Das Ausland. Überschau der neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Natur-, Erd- und Völkerkunde [65, 1]

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DAS AUSLAND WOCHENSCHRIFT FÜR

ERD- UND VÖLKERKUNDE FÜNFUNDSECHZIGSTER JAHRGANG

HERAUSGEGEBEN VON

SIEGMUND GÜNTHER

1892

MDC

STUTTGART

VERLAG DER J. G. COTTA’SCHEN BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

GTANPORD UNIVERSITY LIBRARIES STAOKS

SEP 2 9 1977

APRO AZA Vigs

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.

I n h alts - Verzeichnis. Jahrgang 1892 . [Die Rubrik »Geographische Mitteilungen, ist nicht besonders berücksichtigt , vielmehr sind die einzelnen Bestandteile derselben den betreffenden Fach-Kategorien direkt eingeordnet worden. Der Buchstabe G. bedeutet den Namen des Herausgebers.] Burmeister. 430. W. Wolkenhauer ( Bremen ). Die Strömungen in den Meeresstrassen . Ein Beitrag zur Ge schichte der Erdkunde. 449. 470. 487. 500. 518. 538. 554.

A. Geographie im allgemeinen. An den Leser.

1.

Onomatologisches .

S. Günther. III .

G.

565. Emil Wisotzki ( Stettin ).

Terra incognita. 119. Adolf Fleischmann (München ).

Der Antrag des Columbus bei der Venetianischen Republik. 469.

Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften . 198. J. J. Egli (Zürich) .

Eugen Gelcich (Lussin piccolo) .

Zur Guanahani-Frage. 511. H. Greffrath ( Dessau ).

Geographische Gesellschaften und Zeitschriften. 304. W. Wolken hauer (Bremen),

Die erste Anwendung der gnomonischen Kartenprojektion. 520.

Ritters Lexikon. 367. (Mitteilung von O. Wigand in Leipzig.)

Neues über Claus v . d . Deckens Tod. 524. Ph . Paulitschke ( Wien) .

Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie. 401. 417. J. Partsch ( Breslau ).

Erwiderung gegen Herrn J. Partsch. 480. G. Gerland (Strass burg). Columbus-Feier in Hamburg. 524. Bildnis von Tischler. 653. G.

G.

S. Günther.

Stairs. 542. W. Wolkenhauer (Bremen). Die Kompass-Sage in Europa (Flavio Gioja) , die ersten Er wähnungen desselben dortselbst und nationale Ansprüche an seine Erfindung. 551. 563. 586. 604.620. A. Schück (Hamburg ). Die Schiffe des Columbus.

Das Areal der Erde und seine Schwankungen . 785. 805. Alwin Oppel ( Bremen) .

558.

G.

Graf Hübner. 573. W. Wolkenhauer (Bremen) . Mästlin und das aschgraue Mondlicht.

573.

G.

Aus dem Leben eines deutschen Kolonisators und Naturforschers.

631.

B. Geschichte der Geographie (inkl. Biographie).

Friedrich Müller (Blumenau).

K. v. Spruner. 638. W. Wolkenhauer (Bremen). Zum 12. Oktober.

641.

Eugen Gelcich (Lussin piccolo).

Mathematische Geographie bei den Arabern. 651. G.

Die Briefe des Amerigo Vespucci . 14. G. Galileis Mathematische Geographie. 31. G.

Reise des Padre Manuel Godinho S. J. von Indien nach Portugal

im Jahre 1663. 657. 678. G. Th . Reichelt (Rheinfelden ).

Moltkes geographische Leistungen. 33. 52. 76. S. Günther.

Geschichte der Kander-Regulierung. 669.

Ein wichtiges Dokument zur Geschichte der Ethnologie . 47. G. Die Astronomie der alten Chaldäer. 59. 72. 87. 101 . Fritz Hommel (München). Quatrefages. 95. G. Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien

Brachelli. 700. W. Wolkenhauer (Bremen ).

von Europa erhalten ? 122. 141. 153. A. Schück (Hamburg). Adrian von Riedl , der vornehmste altbayerische Hydrograph. 129. Christian Gruber (München). Airy. 172. G. Pater Schynse . 172. G. Reminiscenz zur Geschichte der Methodologie.

173.

Zur mittelalterlichen Geographie und Ethnographie. Bates. 191. W. Wolkenhauer (Bremen ).

G.

228.

Die Globen Gerhard Kremers in Italien. 700. Eugen Gel. cich ( Lussin piccolo) . Arthur Breusing . 721. W. Wolken hauer (Bremen).

E. Kling. 749. W. Wolkenhauer (Bremen). Der tunesische Geograph Hadji Ahmed . 750. Eugen Gelcich ( Lussin piccolo) . Friedrich v . Hellwald . 753. M. Hoefler (Tölz). Beiträge zur Geschichte der oceanischen Schiffahrtregeln und Segelhandbücher. Ein Beitrag zur Geschichte der maritimen

Geographie. 769. 791. 809. 824. 835. Eugen Gelcich

177. G.

Reisebriefe von Charles Darwin. 193. 215. W. Preyer (Berlin ) . Grant . 222 , W. Wolkenhauer (Bremen) . Gretschel . 222 . W. Wolkenhauer (Bremen) . Wilhelm Junker. 225 . W. Wolkenhauer ( Bremen ). Sir Francis Drake auf dem Isthmus von Panamá.

G.

( Lussin piccolo) . Etymologie des Wortes » Calamita « .

785.

G.

Ein altes indisches und arabisches Instrument zum Bestimmen

der Polhöhe gewisser Orte . 814. A. Schück (Hamburg). Merkwürdige Polarfahrt. 846. A. Schück (Hamburg). Die portugiesischen Wappenpfeiler. 847. G.

Ed .

Hahn ( Berlin). Der angeblich älteste Stadtplan von Wien . 239. Rob. Sieger (Wien ).

C. Wirtschaftliche Geographie.

Comenius als Geograph und Naturforscher. 241. 260. S. Günther.

Zur Geographie der Schienenwege. 24. W. Goetz (München).

Drei Karten von Gerhard Mercator. 257. 275. Ernst Fischer (München).

Der Notstand in Russland. Ein Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart. 81. 97 . Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis. 91. Rudolf Fitzner (Sousse) . Die Agrarfrage in Japan. Teilweise nach Ota Nitobe und anderen . 138. 149. Wilhelm Krebs (Altona) . Zur Terminologie der Wirtschaftsformen der Erde. 157. Georg Wegener ( Berlin) . Afrikanische Eisenbahnen. 173. G.

Murray. 270. W. Wolkenhauer (Bremen) . Ewald. 303. G. Turazza. 317. G.

Zur Geschichte der barometrischen Höhenmessung. 335. G. Mombassa vor 400 Jahren.

335.

G.

Menke. 366. W. Wolkenhauer (Bremen). Duveyrier. 383. W. Wolkenhauer (Bremen). Küster. 397 . W. Wolken hauer (Bremen). H. Hoffmann .

413.

G.

Zur mittelalterlichen Ethnographie. 424. Fr. Guntram Schult heiss (München) .

Die Wald- und Forstkultur Serbiens.

188. Anton Schmitter

(Belgrad-München) . Tropische Agrikultur. 221 . W. Goetz (München) . Zinnbergbau im Fichtelgebirge . 223. G.

Inhalts -Verzeichnis.

IV

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumatras . 267. 284 . W. Danne (Deli). Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland . 300.

314. 331. 347. P. Seeberg (Stuttgart).. Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .

385 .

C. St. Jovanovič (Dresden ). Eine Eisenbahn durch die Sahara. 410. 420. Adolf Fleisch mann (München). Wald-, Heide- und Moorflächen der Niederlande. 436. W. Goetz (München). Klimatische Faktoren der Weltwirtschaft. Mit speciellem Hin

blick auf Japan und Deutsch -Ostafrika. 465. 482. Wilhelm Krebs (Berlin).

Nachträgliche Notiz zur Phänologie. 350. G. R. Falbs Wetterprognosen. 369. W. J. van Bebber (Hamburg ). Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande . 372. Adolf Forster (Wien ). Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. 379 . Otto Ankel ( Frankfurt a . M.) . Die Wärme des Mondes nochmals. 383. V. Freudenberg (Mödling) Interglacialzeiten . 398. G. Neue magnetische Aufnahme Oesterreichs. 398. G. Pechuël-Lösches Studien zur Morphologie der Wüstenlandschaft. 446. G. Die ersten Quellen brennbaren Gases im deutschen Sprach

Die Sakifabrikation in Japan . 696. Joseph Grunzel (Wien).

gebiete.

Die Schwammfischerei auf den Bahama-Inseln. 790. V. Freuden berg (Mödling).

Fischreste

Die höchste Bahnlinie der Erde. 797. J. Praun (München) .

Das Sinken des Wasserspiegels im Salzigen See bei Eisleben .

Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojektes. 13. H. Habenicht (Gotha). Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde. 48. G. G. 161 .

Rich . Lüddecke (Gotha) . Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie . 202 . Emanuel Czuber (Wien ). 1 :

II .

1 000 000 .

289.

Al

brecht Penck (Wien) .

Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt. 291. H. Habe. nicht (Gotha ). Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst . I. 292 . J. H. Graf ( Bern ). Ein neuer Projektionsglobus. 321. 337. 356. Franz Adami (Bayreuth) .

Das Panorama als Hilfsmittel der Geographie. 353. Johannes Frischauf (Graz).

Zur Aitowschen Projektion . 414. Johannes Frischauf Graz). Venus als Morgen- und Abendstern . ( Bayreuth ).

462 .

Franz

Adami

Schwankung der Erdachse. 542. G. Zur stereographischen Projektion . 590. G. Zur Projektion der Erdkarte in 1 : 1 000 000. 625. E. Hammer (Stuttgart). Ein für den Geographen nützliches geometrisches Instrument. 685. G.

E. Physikalische Erdkunde

(inkl. Biologische Geographie ). ' ) Eine Skizze über Witterung und Influenza. 49. 68 . C. Lang (München ) Die Wärmestrahlung des Mondes . 79. G. Ueber die Beziehungen weit entfernter Süsswasserfaunen . 79. G. Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die

Geiser

des Yellowstone - Parks .

silurischen

Erdschichten.

478.

G.

Die VI. Allgemeine Versammlung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft zu Braunschweig, 7.-9 . Juni 1892 . helm Krebs (Berlin ) .

581. Wil

Veränderung von Flussläufen in der Quartärzeit. 590.

G.

Gedanken über das Wesen des Vulkanismus . 609. S. Günther .

G.

Noch einmal die Erdkarte im Maasstabe 1 : 1 000 000.

Die Erdkarte im Maasstabe von

unteren

Die Schwerkraft in den Alpen. 523. G. Gletscherlawinen am Montblanc. 558. G. Bestandwechsel von Eruptivgesteinen. 573.

(inkl. Kartographie und Nautik).

94.

den

V. Freudenberg (Mödling). 493. W. Ule (Halle a. d. S.). Erdbebenprophezeiungen. 513. H. Habenicht (Gotha).

D. Mathematische Erdkunde

Entfernung der Sonne von der Erde. Das geometrische Nivellement. 127 .

455. F. v. Oefele (Neuenahr). in

132 .

A. Rothpletz

(München ) . Solare Veränderungen und magnetische Störungen . 143 Luftdruckschwankungen während einer Finsternis. 172 . G.

G.

Verschiebungen der Strandlinie in Schweden und Finnland . 183 .

St. Elmsfeuer . 651. Otto Ankel (Frankfurt a. M.) . Physikalische Untersuchung des Weissen Sees. 651. G. Gewitter in Bayern . 652 . G. Grundwasserstudien . 652. G. Tierphänologie . 701 . G. Die geographische Verbreitung der Säugetiere im östlichen

Russland und ihre Bedeutung für die mitteleuropäische Diluvial . fauna. 727. 742. A. Nehring (Berlin) . Zur meteorologischen Optik im Hochgebirge. 754. Eberhard Fugger (Salzburg) .

Die Sonnenfleckenperiode. 767. G. Die Schwerkraft in den Alpen . 774 .

Emanuel Czuber

(Wien) . Die Häufigkeit der Eisberge und Klimaschwankungen .

777

H. Habenicht (Gotha) . Leuchtende Wolken.

783.

G.

Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit von der Gesteinsart. 783. G. Der Komet Holmes . 796. G. Klassifizierung der Eruptivgesteine. 797. G.

F. Allgem. Ethnologie ; Anthropogeographie. Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft. 219 . Friedrich Müller (Wien ) . Erweitertes Museum für Völkerkunde zu Leipzig. 270. G. Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit. 367. G. Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit nochmals . 447. Otto Ankel ( Frankfurt a . M.). Geheimbünde und Pubertätsweihen iin Lichte der Ethnologie . 529. Th . Achelis ( Bremen ). Ueber Bogen von Afrika und Neu-Guinea . 689. J. D. E. Schmeltz (Leiden ). Das verschiedene Wachstum der Völker. Ein Beitrag zur Kritik

anthropogeographischer Grundbegriffe. 801. 821. 843. Fr. Guntram Schultheiss (München ). Das Ohr und sein Schmuck bei verschiedenen Völkern. Friedrich v. Hellwald (Tölz) .

833 .

Rob. Sieger ( Wien). Denudation in der Wüste. 206 . Neues Tiefenlot. 206. G.

G.

Die Eiszeiten in Finnland .

Rob. Sieger (Wien).

218 .

Verlegungen der Wasserscheide.

G. Europa . ) 222 .

I.

G.

G. Junge (Sondershausen ).

Der Regenfall auf Jamaika . 244. V. Freudenberg (Mödling ).

Erlebnisse in Russland.

Betrag der Denudation durch Niederschläge .

Eine Wanderung in der Auvergne. 39. 56. 65. 84. J. Partsch

286.

G.

Schema für phänologische Beobachtunge . 287. G.

Erdbebenbeobachtungen in verschiedenenn Tiefen . 303 . G. Eine diluviale Wald- und Sumpf- Flora aus der Gegend von Rotation der Sonne .

334.

318.

( Breslau) .

Der Bernstein in Oldenburg. 78. Wiepken (Oldenburg) . Topographie des Aetna. 79. G. Die Pelagosa -Gruppe.

Cottbus. 305: A. Nehring (Berlin). Die Wasserführung der Gebirgsbäche.

G.

G.

9. 26 .

127.

Das Gebiet der Niederelbe.

G. 128.

G.

Skizzen aus Portugal . 229. N. L. Ey (Hohenstein).

1) Je nachdem bei einer Arbeit das rein naturwissenschaftliche oder das geographische Moment vorzuwiegen schien , wurde dieselbe unter dieser

unter II die mebr das ethnographische Moment betonenden Abhandlungen

Kategorie oder aber bei dem betreffenden Erdteile registriert.

aufgeführt.

1) Unter I werden bei jedem Erdteile die mehr das geographische,

V Inhalts - Verzeichnis.

V

J. Afrika .

Neue hydrographische Karten von Süddeutschland. 433. Adolf E. Forster (Wien).

Winterkurorte an der Riviera . 452. 472. Elise Emmel (Rom ). Periodische Dürre in Russland . 479. R. v . Erckert (Berlin) . Der vergletscherte Pass von Grindelwald . 574. G. Antikritische Bemerkungen , die Halligen betreffend . 622. Eugen Traeger (Nürnberg ).

Vom Dachsteinplateau. 667. Albrecht Penck (Wien) . Die Seen des baltischen Höhenrückens. 673. 694. 710. W. Ule (Halle a . d . S. ) . Temperaturverteilung in Europa. 686. G. Die Karstlandschaft des Sees von Skutari . 701 . G. Von der Insel Samos . 830. L. Bürchner (Amberg) . II .

Beiträge zur Völkerkunde Russlands. (Berlin) .

R. v . Erckert

109.

Die Lippowaner. 166. Raimund Friedrich Kaindl (Czerno witz).

Forschungen über das deutsche Wohnhaus. 246. 294. 311. 328 . 344. Gustav Bancalari (Linz). Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens. 325. 340 . Rudolf Bergner (Hermannstadt-Linz).

1.

Wissenschaftliche Durchforschung

Deutsch - Südwestafrika .

von

15. G.

Niassa -Shirē.

113.

Oskar Lenz (Prag) .

Der » versteinerte Walda . Ein Reisebild aus der arabischen Wüste . 145 . Paul Pasig (Leipzig) . Tuat. 191. G.

Afrikanische Neuigkeiten . I. 209 . Brix Foerster (München ). Emins Reisen im Osten des Bahr-el-Djebel . 349. G.

Crampels fernster Punkt. 363.

Brix Foerster (München).

Zur Physiographie der unteren (Leipzig ). Zu den Reisen Emins. 384. G. Die Hungersnot in Abessinien . (Wien) .

Nilländer .

Paul

494 .

Paulitschke

Ph .

Pasig

Afrikanische Neuigkeiten. II. 497. 515. Brix Foerster (München ) . Klima des Kaplandes. 542. G. Eine deutsche Afrika-Zeitschrift.

607. G.

Reiseberichte von Emin Pascha. 607. G.

Kulturelle Bestrebungen im Kongo-Staate .

702. G.

Afrikanische Neuigkeiten. III. 723. Brix Foerster ( München). H. Asien .

Aufklärungen über Maschona-Land . 737 757. Brix Foerster (München). Der Mokattam . 787. Paul Pasig (Leipzig ).

I.

Forschungsreisen in Niederländisch-Ostindien. 1. 17. H. Zonder van (Bergen-op-zoom). Das grosse japanische Erdbeben .

G.

15.

Das Ussuri-Gebiet, nach den Forschungen von Elisséjeff. 46. R. v . Erckert (Berlin) . ten Kates Reise in der Sunda- See . Quer durch Tibet .

94.

G.

48.

G.

Geographische Koordinaten von Khotan . Klima und Bodenkultur in Afghanistan .

IIO.

III .

G. G.

II .

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika. 5. 21. 41. W. F. Andriessen (Amsterdam ). Bevölkerung von Madagaskar. 144. G. Kunstregungen bei den Buschmännern . 591. G. Die Juden in Nordafrika . 748. Karl Ochsenius (Mar burg i . H.) .

Zoogeographisches aus Sumátra. 158. A. Prell (Amsterdam ). Sibirische Universität. 271.

K. Australien und Polynesien .

G.

Die Insel Bogaslof. 303. H. Greffrath (Dessau ). Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . 364. 380. 394 . 407.

Eugen Oberhummer (München ).

Das kaukasische Museum in Tiflis . (Leipzig)

389.

Hermann Obst

Geologie von Cypern . 430. G. Eine Forschungsreise im centralen Asien . 463. H. Greffrath (Dessau ). Einige Bemerkungen über kaukasische Gletscher und Seen . 481 . C. Hahn (Tiflis).

ten Kates Reisen in der Südsee. 510. H. Zondervan (Bergen

I.

Geognosie von Australien . III . G. Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay. 273 . H. Greffrath (Dessau ). Inseln an der Küste Neu - Guineas .

558.

H. Greffrath

(Dessau). Die Strafkolonie Numea . 670. H. Greffrath ( Dessau ). Die Gilbert -Inseln . 813. H. Greffrath ( Dessau ) . Nachträgliche Notiz über die Gilbert- Inseln . 831. H. Greff. rath ( Dessau ).

op-zoom). 511 . H. Greffrath (Dessau ). Der frühere Lauf des Amu -Darjá. Nach den neuesten For schungen von A. Konschin . 545. R. v . Erckert (Berlin) . Die vulkanische Katastrophe auf den Sangir - Inseln. 561 .

II .

Aus Borneo .

H. Zondervan (Bergen-op-zoom ).

Die deutsche Auswanderung nach Australien.

635. O. Kalt.

Reuleaux (Giessen ). Ausdehnung des Mohammedanismus gegen Osten . Der König der Máoris.

702 .

653.

G.

G.

K. Martins Reisen im Hinterindischen Archipel. 638. H. Zonder van (Bergen-op-zoom) . Svensons Reise im Goldenen Chersonnes.

686. H. Greffrath

L. Nordamerika .

(Dessau ). Das alte Bett des Oxus . 705. W. Komischke (Berlin) . Ein Besuch an den Naphthaquellen auf Apscheron . 745 . Bernhard Stern ( Wien) .

713. 731 .

Die Steppe Mughan. 808. C. Hahn ( Tiflis). II . 106.

Friedrich v. Hell .

135. 165.

Bernhard Stern

Die Christensekte der Nestorianer.

wald ( Tölz), Die Trachten im Kaukasus. ( Wien ).

Lage und Höhe des Elias-Berges. 238. G. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Litt looet -Lake in Britisch-Columbia. 252. 264. 280. C. A. Pur pus (New Bremen ). Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia. 392. 403 . C. A. Purpus ( New Bremen) . Von den Bermudas. 652. H. Greffrath ( Dessau ) . Yale und die Goldwäschereien am Fraser-Fluss in Britisch -Co

lumbia .

Atjih und die Holländer. 232. A. Prell (Amsterdam ). Die chinesischen Religionsverhältnisse.

I.

238. G.

Astronomie und Zeitrechnung der Perser .

534 .

A. J. Ceyp

(Wien) .

676.

C. A. Purpus ( New Bremen ) . 765. C. A. Purpus (New

In den Bad Lands von Dokata . Bremen ).

Die Alkali-Lakes bei Spence's Bridge. ( New Bremen).

Nachrichten über die Tagalen aus dem 16. Jahrhundert. 542. G.

Die Sintflut-Sage bei den Haida-Indianern ( Königin Charlotte 577. 598. 616 ,

Die Weddahs auf Ceylon. 570. G. Buschan (Stettin). Das Malayische, die Handelssprache Ostindiens. 760. P. S. van Ronkel ( Leiden ).

C. A. Purpus

II .

Die Vorstellungen der Swaneten von dem Leben nach dem Tode. 571. C. Hahn (Tiflis) . Neue Beiträge zur Ethnographie von Nias. H. Sundermann (Mörs ).

780.

Insel). 170. 184. A. Jacobsen (Berlin) . Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.

199.

P. A smussen (Leck ).

Der Kosiyut- Bund der Bella-Coola- Indianer. 437. J. A. Jacobsen ( Berlin) .

Inhalts -Verzeichnis.



M. Mittel- ?) und Südamerika.

Gerland , G., Atlas der Völkerkunde. 239. J. A. Jacobsen

I.

Nyland ,' Zendingskaart van Oost- en West-Indië. 240. H. Zon. dervan (Bergen -op -zoom ). Kiepert, Specialkarte des westlichen Kleinasien (3. Lieferung).

3

(Berlin ).

Der Nikaragua -Kanal. 287. G. Der Staat Santa Catharina in Südbrasilien . 427. 441. 458. 476 .

490. 504. C. Ballod ( Jena ). Reise nach Venezuela. 430. G. Neue Karte von Argentinien . 652. G. Die tertiären Primaten und der fossile Mensch Südamerikas . 698 .

255. Rob. Sieger ( Wien). Graf , Landesvermessung und Karten der Schweiz , ihrer Land striche und Kantone. 256. G. Schiffner , Die photographische Bildmesskunst oder Photo

grammetrie. 271. S. Finsterwalder (München).

Georg Buschan (Stettin ). Tektonik des Hochlandes von Mexiko.

767.

Kerner v. Marilaun , A. , Pflanzenleben . 272. Erich Goe

G.

bela (Potsdam ). II .

Das mexikanische Wurfbrett.

Jäger , Die Verwendbarkeit der afrikanischen Elephanten. 287 .

W. Götz (München ).

191. G.

Die Indianer Centralamerikas. 350. G. Die Handelsbeziehungen der Indianerstämme Guatemalas. Karl Sapper (Coban) .

Reicke - Schack , Die landeskundliche Litteratur der Provinzen 593

Ost- und Westpreussen. 288. G. Metzger , Europäische Ansiedler in Niederländisch -Ostindien . 288.

I.

Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland 31. G. Fischerei im nördlichen Eismeere .

523 .

Zur antarktischen Forschung . 606. A. Schück ( Hamburg ). II .

Grönland und der Eskimo. 647. 663. 681. Fridjof Nansen (Christiania).

Lehmann , F. W. P. , Das Königreich Rumänien .

G.

16.

Veröffentlichungen der Kommission zur Erforschung des östlichen G.

Det Norske geografiske Selskabs Årbog, I. II. 48. Rob. Sieger ( Wien ) .

Beiträge zur Geographie des festen Wassers . 63. Erich Goe beler (Potsdam).

Anales de Instituto fisico -geografico nacional, publicado bajo la direccion del Prof. Enrique Pittier .

80.

W.

Sievers

( Giessen) .

Dorn, Die Seehäfen des Weltverkehrs. 95. H. Lange ( Berlin ). Fritzsche, Carta generale della Sicilia. 96. H. Lange (Berlin). Voigtländer -Mehlis, Pfalzführer.

96.

G.

Juling , Taschenbuch der höheren Schulen Deutschlands für 1891/92. 96. G. Falb , Kalender der kritischen Tage 1892.

Die hygienischen Verhältnisse der grösseren Garnisonsorte der österreichisch -ungarischen Monarchie , IX .

320.

G.

Collignon , Projet d'entente internationale pour arrêter un pro gramme commun de recherches anthropologiques. 336. Georg Buschan (Stettin ). Reichard , Deutsch-Ostafrika. 350. Ph . Paulitschke (Wien) . Nerazzini , La conquista Mussulmana dell' Etiopia nel secolo XVI . 350. Ph . Paulitschke (Wien) . Guiral , Le Congo français du Gabon à Brazzaville. 351. Ph .

Paulitschke (Wien). Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen , XLVI. 351. Max Buchner (München ).

Bücherbesprechungen . Mittelmeeres . 32.

G.

Widmann , Spaziergänge in den Alpen . 304. G. Singer , Wolkentafeln . 304. G. Neumayer, Atlas des Erdmagnetismus. 318. F. Erk (München) .

N. Polarländer.

Verbeek , Oudheidenkundige Kaart van Java. 351. Max Buchner (München ).

Bydragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indië, V, 7. 351. Max Buchner (München ). Käsemacher , Die Volksdichte der Thüringischen Triasmulde. 351. Eugen Träger (Nürnberg) . Frisch auf, Aus den Schladminger Tauern . 352. G.

Lannoy de Bissey, Les possessions françaises de la Médi. terranée du Soudan (Niger). 367. Ph. Paulitschke (Wien). Lannoy de Bissey , Voyage du R. P. Mercui de Quilimané -au lac Nyassa et retour. 367. Ph. Paulitschke (Wien ). Kallenberg, Auf dem Kriegspfade gegen die Massai. 367 . W. Götz (München) .

Geistbeck , M., Geographische Landschafts- und Städtebilder 96.

G.

( 1. Lieferung ).

368.

O. Steinel ( Schweinfurt).

Wislicenus , Handbuch der geographischen Ortsbestimmungen

Brinton , Anthropology: as a Science bod as a Branch of Uni

auf Reisen . I12 S. Finsterwalder (München ). Annalen des k . k . Naturhistorischen Hofmuseums , VI , 3 und 4 .

versity Educations in the United Staates. 384. Georg Buschan (Stettin) . Falb , Das Wetter und der Mond . 384. G.

112.

G.

Evangelisches Missions-Magazin, XXXVI .

112 .

G.

Pfeiffer , R. , Ueber kritische Tage und Schlagwetter. 384. G.

Schneider , W. , Die Religion der afrikanischen Naturvölker.

128. Brix Förster (München ).

144 .

384.

G.

Brinton , Studies in South American Native Languages. 398.

Ruge , S. , Kleine Geographie , 4. Aufl. 144. Otto Ankel ( Frankfurt a . M.) . Ruge , S. , Geographie , insbesondere für Handelsschulen und

Realschulen , 11. Aufl .

Timm , Wie gestaltet sich das Wetter ?

Otto Ankel ( Frankfurt a. M.)

Krauss, Ferd . , Die eherne Mark. 159. Johannes Frisch auf

Friedrich Müller (Wien) .

Kiepert , Carte générale des provinces Européennes et Asia tiques de l'Empire Ottoman. 399. Rob . Sieger ( Wien) . Brockhaus' Konversationslexikon, 14. Aufl., 1. u. 2. Bd. 400. G. Die Entscheidungskämpfe im chilenischen Bürgerkriege 1891 . 400.

(Graz ).

G.

160.

Tschudi, J. v . , Der Tourist in der Schweiz und dem angren zenden Süddeutschland, Oberitalien und Savoyen . 400. G.

Ploss - Bartels , Das Weib in der Natur- und Völkerkunde . 171 . Th . Puschmann (Wien) .

Schuler , Dislokationskarte der indobritischen Streitkräfte in

Kainz, Praktische Grammatik der armenischen Sprache .

P. Basilius Sarghisean ( Venedig) . Bericht über die Ausstellung des IX. Deutschen Geographentages zu Wien. 176. Otto Ankel ( Frankfurt a . M.). Ruge , S. , Christoph Columbus. 192 , G Cremer, Ein Ausflug nach Spitzbergen . 192 . G Wilken - Pleyte, G. A. , Handleiding voor de vergelijkende Volkenkunde van Nederlandsch - Indië ( 1. Lieferung ). 207 . A. B. Meyer (Dresden) .

Fennia , IV . 208. Rob. Sieger (Wien ). Karrer , Führer durch die Baumaterialiensammlung des k . k . Naturhistorischen Hofmuseums. 223 . W. Götz (München ). Sammlung Göschen , Bändchen 11 , 13 , 18 , 26. 223. Otto Ankel ( Frankfurt a . M.) . Breton , Dictionaire caraibe -français. 224. Friedrich Müller ( Wien) .

Ostindien und der russischen Streitkräfte in Asien . 414. Brix

Förster (München ). Wessinger - Witte - Herbers , 'Beiträge zur Namenverbesserung der Karten des Deutschen Reiches. 415. J. J. Egli (Zürich) .

Middendorf , Das Muchik oder die Chimu - Sprache.

Erbach , Graf E. v., Wandertage eines deutschen Touristen im Strom- und Küstengebiete des Orinoko . 431. W. Sievers (Giessen) . Peters, Gefechtsweise und Expeditionsführung in Afrika. 431 .

Brix Förster (München ). Benko , Frhr. J. v. , Die Schiffsstation der k . und k . Kriegs marine in Ostasien . 432. G.

Simony , O. , Die Canarischen Inseln , insbesondere Lanzarote und die Isletas.

432.

Missernte und Notstand . 1) Zu Mittel- Amerika wird hier auch Mexiko gerechnet.

431 .

G. Friedrich Müller (Wien) .

G. 448 .

Sievers , Asien ( 1. Lieferung). 463. Georg Wegener (Berlin ).

1



VII

Inhalts - Verzeichnis.

Ganzenmüller , Erklärung geographischer Namen. Nebst An

Traeger , Die Halligen der Nordsee. 463. G. Bilfinger , Die mittelalterlichen Horen und die modernen Stun den . 464. G. Curzon , Persia and the Persian Question . 479. G. Schnell , Das marokkanische Atlasgebirge . 494. Th. Fischer (Marburg i . H. ) .

Wichmann , Der Hohe Atlas.

494. Th. Fischer (Mar

burg i . H. ) .

Neussel , Los cuatro viajes de Cristóbal Colón. 495. Th. Fischer (Marburg i . H.).

Hugues , L'opera scientifica di Cristoforo Colombo. 496. G. Klein ; H. J. , Jahrbuch der Astronomie und Geophysik , II . 496.

G.

Meyers Reisebücher ; Türkei und Griechenland ; Untere Donau länder und Kleinasien . 496. G. Paulsen , A. , Communications de l'observatoire magnétique de Copenhague . 511. G. Partsch , Litteratur der Landes- und Volkskunde der Provinz Schlesien . 511. G. Kärger , Tangaland und die Kolonisation Deutsch -Ostafrikas .

leitung zur richtigen Aussprache. Beitrag zur Schulgeographie. 671.

G.

Hübner -Juraschek , Geographisch -statistische Tabellen aller Länder der Erde, 41. Ausgabe für 1892. 672. G. Die Rumänische Frage in Siebenbürgen und Ungarn . 672. G. Baumgartner , Kurze Nachricht von der Republik Paraguay ( Lissabon 1760) . 672 . W. Goetz (München ) . Ijzerman , Beschrijving der Oudheden nabij de Grens der Re

sidentien Soerokarta en Djogdjakarta . 672. Max Buchner (München ).

Schleicher , Die Somali-Sprache. 686. F. Praetorius( Breslau ). Jahrbuch des Siebenbürgischen Karpathen -Vereins, XII . Jahrgang. 687.

Henry Lange ( Berlin) .

Früh , Die Erdbeben in derSchweiz in den Jahren 1888–91.688. G. Annalen des k . k . Naturhistorischen Hofmuseums, VII , 3. 688. G. Brachelli , H. F. v. , Statistische Skizze des Deutschen Reichs nebst seinen Schutzgebieten und dem zollvereinten Gross herzogtum Luxemburg. 702 . 0. Steinel (Schweinfurt) .

Penck , A. , Das Studium der Geographie. kandidaten .

512. W. Goetz (München). Dambach , Das Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reiches

vom 28. Oktober 1871. 512. Henry Lange (Berlin) . Gabelentz , G. v. d . , Die Sprachwissenschaft, ihre Aufgaben , Methoden und bisherigen Ergebnisse. 524. Friedrich Müller (Wien) .

703.

Für Lehramts

G.

Zanotti - Bianco , Le livellazioni di precisione ed il livello del mare .

703.

G.

Sohncke , Gemeinverständliche Vorträge aus dem Gebiete der Physik . 703. G.

Münzenberger -Spillmann, Abessinien und seine Bedeutung

lung und Physiologie . 543. Th . Achelis ( Bremen ). Schütt , Meerferne und Küstenerreichbarkeit im mittleren Europa . 543. W. Goetz (München) .

für unsere Zeit . 704. G. Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte , XV. Jahrg. 704. G. Niederländisch- Indische Kartographie. 718. H. Zondervan ( Bergen - op-zoom) . v . Scheda - Steinhauser - Peucker , Generalkarte der Balkan halbinsel . 719. Albrecht Penck (Wien).

Lenz, O., Timbuktu, 2. Aufl. 544. G.

Schriften des k . Sächs . Statistischen Bureaus.

Breusing , Das Verebnen der Kugelfläche für Gradnetzentwürfe. 528.

G

Kleinpaul, Das Stromgebiet der Sprache. Ursprung , Entwicke

The Exposition Graphic Chicago , I , 1 . 544.

G.

Schreiber , P., Untersuchungen über das Wesen der sogen. Besselschen Formel , sowie deren Anwendung auf die tägliche periodische Veränderung der Temperatur. 559. G. Stok , J. P. van der , De Harmonische Analyse der Getijden, toegepast op Waarnemingen in Tiilatjap. 559. G.

719.

Henry

Lange (Berlin ). Meyer, Rud. , Eine Afrika-Reise in achtzehn Tagen . 720. 0. Steinel (Schweiufurt). Bär , O. , In Rübezahls Revier. 720. J. Partsch ( Breslau) . Fewkes , A. , Journal of American Ethnology and Archaeology . 734.

Th . Achelis (Bremen) .

G. Gerland -Langenbeck -Hergesell- Rudolph, Geogra

Schreiber, P. , Die Beziehungen zwischen dem Niederschlag

phische Abhandlungen aus den Reichslanden Elsass-Lothringen,

in Böhmen und dem Wasserabfluss in der Elbe bei Tetschen.

1. Heft.

560.

735.

G.

Orell Füsslis Europäische Wanderbilder, Nr. 198 u. 199. 560. G. Kunz , H. , Der Bürgerkrieg in Chile.

W. Ule (Halle a. d. S.).

Hildenbrand , F. J. , Matthias Quad und dessen Europae Uni versae et Particularis Descriptio. Ein Beitrag zur Geschichte

560. G.

der deutschen Kartographie. 735. G.

Egli , J. J. , Nomina Geographica. Sprach- und Sacherklärung von 42 000 geographischen Namen aller Erdräume; Lieferung

Ehrenburg , Beiträge zur Geschichte der fränkischen Karto

I U. 2 . 574. A. Kirchhoff ( Halle a . d . S.) . Bastian , Ideale Welten in Wort und Bild . 575. Th . Achelis

graphie zur Zeit des Fürstbischofs Julius Echter von Mespel baum (1578—1617), l. 735. G.

(Bremen ). Richter , Ed., Die Erschliessung der Ostalpen, Heft 1-4. 591 .

Regelmann , Das Altwürttembergische Forstkartenwerk des

Otto Ankel ( Frankfurt a . M.) .

Rapport de la commission d'études du lac Balaton pour 1891 . 591.

W. Ule (Halle a. d . S. ) .

Melingo , P. v., Griechenland in unseren Tagen . Studien und Bilder . 592 . A. Philippson (Bonn). Rossner , Der Rennsteig des Thüringer Waldes. Jetzt und früher. 606. Fr. Regel (Jena) . Sundermann , Kurzgefasste Niassische Grammatik . 607. Fried.

rich Müller (Wien ). Sundermann , Kleine Niassische Chrestomathie mit Wörterver

zeichnis . 607. Friedrich Müller (Wien). Christaller , Handbuch der Duala-Sprache. 608. Friedrich Müller (Wien). 639.

Bibliothek zu Stuttgart . 736. G. A. Hartleben -Umlauft , Kleiner Handatlas über alle Teile der Erde. 736. G.

Neunzehnter Bericht des Museums fürVölkerkundezu Leipzig. 736.G. Memoiren der kaukasischen Abteilung der Kaiserlich Russischen Geographischen Gesellschaft, XIII , 2. 751. C. Hahn ( Tiflis).

Hibsch , Die Insel älteren Gebirges im Elbthale von Tetschen . 752. A. Hettner (Leipzig). Wershoven , Lehr- und Lesebuch der siamesischen Sprache und deutsch - siamesisches Wörterbuch .

768 .

Friedrich

Müller (Wien) .

Sundermann , Deutsch-Niassisches Wörterbuch . 607. Fried rich Müller (Wien).

Conwentz , Die Eibe in Westpreussen .

Kriegsrates Andreas Kieser im Besitze der k . Oeffentlichen

H. Dingler

(Aschaffenburg ) Rausch , Bulgarien; seine wirtschaftliche und finanzielle Ent wickelung. 640. W. Goetz (München). Chijs , J. A. van der , Nederlandsch -Indisch Plakaatboek 1602 bis 1811. 640. Max Buchner (München ). Hahn , C. , Aus dem Kaukasus, Reisen und Studien . Peter v . Stenin ( St. Petersburg) .

Pilling , Bibliography of the Algonquian languages.

768 .

Friedrich Müller ( Wien) . Brockhaus ' Konversationslexikon , 14. Aufl., 3. und 4. Bd . 768. G.

Loeschmann , Beiträge zur Hydrographie deroberen Oder . 784.G. Die hygienischen Verhältnisse der grösseren Garnisonsorte der österreichisch -ungarischen Monarchie , X. 784. G. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark, Jahrgang 1891. 784. G.

Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft in München für 1890 und 1891. 797. Rob. Sieger (Wien).

653 .

Hassert , Reise durch Montenegro nebst Bemerkungen über Land und Leute. 798 . A. Kirchhoff (Halle a. d. S.).

Wlislocki , H. v . , Aus dem inneren Leben der Zigeuner. 655 . Raimund Friedrich Kaindl ( Czernowitz ). Mitsotakis , Neugriechischer Sprachführer. 656. D. Hesse

La nao Santa Maria , capitana de Cristóbal Colón en el descu

ling ( Leiden ). Fennia , V. 670. Rob. Sieger (Wien ). Richter , Ed. , Urkunden über die Ausbrüche des Vernagt- und

piccolo ) . Hoyo Sáinz , L. de , y Telesfòro de Aranzadi, Un avance

Gurglergletschers im 17. und 18. Jahrhundert . 671. Otto Ankel (Frankfurt a. M.).

Rein , Geographische und naturwissenschaftliche Abhandlungen , I.

brimiento de las Indias Occidentales, reconstituida por inicia

tiva del Ministerio de Marina. 799. Eugen Gelcich (Lussin á la antropología de España. 800. Georg Buschan (Stettin). 814.

G.

Inhalts -Verzeichnis,

VIII

Ratzel , Ueber allgemeine Eigenschaften der geographischen

Grenzen und über die politische Grenze. 815. G. Claparède , A. de , Annuaire Universel des Sociétés Géo graphiques. 815. G. Tischner , Le pouvoir grossissant de l'atmosphère.

Raab , Der alte und der neue Kongostaat .

B. Volz

816 .

(Potsdam ). Lindeman , Der norddeutsche Lloyd .

831.

G.

Krebs, Grundwasserbeobachtungen im unterelbischen Gebiete. 816.

G.

Westrick , Fünfstellige Logarithmen. 816. G. Die ungarischen Rumänen und die ungarische Nation . 816. G. Dekker , Die Sturmfluten am 3. und 4. Februar 1825 und ihre Verheerungen in Ostfriesland nebst Nachrichten über frühere

und spätere Zeiten. 816. Eugen Traeger (Nürnberg). Günther , Columbus und die Erweiterung des geographisch

kosmischen Horizontes. 816. B. Volz (Potsdam ).

832.

G.

Graf, Das Leben und Wirken des Physikers und Astronomen J. J. Huber aus Basel . 832. G. Jonas, Induktive Heimatkunde als Grundlage des geographischen Unterrichtes.

832.

G.

Virchow , Crania Ethnica Americana.

847. G.

Bender , Rom und römisches Leben im Altertum .

Raineri, La Marina Mercantile Germanica.

848.

848.

G.

G.

Verzeichnis der Mitarbeiter (und Mitarbeiterinnen ). Achelis, Th. , Dr. phil. , Gymnasialoberlehrer, Bremen .

Adami , Franz, k . Reallehrer , Bayreuth. Andriessen , W. F. , Amsterdam .

Ankel , Otto , Dr. phil . , Frankfurt a . M.

k. Militärbildungsanstalten u. Privatdocent | Partsch , J. , Dr. phil. , Professor der Geo der Geographie an der Technischen Hochschule, München .

graphie an der Universität Breslau .

Pasig, Paul, Professor, Leipzig.

Graf, J. H. , Dr. phil., Professor der Mathe. Paulitschke, Ph . , Dr. phil . , kais. Rat , Pro. fessor und Privatdocent der Geographie matik an der Universität Bern .

Asmussen, P., Leck in Schleswig-Holstein. Greffrath , H., Schriftsteller, Dessau.

an der Universität Wien .

Ballod , C. , Dr. phil . , Jena. Gruber , Christian , Dr. phil . , Hauptlehrer Penck , Albrecht , Dr. phil., Professor der Bancalari , Gustav, k . k . Oberst a . D. , Linz. an der Städt . Handelsschule, München . Geographie an der Universität Wien .

Bebber, W.J. van, Dr. phil., Professor und Grunzel, Joseph, Dr. phil., Wien.

Philippson, A. , Dr. phil., Privatdocent der

Geographie an der Universität Bonn . Abteilungsvorstand der Deutschen See. Habenicht, H. , Kartograph , Gotha. Hahn , C. , Professor und kais. russ. Staats. Praetorius, F. , Dr. phil . , Professor der orien warte, Hamburg rat, Tiflis . talischen Sprachen an der Universität Bergner, Rudolf, Schriftsteller, Linz ( früher Hermannstadt ). Breslau . Hahn , Ed . , Dr. phil . , Berlin .

Blumentritt, Ferd. , Professor, Leitmeritz Hammer, E., Professor der Geodäsie an der Praun ,J.,Dr.phil.,Gymnasiallehrer,München . (Böhmen).

Technischen Hochschule, Stuttgart .

Prell , A. , Schriftsteller, Amsterdam .

Buchner, Max , Dr. med ., Professor und Hellwald, Friedrich Heller v. , Schriftsteller, Preyer, W., Dr. phil . , Professor, Berlin . Konservator der ethnographischen Staats Tölz . † Purpus, C. A., New Bremen in Ohio (Nord amerika ). sammlungen , München. Hesseling, D. , Dr. phil., Leiden. Bürchner , L., Dr. phil. , k . Gymnasiallehrer, Hettner, A., Dr. phil. , Privatdocent der Geo Puschmann , Th . , Dr. med ., Professor der Amberg :

graphie an der Universität Leipzig.

Geschichte der Medizin und medizinischen

Buschan, Georg, Dr. med. u. phil. , Stettin. Hoefler, M. , Dr. med ., prakt. Arzt, Tölz. Geographie an der Universität Wien . Ceyp , A. J. , Wien . Hommel, Fritz , Dr. phil . , Professor der Regel, Fr. , Dr. phil. , Professor der Geo Czuber, Emanuel , Dr. phil . , Professor der

orientalischen Sprachen an der Universität

Mathematik an der Technischen HochMünchen . schule, Wien . Jacobsen , J. A. , Berlin .

graphie an der Universität Jena . Reichelt, G. Th . , Missionar, Rheinfelden . Ronkel , P. S. van , Leiden .

Rothpletz , A. , Dr. phil . , Privatdocent der Danne, W. , Deli auf Sumátra. Jovanovič, C. St. , Dresden. Geologie an der Universität München . Dingler, H. , Dr. med . , Professor der Botanik Junge, G. , Sondershausen . an der Centralforstlehranstalt, Aschaffen. Kaindl, Raimund Ferdinand, Professor, Wien Sapper, Karl , Dr. phil . , Coban in Guatemala. Sarghisean , Basilius, Pater , Mechitarist, ( früher Czernowitz ) . burg

Egli, J. J. , Dr. phil ., Professor an der Kan . Kalt-Reauleaux, D., Giessen. Venedig. tonschule, Zürich . Kirchhoff, A. , Dr. phil. , Professor der Geo Schmeltz, J. D. E. , Dr. phil . , Konservator Emmel , Elise , Bergamo ( früher Rom).

graphie an der Universität Halle a . d . S.

Erckert, R. v., kais, russ. General a. D. , Berlin. Krebs, Wilhelm , Leipzig (früher Altona und Erk , F. , Dr. phil . , Adjunkt der bayr. meteor.

Berlin).

des

Ethnographischen Reichsmuseums,

Leiden . Schmitter, Anton , Schriftsteller , München ( früher Belgrad ).

Centralstation und Privatdocent der Me. Komischke, W. , Dr. phil . , Berlin. teorologie an der Universität München . Lang , C. , Dr. phil., Direktor der bayr. Schück, A., Seeschiffer, Hamburg. Ey , Natalie L. , Hohenstein in MecklenburgStrelitz

meteorolog. Centralstation u. Privatdocent Schultheiss, Fr. Guntram , Dr. phil . , k. Real . lehrer a . D. , München. der Meteorologie an der Universität und Seeberg, Paul, Pastor, Stuttgart, Technischen Hochschule, München.

Finsterwalder, S., Dr. phil ., Professor der Mathematik an der Technischen Hoch- Lange , Henry, Professor, Berlin .

Sieger, Robert,Dr.phil. , Graz (früher Wien ).

schule, München.

Lenz, Oskar, Dr. phil . , Professor der Geo Sievers, W. , Dr. phil . , Professor der Geo graphie an der Universität Giessen . Fischer , Ernst , Professor des technischen graphie an der Universität Prag .

Zeichnens an der Technischen Hochschule , Lüddecke, Richard, Dr. phil . , Kartograph, Steinel , Oskar, k . Reallehrer, Schweinfurt. Steinhausen , Georg, Dr. phil . , Universitäts bibliothekar, Jena (früher Greifswald ). graphie an der Universität Marburg i . H. logisch- Ethnograph . Museums, Dresden . Stenin , Peter v ., St. Petersburg . Fitzner, Rudolf, Sousse in Tunisien . Müller, Friedrich , Dr. phil . , Professor der Stern, Bernhard, Schriftsteller, Wien . Fleischmann, Adolf, herz. sächs. JustizamtSprachwissenschaft an d .Universität Wien. Sundermann, H., Missionar, Mörs in Rheinpr. mann a . D. , München . Müller, Friedrich , Naturforscher, Blumenau Traeger, Eugen , Dr. phil., Assistent am Foerster, Brix , k. bayr. Oberstlieutenant a. D. , in Brasilien . Germanischen Nationalmuseum , Nürnberg. Ule, W. , Dr. phil . , Privatdocent der Geo Fridjof Nansen , Dr. phil., Christiania . München . Forster, Adolf E. , Assistent der geographi- Nehring, A. , Dr. phil. , Professor der Zoo- graphie an der Universität Halle a . S. München .

Gotha .

Fischer, Th., Dr. phil. , Professor der Geo- Meyer , A. B. , Dr. phil., Direktor des Zoo1

schen Lehrkanzel an der Universität Wien.

Freudenberg, V. , Schriftsteller, Mödling bei

logie an der Landwirtschaftlichen Hoch- Volz , B. , Dr. phil. , Gymnasialdirektor, schule, Berlin .

Potsdam .

Oberhummer, Eugen , Dr. phil . , Professor Wegener , Georg , Dr. phil . , Assistent der Frischauf, Johannes, Dr. phil ., Professor der der Geographie an d. Universität München . Geographischen Gesellschaft, Berlin. Obst , Hermann , Dr. med . , Direktor des Wiepken, Oldenburg. Mathematik an der Universität Graz . Völkermuseums, Leipzig. Wisotzki , Emil., Dr. phil . , Realschulober Fugger, Eberhard , Professor, Salzburg. lehrer, Stettin. Gelcich , Eugen , Professor und Direktor der Ochsenius , Karl , Konsul a . D., Marburg i . H. Wien .

1

k. k . Marineschule (Lussin piccolo im Oefele, Felix v., Dr. med. , Badearzt, Neuen. Wolkenhauer, W. , Dr. phil., Realschulober. lehrer, Bremen. ahr in Rheinpreussen . Oppel , Alwin , Dr. phil . , Gymnasialober. Zondervan, H., Bergen-op-zoom . Goetz , W. , Dr. phil., Professor an den lehrer, Bremen . österreich . Küstenland ). Goebeler , Erich , Dr. phil . , Potsdam .

1

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 2. Januar 1892.

Jahrgang 65, Nr. 1. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.-

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

In- und Auslandes und die Postämter.

MDCXT .

einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeiie in Petit .

Inhalt : 1. An die Leser ! S. 1. - 2. Forschungsreisen in Niederländisch -Ost- Indien . Von H. Zondervan (Bergen-op Zoom). S. 2 .

3. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen ( Amsterdam ). S. 5 .

4. Erlebnisse in Russland.

5. Vorschlag zur praktischen Vortrag, gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen . Von G. Junge (Sondershausen ). S. 9 . 6. Geographische Mit Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojekts. Von H. Habenicht (Gotha) . S. 13 .

teilungen . (Die Briefe des Amerigo Vespucci; Das grosse japanische Erdbeben ; Wissenschaftliche Durchforschung von Deutsch Südwestafrika .) S. 14.

7. Litteratur. ( F. W. P. Lehmann .) S. 16 .

An die Leser ! Mit dem Beginne des Jahres 1892 hat der Unterzeichnete die Herausgabe der Wochenschrift

»Ausland« übernommen . Von den Grundsätzen, welche ihn in dieser seiner Thätigkeit leiten werden, gedenkt er im folgenden mit aller Kürze Rechenschaft abzulegen.

Das » Ausland« ist gegründet zu dem ausgesprochenen Zwecke, die Erdkunde nach allen Seiten hin zu fördern, streng wissenschaftliche Darstellung aber mit Gemeinverständlichkeit zu verbinden . Unter der Leitung des unvergesslichen Oskar Peschel errang es sich rasch eine Führerstellung unter den Fach

zeitschriften , die es neben den glänzenden persönlichen Eigenschaften des Herausgebers allerdings auch dem Umstande zu verdanken hatte, dass die Anzahl der geographischen Organe in jener Zeit eine weit geringere, das Ringen im Wettbewerbe somit ein wesentlich leichteres war. Nur zu wohl fühlt der neue Herausgeber die Schwierigkeit, in die Nachfolge Peschels einzutreten, eines Mannes, dem die Gegenwart

vielleicht nicht durchweg so gerecht worden ist , wie sein Streben es verdiente, eines Mannes jedenfalls, ohne den die Geographie ihre Anerkennung als selbständige Wissenschaft nicht so rasch erreicht

· hätte, und für den , mag auch im einzelnen die Forschung manche seiner Ansichten berichtigt haben , doch im vollsten Maasse das Wort gilt : Wer den Besten seiner Zeit genug gethan , der hat gelebt für alle Zeiten . Für die nunmehr ihr Amt antretende Redaktion kann nur der tröstliche Gedanke maassgebend sein, dass grossen Aufgaben gegenüber schon der gute Wille wertvoll ist, falls die Kräfte zu einer Lösung, wie sie im Ideale vorschwebt, sich nicht als ausreichend erweisen. Jedenfalls soll der ernste Versuch

gemacht werden , im Geiste Peschels und nicht minder in demjenigen Friedrich Ratzels , welcher durch eine Reihe von Jahren an der Spitze des Blattes stand , die Wochenschrift weiterzuführen .

Dieselbe soll ein Centralorgan für die geographische Gesamt wissenschaft sein, im weitesten Sinne des Wortes, und ohne dass, wenigstens nach der Absicht des Leiters, irgend eine Seite

der Erdkunde neben einer anderen vernachlässigt würde. Auch die Völkerkunde, welche sich ja unter der bisherigen Leitung einer so liebevollen und sachkundigen Berücksichtigung zu erfreuen hatte, soll nicht

etwa in den Hintergrund treten , jedoch soll stets nur das eigentlich Geographische zur Geltung ge langen, während andere an sich wichtige, der Geographie als solcher jedoch ferner stehende Fragen besser anderen Journalen vorbehalten archäologische, rein geschichtliche, prähistorische, philosophische bleiben . Diesen Punkt möchte der Unterzeichnete besonders betonen , weil ihm in der so kurzen Zeit

seiner Wirksamkeit bereits mehrfach Abhandlungen zugesandt wurden, welche, in ihrer Art gewiss wert voll, doch zur Erdkunde kaum mehr noch in äusserlicher Beziehung standen . An sämtliche Vertreter und Freunde der geographischen Forschung richten die Verlagshandlung

wie der Herausgeber das Ersuchen , sie bei der Verwirklichung der Absichten, welche wir eben darlegten, thatkräftig unterstützen zu wollen. Die Originalaufsätze sollen selbstverständlich wie bisher den Kern der Zeitschrift bilden , allein daneben soll auch den litterarischen Besprechungen erhöhte Beachtung zu teil

werden, und unter dem Titel »Geographische Mitteilungen « wird eine Uebersicht über bemerkenswerte Erweiterungen des geographischen Horizontes, wie nicht minder über neue Resultate der wissenschaft lichen Erdkunde zu liefern beabsichtigt. Ausland 1892 Nr. 1 .

I

Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .

2

Hiermit sei das » Ausland« seinen Lesern bestens empfohlen. Möge es gelingen, ihm seine ge achtete Stellung zu erhalten und zu festigen , möge daraus, wie schon erwähnt, ein die verschiedenen Seiten der weitverzweigten Disziplin gleichmässig pflegendes geographisches Organ werden, welches, ohne sich allzusehr in spezialistische Einzelheiten zu verlieren , den Wünschen des Fachmannes gleicher

weise wie denjenigen des Freundes unserer Wissenschaft entgegenkommt! Siegmund Günther.

München , 1. Januar 1892 .

Forschungsreisen in Niederländisch-

Thätigkeit der Niederländer für die geographische

Ost-Indien .

und allgemein wissenschaftliche Erschliessung ihrer

Von H. Zondervan (Bergen -op -Zoom ).

ostindischen Kolonien hauptsächlich auf die topo

1.

graphischen und hydrographischen Aufnahmen des Generalstabes und der Marine, ?) auf die Unter

Einleitung

Es ist eine erfreuliche Erscheinung, dass die

suchungen der Minen -Ingenieure , welche manchen

Inselwelt, welche die Kontinente Asien und Austra

lien von einander trennt und zugleich mit einander

wichtigen Beitrag zur Geologie und Mineralogie geliefert haben, ?) und auf die Mitteilungen von

verknüpft, während der letzten zwei Dezennien ein

Regierungsbeamten, sei es, dass sie eine Beschreibung

stets wachsendes Interesse erregt hat und noch fort- ihres Verwaltungsbezirkes oder Erlebnisse aus ihren während erregt , und dass dies nicht allein vom Amtsreisen veröffentlichten. 3 ) Daneben werden Mutterlande, sondern von den Pflegern der Wissen- | zwar seit längerer Zeit an einer Anzahl Stationen

schaften aller Nationen gilt.

Die Ursache dieser regelmässige meteorologische Beobachtungen ,speziell

Erscheinung ist wohl darin zu suchen, dass auf die Niederschläge betreffend, angestellt; auch be diesem Gebiete , wie nur an wenig anderen Stellen

schäftigte man sich in den Niederlanden wohl eini

unseres Planeten, die Probleme der verschiedensten

germaassen mit den Sprachen und Altertümern In

Zweige der Wissenschaft zur Lösung gebracht wer- sulindes, und zudem hatte man auf linguistischem den können . Für die Geologie z . B. hat dies Pro- und ethnologischem Gebiete den Missionaren nicht

fessor F. von Richthofen schon 1861 zur Genüge wenig zu verdanken ; 4) aber die geographischen dargethan . ") Gross ist denn auch die Zahl der Kenntnisse waren und blieben bei alle dem sehr Forscher, welche sich einen kleinen oder grösseren mangelhaft. Es ist fast unglaublich , wie gross un Teil dieses Archipels als Studienfeld gewählt haben . sere Unkenntnis von manchem Teile dieser reizen Es seien hier nur die Namen Junghuhn , Studer, den Inselwelt ist , ja hier wird man fast an das

Beccari, d'Albertis, Forbes, Hickson , Boch, Graf Sokratische Wort erinnert: „ wir wissen nicht, wie Solms-Laubach,Goebel, Warburg, Little , Modigliano, wenig wir wissen .« Glücklicherweise ist nun Posewitz, Jacobsen und Kühn, Metzger, Sundermann, Grabowsky, Brau de Saint-Pol Lias, Piton und viele

auch in den Niederlanden ein stets lebhafteres Inter esse für die geographische Wissenschaft einerseits

andere aus der Reihe der Naturforscher und Geo-

und für die Kolonien andererseits wahrzunehmen ,

graphen erwähnt, welche während der letzt verflossenen 20 Jahre den Malaiischen Archipel be-

wodurch hoffentlich der Niederl . Geogr. Verein in stand gesetzt werden wird , die seit einigen Jahren

Es ist freilich auffallend , in dieser Reihe

nicht einem einzigen niederländischen Namen zu

wieder in Gang gebrachten Untersuchungen nicht allein fortzusetzen , sondern auch kräftiger, als es

begegnen . Ausschliesslich Fremde waren es bis vor

bisher der Fall war , zu betreiben .

kurzem , welche in den Niederl. Ost -Ind. Kolonien

ein bei seiner Gründung 1873 die » Unterstützung

traten .

Hatte dieser Ver

naturwissenschaftliche oder geographische Forschun- geographischer Forschungsreisen und -reisender, gen anstellten. Nur eine grosse Expedition in In- vornehmlich niederländischer Nationalität « in sein sulinde ging von Holland aus : die des Kön. Niederl . | Programm aufgenommen , und wurde von dem da Geogr. Vereins zur Erforschung des mittleren Teiles maligen Präsidenten, Prof. Veth, sofort auf die Ko von Sumatra ( 1877-79 ). Die Resultate dieser lonien als das zu erforschende Gebiet hingewiesen, grossartigen Forschungsreise wurden in dem Pracht- so hat derselbe auch fort während danach gestrebt, werk » Midden -Sumatra « niedergelegt, unter Auf sicht von Professor P. J. Veth von den Mitgliedern van Hasselt , D. D. Veth , Snelleman und Cornelissen

1888, Versl. en Aardr. Meded. S. 276 » De opnemingen in Ne derl. Indië gedurende de jaren 1885 en 1886 door F. de Bas ;

selbst verfasst. ?)

ferner die verschiedenen Jahrgänge des »Koloniaal Verslag « .

Ausserdem beschränkte sich die

1 ) Zeitschr. d . Deutschen Geologischen Gesellschaft, Bd . XIV , 1862 , S. 353 .

2) Midden -Sumatra, Reizen en onderzoekingen der Sumatraexpeditie , uitgerust door het Aardr. Gen. , 1877-79 . Leiden 1881 .

4 Bände.

Ueber diese Expedition : Peterm . Geogr. Mitt.

1881 , S. 1 , Proceedings of the Royal Geogr. Society London, 1879 , S. 759 , sowie auch D. D. Veth , A travers l'île de Suinatra , Paris 1880 .

1

) Vgl. z . B. Tijdschrift v . h . Kon . Ned. Aardr. Gen.

) In dem » Jaarboek van het Mijnwezen voor Ned . Oost Indië «, seit 1871 erscheinend. 3) Die meisten und wichtigsten dieser Beiträge sind in der » Tijdschr. v . h . Kon . Ned . Aardr. Gen. « und in den » Bijdragen

>>

van het Kon . Instituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van Ned . Oost- Indië « enthalten .

4) Man braucht nur die verschiedenen Jahrgänge der »Merledeelingen van het Nederl. Zendelinggenootschap « schlagen, um sich davon zu überzeugen .

aufzu

1

Forschungsreisen in Niederländisch -Ost - Indien .

nach Kräften seine Aufgabe zu erfüllen . Leider

3

rungen getroffen, um die Meteorologie nicht zu

hatte er dabei fortwährend mit Widerwärtigkeiten auch vernachlässigen. In Batavia wurde den Reisenden vom Direktor des berühmten botanischen Gar

aller Art zu kämpfen .

Nachdem die durch die Sumatra-Expedition

tens in Buitenzorg, Dr. Treub, ein inländischer Häupt

und die Veröffentlichung ihrer Resultate erschöpften

ling (Mantri), der daselbst der Botanik oblag, nebst

Geldmittel wieder ergänzt waren , dachte man an

seinem Burschen zur Erforschung der Flora beige

eine Expedition nach dem nördlichen Teile der Ost- geben, und ferner erhielt Meyjes den Steuermann Ueberdies sollten auch

küste Borneos , und es wurde die Regierung, für

Arie Buys als Gehilfen .

welche eine genauere Kenntnis ihrer Kolonien

ethnologische und zoologische Sammlungen angelegt

natürlich von unschätzbarem Werte ist, um materielle und moralische Unterstützung angegangen. Als die Regierung aber ihre Unterstützung verweigerte, weil

und photographische Abbildungen angefertigt werden . Da Meyjes erkrankte, reiste Herr Wertheim

sie das Unternehmen für zu gefährlich hielt, wurde

am 3. April das Dorf (Kampong) Toeal auf der

ihr der Vorschlag gemacht, eine Forschungsreise an

Insel Klein- Key , in welchem

Mitte März 1883 allein von Batavia ab und erreichte

Dorfe die Dampf

der Ostküste Borneos, speziell im südlichen Teile holzsägerei des Geschäftshauses Langen und Co. derselben, zu genehmigen. Auch diesmal erhielt eingerichtet ist, und wo sich die Mitglieder der Ex der Verein eine abschlägige Antwort. Ebenso wenig

pedition niederlassen sollten . Auf einem 20 m ho

gelang es ihm, die projektierte Expedition nach dem

hen Hügel wurde ein Observatoriuin für die meteo

niederländischen Teile Neu-Guineas zur Ausführung rologischen Beobachtungen errichtet, 6 m lang, zu bringen, und auch die darauf beantragten Erfor-

schungen der Aru-Inseln oder der Obi-Gruppe zerschlugen sich an der Weigerung der Regierung.

breit und hoch , in welchem der Observator auch wohnen konnte. Anfangs Juli nahmen die Auf

zeichnungen ihren Anfang und wurden, mit einigen Unterbrechungen während der letzten Monate des

Erst am Ende des Jahres 1887 kam es zwischen der Regierung und dem Vereine zu einer Verständi

Aufenthaltes der Expedition, regelmässig fortgesetzt .

gung über eine von ihm zu veranstaltende Erfor schung der Insel Flores, behufs welcher die Re-

Die erhaltenen Tabellen sind dem kön . Niederl . Meteorol. Institute zu Utrecht übersandt worden

gierung für die Jahre 1888 10000 Gulden beisteuern sollte.

und 1889 jährlich und harren noch der Veröffentlichung. Als man endlich

Da Herr

Meyjes nach Europa zurückkehren musste , wurde

nach jahrelangen , langwierigem Briefwechsel diese seine Stelle von dem Marinelieutenant H. O. W. Uebereinkunft traf, hatte der geographische Verein Planten eingenommen , der Anfangs Oktober 1888 schon eine andere Untersuchung in Gang gebracht , auf den Key -Inseln anlangte. Die eigentliche geologische Erforschung währte nämlich die Erforschung der Key -Inseln im östWir wollen hier über den

vom Oktober 1888 bis April 1889 , wonach Herr

Verlauf dieser beiden Forschungsreisen und die durch

lichen Teile Insulindes.

dieselben erzielten Resultate einiges mitteilen, soweit

Wertheim , da seine Aufgabe erledigt war, nach den Niederlanden zurückkehrte, wo er im Juli 1889

uns beide aus den bis jetzt eingegangenen Berichten

wohlbehalten eintraf.

bekannt sind .

