Weſtminſter -Brüde. 7. Lambeth- Brüde.
8. Bladfriars-Brüde.
Die Brüden von London.
468
mittlere eine Spannweite von 45.75 m. und eine Höhe
mit einem Aufwand von 800,000 Lſtrl. erbaut worden iſt. Die drei Bogen von Gußeiſen ruhen auf 24 breiten Pfeilern von Stein ; der mittlere Bogen hat 72 m ., die beiden äußeren je 63 m. Spannweite. Zu der Brücke wurden 5780 Tonnen Gußeiſen und über 50 Tonnen Sdmiedeeiſen verwendet. Die Privatgeſellſchaft, welche dieſe Brücke erbaute, hat dieſelbe im Jahr 1865 der Stadt
von 15 m . über dem niedrigſten Waſſerſtand hat. Die Laternenpfähle auf der Brücke ſind aus dem Erz der bei
laſſen .
gelegene unter den Londoner Brücken, iſt in den Jahren
1825 bis 1831 nach den Plänen des Ingenieurs John Rennie von dieſem und ſeinen beiden Söhnen Sohn und George erbaut worden, iſt mit der Landfeſten 278 m .
lang und 15 m. breit, ganz aus ſchottiſchem Granit erbaut und beſteht aus fünf halbelliptiſchen Bogen, wovon der
Waterloo erbeuteten franzöſiſchen Kanonen gegoſſen. Vom nördlichen Ende der Brücke führen breite Treppen zur
London um eine Entſchädigung von 200,000 Lſtrl. über
Thames-Street herab, von welcher aus die ſogen. Piers
Oberhalb dieſer führt Alerandra - Bridge , ein Eiſenbahn-Viadukt von Gitterwerk mit einer Geſamtlänge von 1040 und einer Breite von 55 Fuß engliſch und mit
oder Landungsſtellen der Dampfboote zu erreichen ſind;
einer mittleren Deffnung von 220 Fuß, über die Themſe.
auf der ſüdlichen oder Surrey -Seite führen ebenfalls Treppen nach einem Pier hinab. Die Brücke hat zwei
Ganz nahe dabei iſt dann Blackfriars - Bridge, in den Jahren 1866-1869 an der Stelle einer alten,
Millionen eſtri. gekoſtet. London Bridge bildet die Grenze
baufällig gewordenen Brücke durch den Ingenieur W. Cubitt
zwiſchen der unteren und der mittleren Themſe, welche die ſtromaufwärts fahrenden Seeſchiffe nicht überſdreiten dürfen ;
und 170,000 Fußgänger die Brüde paſſieren, und zu ge wiſſen Stunden, beſonders zwiſchen 9 und 10 Uhr Morgens
erbaut. Sie hat eine Länge von m. 381.60 und eine Breite von m . 22.50 ; die Widerlager und die fünf Pfeiler ſind von Granit und auf dieſen ſtehen ſieben dicke 12 Fuß hobe Säulen von poliertem Granit mit Kapitälen von Portlandſtein , welde die dmiedeiſernen Bogen tragen. Der mittlere Bogen hat eine Spannweite von 185 Fuß engliſd ). Der Bau koſtete 350,000 Lſtrl. Von der Mitte der Brücke aus genießt man einen herrlichen Anblid der St. Paulskirdie, deren ungeheure Maſſe und gewaltige
ſie iſt nicht nur das wichtigſte Bindeglied zwiſchen der geſchäftsreichen Londoner City und dem dichtbevölkerten Southwark mit ſeinen vielen Fabriken, ſondern zugleidy auch die beſuchteſte Brücke von London, denn man hat
berechnet, daß täglich in 24 Stunden 20,000 Fuhrwerke
und 4 und 6 Uhr Nachmittags, iſt das Menſchengewühl
Proportionen von grandioſer Wirkung ſind. Die uns
auf derſelben ſo ungeheuer, daß man kaum durchzudringen vermag. Außerdem gewährt die Brücke eine ebenſo über raldende als lehrreiche Ausſidyt, nämlich ſtromabwärts auf den ungeheuern Schifffahrtsverkehr von Dampf- und
mittelbare Nähe eines abſcheulichen eiſernen Eiſenbahn Viadukts der Chatham- und Dover -Bahn , welche nur wenige Meter entfernt liegt, bindert unglüdlicherweiſe die Ausſicht und erdrückt die Blackfriarsbrücke, welde von un
Kohlenſchiffen , Fiſcher- und Segelbooten, Barken, Fluß
leugbarer Eleganz iſt. Die Brücke bildet zugleich die öſt
chiffen 2c. 2c. am nördlichen Ufer u. 1. w., und flußauf wärts auf den geſchäftsreichſten Teil der Stadt auf beiden
liche Grenze jener ſchönen Eindämmung, welche unter dem Namen des Thames -Embankment, eines prädytigen Quai
Ufern mit einer Menge von Gebäuden, welcye förmliche
mit Anlagen, einer Fahrſtraße, einer Flußpromenade und
Wahrzeichen der Stadt ſind.
verſchiedenen öffentlichen Gebäuden, bekannt iſt, und ſich
.
1
Etwas oberhalb von London Bridge verbindet der
in einer Breite von 70 bis 130 m . mehrere e. Meilen lang
Eiſenbahn -Viadukt oder die Cannon - Street- Brücke, welche beinahe ebenſo lang und ganz aus Eiſen konſtruiert iſt, die durch ihr gewaltiges Dady ausgezeichnete Eiſen
am Fluſſe hinzieht. Die nächſte Brücke und die ſchönſte von London iſt die Waterloo - Bridge , von 1811 bis 1817 von dem
bahnſtation in Cannon-Street mit der ſüdlich gelegenen
ältern Rennie erbaut. Sie iſt nicht ſo breit wie die London Bridge aber ſtark anderthalbmal ſo lang (414 m.)
London -Bridge-Station. Die Brücke ruht auf Widerlagern aus Badſtein und auf 16 gußeiſernen Cylindern, welche je vier und vier geſtellt ſind und die fünf Brückenjoche bilden, von denen das größte 50 und die kleineren je 40 m . lang ſind. Die Brücke trägt fünf Geleiſe und iſt dadurdy merkwürdig, daß ſie an der Nordſeite den Raum
des ehemaligen hanſeatiſchen Kaufhofes, Steel-yard, an
der Südſeite denjenigen von Shakeſpeare's einſtigem Globus theater einnimmt.
und beſteht aus neun halbelliptiſden Bogen von 36 m . Spannweite und 101/2 m . Höhe. Sie iſt ganz aus
idyottiſchem Granit gebaut und die 6 m. dicken Pfeiler ſind jeder mit zwei doriſchen Säulen geſchmückt, weldie ein Geſims und Gebälk von griechiſdem Stil tragen, über welchem ein Geländer verläuft. Die Zufahrten auf beiden Seiten führen über hohe Viadukte, von denen Treppen bis ans Flußufer hinunterreichen. Ihren Namen führt
Höher hinauf kommt Southwark - Bridge , eine hödſt merkwürdige, aus drei eiſernen Bogen von über
die Brücke davon, daß ſie am 18. Juni 1817, dem zweiten
raſchender Kühnheit gebildete Brücke, welche ein Meiſter
regenten, nadımaligen König Georg IV., eröffnet wurde.
werk des ältern Ingenieurs Rennie iſt und in den Jahren 1814-1817 von demſelben im Auftrage einer Geſellſchaft
Ihre Baukoſten beliefen ſich auf eine Million Lſtrl. und
Jahrestag der Schlacht von Waterloo, durch den Prinz
das Unternehmen rentiert dlecht , indem jährlich nur
Die Vriiden von London .
ungefähr fünf Millionen Menſchen die Brücke paſſieren,
welche nur ungefähr 10,400 Lſtrl. Brüdengeld entrichten. Von der Mitte dieſer Brücke aus genießt man, wenn man ſich nach dem Strande wendet, den impoſanteſten Anblick von London : zur Rechten hat man die von der St. Pauls: firche überragte City, vor ſich den Palaſt Somerſethouſe, und zur Linken die Türme der neuen Parlamentsgebäude und der Weſtminſter- Abtei, welche ſich darf vom Himmel abzeichnen , während der Fluß hier eine Krümmung macht und raſch zwiſchen den langen Quais des linken Ufers mit ihren hübſden zierlichen Gärten und den düſteren Lager
häuſern und Fabriken des rechten Ufers zurüc tritt, deren hohe mit dunklen Rauchſäulen gekrönte Schornſteine einen ſchneidenden Kontraſt zu den Monumenten des linken Ufers bilden.
Etwas oberhalb der Waterloo-Bridge befindet ſich
469
ein Eiſenbahn-Viadukt von vier eiſernen Bogen von je 175 Fuß Spannweite, welche auf eiſernen Pfeilern ruhen . Die Brücke wurde 1864 von D. Fowler mit einem Auf wand von 90,000 litrl. erbaut.
Die nun folgende Chelſea - Bridge iſt eine Ketten brücke, welche mit Einſchluß der Widerlager 951 Fuß lang iſt und deren beide Deffnungen eine Spannweite von je 347 Fuß haben. Sie wurde 1857-1858 von T. Page mit einem Aufwand von 85,319 lítrl. auf Roſten einer 2
Privatgeſellſchaft erbaut, welche aber an Sonntagen kein Brüdengeld erheben darf. Gleich oberhalb der Brücke liegt das Chelſea-Hoſpital, eine Verſorgungs - Anſtalt für die
Invaliden des Landheeres, unterhalb der Brücke der große Batterſea-Park. Noch vor der Chelſea-Bridge aber ſchwingt ſich über die Themſe der gewaltige Eiſenbahn -Viadukt der Batterſea-Railway- oder Victoria - Bridge, welche die längſte
nod Hungerford - Bridge oder , wie ſie neuerdings
Eiſenbahnbrücke der Welt ſein ſoll, aber nur dem Eiſen
häufiger genannt wird, Charing-croß-Railway-Bridge, eben falls ein Eiſenbahn -Viadukt und derſelben Geſellſchaft ge hörend wie die Cannon-Street-Bridge. Sie iſt eine eiſerne Gitterbrücke, welche auf den beiden Pfeilern und den Land
bahnverkehr dient.
feſten der früher hier befindlichen Kettenbrücke ruht, welche
Oberhalb Chelſea- Bridge verbindet Albert - Bridge Dakley-Street und das Chelſea-Embankment des linken Ufers mit dem obern Ende des Batterſea -Parks. Dann kommt weiter ſtromaufwärts noch die eigentliche Batterſeas
um 85,000 Lſtrl. nach Briſtol verkauft und für welche 1863 die gegenwärtige Gitterbrücke von Hawkſhaw erbaut
Bridge , welche die alten Holzbauten 1777 erſeßt hat und ſtromaufwärts der Eiſenbahn-Viadukt zwiſchen Chelſea
wurde. Die Fahrbahn ruht auf fünf Reihen von eiſernen
Station und Batterſea-Station, hierauf Wandsworth
Cylindern und iſt ſo breit, daß ſie vier Eiſenbahngeleiſe
Bridge , und eine engliſche Meile weiter hinauf die alte
und zwei Stege von Fußgängern nebeneinander enthält.
Putneys and Fulham Bridge, welche die nun zum
Die nächſte Brücke und eine der ſchönſten von London
Weichbilde Londons gehörenden ehemaligen Dörfer Putney
iſt Weſtminſter Bridge , gerade am Fuße des Uhren turms der neuen Parlamentshäuſer gelegen, welche die beiden Stadtteile Weſtminſter und Lambeth mit einander verbindet. Sie iſt an der Stelle der alten, 1739—1750
und Fulham mit einander verbindet. Putney iſt einer der beliebteſten Schaupläße des Londoner Ruderſports, woſelbſt
von Labelye erbauten Weſtminſterbrüde, welche wegen Baufälligkeit abgetragen werden mußte, in den Jahren 1856—1862 von Page erbaut, 25 m. breit und 348 m . lang, aber mehr elegant als ſolide. Die ſieben eiſernen Bogen ruhen auf Steinpfeilern, deren Grundfeſten 30 Fuß unter dem niedrigſten Waſſerſtande liegen. Der mittlere Bogen hat eine Spannweite von etwa 36 m., und die
Baukoſten betrugen 378,000 Lſtrl.
Nun folgt zunächſt Lambeth -Bridge, eine Draht brücke, welche 1862-1865 von P. W. Barlow mit einem Aufwand von 40,000 litrl. erbaut wurde. Die Brücke
iſt 1040 Fuß engliſh lang und 32 Fuß breit. Ihre Pfeiler beſtehen aus gußeiſernen, mit Konkret und Badſteinen gefüllten Cylindern, und jede der drei Deffnungen hat eine Spannweite von 280 Fuß.
Beträchtlich kleiner iſt Vauxhall - Bridge , welcc 1811 bis 1816 von James Walker im Auftrage einer Privatgeſellſchaft erbaut wurde. Sie iſt 798 Fuß lang, 36 Fuß breit und ruht auf neun gußeiſernen Bogen von
.
S
viele der berühmteſten Bootswettfahrten ſtattfinden . Die Flußufer tragen hier bereits einen halb ländlichen Charakter
und ſind ungemein anmutig, beſonders auf der etwa andert halb engliſche Meilen langen Stređe bis zur Hammer ſmith - Bridge hinauf, welche ſo ziemlich auf dem weſt lichen Saum des Weichbildes des modernen London liegt.
Die ganze Umgebung zeigt hier eine wahrhaft gartenartige Kultur vom üppigſten Wieſengrün bis zum herrlichſten Baumſchlag der vielen Parkanlagen, und man erblickt überall freundliche Häuſer und lachende Villen und einen
Charakter der Landſchaft, wie man ihn ſo dicht bei der gewaltigen rußigen Weltſtadt nicht vermuten würde. Das ſind die Brücken von London, welche in mehr als einer Beziehung fo intereſſant ſind. Landſchaftlich und im allgemeinen betrachtet gibt jede wieder ein anderes Bild, einen anderen Anblick der Stadt, einen anderen eigentüm:
lichen Zug der Phyſiognomie der großen Weltſtadt und übt ſomit auch einen äſthetiſchen Reiz aus. Künſtleriſch betrachtet ſind die Londoner Brücken beſonders intereſſant für den Baumeiſter und Ingenieur, denn ſie zählen unter ſich einige der größten und vollendetſten Brückenbauten der
je 78 Fuß Weite. Sie führte hauptſächlich nach dem einſt
Welt und wahre Meiſterſtüde der Ingenieurkunſt. Allein
berühmten Vergnügungsorte der Vauxhall-Gardens. Weiter hinauf folgt nun die Pimlico - Bridge ,
auch der reine Vergnügungs-Reiſende und Touriſt fann
Ausland 1886 , Nr. 24 .
ſich nicht rühmen, London richtig und vollſtändig geſehen 72
470
Ueber die Geſetzmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen SeePhänomens.
und ſein Weſen ſtudiert zu haben, wenn er nicht beinahe | reicht eine Maximaltiefe von 125,5 m., der um 5 Q.-Km. alle dieſe Brücken begangen hat, was freilich nidt in einem Tage möglich iſt. Jede derſelben mit ihrer Umgebung und ihrem Verkehr zeigt ihm wieder eine neue Seite der großen Metropole und vertieft ſein Verſtändnis derſelben und
ihres allmählichen gewaltigen Anwachſens, ihres (dywindelerregenden und betäubenden Verkehrs und des phänomenalen Kryſtalliſations- Prozeſſes, vermöge deſſen an die alte City
größere Wolfgang-See dagegen nur 112.8 m. Der bei Auſſee gelegene Grundel-See, 3.9 Q.-Km. meſſend, hat eine Tiefe von 63.8 m., der faſt um die Hälfte kleinere Altauſſeer-See (2.2 Q.-Km., 54 m. Tiefe) ſteht ihm an
Tiefe nur um ein Sediſtel nach. Ueberall ſehen wir ( ſagt Simony ) daß die alpinen See-Becken mit abnehmender Flächenausdehnung im allgemeinen relativ an Tiefe zus
und an das Weſtend von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer neue Stadtteile und Vorſtädte anſdließen und dieſen
nehmen . "
Leviathan unter den Weltſtädten ausgeſtalten !
Sees zu ſeiner Tiefe vor Augen, wenn man erſtern ſich als ein Quadrat denkt und eine Seite desſelben in Ver gleich mit der Tiefe bringt, wie Dr. Rech gezeigt hat, alſo der Fläche, oder auch wenn man das Areal bemißt,
Ueber die Geſekmäßigkeit in den geographiſden
Elementen des nordalpinen See-Phänomens und deren wahrſcheinlide Urſache. Ein Beitrag zur Morphologie der Alpeuſeen. Von Dr. Alois Geiſtbed .
Am deutlichſten tritt das Verhältnis der Fläche eines
Vbe Tiefe
das im Durdyſchnitte auf einen Meter Tiefe entfällt. Hier
bei ergeben ſich folgende höchſt lehrreiche Zahlen : I
Verhältnis der Tiefe zur Breite der Seen.
(Schluß .)
Iſt es geſtattet, aus dieſen einfachen Thatſadyen Schlüſſe in Bezug auf die Entſtehungsgeſchichte der Alpenfeen zu
ziehen, ſo iſt zuvörderſt hier wohl der eine berechtigt, daß mit der Abnahme des geſamten See- Phänomens gegen Dſten auch die Intenſität der ſeebilden
Urner -See 1:20
a. Thalſeen im Gebirge. Königs-See
Toplit - See
1 : 12
1 :6
b. Vorlaudſeen . Neuenburger See
Siem- 8ee 1 : 122
1 : 108
den Kräfte abgenommen haben muß. II.
Aber welchen , die Oberfläche unſeres Erdballs ſo mädytig beeinfluſſenden Faktor kennen wir, der offenbar mit der
Verhältnis der Tiefe zum Areale der Seen.
a. Thalſeen im Gebirge.
Entfernung vom weſtlichen Ozeane einen unverkennbar bedeutenden Rückgang in der Entfaltung ſeiner ſchöpferi den Thätigkeit erleidet ? Läßt ſich nicht vielleicht in einer anderen Richtung die Wirkungsweiſe jenes fraglichen Fak
tors ermitteln ? Vielleicht iſt es ſogar möglich, durch Res
Urner - See 1 : 8.77 Hkt.
Königs -See
Toplit-See
1 : 2.07 Hkt.
1 : 0.43 Hkt.
b. Vorlandſeen. Boden - See
Shielliềee
1 : 195 Hkt.
1 : 111 Hkt.
lation gewiſſer geographiſcher Elemente einen Einblick in das Weſen des in Rede ſtehenden Bildungsvorganges ſelbſt zu gewinnen , und in der That ſcheint uns die Natur einige Angriffspunkte zur Löſung dieſes kritiſchen Problems gegeben zu haben. Faſſen wir zunächſt die Seen der Oſt-
Wir müſſen uns leider hier verſagen, die langen Zahlenreihen vorzuführen , welche unbeſtreitbar das all mähliche Anwadyſen der See-Areale auf Koſten der Sees Tiefen mit dem Heraustreten der Seen aus dem Gebirge
alpen in's Auge, die hinſichtlid) ihrer geographiſchen Mo-
beweiſen , und faſſen daher nur die am ſchärfſten ausgeprägten
mente vorzüglich genau bekannt ſind. Weldie geſegmäßige Erdeinung konſtatiert hier Profeſſor Dr. Simony ? Er ſagt : ,, Der vordere Goſau -See, deſſen Areal (0.52 Q.-Km.) um das 27 -fache von jenem des Mond-Sees übertroffen
Typen in's Auge. Wie extrem ſtehen ſich hier der Toplit See, der nur 21 -mal, und der Chiem -See, der 122-mal
ſo breit als tief iſt, oder der Topliß- und Boden-See,
deſſen relative Flächenentwidlung jene um das 453 -fache
wird, iſt ihm mit ſeinen 68 m. Tiefe noch um 1 m . vor-
übertrifft, gegenüber ! Dieſe Zahlen ſagen doch offenbar,
aus ; ebenſo übertrifft der am Wege vom Mond -See zum Wolfgang -See gelegene Srotten -See trotz ſeiner Winzig-
daß die feebildenden Kräfte in den engen Gebirgsthälern
Zellers oder Irr: See (3.49 Q.-Km., 30 m . tief) nach der Tiefe nod; um 15 m . Dem lektgenannten See iſt als ein tieferes, ſteilumgrenztes Becken der Fuſdl-See gegenüber zu ſtellen , welcher, um nahe ein Drittel kleiner als der erſtere, dennod mehr als die doppelte Tiefe (65.4 m .) auf-
mit ihrem ſtarken Gefälle unverhältnismäßig mehr gegen die Tiefe als in die Breite gearbeitet haben, während an dererſeits im flachen, breiten Vorlande der Vorgang der Eintiefung gegenüber der Breitenausdehnung faſt ver ſchwindet, mit anderen Worten, daß Flächen- und Tiefenentwidlung der Seen in umgekehrtem Verhältniſſe zu einander ſtehen .
zuweiſen hat. Der Hallſtätter -See, 8.7 Q .--Km . groß, er-
Dieſer Umſtand geſtattet aber bereits, jene uns noch
keit
er mißt nur 8.3 Hkt.
den 42-mal größeren
Ueber die Gefeßmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See Phänomens.
471
unbekannten ſeebildenden Kräfte aus ihren Wirkungen fchärfer zu charakteriſieren. Hieraus folgt nämlich mit unmittelbarer Notwendigkeit, daß die bei der Entſtehung
anhebt.
der Seen thätigen Kräfte eroſiver Art waren, und es
auf die Bedenverhältniſſe des König-Sees. v. Gümbel
iſt ſehr wertvoll, dies auch von gegneriſcher Seite, wenn gleich unfreiwillig, anerkannt zu ſehen. E. v. Mojſifovics, ein Hauptgegner der Glazialtheorie, folgerte irrtümlicher weiſe aus Simony's Seetiefenmeſſungen im Salzkammer gute, daß die Tiefe der Seen im geraden Verhältniſſe zur Breite ſtehe, woraus von ſelbſt die Unhaltbarkeit der
hebt hervor, daß die leichte Zerſtörbarkeit der ſchwarzen Plattenfalfe des Wimbach- Thales die Veranlaſſung zu jener großartigen Thalausweitung gegeben habe, und wenn
endet am nördlichen Abhange, wo der Dolomit wieder Dieſe Umſtände werfen auch wieder erwünſdites Licht
wir ferner ſehen, daß das Sammelgebiet des Wimbadhes genau mit der Entblößung dieſes älteren Geſteins zuſammens
fällt, ſo kann über den eroſiven Urſprung dieſer Thalung
Aushöhlungstheorie" fich ergebe. Nun aber ſtellt ſich in
kein Zweifel mehr beſtehen .
Wahrheit direkt das Gegenteil davon heraus und Simony hat wiederholt und eingehend die Richtigkeit ſeiner Schluß folgerungen dargelegt .
Durch die Einſenkung zwiſchen dem Steinernen Meer und dem Waßmann ziehen nun dieſelben Ralke in das
Prägt ſich ſchon in dieſen bedeutungsvollen That
Sees unterzutauchen , genau an jener Strecke zwiſchen St. Bartholomä und der Falkenſteinwand, wo deſſen im poſante Tiefſee-Region liegt. Sollte dieſes merkwürdige
ſachen ein beachtenswerter Einfluß der topographiſchen Verhältniſſe eines Gebietes auf die ſeebildenden Faktoren aus, ſo erſcheint es noch lehrreicher, die Wirkungsäußerung der leşteren im Bereiche von geologiſchen Formationen mit verſchiedener petrographiſcher Beſchaffenheit zu ver: folgen und ihren direkten Einfluß auf die Konfiguration der Becken zu ermitteln . Richten wir unſer Augenmerk
zunächſt auf die größten Felsbecken unſerer Seenzone, den Walden- und Königs -See ! Der Waldhen -See ſtellt,
Eisbach - Thal hinüber, um dann in das Becken des Königs
Zuſammentreffen bloßer Zufall ſein können ? Wir glauben es nicht, um ſo weniger, als der Ges danke einer Beziehung zwiſchen der Bedengeſtaltung und den geognoſtiſchen Verhältniſſen ſchließlich auch noch an den Randſeen eine ſchöne Beſtätigung findet. Die geo logiſche Umrandung derſelben iſt bekanntlich bei allen der: ſelben von überraſchender Gleichförmigkeit. Wir haben im
wie die detaillierte Tiefenſchidytenkarte desſelben lehrt, ein
Süden die hodſragenden, prächtig geformten Dolomitmaſſen
ſowohl in horizontaler, wie vertikaler Richtung reichges gliedertes, im ganzen von Süden nach Norden abſinkendes
des Herzogſtandes und Heimgartens, des Wall- und Seks
Becken dar, das ſich aus drei, an Größe, Tiefe und Be ſchaffenheit der Gehänge ſehr verſchieden beanlagten De preſſionen zuſammenſeßt. Der Walchen -See iſt vorzüglich, doch nicht ausſchließ lid in Hauptdolomit gebettet. In den muldenartigen Eintiefungen ſeiner Umgebung lagert jüngeres Geſtein ,
ſich dann die kuppigen, mehr plateauartigen, dichtbewal deten und niedrigen Flyſchhöhen reihen, in deren ſcharfem
Berges, des Jägerkammes und der Bredjerſpiße, an die
Kontraſte zum Hochgebirge die landſchaftliche Schönheit dieſer Seen beſteht. Im Norden ſperrt ein feſter Molaſſes riegel dammartig den See ab, zwiſchen Dolomit und Flyich
oberer Muſchelkeuper, der in bandartig idymalen Schichten
aber lagern in muldenartigen Einſenkungen jüngere Jura und Kreideſchichten , die in der Seenzone ſelbſt heraus
an den beiden Ufern des Sees anſteht, im See ſelbſt aber
genommen ſind.
plößlich abbricht; aud den Boden des Jachenau- und Obernach - Thales zwiſchen Simmets- und Altladhberg deckte
Der Rochel-See, der einzige Randſee, deſſen Becken verhältniſſe im Süden von alluvialen Ueberſchüttungen
früher dasſelbe Geſtein , wie uns die Betrachtung der Nach: bargebiete lehrt. Hier ſind ſie hinweggeſchafft worden.
verſchont geblieben ſind, zeigt ſeine tiefſte Einſenkung im
Nichts liegt näher , als der Gedanke, daß dies audy im Walchen -Seebette geſchehen ſei. „Hier ſtoßen," ſagt Herr v. Gümbel, „von drei Seiten mächtige Zonen von Platten falken und oberem Muſchelkeuper, welche wegen der ihnen
ziviſchengelagerten weichen, thonigen Schichten einer zer ſtörenden Umgeſtaltung wenig Widerſtand entgegenſeßen konnten, zuſammen . Ueberdies iſt zu vermuten, daß eine beſon:
Bereiche jener erwähnten jüngeren, leichter zerſtörbaren Geſteine; mit der Annäherung an den harten Molaſſe riegel hebt ſich der Boden, der überdies noch mit den Anſchwemmungen der Loiſach übergoſſen worden, die heute ein großes Delta von Norden her in den See baut. Zwar wird man einwenden , daß Tegern - See und Schlier -See
da, wo der See ſeine größte Dimenſion erlangt hat, um
nichts von einer ſolchen einſeitigen Beckenformung ver raten ; erſterer hat eine ziemlich regelmäßige Muldengeſtalt, lekterer iſt ein ausgezeichnetes Doppelbeđen. Doch im heutigen Terrainbild dieſer Seen ſehen wir nur mehr ver
ſo leichteres Spiel gewährte.“ In der That, die Ausdehnung der Tiefſee- Region dieſes Sees fällt genau mit der Verbreitung dieſer leicht
blaßte Züge des früheren. Das obere Dritteil, im Schlier See vielleicht die obere Hälfte des Sees, iſt durch die Zufuhr der Flüſſe zugeſchüttet worden , ihre Tiefſee-Zone iſt ver
angreifbaren Formation zuſammen. Sie beginnt mit der
landet. Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß aud die beiden
kräftigen nördlichen Abſenkung an der Inſel Saſſau, wo der obere Muſchelkeuper in breiteren Lagen auftritt, und
in Rede ſtehenden Seen eine dem Rochel-See analoge Bodenkonfiguration beſeſſen haben,
ders mächtige Entwidelung des mergelreichen oberen Keupers
leber die Geſezmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen See- Phänomens.
472
In dieſer Anſchauung beſtärkt uns ſehr lebhaft die
ralen und pelagialen Zone allenthalben eine Beziehung
Betrachtung der Seen des Salzkammergutes. „ Es iſt eine
der Beckenformung zur petrographiſchen Beſchaffenheit des Geſteins, das ehemals den Bedenraum erfüllte, deutlich
nicht zu überſehende Thatſache," hebt Simony ausdrüdlich hervor, „ daß bei allen größeren Seen die größte Tiefe immer in dem unmittelbar dem Gebirge zugekehrten Teile
1
zeigt. Dieſer Umſtand weiſt mit Notwendigkeit auf einen einheitliden und zwar eroſiven Urſprung der
ſich befindet, und daß von da an der Seeboden durch
in Frage kommenden Seebecken hin.
ſchnittlich gegen den weiteren Thalverlauf, gegen deſſen Ausmündung in ein größeres Thal oder gar gegen das
Noch eines weiteren Momentes, das ſich uns beim vergleichenden Studium der nördlichen See-Region der
offene Land hinaus immer mehr anſteigt.
Am Gmun:
Erde aufdrängt, ſei an dieſer Stelle erwähnt: die Neigung
deners, Atter-, Mond- und Fuſchl-See ſpricht ſich dieſe Er
zur Inſelbildung an den meiſten großen Seebecken . Im Tegern-See iſt ſie nur durch ein kleines, niedriges Eiland
ſcheinung beſonders deutlich aus. “ Nun aber gleicht die
geologiſde Umrandung dieſer Seen im weſentlichen ganz der unſerer Randſeen. Die Hauptmaſſe der Beden des Atter- und Traun-Sees gehört dem Wiener Sandſtein an, der bekanntlich eine der Flyſcyzone in den bayeriſchen Alpen im allgemeinen analoge Bildung iſt. Diesſeit wie
jenſeit der Salzach geſchieht die Abriegelung der Seen durd tertiäre Molaſſe (v. Hauer : marine Schidhten ), und zwiſchen die Sandſtein- und Dolomitzone legen ſich beider ſeits die Schichten der Jura- und Liasformation, deren erodierte Gebiete heute die Stellen der größten See tiefen ſind. Hier ſtehen wir vor der Erkenntnis, daß die ſee
bildenden Kräfte eine gewiſſe Abhängigkeit von der petro graphiſchen Beſdhaffenheit der Geſteine, die das Seebecken zuſammenſeßen, verraten , daß ſie ſich der verſdiedenen
Konſiſtenz der Formationen akkommodieren , indem ſie in weichen Schichten intenſiv arbeiten, während widerſtands kräftige Maſſen als Barrieren, als Inſeln und Querriegel in den Seen erhalten bleiben. Wo endlich Seebecken in homogen geartete Schichten lagen verſenkt ſind, da dürfen auf Grund unſerer bis
herigen Erfahrungen ſchon a priori gleichförmige Becken: konſtruktionen erwartet werden . Unſere großen Vorland feen bieten ſie. Syre Boden - Plaſtik zeidynet ſich in
Anbetracht des einheitlid) gebildeten Geſteinsmaterials, in das ſie gebettet ſind (Flins), durch große Einfachheit aus.
Im ganzen bildet die Muldenform die typiſche Geſtalt der großen Seen in der Hodflädje. Dabei dadien ſich die Ufergehänge vom Seeſpiegel bis zur Tiefſeezone meiſt unter ſehr geringen Neigungsgraden ab, am Ammer -See
z. B. unter 2-3 Grad. Ja, die Abſenkung der Längs profile von den oberen See-Enden zur Marimaltiefe und der Anſtieg bis zum See-Ausfluſſe reduziert ſich auf 10
bis 40 Gradminuten . Solch vermittelte Formen weiſen offenbar nicht auf ſtürmiſche Aeußerungen erdbildender
bei Abwinkel angedeutet; aber es iſt charakteriſtiſch , daß ſie wenigſtens nicht vollkommen fehlt. Indes ſcheint der iſolierte Felsrüden bei Elmau gleichfalls eine nunmehr
landfeſt gewordene Inſel zu ſein. Als ſolche ſind ferner die Felskuppen am öſtlichen Geſtade des Kochel-Sees beim grauen Bären und an der Sägemühle zu betrachten. Weiter entwickelt iſt die Inſelbildung am Schlier-See. Derſelbe wird durch einen zweifellos dynamiſchen Quer riegel halbiert und neben der eigentlichen Inſel, dem höchſten Teile dieſer Schranke, zählt man in dem kleinen Beden
nicht weniger als ſieben ſogen. „ Weißen “, unterſeeiſche
Erhöhungen, deren mit blinkender Seekreide überkleidete Köpfe bereits durch die nur 1-2 m. mächtige Waſſers ſdichte ſchimmern und als künftige Inſeln erſcheinen . Das Beden des Staffel-Sees mit ſeinen ſieben kleinen Eilan den und noch zahlreicheren Bänken und Klippen ſtellt ſich ſchon dem Auge als eine Kompoſition mehrerer Depreffio: nen bar, und ähnlich muß die Beſchaffenheit der nun aus:
gelöſditen Seen von Füſſen und Eichenloh geweſen ſein. Am wunderbarſten aber iſt der Inſelreichtum der nordi den Seen und Fiorde; zu leşteren bilden ſie ein faſt nie feblendes Attribut. Umſpielen doch die Waſſer des Mälar
Sces nicht weniger als 1200 Inſeln, und dem wegen ſeiner landſchaftlichen Reize ſo hochgeprieſenen Lake George, im Staate New York, ſchreibt man 365 Klippen und Eilande zu. Sehr bedeutend iſt auch der Inſelreichtum in der Südhälfte des Lody Lomond in Sdottland und in den fünf großen kanadiſchen Seen, anderer Beiſpiele nidyt zu
gedenken. Allenthalben bekunden ſich dieſe Inſeln als Reſte einſt
geſchloſſener Feſtlandsſtücke, deren petrographiſche Konſiſtenz einem nivellierenden Elemente erfolgreid, Widerſtand zu leiſten vermochte. Im Staffel- und Chiem-See ſind es maſſive Molaſſerücken, im Walchen -See Dolomitſtücke. In der That : will man die eigenartigen Feſtlands
Faktoren hin, ſie ſind vielmehr der Ausdruck eines ſuccef
trümmer in unſeren Seen nicht als Ueberbleibſel lokaler
ſive fich vollziehenden Bildungsvorganges, ſie ſind die Wirkung eines Agens, das ſid, der Bodenbeſchaffenheit in
Senkungen ſich denken , ſo muß man zugeben, daß ſich in dieſen Becken , die Verarbeitung einer einſt feſten, zuſam menhängenden Landſtrede durch eine in beſtimmten Rid:
vorzüglidem Grade affommodiert.
Dieſe Erfahrungen drängen zu einem allgemeinen Schluſſe:
tungen aushöhlende Kraft ausprägt. Dieſe Kraft vermochto ihre Wirkungen in allen denkbaren Abſtufungen zu üben,
In der Bedengeſtaltung der Seen offenbart ſich eine
die ihre gemeinſame Abſtammung nicht verleugnen, und
beſtimmte Gefeßmäßigkeit, indem die Verteilung der litto:
welche demgemäß in eine Abſtufungsreihe zuſammengeſtellt
Ueber die Geſetzmäßigkeit in den geographiſchen Elementen des nordalpinen Sce Phänomens.
werden können, die alle Hohlformen von der Meeresſtraße durch die Fjordbuchten, Seenketten und Einzelnſeen hins durch in merklichen Uebergängen umſchließt."
(Raßel.)
Nun liegt in Berückſichtigung dieſer Thatſachen nichts näher als der Gedanke einer genetiſchen Verknüpfung der Seen mit den großen Flüſſen unſerer Alpen ,
und ein Blick auf die geographiſchen Verbreitungsverhält niſſe der ſchweizeriſchen Seen ſcheint dieſe Annahme aud) zu beſtätigen : den Boden-See erfüllen die Gewäſſer des
Rheines, den Genfer-See die des Rhone, den Vierwald ſtätter-See die Reuß, den Wallen- und Züricher-See die Linth. Aber nur zu raſch ſtehen wir am Ende unſerer Deduktionen. Wo iſt der Fluß, der den räumlichen Di menſionen eines Neuenburgers und Bieler-Sees entſpräche ? In Südbayern gar entbehrt das voluminöſeſte Becken , der Würm -See, eines irgend nennenswerten Zufluſſes und dasſelbe gilt vom Waginger-, Sims, Wört und mehreren kleineren, ziemlid tief eingeſenkten Becken . Ja, in Wirklichkeit ſind die größten Sees reihen Südbayerns den Flüſſen zum Troß
473
Halten wir jeßt mit unſeren Darlegungen ein, um einen allgemeinen Ueberblick über dieſelben zu gewinnen. Unſere Aufgabe war, die geographiſche Seite des alpinen See-Phänomens in großen Zügen zu ſkizzieren, und wir haben gefunden, daß hier nicht blinder Zufall, ſondern Gefeß und Ordnung waltet. Wir ſahen, daß die großen Seen am Nordfuße der Alpen gegen Dſten hin nicht nur nad ihrer Größe, ſondern auch bezüglich ihrer Tiefe und ihres körperlichen Inhaltes ſucceſſive abnehmen , daß die
Tiefen der Seen in umgekehrtem Verhältnis zur Flächen entwicklung derſelben ſtehen, daß die Bodenplaſtik und Inſelbildung eine unmittelbare Beziehung zur petrographi
îchen Beſchaffenheit des die Beckenbildenden Geſteins materials bekunden, daß die Teildepreſſionen ein beachtens
wertes Accidens der Hauptbeden ſind, und endlich, daß die Seen dem Lauf der Flüſſe zum Troß angelegt ſind
und demnach außer aller genetiſchen Beziehung zu dieſen ſtehen.
Wenn nun aber auch die Flüſſe an der Entſtehung unſerer Alpenſeen unſduldig ſind, durch welche Kräfte
angelegt und ſtehen außer aller Beziehung
vermögen wir dann das Daſein dieſer Formen zu deuten ?
zu ihnen. Während Síar und Loiſady, die beiden ,,Seen ſammlerinnen “ der Bayeriſchen Alpen, vor ihrem Austritte
Wir verzichten hier auf eine polemiſche Erörterung
aus dem
Gebirge oder hart am Fuße desſelben plößlid)
aus ihrer urſprünglichen ſüd-nördlichen Richtung in eine
weſt-öſtliche umſchlagen , folgen ihnen die Seen in dieſer Abſchwenkung nicht: Walchen-, Kodhel- und Würm-See, dann der alte Efdenloher-, Staffel- und Ammer-See liegen in direkt ſüd- nördlicher Linie hintereinander und verdanken
alſo ſelbſtverſtändlich auch einer unabhängig von den Flüſſen in dieſer Richtung hin wirkenden Kraft ihr Daſein. Wir haben keinerlei maßgebende Beweiſe dafür, daß die 3ſar
einſt bis Starnberg oder die Loiſach bis Grafrat gefloſſen ſei ; das See - Phänomen ſteht unabhängig vom Fluß Phänomen da. Dieſe Selbſtändigkeit tritt noch deutlicher zu Tage, wenn man die eigenartige Umlagerung der großen Vorlandſeen
der verſchiedenen Seebildungstheorien , indem wir auf unſere anderiveitigen Darlegungen in dieſer Frage („ Die Seen der deutſchen Alpen ." Leipzig, Dunder und Hum blot, 1885) verweiſen und begnügen uns mit der ein fachen Vorführung derjenigen Thatſachen , die geeignet erſcheinen, ein Licht auf die Geneſis der Seen zu werfen. 1. Die horizontale Ausbreitung des See- Phänomens verringert ſich allmählich von der Schweiz bis ins Salz
kammergut, wo die Seen faſt ganz auf das Gebirge be fdränkt bleiben. In der gleichen Richtung gewahren wir analog jenem ein ſucceſſives Zurüdtreten der diluvialen Gletſcherſpuren gegen das Gebirge. Mit dem Enns- Thale,
deſſen Gletſcher das Gebirge nicht mehr verlaſſen hat, endigt auch die Zone der großen Seen in den Nordalpen .
2. Mit der horizontalen Ausbreitung der Seen nehmen
von kleineren, meiſt 20 bis 30 m. tiefen , noch in das
auch die geſamten räumlichen Dimenſionen der einzelnen
Tertiär hinabreidenden Becken beadytet, deren genetiſche
Beden , ihre Areale, Tiefen und Volumen, gegen Dſten hin allmählid ab und in ähnlicher Weiſe haben ſich ehe mals in der gleichen Himmelsrichtung die Größe und Mächtigkeit der Gletſder verhalten. Den größten . Glets (dern entſprechen die größten Seen.
Beziehung zur zentralen Depreſſion kaum zu verkennen iſt und namentlich am alten Iſar-See bei Schäftlarnim Deiſenhofer Moore und im Kirch-See, der Anſaßſtelle des Teufelsgrabens, genau ſich verfolgen läßt. Zu dieſen Teildepreſſionen zählen Wört- und Pilſen-See am Oſtufer des Ammer-Sees, der Sims-See oſtwärts des alten
Roſenheimer-Sees, die größeren Seen nördlich vom Chiem See, Hart-, Schloß- und Langenburgener-See, endlich die radiär gruppierte Serie des Waginger-, Trum- und Waller
3. Analog dieſen Thatſachen gewahren wir in der: felben Himmelsrichtung eine ſtetige Abnahme der Nieder ſchlagsmengen, und der übereinſtimmende Verlauf in der Ausbildung dieſer drei Phänomene weiſt auf einen urſäch lichen Zuſammenhang derſelben hin. "
Sees, Dependenzen des Salzburger Bedens. Sie alle beweiſen durch ihre geographiſche Verteilung, daß gegen den Nordrand der Seenzone eine Art Teilung, eine Spal tung der im Gebirge noch konzentriert wirkenden Kräfte gegeben war, wodurch dann ſelbſtändige limniſche Bil dungen bedingt wurden.
1 Die engen Beziehungen der Niederſchlags- und Glazial verhältniſſe hat eben Dr. C. Lang in zwei höchſt lehrreichen Ab handlungen : „ Der ſäkulare Verlauf der Witterung als Urſache
der Gletſcherſchwankung in den Alpen ,“ Deſterreichiſche Zeitſchrift für Meteorologie, 1885 ; und „ Klimatologiſche Studien über die Eiszeit," in der Zeitſchrift Das Wetter, 1885, Nr. 11, dargethan.
Ueber das Vaterland des Seladon -Porzellans.
474
4. Die Verbreitungsgrenze der ſtehenden Gewäſſer
Theorien liegt aber zweifellos in dem Umſtande, daß, wie
am Nordjaume der Alpen fällt genau mit derjenigen der vorzeitlichen Gletſder zuſammen. 5. Der Umſtand, daß die Flächen- und Tiefen-Entwicklung der Seen in umgekehrtem Verhältniſſe zu einander ſtehen, deutet auf ihren eroſiven Urſprung hin. Da aber das Waſſer keine Becken im Umfange eines Chiem- oder
die maßgebenden Unterſuchungen Dr. Pendts, des gründ lichſten Kenners der vorzeitlichen Gletſcherwelt, beweiſen,
Boden-Sees auszuhöhlen vermag, bleibt nur die Annahme der Eiseroſion übrig.
6. Die Tiefe der Seen kann nicht gegen ihre Ent-
ſtehung durch Gletſcher angeführt werden , denn ſie iſt ge: ring im Vergleich zur Breite der Becken, zur Höhe der Ufer und zur Mädytigkeit der erodierenden Eisſtröme. 7. Für dieſe Anſchauung ſpricht ferners die Be-
auch eine Fülle geologiſcher Thatſachen für ſie ſprechen. Profeſſor Penck hat auf exaktem Wege den eroſiven Urſprung der oberbayeriſchen Vorlandſeen auf glazialem Wege dargethan und deren Alter genau beſtimmt. Er hat die Unmöglichkeit jeder anderen Seebildungstheorie in dieſem Gebiete, geſtüßt auf die detaillierteſten geologiſchen Beobachtungen, ausführlich erörtert, und alle, welche ge legentlich des Ausfluges beim Mündener Geographentag ſeinen überzeugenden Demonſtrationen angeſichts der Natur felbſt folgten , haben die zwingende Kraft ſeiner Deduktio: nen zugeſtehen müſſen.
ziehung der im ganzen recht mannigfaltigen Bodenkonfigu-
Wenn nun freilid trok alledem noch zahlreiche Fragen
ration der Seen zur petrographiſchen Beſchaffenheit des die Becken ehedem erfüllenden Geſteins, indem die Intenſi-
auf dieſem Gebiete der Löſung harren, ſo kann dieſer
tät der Aushöhlung am ſtärkſten im Bereiche jener Formationen ſich zeigt, die der Zerſtörung den geringſten Widerſtand entgegenzuſeßen vermodyten. 8. Die Inſeln erſcheinen hiernach als Feſtlandstrümmer, deren petrographiſche Konſiſtenz dem nivellierenden Elemente
erfolgreich Widerſtand zu leiſten vermodyte.
Umſtand nur ein Antrieb ſein, durch Herbeiſchaffung neuer Thatſachen allmählid alle fremden Urſachen auszuſchließen , bis zuleßt nur mehr eine zuläſſig iſt, die dann notwendig die wahre ſein muß.
In dieſem Sinne haben wir ver
ſucht, durch Eröffnung einiger neuer Thatſachen die Löſung eines der intereſſanteſten Probleme der phyſiſchen Erdkunde zu fördern .
9. Die Seen liegen nicht durchaus in den Wegen der
Flüſſe, ſondern in den Wegen der Gletſcher, und ſie liegen ſo, wie es ihre glaziale Bildungsweiſe erfordert. Ihre bald reihenartige, bald radiäre Verteilung (im Gebirge) vermag nur die Glazialtheorie zu erklären.