Key -Gruppe wurden von ihm nacheinander besucht

Die verschiedenen Inseln der

II .

(manche zu wiederholten Malen ) und geologisch

Die Expedition nach den Key- Inseln .

studiert ; zu gleicher Zeit wurde auch für die 200

Im April des Jahres 1887 wurde dem Niederl. logischen Geogr. Verein von der Firma Langen und Co. in

- mittels eines auf der Insel Ambon

engagierten Jägers

und ethnologischen Samm

Köln , welche seit einigen Jahren auf den Key-In- lungen Sorge getragen. Die Erforschung umfasste seln eine Filiale besitzt, der Vorschlag gemacht,

nach einander die Inseln Doela, Moerse, Laag -Key,

diese Inseln wissenschaftlich zu erforschen und kar

Er, Tjando, Koor oder Koer, Oning, Hoog-Key,

tieren zu lassen, und es erklärte sich die eben ge-

welche Insel an mehr als zehn Stellen durchquert wurde,

nannte Firma zu einer kräftigen materiellen Unter

Poeloe Mas, Doela Laoet und die kleine Insel Oet.

stützung bereit. Der Verein ging auf den Vorschlag | Die Key -Tenimber Gruppe konnte man der un ein , und nachdem die Niederl.-Indische Regierung günstigen Witterung wegen nicht erreichen , be um ihren moralischen Beistand angegangen und dieser dem Unternehmen zugesagt worden war, reisten Anfang Februar 1888 der Marinelieutenant R. Posthumus Meyjes und der Mineningenieur Cl .

suchte dagegen aber noch die Inseln Naaf, Ney, Varkeloer, Oer und Manis. Da ein ausführlicher Reisebericht noch nicht erschienen ist , wurde uns

J. M. Wertheim im Auftrage des Niederl. Geograph.

von den Resultaten dieser Forschungen nur eini ges aus brieflichen Mitteilungen des Reisenden in

Vereines zur Erforschung der Key -Inseln von Marseille ab. Ersterem lagen die topographischen und hydrographischen Vermessungen , letzterem die geo-

während überdies Professor K. Martin in derselben einen Artikel veröffentlichte, welcher auf der von

der Zeitschrift des Niederl. Geogr. Vereines bekannt,

logische Erforschung ob . Obwohl nun die Topo - Herrn Wertheim angelegten und von der Geogr. graphie, Hydrographie und Geologie die hauptsäch -

Gesellschaft an das Reichsmuseum für Geologie in

liche Aufgabe bilden sollten, wurden doch Vorkeh- Leiden geschenkten Sammlung von Gesteinen der

Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .

4

Key -Inseln fusst . 1) Das Hauptresultat seiner For-

sehr zuträglich , da stets kräftige Seewinde die Insel

schungen ist, dass er » nirgends eine andere als die umwehen «, doch herrschten während des Aufenthaltes Korallenbildung gefunden hat, welche an den Küsten

von Planten daselbst ununterbrochen böse Fieber,

wahrscheinlich recent, im

miocän ist.«

unser Reisender nur Gutes zu berichten, da sie ihm

überall mit der grössten Freundlichkeit entgegen

da ältere Bildungen hervorzutreten scheinen . Die kam und sich stets als gutmütig, friedfertig, harmlos Quartärformation lässt sich noch in ältere , land- | und hilfreich erwies . ») ) Wenn wir vor einem Dorfe einwärts gelegene, und jüngere, an der Küste auf- die Anker auswarfen «, schreibt Planten, » wurden tretende Bildungen trennen . Die kleine Insel Kur wir von den Häuptlingen , die mit einem Boot und ist merkwürdig , weil hier die archäische Formations- mit Musik zu uns an Bord kamen, bewillkommnet.« gruppe an den Tag tritt , und zwar finden sich in der Wertheimschen Sammlung Handstücke von Glimmerschiefer, Quarzitschiefer und Augit- Andesit.

Während er in Toeal verweilte, erhielt Wertheim

Auch quartäre Korallenkalke sind auf Kur vertre-

oft Besuche von Eingebornen. „ Sie bleiben aber schrecklich lange und denken gar nicht daran weg zugehen . Einige Häuptlinge der Insel Tajando,

ten , während tertiäre Gesteine schon von früher

welche ihn eines Abends besuchten, »schienen sich

so gut amüsiert zu haben , dass sie am

her 3) hier bekannt sind . Auch Herr Planten hat noch keinen ausführ-

lichen Reisebericht veröffentlicht,

sondern

nur

nächsten

Morgen um 6 Uhr schon wieder vor mir standen Da habe ich mir aber die Freiheit erlaubt , den Be

während seines Aufenthaltes auf den Key- Inseln ,

such der Herren und Damen abzulehnen « . Nur auf

vom Oktober 1888 bis September 1889 , von Zeit

der Gruppe der Key - Tenimber hatte Wertheim mehr

zu Zeit briefliche Mitteilungen gemacht.

Der erste

Mühe, mit den Bewohnern zu verkehren . Die Leute

Eindruck , den er von diesem Archipel erhielt, war kein günstiger, denn da der Regen nicht zur ge-

hatten solche Furcht vor ihm , dass er Niemand sprechen , viel weniger Jemand in seinem Hause aufsuchen konnte . » Ich musste selber die Häupt linge bei ihren Kleidern aus dem Hause holen, um

wöhnlichen Zeit eintrat, war alles trocken und öde .

Wohl behauptet Berminghaus, welcher 18 Monate dort gelebt hat, dass »die Inseln wasserreich ge- mich nach diesem und jenem zu erkundigen .« Vor nannt werden können « *), und auch Martin weist allem bei seiner Abreise zeigte sich die Zuneigung darauf hin , dass, obwohl der Regen in dem zer- der Key -Bewohner. Während der letzten Tage klüfteten Kalkgesteine rasch versinkt, doch Bäche meines Aufenthaltes stimmte ein Jeder, der an in grösserer Zahl« vorhanden sind 5) ; wie Planten meinem Hause vorbeikam , Trauerlieder an. An aber schreibt, war im Anfange seines Aufenthaltes jedem Abend wurden vor meiner Thüre Tänze auf daselbst das Wasser so selten , dass nicht nur die geführt, und als ich von Toeal wegsegelte, gaben Vögel fortgezogen waren, sondern die wilden mir wohl zweihundert Leute das Geleite.« Die Schweine kamen bis an die Häuser heran , um zu Hauptbeschäftigung der Bewohner ist der Bootbau. versuchen , dort ihren Durst zu stillen « ). Bald Als Seefahrer und als Holzarbeiter sind die Leute auch erwies sich seine Meinung, dass das Klima in weitem Umkreise berühmt, und Planten sagt trotzdem » ausgezeichnet« sei , als irrig . Wohl heisst denn auch, dass die von ihnen angefertigten Nachen >

es bei Berminghaus: „ das Klima ist für Europäer

und Schiffchen veisenstark « sind, wovon er sich zu wiederholten Malen überzeugen konnte. Er verliess

1) Tijdschr. v. h . Kon . Ned. Aardr. Gen. 1890, S. 241 ff., Die Key- Inseln und ihr Verhältnis zur Australisch - Asiatischen Grenzlinie , zugleich ein Beitrag zur Geologie von Timor und Celebes, von K. Martin . 2) Ibid . 1889 , S. 87 .

3) Sammlungen des geolog . Reichsmuseums in Leiden , Ser. Bd . I , S. 71 .

4) Tijdschr. v . h . Kon . Ned . Aardr. Gen. 1888 , S. 256 . 5) Ibid . 1890, S. 257 . 6) Ibid . 1889 , S. 82 .

denn auch diese Inselwelt in einem

mit ihrer Hilfe

gebauten Boote von 13 " Meter Länge und er reichte über Banda, Ambon , Boeton , Boeloe Koempa

und Soemenap, nach einer Fahrt von circa 7 Wochen , wieder Soerabaya. Bei den Barometerbeobachtungen fiel es Planten auf , dass der Luftdruck stets sehr niedrig blieb, und das Barometer niemals höher als 751 mm kam . Indessen in Port Darwin,, etwa 7 Grad mehr

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .

5

südlich gelegen, hat man einige Jahre früher dieselbe Wahrnehmung gemacht ').

Die von Herrn Wertheim mitgebrachte Ge

den Key-Inseln ist, dass er die Küsten aller der zu der Gruppe gehörigen Inseln, mit einziger Ausnahme des sehr entfernt liegenden Inselchens Koor, aufgenommen und mappiert hat, dass er die meisten Gewässer zwischen den vielen Inselchen an sehr

dieser Inseln zu beseitigen und die Lösung der Frage nach der richtigen Grenzlinie zwischen den

steinsammlung hat Professor Martin in stand ge Das Hauptresultat von Plantens Aufenthalt auf setzt ), manche irrtümliche Vorstellung bezüglich

vielen Stellen sondiert, alle Küstendörfer verzeichnet

Weltteilen Asien und Australien , welche von A. R.

Wallace in seinem bekannten Werke „The Malay

Archipelago« ganz falsch angegeben wird, wiederum einen Schritt vorwärts zu bringen. Wie Martin in seinem schon früher genannten Beitrage näher be gründet, kennzeichnet sich Gross-Key in jeder Hin

und die Lage und Höhe aller Gipfel der Insel GrossKey bestimmt hat. Das Vorhaben , Klein -Key auch topographisch aufzunehmen , musste er später, fallen sicht » als ein Glied von Neu-Guinea und somit

lassen. Ein grosser Verlust ist dies wohl nicht, als Teil des australischen Erdteiles« , und endlich » denn,« sagt Planten, » ich weiss eigentlich nicht, was

kommt er zu der Schlussfolgerung : » Im Westen von

dort zu topographieren ist.« 2) Klein -Key ist nichts | Gross-Key und im Nordwesten von Timor liegt als Wald. » Bald ist das Terrain flach, bald hügelig .« Gross waren

die Beschwerden , mit denen

Planten zu kämpfen hatte . Während der ersten Monate wurden ihm die Küstenvermessungen durch anhaltende, sehr dichte Nebel unmöglich gemacht.

Tagelang musste er oft liegen , um einen hellen

somit eine natürliche, geognostisch wohlbegründete Trennungslinie zwischen den von dem asiatischen und australischen Weltteile abgegliederten Inseln . « Wir wollen übrigens hier nochmals auf den Auf

satz (in deutscher Sprache geschrieben ) selbst ver

Augenblick abzuwarten , während meist in 500 m

weisen, vornehmlich auch, weil der Verfasser die über die Key-Inseln vorhandene Litteratur vollständig

Entfernung das Land nicht sichtbar war.

anführt (a. a . O. S. 250 u . 251).

Auch

das Terrain bringt viele Beschwerden mit, da es

niedrig und dicht bewachsen ist . „ Wenn ich etwas sehen wollte, musste ich meistens auf einen ungefähr so m hohen Baum klettern und mich oben fest

binden lassen, wo ich dann wie ein Vogel auf einem Ast wiegend sass, um meine Winkel zu messen .« 3)

Weiter hatten die Reisenden sehr oft

(Schluss folgt . )

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika. Von W. F. Andriessen (Amsterdam).

Es gibt kein Land in der Welt, das sich jemals

während des Westmonsuns mit heftigen Winden lediglich mit seinen eigenen Erzeugnissen begnügt und gewaltigen Regenschauern zu kämpfen. » Tage hat, kein Volk, das all seine Bedürfnisse unab und Nächte hindurch waren wir nass,, konnten

hängig von Fremden befriedigen könnte.

wegen der heftigen Schwankung des Schiffchens

grosse klimatische Region hat ihre eigentümlichen

Jede

nicht schlafen, und da die Küste von Klein -Key

Produkte, und immer ist das Bestreben vorhanden

nicht einen einzigen Zufluchtsort bietet, fuhren wir oft

gewesen, einen Teil derselben gegen die Erzeugnisse

nach Gross-Key hinüber, um dort, hinter den Bergen

anderer Zonen zu vertauschen . Den Tauschhandel,

liegend, einige Ruhe zu geniessen . «

holten Malen waren Planten und sein Gehilfe Buys

d . h . also eine wechselseitige Ergänzung, findet man denn auch, wie Dr. Karl Andree sagt , von Anbeginn

auch der Gefahr des Ertrinkens nahe.

der Geschichte.

Zu wieder

Wie wichtig es ist, dass wir durch diese Ex

pedition endlich eine zuverlässige Karte des Key Archipels erhalten werden, wird Jedem einleuchten, der weiss, wie sehr die verschiedenen Karten - ob

wohl nicht von den Key- Inseln allein - von einander abweichen , und zwar in dem Maasse, dass man oft Mühe hat, dieselbe Inselgruppe darin wieder zu finden “). Eine der besten Karten , die wir davon besitzen , war die von A. Langen ).

Dieses gegenseitige Dienen , vorgeschrieben von wohlverstandenem Selbstinteresse, wird durch das Wort Verkehr ganz trefflich bezeichnet. Der Ver kehr vermittelt und regelt Erzeugung und Verbrauch , Bedürfnis und Ueberfluss, Angebot und Nachfrage. Er wirkt wie Wasser, das immer einen wagrechten Stand herzustellen trachtet und Lücken im Boden oder trockene Kanäle ausfüllt, sobald es sie erreichen

kann, er bringt den Menschen ihre wechselseitige Abhängigkeit voneinander zum Bewusstsein , wodurch

1 ) Meteorologische Zeitschrift, 1886 . 2) Tijdschr. v . h . Kon. Ned. Aardr. Gen. 1890, S. 868 .

3) Ibid. 1889, S. 502. 4) Dies wurde u . a . deutlich von Professor C. M. Kan

diese einander aufsuchen und die Kultur reichlich

Früchte erntet ?) Sobald der Verkehr sich über die allerniedrigste Stufe des Austausches erhebt , macht das Bedürfnis

auf einer von ihm veröffentlichten Karte illustriert, auf welcher einige Inseln und Inselgruppen der Molukken nach den besten Karten wiedergegeben waren. S. Tijdschr. 1888 , Nr. 3 u . 4 ,

eines Wertmessers (Standard) sich fühlbar. Sogar bei den niedrigst stehenden Völkern findet man

Karte Nr. 5.

5) Veröffentlicht in dem Artikel G. Langens : The Key or Ké Islands. Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. London . Vol. X (1888), S. 764. Ausland 1892, Nr. 1 .

1 ) A. a. 0. S. 268 .

2) Dr. Karl Andree , Geographie des Welthandels, Bd . 1 . 1867 , S. 14 und 26 . 2

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.

6

denn auch schon Gegenstände, nach denen man den Wert anderer Dinge abschätzt . Voran steht unter diesen ein Gegenstand, der in allgemeinem Gebrauch ist, für welchen sich Nachfrage zeigt

buktu ungeprägtes reines Gold als Geld benutzt wurde '). Noch im Anfang dieses Jahrhunderts war Murzuk , die Hauptstadt von Fezzan , das Centrum des Handels zwischen der Nordküste und dem In

und den man hochbält, weil er nützliche Dienste

nern , wo der Goldstaub der Aschanti-Länder als

leistet, wie zum Beispiel das Kamel bei den Nomaden .

Münze benutzt wurde.

Aber manche Arten von Wertmessern haben nur

Tauschhandel mit Gold ist dagegen eine vielfach vorkommende Erscheinung in jenen afrikanischen

eine örtlich bedingte Geltung und sind nicht überall einem Wertmesser verlangt werden , der in aus-

Ländern , die südafrikanischen Buern- Republiken lassen wir hier ausser Acht — welche sich des Besitzes

gedehnten Kreisen, womöglich in der ganzen Welt,

dieses beliebten Artikels erfreuen . Die Bambarra

anerkannt, weil ihnen Eigenschaften fehlen, die von

im südlichen Teile Senegambiens werden durch muss bis in die kleinsten Bruchteile hinein zerlegbar jenes edle Metall in den Stand gesetzt, die Produkte sein, damit man Werte von jeder Abstufung für ihrer Nachbarn zu bekommen ?) ; nach Livingstone ihn eintauschen könne, er muss sich beliebig lange bringen die Eingeborenen an der Ostküste ihr Gold Zeit aufbewahren lassen, ohne dass er sich ver- nach Aztekischer Art in abgemessenen Federkielen als solcher anerkannt werden will .

Ein solcher

Das Land Ruma

schlechtert oder verdirbt, auch muss man ihn leicht

den Portugiesen zum Verkauf.

transportieren können, und deshalb darf er nicht zu massenhaft, schwer oder umfangreich sein .

südlich von Wadai heisst, nach Rohlfs , das Land

Endlich kommt es auch darauf an , dass sein Wert

oder doch den möglichst geringen sich gleich bleibe Schwankung en unterworfen sei . Alle diese Be

der Goldschmiede. Auf dem Markte in Timbuktu werden ansehnliche Goldmassen verhandelt, welche von Bambuck und Bure herstammen . Der grösste Teil dieses Goldes wird in Form von Ringen zum

dingungen erfüllt das Gold und das Silber in der Schmucke verwendet; der grössere Teil des Gold Gestalt von Barren oder ausgeprägten Münzen, und staubes geht dagegen nach Rhadames und Tripolis. deshalb sind diese edlen Metalle, im minderen Grade Die Einfuhr nach letzterer Gegend wird von Herrn auch Kupfer, schon in sehr frühen Zeiten als Wert- Testa, dem ehemaligen holländischen Generalkonsul messer aufgetreten und bei allen Völkern als solche in Tripolis, auf einen Wert von 240 000 Franks

anerkannt worden . Das Silber wurde als solcher eher benutzt als das Gold, wie die Geschichte der Phöniker uns belehrt . Goldmünzen liess erst der

geschätzt (Revue des deux mondes). Eigentümlich ist der sogenannte Mitkal "), ein von den Arabern als Einheit angenommenes Gewicht.

Es ist nur

persische König Darius, der Sohn des Hystaspes, Schade , dass dieses Gewicht an verschiedenen Orten prägen, und deshalb hiessen sie Dariken (Andree). schwankt; denjenigen von Agades finden wir als Erstaunen muss es bei

einigem

Nachdenken

erregen, dass es dem Golde, von welchem der

den kleinsten angegeben. Ganz deutlich geht in dessen aus diesen Thatsachen

das Bedürfnis an

afrikanische Boden Schätze birgt '), nie gelungen Geld hervor, wenn man auch nicht der Meinung ist, sich in Afrika zum Rang einer allgemeinen

derjenigen beistimmen kann , welche dem Mitkal

Münze emporzuheben . Bloss ausnahmsweise werden von Reisenden Märkte erwähnt, auf denen das

wirklich eine solche Bedeutung zu erkennen wollen 4). Das Eisen spielt im afrikanischen Leben eine

Gold

als

Wertmesser

dient .

Rohlfs behauptet wichtige Rolle : an manchen Orten ist es die meist

sogar, dass solches nie der Fall sei , und dass der Gold - geläufige Münze. Besonders ist solches der Fall staub, welcher auf den Markt gebracht wird, wie im Gebiete des Oberen Nils , wie Schweinfurth jede andere Ware für Geld verkauft werde ?). uns belehrt. Bei den Djur fand er als solche Münze Das stimmt jedoch nicht überein mit Barths Angabe, eine Lanzenspitze, welche meistens 60-70 cm lang Auch bei den Bongo findet dieselbe , unter ist . der in seinen » Reisen und Entdeckungen in Nord

und Centralafrika « angibt , dass an der GuineaKüste das Gold bestimmt die nämlichen Dienste

leistet , wie unser Geld .

Ehemals hat es nach

Herodot sogar ein Volk gegeben , das die Waren aus Karthago mit Gold bezahlte, und Leo Africanus, der etwa im Jahre 1500 den afrikanischen Weltteil durchschweifte , erzählt uns, dass damals in Tim1) Zur näheren Beleuchtung dieses Ausspruchs vergleiche man : H. Baudisch, Gold in Afrika (Aus allen Weltteilen 1886, S. 268, 290 u. ff.). Sich stützend auf Nachforschungen von Chevalier, Phillips, Suess u. a ., berechnet Dr. Adolf Soetbeer (Edelmetall-Produktion, Ergänzungsheft Nr. 57 zu Pet. Mitt.) , dass in Afrika von 1493 bis 1875 766000 kg Gold gewonnen wurden zum Wert von 6 500 000 000 Franks.

2) Gerh . Rohlfs, Geld in Afrika (Petermanns Mitteilungen , 1889, S. 188) .

1) Johann Leos, des Afrikaners, Beschreibung von Afrika . Herborn, 1803.

S. 485 .

2) G. Nachtigal, Handel im Sudân (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg , 1876–77 , S. 309 bis 310 ) . 3) Friedrich von Hellwald , Naturgeschichte des Menschen . (In der holländischen Bearbeitung des Doktor Paul Harting , Haarlem , 1885 , S 155. ) *) Nach Cadamosto ist das Gewicht eines Mitkals un geprägten Goldes ungefähr aequivalent mit dem eines venetia

nischen Thalers. Pik ( Effectenalmanak, 1878) sagt, man rechne

in Marokko nach Mitkals (Unzen) gleich 41/2 Musunen gleich 6 Quarten gleich 4 Flus gleich 4 Kirat , und ein Mitkal habe einen ungefähren Wert von 2 Mark . John E. Herz (Mit

teilungen der Geograph. Gesellschaft in Hamburg, 1880–81 , S. 19) berichtet, dass jeder Käufer gewohnt sei , auf dem Markte eine kleine Goldwage mit sich herumzutragen , welche noch für die kleinsten Quantitäten empfindlich ist.

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .

dem Namen Mähi, Anwendung ') ; dieses Volk ist obendrein noch im Besitz des Loggo -Kulluti , d. h . schwarzer oder roher Spaten, und des Loggo, d . h . fer-

7

des Metalles erregt immer eine auffallende Verwir rung, als ob einige bei diesem Wechsel gewännen, andre

W. B. Backie erzählt in seiner

verloren .

Handel längs

» Narrative of an exploring voyage« , dass es in

des Flusslaufes am oberen Nil eine sehr grosse Verbreitung gefunden . Der Loggo -Kulluti besteht aus einer flachen, kreisrunden und tellergrossen Eisenplatte von 0,25-0,30 Meter Durchmesser; an dem

Doma, einer am nördlichen Ufer des Benue gele genen Landschaft, eine merkwürdige Kurantmünze gebe, welche bis nach Katschine verbreitet ist. Sie

einen Rande ist ein kurzer Stiel , an dem anderen

an der einen Seite .

ein ankerförmiger Fortsatz angebracht ?). Eine nicht

ähnlichen Anzahl werden sie zu einem Bündel zu

tiger Spaten, wie sie als Melót im

ist wie eine Hacke geformt, mit einer langen Spitze In einem Dutzend oder einer

unwillkommene Stütze für jene Ethnographen, welche sammengebunden, und 36 sollen den ungefähren für die psychische Einheit des menschlichen Ge-

schlechtes eintreten , ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Thatsache, dass Hendrik P. N. Muller,

Wert eines Sklaven repräsentieren. Auch Robert Flegel 1) machte damit im nämlichen Gebiete Be kanntschaft; er sagt, dass jährlich von deutschen

der bekannte holländische wissenschaftliche Kauf-

Händlern beträchtliche Massen dieser Hacke nach

mann -Reisende, auch im Süden Afrikas dergleichen

Afrikas Westküste exportiert werden .

Spaten in Umlauf sah " ).

Von den Monbuttu,

anderen afrikanischen Orten ist eisernes Geld üblich .

deren Ruhm als Schmiede schon so manchmal ver-

So z. B. in jenen Gegenden am Gabun , wo die

Noch

in

kündet worden ist, sagt Schweinfurth , dass man als Mpongwe wohnen, und in den Congo -Gegenden

eine Art eisernes Geld die grossen halbkreisförmi- jenseits des Aruwimi , wo rohe Axtklingen die gen Barren betrachten könnte, welche sich im

gangbare Münze sind . Diese sogenannten Schokas,

Schatze des Königs vorfinden und in ihrer Gestalt erzeugt aus den massenhaft erbeuteten Eisenvor an die rohen Kupferringe erinnern, welche aus den räten , werden durch die Schmiede der Araber für

Gruben Darfurs in den Handel gebracht werden “).

Messingdrähte oder Zeug an den Chef der nächsten

Bei den Fan am Ogowe gilt ein Stückchen Eisen Station des Congostaates verkauft, so dass denn in Länge von 10-12 cm als Scheidemünze; bei auch , um diesen Zwischenhandel zu vermeiden, Bündeln zu 100 Stück ist diese Münze schon viel mehrmals die Rede davon gewesen ist , jene Schokas

leichter zu handhaben, als dies die Spaten und Lan-

in Europa zu erzeugen und nach den Stanley-Fällen

zen sind.

A. Woermann •) fügt noch hinzu, dass das Eisen jener Münzen von einer so trefflichen Qualität sei , dass sich in Deutschland bisher keine

zu transportieren. Beachtung verdient es , dass die Mashona, welche im Becken des Zambesi wohnhaft sind, ihre Steuern den Matabele mit von ihnen ge

auch nur annähernde Nachahmung herstellen liess.

gossenen und ausgeschmückten eisernen Gegenstän

Major Denham fand in Logon an den Ufern des Schari den bezahlen ?). im Jahre 1824 kleine Stücke Eisen als Geld ; heute

An einigen Stellen ist man in Afrika auch

sind diese jedoch daselbst nicht mehr in Umlauf gewohnt, sich bei seinen Bezahlungen des Kupfers nen hufeisenförmigen Stücken als Geld in Bulgua,

zu bedienen , wie z . B. nach den Mitteilungen Schweinfurthsbei den Njamnjam " ). Nach Barth war

Dieses Kleingeld

auch Bornu ehemals im Besitze kupfernen Geldes ;heute

( Andree ). Dagegen fand Rohlfs das Eisen in kleietwas westlich von Logon“ ).

bestand aus etwa i dem langen und i1 cm Durch- | wird es daselbst jedoch nicht mehr vorgefunden . messer haltenden runden Eisenstäbchen , deren Ende Einer brieflichen Mitteilung des Herrn H. P. N. abgerundec war ; 50—60 kamen auf einen Thaler. Muller verdanken wir die Nachricht, dass Kupfer Es war immer ein Feilschen und Handeln ohne Ende,

draht auch

und alle Tage schwankte der Kurs des Kleingeldes,

benutzt wird ; die Entfernung zwischen den Spitzen

wie das schon Denham erwähnt : » Ehe der Sultan

des so weit als möglich ausgespannten Daumens und des Zeigefingers gilt dort als Einheit. Wie Oskar Baumann erwähnt, ist ebenso in einigen Congo -Landstrichen einheimisches Kupfer in Form

seinen Tribut an Ochsen oder Indigo erhält, macht

der Delatoo gewöhnlich bekannt , dass die Münze unter Pari stehe; im Gegenteil, wenn er für seine Haushaltung Einkäufe zu machen hat, Vorbereitun-

im

Zambesi -Gebiete als Wertmesser

von kleinen Ringen , sogenannte Minkatas , gang

gen zu einem Feste , so steigt der Wert des Me- bar, und man hat diese sogar von europäischer talles jedesmal. Die Bekanntmachung des Wertes Seite aus minderwertigem Metall nachzuahmen ver sucht , um die Congodampfer damit zu versehen. 1) Schweinfurth, Im Herzen von Afrika. Leipzig und Lon don , 1874, Bd . I. , S. 224 . 2) Schweinfurth , Bd . I. , S. 306 .

3) Hendrik P. N. Muller, Herinnering uit de Transvaal. Fragment van een reisverhaal, (De Gids, 1888 , Bd . II. , S. 244. )

Auf Stanleys jüngster Afrikareise hatte ein Geschenk von kupfernen Barren wenigstens momentan den erwünschten Erfolg beim gefürchteten Mazamboni. Weit ausgedehnter ist jedoch das Gebiet, auf welchem

4) A. a . O. , Bd. II , S. 116 .

5) A. Woermann, Ueber Tauschhandel in Afrika (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg , 1880 bis 1881 , S. 31 und 32). 6) Rohlfs, a. a. O. , S. 190.

1) Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Ham burg 1879 2) Hellwald, a . a . O. , S. 73 .

3) A. a. O., Bd. I. , S. 191 und 542 .

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.

8

das Messing die Stelle des Geldes vertritt . Sobald unweit des Stanley-Pool das Herannahen des cen-

an mehreren Orten tief in Afrikas Binnenland seren Wert als Gold ') . Uebrigens grösseren einen grös

tralafrikanischen Plateaulandes in der Terrainbildung

haben die Europäer in einem sehr grossen Teile

sich bemerkbar macht und der Reisende vom Bakon-

Afrikas dafür gesorgt , dass die Bewohner des dun

gostamme zu den Bateke gelangt , beherrscht ein

klen Weltteils nicht nur die Bekanntschaft mit dem

Artikel fast ausschliesslich die Märkte ; es ist dies der

edlen Metall machten , sondern auch dessen Wert genau schätzen lernten . Verschiedene Münzen sind

Messingdraht zu 55 Centimetern, sogenannte MitaBei den Bangala und Warronga im nämli-

kos.

chen Gebiete ist das ebenso der Fall . Darum hatte

nämlich bei den Afrikanern eingeführt, welche auch bei ihnen einem tief empfundenen Mangel abhelfen.

Stanley seine Nachhut in Yambuya, deren tragisches

Vor allem soll in dieser Beziehung der Maria

Ende bekannt ist, denn auch reichlich mit Mitakos

theresienthaler genannt werden , über welchen Rohlfs uns eingehend unterrichtet hat. Dieser Thaler gilt

versehen . Kommen wir an die Westküste Afrikas, so finden wir dort gebogene Messingspangen für

in ganz Afrika, wenn auch nicht überall als gesetz

den Hals, sowie Messing- und Kupferringe für Unter-

liches Zahlungsmittel. In Marokko so gut wie in

arme und Unterschenkel bis zur Dicke eines Blei-

stiftes als Münzwert, z . B. an der Loango-Küste -).

Aegypten , in Sansibar wie an der Westküste , in Bornu wie in Adamaua ist der Mariatheresienthaler

Dr. Oskar Lenz ) berichtet schliesslich , dass man

bei Bezahlungen willkommen. Derselbe hat in Afri

sich auch auf den Märkten am Gabun mit Erfolg

ka den Namen Abu Ter, d. h. Vater der Vögel,

messingener Gegenstände bedienen kann . Beiläufig sei hier bemerkt, dass in einigen Teilen

wozu der Adler auf der einen Seite veranlasst hat.

Afrikas ein hoher Wert solchen Erzeugnissen der

Im letzten Jahrhundert ist es dieser Münze gelun gen , sich das afrikanische Bürgerrecht zu erwerben. Auch auf den neugeprägten Münzen muss die Jah reszahl 1780 stehen , sonst werden sie unabänderlich von den Eingeborenen zurückgewiesen. Ausserdem

europäischen Metallindustrie beigelegt wird , von denen man dies am wenigsten erwarten würde. Englische Nadeln , welche ihrem runden Oehr den Namen » Fischauge« (ain el Haut) verdanken , stehen muss das Diadem auf der Schulter acht Punkte be in hohem Ansehen und haben die schrecklichen sitzen, die Krone auf dem Haupte der Kaiserin

Nürnberger Stopfnadeln , welche sich nach einigem sieben Punkte tragen . Rohlfs (a. a. O. , S. 188) vertieft sich in die Gebrauche regelmässig der Dienstverweigerung schul-

welchen Umständen der Mariatheresienthaler dig machten, zum grössten Teile verdrängt. Sehr Frage, seinen nun schon über hundert Jahre betragenden

beliebt sind auch österreichische Rasiermesser mit den

sonderbarsten Inschriften , wie » Vincenz Osterberger, Einfluss zu verdanken hat. Barth nimmt an, dass bürgerlicher Schermesserschmied zu Steyr , schlägt der bewusste Thaler minderwertiger sei als die übri das Zeichen W.« oder »Leopold Werndl, bürger- gen Thaler, welche in Afrika in Umlauf sind, licher Schermesserschmied zu Steyr , schlägt das doch Rohlfs weist diese Meinung zurück, denn eine

3 “ , welche in Fezzan ungefähr 15 Pf. chemische Untersuchung führte zu dem Ergebnis, Zeichen drei « pro Stück kosten und in Bornu fast das Doppelte

dass die Mariatheresienthaler sich durch einen gros

wert sind (Nachtigal ).

Umlaufe,

sen Feingehalt auszeichneten . Es ist aber kaum anzunehmen , dass dies die Eingeborenen bewogen

die in England verfertigt wurden . Es geschah natürlich nicht ohne Ursache, dass

haben sollte, sich der Herrschaft dieses Thalers so ausnahmslos zu unterwerfen . Der Wert des Maria

wir bei der Besprechung der verschiedenen Metalle

theresienthalers, der auch Levantiner Thaler genannt

noch nicht des Silbers erwähnt haben .. Das ist nur

wird, beträgt nach deutschem Gelde 4,2 M., ist aber, je nach der Nachfrage und dem Angebot, Schwankungen unterworfen ?). Hauptmärkte für

Am Bouny sah Adolf

Bastian als Geld bronzene Hufeisen im

geschehen , um uns mit demselben jetzt desto ausführlicher zu beschäftigen .

Wer Schweinfurths fesselnde Beschreibung sei-

diesen Thaler sind Triest, Alexandrien und Sansi

nes Einzugs in die Residenz des Königs Munsa / bar, doch kann man auch in Massaua und Tripolis und seines Empfangs am

Hofe gelesen hat, wird

sich erinnern , dass ein silberner Teller dem Beherr-

immer bedeutende Summen davon haben, mitunter auch in Malta. Natürlich hat zur Zeit nur Oester

scher der Monbuttu aus weissem Eisen geschmiedet reich das Recht, Mariatheresienthaler prägen zu zu sein schien. Auch anderswo in Afrika gibt es einige Gegenden, wo man das Silber nicht kennt oder,

lassen .

Auf die Dauer ist ein solches Verhältnis

unhaltbar : die anderen europäischen Grossmächte,

vielleicht richtiger , bis vor Kurzem damit unbe-

welche Interesse an der Erschliessung Afrikas haben ,

kannt

können auf eine solche Weise nicht

war .

Im sechzehnten

Jahrhundert

hatte

das Silber, wie Valentin Ferdinand uns belehrt, noch

von

einem

einzigen Lande abhängig bleiben . Als die Englän der ihre Expedition gegen den König Theodor

1) Güssfeldt- Falkenstein - Pechuel Loesche, Die Loango-Expe dition . Leipzig 1876 , Abteilung I. , S. 109 .

2) Oskar Lenz , Die Handelsverhältnisse im äquatorialen Theile Westafrikas (Deutsche geographische Blätter, II. Jahr. gang , S. 71 ).

1 ) A. Soetbeer, a. a. O. , S. 44 .

2) Nach Pik (a. a. O. , S. 114) hat der Mariatheresien. thaler in Abessinien einen ungefähren Wert von 3,3 Mark .

Erlebnisse in Russland.

9

unternahmen , mussten sie vorher in Wien für

dern werde mancherlei bescheidene Erfahrungen

mehrere Millionen Mariatheresienthaler prägen lassen . Die Italiener gleichfalls. Im Verlaufe des britischen Feldzuges hatten sich die Abessinier, als sie sahen, dass auch die Rupie gutes Silber sei , zwar daran

mitteilen , die ich auf der Reise und während meines

stillen Landaufenthaltes dort gesammelt habe. Gerade im kleinen bietet uns ein fremdes Land so manches,

das wir uns in der Ferne ganz anders vorgestellt

gewöhnt, auch diese zu nehmen, aber schon ein hatten , und wiederum ist so vieles gerade so wie Jahr nach dem Feldzuge verweigerten sie die An- bei uns, dass wir über die Einheit der menschlichen nahme derselben .

Auch den Italienern ist es bis

Natur staunen müssen .

Wie es in der Art meines

jetzt noch nicht gelungen, eine Aenderung in diesen Verhältnissen zuwege zu bringen ; jedenfalls wird

rungen nur über ein kleines Stückchen des weiten

diese aber einmal eintreten, und Italien wird , um

Zarenreiches, und ich bitte Sie, diesen Umstand bei

seine Herrschaft in kommerzieller Beziehung über

verallgemeinernden Schlüssen in Betracht zu ziehen .

Wirkungskreises lag, erstrecken sich meine Erfah

Abessinien dokumentieren zu können , daran denken

Ein Vorteil meines Aufenthaltsortes bestand einesteils

müssen, die Fünflire-Stücke dort einzubürgern (Rohlfs).

darin, dass jene Gegend im eigentlichen Grossruss

In den Haussa -Staaten ) hat sich der Wert

land liegt, ja als die Wiege des echten Slaventums

des Thalers seit dem Besuche Barths verdoppelt, angesehen wird und das ursprünglich -slavische Wesen ein Beispiel der obgenannten Kursvariation. Noch andere silberne Münzen sind oder waren

reiner hervortreten lässt als die vom Deutschtum

durchsetzten Ostseeprovinzen oder die asiatisch an

in Afrika gangbar. So schreibt v. Hellwald ), gehauchten Teile des Reiches ; andernteils liegt dass die Nuba durch den Verkehr mit Kordofan

jenes Gut ferne von den Grossstädten des Reiches,

den Wert des Geldes kennen und sich jetzt der

in denen in vielen Beziehungen die westeuropäische

türkischen Medschidie und des türkischen silbernen

Kultur ihre Einflüsse geltend gemacht hat.

Piasters bedienen gelernt haben , welche dort im Anfange des Jahres 1875 von katholischen Missionaren eingeführt wurden . Die spanischen Thaler, welche wegen der beiden darauf geprägten Herkulessäulen - die Araber meinten, es wären Kanonen "), Abu medfu , d . h . Vater der Kanonen, genannt wer-

Um von Deutschland nach meiner neuen Hei

mat zu kommen , musste ich zuerst nach St. Peters burg. Ich wählte den Seeweg von Lübeck aus. Ein strenger Winter hatte die russischen Häfen durch

Eis blockiert, und ich musste in Hamburg mehrere

Tage auf der Lauer liegen, um die telegraphische

den, sind fast gänzlich von den Abu Ter verdrängt.

Nachricht vom Freiwerden der Häfen in Reval und

Südlich von Fezzan und Tunis sieht man zwar noch

St. Petersburg zu erwarten . Trotz des herrlichsten

vereinzelt spanische Piaster, doch dieselben werden ungerne genommen ; dort sind die Fünffrankstücke viel mehr bevorzugt, welche überhaupt in diesem

Frühlingswetters, welches schon Wochen angedauert hatte, begegneten uns unterwegs noch mächtige Eis schollen, denen unser Schiff vorsichtig ausweichen Teile des Sudans sehr gangbar sind 4). Auch auf musste. Scharfer Nordost zwang uns, dicht an der Madagaskar sind dieselben in Umlauf : bei jeder schwedischen Küste vorbeizuhalten, um durch die Audienz, welche die Königin einem ihrer Untertha- vorliegenden Inseln Bornholm, Gothland u . s. w. ge nen oder einem Fremden gewährt, ist es Gewohn- deckt zu sein . Nach dreitägiger Fahrt kamen wir heit, Ihrer Majestät ein solches Geldstück zum Ge-

in der Bucht von Reval an .

schenke anzubieten ").

fernung von der Küste sieht man den 140 m hohen

Schon in weiter Ent

Olaiturm , einen der höchsten Kirchtürme der Welt.

(Fortsetzung folgt.)

Wenn man endlich selbst in die Bucht einbiegt, ist man überrascht von dem reizenden Bilde, welches Erlebnisse in Russland ). Vortrag,, gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen . Von G. Junge (Sondershausen ).

dieses » Neapel des Nordens« bietet. Mitten aus der Stadt mit ihren weissgetünchten Häusern erhebt sich

Meine » Erlebnisse« gründen sich aufmeinen mehr jährigen Aufenthalt als Hauslehrer auf einem Gute im Gouvernement Nowgorod ; dieses Gut liegt am

eine hohe, hellleuchtende Kalkwand, der Domberg

mit seinem Schlosse; an seinem steilen Abhange ziehen sich amphitheatralisch die schönen Häuser der

nördlichen Abhange des Waldai-Gebirges, ungefähr

Aristokratie hin und schauen auf die tiefer gelegene

58 ° n . B. und 32 ° ö. L. von Greenwich . Ich kann

Stadt, den Ort des eigentlichen bürgerlichen Lebens

Verkehrs, herab . Von der Höhe des Dombergs Ihnen keineswegs gewaltige Ereignisse schildern , son und hat man eine entzückende Aussicht auf das Meer. 1) P. Staudinger, Im Herzen der Haussa - Länder. Berlin , 1889 , S. 647

2) v. Hellwald , a. a. O., S. 219 . 3) Nachtigal, a. a. O., S. 312 .

Die Stadt selbst ist winklig, eng und krumm ge baut und macht ganz den Eindruck eines alten deutschen Hansabafens.

Am Abend wurde die Fahrt bei völliger Wind

4) v. Hellwald , a. a. O. , S. 284 ff. 5) Ebenda, S. 326 .

stille und klarem Wetter durch den inselreichen

9) Obgleich mit den sehr optimistischen Anschauungen des Herrn Verf. nicht durchweg einverstanden , glaubten wir doch

Finnischen Busen fortgesetzt.

dem durch seine Frische und Unmittelbarkeit anziehenden Auf-

diger Fahrt kamen wir vor der finsteren Seefestung

satze vollinhaltlich Raum geben zu sollen .

Kronstadt an , dem eigentlichen Hafen von St. Peters

D. Red .

Nach achtzehnstün

10

Erlebnisse in Russland .

burg. Hier befinden sich die gewaltigen Schlacht-

rechts und links liegenden grösseren Städten zu

schiffe der russischen Ostseeflotte, welche nicht bis

bauen .

St. Petersburg hinauffahren können ; hier liegen auch

Klassen, welche ähnlich eingerichtet sind wie bei

Die russischen

Bahnen haben nur drei

die mächtigen Ozeandampfer, welche durch Lichter-

uns ; die Wagen sind um etwas breiter und alle

schiffe ihre Ladungen nach der Hauptstadt hinaufsenden . Hier ist auch das Hauptzollamt, bei dem alle von See kommenden Fahrzeuge anlegen müssen .

durchgehend. Auch während der Fahrt darf man sich, soweit der Platz reicht, auf der Plattform auf halten und frische Luft geniessen. Das ist häufig ein dringendes Bedürfnis. Denn die Züge sind be sonders bei Nacht gut besetzt, und fast alle Reisen

Auch wir mussten einige Stunden hier liegen, bis unsere Zoll- und Passfragen erledigt waren . Kleine

Dampfer tragen die Beamten mit grosser Geschwindigkeit von Schiff zu Schiff; die Beamten selbst aber

den , Männlein undmanch Weiblein , rauchen stark duftende » Papirossi «. Andere lagern auf den breiten

überstürzen sich nicht .

Polstern und schlafen und schnarchen . Zur Bequem

Bei Kronstadt vereinigt sich die Newa ohne

lichkeit führen die meisten ein Federkopfkissen und

deutliche Grenze mit dem Finnischen Busen . Die Newa ist ein ausserordentlich schöner Fluss. Obwohl

mancherlei Tücher und Pelze mit sich . Aehnlich wie unsere Reisenden Handtaschen und allerlei kleines

breit wie ein Meeresarm , ist sie doch zum Teil Gepäck tragen , sieht man an den russischen Bahn von bedeutender Tiefe, aber meist völlig klar und durchsichtig. Um eine möglichst gerade Fahrstrasse mit genügender und beständiger Tiefe herzustellen ,

mit grossen Kosten einen geradlinigen

hat man Kanal in die Newa zwischen St. Petersburg und Kronstadt gebaggert , aber nur halbe Arbeit fertig gebracht; denn für sehr tiefgehende Schiffe ist der Kanal nicht fahrbar.

Draussen vor Kronstadt vereinigen sich die zahlreichen Arme der Newa wieder , welche eine ganze Reihe von kleineren und grösseren Inseln

bilden. Auf diesem Delta ist St. Petersburg erbaut. aus den Fluten des breiten Stromes empor, überwogt von den golden und Plötzlich

taucht es

kupfern glänzenden Kuppeln der zahlreichen Kirchen mit ihren riesigen vergoldeten Kreuzen. Wir landen

höfen Männer und Frauen ihre Kissen schleppen . Denn auch in den russischen Gasthäusern braucht man die Kissen : dort wird einem wohl die Bett

stelle geliefert, aber für Bettwäsche, Decken und Kissen und für Handtücher hat der Reisende selbst

zu sorgen .

Der echte Russe scheut sich , andere

Wäsche als seine eigene zu benutzen. - Der Dienst der Beamten ist im ganzen derselbe wie bei uns , sogar des Bahnvorstehers rote Mütze sieht man leuchten .

Die Stationen der Nikolaibahn haben

hölzerne Gerüste mit Bretterdielung als Perrons, welche so hoch liegen , dass man unmittelbar die Wagen betreten kann. Es sind an jeder Station zwei solcher Bahnsteige vorhanden , für jede Rich tung einer, die sich gegenüberliegen . In den kleinen

Stationsgebäuden befinden sich Warteräume, dort

am Kai von Wassili Ostrow, einer Insel, welche hauptsächlich von deutschen Kaufleuten bewohnt

wird aber höchstens ein Glas Wasser verabfolgt. Anders an den grossen Stationen z. B. der War

wird. Ich wurde von einem Bekannten empfangen

schauer Bahn. Dort ist genügend langer Aufenthalt,

und mit Hilfe einer der kleinen Droschken , welche

um sich an den vorzüglich besetzten Buffets stärken zu können ; sauber gehaltene Toilettenräume geben

zahlreich am Landungsplatze standen , mit grosser

Geschwindigkeit an den Moskauer Bahnhof befördert.

Gelegenheit, sich durch Waschen, Rasieren u . dgl.

Ich hatte die Nikolai- Bahn zu benutzen , welche

zu erfrischen .

St. Petersburg und Moskau geradlinig verbindet.

schinen und Oefen nur mit Holz, es befinden sich

Die Nikolaibahn heizt ihre Ma

Diese 600 Werst oder 640 km lange Strecke hat die

daher an jeder Station gewaltige Holzhaufen, durch

Eigentümlichkeit, dass sie fast keine einzige Stadt berührt, sondern in völlig gerader Linie sich mit etwa einundzwanzig Stunden Fahrzeit durch Wald und

welche der Weg zum Bahnhofe führt, und die dem

Morast

hindurchzieht.

Selten

blickt

das

ganzen Bilde ein eigentümliches Gepräge geben . An meiner Station , die ich etwa nach sieben

Auge stündiger Fahrt erreichte, fand ich einen telegra

einmal auf eine menschliche Wohnung. An den Stationen haben sich mit der Zeit Beamte, Krämer

phisch bestellten Bauern mit seiner Tarantass vor, der mich zu meinem etwa 30 km entfernten Be

und Wirte angesiedelt , so dass dort kleine Dörfchen entstanden sind. Ueber die Veranlassung zu dieser

stimmungsorte bringen sollte. Die Tarantassist ein leichter vierräderiger Wagen ohne Federn, welche notdürftig durch zwei der Länge nach gelegte,

aussergewöhnlichen Bauart der Bahn erzählt man sich , dass Kaiser Nikolaus, um Bevorzugungen zu vermeiden , mit einem Lineale die Route auf der

parallele Stangen ersetzt werden , auf welchen der Oberteil des Fuhrwerks befestigt ist . Als Sitz dienen

Karte vorgezeichnet hatte. Dass mit dieser direkten Verbindung indessen grosse Nachteile verbunden wären, lässt sich nicht behaupten . Der Hauptver-

ruht. Die Tarantass wird von 2 oder 3 Pferden

kehr von Gütern und Reisenden bewegt sich von

Deichsel und einem

einem Endpunkte der Bahn zum anderen , und es

pferden, welche häufig galoppieren und dabei in

war deshalb durchaus zweckmässig , dieselbe nach Möglichkeit zu kürzen und Zweigbahnen nach den

merkwürdiger Art ihre Köpfe nach auswärts wenden. Die Spitzen der Deichsel werden von der „ Duga «

einige Heubündel , auf denen ein weiches Kissen gezogen, einem starken schnellen Traber in der oder zwei leichteren Seiten

Erlebnisse in Russland .

II

zusammengehalten, einem hufeisenförmigen Holz-

ist .

bogen , der hoch über den Hals des Mittelpferdes

einen Seite in den Wagen hinein und auf der

hervorragt. An das obere Ende der Duga wird der

anderen wieder hinausläuft, so hat der Reisende oft,

Zaumriemen befestigt, unter welchem eine grosse Glocke angebunden ist. Bevor der Kutscher seinen Sitz einnimmt, bekreuzigt er sich und empfiehlt sich

Stellungen einzunelimen. Besonders gefährlich sind die Wege beim Eintreten des Frühlings , wo alle

dem Schutze Gottes .

Seine kleine, dicke Peitsche

Da dann das Wasser aber zuweilen auf der

um nasse Füsse zu vermeiden , die merkwürdigsten Flüsse hoch angeschwollen sind und das umliegende Gelände überschwemmt haben . Es ist dann von

benutzt er meist nur, indem er sie horizontal in der Luft schwingt. Alle seine Aufmunterungen geschehen mündlich , er spricht mit den Tieren wie mit seines-

den Brücken so gut wie nichts zu sehen, sie liegen fast völlig unter Wasser, und man ist ganz der

gleichen. Einmal regt er sie durch liebkosende Schmeichelworte an , dann wieder stösst er unarti-

Es zeigt sich dann aber auch die ausserordentliche

Ortskenntnis des Kutschers in die Hand gegeben .

kulierte Laute oder Ausdrücke unwilliger Verachtung

Geschicklichkeit und Umsicht, mit der diese Bauern

gegen sie aus, aber fast immer befindet er sich in

zu fahren verstehen . – Zuweilen hat auf lange

Unterhaltung mit den Pferden. Auch hier zeigt

Strecken hin der ausgetretene Fluss den Fahrweg

sich das gutmütige liebenswürdige Wesen des Russen

unter Wasser gesetzt. Das, was sonst eine Land strasse war, erscheint dann an einigen Stellen ein Strombett, an anderen ein unpassierbarer Sumpf zu sein , und man muss sich dann seitwärts einen Weg

und namentlich seine Vorliebe für Verkleinerungs-

und Kosewörter. Es ist auffallend, was die häufig recht dürftig aussehenden Pferde leisten können. Bergauf, bergab geht es in beständigem Trabe vorwärts auf den häufig recht schlechten Wegen. Für die Aufbesserung der Strassen ist noch nicht viel gethan worden . Wege wie unsere Chausseen sind | ausserordentlich selten und nur die direkten Ver-

bindungen der allerwichtigsten Städte. Dann gibt es Kreiswege, d. h . solche, für welche der Kreis zu

sorgen hat, und die dazu dienen , die wichtigsten Orte mit der Kreishauptstadt zu verbinden . Sie sind auch nur gewöhnliche Sandwege, die vor ihren gemeinen Brüdern den Vorzug haben, dass sie an den Seiten mit Wassergräben versehen sind, und dass in ihnen von Kreiswegen zuweilen ein Loch wieder zugestopft wird. Die gewöhnlichen Wege sind »nicht-

suchen .

Das nördliche Russland besteht aber zum

grossen Teile aus Wald und Sumpf, Wasser ist in Form

von Flüssen , Seen und Mooren in Fülle vor

handen, und ich überlasse es einem jeden , sich selbst die Annehmlichkeiten und die Abwechselung auszu

malen, welche eine solche Reise bei recht feuchtem Frühlingswetter in den soeben aufgetauten Wäldern bietet . Bei gutem Sommerwetter brauchten wir von der Station zum Gute etwa drei Stunden : an einem Märztage waren für denselben Weg sieben Stunden nötig , und den Tag darauf , als die warme Sonne weiter ihre Schuldigkeit gethan hatte, zurück

sogar zwölf Stunden. – Wenn wir berücksichtigen, wie dünn das Land noch bevölkert ist , wie schwierig

gemachte Wege« . Die einzige Veränderung, die und zum Teil unmöglich es oft ist, gute, zum mit ihnen im Laufe der Zeiten vorgeht, besteht in dem Verschwinden der Wagenspuren. Wenn diese so tief geworden sind, dass die Vorderräder darin versinken, so wird es nötig, ein paar neue Geleise links oder rechts in Angriff zu nehmen. Wenn es stark geregnet hat, muss man den gewaltigen Pfützen ausweichen, die sich mitten auf dem Wege gebildet haben . Dann geht es häufig über grosse Steine, Granitblöcke oder grosse Baumstümpfe hinweg oder aber auch, wenn ein Ausweichen nicht möglich ist, mitten hindurch . Hochauf spritzt der Schmutz, durch Pferde und Räder entsteht eine förmliche Wolke , aber » nitschewo « ( macht nichts) ruft der Fuhrmann, und im Trabe geht's weiter. Häufig hat man kleine Brücken zu passieren . Im einfachsten,

Wegebau geeignete Steine zu beschaffen, und welchen verderblichen Einfluss das Klima auf die Wege aus

übt , wenn wir endlich die ausserordentliche Kost spieligkeit der Instandsetzung und -haltung der ge waltigen Längen in Betracht ziehen , so dürfen wir nicht allzu hochmütig auf diese Zustände herabsehen .

Alte Leute erzählen auch von unseren Wegen im Anfange dieses Jahrhunderts noch Schauerdinge. Am besten und schnellsten reist es sich im

Winter. Der ist der eigentliche grosse Wegever besserer, und die Frachtfahrten werden, wenn irgend möglich , auf seine Zeit verschoben. Alle Wege werden durch den Schnee geebnet, Schluchten schneien zu , Bäche und Flüsse bedecken sich mit

aber sehr häufigen Falle sind es neben und über

dickem Eis. Die zugefrorenen grossen Flüsse sind dann die Hauptverkehrsstrassen. Auf ihrer voll

einander gelegte Balken , ein sogenannter Knüppel-

ständig ebenen Bahn saust der Schlitten dahin, und

damm , welcher den Zweck einer Brücke erfüllen

es ist die einzige Sorge des Kutschers, offene Stellen

soll . Vorsichtig und sicher schreiten die Pferde darüber hinweg, aber der Wagen und seine Insassen bekommen gewaltige Stösse. Ueber breitere Schluchten oder bedeutendere Gewässer führen wirkliche Brücken , die aber häufig in so schlechtem Zustande sind, dass selbst der Fuhrmann dem Wasser den Vorzug gibt, wenn

zu

eine Furt in nicht zu grosser Entfernung vorhanden

vermeiden .

Bei starkem Schneegestöber, das

häufig so dicht ist, dass man kaum die Pferde vor dem

Schlitten sehen kann, ist daher eine Fluss

fabrt ziemlich gefährlich. Bei diesen Winterfahrten hat man

vor allem aber für warme Kleider zu

sorgen. So lange die Luft ganz ruhig ist, kann die Kälte sehr stark sein, ohne unangenehm zu werden ;

Erlebnisse in Russland. 12

wenn jedoch ein starker Wind dem Reisenden entgegenwelt und das Thermometer ausserdem auf

nicht drum. Das andere : » nitschewo« heisst eigent lich nichts, das schadet nichts , und endlich »wsjó

15—20 0° unter Null steht, so kann es leicht vor-

rawnó « , alles einerlei.

kommen, dass man Nasen und Wangen erfriert, ohne es bei der allgemeinen Unbehaglichkeit zu merken . Das erfrorene Glied zeigt infolge des Zu-

Wenn im Sommer Durst und Hunger den Rei senden plagen, so spricht er in irgend einem Bauern

rücktretens des Blutes eine auffallende Blässe. » Väter-

Will man übernachten , so wird einem auch das

chen, deine Nase !« erinnert der Vorüberkommende,

Nachtquartier gern gewährt.

und wenn man sie retten will , muss man sie unverzüglich mit Schnee kräftig abreiben . Mit den

von mir, ein Deutsch-Russe, und ich befanden uns auf einer mehrtägigen Fusstour. In einem besseren Bauernhofe kehrten wir ein, bekamen als Abend brot Eier, Milch , Kuchen und Thee und wurden dann gefragt, wo wir nächtigen wollten , in der

>

Augen hat man ebenfalls viel zu thun , da alle

Augenblicke die Lider zusammenfrieren.

Es ist

dann sehr angenehm , durch ein Dorf zu kommen .

Wirtshäuser freilich gibt's

da gewöhnlich nicht,

hause vor und bittet um etwas Milch und Brot .

Ein junger Freund

guten Stube oder auf dem Heuschober.

Da es im

Aber sie sind auch

Hause von Fliegen wimmelte und eine unerträgliche

nicht nötig, denn an welchem beliebigen Hause man die Bewohner entgegen, weisen einem den besten

Hitze darin herrschte, zogen wir den Heuboden vor, welcher ausserhalb des Dorfes lag. Für jeden wurde nun dort eine Lagerstatt bereitet. Ein weisses Laken als Unterlage , ein Kopfkissen und eine

Platz am warmen Ofen an , und sofort wird der

wollene Decke als Zudecke machten das Bett aus.

Samowar in Thätigkeit gesetzt, um Thee zu be-

Der junge Hausherr, ein riesiger Russe, schlief uns

Der Samo-

zur Gesellschaft mit dort. Wir schliefen prächtig. Am andern Morgen bekamen wir wieder Thee und

in die man einkehren könnte .

auch anhalten mag, immer ist man ein willkommener Gast. In der freundlichsten Weise kommen einem

reiten , wenn er nicht schon fertig ist.

war (Selbstkocher) ist ein grosser kupferner oder messingener Kessel, in dessen Innerem eine Metallröhre aufsteigt. Diese wird mit Holzkohlen gefüllt , welche dann in Brand gesetzt werden . Nach kurzer

Kuchen, sagten den Leuten unseren Dank »ssa chläp ssassol« ( für Brot und Salz) und gingen von dannen . Ein kräftiger Handschlag wie bei uns ist dort nicht

Zeit siedet das die Röhren umgebende Wasser, der Sitte, er wird durch eifriges Küssen ersetzt, worauf Samowar wird auf den Tisch gesetzt, und die Theebereitung kann von statten gehen . Sie ist Sache

wir aber verzichteten. Mittags kamen wir durch ein grösseres Dorf, in welchem sich ein Kabak, eine

des Hausherrn. Die Bauern vertilgen unglaubliche Schenke, befand. Nachdem wir von dem wohlge Mengen von Thee, er ist das Nationalgetränk imWinter und

Sommer .

Diese Gastfreundschaft

zeigt

so

recht die gutherzige Freundlichkeit des russischen Bauern. Aber auch liebenswürdige Toleranz zeichnet ihn aus. In jeder Stube in der Ecke, dem Eingange gegenüber,, hängt ein Heiligenbild über einem Brettchen. Sobald der Russe das Zimmer betritt, verneigt er sich dreimal vor demselben und bekreuzigt sich dabei. Dasselbe thut er vor und nach jeder Mahlzeit, und er würde es als eine grosse Sünde ansehen, wenn einer der Seinigen das unterliesse. Aber dennoch nimmt er es dem Fremden nicht im ge-

nährten, aber vom Podagra geplagten Wirte nach unserm Wer, Woher und Wohin ausgefragt waren, wurden wir an die Haushälterin gewiesen und be Zuerst ein Gläschen kamen unser Mittagbrot. Branntwein , dann die russischen Nationalgerichte

Buchweizengrütze und Kohlsuppe, gekochtes Fleisch und Brot und dazu Milch , so viel wir trinken wollten ,

endlich noch Kwas, ein Kofent ähnliches säuerliches

Getränk, das aus Brotrinden durch Gärung bereitet wird und im Sommer sehr erfrischend wirkt . Jeder Bauer braut es sich selber.

Wir assen mit Holz

löffeln zusammen aus einem Thongefäss der einfachsten

ringsten übel , wenn dieser alle diese Dinge völlig ausser

Art ; die Grütze wurde in einem ausgehöhlten Holz

acht lässt. » Er ist ein Njemez ( Ausländer, Deutscher ),

gefässe verabreicht. Man schnitzt oder dreht in

das entschuldigt alles. Der darf thun , was er will ,

Russland die Gefässe recht hübsch und bemalt sie

sich völlig frei und zwanglos bewegen , alles erträgt der Russe mit der Entschuldigung: Die sind nun

auch gut und dauerhaft ; sie kommen bei uns als chinesische Geschirre in den Handel.

Der Kwas

einmal so.

wurde in einer kupfernen Kasserolle kredenzt. Für

er Glück und Unglück über sich ergehen lässt, wie

die ganze Mahlzeit hatten wir 10 Kopeken , etwa 25 Pfennige, zu zahlen .

es der Himmel über ihn bestimmt hat. Seine Gleich

Auch in den höheren Gesellschaftskreisen Russ

Seine Toleranz hängt eng zusammen mit seiner ausserordentlichen Gemütsruhe, mit der

lands ist die Gastfreundschaft eine hervorragende bei ihm auch selten irgendwelche Sorge um die Tugend. Besondere Besuchszeiten gibt es nicht, Zukunft aufkommen. Es liegt nicht in seiner leicht- man darf kommen und gehen, wann man will . lebigen Natur , für künftige schlechtere Zeiten zu Kommt man zufällig zur Mittagszeit , so lässt die

giltigkeit gegen alles, was da kommen mag, lässt

arbeiten und zu sparen . Drei Lieblingswörter, die Hausfrau nicht etwa die Suppe kalt werden in der er jeden Augenblick gebraucht, kennzeichnen diese

unruhigen Erwartung, dass der Besucher recht bald

Seite seines Wesens auf das deutlichste .

wieder gehe , sondern der Gast setzt sich auf eine freundliche Einladung hin ohne Ziererei mit zu

Awoss

bedeutet : Mag kommen , was will , ich kümmere mich

Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojektes.

Tische und isst mit, so viel er mag . Besondere

seinen Kolonien .

13

Diesem Bedürfnis wird auch vom

Umstände werden allerdings auch nicht gemacht, Staat und von Privaten Rechnung getragen , es er man muss mit dem vorlieb nehmen , was da ist. scheinen fortwährend neue Karten von allen Län Häufig wird bei Tische jetzt russischer Wein

dern in den verschiedensten Maassstäben und Stilen;

getrunken, der aus der Krim oder dem Kaukasus

sollte es nicht möglich sein, einen Teil der hierauf

stammt. Diese einheimischen Weine sind billig und Der gesellige Ton ist ungezwungen . Es ist z . B. nicht Sitte, die Menschen mit ihrem Amtstitel

verwendeten Kraft für ein nach grossen allgemei nen Gesichtspunkten, ein nach einheitlichem Plane angelegtes Werk zu gewinnen ? Die europäischen Staaten und viele ihrer Kolonien, wie Ost- Indien,

anzureden , wie wir ceremoniösen Deutschen zu thun

Algier , Senegambien , das Kapland, grosse Teile

pflegen , sondern man nennt sie beim Vornamen

von Australien und Canada, ferner die Vereinigten Staa . ten von Nordamerika, Japan u. s. w. sind schon jetzt reif für das Pencksche Projekt.

schmecken auch ganz gut.

und fügt den des Vaters hinzu . Wenn etwa der Anzuredende Feodor und sein Vater Iwan heisst, so wird er Feodor Iwanowitsch genannt. Seine

Das Unternehmen würde selbstverständlich viele

Schwester heisst vielleicht Mária Iwanowna. Die

Jahrzehnte bis zu seiner ersten Vollendung bean

Bauern haben überhaupt meist nur ihren Vornamen ; Familiennamen sind selten und gewöhnlich Spitznamen, die sich auf ihr Aussehen, ihre Beschäftigung oder

spruchen und auch dann fortgesetzt einer bedeuten den Anzahl von Mitarbeitern zu seiner Korrektur bedürfen . Es würde sich empfehlen, zunächst die

dgl. beziehen . Wenn der Vater Alexéj heisst, so heisst

jenigen Sektionen in Angriff zu nehmen, für welche

der Sohn Sergëj Alexejeff, der Enkel Peter Sergejeff. genügendes Material und Bedürfnis vorhanden Die Dörfer liegen nicht dicht bei einander und

ist . Die Bearbeitung der inner -afrikanischen und

machen alle nahezu denselben Eindruck. Zu jeder

-australischen Gebiete könnte man um Jahrzehnte

Seite des Hauptweges liegt eine lange Reihe von hinausschieben. Unumgänglich nötig aber erscheint abgesonderten Holzhäusern. Diese sind aus über- es mir, dass die Leiter der einzelnen Zeichner-Ab einandergelegten und an den vier Ecken ineinander- teilungen nach einheitlichem Muster, womöglich gefügten , roh behauenen runden Balken errichtet, durch persönlichen Unterricht, geschult würden .

deren Zwischenräume mit Moos verstopft werden . Meist enthalten sie zwei Stockwerke und sind mit

flachen Schindeln, seltener mit Stroh, gedeckt. (Fortsetzung folgt.)

Es müsste zunächst ein ausführlicher Plan von der Auswahl des in die Karte aufzunehmenden Stoffes,

der Art der wissenschaftlichen Redaktion und Bear

beitung bis zu jeder einzelnen anzuwendenden Sig

natur für Ortszeichen, Wege etc. ausgearbeitet wer den .

Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Welt kartenprojektes. Von H. Habenicht (Gotha ).

Für alles dies sehe ich aber keine unüber

windlichen Schwierigkeiten. Zur technischen Aus führung würde sich vielleicht Lithographie mit braunem Terraindruck empfehlen ; als Muster für Bearbeitung und Zeichenmanier könnten die Vogel schen 4 Blattkarten der europäischen Staaten in Stielers Handatlas gelten . Für uns Deutsche z. B.

Das Projekt des Herrn Prof. Penck in Wien zur Herstellung einer nach einheitlichem Plan zu bearbeitenden Weltkarte im Maassstab von 1 : 1000000 ,

deren Blätter oder Sektionen Trapezausschnitte von Längen- und Breitengraden darstellen sollen , ist

wären derartige Karten von unseren Kolonialländern sehr erwünscht.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir erlau ben , die Pencksche Idee gewissermaassen zu erwei tern , d . h . das Streben nach grösserer Einheit der

bekannt. Er hat es dem Internationalen Geogra- Maassstäbe und Stile aller Karten anzuregen. Wel phenkongress zu Bern im August 1891 unterbreitet. cher Kartograph hätte wohl nicht schon die Unan Die Idee ist entschieden schön, gut und zweckmässig, nehmlichkeit der grossen Verschiedenheiten im üb sie hat fast allenthalben Anklang gefunden. Nur rigen gleichartiger Karten in Bezug auf Maassstäbe

von einer einzigen Seite bisher ist sie angegriffen empfunden ? So gut wie betreffs geographischer worden , besonders mit Betonung ihrer praktischen Längen- und Höhenmaasse, des Anfangsmeridianes Undurchführbarkeit . Man wird zugeben , dass es

etc. , sollte man auch auf diesem Gebiete nach etwas

gegenwärtig an der genügenden Anzahl gut geschul-

mehr Einheitlichkeit streben . So halten z . B. die

ter Kräfte fehlt, um ein derartiges Werk gleich- Engländer immer noch, sowie an Meile und Zoll mässig gut zu bearbeiten und auf dem Laufenden zu erhalten . Auch sind grosse Teile der Erdober-

maass im Allgemeinen , an den Maassstabsverhält nissen zwischen Zoll und Meile auf Karten fest (z .

fäche noch lange nicht auf dem kartographischen B. 6 Meilen in der Natur gleich einem Zoll auf Standpunkt angelangt, wo eine so mühsame, zeit- der Karte), während alle anderen Nationen längst sie sind noch nicht reif dafür .

raubende und kostspielige Arbeit angebracht wäre, Aber jedes Kultur-

abgerundete Zahlen im Verhältnis zur natürlichen Länge angenommen haben . Aber man sollte noch

volk braucht Generalkarten von seinem Vaterland und

einen Schritt weiter gehen .

Bei den meisten Kar

Geographische Mitteilungen .

14

ten ist es von gar keinem Belang, ob sie in einem

lichen Zusammenwirkens den wissenschaftlichen Kar

etwas grösseren oder kleineren Maassstab ausge- tographen gegeben hat, nicht resultatlos verlaufen, führt werden , sie könnten unbeschadet ihrer Brauch-

barkeit ebensogut z. B. 45. oder kleiner als der gewählte Maassstab sein grösser und würden sich dann häufig dem Maassstab einer grossen Anzahl schon vorhandener Karten anschliessen , oder in ihrer stär-

ker abgerundeten Verhältniszahl zur Natur ein kommensurables

System

mit

dessel

Karten werken

ben Staates oder benachbarter Länder bilden .

sondern in der einen oder andern Richtung herr liche Früchte tragen : sie verdient Interesse, Beherzi lich

gung und werkthätige Unterstützung bei allen Fach genossen .

Ein grosser Nutzen, den die Ausführung des Penckschen Projektes zur Folge haben würde, wäre die einheitliche Schulung eines Teiles der Kartographen aller Länder !

Für Messtischblätter und topographische Spe zialkarten sollte man Maassstäbe wählen wie 1 : 25-,

50-, 100- und 200 -tausend, für topographische Ge neralkarten 1 : 500 000, für Landkarten 1 : 1. , 5.,

Geographische Mitteilungen.

3-, 5 , 10-, 20 ctc. Millionen . Auch in der Aus führung sollte sollte man man sich melir an vorhandene Musterarbeiten anschliessen . So für Routenkonstruk

( Die Briefe des Amerigo Vespucci.) Von den Briefen des grossen fiorentinischen Kosmographen, der ohne sein Mitwissen zum Namengeber für die

tionen an die von Dr. B. Hassenstein , für Land

karten an die von Dr. C. Vogel (das Terrain braun gedacht). Als Muster einer topographischen Gene-

ralkarte ist die neue Vogelsche Karte des Deutschen

Neue Welt geworden ist, würden, wenn echt, beson ders zwei von hohem Interesse sein, nämlich diejenigen

beiden, welche der Genannte unterm 8. (oder 18. ) Juli

Reichs in 1 : 500000 wie geschaffen . Was endlich

1500 und unterm 4. Juni 1501 an Lorenzo di Pier Francesco di Medici richtete ; der erste ist in Sevilla,

topographische Spezialkarten an'angt, so herrschen

der zweite am Grünen Vorgebirge geschrieben. Erst zu einer viel späteren Zeit veröffentlicht, sind beide

hier wohl die grössten Verschiedenheiten, die man Briefe von bedeutenden Historikern der Geographie, so sich denken kann. Als mustergiltig erscheinen uns von Navarrete, Santarem , Varnhagen für apokryph er hier die jüngst von dem Eidgenössischen topogra klärt worden . Gegen diese verbreitete Annahảe ist E. phischen Bureau in Bern herausgegebenen Probe Hugues, dem wir schon so manchen wertwollen Beitrag

überdrucke aus dem Siegfried-Atlas , das Prättigau

zur Entdeckungsgeschichte verdanken , in einer ausführ

betreffend. Die auf denselben angewandte Manier zur Darstellung der Unebenheiten des Bodens stellt

lichen Auseinandersetzung eingetreten , als deren Ergebnis wir eine Reihe von Wahrscheinlichkeitsgründen für die Echtheit jener Briefe betrachten dürfen. Wenn Santarem insbesondere dem Vespucci vorwirft, dass er sich ganz

das Vollkommenste dar, was man sich denken

kann.

Die in lichtem Braun eingedruckten Isoly

psen (äquidistante Horizontalen oder Linien gleicher diesen unberechtigt die Entdeckung von Brasilien anmaasse, resp. Vorwurf zum Anlasse nimmt, um die Authentizität Höhe über dem Meere) in Abständen von 30 zu 40 überhaupt anzuzweifeln, so wird daran erinnert, dass Meter, mit besonderer Signatur für die Linien von

Amerigo allerdings, als Mitglied der Expedition des

30 zu 40 Meter, werden durch einen zart geschum- Diego di Lepe, schon vor Cabral an dic brasilianische merten graulichen Ton , unter Anwendung schräger

Küste gelangt zu sein scheint, und dass eben damals

Beleuchtung, sowie durch zahlreiche Höhenquoten unterstützt.. Diese Manier ist gegenüber derjenigen

überhaupt der leidige Gebrauch bestand,'nur den eigenen, nicht aber auch die Namen der doch zuerst beteiligten

mit Schraffen (nach Lehmann u . a.) ein enormer

Schiffsführer zu nennen . Pigafetta und Martin Behaim

Fortschritt.

haben sich denselben Fehler zu schulden kommen

Sie bietet neben vollkommener, für

jedermann verständlicher Plastik bei allen Gebirgs- lassen, den man eben damals noch kaum als solchen arten , l'om Hügelland bis zum Hochgebirge, die empfand, und der, wie hinzugefügt werden kann, mit der äussersten Illoyalität im Citieren fremder Leistungen

genaue mathematische Grundlage zur Konstruktion

jedes beliebigen Profiles. Die Möglichkeit der Ab schätzung von Böschungswinkeln , sowie von absolu ter und relativer Höhe eines jeden Punktes ist bis auf

bei litterarischen Arbeiten Hand in Hand ging. Hugues führt zu gunsten seiner Ansicht, dass Amerigo wirklich den östlichsten Teil der Küste Südamerikas berührt

habe, cine Rechnung aus, deren Resultat wohl noch

einige Meter genau und lässt dabei doch Flüsse, beweiskräftiger erscheinen kann , als litterargeschicht Strassen, Signaturen, Schrift etc. vollkommen deutlich . Alle diese Vorzüge fehlen mehr oder weniger bei der Lehmannschen Schraffenmanier.

Es

kommt

geübter Topograph selbst ein selten vor, nichtKarten auf nach dass Lehmann einige Zeit studieren

liche Erörterungen. Der Florentiner gibt an , dass er von Cadiz bis zur ( Kanarien-) Insel Gomera einen Weg von 890, und von da bis zum Gestade der Neuen Welt einen solchen von 2490 Seemeilen (63 auf den Aequatorgrad) zurückgelegt habe. Bringt man die geographische Lage von Gomera in Rechnung und be

muss, um bei einer Bergform herauszufinden, wo

stimmt nach einer bekannten Formel der Nautik die Län

oben und wo unten ist; ein kegelförmiger Berg und

gendifferenz, welche der loxodromischen Distanz von

ein trichterförmiges Loch z . B. sind ohne weiteren

2490 Meilen (mit Gomera als Ausgangspunkt) ent spricht, so gelangt man zu einer Länge, welche mit

Anhalt nicht voneinander zu unterscheiden .

Hoffentlich wird die Anregung, welche Herr Prof. Penck im

Sinne des internationalen einheit-

einer für die Verhältnisse befriedigenden Genauigkeit als diejenige der Stadt Pará sich darstellt.

Diese An

Geographische Mitteilungen .

gaben dürfen mithin nicht , wie es teilweise geschah,

15

biet besitzt eine elliptische Gestalt mit angenähert ost

auf diejenige Reise bezogen werden, welche Vespucci | westlich gerichteter grosser Achse; es ist dicht bevölkert, in Gemeinschaft mit Alonso de Hojeda nach Amerika machte, sondern stimmen ganz gut zu der für unerweisbar gehaltenen Behauptung , dass Ersterer wirklich in Brasilien gewesen ist. Auch noch eine weitere Notiz zur Geschichte der mathematischen Geographie sei hervorgehoben. Die Längenbestimmung, welche Vespucci am 23. August 1499 nach den » Ephemeriden « des Re-

und da das Phänomen noch in der Zeit der Dunkelheit

sich ereignete, in den Wohnungen also noch allent halben die Nachtlampen brannten , so mussten die Folgen schreckliche sein : denn es sind weit mehr Menschen in den Flammen der anflodernden Häuser , als durch den

Zusammensturz dieser letzteren selbst ums Leben ge kommen. Wie gross die Totenliste ausfällt, lässt sich

giomontanus ausführte, wird gewöhnlich als Beispiel dafür angeführt, dass man dazumal das Prinzip der

gebäude aber beziffert eine vorläufige Schätzung der

Messung von Monddistanzen noch nicht mit einer den

Behörden

mässigsten Anforderungen entsprechenden Schärfe anzuwenden vermochte , ja man glaubte zu Ehren eines

Menschen mit einem Schlage ihrer Wohnungen beraubt worden sind. Die Obdachlosen verweilten aber auch

noch nicht berechnen ; die Anzahl der zerstörten Wohn auf 60000 , so

dass

mindestens

240000

anerkannt tüchtigen Astronomen die ganze Sache in

da noch lange Zeit auf dem freien Felde , wo sich

Wenn jedoch der Beobachtungsort, nach Hugues , nicht nahe der OrinokoMündung , wie man allgemein glaubt, sondern beim

ihnen anderwärts ein schützendes Asyl aufgethan hätte ;

Zweifel ziehen zu müssen .

Kap Vela (gegenüber von Curação) gelegen war , so vermindert sich der Fehler in der Längendifferenz (gegen Cadiz) auf 16 ° , und ein solcher kann in anbetracht der unvollkommenen Instrumente für um

so

denn die Bodenschwingungen kamen auch nach den schweren Stössen der ersten Zeit lange nicht zur Ruhe,

und so fürchtete man allseitig eine Wiederkehr der vernichtenden Stösse . Die Erscheinung darf zu den »Erd bebenschwärmen « gerechnet werden, indem Dr. Papellier selbst mehr als 500 einzelne Erschütterungen zählte,

entschuldbarer erachtet werden, als man die Parallaxe

welche fast eine Woche

des Mondes noch nicht zu berücksichtigen verstand ( Sopra due lettere di Amerigo Vespucci, Rom 1891 .

hart betroffene Landstrich hat seit 1855 kein grösseres Beben mehr erlebt, wie er denn auch von den auf der

Presso la Società Geografica Italiana. ) (Das grosse japanische Erdbebu : ,

Insel Hondo (Nippon) sonst gar nicht seltenen aktiven

anhielten .

Der diesmal SO

son

Vulkanen ganz frei ist und gewöhnlich nur von den

einem in Kobe wohnenden Arzte, dem durch ein geo-

graphisch anregendes Büchlein über den grossen ozeanischen Verkehr auch in weiteren Kreisen bekannt ge-

Ausläufern der seismischen Wellen berührt wurde, die im Centrum der Insel ausgelöst waren . Eine vulkanische Eruption hat diesmal, wie schon zum öfteren, die Erd

wordenen Dr. E. Papellier , liegt eine Mitteilung über

erschütterung nicht begleitet , wenigstens liegen über

diese furchtbare Katastrophe vor. Das Beben kam ganz unvermutet, nur die hohe Temperatur der un-

eine solche noch keine Berichte vor.

mittelbar vorhergehenden Tage hatte etwas Ungewöhnliches, und dem Erzähler, welcher in der Nacht vorher einen Gang zu Patienten zu machen hatte, kam es vor, als entströmten heisse Gase nicht , wie sonst wohl , feuchtwarme Dämpfe – dem Boden . Zwanzig Minuten vor 7 Uhr erfolgte der erste Stoss , in Kobe als der heftigste gefühlt ; er kam von Nordost und hielt 2 Min . 17 Sek. an . Die erwähnte, vom Epicentrum ziemlich

Von den Folge

erscheinungen ist insbesondere die Bildung zahlreicher

Erdspalten von meist nicht beträchtlicher Breite zu nennen ; auch beim Erdbeben von 1855 er eignete sich dergleichen, wie in Naumanns Schrift » Ueber Erdbeben

und Vulkanausbrüche in Japan « ( Yokohama 1878, S. 28) mitgeteilt wird . Letztere Schriſt dürfte überhaupt lehrreiche Fingerzeige auch für das Studium des hier in Rede stehenden Erdbebens enthalten , sicherlich des

grossartigsten und folgenreichsten Naturereignisses, wel

mit unerheblichen Häuser-

ches seit der Eruption des Krakatau - Vulkans zu Ende

Beschädigungen davon ; als aber der Berichterstatter

August 1883 zu verzeichnen gewesen ist . ( Fränkischer

darauf mit der nach Tokio führenden Eisenbahn in den

Kurier, Abendblatt vom 9. Dezember 1891.)

eigentlichen Schütterbezirk reiste , um

( Wissenschaftliche Durchforschung von Deutsch - Südwestafrika.) Von G. Gürich , dem

weit entfernte Stadt kam

sich dort als

Arzt nützlich zu machen , häuften sich ununterbrochen

die Anzeichen eines in dieser Schrecklichkeit selbst für Japan seltenen Ereignisses. Das Epicentrum , d . h . jener Punkt der Erdoberfläche, welcher ungefähr senkrecht über dem eigentlichen Sitze des Erdstosses in der Kruste ) sich befindet, lag in der Nähe des landschaft-

lich berühmten Biwa-Sees, eines Wasserbeckens, welches an Grösse ungefähr dem Genfer - See gleichkommt und

der japanischen Volksgeologie zufolge in dem Augenetwa drei Längengrade weiter östlich -- der Fuji - San emporgehoben wurde. Schon Osaka hatte bedeutend zu leiden, etwas weniger Kioto , aber seine ganze Furchtbarkeit entfaltete das Erdbeben am Ostufer des Sees , nahe bei Hikone und Nagoja . blicke entstand , als

wir den bemerkenswerten ersten Versuch einer Cha rakteristik der geologischen Struktur von Gesamt Afrika verdanken , ist eine eingehende Beschreibung

des deutschen Schutzgebietes im Südwesten von Afrika erschienen. Durchaus auf eigene Beobachtungen sich stützend, schildert der Reisende in objektivster Weise die Verhältnisse und klärt über den verhältnismässig so geringen Wert des Landes auf . Allerdings ist das Klima durchaus kein ungünstiges, im trockenen Inneren sogar sehr gesund und Lungenleidenden direkt zu em pfehlen , dagegen fehlt für ausgedehnteren Betrieb des Ackerbaus das unentbehrliche Wasser.

Einen grossen

Teil des Jahres hindurch liegen die Flussbetten trocken

Am schwersten wurde das etwa 10 000 Einwohner zäh-

da, und selbst der Grundwasserstrom versiegt dann

lende Ogaki heimgesucht, worin kein Haus unversehrt

mitunter so gänzlich, dass es tiefen Grabens bedarf, um

blieb , während, was sehr wohl zu beachten , das auf

nur das zum Tagesbedarf notwendige Getränk zu er

massiven Granit - Substruktionen sich erhebende, an

sich sehr leicht gebaute Kastell namhafte Verände-

langen. Die trüben Fluten, welche während der Regen zeit sich in den Gerinnen hinwälzen und oft genug ganz

rungen nicht aufzuweisen hatte. Das erschütterte Ge-

unerwartet eintreffen , gewähren keinen Ersatz für jenen

Litteratur .

16

Mangel. »Je weiter man nach Nordosten vordringt, desto günstiger gestalten sich allerdings die Ackerbau verhältnisse, es ist aber nicht zu vergessen , dass genau im gleichen Maasse die Gefahr des Klimafiebers für den deutschen Einwanderer zunimmt. Dass für die Vich

zucht die Bedingungen günstiger sind , steht ausser Zweifel, nur stehen dem Transporte und der Verwer tung der Erzeugnisse grosse Schwierigkeiten entgegen ,

und die bei der Begründung einer Exportschlächterei in Sandwichhafen begangenen Fehler dürfen sich nicht wiederholen . Was die Eingeborenen anlangt, so ist von ihnen wenig Gutes zu berichten. Hottentotten und Bastards, Herero, Nama und Bergdamara sind durchweg

Deutschland gar nicht von einander trennt, sondern das Terrain bild in seinen genetischen Grundzügen stets an die Spitze stellt , um demselben die anthropogeographischen Daten einzufügen , lässt

Lehmann zwischen den einzelnen Abteilungen eine scharfe Scheidung eintreten . Man kann darüber streiten , welches Ver fahren im einzelnen vorzuziehen sei ; für ein verhältnismässig so wenig bekanntes Land , wie es die Donaufürstentümer sind , scheint eine schematische Anordnung allerdings manches für sich zu haben . Von den drei Kapiteln ist das erste ' der physi

kalischen Geographie, das zweite der Ethnographie und Geschichte, das dritte endlich der Kulturgeographie gewidmet. Auch be züglich des Einflechtens der politischen Geschichte in eine Länderkunde können sich methodische Zweifel erheben , und im

allgemeinen würde der Berichterstatter einer solchen Erweiterung der rein geographischen Aufgabe nicht das Wort zu reden ge

unliebenswürdige Gesellen , deren ewige Fehden an und

neigt sein ; allein auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass bei

für sich schon auf den Ansiedler abschreckend wirken .

uns auch Leute von sonst gründlicher historischer Bildung der rumänischen Geschichte ganz fremd gegenüberstehen , und dass

Endlich hat Gürichs Reise die Hoffnungen auf den Fund von Edelmetallen auf ein Minimum herabgedrückt. Allerdings findet sich da und dort Gold sowohl mit Wismut als auch mit Kupfer vergesellschaftet vor,

allein durchweg nur nahe der Oberfläche, ohne die geringste Mächtigkeit, und auch das Auftreten von Edelsteinen - Beryllen, Topasen , Saphiren ist ein so sporadisches , dass ein weiteres Verfolgen dieser Einzelfunde nicht geraten erscheint.. Die geologische Beschaffenheit der goldreichen Transvaal -Republik ist

eben eine von derjenigen des deutschen Schutzgebietes durchaus verschiedene, und jene Schieferformation, in welcher Schenck goldreiche Eisenkiesgänge nachgewiesen,

die Schicksale des Landes, bunt und wechselvoll , wie sie waren ,

für die eigentümliche Völkermischung vom grössten Einflusse gewesen sind . Der fragliche Abschnitt ist zudem kurz gehalten und interessant geschrieben. Wenn man bedenkt, dass Rumänien nur zwei seit längerer

Zeit regelmässig arbeitende meteor ologische Stationen (Bukarest und Sulina) besitzt , so muss man dem Verfasser allen Dank

wissen für die abgerundete klimatologische Skizze des Landes, welche er uns bietet . Das Klima ist bekanntlich echt kontinental ;

in siebenundvierzig sich folgenden Jahren ist die Donau nur elfmal nicht zugefroren gewesen , und in Sulina fälli mitunter sogar noch im Mai Schnee , wogegen die Sommerhitze wieder so subtropisch wie möglich ist. Leichter als in klimatischer, war in geologischer

fehlt diesem ganz und gar. Allerdings wiegen kristal

Hinsicht ein Bild zu entwerfen ,

linische Gebirgsarten vor, und es ist ein Gneis- von

reichischerseits gründlich studiert sind , und weil die öster

weil die Karpathen öster

einem Schiefergebiete zu unterscheiden , aber die hier anstehenden Schiefer gehören zu den ältesten : Glimmer-, Chlorit- und phyllitähnlichen Thonschiefern. Dazwischen schieben sich vielfach Granitmassen ein . Das jüngere

reichischen Aufnahmegeologen ihre Untersuchungen vielfach auf das im Osten und Süden benachbarte Territorium ausgedehnt haben . Für die Dobrudscha ist mit Recht auch auf Moltkes reiz

Gebirge besteht grösstenteils aus Kalk , einer versteine

der Prüfung der Ursprungsfrage entscheidet sich der Verfasser

rungsarmen Masse, welche auf Grund seiner eigenartigen, auf organischen Ursprung hindeutenden Zusammen setzung fürs erste als kambrisch betrachtet wird . Quarz

gebliebenen Römern von Anfang an bestanden , dass sie mit

porphyr ist an verschiedenen Stellen durchgebrochen und hat eigentümliche Bergformen erzeugt . Die Schilde rung des Oberflächenreliefs, wie es sich zumal in der Steinwüste ( » Namiba) entwickelt findet, gewährt grosses Interesse ; die Worte des Erzählenden werden durch

gut ausgeführte Zeichnungen unterstützt. (Mitteil. d . Geogr. Gesellsch. zu Hamburg, 1891-92, Heft 1.)

Von F. W. Paul Leh

Leipzig -Prag, 1891. Freytag -Tempsky. 61 S. 3 Ab bildungen. Gr. 8º. Die vorliegende Schrift stellt sich dar als ein Bestandteil m ann .

jener grossen Länderkunde von Europa , welche unter der Lei . tung A. Kirchhoffs eben im Erscheinen begriffen ist .

dahin , dass die Rumänen aus roinanisierten Dakern und im Lande

ruhiger Ergebung, ohne dadurch in` ihrer nationalen Eigenart

wesentlich beeinträchtigt zu werden , alle möglichen Völkerwogen über sich weggehen liessen und nur von den Slaven , die zuletzt kamen , einige Elemente in sich aufnahmen . Die Röslersche Hypothese von der Einwanderung der heutigen Vlachen aus dem Süden lehnt der Verfasser ab .

Sehr ausführlich und belehrend

sind die Darlegungen über das wirtschaftliche Leben der Ru mänen , über das in der Entwicklung begriffene Verkehrswesen und über den Charakter der Städte . Verschwiegen darf nicht

werden , dass Herr Lehmann den oft angegriffenen National charakter der Rumänen gegen gewisse landläufige Vorwürfe in Schutz nimmt, und in der That muss man sich noch wundern , dass ein Volk, das im Laufe der Jahrhunderte so Entsetzliches

Litteratur. Das Königreich Rumänien.

volle » Reisebriefe « zurückgegriffen worden, deren Bedeutung für die Erdkunde eine noch nicht ausreichend gewürdigte ist. Bei

Für den

über sich ergehen lassen musste , sich so viele immerhin schätz bare Eigenschaften bewahren konnte. Die angenehme Lektüre des äusserlich , wie bekannt, elegant

ausgestatteten Buches wird einigermaassen erschwert durch die vom Verfasser angewandte Schreibart der rumänischen Eigen Da wir doch einmal Rom , Mailand, Lissabon, Athen

namen .

Bearbeiter der unteren Donaugebiete liegen die Verhältnisse

sagen, so sollten auch die uns geläufigen Namen Bukarest und

insofern ungünstig , als das wissenschaftliche Leben dortselbst

Jassy beibehalten und nicht durch Bukuresçi und Jaşi ersetzt werden. Unser Alphabet kann nun einmal selbst durch die

noch ein ziemlich junges, mit der geographischen Durchforschung des eigenen Landes nur erst ein Anfang gemacht ist . Gründ solchen Werkes eine weit mehr als in anderen Fällen unerläss

genauesten Transskriptionsregeln mit denen anderer Völker nicht zur Deckung gebracht werden , und an eine Einführung der landesüblichen Schreibweise in den geographischen Unterricht ist

liche Voraussetzung, und dieser Anforderung genügt Herr Leh

wohl auch nicht zu denken .

liche, autoptische Kenntnis war demnach für den Verfasser eines

S. Günther.

mann vollkommen , wie dies aus den verschiedensten Stellen seines Werkes hervorgeht. Was die Art der Darstellung und

der Gliederung des Stoffes anlangt , so ist den einzelnen Mit

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

arbeitern des Unternehmens freier Spielraun gelassen , und

in Stuttgart .

während z. B. Penck physische und politische Geographie von

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 2. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.

Stuttgart, 9. Januar 1892. M -DF XL

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

Inhalt :

i . Forschungsreisen in Niederländisch -Ost - Indien .

Von H. Zondervan ( Bergen -op Zoom ). (Schluss). S. 17.

2. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam). (Fortsetzung). S. 21.

3. Zur Geographie

4. Erlebnisse in Russland. Vortrag, gehalten im Geographischen Verein der Schienenwege. Von W. Götz (München ). S. 24. 5. Geographische Mitteilungen. (Galileis Mathematische zu Sondershausen. Von G. Junge (Sondershausen ). ( Schluss ). S. 26. 6. Litteratur. ( Veröffentlichungen der Kommission Geographie ; Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland ). S. 31 . für Erforschung des östlichen Mittelmeeres ). S. 32 .

Die Expedition nach der Insel Flores.

Insel Flores in die zu durchforschenden Gegenden aufzunehmen , während es weiter gelang, Dr. A. Wichmann , Professor der Geologie zu Utrecht, der einige Teile des indischen Archipels geologisch . untersuchen wollte, für die Expedition nach Flores zu gewinnen. Ferner trat man in Unterhandlung

Als die Regierung dem Niederländisch - Geographischen Verein 1887 eine nicht unbedeutende

mit dem niederländischen Ethnologen und Anthro pologen Dr. H. F. C. ten Kate, der damals als

Forschungsreisen in NiederländischOst- Indien . Von H. Zondervan (Bergen -op -Zoom ). ( Schluss.) II .

Subvention anbot, falls er eine wissenschaftliche Mitglied der bekannten »Hemenway Southwestern Erforschung einer der Inseln, welche sich im Osten Archaeological Expedition« in den Vereinigten Javas in westöstlicher Richtung ausdehnen und den Kollektivnamen » Kleine Sunda-Inseln« führen , unternehmen wollte, wurde vom Verein als Forschungs-

objekt die am wenigsten bekannte Insel »Flores«

Staaten Nord-Amerikas weilte, und später wollte man sich nach einem Botaniker umsehen .

Die geographische Untersuchung, welche, wie

gesagt, Hauptsache war , wurde dem Civil-Ingenieur

R. van den Broek aufgetragen. Letzterer reiste dem Verein zur Verfügung standen , und auch weil | Anfang November 1888 aus den Niederlanden ab

gewählt.

Mit Rücksicht auf die Mittel, welche

die Erfahrung gelehrt hatte, dass ein vollständiges

und langte Anfang März 1889 in Larantoeka

Zusammenwirken verschiedener Fachmänner sich

(O.-Flores (O. -Flores),),

dem

Ausgangspunkte seiner

topo

auf die Dauer nicht wohl durchführen lässt, da graphischen Aufnahme, an . Da der von ihm ver z. B. Geologen und Ethnographen bei ihren Nach- sprochene ausführliche Bericht nebst Karte bis jetzt forschungen weniger an eine und dieselbe Gegend noch nicht erschienen ist, sind wir vorläufig auf

gebunden scheinen, als dies bei Zoologen und seine sparsamen brieflichen Nachrichten, veröffent Botanikern der Fall ist, die Geographen dagegen licht in der Zeitschrift des Niederländisch Geo

sich noch länger an einem bestimmten Orte auf- graphischen Vereins, angewiesen. Daraus erhellt, halten müssen, wurde beschlossen, die rein geographische Erforschung in den Vordergrund zu setzen , dieselbe einer Person aufzutragen und, während der Geograph ununterbrochen weiterarbeiten

durch ungünstige Witterung, Terrainschwierigkeiten, Mangel an Trinkwasser und an Arbeitern. Auf den vielen Ausflügen , die er von Larantoeka aus

sollte, unterdessen nach einander verschiedene Fach-

in den östlichen Tei der Insel machte, lernte er

männer mit der geologischen, zoologischen , botanischen und ethnologischen Erforschung zu beauf-

sehr viele Fehler auf den vorhandenen Karten von

tragen. Da nun gleichzeitig der Amsterdamer Pro-

dass er in seiner Arbeit öfter gehemmt wurde

Auch teilt er einiges über die Mission auf dieser Insel mit und gibt eine Be Flores kennen .

fessor der Zoologie Max Weber im Begriffe stand, schreibung von seiner Besteigung des Berges Illiman auf eigene Kosten eine Forschungsreise nach Insulinde ) zu unternehmen , wusste der Vorstand des Geographischen Vereins ihn zu bestimmen , auch die

diri . Von seinen grösseren und kleineren Exkursionen wird die nach Sikha mit einiger Ausführlichkeit beschrieben . 1 ) Vor ihm war nur einmal eine

1) Als » Insulinde « bezeichnet der Holländer sein gesamtes

1) Bericht über eine im Jahre 1888–89 im Auftrage der Niederländischen Geographischen Gesellschaft ausgefithrte Reise

Kolonialgebiet in den südöstlichen Meeren. Ausland 1899 Nr. 2.

3

Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien.

18

Reise durch das Innere der Insel von Herrn Kleian

zur Stütze der Wohnungen bei den Vorfahren

unternommen , aber der Reisebericht Kleians ist

dienten .

Viel Einfluss übt in Sikha der römisch

niemals veröffentlicht worden . In Begleitung des katholische Geistliche Le Cocq d’Armanville aus, dortigen Regierungsbeamten , Herrn Worms, wollte über welchen zu berichten wir noch Gelegenheit van den Broek von Larantoeka aus längs der Haddie- | baben werden . Nach van den Broek ist derselbe Bai zur Nordküste und von da aus durch das Innere eher das regierende Haupt des Staates Sikha zu

nach Maumerie gelangen. Da aber von eigentlichen

nennen, als der ebenfalls dort sesshafte Radja. Das

Wegen nirgends die Rede sein konnte, und da die

Hauptprodukt dieser Gegend ist Tabak von aus

16 Träger (Kulis) sehr wenig Widerstandsfähigkeit zeigten, musste er auch an der Nordküste den Strand entlang marschieren . Eigentümlich ist, dass

gezeichneter Qualität. Das Vorhaben, von Maumerie aus

zu Boot nach Wailamo zu reisen und von

dort aus quer durch die Insel nach Conga zu

die Küste fortwährend von vorgestreckten Gebirgs- ziehen, musste man aufgeben , und die Rückreise rücken unterbrochen wird und also Buchten bildet, welche in der Mitte einen sandigen Strand haben. Jede dieser Strandpartien gehört nun einem be-

wurde mit dem Postdampfer vollbracht. In einem späteren Briefe teilte van den Broek

stimmten Eigentümer an , sei dieser eine Kampong oder ein reicher Eingeborner, der daselbst gewisse

dem Vorstande der Geographischen Gesellschaft mit, dass er am Ende des Jahres 1889 aus seiner Be ziehung zu dem Vereine treten wolle, während der

Rechte ausübt . Der Weg an der Haddie-Bai bleibt

crsten Monate des Jahres 1890 aber noch an der

» Bald « , sagt van der

Arbeit bleiben würde, um einige Lücken in der

Broek, » mussten wir eine Stunde lang über riesige

selben auszufüllen. Da nun die Regierung für 1890

Steinblöcke klettern , bald war der Strand mit einer

die Subvention von 10000 Gulden nicht bewilligt

dicken Schicht Geröll bedeckt. Eines Morgens mussten wir, um an einem Kap vorüber zu kommen,

Arbeit während einer kurzen Zeit durch einen Arbeit

fortwährend an der Küste.

mehr als vier Stunden durch das Wasser marschieren,

welches an einigen Stellen bis weit über die Kniee

hatte, und die Fortsetzung der topographischen andern als den , der sie angefangen hatte, wenig Nutzen gewährt haben würde, und da auch die in

reichte. Am meisten aber wurden wir im Anfang zwischen eingetretenen politischen Ereignisse auf Besser ist es in

Flores ein Vordringen in die West-Hälfte unmöglich

dieser Hinsicht mit der Nord- Küste bestellt, und

durch Wassermangel geplagt .«

machten , so ist die Erforschung von Flores nicht

während der östliche Teil der Insel nur eine ärm-

zum Abschluss gekommen , wie denn auch die

liche Vegetation besitzt,und der Ackerbau dortwenig Aussendung eines Botanikers unterbleiben musste, lohnend ist, findet man an der Nord-Küste in der Gegend von Tandjong Dara, in Kroë) ausgedehnte

Das Resultat der Thätigkeit van den Broeks wird also nichts weiter als eine verbesserte Karte

Wälder gutenwohnen Ackerboden. den Monate Inseln der Küsteund entlang Fischer, Auf die oft lang mit der ganzen Familie auf dem Wasser leben. Eine Reise von 7 Tagen brachte den Reisenden

des östlichen Teiles Gedanke der Insel sein. Es war darum ein glücklicher des Vorstandes der geographischen Gesellschaft, dem Professor Wich mann ausser seinen geologischen Untersuchungen

nach Maumerie, das, obwohl an der Nord-Küste auch eine » flying survey« von Flores aufzutragen, gelegen , doch dem Radja von Sikha an der SüdKüste gehört, wo die Insel nur eine Breite von 3 Stunden hat. Von hier aus machte van den Broek einen Ausflug nach Sikha und fand auch hier wieder die Wege erbärmlich schlecht. »Nimmt man den kürzesten Weg über Kotti, so muss man elfmal nach einander denselben Fluss überschreiten.«

Vorab der letzte Teil des Weges war nach ihm geradezu

» halsbrechend« .

Die Dörfer dagegen

wodurch wenigstens eine, wenn auch nicht ganz korrekte Karte der ganzen Insel ermöglicht wurde. Da Professor Wichmann einen ausführlichen

Bericht in deutscher Sprache) über seine Reise in Celebes und Flores veröffentlicht hat,-) wollen wir, indem wir auf denselben verweisen , hier nur

kurz bei ihm verweilen. Am 18. Juli 1888 von Marseille abfahrend, erreichte er am

20. August

Pr Batavia, wo wo erer Professor M. Weber und Frau fand, Batavia,

machen einen besseren Eindruck ; sie sind geräumig

mit ihnen einige Ausflüge auf Java machte, wie

und hübsch angelegt. Sikha (Hauptort des Staates

zum Vulkan Tangkoeban Praoe und zum Krater

gleichen Namens) z. B. nennt van den Broek »die

see Talaga Bodas, und dann in ihrer Gesellschaft nach

reinlichste und ordentlichste Kampong, die er jemals in Indien gesehen hat. Eigentümlich sind

Makassar abdampfte, dem eigentlichen Ausgangs punkte seiner Untersuchungen . Den Plan, zusammen

in manchen Dörfern die schön - verzierten und be-

die Insel Celebes quer zu durchstreifen , haben beide

arbeiteten Pfähle, die » pomali« (heilig, nicht zu

Forscher zur Ausführung gebracht. Am 6. Oktober

berühren) sind und früher oft für Opferpfähle ge-

1888 verliessen sie Makassar und

halten wurden , nach van den Broek aber einfach

7. die Pare-Pare-Bai . Von hier aus ging es einige Tage später nach Teteadji , dem Hauptort des Staates

nach dem Indischen Archipel, von Arthur Wichmann in Utrecht.

Sidenreng und weiter nach Tempe. Obwohlhier der

Erster Teil, mit 2 Tafeln, Nr. XI u. XII, Tijdschr. v. - h . Kon .

erreichten am

Ned. Aardr. Gen. , 1890 Nr. 5 , S. 907 ff.; Zweiter Teil, mit 9 Tafeln, Nr. III -XI , ibid . 1891 Nr. 2 , S. 188 ff.

2) Tijdschr. v . h . Kon. Ned . Aardr. Gen. , 1890 Nr . 2 , S. 454.

Forschungsreisen in Niederländisch-Ost-Indien .

Fürst von Wadjo residiert, war der Ort doch » ebenso schmutzig und so voll Ungeziefer wie alle übrigen von uns besuchten Kampongs.« Auf dem Tjenrana-

19

reise nach Maumeri angetreten, und hier trennten

sich die Reisenden : Professor M. Weber und Frau reisten am 7. Januar 1889 nach Makassar zurück,

um die Umgebung des noch wenig bekannten Meere nach Badjoa, dem Hafen des Reiches Boni. Golfes von Boni auf Celebes zu durchforschen , Ueber Balangnipa und Kadjang gelangte man an während Wichmann in einer Prau nach Hadding Fluss fuhr man nach Palima und darauf auf dem

>

die Südost-Spitze von Celebes,wo die » Totengrotte«

fuhr und von da aus zu Lande nach Larantoeka

in der Nachbarschaft Biras besucht wurde.

kam . Auch dort ist ein römisch -katholischer Missionar

Am

selben Tage traf man in Bonthain ein und besuchte angesiedelt, und man findet eine Schule mit circa von hier aus Loka am Fusse des Piks von Bonthain , » welcher ohne Zweifel ein echter Vulkan ist. « Nach

150 Schülern , sowie ein Nonnenkloster, wo gegen 150 Mädchen erzogen werden . Mit der Abreise

Bonthain zurückgekehrt, fuhren unsere Reisenden

von

Larantoeka

endet

der

Reisebericht

Wich

Aus seinen brieflichen Mitteilungen wissen

von dort mit Dampfer nach Makassar zurück , wo

manns .

sie am 4. November wieder anlangten. Einige Tage später wurde die Reise nach Flores angetreten.

wir aber, dass er Ende Januar, nachdem er auch den Inseln Adonara nnd Solor einen Besuch abge

Erst fuhr man nach Bima auf der Insel Sumbawa ,

stattet hatte, über Konga nach Kupang, dem Hauptort des holländischen Teiles der Insel Timor,

da der Sultan dieses Reiches auch über den west-

lichen, Mangerai genannten, Teil von Flores herrscht,

fuhr, und weil er zunächst keine Gelegenheit hatte,

um von ihm die Erlaubnis zu erlangen, West-Flores

während des herrschenden West-Monsuns wieder

besuchen zu dürfen . Dann ging die Fahrt über nach Flores zurückzukehren , entschloss er sich , die Bari , Reo und die kleine Insel Paloweh oder Roesa

ihm noch übrig bleibende Zeit einer Erforschung

Radja zur Bai von Maumerie, wo man am 29. No -

Timors, sowie einiger anderer Inseln zu widmen.

vember eintraf. Nachdem die Umgegend durch-

Nachdem Wichmann in Timor Ausflüge nach

Baoeng (in Amarassi), nach den Inseln Kambing Dezember forscht war, zogen die Reisenden am 7.Auch Herr und Samaoe, nach Atapoepoe und nach Foloemonoe

quer durch die Insel zur Südküste.

er am 18. März Wichmann klagt über die ausserordentlich schlechten (in Fialarang) gemacht hatte, setzte Hier gelang es ihm

Wege, den Mangel an Kulis und den fast voll-

ständigen Wassermangel . In Sikha wurden die

nach der Insel Rotti über. unter anderem , eine kleine Kollektion jurassischer

Reisenden auf die liebenswürdigste Weise von dem

Versteinerungen an den Böschungen des Schlamm

schon genannten Geistlichen Le Cocq d’Armanville empfangen , welcher sie während ihres Aufenthalts

vulkans Boeboe Sarlain zusammenzubringen . „ Es sind die ersten Fossilien , der Juraformation ange

in dieser Kampong » mit nie ermüdender Bereit- hörend, welche im Indischen Archipel gefunden willigkeit, man möchte geradezu sagen, mit Enthusias- wurden, und dies ist ohne Zweifel der meist inter mus « unterstützte. So stellte er ihnen auch sein eigenes Fahrzeug zur Verfügung , um die Fahrt nach Endeh

essante Fund meiner ganzen Reise. “ 1) Dann fuhr er über Savu, Sumba und Bima nach Makassar

zu unternehmen, wo die Gäste fünf Tage verweilten. zurück, wo er am 7. April anlangte. Nachdem er Von hier aus wurde eine, besonders von Frau

Weber in Anregung gebrachte, Fahrt nach dem Gebiete der Rokkasin West- Flores in einer für 25 Gulden gemieteten Prau unternommen . Man

kam aber nicht weiter als bis zum Dorfe Bombang, das allerdings schon im Rokka-Gebiete liegt. Die

von hier aus noch (vom 20. April bis 4. Mai) die Palos-Bai besucht hatte und quer durch Celebes zum Golf von Tomini an der Westküste vorgedrungen war, wobei der äusserst beschwerliche Weg über

hohe mit Urwäldern bedeckte Berge führte, sowie

, von an vielen Stellen welchen verbarrikadie Die durch rt wurden, BäumenFlussbetten, und Felsenstücke

ungünstige Witterung zwang die Reisenden, von

hier aus die Rückfahrt nach Endeh und Sikha anzutreten .

Hier wurde ihnen schon am Ufer die

traurige Kunde überbracht, dass eine Woche zuvor

kehrte er endlich hein und erreichte am

11. Juli

1889 wieder die Niederlande. Auch Professor Weber hat im vorigen Jahre

Le Cocq d’Armanville von einer Bande Bergbewohner angefangen, die Resultate seiner Reise zu veröffent plötzlich überfallen worden sei und nicht unerheb- lichen, “) hat aber diese Arbeit bis jetzt noch nicht

liche Verwundungen davongetragen habe.

Da

vollendet. Aus einem vor den Mitgliedern der

man in Ost -Flores ganz allgemein in dem Wahne Geographischen Gesellschaft in Amsterdam gehaltenen befangen ist, dass ein etwaiges Ausbleiben des Vortrage lernen wir überdies seine Erfahrungen Regens durch diesen oder jenen Mitbürger verursacht kennen, soweit sie die Bewohner von Flores und

werde, hatten bei der anhaltenden Dürre einige Central-Celebes betreffen .') Taugenichtse , welche den Geistlichen hassten , weil er ihrer Ungebundenheit und Raubsucht Einhalt

er

uns

1) Max Weber, Zoologische Ergebnisse einer Reise in Nie.

Leiden 1890. Ost-Indien. derländischArchiv gethan hatte, die Bergbewohner gegen ihn aufgehetzt, nationale für Ethnographie. indem sie ihn beschuldigten , er halte den heiss er sehnten Regen in einer Blechbüchse verschlossen . Von Sikha wurde einige Tage später die Rück-

Auch teilt

Siehe auch das

Inter

2) Tijdschr. v. h. Kon. Ned. Aardr. Gen., 1889 Nr. 8—10, S. 490.

) Tijdschr. v. h. Kon. Ned. Aardr. Gen., 1891 Nr. 5, S. 681

Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .

20

darin mit, dass der Zweck seiner Reise war, zoolo- , Timors, zu besuchen. Auch bestieg er den Lakaän , gische Untersuchungen, sowohl systematische als der für den höchsten Berg von Holländisch - Timor auch vergleichend -anatomische , anzustellen . In gilt, und den er auf circa 2200 Meter schätzt.

Sumatra und Java beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Studium der Süsswasser-Fauna, welches ihn zu der Vermutung leitete, dass auf Sumatra die grossen Seen (Kraterseen) einst wahrscheinlich mit dem Meere in Verbindung standen, wie der Singhara- oder der Manindjoe-See, und dass ihre

Neben seinen anthropologisch - ethnologischen For schungen sammelte er auch geologische und zoo logische Gegenstände und versuchte eine »fying survey« der besuchten Landschaften zu machen. Von Atapoepoe fuhr er nach Neklioe in Ainfoang und reiste von hier aus zu Lande nach Pariti, um

Fauna also eine Relikten -Fauna ist. Die kleineren, dann zu Wasser nach Kupang zurückzukehren.. sehr hoch gelegenen Seen dagegen müssen auf eine andere Weise bevölkert worden sein, z. B. indem der Wind oder die Vögel die Keime einzelner Tiere

Am 1. April befand er sich wieder auf Flores und

dahin versetzt haben. Auf Celebes beschäftigte ihn

drang von Sikha aus mit Hilfe des Geistlichen Le Cocq, der ihn auf dieselbe zuvorkommende Weise unterstützte, wie früher die Herren Wich

auch die Wallacesche Scheidungslinie .

Was die

mann und Weber, in das Innere des Staates Lio

Bevölkerung von Flores betrifft, so wies er in seinem

und auch durch , wohin ausser Herrn Le Cocq dieser betrat ihn nur einmal - niemals ein Europäer

Vortrage auf den Unterschied hin zwischen den Bewohnern der Küste und denen des Innern .

Die

Ersteren sind eine Mischung von Eingebornen und Fremden , im Innern dagegen findet man die Urbevölkerung, welche in vieler Hinsicht mit den Bewohnern der Key- und Aru-Inseln übereinstimmt.

den Fuss gesetzt hatte. In dem fast unnahbaren Bergdorfe Hokor, nordöstlich von Sikha, fand er bis jetzt die reinsten Repräsentanten der Negroïden Auch ten Kate nennt die Wege » über alle Beschreibung schlecht« . Von Sikha reiste er

rasse .

Er glaubt denn auch, dass die Scheidungslinie

nach Koting und weiter nach Maumeri, von wo

zwischen West- und Ost-Malaien , welche Professor

aus er der Insel Gross- Bastaard einen Besuch ab

Gerland auf seiner Völkerkarte Insulindes im Osten

stattete, dann kehrte er nach Hadding zurück und reiste

von Celebes und Flores zieht, eher im

Westen

zu Lande nach Larantoeka.

Nachdem er die Inseln

der letztgenannten Insel zu suchen sei . Auch in Celebes, speziell in der Landschaft Loewoe am

Adonara und Solor besucht hatte, fuhr er

Golf von Boni, existiert wieder ein scharf ausge-

aber wenige Tage nachher wieder ab und erreichte über Roti, Savu und Endeh die Insel Sumba, wo er am 6. Juni in Waingapu an das Land stieg. Viel Mühe hatte er hier, die nötigen Tragpferde zu bekommen . Es gelang ihm aber, in der Um

prägter Gegensatz zwischen den Küstenbewohnern (den Toraweh ) und denen des Innern (den Toradjas) Schon waren Professor Wichmann und Pro-

von

neuem von Larantoeka aus nach Kupang, reiste

fessor Weber längst von ihrer Forschungsreise zu-

gegend dieser Kampong verschiedene Ausflüge zu rückgekehrt, als Dr. ten Kate in Indien eintraf, machen, wobei er sich nebenbei so viel wie möglich um dort ethnologische und anthropologische Unter- auch mit der Geologie und der Fauna beschäftigte. suchungen anzustellen . Wie wir aus seinen brief-

» Das Volk «, sagt er, » ist sehr verschieden von

lichen Nachrichten wissen, erreichte er am 14. Januar demjenigen der übrigen, mir bekannten Inseln dieses

1891 Makassar, wo es ihm gelang, eine gewisse Archipels. Diese Leute sind viel besser gebaut Zahl Makassaren und Boeginesen anthropologisch

und weniger belästigend. Es gibt unter den Sumba

zu untersuchen , um , wenn möglich, den Einfluss zu konstatieren, welchen diese Volksstämme vielleicht auf die Bewohner der kleinen Sunda-Inseln aus-

nesen einen Typus, der mich an die nordamerikani schen Indianer gemahnt. Auch die Landschaft hat in Sumba einen eigentümlichen Charakter. Der

geübt haben. Nachdem er einen Ausflug nach

Kalk, vor allem der Korallenkalk, ist überall über

dem Reiche von Goa in Celebes gemacht hatte,

wiegend, obwohl ten Kate in einem Flussbett auch

setzte er nach Flores über und landete in der Ipih-

Eruptivgesteine fand.

Bai, im Osten von Endeh .

Hier sowohl als in

» Die Terrainbeschwerden sind hier nicht zu beschreiben und machen diese

Endeh hesuchte er viele Kampongs und fand auch, Ausflüge sehr ermüdend, sowohl für die Menschen dass die Küstenbevölkerung stark gemischt ist. Am 1. Februar traf er in Kupang (Timor) ein und

sind in den Gebirgen ausserordentlich stark , das

machte erst eine Exkursion nach der Landschaft

Thermometer zeigte des Morgens früh immer

Amarassi, wo er 53 echte Timoresen anthropologisch

16,50—18,5 ° C., am Nachmittag (2 Uhr) 10-110

genau untersuchen konnte und auch der Gesichtsstärke, dem Farbensinne und den Volksnamen viel

mehr. Laut seinem letzten Briefe vom 24. Juni

Aufmerksamkeit schenkte.

Ost-Sumba zu ziehen und ungefähr um die Mitte

als auch für die Pferde.

4 I

I

I

1/2 Gallon Honig in der Wabe . i Sklave (Knabe zw. 10 u. 13 Jahr.) 16 I ) 50-80 ( Mädch . I 18 13 ) 80-200 ( I ) So - 130 (Weib 18 » 30 ‫ور‬

Kuka war, bemerkte er, dass die Baumwollstreifen

2

Arbeit und kaum als Kleidung zu gebrauchen ; 2-5

zugleich einen Begriff vom relativen Wert einiger vielfach vorkommender Handelsartikel gibt : I Amer . Elfenbein, das Pfund 2 i Ziege

>

>

>>

währung fast vollständig von der Muschelwährung

>>

verdrängt war ; nur im Süden von Bornu wurde

noch nach Baumwollstreifen gehandelt . Man nahm dort die Spanne oder auch eine Elle , welche stets von der Spitze des längsten Fingers bis zum Ellbogenbug gerechnet wird , als Maass derart , dass ein Mann , mit Baumwollstreifen versehen, sich für eine Spanne oder drei Ellen Baumwollstreifen diesen oder jenen Gegenstand kaufte. Dass dies oft, wegen der Verschiedenheit der Länge einer Spanne oder einer Elle , zu langweiligen Erörterung: n , ja zu Streitereien führte, braucht kaum erwähnt zu werden .

I

(

I

(Knabe (Mann

30 , 50 13 " 18 18 50

‫در‬

) 10-40 ) 16-50

) 10-50 Kommen wir an den Gabun , so sind auch dort die aus europäischem Kattun gefertigten Stoffe in I

>

den verschiedensten Mustern von grossem Nutzen , um mittels Tauschhandels sich die Landesprodukte

zu erwerben (O. Lenz) ; an der Loangoküste in Angola und Benguela ist ein Stück Zeug, » long « genannt, das gangbarste Wertzeichen (Woermann ).

Diese Baumwollstreifen , die zum Anfertigen von

Aehnliche Thatsachen berichten verschiedene Rei

Toben, Hemden und Hosen dienen, haben in Bornu den

sende aus dem Congogebiete.

Namen Gabaga. Acht Kauris oder Kungena werden

Isangila erfreuen sich rote, baumwollene Taschen

Zwischen Vivi und

einer Spanne Baumwollstreifen gleich gerechnet, tücher, sowie gestreifte und karrierte Stoffe der all also einer Gábaga (Rohlfs). Am Senegal werden nach dem

Moniteur Belge

vom

16.

Dezember

gemeinen Beliebtheit ( Nipperdey).

Havenga , der

in allgemeinen Umrissen erwähnt, was von den

1879 jährlich grosse Mengen blauen Kattuns aus Eingebornen des Congostaates am meisten geschätzt Flandern , das sogenannte Guinée, eingeführt, welches wird, sagt, dass die meisten Kattunstoffe, haupt dort als Wertmesser üblich ist ”). Im Nilgebiet bei sächlich von den holländischen Faktoreien eingeführt, den Seriben werden Ballen von Baumwollstoff englischen Fabriken entstammen . (Schluss folgt.) eingeführt, und zwar alle drei von uns genannten Sorten ; hier sind sie jedoch nicht eigentlich Münz einheit ). In Nyangwe ist ausser Kauris, Perlen , Kupfer und Eisendraht auch ein Zeug von der Zur Geographie der Schienenwege. Raphia-Palme gangbares Zahlmittel . In allen jenen Von W. Götz (München ). Gegenden , die von der Ostküste *), von Sansibar und Umgegend versorgt werden, gilt ein Stück unge Die » Verkehrsgeographie«, wenn eine solche bleichtes Zeug als fester Tauschwert; dieses ist das wirklich als ein deutlich unterscheidbarer Zweig am

genannte Amerikani , 4 Ellen lang. Stanley gibt vielästigen Baume der Erdkunde wächst, wird sich sogar für das Jahr 1876 einen genauen Preiskourant des Marktes von Udjiji in Amerikani '); er lohnt 1) Reise nach Chartum durch Kordofan und Dorfus 1879. Tagebuchblätter von Dr. J. Zurbuchen (Petermanns Mitteilungen , 1884, S. 452 ).

2) Havenga, a. a. O. , S. 378. 8) Schweinfurth, Bd. II, S. 429. “) Nach Hendrik P. N. Muller ist der gewöhnliche Kattun in Ostafrika fast ausschliesslich Bombay -Fabrikat. Die Einheit ist am Sambesi und in ganz Muzambique mit Hinterland die

schwerlich mittels allgemeiner oder grosser Grund linien, wie solche die Kulturgeschichte in Zusammen hang mit einer mehr geistreichen als umsichtigen Beurteilung der Länderkarte veranlassen konnte, ihre Ausgestaltung erwirken . Alles , was in diesem Felde aprioristische Eigenart aufweist, wird dem

prüfenden Auge des Kenners sehr bald gekünstelte und unberechtigte Folgerungen oder Lehren erkennen lassen . Wir haben da einen zu realistischen Bereich

Spanne zwischen beiden Daumen, wenn die Arme ausgestreckt sind .

Das ist eine » braço « , Wert zwischen neun und zehn Mark . 5) Stanley, Through the Dark Continent . Hamburg, 1878,

Bd. II, S. 15 .

vor uns. In diesem vermag nur das achtsame Er kunden und Vergleichen kleiner Teilgebiete der Erde und zahlreicher Einzelplätze menschlicher

Zur Geographie der Schienenwege.

Wohnsitze , sowie die höchst prosaische Kenntnis-

25

welcher entsprechend er auch die einzelnen Teile

nahme von dem Entstehen und dem Erfolge der

seiner Zonen als bodengestaltlich abzugrenzende

einzelnen Verkehrswege und -mittel zu nutzbaren

Gebiete mit solchen Umrissformen behandelte. Ihnen

und verlässigen Erkenntnissen zu führen, aus welchen

entsprechend, lehrt er hierauf, gäbe es zwei Typen

dann wohl mit der Zeit eine wissenschaftlich auf-

von Bahnnetzen , oblonge und radiale. Die oblongen

gebaute Verkehrsgeographie werden kann . Zu derartigen Vorarbeiten wird man zweifellos so selbständige und anregende Studien zu rechnen

zeigen gewissermaassen eine Gitterform , wie dies

und zu verwerten haben, wie ihrer eine jüngst aus der Feder von J. Müller in Zweibrücken erschien , als

artig bestimmten Gebieten erweisen sich als die wich tigeren im Verkehr. Dies beruhe wesentlich auch

» Beitrag zur Verkehrsgeographie « bezeichnet.")

z. B. die Querbahnen der oberrheinischen Tiefebene deutlich darthun ; die radialen Netze in den rauten darauf , dass die Umwallung der sogen . Rauten an

Der Verfasser dieser Broschüre bringt eine Be-

zwei Seiten gleich hoch zu sein pflege, weshalb

trachtung der Anordnung, welche das Eisenbahnnetz

Süddeutschlands und des zwischen Alpen und Su-

die Wege schon durch die nach dem Schnittpunkt der Diagonalen konvergierenden Gewässer eine ra

deten gelegenen österreichischen Gebietes erhalten

diale Anordnung erhalten, und das Netz einen be

hat.

Eine Reihe von Lehren wird sodann aus der

Darlegung des Thatbestandes abgeleitet, welche ja nicht alle durch Neuheit oder ausnahmslose Allgemeingiltigkeit glänzen müssen, um doch als eine

in vorliegendem

herrschenden Mittelpunkt.

Selir interessant ist die

an den zwei Hauptbeispielen festgestellte Thatsache, dass die Winkel, unter welchen sich in radialen Netzen die Radien schneiden, wenn nicht bedeutende

Zusammenhang vollberechtigte Verkehrshindernisse ablenken , fast stets die gleichen

Schlussfolgerung Anerkennung zu verdienen . Da sich das Schriftchen fast nur mit der gegen-

seitigen Lage der Verkehrsmittelpunkte , besonders mit ihren Abständen befasst und mit ihrer Lage zu

einem geographischen Gebiet, welches durch bestimmte » Umrissformen « als ein selbständiges oder abgegrenztes gelten kann - so finden wir dementsprechend hinsichtlich solcher Plätze nur eine Aussage über ihre Entwicklung als Mittelpunkt eines

sind, nämlich solche von 450 und von 30 . Bei dem Beispiele des fränkischen Centrums Nürnberg wurde dies allerdings nur für Winkel von 60 ° durchgeführt. Die Zahl der Radien aber sei abhän

gig von der Bevölkerungsdichtigkeit des Netzgebietes, und die Länge derselben sei der Einwohnerzahl der Verkehrscentren proportional . Die letztgenannte Doppelfolgerung begibt sich einerseits bereits auf das rein volkswirtschaftliche

Bahnnetzes. Es ist die, dass bei mehreren einander Gebiet hinüber, andrerseits wird es stets unüber nahe liegenden grösseren Städten nicht die Bewohner - windliche Schwierigkeiten bieten , irgend ein grösseres zahl zu einem solchen Centrum erhebe, sondern die

Gesamtgebiet derartig in Teilgebiete mit bestimmten

Lage zu den Umrisslinien des betreffenden geogra-

Mittelpunkten zu zerlegen, dass man diesen radiale

phischen Gebietes . (Dadurch wirkt eine solche Stadt natürlich auch bestimmend auf die Anlage des Bahnnetzes .)

Verkehrswege mit einer zahlenmässig bestimmbaren Länge zuweisen könnte ?). Vielmehr wird eine an genommene Länge oft sehr ausgiebig zu kürzen

Als wesentlich erscheint freilich hierfürdie innere

sein , sobald der betreffende Schienenweg in seiner

Berechtigung der Aussage über die vom Verfasser sogenannte Umrissform der natürlichen Gebiete eines Landes, welch erstere sich entweder der geometrischen

äusseren Strecke auch als Radiusstrecke eines be nachbarten Verkehrscentrums betrachtet werden will .