10. Der delta-artigen Gabelung der großen diluvialen Gletſcher an ihren unteren Enden entſpricht genau die Umlagerung der zentralen Depreſſion von ſogenannten
Teildepreſſionen und die bekannte Gabelung der FjordThäler an ihren unteren Enden. Die ganze geographiſche Seite des See- Phänomens, dies ſehen wir nun, findet auf Grund der Glazialtheorie
eine ebenſo einfache als ungezwungene Erklärung. Sie läßt Naturnotwendigkeit hervortreten , wo man ſonſt ein leeres Spiel des Zufalls ſehen mußte; ſie verleiht der
wiſſenſchaftlichen Auffaſſung des See - Phänomens eine =
merkwürdige Einheitlichkeit, wo man auf anderen Wegen zu künſtlichen Erklärungsverſuchen ſeine Zuflucht nehmen
muß. Die Glazialtheorie hat ferners den Vorteil, in ihren Darlegungen auf eraktem Zahlenmaterial zu fußen, während die Rataklysmen - Theorie mit unberechenbaren Größen operiert und unbeweisbare Erſdütterungen und Flutungen zu Hülfe nehmen muß.
Wenn erſt einmal die
Ueber das Vaterland des Seladou -Porzellaus. Von A. B. Meyer.
Unter Seladon-Porzellan verſteht man ein in ver ſdriedenen Nuancen des Grün , beſonders apfelgrün, hell blaugrün 2c. glaſiertes, meiſt ſehr fdweres Porzellan, welches deshalb ein beſonderes Intereſſe darbietet, weil man es von Alters her weit verbreitet findet , und zwar bis Dſtafrika burd, den ,, Orient" einerſeits, bis zu den Molukken anderer :
ſeits. Auf der Inſel Ceram z. B. werden große, ſchwere grüne Seladon Schüſſeln mit einem rotbraunen Ring auf der Unterſeite des Bodens von den Eingeborenen ſehr
hodygehalten, als Altertum bewahrt und als teurer Beſit vergraben. Auf den Philippinen fand man ſolche Schüſſeln in Höhlen zuſammen mit Menſdenſfeletten, deren Schädel künſtlich deformiert ſind und denen man ein hohes Alter zuzuſchreiben berechtigt iſt. In Dſtafrika findet man, wie Herr Dr. W. Jo eſt berichtet, die gleichen Schüſſeln in Moſdeenwänden eingemauert. Das K. Ethnographiſche Muſeum in Dresden beſikt u. a. eine Schüſſel aus Japan, eine aus Ceram und eine aus Kairo, welche ſich zum Ver
Nachbargebiete der deutſchen Alpen, wenn Deſterreich und die Schweiz in Bezug auf die Spuren vergangener Vers
wechſeln ähnlich ſind. Die Verbreitung dieſes Seladon:
gletſcherung einer ähnlichen Durdyforſchung ſidh erfreuen , wie es die deutſchen Alpen durch Profeſſor Pend erfahren haben, dann wird es vielleicht möglich werden, das Verhältnis der Niederſchlagsmengen, der Gletſcher- und Seevolumen
idließen, und die Frage nach der Herkunft desſelben iſt
in mathematiſd beſtimmten Relationen darzuthun. Der größte Vorzug der Glazial-Hypotheſe vor allen anderen
Porzellans läßt daher auf alte Handelsverbindungen keine unintereſſante. In einem Werke über „ Altertümer aus dem Oſtindi 11
fchen Archipel" (Leipzig 1884) habe ich eine Reihe von
Daten über Seladon-Porzellan zuſammengeſtellt und mich ſchließlich zu der auch ſonſt mehrfach ausgeſprochenen
Ueber das Vaterland des Seladon - Porzellans.
Anſicht bekannt, daß die Heimat desſelben China ſei.
Nicht nur poſitive Gründe, welche in der Technik dieſes Porzellans und in ſeiner Dekorierung zu ſuchen ſind, bewogen mich hierzu, ſondern auch auf dem Wege des Ausſchließens glaubte ich zu demſelben Reſultate geführt
zu werden, indem für kein anderes Land der Beweis, daß daſelbſt die Fabrikation ſtattgefunden habe, zu führen war. Allein es fehlten doch bis jeßt für China die poſi
tiven und hiſtoriſchen Nachweiſe. Ich wandte mich daher an Herrn Dr. F. Hirth in Shanghai und erſuchte den ſelben , in China ſelbſt Nachforſchungen darüber anſtellen zu wollen, ob, wann und wo derartiges Porzellan fabri
ziert worden ſei. Nach einer längeren Korreſpondenz mit dieſem vorzüglichen Forſcher und Kenner hat ſich nun mit Sicherheit ergeben, daß China in der That die Heimat
des Seladon - Porzellans iſt, und hiermit dürfte es meiner Anſicht nach auch ausgeſchloſſen ſein, daß an anderen Drten genau dasſelbe Porzellan fabriziert worden ſei oder
etwa ſo ähnliches, daß es ſchwer oder gar nicht von jenem zu unterſcheiden wäre.
Allein ich werde an anderem Drte
475
daß die Maſſe von einer geradezu unverwüſtlichen Feſtig keit iſt. Bis vor kurzem ſollen , wie man mir in allen alten Porzellan -Magazinen ſagte, die Japaner ſehr hinter dieſe Seladon -Schüſſeln hergeweſen ſein und große Sammlungen angekauft haben. Möglicherweiſe ſind ſie daher in Japan ebenſo häufig anzutreffen wie hier. „ Jd bin der Anſicht, daß Marco Polo von Lung
ch'üan ſpricht, wo er bei Schilderung des Hafens Zaitun die Porzellanſtadt Tyanju erwähnt, deren Produkte in die ganze Welt erportiert wurden. Yule iſt im Irrtum , wenn er dieſen Plaß mit King-te-chin identifiziert. Lung -ch'uan genoß zu Marco Polo's Zeit einen viel größeren Ruf als die erſt in der Ming- und Tſeng -Dynaſtie zu ſolcher Blüte gelangte Porzellanſtadt; außerdem lag Lung-dy'üan
an Polo's Reiſeroute und ſein Handel bewegte ſich auf denſelben Flüſſen, die Polo zu ſeiner Reiſe benußte, im Norden nach Hang-chou (Kinſai), im Süden durch Fakien nad Zaitun. ,,Es wird kaum nötig ſein , Beweiſe für den arabiſchen
Verkehr beizubringen. Ich nehme an, daß das Bindeglied zwiſchen Weſtaſien und China ( Zaitun und Kinſai) durch
hierüber eingebend handeln und wünſche an dieſer Stelle nur das Reſultat der Nachforſchungen des Herrn Hirth bekannt zu machen. Derſelbe ſchreibt: ,,Meine Büderſtudien im Zuſammenhange mit ein gebenden Nachfragen bei chineſiſchen Kennern ergeben folgendes : Sämtliche alten Seladons der in Frage kom menden Art ſtammen aus Lung-ch'uan -hfien bei Wên-chow, Provinz Chefiang , oder aus Ch'u -chou -fu , nicht weit davon ; im erſteren Orte iſt dieſe Induſtrie entſtanden . Die erſten Lung-dy'üan -Gefäſſe wurden während der ſüd lichen Sung- Dynaſtie gemacht ( 1127 bis 1278 n. Chr.). Zwei Brüder, Chang ſenior und junior, waren die erſten
Marco Polo darauf aufmerkſam macht, daß in Zaitun mehr Pfeffer importiert werde als in Alerandria, dem den Occident verſorgenden Markt. Dieſelben Händler, die von Atjeh aus den Pfeffer nach Alexandrien und China ſchafften, haben vermutlich auch die Seladons aus Zaitun oder Kinſai über Atjeh nach Aleyandrien und anderen arabiſchen Märkten gebracht." Soweit Herr Dr. Hirth , auf deſſen kürzlich er (dienenes ivichtiges Werk : „China and the Roman Orient : ท
Manufakturbeſißer. Beide benußten vermutlid dieſelbe
researches into their ancient and mediaeval relations
Porzellanmaſſe; ihre Ware unterſchied ſich durch die Glaſur. Chang ſenior führte die geſprungene Dberfläche ein, das ſogenannte craquelé, weshalb die echten alten Gradels auch fämtlich den rotbraunen Ring der Seladons an der Unterſeite tragen, während alle anderen, ſelbſt die älteren , an anderen Orten fabrizierten Cradels dieſen charakteriſti Ichen Boden nicht beſißen . Crackels wurden, weil vom
as represented in old Chinese records" (Leipzig und
älteren Bruder zuerſt gemacht, K’o-yao , D. h. Porzellan des älteren Bruders genannt. Das Porzellan des jüngeren Bruders war das, was man heute noch Lung-ch'uan-yao, d. h. Seladon, nennt. Dieſe Induſtrie beſtand während der ſüdlichen Sungs, der Yüan- und Ming - Dynaſtie. Das Jahr des Erlöſchens habe ich noch nicht feſtſtellen können. Es wird von allen Seiten poſitiv verſichert, daß während
die arabiſche Kolonie auf Sumatra ( Atjeh ) gebildet wurde,
da dies von jeher Hauptproduktionsort für Pfeffer war, und
Shanghai, 1885), bei dieſer Gelegenheit auch hingewieſen ſei. Die oben von Herrn Hirth ausgeſprochene Vermu tung, daß ſich auch in Japan viel Seladon -Porzellan be finde, wird zur Gewißheit, da Herr Müller - Beed in
Yokohama mir ſchreibt, daß Seladon in Japan auch ſehr geſchäßt ſei ; die hellgrüne Farbe, welche dem Nephrit und Jadeit ähnlich iſt, ſei es, welche die Japaner teuer be 1
zahlen. Ferner : „ Hier in Japan iſt ſehr viel Seladon , aber teuer. " Die oben von mir angeführte Schüſſel aus Japan, welche von ſolchen aus Ceram und Aegypten nicht oder faum zu unterſcheiden iſt, verdanke ich der Vermit telung des Herrn Müller - Beed ; er bemerkt über dieſelbe :
der gegenwärtigen Dynaſtie, d. h. ſeit 1644, kein Porzellan
,,Die Schale, ' welche ich aus dem Inneren habe kommen laſſen, iſt etwas bei Japanern Hochgeſchäßtes, ſie gilt als
in Lung-ch'üan und Umgegend gemacht worden iſt. Ich
ſehr alt.“
habe auch nie ein Stück geſehen, das dieſen rotgefärbten
In Stanislas Julien's bekannter
Histoire
Unterrand zeigt und ſonſt Spuren der modernen Ent
et Fabrication de la Porcelaine Chinoise“ (Paris. 1856)
ſtehung aufwieſe. Daß es troß des hohen Alters möglich iſt, eine Anzahl dieſer eben nicht ſeltenen, wenn auch
findet ſich eine Reihe von Stellen über das Seladon
teuren Stücke aufzutreiben , iſt dem Umſtande zuzuſdreiben,
gende zitieren will : „C'étaient des vases qu'on fabriquait
Porzellan von Lung-ch'üan, von denen ich hier nur fol
Briefe aus Neu -Mexico.
476
au commencement de la dynastie des Song. ... Ils étaient grossiers et épais, et leur couleur était d'un
ſeine friedlichen Unterwerfungszüge weſtlich vom Rio Grande ausdehnte, nahte für Acoma die Stunde, wann der Pueblo
... Ils étaient épais et
fortan dauernd mit dem Schidjale europäiſcher Anſiedelung
solides ; on pouvait les manier et les frotter; ils ne se brisaient pas aisément.“ (p. 69.) und „ Les porce
verknüpft werden ſollte. Als Juan de Oñate perſönlicy dort erſchien , ergab ſich das Dorf, d. h. ſie empfingen die
laines bleues de Tchang sont d'un ton pur comme le
zahlreichen Fremdlinge ohne Feindſeligkeiten. Dñate ließ
plus beau jade. Elles jouissent d'une grand estime. (p. 73.) Hier iſt das Porzellan allerdings als blau und nicht als grün bezeichnet, allein Herr Hirth teilt mir mit, daß dieſes ein Ueberſeßungsfehler Julien's ſei, was aud)
nun nach ſpaniſcher Sitte und ſpaniſchem Geſeß die Auf
bleu extrêmement foncé.
idon daraus hervorgeht, daß das Porzellan mit „ jade", Nephrit und Jadeit, verglichen wird, welche man im all: gemeinen grün nennen muß, wenn ſie auch in anderen Die Aehnlichkeit des Seladon Nüancen vorkommen . Porzellans mit Nephrit geht ſo weit, daß Laien oft meinen , die beſprochenen großen, grünen, jdweren Schüſſeln ſeien aus Nephrit.
.
forderung ergehen, dem König zu huldigen, und Acoma unterwarf ſich. Es kann nicht geſagt werden , daß dieſe Handlung, welche durch einen noch heute eriſtierenden legaliſierten Aft : ,, Obediencia y Homenaje de los Indios del Pueblo de Acoma", konſtatiert wird, ganz ohne Vers ſtändnis ſeitens der Bewohner des Felſendorfes vollzogen worden ſei. Zu früheren Zeiten ſchon hatten die Spanier ſolche Formalitäten begangen. Dñate hatte die Vorſicht
gebraucht, als er nad Neu -Mexico ging , Indianer mit zunehmen, welche vor ihm Eſpejo und Gaſpar Caſtaño de Soja (gutwillig, einzelne junge Indianer ſind ſtets in
Briefe aus Neu-Mexico.
jedem Stamm zu Reiſen bereit) nadı den ſpaniſchen An ſiedelungen gebracht und dort unterrichtet hatten. Dic ſelben dienten ihm als Dolmetſcher bei den Rio Grande
Bon Adolf Bandelier. (Fortſetzung.)
Pueblos, als er deren Unterwerfung zu San Juan und
Anſiedelungen in Neu - Merico , deren Namen uns die
Santo Domingo protokollieren ließ, und dasſelbe ſich bei den Jumanos und Iiguas wiederholte. Die Acomas wußten daher, was ſie thaten , als ſie die Abfaſſung des
ſpaniſchen Dokumente aufbewahrt. Schon Fray Marcos (aus Nizza) hörte davon am unteren Gila und gibt ihm
die Thatſache des Schreiben , welche ſie für die Zu
Acoma gehört zu den erſten permanenten Indianer
den Namen „ Hacus “. Coronado beſuchte das Felſenneſt 1540-1541 und bezeichnet es mit ,,Acuco" . Dies iſt eine Umſdyreibung für Hå-cu-quä, die Zuñi- Bezeichnung für Acoma. Der eigentliche Name iſt Acó, und der Stamm ſelbſt nennt ſich Aco-má. Sehr richtig beſchrieb Caſtañeda, ein Augenzeuge von Coronado's Zuge, das Dorf aus ſteinernen Häuſern, hoch) oben auf der drohenden, faum erſteiglichen Klippe. Mit nicht minderer Genauigkeit gibt er an , daß der ganze Stamm 200 Krieger zähle. Dieſe Angabe iſt durch ſpätere
Zählungen ſowohl, als durch die Ausdehnung der Fläche, auf welcher einſt Gebäude ſtanden oder heute ſtehen , voll kommen beſtätigt. Im Jahre 1880 enthielt Acoma 582 Seelen.
Unterwerfungsaktes in ihrem Pueblo geſtatteten. Es war kunft fefelte , nid)t ſowohl der Inhalt des Geſchriebenen , dies iſt nicht indianiſch. Dadurd ), daß in ihrem Dorfe, in Gegenwart der bewaffneten Spanier, etwas geſchrieben
und geſiegelt wurde, wußten ſie, daß fie fortan von dieſen Spaniern abhängig waren . Dies hatte die Vergangenheit ihnen gelehrt.
Unverantwortlid erſcheint es daher von ſeiten der Acomas, daß, nadidem Juan de Dñate mit dem größten Teil ſeiner Truppen den Felſen verlaſſen hatte , nur elf
Mann mit dem Maeſtro de Campo Zaldivar zurüdlaſiend, ſie dieſe kleine Beſaßung bis auf einen Mann meuchel mörderiſch töteten . Solche Fälle ſind aber unter den Indianern aller Kulturſtufen häufig, und es wäre unge
Nach dem Wegzuge von Coronado blieb Acoma ohne Beſuch ſeitens der Weißen bis 1583. Die Erpedition von
recht, ſtets eine Aggreſſion ſeitens der Weißen zu ver muten . Der Indianer wird oft durch einen Verſtoß, den wir unbewußt gegen ſeine uns unbekannten myſtiſden
Francisco Sanchez Chamuscado (1580-81) erwähnt wenig
Gebräuche begehen, aufs heftigſte gereizt. Sodann ſchreitet
ſtens den Pueblo nicht, es ſei denn, daß Djay oder Aſay der damalige Name für Acoma in der Jigua -Sprache war. (Die Endung ay iſt Jigua, nicht Queres, aber der heutige Name, den die Siguas von Isleta und Sandia Acoma geben , iſt Júth-la-uay). Antonio di Eſpejo aber erſchien
er zur Gewaltthat , ſobald er ſich ſicher wähnt vor der Rache, denn Rache gewärtigt er jedenfalls, wenn ſie mög
1583 mit ſeinen 14 Begleitern auf dem Felſen und hielt
ſidy dort drei Tage lang auf, freundlich behandelt von ſeinen Bewohnern . Er iſt der erſte, welcher den Namen Acoma erwähnt. Erſt am Ende des Jahres 1598, als Juan de Dñate
lich iſt.
In dem vorliegenden Falle aber hielten die Acomas die Rache für höchſt unwahrſcheinlich. Erſtens zweifelten ſie nach den Vorgängen mit Coronado und Eſpejo ein
wenig an Oñate's Wiederkehr. Er war ja nach Zuñi und Moqui gegangen. Auf alle Fälle aber pochten ſie auf ihre ſenkrechten drohenden Felswände. Allein Ende Januars 1599 erſchien der Bruder des Ermordeten mit 70 Mann
Briefe aus Neu -Mexico. am Fuße des Peñol.
Die überhängenden Felſen ſchüßten
477
Indianers zu charakteriſieren. Indem der Eingeborene
die kleine Truppe vor den Geſchoſſen und Trümmerſtücken
nach den Regeln europäiſcher Baukunſt zu verfahren lernte,
von oben. Einzelne Waghälſe erkletterten mit der äußerſten Lebensgefahr einen Vorſprung der Meſa, von wo aus ſie
ward ein Schritt gethan zu feiner weiteren geiſtigen Ent: widelung, der durch keine theoretiſche Belehrung möglid)
mittelſt Feuergewehr die Eingeborenen ſo beunruhigten , daß ſie die Aufmerkſamkeit der Krieger an ſich zogen. Da
geweſen wäre. Die Väter des Franziskaner-Drdens hatten
durch ward es bem Gros der Truppe möglich, in raſchem
Anſturm einen der verſperrten Pfade zu bewältigen. Am dritten Tage ward der Pueblo ſelbſt geſtürmt und teil weiſe gebrochen. Das heutige Acoma ſteht nur ſtellen:
längſt erkannt, daß der Indianer, auch der am weiteſten Vorgeſdhrittene, gleich einem Kinde behandelt und erzogen werden müſſe, indem zuerſt ſeine äußere Thätigkeit geregelt und befördert wurde. Abſtrakten Ideen fremd, war es für ihn das Konkrete des Lehrkurſus , durch welchen er lang
weiſe auf den Ruinen desjenigen des 16. Jahrhunderts.
ſam emporgehoben werden ſollte und konnte zu der Stufe
Ungeachtet dieſer derben Züchtigung blieb der Stamm von Acoma dennoch lange abgeſchloſſen von den Spaniern.
von Kenntnis und Einſicht der Europäer.
Das erſte Jahrhundert ſpaniſcher Anweſenheit in Neu: Merico läßt fich kaum eine Periode von Koloniſation nennen .
Bis zum Jahre 1680 enthielt das ganze weite
Gebiet nicht mehr wie 1000 Weiße, es iſt ſogar zweifel haft, ob dieſe Zahl nicht übertrieben iſt. Die erſte und
einzige Ortſchaft, die im Jahre 1599 von Dñate gegründet wurde, San Gabriel am Rio Chama, ungefähr 35 Min.
nördlidy von Santa Fé, wurde nach 1604 wieder ver laſſen und aufgegeben , und das ſpaniſche Hauptquartier
in das Hochthal verlegt, wo , an der Stelle des heutigen
Der Bau von
Kirchen und Prieſterwohnungen (in Neu-Mexico oft noch Conventos, Klöſter, genannt) lehrte die Eingeborenen das Eiſen kennen und gebrauchen , machte ſie vertraut mit den damals gebräuchlichen Hülfsmitteln der Mechanik und öffnete ihnen ſo auch geiſtig eine neue Sphäre , während die direkte Beteiligung an der Aufrichtung des Tempels, in deſſen Innerem eine Reihe anſprechender ſymboliſcher Handlungen ſie dauernd an ein Reich höherer Ideen
feſſeln ſollten , dieſen Tempel und ſomit auch den darin gelehrten Glauben zum Gemeingut der Erbauer ſtempelten. Schon ſtanden große Kirchen in vielen Pueblos : die heutige alte Kathedrale zu Santa Fé war ſoeben vollendet ( 1627 ), nur Acoma blieb ohne Gotteshaus, ſeine Bewohner
Santa Fé, das kleine Indianer-Dorf Pôzô-ge ſtand. Im Jahre 1630 wohnten dort mit Einſchluß der Garniſon 300 Spanier. Andere Ortſchaften, die Indianer- Pueblos ausgenommen, gab es im 17. Jahrhundert nicht Neu Mexico ; zerſtreute Wohnungen , noch heutzutage Randyos
gebürtig aus der Stadt Dayaca in Mexico, an, die Chriſtiani
genannt, nahmen vereinzelte ſpaniſche Familien auf, die ihr
ſierung der Acomas zu unternehmen. Sein Name war
ungetauft, und kein Prieſter wagte es, ſich ihrem Troße entgegenzuſtellen . Da bot ſich im Jahre 1628 ein Mönd),
Leben mit Aderbau und Schafzucht friſteten ; im Bergbau
Fray Juan Ramirez und er gehörte zu der Geſellſchaft
ward beinahe nichts geleiſtet.
frommer Brüder, die mit Fray Eſtívan de Peréa nadh Neu-Merico gekommen waren . Allein , ohne Beſchüßer,
Die Pueblo-Indianer blieben faſt ausſchließlich der Sorge der Kirche überlaſſen. Urſprünglich wurde Neu Merico in ſieben Sprengel eingeteilt (9. September 1598), und Fray Andrés Corchado war der erſte Prieſter von Acoma. Seine Pfarrei, oder beſſer geſagt, ſein Miſſions: bezirk reichte vom Rio Grande bis nach den Moquis hin,
legte er die weite Reiſe zu Fuß zurück und erreichte die Baſis der wunderbaren Klippe ohne Schaden. Dort ent
zogen überhängende Felſen ihn jeder Beobachtung von oben. Ein höchſt beſdwerlicher, an einzelnen Stellen ge !
fährlider Pfad , der von Norden auf den Gipfel führt,
und die Rundreiſen der Franziskaner können daher weder
wird als derjenige bezeichnet, welchen der Mönch fodann
häufig noch angenehm geweſen ſein. So blieb denn Acoma fern von der neuen Kultur, die nach Neu - Merico ver chlagen worden war, gemieden von den wenigen Weißen, die ſich das Thal des Rio Grande entlang bewegten, von ben Miſſionen der Kirche nur flüchtig und ſdheu berührt ,
um nur mit Brevier und Kruzifix bewaffnet zum Dorfe zu gelangen, und heute noch heißt man ihn „ der Weg des Paters" ( el camino del Padre"). Ich habe ihn vor kurzer Zeit oft gemacht. Die heftigen Winde , die den Felſen von Acoma
ein unnahbares gefürchtetes Felſenneſt. Seine Bewohner ahnten den Vorzug ihrer Lage und trugen nicht dazu bei,
häufig umtoben , haben in die unteren Einbiegungen und
fernere Annäherung der Weißen zu ermutigen.
Im Jahre 1628 langte Fray Eſtivan de Peréa mit einer Anzahl friſcher Miſſions-Kräfte in Neu-Mexico an, der Bau von Kirchen in den Pueblos wurde emſig be
fördert. Solche Kirchenbauten ſind allzu oft ungerechter weiſe als nußloſe und grauſame Frohndienſte, als Beweiſe von Knechtſchaft der Indianer unter das vermeintliche tyranniſche Joch des Klerus, bezeichnet worden. Es wäre richtiger, ſie als Mittel zur praktiſchen Heranbildung des
betrat
-
Klüfte desſelben große Maſſen von Sand geweht ; fußtief in ihm verſinkend, keucht man mühſam empor zu einer
Stufenreihe ſteiler Runſen, die ſucceſſive auf Felsvorſprünge leiten, von denen nun der Blick mit Staunen und Grauſen in eine von Staffel zu Staffel wachſende Tiefe ſich ſenkt. Die Indianer haben ſeither die ſchwierigſten Partien durch Einfügung von Holzſtämmen in dürftige Treppen
verwandelt, zur Zeit aber, als Fray Juan Ramirez den ſchweren Gang ging, mußte er mit Lebensgefahr ſenkrechte Felstrümmer erklettern oder umgehen. Wie er endlid
Briefe aus Neu - Meriro.
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auftauchte auf dem Vorſprung, von dem aus der Gipfel mit den Häuſern ſichtbar wurde, gewahrten ihn auch die Indianer, und mit den Waffen in der Hand eilten ihm die Männer entgegen. Als aber die abgeſchoſſenen Pfeile ihr Ziel verfehlten, oder als, ſei es weil die Entfernung zu
groß war oder weil der Wind die Kraft des Fluges hemmte, fie harmlos von dem härenen Gewande des Mönches abfielen, ſtanden die Krieger betroffen und hörten
Noticias Sanas y Reales del Imperio de las Indias .. weil im Jahre 44 ſich die Eins geborenen dergeſtalt empörten, daß ſie den Gouverneur occidentales
töteten ."
Die ſpaniſchen Militärbehörden beſchuldigten ſchon Anno 1643 die Prieſter des Franziskaner-Drdens damit, daß ſie die Indianer allmählich der Krone zu entziehen
trachteten, um eine unabhängige Theokratie zu gründen.
auf, den fidy unverwandt nähernden Mönch zu beläſtigen.
Mißvergnügte Unteroffiziere und Soldaten wiegelten die
(Die Legende erzählt aud), daß in der durch ſeine plößliche
Pueblos auf gegen Kirche uud Staat.
Erſcheinung hervorgerufenen Aufregung ein kleines Mäd
Feindſeligkeiten von ſeiten der unſeßhaften Stämme der
den über den Rand der Felſen auf einen unteren Vors ſprung hinabgeſtürzt ſei. Da ſei der Mönch ruhig hinab geſtiegen , habe das ganz unverſehrte Kind in den Arm genommen und lächelnd der ſtaunenden Menge oben zurückgebracht.) Sein Ausſehen, ſeine Tracht war vielen von ihnen nicht mehr neu, denn ſeit 1540 hatten Fran: ziskaner im Gefolge von Coronado , Eſpejo und Oñate den Felſen betreten ; allein die Thatſache, daß er allein und unverſehrt es gewagt , daß ſelbſt ihre Geſchoſſe ihn nicht verleßt, erfüllte ſie mit abergläubiſcher Bewunde:
rung. Sie führten ihn in die Häuſer und boten ihm
Speiſe und Trank.
Fray Juan Ramirez wurde der
,,Apoſtel der Acomas ."
Wohl ein Vierteljahrhundert iſt er dort oben geblieben, der ſchlichte Mönch, hat .gelehrt mit Werken und mit Worten und hat ſein Ziel erreicht. Die Indianer haben eine Kirche erbaut unter ſeiner Leitung , ſie haben dabei gelernt, das Eiſen zu gebrauchen in dürftigem Maße,
denn nur ſelten kamen ſie nach Santa Fé. Er hat ihnen gezeigt, wie man den hölzernen Pflug verfertigt und damit den Boden zur Saat aufrißt. Er hat ſie bewogen, Schafe
und Kühe zu erlangen und den Dchſen als Zugtier zu verwenden. Er hat ſie beten und ſingen gelehrt , auf
Dazu nahmen die
Navajós und Apatſchen – beide zu der gleichen Gruppe (die Jinné Sprache redend , noch heute heißen ſich die Navajós Dinné) gehörend -- an Umfang und Rühnbeit zu. Die wenigen hundert Soldaten vermoditen die Pueblos nicht zu beſchüßen. Auch gegen die Prieſter entſtand Un zufriedenheit. Lettere konnten die fittlichen Zuſtände und
und Mißſtände der Indianer nicht ungerügt laſſen . Db ſchon das Weib bei den Pueblos nie das Laſttier des Mannes geweſen , ſo war ſie doch, wie unter den Stämmen des mericaniſchen Hochlandes , eher ſein koſtbarſtes Haus tier denn ſeine Lebensgefährtin. Die Ehen wurden, wie heute noch in Zuñi und unter den Moqui, auf der Erde und nicht im Himmel geſchloſſen , und alldieweil hienieden alles vergänglich iſt, ſo war auch das Band der Ehe ein
loderes und „ incompatibilité d'humeur“ ein genügender Grund zur Trennung. Treuloſigkeit ſeitens der Frau wurde ſtrenge beſtraft, auch der Verführer erlitt were
Züchtigung ; wenn aber der verheiratete Mann über einem
Mädchen oder einer Witwe ſeiner Pflicht vergaß, ſo wurde ihm dieſes kaum angerechnet, denn er verging ſich nicht, wie es mit der Gattin eines anderen der Fall geweſen wäre, gegen das Eigentumsrecht, welches die geſchlechtliche
Sippe, der Clan im Stamm, zu beſchüßen verpflichtet war.
Spaniſd ſowohl als in der Queres -Sprache, und hat manchem Jüngling den Begriff beigebracht von Lefen und Schreiben. Und bei dieſer ſtillen, frommen, aber idweren Arbeit iſt es ihm ſo wohl geworden auf dem fahlen Felſen horfte, daß, als die Ordensbrüder, um ſeinen gebrechlichen
Gegen ſolche Gebräuche eiferten die Prieſter und drangen auf kirchliche Einſegnung und Heilighaltung der Ehe. Mit noch größerer Strenge traten ſie auf hinſidytlich der aber gläubiſchen Gebräuche. Leştere fanden ihren feierlichſten Ausdrud als öffentliche Zeremonie, in den mannigfaltigen
Leib zu ſchonen, ihn abriefen nach Mexico, er ungern und
Tänzen der ſog. „ Cachina ". Darunter habe ich einige
mit Thränen Abſchied nahm . In einem Kloſter der mericaniſchen Hauptſtadt iſt er ſodann friedlich eingeſchlafen
kennen gelernt, welche den höchſten Grad der Obfzönität erreichen. Die Cachinas wurden daher ſtrenge verboten, und an ihrer Stelle einfachere Tänze eingeführt, welche mit
Anno 1662 ; ſein leßter Segen , ſein legtes Gebet, ſie waren für die Bewohner von Acoma !
Db die Nachfolger des edlen Prieſters ſeiner würdig blieben, davon ſpricht die Geſchichte nicht. Selbſt ihre Namen ſind meiſt verſchollen bis nach 1694 ; die Kirchen bücher haben die Indianer im Jahre 1680 zerſtört. Es gährte in Neu -Mexico feit Anno 1643. Unbeſtimmte Nadzrichten erzählen von einem Aufſtande ſchon im darauf
folgenden Jahre, doch ſcheint derſelbe eher eine Verſchwö: rung und vielleicht Meuterei ſpaniſcher Soldaten, denn eine Empörung der Eingeborenen geweſen zu ſein. Zwar ſchreibt Juan Diez de la Calle in ſeinem „ Memorial y
den Feiertagen der Kirche in Verbindung gebracht wurden . Die Zierraten der Cadina gingen teilweiſe über in dieſe allgemeinen und öffentlichen ,,Bailes “, welche jeder Pueblo zur Zeit der hohen Kirchenfeſte, wie Dſtern , Weihnachten und am Tage des Kirchenpatrons (zu Acoma iſt es der heil. Stephanus), heute noch begeht. Dieſe Neuerungen
erbitterten die Eingeborenen gegen die Prieſter. Sie hatten das Jodh der Kirche gerne und leicht genommen , denn die Ueberlegenheit der Spanier war ihnen bewußt, und es dünkte ſie vorteilhaft, dem Olymp der zahlreichen Gottheiten
ihrer Religion noch den ſtarken Gott beizufügen , dem
Litteratur.
479
jene mächtigen Weißen ſo eifrig huldigten , und die Heiligen , deren Bilder ihre Kirchen zierten , traten nach und nach
Honegger, die „Kulturgeſchichte des deutſchen Bolfeg“ von Dr. D.
in den Vordergrund , ſo daß heute nody, troß aller Be
dem verdienten Verfaſſer der „ Geſchichte der Familie “ , der „ Ge ſchichte der Religionen“ u. ſ. w., von welchem uns einſtweilen drei Lieferungen oder 192 Seiten vorliegen. (Das ganze Werk iſt auf etwa 20 Lieferungen à 1 Mark berechnet.) Bei Honegger
Henne am Rhyn und das vorliegende Wert von Julius Lippert, 1
mühungen der Prieſter, der Schußpatron eigentlich als
die weiße Gottheit des Dorfes gilt. Sie erwarteten nun von dieſen neuen Beſchüßern vermehrte Hülfe gegen ihre Feinde und als ihnen leßtere nicht zuteil warb, ver loren ſie auch ihr Vertrauen in die Macht „ der impors
tierten Gewalten " und verwarfen im geheimen die Lehren
und Lippert ſind nur die Ausgangspunkte und die Gliederung des Syſtems verſchieden, die Ziele aber gerneinſam und die Ideen ,
Anſichten und Schlüffe oft bis zur Ueberraſchung iibereinſtimmend. Lippert's leitender Grundgedanke iſt, die Lebensfürſorge als das treibende Agens in der Entwicelung der menſch lichen Kultur anzuſehen ; er geht von dem Grundſat aus : unſere Bedürfniſſe ſind unſere treibenden Kräfte, und von dieſem
der Prieſter als nußlos, fogar als ſchädlich für ihr Gemein weſen. Als die Apatidhen im Jahre 1679 die Pueblos von Chilili, Jajique , Jenabo, Fabirá und Quivira ent völkerten und die Navajós das Dorf Hâuicú, in der Nähe
Ausgangspunkte aus deduziert er in ſtreng logiſcher, von echt
von Zuñi, überfielen , hielten ſich die Pueblos für über
Urmenſchen, ſowie er ſich uns noch im Wilden der heutigen Welt
zeugt, daß die chriſtliche Religion der ihrigen an Macht
darſtellt, als ein Weſen , welches beinahe ohne Phantaſie und Ge. dächtnis auch den erſchitterndſten Naturerſcheinungen ſeiner Um . gebung im ganzen faſt gleichgültig gegenüber ſtand und die höchſten Glieder der Tierwelt nur um weniges überragte. Die an den
keineswegs überlegen ſei, und mit der den Indianern eigenen Verſchwiegenheit ſchritten ſie ſogleich zu Werke und organiſierten in tiefſter Stille eine Verſchwörung, deren gleichzeitiger Ausbruch auf den 17. Auguſt 1680 feſtgeſekt ward. Kein Weißer ahnte die furchtbare Gefahr,
philoſophiſchem Geiſte getragener Weiſe den ganzen Aufbau unſerer Kultur. In der geiſtvou klaren Einladung zeichnet er uns den
Urmenſchen herantretenden Anforderungen der Lebensfürſorge wedten in dem Menſchen Thätigkeiten, welche zunächſt als unbea wußt vorhandene „ Refler-Bewegungen " fich geltend machten , ſich
ſo ſtreng wurde, mehr wie ein Jahr hindurch, das Ge
von Geſchlecht zu Geſchlecht fortpflanzten, ſich mit der Zeit an
heimnis bewahrt. Und doch waren alle Dörfer, von Jaos bis San Antonio Senecú ſüdlich von Socorro, von Pecos bis zu den Moqui in Arizona, in dasſelbe eingeweiht. Da entdeckte in den erſten Tagen des Auguſt 1680 ein Janos-Indianer das Komplott dem Prieſter von Galiſtéo. Der Verrat wurde ruchbar und raſch entſchloſſen ſich die Pueblos zum Ausbruch. Schon hatten ſich einige Spanier
häuften und ſo den „ vererbten Inſtinkt “ bildeten. Die Lebense
fürſorge oder der Darwiniſche Kampf ums Daſein führte zur Er wedung, Entwidelung und allmählichen Vervollkommnung der Geiſteskräfte des Menſchen, welche uns ſo hoch über alle andere Glieder der organiſchen Schöpfung erheben. Aus der Sorge für das Notwendigſte die Sorge für das Nügliche, dann für
das Angenehme; aus Eitelkeit und wirklichem Bedürfnis erſtand
unter den Schuß der kleinen Garniſon von Santa Fé
die Sorge ſiir Kleidung, Nahrung und Obdach, aus der Not das ſittliche und das Pflichtgefühl , die Schamhaftigkeit, die Rechts begriffe, die Idee der Religion 1, die Fürſorge für die Zukunft,
(ca. 150 Mann) geflüchtet, die Prieſter aber blieben in ihren Gemeinden. Dort wurden ſie am 10. Auguſt 1680
den Anforderungen anbequemen , welche das einfache phyſiſche
überall auf die grauſamſte Weiſe ermordet. Auch der Prieſter von Acoma, Fray Maldonado, teilte das gleiche
Loos. Die Kirche wurde angezündet und das Holzwerk verbrannt, die heiligen Geräte wurden entweiht, die Kirchen bücher und ſonſtige Papiere eingeäſchert. ( Fortj. folgt.)
der Menſch wurde erfinderiſch und haushälteriſch und er lernte fich Daſein an ihn, den Wehrloſen und Schwächeren, machte. So entſtanden in ihm Erinnerungsvermögen oder Gedächtnis, Ideen, Vorſtellungen, Gewohnheiten, Begriffe, Sprache u. 1. w. Dies iſt der Entwidelungsgang der Kultur, wie ihn Lippert mit logiſcher Schärfe und in echt philoſophiſchem Geiſte in den drei erſten
Lieferungen ſeines vorliegenden Buches ſchildert, und zwar in ſo ſtreng logiſchem Gedankengang, in ſolcher Klarheit und Faßlichkeit,
daß jeder Denkende und Strebſame auch ohne philoſophiſche Vor bildung ſeinen Ideen und Darlegungen mit höchſtem Intereſſe zu
litteratur.
folgen vermag. Was uns bis jept von Lippert's Buche vorliegt, das verſpricht ein Wert erſten Ranges, von höchſtem Intereſſe
* Lippert , Julius: Kulturgeſchichte der Menſch heit in ihrem organiſchen Aufbau. Erſte bis dritte Liefe rung. Stuttgart, Ferd. Enke , 1886. - Die Kulturgeſchichte iſt heutzutage ein bevorzugtes Studium und ein Fach, das von allen ziviliſierten Nationen dermalen mit beſonderer Vorliebe angebaut wird, weil dieſe Wiſſenſchaft ſich init Geſchichte, Geographie, Ans
thropologie und Ethnologie in der verſchiedenſten Weiſe mehr oder
und größter Lehrhaftigkeit für jeden Gebildeten, und es wird uns zum Bergnügen gereichen, die weiteren Lieferungen dieſes ſtatt lichen und gediegenen Werkes kennen zu lernen und in dieſen Blättern zu beſprechen, für deren Leſerkreis dasſelbe ein ganz ſpezielles Intereſſe haben wird. * Dolmetſch , H.: Japaniſche Vorbilder. Ein Sammel. werk zur Veranſchaulichung japaniſcher Kunſtwerke aus den Ger
minder innig berührt und in eine Menge anderer wiſſenſchaftlichen
bieten der Aquarell-, Lacf-, und Porzellan-Malerei, der Bronze
Disziplinen übergreift. Insbeſondere hat die neuere wiſſenſchaft liche Behandlung der Kulturgeſchichte den bedeutſamen innigen
Technik und Emaillierkunſt, der Stickerei, Weberei und Schablonen Technik 26. 50 Tafeln nach japaniſchen Originaluuſtern. Voule ſtändig in 15 monatlichen Lieferungen à M. 1.20. Stutttgart, Jul.
Zuſammenhang derſelben mit der Länder- und Völkerkunde dar gethan , und dies berechtigt uns, die neuere litteratur derſelben in
den Kreis unſerer Betrachtung hereinzuziehen . Da haben wir mit Vergnügen zu fonſtatieren , daß die Rührigkeit auf dieſem Gebiete
Hoffmann, 1886.
Von dieſem ſchönen Werke liegen uns vorerſt
die drei erſten Lieferungen vor und führen uns in den ungeahnten fantaſievollen Reichtum des Formenſchakes der japaniſchen Kunſt
der Wiſſenſchaft und Litteratur gegenwärtig drei bedeutende größere
ein. Wie gebunden und umſchränkt auch bisher Leben und Kunſt
Kompendien über Kulturgeſchichte hervorgerufen hat, nämlich die
in dem großen Inſelreiche des fernen Oſtaſiens war, wie ſehr die
jüngſt von uns beſprochene „ Augemeine Kulturgeſchichte “ von 3. 3 .
Kunſt auch an einen landesüblichen Stil gebunden erſchien, ſo begegnet
Litteratur.
480 uns doch in dem hochentwickelten japaniſchen Sunſthandwerk eine Fiille der Fantaſie, ein Reichtum naivſter Erfindung, ein Ueberfluß an ſchönen Formen in der Ornamentik, von welchem wir eigentlich gar keinen adäquaten Begriff gehabt haben . Dieſen reichen Formenſchatz zu ſammeln und überſichtlich zu gliedern, ihn in ſeiner Anwendung auf die verſchiedenen Zweige des Sintgewerbes und der Ornamentik lehrreich darzuſtellen , iſt der Zweď
dieſes prächtig ausgeſtatteten und ſorglich ausgefiihrten Werkes, deſſen Herausgeber, ein tiichtiger Architekt und Ornamentiſt, durch
mehrere ähnliche Werke rrihmlidiſt bekannt und durch ſeine Stellung als Vorſtand der Kunſtbibliothek der Kgl. Zentralſtelle für Gewerbe und Handel, in deren Verwahrung die reiche Sammlung japaniſcher Kunſtprodukte des Profeſſors Dr. Erwin Bälz in Tokio ſich befindet, ganz vorzugsweiſe hiezu befähigt iſt. So finden wir in den drei vorliegenden Heften denn eine Auswahl der reizendſten Kopien von Geweben , Schablonen, Handzeichnungen, Sti& ereien, Bronzefiguren, Emaillen , Porzellanmalereien, Lađarbeiten 2c., dic
werden über die Fortſebnng des Werkes nach Maßgabe ſeines Erſcheinen
berichten .
* Spezialkarte von Afrika im Maßſtab 1 : 4,000,000 in zehn Blättern, entworfen von Hermann Habenicht, bear beitet von demſelben , von Bruno Doniann und Dr. Richard Lüddeđe. Mit einer Supplement-Lieferung. Gotha, Juſtus Wir haben dieſes gediegene ſchöne Kartenwerf, Berthes, 1886 . welches als Gedenkblatt zur Feier des hundertjährigen Beſtehens vou Juſtus Perthes Geographiſcher Anſtalt in Gotha erſchien, in ſeinen erſten Lieferungen ſchon angezeigt und auf ſeinen hohen
Wert aufmerkſam gemacht. Jegt liegt die ganze Spezialfarte uns vollendet vor, ein Denkmal deutſchen Fleißes und ein Triumph deutſcher Kunſt und Wiſſenſchaft, auf den wir ſtolz ſein dürfen und dem wohl nur wenige Kulturvölker eine ähnliche Leiſtung an die
Seite zu ſeben haben dirften . Dieſe zwölf Blätter (mit Inbgriff der Supplement Lieferung) gehören wohl zu dem Bediegendften
und ſchönſten , was die moderne Kartographie, namentlich in dieſem
zu den ſchönſten Leiſtungen des Kunſtgewerbes gehören und eine
ungewöhnlich großen Formate und bei der Mühſeligkeit der Bes
Menge von Anregung und Nacheiferung in unſeren fünſtleriſchen und gewerblichen Kreiſen eröffnen fönnen, für den Jünger der Länder- und Völkerkunde und Kulturgeſchichte aber im hödiſten Grade wichtig und lehrreich ſind und ihm das Verſtändnis des Volksgeiſtes, der Kunſt und der Veranlagung der Japaner auf eine merkwürdige Weiſe erſchließen. Wir werden über das wei tere Erſcheinen dieſes verdienſtlichen Werkes noch eingehend
nüşung eines ſolch gewaltigen Materials geleiſtet hat. Da die deutſchen Reiſenden gewiſſenhaft verwertet hat, ſo iſt ſie von einer Zuverläſſigkeit und Reichhaltigkeit wie keine andere, and dabei von einer anerkennenswerten Schönheit und Deutlichkeit der Ausführung, die gerade hier, wo wir in den nächſten Jahrzehnten noch ſo manches zur Ergänzung nachzutragen haben werden ,
berichten.
doppelt dankbar empfunden werden muß. Neuere Kartenwerke.