Figur eines Rechtecks oder der einer Raute zu

Man versuche es z. B. mit der Linie Nürnberg Regensburg-Linz : welche Länge der Bahnstrecke

nähern pflege. Allerdings kann die voraufgegangene

soll man hier mit Recht als diejenige für Nürnberg,

Untersuchung hierfür eintreten, in welcher der Au-

welche als die des Regensburger und als jene des

tor zuerst vier Zonen südnördlich an den Alpen-

Linzer Radius präzisieren dürfen . Referentmöchte

gürtel sich anlegen lässt eine südliche mit den

daher auch hier für thunliche Einhaltung der Grenzen

Teilmittelpunkten Singen , München, Linz, Wien ; geographischer Betrachtung gegenüber anderen eine mittlere mit der danubischen Reihe : Ulm , Regensburg, Budweis, Brünn ; sowie mit der rhenanisch-

Wissensgebieten sich aussprechen. Damit ist na türlich jener Thatsache keineswegs etwas abgebrochen,

albingischen : Stuttgart, Nürnberg, Pilsen, Prag ; end- dass wir Verkehrsmittelpunkte als maassgebende lich eine nördliche Zone mit Würzburg und Eger), Kräfte für das Entstehen und die Einzelanordnung sodann an den speziell ausgeführten Beispielen Mittel- und Ostböhmens (mit Prag), der fränkischen Platte (mit Würzburg), der oberrheinischen Tiefebene und Lothringens (mit Saarbrücken) [?] be stimmtere Stützpunkte für seine Auffassung gewinnt,

von Bahnnetzen zu erkennen und ihnen einen deut lich bestimmbaren Umkreis zuzuweisen ein Recht haben .

1) Dass notwendig ein Uebergreifen der Begrenzungslinien

1) Die Lage der Verkehrsmittelpunkte Süddeutschlands und

der einzelnen Gebiete in das benachbarte Territoriumn sich ergibt, bekunden recht deutlich die von dem Herrn Berichterstatter

der Verlauf der Haupteisenbahnen dieses Gebietes von J. Müller,

seinem bekannten Werke » Die Verkehrswege im Dienste des

kgl . Reallehrer. Programm der kgl . Realschule Zwcibricken am Schlusse des Schuljahres 1890/91 . Zweibrücken , Reiselt , 1891 .

Welthandels « (Stuttgart 1888) beigegebenen Isohemerenkärtchen . Anmerkung d . Herausgebers .

Erlebnisse in Russland .

26

Hierdurch kommen wir allerdings nur teilweise zu dem Ergebnis bestimmter regelmässiger Formen des Bereiches für die Verkehrsmittelpunkte. Denn gerade die Eisenbahnen sind es, welche die natürlichen Grenzen, sobald diese schwächer auftreten,

fehlt den Dörfern an landschaftlichem Reize, da

wir die Bäume und Sträucher vermissen, welche unseren deutschen Dörfern ein so freundliches Aus

sehr fühlbar um ihren früheren scheidenden Einfluss

sehen verleihen . Diese lange Reihe von Häusern ohne Baum , ohne Strauch, ohne ein Gärtchen hat etwas Nüchternes, Kaltes. Das entspricht dem nur

brachten. Die Abhängigkeit des Schienenwegnetzes von den »Grenzen zwischen Hebungen und Senkungen

auf das Praktische gerichteten Sinne des russischen Bauern ; für die Annehmlichkeit des Lebens hat er

der Erdoberfläche«, nicht nur von den natürlichen

noch kein Verständnis. Die innere Einrichtung des

Bodenfurchen , ist ja wesentlich geringer als die- Hauses, der » Isba« , ist sehr einfach . Der untere jenige der reger benutzten Strassennetze, obwohl Stock wird vorzugsweise zu Wirtschaftsräumen Strassen viel leichter starke Steigungen überwinden . und Vorratskammern benutzt; ein grösserer Raum Für die vermehrte Unabhängigkeit der Bahnen von dient als Winterstube. Ueber dem Erdgeschosse

der Bodengestalt, sobald es sich nicht um steile befinden sich die eigentlichen Wohnräume für den Böschungen handelt, zeugen freilich

auch zwei

Sommer , wohin meist eine äussere Treppe unter

von Müller beleuchtete Beispiele, nämlich Pilsens

einem Vordache führt. Die Möbel sind einfach . Ein

und Würzburgs Schienennetz. Hier hat gewiss nicht

roher Tisch, an den Wänden breite Bänke, höchstens

die Boder gestalt das Anlegen einer so beträchtlichen

noch einige hölzerne Schemel --- das ist alles. Der

Anzahl von Radien begünstigt; sondern der Platz | Hauptgegenstand im Winterzimmer ist der kolossale, drängte dazu, letztere herzustellen , zum Teil ein Beleg für das vorgebrachte Gesetz der Verteilung

fast bis zur Decke reichende Back- und Kochofen,

den man aus Ziegeln oder Backsteinen hergestellt

von Verkehrsmittelpunkten in gewissen gleichen i hat. Zur Winterszeit spielt derselbe eine sehr wich Abständen . Aber wenn wir solche » Mittelpunkte«

tige Rolle. Der zwischen ihm und der Decke be

auf den deutlichsten natürlichen Grenzen antreffen, wie z . B. Ulm oder Linz, dann wird sich die Ueber-

zeugung von geometrisch bestimmbaren Umriss-

findliche Raum ist nicht nur eine beliebte Schlaf stelle, sondern zu jeder Zeit im Winter ein ange nehmes Ruhe- und Erholungsplätzchen. Wenige

formen natürlicher Verkehrsgebiete abschwächen.

Fuss unterhalb der Decke ist vom Ofen bis zur

Um den Schwierigkeiten der Lehre über die gegenüberliegenden Wand eine Art zweiten Stock Eisenbahncentren zu begegnen , wird man nicht ver

werkes oder vielmehr ein offener Bodenraum ange

kennen dürfen, dass zwischen Verkehrs- und zwischen

bracht. Hier ist die allgemeine Familienschlafstätte für Jung und Alt . Schafpelze, Kleider, Filzdecken ,

Eisenbahnmittelpunkt häufig zu unterscheiden sei . Bei letzterem ist es wiederum ein anderes, ob man

kleine Kopfkissen sind das einzige Bettzeug. Eigent nur Kreuzungsorte für Bahnlinien vor sich habe, liche Betten kennt der russische Bauer nicht . welchen durch die Bodengestalt der betreffende

Aus dem Hausflur gelangt man in den innern

Verlauf vorgezeichnet war, wie z. B. für Singen ,

Hofraum , der rings von einem überdachten , nach

für Eger, für Ansbach - oder ob die Bahnen nur

dem Hofe zu gewöhnlich offenen und auf Pfählen ruhenden Anbau überdeckt ist, welcher zur Bergung der Wirtschaftsgeräte u. s. w. dient. Hier befindet

zunächst einen Kreuzungspunkt hatten, welcher dadurch eine Anregung empfing, um sich zu einem Verkehrsplatz von mittlerem Range zu erheben , wie z. B. Linz oder Winterthur.

Aber abgesehen von solchen Einwendungen und Vervollstärdigungen würde uns eine Fortsetzung verkehrsgeographischer Analyse der Eisenbahnen Mitteleuropas in Müllers Weise zu beachtenswerten Lehren

über dieses spezielle Feld der Geographie weitere erwünschte Materialien und Folgerungen bringen können .

Erlebnisse in Russland .

Vortrag , gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen. Von G. Junge (Sondershausen ).

sich auch der Vieh- und Pferdestall.

Im Wohn

zimmer befindet sich längs der Decke häufig eine elastische starke Birkenstange, welche bis mitten in die Stube hineinragt. Von ihrem freien Ende hängt ein Seil herab und trägt einen kleinen Korb. Das ist die Wiege . Sie schwingt nach einem kleinen Zuge nach unten beständig auf und ab . Am Ende des Dorfes finden wir immer mehrere

Badestuben . Im einfachsten und häufigsten Falle zeigt ihr Inneres einen Haufen grosser Feldsteine, in welche ein Wasserkessel eingelassen ist. Darunter ist ein Feuerraum ; seitlich erhöht eine hölzerne Pritsche. Die glühenden Steine werden mit Wasser besprengt ,

Häufig findet sich auch ein architektonischer

so dass sich der ganze Raum mit heissem Dampf füllt. Beblättertes Birkenreisig, das im Frühjahr ge sammelt und zu besenartigen Bündeln zusammen

Schmuck an ihnen, in der Form rohen oder buntbemal-

geschnürt wurde, wird in das heisse Wasser getaucht

(Schluss.)

ten , durchbrochenen oder ausgezackten Holzwerkes an

und dient dann zum Auspeitschen der nackten Leiber.

Giebelsparren und den unteren

Die Birkenblätter verbreiten einen köstlichen Duft,

dem Firste, dem

Rändern des Daches.

Die einzelnen Häuser machen

häufig einen recht wohnlichen Eindruck, aber es

das Peitschen mit dem heissen

Wasser ruft ein

ausserordentlich angenehmes Hautgefühl hervor, und

Erlebnisse in Russland .

27

hat man sich an das Atmen der heissen Dämpfe , gebaut, welches ein langes Brett aufgehängt trägt : und die glühende Temperatur erst einigermaassen

auf diesem stehen die Schaukelnden .

gewöhnt, so wird auch uns Kulturmenschen das allsonnabendliche Bad zu einer sehr angenehmen

würdiges Spiel für Männer ist das Werfen mit starken Knütteln nach zahlreichen, regelrecht hinge

Gewohnheit. Vor jedem Sonn- und Festtage nimmt jeder Russe, Mann und Frau, ein solches Bad

stellten Kalbsfussknochen .

und wirft sich dann in reine Wäsche.

In dem Hause wohnen gewöhnlich zahlreiche Menschen , da häufig hier drei Generationen zu-

Ein merk

Ein besonders festlicher Tag für die Dorf bewohner ist der Jahrestag des Dortheiligen, der unserer Kirmes entspricht. Die ganze Umgegend versammelt sich im Festdorfe, in dem morgens in

sammenhausen , besonders Frauen und Kinder. Die Männer sind sehr häufig von Hause abwesend. Sie

der Kirche oder Kapelle Gottesdienst abgehalten

sind in den Städten als Arbeiter oder Hausierer

man auch Schwein und Kalb verkaufen musste, um etwas Geld für die Zuthaten in die Hände zu be kommen . So ärmlich man auch sonst sein Dasein

thätig , arbeiten im bringen das gefällte in die fernen Häfen .

Walde als Holzfäller oder Holz auf Flössen und Barken Der Frau liegt während der

wird. Man hat tüchtig Kuchen gebacken, wenn

fristet, heute muss der Tag durch üppiges Leben

Abwesenheit des Mannes ausser den häuslichen Be- gefeiert werden . sorgungen die ganze schwere Feldarbeit ob. Selbst

Jede der jungen Damen aus der Umgegend hat

da , wo der Mann zu Hause bleibt , ist das Los der Frau deshalb kein leichteres. Sie ist die Arbeiterin ,

einen Pack Kleider mitgebracht, und zwar den ganzen Inhalt ihres Kleiderschrankes. Hat sie ein

Sklavin , die für alles zu sorgen hat. Wie schnell vergeht daher bei ihr der Schmelz der Jugend,

Kleid ein paar Stunden getragen , so kleidet sie sich irgendwo um und setzt das so lange fort, bis sie

wie kurze Zeit ist sie jung ! Sie heiratet gewöhn-

ihren ganzen Vorrat hat bewundern lassen. Je öfter

lich mit 20 Jahren, und auch der Mann heiratet in

sie sich umkleiden kann, desto grösser ist die Ach

diesem Alter, um seinen Eltern recht bald eine

tung und Ehre. Die Kleider sind modern, häufig

Stütze ins Haus zu bringen . Im Sommer sieht man

aus Seide, aber in grellen Farben und mit schlechtem

die Frau hinter dem Pfluge und der Egge, sie be- Sitz . Ausser den Kleidern wird sämtlicher Schmuck sorgt alle Arbeiten , reitet wie ein Mann in den mitgebracht, der im Besitze der Familie ist. Lange Wald u . s. w .

Gibt's im Winter draussen wenig

zu thun, so sitzt sie entweder am Spinnrocken und

dreht fleissig die Spindel, oder sie arbeitet am Webstuhle ihr Leinen selbst und fertigt daraus Handtücher, Wäsche und Kleider. Die russischen Frauen sind überhaupt in jeder Art von weiblichen Handarbeiten sehr geschickt; sie nähen ihre Hemden ,

Perlenketten , weiss oder bunt, sind mehrfach um den Hals geschlungen ; sie sind wohl oft wertvoll, zumal die alten Erbstücke, die durch ihre beson

deren Formen auffallen.

Sehr eigentümlich sind

stricken und sticken mancherlei und sind in manchen

auch die Ohrringe, thalergrosse Räder aus Perlen , und der Kopfputz, Kakóschnik, ein mit Perlen dicht besetztes Diadem , welches ein Haarnetz zum Zu sammenhalten der Haare trägt. Dieser Perlenschmuck gehört zur eigentlichen, sehr kleidsamen National

Dörfern sogar des Spitzenklöppelns kundig . Vergnügungen gibt es für sie nicht mehr. Solange

schwunden ist, während sie von den Gebildeten

sie junge Mädchen sind , machen sie sich das Leben

neuerdings wieder aufgenommen wird. Die Mäd

Schürzen , Röcke mit bunten Farben sehr schön aus,

Sommertracht, die unter dem Volke leider fast ver

sehr angenehm . Wenn sie im Sommer die Tages- chen wandeln die Strasse aufundab und lassen sich von arbeit

hinter sich haben,

kommen

sie mit der Dort

anderen Jugend vor dem Dorfe zusammen .

wird dann gesungen , getanzt und gespielt.

Die

beste Sängerin singt einige Takte in einer melan-

cholischen , ziemlich eintönigen Melodie vor,, die übrigen fallen dann im Chor ein , und so werden sehr häufig 10--20 Strophen abgesungen. dann Die Lieder behandeln häufig sagenhafte Stoffe, oft sind es auch lyrische Gesänge von Liebe und Tod. Dann wird nach den Klängen einer Ziehharmo-

ihren Genossinnen und den jungen Burschen be wundern .

Die Mütter sitzen unterdessen an den

Ecken und bewachen die Kleidermagazine ihrer Töchter. Einige von den jungen Männern sorgen durch das Spielen der Ziehharmonika für musikalische Unterhaltung und Tanzmusik. Dann und wann kehren die Spazierenden bei einer gastfreundlichen Familie ein und stärken sich dort mit Thee und Kuchen . Oder sie erstehen sich an den zahlreichen

Zuckerbuden allerlei Leckereien . Die Russen naschen

nika und vielleicht eines Tamiam ein Tänzchen ge-

überhaupt sehr gern ; überall, im Theater, auf der

macht.

Die Tänze sind niemals Rundtänze wie bei

Strasse, in Gesellschaft sieht man sie sich an Zucker

uns, sondern entweder eine Art Kontretanz oder Lancier oder der Tanz von nur einem Paare, der sogen.

sind Sonnenblumenkerne, die sie in grossen Mengen

Kosák, ein sehr origineller und graziöser Tanz, der

vertilgen . - Die Tracht der jungen Burschen be

grosse Gewandtheit des Tänzers erfordert und eine

steht meist nur aus

mimische Darstellung des Liebeswerbens bedeutet.

Das beliebteste Spiel ist das Schaukeln . Vor vielen Dörfern ist ein grosses hölzernes Gerüst auf-

werk laben .

baumwollenen

Eine Lieblingsnäscherei der Bauern einem weiten leinenen oder Beinkleide, welches in langen ,

glänzenden Stiefeln mit Lackschäften steckt , und

| aus einem gestickten

blauen oder roten Hemde,

Erlebnisse in Russland.

28

welches über das Beinkleid hinabreicht und um die Hüften durch ein Band zusammengeschnürt wird.

und erhält nun drei Küsse links und rechts. Mit jedem Bekannten wird dieser Ostergruss ausgetauscht,

Häufig tragen die Männer darüber noch eine Weste,

und ausserdem wird ihm ein hartgekochtes,buntbemal

genau wie die unsrige, die älteren Leute auch noch

tes Hühnerei geschenkt, wofür man ein andres bekommt.

einen langschössigen Rock von blauem oder dunklem

Mit den Eiern werden in der Osterzeit mancherlei

Tuch , den Kaftan . Als Kopfbedeckung dient eine

Spielchen getrieben . Nach der Messe bringt jeder

breitdeckelige Mütze mit grossem Schild oder ein

an Speisen zur Kirche, soviel er tragen kann . Es wird geweiht, die Fasten sind damit gebrochen, und es beginnt nun ein grosses, tagelang anhaltendes

fesches Hütchen oder auch die unvermeidliche Pelzmütze .

Im Winter kommt der Schafpelz hinzu.

Statt der Stiefel, die sich im hartgefrorenen Schnee

Essen.

Die andern grossen Feste werden nicht ihrer

als unpraktisch erweisen , treten die Filzschuhe, Walinki, ein , welche aus Schafwolle in einem Stück

Bedeutung würdig gefeiert. In neuerer Zeit gewinnt

gewalkt sind und den nackten oder mit Lappen

allerdings die Weihnachtsfeier , wie sie bei uns in

umwickelten Fuss bis an die Kniee bedecken . Um

Deutschland üblich ist, immer mehr Anklang und

im Winter auf ungebahnten Wegen nicht zu tief Ausbreitung . Noch zahlreiche andre Festtage hat der recht

einzusinken , bedient man sich der Schneeschuhe,

etwa 6 Fuss langer, leichter , etwas mehr als stiefel- gläubige Russe einzuhalten ; wenigstens ein Drittel breiter Bretter mit aufwärts gebogener Spitze, mit

welchen man über den Schnee gleitet. Bei der Arbeit in Feld und Wald tragen Bauer und Bäuerin

aller Tage im Jahre sind Feiertage , an welchen gar nicht oder nur einen halben Tag gearbeitet wird. Welche Summe von Arbeitskraft geht da

Bastschuhe, Lápoti ; statt der Strümpfe dann leinene durch verloren ! Aber der Wert der Zeit ist den Russen noch nicht zum Bewusstsein gekommen . Es sich das auch in ihrem Arbeitsleben . Die Ernte zeigt Schuhe halten Lederr umwickelt werden ; lange iemen Diese Bastschuhe, aus Lindenmag noch so sehr drängen, sie lassen sich von Linde aus , Bastsc n huhe und Lappen fest. Diese bast geflochten , sind ein ausserordentlich leichtes ihrer Freizeit nichts abgehen . Ihre Beschäftigung

Fusslappen , mit denen die Beine bis zu den Knieen

und bequemes Fusszeug, das ich mit ganz besonderer

in meiner Gegend besteht einesteils im Ackerbau , der

Vorliebe auf der Jagd getragen habe. Die lustigste Zeit im ganzen Jahre ist die Woche vor den grossen Fasten bis zu Fastnacht, die sogen . Butterwoche, in welcher man in ganz

aber zum grossen Teile den Frauen überlassen wird,

In den

rung zugewendet sind , müssen wir auf die Zustände

Städten ist dann für allerhand Lustbarkeiten gesorgt; in St. Petersburg ist das Marsfeld , einer der grössten

vor der Aufhebung der Leibeigenschaft, also vor 1861 , zurückgehen. Das Land gehörte zu jener

Plätze der Welt, mit Schaubuden und allerlei Ge-

Zeit etwa zur Hälfte dem Staate , der übrige Teil den Adligen. Die staatlichen Leibeigenen , welche

Russland sich im Festestaumel befindet.

legenheit zu Belustigungen gefüllt: Schaukeln und Eisberge spielen die Hauptrolle. Auf dem Lande

andernteils im

Fällen

und Vertreiben des Holzes .

Um uns ein Bild von der Art des Ackerbaus

zu machen , dem etwa 4/5 der russischen Bevölke

muss

das staatliche Land bebauten , hatten keinen un mittelbaren Herrn , sondern wurden von einer be

eine Art Pfannkuchen aus Buch weizenmehl, die

sonderen Abteilung der kaiserlichen Regierung über wacht. Sie durften ihren vorgeschriebenen Wohn

man sich durch gutes Essen und Trinken schadlos halten . Die Hauptspeisen sind Fisch und „ Blini« , an denen sich die meisten überessen . Wenn dann die Fasten beginnen , lebt der echte Russe

sitz

ohne

Erlaubnis

nicht verlassen ,

aber

es

war erlaubt, dass sie sich gegen Erlegung einer

nur noch von Brot , Kartoffeln, Grütze, Gurken , kleinen entfernten Summe für einen Pass auf unbestimmte Zeit

Sauerkraut, Pilzen und vielum

Thee, aber ohne

Nach der sieben wöchentlichen Fastenzeit ist Ostern eine wahre Erlösung. Es ist für die Russen das grösste Fest im Jahre,, wichtiger als Weihnachten und Pfingsten . Gründonnerstag und Zucker.

. Sie mussten dann nur regel mässig ihre Steuern und Abgaben zahlen , waren davon

aber dennoch offiziell in ihren Heimatsdörfern ein

geschrieben. Die übrigen bebauten das Land und bezahlten dafür einen Pachtzins. Aehnlich war es aufden

Karfreitag werden merkwürdigerweise gar nicht Besitzungen der Adligen. Abgesehen von denjenigen gefeiert. Nachts 12 Uhr mit dem Ostersonntage Leibeigenen, die gewissermaassen zum persönlichen beginnt der Gottesdienst. Wem es nur nur irgend irgend möglich ist, der nimmt an demselben teil . Jeder Gläubige trägt mindestens ein Licht, die ganze Nacht wird gebetet und beständig mit den Glocken geläutet ; ein jeder hat in der Osterwoche das Recht, die Glocke zu ziehen . Sobald die Hauptmesse vor-

Dienst der Herren befohlen waren, lebten auch da die Leibeigenen in Dörfern , besassen eigene Häuser

und hatten Gemeindeland zur Nutzniessung, das sie nach eigenem Belieben unter sich verteilten. Sie hatten überhaupt einen gewissen Grad von Selbstverwaltung, der sich nach dem jeweiligen Ge schmacke des Herrn richtete. Als Gegenleistung

über und der Segen über die Gemeinde gesprochen ist, ruft ein jeder seinem Nachbar zu : » Christós für das vom Gutsherrn der Gemeinde zur freien woskréss (Christus ist erstanden ) !« Dieser antwortet : Nutzniessung überlassene Land verlangte er eine » Woistinno wóskress (er ist wahrhaftig auferstanden ),« | gewisse Menge von Arbeit und Abgaben .

Erlebnisse in Russland .

Die Menge der zu leistenden Arbeit wurde

29

Das Dorf ist eine der Bauernfamilie vom alten

Genossenschaft im grössern auf folgende Weise bestimmt. Die Arbeitseinheit Schlage ähnliche primitiveund Weideland gehört nicht

bestand aus einem Manne, seiner Frau und seinem

Pferde; jede solche Arbeitseinheit schuldete dem Gutsherrn vielleicht drei Tage Arbeit in der Woche. Enthielt ein Hauswesen zwei solcher Einheiten , so konnte die eine die ganze Woche für den Herrn arbeiten, während die andere beständig für den eigenen Haushalt schaffte. Die übrigen Abgaben bestanden in Naturalien und einer bestimmten Summe

Massstabe. Das Ackerden einzelnen Familien, sondern der Gemeinde, und alle Haushaltungen sind zusammen für die voll ständige Summe verantwortlich, welche die Gemeinde jährlich an den Staatsschatz zu entrichten hat. An der Spitze des Dorfes steht ein aus seiner Mitte

gewählter Dorfältester, der Stárosta ; alle für das Gemeinwohl wichtigen Entscheidungen werden von

Geldes, welches hauptsächlich von den nicht im der Gemeindeversammlung, dem Mā, getroffen, Dorfe arbeitenden Bauern aufgebracht wurde. Hier- welche sich aus den Familienhäuptern zusammensetzt. durch wird der grosse Vorteil der vereinigten Haus-

Durch die Beschlüsse des Mā werden die Dorfbe

wesen klar, wie ich schon erwähnt habe. Ein jedes Banernhaus beherbergte gewöhnlich drei Generationen ,

wohner in Fesseln gehalten, die bei uns völlig un bekannt sind. Die täglichen Beschäftigungen sogar

die in patriarchalischer Weise unter der Leitung und

werden durch die Gemeindebeschlüsse beeinflusst.

Aufsicht des

Die einzelnen können z . B. nicht anfangen, den

Hausherrn zusammenlebten .

Diese

wichtige Stellung wurde gewöhnlich vom Gross- Roggen zu schneiden oder die Heuernte zu beginnen, vater eingenommen , zuweilen auch von einem älteren

ehe der betreffende Vorschlag vom Mā angenommen

Bruder oder im Notfalle auch von einer Frau .

worden ist .

Das

Haus mit allen Nebengebäuden , Vieh, Ackergeräte, Getreide und Geld, kurz beinahe alles, was das Haus enthielt, war das gemeinschaftliche Eigentum der Familie. Die notwendigen Ausgaben wurden aus

Kein Bauer kann das Dorf verlassen

ohne die Zustimmung der Gemeinde, und diese Einwilligung wird nicht gegeben, wenn der Antrag steller nicht genügende Sicherheit für die Erfüllung

aller seiner PAichten gegen die Gemeinde leisten

der gemeinsamen Kasse bestritten . Arbeitete ein kann. Sohn ausserhalb des Dorfes, so war er verpflichtet, seinen ganzen Lohn mit Ausnahme der notwendigen

Um die Steuerkraft eines Dorfes festzustellen , nimmt die Regierung von Zeit zu Zeit eine Zählung

Ausgaben nach Hause zu bringen und an den ge-

aller lebenden männlichen Mitglieder der Gemeinde,

meinsamen Schatz abzuliefern . Die bäuerliche Haus-

die sogen. Revision , vor ; angenommen, es fänden

haltung war also eine primitive Arbeitsgenossenschaft,

sich 100 vor, so hat die Gemeinde bis zur nächsten

bei welcher die Mitglieder alles gemeinsam haben.

Revision jährlich für 100 Seelen Steuern zu zahlen .

Es leuchtet ein, dass der Wert der Familie mit der

Das Gemeindeland wird nun im Verhältnis zu den

Gemeindelasten in 100 Anteile geteilt ; denn die Hauses 18—20 Jahre alt, so bestimmte man ihmZahlung von Steuern ist untrennbar mit dem Be Arbeitskraft

wächst.

War

daher ein Sohn des

eine Frau. Sie bringt ausser ihrer Ausstattung

sitze von Grund und Boden verbunden. Das ur

keine Mitgift mit, aber sie besitzt ein paar gute bare Land ist in drei grosse Felder eingeteilt. Das starke Arme

und bereichert

damit die Familie.

erste Feld ist für Winterkorn bestimmt, das in der

Da unmöglich in solchen grossen Familien immer Form von Schwarzbrot die Hauptnahrung des Bauern Einigkeit herrschte, so haben sich sich nach nach der der Auf Aufhebung der Leibeigenschaft sehr viele Familien aufgelöst, und jeder verheiratete Bauer strebt jetzt nach einem eigenen Heim . Diese Zersplitterung hat dem materiellen Wohlergehen des Bauernstandes manchen

bildet. Auf dem zweiten werden Hafer, Buchweizen und Kartoffeln gezogen ; das dritte liegt brach und dient im Sommer als Viehweide. Meist gehört auch Wiesenland und ein Stück Wald zum Besitz. Jedes Feld wird in die sich aus der Revisionsliste ergebende

Schaden gethan . Viele grosse Familien haben sich

Anzahl langer schmaler Streifen eingeteilt . Jedes Haus

indessen bis in die Gegen wart erhalten .

wesen bekommt nun mindestens einen Streifen in

Als im Jahre 1861 die Leibeigenschaft durch Alexander II. aufgehoben wurde, ging das bis dahin den Dörfern pachtweise überlassene Gemeindeland in ihren Besitz über in der Weise, dass sie durch Steuern und Abgaben an den Staat allmählich

jedem Felde. Enthält es mehrere männliche Mit glieder, so bekommt es der Theorie nach ebenso

das Land ablösten , so dass es im Laufe von etwa 50 Jahren zum wirklichen Besitz wird.

tion. Ueberhaupt hat sich niemand ausserhalb der Dorfgemeinschaft in die Angelegenheiten derselben

Sehr vielen war rollendes Geld in grösseren Summen

die gegenseitigen Beziehungen zwischen Dorfältesten

Die Edelleute wurden vom Staate durch Geld entschädigt.

viele Anteile. Die Verteilung wird von der Gemeinde

versammlung besorgt, welche besondere Verhältnisse berücksichtigt, aber es gibt dagegen keine Appella zu mischen , und die Rechte und PAichten , sowie

etwas Neues, sie verstanden nicht damit umzugehen und Dorfversammlung regeln sich von selbst. Ein und verschleuderten es in kurzer Zeit. Der russische geschriebenes Recht ist den russischen Dorfgenossen niedere Adel ist auf diese Weise verarmt und hat

schaften gänzlich unbekannt.

zu einem sehr grossen Teile Unterkunft im niedern

Die landwirtschaftliche Kunst liegt noch in

Beamtenstande, unter den Tschinowniki, gefunden.

ihren Anfängen. Wie schon erwähnt, ist die Drei

Erlebnisse in Russland .

30

felderwirtschaft noch allgemein in Gebrauch. Die

fällt, die Kiefern und Fichten zu Balken zugehauen ,

landwirtschaftlichen Geräte sind noch meist von

die Birken meist zu Brennholz zerkleinert.

der einfachsten Art. Der russische Pflug, die Ssacha, besteht aus der Pflugschar" und einer einfachen

Schlittenfahrt möglich wurde, fuhren die Bauern das Holz an den Fluss, wo man mächtige Barken

Sobald

Vorrichtung, dieselbe durch ein Pferd vorwärts zu

baute. In dieselben wurde das Brennholz verladen ,

bewegen.

Die Plugschar ist ein starkes, ausge-

während die Balken zu starken Flössen zusammen

Birkenbrett , dessen unteres , schmales Ende, mit einem zugespitzten Eisen bewehrt, den

gekoppelt wurden . Wenn mit dem Eintritt des Tauwetters der Fluss anschwoll, wurde das sämt

schweiftes

Boden aufreisst. Der Bauer regelt mit der Hand

liche Holz nun abwärts getrieben . Es herrschte

den Tiefgang und die Richtung. Ein solcher leichter,

dann ein ausserordentlich reges Leben auf dem

schmaler Pfug ist notwendig, weil er häufig alten , im Wege stehenden Baumstümpfen oder grossen

an uns vorbei.

Granitblöcken ausweichen muss. Er reicht bei dem

see, durch einen Kanal ist aber der Msta vor seiner

Die Egge besteht meistens aus einigen zusammengebundenen starken

Mündung mit dem Ausflusse des Ilmen, dem breiten

meist leichten Sandboden aus .

Flusse. An manchem Tage kamen über 20 Barken Der Fluss führt sie an den Ilmen

Wolchow, verbunden , der sich in den Ladogasee Kieferästen mit recht zahlreichen Zweigen . Walzenergiesst. Auf der Newa geht's dann weiter bis

erinnere ich mich nicht gesehen zu haben. Es St. Petersburg und Kronstadt. Monate gebrauchen die ist keine Frage, dass diese einfache Art des Land-

Flösser , um bis dorthin zu kommen.

Zu der

baus allmählich von einem rationelleren Betriebe

wasserreichen Frühlingszeit, sowie im Spätsommer,

verdrängt werden wird, wie er im Süden Russlands, in den eigentlichen Getreidegegenden , schon Platz gegriffen hat. Einem raschen Fortschritte ist die

wenn bei Wichnij Wolotschók die Schleusen ge öffnet werden und der Fluss dadurch »grosses Wasser«

bekommt, verkehren auf ihm ausser dem Holze

Unsicherheit des Besitzes hinderlich , welche die von

zahlreiche andre Barken . Sie dienen Handelszwecken

Zeit zu Zeit erfolgende Wiederverteilung des Ge-

und sind mit allerlei Waren versehen , deren der

meindelandes mit sich bringt . Die allgemeine Gleichheit der Bauern an Besitz hat auch dadurch

Bauer zu seinem täglichen Leben bedarf: Töpfe, Holzgefässe, Rechen , Spaten , Beile, Löffel u . dgl .

einen Stoss bekommen , dass die zahlreichen Dorf-

Die Waren sind in verschiedenen Gouvernements

mitglieder, welche ausserhalb des Dorfes in Städten aufgekauft, von denen sich mehrere durch die über oderdurchHandelihren Verdienst gesucht haben , häufig

wiegende Produktion eines bes:immten Artikels

sich ein Vermögen erwerben konnten , das sie in

auszeichnen .

Mancherlei Gewerbe, die keine kom

stand setzte, verarmten Gutsbesitzern ihren Besitz plizierten Maschinen beanspruchen , werden in den abzukaufen , um dadurch Bauern und Gutsbesitzer

Dörfern von den Bauern und ihren Familien be

zugleich zu werden . Es kommt hinzu, dass infolge

trieben . Gewebte Waren , hölzerne Gefässe, Draht

von Konkurrenz die zahlreich entstandenen Fabriken arbeiten, Töpferwaren, Leder u. s. w. werden auf und industriellen Unternehmungen die grössten An- diese Weise in enormen Mengen angefertigt. In strengungen machen müssen , um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das wird aber nur durch ein ständiges Arbeiterpersonal möglich sein. Dann kann es demselben aber nicht mehr gestattet werden ,

der Provinz Wladimir erhält sich z. B. eine grosse Reihe von Dörfern durch das Malen von Heiligen bildern ; in einer andern Gegend unweit Nishnij

sich auf mehrere Wochen zur Heuernte oder zum

gung von Aexten ; um Pawlowo herum produzieren

Roggenschnitt in ihre oft weit entfernte Heimat żu begeben . Auch das moralische Bedürfnis der Arbeiter, mit Weib und Kind in gemütlicher Häuslichkeit zusammenzuleben , drängt zu einer Weiter-

80 Dörfer fast nur eiserne Kurzwaren , und im

entwicklung der bestehenden Verhältnisse. Ich habe schon erwähnt, dass ein grosser Teil

beschäftigen sich neunzehn Dörfer mit der Anferti Gouvernement Twer leben nicht weniger als 200 Dörfer von der Nagelfabrikation. Es ist erstaunlich , mit welch einfachen Mitteln die Russen ihre Waren

häufig zu stande bringen . Besonders habe ich ihr ausserordentliches Geschick in der Handhabung des

der Bauern jener Gegend sich mit dem Holzge- Beiles, des steten Begleiters des Bauern auf seinen schäfte abgibt. Es gibt noch weite Gebiete, welche

Arbeitswegen, immer bewundert. Aber auch diese

reich an dem trefflichsten Holzmaterial für allerhand Zwecke sind, deren Reichtum aber aus Mangel an Verkehrswegen noch nicht ausgenutzt werden konnte.

gewerblichen Beschäftigungen fangen an , infolge

des Einflusses von Kapital und Unternehmungsgeist,

Anders steht es mit denjenigen Wäldern, welche

zu geraten , und werden in nicht ferner Zeit ein anderes Aussehen annehmen müssen .

in der Nähe von Flüssen oder Eisenbahnen liegen .

von Maschinen und Verkehrsmitteln , ins Schwanken

Im Anschlusse an die Erweiterung des Bahn netzes hat sich auch das bei uns wichtigste Verkehrs mittel, die Post, dort immer weiter ausgebreitet . Herbst wurden in der Nähe unsres Gutes, das an Wir sind in Deutschland gewöhnt, hohe Ansprüche einem seiner Kanalverbindung wegen früher wich- an die Geschwindigkeit und Genauigkeit zu stellen , tigen Flusse, dem Msta, gelegen ist, die Bäume ge- i mit welcher die Post arbeitet. Aber ich habe mich

Diese gehen rasch ihrem Untergange entgegen ,

wenn sie nicht von einem verständigen , weitersehenden Manne bewirtschaftet werden . Im Sommer und

Geographische Mitteilungen .

31

gefreut, dass auch in Russland die postalischen , die unverbrüchliche Regel war, und wenn auch Galilei Einrichtungen hohen Ansprüchen bis zu einer ge- privatissime die Erscheinungen koppernikanisch erklärte; wissen Grenze genügen . Es ist während meines so hielt er sich doch, sobald es sich um die erste Ein ganzen dortigen Aufenthalts kein einziger Brief oder führung in diese Disziplin handelte, gewiss um so eher jenes Gesetz, als dasselbe ein pädagogisch ganz dgl. verloren gegangen, und auch keine einzige anvernünftiges ist und zum Teile noch heutebefolgt zu

Nummer der Berliner Zeitung, welche ich hielt, ist

werden verdient. Die Darstellung beginnt damit, dass

durch Verschulden der Post ausgeblieben . Die Num-

der Himmel rund sei und sich » kreisförmig « bewege,

mer, welche Dienstag in Berlin erschien , war schon Freitag Abend an der Bahnstation, Bahnstation , obwohl sie Censur erst die in St. Petersburg passieren musste.

dass Erde und Wasser zusammen eine kompakte Kugel

Weiter als bis zur Station übernimmt aber die Post

keine Verpflichtungen. Die Postsachen bleiben dort liegen, bis sie abgeholt werden . Jeden Sonnabend ging deshalb ein Bote von uns dorthin ; ebenso schickte die Kreisregierung regelmässig einen fahrenden Boten nach der Station, welcher dann den einzelnen Gerichtsdörfern die für sie bestimmten Sachen über

ausmachen (Nachklang der bekannten, von Dante be kämpften Excentricitätshypothese des Mittelalters), und dass die im Vergleiche mit der Himmelskugel ver schwindend kleine Erde sich im Mittelpunkte jener in vollkommener Ruhe befinde. Weltgegenden, Horizont,

merkwürdige Erdkreise, Zodiakus und Koluren werden definiert; alsdann wird der Unterschied zwischen »natür lichen « und » künstlichen « oder »bürgerlichen « Tagen definiert, welch letztere, dem Zeitgebrauche entsprechend , mit dem Aufgang der Sonne begannen und mit deren

Von seiten der' staatlichen Post aber ging

Untergang endeten ; auch des Unterschiedes zwischen

der Verkehr nur bis zur Bahnstation , und von

Stern- und Sonnenzeit wird gedacht. Der Klassifikation der Erdbewohner nach den Schattenverhältnissen reiht sich die Bestimmung der Länge und Breite, sowie die Ein

brachte.

Landbriefträgern war noch keine Rede. Es liegt dafür noch

kein Bedürfnis vor .

Aber auch hier

wird der Fortschritt der Zeit bald Wandel schaffen . teilung der Erdoberfläche in Klimate an ; was letztere

Mit der Ausbreitung der Schulen über das flache Land und mit der grösseren Freizügigkeit der Bauern wird das Bedürfnis für schriftlichen Verkehr der

anlangt, so gewährt es wohl ein gewisses Interesse zu sehen , wie sich im konkreten Falle diese jetzt ganz ausser

Uebung gekommene Anordnung gestaltete, und wir geben deshalb einen kleinen Teil von Galileis Tabellen wieder :

Getrennten wachsen und eine grössere Verzweigung Dauer

des Postnetzès erforderlich machen . Auf welches Gebiet des russischen Lebens wir

Parallelen .

Klimate .

20

auch hinblicken mögen , überall sehen wir es in der Entwicklung begriffen, überall entdecken wir die Keime

Anfang

21 IX .

Mitte

22

Ende

zum Fortschritt auf eine höhere Stufe der Kultur.

22

Anfang

23 X ,

Mitte Ende

Orts

des längsten Polhöhe. Ausdehnung . bezeichnung Tages. 0

Geographische Mitteilungen. (Galileis Mathematische Geographie.) Unter den zahlreichen Werken des grossen italienischen Naturforschers ist eines nur sehr wenig bekannt, der

» Trattato della sfera ovvero cosmografia«, welchen der Meister in der Absicht verfasste, ihu seinen Vor-

16 h 45 m 53 ° 17' 0

17 17 17

15

17

30

15

54 29 155 34

155 ° 34' | 56 37

2 ° 17 '

durch Rostock durch

20 o

Irland

und

Moskovien Den Beschluss des Büchleins macht die Lehre von

24

17

45

157 34

den Finsternissen , von den Mondphasen und von der

Fixsternsphäre. Wie sehr Galilei hier noch am Mittel alter haftet, geht besonders daraus hervor, dass er auch die » Trepidation« der achten Sphäre annimmt, was doch schon Koppernikus in seinem Schreiben an Wapowski bezweifelt hatte ; danach erfolgt die Prä

lesungen an der Universität Padua zu Grunde zu legen . Erst nach Galileis Tod gab ein gewisser Daviso diese Schrift ( 1656) zu Rom heraus, und da der Inhalt so gar nicht mit dem übereinstimmte, was man von ersterem meinte erwarten zu dürfen, so glaubten spätere Autoren an einen Betrug. Allein Favaro, der in seine neue, mit

sich auf kleinen Kugelkreisen zu bewegen gezwungen sind. ( Le opere di G. Galilei, ed . Favaro, Vol. II,

Unterstützung des Königs und Parlaments von Italien

Florenz 1891. S. 203-255 .)

erscheinende Galilei-Ausgabe alle nachweislich echten Reliquien aufnimmt, konnte nach den vier von dem Originale auf uns gekommenen Handschriften die Authentizität beweisen und die Gründe widerlegen , welche

( Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland .) Die Expedition , welche von den Herren E. v. Drygalski, E. Vanhöffen und O. Baschin nach Grönland unternommen wurde, hauptsächlich , um

man gegen letztere geltend zu machen gesucht hatte. Auffallend mag es ja erscheinen , dass der Mann, welcher

daselbst die Bewegungsverhältnisse der Gletscher auf

der ptolemäischen Weltordnung den Todesstoss zu geben berufen war, in diesem kleinen, übrigens mit grossem Geschick den Bedürfnissen des Anfängers ange-

dieren, hat ihren Zweck teilweise erreicht, doch be trachtet der Erstgenannte diese Reise mehr nur als eine eine vorläufige Sondierung und gedenkt in diesem

passten Kompendium sich noch ganz auf den alther gebrachten Standpunkt stellt und kaum wesentlich über

Jahre (1892), nachdem er nun die für seine Zwecke geeignetsten Oertlichkeiten kennen gelernt hat, dorthin

die »Sphaera materialis « des Sacrobosco hinausgeht, der während dreier Jahrhunderte den Universitätsunter-

zurückzukehren . Es war vornehmlich der grosse Jakobs havner Gletscher , der die Aufmerksamkeit der Reisen den auf sich zog. Auch das Inlandeis selbst, als dessen Ausläufer die eigentlichen Gletscher betrachtet werden dürfen, wurde betreten ; es hatte dies des Zugangs wegen grosse Schwierigkeiten , und diese steigerten

richt in diesem Fache geradezu monopolisiert gehabt hatte. Allein man darf nicht vergessen, dass Festhalten an den Autoritäten

des Aristoteles und Ptolemäus

wenigstens für die öffentlichen Vorträge damals noch

zession nicht mit gleichförmiger Geschwindigkeit, da

die Durchschnittspunkte von Aequator und Ekliptik

einem

als klassisch zu bezeichnenden Terrain zu stu

Litteratur.

32

sich noch bei der Ersteigung eines » Nunataks«, von dessen Höhe aus sich übrigens die Grenzlinie zwischen

dem ruhigen Binneneise und dem sich bewegenden

Eisstrome ganz gut erkennen liess, während später, auf dem Eise selbst, diese Uebergangszone sich nicht mehr feststellen lassen wollte. Von grossem Interesse sind v . Drygalskis Bemerkungen über Verwitterung und Erosion in den dem Eise benachbarten Felsterritorien .

Jener Faktor, der in unseren Breiten als der mächtigste bei der Umgestaltung des Bodens anerkannt wird, die Korrasion (Zerstörungsarbeit des rinnenden Wassers) tritt im hohen Norden sehr zurück ; die Flächen, über welche das Schmelzwasser der Ferner strömen muss,

sind so glatt gefegt, dass sich nur ausnahmsweise jene Unebenheiten vorfinden, an denen die Erosion einsetzen muss, um tiefere Einschnitte zuwege zu bringen. Da gegen glaubt der Reisende der Energie der Sonnen

strahlung, die sich ja nach den Untersuchungen Walthers auch im Wüstenterrain so einflussreich erweist, auch für diese so weit entlegene Erdgegend eine bedeutende morphologische Einwirkung zuschreiben zu müssen , und zwar scheinen sich hier wie dort unter der Aktion der Insolation dünne Schalen des oberflächlichen Gesteins zu

Litteratur. Veröffentlichungen der Kommission für Erfor. schung des östlichen Mittelmeeres. Vorläufiger Bericht über Lotungen und physikalische Beobachtungen im Sommer 1891 von J. Luksch , Professor an der k. und k . Marine-Akademie in Fiume. Wien 1891. In Kommission bei F. Tempsky. 10 Seiten , 1 Tafel. Das Unternehmen , über dessen erste Stadien hier der Wiener Akademie Bericht erstattet wird , ist auf Anregung und mit Unterstützung dieser letzteren ins Leben gerufen worden, die

Ausführung liegt in den Händen des wohlbekannten Ozeano graphen Luksch, der in Verbindung mit seinem Kollegen Wolf

bereits eine Reihe wichtiger Arbeiten über die Adria aus Nunmehr werden die Untersuchungen über das Gebiet dieses Meeresteils hinaus ausgedehnt, und zwar wurde in neuester Zeit das Ionische Meer bis gegen den Westrand der Insel Kreta hin zum besondern Objekte der Forschung ge

geführt hat .

wählt .

Doch

verblieb es hiebei nicht, sondern es wurden

auch die Gewässer in der ganzen Umgebung der letzterwähnten Insel befahren ,

und

auch nach der nordafrikanischen

Küste

ward ein Vorstoss unternommen, welcher zur Aufklärung der ganzen

Küstenstrecke

Alexandria · Golf von

Solum

verhalf.

Endlich wurden bei Cerigo und auf der Linie, welche von da über Milo nach dem Piräus führt, Beobachtungsstationen

eingerichtet, um den Strömungsverhältnissen und insbesondere

bilden, welche sich mehr als die tieferen Schichten

dem Austausche der Gewässer zwischen dem Aegäischen und

ausdehnen, bersten und nachdem die Ueberbleibsel

dem centralen Mittelmeere besser auf die Spur zu kommen.

entfernt sind, eine neue Fläche für die Zermürbungs

und

Lotungen wurden auf dieser Fahrt 51 (in freier See) ausgeführt , einem Apparate , dessen Brauchbarkeit Ed. zwar mit

thätigkeit der Sonnenwärme blosslegen. Auch die glaziale

Richter in Graz bei seinen bekannten Studien in den Alpen

Erosion hat nach v. Drygalski erhebliches geleistet,

seen erprobt hatte. Die tiefste gemessene Stelle findet sich unter 35 ° 44' 48 “ n. Br. und 21 ° 45' 48 " ö . L., und zwar erreichte hier das Lot den Boden erst bei 4400 m . Ueber haupt erwies sich die Meerespartie südlich und südwestlich

freilich aber nicht in der Weise, wie es früher mehr fach angenommen und von anderer Seite bestritten worden war .

Vielmehr ist der Genannte unter dem

Eindrucke seiner Wahrnehmungen zu Anschauungen

gekommen, welche in der Hauptsache an diejenigen erinnern, die sich auf Grund von Experimenten und theoretischen Betrachtungen Finsterwalder und Blümcke gebildet haben , und zwar verdient bemerkt zu werden ,

vom Kap Matapan als diejenige, in welcher die grössten Tiefen zu finden sind. Von der Wassertemperatur wurde festgestellt, dass sie im allgemeinen in der Richtung von Westen nach

Osten steigt, wenn auch unmittelbar an der Oberfläche dieses Gesetz infolge der augenblicklichen meteorologischen Zustände Die niedrigste zur Beob zu erleiden scheint .

Ausnahmen

dass schon der Zeit nach die gegenseitige Unabhängig - achtung gekommene Temperatur war 13 °; der Ort der Mes keit eine vollkommene sein musste. Die vorläufigen

sung befand sich nahe der Strasse von Otranto in 760 m Tiefe.

Messungen der Geschwindigkeit des Itivdliarsuckgletschers

Die im centralen Gebiete des

mit einem neuen, von Doergens in Berlin angegebenen Instrumente bestätigten die Mitteilungen der norwegischen Geologen : diese Geschwindigkeit ist eine grosse und

machte Wahrnehmung, dass gegen den Grund hin der Salz gehalt eine Zunahme erfährt, hat anscheinend keine Giltigkeit

erreicht nahe der Mitte des Eisstromes einen Wert von

gesamte Wassermasse in vertikaler Richtung ziemlich gleich

16 m in 24 Stunden. Zu den auf das Arbeitsprogramm des Jahres 1892 gestellten Gegenständen gehört auch

mässig durchgesalzen zeigte. Dass die Durchsichtigkeit der südlichen Meere eine beträchtliche ist , fand unsere Expedition

das Studium der noch sehr kontroversen Frage, ob das

scheiben ermittelte „ Verschwindungstiefe « immerhin zwischen

Mittelländischen

Meeres ge

mehr im östlichen Teile dieses Beckens, wo sich vielmehr die

aufs neue bestätigt , doch wechselte die durch Versenkungs

sogenannte Kalben der Gletscher mehr eine Folge des

32 m und 54 m .

Zuges der Schwere oder des Auftriebs der Gewässer ist, in welche das Gletscherende sich langsam hineinschiebt. Die anthropogeographischen Erörterungen geben

thode kam aber auch die neuere photographische zur An wendung, wobei sich jedoch noch keine ganz sicheren Er

manchen Aufschluss über die grönländischen Eskimos,

Im ganzen brachte das für diese Forschungsreisen eingerichtete Schiff » Pola « 492 Beobachtungen über Seetemperatur, 372

sowie über die Grundsätze, nach welchen die dänische Regierung das dünn bevölkerte Land verwaltet. Ob

die Monopolisierung des Handels wirklich das geeignetste Mittel ist, um

die Selbständigkeit der Eingebornen

zu heben, steht uns allerdings nicht fest, denn wenn man erstere bloss als erziehliche Maassregel gelten lassen will, so hätte eine durch eineinhalb Jahrhunderte sich erstreckende Erziehungsthätigkeit doch schon bessere

Folgen erzielen müssen. Dafür ist aber das Sparkassen

Neben der soeben genannten älteren Me.

gebnisse verzeichnen liessen, indem der Hauptapparat verloren ging. Untersuchungen über spezifisches Gewicht, 65 Konstatierungen der Wasserfarbe , 40 mit der Scheibe und 9 mit der licht. empfindlichen Platte erhaltene Durchsichtigkeitsproben mit nach Hause. Dieses überaus reichhaltige Material wird jedoch

durch die weitere Expedition noch eine erhebliche Vermeh rung erfahren, und mit der Zeit dürfen wir wohl einer um fassenden, auf einer ganz neuen Grundlage errichteten phy. sikalischen Geographie des Mittelmeeres

aus der Feder

des

Verfassers entgegensehen. S. Günther .

system um so mehr zu loben, welches Dänemark ein

gerichtet hat, umsomehr, da die Verwaltung dieser Kassen in die Hände der Grönländer selbst gelegt

wurde. (Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 1891. Heft 7 und 8.)

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 16. Januar 1892.

Jahrgang 65, Nr. 3. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

MDCXL

In- und Auslandes und die Postämter.

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

1. Moltkes geographische Leistungen . Von S. Günther. S. 33 . 2. Eine Wanderung in der Auvergne . Von J. Partsch (Breslau ). S. 39. 3. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam ). (Schluss). S. 41 . 4. Das Ussuri-Gebiet nach den Forschungen von Elisséjeff. Von R. v. Erckert. S. 46. 5. Geographische Mittei. Inhalt :

lungen. (Ein wichtiges Dokument zur Geschichte der Ethnologie ; ten Kates Reise in der Sunda-See ; Die Umdrehungsgeschwindig 6. Litteratur. (Det Norske geografiske Selskabs Aarbog.) S. 48 .

keit der Erde.) S. 47 .

Moltkes geographische Leistungen . ) Von S. Günther .

Die Thatsache, dass unser verstorbener grosser

Feldherr auch in geographischen Dingen trefflich

eine zusammenfassende Darstellung alles dessen, was man von Moltke dem Geographen sagen kann, gewiss keine nutzlose Arbeit sein, ja es ist gewisser maassen eine Ehrenpflicht, die wir dem Andenken des Verewigten schulden.

Bescheid wusste, kann als allgemein bekannt gelten, allein wie wenig im einzelnen die Leistungen des

Durch die jüngst erfolgte Veröffentlichung der

auf diesem Gebiete

Briefe Moltkes ') sind wir in den Stand gesetzt,

von der Mitwelt in früherer Zeit gewürdigt wurden,

dessen Entwicklungsgang klarer als bisher zu über

das erhellt schon aus dem

Umstande, dass seine

sehen . Wir erfahren, mit welchem Eifer er sich

älteren schriftstellerischen Versuche so gut wie

als junger Offizier gleichzeitig den fremden Sprachen ,

Grafen Helmuth v . Moltke

der Geschichte wie und erden gänzlich verschollen sind. Als dann vom Jahre zuwandte gelangte, auchmathematisc schon baldhendazuDisziplinen ,und 1866

an das früher so geräuschlose Wirken des genialen Mannes sich mehr und mehr auch in

sich als Lehrer zu üben .

der Oeffentlichkeit bethätigte und wesentlich dazu

wurde ihm , während er Premierlieutenant in Berlin war, der Unterricht im Zeichnen und Feldmessen

beitrug, der politischen Landkarte von Europa eine

An der Divisionsschule

veränderte Gestalt zu erteilen, da wurde wohl auch übertragen, und diese Thätigkeit wirkte so anregend

gelegentlich auf die Vergangenheit zurückgegriffen, auf ihn , dass er sich sogar zur Bearbeitung eines

und die Verdienste Moltkes um die Erschliessung Lehrbuches entschloss. »Während der letzten Monate« , Vorderasiens waren wenigstens in Fachkreisen kein

schreibt er am 25. März 1828,2) » habe ich ein

Geheimnis. Gleichwohl haben die zahlreichen Nekro- Kompendium für meine Schüler über die militärischen loge und Biographien , welche im Verlaufe der letzten dreiviertel Jahre ans Licht kamen, diese Seite im Leben Moltkes meist nur kurz berührt, und auch zu Lebzeiten desselben ist unseres Wissens

Aufnahmen ausgearbeitet, welches dieser Tage ge druckt werden wird . « Wahrscheinlich wurde nur, wie es das Dienstinteresse wünschenswert machte, eine kleine Anzahl von Abdrücken dieses Leitfadens

nur eine einzige Abhandlung erschienen, deren

gemacht, denn in den Buchhandel ist derselbe an

Inhalt mit demjenigen vorliegender Studie eine gewisse Verwandtschaft besitzt. :) So wird denn

scheinend nicht gekommen. Jedenfalls aber hatte Moltke durch diese Wirksamkeit die Augen seiner

1) Eine kürzere Skizze unter dem Titel „ Moltke als Geo-

genannten Zeitpunkte wurde er in das Topographische Bureau aufgenommen , und schon im Mai trat die Aufgabe an ihn heran, einen Bezirk von 4 12 Quadrat meilen nahe bei Frankfurt a. d . O. aufzunehmen . ")

Vorgesetzten auf sich gelenkt, denn bald nach dem graphe war vom Verfasser unlängst in der Wochenschrift „ Die

Nation « (Nr. 12 und 13 von Jahrgang IX) veröffentlicht worden .

Dort musste jedoch naturgemäss manches viel kürzer behandelt werden, als dies in einer geographischen Fachzeitschrift zu ge. schehen braucht ; insbesondere empfahl sich Sparsamkeit in den Citaten. In der hier gegebenen sehr erweiterten Behandlung des Gegenstandes wird dagegen überall nach Möglichkeit auf die Quellenschriften zurückgegangen. 2) Belger , Generalfeldmarschall Graf Moltkes Verdienste um die Kenntnis des Altertums. Preuss. Jahrbücher, 51. Band , S: 70 ff. Wir werden auf den von liebevoller Hingabe an sein Thema zeugenden Essay noch mehrfach hinzuweisen haben . Ausland 1892 Nr. 3 .

Damit war Moltke für die ausübende militärische

1) Briefe des Generalfeldmarschalls Grafen Helmuth v . Moltke an seine Mutter und an seine Brüder Adolf und Lud

wig, Berlin 1891. Künftig bloss : » Briefe« . 2) A. a . O. , S. 14 . 3) A. a . O., S. 16 ff. 1

5

Moltkes geographische Leistungen .

34

Geographie gewonnen, in welcher er es bald zu hoher Meisterschaft bringen sollte. Berlin war der Ort, in welchem in der That auch

Bestrebungen von der Art, wie sie Moltke zu den

nieder, 1) mit denen er während der Bereisung der Provinz Posen in Berührung getreten war. Zudem aber beschäftigte ihn Jahre hindurch die von ihm in kühnem Selbstvertrauen unternommene Gibbon

seinigen gemacht hatte, einen günstigen Nährboden | Uebersetzung. 2)

Und daneben ging eine Fülle

von Amtsgeschäften her, die freilich , da sie grossen Generalstab « der General Freiherr v . Müffling, teils auf praktische Terrainanschauung hinaus

fanden .

Von

1820-1832 leitete den

»Grossen

dessen die Kriegsgeschichte der Jahre 1813–15 | liefen, dem an seiner steten Fortbildung arbeitenden mit Ehren gedenkt, und der auch um das Ver- Topographen die vielseitigste Anregung gewähren messungswesen in seinen verschiedenen Teilen sich mussten . Teils zu Pferde, teils zu Fuss lernte er die

entschiedene Verdienste erworben hat. ') Wesentlich

Monarchie, zumal deren ostwärts gelegenen Teil,

auf seine Veranlassung hin erhielt Carl Ritter, der gründlich kennen, wie denn das schlesisch -böhmische 1820 von Frankfurt am Main nach Berlin Berufene, Grenzgebirge, in dessen Bereich er seine Ruhetage sofort auch eine Bestallung als Lehrer der Geographie zubringen sollte, von allem Anfang an Gegenstand an der Allgemeinen Kriegsschule. Dass die die ideale seiner Neigungen gewesen war.*) Auffassung, welche sich Ritter von Zweck und Immerhin kann es fraglich erscheinen, ob der Methode seiner Wissenschaft gebildet hatte, auf so vielfach in Anspruch genommene Offizier dazu

einen jungen Mann von derEmpfänglichkeit Moltkes gelangt wäre, die Erdkunde durch positive eigene eine gewaltige Einwirkung ausüben musste, ist leicht Leistungen zu fördern, wenn nicht ein Anstoss von einzusehen ; noch in späterer Zeit erfreute sich der

aussen ihn auf die richtige Bahn gebracht hätte.

inzwischen selbst weit gereiste Mann an der Lektüre

Dem

Ritterscher Schriften . )

verpflichtet, dass er diesen Anstoss gab. Nachdem

Bedenkt man , dass in

jener Zeit, da der junge Moltke zum Mann heran-

türkischen Sultan sind wir zu Dank dafür

die kluge Diplomatie v. Müfflings es dahin

reifte, auch A. v. Humboldt seinen Wohnsitz gebracht hatte, dass weder Russland noch die Türkei dauernd von Paris nach Berlin verlegte, so wird man aus dem Frieden von Adrianopel ( 1829 ) allzu sehr zugeben müssen , dass die richtige geistige Atmosphäre geschädigt hervorgegangen waren , stand der Name gegeben war, um das Talent erstarken zu lassen . Moltke muss in jenen Jahren, zumal nachdem

Preussen in hohem Ansehen bei den Osmanen ,

und den preussischen Offizieren , welche in den

er dem Grossen Generalstab zur Dienstleistung zu- dreissiger Jahren die Balkanhalbinsel aufsuchten , geteilt war, eine geradezu ungeheure Arbeitskraft öffneten sich alle Thüren. Unter ihnen war Moltke, besessen haben . Geschichtlich -geographische Studien der am 30. März 1835 zum Generalstabshaupt beschäftigten ihn aufs ernstlichste, und zwar entlehnte er den Stoff zu denselben den politischen Vorgängen seiner Zeit . In einer kleinen Schrift suchte er die Gründe darzulegen, welche zwei einander so nahe stehende Völker, wie Belgier und Holländer, in Rassenfeindschaft entzweiten . ") Bald darauf schrieb er seine Gedanken über die Polen

mann avancierte und bald nachher einen längeren Urlaub nahm , um den Kriegsschauplatz vom Jahre 1829-30 einer gründlichen Besichtigung zu unter werfen. Das ganze Wesen des in der Vollkraft des Lebens stehenden, in allen Sätteln gerechten Soldaten machte auf den Grossherrn und auch auf andere militärische Kreise Stambuls einen tiefen

Eindruck , und man wandte sich von dort mit der 1) Schon seit Anfang des Jahrhunderts war v. Müffling bei den Vermessungen in Westfalen und Sachsen beschäftigt gewesen ; später liess er in der Rheinebene eine grosse Trian-

gulation durch den Generalstab ausführen (Zeitschr. f. Astronomie u . verwandte Wissensch . , 5. Band ). Er war einer der ersten Geodäten , welcher

mutmaasslich unter dem Einflusse

Bitte nach Berlin , den Hauptmann V. Moltke für längere Zeit in der Türkei zu belassen, damit er den eben im Gange befindlichen Arbeiten zur >

") Auch diese Broschüre (Berlin 1832 , bei Fincke) ist dem

der von ihm während zweier Okkupationen angeknüpften Be-

Schreiber dieser Zeilen leider nicht zugänglich gewesen .

den von Kepler geziehungen zu französischen Gelehrten legentlich hingeworfenen Gedanken einer Längengradmessung wieder aufnalım und die Notwendigkeit schärferer Bestimmung solcher Anomalien der Erdgestalt hervorhob , welche bei den gewöhnlichen Messungen längs eines Meridianes sich nicht be-

ist dieselbe, ebenso wie die unter 3) I. Spalte genannte, soeben

merklich zu machen vermögen .

Auch über die Praxis der

Terrainzeichnung verbreitete sich v. Müffling in einer Note, welche der dritte Band der » Monatl . Korrespond. z. Beförd . d . Erd- u . Himmelskunde « gebracht hat.

2) Briefe etc., S. 285. » Ich lese jetzt in Ritters Erdkunde Palästina und speziell Jerusalem .

Es ist ein Lieblingsgedanke

Doch

unter dem Titel „ Verm . Schriften Moltkes « mit abgedruckt worden . 2) Die Uebersetzung von Gibbons »History of the De . cline and the Fall of the Roman Empire « hat Moltke von 1832 –35 mit rastlosem Fleisse gefördert, um schliesslich sich von seinem Verleger getäuscht und mit einer geringen Ab . schlagszahlung abgefunden zu sehen. Erst die Anrufung des Richters verhalf ihm sogar zu diesem Abkommen.


3) Schon als junger Lieutenant hatte Moltke, allein , ohne Führer, die Schneekoppe erstiegen , den höchsten Punkt Deutsch

lands, wie er sich ( Briefe etc. , S. 10 ff.) nicht ganz korrekt

von mir , einmal dorthin zu gehen und den Plan dieser inter-

ausdrückt .

essantesten Oertlichkeit aufzunehmen . «

genauigkeit, indem er die bekannte Ruine Oybin (Briefe etc.,

3) Unter der Aufschrift » Holland und Belgien « ist das

Auch sonst begegnet ihm einmal eine kleine Un

S. 79) » bei Zwickau an der böhmisch -sächsischen Grenze « ge

Schriftchen 1831 bei Mittler in Berlin erschienen ; der Autor erwähnt (Briefe etc. , S. 54) , dass dasselbe sechs Groschen koste

findliche Oybin liegt doch näher bei Zittau , als bei dem schon

und einen guten Absatz finde. Ob es vollständig aus verkauft

ein gutes Stück von der Grenze entfernten Zwickau, und ersteres

worden ist ?

ist der weitaus grössere Ort .

legen sein lässt .

Denn der noch auf sächsischem Gebiete be

Moltkes geographische Leistungen .

Reorganisation der Armee seine Unterstützung leihe. Nach dem Briefe vom 6. April 1836 zu schliessen , verhielt sich Moltke kühl gegen den ihm von der Pforte gemachten Antrag und stellte die Entscheidung

35

von Nisibis und Biradschik (s. o .) , das Schloss Said-Bey-Kalesi, Rum-Kaleh, die Ebene von Mesere,

sowie die Umgebungen der Städte Samsun, Mossul

So verblieb denn jener bis

und Urfa in Grund gelegt, 1) um dann später diese Pläne einem grösseren Publikum zugänglich zu machen ; 2) endlich enthält auch das oben

zu Ende 1839 in der Türkei, ohne ein bestimmtes

namhaft gemachte Geschichtswerk eine Menge von

seinem Chef anheim , der zu Gunsten des türkischen

Wunsches entschied .

Kommando und lediglich als militärischer Berater graphischen Darstellungen zur Versinnlichung mili verschiedener Paschas in allen möglichen Angelegen- tärischer Operationen von der eigenen Hand des heiten . Gerade durch diese Stellung kam er in die Lage, Landstriche zu durchwandern, welche vor ihm kaum eines Europäers Fuss betreten hatte, und

tümer gaben Moltke den Stoff zu mancher geo

Szenen mitzuerleben, die für sein ganzes späteres

graphischen Wahrnehmung. Das Bild , welches er

Leben eine wertvolle Erinnerung bleiben mussten .

von der Dobrudscha entwirft, ist so naturwahr, dass auch heute noch , mehr denn ein halbes Jahrhundert

Bekannt ist, dass Moltke auch am 24. Juni

Verfassers. Schon die rasch durchreisten Donaufürsten

1839 die Schlacht bei Nisibis mitgemacht hat,

später, sich nach Lehmanns Meinung 3) keine

welche die Türken gegen die Aegypter verloren ,

treffendere Charakteristik geben lässt .

Trotzdem

und dass die Entscheidungsschlacht einen ganz dass dieselbe so abstossend ausfiel, hat Moltke doch andern Ausgang genommen haben würde, wenn gerade in der Dobrudscha sich länger aufgehalten sich Hafiz Pascha hätte entschliessen können , den

und eine nicht unwichtige geographische Entdeckung

deutschen Offiziers Folge zu

dortselbst gemacht. Längs des alten Trajanswalles

Ratschlägen des

geben und sein Heer in der von Moltke mit zieht sich die Kette der versumpften Kara-suy-Seen gewohntem Geschick ausgesuchten Defensivstellung

hin , in denen man türkischerseits einen ehemaligen

von Biradschik (s. u .) zusammenzuziehen .

Donauarm zu erkennen glaubte, und da es begreif licherweise erwünscht sein musste, eine ausser dem Bereiche der russischen Geschütze gelegene Ver bindung der unteren Donau mit dem Pontus zu

Aus türkischen Landen richtete Moltke eine Reihe von Briefen nach der Heimat , welche nachmals in Buchform herauskamen ) und für die

bessere Kenntnis des Orients eine wahre Fund- erlangen, so hoffte man, die Lokaluntersuchung des grube darstellen . Daneben ist aber, wenigstens preussischen Offiziers werde ein dem Projekte soweit die europäische Türkei in Frage kommt, auch das erste kriegsgeschichtliche Werk ?) aus Moltkes Feder zu nennen , welches schon alleſ die Vorzüge besitzt , die wir an den später von ihm selbst oder unter seiner Aegide besorgten Veröffentlichungen bewundern . Ihm war nicht bloss

die keineswegs allzu häufige Gabe des geographi-

der Ablenkung günstiges Resultat ergeben .

Allein

Moltkes geschulter Blick liess ihn im Gegenteile erkennen , dass die Niveauverhältnisse mit der An nahme, die Donau sei dereinst direkt von Tscherna

woda nach Küstendsche geflossen , nicht im Einklang sind, und was er selbst bloss im allgemeinen fest

gestellt hatte, wurde nachher durch das von Haupt

Seite, alle Eindrücke durch die Karte dauernd fest-

v. Vincke ausgeführte Nivellement voll kommen bestätigt , so dass man den Gedanken , hier einen Kanal zu graben, endgültig fallen liess. Eine besondere Anziehungskraft konnte auf einen Beobachter, der das Terrain hauptsächlich

Eine Anzahl einfacher Instrumente be

unter dem militärischen Gesichtspunkte betrachtete,

schen Blickes verliehen, er konnte nicht bloss

mit Schnelligkeit das Terrainbild in sich aufnehmen und das Gesehene mit plastisch wirkender Treue schildern, sondern es stand ihm auch die Gabe zur zuhalten .

mann

gleitete unsern Reisenden auf allen seinen Fahrten. das Balkangebirge auszuüben nicht verfehlen . So Ein Schrittzähler lieferte ihm die ungefähr zurück . gehört denn seine Detailbeschreibung der sechs

gelegten Distanzen ,eine Bussole die Richtungswinkel, Wege, auf denen Truppenmassen von Bulgarien und so konnte die Tagesroute mit leidlicher Sicherheit verzeichnet werden ; ausserdem aber hatte Moltke seinen Messtisch bei sich, in dessen Hand-

habung er die höchste Geschicklichkeit besass, und so war er im stande, von allen ihn interessierenden

nach Rumelien vordringen können , zu dem besten , 1) Belger , a . a . O. , S. 114.

2) Diese Karten und Pläne kamen sämtlich bei Reimer in Berlin heraus.

3) P. Lehmann , Das Königreich Rumänien.

Prag-Leip

Gegenden Pläne aufzunehmen . Abgesehen von dem Plane von Konstantinopel hat Moltke noch den

zig 1891 , S. 29 .

nördlichen Teil des Bosporus, die Armeepositionen

Strauch ; die stark gewölbten Hügelrücken sind mit einem hohen ,

Moltkes eigene Worte lauten , wie folgt :

» So weit das Auge reicht , siehst Du nirgends einen Baum oder von der Sonne verbrannten Grase bedeckt. Ganze Stunden reitest Du

über diese einförmige Wüste, bevor Du ein elendes Dorf ohne 1) v. Moltke , Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei, Berlin-Posen-Bromberg 1841. Zu diesem Buche ,

Bäume und Gärten in irgend einem wasserlosen Thale entdeckst . «

welches wir künftig als »Reisebriefe « citieren werden , hatte C. Ritter eine Vorrede geschrieben . 2) v. Moltke, Der russisch -türkische Feldzug in der europäischen Türkei 1828 und 29 , Berlin 1845 .

henden Karstcharakter der Dobrudscha hat Moltke gut gekenn zeichnet, sowie nicht minder das plötzliche Auftreten des Ur gebirges in diesem entlegenen, nach Suess geologisch » ein ganz

Den mit der Wasserlosigkeit im engsten Zusammenhange ste

unaufgeklärtes Rätsel « darstellenden Erdenwinkel.

e

s phisch Moltke geogra

36

ngen

Leistu

.

was in dieser Hinsicht geleistet werden kann . ) ; türkischen Sultane befestigten, Konstantinopel mit Getreu seinem stets eingehaltenen Grundsatze, ferne den Mauern der griechischen Kaiser und dem Serail , Länder durch den Vergleich mit bekannten Gegenden dem geistigen Auge des Lesers näher zu bringen ,

welches die Stelle des alten Byzanz einnimmt, Pera und Galata , welches die Genuesen erbauten, Kadikjöi

zieht Moltke eine morphographische Parallele oder das alte Chalkedon, die Ebene von Daudpascha, zwischen dem östlichen Balkan und dem Thüringer wo sich die Janitscharen versammelten, und wo sie Wald ; nur die nördlichen Vorgebirge seien anders den Sandschak Scherif oder die Fahne des Propheten

gestaltet und ähnelten in etwas dem schlesischen empfingen, wenn sie gegen die Christen auszogen, Heuscheuergebirge. ) Die Unübersteigbarkeit des Balkans, von der so viel gesprochen werde, sei in

die Wasserleitungen des Kaisers Valens und des

Wirklichkeit nicht vorhanden , vielmehr sei es nur

Anfang der Bithynischen Kette . « Bemerkt sei noch , dass der Plan von Konstantinopel später in Berlin

Sultans Suleiman, das Ende des Balkans und den

die Häufung an sich kleiner Schwierigkeiten , mit welcher eine marschierende Truppe zu ringen habe, in Verbindung mit den allerdings sehr schlechten Wegen . Vortrefflich wird der klimatische Gegen-

gestochen wurde, wozu der König einen Beitrag leistete ; erschienen ist jener 1842 im Verlage der be kannten Landkartenhandlung Simon Schropp & Co.

satz zwischen dem Nord- und Südabhange des Balkans geschildert ; ein Kabinettstück feiner geographischer Federzeichnung ist ferner die Beschreibung der

Die Frage, ob der Schlüssel der Levante ein militärisch haltbarer Platz sei oder nicht,, wird von Moltke nach allen Seiten erwogen , und zwar

Rosenstadt Kasanlyk, ihres Wasserreichtums und spricht er sich dahin aus, dass unter gewissen der sie umgebenden üppigen Pflanzenpracht.") In Konstantinopel hat sich Moltke über ein

Voraussetzungen die Stadt als uneinnehmbar be Notwendig sei ein zeichnet werden müsse. )

Jahr aufgehalten, und während dieser Zeit suchte

ausreichender Schutz der beiden marinen Zufuhr

er die Stadt selbst, sowie deren nähere und weitere

strassen Bosporus und Hellespont durch Festungs

Umgebung gründlich kennen zu lernen .

werke und eine rationelle Wasserversorgung ; denn

Sultan

, auf bei der gegenwärtigen Lage der aus grosser Ferne Mahmud selbst regte die Idee in ihm an, Grund eigener Vermessungsarbeit einen Plan der in die Stadt hineingeführten Aquädukte sei eine türkischen Hauptstadt zu fertigen, der allen An- | vollständige Trinkwassersperre vom Feinde unschwer forderungen genüge, und so wurde dieses wahrlich

zu bewerkstelligen .

nicht kleine Werk in den Jahren 1836–37 glücklich

nellenstrasse unterzog Moltke gleichfalls seiner

zu Ende geführt. Geleitet von einem Kawassen , trug Moltke seine » Planchette« , wie er sich ge-

Prüfung und fand sie zweckdienlicher, als er ver mutet hatte; bei dieser Gelegenheit spricht er sich auch über die Luft- und Meeresströmungen der Meerenge aus. 2) Die Stätten, welche später durch

wöhnlich ausdrückt , auf alle die herrlichen Aus-

sichtspunkte, an denen das europäisch -asiatische

Die Fortifikation der Darda

Grenzland so reich ist, und obwohl er selbst Geld - Schliemanns Ausgrabungen eine so hohe Bedeutung opfer bringen musste, liess er doch von der Arbeit nicht ab, welche ihm die grösste innere Befriedigung gewährte. Unterm 6. Februar 1837 teilt er seiner Mutter die Ziele mit, welche ihm vorschwebten und dazumal bereits grossenteils erreicht waren . »Die Karte «, schreibt er, 4) » welche ich von der Gegend hier aufgenommen, kostet mir schon über

gewinnen sollten , beging Moltke mit dem Homer in der Hand; er hielt sich überzeugt, dass die Natur der Troas auch heutigen Tags noch ganz dieselbe sei, als welche sie der Dichter schildert, 3) und nur betreffs der Flüsse Simoeis und Skamandros

äussert er eine von der gewöhnlichen abweichende Ansicht.

Nicht minder eifrig studiert er auch die

100 Thaler, aber sie wird mir in Zukunft eines

Beschaffenheit des Bosporus, in welchem er eine

der angenehmsten Resultate meines Aufenthalts in

sonst wenig oder gar nicht beachtete, sehr merk

der Türkei sein . Sie umfasst gegenwärtig den ganzen Bosporus von der Mündung des Schwarzen

würdige Naturerscheinung entdeckte : den » Top Tasch « (zu deutsch Kanonenfelsen ).4)

Meeres bis fünf Meilen weit herunter nach dem Marmara-Meer und 1 bis 112 Meilen zu beiden Seiten ins Land hinein . Sie enthält Bujukdéré,

1) Dass aber Stambul noch öfter Feinde vor seinen Thoren sehen werde, hält Moltke für sehr wahrscheinlich, und

wo die Gesandten wohnen, Therapia, wo Medea ihre Zauberkräuter pflückte, die Cyanäen , welche die Argonauten umschifften , die Hissare, welche die

sich im Frühjahr 1878 thatsächlich ereigneten ( Der russisch türkische Krieg, S. 403 ). » Jedenfalls dürfte die letzte Ent

1) v . Moltke, Der russisch-türkische Krieg, S. 51 ff. 2) Das Heuscheuergebirge ist eine ungeheure Sandstein-

welche einst den Sturz des oströmischen Reiches um hundert Jahre verzögerten « . Der so schrieb, erlebte noch im rüstigen

masse in der Grafschaft Glatz,

bekannt wegen ihrer an die

mit fast prophetischem Geiste sagt er Dinge voraus, wie sie scheidung noch einmal unter jene alten Mauern gerückt werden, Greisenalter den Friedensschluss von St. Stefano (am Bosporus ).

Am

2) Mehrere Angaben Moltkes bestätigten später Calvert

nördlichen Abfalle der Heuscheuer ziehen sich die fast un-

und Virchow (Ueber die asiatische Küste des Hellespont , Zeit schrift für Ethnologie , 1879. S. 31 ff.; Die Küste der Troas,

Berge der Sächsischen Schweiz erinnernden Zerklüftung.

Beiläufig bemerken wir passierbaren »> Wilden Löcher « hin . noch , dass Moltke beim Anblicke der wasserreichen Ebene von Brussa sich an den Spreewald bei Lübbenau erinnert fühlt. 3) Reisebriefe , S. 138 ff.

4) Briefe, S. 104.

ebenda, S. 40 ff.).

3) Reisebriefe, S. 168 ff. 4) Wir geben zunächst die Originalbeschreibung (Reise briefe, S. 81 ) : » Dicht nördlich von dem Schlosse Karibsche

Moltkes geographische Leistungen .

Schon von Konstantinopel aus hatte Moltke kleinere Ausflüge auf asiatischen Boden unternommen ;-) im Sommer 1837 aber trat er eine grössere Wanderung dorthin an , indem er dem die Regierung der türkisch -persischen Grenzbezirke übernehmenden

Pascha attachiert wurde.

Zumal das

wilde, damals noch fast gänzlich unbekannte Land der Kurden ist von ihm geographisch durchforscht worden ; er begleitete seinen Pascha bei verschiedenen

37

überschritten, den Euphrat sogar auf einer ziemlich langen Laufstrecke befahren . Da nämlich Hafiz Pascha über die Möglichkeit der Befahrung dieses Stromes mit Dampfschiffen Klarheit zu erlangen wünschte, liess sich sein Begleiter bewegen , eine Fahrt auf einem der landesüblichen Fahrzeuge zu unter nehmen, d . h . auf einem von aufgeblasenen Ziegen häuten getragenen Flosse, 1) wie solche im grauen

Altertum bereits den Transportdienst auf diesen Flüssen

Expeditionen gegen die Zwingburgen der kurdischen ermöglichten .”) Die Fahrt war zugleich beschwer Stammeshäuptlinge und unterstützte die türkischen Truppen bei der Eroberung der schwer zugänglichen Bergschlösser, wobei er sich zwar vielen Ge-

fahren aussetzen musste, aber auch mit Land und Leuten aufs beste vertraut machte.

Für Kurdistan

brachte Moltke , der seine » Anabasis« gut im Kopfe hatte, eine besondere Teilnahme mit, und

lich und gefährlich, die Reisegesellschaft musste mehrere Tage auf die Annehmlichkeit trocke

ner Kleidung verzichten , und für das Dampf schiffprojekt fiel das Ergebnis der Untersuchung negativ aus, allein für die Geographie waren wich tige neue Thatsachen ermittelt. Der als » Wasser fall von Nuchar« bezeichnete Stromdurchbruch exi

häufig weist er auf den Zug der Zehntausend hin. stiert überhaupt nicht, wohl aber bildet der Euphrat, Seit zweitausend Jahren, so meint er, ?) habe sich solange er das Kurdische Hochland durchströmt,, in diesen Gegenden gar nichts geändert, weder hin- eine fortlaufende Felsenge, einen Canon , wie wir sichtlich der Natur, noch auch hinsichtlich

der

Menschen . Die »tagelange Einöde« , durch welche

uns wohl am bezeichnendsten ausdrücken könnten , der durch Stromschnellen und mehrfache Ver

Kyros vor der Schlacht von Kunaxa zu mar- muhrungen noch schwerer befahrbar wird, als er schieren hatte, zeichnet Moltke mit lebensvollen

Farben , und von den Kurden sagt er, sie stünden gegenwärtig dem Sultan genau in derselben Weise gegenüber, wie ihre Ahnen dem persischen Grosskönige. Vor allem fesselt den an historischen Er-

es an sich schon wäre.

Von Choris an tritt der

Strom in ein offenes Hügelland, ähnlich wie bei Frankfurt das Oderthal, und unterhalb Samosatas

nimmt die Steinwüste ihren Anfang.

innerungen so reichen Reisenden die berühmte,

In einer von Kiepert herausgegebenen Sammel schrift hat Moltke seine geographischen Ent

uralte Euphrat-Ueberfuhr bei Zeugma.

deckungen und Neubestimmungen in Asien, über

Aber er

schwärmt nicht lediglich in diesen Reminiszenzen, die in den »Reisebriefen« mehr nur aphoristisch sondern er zeichnet von der ganzen Gegend ein

tüchtiges Kroquis und berichtigt auf Grund desselben die vorhandenen, gerade an dieser Stelle unrichtigen

berichtet werden konnte, in systematischer Weise, gestützt auf seine genauen Itinerare,") zusammen gestellt gestellt.. t)) Wenn wir daraus wieder einen Aus

Die beiden mesoKarten des Euphratlaufes. ") potamischen Flüsse waren vielfach ziemlich aufs

zug zu geben versuchen, so können wir die Quint

Geratewohl in die Karten eingetragen, und hier

Weise in Worte fassen :

essenz von Moltkes Leistungen etwa in folgender

musste sonach Moltkes topographische Fertigkeit

Ihm ist die erste genaue Aufklärung des

der Erdkunde grosse und unmittelbare Vorteile zu-

Geländes zwischen den beiden Quellflüssen

wenden. Den Tigris hat er zu wiederholten Malen

des Euphrat, dem Furat und Murad, danken.

zu

Von diesem letzteren Flusse wurde

bildet das schwarze Gestein eine Kluft , die sich rückwärts

trichterförmig zu einer Höhle gestaltet , welche am Ende eine Oeffnung nach oben hat. Bei hoher See wälzen sich die Wogen in diesen Spalt hinein ; sie schiessen mit Ungestüm in den stets schmaler werdenden Raum vorwärts und spritzen mit lautem Getöse in einer wohl 20 Fuss hohen Dampfsäule aus der engen Oeffnung hervor.« Man hat es hier zweifellos mit demselben Phänomen

zu

thun ,

das

auch

anderwärts

an

zerklüf-

1) Die Tragfähigkeit dieser Flösse ist nach Moltke (Reisebriefe, S. 256) überraschend gross ; eines derselben , das

von vierzig Schläuchen gehalten wurde , führte ein schweres Geschütz nebst Bedienungsmannschaft über den Tigris. 2) Das Alter dieses Vehikels wird durch gewisse in Nini

veh aufgefundene Reliefs, wie auch durch eine Stelle bei Hero

teten, von starker Brandung heimgesuchten Meeresküsten zur

dot (I, 194) ausser Zweifel gesetzt .

Beobachtung gelangt, und für welches sogar auf den kanarischen Inseln eine besondere Bezeichnung ( » B ufaderos « ) gebräuch-

3) Astronomische Ortsfixierungen war Moltke , bei der Geringfügigkeit seiner instrumentellen Hilfsmittel, nicht zu lie

lich ist. Das Wesen dieser intermittierenden Ejektionen erklärt sich mit Hilfe des physikalischen Prinzips vom Sprungkegel; vgl. des Verfassers » Geophysikalische Betrachtungen über das

gewonnen , dass ein gutes mit Hodometer und Kompass zu stande gebrachtes Intinerar dem Kartographen ebenso willkommen sein

Stauphänomen und über intermittierende Naturfontänen , in der Zeitschrift „ Natur und Offenbarung « ( 1889). 1) Anlässlich eines solchen Abstechers beobachtete Moltke

( Reisebriefe, S. 73) die eigentümlichen Dämmerungserscheinungen an der Küste bei Smyrna.

2) Belger, S. 98 ; Goetz , Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels, Stuttgart 1888, S. 158. 3) Reisebriefe, S. 224 ff. Ausland 1892 , Nr . 3 .

fern in der Lage.

kann , wie

Allein man hat neuerdings die Ueberzeugung

ein Verzeichnis von Positionen .

Namentlich

die

Wegaufnahmen von H. Barth und Junker bieten sich in dieser Beziehung als Belege dar . 4) Memoire über die Konstruktion der Karte von Klein

Asien und Türkisch -Armenien in sechs Blatt von v. Vincke, Fischer , v. Moltke und Kiepert , Berlin 1844. Die Arbeit von Moltke über das östliche Kleinasien und das obere

Zweistromland nimmt in dieser Schrift den ersten Platz ein . 6

sche eistungen L .

Moltkes geographi

38

festgestellt, dass er sich dem Tigris weit | persönlich kennen lernen und bediente sich zu dem mehr nähert, als angenommen worden war, dass beide Wasserläufe an einer Stelle nur durch eine Landschwelle von 1000 bis bis

1500 Schritt Breite von einander getrennt

Ende eines damals sehr gangbaren Werkes von Westphal, der eine Reihe von Orten astro nomisch festgelegt hatte; doch genügte dasselbe nicht allen Anforderungen , und so entschloss sich

sind. Der Lauf des Murad und des Euphrat Moltke zu einer eigentlichen Vermessung der selber bis Samsat und Biradschik konnte nunmehr zum erstenmale richtig gezeichnet, der Lauf der Flüsse Seyhun und Dschehun wesentlich rektifiziert werden . Endlich wurde durch Moltke aus den Karten Klein-

asiens ein ihnen allen gemeinsamer Fehler

Campagna. » Mein Messtisch ist angelangt “, so schreibt er am 2. April 1846 dem Bruder Ludwig,") » und ich bin mit der Aufnahme der Contorni di

Roma tüchtig im Gange. Fast zwei Quadratmeilen sind schon fertig, aber ich möchte neun solcher Blätter liefern und werde Jahr und Tag daran zu

beseitigt, darin bestehend, dass man das Zu-

arbeiten haben , umsomehr als die Sommerhitze diese

flussgebiet des Mittelmeeres im Osten viel zu beschränkt angenommen hatte, während es thatsächlich fast bis zum 40. Breitengrade hinaufreicht . ')

Arbeit unterbricht. Mit gewaltigen Stiefeln gegen

Solch grossen wissenschaftlichen Verdiensten gegenüber treten andere geographische Resultate dieser anstrengenden Forschungsreise in den Hintergrund, so ansprechend selbe auch für allein erscheinen mögen. Nur in einer Randnote´) machen wir deshalb noch auf einige dieser sekundären Be-

reicherungen unseres erdkundlichen Wissens auf merksam .

Dornen und Schlangen, nur von Schäferhunden und Büffelherden zuweilen angefochten, durchstreife ich Berg und Thal, bis zur Entfernung von bereits

einundeinhalb Meilen . Auf alte Mauerreste, Gräben und Basaltpflaster mache ich speziell Jagd und freue mich jedesmal, wenn ich so einen alten Namen ,

wie Fidenae, Autumnae, Villa Liviae , ad Gallinas und dergleichen eintragen kann. Und am 14. No berichtet Moltke, vember desselben Jahres ) berichtet

dass ein Wegweiser, nach Artdes Westphal schen , nur weniger trocken , zu liefern beabsichtigt sei ;

Nachdem Moltke die Türkei verlassen , trat er

die » geographisch -physikalische Einleitung« dazu

in sein früheres Dienstverhältnis zurück , wurde liege fertig vor. Doch ist das Buch selbst nicht zum Major befördert und verblieb eine Reihe von erschienen, obwohl das an A. v. Humboldt ge Jahren in Berlin . Erst im Jahre 1845 bot sich schickte und dabei anscheinend in Verlust geratene

ihm aufs neue die Möglichkeit, die Geographie durch

Manuskript später wieder zum Vorschein kam.

eigene Schöpfungen zu fördern . Er wurde nämlich

Aber die geographische Wissenschaft zog doch einen

als Adjutant dem Prinzen Heinrich von Preussen

wirklichen Vorteil aus der rastlosen Arbeit , denn

beigegeben, und dieser suchte seiner geschwächten

nachdem König Friedrich Wilhelm IV . einen

Gesundheit halber den Süden auf.

Zuschuss

Zwei Jahre hat

von

700 Thalern

geleistet

hatte, )

Moltke infolgedessen sich in Rom aufgehalten,

konnte die Karte des römischen Stadtgebietes von

und während dieser Zeit entstand sein berühmter

dem damals besonders angesehenen Kupferstecher Brose hergestellt und der Oeffentlichkeit über

Plan der Umgebung der ewigen Stadt .

Es scheint, dass archäologische Beweggründe

geben werden .“) Jedes der beiden Kartenblätter

in erster Linie für dieses Unternehmen maassgebend kam der Verlagshandlung auf 1500 Thaler zu gewesen sind . Moltke wollte die geschichtlich merk- stehen . Als Grundeinheit wählte Moltke die würdigen Punkte aus der Zeit der alten Republik rheinländische Rute = 120000 pr. Meile ; der Maass am

1) Am Fusse des Erdschias- und Hinsere Dagh fand Moltke (Reisebriefe , S. 330 ff.) den Ursprung einiger Flüsse , die sich schinale Durchbruchthäler durch den Antitaurus hin durch ausgehöhlt haben und in den Golf von Issus münden .

2) Wir rechnen hierher die Schilderungen des paradiesischen Sultan-suyy - Thales ( Reisebriefe, S. 299) , der Salzsteppe von Konieh

stab war gleich 1:25 000. Da der Konstrukteur, wie schon (s.o.) bei seiner vorderasiatischen Mappierung , hauptsächlich mit der Bussole gearbeitet hatte und nicht in der Lage war, die Missweisung genau zu ermitteln, so ist auf Moltkes Plan die Nordrichtung nicht die wahre, sondern die magnetische.5) (Fortsetzung folgt.)

mit der auf ihr nicht seltenen Fata Morgana (ebenda , S. 318 ff.), der

» Pylen von Adana « als der einzigen Verbindung zwischen Syrien und Kleinasien (ebenda, S. 322 ; vgl . auch Goetz , a . a . O., S. 168), zuletzt die Beschreibung des Doppellebens, das die Bewohner gewisser Teile Kleinasiens infolge ihres Klimas führen (Russischtürkischer Feldzug, S. 406 ff.), indem sie , wie auch die Etschländer in Südtirol, zur Sommerszeit zu tausenden aus der un-

1) Briefe, S. 271 . 2) Ebenda, S. 273 . 3) Ebenda, S. 281 .

1) Carta topografica di Roma e dei suoi contorni fino alla distanza di 10 miglie fuor le mure indicante tutti i siti ed edifizj moderni e di ruderi antichi ivi esistenti . Eseguita coll '

gesunden Niederung in die kühle Villeggiatur hinaufziehen . Bei

appoggio delle osservazioni astronomiche e per mezzo della

dem Dorfe Sürghi begegnete Moltke jener Karsterscheinung, für die Desor den Namen » Doue « in Vorschlag gebracht hat ; 21 starke Quellen sprudeln aus dem Kalkfels hervor, ver-

mensola , delineata sulla proporzione di 1 : 25 000 , dal Barone

einigen sich in einem weiten Bassin und bilden sofort einen

Fluss (Reisebriefe, S. 219 ff.).

» Offenbar tritt hier ein schon

ganz beträchtlicher Bach nach unterirdischem Laufe zu Tage « .

di Moltke, Ajutante di campo di S. A. Reale il Principe Enrico di Prussia a Roma. Berlin 1852 , Schropp & Co. 5) Es möchte sich für einen mit den Ortsverhältnissen ver trauten Geophysiker wohl verlohnen, Moltkes Orientierungen mit Rücksicht auf den Umstand nachzuprüfen, dass durch Ph .

Eine Wanderung in der Auvergne.

Eine Wanderung in der Auvergne. Von J. Partsch (Breslau) . I.

des ersten Eindrucks tragen , ist eine Quelle wahren geistigen Genusses. Wenn die Beobachtungen an diesen Vulkanen einen bedeutenden Anteil hatten

Den Kern Frankreichs bildet ein Hochland,

aufgebaut aus Gesteinen hohen Alters, zumeist aus Granit. Seine Oberfläche senkt sich von dem etwa 1400 m hohen Südostrande, der unter dem Namen der Cevennen steil gegen das Rhonethal und die Uferlandschaft des Mittelmeeres abbricht , sanft nach Norden .

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an der Entwicklung der Vulkantheorie Leopold v. Buchs, so war auch ihrem unermüdlichen Gegner Poulett Scrope die Bedeutung dieses Gebietes für

die Entscheidung der grossen Streitfrage unzweifel haft . Schon seine „ Considerations on Volcanos ( 1825 ) beruhten zum Teil auf den Ergebnissen einer

Das ist die Richtung, welcher die Ströme Bewanderung der Auvergne ( 1821). Später aber

des Landes folgen . Die Loire und der Allier entspringen nahe bei einander auf der menschenleeren, ihre Furchen einschneidend, über 30 Meilen weit

schritt er zu einer volleren monographischen Dar stellung dieses Gebietes in seinem meisterhaften Werke » Extinct Volcanos of Central France « (Lon don 1858) . Durch die knappe, den reichen Stoff wirklich beherrschende Zusammenfassung der wich

(250 km) nordwärts, um sich erst ausserhalb des

tigsten Thatsachen und durch die Ausstattung mit

Hochlands bei Nevers zu vereinen .

höchst charakteristischen , wissenschaftlich zuverläs

entwaldeten , von rauhen Winden bestrichenen Hochfläche der Cevennen und ziehen dann, immer tiefer

Schon ihre

Thäler, die sich mehrfach zu freundlichen Becken

sigen Abbildungen bleibt dieses Werk noch heute die

erweitern , unterbrechen wohlthuend die landschaft-

beste Einführung in das Studium dieser Vulkan

liche Einförmigkeit der Hochplatte. Noch wirksamer region , eine unvergleichlich bessere als das fünfbän geschieht dies durch unregelmässig verteilte Berg - dige schwerfällige Werk » Epoques géologiques de

gruppen, welche die vulkanische Thätigkeit aufge- l'Auvergne«, in welchem der genaueste Kenner des schüttet hat. Sie ist in der mittleren Tertiärzeit erwacht, in dem Zeitalter, das die Alpen zu ihrer

gewaltigen Höhe allmählich emporschwellen sah. Seit dieser Zeit grosser Bodenbewegungen haben die

Landes, H. Lecoq , 1868 die Menge seiner 1826 be gonnenen Einzelbeobachtungen mit den Ergebnissen fremder Forschung zu einem allzubreit sich ergiessen den Teig zusammenknetete. Als abschliessende Fest

vulkanischen Kräfte im centralen Frankreich nachstellung des geologischen Oberflächenbildes können wiederholten Unterbrechungen sich immer neu ge-

die 1882 und 1887 von Fouqué und Michel Lévy

regt bis an die Schwelle der geschichtlichen Epoche.

veröffentlichten Blätter Brioude und Clermont der

Der Mensch hat ihren Ausbrüchen noch beigewohnt , und ihre jüngsten Erzeugnisse, die Kraterränder und

Carte géologique détaillée de la France ( 1 : 80000) gelten. Unter der Ueberfülle der zusammenfassenden

die Lavaströme der Auvergne, sind so frisch er-

neueren Litteratur ragt ausser der oben erwähnten, sowohl geologisch wie petrographisch tiefgehenden Arbeit Michel Lévys hervor die Rede Fouqués :

halten , dass sie für die Begründung der Lehre vom Vulkanismus kaum minder wichtig geworden sind, als die noch thätigen Feuerberge Italiens. Seit Guettard 1752 zuerst mit voller Bestimmt-

heit die vulkanische Entstehung der Gipfel der Auvergne erkannte, haben sich eine Fülle bedeutender

Beobachter diesem dankbaren Arbeitsfelde zuge-

Le plateau central de la France (gelesen in der öffentlichen Jahressitzung der s Akademien am 25 . Oktober 1890). Das sind die Helden der Bühne, auf welcher das grossartige wissenschaftliche Schauspiel der Ent

wendet. Der litterarische Ueberblick an der Spitze

schleierung dieses Vulkangebiets sich

der neuesten Bearbeitung der Pays und des Mont

Ausser diesen Mitwirkenden

vollzieht.

hat auch manchmal

Dore-Gebirges, in welcher Michel Lévy bei Gelegen-

ein Zuschauer das Wort genommen . Wer könnte

heit der französischen Geologenversammlung zu Clermont die Ergebnisse seiner mehrjährigen For-

auch teilnahmlos stumm bleiben , wenn es ihm vergönnt war, von dem fernen Platze , den vergönnt

schungen zusammenfasste (Bull . Soc. géol.. Fr. [ 3] XVIII S. 673-844 mit 10 Tafeln. 1891 ), führt mehr als 250 geologische Arbeiten allein für dieses

er gewöhnlich einnimmt, einmal vorübergehend vorzudringen bis auf den Schauplatz selber und

Gebiet auf.

Mit Stolz erinnert sich der Deutsche

daran, dass nach den auf langer Bekanntschaft mit diesem Arbeitsfelde beruhenden Arbeiten von Desmar-

dort ---- nicht nur wie durch einen Spiegel – sondern von Angesicht zu Angesicht zu sehen, was jeden denkenden Geist in Bewegung setzen muss . Wie Carl Ritter, dessen Reisebriefe das äussere Gewand .

est, Montlosier, Dolomieu ein kurzer Besuch Leopolds der Landschaft um Clermont mit unübertroffener v. Buch ( 15. April bis 4. Mai 1802) eine Saat anregender, zu verschärfter Forschung treibender Gedanken ausstreute. Seine kraftvolle Schilderung des

Wärme und Anmut schildern, wird jeder Jünger der Erdkunde gern einmal zum Wanderstabe greifen, um an der Hand der berufensten sachkundigsten

Keller (Sulle rocche magnetiche di Rocca di Papa. Atti della R. Accademia dei Lincei, 1885 , S. 428 ff.) in dem an die Ebene

Wegweiser diesen klassischen Boden erfolgreicher Forschung zu betreten. Die grossartigsten Schauplätze der vulkanischen

direkt angrenzenden Albanergebirge lokalmagnetische Centren von

Thätigkeit liegen bekanntlich westlich vom Allier der

Gesehenen in den Briefen , welche die frische Farbe

teilweise bedeutender Einflusssphäre nachgewiesen worden sind , i artig verteilt , dass man von Süden nach Norden

Eine Wanderung in der Auvergne .

40

fortschreitend denselben Weg innehalten würde,

im Dep. Puy de Dôme 350 qkm . Gerade die Land

welchen einst die Bethätigung der vulkanischen Kräfte eingeschlagen hat. Man hat erkannt , dass in schroffer Böschung ansteigende Kegel des CantalGebirges fertig aufgebaut war. Er erhebt sich bei-

schaft um Clermont beherrscht er ganz unbedingt ; sie liefert einen starken Beitrag zu der Versorgung Nordfrankreichs. Die Hebung des Verkehrs hat natürlich nun den Wert des Erzeugnisses gesteigert. Die Zeit ist vorüber, in welcher die kräftigsten

nahe mitten zwischen Aequator und Pol zu 1858

Zecher in den Dorfkneipen 20 Centimes nicht etwa

am frühesten der mächtige, auf breiter Grundlage

Meter Meereshöhe. Bis in jüngere Zeit dauerten

für den Liter, sondern für die Stunde festen Trinkens

die Ausbrüche in dem nördlichen Mont Dore-Gebirge,

zahlten , und wo die Freiheitsbäume von 1848 — ohne

fort, das im Pic de Sancy ( 1886 m) den höchsten

freilich dadurch dauerhafter zu werden --- mit Wein

Gipfel des innern Frankreichs umschliesst. Der begossen wurden . Mehr noch als die Fülle der Gegenwart am nächsten steht die Bildung der meilenwenn auch ihre Höhe wesentlich hinter der des

Weingärten erhöht den Reiz der Landschaft der Reichtum an Bäumen . Nicht nur die Dörfer bergen sich im üppigen Grün der Obst- und Nussbäume, sondern

Cantal und Mont Dore zurücksteht, das lockendste

auf den Wiesen und den Saatfeldern sind zahlreich

lange Reihe der Puys bei Clermont. Deswegen sind sie,

Wanderziel für jeden, der nach dem Herzen Frank- Obstbäume und Maulbeerbäume verteilt, die derartig reichs sich auf den Weg macht, um in dem Bilde die freie Umsicht beschränken und das Einzelbild der Landschaft die Geschichte ihrer ereignisreichen Vergangenheit zu lesen .

beleben , dass man sich an die Lombardei erinnert Es ist ein herzerfreuender Anblick , von fühlt . einer Höhe dieses reiche schöne Land mit seinen sauberen, freundlichen Orten zu überschauen. Die

Der zweckmässigste Ausgangspunkt bei dem Besuch der Auvergne ist für jeden, der von Norden oder Osten kommt, ihre alte Hauptstadt Clermont. Perle in diesem lieblichen Thalring bleibt immer Sie hat sich in dem mildesten , fruchtbarsten Teile Clermont. Es liegt nicht in der Mitte des Thales, des Landes erhoben, in der Limagne. Das ist das

sondern in einer Bucht des westlichen Thalrandes

geräumigste der Becken, zu denen das Thal des Allier sich erweitert, etwa 8 Meilen lang und halb

auf einem sanft ansteigenden Hügel , dessen Spitze die gotische Kathedrale krönt . Die engen, krummen auf- und niedersteigenden Strassen, denen der dunkle,

so breit .

Zur Oligocänzeit bestand hier ein Seebecken . Ueber 200 m mächtig waren die Kalk steinschichten, die sich auf seinem Grunde anhäuften. Der Allier und seine Zuflüsse haben diese wenig

widerstandsfähige Gesteinsmasse grossenteils wieder Nur wo sich feste Lavadecken darüber gebreitet hatten , blieb sie erhalten, in steilwandigen

zerstört.

Tafelbergen oder in schlanken Kegeln , von deren Höhe die Burgen des Mittelalters beherrschend die

einem alten Lavastrome entnommene Baustein ein

besonders düsteres Aussehen gibt , bergen manches alte Bauwerk , kein schöneres als die romanische Kirche Notre Dame du Port. Sie war schon Zeuge der Ent

scheidung über den Beginn der Kreuzzüge. In noch ältere Vorzeit führt zurück ein Gang in das Museum . Seine archäologische Abteilung birgt die reiche Ausbeute der Funde der älteren

zu ihren Füssen ausgebreitete Thallandschaft über- stadt Gergovia , die kaum eine sahen. Die geringe Meereshöhe - nur etwa 350 Clermont die platte Oberfläche Meter hoch liegt hier das Bett des Allier – und | Tafelberges deckte. In seiner der schützende Rahmen der Granitplatte, in der dieses digung gegen Caesar leuchtete ganze Becken eingelassen ist, bedingen das freund- zum letzten Mal die Hoffnung

Arvernerhaupt

Meile südlich von eines steilwandigen siegreichen Vertei den alten Galliern auf die Bewahrung

liche Klima, und dieses, im Verein mit der Ergiebigkeit des Bodens, die überschwängliche Frucht-

der Freiheit auf. Um jede Erinnerung daran aus zulöschen, erzwangen die Römer die Räumung der

barkeit der Limagne.

alten Stadtlage, die Uebersiedlung der Bevölkerung

Mit Begeisterung schildert

sie im 5. Jahrhundert der Bischof Sidonius Apolli- nach Nemetum , dem heutigen Clermont, das nachher naris : »Wie anmutig ist dieses Land, dieses gefahrlose trotz vieler Wechselfälle des Schicksals die Haupt Meer wogender Aehrenfelder; des Wanderers Er- stadt der Auvergne geblieben ist. Es ist eine rege götzen, des Landmanns Schatz , des Jägers Lust. Stadt von 48000 Einwohnern ; 5000 davon wohnen Und darum legt sich der Gürtel der Berge mit in dem nahen Montferrand, einer stillen altersgrauen

Triften auf den Höhen und Weingärten am Hang, Stadt , die seit Ludwig XIII. mit der grössern mit Dörfern auf dem Erdreich und Schlössern auf nacktem Fels, mit dichten Hainen und offenem Ackerland, mit Quellen in sanften Thalmulden und Flüssen zwischen jähen Ufern . Das alles ist der Art, dass dem Fremden , der es einmal erblickt, darüber leicht die Sehnsucht nach der Heimat ver-

geht.“ Dieses Lob der Limagne ist wohl berechtigt, heute vielleicht in noch

erhöhtem

Grade.

Denn

die edelste Kulturart, der Weinbau, hat im Laufe der Jahrhunderte an Raum gewonnen . Er deckt

Schwester zu einem Gemeinwesen Clermont-Ferrand verbunden ist. Mit einer neuern Vorstadt streckt sich Clermont westwärts aus gegen die Berge, die lockend in seine Strassen und Plätze hineinschauen . Geschlossene städtische Häuserreihen begleiten die Gleise der elektrischen Bahn, welche durch den

Vorort Chamalières hinaus führt nach den Bädern von Royat. Mit Einverleibung all dieser Vororte bildet Clermont ein Bevölkerungscentrum von ctwa 53000 Seelen , weitaus das ansehnlichste des cen

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .

41

tralen Frankreichs. Auch die ganze Umgebung ist von seinem nördlichen Nachbar, dem Petit Puy de dicht bevölkert . Die Limagne, mit Ausschluss der Dôme ging zweifellos der Lavastrom aus, den Hauptstadt, zählt 107 Bewohner auf i qkm , die wir von Royat aufwärts , auch unter der Wald unmittelbare Nachbarschaft Clermonts etwa 130. decke, immer wieder erkannt hatten . Durch die

Mehr noch als das muntere Leben in dem Brenn-

Verwitterung schon etwas zerstückelt , lässt er sich

punkte dieser gesegneten Landschaft mutet den doch in unverkennbarer Richtung verfolgen. Die fremden Besucher der lebhafte Eindruck an , dass Hochfläche machte einen entschieden trübseligen Clermont wirklich ein Sitz selbständigen geistigen Eindruck. Im Gegensatz zur Limagne war der Lebens

ist .

Die Summe der wissenschaftlichen

Leistungen, die auf ihrem die Arbeit , welche in

Boden erwuchsen , und

den schönen naturwissen-

schaftlichen und archäologischen Sammlungen eine bleibende Frucht

Klimawechsel schärfer, als ihn der Höhenunterschied

allein rechtfertigen konnte. Weizen gibt es hier oben schon nicht mehr. Auch der Roggen stand nicht erfreulich . Eben erst

es war am 21. August

stellen die wett-

begann die Ernte. Ein beträchtlicher Teil des

eifernden Bestrebungen weit volkreicherer Städte in

Landes liegt brach . Unland der schlimmsten Art sind die von dem Pflanzenwuchs noch nicht be

hinterliessen ,

den Schatten . Zu diesen Vorzügen gesellt sich auch eine gewisse Behaglichkeit des Lebens. Dennoch litt es uns nicht lange in Clermont. Schon auf der schönen Fahrt, die von Lyon aus Herrn Dr. Peucker und mich dahin versetzte , hatte

sich uns die lange Kette der Puys enthüllt, und so

unsicher die Witterungsaussichten waren ,

umso

dringender schien es geboten, keinen erträglichen Tag ungenutzt zu lassen . Wohl sah man am

zwungenen Lavafelder : die sogenannten Cheires, die in abschreckender Dürre mit ihrer natürlichen

dunklen Felsfarbe dem Auge entgegenstarren , wie wohl die Spende atmosphärischer Feuchtigkeit hier in der Nähe des Atlantischen Ozeans keineswegs kärglich ausfällt. Ihre poröse Oberfläche erleidet keine namhafte äussere Einwirkung durch Regen , denn sie verschluckt das Wasser und lässt es ver

ersten Morgen in Clermont den Puy de Dôme gar

borgen auf der Granitsohle abfliessen .

nicht; den Anblick des Fusses entzog uns uns der Sockel des Plateaus, auf welchem er sich, weit rück-

Rändern und namentlich an dem Ende des Lava stromes brechen oft kühle klare Quellen mit über

wärts vom Rande, erhebt ; den Gipfel bargen Wolken .

raschender Kraft hervor.

Dennoch ward der Puy de Dôme aufdieTagesordnung gesetzt. Die elektrische Eisenbahn führte uns hinaus nach dem entzückend gelegenen, aber nur mässig

spärlichen Siedelungen . An einer solchen Quelle, Font de l'arbre, führte unsere Strasse vorüber. Sie spendete uns noch einen Trunk vor der weiteren ,

besuchten Badeorte Royat. Kaum hatten wir den Wagen verlassen , so standen wir am Ende des ersten Lavastromes. Ihn hat der muntere Thalbach, um den sich die Häuser von Royat anmutig an stei-

etwas durstigen Wanderung.

der Lava fortfloss, hervor und schafft einen unver-

Um sie scharen sich die

Wir fassten den Puy de Dôme nicht, wie es

gewöhnlich geschieht, mit südlicher Umgehung von der Rückseite, sondern stiegen geradezu an seiner

len Berglehnen verteilen, in seiner ganzen Mächtig- steilen Ostfront empor. keit (21 m ) durchschnitten . Am hohen rechten Ufer öffnet sich zu Füssen einer kastellartigen romanischen Kirche eine Grotte. Mit sieben Strängen bricht in ihr die Fülle des Quellwassers, das unter

An den

Die

ärmlichen Buchen ,

die locker verstreut seinen Fuss bekleiden, nehmen bald ein Ende .

Heidekraut war die vorwaltende

Pflanze der steilen Lehne, an der wir aufwärts klommen . Das wurde leichter, als wir den vom Norden heraufkommenden Weg erreichten , der in

dient schönen Sammelplatz für die Wäscherinnen schraubenartiger Windung die oberste Spitze um des Ortes. Ohne bei diesem Heiligtum der Nymphen zieht. Schneller, als wir gehofft, standen wir vor von Royat zu verweilen, wanderten wir in dem Thale aufwärts , dessen ganzer Hintergrund erfüllt war

vom

frischesten

Baumwuchs.

Namentlich

die Kastanie , welche den Kalkboden der Limagne meidet,

entfaltet

das den Scheitel des Berges krönt. ( Fortsetzung folgt.)

hier wundervoll ihre Kronen .

Erst in unmittelbarer Nähe des Plateaurandes, in 800 m Höhe, begann ein Gürtel Nadelwaldes. Er war nur schmal.

dem bescheidenen Gipfelwirtshause und bald vor dem Turme des meteorologischen Observatoriums,

Denn sowie man hinter Fontanet

die Oberfläche des Granitplateaus erreicht, überblickt man sie frei; nur spärlich stehen kleine Baum-

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam ). ( Schluss.)

Hendrik P. N. Muller versichert allerdings dass gruppen auf ihr verteilt. ein grosser Teil der Kattune in Twenthe (Holland) In voller Grösse erhob sich vor uns, noch angefertigt wird. Oestlich von Isangila kommt 3 km entfernt, der Gipfel des Puy de Dôme, ein man mit schlechten Zeugen, besonders Malenzu stattlicher Berg, der mit steiler, allseitig zwischen d . h . bunt bedruckten roten und blauen 35 ° und 38 ° bleibender Böschung auf seinem Granit- Taschentüchern --- am weitesten (Baumann ). Bei fundamente emporstrebt. Eben lüftete er seinen den Manjuëma ist Kattun ebenso sehr beliebt, so

Wolkenhut. Nicht von ihm , sondern augenscheinlich ' dass die unlängst von Stanley

mitgenommenen

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.

42

27262 Yards hier guten Absatz hatten. Oberhalb wo eine Mischbevölkerung

des Aequators ,

von

Bajansi und Inlandstämmen die Congo -Ufer bewohnt,

Das Salzbecken von Taudeni liegt 12 m

wurden. unter dem

Boden und besteht aus dicken Schichten .

Die grossen Salzklumpen werden in dünne Platten

viele

gesägt , nachher verpackt und versandt. Taudeni hat

Tauschwaren zu haben, und in Süd -Mupé konnte Stanley auf seiner jüngsten Reise quer durch Afrika

zu verdanken . Dort kommen die Karawanenstrassen

für blaue

sind

und rote Stoffe

ebenfalls

für bunte Taschentücher Lebensmittel bekommen.

Bei den Bangala hat europäisches Zeug auch noch hohen Wert, doch schon zu Ikenungu zieht man kleine weisse Perlen diesem vor, und oberhalb des

Stanley -Pools wird es überhaupt nicht mehr ge-

diesen Salzgruben hauptsächlich seine Wohlfahrt von Tafilelt, Mogador, Wadi Draa und Tuat im Süden Marokkos und Algeriens mit jenen von Tri polis und Rhadames zusammen . Von Taudeni, das mit vollkommenstem Recht ein grosser Stapelplatz genannt werden darf, wird das Salz nach Timbuktu ,

Auf dem be

nommen. Auch bei den Eingebornen an den Stan-

Djenne und weiter transportiert.

ley - Fällen wird europäisches Zeug verschmäht, in der

rühmten Markte Timbuktus bildet es einen Haupt

Umgegend des Viktoria-Nyanza wird es jedoch noch, eben nach Stanley wieder, gern genommen. Tippo

artikel und seit uralten Zeiten eines der Tausch mittel längs der beiden Ufer des Nigers. Für eine

Tips Leuten ist Amerikani (starkes weisses Baum-

Eine sonderbare Art Scheidemünze , welche

Platte werden 3000-6000 Kaurimuscheln bezahlt, im Frühling, wenn zahllose Fliegen das Ziehen der Karawanen belästigen, steigt der Preis jedoch hinauf . Bisweilen steigt derselbe ausserordentlich , und zwar

dennoch in Afrika mannigfach vorkommt, sind

dann, wenn Krieg zwischen verschiedenen Stäm

wollzeug), Kaniki (blaues Baumwollzeug ), Satini 11. s. w . recht willkommen .

Salzstücke,

die

ein

Gewicht

112

men das Reisen unmöglich macht. Zu den besuch

Pfund haben . Dieselben sind, obgleich Rohlfs das Gegenteil behauptet, verschieden von Form ; meistens sind sie ungefähr 3 dcm lang und 5 cm dick mit

testen salzreichen Orten der Sahara gehören die Gruben in Bilma, der südlichsten Provinz der

von

genau

ausgedehnten Oase Kauar ; die Hauptstadt Garu,

nach den beiden Enden etwas abgeflachter Form .

zugleich Residenz des Sultans, ist der Nähe der

Die nordafrikanische Wüste, von der Natur in

Salzlager wegen der Versammlungsort der grossen Karawanen , welche durch die Sahara ziehen und die Richtung von Tripolis und Murzuk zum Tsade- See

mancher Hinsicht stiefmütterlich behandelt, erfreut

sich dennoch einer Gabe , um welche sie die um-

liegenden Gegenden vielfach beneiden . Das Salz, einhalten. 7-10 m unter dem Boden findet man das die Sahara liefert, ist eines der wichtigsten in Bilma mit Wasser gefüllte Höhlen ; jenes Wasser

Produkte, mit welchen nach dem Sudán gehandelt hat einen sehr starken Salzgehalt, und bei Verdun wird, weil letzteres Land davon zwar nicht gänzlich stung bilden sich Krusten von der Dicke eines De entblösst ist, aber doch nicht genug erzeugt, um den Bedürfnissen seiner Bewohner zu genügen . ") Die am meisten östlich gelegenen Salzlager der Sahara sind diejenigen von Sebcha, einer ziemlich ausgedehnten Landschaft in Adrar, welche sechs Tagereisen von der Hauptstadt Shingki und acht

schichte des Menschen «.

von Wadai entfernt ist . Das Salz wird dort in Schichten

Steinsalzlagern herausgesägt und, mit Bast umwickelt,

angetroffen , welche nicht tiefer als 1 " , m unter der Oberfläche liegen ; ihre Dicke ist höchstens

amharischen Sprache den Namen Amole und be

8 cm .

Graue oder rote Lelmschichten wechseln

init denselben ab .

Unten ist das Salz gelb gefärbt

cimeters.

So berichtet v. Hellwald in seiner » Naturge

Rohlfs bringt noch an

dere interessante Mitteilungen.

In der bekannten

Ebene Taltal , östlich von der abessinischen Provinz Enderta, werden Salzstücke aus den dort befindlichen

auf den Markt gebracht. Dieselben führen in der zeichnen ganz bestimmte Werte, die sich aber je nach der Agiotage, sowie nach der Entfernung von

und für den Gebrauch geeignet, oben ist es dagegen

der ursprünglichen Fundstätte, sehr verschieden ge

unrein .

stalten .

Das Mineral wird hier in Stücke von i m

In Taltal selbst bekommt man z. B. für

Länge und 25 cm Breite geschnitten ; ein solches

einen Thaler 80-100 Amole, also eine reichliche

Stück ist die Einheitsmünze ; der siebente Teil des

Maultierladung, in Sokota 60-80 Stück , in Gondar

Gewinns kommt den Salzgräbern zu . Drei oder vier Salzplatten haben den mittlern Wert einer

in der Regel 20-30 , in Debra Tabor nur noch 15—20, und ganz im Süden , in Fadasi und Basi,

Drachme Gold , in Tisjit bezahlt man jedoch für

gibt es nur noch 4 Amole für einen Thaler, wie

El Djuf,

Matteuci erfahren hat. In Adua, der Hauptstadt von Tigre, konnte Rohlfs 48 Ainole für einen

einzelne 1-21

Drachmen .

Auch in

d. h . Körper der Wüste , in der westlichen . Sahara , gibt es wahrscheinlich mächtige Salzlager benachbarten Taudeni ausgedehnte Salz-

Thaler kaufen . Wünscht man einem grossen Markte

*) Ein genaues Verzeichnis der Salzgruben in der Sahara

beizuwohnen , so bietet Sokota dazu die beste Ge legenheit. Selbst an kleinen Markttagen sieht man dort grosse Züge von Pferden , Maultieren und Eseln anlangen und bald darauf schon bepackt wieder

findet man in : De Crozals, Le commerce du sel du Sahara au

abziehen . Man belädt sie, indem man die Amole über

Soudan Revue de Géographie, Paris, 1886, Bd. IX , S. 241 1. 326 ,

ihren Rücken wölbt, mit 2-3 Lagen über einander.

und im

gruben, welche schon im Jalıre 1596 von Negern , die im Dienste der Mauren standen, ausgebeutet

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .

43

Regnet es, dann pflegt man eine oder zwei ge- , stratiotes) gewonnen . Diese Pflanze wird erst an der trocknete Häute oder sonstige , das Wasser nicht Sonne getrocknet und dann verbrannt ; man sammeit leicht durchlassende Stoffe darüber zu legen . Aber alsdann die Asche in durchlöcherten Töpfen und wehe, wenn ein Lasttier während eines Flussdurch- giesst Wasser darauf. Das durchtröpfelnde Wasser gangs zu Fall kommt und die Ladung nass wird

gar auseinandergeht. Dann ist wenig mehr zu retten, jedenfalls tritt durch das Schmelzen eine oder

ist mit Salz gesättigt und hinterlässt beim Verdunsten die Salzkrystalle (Woermann ). Auch am Albert Nyanza begegnete Stanley auf seinem jüngsten

Gewichtsverminderung ein (Rohlfs). Geht der Zug Entsatzzuge solchen Salzmachern, die ihr Produkt jedoch ohne Missgeschick von statten , so wird die

für Waren verkauften.

Karawane in ihrem Herkunftsort mit Freude begrüsst. Dann herrscht überall Munterkeit, und dann wechselt der Tauschhandel mit Musik und Tanz. Wie wertvoll Salz im Innern Afrikas sein muss ,

Nachtigal schreibt, dass bei den Bideya im Sudân alle Verkehrsgegenstände nach einem be

sagt Karl Woermann , kann man schon daraus entnehmen, dass dieser Artikel , der sehr viel von Deutsch-

stimmten Maasse Salz taxiert werden , und Robert Flegel berichtet, dass kleine 9 cm hohe und 7 cm breite Körbchen ") voll Salz als die geringste Wert Einheit auf dem Markt von Kororofa gelten . Auch im

land aus (Steinsalz von Stassfurt) nach der West- i Ogowe -Gebiete soll das der Fall sein. küste geschickt wird, am Produktionsorte etwa 30 Man glaube nicht, dass von uns jetzt schon bis 35

Pfennige der Centner kostet, und an der Küste

alle Sachen aufgezählt seien , welche im afrikanischen

West-Afrikas durch die hohen Transportkosten be- Weltteil als Scheidemünze oder Einheitsmünze An reits etwa den zehnfachen Wert in unserem Gelde wendung finden. Bis jetzt schwiegen wir ja noch repräsentiert. Durch den Transport von der Küste bis ins Innre, sei es vermittelst Kanoes oder vermittelst von einzelnen Leuten getragener, etwa 25 kg enthaltender Körbe, wird das Salz natürlich weiter im Innern noch sehr verteuert. Die höchsten Preise

vom groben Papier, das bei den Mohammedanern des Sudâns und bei den Portugiesen von West Afrika als Kleingeld angenommen wird ( Nachtigal), falls es mit drei Erdkugeln und mit der Unterschrift tre

lune« als Wasserzeichen versehen ist . Auch

werden jedoch gerne bezahlt, denn in jenen Gegen-

brachten wir noch nicht die Tabakblätter zur Sprache,

den , in denen das Salz selten ist , gehört dieses Gewürz zu den grössten Leckerbissen . Die Neger

die besonders an der Westküste die bequemste und

zwischen Gambia und Niger saugten früher an Salzstückchen mit gleicher Begier, wie unsre Kinder

und von den Jyugo gleichfalls als Zahlungsmittel genommen werden (Stanley). Ebensowenig erwähnten wir das Gummi, das am Senegal eine gleiche Rolle spielt wie das Elfenbein , welches in Kuka , Udjiji und manchen Orten Central-Afrikas den ganzen Markt beherrscht. Aber auch damit ist der Reich

an Süssigkeiten .

Von reichen Leuten sagte man

dort, sie essen Salz zur Mahlzeit ') . Unter solchen Umständen liegt es auf der Hand, dass die Neger, wenn es auf Salzgewinn ankommt,

gangbarste Scheidemünze darstellen (K.Woermann )

ausnahmsweise den ihnen angeborenen Bequemlich- tum an Ersatzmitteln des Geldes noch gar nicht er keitssinn verleugnet und die Hand ans Werk ge- schöpft. Bedauernswert ist es, dass im afrikanischen legt haben.

So gewinnt man an der Westküste | Tauschverkehr auch noch immer der Sklave eine

zwischen Kinsembo und Ambrizette und in den Stelle, sogar eine wichtige ?) vertritt, und dass so sumpfigen , in der Nähe des Meeres belegenen

wenig Aussicht da ist , dass dieser Zustand binnen

Gegenden Benguelas, die geschätzte Spezerei, indem Frauen und Kinder im Mud durch Erdwälle sich ge-

kurzem der Vergangenheit angehören werde. Kommt man in die Gegend der sogenannten oil rivers

wissermaassen kleine Pfannen machen, in denen das 1 (Benin , Bonny, Old- und Neu -Calebar und Kamerun ), hineingelassene Seewasser an der Sonne verdunstet. In

so wird man erfahren , dass hier gemeinhin alles

Uvinza, in der Nähe des Tanganjika-Sees, ist der Boden auf Kroo, d . h . auf ein gewisses Quantum Palm sehr salzhaltig, und es wird, so erzählt Cameron, öl, das für jeden Ort verschieden ist, reduziert wird . durch Filtration der salzhaltigen Erde in Trögen mit durchlöchertem Boden Salz gewonnen. Dieses

In Salaga nördlich von Aschanti sind neben Gold staub und Kauris noch Goro- oder Kola -Nüsse (die

Salz ist besonders schön, und der ganze Distrikt,

Frucht der Sterculia acuminata ), welche wild

vom Viktoria -Nyanza bis weit südlich vom Tanganjika-See, soll mit Uvinza-Salz versorgt werden .

in den Wäldern von Aschanti wachsen und von den

In Udjiji wird Salz aus einer Sumpfpflanze (Pistia 1) Mungo Park, Reisen ins Innere Afrikas , Berlin 1799 . S. 250. Vgl . auch Oskar Peschels Völkerkunde, in meiner holländischen Bearbeitung (Gorinchem , 1886 ), S. 141. Vielleicht

Mohammedanern am Niger fast als heilige Frucht betrachtet und stark begehrt werden, als Zahlungs mittel gültig. Eine Last solcher Goronüsse (cirka 60 Pfund) gilt in Salaga etwa 15000 Kauris, und 1) Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Ham

ist es einigen unserer Leser auch nicht bekannt, dass bei den Römern die Provinzialbewohner den Prokonsuln und Proprätoren eine gewisse Menge Salz zu liefern hatten ; nachher verstand man unter dem Worte Salarium jede Steuer, welche die Provinzen der Obrigkeit schuldeten , und so bekam das Wort schliesslich

Autoren , auch in meinem Aufsatz über den Sklavenhandel in

die gleiche Bedeutung wie die unseres heutigen Salärs.

Afrika (De Tijdspiegel, 1889) .

burg, 1878-1879 , Tafel VIII . 2) Beispiele findet man bei Hellwald -Harting, S. 77 und 164 , Andree, S. 28 , Staudinger und bei manchen anderen

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .

44

man kann dort für 3 bis 4 Last jener Nüsse, welche in Aschanti unschwer zu sammeln sind,

Laufes des Congo, von Banana bis Stanley -Falls, eine allgemein gültige Scheidemünze einzuführen ;

schon einen Sklaven kaufen (Hertz). Die Nüsse ähneln in reifem Zustande einer länglichen Rosskastanie, haben eine braunrote Haut und einen festen

doch zugleich wird es keinem rätselhaft erscheinen , dass dabei der Erfolg bisher noch nicht gross sein konnte. Nur eine Einrichtung erfreut sich der Zu

rosaroten oder weissen zwei- bis dreiteiligen Kern . Man kaut sie, nachdem man sie in Stücke geschnitten

stimmung bei den Negern überall da , wo sie schon seit längerer Zeit mit den Beamten des Freistaates

hat, wobei sich denn bald ein äusserst bitterer, dem

verkehren. Es sind dies die sogenannten »Mokan

Chinin ähnlicher Geschmack entwickelt, der sich

das « , d . h . Wechsel über eine bestimmte Summe,

jedoch allmählich verringert und einem süsslichen

zahlbar natürlich in der laufenden und gerade ge

Nachgeschmack weicht, den die Völker des Sudâns

bräuchlichen

Scheidemünze des Distrikts .