* Richard Andree : Allgemeiner Handatias
in
hundertundzwanzig Kartenſeiten, mit vollſtändigem Namensver zeichnis. Zweite weſentlich verbeſſerte und um ein Viertel des Ilmfanges vermehrte Auflage. Bielefeld und Leipzig , Belhagen
Karte auch noch die allerneueſten Forſchungs-Ergebniſſe unſerer
Die beiden Blätter der
Supplement-Lieferung bieten eine Höhen- und Tiefen -Ueberſicht und eine ethnographiſche Ueberſicht von Afrika, Ergänzungen vom höchſten Wert, die das Studium des „ dunklen Weltteils" unge
meir erleichtern . Wir ſtehen nicht an, in dieſer Spezialfarte vou Afrika eine der großartigſten und gediegenften Leiſtungen der modernen Wiſſenſchaft 311 begriißen, und können uns die Außerung
und Klaſing, 1886. Von dem allgemein verbreiteten , als beſonders ſchön ausgefiihrt und vollſtändig bekannten Andree'jchen Handatlas erſcheint, wie aus Vorſtehendem erſichtlich, mumehr eine zweite, verbeſſerte und weſentlich vermehrte Auflage, welche anſtatt der 96 Kartenſeiten der erſten Auflage deren hundertundzwanzig enthalten wird ; das ganze erſcheint in zwölf Lieferungen à 2 Mark. Die uns vorliegende erſte Lieferung der zweiten Auflage enthält bereits einige der neu hinzu gekonimenen Karten, welche nach Juhalt und Ausführung den friiheren Blät tern mindeſtens gleichkommen , wo nicht ſie teilweiſe übertreffen ,
des Wunſches nicht verſagen, bald in ähnlichem Maßſtab und gleich ſolider ud muſtergiltiger Ausfiihrung auch Spezialfarten von Nord- und Siidamerika aus demſelben Inſtitut zu erhalten. * Eine neue Karte von Siid - Amerika iſt ſoeben nach neunjähriger Arbeit vou Baron Kaulbars fertiggeſtellt worden und erſcheint in 8 Blättern und einem Maßſtab von 1 :: 6,300,000 im Verlag von Iljin in St. Petersburg . Der Autor iſt dermalen mit einer Karte von Afrika beſchäftigt, welche denſelben Maßſtab
und die günſtigſten Erwartungen von der neuen Auflage erwecken,
INTERNATIONALE PREISKONKURRENZ
umſomehr als von den Blättern der erſten Auflage 9 wegfallen, aber durch dreiunddreißig neue Kartenſeiten erſetzt werden Wenn nun auch der Fachmann viele von den älteren Atlanten , z . B.
befoinmen fou .
FÜR DIE
NEUE FAÇADE
den Stieler'ſchen Handatlas, kaum wird entbehren können , ſo ge nügt doch der Andree'ſde Handatlas weitaus dem Bedürfnis des gebildeten Publikums und wird ſich in ſeiner neuen Beſtalt den ungemein großen Streis ſeiner Berbreitung noch weſentlich erwei tern , da er im Verhältnis zu ſeinem Gehalt und ſeiner eleganten und gediegenen Ausführung wirklich wohlfeil iſt. Die nun vor liegende erſte Lieferung der neuen Auflage enthält folgende Karten : 49. Böhmen , Mähren, Deſterreichiſch -Schleſien. 50. 51. Die Schweiz,
Die sechs Tafeln Illustrationen , laut Art. 11 des Kon . kurrenz-Programms für die neue Façade des Mailänder Domes, sind zu beziehen durch
52. Ueberſichtskarte der Alpen . 53. Franzöſiſch -italieniſche Alpen.
ULRICH HOEPLI,
54. 55. lleberſichtskarte von Frankreich. 56. Nordweſtliches Frank reich. 73. Weſtrußland. 74, 75. Europäiſches Rußland. 96. Kau
kol . Horbuchhandlung, Galleria de Cristoforis . 59-63
.
kaſus- Länder.
105. Mittelmeer- Länder, öſtliche Hälfte. 106. 107.
Nordweſtliches Afrika. 108. Weſtafrikaniſche Kolonie -Harten . Man ſieht alſo, daß die neue Auflage auch unſeren kolonialen Intereſſen
DES
DOMES ZU MAILAND.
Milano und durch seine Vertreter in Italien und im Auslande zum Preise von 4 Mark .
und den politiſchen Zuſtänden gebührend Rechnung trägt. Wir
Druck und Berlag der 3. 8. Cotta 'den Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Sluslaud. Wodenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von
der
I. G. Gotta’ſchen Budhandlung in Stuttgart und Münden. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
1886 .
Stuttgart , 21. Juni.
Nr. 25.
Jährlich 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7 . Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des 311- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions -Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direft an verrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6fII , zu ſenden . Inſertionspreis 20 Pf. für die geſpaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Rückblick auf die neueſten wiſſenſchaftlichen Arbeiten der Franzoſen am Senegal. Von Dr. A. Oppel. S. 481 . 2. Edinburgh. Mit einer Juuſtration. S. 483. 3. Die Armenier in Europa und insbeſondere in Deſterreich -Ungarn. Von Dr. Vinzent Göhlert. S. 489. · 4. Die verunglüdte Expedition des Mailänder Handelsvereins nach Harrar. S. 491 . 5. Geographiſche Neuigkeiten. S. 496. 6. Briefe aus Neu -Mexico. Von Adolf Bandelier. ( Fortſetzung.) S. 498. 7. Litteratur. S. 500. -
Rädblick auf die neueften wiſſenſchaftlichen Arbeiten der Franzoſen am Senegal.
dem Hafen Dakar, ſondern reicht auch im Innern bis nach Bafulabe, gegen 700 Km . direkte Entfernung von der Hauptſtadt. Die Eiſenbahn im Innern, welche zunächſt
Bon Dr. A. Oppel .
Die Franzoſen haben bekanntlich in den drei leßten
Rayes bei Medine mit Bafulabe verbinden follte und auf beren Bau bereits mehr als 30 Mill. Fr. verwendet waren,
Jahrzehnten große Anſtrengungen gemacht, um ihre ſene
iſt zwar als zu koſtſpielig wieder aufgegeben worden, aber
gambiſchen Beſißungen ſowohl in räumlicher Beziehung zu erweitern, als in ihrer inneren Leiſtungsfähigkeit zu heben
es iſt doch zur Eröffnung der ſehr wichtigen Bahnlinie,
und zu fördern. In der That iſt es ihnen gelungen, ihre Herrſchaft bis an den oberen Niger auszudehnen, und
erſter Schienenſtrang, welcher an der Weſtfüſte Afrika's
das an dieſem Fluſſe gelegene Fort Bamaku, etwa 1200
Außer den Terrainaufnahmen, welche die genannten Arbeiten erforderten, ſind nun in den leßten 5 Jahren eine Anzahl anderer Unterſuchungen angeſtellt worden, und wenn deren nächſter Zweck auch mit den praktiſchen Auf
Kilometer von der atlantiſchen Küſte in Luftlinie ent fernt, bezeichnet zur Zeit ihre leşte feſte Etape im Innern des ſchwarzen Erdteils. Die mehrfach angeſtellten Vers ſuche, den Senegal mit Algier in eine regelmäßige Ver
welche St. Louis mit Dakar verbindet, gekommen ; als hinläuft, verdient er jedenfalls Beachtung.
gaben der Koloniſation und der Kultivation zuſammen
bindung zu ſeßen, ſind zwar bislang geſcheitert, aber daß
hieng, fo kommen die gewonnenen Ergebniſſe doch auch
man auch jeßt noch gewillt iſt, dieſe wichtige Angelegens heit zu fördern, das lehrt die Unternehmung des Lieutenants Palat, der in leßtem Herbſte von Gériville in Algier auf: gebrochen iſt, um über Tuat und Timbuktu an den Senegal zu reiſen , und der vor kurzem unterwegs von ſeinen Führern erſchlagen worden iſt. Von der richtigen Erkenntnis ausgehend, daß, ſoll die Kolonie lebensfähig werden und den beträchtlichen Kapitalaufwand lohnen, ſie mit den neueren Verkehrs mitteln , dem Telegraphen und der Eiſenbahn, verſehen
der Geographie als Wiſſenſchaft zugute. Mit Rückſicht dar auf mag es geſtattet ſein , über die neueſten wiſſenſchaftlichen Arbeiten der Franzoſen am Senegal einige Mitteilungen zu machen . Dieſe ſind teils dem von dem Marine-Mini ſterium herausgegebenen Werke ,, La France dans l'Afrique
occidentale " ( 1879--83 ), teils dem fürzlich erſchienenen Buche ,,Les Possessions françaises de l'Afrique occiden tale von Le Brun-Renaud entnommen.
Der Telegraph vers
Die erſten dieſer Unternehmungen ſtanden , wie an gedeutet, mit dem Eiſenbahnprojekte St. Louis-Dakar in Verbindung. Im Jahre 1879 bereiſte der Lieutenant Pietri die Diſtritte M'Pal, Merinaghen , Bala und
bindet zur Zeit St. Louis nicht nur mit Teneriffa und
N'Diaen und ſtellte feſt, daß dem Baue der Bahn keine
ſein müſſe, haben die Franzoſen auch in dieſen Beziehungen anerkennenswerte Fortſchritte erzielt.
Ausland 1886 , Nr. 25.
73
Rüdblick auf die neueſten wiſſenſchaftlichen Arbeiten der Franzoſen am Senegal.
482
Terrainhinderniſſe entgegenſtehen. Der Lieutenant facs quemart beſuchte die Territorien Toro, Tuta und Guoge, zu 184,000 in denen er eine aderbauende Bevölkerung
Birgo und Gadugu. Rapitän Bonnier endlich wurde mit ſieben Genoſſen an den oberen Niger geſchickt, um die
vorfand ; die Herren Monteil und
Ergebniſſe dieſer Miſſion ſind auf ſieben Kartenblättern im Maßſtabe 1 : 100,000 niedergelegt ; die Umgebung von Bamaku ſogar 1 : 50,000. Das Jahr 1883 zeigt zunächſt die Erpedition der Herren Bonnier, Brisco und Riou, denen der Auftrag
Seelen geſchäßt
Sorin unterſuchten die Gebiete Djolof und Ferlo, niedrige und waſſerarme Plateaur, deren wenig zahlreiche Bes wohner Nomaden ſind. Der Kapitän Pol ſtellte eine hydrographiſche Karte des Senegal zwiſchen Bafel und
topographiſchen Aufnahmen bis dahin auszubehnen.
Die
Medine her ; auch erforſchte er die Anſiedelungen der Ein
geworden war, Beledugu, das Gebiet zwiſchen dem Baüle
heimiſchen, ſowie die Beſtandteile der Wälder an der ge
und dem Niger nördlich von Bamaku zu ſtudieren. Eine ähnliche Aufgabe war den Herren Bayol und Quiquan don geſtellt worden. Leştere erreichten als äußerſten Punkt im Norden den anſehnlichen Marktplaş Murdia, welcher 2500 Einwohner zählt. „Durch dieſe Länder, welche an
nannten Strecke.
Im folgenden Jahre, 1880, wurde eine große topo
graphiſche Erpedition von zehn wiſſenſchaftlichen Mitglie dern unter der Leitung des Kommandanten Derrien aus: geſendet. Dieſe beſtimmte zunächſt die Länge und Breite
der Grenze der Wüſte liegen und Timbuktu benachbart
von Medine ( 14 ° 21' 24" Breite und 130 48' 26 " 4 "
ſind“, ſchreibt Bayol, „ führt der direkteſte Weg nach den
weſtliche Länge), Bafulabe ( 13 ° 47' 30 " Br. und 130 9 ' 30 " w.L.) und Rita ( 130 2' 44" Br. 11 ° 47' 30 " w.L .), unterſudte den Lauf des Bakhoy - Fluſſes und maß die Höhenverhältniſſe von Kita nach Gubanko und Murgula. Die Seehöhe von Kita wurde zu 350 m. beſtimmt. Die Feindſeligkeit der Bewohner von Beledugu hinderte die Erpedition, ihre Arbeiten weiter nach Dſten auszudehnen .
Daſen des ſüdlichen Algerien. Man begreift daher das lebhafte Intereſſe, welches ſich an die Beziehungen knüpft, welche wir mit den verſchiedenen Häuptlingen dieſer Ge: gend abgeſchloſſen haben, Beziehungen, welche bald ge
Die Ergebniſſe dieſer Unternehmung wurden auf einer
ſtatten werden den Ruhm und Handel unſeres Vaterlandes
weiter in das Innere Afrika's zu führen." War Bayol's Weg nach Nordoſten gerichtet, ſo machte der Marine-Arzt Colin ebenfalls im Jahre 1883 einen bemerkenswerten
Karte im Maßſtabe 1 : 100,000 niedergelegt ; auch hatte
Vorſtoß von Fort Bakel am Senegal aus nach Süden.
man eine hübſche Sammlung photographiſcher Aufnahmen
Nach einigen Unfällen erreichte er Kenieba, deſſen gold
gemacht.
haltiges Land er unterſuchte. Darauf ging er nach Dia
Das Jahr 1881 brachte zunächſt die Miſſion Bayol nach Futa Djallon, ein Gebiet, welches ſich von dem Gam
bia in füdöſtlicher Richtung bis an die Quellen des Niger
erſtreckt und ſchon früher von Mollien, Lambert und Aimé Ollivier beſucht worden war. Von Bode, am Rio Nunez, begab ſich Bayol, der von dem Aſtronomen Billet und dem Photographen Noirot begleitet wurde, durch wald
reiches und von wohlangebauten Thälern durchzogenes Land nach Donhol Fella, wo er mit dem Fürſten Ibrahima
Sory einen Handelsvertrag ſchloß und deſſen Gebiet für eine jährliche Rente von 10,000 Fr. unter franzöſiſches Protektorat ſtellte. Nachdem die Erpedition das Quell: gebiet des Gambia und des Rio Grande beſucht und einen Abſtecher nach Beledugu gemacht hatte , traf ſie am 17. September in Medine ein. In demſelben Jahre wurde auch eine topographiſche Aufnahme des Abſchnittes von Kayes nach Bafulabe von Kapitän Henry mit drei Genoſſen ins Werk geſeßt und bei dieſer Gelegenheit das
Land zwiſchen den Flüſſen Bafing und Bakhoy, welche ſich
lafra, einer Stadt von 2000 Einwohnern, deren König ſein weidereiches, mit Indigo, Reis und Baumwolle be bautes Gebiet unter franzöfiſches Protektorat ſtellte; dar auf beſuchte er das ebenfalls goldreiche Diebedugu, welches zwiſchen den Flüſſen Faleme und Bafing liegt. Hier ſammeln die Eingeborenen das Gold in Form von Staub und Klumpen entlang dem Gebirge auf einer Ausdehnung von 150 Km. Das Zentrum dieſer Ausbeute iſt das Dorf Muralia, wo Colin für eine Quantität Salz im Werte von 1 Fr. eine Goldbarre, 15 Fr. wert, eintauſchte. Von da aus erforſchte er den Lauf des Faleme bis zu einer Stelle, welche 400 Km. von ſeiner Einmündung in den Senegal liegt. Die eintretende Dürre und der dadurch
erzeugte tiefe Waſſerſtand des Faleme machte Colin's weiterem Vordringen ein Ende. Er ſpricht die Meinung aus , daß mit Hülfe einiger Kanaliſationsarbeiten der Faleme wohl ſchiffbar ſein und eine gute Verbindung mit den goldreichen und wohbevölkerten Diſtrikten Tambaura und Diebedugu geſtatten werde. Aus dem Jahre 1884 wird nur von einer Forſchungss
bei Bafulabe vereinigen, erforſcht. Auch wurde die Strecke zwiſchen Kita und Reniera unterſucht und Karten im Maß ſtabe von 11 : 100,000 reſp. 50,000 angefertigt.
reiſe berichtet; es iſt die Erpedition des Rapitäns Lenoir, welcher den Auftrag erhalten hatte, das Gebiet zwiſchen
Eine noch lebhaftere Thätigkeit entwickelten die Fran
dem Caſamance und dem oberen Senegal zu beſuchen.
zofen im Jahre 1882. Zunächſt beſuchte Rapitän Bonnier
Von Gedhion am Caſamance aus in der Regenzeit auf brechend, gelang es ihm nur mit Mühe nach Dſten vor
die Landſchaft Bafing, welche am Nordufer des gleich namigen Fluſſes liegt, und ſtellte ſie unter franzöſiſches Protektorat. Kapitän Delanneau erforſchte die Diſtrikte
zubringen. Er durchzog das heerdenreiche Firdu und drang nach dem verödeten Uli vor. Die Feindſeligkeit der Schwarzen
Edinburgh.
483
von Tenda verhinderte ihn, wie es ſein Plan war, in ſüdlicher Richtung nach der Landſchaft Nicolo vorzubringen.
delt und in das lateiniſche Edina aufgeſtußt wurde. Edin burgh blieb bis ins 11. Jahrhundert im Beſiße der Könige
Er ging daher nach Norden durch Bondu und Bele dugu in das Thal des Faleme. Dieſer Weg hatte ihn
von Northumberland, und erſt von dieſem Zeitpunkte an
zum Teil durch bisher unerforſchte Gegenden geführt und ihn mit Eingeborenen bekannt gemacyt, welche an dem
blieben die Schotten die unumſchränkten Herren der Stadt. Als Froiſſart iin Jahre 1384 dorthin kam, war Edinburgh
Handel mit der Küſte und den Flußgegenden keinen Teil
nichts weniger als wohlhabend, denn die ihn begleitenden Ritter vermochten kaum ein Unterkommen zu finden. Die
nehmen. Zugleich hat er bewieſen, daß die Verbindung
Stadt, von den Engländern in Brand geſteckt, erſtand
zwiſchen dem Caſamance und dem mittleren Senegal prakti
zu Anfang des 15. Jahrhunderts wieder aus ihren Trüm mern und erhob ſich bald zu großer Blüte. Jakob II.
fabel iſt und ſpäter einmal für den franzöſiſchen Handel in Betracht kommen kann. Von Wichtigkeit wird befon: bers die Waſſerſtraße des Fluſſes Faleme ſein, deſſen Thal von der ſchönen Landſchaft Faleme durch einen niedrigen Gebirgsrücken getrennt wird. Durch alle dieſe Unternehmungen iſt der Geographie
wurde in der Abteikirche zum Heiligen Kreuz, Holyrood, gekrönt, ivo um dieſelbe Zeit das Parlament ſeine Sißungen
hielt. Im Jahre 1560 wurde die Stadt mit einer Zingel von Mauern umgeben und mit neun Thoren verſehen.
ein umfangreiches und verhältnismäßig zuverläſſiges Ma
Da Edinburgh in ſeiner Umfaſſungsmauer zu ſehr ein geſchränkt war, und fidh nicht nad außen ausbreiten konnte,
terial zugeführt worden, das zwar in erſter Linie der
ſo wuchs es nach der Höhe wie Paris. Die Einwohner rich
Kartographie zu gute kommt, aber auch für die Völker:
teten ſich in einzelnen Stockwerken ein, nad franzöſiſcher Sitte, und die Häuſer, ſechs, ſieben und ſogar zehn Stock
funde Senegambiens wertvolle Thatſachen enthält.
Edinburgh . Mit einer Illuſtration.
Die Stadt Edinburgh, Schottlands alte Kapitale,
liegt im Südoſten Sdjottlands, ungefähr fünf Meilen vom Firth of Forth oder der Forthföhrde, in einer ungemein maleriſchen Lage. Sie iſt erbaut auf einer Reihe paralleler Hügelwellen, deren Höhen und Thäler mit Häuſern aus weißem Stein bedeckt ſind. Da und dort führen Viadukte und rieſige Brücken über Thäler und Häuſer hinweg und vereinigen zwei Hügel miteinander. Die höchſte dieſer Terrain -Anſchwellungen wird von den alten Stadtteilen eingenommen, welche ſich um das alte Burgſchloß herum
gruppieren. Eine tiefe Schlucht, ein ausgetrodneter früherer See, North Loch, dient den verſchiedenen Eiſenbahnlinien, welche in die Stadt einmünden , zum gemeinſamen Wege.
werke hody (von welchen mandhe noch vorhanden ſind) be: herbergten zahlreiche Familien. Dieſer Teil der Stadt exiſtiert noch und erinnert in ſeinem Ausſehen vielfach an die Straßen des alten Paris. Früher von den Reichen und Vornehmen bewohnt, iſt es jeßt das Quartier der Arbeiter-Bevölkerung und der Armen und heißt gegen wärtig die Altſtadt. Sie nimmt die Anhöhe ein, deren Gipfelpunkt das Schloß bildet, und ſenkt ſich allmählich in öſtlicher Richtung herab. Dieſer Stadtteil wird von zwei breiten Straßen, High-Street und Cowgate, durch ſchnitten ; die erſtere feßt ſich in Cannongate fort und führt
direkt nach dem Schloſſe Holyrood. Die beiden genannten Straßen waren noch im vorigen Jahrhundert die einzigen der Stadt, welche für Fuhrwerke paſſierbar waren, und
wurden von Quergäßchen durchſchnitten, welche Wynds und Cloſes genannt wurden und nun meiſt verſchwunden find, um neuen Straßen Plaß zu machen . Die neuere Stadt liegt nördlich von der alten und iſt mit derſelben durdy eine koloſſale Auffüllung, the Mound
Der Urſprung von Edinburgh iſt zwar alt, aber
genannt, und durch zwei Brücken, die Waverley-Bridge
beinahe unbekannt. Man weiß nur, daß im fünften Jahr hundert Picten auf der Stelle des jeßigen Schloſſes eine kleine Feſte errichteten, deren Beſiß ihnen die Sachſen lange ſtreitig machten und deren ſie ſich endlich, nach zwei hundertjährigen Kämpfen, im ſiebenten Jahrhundert be: mächtigten. Damals nahm die Stadt, welche früher auf
und die North-Bridge, verbunden, von denen leştere die
Gäliſch Magh Dun hieß, das in das angelfächſiſche Maiden verwandelt und in Caſtrum Puellarum latiniſiert wurde,
den Namen Edwin's Burg, d . h. Edinburgh an, welcher
Name ſeinerſeits von den Gälen in Dun-Edin umgewan 1 Nach dem ſchon friiher von uns beſprochenen Prachtwerke :
„ L'Angleterre, l'Ecosse et l'Irlande, " par P. Villars (Paris, A. Quantin ), auf welches wir, als ein ebenſo anregendes wie lehrreiches . Buch, unſere Leſer hiemit wiederholt aufmerkſam zu D. Red. machen ung erlauben.
ältere und im Jahre 1753 erbaut worden iſt. In der felben Zeit, wo die neuen und ariſtokratiſchen Quartiere der neueren Stadt erſtanden, verlängerte man die North Bridge unter dem Namen der SouthBridge und errichtete
einige ſchöne Pläße wie George-Square und BrownSquare und erbaute den ganzen Stadtteil zwiſchen dem Heriot Hoſpital und Saint-Leonard's-Street. So frumm und gewunden die Altſtadt, ſo ſymmetriſch iſt die Neuſtadt, und unter dieſem Geſidytspunkte bietet Edinburgh einen in ſeiner Art einzigen Anblick dar, näm lid den einer Doppelſtadt, welche auf der einen Seite alt, auf der anderen modern , zur Rechten beinahe kontinental,
zur Linken aber weſentlich britiſch iſt. Von Waverley Bridge aus, welche im beinahe mathematiſchen Mittelpunkt
484
Edinburgh.
von Edinburgh liegt, genießt man eine wunderſchöne Aus: ſicht. Nad, Süden hin erſtreďt fidy die räucherige Altſtadt, Auld Reefie, wie die Schotten ſie liebreich nennen, mit zehnſtödigen Häuſern, engen, gewundenen Gaſſen , düſteren
teln und Munition , welche von Baſtionen mit Geſchüßen von grobem Kaliber umgeben ſind. Ein am Fuße der
Durchgängen, Bauten in altfranzöſiſdem Stil, mit run
Mauern der Zitadelle angebrachter Schneđenweg führt
den, von einem ſpißen Dach gekrönten Türmen . Im Nor den breitet ſid, das moderne aber edyt britiſche Athen mit
nad) der Kapelle der heiligen Margarete, Saint Marga ret's Chapel, dem älteſten Gebäude, nicht allein im Sdyloſie, ſondern in ganz Edinburgh. Dieſe iſt ein kleiner Betſaal in romaniſchem Stil , der angeblich im 11. Jahrhundert für die Königin Margarete, die Gemahlin Malcolm's,
ſeinen griechiſch -römiſchen Monumentalbauten und ſeinen gothiſden oder phantaſtiſden Denkmälern aus. Zwiſchen beiden zeigt der tiefe Thaleinſdynitt Reihen von Sdienen, auf weldien die Eiſenbahnzüge verkehren unter fortwähren dem Auspuſten von Raud und Dampf, die ſich in leichte weiße Flocken auflöſen und wie der Dunſt eines Sees über dem gähnenden Thale dweben. Das Klima von Edinburgh iſt ſtreng und rauh ; einen großen Teil des Jahres hindurch herrſchen furchtbare Oſt winde mit großer Wut, und es gibt ſelbſt im hohen Sommer nur wenige Tage, wo man nicht ein kleines Feuer im Ramin ganz angenehm findet. Auch wäre es ſelbſt in der guten Jahreszeit ganz vermeſſen, ſich ohne Winterkleider ins Freie zu wagen, ſo häufig und plößlid ſind hier die Temperatur-Veränderungen .. Man ſollte übrigens dieſe
ſieht man ſich einer Maſſe unregelmäßiger Bauten gegen
über : Kaſernen, Magazinen, Niederlagen von Lebensmit:
erbaut worden ſein ſoll. Nachdem ſie lange als Pulver magazin gedient hat , iſt ſie 1853 reſtauriert worden. Nahe bei ihr iſt die Königsbaſtei, King's Bastion, von wo aus man die Neuſtadt überblict.
Auf der Plattform zeigt man eine merkwürdige alte Ranone, welche jeßt ebenſo harmlos wie fremdartig iſt. Es iſt eine alte Bombarde, die „ Mons Meg " genannt, gefertigt aus zuſammenge dweißten Eiſenſtangen und zu
ſammengehalten von Reifen von demſelben Metall. Dieſes Geſchüß ſoll, wie die einen behaupten, im Jahre 1486 zu Mons im Hennegau (woher ſein Name), nach anderen in Schottland angefertigt worden ſein. Wie dem nun
Vorſichtsmaßregel nicht allein in Edinburgh, ſondern in
auch ſein mag, die Schotten halten große Stücke auf das:
allen Teilen Schottlands nicht vernachläſſigen. Gleich : wohl iſt Edinburgh ziemlich geſund; nur bruſtkranke, ſchwächliche und zarte Perſonen dürfen ſich dort nicht un geſchädigt aufhalten. Die Temperatur iſt dort ſelbſtredend niedriger als in London ; die mittlere Temperatur beträgt 80 C., und es regnet daſelbſt ſehr viel. Der Regenmeſſer zeigt eine mittlere Menge von 32 1/4 Zoll, d. h. genau
ſelbe und mußten es beklommen mit anſehen, wie die Engländer es abführten, um damit den Tower von London zu ſchmücken, wo es lange Zeit blieb und von wo es erſt in 1829 auf die Bitten von Sir Walter Scott zurüd gegeben wurde. Der frühere Palaſt der Könige von Schottland hat ſo viel Veränderungen erlitten, daß davon beinahe nichts mehr übrig iſt als die Fundamente und ein Teil der Mauern. Er nimmt zwei Seiten des großen Vierecs, des Palace Yard ein, welches hinter der Halbmond-Batterie gelegen iſt. Die königlichen Gemächer nehmen den winkel: recht zum anderen ſtehenden öſtlichen Flügel ein, welcher
7 Zoll mehr als in London , wo es doch wahrlich genug regnet. Allein man muß fich erinnern, daß Edinburgh beinahe unter derſelben Breite liegt wie Kopenhagen. Die Bevölkerung belief ſich im Jahre 1883 auf
236,000 Seelen (gegenwärtig mit Leith nach Hübner's ſtatiſtiſcher Tabelle auf 286,000.) Leith iſt die Hafenſtadt von Edinburgh und hat allein gegen 60,000 Einwohner. Die jährliche Sterblichkeit daſelbſt beziffert ſich auf 19.5 per Tauſend, die Zahl der Geburten auf 38.5 per Tauſend.
noch heute als Royal Lodgings, die Königswohnung, be zeichnet wird. Es iſt ein ziemlich impoſantes, im Jahre 1616 reſtauriertes Bauwerk, deſſen achtediger Turm , vier: edige Türmchen und zinnengekrönte Mauern wahrſcheinlich
Im Jahre 1871 zählte man nur 200,000 Seelen, was
aus dem
genau einen regelmäßigen jährlichen Zuwachs von 3000 Ein wohnern geben würde.
noch im Grunde von dem Palaſt des Malcolm, des David, des Wilhelm des Löwen, von dem Schloſſe, welches von
Von den beiden Stadtteilen iſt der alte der maleri
Bruce und Baliol genommen und wieder genommen wurde ? Nur die Erinnerungen, denn die gegenwärtigen Bauten,
ſchere und intereſſantere. Seine Denkmäler, ſeine Straßen, feine Bevölkerung und die hiſtoriſchen Erinnerungen, welche es bei jedem Schritte erwedt, alles dient dazu , ihm einen beſonderen nationalen Charakter zu geben. Der beherrſchende und augenfälligſte Punkt der alten Stadt iſt das ſogenannte Sdloß , the Castle, die alte
Edwinsburg , welche auf einem ſteilen und nur von der Dítſeite zugänglichen Felſen feſt und ſtolz in 100 m . Höhe über der Stadt thront. Man gelangt zu ihr über
eine Eſplanade, an deren Ende eine von Geſchüßen ge dedte Zugbrücke in die befeſtigte Ringmauer führt. Hier
16. Jahrhundert ſtammen . Was bleibt denn
abgeſehen von den Fundamenten und einigen Mauern,
ſcheinen nicht auf eine ſehr entfernte Periode zurückzu reichen. Aber in dieſem Königspalaſt ſtarb Marie von Lothringen, hierher ward im Jahre 1561 ihre Tochter
Maria Stuart unter dem Zuruf des Volkes geführt, und in dem Zimmer, welches noch heute Queen Mary's Room heißt, gebar ſie am 19. Juni 1566 den nad maligen König Jakob VI., welcher ſpäter die Krone von Schottland und England vereinigen ſollte.
In einem benachbarten Saale ſind die ſchottiſchen
485
. von Edinburgh Anſicht
Edinburgh.
kati
74 Ausland 1886 Nr. 25.
Edinburgh.
486
Kronjuwelen zur Schau geſtellt, beſtehend aus einer Krone, einem Szepter, einem Schwert und einem Streitkolben. Zur Zeit der Vereinigung beider Reiche wurden dieſelben in einen eiſenbeſchlagenen Roffer von Eichenholz gelegt und in dieſem Saale eingeſchloſſen, in welchen mehr als
ein Jahrhundert lang niemand fam. Man glaubte ſie verloren, als im Jahre 1817 der Prinzregent (Georg IV . ) eine Kommiſſion ernannte, zu welcher auch Sir Walter Scott gehörte, und dieſe beauftragte, den Koffer zu öffnen und ſich zu vergewiſſern, ob er die Kronjuwelen enthalte. Man fand ſie darin in einem vollkommenen Zuſtande und nun erſt ward beſchloſſen, ſie in einem eiſernen Käfig, gleich demjenigen , worin die Regalien im Tower von London
verwahrt werden, zur Schau zu ſtellen.
Die High-Street führt unter fünf verſchiedenen Namen beinahe in gerader Linie vom Schloſſe aus nach dem Palaſt und der Abtei Holyrood. Dieſe Straße iſt äußerſt male riſch, beſeßt mit hohen Häuſern von neun bis zehn Stock werfen und mit alten hiſtoriſchen Gebäuden, von denen manche nod) ſehr gut erhalten ſind, obwohl dieſer Teil
der Stadt zur Zeit des Aufſtandes von 1745 ſchwer zu
leiden hatte, weil damals das Shloß von den föniglichen Truppen beſeßt, der Prätendent Karl Eduard dagegen im Beſiß der Stadt und des Holyrood- Palaſtes war. High Street iſt eine ungemein belebte Straße ; aber man würde ſich ſehr täuſchen, wenn man hier nur Leute im National koſtüm , d. h. mit einer bebänderten Müße auf dem Kopf, in einer engen Jade und in einem Plaid, die Schenkel bededt von einem faltigen Weiberrod , mit nadten Knieen und in Schuhen mit ſilbernen Sdynallen , zu ſehen erwar ten würde. Das iſt eine Tradition, welche verblaßt und eine Fluſion, welche raich verfliegt. Die Nationaltradht verſchwindet allmählich und wird bald nur noch von den
ſind. Etwas weiterhin , aber auf derſelben Seite der Straße, ſteht die Cannon-gate Tollbooth, früber eines der
Gefängniſſe der Stadt, welche gegenwärtig das Lokal der Regiſtratur des Standesamtes iſt. Es iſt ein zweiſtödiges
Haus, flankiert von einem vieredigen Turme, welcher auf zwei eiſernen Auflegeſtüden eine Uhr trägt, und der von einem ſpitigen Dache überragt iſt. Dieſes Gebäude iſt ein trefflides Beiſpiel von jener beinahe altfränkiſchen
Architektur, welche man ſo oft in der Altſtadt trifft. Am Ende der Straße welche hier Cannon-gate heißt, öffnet ſich ein vierediger Plat, deſſen eine Seite von dem Palaſt und
der Abtei Holyrood eingenommen wird. Hier zunächſt einige Worte über die berühmte Abtei .
Am 14. September 1128, Eem Tage der Kreuz-Erhöhung , ging König David I. auf die Jagd, trotz der Warnungen ſeines Beidytvaters Alfwin, welcher ihn daran erinnerte,
daß man dieſen Tag in Gebeten und nicht in Vergnü
gungen zubringen müſſe. Allein David hörte nicht darauf, ſondern ſprengte im Galopp in der Richtung des Waldes Drumsheugh davon, wo er ſich bald von ſeinem Jagdeifer ſo hinreißen ließ, daß er ſich von ſeinem Gefolge getrennt fand. Plößlich ſtürzte ſich ein blendend weißer, rieſig großer Hirſch mit einem ungeheuren gewaltigen Geweih auf ihn, griff ihn an und warf Mann und Roß zu Boden.
David wehrte ſich mit ſeinem Jagdmeſſer ſo gut er konnte, war aber nahe daran, zu unterliegen, als aus einer weißen Wolke eine Hand mit einem leucytenden Kreuze heraus:
ragte, deſſen blendender Glanz den Hirſd, in die Flucht trieb, welcher dann in einiger Entfernung durch einen der Nitter aus dem Gefolge des Königs David, den Sir Gregan Crawford, erlegt wurde. So auffallend und ſtaunenswert dieſe wunderbare Dazwiſchenkunft auch er ſcheinen mag, ſo dürfte ſie doch kaum in Zweifel gezogen
Soldaten der ſchottiſchen Regimenter und einigen Lairds oder Großgrundbeſißern getragen werden , welche einen Wert darauf legen, ihre nackten Kniee und haarigen Beine
werden können, da die Crawfords von Kilbirnie nod heute
zu zeigen. Dieſe unbequeme Kleidung mag nod paſſieren im Feld, bei der Arbeit oder unter freiem Himmel, allein
führen.
zur Erinnerung an dieſe denkwürdige Begebenheit einen von einem Kreuze überragten Hirſchkopf in ihrem Wappen Nadydenklich kehrte der König in ſein Schloß
zurück, erzählte Alfwin ſein Erlebnis und legte ſich dann
einen derartig ſummariſch gekleideten Mann in einem Zimmer,
zu einer Ruhe nieder, deren er nach den Aufregungen des
in Gegenwart von Damen ſehen zu müſſen, iſt für mo derne Begriffe etwas Anſtößiges, und ihr Verſdwinden erregt daher nur platoniſches Bedauern. Unter die denkwürdigſten Häuſer von High -Street ges hören das mit Nr. 153 bezeichnete, von Allan Ramſey, dem ſchottiſchen Dichter, und dasjenige des Reformators John Knor in demjenigen Teil von High Street, welcher
Tages ſehr bedurfte.
Netherbow heißt. Leßteres iſt ein maleriſches dreiſtödiges Gebäude mit einer Façade von Bruchſtein, mit kleinen Fen ſtern von Bußenſcheiben und Stocwerken, welche über die
Straße vorſpringen. Ueber der Eingangsthüre iſt in einer fanzelförmigen Niſche eine in Holz geſchnißte Büſte des großen Reformators angebracht.
Die Wohnung dieſes
unverſöhnlichen Gegners der Maria Stuart beſteht aus drei Zimmern, welche im Jahre 1849 reſtauriert worden
Allein während ſeines Schlafes
hatte er eine Viſion : es erſchien ihm nämlich der heilige
Andreas, der Schußpatron Schottlands, und empfahl ihm , an dem Drte ſelbſt , wo er ſo wunderbar gerettet worden ſei, ein Kloſter für die Auguſtiner-Chorherren zu gründen. Da galt es kein Beſinnen und David ließ alsbald die Abtei Holyrood oder vom heiligen Kreuz erbauen, welche er reich ausſtattete und zu deren Abt er ſeinen Beicht vater Alfwin ernannte. David's Nachfolger bereicherten die Abtei durch Schenkungen und verliehen ihr viele Pri
vilegien. Auch diente ſie ſeit der Regierung Roberts III. den ſchottiſchen Herrſchern zur Reſidenz und dieſe feierten gewöhnlich ihre Hochzeiten in der heutzutage in Trümmern
liegenden Kloſterkirche. In ihr ward auc Maria Stuart mit Darnley getraut.
Edinburgh
487
Im Jahre 1542 zerſtörte das engliſche Heer unter
kuppelten doriſchen Säulen, zwei auf jeder Seite. Auf
Lord Hertford das Kloſter, aber die Kirche wurde ſpäter auf Befehl Karls I, wieder hergeſtellt und in eine könig liche Kapelle verwandelt. Bei der Nachricht von der
dem freien Plaß vor dem Eingange ſteht ein im Jahre 1859 auf Koſten des Prinzen Albert errichteter achtediger Trinkbrunnen, welcher aus drei Stocwerken beſteht und mit Skulpturen und Ornamenten überladen iſt, aber troß der Schönheit der Einzelheiten einen etwas ſchwerfälligen
Landung Wilhelms von Dranien plünderten die Bürger von Edinburgh und die Studenten der Univerſität die Kapelle, ſteckten ſie in Brand und entweihten die Gruft, worin David II., Jakob II. und Jakob V., Nizzio und Darnley beigejekt waren. Im Jahre 1758 ließ ein Bau meiſter, welcher mit der Reſtaurierung betraut war , der
Kirche ein fold dywerfälliges Dach aufſeßen , daß dieſes 1768 einſtürzte und das wenige zertrümmerte, was noch von dem Gebäude übrig blieb. Die Ruine der Kirche diente ſodann zur Ablagerung alles Unrats der Stadt, und der Pöbel machte ſich ein Vergnügen daraus , dieſe geldicht .
lichen Ueberreſte zu verunreinigen und zu entweihen. Heut zutage ſind von der Abteikirche nur noch Bruchſtücke eines Turms, des Schiffes und eines Teils der weſtlichen Façade übrig. Das ſpißbogige Portal wird von acht Säulchen mit Kapitälen geſtüßt, die aus einem Wirrwarr von
Eindruck macht.
Man zeigt vom Schloſſe Holyrood nur den linken Flügel, worin ſich die Gemäldegalerie und die Gemächer von Maria Stuart und Darnley) befinden . Die Gemälde- oder Königs-Galerie , King's Gallery, bildet einen Teil des alten Palaſtes Karls II. Es iſt ein langer Saal von ſehr gewöhnlichem Ausſehen, mehr breit als hody, deſſen Wände mit beiläufig hundert Phantaſie porträts der Könige von Schottland geſchmückt ſind. Sir Walter Scott hat mit Recht dieſe Reihe von lächerlichen Gemälden kritiſiert und ſich darüber beklagt , daß der
Künſtler alle ſchottiſchen Herrſcher mit derſelben Naſe be dacht habe, die einem Thürklopfer gleiche. In dieſer Galerie pflegt die Wahl der ſchottiſchen Peers ſtattzufinden,
Vom
ivelche Schottland im Hauſe der Lords vertreten ſollen .
Schiff ſtehen nur noch die Umfaſſungsmauern bis zur Höhe des erſten Stockwerkes und zwei Trümmer von den Pfeilern, welche das Hauptſchiff von den Seitenſchiffen ſchieden. Im Hintergrunde, am öſtlichen Ende, öffnet ſich noch gähnend und mit Epheu bedeckt ein hohes und breites Fenſter mit Fenſterkreuzen. Auf dem Boden wächſt Gras zwiſchen den Grabſteinen, unter denen viele moderne find,
In der That hatte dieſes Land vor der Vereinigung mit
da die Abkömmlinge gewiſſer alter Familien den Wunſch
Peers noch durch diejenigen Mitglieder der ſchottiſchen
ausgedrückt haben , inmitten ihrer Ahnen zu ruhen. So trägt z. B. das jüngſte Grab, dasjenige von Sir J. Sinclair,
Pairie vertreten , welche gleidyzeitig auch Pairs von Eng land find. So fißt .z. B. der Herzog von Argyl, der in England Baron Sunbridge iſt, im Parlament vermöge
Ornamenten beſtehen , in dem nun Vögel niſten.
das Datum von 1873.
England ſein eigenes Parlament und eine nationale Pairie, allein da es jeßt nur nod; ein einziges Parlament für
das Vereinigte Königreich gibt, ſo wird bei jeder Erneue rung der Legislatur eine Anzahl von ſchottiſchen Peers gewählt. Dieſe Anzahl iſt auf fechzehn feſtgeſeßt, allein Schottland wird im Hauſe der Lords außer den gewählten
Der von Jakob IV. begonnene Holyrood - Palaſt
des leßteren Titels und nicht als Herzog. Es find über
wurde unter der Regierung ſeines Sohnes Jakob V. voll
dies ſeit 1707 keine ſchottiſchen Peers mehr geſchaffen worden . Die Gemächer der Maria Stuart beſtehen aus einem Audienzſaal, einem Schlaf- und einem Speiſezimmer, supper - room , zu welchen man auf einer im Turme Jakobs V. angebrachten Wendeltreppe gelangt. Das erſte Gemach iſt ein viereckiges Zimmer deſſen faſſettierter Pla:
endet und im Jahre 1542 gleidyzeitig mit der Abtei von
den Engländern zerſtört. Die Türme und der nordweſt liche Flügel entgingen jedoch der Zerſtörung, und als Maria Stuart im Jahre 1561 aus Frankreich zurückehrte, bezog ſie dieſen Teil des Palaſtes. Hundert Jahre ſpäter
ſteckten Cromwells Soldaten Holyrood in Brand, das man wieder aufgebaut hatte , und durch ein merkwürdiges Zu ſammentreffen der Umſtände wurde dieſer Teil des Schloſſes zum zweiten Mal gerettet. Unter der Regierung Karls II. erhielt Sir William Bruce den Auftrag, Holyrood wieder aufzubauen und errichtete den Palaſt wieder in der Ge ſtalt, wie er noch heutzutage vorhanden iſt. Holyrood Palace iſt ein impoſanter Bau von vier ediger Geſtalt, aus vier Gebäuden beſtehend , die einen
ſchönen inneren Hof von 28 m . Seitenlänge umgeben. Die Hauptfaçade bietet einen Zentralbau von geringer Höhe mit zwei vorſpringenden Flügeln dar , welche an den Ecken durch runde zinnengekrönte Türme mit hohen Spißdächern verziert ſind. Die Eingangsthür iſt über ragt vom königlichen Wappen und flanfiert von vier ge
fond mit Wappenſchildern und verſchlungenen Chiffern verziert iſt. Die Möbel ſtammen aus der Zeit Karls I. und dienten dieſem Monarchen als er Holyrood bewohnte.
An dieſes Gemach ſtößt das Schlafzimmer, welches kleiner als das erſtere und nur durch ein einziges Fenſter erleuchtet
iſt. Die eichenholzgetäfelten Wände verſchwinden unter Tapiſſerien. An der Wand dem Fenſter gegenüber ſteht das von einem Baldachin überragte Bett der unglücklichen Königin ; die Bettſtelle iſt mit vier Säulen verſehen, die den Betthimmel tragen , deſſen Bezug noch derſelbe ſein foll, deſſen ſich die junge Königin bediente. Halb von den Behängen verſteckt, gewahrt man die Thür, die auf die
geheime Treppe führt, auf welcher die Mörder Rizzio's in die Gemächer der Königin drangen. Eine Verbindungs thür verſchaffte Zugang zu dem kleinen Speiſezimmer, in
Edinburgh .