Es ist

sehr lieben ; ein Aufguss liefert ein ziemlich gutes i dies überaus bequem auf den Reisen am Congo, Ersatzmittel für Kaffee ! ) und Thee. In den HaussaStaaten und in Bornu ist man der Nuss so sehr ergeben , dass man sich seiner teuersten Besitzungen

dass man , anstatt seinen Proviant mit Waren zu

entäussert, sobald der Preis stark steigt , was bisweilen

Neger kommt dann bei Gelegenheit zur Station ,

zahlen , einfach ein Stück Papier, auf die Höhe des Betrages lautend, mit seinem Namen zeichnet. Der

bei Misswachs oder kriegerischen Verwicklungen

und der Wechsel wird eingelöst.

vorkommt, damit man doch den Kola- Saſt nur

ist die Zeit nicht mehr allzufern , wo diese Wechsel

Wahrscheinlich

nicht entbehre (Nachtigal). Schweinfurth erfuhr auch als Geldwert unter den Negern übertragbar vom König Munsa, dass die Kolanuss im Land der Monbuttu wild vorkomme, und dass es dort Ge wohnheit sei , solche Nüsse während des Rauchens

zu kauen ?) . Als der niederländische Afrika -Reisende van

werden (Nipperdey) . Wie ausserordentlich wichtig es ist, sich bei den Vorbereitungen für eine Reise in diesen oder jenen Teil Afrikas über die dort umlaufenden Tausch

mittel zu unterrichten , wird jedermann einsehen .

der Kellen in der Umgegend von Gambos war, fiel | Ja, es kommt uns vor, als ob diese Angelegenheit von

es ihm auf , dass Geld hier fast vollkommen fehle , | manchen Forschungsreisenden nicht gehörig beachtet Professor

worden sei , wodurch viele mit Not und Mangel in

P. J. Veth fügt in einer Fussnote bei , dass solches

den afrikanischen Wildnissen zu kämpfen hatten ,

und dass dafür mit Vieh bezahlt wurde.

bei primitiven gesellschaftlichen Zuständen vielfach und dem hätte vorgebeugt werden können , wenn vorkommt, und dass von pecus, d . h . Vieh, denn auch

das Geheimnis des Wesens der Tauschmittel, von

die lateinischen Wörter peculium , d. h. Eigentum ,

dem wir nur einen Teil erläutert haben, vor dem

und pecunia , d . h . Geld, abgeleitet sind"). Die

Anfang der Reise soviel wie nur möglich zu er

Eingebornen Angra Pequenas vertauschen ihr Vieh gründen versucht worden wäre.

Oskar Lenz er

gegen europäische Produktet); mit Besorgnis darf | fuhr bei seiner ersten Okande-Reise, dass er sehr man fragen , worauf das noch hinauslaufen wird. viel Mühe hatte , die von ihm mitgenommenen Bei den Baggara-Arabern am oberen Nil und bei kleinen weissen Glasperlen loszuwerden , und dass er

den Kaffern sind nach Andree Kuh und Ochse die allgemein getadelt wurde, dass er diese, nach Okande Stellvertreter unseres Geldes . Ueberhaupt hat das Begriffen unschönen Schmuckgegenständemitgebracht Vieh als Wertmesser wichtigen Einfluss auf die ganze Geschichte Südafrikas geübt, wie besonders Hendrik P. N. Muller in seiner Arbeit » Zuid -Afrika

hervorhebt. Schliesslich berichtet noch Baumann, dass im Stefanie - Thale in der Nähe Lukungas ge-

wöhnliche Tisch- und Brotmesser als Tauschartikel am beliebtesten sind ; auch in einigen anderen Gegenden ist dies der Fall .

hatte, wahrscheinlich weil diese bei der dunklen Haut der Neger nicht so gut wie rote und tief schwarze kleiden ; auf seinen späteren Reisen sorgte er wohl dafür, ein entsprechendes Warenmagazin mit sich zu führen ). Heinrich Barth entging im eigentlichen Bornu nur dadurch dem Verhungern , dass er sich mit Reis und Mhamsa versehen hatte ; auf dem Markte von Luschiri wollten die Leute

Bei dieser Unmasse von Produkten und Gegen- durchaus keine Kungena nehmen, sondern verlangten ständen, welche in Afrika als Geld Dienste leisten, Gabaga ( Rohlfs). Auch Stanley empfand auf seiner wird sich niemand wundern , dass die Regierung jüngsten Afrikareise, dass den Bwamburi nur Mes des Congo -Freistaates sich bestrebt, längs des ganzen singdraht willkommen war und Kauris sowie Glas 1) Nach Liebig enthält die Kolanuss mehr Koffein als die kräftigste Kaffeebohne.

2) Ausführliche Mitteilungen betreffs der Kolanuss findet man in : John E. Hertz , Die Kolanuss ( Mitteilungen der Geogra

phischen Gesellschaft in Hamburg, 1880–81 , S. 115-127 )

perlen in geringem Ansehen standen. Es sollte nicht länger geschehen dürfen , dass ein Stations chef über viele Lasten Glasperlen in einem Lande verfügt, wo dieselben völlig wertlos sind, während ihm die gangbarsten Artikel mangeln *) . Ein nicht genau

und in einem Aufsatze des Prof. Hugo de Vries in » Het Album der Natuur, 1886 .

3) Tijdschrift van het Nederlandsch Aardrijkskundig Ge. nootsch ., Verslagen en aardrijkskund. mededeelingen , 1888 , S.532 . 4) Tijdschrift van het Ned . Aardr. Genootschap, 1884 , S. 589 .

1 ) Dr. Oskar Lenz, Die Handelsverhältnisse im äquatorialen Teile Westafrikas (Deutsche Geographische Blätter, II . Jahrg ., S. 72 .

2) Revue coloniale, Bd. V, S. 233 . 1

Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.

informierter Reisender, sagt Nipperdey , mag mit Ballen von Waren in dem einen Distrikt Hunger

leiden , wohingegen er für dieselben im andern Distrikt alles erstehen kann , was sein Herz begehrt.

45

jetzt auch noch ihre Moralität, kurz alles, was sie

|von

den Tieren trennt, verlieren müssen , damit

der Europäer sich etwas schneller bereichere. Wenn auch unschädlicher, scheint uns doch

Baumanns Worte, dass die Kenntnis der gangbarsten

die Einfuhr von Gewehren nicht in Uebereinstim

Tauschartikel für den europäischen Reisenden in

mung mit den Forderungen der Civilisation, und

Afrika eine wahre Lebensfrage sei , enthalten eine

obendrein setzt man dadurch den Eingebornen noch in die Lage, seinen Gegner mit dessen eigenen Waffen zu bekämpfen . Ein beliebter Gegenstand

gar treffliche Wahrheit. Zwar wollen wir Dr. Nachtigal beistimmen , wenn er sagt , dass es sehr

schwierig sei , die Verbreitungsbezirke der jedesmaligen

sind Gewehre, wie leicht verständlich ist , in allen

Warc im einzelnen zu studieren, weil dieselben in einigen Stunden Entfernung oft gänzlich von ein ander verschieden sind , jedenfalls ist es doch besser,

Gegenden , wo man einmal damit Bekanntschaft ge

sich mit einer Anzahl verschiedener Wertsachen zu versehen , als bloss aufs Geratewohl ins Binnenland

macht hat.

Als Schweinfurth ins Gebiet der Se

riben reiste , war die bei den Gellaba abgesetzte Menge Perkussionsgewehre sehr gross ; gewöhnlich

sind es ordinäre Doppelflinten belgischen Ursprungs Werte von

10–20 Thalern das Stück.

hineinzuziehen .

im

Manche Händler sind auch nach Afrika gegangen mit Gewehren, Munition und Branntwein , weil es

Gabun sind billigere Gewehre zu haben , welche dort von den Europäern importiert werden (Ernst

Am

ihnen nicht unbekannt war, dass sie die Eingebor-

Hartert). Alte Gewehre, sagt Havenga, werden in

nen damit an ihrer schwachen Seite fassten . Heute

bilden jene Artikel denn auch schon wichtige Tausch-

Lüttich für Feuersteine hergerichtet und dann in den Congo -Staat gesandt. Andere Gewehresind den Ein

mittel, welche dem Europäer recht willkommen

gebornen zu teuer, und obendrein ist es für sie oft

sind, ginge auch die afrikanische Rasse dabei zu Grunde. Besonders die Leute, welche täglich eu ropäische Faktoreien besuchen können , wie die

sehr schwierig, die erforderliche Munition zu be kommen , wogegen sie die Feuersteine immer finden

Schwarzen im

wird zum Congo in Barrels von 3 , 4 und 6 engl.

Mündungsgebiete des Congo und

bis gegen Isangila am Nordufer und Congodialemba am Südufer, also die sogenannten Mussimbomas, sind sehr an Branntwein gewöhnt, und mit dem ge wöhnlichen Handelsschnaps wird man bei ihnen auch am billigsten einkaufen (Baumann ). Rum , Gin und Liköre werden

am Gabun in nicht unansehnlichen

und Pulver und Blei erkaufen können . Das Pulver

Pfunden geschickt.

Der Afrikaner hat, wie dies

vielfach auch europäischer Brauch ist , die Gewohnheit, bei allen Vorkommnissen, sowohl bei Betrübnis als bei Freude, Gewehre abzufeuern . Bei der Beerdi gung eines Kindes brennt man fünf Schüsse los , bei der eines Weibes zehn, und bei der eines Mannes

Mengen für die Landesprodukte umgewechselt (o.zwanzig , und bei der Bestattung eines Häuptlings Lenz). Nipperdey schreibt sogar, dass in der Nähe

ist die Zahl der Salven gar so gross, dass man dafür

der Küste wie in Boma, Kissenge, Ponta da Fehna

manchmal 10-12 Fässchen Pulver braucht. Der Nachteil der Einfuhr von Gewehren macht sich

und Banana Rum münze bilden .

und Gin mitunter die Scheide

Im deutschen Schutzgebiete an der jetzt schon bemerkbar, denn die Eingebornen be

Sklavenküste verkaufen die Negerweiber ihre ölge

dienen sich derselben bei Uneinigkeiten unter ein

füllten , weithergeschleppten Kalebassen für Gewehre,

ander. Van der Kellen war allerdings Augenzeuge

Pulver, Blei und Rum ') . Ohne Gin , sagt der Oberstlieutenant Havenga , kommt am Congo kein einziges Handelsgeschäft zu Stande; eine oder zwei

eines Negergefechts, wobei der Lärm nicht fehlte, und wo doch sehr schlecht geschossen wurde es ist jedoch bloss eine Zeitfrage, dass auch die

Flaschen sind bei jedem Kauf der unausbleibliche Neger geschickte Schützen werden . Eine ganz ver Zusatz. Nach Oskar Baumarn erreicht das Gebiet

nünftige Maassregeldes französischen Gouvernements

des Feuerwassers, » eine der Segnungen der Civili sation « , am Congo schon am Stanley - Pool seine

am Ogowe ist es denn auch gewesen , nur den Verkauf von Steinschlossgewehren an Schwarze zu erlauben und denjenigen von gezogenen Büchsen zu verbieten . Veranlassung dazu gab das sich

östlichste Verbreitungsgrenze, und dasjenige des Schiesspulvers und der Steinschlossgewehre endet bei Ikenungu. Ernst Hartert tadelt diejenigen, welche sich zum Humanitätsapostel berufen achten und die Einfuhr der Spirituosen in Afrika zu wehren ver suchen . Uns scheint es viel mehr, dass einem solchen

Bestreben Lob gebührt, sobald man die Sache wenig

immer drohender gestaltende Auftreten der Fan, die schon kaum eine Tagereise weit von den Woh nungen der Europäer ihre Wohnplätze errichtet haben. Die Boern in Südafrika sorgen gleichfalls

grundsätzlich dafür, dass den Eingebornen kein Ge

stens nicht vom menschenfeindlichen Standpunkt wehr in die Hände kommt, weil diese sonst ihre aus betrachtet, demzufolge die Eingebornen, welche physische Majorität bald zeigen würden. Dieses

ihr Land schon dem fremden Eindringling geopfert, Prinzip liegt der bekannten Sandriver-Konven tion vom 17. Januar 1852 zu Grunde, wo es im 1) Alfred Kirchhoff, Das deutsche Schutzgebiet an der Sklavenküste (Revue colon . intern., Bd . III, S. 28) .

Artikel s heisst: » Beiderseitig ist man übereinge kommen , jeden Handel in Kriegsmaterial mit den

ri ebiet -G .

Das Ussu

46

Eingebornen zu verbieten , sowohl von der britischen

schurei , und besonders auf dem Chingang -Gebirge,

Regierung als von den Boern , diesseit und jenseit

sind die Tiger am zahlreichsten . Es gibt nicht sehr

des Vaal-Flusses.« Dennoch erlaubten die Engländer

weit

von

Wladiwostok

eine

Poststation ,

die

diesen Handel für den Bereich der Diamantfelder, nachdem diese britisch geworden waren , und so

Tigrowa Ortschaften « heisst. Im aufsidussurischen er, »mehrere bezügliche den Tiger Gebiete,wo Namen tragen, wird er dennoch bei weitem nicht

wurde innerhalb fünf Jahren eine Viertel Million Gewehre in Südafrika importiert. General Cunyng-

so gefürchtet, wie in Hindostan .

ham , 1874-1877 Gouverneur der Kap-Kolonie,

zweien , von einem Hunde begleitet und mit einem

scheute sich sogar nicht, rund heraus zu erklären : » Während meiner Verwaltung sind , meine ich, 400000 Gewehre den Eingebornen verkauft worden « ?). Und in der gleichen Zeit herrschte in England die

bewohner dem Tiger in der Wildnis nach , wie der Jäger irgend einem andern Wild ; ja es kommt vor, dass es zu einem unmittelbaren Kampf zwischen

Einzeln oder zu

nicht besondern Gewehre versehen, geht der Land

wegen der der »» Sklaverei«, Sklaverei«, die die i Jäger und Tiger kommt, wie auch der Bär lebhafteste Entrüstung wegen den Negern von Seiten der Boern zu Teil wurde. für kein gefährliches Tier angesehen wird. In etwa zesten Farben geschildert, als ob der Vorwurf der

zehn Jahren dürfte es in dieser Gegend überhaupt keine Tiger mehr geben . Der Tiger weicht vor

Treulosigkeit nicht Albion, sondern den Süd -Afrikanern hätte gemacht werden können .

einer höheren Civilisation nicht zurück , entweicht auch nicht, wie der Löwe, vor dem Menschen

Das Ussuri-Gebiet nach den Forschungen von Elisséjeff.

weiter fort in die Einöde; nein , er kämpft mit dem Menschen ums Dasein , selbst in der Vereinzelung; sein Erscheinen ganz in der Nähe der menschlichen Wohnungen selbst liefert durchaus keinen Beweis

Die » verräterischen « Boern wurden mit den schwar-

Von R. v . Erckert .

für sein zahlreiches Vorkommen .

Das ganze Ussuri-Gebiet, reich an Vierfüsslern und Vögeln der verschiedensten Arten , stellt ein wirkliches Eldorado für den Jäger dar ; daher ist

es verständlich, dass sich fast jeder Einwanderer aus den übrigen Gebieten des russischen Reiches, der von der Regierung mit Gewehr und Patronen ver sehen wird, mehr oder weniger zum Jäger ausbildet , selbst wenn er in seiner Heimat nie ein

Gewehr in der Hand gehabt hat. Dies geht leider oft so weit , dass die Jagdleidenschaft die Haupt-

beschäftigung, den Ackerbau, vergessen macht. Frei

Schneller als die Tiger sind die chinesischen

Räuber, Chunchusen genannt, verschwunden , von denen noch Prshewalski berichtet hat. Die vermehrte russische Kolonisation hat die herumschweifenden

Manse verscheucht, und längs der Grenze selbst chinesische gibt es nur noch -- freilich verdächtige Herumtreiber. Das süd -ussurische Gebiet weist, besonders in

seinen fruchtbarsten Gegenden , zahlreiche Spuren früherer Civilisation auf . Reste und Zeugen einer alten Vergangenheit zeigen sich bis ins Steinzeitalter

lich ist der Jagderlös sehr oft weit einträglicher zurück, freilich eine Periode, die hier nicht besonders Obwohl ebensogut Tiger, alt ist, gleich wie für die benachbarten Orotschonen ,

als die Landwirtschaft.

wie Fasanen und Haselhühner geschossen werden ,

Golden und zum

Teil selbst Mandschuren . Wir

7. Jahrhundert unserer

so besteht doch der Hauptertrag der Jagd im Zobel ,

wissen , dass bereits im

der vorläufig noch am meisten von Chinesen in eigens dazu gebauten grossen Fallen erbeutet wird ,

Zeitrechnung das ganze Ussuri-Gebiet den Chinesen gehörte,, die es von den eingebornen Ilëu erobert hatten , an welche, wie es scheint, die Reste des

im Cervus elaphus oder im roten Hirsch (Axis ma culata ).

Der Tiger, welcher noch vor kurzem der ge fährlichste Feind und Schrecken der Bewohner des

Steinzeitalters erinnern, die Busse, Jankowski, Margarit und Elisséjeff gefunden haben. Im 12. Jahr hundert wurden unter der Dynastie Tschinn alle staatlichen Einrichtungen Chinas eingeführt, die bis

südussurischen Gebietes war, zieht sich immer mehr in die entlegneren Wildnisse zurück . Sein auf

zum 17. Jahrhundert bestanden, als der Einfall der

fallendes Verschwinden ist sowohl die Folge der

Mandschuren alle frühere Civilisation spurlos ver

massenhaften Jagderfolge als der eigentümlichen

wischte. In völliger Zerstörung und Verödung

Erscheinung, dass der Tiger periodisch seinen

blieb das Land bis zum Jahre 1861 , wo es unter russische Herrschaft kam .

Aufenthaltsort ändert.

Im Winter 1888-1889 gab

es sehr viele Tiger, besonders in Daubicheh und in der

benachbarten Wildnis,

Was

Aus den

Resten früherer Kultur ist ausser

die Tigerfänger Steingeräten, Thonscherben, Knochengeräten her

mit dessen Uebersiedlung vom Chingan erklärten . In anderen Gegenden verschwindet der Tiger öfter,

vorzuheben, dass die Zeichnungen derselben an arktische Kultur erinnern , wie sie im nördlichen

um

Skandinavien und Russland gefunden worden sind.

dann in vermehrter Zahl zurückzukehren , ja

oft trifft man seine Pfade ganz in der Nähe be-

Besonders interessant dürften thönere runde Stückchen

wohnter Ortschaften .

sein, welche von vielen zur Beschwerung dienend

In der chinesischen Mand

gehalten werden , die aber v . Polakoff für die Auf ) Hendrik P. N. Muller, In het Zuidwesten der Transvaal

Eigen Haard, 1858 , S. 20 des Separat-Abzugs

wicklung von Fäden bestimmt erachtet;

damit

Geographische Mitteilungen.

47

stimmt auch überein, dass man dergleichen auch

aussen hin bis vor kurzem gesetzlich versperrt, und

bei Troja und in Ilion selbst gefunden hat. Auch gab

so kommt es, dass die chinesischen Auszügler nach

es an einem Orte neben Feuersteinen, die an Stein-

den Grenzen des Reiches

ihre Weiber aus den

messer erinnern , den Typus von St. Achell. dortigen Eingeborenen oder aus der Nachbarschaft Zu den deutlichen Spuren des Steinzeitalters nahmen . Das Wort »Mansa « ist eine populäre müssen auch die Gruben gerechnet werden, die Bezeichnung für chinesische Einwanderer, welches den damaligen Bewohnern als Wohnstätten dienten , von den Mongolen und Mandschuren gebraucht sowie einige Höhlenwohnungen bei der Station wird . Lorenz. Die Erdlöcher finden sich im Lande zahlDie Durchschnittsgrösse der Gemessenen be

trug 1620 cm ; der Längen -Breiten -Index des Kopfes Flusse Lefu, und noch zahlreicher im Nord Ussuri- 82,2, der Gesichtsindex 75,3 . reicher als die eigentlichen Höhlen, besonders am

Am Flusse Ossinowka Die Koreaner wiesen entsprechend diesen An iegen die Erdlöcher in Erdlöcher regelmässigen Reihen ; gaben 1612, 82,3 und 76,1 auf. jedes hat eine konische Form und ist 2-4 m tief; Gebiet und auf Sachalin .

dabei sind sie nur 2-3 m von einander entfernt. In einer Grube waren die Seitenflächen mit Steinen

Geographische Mitteilungen. (Ein wichtiges Dokument zur Geschichte

ausgelegt . Der Boden war glatt. Das Volk der Ilëu soll als in Erdlöchern wohnend gegolten , und die Tiefe der Behausung in Beziehung zum Ansehen des Bewohners gestanden haben .

teils in den Händen französischer Seefahrer, und man

Das Bronze-Zeitalter scheint nicht vorhanden gewesen zu sein , da sich gar keine Spuren davon

ethnographisch bedeutsames Material in grösserer Menge

vorfinden ; erklärlich scheint dies ,

da das Volk

noch zur Zeit des Steinzeitalters von einem Kultur-

volk unterworfen wurde. Im Thale des Lefu finden sich Eisen - Geräte ; hier ist wohl ein dauernder Zusammenstoss

von

Nomaden

und

ansässigen

Stämmen erfolgt. Einflusse einer

Unter dem

höheren Kultur

Die Erforschung der Südsee lag in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts grossen

der Ethnologie.)

durfte erwarten , dass von ihren Expeditionen auch mitgebracht worden sei .

Allein trotzdem

vermochte

E. T. Hamy, der sich die Zusammenstellung und Sich tung eben dieses Materials zur besonderen Aufgabe gestellt hatte , nur ziemlich wenig im

Marine -Depot,

sowie im Naturhistorischen Museum wirklich aufzufinden. Einige undFahrt Schädel des Museumszurückführen von Havre, liessen Waffen sich auf die von Labillardiere , und auch von den Sammlungen der beiden Entdeckungs schiffe » Géographe« und » Naturaliste « fanden sich in

nahmen gewiss die Bewohner des Ussuri-Gebietes

Paris etliche Stücke vor.

vielfach sesshaftes Leben an , dessen Sitz vorzugs-

sich auf einem dicser Schiffe cin gewisser Petit als Zeichner befunden und auch wirklich eine sehr grosse Zahl von Aufnahmen nach der Natur gemacht hatte,

weise in den Thälern Ssejfun, Lefu, Daubicheh und Ulacheh lag . Hier wurden infolge chinesischer Kultur Städte und Befestigungen angel gt , von Wällen verschiedener Höhe umgeben und mit vor springenden Teilen versehen , um zur Flanken -Ver teidigung zu dienen. Thore und Gräben wurden besonders gut befestigt. Vor dem eigentlichen Wall lag ein kleiner Graben mit Brustwehr davor, um den Hauptgraben wirksamer zu verteidigen. Einige solcher kleinen Befestigungen finden sich in Trümmern im

Thale des Ulacheh , das in

alter Zeit wahrscheinlich dicht bevölkert war, gegen

wärtig aber nur von einigen Fan und Chinesen bewohnt wird .

Im

Thale des Ssutschan und Lefu

Nun wusste man aber , dass

denn am 16. Mai 1804 war eben dieser Petit dem Pro

fessorenkollegium vorgestellt worden und hatte , laut Protokoll, eine Mappe mit Skizzen von Bewohnern der Insel Timor , Neuhollands und des Kaps der Guten

Hofinung der Versammlung vorgelegt, worauf die An nahme des Geschenks ausgesprochen und für dessen Aufbewahrung Sorge getragen wurde. Wie es kam , dass die Mappe gleichwohl dem Museum wieder ent fremdet wurde, das lässt sich heute nicht mehr fest stellen. Jedenfalls fand Hamy die Papiere nicht mehr

an dem Orte auf, an dem sie sich befinden sollten, und begann nun eine förmliche Jagd nach denselben , die nach mehrfachen Misserfolgen endlich zur Auffindung

des Vermissten führte . Lennier , der Vorstand des finden sich ähnliche , zum Teil ausgedehntere naturgeschich tlichen Museums in Havre, hatte die aus Trümmer .

Aber auch Spuren früherer Wegstrassen finden

dem Nachlasse Lesueurs, des wissenschaftlichen Be gleiters des » Géographe«, verschleuderten Sachen bei

sich , welche die Ortschaften unter einander ver-

einem

banden , ja sogar Gebietsbezirke, welche durch Fluss-

Summe erworben .

läufe nicht getrennt waren .

übergeben, die fast ausschliesslich von Petit, zu gerin

Aus der geringen Ausbeute an anthropologischem

Bücherhändler entdeckt und für eine kleine

Hamy wurden 163 Darstellungen

gem Teile auch von Lesueur und Milbert herrühren und

verschiedenst Sepia Feder,Volks mit Bleistift, en Weise, sind. Material ist hervorzuheben , dass von Herrn Elissėjeff inundderWasserfarben Sie stellen , ausgeführt

nur 13 lebende männliche Einwohner gemessen wurden . Obwohl die Mansen, oder richtiger ge schrieben Manzs'en, Auswanderer aus China und nicht aus der Mandschurei sind, so ist ihr Blut doch meist nicht rein chinesisch . Dem chinesischen

Weibe war die Grenze des eigentlichen China nach

typen und auch andere merkwürdige Gegenstände, Waffen , Geräte und Wohnungen, dar. Australien wieg bedeutend vor, und zwar hat sich der Zeichner mit Vor liebe Tasmanien zum Objekte auserwählt ; da seitdem die Australneger von dieser Insel vollkommen ver schwunden sind, so muss es grosses Interesse gewähren ,

Litteratur.

zwischen ihnen und den Bewohnern des Festlandes Ver- | gangsepochen mit der Erfahrung nicht so gut über gleiche anstellen zu können, da Petits Skizzen , die von

einstimmten, als dies ohne Berücksichtigung des frag

Hamy im Einzelnen beschrieben werden , sehr naturgetreu gewesen zu sein scheinen . [L’Anthropologie, 1891.

lichen Gliedes der Fall war.

Vol. II. S. 601 ff. ]

Daraus muss man also

schliessen, dass die verzögernde Wirkung der Flutwelle sich völlig kompensiert mit der beschleunigenden Wir kung , welche aus der progressiven Abkühlung und Volumverminderung des Erdkörpers resultiert : der Stern

(ten Kates Reise in der Sunda- Se e.) Herr Zondervan in Bergen -op - Zoom macht zu einem Aufsatze, gestützt auf neuerlich eingelaufene Nachrichten

tag aber darf nach wie vor als unveränderlich und als

von ten Kate , die folgenden Mitteilungen : Einem am

das natürliche Maass der Zeit angesehen werden . [Nature,

18. August 1891 geschriebenen Briefe zufolge zog der

Vol . 45. Nr. 1154.]

niederländische Reisende am 30. Juni von Waingapoe aus nach dem Osten Sumbas, wo er zuerst die Land schaften Melolo, Rendeh , Menjili und Wajeloe besuchte und darauf erst in südwestlicher, dann in nordwest-

licher Richtung eine bisher durchaus unbekannte Gegend durchkreuzte, deren Bewohner noch niemals

einen Europäer gesehen hatten. Diese Gegend ist nach

Litteratur. Det Norske geografiske Selskabs Aarbog. I. 1889 -90 und II. 1890-91 .

Kristiania 1891. gr. 80. 2 Bde .

Die Erforschung des eigenen Landes galt der skandinavischen Naturwissenschaft von jeher als Hauptaufgabe. Selbständige geographische Gesellschaften und Zeitschriften , die sich vor wiegend der Landeskunde des Nordens widmen , sind jedoch noch

ten Kate sehr gebirgig und waldreich, enthält aber auch fruchtbare Ebenen . Kalkgestein herrscht überall vor ;

nicht alt .

zwischen Tawoei und Waha gibt es indessen auch viele Eruptiv-, hauptsächlich Granitgesteine. Den Vulkan

schaft für Anthropologie und Geographie mit der Zeitschrift » Ymer « in Stockholm erstanden in der zweiten Hälfte der 70er

Tarimbang aber, welcher auf vielen Karten angegeben wird , konnte ten Kate nicht ausfindig machen. Die Temperatur unterliegt hier grossen Schwankungen . Am 23. Juli nach Waingapoe zurückgekehrt, machte ten Katc noch einige Ausflüge in West -Sumba, wollte am 25. August nach der Insel Savoe überschiffen und

Jahre ; die beiden Gesellschaften in Finland , das kulturell noch zu Skandinavien gehört , begannen vor ein paar Jahren

nach dortigem kurzen Aufenthalte weiter nach Rotti

segeln , um mit der Untersuchung dieser kleinen Insel

Die geographische Gesellschaft in Kopenhagen und

ihre » Geografisk Tidskrift « , sowie die wenig jüngere Gesell

ihre rührige Thätigkeit. Die norwegische Gesellschaft endlich , deren Publikationen uns nunmehr als Neuheit vorliegen , erstand

1889 anlässlich der Feier von Fridtjof Nansens glücklicher Heimkehr aus dem grönländischen Eise. Mit Recht steht daher der Vortrag des kühnen Reisenden über seine Grönland Fahrt an der Spitze des ersten Bandes des neuen »Jahrbuches« , und sein bekanntes Projekt einer neuen Polarexpedition

seine Forschungsreise zu beschliessen . Ende September

bildet wohl den interessantesten Abschnitt desselben Bandes.

189 : hoffte er in östlicher Richtung, durch den Stillen Ozean hindurch , die Rückreise nach den Niederlanden

Mit den Polargebieten beschäftigt sich ferner ein Aufsatz von

antreten zu können.

(Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde.)

Ein leider vor kurzem von uns abberufener

Collett über Tiere aus Ost - Grönland, während die auf Skandinavien selbst bezüglichen Aufsätze historisch -geographischer und ethnographischer Art sind. Yngoar Nielsen , der eigent liche Gründer der Gesellschaft, behandelt im ersten Bande des Jahrbuchs die eigentümliche Thatsache eines südlichen Vor .

Astronom , Schoenfeld in Bonn, hat vor einiger Zeit im

» Ausland « ( 1879 S. 181 ff.) die Frage erörtert , ob die Erde mit absolut gleichförmiger Geschwindigkeit um ihre Achse rotiere , oder ob sich periodische Ungleich heiten von allerdings äusserst geringfügigem Betrage nachweisen liessen. Neuerdings schien für eine fortschreitende Verminderung der Umdrehungsgeschwindig-

rückens der lappischen Bevölkerung in gewissen Teilen Norwegens ; im 2. Band bespricht A. M. Hansen , bekannt als Verfasser der jüngsten umfassenden Arbeit über Strandlinien, die » Einwanderung in Skandinavien «, ausgehend von den neuesten Anschauungen über die Ausdehnung der diluvialen

Gletscher, ein Aufsatz, der besondere Besprechung verdiente. Ueber die vieluinstrittenen Reisen der Gebrüder Zen i Ende des

keit eine von G. H. Darwin über den Einfluss der

14. Jahrhunderts im Nordatlantischen Meere handelt mit kritischer

Flutreibung angestellte Untersuchung zu sprechen , indem

Ausführlichkeit Dr. G. Storm und schliesst sich den Gegnern

erstere ja theoretisch als ein retardierender Faktor auf-

der Echtheit von Karte und Reiseberichten an.. Zwei weitere Aufsätze behandeln Reisen skandinavischer Männer im Orient :

gefasst werden muss. Allein da sich jede solche Ver zögerung auch in gewissen astronomischen Verände rungen wiederspiegeln müsste , so ist die Möglichkeit an die Hand gegeben , rechnerisch den allfallsigen Ein

es sind dies eine kurze Notiz über Kaukasuswanderungen von 0. Lange und ein Bericht des energischen jungen Schweden

Sven Hedin über eine Reise von Teheran nach Kaschgar , die als Vorexpedition einer geplanten grossen centralasiatischen

Huss der vermuteten Verlängerung des Sterntages zu

Reise aufzufassen ist .

prüfen. Dies hat Tisserand gethan , und zwar hat er untersucht, ob sich in der Bewegung des Planeten Merkur irgendwelche Beschleunigung erkennen lasse, wie sie eben , wenn die Prämisse zuträfe, sich notwendig

als Vorträge in den Versammlungen der Gesellschaft gehalten

einstellen müsste.

Seit mehr als zweihundert Jahren

sind die Vorübergänge des Merkur vor der Sonnen

scheibe mit verhältnismässig grosser Genauigkeit be

Die

Reihe der Aufsätze , die sämtlich

wurden , schliessen Mitteilungen über die Teilung Afrikas und iiber die Palau - Inseln ab . Wir finden also in den beiden dünnen

Bändchen die verschiedensten Richtungen der Geographie ver treten und namentlich in Bezug auf die nordischen Länder recht viel des Positiven geboten . Man darf der jungen Gesellschaft in Christiania von Herzen zu ihrer Thätigkeit Glück wünschen

obachtet worden, und man hat so ein sehr gutes Hilfs

und die Hoffnung hegen, dass von ihr reichliche Anregung aus geht zur Betreibung des geographischen Studiums, das in Nor

mittel, um sich über die vermutete Geschwindigkeits

wegen, ebenso wie in Schweden und Finland , noch nicht zu den

zunahme in der Bewegung des genannten Planeten zu unterrichten. Indem jedoch der französische Astronom in seine Rechnung jenes dem Quadrate der Zeit propor tionale Glied aufnahm , welches nach Laplaces » Mechanik des Himmels« der fraglichen Beschleunigung entspricht,

offiziellen Lehrgegenständen der Hochschule zählt. Wien. Rob . Sieger.

fand er, dass die auf solche Weise berechneten Durch-

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 4.

Stuttgart, 23. Januar 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXLI

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

2. Moltkes geographische Inhalt : 1. Eine Skizze über Witterung und Influenza. Von C. Lang (München ). S. 49. Leistungen. Von S. Günther. (Fortsetzung.) S. 52. -- 3. Eine Wanderung in der Auvergne. Von J. Partsch ( Breslau ). (Fort 4. Die Astronomie der alten Chaldäer. setzung . ) S. 56 . zur Geographie des festen Wassers . ) S. 63 .

Von Fritz Hommel (München ). S. 59 .

5. Litteratur.

( Beiträge

Eine Skizze über Witterung und Influenza .

sation eine grosse Menge dieser feinsten Staubteile

Von C. Larg (München ).

an die Wasserbläschen der Wolke oder des Nebels

Die ursprünglich, gebunden sind. aber bekanntermaassen mit Unrecht so optimistisch In diesem Gebundensein ist ihre Bedenklich betrachtete Influenza war bei uns noch in vollem keit noch keineswegs beseitigt ; denn bei nebliger Gange, ja sie hatte erst da die Mortalität in Mün- Luft atmet man ja mit dem zum Teile konden chen durch das Gefolge entzündlicher Krankheiten sierten und an sich ganz harmlosen Wasserdampf zu einem beträchtlichen Maximum erhoben , als auch den von ihm gebundenen Staub samt den Es war im

Januar 1890.

bereits in der Zeitschrift » Das Wetter« von Assmann ungefährlichen und gefährlichen Mikroorganismen , in Berlin ein Aufsatz » Klimatologische Betrachtungen über die jetzt herrschende Influenza -Epidemie «

also den Krankheits-Erregern , ein . Eine Zunahme der Luftfeuchtigkeit und mit ihr der Beginn der

erschien .

Kondensation

Assmann, der gewandte und produktive Forscher, war in seiner Doppeleigenschaft als Meteoro-

Schutz gewähren .

log und als Arzt zu einer derartigen Studie gewiss besonders berufen , und seine Abhandlung, die indessen bei der Kürze der Zeit noch nicht viel

ziffermässiges Material erbringen konnte, aber An-

kann

uns also auch

noch keinen

Ein solcher wird erst dann, wenigstens bis zu einem gewissen Grade geboten, wenn diese Par tikeln durch den Niederschlag, also durch Regen oder Schnee, in welchem sie gebunden waren , oder durch dessen Fallen sie mitgenommen wurden, zum Boden

regung zu einschlägigen Arbeiten bot, hat anerken- gelangen. Damit, also durch dieses Auswaschen der nende Aufnahme gefunden .

Luft werden diese kleinsten Körper von unseren

Auch ich folge dieser Anregung und halte Luftwegen, welche hauptsächlich das Eingangs mich rücksichtlich der einleitenden epidemiologi- thor für die Krankheitserreger bilden , entfernt und schen Fragen dem Gedankengange nach an Assmann. Sehen wir von den Schwankungen des Luftder ,

gelangen zur Erde. Dort werden dieselben , so lange sie noch an Wasser, Schnee oder Eis gebun

trage unmittelbar von

Trinkwasser gelangen, aber auch dann ist die Gefährdung durch sie nicht mehr so gross , weil die Infektion ihren Weg nur in selteneren Fällen durch den Magen als durch die Lunge zu nehmen

den sind, nur dann bedenklich werden können, wenn sie etwa auf solchem Wege oder Umwege

Temperaturab, welche dem beide auch bei grossem Bewe Menschen leicht und zum

ohne Nachteil ertragen werden , so wird die Witterung am einzelnen Punkte je nach den Feuchtigkeitsverhältnissen der Luft an sich schon auf die Gesundheitsverhältnisse einen Einfluss ausüben , sie

wird dies aber um so mehr thun, als die Vorgänge in der Luft wieder auf deren accessorische und in ihr

suspendierte Bestandteile einwirken werden. Der Wasserdampf scheint sich bei seiner Kondensation wesentlich an die in der Luft befindlichen Staub-

partikeln , unter welchen sich natürlich auch die mehr oder minder bedenklichen Mikroorganismen befinden, anzulehnen , so dass nach vollendeter KondenAusland 1892 Nr. 4 .

scheint. Die Gefahr durch diese Partikeln wird also erst dann wieder neu und drohend, wenn das Wasser,

welches sie zum Boden begleitet hat, verdunstet ist, und wenn sie dann, also frei geworden, durch den Wind wieder in die Luftbahn gelangen. Der Wind seinerseits wird diese molekularen Teilchen von dem

Orte ihrer Ablagerung wegführen ; er wird im all gemeinen, nämlich durch seine ventilatorische, also 7

Eine Skizze über Witterung und Influenza.

50

verdünnende Wirkung zu unsern Gunsten arbeiten , zumal dann , wenn er von nennenswerter Stärke ist und dabei nicht etwa von Orten herkommt, an welchen eben gerade eine Anhäufung solcher Stoffe

wir an der sanitären Bedenklichkeit suspendierter Atome , also der Unreinheit der Luft überhaupt fest

besteht.

zur Zeit der Herrschaft einer Anticyklone entschie

Zusammenfassend wird also das Wetter , wie es im Bereiche einer ausgedehnteren und stationären Anticyklone oder, was dasselbe ist, eines barometri-

halten dürfen, die Gefährdung, vorausgesetzt dass schon Krankheitsbildner an Ort und Stelle vorhanden sind ,

den als eine grössere betrachten können . Wie waren nun die Witterungsverhältnisse bei uns in München selbst vor und bei Beginn der

schen Maximums besteht, für Infektionskrankheiten | Influenza-Epidemie während des Winters 1889/90 ? durch die Luftwege günstiger sein als jepes, welches Zur Beantwortung dieser Frage wird es, bei der im Gefolge einer Depression steht, oder gar als bei

anscheinend sehr kurzen Inkubationsdauer der Krank

heit, genügen , den November nach seinen Mittel

raschem Wechsel von Depressionen .

werten zu betrachten , und nur dem Dezember und Januar ins einzelne gehend unsere Aufmerksamkeit

Allgemeine Verlahat 1Promille - 1cm Influenza Morhidität 50 Erkrankungsfalle - 1cm

Stand an hfluenza -Krankenin beiden áronkenhäuser 50 kranke tem .

zuzuwenden . Der November war bei zu hohem

- Tempenalurmillet Centralstation 1 % .Icm . Grundmassastond ( inys Inst ) Icmelem Höheder Schneedecke Icm .Icm NiederschlagsmengeImmImm .

Barometer

stande sehr ruhig ; es kamen zahlreiche Windstillen zur Aufzeichnung, kein Tag bestand, an welchem die Windstärke den Grad 4

10

crit

Januar

Dezember 15

20

30 31

25

1:16

15

5

--:" * ? : -?

،،، ‫ܝܼ ؛ ܀ ܀ ܀‬

1 25

20

30

‫܀‬- ‫ ؛‬1 : .1 ‫ ܀‬-::: ‫܆ ܀܃ ܃‬

der

Beaufort -Skala

über

stiegen hätte, und die mitt

lere Windgeschwindigkeit betrug nur 3/4 Meter per Sekunde .

Zur

Nebelbil

dung kam es an 16 Tagen, wie überhaupt die Luft feuchtigkeit eine beträcht liche gewesen ist. Die Temperatur war nach ihrem Mittelwerte und nach ihrem

zeitlichen

Verlaufe

voll

kommen normal, ebenso auch die Häufigkeit und Menge der Niederschläge . Letztere waren allerdings Im Bereiche des Maximums fehlen ja die Be-

dingungen stärkerer Ventilation , Niederschläge treten nicht oder nur spärlich auf , dagegen sind in einem winterlichen Maximum die Nebel häufig, also alles Voraussetzungen, welche einem Anhäufen von

zeitlich nicht gleichmässig verteilt, sondern sie traten der Hauptsache nach bis zum II ., und Schlusse

des

Monats

vom

26.

Der

von messbaren Niederschlägen fast

bis

zum

auf. freie

vierzehntägige Zeitraum vom II . bis 26. konnte

Staub Ausbildung in der Luft förderlich sind . Allerdings geht aber nicht zur Staubbildung Anlass geben ; denn von der

winterlichen

einem Austrocknen oder auch nur Abtrocknen des

Barometermaximums zumeist Schneefall voraus , und das Maximum wird zumal dann recht anhaltend

stand im Monatsmittel nur um 16 cmn , und während

eines

intensiven

und intensiv , in seinen Aeusserungen also auch

Bodens ist kaum zu sprechen. Das Grundwasser

besonders charakteristisch, wenn es sich über dem mit einer Schneedecke versehenen Boden lagert ,

der ebenbesagten niederschlagsfreien Periode , der jedoch eine lang andauernde feuchte vorangegan gen war, nur um 19 cm tiefer als im Durchschnitte

welche letztere dann wieder eine Art von Schutz bieten würde .

des ganzen Jahres 1889. Ueberdies schloss sich an die vorausgegangenen regnerischen Tage bei

Umgekehrt muss aber natürlich nicht jedes regelmässigem Nachtfroste alsbald Nebel mit Reif, barometrische Maximum, auch wenn es vielleicht

Rauhfrost und Glatteisbildung an , also Umstände ,

mangels einer Schneedecke zur Bildung von Staub

die einem Abtrocknen des Bodens energisch entge

Anlass gibt, eo ipso schon bedenklich erscheinen,

genarbeiteten . Ausserdem fiel auf diesen feuchten

und wir werden von vornherein die Ursache einer und gegen Ende des Monats vollkommen gefrore Krankheitsbildung in einem Maximalgebiet des Luft- nen Boden vom 26. an Schnee bis zu einer Mäch druckes weder suchen noch auch wahrscheinlichtigkeit von 16 cm (vgl. Fig. 1 ). finden , und es wird ausserdem der Staub gewiss Zu Beginn des Dezembers sich allmählich

auch nicht immer von Krankheitserregern in grösse-

setzend , hat die Schneehülle den Boden lücken

rer Menge begleitet sein . Wir werden aber, wenn

frei bis zum 23. Dezember bedeckt . Die Temperatur

.

Eine Skizze über Witterung und Influenza .

hält sich, mit der einzigen Unterbrechung am

II .

und 12. , bis zum 21. unter dem Gefrierpunkte,zum Teile sogar recht beträchtlich. Bei schwachen fast

SI

gehend westlicher Luftströmung gewichen waren , begannen mit leichter bis mässiger Stärke wieder einzusetzen. Sie waren nebst Windstillen bei viel

ausschliesslich nördlichen und östlichen Winden fach, wenigstens am Morgen, nebligem Wetter, fällt zu Anfang des Monats

fast jeden Tag noch leichter trockener Schnee, später mit Regen gemischt in erheblicher Menge ; trotzdem sinkt das Grundwasser, in allerdings sehr langsamem Tempo, weiter, der ursprünglich durchfeuchtete Boden ist ja

jetzt schon besonders hinweisen möchte, und die für den Gesamt- Zeitraum vom 4. Dezember bis 9. Januar bestand . Mit dem 9. Januar trat nun ein wesentlich

gefroren , also undurchlässig. Der Boden an Ort und Stelle , überdies noch

anderes, ja, nach den Luftdruckbedingungen zu ur teilen , gerade entgegengesetztes Witterungs-Regime

mit einer Schneeschicht bedeckt , kann nach all

ein . Mässige bis frische westliche und südwestliche Vinde, mildes , feuchtes, niederschlagreiches Wetter

dem Gesagten entfernt nicht zur Staubbildung Anlass gegeben haben , und hätte angesichts dessen , was eingangs

weitaus vorherrschend, eine Herrschaft , auf die ich

kam nun an die Reihe

und

man

erörtert

1.5

wurde, kaum

an eine Gefahr denken Da trat die sollen .

Influenza, zu deren gra

phischer Darstellung ich die Zahlen der Tages

hielt bis gegen

den Schluss des Januars

25

an .

Min

Es waren damit also die einer Infektion un

Stand derDonau

günstigsten Witterungs Verhältnisse geboten,

in Ingolstadt.

und thatsächlich nahm

Erkrankungen aus dem

nun die Krankheit ab .

amtlichen Berichte des städtischen statistischen

Wenn ich es auch nicht

Amtes entnahm, und zu

wage, hierfür das » post hoc ergo propter hoca

besserer Uebersichtlich

Mitelemperatur in Anspruch zu neh in München

1 jan 11

keit nach

der Formel Mai 1782.

a + 2b

+ c

men ,

So

kann

DieInfluenza begaxr doch wenigstens

Ordi- M

um die Mittedes Monats Thatsache

4

man

die

feststellen ,

nate von b abrundete, um die Mitte des Mo

dass beim Erlöschen der

nats energisch auf und

rungs - Verhältnisse be

gewann , rasch anstei

standen, welche, wie man

gend, epidemischen Cha rakter . Die Zunahme der Epidemie bis zur Maxi-

Krankheit jene Witte annehmen könnte , der

Existenz oder Weiterausbreitung einer Infektions

malzahl von 1672 Erkrankungen pro Tag hielt bis krankheit ungünstig sind,wogegen die dem Auf zum 2. Januar an, worauf dieselbe anfänglich lang- treten der Epidemie vorangegangenen und dieselbe sam, vom 7. bis 14. sehr rasch und dann wieder Die Witterungsverhältnisse bis zuin Aus-

begleitenden örtlichen Witterungs - Verhältnisse nicht derart waren , dass sie dem epidemischen Aus

bruche der Epidemie haben wir bereits geschil dert und mussten dabei erklären, dass sie für den Ausbruch einer Epidemie, soweit sie mehr örtlich sind, also Temperatur und Niederschlag samt

wären . in München ist mir durch die meteorologischen Ephemeriden der bayerischen Akademie der Wissen

Grundwasser, wohl kaum eine greifbare Handhabe für die Begünstigung der Infektion geboten haben

schaften in München auf das Jahr 1782 zur Kenntnis gelangt. In diesem Bande der Ephemeriden , deren

dürften .

erste sechs Jahrgänge neben den klimatologischen

in verzögertem Tempo abnahm . !

Die Schneeschicht, welche 27 Tage lang ohne

bruch einer Infektionskrankheit förderlich gewesen Ein anderer Fall von Auftreten der Influenza

Daten und neben wackern Erstlingsarbeiten der

Pause den Boden bedeckt hatte, verschwand nach meteorologischen Forschung auch regelmässig Be Eintritt von Tauwetter am 23. Hiermit stieg das Grundwasser natürlich rasch an,und dies um so mehr, als gleichzeitig, d. h . vom 23. bis 26. , bei zeitweilig frischem Winde, starke Niederschläge fielen. Trotzdem stieg die Krankheit noch erheblich an. Während die Epidemie auf ihrer Maximalhöhe stand , herrschte wieder Frostwetter, zeitweise mit leichtem Schneefall , sowie mit Nebel , und die Ost-

winde, welche zwischen dem 22. und 25. vorüber-

richte über den Stand der Erkrankung und Sterb lichkeit Münchens und anderer altbayerischer Orte

enthalten, sagt der Herausgeber Fr. X. Epp, nach dem er über ein unechtes Fleckfieber zumal bei

Kindern« berichtet hatte, folgendes: » Diese Epidemie grassierte bis über die Hälfte des Mais fort, wo sie mit einer anderen verwechselt wurde, nämlich

mit dem epidemischen Katarrh, der sich von Russ land beinahe über ganz Europa verbreitete und

Moltkes geographische Leistungen .

52

auch in unserer Gegend einige, die ohnehin nicht

liche Luftströmung vorhanden. Die absoluten Stände

zu fest auf der Brust waren , früher in das Grab

der Temperatur waren im Mai 1782 , dessen Mittel uni etwas mehr als 1 ° unter dem zwölfjährigen Durchschnitt 1781/92 lag, natürlich total andere als im Dezember und Januar 1889/90; aber es ist im zeitlichen Verlaufe der Temperatur und jenem der

beförderte, wie durch die grössere Anzahl der Verstorbenen , sowohl Erwachsener als Kinder, in den Monaten Mai und Juni zu sehen ist. « Wir können das Auftreten der Krankheit vor 110 Jahren nicht in so ausführlicher Weise behandeln wie die Ver-

hältnisse der jüngsten Epidemie, einerseits weil uns, ausser dem soeben Mitgeteilten , ziffermässige An-

haltspunkte für das Eintreten und Fortschreiten der

Krankheit vollständig fehlen : wir kennen ja nur

Krankheit eine gewisse Aehnlichkeit vorhanden . Gerade so nämlich , wie 1889/90 der höchste Stand der Erkrankungen mit einem intensiveren Temperatur gefälle zeitlich zusammentrifft, ist auch das Auftreten der Krankheit im Mai 1782 mit einem länger

beiläufig die Eintrittszeit . Ausserdem sind die meteorologischen Beobachtungen jener Tage nicht so

dauernden Kälterückfall gleichzeitig. Trotzdem wird

vollständig wie heute, und da auch , abgesehen von

Temperaturrückgänge für das Auftreten der Krank

man sich indessen kaum entschliessen können , diese

den veralteten , eine Reduktion erfordernden Maassen ,

heit verantwortlich machen zu wollen, zumal ja

keine Tagesmittel gebildet sind , so ist die Benutzung

die neuere Epidemie schon vor dem Sinken der

der Aufzeichnungen eine umständlichere und weit mühevollere ( vgl . Fig . 2).

Temperatur auf beträchtlichem Niveau stand.

Da

gegen mag es ja sein , dass durch diese Temperatur

Das für unseren Fall wohl wichtigste Element,

rückgänge zahlreichere Erkältungen stattgefunden

nämlich die tägliche Niederschlagsmenge, ist in

haben, welche dieWiderstandsfähigkeitherabminderten oder die Disposition zur Erkrankung erhöhten .

München damals nicht beobachtet worden , ebenfalls

nicht der Stand des Grundwassers, und auch die

Das bisher Gesagte zusammenfassend, wird man

nur qualitative Zählung der Niederschlagshäufigkeit

nun kaum in der Lage sein , das Örtliche Verhalten

scheint sich in München auf die Tage mit aus- der Witterung zur Erklärung des Auftretens der giebigeren Niederschlägen beschränkt ጊ u haben . Influenza, also der Entstehung der Krankheit Letzteres schliesse ich aus dem Umstande, dass am Orte selbst, als genügend zu betrachten . Aller

Ingolstadt im

Jahre 1782, entgegengesetzt dem

dings sind es auch nur zwei Fälle, über die wir

hierauf bezüglichen Verhalten der Gegenwart, eine hier verfügen , und darunter noch dazu einer mit wesentlich grössere Niederschlagshäufigkeit als mangelhaftem Material . München gehabt hätte, was durchaus unwahrEs wäre also gewiss wünschenswert, für eine scheinlich ist . Es dürften also die in München Anzahl von Influenza -Epidemien Münchens die be notierten Regentage mindestens um jene zu ver- gleitenden örtlichen Witterungs-Erscheinungen in mehren sein , um welche sie in Ingolstadt zahl- ähnlicher Weise zu diskutieren . Dies wäre auch, reicher waren . mit zum Teil mangelhafterem Material, für den

Aber selbst wenn wir uns das nicht getrauen ,

Zeitraum 1781-92 und 1825 - 37 durchführbar,

und wenn wir bei den in München selbst notierten

mit vollkommen hinreichendem

Niederschlagstagen verharren wollen , so sind diese

lässigem Material hingegen von 1842 bis zur Gegenwart. Für die andere Seite der Untersuchung

über den Monat so gleichmässig verteilt, dass, wenn die betreffenden Niederschlagsmengen nicht sehr geringe gewesen wären , eine intensivere Austrock nung des Bodens, also erhebliche Staubbildung, nicht eingetreten sein kann . Dass aber thatsächlich diese

und ebenso zuver

jedoch, über welche wir jetzt gleich zu sprechen haben werden , würde das meteorologische Material vor 1881 oder wenigstens vor 1876 ein sehr dürftiges und äusserst mühsam zu verwertendes sein .

Niederschlagsmengen nicht gar gering gewesen sind , möchte daraus hervorgehen , dass fast auf

jeden in München aufgezählten Niederschlagstag

Moltkes geographische Leistungen .

( welchem , wie die meteorologische Statistik der Gegenwart lehrt, auch ein solcher des Alpenvor

Von S. Günther.

landes überhaupt entspricht) ziemlich bald ein Steigen

Jene allgemeingeographische Einführung in seinen Romführer, von welcher Moltke (s. o. ) sprach , ist zum Glück auf uns gekommen , und zwar als Be standteil eines Werkchens , welches später G. V. Bunsen unter den Auspizien des Generalfeldmar

der Donau in Ingolstadt nachfolgt. Da wir ferner

den Pegelstand der Donau als integrierenden Regenmesser des Alpenlandes und von dessen Vorland ansehen dürfen, der Pegelstand der Donau im Mai

aber durchschnitt

lich südlichen Flussgebiet

(Fortsetzung .)

war, so müssen im schalls herausgegeben hat ). Der betreffende Ab ein hoher das nördliche ist ja über- schnitt ist eine Morphologie der latinischen

nicht unerhebliche kann also nicht Boden der , Niederschläge gefallen

haupt minder wasserreich

stark ausgetrocknet gewesen sein . Aehnlich dem Dezember 1889 war auch im

Mai 1782 nur eine geringe, damals aber meist west-

Ebene, und er beweist , dass in der zwischen der asiatischen und der römischen Periode gelegenen Zeit Moltke sehr eifrig auch geologischen Studien ) v . Moltke , Wanderbuch, Berlin 1879 .

1

Moltkes geographische Leistungen.

53

obgelegen sein muss, denn auf einschlägige Fragen des Flachlandes grossenteils aus Stoffen vulkanischen wird diesmal viel genauer eingegangen , als in den

Ursprungs zusammengesetzt, und dazwischen kämen

» Reisebriefen .

ältere Gesteinsüberreste nur vereinzelt vor.

Dass zwischen der Römerzeit und

der Gegenwart das Bodenrelief keine sehr tief gehenden Wandlungen mehr erfahren habe, stehe ausser Frage. Alle die grossen Veränderungen, welche sich

Lava,

Peperin und Tuff'werden speziell unterschieden und mit Bezug auf ihr örtliches Auftreten gekennzeich net . 1) Die Lava steht nur an wenigen Stellen an und wird zumeist vom Tuff überdeckt, dessen parallel

hier abspielten, seien in der vorgeschichtlichen Zeit eingetreten ; auf diese seine Annahme gestützt, ent- epipedische Schichtung, auf Niederschlag im Wasser wirft Moltke mit grossen Zügen ein Gemälde der

hindeutend, Moltke nicht entgangen ist. Der mit

Metamorphosen, welchen die Campagna im Laufe der

Bimsstein

Jahrtausende ausgesetzt gewesen ist. In der Tertiärperiode war die Campagna noch vom Meere überflutet, wie die am Monte Mario, 440 Fuss über

Ackerkrume der Campagna, und Tuffziegel sind es,

dem Meeresspiegel , aufgefundenen Fossilien darthun . )

In dieses Meer mündeten Tiber und Te-

verone, und zwar ersterer ungefähr bei Narni , letzterer bei Tivoli; aus dem Wasser stieg der Soracte als hohe Felsinsel empor. Das Gestein, aus welchem die damals schon existierenden Gebirge bestanden, ist mesozoischer, versteinerungsarmer Kalkstein , aber dieser ist mehrfach von jungvulkanischen Ausbrüchen durchsetzt, zumal von Trachyt. Die sanften Formen des vulkanischen Albanergebirges stellt Moltke mit Bedacht dem abwechslungsreicheren , zerrissenen Re-

die zu

vermischte

Tuff bildet

die fruchtbare

den verschiedenen Stadtmauern

vornehm

lich das Baumaterial geliefert haben . Nicht bloss jedoch die feurigen Gesteinsbildungen , sondern auch die wässrigen haben die Aufmerksam keit des Forschers auf sich gezogen . )

An der

Spitze dieser Bildungen steht der Travertin , ein Ge stein aus kohlensaurem Kalk , dessen Sedimentation so ungemein rasch vor sich gehen soll, dass der » See der schwimmenden Inseln «, der durch einen Kanal mit dem

Tiber verbunden ist , des regel

mässigen Abflusses entbehren würde, wenn man nicht unausgesetzt bemüht wäre, die Travertinab sätze zu entfernen .

Für die Kunstbauten Roms

lief der Kalklandschaft gegenüber. Ueberaus be- haben die alten Baumeister mit Vorliebe Travertin merkenswert ist , dass ein in der Ueberlieferung der zur Anwendung gebracht , daneben allerdings auch Berliner Geologenschule erzogener, von den Anschauungen eines A. v. Humboldt und L. v . Buch

durchdrungener Mann sich von diesen so vollständig emanzipieren konnte. ) Das Wesen der Stratovulkane wurde ihm beim Betrachten der ausgebrannten Feuerberge Latiums vollständig klar , und die Profilkurve solcher geschichteter Vulkane er-

die verhärteten Süsswasserniederschläge des Tiber

(» flavus Tiberis« ), die man selbst auf den Gipfeln der sieben Hügel vorfindet. Auch den Versumpfungs prozess, diese Landplage des Römergebietes, ver folgt Moltke und erklärt ilin sich in der Weise, dass, während die vom Gebirge kommenden Flüsse dem

Meere zustrebten , das von ihnen bewässerte

kannte er richtig in ihrer mechanischen Eigentüm- | Terrain sich in unregelmässigen Pulsationen aus dem lichkeit. 9) Er nennt diese Linie » durch den natürlichen Schüttungswinkel von Sand , Asche

Moltke ihren Lauf in geschichtlicher Zeit mehrfach

und Gerölle charakterisiert« und spricht damit

geändert, ja es lässt sich ihm zufolge die heutige

eine Wahrheit von fundamentaler Bedeutung, man könnte sagen , in völliger Harmlosigkeit aus. Moltke erachtet es für wahrscheinlich , dass erst

Oberflächengestalt der erwähnten sieben Hügel durch

durch die tertiären Eruptionen das Land dem Meere abgerungen worden sei, denn , wenn man von den pontinischen Sümpfen absehe , sei die Oberfläche

Wasser hob.

Die italischen Ströme haben nach

Aufstauungen und Durchbrüche des Tiber erklären. Auch müssten ehedem die Ueberschwemmungen des Tiber ungleich grossartigere Dimensionen als gegen

wärtig angenommen haben , denn die Umstände hätten sich seitdem geändert.

Zum ersten habe

der Oberlauf des Flusses ein geringeres Gefälle er ? ) Wanderbuch , S. 31 ff.

2) Die Erhebungstheorie glaubte alle Vulkanformen ,

SO

mannigfaltig dieselben auch sind, auf das Emporsteigen feurig.

Müssiger Materie aus Erdspalten erklären zu können ; vgl . Ewalds treffliche Darstellung der Humboldtschen Vulkantheorien in der von Bruhns herausgegebenen Humboldt- Biographie (3. Bd ., Leipzig, 1872. S. 146 ff.). Man darf Moltke, was bislang

litten, zum zweiten seien die Zuflüsse früher wasser reicher gewesen " ), und zum dritten endlich habe das Niveau der Stadt durch Schutt- und Trümmer 2 ) Die Ausführungen Moltkes ergeben eine wertvolle Er gänzung zu den von Nissen ( Italische Landeskunde, Berlin 1883 ,

noch nirgendwo betont worden zu sein scheint , zu den Ersten zählen , welche auf die Entstehung von Vulkanen durch Selbstaufschüttung den Nachdruck gelegt haben . 3) Man hat neuerdings den Versuch gemacht, die Natur

a . v . St. ) über das Vorkommen der verschiedenen vulkanischen Auswürflinge gegebenen Nachweisungen . 2) Wanderbuch , S. 48 ff.

des Vulkanprofiles aprioristisch abzuleiten , indem man sich an

3) Moltke gibt hier einer Annahme Ausdruck, von der man wohl sagen kann, dass sie in den weitesten Kreisen geteilt

den hier formulierten Satz hielt, dass die an der Oberfläche

befindlichen Teilchen, unter dem gemeinsamen Einflusse von

wird .

Reibung, Kohäsion und Schwere , im Gleichgewichte bleiben

an denen die alten Griechen und Römer sich ergingen , wirklich mehr Wasser geführt haben , als gegenwärtig, noch lange nicht

müssen .

Messungen, die man in Japan an den schön ge-

Gleichwohl ist in der alten Streitfrage, ob die Flüsse,

schwungenen Linien anstellte, in welchen sich dortselbst mächtige

das letzte Wort gesprochen .

Vulkane vom blauen Himmel abheben, dienen der Theorie im ganzen zur Bestätigung.

führung der griechischen Ströme z . B. lässt sich (Neumannn Partsch , Physikalische Geographie von Griechenland mit be

Aus der

wechselnden Wasser .

8

Ausland 1892, No. 4 .

Moltkes geographische Leistungen.

54

anhäufung eine beträchtliche Aufdämmung erfahren, welche es der Flutwelle erschwere, bis in die Strassen

Niederganges einer volkreichen Stadt , und er weist auf andere antike Städte – Paestum, Nicaea , An

selbst einzudringen. Auch von der Tibermündung glaubt unser Gewährsmann , dass sie seit der Kaiser-

tiochia — als auf Belege seiner Meinung hin . Eine Neubelebung der Ackerbauthätigkeit würde, dies ist

zeit sich in das Meer hinein vorgeschoben habe, und dass frühere Hafenplätze jetzt vom Ufer ent-

auch die Ueberzeugung vieler italienischer Patrioten der Gegenwart, gegen die Malaria vorteilhaft wirken .

fernt lägen .

Wenn man bedenkt , wie leicht Trümmerstätten, aus denen das Regenwasser keinen rechten Ausweg

In vielen Dingen ist eben das moderne

Rom ein anderes geworden , als das antike, ja selbst der Pflanzencharakter soll teilweise ein anderer ge-

findet, in Miasmen aushauchende Sümpfe sich ver

worden sein . )

wandeln können , wird man den Zusammenhang,

Einen besonderen Abschnitt bildet die Besprechung der gesundheitlichen Verhältnisse Roms. Aller-

der zwischen Bevölkerungsabnahme und Klimaver schlechterung obwaltet , nicht in Abrede stellen

dings meint Moltke , dessen eherne Gesundheit ihn können . ja bis ins höchste Alter begleitete, dass ein Fremder Bei seiner Durchstreifung der Gegend kann nicht selten der » aria cattiva « mehr Widerstand | Moltke natürlich auch den Soldaten nicht ver zu leisten vermöge, als ein Einheimischer, aber an leugnen , und die Oertlichkeiten , auf denen sich der Schädlichkeit dieses Klimas im allgemeinen lasse grosse Ereignisse der römischen Geschichte abge sich doch nicht zweifeln , und es könne höchstens spielt haben sollen , geben seinem fachmännischen die Frage aufgeworfen werden , ob auch von jeher Scharfblick manche Gelegenheit, sich zu bethätigen .. die Dinge so gelagert waren . Er selbst ist geneigt , So gibt er uns 1) eine eindringende militärgeogra >

die Frage zu verneinen ; das Altertum habe sich phische Analyse der Entscheidungsschlacht zwischen günstigerer sanitärer Zustände zu erfreuen gehabt, Maxentius und Constantinus ( »in hoc signo und es komme mithin auf die ungefähre Bestim - vinces«) und zeigt , dass das bekannte Bild Raf mung des Zeitpunktes an, in welchem der Umschwung faels im Vatikan, seines Kunstwertes unbeschadet, eingetreten sei . 2) Einen solchen braucht man sich

den Gang des Kampfes ganz falsch zur Anschauung

ja natürlich, wie wir hinzufügen möchten , nicht als

bringt. Nicht minder beschäftigt ihn der bekannte

einen plötzlichen und radikalen vorzustellen , denn »Untergang der Fabier« , den er an einen anderen aus den Gedichten des Hora z erhellt ja zur Genüge,

Ort verlegt, als an den von der gewöhnlichen Ueber

dass auch im augusteischen Zeitalter Rom ein Fieber-

lieferung bezeichneten ).

nest gewesen ist, 3) immerhin aber scheint der Moltkeschen These ein sehr berechtigter Kern zu-

gestanden werden zu müssen. Gregorovius' Stadtgeschichte war noch nicht geschrieben , aber bei A. v. Reumont konnte sich Moltke für seine

Wir nehmen damit, ohne den Stoff vollkommen

erschöpft zu haben, von dem formell wie inhaltlich >

gleich anziehenden » Wanderbuche« Abschied . Denn wenn auch in demselben noch einige an sich sehr angenehm zu lesende spanische und französische

Zwecke Rats erholen , und da fand er denn , dass

Reiseerinnerungen enthalten sind, so ergibt sich

die Klagen über ein mörderisches Klima Roms vom

doch keine eigentlich geographische Ausbeute. Vorab die Pyrenäische Halbinsel war Moltke im Fluge

10. Jahrhundert ab sich zu erheben oder doch leb-

hafter zu werden beginnen. Dies war die furcht-

zu durchwandern genötigt, so dass sich eigene Studien

bare Periode des Verfalls, während welcher auch

Moltke meint nun , gesundheitliche Ver-

für ihn ganz von selber verboten . Dagegen ermöglichten sich solche wiederum bei der in das Jahr 1859 fallenden russischen Reise,

schlechterung sei der unzertrennliche Begleiter des

über deren Einzelheiten wir durch briefliche Mit

die Bevölkerungsziffer um ein bedeutendes herab-

ging.

teilungen ) unterrichtet sind. So viel Zeit auch offizielle Pflichten beanspruchten , weiss Moltke sonderer Rücksicht auf das Altertum , Breslau 1885 , S. 86 ff.) ein irgend sicherer Schluss auf namhafte Klimaschwankungen

doch unter dem verwirrenden Geräusche der Hoffeste

nicht ziehen .

und Revuen die Zeit zu erübrigen , uin Land und lernen .

Die beiden russischen

1 ) Wanderbuch , S. 66 .

Leute kennen

2) Ebenda , S. 72 ff.

Hauptstädte vergleicht er mit einander in höchst treffender Weise ). Moskaus eigenartige geo

3) Dass die Römer der vermögenderen Stände die heute

noch als besonders gefährlich zu betrachtenden Spätsommer monate auf dem Lande ,

zu

unter dem kühleren Hauche des graphische Stellung im Centrum der ungeheuren

albanisch -sabinischen Berglandes, zuzubringen liebten, ist bekannt. Seinem Freunde Postu mus ruft Horaz in der 14. Ode des zweiten Buches (vgl . Proschberger , Fünf Oden des Horaz

in moderner deutscher Uebertragung, Stadtamhof, 1886. S. 7) die melancholischen Worte zu : » Denn umsonst ist alles unser Trachten , Fern zu bleiben mörderischen Schlachten

Und der sturmbewegten Meeresflut. Auch den Südwind meidest Du vergebens , Der im Herbst, am Marke unsres Lebens Zehrend , weht mit unheilvoller Glut.«

sarmatischen Ebene erkennt er als eine hervorragende an , welche diesem Platze eine natürliche Führer

stellung sichere, dagegen erscheintihmSt. Petersburg nur als das, was es auch ist, nämlich als das Produkt 1) Wanderbuch, S. 115 ff. 2) Vgl. auch Belger ,

S. 108 ,

und

eine

Note

(Hermes, 1882 , S. 425 ff.). 0. Richter 3 v. Moltke , Briefe aus Russland , Berlin 1877 . 4) Ebenda , S. 39 ff. S. 94 ff.

von

55

Moltkes geographische Leistungen.

der Laune eines absolutistischen Herrschers .

Eine

Stadt von geschichtlicher Entwicklung « , so urteilt er, » würde nie an dieser schutzlosen Stelle erwachsen

eben deshalb, wie der Briefsteller meint '), härtere Felsart .

Ganz besonders bemerkenswert erscheint,

alle späteren Generationen die Konsequenzen hinnehmen .« Wie könne man eine Weltstadt an der

auch unter dem strengeren Gesichtspunkte der wissen schaftlichen Erdkunde, eine Andeutung , welche Moltke betreffs der Abhängigkeit der Fär bung fliessenden Wassers von der Be

Spitze eines sich trichterförmig gegen die Mün -

schaffenheit der Gesteinsformation am Ur

sein . Aber der eiserne Zar wollte es , und so mussten

dung des einströmenden Flusses verengernden Meer-

sprungsorte macht ?). Es fällt ihm auf, dass die busens erbauen , wo jeder Westwind die Gewässer St. Petersburg durchströmende Newa so gänzlich klar aufstauen , sie zum Rückwärtsfliessen bringen und und farblos ist. Erstere Eigenschaft findet allerdings fast regelmässig eine Ueberflutung bewirken müsse ! leicht eine Erklärung, denn der Fluss stammt ja aus dem

Auf der Eisenbahnfahrt nach Moskau , die für

Ladoga -See, in welchem , als in einem riesigen Läute

jeden anderen Sterblichen so langweilig wird , stellt rungsbecken, der gewissermaassen als Anfang der Moltke gar manche Betrachtungen an ') ; er tadelt

Newa anzusehende Swir alle etwa mitgeführten Sink

die Anlage der Nikolai-Bahn und die überflüssigen stoffe abgelagert hat . Schwieriger ist die Deutung Viadukte, wundert sich aber, dass die Waldai-Höhe

der Farblosigkeit , allein hier scheint Moltke eine

doch einen gebirgsmässigeren Eindruck mache, als allgemeinere Gesetzmässigkeit in Mitte zu liegen. Das russische Volk ist dem Reisen

Alle im Granit entspringenden Quellen , denkt er

den nicht unsympathisch, und dessen Nationaltracht

sich, sind völlig farblos (» wasserhell« ), alle im Schiefer

er erwartet habe.

findet erder Natur des Landes durchaus entsprechend. gebirge entspringenden grau , alle im Kalkgebirge Dabei fällt eine Bemerkung, welche, wie vorhin

entspringenden grün . Dass es sich in aller Strenge

schon einmal, den prophetischen Blick dieses seltenen Mannes bekundet. Er glaubt nämlich voraussagen

so verhalte, ist wohl nicht anzunehmen , allein bei einem Manne von der geistigen Bedeutung Moltkes sind selbst die gelegentlichen Aperçus vollster Be achtung würdig, und so verdient , nachdem einmal der Fingerzeig gegeben ist, der Beziehung zwischen

zu dürfen , dass mit der Zeit die russische Armee

ihre steifen Uniformen ablegen und sich zur Annahme der Volkstracht bequemen werde , wie dies denn bekanntlich unter dem jetzt herrschenden der Wasserfarbe und der Beschaffenheit des an der Kaiser auch zur That geworden ist. VolkswirtVolkswirt Quelle anstehenden Gesteines jedenfalls weiter nach

schaftliche Beobachtungen werden häufig eingeflochten, so über das Platingeld ") , von dessen Einführung

geforscht zu werden . Seit seiner Rückkehr von dem

russischen Aus

die russischen Machthaber sich viel versprachen, je- Auge wird Moltke von den sich vergrössernden doch ganz mit Unrecht. Aber auch Geologie und

Plichten seines Amtes mehr und mehr absorbiert ; es

physikalische Geographie, für welcheWissenszweige naht die Zeit , in welcher der grosse Stratege von ja Moltke, wie uns das „ Wanderbuch « verriet, seinen Studien auf der grossen Bühne der Weltge stets so viele Teilnahme empfand, gehen nicht leer aus . schichte Rechenschaft ablegen sollte. Als selbständiger Bei der Besichtigung der Festungswerke von Schriftsteller ist er seitdem nicht mehr hervorgetreten , Kronstadt fällt es Moltkes Spürauge auf, dass das Urgestein , aus welchem sie bestehen , ein etwas anderes ist als dasjenige, aus welchem die Prachtbauten St. Petersburgs aufgeführt sind . Letztere sind durchgängig finnischer Granit , während das Material für die Kronstadter Mauern der Granit vom

und auch Briefe von seiner Hand konnten aus dem

einfachen Grunde nicht veröffentlicht werden , weil

es ihm an Zeit gebrach, solche zu schreiben. Aber indirekt ist die ganze militärische Litteratur der beiden nächsten Jahrzehnte von ihm beeinflusst ; vor anderem gilt dies für die geschichtlichen Darstel

Onega-See geliefert hat, eine glimmerärmere und | lungen, welche der preussische Generalstab von den 1 ) Ebenda , S. 76 ff. )2) In echt geographischer Denkart setzt sich Moltke über die Eintönigkeit der Reise durch die aufmerksame Be.

trachtung der von der Waldai-Höhe ausgehenden Wasserläufe hinweg. Der Gedanke, dass nunmehr, nach Ueberschreitung der Wasserscheide , jeder Bach dem Gebiete des Kaspischen

Meeres angehöre, beschäftigt ihn angelegentlich und lässt ihn vergessen ,

dass

die

Bahnlinie

der

landschaftlichen

Reize

3) Nähere Nachrichten über die schliesslich misslungenen Versuche, das Platin zur Münzausprägung in grösserem Maassstabe zu verwenden , erteilt () . Peschel in der oben genannten 210 ff .) ; Humboldt war Humboldt- Biographie (3. Band, Cancrin um ein Gutachten an .

gegangen worden, und dieses fiel negativ aus, da weder die bergınännische Ausbeute des Metalles eine gesicherte , noch auch das äussere Aussehen desselben mit dem von Gold oder Silber zu

vergleichen sei .

1866 und 1870171 herausgegeben hat. Wer Moltke als strategischen Geographen kennen lernen will , wird zunächst nach diesen Werken greifen"). Das 11 Briefe aus Russland, S. 35 .

2) Fbenda, S. 50 ff. 3) Diese Reinheit der Newa fällt , wie man hört und liest ,

allen Ankömmlingen besonders auf, im Gegensatze zu den meist

ganz und gar ermangelt .

vom Finanzminister Grafen

vier Feldzügen der Jahre 1859 (in Italien ), 1864 ,

Ohne wohl von Humboldts Urteil zu wissen ,

fiel dasjenige Moltkes (a.a. O., S. 63) ganz übereinstimmend aus,

trüben Fluten , welche sie in den Betten ihrer Heimatströme dahinziehen zu sehen gewohnt sind . Kohl, der Biograph der russischen

Kaiserstadt,

schildert in seiner bekannten

Schrift

» St. Petersburg in Worten und Skizzen « ( Dresden -Leipzig 1846)

zu wiederholten malen und mit glänzenden Farben die Krystall. klarheit dieses Flusses und des auf ihm gebildeten Eises, welches

alljährlich in 500 000 Wagenladungen durch die Keller der Metropole verteilt wird, und erinnert auch an die Hofsage, dass sich Kaiser Alexander I. auf seinen Reisen stets habe Newa

wasser, in Flaschen gefüllt , nachsenden lassen ,

Eine Wanderung in der Auvergne .

56

vollste Interesse hat sich der vielbeschäftigte Mann aber auch später für alle wissenschaftlich -geographischen

ihm ist nahezu wörtlich eine Denkschrift einver

leibt, welche der Grosse Generalstab schon im Winter

Fragen bewahrt; ihm ist grossenteils die so gelungene

1868/69, nachdem eben die Luxemburger Verwick

Kartierung einer Reihe griechischer Landschaften

lung gedroht hatte, für den möglichen Fall eines

zu danken, ' ) und selbst bei an sich unwichtigen

Krieges mit dem westlichen Nachbar ausarbeitete.

Gelegenheiten begegnet man in seinem späteren Briefwechsel überraschenden Bemerkungen . 2) Die früher (bereits) erwähnte Absicht, eine zweite Reise nach der Levante zu machen, konnte leider, wie wir wis-

Diese Denkschrift rührt zweifellos von Moltke

sen, nicht verwirklicht werden .

Es wird Billigung finden , wenn wir unsere kriegsgeographischen Darlegungen auf den wichtigsten der von Moltke geleiteten Kriege , auf denjenigen gegen Frankreich , beschränken, auf den >

» Krieg der Wissenschaft gegen den Heroismus«, wie sich Drapeyron in nach deutschen Begriffen etwas

selbst her und trägt auch bis in die Einzelheiten hinein den Stempel seines Geistes. Die Entschlüsse, welche der Feind vernünftigerweise fassen kann, werden vorurteilslos erwogen , und auf jede solche Möglichkeit bereitet sich der deutsche Feldherr vor,

indem er die geographischen Bedingungen der Durch führung feststellt. (Schluss folgt.)

unzutreffender Weise ausdrückt, ") da doch wohl

Eine Wanderung in der Auvergne.

auch in der Tapferkeit beide kämpfende Heere ein

Von J. Partsch (Breslau ).

ander nichts vorzuwerfen hatten .

( Fortsetzung. )

Das sogenannte

Der Puy de Dôme ( 1468 m ) überragt alle be Generalstabswerk « ist auch für den Geographen nachbarten Höhen so gewaltig , dass sich ihm die eine Fundgrube; wer es an der Hand der Spezial Ehrfurcht und die Zuneigung der Umwohner

in wei

karte studiert, findet sich durch die überaus scharfen

und charaktervollen Schilderungen des Kriegsschau

tem Umkreise zu allen Zeiten zugewendet hat. Wie

platzes, mag man dieses Wort nun auf das Feindes

sich der Mensch vielfach auf hohen Bergesscheiteln

land selbst oder auf den Ort einzelner Schlachten

den überirdischen Mächten näher fühlt , hatten die

anwenden, reich belohnt für die Mühen, welche die alten Kelten auf dem Gipfel des Puy de Dôme Heiligtum eines Nationalgottes errichtet, der Lektüre der taktischen Operationen verursacht. ^) ein dem römischen Merkur entsprach, eines Gottes der Zumal der erste Band kommt für uns in Frage, denn Landstrassen und des Handels, des friedlichen Ge 1) Wie Belger (a. a. O., S. 84 ) anführt, wäre Moltke winns und jeglicher Kunstfertigkeit. Wie geeignet am liebsten selbst mit Curtius nach Attika und Olympia ge . gerade dieser Berg für die Stätte der Verehrung Da ihm dies die Verhältnisse nicht verstatteten , so des Gottes der Wege war , entgeht nicht leicht gangen . sorgte er wenigstens dafür, dass tüchtige, im Messgeschäfte er einem , der selbst auf dem Plateau der Auvergne fahrene Offiziere seines Dienstzweiges den archäologischen Ex peditionen beigegeben wurden. So entstammen die schönen querfeldein gewandert ist . So oft man aus einer

engen Thalsohle heraufsteigt auf die Hochfläche, . . gewinnt man sofort den Anblick dieses unverkenn Topo hellenische über Wädig v. Hülsen, v. Gäde, Wolff, graphie der Initiative des Generalstabschefs.

Arbeiten von Steffen , v. Alten , Siemens, Steinmetz ,

baren Gipfels, der als eine unvergleichliche Land

2) Seinem Bruder von den Gasteiner Kurerfolgen berich. tend, gibt Moltke die hohe Wärme der dortigen Thermen an

marke allenthalben die Orientierung gibt.

( Briefe, S. 292 ) und berechnet auf grund dessen, was man da

Heiligtum des Merkur auf dieser Höhe mit einem

Das

mals von der Zunahme der Erdtemperatur mit der Annäherung an den Erdmittelpunkt wusste, die Tiefe , aus welcher die Quellen stammen, auf mindestens 3200 Fuss. 3. Einer der hervorragendsten unter den modernen geo graphischen Schriftstellern Frankreichs, Ludovic Drapeyron,

berühmten Kolossalstandbild des Gottes hat durch

hat in der von ihm geleiteten » Revue de géographie « (14. Jahr

die ganze Kaiserzeit bestanden bis in die Völker wanderung. Die Ausgrabungen haben nicht nur seinen Grundriss , sondern auch umfängliche Reste blossgelegt, welche ein Urteil über die grossartige

gang, S. 421 ) ff.) einen Aufsatz »Lagéographie et la topographie erscheinen

Auch Inschriften wurden gefunden .

au service

du

Feld -Maréchal

de

Moltke «

lassen .

Anlage und ihre prächtige Bauausführung gestatten . Ein

Votiv

welcher speziell diese für einen Franzosen freilich nächstliegende Seite seines Lebens und Wirkens zu würdigen bestimmt ist .

täfelchen » Mercurio Dumiati« gab nicht nur

Auf das rein Geographische wird wenig eingegangen, vielmehr

den Namen des Gottes , sondern auch den vom

begnügt sich der Verfasser mit der Wiedergabe einiger Stellen der Orientbriefe und findet in diesen ausreichende Beweiskraft

Berge hergeleiteten Beinamen . Der Name Dôme ent

stammt also dem Keltischen und hat mit unserm

für seine Behauptung , que M. de Moltke était géographe «, Sodann verbreitet sich Drapeyron über die strategischen Theorien des Generals v . Clausewitz , deren eifrigster Be folger Moltke gewesen sei , und sucht dann init einer für seine

nichts zu

Abstamınung anerkennenswerten Unparteilichkeit sich zum rich-

sie ist wieder in Trümmer gesunken.

tigen Verständnis des feindlichen Feldherrn zu erheben .

Die

Zwecke allerdings, um welche es uns in dieser Skizze zu thun

ist, haben durch die erwähnte Abhandlung nicht die Förderung erfahren, wie man beim Lesen der Titelworte vermuten möchte . 4, Hirschfeld erzählt in seiner am 10. April 1885 in

der Königsberger Geographischen Gesellschaft auf K. Zoeppritz gehaltenen Gedächtnisrede ,

dass das Studium

kriegs-

Worte Dom (cópos, .wp.m., domus) vielleicht gar schaffen . Die Nachfolge des antiken Tempels übernahm eine christliche Kapelle. Auch Nur dem

Volksglauben war der Gipfel noch eine mit ehr fürchtiger Scheu betrachtete Stätte . Man kennt die geschichtlicher Werke, mit steter Durcharbeitung der bei. gegebenen Karten und Pläne, für letzteren eine sehr nützliche Vorbereitung auf das künſtige Lehramt gebildet habe.

Eine Wanderung in der Auvergne.

Geschichte eines Mütterleins, dem man mit der Folter zu Leibe ging, weil sie im Verdacht stand, an den

Generalversammlungen älterer zauberkräftiger Damen auf diesem arvernischen Blocksberg teil genommen zu haben . Jetzt erhebt sich auf dem Puy de Dôme eine Werkstätte wissenschaftlicher Arbeit.

: 57

Maximum weist auf dem Berge der Dezember auf (101 % ). Es vollzieht sich im ganzen also eine ähnliche Verschiebung, wie man sie an den

Mittelgebirgsstationen Deutschlands im Vergleich mit benachbarten Ebenen wahrnehmen kann . Aber

die starke Benetzung des Jahresschlusses erinnert

Der Name des Puy de Dôme wird in der Ge-

kräftig an die Nähe des Ozeans. Die letzten vier

schichte der Wissenschaften nicht leicht vergessen

werden . An ibn knüpft sich die erste experimen-

Monate des Jahres (55,3 cm ) sind sämtlich regen reicher als die vier Sommermonate (48 cm ). Im

telle Begründung der Verwertbarkeit des Barometers

ganzen ist das Klima der Bergeshöhe recht un

für Höhenmessungen . Am 19. September 1647 bestieg ihn Pascals Schwager Perier, um für verschiedene Höhenlagen die Höhe der Quecksilbersäule

freundlich für diese geographische Breite (45 ° 7 ' ), und die Unbilden der Winterwitterung machen den Beruf des Beobachters zu einem recht entsagungs vollen. Oft kann er Tage lang nur durch den

zu bestimmen , welche dem Luftdruck das Gleich-

gewicht hält. Das war der Ausgangspunkt der barometrischen Höhenmessungen . Auch in deren

unterirdischen Gang die Verbindung seines Wohn

hauses mit dem Beobachtungsturme unterhalten.

weiterer Entwicklung gebührt demselben Berge

Im Verein mit den Hochwarten auf dem Pic du

An ihm und in

Midi de Bigorre (2877 m) , auf dem Mont Ventoux

noch ein beachtenswerter Platz.

( 1912 m ), dem Mont Pilat ( 1434 m ) und der im m) Bau begriffenen Station auf dem Aigoual ( 1567 ) Vollendung . Das Beste, was der hochverdiente Er- in den Cevennen wird der Puy de Dôme immer ein forscher der Pyrenäen nach dieser Richtung ge- wichtiger Vertreter Frankreichs auf dem Arbeitsfelde

seiner Umgebung erreichten die trefflichen hypsometrischen Arbeiten Ramonds den Höhepunkt ihrer

leistet hat, ist sein thatsächlich noch heute unentbehrliches Nivellement des Monts

Dores et des

Monts Domes (Mém . de l’Inst. 1815 ).

Seit

1867 hat sich dann der Gedanke geregt, auf dem Gipfel im Interesse des Fortschritts der Meteorologie ein Höhenobservatorium

zu errichten .

Un-

der Meteorologie der höheren Luftschichten bleiben . Aber fesselnder als alle geschichtlichen Erinne

rungen und alle Fortschritte der Wissenschaft vom Luftmeer, an denen dieser Berg beteiligt ist, bleibt er selbst und der in Europa ganz einzige Ausblick , der sich von seinem Gipfel eröffnet. Man müsste

mittelbar nach dem Kriege wurden 1871 die Mittel Ausführung des dazu bereit gestellt. Ueber die Au Baus und die Einrichtung spricht sich näher aus

nach Java oder nach Mittelamerika gehen , um einen

G. Hellmann (Zeitschr. d . Pr. Stat. Bureaus, 1878).

reihe zu gewinnen. Man steht hier initten in der

in der Anordnung gleich vollkommenen, in den Dimensionen grossartigeren Anblick einer Vulkan

Nunmehr liegen bereits längere Beobachtungen 4 Meilen langen Reihe der Puys und übersieht aus vor ( 1879—1888, Met. Ztschr. 1890 ), welche durch | überlegener Höhe südwärts 25 , nordwärts 39 wunder den Vergleich mit der Fusspunkt-Station Clermont bar frisch erhaltene vulkanische Kegel . Da alle (388 m ) eine Würdigung des Klimas des Berges einzelnen um 2-300 m hinter der Höhe des Puy de

ermöglichen . Seine Temperatur bleibt im Jahres- Dôme zurückbleiben und ihre Anordnung sich nicht mittel ( 3,7 ") um 6,5 ° C. , im Januar nur 7,9 , im

April 8,5 hinter der von Clermont zurück .

streng an eine Linie, sondern an ein nur im ganzen dem Meridian folgendes System schwach diver

Der jährliche Wärmegang verrät die Neigung, seinen gierender Spalten bindet ( vgl . die Kartenskizze Höhepunkt im Gegensatz zu Clermont aus dem Juli nach dem August zu verlegen. Die Niederschläge sind in der Höhe natürlich wesentlich zahlreicher und ausgiebiger. Den 128 Regentagen Clermonts stellt der Berg 197 gegenüber, den 64 cm jährlicher Regenhöhe nicht weniger als 150. Auch die Periode der Niederschlagsverteilung verschiebt sich . Ihr Maximum fällt für Clermont ent-

schieden in den Sommer. Der Juniempfängt 15 12 ° sämtlicher Niederschläge, und wenn man das Jahr derartig in drei Teile teilt , dass die Monate Mai

bis September als Soinmer , November bis Februar

bei Michel Lévy a. a . O. 700), lässt die Vollkommen heit der Uebersicht kaum etwas zu wünschen übrig .

Die überraschende Wirkung und die unmittelbar zum Nachdenken zwingende Bedeutung dieses ab sonderlichen Anblicks ist zweifellos.

Ueber die

Schönheit wird man weniger einig sein . Chateau briand, ein begeisterter Verehrer der Landschaft um Clermont, fühlte sich auf dem Gipfel des Puy de Dôme enttäuscht. Die Vogelperspektive, in der man die ganze Landschaft hier wie eine Karte unter sich sehe, verflache - so meinte er -- das Bild und lasse alle Gegenstände einschrumpfen. Darin liegt etwas

als Winter , und die übrigen vier als Uebergangs - Wahres. Aber wenn irgendwo, hat hier die Ansicht monate zusammengefasst werden , entfallen auf der Berge von oben ihren augenfälligen Wert. diese 3 Abschnitte des Jahres 43'2 , 23 , 33'2 % . Man bemerkt sofort, dass nicht alle die einzelnen

Auf dem Puy de Dôme werden die einzelnen Jahres- Berghäupter dieser unruhigen Landschaft gleiche zeiten viel gleichmässiger mit Regen bedacht. Die Gipfelbildung zeigen . Weitaus die meisten haben vier Sommermonate erhalten 32 % , die vier Winter-

deutliche Krater , teils rings geschlossene regel

monate 3312 , die Uebergangsmonate 34 " . Das ' mässige Trichter, teils einseitig geöffnete , so dass

Eine Wanderung in der Auvergne .

58

sie einem Armstuhl gleichen und den Namen ver-

ein Haufwerk loser Auswürflinge. Dann stechen

dienen , den einer der nördlicheren wirklich trägt. Der

von ihnen besonders auffallend ab die geschlossenen

1

Puy de Louchadière heisst im ortsüblichen Dialekt Wölbungen der kraterlosen Berge vom Typus des (hier stehen wir schon auf südfranzösischem Sprachgebiete) lo chadeïro (d . i . kathedra). Aus solchen

Puy de Dôme. Sie bestehen aus einem festen

ströme thalwärts ziehen . Die wichtigsten des ganzen

Gestein von lichtgrauer oder weisser Farbe, in dessen Grundmasse glasige Feldspatkrystalle und namentlich schwarze Glimmerplättchen ausgesondert

Gebietes sindallerdings von hier aus nicht sichtbar. Es

liegen. Man hat dieses Gestein nach Leopold von

Breschen der Kraterränder sieht man vielfach Lava-

1

sind die beiden zusammen 24 qkm deckenden Ströme, | Buchs Vorgang Domit genannt. Schwerer konnte man über die Entstehungsweise dieser sich

welche der Puy de Côme ( 1255 m ) nordwestwärts

gegen Mazaye und Pontgibaud in das Thal der Berge einigen . Der Umstand, dass an mehreren Sioule niedersendete. Sie verriegelten das Thal und Stellen, am auffallendsten am Puy de Chopine, stauten seinen Wasserlauf zu Seen auf, deren Ent-

grosse Schollen von Granit und Glimmerschiefer

einen Fall einfach durch die

auf dem Domit ruhten , bereitete ernste Schwierig keiten. Heute ist man einig darüber, für diese

>

leerung nur in dem

Zerschneidung des Lavadammes kraft der Erosions-

arbeit des Abflusses erfolgte, während es bei dem

glockenförmigen Domit-Berge ein ruhiges Empor

anderen zu einer dauernden Ablenkung des Fluss-

quellen zähflüssiger, geschmolzener Gesteinsmassen

laufes kam . Diese beiden Lavaströme, namentlich der

anzunehmen . Jedenfalls sind sie

südlichere, die Cheire de l'Aumône sollen am frische-

den Lagerungsverhältnissen erkennt – älter als die

sten den abschreckenden Charakter dürrer kahler

basaltischen Kraterberge, die mit ihnen so eng ver eint sind ; vielleicht waren sie schon Zeitgenossen der Bildung des Mont Dore-Gebirges . Der Versuch einer Entstehungsgeschichte der Puys würde aus

Lavawüsten zeigen . Auch der grosse Lavastrom , der vom Puy de Nugere nordostwärts niederzieht und von den ungeheuern Steinbrüchen von Volvic

wie man aus

allmählich aufgezehrt wird, ist vom Puy de Dôme gehen müssen von dieser Scheidung zwischen der aus nicht zu übersehen . Dagegen erkennt man vortrefflich den Verlauf der Lavafluten des kleinen Puy de Dôme und des Puy de Pariou. Als wüste

ältesten Reihe domitischer Massenergüsse und den jüngeren Stratovulkanen , die teils unmittelbar sich auf halb zerstörten domitischen Fundamenten auf

Streifen ziehen sie in düsterer Färbung zwischen den

bauten , teils wie jüngere Trabanten zwischen und

Saatfeldern der Hochfläche dahin und ergiessen sich gleich Bächen der Bodenneigung folgend in die Thalschluchten, welche den Ostrand des Granit-

um die alten Domitkuppen sich anordneten , zumal um den Puy de Dôme, der immer die beherrschende Gestalt dieses Vulkangebietes blieb. Mit dem mannig fachen Bilde der bewegten Linien dieser Feuerberge

--

massivs einkerbend gliedern. Wie man in den Hoch-

alpen beim Eindringen in ein Thal der Hauptkette stehen in merkwürdigem Gegensatz die einförmige, immer darauf rechnen kann , im Hintergrunde auf ärmliche Hochplatte, aufder sie fussen , und andererscits >

einen Gletscher zu stossen, so erwartet den Wanderer, der aus dem Allier- Thale gegen die Puys ansteigt, - er mag diese oder jene Thalnische zum Anstieg wählen - fast immer in ihr der Anblick eines Lavastromes .

das Fruchtgefilde der Limagne samt Clermont. Den Horizont umsäumen im Osten die sanften, aus

druckslosen Umrisse der Höhen des Forez , im Südwesten die Berge des Mont Dore, von deren >

geschlossenem , nur in den Gipfelzinnen sich gliedern

Mit der überwiegenden Menge von Bergen, die ihre Gipfel in Kraterschlünden öffnen undlange Lava-

dem Aufbau die näherliegende Banne d'Ordanche mit

ströme entlassen, stehen nun in auffallendem Gegensatz

Der Abstieg über die sehr steile Nordseite des

wenige durchaus anders gestaltete : so der Puy de Chopine, der Puy de Sarcouy und namentlich der

Puy de Dôme führt sofort zu den jüngeren Strato vulkanen , zunächst zu dem Hennennest (Nid de la

einseitigem Steilabfalle sich ablöst.

Puy de Dôme selbst. An ihnen ist nicht die Spur poule), dem durch diesen Namen entsprechend eines Kraters wahrzunehmen . Sie sehen , wie die Hirten dieses Berglandes sagen, aus wie umgestürzte, mit dem Boden nach oben gekehrte Kessel. Ihnen fehlen

charakterisierten Krater des kleinen Puy de Dôme.

Lockere Schlackenmassen , die bisweilen noch die Spuren der Rotation tragen, mit der sie im weichen Zustande dem Krater entstiegen, bilden ansehnliche

ferner Lavaströme durchaus. Auch ihr Gestein ist völlig verschieden von dem der Kraterberge. Diese Halden . Weiterhin spannt eine Rasendecke sich sind aufgebaut aus einer Reihe engverwandter Erup- über die einzelnen Gipfel. Ein übergraster Buckel tivgesteine: Basalt, Labradorit, Andesit. Lévy fand, reiht sich an den anderen . Nur sehr wenige nörd dass die westlich gerichteten Lavaströme fast durch- lichere Gipfel haben noch Reste ihrer Waldung be weg labradoritisch sind, von den östlichen nur wenige. wahrt, während jenseits des Puy de Dôme die Die nordöstlichen , der von Volvic und der des Pa-

riou, bestehen aus einer porösen , grauen, auffallend leichten Andesitlava. Der bei Royat endende Strom besteht wie viele andere aus Basalt.

In den Vulkan-

kegeln selbst treten diese Gesteine vielfach auf als

Südhälfte der ganzen Reihe noch ziemlich gut bewaldet erscheint. Die Waldverwüstung an den Puys mag alt sein . Schon Sidonius spricht nicht von den Wäldern , sondern von den Triften dieser Berge. Das lohnende Ziel der leichten Wanderung

1

Die Astronomie der alten Chaldäer.

59

über diese Hochweiden war der Puy de Pariou Scheitel eines schroffen Burgberges, des Mont Rog ( 1210 m ) , den die grossartigste Kraterbildung aus- non (573 m). Sein schmaler Scheitel wird von zeichnet, ein wunderbar regelmässig, wie auf der Drehbank, ausgehöhlter Trichter von 93 m Tiefe.

In dem alten Feuerschlunde graste friedlich eine Rinderherde. Diesem vollkommensten Beispiel eines Kraterberges ist unmittelbar benachbart und von ihm aus sehr schön übersehbar der reinste

Typus eines homogenen, massigen, kraterlosen Vulkanes : der berühmte Puy de Sarcouy, dessen vollendete Kuppelform die Geologen so viel beschäftigt hat. Der Rückweg vom Pariou gegen die Stadt führte uns überraschend in ein kleines, zu Schiess : übungen bestimmtes militärisches Lager, das wir eilends durchschritten . Erst jenseit seiner Schanz-

dem Rest einer alten , ehemals weit ausgebreiteten Basaltdecke gebildet. Der kecke, spitze Berg ist dem Bau nach ganz verwandt mit dem breit ausge

spannten , nahe gegenüberliegenden Plateau

von

Gergovia, dessen Tertiärschichten schützend einge deckt sind von einer widerstandsfähigen Basaltplatte. Die auf ihr einst thronende Keltenstadt ( 744 m ) ward durch die Steilheit der allseitig schroff ab setzenden Wände des Massivs eine grosse natürliche Feste. Mehr daran als an der Kriegsmacht der Kelten scheiterte hier Caesars Kriegsglück . Selten

lassen geschichtliche Erinnerungen sich so genau wie hier mit örtlichem

Verständnis beleben .

Aber

uns beschäftigten – es sei ehrlich gestanden -, als

gräben auf freier Landstrasse ( route de Limoges) konnten wir uns wieder unbeschränkter umsehen.

wir von dem steilen Abstieg durch unwegsame Weinbergterrassen uns im » Café Vercingetorix « zu

Die Strasse führte durch die Cheire, das Lavafeld des Pariou . Ein Dorf Orcines einen Granithügel, an dem sich die Lavaflut Brandung staut. Bald teilt sie sich bei dem

Romagnat bei einer Flasche Landwein erholten , weniger die Schatten der vor dieser riesigen Basalt bastion niedergesunkenen Legionare, als vielmehr die Pläne für den folgenden Tag : für den Ausflug nach

grosse krönt wie in Weiler

La Barraque, um ihre Endzungen in zwei hier sich scheidenden Thälern des Plateaurandes hinabzusenden .

dem Mont Dore. (Schluss folgt.)

Am Ende jeder sprudeln kräftige Quellen . Wir schlugen die südlichere Bahn ein längs einer alten Römerstrasse, die bei Villars den Plateaurand erstieg,

Die Astronomie der alten Chaldäer. ' )

und empfingen , im Thalgrund durch einen prächtigen

Von Fritz Hommel (München .

Kastanienhain schreitend, recht lebhaft den Eindruck der langen Dauer der vulkanischen Ausbrüche. Die

Lava unter unseren Füssen war ein junges Produkt ; ihr Fluss hatte schon diesen Thalgrund vorgefunden und ihn als Bett gewählt. Fünfzig Meter über uns

III. Die übrigen Sterne. a) Nordpolarstern ; Bahnen des Anu, Bel und Ea ; der Sibzianna- und der Wagenstern. Um das Jahr 3000 v. Chr. Geburt und noch

aber fanden die Wände des Thales ihren Abschluss

in einer mächtigen, in kleine Säulen gegliederten geraume Zeit nachherbefand sich der Nordpol gerade Basaltdecke weit höheren Alters.

Sie war offenbar

älter als das Thal, dessen Aushöhlung ihren Zu

sammenhang unterbrochen hatte (Abbildung bei Poullet-Scrope 105). Je offener das Thal nach ab wärts wurde, desto freier erschloss sich der Blick

zwischen dem grossen und kleinen Bären . Wenn man vom Stern a . des grossen Bären durch den Stern ß des kleinen Bären eine Linie zieht und

diese dann nach dem Wega (masc., d. i. dem »fallenden« , scil. Adler) zu verlängert, so befindet sich da, wo diese Linie den Drachen schneidet

auf die der Umgebung von Clermont. Bald tratWeingärten andie Stelleihres entzückenden Gesamt: (etwa zwischen 5 und êò Draconis ),das Centrum bildes die Beschränkung des Umblicks zwischen

oder der Nordpol der Ekliptik . Zieht man von letzterem als Mittelpunkt aus einen Kreis, dessen

den hohen Gartenmauern . Diesem unerwünschten druck entrückte uns schnell die elektrische Peripherie die Sterne 0. des kleinen Bären (unsern Vorstadtein

Bahn nach der freundlichen Stadt. Clermont und Nordpolarstern) und .. Draconis (den Nordpolar stern um 3000 v. Chr. Geburt) berührt, so hat seine Umgebung boten noch viel Lockendes. Aber

man zugleich die Bahn, innerhalb deren alle 26 000

uns winkten noch fernere Reiseziele . So wid meten wir der anziehenden Stadt und ihren Samm

Jahre der Nordpol des Aequators (oder schlechthin

lungen nur den nächsten Morgen. Der Nach

Nordpol) wieder die gleiche Stelle einnimmt. Denn des Aequators bewegt sich um den Pol

der Pol mittag gebührte unvermeidlich dem alten Gergovia . der Ekliptik, wenn auch unmerklich langsam , aber Der Weg (route de Bordeaux) durch das herrlichste doch immerhin so, dass er in 5000 Jahren einen Rebland der Limagne kreuzte zwei Lavaströme,die Bogen von a Draconisbis a.des kleinen Bären durch vom Puy de Gravenoire , einem jungen Vulkan am vordersten Plateaurand, niederziehen und ihren

Verwitterungsschutt zu glücklicher Mischung mit dem Süsswasserkalk des Tertiärbeckens darbieten

als Grundlage ertragreichen Weinbaus. lich übersehen

wir dieses

Vortreff

fruchtbare Land

vom

laufen hat. Mit dieser Veränderung des Nordpols hängt dann auch die Veränderung des Frühlingspunktes im 1) Die beiden ersten Mitteilungen des Autors über diesen Gegenstand sind im Jahrgang 1891 des » Auslanda (Nr. 12 f. u . 20 f.) erschienen .

Anm . d . Red .

60

Die Astronomie der alten Chaldäer .

.

Tierkreis zusammen ; vor 5000 Jahren stand die | nannt) ; in der ägyptischen Mythologie entspricht Sonne am 21. März in der Nähe der Plejaden , um Chr. Geburt im Widder, und heute bereits in den Fischen .

Das Verdienst, in dem

babylonischen Stern-

ihm der Gestalt wie dem Namen nach der oberste

der grossen Neun -Götter, Nu oder Nun .

Es ist

also ganz klar und begreiflich, dass der Punkt, um welchen sich der ganze Himmel dreht, der Nordpol

namen Musir-sar-da (sprich Musir-sadda) oder, wie (das »festgebundene Joch « oder die » Königskrone«, ihn die babylonischen Gelehrten später lasen,

wie das oben erwähnte Musir - sadda von den baby

Musir-kisda, dem »Grossen Gott Anu des Himmels,«

lonischen Gelehrten glossiert ward), mit dem

beziehungsweise dem » Joch des Himmels « , den Nordpol (und zwar den der Zeit cirka 3000 v. Chr., a draconis) erkannt zu haben, gebührt A. H. Sayce

Gotte Anu, dem Himmel selbst , identifiziert wird.

Der Gott Bel (d . i . » Herr«, hebr. ba'al), oder, wie er auf sumerisch heisst, In -lilla, d. i. » Herr der

(Babylonian Mythology, p . 291 1. Anm . 1 ). Sayce

Luft « ,') ist der Sohn des Anu ; er ist der Gott

sagt unter anderem daselbst : » der Himmel wurde

des sichtbaren Himmelsraumes, über welchem

von den Babyloniern als ein zweites chaldäisches

Sterne thronen, wird aber deshalb oft geradezu mit

Tiefland betrachtet, über welches die Sonne ihre Bahn längs der Ekliptik, der » Furche des Himmels,« pflügte. Der Polstern war ihr Joch (dazu die An-

merkung auf S. 291 , wo die betreffenden Stellen

die

Anu, dem Himmelsozean, verwechselt, so dass er

in gewissem Sinn als ein Doppelgänger desselben aufzufassen ist . In der ägyptischen Mythologie entspricht ihm der Gott Schu, der Sohn des Nun

der keilschriftlichen Litteratur angeführt werden ),

und die zweite der neun Hauptgottheiten , die ganz

und Juppiter, der nächste der Planeten an der Ekliptik,

die gleichen Funktionen hat. Bels Gemahlin ist

war bekannt als Lubat-Gudibir, d . i . der Widder

Nin -lilla (Herrin der Luft) oder Ba’u (Himmels

oder Planet des Lichtstieres (das ist eben der Sonne]. ozean , Urwasser, hebr. Bohu ), die Göttin der himm Der Lichtstier (Gud -bir) war also selbst der Pfüger der himmlischen Gefilde, der Sonnengott, der seine stetige

lischen Wasser über dem Luftkreis, die Tet -nut der Aegypter. Ea endlich , ursprünglich In -ki » Herr

Bahn durch die Himmelszeichen dahinschritt, gleich

der Erde« (und der unterirdischen Gewässer, zugleich

dem geduldigen Ochsen , der den Plug durch die aber auch Felder hier unten auf Erden zieht.

Unter diesem

des Teils des himmlischen Ozeans,

welcher sich unter dem Horizonte befindet ), auch

speziellen Namen war Merodach, wie versichert Dugga (auf neusumerisch Zibba oder Sibba ), der wird, eben als der Sonnengott in seiner Bewegung durch die zwölf Tierkreiszeichen des Jahres bekannt .


Sancy, unsere Richtung schnurgerade, ohne Weg und Steg, auf den lac Pavinzu, niedersteigend über

so erschliesst sich eines der schönsten Bilder dieses

die ziemlich ärmlichen Weidegründe der sanft ge-

Berglandes : im Vordergrunde der See, dahinter das

kleinen Berges hinaufgestiegen auf seinen Scheitel,

neigten Lehne. Die Wanderung führte vorüber an Mont Dore-Gebirge, malerisch um den Hintergrund einem »buron « , einer unsagbar armseligen , aus

des Thales Chaudefour aufsteigend zu den beherr

Steinen roh aufgesetzten , mit Rasen gedeckten und, schenden Gipfeln . Am nördlichen Thalrande über wo Mauerritzen klafften, auch seitlich mit Rasenpolstern

dem See enthüllt eine jäh abbrechende Wand, » der

verschlossenen Hirtenhütte. Fast zwei Stunde Stundenn ver verrannen, ehe wir vom hohen Thalrand der Couze

Jungfernsprung« (le saut de la pucelle), eines der

den jenseits dieses Baches in die Flanke eines Vul-

Folge der Ereignisse ablesen, welche die Massen

interessantesten Profile.

Kann man an ihm

die

kanes eingelassenen See in geringer Entfernung über- | eruptiver Stoffe häuften, in denen nachher das sahen . Wie ein tief unter buschigen Brauen liegen- Flussthal ausgegraben wurde, so gibt über die des, schwarzblaues Auge war sein nahezu kreisrunder

jugendliche Entstehung des Vulkans, der das Thal

Spiegel umfangen von dem Rahmen des Gehängessperrte, die Menge von Pflanzenresten Auskunft, des Puy de Montchal.

Aber nicht nur aus den

welche an der Sohle des Vulkans unter seinen Aus

sanft geneigten Basaltdecken dieses Vulkanes ist der

würflingen in thonigen Schichten sich vorfindet.

Hohlraum des Beckens scharf herausgeschnitten , An einem Kreuzwege, in geringer Entfernung west sondern der grösste Teil seiner ansehnlichen Tiefe

lich vom Dorfe Murols, sammelten wir in kaum

(95m ) sitzt bereits im Gneis, der unmittelbar am einstündigem Suchen eine Mengevortrefflich er Seeufer ansteht . Der düstere, von ernsten Sagen haltener Abdrücke von Baumblättern, meist von umwobene See mit seiner steilen waldigen Umwallung ist ein überaus eindrucksvolles, zum Ver-

Buchen, aber auch Eichen und anderen Holzpflanzen ,

weilen ladendesLandschaftsbild, ein Explosionskrater von typischer Bildung (vgl. Vimont. Annales du Cl .

Reste der Waldung, welche vor dem Vulkanausbruch dieses Thal erfüllt hatte. Andererseits lehnen sich Spuren einer · vorgeschichtlichen Ansiedlung bei

Alp. Fr. I. 1874). Der Montchal hat in das Thal der

Neschers derartig an den Rand des Lavastromes

Couze einen mächtigen Lavastrom ergossen, der

des Tartaret, dass sie seine Existenz schon zur

eine Strecke weit in voller Geschlossenheit erhalten

Voraussetzung haben .

Ausland 1892 , Nr . 6.

Von der Höhe des noch I2

86

Eine Wanderung in der Auvergne.

in Ruinen grossartigen Schlosses Murols (929 m ) warfen wir gegen Mittag noch einen Scheideblick auf dieses fesselnde Vulkangebiet, dem die Morgen-

wanderung gegolten hatte, ehe wir hinabstiegen nach dem überaus anmutig in der Krümmung eines

Thalgrundes eingenisteten Dorf S. Nectaire. Seine spärlich besuchten Heilquellen, seine viertürmige romanische Kirche auf dem steilen Thalrande, den

am Ostende unter der Blockschüttung des Lava dammes, der steile und doch mit lockerem Grus

bedeckte Berg im Westen (Puy de la Rodde) – Alles wird so anschaulich und sinnig beschrieben, dass man jeden Zug der Schilderung wiederfindet und auch ohne den Namensanklang (Avitacum = Aydac, so früher statt Aydat) gern die Gleichsetzung dieses Sees mit dem von Sidonius gepriesenen annehmen -

ein Haus so wunderlich überkleidet, dass das vierte würde. Nur in einem Punkte besteht eine kleine Stockwerk seiner Front dem Parterre der Rückseite entspricht, und als Zeuge der vorgeschichtlichen Be-

Schwierigkeit, über welche der neueste Vertreter dieser Ansicht, der Abbé Régis Crégut, etwas zu

siedlung ein grosser Dolmen waren den kleinen

leichtfüssig hinwegschlüpft. Sidonius gibt seinem

Abstecher wert.

See eine Länge von 17 nautischen Stadien . Crégut

Nur hatte er uns etwas unzweck-

mässig abgelenkt vom besten Wege nach unserem

findet

nächsten Ziele .

Stadium messe 162 m , und eine genaue Aufnahme

das vollkommen

treffend.

Das

nautische

Wir wünschten noch das Südende der Kette

einer Uferlinie mit allen Biegungen führe wirklich

der Puys mit dem grossen Lavafelde, das den lac

auf nahezu 3 km . So einfach erledigt sich die

d'Aydat aufstaut, kennen zu lernen.

Sache nicht .

Das

wäre

Es kann keinem Zweifel unterliegen

von Murols aus recht leicht erreichbar gewesen. (Hultsch , Metrologie , 2. A. , S. 82) , dass dies Eine gute Strasse umgeht oder kreuzt dort ohne nautische Stadium dasselbe ist, welches das Itinerarium Beschwerde die Wurzeln zweier Thäler, deren auf Maritimum für Seewege anwendet. Es ist, ganz 100—150 m vertiefte Rinnen wir nun in wieder wie es sonst die Römer messen , der achte Teil ihrer holtem Auf- und Abstieg auf dem ungewöhnlichen Meile, also das attische Stadium von 185 m . Eine

Gange von S. Nectaire nach Aydat zu queren Längenangabe von 17 Stadien = 3145 m passt dann hatten. Die Sonne hatte kräftig gebrannt. Wir waren recht froh , als wir endlich , auf der letzten Schwelle des Plateaus angelangt, das schöne Becken

auf den lac d’Aydat durchaus nicht. Er misst von West nach Ost nur 1400 m und kann, auch wenn wir ihm für die Zeit des Sidonius eine grössere

des lac d'Aydat zu Füssen liegen sahen in einem Ausdehnung bis ans Dorf Aydat zugestehen wollten , breiten freundlichen Thale, dessen jenseitigen Rand

nicht länger gewesen sein als 1700 m . Das Fehlende

die waldigen Höhen der südlichsten Puys krönten. Die Sonne war schon gesunken, als die kühlen Fluten des Sees uns den Staub der Wanderung von

aus den Einbuchtungen und Vorsprüngen der Ufer linie herauszuschlagen, um auf Sidonius' Ziffer zu kommen , ist nicht nur unstatthaft, sondern auch ,

den Gliedern spülten. Der lac d'Aydat (60,3 ha,

wenn man es versucht, unmöglich.

825 m) ist der grösste der 15 Seen der Auvergne. Er liegt etwas tiefer als die meisten anderen . Auch

scheint jeder Zweifel an der Identität von Avitacum und Aydat ausgeschlossen, und an der richtigen

Dennoch er

die geschützte Thallagebegünstigt eine frische Ueberlieferung der in Worten ausgeschriebenen Entwicklung der Laubwäldchen , ein frohes Ge-

Zahl in

deihen der Saatfelder, die seine Ufer säumen .

nicht leichthin zweifeln .

Nur

den

Sidoniushandschriften

möchte

ich

Ueberlese ich noch einmal

den Lavadamm am unteren Ende deckt dürftiger

die Worte : » ipse autem (lacus) secundum mensuras quas ferunt nauticas in decem et septem stadia pro der Ufer erinöglicht eine leichte Ausnützung des cedit«, so scheint eine andere Möglichkeit nahe zu ansehnlichen Fischereiertrages (2500 kg im Jahr). liegen . Die Ausmaasse des Sees wären mit 10 Stadien Etwas abgelegen von den belebteren Strassen ist für die Länge und 7 für die Breite annähernd richtig das Ufer dieses Sees eine unübertreffliche Sommer- angegeben. Die Worte sind zweideutig gewählt. Man frische, wie geschaffen zu behaglicher und doch könnte sagen : absichtlich , wenn der Schreiber nicht nicht gedankenloser Ruhe nach ernster Arbeit. ein Heiliger wäre. Wunderbarerweise ist erst ganz neuerdings am Anziehend wäre es gewesen, dem Abflusse des schönsten Platze des Nordufers in Sauteyras ein Sees zu folgen, zu sehen, wie er, von den durch kleines, nettes Hotel errichtet worden . Das Altertum höhlten Lavamassen aufgesogen , ganz verschwindet Kieferwald .

Das vorherrschend sanfte Einschiessen

verstand besser die landschaftlichen Reize dieses

und dann in einer Menge kräftiger Quellen eine

Sees zu würdigen . Zu den anmutigsten Landschafts- Wiedergeburt erfährt. Aber unser Ziel war Clermont. schilderungen , die

uns hinterlassen , gehört

Auf einer neuen Strassenanlage durchschnitten wir

das Gemälde einer Villa am See von Avitacum in

in 1600 m Breite die Cheire, den riesigen Lava

einem Briefe des Sidonius Apollinaris (II, 2). Der

strom , welchen die südlichen Puys, namentlich

es

muntere Bach, der ihm zuströmt, der sumpfige der Puy de Lassolas und der Puy de la Vache Grund am oberen Seeende, die bald sanft, bald mit

ergossen

haben .

Nur

langsam

bewältigt

malerischen Steilrändern zum See abfallenden Ufer, erobernd vordringende Vegetation die die die aus festen Gesteinsblöcken aufgebaute Insel in Mitte seiner Wasserfläche, der verborgene Abfluss

die

nackten

schwarzen Lavahaufen , die bald in wirrer Vereini

gung weite Flächen decken , bald übersichtlich sich

Die Astronomie der alten Chaldäer .

87

gliedern in lange Wälle , zwischen denen ebene, | kudurrî-uçur II. (2,36 und 3,21 ) erwähnt)? Auch dem Gras- und Baumwuchs zugänglichere Mulden

liegen. Die Karte zeigt, wie dieses 8-9 qkm grosse

ein früherer König, Kassu -nadin -achi (c . 1060) scheint 4,46 genannt zu sein . Die Bilder, und auf diese

Lavafeld das Wassernetz des Landes teils verändert,

kommt es

teils wenigstens verdeckt . Die Lavaflut folgte einem vorgefundenen Thale, dessen Wasserlauf (von NW) mit der Veyre , dem Bache von Aydat ,

gleichen wie auf B (Caillou de Michaux ), nur dass

(aus SW ) unter rechtem Winkel sich vereinigte. Sobald der Lavastrom die Stelle des Wasserlaufes

eingenommen hatte , dämmte er die Seitenbäche , den von Randanne, den von La Cassière, schliesslich selbst die Veyre auf zu Seebildungen , deren Wasser er langsam aufsaugend verborgen abfliessen liess. Nur der lac d'Aydat ist ein beständiger See. Die beiden kleineren weiter nordwärts füllen sich nur im Herbst zur Zeit der stärksten Niederschläge

und entleeren sich dann allgemach durch die unterirdischen Abflüsse.

uns ja am

meisten

an , sind ganz die

wie auf A und D statt der Fischschwanzziege die Schildkröte erscheint. 9. Tafel des Berliner Museums, datiert aus dem 28. Jahre des Königs Nabu -pal-idinâ (c . 870 bis 830, also c . 832 v . Chr.) und dem 11. Jahre seines Nachfolgers Marduk -shum - idinâ ( c . 819), also 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts ; danach ist also die Zeitangabe in Artikel II ( 1891 , Nr. 20 ) zu

korrigieren . Siehe die Beschreibung der Bilder ebenda S. 405 .

10. Der sogenannte Sargonstein des Berl . Mus ., datiert aus dem 2. Jahre seines Vorgängers Salman asser IV. (725 v . Chr.) und dem 11. Jahre Sargons

Vor La Cassière betritt man wieder den Granit. (70 v. Chr.); siehe Art . II (Nr. 20 ), S. 404. Aber noch mehrfach sahen wir ihn auf der weiteren

Wanderung von neuem verschwinden unter Lavadecken .

Am Rande einer solchen brechen die

kalten Quellen von Fontfreide hervor, in dessen Nähe ein der pierre de Volvic völlig ähnliches Gestein , eine gut zu bearbeitende Andesit-Lava gewonnen wird . Vom Weiler Pardon, der nahezu 1000 m

II . Der schon oben zu Nr. 3 erwähnte Ber liner Merodach baladan -Stein ; siehe Art. II (Nr. 20), S. 404. Endlich 12. das Fragment der Berliner Museen ( VA. 211 ), ebenda (S. 404, Anm . 1 ) erwähnt und chronologisch noch unbestimmt.

Zu der Auseinandersetzung über die Saat- und

hoch liegt, senkte sich dann der Weg beständig Erntezeiten in Babylonien (Schluss von Art. 1 , in bis an den gegen die Limagne abbrechenden Rand Nr. 14, S. 271 ) ist nachzutragen , dass die auf die des grossen Plateaus. Wir erreichten ihn am Puy erste Aussaat (Dez.) folgende erste Ernte nach de Gravenoire. Von seinen Flanken , die in einem Oppert ( siehe Jensen , Kosmol., S. 500) Februar grossen Aufschluss eine ungeheuere Anhäufung braunroter Lapilli entblössen , übersieht man das

März (Adar) stattfand, wodurch also der Name dieses Monats ( » Erntemonat«) seine genügende Er

schöne Gefilde, in das einst seine Lavaströme niedergingen . Sie liegen heute geborgen unter den

klärung findet . Dagegen behält der von mir aus den Namen für Tammuz (Aussaat-Monat) und Elul

Rebstöcken, die den ganzen Abhang gegen Clermont ( »Aehre der Göttin Istar« ) gezogene

Schluss,

wonach diese Namen nur für eine Zeit, da die

in dichten Reihen überkleiden . An einem schattigen Platze, der dieses gesegnete Land schön übersehen

Sonne am

liess, sättigten wir uns noch einmal an dem Ge-

seine volle Giltigkeit, und ich möchte im Zusammen

1. Nisan im Zeichen des Krebses stand ,

samteindrucke dieses Gartens des Arvernerlandes, hang damit noch darauf hinweisen , dass die ägyp ehe wir in die Gassen seiner Hauptstadt nieder-

tischen Dekanlisten stets mit dem Zeichen des Krebses,

stiegen , um von diesem Stück französischer Erde

nicht etwa mit den Plejaden , beginnen, worin eine

Abschied zu nehmen.

uralte aus der babylonischen Heimat der Aegypter herübergebrachte Erinnerung erhalten zu sein scheint. Wir hätten damit die sumerische Kultur bis c. 7000

Die Astronomie der alten Chaldäer . Von Fritz Hommel (München ).

v. Chr. zurückverfolgt. b) Die lumashi- und tikpi-Sterne. ( Fortsetzung .) Die astronomischen Listen der Babylonier ent 5. Brit . Mus. Nr. 106 ( vielleicht auch Nebukadrezar I.) der in Art . I sub Lit. D beschrie- halten unter anderem zwei Verzeichnisse von je bene Stein . sieben ( einzeln auch sonst in den Texten begeg 6. Caillou de Michaux in Paris, (wahrscheinlich nenden) Fixsternen , welche sie die lu -ma - shi Anfang der Regierung Marduk -nadin -achis), der Sterne (worin vielleicht lu unausgesprochenes in Art. I sub Lit. B beschriebene Stein .

7. Brit . Mus. Nr. 105 ( 10 -Jahr Marduk-nadinachis, c . 1117 v. Chr.), Lit. C. in Art. I. 8. Brit. Mus. Nr. 102 (5. und 22. Jahr des Nabuukin-apli, um 1000 v. v Chr., also etwa Ende, des

beiden Namen » Nabu-ukîn-apli und Nindar-kudurrî-uçur, König«

11. Jahrhunderts); auf dem gleichen Stein wird auch das 2. Regierungsjahr seines Nachfolgers Nindar-

annehmen dürfen , dass auch der Sohn und Nachfolger Nabu ukîn -aplis Nindar-kudurrî- uçur geheissen hat .

1) Auch der dritte Vorgänger des Nabu -ukîn -apli hiess Nindar-kudurrî-uçur; doch da 4,42 von einem » Nindar-kudurrî.

uçur, Sohn des Königs « die Rede ist und der Stein mit den

(in dieser Folge, nicht etwa umgekehrt) schliesst , so wird man

Die Astronomie der alten Chaldäer.

88

Determinativ ist) und die tikri-Sterne nennen . Wir

ständlicher Weise auf den Orion für dieses Gestirn

sahen schon oben , dass in dem Teil des Welt- hinweist ; es heisst nämlich 3. Rawl . 53 , Nr. 1 , schöpfungsepos, welcher von der Erschaffung der 2. 71 : »der Stern der schwangeren Frau, welcher Gestirne handelt, zuerst von diesen lumashi- Sternen zwischen dem shibu -Stern (das ist aber die semitische die Rede ist, dann erst von den 36 Dekanen , den Uebersetzung des sumerischen shugi) und dem eigentlichen Ekliptikalsternen.. » Schön machte er Anu-Stern steht«, wozu die Glosse gefügt ist : » der die Standorte der grossen Götter (am Himmel), das Anu- Stern ist hier der Widder « . Dass hier unter heisst: des Anu, Bel und Ea , Sterne gleich wie sie, der schwangeren Frau nur die dem Widder nächst die lumashi, setzte er ein ; er kennzeichnete das benachbarten Plejaden, dann aber selbstverständlich Jahr mit allen Bildern, die er machte, ( für die) zwölf unter dem Scheich (denn das ist die Bedeutung Monate Sterne, (je) drei an Zahl, setzte er eina , von shugi und shibu ) nur der Orion gemeint sein so beginnt die fünfte Tafel. Die Namen der sieben kann , leuchtet ein . Auch die übrigen dort folgenden

lumashi, die an zwei verschiedenen Stellen der Zeilen sind von Interesse : » die Zwillingssterne, die astronomischen Texte immer unmittelbar nach den sieben tikpi -Sternen aufgeführt werden , sind nun folgende: 1. Kakkab ') shu -gi (d. i. » Alter, Scheich « ).

2. Kakkab ud -ka-gab-n (d. i . »maulaufsperrende Bestie« ). 3. Kakkab sib -zi- anna (d. i . »treuer Hüter des Himmels « ).

vor dem Gott Anu stehen , hier ist Anu der Stern

Allul ( sonst Delphin ); der Stern der schwangeren Frau, der vor dem Gotte Bel nach Osten zu gelegen

ist (?) , entspricht dem Shugi-Stern; der Stern , der hinter ihm steht, ist der In -tinnina -bar-shigga (wozu als Glosse : der Stern J. der Stern Allul) « . Dazu ist folgendes zu bemerken : mit den Zwillingen vor Anu waren wahrscheinlich die beiden helleren Sterne

4. Kakkab kak -si -di (d . i . » nördliche Waffe« ). des Kleinen Bären (die » zwei Kälbchen « der Araber) 5. Kakkab in - timinna -bar-shigga (d.i. »Schwanzstern « ?), auf semitisch chabaçirânu genannt .

6. Kakkabia-chu (d. i. ia-Vogel, Adler, semit. irù ). 7. Kakkab pab-bil-sag. Von diesen Sternen waren bisher nur der Sib-zi-anna durch Epping als in nächster Nähe von der Zwillinge, wenn nicht gar mit diesem

vor dem Nordpol (Anu) gemeint, und nur der Glossator hat dieser Stelle durch seine Bemerkung » Anu hier = Allul« eine andere, uns noch unver

ständliche Deutung gegeben ; dagegen ist das fol gende klar, wenn wir annehmen, dass es noch einen anderen Stern der schwangeren Frau gab , die

identisch, bekannt, und etwa noch der Adlerstern ,

Wega, der, wenn er aufgeht, östlich vom Nordpol der Ekliptik steht, hinter dem der Deneb sich be

falls man, was von vornherein wahrscheinlich , diesen

findet, und dessen Gegengestirn auf der andern

letzteren mit dem schon von Griechen und Arabern

Hälfte des Himmels in der That der Orion ist .