488
dem der italieniſche Sänger Rizzio unter den Augen der Maria Stuart ermordet wurde. Sie hatte dieſen zu ihrem Geheimſchreiber gemacht , was ihre Feinde bewog, ihn für den Liebhaber der Königin auszugeben . Ihr Gatte Darnley, George Douglas , Ruthven und Lindſay beſchloſſen , ſich des Italieners zu entledigen , deſſen Einfluß
neuem in Schottland landete , um ſich wiederum nadı golyrood zu begeben, wo er als Graf von Artois ſo glück: liche Tage verbracht hatte, wurde er wiederum mit Dar:
legungen der lebhafteſten Freude empfangen. Hinter dem Palaſt dehnt ſich der ſogen . Queen's Park aus, neben welchem ſich der Berg Arthur's Seat
ſie fürchteten . Eines Abends, als Nizzio mit Maria Stuart,
erhebt, eine Granitmaſſe von 822 Fuß Höhe, gebildet durch
ihrer Sdyweſter der Gräfin v. Argyll und einigen Vertrauten
zwei übereinanderliegende Hügel, deren unterer unter dem Namen der Salisbury Crags bekannt iſt. Eine ſchöne breite Straße , am Berghang angelegt , führt an den kleinen See Dunſapi-Loch, von wo man leicht den Gipfel
ſpeiſte, ſchlichen ſich die Mörder in die Gemädyer der
Königin . Darnley trat zuerſt ein, feßte ſich neben Maria,
faßte ſie um den Leib und küßte ſie zärtlich. Shm folgten Ruthven , der wie zum Kampfe im Harniſch erſdien, und die anderen Verſchworenen . Die Königin , überraſcht, fragte die Verſd)worenen, warum ſie auf dieſe Weiſe fich
von Arthur's Seat erreichen fann. Bevor man den See erreicht, führt die Straße über dem Dorfchen Dubbingſton und ſeinem See hin , wo man nody das Häuschen zeigt,
ihr vorſtellten, während Nizzio, welcher für ſein Leben fürchtete, ſich an die Seite der Königin flüchtete. Die
worin der Prinz Karl Eduard vor der Schladt von
ivütenden Mörder warfen ſtatt aller Antwort den Tiſch
in der Einſamkeit dieſes Berges umher , der ſo voll von
Preſtonpans übernachtete. Walter Scott ſchweifte gern
um und ſtürzten ſich auf ihr Dpfer , welches ſich an die
geſchichtlichen Erinnerungen und maleriſden Ruinen iſt
Kleider Maria's anklammerte und ein klägliches Hülfe
und den er zum Schauplaß der Hauptſzenen eines feiner
geſchrei ausſtieß. Darnley ſelbſt trennte ſie, und Douglas der aufs Sdlagen erpicht war, brachte Nizzio einen Dolch :
Nomane gemacht hat. Von der Höhe des Arthur's Seat aus über daut man
ſtoß bei. Der Anblick des Blutes reizte ſeine Mitſchuldigen, welche über den unglücklichen Sänger herfielen , ihn nach
wie aus der Vogelſchau die Stadt Edinburgh mit ihren Denkmälern, Straßen und Hügeln, welche ſich deutlich mit der Genauigkeit eines Reliefplans abzeichnen. Die alte und die neue Stadt, wie ein ſiameſiſches Sdweſterpaar
der Treppe ſchleppten und ihm ſechs und fünfzig Dolch
ſtiche verſeßten. Rizzio's Blut drang durch den Fußboden und Maria Stuart ließ die Scheidewand errichten , welche
durch die Brücken und den Mound verbunden, bieten fidy
die Stelle umgibt, wo er unter den Doldſtößen der Mörder fiel, damit ſie nicht die Blutſpuren fehen müſſe , welche noch jeßt vorhanden ſind. Während dieſe grauſige That verübt wurde , war Darnley , der betrunken war, bei Maria im Speiſezimmer geblieben. Bald brachte eine ihrer Frauen Maria die Nachricht, daß Rizzio tot ſei,
dem Blide bar in jenen feinflimmernden goldenen Dunft gehüllt, welchen die Sonnenſtrahlen in ſolch charakteriſti ſcher Weiſe über die ſchottiſchen Landſchaften werfen, jenen
und beim Erſdeinen des blutbedeckten Ruthven fiel ſie in
erheben ſich die Hügel und dahinter, beinahe ganz am Horizont, leuchten noch die blauen Gewäſſer des Firth of Forth. Zur Linken ziehen ſich die Pentland-Hügel wie
Ohnmacht. Als ſie wieder zu ſich fam , gab ſie auf die Schmähungen des leßteren die Antwort: ,, Ich hoffe zu Gott, der uns ſieht, daß er mich rächen werde und daß das Kind, welches ich unter dem Herzen trage, Euch und Eure Nachkommenſchaft ausrotten werde" .
Sie war in
Wirklichkeit damals ſchwanger mit dem Kinde, welches nachmals Jakob VI. von Schottland und Jakob I. von England werden ſollte.
Holyrood hat einem franzöſiſchen Prinzen zweimal
zauberiſchen Duft, der die Ecken abſtumpft und den Denk mälern ein verſchleiertes Anſehen , einen geheimnisvollen Halbton der Farbe voll Poeſie gibt. Im Hintergrund
ein natürlicher Wall in die Länge hin, und bei klarer Witterung idyweift der Blid hinüber bis zur Grampian: Rette, deren zadiger gezahnter Kamm fidh kräftig von dem grauen Himmel abhebt.
Die Schotten ſind ſehr fromm und Edinburgh zählt daher nicht weniger als 150 Kirchen , Kapellen und Bets
zum Zufluchtsorte gedient. Am 6. Juni 1796 zog Karl
ſäle, worunter drei fatholiſche Kirchen. Die bedeutendſte und älteſte Kirche der Stadt iſt St. Giles' Church, in der
Philipp Graf von Artois unter dem Donner der Kanonen,
High - Street, 1829 reſtauriert, aber beinahe ganz ihres
welcher ſeine Ankunft begrüßte , in Holyrood ein , die
gothiſchen Stiles beraubt; nur der Turm mit eigentüms licher Spiße und die zu Anfang des 15. Jahrhunderts
Truppen bildeten auf ſeinem Wege Spalier und am fol genden Tage erteilte er ſeinen Getreuen Audienz. Die braven Schotten betrachteten den Aufenthalt eines Prinzen aus dem ſo lange mit der ſchottiſchen Königsfamilie ver wandten franzöſiſchen Königshauſe unter ihnen als etwas
ganz natürliches. Lange Jahre hindurd lebten der Prinz und ſeine Söhne in Edinburg , wo ſie von ſeiten der Be völkerung mit der größten Hochachtung behandelt wurden, und als ſpäter nach den Julitagen 1830 Karl X. von
angebauten weſtlichen Seitenkapellen ſind noch in ihrer urſprünglichen Geſtalt erhalten. Unter den monumentalen Bauten ſind noch zu erwähnen Parliament-Houſe, 1632 bis 1640 erbaut und vor der Vereinigung der beiden
Königreide das Sißungslokal des ſchottiſchen Parlaments, nun der Siß des oberſten ſchottiſchen Gerichtshofes mit einer ſchönen großen Halle, und das zu Anfang der ſechziger
Jahre in venezianiſch-gothiſchem Stil erbaute Muſeum der
Die Armenier in Europa und insbeſondere in Deſerreich - Ungarn .
Künſte und Wiſſenſchaften mit ſeinen ſchönen Sammlungen,
ſowie die ſchon 1582 gegründete Univerſität. Die neueren Monumentalbauten : die Royal Inſtitution, die National Galerie u. 1. w., in Geſtalt griechiſcher Tempel, ſind zwar ſchön , paſſen aber mit ihrem Stil nicht in dieſe nordiſdi ernſte und ſtrenge Landſchaft herein.
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In Bezug auf Religion teilen ſich die Armenier in katholiſche und ſchismatiſche. Die erſteren , auch uniierte
Armenier genannt, erkennen den Papſt als ihr geiſtliches Oberhaupt an und haben ihre eigenen Erzbiſchöfe und
Biſchöfe, während für die leßteren, auch nicht-uniierte Ar menier, Gregorianer (Eutydjianer) und in Deſterreich nach der offiziellen Bezeichnung Anhänger der armeniſch -orien
taliſchen Kirche genannt, der Patriarch von Etſchmiadzin ( Kloſter bei Eriwan) als geiſtliches Oberhaupt (Katholikos)
Die Armenier in Europa und insbeſondere in Qefterreid - Ungarn.
gilt, welcher allein das Recht beſißt, die Biſchöfe zu er nennen und das heilige Del (Mir) zu weihen und zu verteilen .
Son Dr. Binzent Goehlert.
Gleich den Sfraeliten haben ſich die Armenier von ihrem Heimatlande in Kleinaſien über faſt alle Länder
der alten Welt verbreitet. Wir finden ſie in ganz Aſien bis an die Grenzen des chineſiſchen Reiches, in Nordafrika, beſonders in Aegypten und in beinahe allen Ländern
Europa's, vornehmlidy in den Handels- und Hafenſtädten. In kompakten Maſſen treten ſie hier in den Balkan Ländern , im europäiſchen Rußland, in Polen, Galizien, in der Bukowina, in Ungarn und Siebenbürgen auf. Ihre
Zahl wird in Konſtantinopel auf 200,000 geſchäßt und die Handels- und Bankgeſchäfte ſind dort größtenteils in ihren Händen. Die Zahl der in Europa lebenden Ar:
menier dürfte jedoch eine Million kaum erreichen, wovon beiläufig 7600 auf die öſterreichiſch-ungariſche Monarchie entfallen . Die Armenier leben unter ſich in größter Eintracht, halten treu an ihrer Sprache und an ihren religiöſen Grundfäßen und vermeiden jede Vermiſdung mit anderen Nationen durch Eheſchließungen mit Andersgläubigen. Sie haben daher auch ſeit beinahe 600 Jahren in Europa
ihren nationalen Typus und ihre orientaliſche Komplerion bewahrt. Sie beſchäftigen ſich zumeiſt mit Handel und ſind dadurch zu großem Reichtum gelangt ; in Galizien haben ſie ſich bis zum Großgrundbeſißer aufgeſchwungen
Die ſchismatiſchen Armenier weichen von den Religions grundfäßen der übrigen Armenier in den Punkten de primatu Papae, de processione Spiritus sancti a solo Patre, de particulari judicio et de statu animarum post mortem ab ; ferner haben ſie einige beſondere firchliche Gebräuche, miſchen bei dem Meßopfer den Wein nicht mit Waſſer, zählen die Firmung und legte Delung nicht zu den Sakramenten und glauben nicht an das Fegfeuer. In der Bukowina, in Galizien und Siebenbürgen
wohnen die uniierten und dismatiſchen Armenier friedlich zuſammen ; in Galizien und Siebenbürgen bilden die uniierten und in der Bukowina die ſchismatiſchen Armenier die Mehrzahl. An Verſuchen , die beiden Religionsparteien zu vereinigen und insbeſondere die Schismatiker zur Union zu bewegen, hat es niemals gefehlt ; ſie ſind teils von den Päpſten ausgegangen , teils von der Staatsregierung be
günſtigt worden. So in Deſterreich unter der Regierung des Kaiſers Franz, indem der armeniſch-katholiſche Mönch J. Corbul mit Unterſtüßung des armeniſch -katholiſchen
Erzbiſchofs zu Lemberg im Jahre 1795 alles aufbot, um die Gregorianer zur Union zu bewegen ; ſpäter wieder holten die im Jahre 1811 nach Wien gekommenen Mechi tariſten -Mönche 1 dieſe Verſuche, welchen jedoch hartnädiger Widerſtand entgegengeſeßt wurde. Dieſer Widerſtand ging
größtenteils von den in Suczawa lebenden Schismatikern
Adelſtand erlangt, wobei wir nur die Freiherrn von Ro: maszkán erwähnen wollen.
aus, die ſchon unter der Regierung des Kaiſers Joſef II. die Erlaubnis erhalten hatten, ihre Geiſtlichen aus dem Mutterlande berufen zu dürfen. Dieſe Erlaubnis wurde
Ihren Ueberlieferungen zufolge ſollen ſie zu Anfang
ihnen durch den gregorianiſchen Erzbiſchof J. Arghutianow
und einige angeſehene Familien auch den öſterreichiſchen
1785 an den Ludwig Graf ihm geſtattet in der Bufo
des vierzehnten Jahrhunderts aus Armenien nach Süd rußland, in die Ukraine und Moldau gewandert und von da nach Polen, Galizien und in die Bukowina gekommen ſein. Die Armenier in Siebenbürgen ſind zumeiſt aus
in Aſtrachan erwirkt, welcher ſich im Jahre öſterreichiſchen Geſandten in St. Petersburg, Cobenzl, mit der Anfrage wandte, ob es werde, ein Majeſtäts -Geſuch zu Gunſten der
der Moldau und Bukowina überſiedelt. Insbeſondere die in Suczawa lebenden Armenier rühmen fidy, aus dem
wina lebenden ſchismatiſchen Armenier vorzulegen. Dieſes Majeſtätsgeſuch iſt für die damaligen Zeitverhältniſſe ſehr
Fürſtentum und aus der Stadt Ani 1 in Klein -Armenien
zu ſtammen , was in einem noch erhaltenen geſchriebenen Epiſtelbuche angegeben ſein ſoll.
1 P. Mechitar, der Stifter der Kongregation armeniſcher Chriſten zur Verbreitung des Chriſtentums und der armeniſchen Sprache, gründete im Jahre 1717 in Venedig auf der Inſel
1 Einſt die Reſidenz der armeniſchen Fürſten aus dem Hauſe der Bragatiden , wurde im Jahre 1313 durch ein Erdbeben gänz lich zerſtört. Gewaltige Ruinen und Reſte großartiger Kirchen
in Trieſt entſtanden iſt. Ein Teil dieſer Kolonie überſiedelte im
bezeugen jetzt noch die einſtige Größe und Pracht dieſer Stadt.
Kirche der Kapuziner überlaſſen wurde.
Ausland 1886, Nr. 25 .
San Lazaro ein Kloſter, von welchem ſpäter eine Zweig-Kolonie Jahre 1811 nach Wien, wo ihr das ehemalige Kloſter und die 75
Die Armenier in Europa und insbeſondere in Deſterreich -Ungarn.
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bezeichnend, ſo daß die Wiedergabe des vollen Inhalts desſelben nicht ohne Intereſſe ſein dürfte.
Dasſelbe iſt in armeniſder Sprache verfaßt und lautet in deutſcher Ueberſeßung :
,,Die Gnade Jeſu Chriſti, Glück und Heil begleiten
den Allerdurchlauchtigſten , großen und unüberwindlidhen römiſdien Kaiſer und König !" „,Die unnachahmlidhe Menſchenliebe, wodurd Eure Majeſtät (E. M.) der ganzen Welt allerhödyſt ſid ſelbſt als Muſter dargeſtellt haben und gleich der wohlthätigen Sonne allen Menſchen , beſonders allerhöchſt Dero Unters thanen neues Leben einflößen , die beſüßende Gerechtigkeit, der Spiegel der Weisheit und unnadyahmlidyen Tugend,
welche, mit Buchſtaben der Ewigkeit aufgezeichnet, die ent fernteſten Völker in Erſtaunen feßt und mir die Kraft gibt, dem allerhöchſten Throne Eurer Majeſtät zu nähern,
für welche in tiefſter Unterthänigkeit ich meine Kniee beuge und mit allerhöchſter Ehrfurdyt vortrage, daß ſeitdem die Stadt Sutſchawa und was dazu gehört , den glücklichen Reidhen Eurer Majeſtät einverleibt worden iſt, auch viele meiner Glaubensbrüder den allergnädigſten Schuß genießen,
wodurch allerhöchſt Dieſelben ihre Unterthanen beglücken. Bei dem Ueberfluſie zeitlicher Güter beſorgten gedachte armeniſde Chriſten auch das Wohl ihrer Seelen ; der Mangel eines Biſdofs und Prieſters hinderte die Aus übung ihres Glaubens, welchem ſie aus alter Gewohnheit, Sprache und Sitte treu geblieben und für das Wohl Eurer Majeſtät zu Gott beteten . Sie ſchrieben daher an Seine Heiligkeit Lukas , den frommen Patriarchen und
Oberhaupt der armeniſchen Kirche, welcher den Gnadenort des großen, wunderthätigen Gregorius, das Kloſter Et ſdymiadzin (drei Kirchen ) am Fuße des Berges Ararat bewohnt, und baten in aller Demut, wie es gläubigen Chriſten gebührt, daß ihnen Hirten ihrer Seelen geſendet werden mödyten.
Seine Heiligkeit befahlen mir aus be
ſonderer Gewogenheit und weil mein geiſtliches Eigentum nahe an Sutichawa grenzt , die Bitte dieſer dürftigen Chriſten zu erfüllen. ,,Da ich dieſes aber ohne allergnädigſte Erlaubnis
Gott die Dankſagung erwidern, daß eher die Zeit auf hören wird, als die Empfindung unſerer Herzen , wodurch uns die allerhöchſte Gnade glüdlich madyt. „In Hoffnung allergnädigſter Erhörung meiner de mütigſten Bitte nenne ich mich allergehorſamſter Knecht Joſef Arghutianow , Erzbiſchof der alten armeniſden Kirdie im ruſſiſchen Reiche. Aſtrachan, am 15. März 1787. " Die Zahl der Armenier hat in den lebten 25 Jahren ſowohl in Deſterreich wie in Ungarn einen bedeutenden
Rückgang erlitten, welcher wahrſcheinlich, da hierüber keine weiteren Angaben vorhanden ſind , durch Auswanderung
herbeigeführt wurde. Nad dem ungedruckten Handbuche der öſterreichiſchen Statiſtik von 3. Frhr . v. Meßburg, dem eigentlichen Gründer des öſterreidiſden ſtatiſtiſchen Bureau's, haben im Jahre 1830 in Galizien und in der Bukowina 6000 und in Ungarn und Siebenbürgen 7100 Armenier gelebt ; bei der Volkszählung im Jahre 1857
zählte man unter der Zivil-Bevölkerung in erſterer Be ziehung 4720 und in lekterer 6988 und bei der Volfs zählung zu Ende des Jahres 1880 beziehungsweiſe 3872 und 3320 Armenier. Nach Szörnig's Ethnographie ſollen im Jahre 1846 in Galizien und in der Bukowina 5380 und in Ungarn und Siebenbürgen 12,000 Armenier geweſen fein. Die leßte hohe Zahl dürfte auf einem Irrtum bes ruben und durch eine zu hohe Schäßung der in den unga riſchen Ländern lebenden Armenier veranlaßt worden fein. Stellen wir die einzelnen Zahlen , welche ſich auf einen Zeitraum von 50 Jahren beziehen, einander gegen:
über, ſo erhalten wir die folgende Ueberſicht; es betrug nämlich die Zahl der Armenier : im Jahre Galizien und Bukowina
1857
6,000 5,380 4,720
1869
3,854
1880 ,
3,872
1830 1846
Ungarn und Siebenbiirgen 7,100 12,000 (?) 6,988 5,410 3,220
im Ganzen 13,500 ?
13,250 9,500 7,530
In der Geſamtzahl find auch die außerhalb der hier
nicht vermögend zu ſein glaube, werfe ich mich in aller
genannten Länder lebenden Armenier enthalten. Die Ab nahme der in Deſterreich -Ungarn lebenden Armenier berechnet fich fonach ſeit 50 Jahren mit 44.2 % und trifft die ungaris
Demut zu den Füßen Eurer Majeſtät und bitte in aller
ſchen Länder in höherem Maße (mit 54.6 % oder um mehr als
Unterthänigkeit, da allerhöchſt Dieſelben in Dero R. K. Staaten allen Religionen Freiheit und Schuß angedeihen laſſen , ebenfalls allergnädigſt zu erlauben, daß Se. Heiligkeit Lukas, unſer frommer Patriarch, oder ich einige Seelen
die Hälfte) als die öſterreichiſchen (mit 35 %). Dieſer Rück:
hirten für unſere verlaſſenen Schafe der alten armeniſden
gang tritt beſonders ſeit dem Jahre 1857 hervor und ſtellt ſich in erſterer Beziehung mit 54 % und in lekterer mit 18 %,
welche Abnahme hauptſächlich die in der Bukowina lebens
Kirche nad Sutſdawa ſenden dürfen , damit dieſe Chriſten , gleidywie ſie in Gehorſam gegen allerhöchſt Deroſelben weiſeſten Geſete treu und in ihrem Glauben gegen Gott unveränderlich ſein möchten. Die in der ganzen Welt bekannte armeniſche Nation wird in ihren Gebeten zu
den Armenier trifft, während ſich jene in Galizien ſo ziemlich auf gleicher Höhe erhalten haben. Insbeſondere tritt die Wanderung von der Bukowina nach Galizien hervor, wo die reichen armeniſchen Großgrundbeſißer, wie namentlich Nikorowiß in Sniatyn, ihren Stammverwandten neue Heimſtätten boten.
1 In dem Archive der Hofkanzlei ( jetzt Miniſterium des Innerut) vorhanden ; auch die ſonſtigen geſchichtlichen Daten ſtammen aus dieſer Quelle.
1775 war die Stadt Suczawa der Hauptſitz der Armenier und insbeſondere der ſchismatiſchen. Im Jahre 1781
Zur Zeit der Dkkupation der Bukowina im Jahre
Die verungliicte Expedition des Mailänder Handelsvereins nach Farrar.
lebten in dieſer Stadt 129 und im Jahre 1825 ſchon 250 Familien (beiläufig 1250 Perſonen) ; zur Zeit der Volls
zählung zählte man im Jahre 1857 990 und zu Ende 1880 nur mehr 530 ſdhismatiſche Armenier. Sie bilden daſelbſt eine eigene Gemeinde und befißen die Prädien (Gehöfte) Zamka und Mitoka (bei Suczawa), von deren Einkünften die Auslagen für ihre Geiſtlichen (in zwei Pfarreien) und für ihre Schule, in welcher die Kinder Unterricht in armeniſcher Sprache und Religion genießen , beſtritten werden .
Die in Siebenbürgen lebenden Armenier gehören jeßt zumeiſt zur Union , ihre Hauptſiße ſind Eliſabetſtadt (Erzſébetváros, ehedem der Hauptort der Schismatiker), Gyergyó : Szt. - Miklós und Szamos-Ujvár. In Ungarn finden ſid) Armenier nur in geringer Zahl. Graz, im April 1886.
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einen ungeheuren Wert haben würden, den ich aber nicht hinwegnehmen fann , ohne zugleidh auch das Haus zu kaufen ; es hat einen langen Vorſaal und darin eine Treppe, weldie zu den drei Stocwerken führt. Im erſten Stockwerk iſt eine Art Halle, welche ſogleich der Salon der Erpedition wurde ; meine Gefährten teilten ſich in die Zimmer des erſten und zweiten Stockiverfes, und ich nahm mir das einzige im dritten Stockwerk, von dem aus ich nun ſchreibe. Es iſt klein, hat aber acht Deffnungen ; durch fünf derſelben überſchaue ich ganz Maſſaua , das Feſtland, die ſchönen Gebirge Abeſſyniens, das Meer und die Seefdriffe; die anderen drei führen auf eine von mit
Zinnen gekrönten Mauern umgürtete Terraſſe, worauf in früheren Zeiten die Frauen des Harems ſich auf Matten
ausſtreckten, um die Abendfriſche zu genießen ; der Fuß boden iſt ein Eſtrich, das Gebälk von Holz, die von den
häufigen Erdbeben zerriſſenen Mauern weiſen beſondere
Die verunglüdte Expedition des Mailänder Handels
menſchliche Urkunden auf, welche nicht eben Zierraten von ſchönem Stile ſind. Da das Haus ohne Möbel ver mietet iſt, ſo beſchränken ſich die meinigen auf mein Felds
vereins nach Harrar.
bett, einen Tiſch und einen eiſernen Stuhl, und das Mo biliar wird vervollſtändigt durch meine beiden Privat
Als wir auf S. 399 den unglüdlichen Ausgang der Erpedition des Grafen Porro nach Harrar erzählten, ver
koffer, denjenigen der Kanzlei und die Kiſte mit den Erploſivkugeln , welde ich nicht bei dem anderen Gepäck zu laſſen mich getraue. Unſere Mahlzeiten nehmen wir bei einem Griechen, dem kleinen Pietro, ein, und zwar zu unſer vier, um uns mehr zu befriedigen und uns nicht ſchinden zu laſſen ; er
ſprachen wir , einige Auszüge aus dem Reiſebericht des Grafen in der zu Mailand erſcheinenden „ Esplorazione commerciale“ vom April 8. J. zu bringen. Dieſer Zu ſage kommen wir hiemit nach. Graf Porro, früher Kavalleries Offizier und zu fühnen Unternehmungen und Abenteuern
iſt Cafetier, Rodh, Wirt, Zimmer- und Stallvermieter für
geneigt, ſchreibt aus Maſſaua unter dem 23. Februar : Kaum in Maſſaua angekommen , machte ich es mir
die Pferde und Frachtefel und erfreut ſich einer Statur von 1.22 m., weldie noch durch zwei bezw. vorn und
zur Pflicht, mich zum Generalmajor Gené, dem Ober befehlshaber der italieniſchen Streitkräfte am Roten Meer,
hinten fißende Höder vermehrt wird.
zu begeben. Ich wurde von dieſem vollkommenen Edel
Er iſt vielleicht der
einzige Grieche, welcher ſich unter italieniſchen Schuß ge ſtellt hat und deshalb weht eine große dreifarbige Flagge über ſeiner Veranda , auf der wir unſere Mahlzeiten eins
mann und Soldaten freundlichſt aufgenommen, welcher uns alle möglichen Erleichterungen gewährte und uns zu wiederholten Malen zu Tiſche bat. Wir wurden ſchlecht dlecht hin eingeladen, den Kreis der Offiziere zu beſuchen , und
nehmen ; ſeine übrigen Landsleute bevorzugen den franzö ſiſchen Schuß und den franzöſiſchen Konſul , der ihnen
täglich verſammelte die Expedition ihre Mitglieder an den
Anſehen durch Schwäßereien und Klatíd zu ſcaden -ein erhabenes Beiſpiel von der Eintracht unter den lateini
Tiſchen des Offiziers-Kaſinos dieſes oder jenes Detachements, wo man alte Kameraden fand oder neue Bekanntſchaften anknüpfte.
denſelben gern gewährt und mit ihnen intriguiert, um unſerm
den Nationen !
3d will Maſſaua nicht zu beſchreiben verſuchen , da
Wir hatten anfangs beabſichtigt, im Freien zu lagern,
dieſes ſeit Jahr und Tag durch viele Schilderungen bes
und es war uns ſchon ein Plaß dazu auf der Inſel Taulud angewieſen worden, allein Herr Luccardi ver ſchaffte uns ein arabiſdes Haus, das wir ganz für uns haben ſollten , was uns die Mühe erſparte, unſere ganze Bagage wieder öffnen zu müſſen. Unſer Haus iſt in Maſſaua, gleichſam am Meeres ſtrand und vom Waſſer nur eine kurze Strecke entfernt, welche mit den Hütten der Eingeborenen bedeckt iſt ; es iſt hoch, feſt und eng, hat einen prächtigen alten Thorweg mit hölzernem , reich geſchniştem, eingelegtem , reich mit Arabesken verziertem Fronton , der in Mailand oder Paris
kannt genug geworden iſt, allein ich konſtatiere mit Freuden manche Neuerungen, welche Folgen unſerer Beſißergreifung ſind. Vom Zollhauſe an bis zum Mittelpunkt der Stadt iſt ein ganz neues europäiſches Quartier entſtanden , mit Kramläden, Kaffeehäuſern und Geſchäften aller Art ; auf
dem großen Plaß, wo alle Freitage die Muſik ertönt, ſind die Cafés Garibaldi und Cavour, zwei bequeme Baraden, wo ſich am Abend Offiziere und Bürger zuſammenfinden ; der Bazar iſt noch immer derſelbe, aber noch dichter anges füllt mit Menſchen von allen Farben , mit unbekannten
Waren und Lebensmitteln von ſcharfem , moſdusartigem
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Die verungliickte Erpedition des Mailänder Handelsvereins nach Harrar.
Geruch, in welchen fid hie und da auch Weihrauchduft mengt. Hier haben die Baſchibozuks ihren Dienſt und üben mit ihren Remington-Gewehren eine vorzügliche Wadje, gleichſam als Vorpoſten unſerer Soldaten. Vor drei oder
legt u. dgl. in.; die Soldaten ſind zufrieden und heiter ; Sonntags findet in Moncullo ein kleines Theater ſtatt, in welchem kleine Luſtſpiele und Dperetten von Offizieren und Soldaten aufgeführt werden und wozu von Maſſaua
vier Tagen iſt ein ägyptiſches Bataillon auf der ,, Venezia "
her Offiziere des Landheeres und der Flotte , Herren und
nad Suez abgegangen , welches einen noch unheilvolleren
Damen herbeieilen und der von ſeinen europäiſchen Maul
Rückzug machte, als der hiſtoriſche der Zehntauſend. Es
tieren gezogene Ambulanzwagen die Stelle der Equipagen
befand ſich zu Riffa, jenſeit Raſſala und Degga , ohne Lebensmittel auf zwei Jahre und ohne irgend eine Nach
verſieht. Dieſe Maultiere haben ſehr gut dem Klima wider
richt von außen ; der Major, ein früherer Unteroffizier der franzöſiſchen Fremdenlegion , dann Lieutenant bei den
ſtanden , die Pferde litten viel vom vergangenen Sommer, ſind aber in gutem Zuſtand ; dennoch glaube ich, daß ſie
Turkos, dann ägyptiſcher Stabsoffizier, vor die Wahl ge
in dieſem Klima keine großen Dienſte leiſten können und
ſtellt, entweder Hungers zu ſterben oder von Osman Digma's Scharen umgebracht zu werden , brach mit dem
daß ihnen die einheimiſchen, aus Abeſſynien kommenden
ganzen Bataillon auf und drang nach unendlichen Ent behrungen und Mühſeligkeiten in Abeſſynien ein, weil er in den Sudaneſen ſeine erbittertſten Feinde zu finden
erwartete. Es waren zweihundertundfünfzig Soldaten und
mit Inbegriff der Weiber und Kinder ſechshundertfünfzig Köpfe ; ſie wurden gut aufgenommen, mußten aber, nach : dem man ihnen ihre Waffen abgenommen hatte, ſechs Monate am Ufer des Tucazza warten , welcher anges ſchwollen war, und famen dann , nachdem ſie ihn durdh
watet hatten, ohne Geld, Lebens- oder irgendwelche Hülfs mittel und nachdem ſie von der dürftigen Mildthätigkeit der Aethiopier gelebt hatten, in Moncullo an, aber in einem Zuſtand, den man fich denken kann. Der Major allein hatte vier Weiber , fünf Konkubinen und eine ent ſprechende Anzahl kleiner Kinder bei ſich. In Moncullo wurden die Offiziere von den italieniſchen Offizieren , die Soldaten von unſeren Soldaten eingeladen , geſättigt,
ausgeruht, nach Maſſaua gewieſen und dort an Bord der ,,Venezia" gebracht. Ich habe hier ein Dubend Tage verbracht, die mich gleichſam um zwanzig Jahre verjüngt haben ; ich habe
Waffengefährten gefunden, die ich ſeit jener Zeit nicht wieder geſehen habe und die mich an die verſchiedenen Garniſonen , an die Bekämpfung des Räuberweſens und an den Krieg erinnerten , und habe nur bedauert, daß die Beſchäftigungen mich abhielten , den ganzen Tag bei
ihnen zu ſein. Im Lager von Gherar befehligte mein Freund, der Major de Iturbe, ein Vollblut-Berſagliere, einer von jenen, welche mit dem Federhut auf dem Kopf zur Welt gekommen zu ſein ſcheinen . Unter ſeiner Anleitung
haben ſeine Berſaglieri die Zwiebackiſten in Stühle, Tiſche und Armſtühle verwandelt , haben ſehr behagliche Hütten
und Barracen erbaut, das Terrain in kleine Pläße und
Aleen ausgelegt, haben Küchen und Bruſtwehren errichtet, Wolfsgruben angelegt und ſpielen die Gondoliere in einer echten venezianiſchen Gondel ; in den Mußeſtunden dreſſieren ſie ein Hundert Affen , welche ſich in Poſition ſtellen,
militäriſch grüßen , den Icarusſdhwung auf dem Trapez machen können u. ſ. w .
In Moncullo wurden Bäume
gepflanzt, Straßen und Alleen und neue Brunnen ange
Pferde vorzuziehen wären , welche zwar der Mehrzahl nach alt und während der Erziehung ſchlecht gehalten und genährt
worden , allein an Widerſtandskraft und Schnelligkeit unſeren Militärpferden immer überlegen ſind. Man ſollte daher die Ausfuhr derſelben aus Abeſſynien begünſtigen, bei ihrem billigen. Preis einige Hundert von ihnen an kaufen, die italieniſchen Soldaten damit beritten machen und eine Schwadron leichter Reiterei daraus bilden , welche
künftig dazu dienen würde , den Vorpoſtendienſt um ein bedeutendes zu erleidytern.
Alles in allem genommen , bin ich trozdem überzeugt, daß keine andere europäiſche Truppe ſich mit unſeren Sol daten meſſen und ſich , wie dieſe, jeder Anforderung an paſſen kann. Dreitauſend Mann engliſche Truppen hätten an der Stelle der unſeren don hundert Millionen gekoſtet; die Franzoſen hätten ſchon Mittel gefunden, ſich durch ihre Gewaltthätigkeit die ganze Umgegend zu Feinden zu machen , die unſeren dagegen ſind gern geſehen , und von Habab bis Zeila ſuchen alle Stämme die italieniſche Schußherr ſchaft, denn den ſeit unvordentlichen Zeiten gequälten und ausgeſogenen armen Eingeborenen muß es ſeltſam vor kommen , ſich unter unſeren Bayonnetten ſicher zu fühlen, und ſie ſcheinen eine Macht ohne Gewaltthätigkeit, eine
ehrliche und uneigennüßige Verwaltung zu bewundern. Allein nicht alle Tage , welche wir hier verbrachten, wurden zu Gaſtmählern und geſelligem Verkehr verwendet im Gegenteil; die Haltung des engliſchen politiſchen Agenten in Aden zwang mich , den Plan der Erpedition umzugeſtalten ; vor allem ſollte die Zahl der Teilnehmer an derſelben verringert werden , eine nicht leicht auszu führende Aufgabe, weil ſie peinliche Fragen anregen konnte ; ich fand jedoch unter meinen Kollegen ſoviel Selbſtver leugnung, daß die Tagesordnung, wenn ſie auch für einige (dymerzlich war , doch von allen angenommen wurde. Es waren daher nicht alle dazu beſtimmt, über Gildezza nach Harrar weiter zu reiſen , und ſo waren die drei, welche
in Zeila umkehren und nach Europa zurüdreiſen mußten,
der Cavaliere Roſſi, der Marcheſe Trecchi und Herr Daniel Biandi. Der Maler Valli ſtellt den lurus der Erpedition dar ; als es fid, daher darum handelte, die Zahl der Teil nehmer zu reduzieren, mußte er auf ſeine ſchönen Fluſtra
Die verunglüdte Expedition des Mailänder Handelsvereins nach Barrar.
tionen verzichten. Urſprünglid,, hatte id; ich beabſichtigt, mit einer eigenen Eskorte von Zeila nach Harrar oder ſogar
bis nach Gildezza zu gehen ; da aber eine ſolche Eskorte nicht mehr möglich war, weil ſie aus indiſchen Soldaten beſtehen ſoll , ſo fönnen der Cavaliere Zanotti und Herr
Malateſta, welche dieſelbe ſpeziell hätten kommandieren follen , einfach nach Europa zurückkehren. Die übrigen
* werden mit mir nach der Einſchiffung die Reiſe fortſegen. Dieſe Veränderungen machten deren weitere bezüglich der Bagage notwendig, denn ich fandte mit dem Dampfer ,,Afrika" die Waffen und die Munition, welche wir von der königl. Marine hatten, nach Neapel, und einen Teil der der Geſellſchaft gehörigen Vetterli-Gewehre nad Mai: land zurück, welche hoffentlich zu einer anderen Erpedition dienen werden. Pietro Porri. Aden , 8. März 1886.
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ſeines Konſuls in Zeila, des Herrn Enry , etwas bezahlt zu haben ſcheint, der, wie ich es in einem meiner früheren Briefe ſagte, Herrn Hunter gezwungen hat, Zeila zu ver laſſen und nad Aden zu kommen. Es wird nod; beigefügt, daß die Engländer Zeila mit einigen vorübergehenden
Befeſtigungen verſehen, weil ſie einen Ueberfall von ſeiten der Ilja -Somali fürdyten. Der Emir von Harrar, Abdul allah, hat ſich ſolche Bedrüdungen gegen Herrn Sacconi erlaubt, daß dieſer , ſobald er einige ſeiner Geſchäfte be endigt hat, nach Gildezza kommen und dort einige Intereſſen vertreten, namentlich einen Markt zu gründen ſuchen wird .
In Berbera und Bulhar wird nicht einmal ſo viel Ruhe herrſchen , denn die erbitterten Kriege, welche dort die
Stämme der Küſte und diejenigen des Innern mit ein ander führen , hindern die Erzeugniſſe jener reichen Pro vinzen, welche Herr F. S. James eher von fern geſehen
Wir ſind hierher zurückgekehrt und alle anderen haben den in meinem vorigen Brief angegebenen Weg ſchon eingeſchlagen oder ſind im Begriff, denſelben einzuſchlagen.
als beſucht hat, in Berberah zuſammen zu fließen. Ein Somali, der ſoeben von dort kommt und ſich mir zum
Ich, Zannini, Gottardi , Romagnoli und Blandini find
füdweſtlich von Berbera ein ſolcher Ueberfluß an Straußen
vorgeſtern mit der „ Paläſtina“ hier angekommen ; Licata, Coccaſtelli und Paolo Bianchi werden nächſte Woche von Maſſaua mit der „ Venezia " eintreffen. Wir haben fünf Diener : Said, ein Somali, welcher
federn , daß die Eingeborenen ſich daraus Ruhebetten machen. Man muß jedoch von allen Nachrichten, welche
ſchon bei dem Ingenier Guaſtalla Diener und vergangenen Herbſt in Italien war, wurde hier engagiert, die anderen vier ſind Abeſſynier, haben aber mehr oder weniger ſchon ſämtlid Reiſen gemacht, verſtehen europäiſche Sprachen und ſind Chriſten. Während dieſer gezwungenen Muße werde ich ſie etwas in der Handhabung der Vetterli Gewehre unterichten, damit dieſe in ihren Händen nicht bloße Befenſtiele feien ; in Zeila werden ſie dann auf die Scheibe ſchießen, und ähnlich werde ich auch mit fünf oder ſechs Arabern – denn auf Somali verlaſſe ich mid, mich wenig
Diener anbot, verſichert mic, es herrſche dreihundert Meilen
man aus dem Munde von Eingeborenen erfährt, immer einiges abſtreichen, umſomehr wenn ſie die Gefahr über treiben, um für die Dienſte, zu denen ſie ſidh erbieten, vier oder fünf Thaler mehr für den Monat herauszudrüden. Wer von Maſſaua kommt, atmet hier eine ganz ver diedene Luft; es iſt fühl , aber die Atmoſphäre liefert
alle geſunden Elemente , welche dem Atmungsprozeß ge nügen , und wie in Afſab; die Luft ſcheint aus der Deff
nung des Schlupfwinkels eines Pförtners herauszukommen. In den erſten Tagen unſeres Aufenthalts in Maſſaua waren es die hohen Fluten und, etwas Feuchtigkeit und Hiße ausgenommen , litt man nicht ; aber ſpäter herrſchten
verfahren, welche ich vor unſerem Aufbruch anwerben
in dieſem Jahre außerordentlich niedriges Waſſer und tiefe
werde oder die mir unſer Konſul, der Cavaliere V. Bienen felb, verſchaffen ſoll. Dieſe Eskorte , wenn ſie auch nidyt ſo iſt, wie ſie anfänglich beabſichtigt war , iſt doch viel: leicht mehr als hinreichend, uns vor irgend einem Angriff zu (düßen, namentlich wenn wir bei Nacht reiſen und
Ebbe vor, und Abends ging von den unbedeckten Teilen des Strandes ein Geſtank von ſich zerſeßenden organiſchen Subſtanzen und faulenden Fijden aus, den der Wind in
gute Wache halten und wenn wir, wie es uns verſprochen worden, noch einige indiſche Soldaten zur Begleitung bis
ſchmerz und von leichten Gaſtricismen , welche entnervten und
1
Gildezza bekommen. Herr Hunter, der engliſche politiſche Agent, iſt wäh rend unſerer Abweſenheit von Aden dreimal nach der
unſer Haus trieb. Unſere Mitglieder der Erpedition drohten von Fiebern befallen zu werden , ſowie anfangs von Ropf denen man ſo ſchnell wie möglich Einhalt thun mußte ; der Cavaliere Roſſi, der Marcheſe Trecchi, der Doktor Gottardo riſſen ſich in wenigen Tagen wieder heraus, Profeſſor Licati und Bianchi Paolo wurden ebenfalls befallen und litten
Somali-Halbinſel gereiſt und hat zwei Kompagnien indi:
einige Zeit ; allein glücklicherweiſe war der Anfall leidit,
ſcher Soldaten daher gebracht ; er iſt noch abweſend und
und da ſie ſchnell furiert wurden, werden ſie ſich leicht an ihren neuen Beſtimmungsort begeben können. Wir haben jedoch eine tüchtige Portion Chinin gebraucht; unſer waderer
wir erwarten ſeine Rüdkehr, damit er uns ſein Verſprechen
erfülle. Inzwiſchen ſind verſchiedene Gerüchte im Umlauf : der Stamm der Iija Somali, welche rechts von der Straße Zeila-Gildezza wohnen , ſoll dem Herrn Hunter haben ſagen laſſen : Da der engliſche Gouverneur ihnen den Tribut nicht bezahlt habe , ſo erklären ſie ſich für Schüß
linge von Frankreid), welches ihnen durch Vermittelung
Dr. Gottardi hat dieſen Fall jedoch vorausgeſehen, und unſere Medizinkäſten enthalten noch einen genügenden Vorrat für die Hin- und Rückreiſe. Major Hunter verſpricht uns, wir könnten nach Zeila gehen und von da nadh Gildezza in einem oder zwei
Die verunglüdte Expedition des Mailänder Handelsvereins nach Harrar.
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Marſchtagen weiter reiſen, fügt aber hinzu, die Zuſtände
zuſchreiben. Ich hoffe, ſpäter Zeit zu haben , ausführlich
in Harrar ſeien durch den ſtets wachſenden Fanatismus
und mit allen nötigen Erwägungen unſere Erlebniſſe zu erzählen. Gegenwärtig aber bin ich nur mein eigener
des Emirs derartig , daß er niemand raten würde, die Reiſe fortzuſeßen.
Gleidyzeitig
erhalte ich einen aus
Harrar datierten Brief von Herrn Sacconi, worin er ans
Reporter und teile ihnen meine täglichen Eindrücke mit, indem ich Ihnen zum Beginn ſummariſd unſere Diener
zeigt, der Emir habe ſeinen Neffen, den Herren Guasconi,
beſchreibe, welche uns auf der ganzen Reiſe zu begleiten
die Waffen weggenommen und ihnen befohlen, binnen 24 Stunden abzureiſen ; er , Sacconi, müſſe alſo Harrar verlaſſen und ſich nach Gildezza begeben , wo wir ihn
beſtimmt ſind .
treffen würden.
12. März.
Demgemäß reiſen wir alſo nach Zeila ab, wo ſid) die Karawane bilden und man nad) Harrar aufbrechen wird.
Wir erwarten von Maſſaua Coccaſtelli, Licata und
Biandii Paolo, vervollſtändigen einſtweilen das Gepäck
und die Ausrüſtung und ſuchen das Transportmittel für die Fahrt von Aden nad Zeila.
Es gibt einen kleinen
Dampfer, den „ Wy-King“, welcher gewöhnlich , wenn auch
ſehr unregelmäßig, dieſen Dienſt beſorgt ; allein gegen wärtig iſt er, durch eine verhängnisvolle Kombination, von den engliſchen Truppen in Anſpruch genommen , die
ihre Detachements wechſeln ; ich hatte daher ſchon be ſchloſſen , mid; mit dem Ganzen auf einem Küſtenfahrzeug einzuſchiffen und die Fahrt unter Segel zu machen , als
Said iſt ein Somali, Muſelmann, pechſchwarz, von mittlerer Statur und weibiſchen Körperformen, wie ſeine ganze Raſſe ; er iſt intelligent, ſpridt Italieniſch), Arabiſch und Somali , war in Italien mit dem Ingenieur Guaſtalla, dem Beſißer der Salinen von Aden , und hatte in Rom 1
eine lange theologiſche Erörterung über das Daſein Gottes
mit dem ehrwürdigen Herrn Coſta. Mariam, ein Abeſſynier aus Gondar , iſt klein, zart und hager wie ein Nagel und ſchien mir auf den erſten
Blick etwas behert ; dagegen beſigt er eine Menge nüßlicher Kenntniſſe, ſpricht und lieſt Italieniſch, Franzöſiſch, Ara biſch und Amhariſch), fann ein Beefſteak und eine Suppe kochen und mit einer von unſeren Flinten ein Rebhuhn im Fluge ſchießen. Giorgio, ein Bogos aus Reren , iſt ernſthafter und monumentaler als Mariam , von hellerer
Hautfarbe und befißt einige europäiſche Gewohnheiten, in denen er gegenwärtig mir überlegen iſt; er ſpricht Am
Erkundigungen , welche ich in Zeila eingezogen hatte, midy
hariſd), Arabiſd), Engliſch und etwas Franzöſiſch. Gabriel,
zivangen , dort die Reit- oder vielmehr Sattelpferde anzus.
ebenholzſchwarz, mit einer Adlernaſe, bewaffnet mit einem vier Finger breiten krummen Säbel , der vom Griff bis
werben . Da ich dieſe zum großen Teile von den Unter nehmern der Fraditen ankaufen werde , ſo dürfte ich auf dieſe Weiſe einen Trupp von allen Raſſen, Altern und Farben zuſammenbekommen , allein ich hoffe durch Energie
den ſämtlichen Tieren die nötige Energie einflößen zu können.
zur Spiße ein Meter lang iſt, ſpricht Amhariſch und Italieniſch und iſt aus Adua. Cervaſch, der Laſtträger der Geſellſchaft, iſt von Reren, verſteht nur Amhariſch und ſehr wenig Arabiſch. Wir werden jedoch noch einen Bruder
Der ,,Wy-King " muß auf ſeiner nächſten Fahrt beſtimmt nach Berbera zurückkehren ; ich hoffe daher, mittelſt einer unbedeutenden Vergütung an die Geſellſchaft ihn zu einem
von Said bekommen , welcher am Tage der Abreiſe naď)
Umweg über Zeila zu veranlaſſen und ſo endlich auf das
Die Diener , welche wir in Maſſaua annahmen, ge mahnen mich an eine Epiſode unſeres dortigen Aufenthalts und an dort uns erzählte Dinge. In Otumlo iſt ein
Operationsterrain zu gelangen. 13. März
Zeila in unſere Dienſte treten wird, und den Reſt der Diener werden wir in Zeila ſelbſt annehmen.
Der „ Wy-King" iſt von Berbera mit gebrochenem
großer Brunnen nahe beim Fort und ein anderer kleinerer
Schornſtein zurückgekehrt. Herr Hunter hat mir durch den Agenten der Geſellſchaft , welder dieſer einzige und verſtümmelte Dampfer gehört , ſagen laſſen , daß derſelbe
im Garten eine gewiſſen Cantatore , welcher verſchiedene Salate und Gemüſe baut, die für die Tafeln der in jenem unfruchtbaren Lande wohnenden Europäer das non plus ultra von Lurus bilden . Dieſer Cantatore, ein geborener Piemonteſe, war Berſagliere im erſten Bataillon im Jahre
erſt am 1. April zu unſerer Verfügung ſein könne , weil er mit dem Garniſonswechſel beſchäftigt ſei. Wenn wir
nun bis zum 1. April warten , finden wir die Hitze von Zeila nad Giidezza und die Regen noch ſtärker ; inzwiſchen gedenken Herr und Frau Snel, die Eigentümer des einzig
möglichen Gaſthauſes in Aden , uns loszuwerden und er munterten mich, uns nach einem oder mehreren Küſtenfahr zeugen für uns und unſere Pferde umzuſehen , welche uns nun nachgerade angeboten wurden . Ich bitte um Entſduldigung , wenn meine Aufzeich: nungen etwas verworren geworden ſind; in dieſen Tagen werde ich wahrſcheinlich kaum Zeit haben, mich hie und da an den Tiſd zu ſeßen, um genaue Bemerkungen nieder
1866 und früher ; nach dem Kriege kam er nad; Abeſſynien , durchſtreifte es kreuz und quer , nahm ſich ein Weib, be kam Söhne und eröffnete nad manderlei Schickſalen eine Art Cantine in Otumlo und baute hier Gemüſe und Gartengewächſe. Eines Abends im Februar 1885 lag er auf dem Angareb vor ſeiner Hütte und erinnerte ſich beſſerer Zeiten, wie er damals mit der Büchſe und dem Torniſter auf dem Rücken mit ſeinen Kameraden marſchierte,
und es war ihm, als ſei er in jene Zeit zurückverſekt und ſehe wieder die ruhmreichen Hahnenfedern im Staub der Straße wehen. Durch die Gewalt ſeines waschen Traumes
Die verungliidte Erpedition des Mailänder Handelsvereing nad) Harrar .
war ihm , als ſehe er ſeine Kameraden ; im Scummer des Abends, der ſeine Augen täuſchen fonnte, ertönte ein
ſeine Unachtſamkeit wird auf dieſe Weiſe für mehrere Tage der ziviliſierten Welt verraten .
leichter taktmäßiger Schritt, der ihm wohlbefannt war. Er
glaubte zu träumen, aber leibhaftig und gegenwärtig zeich: nete ſich vor ihm eine lange braune Kolonne ab mit Waffen, die im Mondſchein glänzten, beſtehend aus Männern , die offenbar das hiſtoriſche Hütchen trugen. War es möglich ? Ein Hornklang, ein gellendes und ihm wohlbekanntes Signal riefen ihn in die Wirklichkeit zurück, in eine plöß liche unverhoffte Wirklichkeit, beſtätigt durch einige Kom
mandoworte in italieniſcher Sprache, durch ein Gemurmel von italieniſchen Worten, durch das ganze Italienertum , welches ſich in einem Bataillon Berſaglieri ausſprechen kann , wenn die Berſaglieri durch irgend etwas neues aufgeregt werden.
Der arme Mann ſprang auf, ſank
wieder auf das Angareb zurück, kam mit einer gewaltigen Anſtrengung wieder auf die Füße und war nach wenigen Minuten inmitten der Berſaglieri. Es war genau ſein eigenes Bataillon , ſeine eigene Kompagnie ! In den Dörfern der Eingeborenen von Maſſaua und der Umgebung gibt es täglich vier oder fünf Fantaſie,
worunter man kleine Feſtlichkeiten verſteht; ein Todes: fall, eine Krankheit, eine Geburt, ein Abſchied, eine Be ſchneidung oder was immer für ein Vorfall fönnen die Urſache einer ſolchen Fantaſia fein. Die Tamburine der
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14. März .
Heute iſt der „ Rapido “, ganz bedeckt mit Flaggen und Wimpeln , hier eingetroffen und an dem für die Kriegs ſchiffe beſtimmten Orte vor Anker gegangen. Ich habe das Küſtenfahrzeug gefunden und bin an Bord gegangen und wir werden nun alle an Bord bleiben , wir, die Bagage und die Pferde; ſo hoffe ich denn nun in zwei oder drei Tagen, wenn der Wind es erlaubt, nach Zeila unter Segel zu gehen. Heute Abend war offizielles Diner beim italieniſchen Konſul ; ich und Gottardi waren eingeladen ; es war die ganze italieniſche Kolonie vertreten : der Ingenieur Guaſtalla, Herr Pogliani, der Reiſende
Da Bene, zwei Offiziere vom ,, Rapido ". Der Cavaliere Bienenfeld brachte einen Toaſt auf den König und die Königin von Stalien aus und wir alle ſtimmten ſtehend eifrig in dieſes Hoch für den König und für Stalien ein. 15. und 16. März.
Ich habe mit dem Nagoda (Kapitän) des Küſtenfahrs zeuges den Vertrag gemacyt, daß er um 250 Rupien uns, unſere Diener und Gepäck und ſechs Pferde nach
der unglücklichen Nachbarn , vor allem derjenigen, welche
Zeila bringe ; ich zahlte ihm 100 Rupien voraus, den Reſt werde ich ihm in Zeila geben. Das ganze Gepäck und Material der Erpedition wird am 17. und in der Morgen frühe des 18. eingeſchifft werden und da der Wind in dieſer Jahreszeit günſtig iſt, ſo wird die Erpedition nachy
von dieſen Ereigniſſen weder ſchmerzlich noch freudig berührt
Zeila aufbrechen .
werden. Eines Abends gingen wir , uns ebenfalls eine ſolche Fantaſia anzuſehen , die durch eine Krankheit ver
640 Rupien (ca. 1200 Lire) koſteten ; ich geſtehe, daß ich nicht
Eingeborenen zerreißen 24 Stunden lang die Trommelfelle
anlaßt wurde, von welcher uns einer der einheimiſchen Aerzte ſagte, ſie werde ſo behandelt , daß der Patieni am andern Morgen geheilt oder tot ſein würde: Die arme Kranke lag in einer elenden Hütte, nicht größer als ein
Eiſenbahncoupé, in welcher etwa dreißig Perſonen durch einander ſchnatterten . Zwei oder drei ſchlugen auf ihre
Id habe fechs Pferde gekauft, welche mich im ganzen wieder eine ähnliche ſchlecht berittene Truppe befehligt, noch meinen Sattel auf einen Klepper wie derjenige gelegt haben werde, der für mich beſtimmt war ; aber wenn man
nicht immer ein Vollblutpferd zu ſeiner Verfügung haben und nicht die beſten vorhandenen Reitpferde kaufen kann, ſo muß man ſich mit dem Nüßlichen begnügen , wenn es
Tamburine, die anderen wiegten ſich ſtehend von einem Fuß auf dem andern und ſangen ein ewiges Lied, das
auch nicht ſchön iſt.
mit außerordentlichen Grunzlauten und Schreien abwechſelte. Die ganze Zeit über mußte die Kranke, eine hübſche, pech ſchwarze Perſon, die von Schweiß triefte , ſich aufrichten laſſen und mit den anderen in das entſeßliche Lied ein
angekommen und haben einen anderen Somali-Diener
Coccaſtelli, Licata und Bianchi ſind wohlbehalten mitgebracyt, den ſie in Maſſaua annahmen . Sie meldeten mir, daß Zanotti und Malateſta zwar in Maſjaua er: krankt, aber doch imſtande geweſen ſeien , ſich auf der
ſtimmen. Ich weiß nicht, ob ſie für immer geheilt wurde.
Afrika “ einzuſdiffen ; Valli zog es vor, um ſeiner Studien
Weiter hin , beſonders auf der Inſel Taulud im Inneren eines ziemlich regelmäßigen Plaßes ſtehen die
willen in Maſſaua zu bleiben.
Hütten einer ausſchließlich weiblichen Bevölkerung. Ich weiß nicht, ob ſie mir genügend erklärt worden ſind. Zur Redyten ſtehen die Hütten der Abeſſynierinnen , zur Linken
die der Araberinnen ; der Vorübergehende, der ſich dorthin
Ich höre von der Rückehr der Miſſion Pozzolini nach Italien ; ich ſah etwas ähnliches voraus und werde ſpäter bei meiner Rückkehr die Gründe davon erfahren. Es würde daher nunmehr Zeit ſein , ſowohl mit dem Neger wie mit Ras Alula fertig zu werden und uns zu
überzeugen, daß dieſe Herren nur zwei Dinge kennen :
wagt, hört ſich in verſchiedenen Sprachen angerufen, nicht mehr noch weniger als dies in anderen Quartieren einer europäiſchen Stadt vorkommt ; allein wenn er, von dieſen
Gewalt und Thaler.
Sirenen verſucht, ſich ihnen nähert , ſo heftet ſich ein
und die Menſa zu unterwerfen ?
ſcharfer Zibethgeruch an ſeine Kleider, an die Haare, und
Würde nicht jeßt die Gelegenheit
günſtig ſein , eine Verbindung mit den Habab einzugehen Pietro Porro.
Geographiſche Neuigteiten.
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Geographiſde Neuigkeiten. * Neuere Nachrichten von Herrn Savorgnan
de Brazza. Herr de Brazza, der Rivale Stanley's in der Erſchließung und Koloniſation des dwarzen Erdteils, welcher während der Jahre 1883-85 mit Forſchungen in
Weſtafrika beſchäftigt und am 18. November v. Js. nach Paris zurückgekehrt war, iſt von der Pariſer Geographi ſchen Geſellſchaft mit ungemeinem Enthuaſiasmus empfangen
worden und hat in einer beſonderen Verſammlung, die unter dem Vorſiße des Herrn v. Leſſeps im Cirque d'Hiver ſtattfand und von etwa 5000 Perſonen beſucht war, einen Bericht erſtattet, welcher in Nr. 2 und 3 der , Comptes rendus“ von 1886 nach ſeinem ganzen Wortlaut enthalten iſt. Nadidem er die Begebenheiten ſeiner Reiſen im einzelnen geſchildert, faßt er die Ergebniſſe der vollendeten Arbeit in Kürze zuſammen im folgenden :
,,Was wir während dieſer Reiſe geleiſtet haben ? Wie
ich, im Intereſſe des Landes, die meiner Verfügung an vertrauten Befugniſſe und pekuniären Hülfsmittel an gewandt habe ? - Es find zahlreiche Kartenſkizzen gemacht worden ; die Arbeiten der Herren de Rhins, Dufourcq u. a. m. haben meine früheren Arbeiten am Ogowe zu Ende gebracht. Das Becken des Alima iſt durch die Herren Ballay, de Chavannes, Decazes, meinen Bruder und mich erforſcht worden. Die Ufer und die Deltas vom N'Kundſcha bis Brazzaville ſind von den Herren Doliſie und de Chavannes vermeſſen worden . Dem Commodore Cordier verdanken wir einige merkwürdige Arbeiten über die Ufer des Loango ; der topographiſche Auszug derſelben Region iſt von Herrn Mandon fertig geſtellt worden . Die Reiſebeſchreibungen des Herrn Mandion und diejenigen des Herrn Doliſie verbinden den Loango mit unſeren
Stationen am Ludima und mit Brazzaville. Endlich find gegenwärtig zwei Erpeditionen in paralleler Richtung unter: wegs nach dem weißen Fleck auf der Landkarte, welcher
nördlich vom Dgowe und Alima gelegen iſt; die eine unter der Führung meines Bruders Jacques, die andere unter Herrn Doliſie, welchen Herr Froment unterſtüßt, ein ent ſchloſſener junger Mann welcher über ein Jahr unter den Stämmen der Ubangi zugebracht hat. Dieſe beiden Erpe ditionen ſind gewiſſermaßen das frönende Werf und müſſen unfehlbar zu wichtigen Entdeckungen führen. Aſtronomiſche Daten zur Beſtimmung gewiffer geo: graphiſcher Punkte, ſowie nebenbei noch Beobachtungen
im Beden des Kongo, von acht weiteren in demjenigen des Dgowe und von fünf an den Ufern oder im Thale des Kuillu verbunden waren. Dieſen wiſſenſchaftlichen Ergeb
niſſen müſſen dann wirtſchaftliche Reſultate von noch größerer Wichtigkeit beigefügt werden. Das erſte iſt das, daß wir über die Stämme jenen beſtimmten Einfluß gewonnen
haben, welcher nach meiner Anſicht das erſte weſentliche Element in der Gründung einer Kolonie bilden muß. Uns die Eingeborenen zu Nußen zu machen, ihre Intereſſen mit den unſrigen zu identifizieren, ſie zu unſeren natürlichen Bundesgenoſſen und Hülfstruppen zu machen , war unſeres Erachtens einer der Hauptzwecke meiner Miſſion. „ Im jeßigen Augenblide ſind die alten Stämme des Dgowe vollſtändig in unſerer Hand. Durch die Verträge, mittelſt deren fie verpflichtet ſind, dulden ihre Männer uns jährlich eine feſte jährliche Dienſtzeit; fie finden über dem außer ihrer Bezahlung nody einen reichlichen Erſat für die uns gewidmete Zeit in wichtigen wirtſchaftlichen Vorteilen und in unſerem Schuß . ,,Die Bahouins ſelbſt, jene fannibaliſchen Stämme, welche früher in Wanderheerden auf den Ufern des Dgowe herunterkamen und deren Barbarei und Plünderungsſucht fie lange Zeit außer dem Bereiche unſeres Einfluſſes ge: halten hatte, ſind endlich unter denſelben gelangt. Dieſe ſelben Pahouins, welche noch vor zwanzig Jahren in fort währender offener Empörung gegen unſere Autorität am Gabun ſtanden , ſind durch die Intereſſen, welche wir unter
ihnen gegründet haben, dazu gebracht worden , mit uns
genau auf dieſelben Bedingungen hin zu unterhandeln wie die übrigen Stämme. Sie haben ſich gleich den an: deren verpflichtet, uns mit Hülfetruppen zu verſehen , und dies iſt eine bedeutende Bürgſchaft für die Ruhe. Vielleidyt iſt dies der einzige Weg, vollkommene Sicherheit in einem Lande zu bewahren, welches unbedingt - und ich möchte ſo gar ſagen glüdlicherweiſe - außer dem Bereiche der Kanonen boote iſt. Dieſe neuen Refruten ſind gekommen und haben ſich ſelbſt, obne ſehr viel Widerwillen , in die Reihen un ferer erſten Hülfstruppen eingeſtellt Adumas, Dkandas,
Apingis, Dfotas, Bangweſe – lauter Stämmen , von denen ſie durch eine inſtinktive Feindſeligkeit und Verkehrtheit und Mißverſtändnis ihrer Intereſſen entfremdet geweſen waren. „ Allmählich werden dieſe Pahouins dazu kommen , die Zahl unſerer Hülfstruppen zu verdoppeln und zu verdrei fadyen ; ihre natürliche Tüchtigkeit, ihre phyſiſche Kraft, ihre große Nüchternheit, machen ſie in einem merkwürdigen
in Meteorologie, Mineralogie und Geologie ſind gewonnen,
Grade dazu geeignet, uns in jenen Regionen große Dienſte
prachtvolle naturgeſchichtliche Sammlungen ſind, Dank der
zu leiſten .
Mitwirkung aller, unter der Leitung meines Bruders Jacques
,,Alle dieſe durch dieſelben Intereſſen geeinigten Völfer
zuſammengebracht worden , welche lektere in Kürze in Paris
ſchaften in einem gemeinſamen Gefühle der Abhängigkeit
eintreffen werden. Zu dieſen Sammlungen kommen dann
in Bezug auf uns, ſind nun durch eine Organiſation an
eine Anzahl Skizzen, Karten, Photographien und ethno
uns gebunden, wozu mir das in Frankreich übliche Syſtem
graphiſche Aufzeidnungen von großem Intereſſe. ,, Al dies iſt erreicht worden inmitten der Arbeit, welche mit der Gründung von acht Stationen oder Poſten
die dienſtpflichtigen Matroſen zu regiſtrieren , die erſte Idee gegeben. Als Kahnleute, Träger oder Soldaten , je nach Bedarf, leiten dieſe Leute nun unſere Kähne durch die
Geographiſche Neuigkeiten .
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Stromſchnellen, verführen unſere Waren und ſind immer
alten Handels getreten und der geſamte Verkehr beläuft
bereit, unſerer Flagge zu folgen oder ſie zu verteidigen. Dies iſt, in Kürze, die Löſung eines Problems, an welchem
ſid) auf ungefähr 14 Miu .
daftlicher und politiſder Organiſation zu ſchaffen, mögen
„ Endlich haben ſich unſere Beſtrebungen, welche früher nur einen ſchmalen und unbedeutenden Küſtenſtrich zwiſchen den Kaps St. Jean und St. Catherine umfaßten, gegen wärtig um das Hundertfache vermehrt. Die Grenzen ſind
Leuten, lvelche mit Fragen dieſer Art nicht vertraut ſind,
nun : nach Norden der Fluß Campo und nach Dſten
als eine lange Zeit erſcheinen . Zenun, meine Herren, ich verſichere Sie, daß id) vor zehn Jahren es nicht für mög : lich hielt, in ſo kurzer Zeit ein ſolches Ergebnis zu erzielen.
Zentralafrika, welches uns ſeit der Konferenz vom 5. Fe läßt, während unſere Beſißungen nach Süden hin an den
Es bedurfte vollſtändig der intelligenten Mitwirkung meiner Mitarbeiter und unausgeſekter Arbeit, um die gegenwär
Kafongo reichen, einem Strid, welcher die nördliche Grenze des von einer uns befreundeten Nation beanſpruchten Ge
tige Löſung zu erreichen , welche meines Erachtens die ein
bietes bildet. Dieſe mehr traditionelle als wirkliche Grenze
zig mögliche iſt. Was Geduld und Ausdauer in zehn
baben wir immer ſorgfältig reſpektiert; wir hatten uns
Jahren erreicht haben, das hätte, ſelbſt um den Preis
hierzu verpflichtet und Portugal wird heutigen Tages ge wiß auch geneigt ſein, ſie ſeinerſeits zu reſpektieren.
ich zehn Jahre emſig gearbeitet habe. ,,Zehn Jahre, um in dieſen Ländern einen Steim tvirt
der größten Dpfer , Gewalt niemals zuſtande bringen können .
bruar 1885 noch das Becken des N'Kundída Ubangi über
„,Es hat uns -- Dr. Ballay und mich
„Nicht allein am Dgowe, ſondern auch auf den Hoch ebenen von Bateke, welche das Becken dieſes Stromes von demjenigen des Kongo ſcheiden , haben wir in den Dörfer gruppen längs des Weges mehr als 3000 Mann, welche,
wenn ſie auch noch nidyt ſyſtematiſch eingereiht und diszi pliniert ſind, dennoch unſere Güter ehrlich und mit Pünkt
zehn Jahre
gekoſtet die ſo eben geſchilderten Ergebniſſe zuſtande zu bringen. In dieſen zehn Jahren haben wir zwei und eine Viertel Million verausgabt. Unſer moraliſcher Kredit bei
den Eingeborenen und unſere Handlungsweiſe ſind unſer Aequivalent für die ungeheuren Summen geweſen, welche
,,Die Batekes am oberen Alima haben angefangen
die Internationale Afrikaniſche Aſſociation auszugeben hatte. Gerade unſer langſames Vorgehen hat uns in den Stand geſeßt, unſere Autorität in dieſen Ländern ohne
als unſere Reiſenden zu wirken, und weſtlich von Brazza
Koſten von Blut weder für Europa nod) für Afrika her:
ville liefern uns die Ballalis, in der Erwartung unſere
zuſtellen und ohne irgend eine Unannehmlichkeit oder Sto rung der allgemeinen Politik Frankreichs hervorzurufen ."
lichkeit transportieren.
1
Träger zu werden , weit mehr Arbeiter als wir verwenden können. Am oberen Kongo endlich, unter den nody bar bariſchen Völkerſchaften, iſt unſere Einwirkung noch zu neu,
Herr de Brazza wandte ſich dann von dem was in
um ähnliche Ergebniſſe erzeugt zu haben. Ich zweifle je
der Vergangenheit geſchehen iſt, zu dem was noch in Zu kunft zu geſdhehen habe, und befürwortete warm die fernere
dod nidyt, daß wir mit Geduld auch noch zu ſolchen ges
Erforſchung und das Studium der neuen franzöſiſchen
langen werden. Die Menſchenopfer werden ſeltener. Wenn wir dieſen Anfang von Fortſchritt nicht erreicht haben, der
Kolonie in Weſtafrika. Die Zukunft des Kongo's und Weſtafrika's im allgemeinen hängen nach ſeinem Dafür: halten von der Eröffnung von Verbindungen ab, welche
nun unſere langſamen und friedlichen Bemühungen ge frönt hat. Mit einem Wort, es werden jeßt, unter ver
früher oder ſpäter geſchaffen werden müſſen, und von dem einheimiſchen Handel und Anbau – nicht von Koloniſation
ſchiedenen Bezeidhnungen und in verſchiedenen Gegenden,
oder Einwanderung.
ungefähr ſiebentauſend Eingeborene jährlich von uns bes ſchäftigt, von dem Eingeborenen an, welcher als Soldat
Europäer im allgemeinen, ſich dort zu akklimatiſieren, und äußerte hinſichtlich der Ziviliſierung der Eingeborenen :
ein Jahr unter den Waffen verbringt, bis zu demjenigen,
wenn man dieſen plößlich unſere Sitte, Bräuche und
welcher nur ſieben Tage einen Ballen trägt. Sie verliegen
Denkungsart aufdrängen wollte, ſo würden wir unfehl bar nur ihre Vernichtung zuſtande bringen. Er empfahl
wir ſie mit Gewalt zu ziviliſieren verſucht hätten, würden
durch die Berührung mit uns die Laſter ihres wilden
Lebens ; unſere Sprache und unſer Einfluß verbreiten ſich unter ihren Familien und Stämmen, und dieſe Gruppe, welche eine Bevölkerung von ungefähr 5 Millionen Seelen darſtellt, wird allmählich in der Schule der Arbeit und Pflidit erzogen . Ein auf ſolcher Grundlage ruhender
Einfluß muß aber ein dauernder und fruchtbarer ſein und ich kann einen Beweis davon geben.
Vor zwölf Jahren
war der einzige Handelsverkehr am oberen Dgowe der Sklavenhandel , und der geſamte Betrag des Handels am Gabun erreichte kaum zwei Millionen Franken ; jeßt iſt ein ehrlicher rechtmäßiger Handel an die Stelle des
Er anerkannte die Unfähigkeit der
dringend, den Geiſt der Eingeborenen erſt vorzubereiten, ehe man ihn in direkte Berührung mit europäiſchen Ideen bringe - eine Arbeit, zu welcher Zeit und Geduld gehört. - Im allgemeinen macht das unter Herrn de Brazza's Leitung geſtellte franzöſiſche Kolonialgebiet in Weſtafrika den Eindruck, als habe es bereits dem Kongo-Staat den Rang abgelaufen und verſpreche eine gedeihlichere Zukunft als dieſer.
Briefe aus Neu -Mexico.
498
Briefe aus Neu-Mexico. Von Adolf Bandelier.
(Fortſegung.)
An der Belagerung und Einnahme von Santa Jé durch die Aufſtändiſchen beteiligte ſich Acoma nicht ; fo wenig als an der Verfolgung der nach El Paſo del Norte fliehenden Spanier. Auch an den blutigen Wirren, die auf die Vertreibung der Weißen folgte , nahm es keinen
Ana eine Ruine. Sämtliche Queres hatten ſich in Cia verſammelt, um von dort aus den anrückenden Feind zu beunruhigen. Umſonſt verſuchte Cruzate nad Santa Fé vorzubringen , die Fanos verſperrten ihm den Weg bei den heutigen Cerrillos , und als er weiter nördlich davon den ſteilen Felſen der Bajada anzuſteigen begann, bebedte ſich die Anhöhe mit Indianern, deren Anzahl gegenüber er den Sturm nicht wagte. So ging er wieder auf das weſtliche Ufer des Rio Grande zurück und wandte ſich gegen Cia, um wenigſtens die Kraft des Queres -Stammes
Teil. Denn als die Pueblos. ſich untereinander zu be kriegen begannen, benußten die Apatſchen und Navajós
den Anlaß, um mit vermehrter Wut über ſie herzufallen.
zu brechen . Es gelang ihm dieſes nach einem blutigen Kampfe. Sia ward erſtürmt und dem Erdboden gleich
gemacht, 600 Indianer getötet und verwundet, die Queres Sie ſchloſſen den Stamm von Acoma ein auf ihrem Felſen, verwüſteten die weiter gelegenen Felder und beſchränkten
zerſtreuten ſich, ein Teil davon floh nach dem Rio Puerco, jenſeit beſſen ſie an den Ufern des kleinen Rito und
die Saaten der Pueblos auf die unmittelbare Umgebung der Klippe, wo in dem baumloſen Tiefbecken die arbeiten: den Indianer nicht leicht beſchlichen und überfallen werden
konnten. Dürftig genug waren die Ernten , welche hier erzielt wurden, und da von 1680 bis 1692 mehrere Jahre gänzlicher Dürre ſich einſtellten , ſo litten die Acomas Hunger ſowohl als Feindesnot. In dieſer traurigen Zeit der ſogen. ,, Befreiung vom ſpaniſden Joche", wie eine
18 e. Min. nordöſtlich von Acoma die Anſiedelung grün deten, die heute, zu 900 Seelen herangewachſen , den Pueblo von Da-uay-qo oder San Joſé de la Laguna bildet. Viele aber vereinigten ſich mit dem Stamm von Acoma und
legten ſo den Grund zu der Sage, wonach Gironza (Don Domingo Gironza Petroz de Cruzate, der Eroberer von
unpaſſende Sentimentalität folche Rückkehr zur politiſchen
Cia) der Anführer einer Bande geweſen wäre , welche die Bevölkerung des Dorfes verſtärkt hätte. Zu den Flüch
Unabhängigkeit des Indianers und den damit verbundenen
tigen aus Cia geſellten ſich ſpäter noch ſolche von Santo
Rüdſchritt zur Stammes-Abſonderung oft bezeichnet, konnte man mit Recht auf die Pueblos jenen höhniſchen Ausruf
Domingo, Cochiti, Jemez und Jøleta. Cruzate ſelbſt kehrte, nachdem er die Queres gezüchtigt, nach El Paſo zurüd. Die definitive Wiedereroberung von Santa Fé durch Diego de Vargas Zapata y Luyan im September 1692
des böſen Geiſtes in „ Fauſt “ anwenden : „ Das Volt iſt frei , ſeht an wie wohl's ihm geht!"
Die Bevölkerung lank in dieſen zwölf Jahren durch eigene Schuld von 35,000 auf 9000 Seelen herab, ganze Gruppen wurden von ihren Nachbarn vernichtet, andere
hatte zur Folge, daß die übrigen Pueblos, von Schrecken erfaßt, keinen gemeinſchaftlichen , ſondern nur vereinzelten
Widerſtand leiſteten. Vargas befolgte das Syſtem der Klugheit und brauchte Gewalt nur dort , wo dieſelbe
zerſtreuten ſich unter die Navajós. Nachdem im Jahre
herausgefordert wurde.
1681 die Spanier einen fruchtloſen Verſuch gemacht hatten, Neu-Mexico wieder zu erobern, ruhten die Waffen von dieſer Seite bis 1687. Deſto wilder, blutiger wütete der Zwiſt unter den Pueblos ſelbſt. Es war ein Kampf
Jahres vor Acoma erſchien , fand er die Felſenpfade ver
Als er im November desſelben
ſperrt und den Hauptweg, den Fray Juan Ramirez einſt angelegt hatte und auf dem ſelbſt Pferde den Pueblo erreichen können, ſtark verbarrikadiert. Er begann daher zu
um die ſpaniſche Beute. In El Paſo del Norte war auf
unterhandeln, ſchob aber während dieſer Unterhandlungen
Antonio de Otermin, den die Indianer aus Santa Fé vertrieben, als Gouverneur Don Domingo Gironza Petroz
ſeine Vorpoſten immer weiter hinauf. Die Indianer ge ſtatteten ihm auf dieſe Weiſe zwei der drei Verhaue, die
de Cruzate gefolgt und auf leßteren Pedro Reneros de Pojada. Cruzate hatte das ſpaniſche Anſehen in Chihuahua befeſtigt und die Sumas, Jócomes und Manſos, welche in El Paſo auszubrechen drohten, zur Ruhe gewieſen. Poſada fühlte
den Weg verſperrten, zu beſeßen , und als Vargas ſelbſt vor dem dritten erſchien , wurde er ohne Widerſtand ein gelaſſen. Acoma ergab ſich! Flüdytlinge aus den nörd lichen Pueblos erzeugten zivar ſpäter, 1693, einen neuen
fich ſtark genug , eine Razzia nach Neu-Mexico zu unters
Aufſtand, der ſich in gänzlicher Abſchließung von den
nehmen. Die dortigen Empörer hatten ſeine Vorgänger
Weißen und Zurückweiſung der Prieſter äußerte, Vargas
ſogar in El Paſo beunruhigt. Er zog im Herbſt 1687
zog noch einmal vor den rebelliſden Felſen, vermochte ihn jedoch diesmal nicht zu bezwingen. Da verheerte er denn
den Rio Grande hinauf, überfiel und erſtürmte den Queres Pueblo von Santa Ana und zog ſich zurück. Im folgens den Jahre ergriff Cruzate wieder die Zügel der Statt: halterſchaft, und marſchierte mit zahlreicher Mannſchaft nach Neu-Mexico. . Die ſüdlichen Pueblos waren verlaſſen,
ihre Bewohner hatten ſich in die Berge geflüchtet, Sandía lag in Trümmern, San Felipe war unbewohnt , Santa
gründlich die Saaten an deſſen Fuß, und dies bewog die Bewohner, nach einigen Monaten ſelbſt um Frieden anzu balten. Seit jener Zeit iſt Acoma ruhig geblieben, ein
dürftiger Verkehr mit den Spaniern und ſpäter mit den Anglo-Amerikanern hat ſich eingeſtellt. Die Franziskaner Möndye haben eine neue Kirche droben erbaut und ein Con
Briefe ans Neu-Mexico.
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vento, auch ein Friedhof wurde angelegt und die Indianer
worden , dann wird der Prieſter noch einmal bewirtet und
haben die 43 Fuß langen Dachbalken, die Erde, in die ihre
er reitet ab, allein wie er gekommen, den gefährlichen Pfad
Angehörigen nach dem Tode verſenkt wurden, geduldig und eifrig ſelbſt hinaufgeſchleppt. Von der Kirchhofbrüſtung aus blickt man fröſtelnd in die Tiefe, die unten gähnt, und gern hebt ſich der Blick zur Meja Incantada empor, die, uner ſteiglich, aus dem fahlen Baſſin wie ein ausgeſchrammter
hinunter, um in Vadito, 14 Min . von Acoma, bei der
Felsblock hinaufſtrebt. Jenſeit ſchließen ſich die Ränder des Bedens zur Cañada del Agua del Coyote, Canada
del Agua Escondida, durch welde man ohne Mühe zum Geleiſe der Atlantic- und Pacific-Eiſenbahn in die Nähe des
Fleckens Cubero und des im Jahre 1699 förmlich aners kannten Gran-Pueblo von Laguna gelangt.
alten Señora McCarthy , ein ebenſo beſcheidenes Nacht lager wie ein reichliches Eſſen zu genießen.
Auf dem Felſenhorſte aber ſißen Nachts in den Eſtufas noch zuſammen die Alten und Vorgeſeßten und beſprechen was der Jata geſagt und gethan. Sodann werden die alten Idole hervorgeholt , die Zigarette geht von Mund zu Mund, das heilige Mehl wird geſtreut vor den plumpen Gößen der Vorfahren, um ſie auszuſöhnen Huldigung, welche man ihrem Nebenbuhler ges bracht. Sodann zieht ſich jeder zurück in ſeine Zellen
Vor ſechzig Jahren, als Mexico fich von ſpaniſcher
wohnung. Acoma ſchläft. Ehe die Sonne aufgegangen,
Herrſchaft ,,befreite", wurden auch die Franziskaner-Mönche
ertönt aus den Häuſern der eintönige rhythmiſche Gejang mahlender Weiber. Es iſt der Beginn des monotonen
aus Acoma vertrieben , und fäkuläre Prieſter traten an
ihre Stelle. Die Kirche von Acoma hörte auf, regelmäßig
Lebens, das im Pueblo mit dem Sonnenaufgange wieder
gebraucht zu werden. Heutzutage beſucht der Padre alle zwei, drei Monate den Pueblo. Dann wimmert die Glode das Zeichen ſeiner Ankunft und die Indianer ſtrömen
kehrt. „ Und es ward Abend, es ward Morgen, ein anderer Tag." II .
zuſammen, in dem Hauſe , wo der Geiſtliche abgeſtiegen, um den ,, Jata " zu begrüßen. Währenddem der Geiſtliche
ſich von dem Ritte von zweiunddreißig Meilen durch ein Mahl von Tortillas, Schaffleiſch, rotem Pfeffer, Bohnen und vielleicht auch Kaffee ſtärkt und erholt, fommt Alt und
und Jung, küßt ihm die Hand und kauert dann ſchweigend der Wand entlang, gafft ihn ſchweigend an oder belacht einfache Scherze, die er, mit den Aelteren ſprechend, zum Beſten gibt. Es werden dem Prieſter die kleineren und größeren Ereigniſſe erzählt, die ſich ſeit ſeinem leßten Bes
Ojos Calientes von Las Vegas (Neu-Mexico), 17. Juli 188 * Es iſt ein großer Schritt von der erſten Erwähnung heißer Quellen in Neu-Mexico zu dem eleganten, mit allem Lurus ausgeſtatteten Badeorte von heute bei Las Vegas, mit ſeinem großen , Montezuma-Hotel" , ſeinen Badeanlagen
und den vielen Verſchönerungen, welche die Menſchenhand der pittoresken Schlucht des Rio Gallinas noch beigefügt.
ſuche zugetragen, er nimmt Notiz von den ihm bevor:
Schon Pedro Caſtañeda erwähnt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts heiße Waſſerquellen in Neu -Mexico, doch es ſind die ,, Aguas calientes “ bei Jemez und nicht
ſtehenden Taufhandlungen und Heiraten. Lektere ſind oft
die warmen Strudel bei Las Vegas gemeint.
con proviſoriſch vollzogen worden , denn in dieſem abges
Die Zahl ſolcher heilkräftiger oder hülfreich ſein ſol
legenen Winkel geſtattet die Kirche den Ortsvorgeſeßten
lender Stätten in Neu -Mexico iſt groß, ich kenne allein ſchon mindeſtens ein Dußend. Mit Badebequemlichkeiten verſehen ſind jedoch bis jeßt nur fünf. Von dieſen nehmen die „ Las Vegas Hot-Springs" (wie die Anglo- Amerikaner
einen vorläufigen Zivilakt zu vollziehen , der darin beſteht, daß die Verlobten vor dem Gobernador fich eheliche Treue geloben unter Vorbehalt ſpäterer kirchlicher Einſegnung. Sodann beſtimmt der Geiſtliche die Stunde für den nächſten Tag, wenn er Meſſe leſen, trauen und taufen will. Am folgenden Morgen wimmert es wieder ,,hoch vom Turm " und die Acomas ſtrömen zur Kirche. Dede und
leer, ohne Siße und Bänke, füllt ſie ſich mit ſchweigenden Geſtalten , die Männer in bunte Decken gehüllt, die Frauen in die dunkle Manta gekleidet , über die ein möglichſt grellfarbiges Rattun -Mäntelchen herunterwallt. Lautlos faſt gleiten ſie in den weiten hohen Raum , allein bald unterbricht das Geſchrei kleiner Kinder die Stille und nicht ſelten entſpinnt ſich an dem heiligen Ort ein
ſie nennen) die hervorragendſte Stellung ein, ſowohl wegen
ihrer leichten Erreichbarkeit, als infolge der vorzüglichen Ausſtattung, mit welcher die Badegeſellſchaft ſie verſehen. Nur ſieben engliſche Meilen trennen die großen Anlagen von der Station der Atchiſon -Topeka- und Santa- Fé Eiſenbahn zu Neu-Las Vegas und dieſe Strecke wird auf einer kleinen Zweigbahn, deren elegante Paſſagier-Waggons von einer Lokomotive mit aufrechtſtehendem Dampfkeſſel
bewegt werden , jeden Tag mehrfach befahren . Die Temperatur der zahlreichen Thermen bei Las
Iſt die kirchliche Handlung volls
Vegas ſchwankt zwiſchen 32.50 C. und 54.4 ° C. Sie enthalten vorzüglich Chlor - Natrium und ſchwefelſaures
zogen, ſind die Schreihälſe getauft, wobei die Pathen oft ihre eigenen (ſpaniſchen ) Namen nicht anzugeben wiſſen
Natron, aber auch Spuren von God, Brom und noch ſtärkere von Lithium. Herr Dr. Loew hat auch die kalte
und der Gobernador, Fiscal, der Meßner oder ſonſt ein
Natronquelle 3 e. Min . nordöſtlich von Las Vegas analy
altes Haus mit ſeinem Gedächtniſſe nachhelfen muß , ſind die liebenden Paare für ewig zu Gatte und Gattin ge
ſiert und in derſelben auf 100 Teile Waſſer 0.14542 feſte
erbittertes Hundegefecht.
Beſtandteile gefunden,und zwar : 0.120 kohlenſaures Natron ,
Briefe aus Nen -Merico.
500
0.01372 koblenjauren Kalk und Magneſia, 0.00526 ſchwefels
kleinen Tümpel liegen, iſt Granit und Gneiß. Die Becken
ſaures Natron und 0.00641 Chlornatrium . Der gleiche
befinden ſich auf beiden Seiten des Flüßchens; ſtets ent
Chemiker hat auch die Thermen bei Jemez unterſucht und in 100 Teilen nachfolgende Reſultate erlangt : Jemez Hot Springs. Chlornatrium 0.1622, ſdhwefelſaures Natron 0.0035 , kohlenſauren Kalk 0.0641 ,
ſtrömt ihnen Kohlenſäure und, je rady der Luftemperatur,
fohlenjaure Magneſia 0.0103.
San Yſidro (bei Femez). Chlornatrium 0.3072, idywefelſaures Natron 0.1639, fohlenſauren Kalk 0.0670, kohlenſaures Magneſia 0.0248 , fohlenſaures Eiſenorybul
mehr oder weniger Waſſerdampf. Das Waſſer des Gallinas
iſt klar und kühl, etwas alkaliniſch, wie die Mehrzahl der Gewäſſer in Neu-Merico, und fließt über fieſeligem Grunde, oberhalb der Bade-Hotels rauſchende Sdnellen und Ges fälle bildend. Der Cañon del Gallinas, wie die Schlucht genannt iſt, bietet, ſpeziell oberhalb der Thermen , des Maleriſchen und Wildromantiſchen viel.
0.0008.
(Fortſegung folgt.)
Beide Quellen ſind lithionhaltig und die Temperatur der erſteren beträgt 60.50 C. Endlid liegt noch eine auf der Univerſität Yale in New -Haven (Connecticut) gemachte Analyſe der Gewäſſer
fitteratur
des Dio Caliente de foſé , im nördlichſten Bezirke (Taos County) von Neu -Merico gelegen, vor, deren Tem peratur nur 45,70 C. beträgt. Dieſe konſtatiert: ſchwefel ſaures Natron 0.0, kohlenſaures Natron 0.19695, kohlen ſauren Ralf 0.00420, kohlenſaures Eiſen 0.02012, Chlor: natrium 0.04003, fohlenjaures Lithion 0.00122, kohlenjaure
Magneſia 0.00610 , dwefelſaures Rali 0.00529, Kieſelſäure 0.00410, Arſenik 0.01008.
Ueber die Frage, ob die Eingeborenen je zu irgend einer Zeit die zahlreichen Quellen des Landes zu Heilungs-
* Umlauft , Prof. Dr. Fr.: Die Alpen. Handbuch der geſamten Alpenkunde. Wien, Þeſt, Leipzig, A. Hartleben's Ver Wir haben die erſten ſechs lag, 1886. Lieferung 7-10. Lieferungen dieſes tiichtigen und gediegenen Werkes ſchon früher beſprochen, welche die Geologie der Alpen behandelten und die topographiſche Schilderung derſelben durch die weſtlichen und mittleren Alpen , d. h. die eigentlich ſchweizeriſchen , hindurch enthalten . Die nun vorliegenden Hefte 7-10 ſeten die Schilder rung der Mittelalpen fort, fiihren uns nach dem Berner Oberland, dem Vierwaldſtädter -See mit Rigi und Pilatus, zum Bodenſee,
der Arlberg-Gruppe, dem Ortler, den Stilfſer- Joch, dem Vintſchgau,
zivecken verwendet, liegen wenig Angaben vor. Es iſt
Gardaſee und Monte Baldo , zu den Tauern und dem Groß
jedoch nicht zu überſehen, daß Anſiedelungen, Pueblos in
glodner, dem Krimmlthal, dem Mölthal, dem Mönigsſee und
Ruinen , überall in der Nähe der heißen Waſſer zu finden ſind. Die großen einſtigen Dörfer von Ha -ui-cu , bei Zuñi, und Jo-ui-ru, bei Dio Caliente, im Taosbezirke, ſind
den herrlichen Seen des Salzkammerguts , zu den ſüdtiroliſchen
Beiſpiele davon. Allerdings iſt dies an und für ſid; kein
Dolomiten mit Schlern, Roſengarten und Monte Criſtallo ac. und fiihren und ſomit ſchon ins Gebiet der Oſtalpen hinüber. Es liegen uns nun zwei Drittel des ganzen gehaltvollen Werkes vor und entwerfen uns ein Geſamtbild von den Alpen, welche ja das
Beweis früherer mediziniſcher Benüßung der Thermen,
Loſungštvort unſerer Tage ſind, wie wir es anſchaulicher, ergreifen
doch iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß bei den vielen Haut
der, lehrreicher und überſichtlicher bisher 1100 nicht beſeſſen haben. Der riihmlichſt bekannte Verfaſſer hat uns in dieſem zuſammen
und anderen Krankheiten, zu deren Heilung foldie Gewäſſer dienen und denen der Indianer ſehr ausgefeßt iſt, man in früherer Zeit aud) zu den heißen Quellen ſeine Zuflucht
nahm. Sicher iſt es hingegen, daß ſchon am Ende des 16. Jahrhunderts die Spanier eine Anzahl derſelben und
hängenden Geſamtbild cigentlich erſt das Verſtändnis für unſere zentraleuropäiſche Alpenwelt und ihre großartigen Schönheiten und beriihmteſten Dertlichkeiten erſchloſſen und jedenfalls die Zahl der verſtändigen und begeiſterten Alpenfreunde bedeutend vermehrt. Wir werden nach Vollendung des Werkes in einer
eingehenden Bejprechung auf dasſelbe zuriidkommen, und benterfen ihre mediziniſche Kraft fannten.
Auch in der Nähe der Thermen von Las Vegas find Spuren alter Dörfer aufgefunden worden. Doch ſind es nicht die großen, mehrſtödigen Häuſer geweſen, ſondern
kleine, zerſtreut liegende Wohnungen . Ich werde ſpäter hin auf dieſe Form der Bauart zurüdkommen , deren Exiſtenz als beſonderer Typus ich erſt vor zwet Monaten ,
und zwar zum erſtenmale auf ſyſtematiſche Weiſe, feſtgeſtellt habe.
nur, daß mit jeder neuen Lieferung die Gediegenheit des Textes und die Schönheit uud Fülle der Fluſtration deutlicher hervor treten .
* Wanderungen auf dem Gebiet der Länder- und Völferkunde. Ein Hausbuch für jedermann von F. Hobirk. Neue Folge. 5. Bändchen : Das Weltmeer. Lemgo, Meyer'iche Mit dem vorliegenden (30.) Bändden Hofbuchhandlung, 1885. ſchließt dieſes hibſche Sammelwerk, welches wir ſchon friiher als ein wertvolles Hausbuch zur Lektiire fiir den Familienkreis em pfohlen haben . Das Bändchen ſchildert in gemeinfaßlicher Weiſe
Es entſpringen die warmen Quellen in einem Thal
das Weſen und Leben des Ozeaus nach Beſchaffenheit, Tiefe,
chen oder eher in einer Schlucht, die der Rio Gallinas, aus
Farbe und Beſtandteilen, nad Temperatur, organiſchem Leben , Fiſcherei, Geſtaltung der Küſte und Fuſeln ac. und die Geſchichte der iiberſeeiſchen Entdedingen. In anſprechendem Vortrage eine
dem Hochgebirge kommend, von Nordweſten nach Südoſten durchfließt. Das Geſtein , in dem die Waſſerbecken und i Fülle von Lehrreichem und Wiſſenswertem für eine Mark.
Druck und Verlag der I.G. Cotta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.
Das Susland Wochenſdrift für Länder- und Völkerkunde, unter Mitwirkung bewährter Fach männer herausgegeben von der
I. G. Gotta'ſchen Budjhandlung in Stuttgart und Mündjen. Neunundfünfzigſter Jahrgang.
Stuttgart , 28. Juni.
Nr. 26 .
1886 .
Fährlid) 52 Nummern à 20 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Poſtämter. Manuſcripte und Recenſions-Gremplare von Werfen der einſchlägigen Litteratur ſind direft an Gerrn Dr. Karl Müller in Stuttgart, Kurzeſtraße Nr. 6, II , zu jenden . Jnſertionspreis 20 Þj. für die geſpaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Die Raſſenfrage der inſularen Völker, beſonders der Mikroneſier. Eine Ueberſicht der neueren Hypotheſen . Von Carl Hager. S. 501. 2. Brighton. Mit einer Anſicht. S. 506 . - 3. Eine Bauernhochzeit auf dem Libanon . Von Emma Kunder - Leithe. S. 509. 4. Alaſchka, das Pelzland. S. 511. 5. Geographiſche Neuigkeiten . S. 514. 6. Briefe aus Neu
Mexico. Von Adolf Bandelier. ( Fortſetzung.) S. 517.
7. Litteratur.
Die Raſſenfrage der inſularen Völker, beſonders der Mikroneſier. Eine Ueberſicht der neueren Hypotheſen.
Bon Carl Sager.
In der Aufgabe, die Menſchheit zu ſyſtematiſieren, iſt die Frage nach der Stellung der Bewohner des weiten Gebietes zwiſchen Aſien, Auſtralien und Amerika eine der intereſſanteſten und nicht zum wenigſten die der mikroneſi
S. 519.
Verlauf der neueren Forſchung ausgeſprochenen Anſichten Berechtigung haben dürfte. Heuſinger 1 wollte die Geſichtsform als Raſſenmerkmal einführen und in der alten wie in der neuen Welt gleichmäßig ovale, langgezogene und breite Form erkannt haben. So ſub ſumiert er in der neuen Welt unter die ovale die indiſchen und pacifiſchen Malaien, unter die breite die Ameri:
kaner und unter die langgezogene die Südſee-Schwarzen. Zu dieſen rechnete er die Auſtralier, die Tasmanier und
endlich die „ kraushaarigen " dunkleren Bewohner des
ſchen Bevölkerung, namentlich in ihren Beziehungen zur
tropiſchen weſtlichen Pacifics, alſo auch die Mikroneſiens.
polyneſiſchen und melaneſiſchen , ein Gegenſtand lebhafter
Er möchte die ganze Raſſe Papua-Naſje nennen, wobei dann wieder Unterabteilungen aufzuſtellen wären .
Erörterung.
Nachdem im lekteren Teil der Frage neuerdings Ru dolf Krauſe an der Hand anthropologiſchen Materials
durch Meſſung und Rechnung und Finſch mehr durch eigene Anſchauung zu Schlüſſen gekommen ſind, die ſich darf entgegenſtehen, beide aber vorher ſchon mit größeren und
geringeren Abweichungen von anderen Forſchern erreicht worden ſind, nadidem des leşteren Ergebniſſe über die
Mikroneſier mit dem vorausgegangenen Unterſuchungs reſultate Meinicke’s zu vereinigen ſind, nachdem vollends dieſelben in dieſer Sonderfrage nicht nur, ſondern auch in Hinſicht auf den oben bezeichneten weiteren Völker:
kreis mit der erſt jüngſt aufgeſtellten Verteilung Ro bidé van der Aa's in Einklang ſtehen , kann gewiſſers
Leſſon,? Duperrey's Begleiter, unterſchied im Stillen Meere drei Hauptſtämme: die Indo -Raukaſier, welche die Bewohner der öſtlichen Gruppen und, über den Dzean hinausgreifend, die eigentlichen Malaien umfaſſen ; den
ſchwarzen Stamm ; die pelagiſchen Mongolen, die Bewoh ner der Karolinen- und Marſhall - Inſeln , die von den Mongolen abſtammen ſollen . Dumont D'Urville3 glaubte die Bewohner der mikro ^ „ Grundriß der Anthropologie für Aerzte und Nichtärzte". 1829. 2
, Complément des Oeuvres de Buffon . “ Tom . II : Races
humaines par Lesson. 1828. p. 46 svv. Leſſon's nelies Werf : „ Les Polynesiens, leur Origines, leur Migrations, leur Lan guage “ etc., 5 Bände, 1880-1884, iſt uns noch nicht zugäng
maßen ein neuer Abſchnitt gemacht, beziehungsweiſe die
lich geweſen.
mikroneſiſche Frage als abgeſchloſſen betrachtet werden, weshalb ein Rückblick auf die hauptſädlichſten der im
Géographique de Paris dans la Séance du 5. Janvier 1832.
Ausland 1886 Nr. 26 .
3 Notice des Iles du Grand Océan lue à la Société
76
Die Raſſenfrage der inſularen Vöffer, beſonders der Mikroneſier.
502
neſiſchen Inſeln wegen ihrer helleren Hautfarbe, ihres zar teren Körperbaues und mehrerer ſprachlicher und pſycho logiſcher Unterſcheidungsmerkmale von den braunen und idywarzen Völkern der Südſee, denen Polyneſiens und Melaneſiens trennen zu müſſen .
Oskar Peſchel? findet keinen Grund , ſie von den Polyneſiern ſcharf zu trennen, da ſie in Spradie, Sitte und bürgerlichen Einrichtungen nicht weſentlich von dieſen verſchieden ſeien, und bildet aus ihnen die dritte Gruppe des malaiiſchen Stammes ſeiner „,mongolenähnlichen Völs
fer." Den genannten Stamm überhaupt teilt er in aſias tiſche Malaien, polyneſiſche ( beſſer pacifiſche) Malaien und mikroneſiſche Miſchvölker.2 Dieſem Stamm ſtehen darf
gegenüber die auſtraliſchen Papuanen (Neu-Guineer und Bewohner Melaneſiens). Im Weſten der mikroneſiſchen Inſeln ſeien die Papuanen vorherrſchend geweſen, im Oſten
hätten ſich Polyneſier eingedrängt „und beſonders auf Sprache und Sitte, viel weniger auf die körperlichen Kenn zeichen gewirkt." „ Immerhin aber unterſcheiden ſich ſelbſt noch an den äußerſten Grenzen ihres Wohngebietes die
Mikroneſier von den reinen Polyneſiern.“ In Mikroneſien hätte fich alſo „ polyneſiſches und papuaniſches Blut ge kreuzt." Erſteres ſei heute noch im Weſtteile quantitativ
ſtärker vorhanden, die weſtlichſten Inſeln (Palau) ſeien faſt von reinen Papuanen bevölkert. Karl E. Meinicke 3 läßt in ſeinem Südſee-Werke in
Hinſicht auf phyſiſde Beſchaffenheit nur zwei von einan der zu trennende Völker gelten : ein dunkelfarbiges, kraus: haariges und ein hellfarbiges, glatthaariges, dieſes das
erſtere an Bildung weit überragend, die Melaneſier und Polyneſier. Die legteren ſcheidet er wieder in zwei Ab
teilungen, die eigentlichen Polyneſier, zu denen die Be wohner der polyneſiſden Inſeln und Neu-Seelands gehören, und die Mikroneſier, die Bewohner der drei nordweſtlichen
Archipele (Marſhall-Gilbert -Archipel, Karolinen, Marianen). Die Unterſchiede der beiden Abteilungen ſind nicht phyſijde,
,,beſchränken ſich vielmehr auf gewiſſe Abweichungen in religiöſen und politiſchen Anſchauungen und namentlich auf Verſchiedenheiten der Sprachen und ſind im gan:
trennen ; ſie ſind ihnen ſtammhaft durchaus fremd; hier: durch wird lerikaliſche Miſchung nicht ausgeſchloſſen ." Seine Sonderſtellung Mikroneſiens wird unterſtüßt von Adolf Baſtian , der in Hinſicht auf Mythen für die mikroneſiſchen eine „ eigenartige Geſtaltung " findet, und zwar im Gegenſaß zu dem ebenfalls polyneſiſch-melaneſiſchen
Grenzgebiete Fidſchi, wo die Mythen der beiden Areale in „ vielerlei Durcheinanderverſchiebungen “ ſich berühren . Weiterblickend erkennt dieſer Führer der ethnologiſchen Wiſſenſchaft ein einheitliches Gebiet in dem geſamten Be reich der inſularen Völker, wo er dieſelben Gedankenkreiſe und die gleiche Weltanſchauung angetroffen hat.
Steinthal hatte angeſchloſſen an Friedrich Müller,? mit der Abſicht, zu entſcheiden , ob dem engeren phyſiſchen Raſſenverhältnis zwiſchen Mikroneſiern und Malaio-Poly : neſiern, das dieſer gefunden, das Verwandtſchaftsverhält: nis der Sprachen entſpricht. Müller hatte, namentlid geſtüßt auf Karl Semper 3, für die ganze Inſelwelt der indiſchen und chineſiſchen Gewäſſer und des Stillen Meeres (mit Ausſchluß Auſtraliens) bloß zwei Raſſen angenommen , die teils rein, teils in gegenſeitiger Miſchung dort aufträten , die gelbfarbige, ſchlichthaarige Malaiiſche Raſſe und die ſchwarzbraune oder ſchwarze, kraushaarige Papua-Naſſe, von welchen dieſe urſprünglich die ganze Inſelwelt bewohnte, erſtere ſpäter dazu kam, auf den größeren Inſeln die Küſten
beſiedelte und die dunklen (ſchwächeren ) Bewohner in's Innere drängte, auf den kleineren ſie teils vernichtete, teils
in den verſchiedenſten Abſtufungen ſich mit ihnen vermiſchte. Die öſtlichen Malaien , die des Pacifics (Malaio-Polyneſier), ſcheidet er in zwei Unterabteilungen : Polyneſier im engeren Sinne und Melaneſier. Dieſe Melaneſier follen neben den
Bewohnern der Neu-Hebriden und Salomonen auch die Mikroneſier umfaſſen, ſtänden ſprachlich in der Mitte zwiſchen den Polyneſiern und Malaien und ſeien das Re: ſultat einer Miſchung malaiiſchen und Papua -Blutes, wo bei leßteres Element jenes an Quantität überrage (nament lich der leştere Punkt war die Frucht von Sempers
zen kaum größer als zwiſchen Deutſchen und Skandi
Wahrnehmungen auf Palau).4 Eine verwickeltere Geſtalt bekam die Frage durch Rudolf Virchow's 5 Behandlung derſelben, der von rein
naviern . "
franiologiſchen Geſichtspunkten ausgieng. Krauſe hatte
Scharf ſchied Heyman Steinthal 4 vom ſprachlichen Standpunkt aus die Mikroneſier von den Polyneſiern :
1.Inſelgruppen in Dzeanien. Reiſeergebniſſe und Studien . "
„ So gewiß die Zuſammengehörigkeit der malaiiſch-polynes
1883. S. 59.
fiſchen Sprachen zu einem Stamm iſt, ſo ſicher ſind die Spraden der anderen Völkerſchaften , Negritos, Mikro
2 „ Allgemeine Ethnographie “, 1873 ; Grundriß der Sprach wiſſenſchaft, 1880 ff. 3 , Rorreſpondenzblatt der Deutſchen Anthropologiſchen Geſell. ſchaft“, 1871. Februar. Die Palau- Inſeln im Stillen Ozean .
neſen, Melaneſen und Papuas, von erſteren durchaus zu
1873.
„ Völkerkunde“, I. Aufl 1874. V. Aufl. ( Stirchhoff). 1881 . S. 335, 357 , 359.
2 Auf S. 335 der II. Aufl. der „ Völkerkunde “ heißt dieſelbe Gruppe „ polyneſiſche Miſchvölfer, ſogenannte Mikroneſier“. 3 „ Die Inſeln des Stillen Ozeans ". Bd. I. 1875. S. 33. +4 , Zeitſchrift fiir Ethnologie". Bd. VI . 1874. Berhandlungen . 8. S3 ft.
6. 356 ft.
4 So nahm Semper Krauſe's Rechnungsreſultat voraus und beſtätigte zugleich Beſchel's Unterſuchungsergebnis betreffs der papuaniſchen Miſchung, das Finſch („ Anthropologiſche Ergebniſſe“ , 1884 , S. 2) ſo ſchwer tadelt, trotzdem daß Semper's Mittel die ſelben waren als die feinigen. 5 „Zeitſchrift für Ethnologie" , BD. XI. 1879. Berh. S. 422 ff. BD. XII . 1880. S. 112. „ Monatsberichte der Akademie der 1
Die Raſſenfrage der inſularen Völfer, beſonders der Mikroneſier.
(wovon weiter unten zu ſprechen ) gefunden, daß in Mikrone
ſien der von Dſt nach Weſt zunehmende Einfluß einer breit (chädeligen Raſſe zu erkennen ſei ; Ponapé ( öſtliche Karo
503
man ſie von gemeinſchaftlichem Ausgangspunkte gekommen denken, und es deine die Gegend der Molukken das Thor geweſen zu ſein, durch welches die Mikroneſier und die Polyneſier in den Dzean eingeſtrömt ſeien. Der Einwan
linen) habe am meiſten dolichofephale Bevölkerung, Ruk (zentrale Karolinen) bilde mit meſokephalen Bewohnern den Uebergang nach Yap und Palau ( iveſtliche Karolinen),
derungsweg berührte zuerſt Mikroneſien , und es hätten die
welche ausgeſprochen brachykephale Bewohnerſchaft zeigten.
vorwärts geſchoben von den bald nachrückenden Mikro
Virchow meinte nun, der Zuſaß der Dolichokephalen könne aus melaneſiſchen Quellen ſtammen , doch ſeien aud mehrere
neſiern . Verwandter als die weſtlichen Mikroneſier ſeien die öſtlichen , die Gilbert- Inſulaner, mit den Polyneſiern ,
dolichokephale Quellen nicht ausgeſchloſſen, auch die nicht
cin ,, Bindeglied “ zwiſchen dieſen und jenen. „ Mikroneſier
inelaneſiſchen Igorrotes in den Philippinen ſeien dolichos kephal und es könnten dieſe in den Aufbau der heutigen mikroneſiſden Bevölkerung eingegriffen haben. Die mehr großtöpfigen, vielleidt promalaiiſden Höhlenbewohner der
Philippinnen ließen manche Uebereinſtimmung mit den Bewohnern einer mikroneſiſden Gruppe, der Gilbert- In feln, erkennen. Auch der brachykephale Zuſaß brauche nicht notwendig einſeitigen, malaiiſchen Urſprung zu haben ; denn
es fönne ichon vor der malaiiſchen Einwanderung eine frühere Bevölkerung vorhanden geweſen ſein, in Hinblick auf die Hautfarbe der Mikroneſier vielleicht eine Miſchung von ſchwarzer Urbevölkerung mit einem helleren Volke. Es ſei denkbar, daß erſtere auf Ausläufer von jenem ſchwar zen , heute noch in den Philippinen , Andamanen und
Polyneſier zuerſt das nod jungfräuliche Land betreten,
und Polyneſier ſind indes nidit erſt durch ihre ſpätere
Scheidung ſpezialiſiert, vielmehr müſſen beide ſchon vor der Einwanderung getrennt geweſen ſein , da die Polyneſier entſdieben auf urſprünglich tieferer Stufe der Sprachent wicklung ſtehen. Aber beſſer konſerviert ſind die mikro neſiſchen Sprachen, denn ſo wunderbar gleich ſich die poly: neſiſchen Idiome erhielten, ſo iſt doch eine immer mehr zunehmende Weichheit und Trägheit der Sprachwerkzeuge bei ihnen nicht zu verkennen . " Scharf geſchieden feien die Mikroneſier von den Melaneſiern ; Einflüſſe lekterer
hätten nirgends in Mikroneſien ſtattgefunden. Allerdings feien mitunter Japaner in dieſes Gebiet verſchlagen wor den, nie aber in folcher Zahl, daß ſie irgendwie auf die
Malakka ſißenden Volke, den Negritos, zurückzuführen ſei.
Eingeborenen hätten wirken fönnen. (Gerland 1 faßt auch Polyneſier, Mikroneſier, Melaneſier, Papuas, Auſtralier,
(Das Geſicht eines von ihm unterſuchten Marſhall-Schä dels erinnerte an den Negrito-Typus und ließ gewiſſe Negrito-Reminiſcenzen in der Bevölkerung Dſt:Mikroneſiens vermuten). Die Papuas als die Urbewohner der mikroneſiſchen
Tasmanier, Malaiſier nebſt einigen „ zweifelhaften Völ fern ," wie die Minkopies der Andamanen, die Semangs der Halbinſel Malakfa und die Negritos der Philippinen, in eine große, phyſiſch einheitliche Gruppe zuſammen, für die
Inſeln hinzuſtellen , iſt für Virchow weit weniger gerechtfer
er die Bezeichnung „ozeaniſche Raſſe“ oder „ ozeaniſcher
tigt, als ſie als ſpätere, ſtärkere Eindringlinge zu bezeichnen .
Stamm " findet).
.
Georg Gerlands " auf ein gewaltiges ethnologiſches
Bevor wir Krauſe's Stellung in der Naſſenfrage und
Material geſtüßte Unterſuchungen hatten den Erfolg, neben den Malaien und Papuas für den Stillen Ozean noch zwei Völker, ein melaneſiſches und ein mifroneſiſches, an zunehmen. Das lektere zerlegt er in zwei Stämme : die
die über die Mikroneſier gewiſſermaßen abſchließenden Er:
Karoliner-Marſhallaner-Gilbert und die höher entwickelten
ſelreid zwiſchen Aſien, Auſtralien und Amerika umfaßt
Marianer (d. h. die Chamorro, vor der ſpaniſchen Herrs
ſchaft und der tagaliſchen Einwanderung) oder vier Haupt abteilungen? („ vier Zentren mikroneſiſder Entwidlung" ):
und darin auch den Mikroneſiern ihre Stellung anweiſt. Von den Papuas ausgehend, meint derſelbe, könne deren Verſchiedenheit von den Malaien zwar in Hinſicht auf die
die Marianer, die Karoliner, die Marſhall- Inſulaner, die Gilbert- Inſulaner. Die Mikroneſier und Polyneſier feien
Hautfarbe nicht beſtritten werden , wodurch jedoch die Raſſenverſøiedenheit beider noch nicht erwieſen ſei ;
zwar hinreichend ſcharf getrennt, um als zwei ſelbſtändige ethnographiſche Teile des Dzeans gelten zu können, ſtän :
man fei zu der Vermutung berechtigt, daß beide Familien
den aber doch als näher unter einander verwandt, als enger zuſammengehörig den anderen großen Stämmen gegenüber. Nach ihren Uebereinſtimmungen in Glaube, Sitte 2c. müſſe
Urſprungs ſeien, denn über die Verwandtſchaft der Papuas mit ihren weſtlichen Nachbarn ſei durd Vergleichung der
Wiſſenſchaften zu Berlin. “ Dezember 1881. S. 1113 ff. Nach trag dazu von 4. B. Meyer , „Zeitſchrift für Ethnologie “, Band XIV. 1882, S. 161 ff.
1 Waitz-Gerland, „ Anthropologie der Naturvölker“ , Bd. V , 2, S. 43.
2 „ Petermann's Mitteilingen “, Bd. XVIII. 1872. S. 141 und Tafel VIII .
gebniſſe von Finſdh beſprechen, ſei das der Zeit nach fol
gende Unterſuchungsreſultat der niederländiſchen Autorität Robidé van der Aa's2 erwähnt, welches das geſamte In
.
nur ſeit Jahrhunderten räumlich getrennt, doch einheitlichen
Sprachen jeder Zweifel beſeitigt. Die Vergleichungen des Mefodrſchen 3 ( Neu - Guinea) mit dem Malaiiſchen von 1
„ Leopoldina“, Februar und März 1875. S. 23 ff. (Die phyſiſche Gleichheit der ozeaniſchen Raſſe.) 2 „ Tijdschrift van Nederlandsch Aardrijkskundig Ge !
nootschap “, 1885. II. 1. S. 225 ff.
3 „ Bijdragen tot de Land-, taal- en volkenkunde van Nederlandsch - Indië “ . Bd. VII. 1883. S. 242 ff.
Die Raſſenfrage der inſularen Völker, beſonders der Mifroneſier.
504
v. d. Gabelenß und A. B. Meyer hätten die Uebereinſtim mung zwiſchen beiden Sprachen als ſo bedeutend erfunden, daß der Gedanke an eine Entlehnung einzelner Wörter im
zwiſchen dieſen Südſee -Negern und den Negern Afrika's beſteht, und findet keinen Grund, die beiden Völker trop der räumlichen Entfernung anthropologiſch zu ideiden .
Verkehr ausgeſchloſſen ſei. Was anderſeits die Verwandt
Da aber jene bei der heutigen Verteilung von Land und
ſchaft der Neu-Guineer in öſtlicher Richtung beträfe, ſo
Waſſer nicht auf Afrika zurüdgeleitet werden könnten, ſo
befäßen die ſpracyvergleichenden Ergebniſſe H. Kern's 1 noch größere Beweiskraft und es ſei durdy ſie die ſprachliche
dürfe hier der Urſprung der dwarzen Raſſe nicht geſucht
als unbeſtreitbar erwieſen Neu-Guinea ſei jedenfalls die Wiege der Raſſe, und ihre Ausbreitung nach Dſten und Weſten
werden . Krauſe greift daher zurück auf Sclater's Theorie von einem vorgeſchichtlichen Feſtlande Lemuria, das im Indiſchen Dzean untergegangen ſei, bevor es ſeine Be wohnerſchaft in weſtlicher Richtung nach Afrika (die Neger),
erklärt van der Aa ſo, daß ſie von hier aus öſtlid) zu nächſt den Melaneſiſchen , weſtlich den Indiſchen Archipel
ausgeſchickt habe. Es feien mithin die Neger und Papuas
Verwandtſchaft zwiſchen dieſen und den Malaio-Polyneſiern
in öſtlicher nad Neu -Guinea und Melaneſien (die Papuas)
bevölkert habe. Auf lepteren Inſeln habe ſie fd ;on in vor
nidit Ureingeborene Afrika's und der Südſee, ſondern uns
hiſtoriſcher Zeit einſchneidende Veränderungen erfahren , beſonders durch lebhaften Verkehr mit Aſien, d. h. Mon
mittelbare Nachkommen der dolidokephalen Urraſſe eines ſüdozeaniſchen Kontinents. Sie ſeien miteinander identiſc ,
golen, weshalb die malaiiſchen Völker des Indiſchen Ar
Vruderſtämme, deren Trennung ſchon vor einer Reihe von
dipels äußerlich in Farbe, Haarwuchs und Sprache den Zuſammenhang mit den urverwandten Papuas verloren
Jahrtauſenden erfolgte. Dem anderen Südſee-Typus, dem bradykephalen, helleren, weiſt Krauſe ſein Schöpfungs zentrum im ſüdöſtlichen Aſien an, von wo drei Völkerſtröme ſich ergoſſen hätten. Das gelbe Voll habe ſich nach Norden längs der Oſtküſte Aſiens ausgedehnt und, über die Behrings ſtraße ziehend, ſchließlich ganz Amerika bevölkert. Ein zweiter, nordweſtlicher Zug habe über Mittelaſien , Arabien, Kleinaſien ſich ausgedehnt. Der dritte habe die öſtlichen Inſeln der Südſee befeßt. Die vorherrſchende Form der
hätten. Erſt nach dieſer Umgeſtaltung im Indiſchen Ar chipel, ausgerüſtet mit manchen Neuerungen , babe ſich dies Volk von da weſtwärts nach Madagascar, nordwärts nach Formoſa und oſtwärts nach Mikroneſien ausgedehnt. Von hier habe es Polyneſien und endlid Neu -Seeland bevöl kert. (Die im Archipel zurückgebliebenen Teile hätten dann im Beginne der geſchichtlichen Zeit durch eine Einwan derung aus Kalinga und Hinterindien eine zweite Ver änderung erlebt, deren Kulturſpuren auf Java und Suma: tra zu finden ſeien). Wenn man alſo ſo ordnet van der Aa die Völfer des betrachteten Gebietes - dieſelben in Eine Raſſe zuſammenfaſſen dürfe, welche die inſulare oder ozeaniſche zu nennen wäre, ſo ſeien fünf Hauptteile
Südſee ſei die Dolichokephalie (Papuas). Die Brachy kephalie (Malaio-Polyneſier) jei rein nur auf Tonga zu treffen. Daneben gebe es viele aus Vermiſchung der bei :
den Grundformen hervorgegangene Mittelformen , die bald
Papuas, Melaneſier, Malaien des Indiſchen Archipels
mehr der einen , bald mehr der anderen ſich zuneigten. Zu den Miſdvölkern gehörten die ſogen. Mikroneſier , ein Name, den Krauſe als Bezeichnung einer anthropo logiſch ſelbſtändigen Raſſe verwirft. Sie ſeien eine aus
(mit der Urbevölkerung von Madagascar und Formoſa) ;
Papuas und Polyneſiern gemiſchte Bevölkerung , „ für
Mikroneſier (auf den kleineren Inſeln nördlich von Mela neſien ), Polyneſier (die öſtlichſten ). Die ohne Gleichen daſtehenden Sammlungen des Muſeums Godeffroy aus der Anthropologie und Ethno logie Mikroneſiens machten es Rudolf Krauſe 2 möglich,
welche einen eigenen Namen zu wählen bloß Verwirrung
ein gewichtiges Wort in unſerer Frage zu ſprechen. Für ihn gibt es zunädiſt zwei Raſſen im Stillen Djean, die
kraniologiſchen Verhältniſſen faſt ganz mit Neu - Britannien (Melaneſien ); Yap und Palau (weſtliche Karolinen ) zeigen
papuaniſche mit dolichokephalem und die polyneſiſche mit brachykephalem Typus. Woher kamen nun die beiden Raſſen? Betreffs der Papuas kommt er auf die alte 3 und neuerdings von Wallace unterſtüßte Aehnlichkeit zu:
ausgeſprochen brachykephale (malaiiſche) Bewohnerſchaft. Krauſe rechtfertigt ſein Ergebnis, gegen das aus dem Gebiete
(das Zentrum und vier Wanderzüge) zu unterſcheiden :
rück, die in Ausſehen, Körperbau und Schädelbildung 1 „Bijdragen tot de Land-, taal- en volkenkunde “ etc. Bd. VI. 1882. S. 243 ff. 2 ? I. D. E. Schmelt und R. Krauſe, „ Die ethnographiſch
anthropologiſche Abteilung des Muſeum Godeffroy in Hamburg . Ein Beitrag zur Kunde der Südſee-Völker“. 1881. (Vgl. „Aus
anrichtet."
Im öſtlichen Mikroneſien trete der papuaniſche, im weſtlichen der malaiiſche (polyneſiſche) Einfluß mehr hervor. Die Inſel Ponapé (öſtliche Karolinen) dede fich in ihren
der Sprache, Sitte u. ſ. w. mancher Einwand zu machen iſt, indem er das Skelett des Menſchen und namentlich den Schädel als Ausdruck des Gehirns als jene Beſtandteile des Körpers hinſtellt, die am konſtanteſten den Typus der Raſſe bewahren, während Größe, Hautfarbe, Haar, Sitte
viel leichter Veränderungen infolge von Klima , Lebens weiſe, Nahrung, Wohnort, Gewohnheiten und Gebräuchen unterliegen. Somit können allein die auf anatomiſch
.
land“ , Bd. LIV . 1881. S. 415 ff .)
3 Zum Beiſpiel v. Blumenbad) „ De generis humani varie tate nativa . “ 1795. S. 321 .
kraniometriſchem Wege erlangten Reſultate poſitive Grunds lagen für eine richtige Syſtematif der Menſdheit abgeben ."
Es iſt jedoch unläugbar, daß auch der Schädel zu den
Die Raſſenfrage der inſularen Völker, beſonders der Mikroneſier.
Beſtandteilen gehört, die zu variabel ſind, um als unbe dingte Raſſenmerkmale verwertet zu werden. Was ferner die Lemuria-Hypotheſe anlangt, auf der hier gefußt wurde,
ſo entbehrt dieſelbe der notwendigen Stüßen, und haben bekanntlich zumal neuere Unterſuchungen 1 ihre Lebens unfähigkeit erkennen laſſen.
Wir kommen nun zu Otto Finſch ? und ſeinem an der Hand eigenhändig beſchafften anthropologiſchen Materials gewonnenen Urteil über die inſularen Völker, dem Ertrag ſeiner erſten Südſee-Reiſe ( 1879-1882). Er iſt über zeugt von der Naſſen - Identität ſämtlicher helleren Südſee
Bewohner. Ihnen zunächſt ſtehen ihm die Malgaſchen ( Madagascar), die als „identiſch" mit jenen hiugeſtellt werden. Weiter entfernt ſtehe die Raſſe der echten Ma: laien. Seine dritte Raſſe ſind die Papuas oder Melaneſier (die Südſee-Schwarzen ) mit dem Hauptzentrum in Neu Guinea und ſporadiſchen Ausläufern in den Philippinen und in Malakka, die ſich darf von den Polyneſiern ab heben. Näher ſchlöſſen ſie ſich den echten Negern Afrika's an, obwohl dieſe raſſenhaft total von ihnen verſchieden ſeien. Weiter entfernt als von den afrikaniſchen Negern ſtänden die Papuas von den Auſtraliern, die ebenfalls
eine ſelbſtändige Raſſe bilden und ihrerſeits näher zu den Negern Afrika's gehören. Als eines der Hauptergebniſſe
ſeiner Reiſe bezeichnet Finſch, daß die Raſſenfrage der Mikroneſier beantwortet ſei. Er glaubt den vollen Nad): weis geliefert zu haben, daß die ſogen. Mikroneſier als eigene Raſſe anthropologiſch keinerlei Berech tigung haben." Sie ſind für ihn identiſch mit den
505
Teil der Frage faſt mit van der Aa in Uebereinſtimmung. Als Mifchvoll erkennen ſie Krauſe, und zwar als malaio : papuaniſches (oder polyneſiſdı-papuaniſches) ; vor ihm ſchon Peſchel und zwar als papuaniſch-polyneſiſches mit vorwiegend polyneſiſchen Elementen ; Semper und Müller als malaio: papuaniſches mit vorwiegend polyneſiſchen Elementen ; end lich Virchow . Kein Miſchvolk ſind ſie für Meinicke, phyſiſch gleichſtehend mit den Polyneſiern, nur mit gewiſſen ethno logiſchen und ſprachlichen Beſonderheiten , die aber zu uns bedeutend ſind, um ſie von den Polyneſiern abzuſcheiden. Meinicke ſteht alſo zwiſchen Gerland und Finſd, faſt ſchon an das ſpäter gewonnene Reſultat des leşteren heran kommend. Für dieſen ſind die Mikroneſier weder ſelbſt ſtändiges noch Miſdvolk, ſondern reine Polyneſier ,
und er ſteht ſo im Gegenſaß zu Peſchel, Semper, Müller und Krauſe.
Wir ſind geneigt, der leşteren Auffaſſung das größte Gewicht beizumeſſen, obwohl ſie der verlodenden Gruppies rung van der Aa's auf den erſten Blick zu widerſprechen ſcheint. Allein deſſen Scheidung der Mikroneſier von den Polyneſiern iſt durchaus nicht ſo tiefgreifend, um zur Ver
werfung der anderen Anſidyt zu zwingen. Beide find bei van der Aa die Nachkommen der urſprünglich neu-guineiſchen , dann in dem Indiſchen Ar chipel umgeformten Urraſſe. Und wenn Finích ſeine Poly neſier ſcharf abſchneidet von den Papuas , ſo iſt auch die Trennung der Papuas von den Polyneſiern (und
Mikroneſiern ) bei van der Aa troß ihrer Urverwandt
Polyneſiern, er faßt ſie beide in Eine Raſſe zuſammen („ die
ſchaft weit tiefgehender als andererſeits die der Mikro neſier von den Polyneſiern, denn die Papuas ſind nicht
vielleicht kollektiv als ozeaniſche bezeichnet werden könnte" ), mag auch die Unterſcheidung in Polyneſier und Mikroneſier „ vielleicht aus ſprachlichen Gründen einige Beachtung
umgeſtaltet, die Polyneſier mit den Mikroneſiern ſind es. Dieſe Umgeſtaltung ging namentlich im Aeußeren vor
verdienen " und mögen auch ethnologiſch in Anbetracht
ſich, und man möge ſid, erinnern , daß für Find einzig und allein äußere Wahrnehmungen zu Raſſenmerkmalen
der bei der weiten Ausdehnung des Gebietes großen Ver
geworden ſind .
ichiedenheiten in Einrichtungen und Bräuchen Sonderungen
Audy wenn man die von Peſchel, namentlich aber die von Semper und Müller durchgeführte Annahme papua
am Plaße ſein.
Beachten wir, daß eigentlich nur zwei der vorgeführ
niſcher Elemente im weſtlichen ? Mikroneſien (Palau) für
ten Anſichten aus der neueren Forſchung in den Mikros neſiern ein ſelbſtändiges Volk ſehen, die Steinthal's
und Baſtian's, und zunächſt nur ein ſprachlich, beziehent
zu wohl begründet hält, um ſie zu gunſten Finid's fallen zu laſſen , kann man ſich doch dieſem Forſcher und van der Aa anſchließen , denn die weſtlichſten Inſeln können
lich ethnologiſch ſelbſtändiges. Gerland ſcheidet ſie zwar von den Polyneſiern , läßt ſie aber als ſtammverwandt gelten und kommt in dieſem
wiegenden Anzahl der mikroneſiſchen Eilande reine Poly neſier leben ; und Palauer, deren Habitus ihn die papuani
1 Vgl. A. R. Wallace, „ Island Life or the phenomena and causes of insular faunas and floras “ etc. 1880, und A. B. Meyer, ,, Deutſche Rundſchau" , VII , 1881, Heft 8.
redyt wohl Miſchbevölkerung tragen, während auf der über
ſche Beimiſchung hätte lehren können , hat Find nicht zu Geſichte bekommen. Auch van der Aa's Syſtem bleibt
? „Zeitſchrift für Ethnologie“, Band XII. 1880. Verh. S. 34 ff. S. 112 ff. S. 151 ff. S. 223 ff. Bd. XIV . 1882.S. 163 ff. „ Verhandlungen der Geſellſchaft fiir Erdkunde zu Berlin “. Bd. IX .
1882. S. 553 ff. „ Anthropologiſche Ergebniſſe einer Reiſe in der Siidſee und dem Malaiiſchen Archipel in den Jahren 1879
1 Gerland bemerkt im „Geographiſchen Jahrbuch “, X (1884 ) , 1885, S. 276, daß Finſch Reſultate mit den von ihm ſeit langen Jahren vertretenen Anſichten im weſentlichen übereinſtimmen. 2 And Miflucho-Maclay hat auf den weſtlichſten Inſeln
Supplement
dunklere Pigmentierung, papua-ähnliche Haartracht u . ſ. w . ge
der „ Zeitſchrift für Ethnologie “ , Band XV . Jahrgang 1883.
funden . Vgl. „Zeitſchrift fiir Ethnologie" , Bd. X. 1878. Verh.
bis 1882.“ Mit einem Vorwort von Virchow . Berlin 1884 .
ẽ. 99 ff. 77
Ausland 1886, Nr. 26.
Brighton.
506
unangetaſtet, wenn man in Palau Eindringlinge aus Neu Guinea oder Melaneſien gelten läßt. 1 Nicht minder als in unſerer Spezialfrage nähern ſich die beiden Auffaſſungen in Hinſicht der Völker des Indi ſchen Archipels und Ozeans: Finſd vereinigt die Mal gaſchen und Polyneſier, van der Aa läßt dieſelben ums
einen Teil der Stadt verſchlungen hatte. In der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts lenkte Dr. Ruſſel zuerſt die Aufmerkſamkeit auf Brighton als Seebad ; der das malige Prinz von Wales (nachmals Georg IV.) gebrauchte
im Jahre 1782 zum erſtenmal hier das Seebad, wieder
wandt mit den Polyneſiern. Bei van der Aa jind beide
holte dies öfter und brachte dadurch das Städtchen in die Mode, welches nun immer mehr emporblühte. Zu An fang dieſes Jahrhunderts zählte es 7300 Einwohner, im Jahre 1884 hatte es deren 85,000. Dieſer Aufſchwung iſt leicht zu erklären : trop der
in der umgeſtalteten Urraſſe zuſammengefaßt, nur daß jene
fahlen und reizloſen Umgebung hat die Stadt eine herr
im Indiſchen Archipel verblieben, während ihre Brüder nach
liche Lage in einem nad dem Meere ſich öffnenden Thale der ſüdlichen Downs oder Kreidehügel und einen ſanft
geſtalteten Inſulaner gleichmäßig nad Madagascar und in den Stillen Ozean einwandern . Bei Finſch gibt es
endlich nod; eine ſelbſtändige Raſſe, die Malaien, ſehr ver
dem Stillen Ozean ſich wandten. Gewiß können jene ob Jahrhunderte- langen Verkehrsmit Nachbarraſſen , dieſe troß ihrer Abgeſchloſſenheit von anderen Raſſen weitere Veränderungen erlebt haben, tiefgehend genug, daß ein
heutiger Anthropologe berechtigt iſt, beiden den Rang be fonderer Raſſen anzuweiſen. Umſo bemerkenswerter und erfreulider iſt dieſe Ueber
einſtimmung, als beide Forſcher die gleidhen Schlüſſe auf
getrennten Wegen gewonnen, der eine mit phyſilden , der andere mit linguiſtiſchen Mitteln , und als ſie ſic ), was insbeſondere unſere Mikroneſier betrifft, faſt ganz mit Meinice's Reſultat decken, das wiederum im Wege
ethnologiſcher Unterſuchung erreicht wurde.
geneigten Strand, beherrſcht eine herrliche freie Ausſicht auf das Meer und hat eine vortreffliche Luft und pract
vollen Meereshorizont mit unvergleichlich ſchönen Sonnen untergängen. Von London nur 80 Km . entfernt, iſt es feit der Eiſenbahnzeit dieſem ungemein nabe gerügt, denn der Erpreßzug legt dieſe Strecke in einer Stunde und fünf Minuten zurück, weshalb viele Kaufleute, welche ihre Ges
ſchäfte in der Londoner City haben, einen Teil des Jahres und namentlich den Winter in Brighton verbringen und nur Morgens und Abends hin- und zurüdfahren, als ob ſie in den Vorſtädten wohnten. Im Spätſommer aber, von Mitte Auguſts bis Mitte Oktobers, eilt die Londoner
faſhionable Welt nach Brighton, gibt ſich hier Stelldichein und vervierfacht die Preiſe von Wohnungen und Lebens: bedürfniſſen ; die Ariſtokratie verkehrt hier vorzugsweiſe,
2
Brighton. Mit einer Anſicht.
Brighton, das beſuchteſte Seebad in der Nähe von London und von hier aus mit dem Schnellzuge in fünf Viertelſtunden zu erreichen, iſt den Londonern ſo ſehr ans Herz
gewachſen, daß ſie nicht höher ſchwören als auf Brighton als Hochſommer -Aufenthalt, und daß man ihm daher mit Redyt
den Namen „London am Meere " gegeben hat. „ Es iſt Mode, über Georg IV . zu ſchimpfen“ , ſagt Thackeray, „ aber wie viele Myriaden von Londonern müßten ihm eigentlich danken, daß er Brighton erfunden hat!" denn dieſem Fürſten verdankt die kokette, menſchenwimmelnde Bades ſtadt eigentlich wo nid)t ihr Daſein, ſo dod ihr Aufblühen , verdankt es, daß es in die Mode gekommen iſt, daß es nicht aufgehört hat, ſich zu vergrößern und daß es heut zutage beſudyter iſt als jemals.
Brighton iſt eine uralte Stadt, war aber herunter gekommen, nachdem in den Jahren 1701 und 1704 bei mehreren heftigen Stürmen und Springfluten das Meer
bringt ſogar einen Teil des Winters hier zu und fühlt ſid) hier ganz behaglich, denn ſie iſt unter ſich. Die Stadt iſt längs dem Strande erbaut, an den ſie ſich in einer Breite von ca. 3 e. Min. hindehnt. Schöne Häuſer, elegante Villen , koſtbare und teure Hotels wenden ihre Fronten dem Meere zu , deſſen Anblich von allen Punkten der langen Avenue aus, welche die Häuſer vom Strande ſcheidet, wunderſchön iſt. Während der ,,Steyne", eine Art Boulevard, mit hübſchen Anlagen, um welche
herum der hübſcheſte Teil der Stadt liegt, dieſe in eine öſtliche und eine weſtliche Hälfte ſcheidet, nimmt die er wähnte ſonnige Avenue unter zwei verſchiedenen Namen, King's Road , und Marine - Parade , mit eleganten Magazinen beſeßt, die ganze Länge der Stadt ein. Hier .
herrſcht ein ewig lebendiger und reger Verkehr : Spazier: gänger von jedem Alter und Geſchlecht, Reiter und Ama zonen, kleine Fuhrwerke, mit Eſeln und Ziegen beſpannt, in denen ſich die Kinder vergnügen, gehen und kommen, wandeln hin und her und feſſeln mit ihren wechſelnden
Bildern und Szenen das Auge. Jedermann ſieht glück: 1 Sagen der Eingeborenen unterſtüßen dieſe Annahme. Vgl.
lich und vergnügt aus und freut ſich unter den Strahlen
Miklucho-Maclay im „ Globus “, Bd. XXXII. 1878. „ Journal des Muſeum Godeffroy “ , 1873 , Heft II . Hernsheim , „Südſee Erinnerungen “, 1883, S. 28.
Gemüt erheitert. Das Weſt-End von London iſt an die
2 Aus dem ſchon friiher von uns beſprochenen Prachtwerke :
„ L'Angleterre, l'Ecosse et l'Irlande, par P. Villars . “ Paris.
Meeresküſte übergeſiedelt mit ſeiner ganzen Ariſtokratie, mit all ihrem Lurus und ihren Genüſſen – es iſt „ lon
A. Quantin , éditeur, 1886.
don am Meere."
n
einer gütigen Sonne, welche den Körper erwärmt und das
-
wantin
Mari PBrigh -in ton . aradene
DAANGE
Brighton.
507
508
Brighton.
Zwei ſchöne Landungsbrüden, der Weſt - Pier und der Chain - Pier , jede mindeſtens 340 m. lang, treten
das iſt ſeine reine und ſelbſt im Winter milde Luft, ſein blaues Meer mit den wechſelnden Refleyen , mit den weichen
ins Meer hinaus und bilden zwei höchſt angenehme Spa
Wogen, welche von den Sonnenſtrahlen vergoldet und hie
ziergänge. Der erſtere, gegenüber von Regency:Square gelegen und umgeben von Läden, Konditoreien, Pavillons und Galerien mit Bänken , endigt in einer großen, gegen
und da vom aufſpringenden Südwinde mit ſeinem warmen Atem mit blendendem Schaum gekrönt werden. Aber Meer und Luft und Sonne laſſen ſich nicht beſchreiben ; inan liebt, man bewundert, man ſucht ſie , und wenn man ſie in einer Entfernung von einer Stunde von Lon don und ſeinen Nebeln vereinigt findet, eine Quelle von Freude, Wohlſein und Geſundheit, ſo iſt man verſucit,
Regen und Wind geſchüßten Platform , wo ſich in der Saiſon jeden Tag ein Orcheſter hören läßt und die faſhio nable Welt ſich ergeht ; der zweite iſt eine Hänge- oder Kettenbrücke , von vier Paaren gußeiſerner Pfeiler ge tragen, welche in gleichen Abſtänden von einander ange bracht ſind, und liegt gerade vor der ſogen. Eſplanade. Dieſe Landungsbrücke iſt die beſuchtere und noch günſtiger
gelegene, um den Anblick zu genießen und zu beurteilen, wvelden die Stadt vom Meere aus geſehen gewährt.
Zwiſchen dieſen beiden Landungsbrücken erhebt ſich das Aquarium , ein ungeheures Gebäude von 210 m.
mit dem berühmten Verfaſſer von לVanity Fair ל
in die
Worte auszubrechen : „Einer der beſten Aerzte, den unſere Großſtadt jemals gekannt hat, iſt der gute, heitere, luſtige Doktor Brighton ." Einzelne Punkte von Brighton ſind wirklich unver geblich ſdyön und großartig, ſo namentlich die öſtlich vom Steyne ſich hindehnende und bis nach Remp-town er:
Das iſt der angenehmſte Aufenthalt in
ſtreckende Marine-Parade, welche durch eine 30 bis 60 F. hohe, ſolide Mauer gegen das Meer verteidigt wird. Am
Brighton, derjenige, wo man ſeine Zeit am angenehmſten
Fuße dieſer Mauer führt die idon erwähnte Eſplanade
verbringen kann. Außer dem eigentlichen, vorzüglich ein gerichteten Aquarium , wo 50 in den beiden Schiffen ent
geht.
Façade, welches 1872 erbaut wurde und 800,000 Mark
gekoſtet hat.
haltene Behälter Fiſche und Waſſertiere aller Art beher
bergen, umfaßt das Gebäude einen Leſeſalon, einen Konzert ſaal , ein Gewächshaus voll Waſſerpflanzen und einen .
Reſtaurant.
hin, von welcher die Landungsbrücke des Chain-Pier aus Der breite Strand iſt hier belebt von den Bade
karren , Fiſderbooten und Vergnügungsbooten und wim melt immer von Menſchen . Auch andere Punkte der Stadt imponieren den Fremden, ſo der Lewis Crescent, wo die Häuſer einen großen
Das merkwürdigſte Baudenkmal der Stadt iſt der Pavilion , eine Art Luſtbaus im ſeltſamſten orientali
Halbkreis bilden, das daranſtoßende Suſſer-Square, dann
ſchen Style, weldes fich der Prinz-Regent (Georg IV.) 1784 durch den Architekten Naſh erbauen ließ mit einem Aufwand von angeblich 250,000 Lſtrl., und worin der Prinz mit der ſchönen Mrs. Fißherbert und ſeinen aus
hat auch einen hübſchen Park und an dem Eingang des
ſchweifenden Genoſſen ein ſehr luſtiges und ſogar ſo zügel loſes Leben führte, daß der Lordkanzler Thurlow eines Tages dem Prinzen, der ihn zu Tiſche einlud, die Ant
wort gab : „Unmöglich, gnädiger Herr, wenn Sie nicht beſſere Geſellſchaft bei ſich empfangen .“ Im Jahre 1818, als China und die Chinoiſeries ebenſo ſehr in der Mode waren,
wie heutzutage Japan und ſeine kunſtgewerblichen Leiſtungen ,
York-Street und der anſtoßende Eaſtern -Road. Brighton ſelben eine Trinkhalle, German -Spa genannt, wo künſtlich bereitete Mineralwaſſer verkauft werden. Viele öffentliche
Gebäude aus neuerer Zeit haben auch einen monumen talen Charakter, ſo das Grafſchafts-Hoſpital (von 1828), das Brighton -College ( 1849) und die Blindenanſtalt (1849 vollendet).
Für diejenigen, welche Brighton nur zum Vergnügen beſuchen, giebt es Unterhaltungen und Zeitvertreib aller Art : ein hübſches gut geleitetes Theater, elegante Bälle, gute Konzerte und wundervoll gehaltene Klubs, Ruder
ließ der Prinz fein Haus abbrechen und eine Chinoiſerie mit Kuppeln, Domen, Minaretten und Türmchen erbauen, deren Anblick die Nerven Walter Scotts ſo ſehr in Auf regung verſeßte, daß er einem ſeiner Freunde riet, das
und anderen Sport, Cricket-, Crodet -Spiel, Lawn-Tennis 2c.
Gebäude in Brand zu ſtecken. Später verbrachte König Wilhelm IV. einige Saiſons in dieſem Royal-Pavilion,
plaß mit einer ſchönen Tribüne und einem vorzüglichen
allein Königin Victoria , welche niemals eine große Vor
liebe für Brighton hatte, ließ im Jahre 1850 den Pavilion
im Ueberfluß. Jin Winter finden Parforcejagden auf Haſen und Füchſe in der Umgebung ſtatt; im Frühling und Sommer Wettrennen auf dem Race-Courſe, einem geräumigen Renn Ausſichtspunkte. Dazu kommen noc Bootswettfahrten, Waſſerpartien, Ausflüge per Yacht, Seebäder und die Tauſend und eine Vergnügung einer in der Mode befind
verkaufen und die Stadt erſtand ihn 1865 um den Preis von 53,000 ſtrl. , um das ſtädtiſche Muſeum hinein zu ver
lichen Badeſtadt.
legen und die übrigen Räumlichkeiten zu Konzert- und
aber eine Anzahl trefflicher Ausſichtspunkte. Gelegenheit zu genußreichen Ausflügen bieten aber beſonders die South Downs oder füdlichen Dünen , welche der Küſte entlang bis Newhaven verlaufen.
Balljälen und Leſezimmern, mit einem Worte zum Raſino von Brighton einzurichten. In der Nähe des Pavilions ſteht ein Standbild Georgs IV. von Chantrey. Was aber Brighton ſeinen beſonderen Reiz verleiht, .
Die nächſten Umgebungen ſind allerdings kahl, beſißen
Der Teufelsgraben , Devil's Dyke, im Norden ,
Eine Bauernhochzeit auf dem Libanon .
iſt eine örtliche Sehenswürdigkeit. Es iſt ein ſteil abfallen der, jäher, etwa hundert Meter tiefer ſchluchtartiger Graben,
welchen man für das Werk von Titanen halten würde, an welchen ſich eine ziemlich naive Sage knüpft. Es dürfte erſcheinen , als habe ſich zur Zeit der Einführung
des Chriſtentums in England die Grafſchaft Suſſer ſchnell mit Kirchen bedeckt, welche der Glaubenseifer der Neus
befehrten errichtete. Das verdroß den Teufel mit Grund und er beſchloß , das ganze Land zu erſäufen durch die Aushöhlung eines Kanals , welcher die Gewäſſer des Meeres dorthin führen würde. Das war nicht übel aus: gedacht, allein anſtatt ſich ſelbſt mit dieſem Geſchäfte zu be: faſſen, übertrug Junker Satanas es einem ſeiner Geſellen ,
einem jungen Teufel, welcher, wie ſich zeigen wird, ein nod ziemlich unerfahrener Neuling war.
Der gehörnte
Ingenieur, dem die Ausführung des Werkes übertragen war, hatte den Auftrag , nur bei Nacht zu arbeiten und ſich mit Tagesanbruch zurückzuziehen. Eines Nachts aber
hörte ein altes Weib ihn graben und trat ans Fenſter ihres Häuschens, um zu ſehen , woher denn das Geräuſch komme, welches ſie in ſolches Staunen verſekt hatte. Da ſie nun nicht gut fah, fo zündete ſie eine Kerze an, deren fladernden Schein der noch unerfahrene Teufel für die erſten Sonnenſtrahlen hielt. Seine Werkzeuge hinwerfen und ſich flugs aus dem Staube machen, war für das Teufelchen das Werk eines Augenblicks. Als er an dem gewöhnlichen Aufenthalt feines ſataniſchen Gebieters an kam, wurde er mit allen Ehren empfangen, welche ſeine auffallende Feigheit verdiente , und Satanas beſchloß, es dabei bewenden zu laſſen und ſeinen Plan aufzugeben, die ganze Grafſchaft Suſſer zu erſäufen. Die Moral dieſer Geſchichte iſt, daß die Teufel manchmal Blaſen für Laternen halten und daß , wenn die Weiber neugierig ſind, dieſer Fehler zum mindeſten in Einem Falle die Urſache von einer großen Wohlthat geweſen iſt.
Cine Bauernhochzeit auf dem libanon.. Von Emma Rundert- Leithe.
Es war Abend ; purpurn hatte die untergehende Sonne die Felshäupter des Libanon gefärbt und bald darauf der Mond die Landſchaft in ſein zauberiſches Licht gehüllt. In dem kleinen Gebirgsdorfe Bêt-meri aber herrſchte noch fröhliche Aufregung.
Stand ja doch ein
großes Ereignis für den nächſten Tag in Ausſicht, eine Hochzeit, diesmal gar eine Doppelhodyzeit. Weit in die Nacht hinaus ſchalte der Geſang und die Trommel der
Hochzeitsleute, bei welchen die ,, Fantaſia “ ausgeführt wurde. Die Melodie dieſes eigenartigen Geſanges iſt für alle Gelegenheiten faſt die gleiche, wenigſtens dünkt uns Euro
509
Stimme beginnt die Fantaſia und ſingt die übliche Mes
lodie, der ſie zur Gelegenheit paſſende Worte unterlegt. Die leßte Seile wird nun im Chor von den anderen Sängern wiederholt und eine zweite Stimme antwortet der erſten in dnell erfundener Gegenſtrophe, deren leşte
Zeile ebenfalls von allen Gäſten wiederholt wird. Dazu wird in ganz eigentümlicher Weiſe mit den Händen ge klatſcht und es zeigen die Leute in dieſem Wechſelgeſang ungemein viel Schlagfertigkeit, Wiß und Humor. Des anderen Morgens gab ſich eine eigentümliche Bewegung im Dorfe fund. Von weit her ſaben wir feſt lich gepußte Frauen mit Kindern meiſt in größerer
Geſellſchaft heranziehen. Bei Annäherung ſolcher Ankömm linge fangen die ſchon im Hauſe verſammelten Feſtteil nehmer einen Gruß und Lobſpruch an die neuen Gäſte zu fingen an. Dieſe aber erwidern den Gruß mit dem
eigentümlichen, nur bei Hochzeiten gebräuchlichen Fiſteltone, welcher, eine Art Triller , lilili ... , deſto mehr bewundert iſt, je länger und ſtärker er hervorgebracht wird, und der mit einem Lobe der Braut ſchließt.
Es war , wie geſagt, eine Doppelhochzeit, die heute gefeiert ward , und zwar vermählten fidh Bruder und Schweſter einer Druſenfamilie einem Geſchwiſterpaare, das nur wenige Sdritte entfernt wohnte. Die Druſen dürfen ſtets nur eine Frau beſißen, allein
wenn ſie ſelbe nicht mehr lieben, iſt bald ein Grund zur Trennung gefunden. Die Frau wird in dieſem Falle mit einer Geldſumme oder einem Grundſtück abgefunden und kehrt ins Vaterhaus zurück. Die Kinder bleiben dem Manne ; dod kommen ſolche Fälle nicht ſo häufig vor,
denn die meiſten Druſen behalten ihre Frauen lebenslang.
Die wenn auch verheiratete Frau hat immer die Anſprüche an ihr Elternhaus ; ſogar nach dem Tode von Vater und Mutter kann ſie als Witwe oder Mädchen noch auf Ver
forgung daſelbſt Anſprudy machen.
Die Kinder einer
Wittwe müſſen von den Angehörigen ihres Vaters ver ſorgt werden, und die Frau iſt durchaus nicht bemüſſigt, ſelbſt wenn ſie Geld hätte, deren Unterhalt zu beſtreiten .
Auch in unſerem Hauſe ward die Neugierde, die Braut leute zu ſehen, rege, und wir gingen , gedrängt von ſchau luſtigen Kindern und Mägden, zu den Hochzeitern. Jede der Bräute war in ihrem Vaterhauſe, ich möchte ſagen, zur Schau ausgeſtellt. Während die andere Geſell
ſchaft fich erluſtigt, ſchwaßt, lacht, hin und her läuft, haben es die verlobten Paare recht ſchlecht. Schon einige Tage vorher darf die Braut nicht reden, kaum die Augen aufmachen und beileibe nicht lachen. Am Vorabende der Feier, wo ſich alles erluſtigt, muß ſie in einer Stube , bewadyt von ein paar alten Weibern , ſtill
fißen. Am Hochzeitsmorgen wird ſie feierlich angezogen, ſehr häufig nicht einmal mit ihren eigenen Kleidern, und dann in der Stube auf ihr Bett gefeßt, welches, zuſammen
päern die muſikaliſche Strophe, weiche ohne Aufhören wiederholt wird, immer dieſelbe. Doch der Text iſt ſtets
gerollt, eine Art Divan bildet ; einige Kiſſen dienen als
ein anderer und wird aus dem Stegreife gedichtet. Eine
rückwärtige Stüße.
Ausland 1886 , Nr. 26 .
78
Eine Bauernhochzeit auf dem Libanon .
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Kaum hat die Brautmutter unſer Kommen bemerkt,
ſo führt ſie uns mit vielen Redensarten in das Innere des Hauſes. Mit Mühe dringen wir durd; den dichten Kreis der Zuſdauer, denn jeder im Dorfe iſt da geladen, nur dürfen die Männer das Zimmer der Braut nicht betreten. Wir ſeßten uns ganz nahe zur Braut , welche dies mal recht nett gepußt war. Sie trug ein hellgelbes Kleid, eine ſchöne mit Goldſtiderei reid verzierte Jacke, ſeidenen Gürtel und goldene Uhr , wie reichen Schmuck um Hals
muſizieren , die übrigen klatſchen und einer nach dem anderen muß tanzen .
Der Tanz der Männer iſt lebhafter als jener der Frauen.
Auch nehmen ſie wohl ein Sdwert oder einen
Stock und führen damit eine Art Fechtertanz auf. Dann
zu tanzen. Das trommelartige Tambourin (Dirbaki, ,, Daff")
ringen ſie wieder, oder werfen im Freien mit einem ſteinernen Mörſer um die Wette. Dazu wird immer während mit den Händen geflatidt , geſungen , kurz ein großer Lärm vollbracht und mit vieler Genügſamkeit und wenigen Mitteln ſich föſtlid unterhalten . Man ſerviert uns ganz artig ſchwarzen Kaffee in kleinen Schälchen, wir trinken und legen verſtohlen eine Münze auf die Platte als Gegengeſchenk für die üblide Gabe von einem Rottel Snobar (Pignoli), womit man uns am Vorabend zur Hochzeit geladen. Nadımittags fand nun der Brautzug ſtatt. Alles war in Bewegung, das ganze Dorf auf den Beinen , kleine Jungen ſtiegen auf Bäume oder die Terraſſen der Häuſer,
ertönt, und das Mädchen erhebt ſich und führt, immer
um nur alles ſehen zu können .
am Plaße bleibend, nach dem Rhythmus der Muſik einige Bewegungen mit Armen und Füßen aus , wobei aber die
ſind anweſend , haben aber weiter keine Arbeit als zuzu
und Arme.
Dabei hatte die Braut ein edelgeformtes
Geſichtchen , deſſen Reiz noch durch die gefärbten Augen brauen erhöht ward. Der blumengezierte Ropf war mit einem weißen Schleier verhüllt. Das Geſicht deckte noch ein
ganz durchſichtiges Stück roſa Gaze, während die Hände je ein Taſchentuch hielten, das abwechſelnd an die Augen
geführt werden muß. Bei Ankunft ſolcher Gäſte wie wir fordert die ſtets bei der Braut ſikende Matrone ſelbe auf,
1
.
Der maronitiſche Pfarrer und der Druſen -Scheid;
Augen ſtets zu Boden geſenkt bleiben. Doch bald feßt
ſehen.
ſie ſich wieder.
geſegnet wird, doch erfährt man von den Druſen nicht
Die zweite Braut war in eben derſelben Weiſe einige Sdritte weiter in einer großen dunklen Stube unter
Es kommt vor, daß der Ehekontrakt vom Scheid
viel über dies und alle ihre religiöſen Zeremonien. Um
Nachdem wir die Bräute ſattſam bewundert hatten, ſuchten wir das Gemach der fünftigen Eheherren derſelben
die beſtimmte Zeit ward nun die Braut, in das große weiße Tudy „ Szar" gehüllt, von den Frauen auf das Maultier geſeßt und das Geſicht dichter mit dem Schleier verhüllt. Dabei hält ſie eine Hand mit dem Sadtuch an den Kopf, wie wenn ſie dem Elternhauſe damit ein ,,Lebe wohl" zuwinken würde. Zu gleicher Zeit thut man das: felbe mit der zweiten Braut , und nun feßt ſich der eine Zug abwärts, der andere aufwärts unter vielem freiſchen den Sdyreien der Frauen und Singen der Männer, in Bewegung , bis endlich jede Hodizeiterin nach einem Um
auf. Dieſe waren ganz ſäuberlich gekämmt und mit neuen
wege in ihr fünftiges Heim abgeliefert iſt. Die junge
Anzügen bekleidet. Die engſchließende Weſte iſt vorne mit vielen Knöpfen benäht, die Sade offen , die Taille iſt mit einem ſeidenen Shawl umſchlungen , der rote Fez
Frau ſelbſt benimmt ſich wie ein leblofes Weſen , ſie macht keine Bewegung, man hebt ſie vom Reittier, führt ſie in
gebracht. Dieſe trug aber ihre eigene, mehr nationale Tracht, ein idhafwollenes violettes Kleid , eine Jade aus Tuch mit Goldſchnüren, Blumen im Haare, einen eigen
tümliden Sdymuck um den Hals , goldene Körner vor ſtellend, Armbänder von Glas und maſſiven Golddrähten . Auch dieſe etwas derbere Dorfſchöne mußte auf Verlangen tanzen.
mit einem Tuche umwunden, deſſen franſengezierte Enden maleriſd herabfallen.
das Haus und ſeßt ſie wieder hin. Inzwiſchen war am Eſtrich eine lange Tafel gedeckt, das heißt einige Tücher auf Strohmatten gebreitet worden , auf welchen nun
Am Hochzeidytstage kleidet ſich auch der Druſe gleidy dem Chriſten ; ſonſt tragen ſie als Hauptunterſcheidungs zeichen einen weißen Turban um den Fez. Audy die beiden jungen Männer mußten ganz ſtille fißen ; wie ſehr die anderen jungen Burſchen lachten, ſprangen und ſangen, ſie durften keine Miene verziehen. Auf kleinen, vor ihnen aufgeſtellten Tiſden ſteht ein Blumenſtrauß und liegt eine Drange oder Granatapfel zur Labung. Als wir eintraten, erhoben ſich alle Gäſte und ſeßten ſich ſofort wieder nieder, wie das immer zu geſdhehen
ſo wird wieder friſch aufgetragen , und andere nehmen Plaß und ſpeiſen. Die Bräute werden gefüttert, d. h. es ſtedt ihnen eine oder die andere der Frauen einen Biſſen in den Mund. Sie ſelbſt dürfen weder ſprechen nod) zulangen. Als alle Gäſte geſpeiſt hatten , ward nodi bis An bruch der Dunkelheit Fantaſia gemacht, wobei die Haupt ſpaßmadher immer die driſtlichen Burſdhen ſind, bis es
pflegt, wenn eine bekannte Perſönlichkeit erſcheint. Bereit willig bietet man uns Siße an , und die Unterhaltung
zu ihren Frauen entlaſſen wurden .
wird ohne Störung fortgeſeßt.
Einige der jungen Leute
die Hochzeitsgerichte aufgeſtellt werden.
Jeder nimmt
am Mahle teil, zuerſt natürlid der Scheid), der Pfarrer
und die angeſehenſten Dorfbewohner. Sind dieſe fertig,
endlich des Nachts ſtille ward, und die jungen Ehemänner
Alaſchta, das Belzland .
511
Alaſchka, das Pelzland.
15,000 eſtrl. jährlid belaufen. Die hauptſächliche Wohl ſtandsquelle dieſes Bezirkes ſind die Füchſe, welche in allen
Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord amerika erkaufte im Jahre 1867 um anderthalb Millionen Pfund Sterling von Rußland jenes ſeltſame iſolierte Land
bis zu Rot und Schneeweiß gefunden werden. Dieſen an
Farben und Schattierungen von Silbergrau und Schwarz Wichtigkeit nächſtkommend ſind die Felle der Marder
im fernſten Nordweſten, das unter dem Namen Alaska
(Zobel) und Landottern , und dann in geringerem Maße
bekannt und durch einen Küſtenſtrich von 1000 e. Min. briti ſchen Rolonialgebiets von der Grenze der Republik getrennt iſt. Mehrere Jahre lang hatten die Amerikaner dort be
die Felle der ſchwarzen und braunen Bären. Die Felle der Elentiere, Renntiere und Hirſche werden von den Ein geborenen für ihre eigenen Zwecke zurüdbehalten , um
ſtändige Kämpfe mit den Indianern zu beſtehen und der
daraus Kleidungsſtücke, Bettzeug 2c. zu verfertigen.
Anfang der Geſchichte der amerikaniſchen Befißnahme von
Der bedeutendſte Handelspoſten heißt Saint Michael und hier werden auch Niederlagen von Rohlen zum Ge brauch der mit dem Walfiſchfang beſchäftigten Dampfſchiffe, die ſich allmählich in die arktiſchen Meere wagen, gehalten.
Alaſchka iſt kein freundlicher und angenehmer. Die Speku lanten aus San Francisco, welche von der Hoffnung auf
Gold und unſägliche Reidytümer in Wäldern und Fiſche reien dorthin gelockt worden waren, ſahen ſich grauſam enttäuſcht, und die Mehrzahl derſelben verließ das Land wieder.
Ein bloßer Blick auf die Karte vermag kaum einen genauen Begriff von der ungeheuren Flächen -Ausdehnung
I
Die drittgrößte geographiſche Abteilung heißt der Bezirk Kuskokvim , von dem Fluſſe, welcher denſelben durch ichneidet. Der Bezirk oder die Provinz Kuskokvim liegt ſüdlich von derjenigen von Yukon und wird im Oſten
begrenzt durch eine Bergkette , im Weſten durch das Beh
dieſer entlegenen Beſißung der Vereinigten Staaten zu geben. Nach dem ſpeziellen Bericht des Kommiſſärs der
rings-Meer und umfaßt die Thäler und Stromgebiete von drei großen Flüſſen und einem dazwiſchenliegenden Syſtem
Vereinigten Staaten für die Volkszählung, aus weldhem wir hauptſächlich die nachſtehend gegebenen Thatſachen entlehnen, beträgt der ganze Flächenraum von Alaſchka 531,409 e. Q.- Min . oder etwa den ſechſten Teil des Ges ſamtflächenraums der Vereinigten Staaten. Allein 125,245 Q. -Min. liegen ganz innerhalb des Polarkreiſes ein Landſtrich, welchen ſelten der Fuß eines Weißen betreten
von Seen. Die Handelsſtation desſelben heißt Kalma-: kowsky, und nach dieſer bringen die Eingeborenen aus
hat und an deſſen Küſtenſaum nur wenig Eskimodörfer liegen. Die Eingeborenen derſelben werden leider durch den Verkehr mit den Mannſchaften der Walfiſchfänger, welche ſich zur Sommerszeit in ihrer Nachbarſchaft ein finden , raſch vermindert und heruntergebracht und ſuchen nur die ihnen zu Gebote ſtehenden Naturerzeugniſſe, wie Pelz , Thran, Stoßzähne von Narwal oder Wallroß, gegen Branntwein umzutauſchen , um ſidy zu betrinken . Die ungeheure Oberfläche des nördlichen Alaſchka bleibt dem Bären , dem Fuchs, dem Kenntier und anderen Polartieren und den etwa 3000 heruntergekommen Estimos überlaſſen. Der größte geographiſche Abſchnitt von Alaſchka iſt derjenige, welchen die Beamten der Vereinigten Staaten den Diſtrikt Yukon genannt haben. Dieſen Namen erhielt erhielt er, weil er das Thal des Yukon - Fluffes umfaßt,
der angeblich der größte Strom in Amerika, wo nicht in der ganzen Welt iſt und in die Behrings-Straße eine Waſſer maſſe ergießt, welche diejenige des Miffiſſippi nod um ein Drittel überſteigen ſoll.. Der Diſtrikt Yukon enthält
176,715 e. D.-Min. und iſt bewohnt von 4276 Eskimos, 2557 Athabaska - Indianern, 10 Weißen und 19 Kreolen (in Amerika geborenen Weißen) , alſo im ganzen von 6870 Seelen. Die Beſchäftigung der Eingeborenen beſteht ganz in der Jagd der Pelztiere, deren Felle ſie den Weißen gegen Zucker, Thee, Mehl, Tuch, Eiſenwaren 2c. vertauſchen. Der Geldwert der vertauſdyten Felle ſoll ſich auf ungefähr
dem noch unbekannten Innern Felle von Bibern, Mardern und Füchſen herunter, welche alle in Menge vorzukommen ſcheinen. Dieſer Handel wird von einer Raſſe betrieben,
welche ein Miſchvolk von Eskimos und Indianern zu ſein ſcheint; allein unterhalb Kalmakowsky bis zum Meere herab und der Küſte entlang erſcheinen nur Eskimos.
Dieſe Eskimos leben vorzugsweiſe von Robbenſchlag und Lachsfang. Der Lachs wird in Fallen gefangen und auf
hölzernen Gerüſten getrocknet, welche in den Monaten Juni bis Auguſt beide Ufer am Unterlaufe des Fluſſes
beſäumen. Die Flußmündung iſt ſehr breit und die Flut bridyt mit furchtbarer Gewalt herein, wobei das Waſſer in ſolchem Maße ſteigt und fällt, daß der Unterſchied zu
weilen, namentlich bei Südweſtwind, fünfzig Fuß beträgt. Die Behauſungen der Eingeborenen find in allen Bezirken von Alaſchka ſo ziemlich dieſelben. Dieſe Woh nungen werden folgendermaßen beſchrieben : „ Ein kreis:
runder Erdhaufen , mit Gras bewachſen und mit allen Arten von Hausgeräten beſtreut, aus deſſen Gipfel ein dünnes ſpiraliges Raudhwölkchen emporſteigt, Hunde, die daraufhoden , Kinder , welche daran hinaufflettern oder
davon herunterrollen, zerſtreute Ueberbleibfel von Nah rungsmitteln, welche von einer Mahlzeit zur anderen übrig ſind, und ein weiches Gemenge von Rot und Abfall, das das ganze umgibt. Der Eingang zu dieſer Behauſung iſt eine niedrige, unregelmäßig vieredige Deffnung, durdy
welche der Bewohner gebüdt eintritt und durch einen kurzen niedrigen Gang einen Fuß oder mehrere abwärts zu dem Fußboden im Innern gelangt. Das Innere bildet gewöhnlich ein unregelmäßiges Viered oder einen Kreis von 12-15 Fuß im Durdymeſſer und empfängt ſein ein
Alaſchka, das Belzland.
512
ziges Licht von außen durch die kleine Rauchöffnung an
der Spiße des Daches, welches ſich zeltartig vom Boden erhebt. Der Feuerplaß iſt direkt unter dieſer Deffnung.
Auf plumpen Gerüſten aus Stecken, jungen Baumſtämmen oder roh zugehauenen Planken, zuweilen auch aus kleinen Erhöhungen, welche aus Torf und Raſen aufgebaut wors den ſind, liegen rohe Betten oder Lager von Fellen oder
Grasmatten ausgebreitet. Zuweilen iſt über dem Eingang auch eine Art kleiner Vorhalle mit hervorragenden Seiten errichtet, welche Erweiterung Raum für die Aufbewahrung von Hausgeräten und Waſſergefäßen gewährt oder als Obdad, für die Hunde benüßt wird. Unmittelbar an ſtoßend an die meiſten dieſer Häuſer findet man eine kleine Sommerküche, einen rohen hölzernen Sduppen mit Wänden und Dach aus Raſenſtücken und mit einer Deffnung im
Gipfel, durch welche der Rauc abzieht. Dieſe Kochhütten ſtehen ganz über dem Boden, haben felten mehr als fünf oder ſechs Fuß Durchmeſſer, wimmeln von Schmuß und Abfall aller Art , und dienen bei rauhem Wetter den
Hunden zum Obdach. In den inneren Gegenden des Landes, wo Brenn- und Bauholz reichlicher ſind, ändert ſich das Ausſehen und die Bauart der Behauſungen
einigermaßen : die Aushöhlung der Behauſungen an der
über ein Jahrhundert mit ihnen in Verbindung und hatten Niederlaſſungen und Miſſionen unter ihnen. Es gibt jeßt Schulen, in denen Ruſſiſch und Engliſch gelehrt wird, und Läden, worin ſich die Eingeborenen mit der Kleidung der ziviliſierten Welt verſehen können. Die Damen der Aleuten, deren Gatten durch Robbenſchlag reich geworden ſind, können nun bei großen Gelegenheiten in ſeidenen Roben prangen und entfalten jederzeit eine Vorliebe für Seidenbänder und für die Juwelierarbeiten des Handele. Allein nur die ausnahmsweiſe reichen Inſulanerinnen fönnen ſich Hauben und Hüte erlauben. Der allgemein übliche Kopfpuß iſt das nach Art der ruſſiſchen Bäuerinnen über den Kopf geknüpfte bunte Taſchentuch. Die Männer bevorzugen beſonders die breitkronige , mit einem roten
Streifen verſehene ruſſiſche Militärmüße, welche das erſte Beiſpiel von ziviliſierter Kleidung war , das ſie an ihren Küſten ſahen. Während die Männer ſich mit Fiſchfang und Robbenſchlag befaſſen , verfertigen die Weiber Matten , .
Körbe, Zigarrentaſchen und verſchiedene Artikel aus Gras tuch und liefern manche ſehr zarte und ſchöne Arbeiten. Die Gewäſſer ſind ſehr reich an Fiſden aller Art, allein
das wichtigſte Gewerbe iſt der Robbenfang und Robben ſchlag, welche nun pachtweiſe mit Erlaubnis deinen der
Küſte, welche behufs der Erſparnis an Bau- und Brenn
amerikaniſchen Regierung betrieben werden, die fich das
material gemacht werden , verſchwindet und weicht Block
Monopol vorbehalten hat.
hüttenbauten über dem Boden , welche aber noch immer mit Raſen bedeckt werden. Die Bewohner des Binnen: landes, welche in paſſender Entfernung vom Hochwald liegen, hängen nicht ſo ſehr von der natürlichen Wärme der Mutter Erde ab.
Alle Inſeln in den Gewäſſern von Alaſchka ſind ge birgig und die Berge erheben ſich ſtellenweiſe von vier
bis zu achttauſend Fuß, allein die ganze Provinz entbehrt des Baumwuchſes. Der Boden iſt ein Gemenge von Lehm, Letten und vulkaniſchem Schutt, und Gräſer aller Art wachſen auf ihm in großer Ueppigkeit. Auf der Inſel Unga kommen auch Steinkohlen vor, allein dies iſt der einzige bis jeßt entdeckte mineraliſche Reichtum , obidon man ſich ſchon ſeit Jahren mineralogiſchen Forſchungen hingibt. Die Rohle iſt jedoch ſehr mager. Das Klima dieſer Provinz oder dieſes Bezirks iſt gemäßigter als das:
jenige der übrigen, und man war eine Zeit lang der An ſicht, der Reichtum an Gräſern werde Viehzucht in einem großen Maßſtab geſtatten ; die langen Winter haben jedoch gezeigt, daß dies unthunlich iſt. Auch hat man gefunden, daß man das Heu billiger aus San Francisco einführen
als dasſelbe an Ort und Stelle erzeugen kann. Der ein: zige Punkt, wo Kindvieh von den Prieſtern und weißen Händlern gehalten wird, iſt Analaſdka, und ſelbſt hier iſt dies noch mit Schwierigkeiten verbunden . Der Sommer
iſt warm und der Pflanzenwuchs, wie ſchon erwähnt, reich: lich und der Winter zwar lang, aber nicht allzu ſtreng.
Die Aleuten - Inſeln ſind gut bevölfert und ihre Bes wohner halb ziviliſiert, denn die Ruſſen ſtehen nun ſchon
Die Südküſte der öſtlichen Hälfte der Halbinſel
Alaſchka, mit den anliegenden Inſeln und einem Teil des Feſtlandes, bildet eine andere geologiſche Abteilung, welche man den Bezirk Sadiak nennt. Derſelbe umfaßt unge : fähr 70,884 e. 2.-Min. und hat eine Bevölkerung von 4352 Seelen, tvorunter 34 Weiße und 917 Kreolen. Dieſer
Bezirk iſt gebirgig, gut bewäſſert, reich an Pelztieren, und die Bewohner ſind Jäger oder Fiſder. Die Ruſſen haben in verſchiedenen Teilen dieſes Bezirks Niederlaſſungen und
Miſſionen gegründet und es gab zu einer gewiſſen Zeit ſogar ein Schiffsbau -Etabliſſement in der Reſurrection -Bay. Die dichten Wälder beherbergen ſchönes Bauholă, nament: lidh Sproſſenfichten von foloſſalem Umfang. Ein ſchmaler Küſtenſtrich, welcher vom Mount Saint Elias bis zur Grenze von Britiſch -Columbia verläuft, bildet den leßten oder ſüdöſtlichen Bezirk von Alaſchka. Er bededt 28,980 e. 2.-Min. und bildet einen Keil von mehr als 500 Meilen Länge zwiſchen Canada und dem .
weſtlichen Ozean. Dieſer Bezirk unterſcheidet ſich ſeinem Charakter nach von allen den anderen und iſt weſentlid demjenigen der britiſchen Beſigungen ähnlid. Er iſt ge birgig und dicht bewaldet ; die Wälder reichen ganz bis
zur Küſtenlinie herab und ſind ſehr wertvoll; die Küſte iſt von zahlloſen Buchten und Fjords eingeſchnitten und auf dem größten Teil ihrer Länge durch eine vorliegende Inſelkette, den Alerander-Arcipel, geſchüßt. Die Sproſſen fichte und die gelbe Ceder ſind die wertvollſten Waldbäume und ihr Bauholz wird jährlich in bedeutender Menge ausgeführt. Steinkohle fommt auf mehreren der Inſeln
Alaſchka, das Belzland.
und an einigen Stellen auf dem Feſtlande vor, iſt aber noch nicht in einigem Umfang abgebaut worden. Man bat Gold und Kupfer gefunden und beſonders leşteres in
ziemlicher Menge abgebaut. Es ſollen aber auch noch andere Mineralien und Erze vorkommen und die Ameri kaner erwarten, daß dieſer Teil von Alaſchka dereinſt ein bedeutender Bergwerksbezirk werden werde. Der Bergbau hat hier bereits den Pelzhandel in die zweite Reihe ges drängt, und doch iſt die Ausbeute an Fudys-, Marders,
Otters, Bären- und Biberfellen alljährlich noch eine bedeu tende.. Die Jagd der Pelztiere wird meiſt von den Ein geborenen betrieben , welche zu der Raſſe der Tlinfit
513
des anliegenden Feſtlandes; er erſtreďt ſid, minder dicht, aber nod immer reid lich längs dem unwirtlichen Land ſtrich, der ſich von dem Sdooße des Croß-Sound bis zur Halbinſel Kenai hinzieht , wo er weſt- und füdweſtwärts bis zur öſtlichen Hälfte der Inſel Radiak, und von da über die Schelikoff -Straße hinüberreichend, noch auf dem
Feſtlande und der unter derſelben Breite angrenzenden Halbinſel gefunden wird , ſich aber Kadiak gegenüber auf das Innere bedränkt und nicht ſo weit öſtlich wie Rap Douglas bis zur Küſte herunterkommt. Es ergiebt ſic ),
daß die Hochwaldlinie fich vom Innern der Inſel über das Ganze der großen Area von Alaſchka hin erſtreckt
Indianer gehören, die übrige Bevölkerung von 7748 Seelen
und in verſchiedenen Entfernungen von 100 bis zu 150
beſteht aus 239 Weißen und 230 Kreolen. Der Rüſte entlang wird Lachs-, Härings- und Heilbutt-Fang betrieben, und es gibt zwei oder drei Etabliſſements, wo dieſe Fiſche geſalzen oder in Blechbüdyſen eingemacht werden. Es beſtehen audy einige Faktoreien für Thrangewinnung aus
Min. vom Meeresrand der Küſtenlinie folgt, bis der nörd lich von der Yukon-Mündung gelegene Teil von Alaſka erreicht wird, wo ein Teil der Küſte des Norton Sound bis zum Kap Denbigh hinauf direkt vom Hochwald be grenzt wird. Von dieſem Punkt kann man man oft- und nordoſtwärts einen Strich gerade über den Yukon und
Häringen, Haifiſch- und Hundshai-Lebern, und auf den Inſeln wird einiger Robbenſchlag betrieben. Das Klima dieſes Bezirks iſt nidyt ſehr kalt, denk
die mittlere Temperatur iſt ungefähr 60 C. Dagegen iſt der Regenfall ſchwer und beträgt 80 bis 100 Zoll im Jahre. Die bedeutendſte Niederlaſſung dieſes Bezirks iſt Sitka, das Hauptquartier der Flottenſtation der Vereinigten Staaten für Alaſchka und der Aufenthalt des Zolleinnehmers, welcher zugleich der Vertreter der Regierung von Waſhing ton in dem Gebiete iſt. Zur ruſſiſchen Zeit gab es mehrere Sdulen und Kirchen in Sitka, aber jeßt iſt nur noch eine einzige Kirche vorhanden , und der Jugendunterricht liegt
feine unmittelbaren Zuflüſſe ziehen als die nördlichen Grenzen des Hochwalds zu dehnung. Hier entſpringt läufe, welche ihren Weg welches von Hügeln und
irgend einer bebeutenden Aus: eine Anzahl kleiner Waſſer in das Arktiſche Meer finden, niedrigen Höhenzügen begrenzt
wird , auf welchen bis an die Küſten des Polarmeeres hinauf noch einiger vom Winde verkrüppelte Wald ge funden wird."
Allein obwohl die bewaldete Fläche auf dieſe Weiſe eine ungebeure iſt, ſo ſtellt fich der Marktwert des Bau
holzes dod nicht ſo hoch als man glauben möchte. Das
hauptſächlich in den Händen der presbyterianiſchen und
wertvollſte Holz iſt das der gelben Ceder, die aber lange
römiſch-katholiſchen Miſſionare. Die Geſamtbevölkerung des ungeheuren Landes Alaſchka wird auf nur 33,426 Seelen geſchäßt, worunter nur 430 Weiße, 1756 Kreolen, 17,617 Eskimos, 2145 Aleuten, 3927 Athabaskas, 6763 Tlinkits und 788 Haidahs. Von den Sitten und Bräuchen , dem Leben und Treiben und
nicht ſo häufig iſt als die Sproſſenfidhte oder Riefer, die ihrerſeits nicht von der beſten Dualität ſind. Weit wichtiger als das Holz iſt die Ernte des Meeres, denn es ſollen in den Gewäſſern, welche die Küſten von Alaſdyka beſpülen, nicht weniger als fünfundſiebzig Arten eßbarer und nahrhafter Fiſche vorkommen, von denen aller:
der Religion dieſer ſeltſamen Völkerſchaften gedenken wir
dings manche nur als zum Köder für den Fang der größeren
bei einer anderen Gelegenheit zu ſprechen .
Fiſcharten tauglich gelten. Der bedeutendſte und wert
Im ganzen kann man ſagen, daß die Amerikaner fich bei der Erwerbung von Alaſchka einigermaßen in ihren Erwartungen getäuſcht geſehen haben. Sie glaubten, es werde ſich als ein ausgezeichnetes Land für Niederlaſſungen zu Aderbauzwecken herausſtellen , während das Land, wie
wir geſehen haben, ſich beinahe überall hiefür ganz unge eignet erwieſen hat. Sodann träumten ſie von unerſchöpf
vollſte iſt der Stodfiſch , welcher auf dem ganzen Bereich der füblichen Küſte in ungeheurer Menge vorkommt und deſſen Fang und Zubereitung ein wichtiger Induſtriezweig zu werden verſpricht. Seine Güte foll derjenigen des
Rabeljaus des nordatlantiſchen Ozeans vollkommen gleich kommen. Von dem Ladys, dem Heilbutt und dem Häring, von welchen die Gewäſſer in Zügen von Myriaden wim
lichen Erzlagern ; allein obwohl Gold und Silber und
meln, haben wir ſchon oben geſprodjen ; aber außerdem
Steinkohle gefunden und teilweiſe auch abgebaut worden ſind, ſpielt doch der Mineralreichtum Alaſchka's eine unter:
gibt es noch verſchiedene Arten von Weißfiſchen, Core
Die Ausdehnung der Wälder übertraf
heimiſchen Verbrauch gefangen werden. Da ferner Fiſche
jedoch die Erwartungen, und über dieſen Punkt äußert ſich der
ein Hauptnahrungsmittel in Alaſchka ſind, ſo iſt der ein
Kommiſſär der Regierung der Vereinigten Staaten : „ Der
heimiſche Verbrauch ein ungeheurer. Den Hauptreichtum Alaídka's aber bildet gegen
geordnete Rolle.
Hochwald Alaſchka's bekleidet die ſteilen Hügel- und Berg hänge und erfüllt die Thäler des Alexander-Archipels und
gonus, oder Renken, welche gegenwärtig nur zum ein
wärtig noch die überreiche Menge ſeiner Pelztiere. Nur
Geographiſche Neuigkeiten .
514
um des Pelzhandels willen ergriffen die Ruſſen Beſig von
dem Lande, bald nachdem es von Behring entdeckt worden war, und ebenfalls nur vorzugsweiſe um des Pelzhandels willen erkauften es die Amerikaner von den Nuſjen. Die Ausdehnung des Pelzhandels hat ſich als weit größer herausgeſtellt, als man erwartet hatte. Die Verſchiffung von Seeotter- und Pelzrobben - Fellen allein hat fich ſeit 1867 mehr als verdoppelt und beträgt nun jährlich im Durchſdynitt über 300,000 Lſtrl. an Wert. Die Liſte der Landpelztiere iſt eine ſehr lange und fann nach der Pro portion der Verbreitung folgendermaßen angegeben werden : Landotter, Biber, brauner und dwarzer Bär , Rotfuchs,
Silberfuchs, weißer und blauer Fuchs, Nörz, Marder, Eis: bär, Luchs und Biſamratte ; Kaninchen , Murmeltier und Fjellfraß ſind ebenfalls häufig, aber ihre Felle werden von
gefärbt werden . Die Rhede und der Ankergrund find ſehr ungünſtig und die Landung kann nur in Brandungs: booten bewerkſtelligt werden. Lebensmittel ſind ſehr wohl feil. Das Klima gilt für geſund. Die mittlere Tempe:
ratur im Winter iſt 269, im Sommer 400 C. Nach den ſtatiſtiſchen Aufzeichnungen war in dem Zeitraum von 1856–65 die Sterblichkeit in Pondichéry geringer als in irgend einer der anderen franzöſiſchen Befißungen inner halb der Tropenländer. In Reinwald's „Colonisation
scientifique" (Paris) iſt die jährliche Sterblichkeit auf 3.14 auf Hundert angegeben. Die hauptſächlichen Krankheiten, welche die Europäer befallen, ſind (außer der Malaria ) Anämie, Ruhr, Cholera, Pocken und Schwindſucit. Pon
dichéry wurde im Jahre 1877 von einer Hungersnot heim geſucht. (,,Deutſche Geographiſche Blätter" von Bremen .)
den Eingeborenen zurüdbehalten.. Der jährliche Wert der
* Die Juden im weſt lidhen Indien. Es gibt
Pelze von Land- und Meerestieren, die nun aus Alaſdfa ausgeführt werden, wird auf ungefähr eine halbe Million Pfund Sterling geſchäßt, und noch iſt keine Abnahme in der Ausbeute zu bemerken. Im Gegenteil hat der Wett bewerb der Händler um die Felle die Eingeborenen zu größerem Fleiße in der Jagd angeſpornt und die Preiſe in die Höhe getrieben, denn der Erlös der Jäger aus ihren dermalen zu Markt gebrachten Pelzen iſt das vier bis zehnfade von dem was ihnen zur ruſſiſchen Zeit bezahlt
zwei Judenkolonien in Indien, in dem fruchtbaren Tief land an ſeiner Weſtfüſte, von Bombay bis Cochin. Es ſind: 1. Die Beni- Iſrael , Abkömmlinge der verlorenen zehn Stämme, in der Nähe von Bombay ; 2. die weißen und ſchwarzen Juden um Cochin herum , deren Väter
wurde.
nach der Einnahme von Jeruſalem, 70 Jahre nach Chriſti
Geburt, dorthin Flohen. Die ſchwarzen Juden ſind Abkömm linge von Sklaven der weißen Juden. Außer dieſen beiden
Klaſſen kommen noch viele Juden aus dem zentralen und weſtlichen Aſien beſuchsweiſe nady Bombay und treiben daſelbſt eine Zeit lang Handel. In den jüngſt vergangenen
50 Jahren, bald nadidem der ehrwürdige John Wilſon
Geographiſche Neuigkeiten. *
Pondichéry. Dieſe franzöſiſche Kolonie in Oſt indien umfaßt (nach einem Vortrage, welchen Herr A. Re nouard fürzlich vor der Geographiſchen Geſellſchaft in Lille hielt) einen Flächenraum von 71,960 engl. Acres oder ungefähr 112 1/2 e. 2.-Min. und hat eine Bevölke: rung von 156,000 Seelen. Das ganze Gebiet iſt gut bewäſſert durch Flüſſe, Kanäle, Bäche, Teiche und Waſſer: becken .
Die hauptſächlichſten Landeserzeugniſſe ſind Reis,
Indigo, Kokosnüſſe, Tabaf, Zuckerrohr, Baumwolle, Sejam, Erdnüſſe, tropiſche Früchyte, Wein , Betel und Hajdijch .
die freikirchliche Miſſion in der Stadt Bombay begann,
haben die ausländiſchen Miſſionare unter den Beni- Iſrael gearbeitet. Als im Jahre 1843, dem Jahre des Brudis, Dr. Wilſon Indien verlicß, um einen Beſuch in Schott land zu machen , war die iſraelitiſche Gemeinde fo dant
bar gegen ihn und ſeine Brüder für alle ihre Dienſte, daß ſie ihm eine ſpezielle Dankadreſſe überreichten. Die Wirkung ſeiner Sdyriften in hebräiſcher und Maratti Sprache, ſeine häufigen Predigten und ſeine Knaben : und Mädchenſchulen unter dieſer ſeltſamen Gemeinde war die, daß ſie die gößendieneriſchen Gebräuche aufgegeben haben, in welche zu verfallen ſie von den umgebenden
Die Stadt Pondid;éry, unter der Regierung Ludwigs XIV.
Hindus und Parſi verſucht wurden, und daß ſie nun ein
gegründet, beſteht aus zwei Teilen, der ſogen. „ idwarzen Stadt,“ welche ausſchließlich von einer eingeborenen Bevöl
lebhaftes und intelligentes Intereſſe für die Bibel als das Wort Gottes bezeugen . Es kann kaum ein Zweifel darüber obwalten, daß dieſe Kinder Sſraels Nachkommen der zehn Stämme ſind. Ihr Urſprung reidyt ſoweit zurück, daß ſie die einzige Kongregation von Hebräern ſind, welche keine Handſchrift des Sepher - Torah oder Geſeßbuches beſigt. Dr. Wilſon hat ſchon vor nahezu einem halben Jahrhun
kerung bewohnt wird, und der in der Nähe des Meeres
gelegenen „weißen Stadt“ , worin die Europäer wohnen.
Die Eingeborenen ſind teils Hindus, teils Mohamedaner (Mapelles), teils von gemiſchter Raſſe, die Abkömmlinge von Portugieſen und Hindus. Leştere, ſowie die Europäer und
einige Hindu -Parias, gehören der römiſch -katholiſchen Neli
dert der Aſiatiſchen Geſellſchaft in Bombay den Fall fol
gion an, allein audy der Islam, der Brahmanismus und der Buddhismus ſind hier vertreten. Die Gewerbſamkeit der Stadt iſt ſehr bedeutend: es gibt Baumwoll-Spinnereien von 25,000
gendermaßen vorgeſtellt und dafür geworben , daß die Chriſten dieſelben lehren ſollten, wie die freikirchliche Miſſion ſeither immer gethan hat : ,,Die beinahe allgemein unter
Spindeln, 5000 Webeſtühle und 73 Indigo-Färbereien ,
ihnen verbreitete Verwerfung des Namens Jude , auf welchen ſie ohne Zweifel ſtolz geweſen wären, wenn ſie ihn
worin jährlich 30,000 Stüde Baumwollenzeuge (guinées)
Geographiſche Neuigkeiten . verdient hätten, und die deutliche Bezeichnung als Beni Iſrael
515
(Söhne Iſraels), welche ſie für ſich in Anſpruch nehmen ,
erreicht, fönnte man ſich der Dampfbarkaſſen bedienen, um ihn entweder nach Norden oder nach Nordoſten zu befahren .
das Nichtvorkommen der beliebten jüdiſden Namen Jubah und Eſther unter ihnen und das Vorherrſchen von Namen, welche hauptſächlich mit der früheren Geſchichte des von
des ganzen Handels auf dem Fluſſe bemächtigen, während man auf dem nordöſtlichen Kurs bis zu dem Punkte, an
Gott hochbegnadeten Volks zuſammenhängen, ſcheinen mir
dem der Fluß Equato fid in den Okavango ergießt, und
Umſtände zu ſein, welche die Anſicht, daß ſie wirklich Iſrae liten ſind, ein Reſt der Nachkommenſdaft der Stämme ſind, die durch die aſſyriſchen Könige aus ihrer Heimat hinweggeſchleppt wurden, weſentlich beſtärken. Man darf die Beni Iſrael betrachten als einen Stamm von beſon derem Intereſſe, jogar unter dem Samen Abrahams, in
durch die Fahrt den Equato hinauf und bis gegenüber vom Fluſſe Dquondo, zu welchem man 20 Min. weit über Land feßen müßte, leicht durch die Fahrt zu Thal auf dieſem Fluſſe den Sambeſi erreichen könnte. Folgt man dem nordöſtlichen Laufe des Okavango, ſo erreicht man den Ngami-See. Sollte man die Landreiſe nad dem Sambeſi vorziehen, ſo beträgt die Entfernung von dem
Verbindung mit deſſen Schidſalen ſich die wunderbarſten Schickungen der Vorſehung entwidelt haben, welche uns entweder in der heiligen oder profanen Geſchichte auf gezeichnet worden ſind. Wenn man ihre Lage den Hindus, unter denen ſie wohnen, richtig erläutern und erklären würde, ſo könnte dies die Juuſtration des geſchichtlichen Zeugniſſes für die Wahrheit der heiligen Schriften er
leichtern, welche die allgemeine Urkunde jener Begeben: heiten, die ſich außerhalb der Grenzen dieſes Landes zu getragen haben, für viele zu einer äußerſt ſchwer verſtändlichen Sache machen.
Sie haben ſich, als Ganzes, niemals der
chriſtlichen Erziehung abgeneigt erwieſen und ſind immer erbötig geweſen, die Bibel anzunehmen und zu leſen ." * Damara - Land. Der ,, Cape Argus" veröffent licht einige neuere Briefe über das Innere von Damara Land.
Auf den erſten 25 e. Min. landeinwärts von
Walfiſchbay, ſoweit das engliſche Protektorat reicht, iſt das Land ſehr ſandig, dagegen im Inneren ein ſchönes Gras land, wo man ſich leicht durch Bau von Dämmen oder
Abteufen von Brunnen Waſſer verſchaffen kann.
Ein
zelne Landesteile ſind ſehr wildreich, beſonders Ovambo Land im Norden, welches jedoch nicht gefund iſt. In Dtavi iſt ein Kupferbergwerk mit einem Gang von höchſt wertvollem Erz. Grootfontein iſt für Ackerbauzwecke ganz vorzüglich geeignet. Mehrere ſtarke Quellen entſpringen dort auf einem Höhenzuge und ihr Waſſer könnte viele Meilen weit fortgeleitet werden , ſo daß man Tauſende von Morgen Landes damit fruchtbar machen könnte. Der Di ſtrikt würde ſich in 60 bis 70 Gehöfte von je 600 Acres verteilen laſſen . Kaffeebäume gedeihen gut und ebenſo auch Tabak, Gemüſe und Dbſt. Der Briefſchreiber ver ſucht dann darzuthun, daß nach ſeiner Anſicht der beſte
und kürzeſte Weg nach dem Ngami-See und dem Sambeſi durch das Damara-Land führt, welches nach ſeinem Dafür: halten die beſte Baſis für die Operationen einer Handels
Sdlüge man den nördlichen Kurs ein , ſo fönnte man ſich
Punkte an, wo man den Dquondo berührt, nur 60 e. Min.; auf dem Waſſerwege aber könnte man unterwegs immer Handel treiben. Man findet hier eine Menge Handels
artikel, und wenn man eine Eiſenbahn bis Otavi anlegte, würde man der ganzen Handel mit dem Innern dorthin leiten. Die Flußläufe, auf denen man die Dampfbarkaſſe gehen laſſen könnte, enthalten Waſſer genug, um Fahrzeuge vom dreifachen Tonnengehalt der jeßt erforderlichen zu
tragen. Das Damara-Land ſelbſt iſt, nach des Beridterſtat ters Anſicht, das dönſte Weideland in Südafrika .
* Die Erforſchung des Skata. Wie wir ſchon früher kurz erwähnten , haben die Lieutenants Herren
Kund und Tappenbed , von der deutſchen Nofi-Erpe dition, einen neuen Zufluß des Kaſſai (vom rechten Ufer), den Mfini-Ikata, entdeckt und erforſcht, welcher die Ge: wäſſer des Sees Leopold's II. aufnimmt. Das „ Mouve ment géographique “ enthält in einer ſeiner leßten Numern eine Schilderung der Erpedition , weldje infolge der vielen
entſchloſſenen Angriffe von ſeiten der Eingeborenen ſich beinahe verhängnisvoll geſtaltet hätte. Die Forſchungs reiſenden verließen Leopoldville am 9. Auguſt v. Js. und erreichten am 6. September den Koango, hatten aber don ehe ſie dieſen paſſierten , ihren erſten Konflikt mit den Ein geborenen und dann wieder einen, nachdem ſie über den ſelben geſeßt hatten. Sie gelangten am 28. September
an die Ufer des Wambo, welcher ein bedeutender Fluß und ſogar noch größer iſt als der Koango. Der Saji oder Sdia, welchen die Reiſenden am 6. Oktober erreichten, und der Kwilu, an welchen ſie am 10. gelangten, ſind
kaum weniger beträchtlich. Wahrſcheinlich vereinigen ſich dieſe drei Flüſſe gegen den Nordweſten hin und ergießen ſich durch eine einzige Mündung auf dem linken Ufer in den Kaffai, den die beiden Reiſenden am 19. Oktober er:
reichten . Hier wurden ſie durch die Eingeborenen auf
hier nach dem Kupferbergwerk Dtavi beträgt die Entfer nung 300 e . Min., von Dtavi nach dem Dfavango- Fluſſe
gehalten, welche ſie verſiderten , es gebe hier keinen Ueber gang nach dem rechten Ufer ; ſie mußten daher dem linken Ufer folgen bis in die Nähe des Zuſammenfluſſes mit dem Sankuru, wo ſie ſich einen großen Kahn er bauten und in demſelben ſechs Tage lang den Kaſſai bes fuhren, nicht ohne häufig dadurch unterbrochen zu werden,
weitere 250. Von den Punkten an , wo man den Fluß
daß ſie Angriffe von ſeiten der Eingeborenen zurückweiſen
geſellſchaft bildet. Der Hafen oder Landungsplaß - denn man müßte ſich hier der Brandungsboote bedienen oder einen Hafendamm über die Brandung hinaus erbauen, die hier dicht am Strande tobt – würde Kap Croß. Von
516
Briefe aus Neu -Merico.
mußten. Das Gelände, welches ſich auf dem rechten Ufer des Kaſſai nad Nordoſten hindehnt, iſt mit ununterbrochenen Urwäldern bededt, durch welche man nur mit großer Mühe dringen konnte. Die Einwohner, deren Dörfer die Kara wane paſſierte, gerieten in große Beſtürzung, flüchteten in die Wälder und weigerten ſich, den Reiſenden irgendwelche Nahrungsmittel zu verkaufen. Am 19. November wurde die Expedition durch einen neuen unbekannten, von Dſten her kommenden Fluß von bedeutender Größe und einem
ganz ſchwarzen Waſſer aufgehalten. Die Eingeborenen nannten ihn den Likada , Lokendjé oder Lukata, je nach der Region, die er durchſtrömte, und an ſeinen Ufern begegneten den Reiſenden die größten Mühſale und Schwierigs feiten.
Die Eingeborenen dienen feſt entſchloſſen , den
Reiſenden den Durchgang zu wehren, und zauderten nicht, die Offenſive zu ergreifen, wodurch am 25. November ein Gefecht ſtattfand, worin die Erpedition zwei Tote und
eine große Anzahl Verwundete hatte. Dieſes Mißgeſchick übte eine ſchlimme Wirkung auf die bewaffneten Begleiter der Expedition aus, welche fortan die größte Feigheit be thätigten . Die Eingeborenen dieſer Region find tüchtige Jäger und im Gebrauch ihrer Waffen ſehr geſchickt; fie fürchteten ſich wenig vor den Schießgewehren ihrer Geg ner, deren Wirkung vollauf zu würdigen ſie noch keine Gelegenheit hatten, und wurden mehrmals nur nach einem Handgemenge zurückgeſchlagen. Gleichwohl ſeşte man am
* Aus Neu - Guinea.
Ueber die Erpedition der
Auſtralaſiſchen Geographiſchen Geſellſchaft ſind bei den jüd: auſtraliſchen Zeitungen neuere Nachrichten aus der Feder
des Dr. Haade, des hauptſächlichſten wiſſenſchaftlichen Mitgliedes der jüngſten Erpedition nach Neu -Guinea, von
dieſer eingetroffen, welche bis zum 2. Dezember b. Js. lauten. Dieſelben fügen den früheren Berichten, nichts Weſentliches hinzu und beſtätigen auch nicht den Bericht, daß die Reiſegeſellſchaft, nachdem ſie einen Hügel von einigen 100 F. Höhe beſtiegen, auf der Nordſeite Meer geſehen eine Behauptung, welche unſeres Erachtens auf irgend einem Mißverſtändnis beruhen muß. Der größte Teil des
vom Stridland- Fluſſe durchſtrömten Landſtriches iſt gleich dem von D'Albertis beſuchten Gelände hoher und dichter,
ſchwer auszurodender Wald und gegenwärtig von keinem zu ſchäßenden Wert. Die einzige weſentliche Angabe in Dr. Haacke's Schilderung iſt das, was er von dem Verkehr
mit den Eingeborenen ſagt und was allerdings der Er pedition wenig zur Ehre gereicht. Der erſte Zuſammen ſtoß fand ſtatt, als ſie an einem Dorf vorüberdampften, wo von den Eingeborenen Pfeile abgeſchoſſen wurden , von denen einige das Fahrzeug trafen oder über dasſelbe hin flogen . Offenbar hätte der Dampfer den Angriff ignorieren ſollen und wäre jedenfalls binnen kurzem aus dem Scuß
bereich der Angreifer geweſen. Statt deſſen wurde eine
6. Dezember über den Jkata, aber am rechten Ufer waren
Salve abgefeuert und der Dolmetſcher „jah einige fallen" . Darnach kamen ſie an einigen in Kähnen fahrenden Ein
die Wälder ſo undurchdringlich und teilweiſe von Sümpfen
geborenen vorüber, welche erſchrođen und furchtſam nad
unterbrochen , daß man ſich keinen Weg durch ſie bahnen
dem Ufer flüchteten , und die Erpedition befolgte das ſchlechte
konnte, und daß die Erpedition daher nach dem linken
Veiſpiel von D'Albertis und vertauſſte einige der an Bord
Ufer zurüdkehren mußte und entſchloſſen weiter wanderte.
der Kähne befindlichen Artikel, oder ſchaffte ſie hinweg" . Dieſe Eingeborenen folgten ihnen ſtromaufwärts und waren vermutlich die Geſellſchaft, welche die Erpedition, als ſie an der einen Seite des Fluſſes vor Anker lag, an der anderen einen Kriegstanz" aufführen ſah. Auf dieſe wurde aber: mals geſchoſſen aus dem nicht ſehr hinreichenden Grunde, daß andere Eingeborene „ kommen " und auf der Seite, wu die Erpedition lag, „ angreifen könnten . " Dr. Haade drüdt
Ein anderes ungünſtiges Gefedyt mit den Eingeborenen
fand am 16. Dezember ſtatt und Lieutenant Kund wurde in demſelben dreimal verwundet und Lieutenant Tappen: bed ward um ein Haar getötet. Die Leute der Kara wane weigerten ſich nun, weiter ins Binnenland vorzu : dringen, und es ward daher die Rücreiſe angeordnet. Nad) einer mehrtägigen Wanderung und neuen Gefechten ent ſchied ſich die Erpedition, die Reiſe zu Waſſer zu machen und den Ikata hinabzufahren bis zum Kongo. Es gelang ihr, vier Rähne von den Eingeborenen zu kaufen und fünf andere zu erbauen, was ſie 15 Tage lang aufhielt, und ſo wurde erſt am 13. Januar ds. Js. aufgebrochen. Nad einer zehntägigen Fahrt und zwei neuen Gefechten mit den Eingeborenen gelangten ſie nad Muchié, dem Dorfe der Königin Ganfabi, wo ſie zu ihrer Ueberraſchung fan : den, daß ſie den Fluß hinabfuhren, welchen Stanley den Mfini genannt hatte. Am 24. Januar wurde Kwamouth und vier Tage ſpäter Leopoldville erreicht. Man bält es für wahrſcheinlich, daß der Zlata nicht weit von der Quelle des Buſſera, eines linken Nebenfluſſes des Tſduapa, entſpringt. Auf dem erſten Teil ſeines Laufes ſtrömt er dem Sankuru parallel, ſpäter in gleicher Richtung mit dem unteren Kaſai. Die Eingeborenen an ſeinen Ufern ſind ſämtlich kannibalen.
ein naives Erſtaunen , welches wir nicht teilen , darüber
aus, daß auf dem Rückwege die Leute des früher beſchoſſenen Dorfes „nichts mit ihnen zu thun haben wollten.“ Wir fehen dem offiziellen Bericht des Kapitäns Everill über die Sadie entgegen , allein einſtweilen iſt Dr. Haade's ſichtliche Unbewuſtheit nicht allein von der Unmenſchlichkeit, ſons dern auch von der Unpolitik des befolgten Verfahrens, durchaus nicht beruhigend.
(Sc. G. M.)
Briefe aus Neu-Mexico. Von Adolf Bandelier. ( Fortſetzung.)
Dem mit der Verteilung landſchaftlicher Kontraſte in Neu -Merico nicht vertrauten Reiſenden, der von Las Vegas
Briefe aus Neu -Merico.
nur die Bäder beſucht, wird der Genuß einer Ueberraſchung
517
Baumloſe Felder und Fluren, von ſchroffen , vulkaniſchen
ſoeben verlaſſen. Wollte id) es verſuchen, dieſen Kontraſt durch Pflanzenformen zu verſinnbildlidhen, ſo würde ich nebeneinanderſtellen: Pinus ponderosa, das hohe, dunkle
Meſas unterbrochen, umgeben die Stadt Las Vegas, die,
Nadelholz, und Algarrobia glandulosa, die zartbefiederte
auf dem Gipfel, beſonders aber auf den öſtlichen Abhängen
Mezquite. Erſterer mit dem mächtigen Wipfel ſchwer be
eines breiten Hügels gebaut, ſich im Weſten unmittelbar
hangener Aeſte djarakteriſiert fühlen Scatten, rauſchendes Waſſer und ewigen Schnee. Lekterer mit dornigem Holze
zuteil durdy den plößlichen Wechſel im Charakter der Natur.
an den Fuß tannenbewadyſener Berge lehnt.
Troſtlos iſt
die Ausſicht nach Dſten, die ſteinigen Anſchwellungen gehen über in Weideland von unbeſtimmter Farbe. Die Ferne
und kleinen ſpärlichen Blättdien mahnt an die Nähe der
ahnt den Anſchluß an die horizontloſe Wüſte. Im Weſten
Die Monate Juni und Juli ſind nicht immer dazu
dagegen drohen düſtere Vorberge, von Nord nady Süd dem Cerro del Tecolote entweichend, deſſen Felſen Tauſende von
geeignet, den mittleren Lauf des Rio Grande del Norte,
ſeine Ufer, zum Schauplaße archäologiſcher Unterſuchungen
Fußen ſenkrecht hinabſtürzen. Die Gipfel der Truchas,
auszuwählen. Die Annäherung der Regenzeit fündigt ſich
der lange Kamm der Sierra de Mora, ſie verbergen ſich
durch ſtarke Winde an, die leicht als Sandſtürme Tage
heißen, waſſerloſen Wüſte.
hinter niedrigeren Gebirgen, denen die Zuflüſſe des Rio
lang dauern. Iſt die Luft ſtill und heiter, ſo ſteigt das
Pecos : der Gallinas, der Rio de la Vaca, Rio del Toro, entſpringen.
Thermometer um die Mittagszeit bis auf 380 und 40 ° C., Sonnenreflere auf der weißen Bodenfläche ſind den Augen
Hat der Zug, der die Zweigbahn nach den Thermen befährt, dem Flüßchen entlang die erſten ſechs Meilen zu
überfluten an manchen Stellen die niederen
rückgelegt, iſt er vorbei geſauſt an den kleinen Anſiede:
Stromes , wenn auch nur auf kurze Zeit - die zahlreichen
lungen von Los Vigiles, deren Adobe-Häuſer wie graue Silhouetten die grauen Anhöhen bekleiden, ſo biegt er
Bewäſſerungskanäle füllen ſich temporär - den Uebergang
durch ein enges Felfenthor in ein Becken, welches phantaſtiſche
läßt ſich keinem Wölkchen trauen , und jeder Ausgang nach
Eroſionsgebilde umgeben. Hohe Tannen erheben ſich auf
der Mittagszeit iſt mit Gefahr für die Paſſagiere verbunden.
ſorgfältig geſäubertem Grunde. Eine wilde Gebirgsnatur
Wagt man ſich in die trockenen Runſen oder Arroyos, die von den Gebirgen herniederſteigen, dann erſtreckt ſich die
taumelt herab aus dem Weſten über die Kämme, ſtürzt
aus der Schlucht mit den Waſſern des Gallinas. In dem Becken aber hat der Menſch das wilde Kind gezähmt und in die Schranken geordneter Schönheit eingedämmt. Zwiſchen
Tannengruppen und maleriſchen Felſen prangen Blumen beete, auf engliſden Raſen rieſelt der Thau fünſtlicher
nicht nur peinlich, ſondern ſchädlich. Tritt Regen ein, ſo Ufer des
erſchwerend, und iſt einmal die Regenzeit eingetreten, dann
Gefahr unmittelbar auf das eigene Leben, indem jedes Gewitter, wenn es ſich auch weit oben, an der Sierra,
entladet, das waſſerloſe Bett in kurzer Zeit mit einem tobenden Badhe füllt, der oft Roß und Reiter ſogar ent führt. Es iſt daher vorſichtiger, in den Monaten Juli,
Springbrunnen , deren Beden von blühenden Cacteen ein:
Auguſt und September Landpartieen, ſelbſt zu wiſſen
gefaßt ſind. Breite Kieswege ichlingen ſich überall durch),
(daftlichen Zwecken, möglichſt zu beſdränken , wenn nicht ganz aufzugeben.
führen zu ſchattigen Stellen, zu großen offenen Pavillons. Zwei mächtige Gaſthöfe; von deren Verandas aus man
Dbſchon in dieſem Jahre ſporadiſche Gewitter im Thale des Rio Grande ſchon Anfangs Juni eintraten,
die Parkanlagen vollſtändig überſieht und auch den Hinter grund der Schlucht erbliden kann, bieten alle Bequem
ſo find ſie doch keineswegs hinderlich geworden der Unter
lichkeiten, ebenbürtig mit den Badepläßen und Sommer: aufenthaltsorten der öſtlichen Staaten der Union. Abends
ſuchung zweier hiſtoriſch bedeutſamer Punkte: Bernalillo, mit den Ueberreſten der alten Dörfer der Jiguas, und
ſpielt rauſchende Muſik.
In den geſdüßten Thalfeſſel
Socorro, mit den Trümmern der Pueblos des Piros:
dringt der Wind, der in Las Vegas ſo häufig tobt, nie läſtig; ein vortrefflichen Tiſch, klares Waſſer, ſchöne An
Stammes. Erſteres iſt 18 Min. nördlich, leşteres 75 Min. ſüdlich von Albuquerque gelegen und an der Eiſenbahn,
ſtalten zum Gebrauch der Heilgewäſſer — was nur äußere
alſo ſehr leicht erreichbar.
Kultur an Bequemlichkeiten und Lurus bieten kann , findet der Kranke, der Ruhebedürftige hier. Die Schluchten des Innern bieten weite, einſame Spaziergänge, hinreichend
einer feuchten, ſandigen Niederung. Außerordentlid, frucht
Bernalillo liegt auf dem linken Rio Grande-Ufer in barer, leicht zu bewäſſernder Boden erſtreckt ſich, ſowohl nördlid, wie ſüdlich von dem Flecken, entlang des Stromes.
verbeſſert, um gefahrlos zu ſein. Die HotSprings von Las Vegas ſind eine Daſe für den Weltmann inmitten der
Das rechte Ufer bilden ſteinreiche, durch vulkaniſche Auf
neu -mericaniſchen Dürftigkeit ; auch dem wiſſenſchaftlichen Reiſenden ſind ſie, auf kurze Zeit, des Kontraſtes wegen
treibungen geſtörte Hügel. Im Dſten trennt eine waſſer loſe Ebene, wohl 100 F. höher denn der Fluß und zwei
eine willkommene Erſcheinung.
engliſche Meilen davon beginnend, die Niederung von der
Denn der Abſtand iſt mächtig zwiſden dieſer Schöpfung der Ziviliſation in der Hochgebirgsnatur einer kühlen Höhen zone und dem ſandigen Thale des Rio Grande, das wir
Sierra de Sandia. Zwanzig Meilen von Bernalillo ent
fernt, türmt ſich dieſe gewaltige Mauer mehr denn 5000 F. höher in zerriſſenen Schründen und vertikalen Abſtürzen auf,
518
Briefe aus Neu -Merico.
ein überwältigender und zur Zeit des Sonnenunterganges,
terem Jahre verließen drei Mönche Parral im heutigen
wenn volles Licht die Klüfte und Felfen beſcheint, unheim lid) großartiger Anblid . Das Städtchen iſt eine Schöpfung, die nad der Periode von 1692 begonnen wurde. Diego de Vargas, der Wiedereroberer von Neu -Mexico, ſtarb dort am 10.
Staate Chihuahua (Mexico), um den unbekannten Norden zu driſtianiſieren. Es waren nebſt Rodriguez (aud Ruiz genannt) Fray Francisco Lopez und Fray Juan de
April 1704. Damals beſtanden nur einige Häuſer. Heut zutage iſt es eine weit zerſtreute Ortſchaft von ca. 2000 Seelen, und die reichſten mericaniſchen Familien , wie die
Perea, Otero, einige Armijo, haben dort ihre zum Teil nad öſtlichen Muſtern umgebauten bequemen Wohnſiße. Bernalillo zieht vortrefflichen, aber ſehr ſtarken Wein – weißen und roten - und gute Baumfrüchte. Für Zerealien iſt, infolge der leichten Bewäſſerung, die Lokalität ſtets
Santa Maria - Francisco Sanchez Chamuscado begleitete ſie mit acht Soldaten und einigen Indianern. Im heißeſten
Sommer durchzogen ſie die ſandigen Hochebenen von Chi huahua bis an den Rio Grande und folgten dann dem Fluſſe entlang aufwärts bis ſie die erſten feſten Indianer anſiedelungen zu San Marcial (oder vielmehr in der Nähe von Fort Craig), 117 Meilen ſüdlich von Albu querque oder 138 Min. nördlid der mericaniſchen Grenze,
trafen. Die dortigen Piros nahınen die wenigen Spanier und Geiſtlichen freundlich auf, allein die Miſſionäre hatten
günſtig. Nur außerordentliche Ueberſchwemmungen können
ihr Augenmerk auf das Innere des Landes gerichtet, und
den Saaten Schaden thun. Vier engliſche Meilen ſüdlid von Bernalillo führt
waren , hofften ſie, dort feſten Fuß faſſen zu können. Mit
die Eiſenbahn ohne anzuhalten in der Nähe eines kleinen Pueblo vorbei, deſſen beſcheidene ein- und zweiſtöckige Woh nungen aus Adobe didt an Maisfelder und Pfirſichgeſtrüpp (Bäume laſſen ſich die ungepflegten Beſen kaum nennen)
grenzen. Das Dörfchen Na -fi-ap (der ſtaubige Drt) ver dient ſeinen Namen. Die 300 Indianer, welche dort
erſt als ſie bei Puaray unter den Jiguas angekommen feltenem Mute und hoher Aufopferung entſchloſſen fidy die drei Franziskaner, ihre militäriſche Eskorte zurüđzu ſenden, und ganz allein (wenige Indianer von Chihuahua ausgenommen ) in Puaray zu bleiben. Chamuscado fehrte alſo zurück, doch nicht bevor er noch einige andere Stämme
in Neu-Mexico beſucit und freundlich mit ihnen ver
wohnen, leben ſchlecht, ſchmußig und in ſcheuer Abgeſchloſſen : heit. Sie ſind der leßte Reſt der Bevölkerung, die noch
fehrt hatte.
im Jahre 1680 die Pueblos von Puaray, Alameda und Sandia bewohnte , und gehören dem einſt zahlreichen
von Puaray vermeſſen hatte und auf der öden, ſandigen
Stamme der Jiguas an. Ihre nächſten Stammverwandten befinden ſich 18 Min. ſüdlich von Albuquerque in dem
großen Dorfe Isleta oder Tshia-ui-be-ga ; ein kleiner Zweig friſtet weiter im Süden noch, zu Isleta del Sur, im Staate Teras, eine dürftige Eriſtenz. Ein dramatiſches Intereſſe, wie es wohl an keinem anderen Teile von Neu -Merico – Zuñi und Santa-Fé - aus: genommen haftet, knüpft ſich an die Umgegend von Bernalillo. Hier war das alte Jiguey, wo Coronado ſo
lange ( 1541) ſein Hauptquartier aufgeſchlagen hatte, und wo er ſich veranlaßt fühlte, einen Pueblo nach längerem
Als ich an einem heißen Juni-Vormittage die Ruinen Düne ſtand, die heute fo traurig und verlaſſen den Rio Grande und das Thal von Bernalillo überſchaut, trat mir das Bild jener Ritter des Geiſtes aus dem 16. Jahr:
hundert lebhaft vor Augen. Der jeßige Ort, ſeine Obſt gärtchen und Weinreben , der Eiſenbahnzug, der die Station verließ, ſie dienen zu zerfließen in einer Luftſpiegelung,
die das grelle Licht über der Tiefe erzeugte. Eine mono tone Fläche nahm ihre Stelle ein, ihr entwuchſen die dürf tigen Beete der einſtigen Ureinwohner. Vor den jenſeitigen Dünen geſtalteten ſich die Gegenſtände zu den treppenar tigen Häuſern der Vorzeit. Die alten kleinen Pueblos erſtanden wieder im Kreislauf der irdiſchen Dinge. Drohend
Widerſtande zu zerſtören - das einzige Beiſpiel dieſer Art
nahe türmte ſich das mächtige Sandia -Gebirge, denn die
während feines ganzen Aufenthaltes in Neu-Mexico. Mit
Hochebene, in die die öſtliche Dünenreihe übergeht, bildete
Siguer bezeichnen die Eroberer nicht einen Ort, ſondern
in der Mittagsſonne nur einen weißlichen Strich. Es war ein wacher Traum blos, doch er zauberte mir den An
eine Gruppe von Drtſchaften , zwölf an der Zahl.
Id
habe ſie alle in der Nähe gefunden, auf beiden Seiten des Fluſſes zerſtreut, in einer Linie von 15 Min. Länge. Da, wo das Städtden heute ſteht, waren ihrer drei. Die Dörfchen waren meiſt klein, von 100-300 Seelen, nur Puaray und die Ruinen von Jo-rréon deuten auf eine
Seelenzahl von 800-1200 Menſchen. In Puaray (Wurm , Käfer oder Inſekt im allgemeinen ; eine Meloé-Gattung iſt dort ſehr häufig ) war es, wo
der Franziskaner Mönch Fray Aguſtin Rodriguez den erſten Verſud, madyte, eine permanente Miſſion zu gründen. Nach dem unheilvollen Verſuch Coronado's betrat kein
Weißer mehr Neu -Mexico von 1543 bis 1580. In leß
blick vor, der Fray Aguſtin Rodriguez und ſeinen Genoſſen zuteil ward von dem Orte ihrer neuen Heimat. Ich fah, was ſie geſehen, und fühlte auch vielleicht wie ſie gefühlt, nämlich: vollſtändig und troſtlos allein. Sie wagten viel, jene ſchlichten, ſo oft verſpotteten Frayles, ſie wagten
alles in der Ueberzeugung ihrer Pflicht! Die Nähe eines wunderbar geformten Gebirges übt auf das menſchliche Gemüt jenen Zauber aus, den das
deutſdhe Schullied ſo einfach und wahr ausdrüdt: 11
„Es zieht mich in die Ferne, den blauen Bergen zu ." - Und die Mönche vermochten auch nicht, dieſem Zug zul widerſtehen, ſie verließen nach einiger Zeit Puaray und
Litteratur.
gingen nach Nordoſten, herum um die gewaltige Cordillere, zu den Janos -Indianern von Galiſtéo. .
Ehe die gelbe
Winterſonne noch das Reich der ,,Winterleute " in den Pue blos begonnen, kehrten zwei davon zurück. Der jüngſte aber, Fray Juan de Santa Maria , ſchlief ſchon den ewigen Schlaf unter den Tannen von Chilili, wo ihn die Jiguas von San Pedro ermordet. Es war unklug von den Mönchen, nach Galiſtéo zu gehen, denn die Janos und die Leute von Puaray waren bittere Feinde.
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von Sandia bewohnen. Nicht nur ihre Unreinlichkeit und ihr finſterer Aberglaube, auch ihr Mangel an Gaſtfreund ſchaft iſt ſprichwörtlich geworden bei den übrigen Pueblo
Stämmen . Unter ihren Nachbarn, den Queres, gilt noch beute der Refrain : - sicatéros. “ Sandrilleros „ (Fortſeßung folgt.)
So wurden ſie
denn mißtrauiſch empfangen bei ihrer Rückkehr, und ihr Werk mißdeutet. Fray Francisco Lopez fiel zuerſt. Unterm 21. Dezember ſteht von ihm zu leſen im Martyrologium : „ Aber die wilden Leuth wurden hiedurch noch mehr wütig /
* Bielz , E. Albert : Siebenbürgen . Ein Handbuch für Reiſende nach eigenen zahlreichen Reiſen und Ausſliigen in
und ſchoben den unſchuldigen Mann mit Pfeylen zu todt / in dem Jahr Chriſti 1580." Fray Aguſtin Rodriguez blieb nun ganz allein . Doch auch ſein Stündlein ſchlug
lage, mit einer Karte Siebenbürgens, Städteplänen und Um gebungskärtchen. Wien ,, Carl Gräſer. – Mit dem Beginn der
bald . Am 28. Dezember ſchleppten ihn die Leute von Puaray aus dem Dorfe heraus, töteten ihn mit der Reule
und warfen den Leichnam in den Rio Grande. Von den Indianern, die bei den Franziskanern ges blieben, entkamen zwei nach Parral. Sie brachten die traurige Mähr. Blut iſt nicht nur ein ganz beſonderer Saft, es iſt auch ein guter Dünger manchmal. Der Tod
der Miſſionäre reizte zu neuen Anſtrengungen von ſeiten der Spanier und eröffnete auch den natürlichſten Weg zum Innern Neu -Merico's von Süden her : die Straße des Rio Grande-Thals. Es iſt nicht ganz ohne Grund, daß einzelne Schriftſteller Fray Rodriguez den Entdecker von Neu :Mexico genannt haben, jedenfalls haben er und ſeine Unglüdsgefährten die Einverleibung des Landes der ſpani ichen Krone hervorgerufen, und die Gegend um Berna lillo ward das Augenmerk der Koloniſten und Eroberer. In raſcher Aufeinanderfolge erſchienen nun auf dem
durch die Mönche angebahnten Wege : Antonio de Eſpejo ( 1583), Humaña und Leyva ( 1585. Dieſe Erpedition verunglückte in den nordöſtlichen Ebenen), Gaſpar Caſtaño de Soja ( 1590 ; er fam zwar den Rio Pecos hinauf, ging
litteratur.
dieſem Lande verfaßt. Zweite ergänzte und ſehr erweiterte Auf
Reiſezeit wollen wir nicht verſäumen, auf das vorgenannte treff liche Reiſehandbuch aufmerkſam zu machen, welches uns das wild ſchöne, fruchtbare, reiche Siebenbiirgen, dieſes herrliche, von ver wandten deutſchen Stammesbrüdern vorwiegend bewohnte Gebirgs
land ſchildert, wo uns ſo manches Neue, Großartige und Fremde entgegentritt. Wer jemals dieſe prächtigen, wechſelvollen trans
ſylvaniſchen Berglandſchaften beſucht, wer mit dem ſchlichten, treu herzigen Menſchenſchlage verkehrt , ſeine biderbe Gaſtfreundſchaft genoſſen, ſeine feurigen Weine getrunken hat, dem werden dieſe Tage unvergeßlich bleiben. Es iſt gleichſam eine neue Welt , die ſich dem Ausländer hier aufthut; es iſt ein Genuß, hier fern von den ausgetretenen Straßen der Touriſten einen überraſchenden Verein von einfachen , beinahe patriarchaliſchen Zuſtänden , von föſtlicher Waldfriſche, großartiger Gebirgsnatur , fräftigen Ur menſchen voll Herz , Gemit und Poeſie und einer gehobenen geiſtigen Bildung zu finden. Die Bereiſung dieſes Landes, das nun mittelſt der Eiſenbahnen ſo leicht erreichbar, iſt über alie
Maßen lohnend, wie einer unſerer gewandteſten deutſchen Feuille toniſten , Dr. Wilhelm Laufer in Wien, erſt kürzlich wieder beſtätigt
hat ; dabei iſt das Reiſen dort, namentlich für den genügſament und nicht blaſierten Naturfreund, noch ſehr billig. Darum iſt dieſes mit warmem Patriotismus und tiichtiger Ortsfenntnis ge ſchriebene Reiſehandbuch nun doppelt willkommen und hat in
ſeiner zweiten erweiterten Auflage ſo weſentlich gewonnen, daß wir ihm das Prädikat „muſtergültig“ zuerkennen dürfen und daß es uns den reichſten Lohn für einige Reiſewochen verſpricht.
aber den Rio Grande entlang wieder zurück ), endlich
Eine vorzügliche Karte nebſt Städteplänen und Lokalkärtchen er
Juan de Dñate ( 1598).
höhen noch den Wert des praktiſchen Buches und führen hoffent :
Achtzehn Jahre nach dem Tode
der Franziskaner war Neu -Merico eine ſpaniſche Rolonie.
lich dieſem Lande, einer der ſchönſten Perlen in der Stephans -
krone, recht viele Touriſten zu, welche die Anknüpfungspunkte
Zu Puaray ward eine Rapelle gebaut – Kirchen beſtan den in Alameda und Sandia vor 1630, die Prieſter be wogen die Eingeborenen, ihre kleinen Pueblos zu ver laſſen und ſich in den drei großen Dörfern, die ich ſoeben genannt, anzuſiedeln. Spaniſche Anſiedler gab es wenige. Poſten von Santa Fé räumen und ſich nach El Paſo flüchten mußte, wurde er von den Indianern von Sandia angegriffen, dlug ſie aber zurüd. Sie flohen in die Berge, ihr Dorf brannte ſpäter zerſtörten ſie auch
Kulturgeſchichte. Dritte Auflage. Wien , Carl Gräſer, 1885 . Wer ſich den hohen Genuß eines Ausflugs nach dem hochinter eſſanten Siebenbürgen verſchafft oder wer ſich für die wunder bar zähe konſervative Weiſe intereſſiert, mit welcher ein deutſcher Stamm ſeit vielen Jahrhunderten Sprache, Sitten, Bräuche, Glauben, Denkweiſe und Gemüt der Ahnen ſich bewahrt hat, der leſe dieſes reizende Buch eines auf deutſchen Hochſchulen gebildeten ſiebenbürgiſchen Dorfpfarrers. Wenige Bücher ſind ſo voll und
Alameda und Buaray.
In dem zwölfjährigen Inter
Voll inniger liebe zu ſeinem ſchönen Vaterlande und zu deutſcher
regnum , das der Wiedereroberung durch Vargas voran: ging, ſchmolzen die Jiguas von Bernalillo zu dem kleinen Reſte zuſammen, deſſen Nachkommen den heutigen Pueblo
Art, voll Humor, Gefühl und poetiſchen Sinnes, vou Beobachtungs gabe und Feingefühl fiir Geiſtiges und Seeliſches, für Voltstum, Sittlichkeit, Geſchichte und Eigenart ſchildert uns Pfarrer Fronius im
Als der Gouverneur Dtermin im Auguſt 1680 den €
zwiſchen den ſiebenbürgiſchen Sachſen und uns vermehren. * Fronius, Fr. Fr.: Bilder aus dem ſächſiſchen Bauernleben in Siebenbürgen. Ein Beitrag zur deutſchen
ganz wie dieſes wertvolle Beiträge zur deutſchen Kulturgeſchichte.
Litteratur.
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Rahmen von zehn Bildern auf die anziehendſte und anſchaulichſte
bewieſen haben. So viel wir aus den uns vorliegenden ſechs
Weiſe die geſchichtliche Entwickelung im Kulturleben des ſieben
Lieferungen des ſehr ſchön ausgeſtatteten Werkes bis jetzt zu ent nehmen vermögen , verſpricht auch dieſes Werk ein ebenſo anziehen
bürgiſchen Sachſenvoltes, das Familiens, das Kindesleben , die herrſchende Sitte der Bruderſchaft , die Freiwerbung, die Pflege der Nachbarſchaft, den Aufbau der eigenen Häuslichkeit, den mind : lichen Verkehr vor den Thiiren der Dorfbewohner und den Ver kehr derſelben mit ihrem Pfarrherrn , deſſen Stellung noch eine ziemlich patriarchaliſche iſt. So führt er uns in friſchen Lebeng -
bildern, verquidt mit poetiſchem Sinn und liebenswürdigem Humor, treu und objektiv das ganze Daſein des ſächſiſch -transſylvaniſchen
Landmanns in Haus und Hof , in Familie und Gemeinde, in
Freud und Leid vor, und hat uns ein ganz liebes und anziehen des Buch geſchaffen , aus welchem wir unſere Stammesgenoſſen jenſeit der Karpathen ſchon im voraus liebgewinnen lernen und uns dem Autor für hoch verpflichtet bekennen laſſen .
* Laufer , Dr. Wilhelm : Ein Herbſtausflug nach Siebenbürgen. Herausgegeben von der Sektion „ Wien " des Siebenbürgiſchen Karpathen - Vereins. Mit 28 Abbildungen. Wien, Carl Gräſer, 1886. Was wir in den beiden voran gehenden Beſprechungen zu Gunſten des herrlichen Landes Sieben birgen geſagt haben , das wird in glänzender Weiſe beſtätigt durch -
die beredte Schilderung, welche Dr. W. Lauſer von ſeinem jüng ſten Herbſtausflug von 1885 dorthin in vorliegendem högſt an : ziehenden Schriftdhen entwirft. Der Verfaſſer fuhr die Donau hinunter bis Orſowa und Ada Kalen, der ſogen . „ Niemands- Iuſet" am Eingang des Eiſernen Thores, wandte ſich dann nach Me hadia and Szarmigethuſa, ſchildert uns die berühmten Herkules bäder“ und ihre wildromantiſch-großartige Umgebung und die verſchiedenen Völkertypen in dieſem Mittelpunkt des alten Daciens, führt uns dann iiber Hatſzeg nach Vaida Hunyad, der Wiege des alten ſtolzen õunyaden - Geſchlechts mit ſeinem prächtigen Neu cloſie, in das ſiebenbürgiſche Sachenland hinein nach Herinann
ſtadt, dem Michelsberge, Mediaſch, Schäßburg und Kronſtadt 26. Dr. Lauſer iſt ein erfahrener Touriſt, ein geübter Beobachter, ein Meiſter der Darſtellung und Schilderung des Erſchauten ; er hegt die innigſte Sympathie für die deutſchen Stammesbrüder im ſiebenbürgiſchen Sachſenlande, die aufrichtigſte Bewunderung für Siebenbürgens landſchaftliche Schönheit , und dies leiht der Er zählung ſeines Herbſtausflugs Sdwung, Wärme und Anſchaulid ) feit, welch lektere durch die reiche und gediegene Juuſtration 110d)
erhöht wird. Die Sektion „ Wien “ des Siebenbiirgiſchen Karpathen Vereins hat daher ganz recht gethan , daß ſie dieſe hübſche Reiſe childerung in ſolcher Form veröffentlichte, um die Touriſten anf das herrliche Gebirgsland Siebenbiirgen aufmerkſam z11 machen . * Schweiger - Lerchenfeld A. v .: Zwiſchen Donal und Kaukaſus. Land- und Seefahrten im Bereich des Schwarzen Meeres. Wien, Hartleben’s Verlag, 1886. Erſte bis ſechſle Der gewandte fruchtbare Verfaſſer , welcher an Lieferung. Riihrigkeit mit ſeinem Landsmann Fr. v. Hellwald wetteifert, aber vorzugsweiſe den Orient zum Schauplatz ſeiner litterariſchen Thätigkeit gemacht hat, wil in dem vorliegenden reich illuſtrierten Werke von 25 Lieferungen (à 60 Pfennig) mit 215 Holzſchnitten und 11 kolorierten Karten uns , die Länder und Bölfer am Schwarzen
Meer ſchilderii, Vergangenheit und Gegenwart auf dem Boden der Ortskunde zu einem anziehenden Gemälde geſtalten. Der weite Kaum vom goldenen Byzanz bis tief in die ſiidruſſiſchen Steppen hinein, von der unteren Donau bis zu den Stamm ſiben der von Kriegsromantik und Völkerſagen verklärten kaukaſi ſchen Aelpler bildet den engen Bereich der Schilderung “.
Der
Verfaſſer iſt gründlich beleſen, weiß geſchmacvoll z11 wählen und leicht und anmutig vorzutragen, wie ſeine bekannten friiheren Werke
des und intereſſantes wie lehrreiches zu werden ; wir begnügen uns hier, dasſelbe einſtweilen anzuzeigen , und werden das Buch im Verlaufe ſeines Erſcheinens cingehender beſprechen.
* O. Hübuer's Statiſtiſche Tafel aller Länder der Erde. Frankfurt a. M., W. Rommel. Die 35. Auflage dieſer wiſſenſchaftlich gediegenen und augemein als praktiſch anerfannten Arbeit hat auch diesmal bei ihrem Erſcheinen einen ungewöhnlichen äußeren Erfolg erlebt, denn in weniger den 14 Tagen ſind über
5000 Eremplare derſelben abgeſegt worden . Der wiſſenſchaftliche Wert dieſer Tafel iſt hinlänglich bekannt, und kaum bedarf es der Erwähnung, daß der Herausgeber auch für dieſe neue Auflage die beſten Quellen benuşt, ihren Stoff geſichtet und in der überſicht: lichſten Form zuſammengeſtellt hat. Bei aller Knappheit des Ausdrucs ſind die ſtatiſtiſchen Tafeln für jeden Gebildeten ohue Schwierigkeit zu benutzen und dürften auch dem Geſchäftsinaume von mannigfachſtem Nngen ſein, da er ſich daraus iiber alle finan ziellen Thatſachen der einzelnen Staaten , über Ein- und Ausfuhr, Papiergeld , Banknotenumlauf, Rechnungs- und Geldwährung. Maße und Gewichte auf das Schnellſte und Zuverläſſigſte uiter richten kann. Der niedrige Preis der ſtatiſtiſchen Tafeln (50 Pf. ) iſt darauf berechnet, daß auch der Unbemitteltſte ſich dieſelben ver ſchaffen und iiber die wirtſchaftlichen Verhältniſſe aller Länder der Erde unterrichten kann. Wir zweifeln nicht daran , daß die +
Hübrier’ſchen Tafeln in kurzer Zeit ſchon eine allgemeine Ver breitung finden und ſich namentlich zur Aufhängung in ſomptoiren, Leſevereinen , Schulen und öffentlichen Lokalen aller Art dringend nötig machen werden .
Anzeigen Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig . So eben erschien :
Reisen an der Persisch - Russischen Grenze. Talysch und seine Bewohner. Von Dr. Gustav Radde .
Mit 12 Abbildungen , 4 Tafeln und 1 Karte. 8. Gen. 15 M. Geb. 17 M.
Siebenbürgen. Bielz, E. A. , Siebenbürgen. Ein Handbuch für Reisende. weiterte Auflage.
Zweite ergänzte und er
Preis in Bädekerband M. 5.
( Ausgabe ohne Hand- und Reisekarte M. 3.- )
Hand- und Reisekarte von Sieben bürgen . ( Aus dem militär -geogr. Institut in Wien .)
Massstab 1 : 750,000 .
Preis in Umschlag M. 3.
Lauser , Dr. W., Ein Herbstaus flug nach Siebenbürgen.
Mit 25 Illustrationen .
Preis M. 1.- .
Fietsch , Jos. W.. Kronstadt und . Umgebung. Führer für Einheimische und Fremde. Mit 2 Plänen u . 1 Karte.
In Bädekerband 2 M. 60 PT.
Verlag von Carl Graeser in Wien .
Druck und Verlag der I. G. Totta'ſchen Buchhandlung in München und Stuttgart.