» der fliegende Adler « (daher unser Atair, arab. at-

Das Wort, das ich mit »entsprechen

tâir » fliegend« , im Sternbild des Adlers) genannten

habe, wird öfter vom » entsprechen eines Gegen

Stern identifizierte. Weiter unten werde ich zeigen, dass Shugi (auch semitisch Shîbu » Scheich «, wörtl . » Greis« ) der Orion, Kak - sidi ( semit. k. mishrû d . i . » nördlicher« Stern) der Prokyon , und In-timin -bar-

gestirnes« gebraucht. Aber noch eine andere Bestätigung für Shugi

shigga (auch En -te-na-mash-lum nach allzu mechani-

scher Transskription) der Deneb (arab. dhanab

übersetzt

= Orion gibt es jetzt in einem kürzlich von Pater

Strassmaier (Zeitschr. f. Assyr. 6, 241 ) edierten Täfelchen aus dem Jahr 138 v. Chr. Dort heisst es nämlich von den Sternen Shugi und Kak-ban

» Schwanz«) ist. Da wir dadurch eine fortlaufende (letzterer, der Bogenstern , nach Eppings Berechnung der Sirius !), dass der erstere am 4. Kislev unter und am 24. Ijar aufgeht, während der letztere (der 3. y der Zwillinge, 4. Prokyon, 5. Deneb, 6. Adler, :) | Sirius) am 19. Arachsamna (Marcheschwan ) unter

Reihe bei wenigstens fünfen von den sieben lumashiSternen gewonnen haben , nämlich I. Orion, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass auch die

und am 12. Sivan aufgehe. In diesem interessanten

Nummern 2 und 7 innerhalb dieser Reihe stehen, also Ud -ka -gab-a irgendwie zwischen Orion und

Text, der zuerst von den Feiern des längsten Tages (11. Tammuz) und der längsten Nacht (3. Kislev)

y der Zwillinge und Pa-bil-sag östlich vom Adler (mit andern Worten irgendwo zwischen Adler und Orion), und dass die Anordnung der ganzen Liste

eines Elulschaltjahres in den beiden grossen Tempeln

keine zufällige, sondern eine nach der Folge der

klagen um den Gott Tammuz (Adonis) im Monat

betreffenden Sterne am Himmel längs der Ekliptik ist .

Tammuz und um den Gott In -mi-sharra (= Nergal,

Was nun zunächst den Shugi-Stern anlangt,

den Gott des Totenreiches und des Pflanzenwachs

so gibt es eine Stelle, welche uns in unmissver-

tums ! ) im Monat Tebet 1) spricht, werden von allen Sternen gerade nur der Shugi und der Sirius, offenbar als zwei von ganz besonderer Bedeutung,

1) Babyl. kakkabu (arab . kaukab, hebr. kokabh) heisst » Stern « und wird künftig nur durch k . abgekürzt werden.

2) Man beachte, dass der Deneb eher als der Adler aufgeht, also auch vor diesem bei einer Aufzählung genannt werden musste .

von Babel und Borsippa, I- sagilla und I-zidda, handelt, im weiteren Verlauf auch von den Toten

1) Wenn kein zweiter Elul eingeschaltet wird , dann ent spricht dem längsten Tag (21. Juni) Anfang Tammuz, und der längsten Nacht (21. Dez.) Anfang, bzw. Mitte Tebet.

Die Astronomie der alten Chaldäer.

89

erwähnt und dabei der heliakische Auf- und Unter- » wildes Tier, Drache « vorliegt , wie ja überhaupt gang mitgeteilt. Nehmen wir den 24. Ijar als Anfang Juni, so ist der 4. Kislev, falls kein zweiter Elul eingeschaltet wurde, ungefähr Anfang Dezember, der 12. Sivan ungefähr Mitte Juni, und der 19. Arachsamna ungefähr 21. November. Also :

die Drachen und ähnliche Ungetüme verschiedenster Art im Tierkreis eine so grosse Rolle spielen. Das Wort îmu selbst hat seine Aequivalente im arabischen ajim ( für awim ) und aim » Schlange«, dem hebr. êm » schrecklich « (dann auch Bezeichnung für

»Götze « ) und dem südarabischen Götternamen Anfang Juni: Aufgang des Shugi ( 24. Ijar) . Aum (beziehungsweise Awîm ). Der gleiche Name c. 20. Juni: Aufgang des Sirius ( 12. Sivan ). Udka-gaba (»schnappender oder brüllender ümna) c . 21. Nov .: Untergang des Sirius ( 19. Marche kehrt noch einmal als Gegengestirn unseres zweiten

schwan ).

lumashi-Sternes wieder (im Sternbild des Ophiuchus),

c . 6. Dez.: Untergang des Shugi (4. Kislev) .

gerade wie andererseits das im Ophiuchus lokalisierte

Welches ist nun der Stern, der 2-3 Wochen

» Schlangengestirn « in der Reihe der »zwölf Sterne

vor Sirius autgeht, um aber erst cirka 14 Tage nach des Westlands« statt unseres Ud-ka-gabagleich dem Orion erscheint, oder wie die Tierkreis nach ihm unterzugehen ? Selbstverständlich nur ein

nicht weit von ihm , aber nördlicher und näher an

ungeheuer des Weltschöpfungsepos sowohl an vierter

der Ekliptik gelegenes Gestirn, das ist aber einzig Stelle einen » grossen imu«, als auch unter Nr. 7-9 und allein der Orion ! Hier sei auch noch erwähnt, (zwischen Ophiuchus und Fischen ) drei » aufeinander

dass wie bei den Babyloniern nach obigem Texte

folgende ümu« (von denen einer sicher die mit

gerade Orion und Sirius eine ganz besondere Be Drachenleib abgebildete Fischziege ist) aufweisen .

deutung hatten,, dies in gleichem Maasse mit den- Ueberhaupt können wir des öfteren in der Ge selben beiden Sternen bei den alten Aegyptern der

schichte der Sternnamen konstatieren ,

Fall gewesen ist. Ja sogar die ägyptischen Namen

gleiche Name ausser

an

dass der

seiner ursprünglichen

Stelle auch noch auf der genau gegenüberliegenden indem ägypt. sech » Orion « nichts anderes als shugi Seite des Himmels wiederkehrt; so entspricht dem scheinen auf babylonischen Ursprung hinzuweisen,

sein wird, ägypt. sopd Sirius (vgl. ped »Bogen«) arabischen simâk (Spica in der Jungfrau ) der samak nur eine Uebersetzung von babyl. Kak -ban »Bogen

(Sternbild der Fische), dem babylonischen Schakal

stern « darstellen dürfte.

stern im Stier ( Aldebaran) ein Schakal (lig-badda, jüngere Form von lig -barra ) im Skorpion (Antares,

Es gibt eine Liste der » zwölf Sterne des West

wahrscheinlich weil beide durch ihre rote Farbe an

landes« , welche mit dem ash -kar- oder Ziegenstern , die graurötliche Färbung der Wüstenschakale er

das ist der Capella , beginnt, dann den Shugi (Orion) | innerten ) etc. etc. nennt, dann den Schlangenstern, den Kak-sidi ( Prokyon ), die » grossen Zwillinge (Kastor und

Wo nun genauer die Stelle des » rachenauf

Pollux) und den bir -Stern (wahrscheinlich die

sperrenden ümu« am Himmel war, ist schwer an

» Wage« ). Die Erwähnung des „ Schlangensternes« unmittelbar nach dem Orion und vor dem Prokyon

zugeben ; entweder da, wo unser Hase (südlich vom Orion)) sich befindet, oder vielleicht besser an Stelle

(über welchen ausführlich nachher) führt uns zu

des Einhorns mitten zwischen Orion , Sirius, Prokyon

dem ihm in der Liste der lumashi-Sterne (zu denen

und , der Zwillinge.

wir nun zurückkehren ) offenbar entsprechenden Ud -ka - gaba oder »der den Rachen öffnenden Bestie . Die semitische Uebersetzung des sumeri-

oder der treue Hüter des Himmels .

>

Der dritte lumashi- Stern ist der Sib -si- anna Ent

weder ist dadurch y der Zwillinge gemeint, da

schen Namens würde etwa lauten : îmu (d . i. »Tag« , nach Epping die » Zwillinge der Gegend des Sib aber auch „Bestie« , » Drache« ), sha (welcher) på zi -anna« bei y gemin. standen (also wohl po und ny (den Mund) ipáti (öffnet ). Wer erinnert sich hier der Zwillinge ), oder aber Beteigeuze , der rote nicht sofort an den löwenköpfigen , den Rachen

Stern erster Grösse im Orion .

aufsperrenden Drachen der altbabylonischen Grenzsteine, der dort mit der sogenannten Geierschlange

Es wäre dann ur

( wahrscheinlich Hydra) zwischen Stier und Hund

sprünglich Sib- si-anna blos ein Teil von Shugi, der aber im Lauf der Zeit auch (mit seinen Zwillingen ) als einzelnes Bild aufgefasst wurde. Jedenfalls

(unserm Löwen ) im Tierkreis erscheint ? Ich bin

muss dieser Stern eine hervorragendere Bedeutung

bei Besprechung der Zodiakalausdrücke des Welt-

gehabt haben , wie nicht blos der Name » treuer

schöpfungsepos am Schluss von Artikel II (oben Hüter des Himmels «, sondern auch der Umstand S. 406 in Nr. 21 ) von der irrigen Ansicht ausgegangen , als sei ûmu in »grosser ûmu « und in »die aufeinanderfolgenden ümu«, wie auch in unserm

lehrt, dass an ihn zugleich mit dem Kak -sidi(Prokyon ) Gebete gerichtet wurden . Wenn es , trotz der etwas

»den Rachen öffnender îmu « das Wort für » Tag “,

sterne bei q gemin. mit dem hellglänzenden Sirius in engere Beziehung zu setzen – bei den Chinesen

weshalb ich auch fragend dort » den Tag eröffnend « übersetzte , habe mich aber indes überzeugt , dass in all diesen Ausdrücken das andre Wort imu

weiteren Entfernung , gestattet wäre, die Zwillings zum Beispiel ist der Sirius ein Paranatellon der Mond

station y der Zwillinge - , so würde ich am liebsten >

Die Astronomie der alten Chaldäer.

90

Sib - si-anna für ein einfaches Synonymum von Kak- men , das erste (von ihm durch Kälte übersetzte ) ban » Bogenstern « (Sirius) halten ; doch ist dies bis Wort heisse wirklich Kälte, das dritte Wort shuripu von einem Zeitwort sharâpu » brennen «, kann also jetzt nicht direkt erweisbar. ?) Der vierte lumashi - Stern ist der Kak-sidi, unmöglich » Schnee « bedeuten, zweitens deutet der

» nördliche Waffe« , auch geradezu

Ausdruck » wie Kupfer glühen« auf eine intensiv

»Lanzenstern « genannt. Jensen hat mit allen

weisse (bzw. gelbe) Farbe, nicht auf eine rote, da von dem bekannten Weissglühen dieses Metalles die Rede ist und endlich, was das entscheidende, wird der Kak -sidi-Stern durch andre, speziell astro

das

ist

möglichen Gründen zu beweisen versucht, dass dieser Stern der Antares im Zeichen des Skorpions sei ; vom Jahre 1886-1890 hat er an den verschiedensten

Orten diese Ansicht verfochten und zuletzt (Kosmol.

nomischen Texten entnommene Stellen endgiltig

S. 49) triumphierend ausgerufen : » dann ist der Kak-sidi der Antares und wird der Antares bleiben . « Anlass gab die schon vielfach übersetzte Stelle eines Jagdberichtes des Assyrerkönigs Tiglatpilesers I.

als der Prokyon bestimmt. Vor allem ist es folgende, auch von Jensen citierte, aber ihrem

(c. 1100 v. Chr .), wo es heisst : » In den Tagen des Föhnwinds (?), des Regens (?), und des Sonnenbrandes, in den Tagen , da der

klaren astronomischen Sinn nach nicht verstandene

Stelle (3. Rawl. 53 , 62) : » im Monat Tammuz holten der Kak -sidi und die Zwillinge den Merkur

ein « , das heisst der Planet ging zwischen den beiden genannten Fixsternen , von denen der zweite in der

Kak-sidi-Stern aufgeht, der (weiss) wie Kupfer glüht Ekliptik liegt, durch , wonach also der Kak-sidi nicht ( fing er auf böcke etc.)«

den

armenischen Bergen

Stein-

Diese Stelle, in welcher bis heute die beiden ersten Genitive noch nicht abschliessend erklärt

blos in nächster Nähe der Ekliptik (wie schon Jen sen richtig erkannte), sondern vor allem in nächster Nähe der Zwillinge (denn diese, a. und ß gem ., sind stets , wenn kein weiterer Zusatz dabei steht, ge meint) sich befinden muss. Dass es aber gerade der Prokyon ist , lehrt die Zusammenstellung des Kak-sidi mit dem Kak -ban -Stern , das ist dem Sirius, in einem lexikalischen Texte der Babylonier. Kak ban heisst wörtlich „» Waffe des Bogens«, Kak

sind, hat schon die abenteuerlichsten Deutungen sich gefallen lassen müssen . Am richtigsten noch hat Sayce schon 1874 übersetzt : » in the days of variable storms (and) heat, in the days of the rising ( like bronze, he hunted «, of Kak- sidi, which (is) wo eigentlich nur Bronze durch Kupfer und ver sidi » Waffe des Nordens« . Dadurch sind also jagte « durch » (welcher) glänzte« (wie letzteres beide Sterne in engsten Zusammenhang gebracht, Jensen scharfsinnig begründet hat) zu ersetzen ist. gerade so , wie die Araber den Sirius den süd Ganz unmöglich dagegen ist die Uebersetzung, lichen Shirâ « und den Prokyon den » nördlichen welche Oppert 1880 in seinem in weiten Kreisen Shi'râ « nennen . Nun geht in der That der Prokyon mit Aufmerksamkeit gelesenen Aufsatze über den

zu allem Ueberfluss mitten in der Sommersglut auf,

Bernstein bei den Assyrern gegeben hat : » in den Meeren des Sturmes (d . i . in der Ostsee) fischten seine Händler Perlen (und) in den Meeren, wo

also ganz in Uebereinstimmung mit der Angabe gesprochenen Worte: » der erste Fixstern wäre somit

der Nordpolarstern hochsteht, was wie Kupfer aussieht (d. i . eben Bernstein )«. Dem hat Jensen

durch Rechnung und auf logisch -mathematischem Wege bestimmt« und die weiteren vom Jahre 1890,

1886 die Uebersetzung (mit eingehender philologischer, teils treffender, teils aber auch verfehlter

Kak -sidi vist der Antares und wird der Antares

des Assyrerkönigs . Jensens 1886 im Triumph aus

bleiben

wirken nun in der Sicherheit, mit der sie

Begründung) entgegen gestellt : » in den Tagen der ausgesprochen sind und die leider viele verblüfft hat, Kälte, des Hagels (?) und des Schnees, in den Tagen , doppelt naiv und charakterisieren hinlänglich die wo der Kak-sidi wieder (am Morgenhimmel) sicht- zahlreichen Trugschlüsse auf mythologischem wie bar wird, welcher (rötlichweiss) wie Kupfer glühte«, astronomischem Gebiete in seiner »Kosmologie der und daraus des weiteren die ganz irrige (weil auf Babylonier«. Darüber kann sich jetzt jeder, der nur falscher Voraussetzung beruhende) Folgerung ge- einigermassen von populärer Astronomie etwas ver zogen , dass ein rötlichweiss glühender c. 900 ( bzw. steht , ein genügendes Urteil bilden . auch 1100) v. Chr. in den assyrischen Gebirgen Der fünfte lumashi- Stern unserer Liste ist der im Winter heliakisch aufgehender Stern nur der

von mir In -tinnina -bar-shigga transskribierte Stern ,

damals und daselbst im ersten Drittel des November früh am Horizont sich erhebende Antares sein

den schon Sayce auf Grund lexikalischer Angaben des babylonischen Gelehrten als „ Schwanzstern «

könne. Nun kommt aber einmal, auch angenom - gedeutet hat, eine Deutung, die ich noch näher ') Wenn man die babyl. Erklärung von S. als „ der mit der Waffe (kakki) durchbohrt « mit Sayce durch » he who fights with arrows« deuten dürfte, dann läge allerdings die Identifikation mit dem Bogenstern sehr nahe. Jedenfalls scheint die eben an

zu begründen im stande bin , deren Ausführung aber in eine assyriologische Fachzeitschrift gehört. Nun gibt es zwei bekannte Schwanzsterne, einmal den Schwanz des Löwen « , Denebola (d . i . arab.

geführte Erklärung auf eine nahe Beziehung des S. zu einem der

Deneb-ol-asad), und den schlechthin Deneb (arab.

beiden „ Waffensterne «, Prokyon oder Sirius (kak-sidi oder kak

dhanab oder deneb »Schwanz « ) genannten Haupt stern des Schwan. An Stellen , wo von einem Ein

ban ) hinzudeuten.

Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis.

91

gehen der Sonne in die Station des In-timinna-bar- neues Licht auf die schon früher besprochene Partie shigga die Rede ist, wird der Denebola gemeint der babylonischen Mondstationentafel; es sind die sein, da der Deneb dazu doch zu weit von der Ekliptik abliegt. Aber an der oben beim ShugiStern angeführten Stelle ist ebenso gewiss vom Deneb die Rede.

Zeilen 11 – 16 , ganz in Bestätigung dessen , was ich oben mehr vermutungsweise über sie ausgesprochen, also zu kommentieren :

Zeile 12 : » Stern mu -sir -sadda ( Nordpolarstern)

Da nun die lumashi- Sterne im

Gegensatz zu den sieben tikpi-Sternen eher hell-

Gott Anu « .

(Schluss folgt.)

glänzende Sterne in der Nähe der Ekliptik (wie

z. B. Orion , Prokyon , Adler) als solche innerhalb

Der Olivenbaum und seine Industrie in der

der Ekliptik selbst vorstellen und ausserdem , wenn hier der Denebola gemeint wäre, für die zweite Hälfte der Ekliptik gar nur zwei Sterne ( gegenüber fünfen der ersten Hälfte) vertreten wären, so halte

Von Rudolf Fitzner (Sousse in Tunisien). Im alten Athen wurde am Panathenäenfeste von

ich es für wahrscheinlicher, dass hier der Deneb in Aussicht genommen ist .

einem weissgekleideten Jüngling mit goldener Sichel ein grünes Reis vom heiligen Olivenbaume auf der

Regentschaft Tunis.

Der sechste lumashi-Stern ist der Adler-Stern , Akropolis geschnitten, ein Zeichen des Friedens und über dessen Identität mit unserm Adler ( spezieller

der Keuschheit, und der Göttin für die Gabe , die

vielleicht seinen Hauptstern , Atair) wohl kein Zweifel

Attika Wohlstand und Ansehen verliehen , ein inniges

sein kann. Sein Gegengestirn ist der kleine Hund mit dem Prokyon, weshalb beide, Adler-Stern und Kak-sidi , gelegentlich zusammen ( bzw. nacheinander)

Dankgebet dargebracht. Vom Jonierlande fand der aus Asien eingeführte Olivenbaum eine rasche Ver

Der siebente luinashi - Stern endlich ist der

breitung über das gesamte Mittelmeergebiet und bildet hier seit mehr als zwei Jahrtausenden einen der hervorragendsten wirtschaftlichen Faktoren. Wie

Pa - bil-sag, den ich südlich der Ea-Abteilung der

unsere Geldstücke oft mit einem Eichenkranz ge

Ekliptik suchen möchte. Es gibt nämlich einen

schmückt sind , so umranken die Münzen Italiens,

Gott Pa-bil-sag , der wahrscheinlich mit dem Gott der untern Ea-Region des Himmels, Nusku, identisch ist ; andrerseits existiert auch ein Gott Pa-sag,

Griechenlands, Tunisiens und anderer Mittelmeer staaten die Zweige des Olivenbaumes.

genannt werden.

welchen man unbedenklich dem Pa-bil-sag gleich

Als der Eroberungssturm der hilalischen Araber in der Mitte des 11. Jahrhunderts über Nordafrika

setzen darf, wie verschiedene Anzeichen ( welche

hinbrauste und die reichen Kulturen blühender Pro

beide Gottheiten mit der Strasse der unterirdischen

vinzen in blinder Zerstörungswut mit Feuer und

Himmelswölbung und dem Feuer, das dort den Weg zeigen muss , verbinden) klar darthun. Da

Schwert vernichtete, da schreckten die wilden Mord brenner vor den Olivenhainen zurück , und diese

nun auch der Gott Pa-bil-sag der »Richter« ge

blieben den verödeten und seiner herrlichen Gärten

nannt wird, gerade wie der » Sohn der erhabenen Wohnung« ?), den wir oben als Stern im Schützen am Anfang der Ea - Region der Ekliptik kennen

und Bergwaldungen beraubten Ländern als einziger

gelernt

haben ,

andrerseits

der

Feuerstern

vor

dem Sterngott In -mi-sharra « (= Nusku ), der mit dem vorigen Stern von den Babyloniern gern verbunden wird, so scheint es, als ob dieser Gott

Schmuck erhalten . Trotz der grossen Indolenz der

Moslemîn ist die Pflege dieser Nutzpflanze bis auf unsere Tage nicht in Vergessenheit geraten und bildet immer noch die vornehmste Einnahmequelle

der angesessenen Bevölkerung. Wenn ich in Nachstehendem besonders die Ver

sag, Pa-sag , Pa ) an zwei Orten des Himmels,

hältnisse in der Regentschaft Tunis , welche ich während eines mehr denn dreijährigen Aufenthaltes

nämlich am Anfang sowohl, wie am Ende der Ea-

eingehender kennen zu lernen Gelegenheit hatte,

in seinen verschiedenen Namensvarianten

(Pa-bil-

Ich werde das an

vor Augen habe , so hat doch meine Darstellung

andrer Stelle zur Gewissheit erheben und es ist nun

auch für die übrigen Provinzen Nordafrikas Giltig keit, da die Unterschiede derselben in Boden , Klima

Strasse, lokalisiert worden sei .

nur die Frage, ob unser Pa -bil -sag - Stern , der den Abschluss der sieben lumashi bildet, etwa mit Mira

und Lebensweise ihrer Bewohner nur recht geringe

ceti im Walfisch oder aber mit einem zwischen

sind.

Ophiuchi und + des Schützen zu suchenden Stern zu identifizieren ist . Da die Stellung nach dem Adler für das erstere spricht, so werden wir unbedenklich den Pa-bil -sag-Stern am Schluss der EaRegion suchen dürfen . Damit fällt nun auch ein 1) Dieser Gott wird auch schlechthin » Sohn der Wohnung (mâr bîti) , d . i . wohl Ea's, genannt und mit Tammûz identifiziert .

Der kosmische Ort, der als sein Wohnsitz angegeben wird, war die Stadt Maliki (Variante Malaki) d . i . Ort der » Entscheidung « (Hades ), der babylonische Scheol .

Der

Olivenbaum ,

welcher der

Familie der

Oleaceen angehört, hat, wie die meisten strauch und baumartigen Gewächse der Mediterranflora, immergrüne, lederartige Blätter, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit denen der Weide besitzen, jedoch wesentlich kleiner sind, und treibt im Mai zierliche,

weisslichgrüne, vierfach gezackte Blütenkelche, die einen leisen , kaum wahrnehmbaren Wohlgeruch be sitzen .

Die kleinen Steinfrüchte, welche sich nach

der Blüte bilden , reifen den Sommer hindurch lang

Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis .

92

sam aus, werden schliesslich dunkelblau und können

nischen Zwecken verwendet, dagegen auch von der

je nach den Witterungsverhältnissen vom November ärmeren, einheimischen Bevölkerung, welche gegen an abgenommen werden. Die Stämme stehen in lichten Hainen je etwa zehn Meter von einander entfernt und sind in un-

in der Küche benutzt .

regelmässigen Gruppen über die ganze Regentschaft verteilt .

den diesem Oel anhaftenden , bitterlich ranzigen Geschmack ganz . empfindungslos zu sein scheint,

Der Gesamtbestand beziffert sich auf ca.

Die Haupternte findet in den Monaten Dezember bis Februar statt und zieht sich in kühleren Jahren

8095 800 Stämme; hiervon entfallen ca. 3278950 auf das reichgesegnete und wegen der Vorzüglichkeit seines Oeles berühmte Ssahelgebiet der Ostküste, ca. 1687200 auf die Halbinsel Dachela, welche das Kap Bon nach Sicilien hin vorschiebt , ca. 1000000 auf die Umgebung von Sfax, ca. 652 500 auf die

manchmal bis in den März hinein .

Die Oliven

werden in ziemlich roher Weise von den Besitzern

und ihren Söhnen mit langen , derben Knütteln von den Zweigen geschlagen und in grossen, unter dem Baume ausgebreiteten Tüchern von den Frauen aufgefangen . Dann werden die Früchte von den mit

von betriebsamen Berbern bewohnte Insel Djerba,

ihnen zugleich abgeschlagenen Blättern in ähnlicher

ca. 452 840 auf die fruchtbaren Thäler um die

Landeshauptstadt und der Rest auf die übrigen

Weise , wie das Getreide auf der Wurftenne, ge reinigt und in die Oelmühle übergeführt. Während

Kantone.

der Erntezeit bleiben die Familien meist den ganzen

Der Olivenbaum liebt hügeliges Land und Tag über in den von ihren Wohnungen oft weit folgt vorzüglich der Meeresküste , an der wir die grössten und am besten entwickelten Kulturen

entfernten Olivenpflanzungen und nähren sich fast ausschliesslich von Brot und gerösteten Saubohnen,

finden , während er im Binnenlande nur sporadisch welche letztere von ambulanten Händlern den Ar auftritt.

Es sind vielfach alte, ehrwürdige Stämme, deren

Wipfel in der frischen Seeluft rauschen und welche immer noch einen reichen Fruchtsegen auf die

beitern zugetragen werden . Die Verarbeitung des Ernteertrages fand bisher in recht primitiver Weise ausschliesslich in arabi schen Oelmühlen statt, welche ein dem europäischen

Der

Geschmack wenig zusagendes Produkt lieferten,

Stamm teilt sich gewöhnlich in einem Meter Höhe

und erst seit der französischen Occupation hat die

Enkelkinder ihrer

Besitzer herniedersenden .

über dem Boden drei- oder vierfach, und die sich

europäische Unternehmung den reichen Erträgen

in phantastischen Formen windenden und krümmenden Aeste gabeln sich wieder mehrfach in kleinere, das Blattwerk tragende Zweige , welche eine abgerundete, der unserer Kopfweiden nicht unähnliche

der tunisischen Olivenpflanzungen ihr Interesse zuge wendet und gewinnt durch rationelle Behandlung der Frucht in grossen , mit allen Vervollkommnungen der Jetztzeit eingerichteten Fabriken ein ausgezeich

Baumkrone bilden . Die Pflege, welche die Einge-

netes Oel.

borenen ihren Olivenkulturen angedeihen lassen , ist

Die gewöhnliche arabische Oelmühle (mâçera)

eine im Verhältnis recht geringe. Zweimal im Jahr

ist ein niedriges, gewölbtes und fensterloses Ge

nach Eintritt der ersten Winterregen im Herbst und dann nach der Ernte im Erühjahr wird der Boden um die Stämme leicht umgepflügt, und die überflüssigen Aeste werden ausgeschnitten. Das auf diese Weise gewonnene Holz findet eine vielfache Verwendung zur Anfertigung von Acker- und Handwerksgeräten, zum Bau der Häuser, besonders zur Herstellung der Zimmerdecken und zum Kochen.

bäude , in dessen Mitte sich ein etwa einen Meter hohoher l gemauerter, runder Aufbau befindet, auf

Die Spazierstöcke, welche so oft in Europa als

welchem der breite und schwere Mühlstein läuft ; derselbe wird durch ein mit einem Kamel oder

Maultier, dem die Augen verbunden sind , be spanntes Göpelwerk in Bewegung versetzt und

die Frucht aufgeschüttet.

Durch den Druck des

Mühlsteines werden Fleisch und Steine der Oliven

zerquetscht und in eine breiartige Masse verwandelt ,

afrikanische Olive in den Handel kommen , ent-

welche in eine breite, um den ganzen Aufbau laufende

stammen nicht dem angebauten Fruchtbaume, dessen

Rinne sickert.

stark gekrümmte Zweige zu diesem Zwecke durchaus untauglich wären , sondern dem wilden Olivenbaume, welcher in den Bergthälern des Inneren und

fläche absetzende Oel abgeschöpft, und die zurück bleibenden Treber, welche noch sehr ölhaltig sind,

Hier wird das sich auf der Ober

werden zum zweiten- und drittenmal auf den Mahlgang

vornehmlich im Nordwesten der Regentschaft in

gebracht. Das so gewonnene Oel heisst sít màçeri

der Umgebung von Ghardimâu anzutreffen ist .

und dient , wie schon oben erwähnt, den ärmeren

Unter normalen Witterungsverhältnissen beginnt die Ernte der Olive Mitte November und

nimmt

damit ihren Anfang, dass die durch Wind oder Wurmstich abgefallenen Früchte von Frauen und Kindern , denen diese Arbeit obliegt , vom Boden

aufgelesen werden. Das aus dieser ersten Auflese gewonnene Oel ist von sehr geringer Güte und wird , wenn es zur Ausfuhr kommt , nur zu tech-

Klassen zu Speisezwecken , in der Industrie als Schmieröl und zur Seifenfabrikation. Das für den Genuss der wohlhabenderen Kreise

bestimmte Oel wird , nachdem die Früchte in der

Mühle zerquetscht sind, in gemauerte Bassins über führt und durch Aufgiessen von Wasser und Treten mit nackten Füssen von den Trebern befreit (sît darb el mä). Durch diesen Prozess wird der nuss

Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis.

artige Wohlgeschmack des Oeles fast rein erhalten

93

Zeiten ist der Zollsatz etwas erniedrigt worden, be

und erreicht bei sorgfältiger Behandlung oft den

trägt aber immerhin noch 20 Piaster 10 Charruben

des in europäischen Fabriken erzeugten Oeles.

(etwa 10,30 Mark) für netto 100 Kilo Oel. Die Olivenkampagne des letzten Winters, welche

In einzelnen älteren , arabischen Mühlen wird das Oel einem umständlichen Filtrierprozess unter-

zogen . Der Ausfluss des Mahlganges führt in einen

im Laufe des Monat März ihr Ende nahm , lieferte 27 228 913 Liter Oel . Es ergibt sich für die einzelnen

durchlöcherten und zum Teil mit Strauchwerk und Kantone folgende Produktion : Lehmsand angefüllten Krug, durch welchen das Oel Tunis 1 680 000 L. I Maktar Kairuan mit Hinterlassung aller Unreinlichkeiten in einen Saghuân 59712 700 185 Sousse Bizerte ebenso hergerichteten Krug sickert und schliesslich ‫وز‬

in einem weiteren Gefässe aufgefangen wird. Es Medjez.El-Bâb.50750 ,

21751 L. 41 000

1 3 000 000 4 500 000 »

ist natürlich, dass bei einem solchen Verfahren sehr

Beja

Mehudia Sfax

viel Oel durch Aufsaugung in der porösen Lehm-

Ssûk . El- Arba.

Gabes

4 500000 > 310000 ,

erde verloren geht , und der Wohlgeschmack des

Nabel

Toser

1 30000 is

1 000 000

150000 »

Djerba

filtrierten Oeles, das so allerdings rein und klar wird,

Kef

teuer erkauft wird .

Hierzu treten noch etwa 2 200000 Liter Sulphur

1 600 000

Der Transport des in der mâçera gewonnenen olivenöl, welche im Laufe des Sommers in Sousse Oeles erfolgt in Schläuchen aus Ziegenleder , in welchen die Flüssigkeiten bereits im Altertum mit

durch Extraktion aus den Grignons gewonnen wurden, so dass sich der Gesamtertrag der Regentschaft

Kleinere Mengen von

Tunis für den Winter 1890/91 auf 29 428 913 Liter

Vorliebe versandt wurden .

Oel werden im Hause in grossen , hohen Standge-

stellte.

fässen aus Thon (djarra), die ungefähr so bis 80 Liter

Der grösste Teil der Produktion wird jetzt

Rauminhalt haben , aufbewahrt , grössere , für den

nach Marseille ausgeführt, wo die besseren , tuni sischen Marken gerne gekauft und zur Vermischung

Handel bestimmte Partien dagegen in Cisternen gefüllt, deren Wände mit glasierten Kacheln ausgemauert sind .

Der Inhalt derselben beträgt etwa

100 bis 150 Hektoliter.

Die zahlreichen, in den verschiedenen Produktionsgebieten erbauten Oelfabriken sind vollständig nach französischem oder italienischem Muster mit

mit sogenanntem Provenceröl benutzt werden , die

alten Handelsverbindungen mit Italien dagegen gehen von Jahr zu Jahr zurück und auch die übrigen ausländischen Käufer (Malta,Griechenland, Türkeiu. a.) werden nach und nach von den französischen Händ ern vom Markte verdrängt.

hydraulischen Pressen , sparsamen Filterpressen, Klär-

Da das Oel in Nordafrika, wie auch schon in

bassins u. s. w . eingerichtet und werden von Europäern geleitet. Kleinere Einrichtungen haben sich noch mit Handpressen begnügt und setzen den

Südeuropa , fast der einzige Fettkörper ist , welcher zur Bereitung der Speisen Verwendung findet, so hat sich zwischen den olivenreichen und den in dieser

Mahlgang, wie die Eingeborenen, durch ein Göpel- Hinsicht weniger begünstigten Gebieten ein lebhafter werk in Bewegung, während die grösseren , in den Handelsverkehr entwickelt , der von eingebornen Küstenstädten gelegenen Fabriken allgemein die Kaufleuten teils der Küste entlang in kleinen , flachgehenden Segelschiffen , teils zu Lande durch

Dampfkraft für den Betrieb benutzen .

Die bei der Oelgewinnung verbleibenden Rück- Kamelkarawanen , die oft weit in das Innere des stände, die ausgepressten Treber, hier Grignons genannt, enthalten noch etwa 10 % Oel und wurden

Ghadâmess vordringen , betrieben wird. Bei diesem

früher meist nach Marseille oder nach

Landes und tief in den Süden bis nach Ghât und

Italien aus-

Binnenhandel wird das Oel nicht nach dem Gewicht,

geführt. Seit einigen Jahren ist nunmehr auch in

sondern nachMaassverkauft.Dasselbe führt in der ganzen

Sousse in einer der bedeutendsten Fabriken des

Regentschaft den gleichen Namen metarund zerfällt in

olivenreichen Ssabelgebietes eine Einrichtung zur 2 Kullas oder 16 Ssaas, wechselt jedoch seinem Raum Bearbeitung der Grignons mit Schwefelkohlenstoff | inhalte nach fast auf allen bedeutenden Marktplätzen. getroffen worden , in welcher das auch in der deut-

Während das metar z . B. in Tunis etwa 20 Liter hält ,

schen Seifensiederei oft verwendete , dunkelgrüne fasst es in Sfax fast 30 Liter und in El-Djem sogar Sulphurolivenöl hergestellt wird . Eine so reiche Einnahmequelle des Landes

unmöglicherweise den Argusaugen

37 Liter. Die Händler, welche sich diesem Geschäfts

zweige widmen, müssen daher genau über die ver

der

schiedenen Platzverhältnisse unterrichtet sein , wenn

tunisischen Finanzverwaltung entgehen ; dieselbe be-

sie sich vor der aus den überall variierenden Maassen

legte nicht nur jeden Olivenstamm mit einer Abgabe

entstehenden Gefahr eines Verlustes wahren wollen .

konnte

(Kanún), die je nach der Grösse und dem Ertrag

Im Anschluss an die Oelerzeugung entwickelte

desselben zwischen 3 und 12 Charruben (9-36 Pf.)

sich in der Regentschaft und besonders an der Ost

wechselt, sondern forderte auch einen sehr hohen Ausgangszoll für Oel , welche Massregel für die Entwickelung des tunisischen Ausfuhrhandels zu

Dieselbe befindet sich meist in den Händen der ein gebornen Juden und wird nach einem überaus ein

einem schweren Hemmschuh wurde. Im Laufe der

fachen Rezepte, welches sich schon seit Jahrhunderten

>

küste auch die Seifenfabrikation schon frühzeitig .

Geographische Mitteilungen.

94

vererbt hat, ausgeführt. Die tunisische Olivenölseife | besonnenen Regierung wieder zu dem im Altertume wird , wenige Fälle in der Neuzeit ausgenommen , hochgerühmten klassischen Oellande wird . nicht gefällt und besteht nur aus Oel und Lauge. Zur Herstellung derselben wird eine Pottasche be

nutzt, welche aus den um die Salzlagunen wachsen

Geographische Mitteilungen. ( Entfernung der Sonne von der Erde.) Zur schärferen Bestimmung dieser Fundamentaleinheit der

den Pflanzen (Salsolaceen) in der Umgebung von

kosmischen Maasse dienen bekanntlich in erster Linie

Sfax und Kairuân gebrannt und von den Arabern

die Vorübergänge des Planeten Venus vor der Sonnen

resúll genannt wird. Mit dieser unreinen Pottasche kann nur eine Lauge von 16-17 ° Baumé hergestellt

scheibe, sie liefern uns die Sonnenparallaxe, den Winkel , unter welchem ein Beobachter auf der Sonne den Erd

werden, denn höher lässt sich dieselbe nicht sättigen.

halbmesser erblicken würde , und aus dieser Winkel

Zur Verseifung von 100 Kilo Olivenöl sind etwa

grösse wird jene Länge trigonometrisch berechnet. In

75 Kilo Lauge erforderlich , welche zusammen nach

den Jahren 1874 und 1882 entsandte, wie dies von fast

und nach in den Kessel gethan und zum Sieden

allen Kulturvölkern geschah , auch das Deutsche Reich

gebracht werden. Ist die Lauge versotten, welcher Expeditionen nach weit auseinanderliegenden Punkten Zustand sich dadurch kennzeichnet , dass die Seife

unserer Erde, um die erwähnte Erscheinung unter mög

sich am Kesselrande anzusetzen beginnt, so wird der Sud aus dem Kessel geschöpft und in etwa handhohe, flache Formen gegossen , in welchen er

und da die rechnerische Bearbeitung solcher Beobach tungen stets Jahre in Anspruch nimmt, so konnte Ber berich erst in jüngster Zeit einen zusammenfassenden

im Verlaufe einer halben Stunde erstarrt .

Bericht über die Ergebnisse dieser Arbeiten bekannt geben . A uwers findet für die Sonnenparallaxe den

Das Er-

gebnis ist bei einem Verfahren, nach welchem fast die ganze Lauge ausgesotten wird , natürlich nur ein sehr geringes, und man erhält aus 109 Kilo Oel selten mehr, als 110 bis 115 Kilo Seife. Nach Europa kommt ein solches Fabrikat selbst

lichst günstigen Voraussetzungen beobachten zu lassen,

Winkel 1 = 8,88 “ , und dieser Wert ist grösser, als bis her angenommen worden war. Aus nochmaliger Ueber arbeitung der bei den analogen Phänomenen von 1761 und 1769 erzielten Resultate hatte nämlich Newcomb

- = 8,79" Aufnahmen erhalten , wogegen allerdings derdieAmerikaner photogra , deren Reduktion redend nicht zur Ausfuhr, dasselbe wird hauptsäch-phischen

lich von der einheimischen Bevölkerung verbraucht, dannaber auch nach Tripolis,Algerien und Malta Harkness in die Hand genommen hatte,wiederetwas

grössere Zahlen, nämlich 8,84" bis 8,86 “ , geliefert verhandelt.

hatten. Berberich selbst ist der Ansicht , dass man

In Sousse und Monastir sind in letzterer Zeit

für die Parallaxe wohl am besten bei der älteren New

zwei grössere Seifensiedereien mit Dampfbetrieb im Anschluss an bereits bestehende Oelfabriken einge richtet worden , welche nach europäischem Muster mit

combschen Zahl 8,848" stehen bleibe , denn ebenso, wie durch die vorerwähnten Daten eine Vergrösserung

derselben angedeutet werde, folge bei der Anwendung

gewisser anderer Methoden, die von den parallaktischen recht gutem Erfolge teils für das Binnengeschäft, Verschiebungen anderer bewegter Himmelskörper Ge teils für den Ausfuhrhandel arbeiten , wiewohl der

letztere durch einen Ausgangszoll von 8 Piastern 10 Charruben (etwa 4,30 Mark ) für 100 Kilo er schwert wird .

brauch machen , ein entschieden kleinerer Wert. Die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde beträgt dann 148 ?: Mill. km = 20,04 Mill. geographische Meilen ;

Der Gleichmut und die Schlaffheit der moslemi-

nach Auwers wäre diese Distanz um eine halbe Mill . Kilometer kleiner. Ebenfalls diesem letzteren Astro

nischen Bevölkerung hat wenig daran gedacht, die so einträglichen und geringe Pflege erfordernden

nomen zufolge kann der Durchmesser der Sonnenkugel gleich 1383 500 km = 186 440 geographischenMeilen ge

Olivenpflanzungen durch Anlage neuer Kulturen zu

setzt werden . (Naturwissensch. Rundschau , VII. Jahr

vergrössern; dies blieb dem Unternehmungsgeiste gang, Nr.1.) der europäischen Kolonisten vorbehalten, welche jetzt mit rüstigem Eifer ausser dem sich schnell ent

(Quer durch Tibet.) Eines der für europäische Reisende schwerst zugänglichen Länder Asiens ist un

wickelnden Weinbau auch die Aufzucht des Oliven

Dieselbe

dehnung nach , von Nordwesten nach Südosten , durch wandert worden . G. Bonvalot und der Prinz Hein

ist eine recht dankbare und im Verhältnis mühelose, da

rich v. Orleans hatten sich zu dieser gefahrvollen

baumes auf ihren Besitzungen betreiben .

längst von französischen Reisenden seiner grössten Aus

die in die Erde eingesetzten und gegen das Benagen

Unternehmung vereinigt ; letzterer ist der Verfasser des

durch Ziegen mit Dorngestrüpp umhegten Schöss-

linge weiter keine Pflege, als eine genügende Be-

von der Geographischen Gesellschaft in Paris mit der goldenen Medaille ausgezeichneten Reiseberichtes. Ausser

wässerung erfordern .

dem schloss sich der mit der chinesischen Sprache ver

Der Olivenbaum

verlangt durchaus keinen

traute Missionar P. Dedéken der Reisegesellschaft an, und auch mehrere andere Dolmetscher und Diener

schweren Boden , sondern begnügt sich oft mit wenig

Erdreich auf steinigem Grunde. Die weiten hüge ligen Gebiete , welche an der Nord- und Ostküste

sich vom Meere zum Berglande des Tell hinziehen, eignen sich fast durchgängig zur Anpflanzung des Olivenbaumes , und vielleicht liegt die Zeit nicht mehr so ferne, dass das Karthagerland unter einer

wurden mitgenommen. Man durchreiste auf der Trojka Russland und das westliche Sibirien , und am 7. Sep tember 1889 wurde Kuldscha erreicht, der letzte Ort, wo sich ein russisches Konsulat befand, und wo also die

Schwierigkeiten erst ihren Anfang nahmen. Dieselben erwiesen sich immerhin nicht so bedenklich , als man

wohl hätte erwarten dürfen ; nur gleich im Anfang, in

Litteratur. 95

der Dsungaren-Stadt Korla, hegte der chinesische Gouverneur Bedenken, die Europäer weiterreisen zu lassen.

Ursprung Hölder allerdings viel nüchterner deuten zu sollen glaubte -- von einer Granate im »» Jardin des

Man entzog sich der Machtvollkommenheit des Man-

plantes « zerschmettert ward , liess sich der begeisterte

darins durch die Flucht und begann nun die Ueber-

Patriot dazu hinreissen ,

schreitung der hohen , teilweise bereits von Prschewalski bereisten Bergketten, welche die Reisenden von

eine orace prussiennea zu erfinden, die nicht germanisch , sondern slavisch -finisch sein und erst durch die französischen Refugiés des

ihrem Ziele, dem französischen Indo - China, trennten .

XVII . Jahrhunderts ihre höhere Kultur erhalten haben

Die grösste erreichte Höhe wird auf 5000 m geschätzt;

sollte. In der hieran sich anschliessenden Polemik holte

der tiefste Stand des Minimumthermometers während der Nacht war -- 33° C. Die Hauptstadt L'Hassa selbst konnten die Franzosen nicht betreten , vielmehr musste nach langen diplomatischen Verhandlungen mit den

sich Quatrefages von Virchow und anderen deut schen Gelehrten verdiente Zurückweisungen, doch hatte der Streit wenigstens das Gute, jene bekannte Statistik der Kopfform , der Haar- und Augenfarbe ins Leben zu rufen , welche über ganz Deutschland ausgedehnt wurde und den sicheren Nachweis dafür ermöglichte ,

Sendlingen des Dalai-Lama und des chinesischen Resi-

denten die Reise in östlicher Richtung fortgesetzt werden . Am 5. Juni 1890 kam die Gesellschaft in Batang an, welche Stadt an dem berühmten Blauen Flusse oder , wie er hier in seinem Oberlaufe noch heisst, am Kin - cha -kiang

gelegen ist, und am 21. September stand man am Ufer des Roten Flusses, welcher gleich südlich von der Grenzstadt Mang-Hai in das Gebiet von Tongkin übertritt. Von den merkwürdigen Einzelheiten , mit denen diese Traversierung eines so gut wie ganz unbekannten Terri-

toriums dessen Geographie bereicherte , heben wir die Entdeckung des niemals gefrierenden Montcalm-Sees unter 35 ° geographischer Breite, 87 " östlicher Länge von Paris hervor , an dessen Südrande sich die angeblich 8000 m hohen Dupleix -Berge hinziehen. (Bulletin de la société de géographie, 7. sér., tome XII . S. 328 ff.)

dass altgermanische Reminiszenzen, soweit es sich blos

um das somatische Element handelt, im Norden unseres Vaterlandes häufiger als im Süden sind. Wir möchten noch daran erinnern , dass dem Geographen in dem kleinen , als Bestandteil der „ Bibliothèque scienti

fique contemporaine« erschienenen Buche »Les Pyg mées« ( Paris 1887) von Quatrefages eine wert volle Gabe dargeboten worden ist , denn es wird darin

alles , was man damals über die verschiedenen Zwerg völker auf der Erde wusste, sehr übersichtlich zusammen gestellt und diese Uebersicht behält ihren Wert, wenn auch durch neuere Studien über die Akka, Batua u. S. W.

das empirische Material sich seitdem beträchtlich ver mehrt hat. - Quatrefages starb am 12. Januar. Die

(Quatrefag es.) Dem unlängst verstorbenen fran- | Nation, 9. Jahrgang, Nr. 17.) zösischen Ethnologen hat sein grosser Gegner , Rud.

Virchow , einen beide Teile ehrenden Nachruf ge

Litteratur

widmet, welcher die Eigenart des bedeutenden Mannes in vortrefflicher Weise

kennzeichnet.

Armand de

Quatrefages de Bréau , geboren zu Berthezème im Gard-Département am 10. Februar 1810 , stammte aus einer alten südfranzösischen Hugenottenfamilie und studierte in Strassburg Medizin. Er hat auch längere

Zeit praktiziert , da aber seine litterarische Thätigkeit ihn rasch bekannter machte , so wurde er 1852 Mit glied der Akademie und drei Jahre später Professor der Anatomie und Ethnologie, welche beide Fächer später in

das Fach Anthropologie zusammengezogen wurden . Von Quatrefages' zahlreichen Arbeiten über niedere Tiere

Die Seehäfen des Weltverkehrs, dargestellt von Josef von Lehnert, k. k. Linienschiffskapitän, Johann Holeczek , k. k. Fregattenkapitän , Dr. Karl Zehden, Pro

Ritter

fessor an der Wiener Handels-Akademie, u , v . a. unter Redaktion von Alexander Dorn. I. Band : Häfen Europas sowie der asiati schen und afrikanischen Küsten des Mittelmeerbeckens. Mit 98 Illustrationen und 137 Plänen . II . Band mit 75 Illustrationen

und 79 Plänen . Wien , Volkswirtschaftlicher Verlag (Alex. Dorn). Der zweite Band , mit dem das vorgenannte , lobenswerte Werk nun vollendet abschliesst, beschreibt die Häfen der Atlantischen Küste von Amerika , der Atlantischen

Küste von Afrika , des Grossen Ozeans , des Indi

u. s. w . sehen wir hier ab und betrachten ihn ledig-

schen Ozeans und der australischen Gewässer.

lich als Vertreter der durch ihn selbst inaugurierten

Jetzt erst , nachdem das ganze Werk vorliegt , übersieht

Richtung in der Völkerkunde. Gegner Darwins , er-

man den reichen Inhalt , der eine wahre Fundgrube des Wissens

klärte er sich dagegen mit aller Entschiedenheit für

wertesten bildet nicht nur für den Kaufmann , dem der Welt

den einheitlichen Ursprung des Menschengeschlechtes, dessen Wiege er zeitlich in die Tertiärperiode , räum lich in das nördliche Asien verlegte , während er die auf ein Land » Lemurien « bezügliche Hypothese nicht anerkennen wollte. Vor allem beschäftigte ihn die

verkehr in erster Linie zu dienen hat, sondern auch für den

wichtige Frage nach der Herkunft und nach den Wande rungen der polynesischen Stämme; Virchow meint

Industriellen , für den Statistiker, Volkswirt, Geographen, ja für jeden Gebildeten überhaupt . Der Aufwand an Mühe und Arbeit , mit welchem die Herren Verfasser den umfangreichen Stoff zusammen getragen haben, ver dient die vollste Anerkennung .

allerdings, dass die Forschungsreise, der er sich hingab,

Dem Leser wird hier eine lange Reihe von Monographien geliefert; jeder Hafen bildet ein abgerundetes Gemälde. In allen den einzelnen Häfen gewidmeten Abschnitten werden

zu sehr ein synthetisches, philosophisch konstruierendes Gepräge getragen habe und von den analytischen Methoden der modernen Anthropologie zu wenig berührt worden sei . Hauptsächlicher Träger dieser letzteren

Merkwürdigkeiten geschildert, eine kurze Skizze ihrer histori schen und kommerziellen Entwicklung gegeben , Handel und Verkehr unter gleichzeitiger Berücksichtigung der wichtigsten

war Broca , und zwischen ihm und seinem berühmten

Industriezweige des Ortes nach ihren massgebenden Eigen

die Situation, die topographische Lage der Stadt und ihre

tümlichkeiten

erörtert

und durch die neuesten

statistischen

Kollegen bildete sich allmählich ein gewisser Gegensatz

Daten illustriert; ausserdem ist auf die Charakterisierung der

heraus. Nach dem grossen Kriege von 1870 , der für Quatrefag es noch den besonderen Nachteil gebracht haben soll, dass ein von ihm als Rassentypus hoch ge schätzter Schädel — der » Schädel von Cannstatt«, dessen

ziehungen der einzelnen (nahe an dreihundert) Häfen untereinander

betreffenden Küstenstriche und Meeresteile sowie auch auf die Be

im Texte Rücksicht genommen. Der reiche und belehrende Text wird noch unterstützt durch zahlreiche Illustrationen ,

Litteratur .

96

Bilder Karten und Pläne von den beschriebenen Welthäfen .

Auflage des handlichen Büchleins, änderte Unvollkommenes ab

Monographieartig werden dem Plane des Werkes nach nur die grossen und wichtigen Seehäfen des Weltverkehrs behandelt,

und fügte eine Anzahl neuer Touren hinzu , die von festen Standorten aus gemacht werden können.

kleinere Häfen werden nur so nebenher mit angeführt. An der brasilianischen Küste vermissen wir unter den im Handel wenig

Sowohl der Fussreisende, als auch derjenige, welcher mit der Eisenbahn nur gewisse ausgezeichnete Punkte der Pfalz be

hervortretenden, aber sonst doch beachtenswerten Hafen von

suchen will , wird in diesem „ Führer « einen wirklich zuver

S. Francisco , an der Küste des Staates Santa Catharina unter 26 ° 14' 15 " südlicher Breite gelegen . Dieser Hafen ist aner kannt einer der besten von Südbrasilien, er bildet den Zugang

lässigen Begleiter finden , der ihn auf alles Sehens- und Wissens würdige aufmerksam macht. Dass das Wort Pfalz nicht im

zu der von einer HamburgerKolonisationsgesellschaft gegründeten deutschen Kolonie Dona Francisca . Der Hafenplatz liegt auf der Insel São Francisco. Der Hafen hat 15 m Wasser und nahe der Landungsbrücke immer noch 9 m . Als der Verkehr zwischen Hamburg und der Kolonie noch ein lebhafterer war

als gegenwärtig, gingen die Hamburger Dampfer direkt hierher. Auch der Hafen von Itajahy, an der Mündung des Itajahy, das Wasserthor für die blühende ehemalige deutsche Kolonie

Blumenau, würden wir der zweiten Auflage einzufügen die Bitte aussprechen. Der Inhalt dieses Werkes liefert mehr, als das Inhalts-Ver zeichnis erraten lässt, daruin dürfte ein Namenverzeichnis eine angenehme Beigabe bilden. Diese Wünsche sollen keinen Tadel aussprechen, wir

engen Sinne von heute aufgefasst, sondern dass die Schilderung auch über die bayerischen Grenzen hinaus , auf hessisches, badisches, rheinpreussisches, reichsländisches Gebiet ausgedehnt worden ist , wird sicher Billigung finden. Den historischen Rückblicken, die ja in einem so viel umstrittenen Grenzlande wichtiger als anderwärts sind , wurde reichlich Beachtung zu teil ,

und auch die Veberreste altersgrauer Vorzeit haben entsprechende Berücksichtigung gefunden. Gelegentlich wurde auch den geo logischen Verhältnissen Rechnung getragen, wie z . B. den gross artigen Porphyrbildungen des Falkensteiner Thales , doch wäre zu wünschen, dass der Herausgeber, der ja in diesen Dingen kein Fremdling ist , bei noch mehr Gelegenheiten dieser gerade auf pfälzer Boden vielfach interessanten Vorkommnisse gedenken möchte. Dabei sei vorübergehend erwähnt , dass ein » aus Ter .

tiärkalk bestehender Tunnel « (S. 170) wohl nicht möglich ist,

schenken der mühevollen Arbeit volle Anerkennung und wünschen

denn durch einen solchen könnte man nicht hindurchfahren.

ihr recht bald eine zweite Auflage.

Die beigegebenen Karten und das Ortsregister tragen das ihrige bei , sich im Buche und an dessen Hənd im Terrain

Carta generale della Sicilia secondo i nuovi rilievi del

R. Stato Maggiore con speciale indicazione dell' altimetria, delle reti stradali e delle circoscrizioni amministrative ed

elettorali disegnata da G. E.Fritzsche pubblicata dall'Istituto

leicht zu orientieren . Wir wünschen im Interesse aller Freunde eines der schönsten Teile unseres Vaterlandes, dass dieses prak tische Reisehandbuch sich einen immer wachsenden Kreis von

cartografico Italiano. Das Istituto cartografico Italiano in Rom unter der Leitung des Herrn G. E. Fritzsche, eines Deutschen, hat sich in der kurzen Zeit seit seiner Begründung im Jahre 1884 einen über

Lesern und Benützern erwerben möge.

die Grenzen Italiens gehenden Ruf erworben. Die vorgenannte

2. Teil , 136 S. Kl . 8º. Ein Taschenbuch dieser Art ist für jeden Schulmann von Wert, zumal da der geringe Preis von Mk. 1.50 für beide Teile

Karte erbringt den Beweis für die Leistungsfähigkeit der Anstalt. Der Massstab der Karte 1 : 500 000 gestattet schon eine aus

führliche Behandlung, und trotz der detaillierten Terrainzeichnung und der rot eingedruckten Grenzlinien der Provinzen, Kreise und Wahlbezirke gibt die Karte ein klares, plastisches Bild der schönen Insel. Durch Blaudruck sind die Flüsse und Bäche, die Küstenlinien und wenigen Seen leicht erkennbar. Die Schriften, Eisenbahnen , Strassen und Ortszeichen sind in Schwarz ausgeführt, die Wohnplätze wurden durch sechs verschiedene Zeichen unterschieden und zwar nach der Grösse der Volkszahl von 25 000, 10000, 5000, 2000 , weniger als 2 000 und Einzelgehöfte. Die Strassen sind durch 5 verschiedene Signaturen gekenn zeichnet : Eisenbahnen im Betrieb, Eisenbahnen im Bau, National

strassen (Chausseen ), Provinzialstrassen, Kommunalwege. Das Ter rain ist in Schraffen ausgeführt und braun gedruckt, die Flächen bis 100 m Höhe sind mit einem grüngrauen Ton bedruckt, die Flächen bis 300 m gehen in einen hellgrünen Ton über , die

höheren Stufen des Bodens sind durch gelbbraunen Flächendruck

hervorgehoben . Auch die Dampfschiff-Verbindungen von Ort zu Ort, sowie die Entfernungen von Ort zu Ort sind angegeben .

Taschenbuch der höheren Schulen Deutschlands

1891/92 . Von Prorektor Dr. Juling (Schönberg-Mecklenburg).

Selbstverlag des Verf. (Ed. Kummer, Leipzig). 1. Teil, 159 S.

der erste enthält die preussischen Anstalten, der zweite die der übrigen deutschen Bundesstaaten die Anschaffung erleich tert. Berücksichtigt sind nur die höheren Lehranstalten. So weit sich Referent durch Stichproben über die Zuverlässigkeit der die bayerischen Gymnasien und Realschulen betreffenden Angaben ein Urteil bilden konnte , war er befriedigt , obwohl

auf die durch die neueste Schulreform bedingte Veränderung mancher Verhältnisse noch keine Rücksicht genommen wurde .

Falbs Kalender der kritischen Tage 1892 mit Bezug auf Witterungserscheinungen, Erdbeben und Schlagwetter in den Bergwerken. Wien- Pest-Leipzig. A. Hartlebens Verlag. XVI . 164 S. Kl . 8º.

Wer die älteren Veröffentlichungen von R. Falb über den Vulkanismus kennt, welche gewiss nicht ohne Hinneigung zu vorgefassten Meinungen, doch aber mit entschiedenem wissen schaftlichem Streben geschrieben waren, wird diesen » Kalender « nur mit einem Gefühle des Bedauerns zur Hand nehmen .

Dass

Die Karte stützt sich auf die neue und schöne Karte des

durch die von Falb gegebene Statistik alles und jedes bewiesen

italienischen Generalstabes. Als Reisekarte wüssten wir gegen wärtig keine bessere zu empfehlen . Berlin. H. Lange.

Siebente umgearbeitete Auflage,

werden kann, beweist die der Aufzählung der » kritischen Tage erster, zweiter und dritter Ordnung« folgende Witterungs charakteristik des Jahres 1889/90 , denn dass an jedem Tage des Jahres irgendwo auf der grossen Erde Ereignisse eintreten können, die einen ungewöhnlichen Charakter tragen, ist nicht

herausgegeben von Dr. C. Mehlis. Mit vier Kärtchen . Neu stadt a . d . H. Gottschick-Witters Verlag. 1891. X. 268. Kl . 8º.

zu verwundern , und doch soll jede derartige oft rein örtliche Katastrophe einen Beweis für die Hypothese liefern . Der

Voigtländers Pfalzführer. Wegweiser für die Rheinpfalz und deren Nachbarstädte.

Berichterstatter hofft, auf diese letztere im

Die Rheinpfalz ist eines jener schönen und an Belehrungen der verschiedensten Art reichen Mittelgebirgsländer, denen sich der Strom der Touristen im allgemeinen nicht so intensiv zuwendet , wie es an sich zu wünschen wäre.

Dass immerhin im Lande selbst

viel gereist wird , beweist das Erscheinen der siebenten Auflage

>>

Ausland « einmal

gründlicher eingehen zu können , selbst auf die Gefahr hin ,

einer so muskulösen Philippika sich auszusetzen, wie sie im vorliegenden Bändchen die Herren Hoernes und Tarnuzzer über sich ergehen lassen mussten. München .

S. Günther.

des von dem wackeren ( 1887 verstorbenen ) Voigtländer be arbeiteten » Pfalzführers «, und auch diese Ausgabe wird, wie man vernimmt, in Bälde vergriffen sein. Herr Mehlis, dessen

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

prähistorische Untersuchungen seinen Namen in weiteren Kreisen

in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

bekannt gemacht haben , bearbeitete die sechste und siebente

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 13. Februar 1892.

Jahrgang 65, Nr. 7.

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.

einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND

MDCXL

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Der Notstand in Russland . Eın Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart. Von *** (Schluss.) S. 97 . 2. Die Astronomie der alten Chaldäer. Von Fritz Hommel (München) . (Schluss.) S. 101 . 3. Die Christensekte der Nestorianer. Von Friedrich v. Hellwald (Tölz) . S. 106. 4. Beiträge zur Völkerkunde Russlands. Von R. v . Erckert ( Berlin ). S. 109. – 5. Geo graphische Mitteilungen. (Geographische Koordinaten von Khotan ; Klima und Bodenkultur in Afghanistan ; Geognosie von Australien ; Onomatologisches .) S. 110. 6. Litteratur. (Wislicenus ; v. Hauer ; Evangelisches Missions-Magazin.) S. 112. Der Notstand in Russland .

haltige Steppen. Das Schlimmste aber ist , dass die

Ein Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart .

am Kaukasus lagernden Getreidemassen nicht ein

Von

**

* *

mal vollständig ins Innere geschafft werden können . Die einzige vorhandene Eisenbahn , die eingleisig

(Schluss.)

mit Ausweichestellen von je 25 Kilometer Entfer

Dass bis jetzt ein eigentliches Massensterben noch nicht vorgekommen ist, rührt daher, dass die

nung angelegt ist, konnte bis Mitte Dezember nur

150 Waggons täglich befördern ; durch energische Bauern ja noch Vieh hatten, das sie teils zu einem Maassregeln hat man es jetzt zu 300 Waggons Schleuderpreise verkauften, um Brot zu erhalten , teils (à 610 Pud = 10000 Kilo) täglich gebracht. Immer schlachteten und verzehrten , ) zumal sie , wegen Mangels an Heu und Stroh, so wie so wenig Aussicht

T

.

hatten , es bis zum Frühjahr durchzubringen. Wie aber im Frühjahr die Wirtschaft anfangen , wenn

hin könnten dann , den Brotverbrauch zu i Pfund

russisch (= 410 Gramm ) per Kopf gerechnet, ca.

8 Millionen Menschen mit den Zufuhren aus dem Kaukasus am Leben erhalten werden .

kein Vieh mehr da ist , womit pflügen , wenn die Pferde fehlen ? Die 10000 von der Regierung für die Notstandsdistrikte gekauften Pferde sind kaum

das Getreide zur See nach Odessa und von da ins

von Belang , wenn man bedenkt , dass daselbst

Innere

Wegen der geringen Leistungsfähigkeit der kaukasischen Eisenbahn hat man Versuche gemacht,

zu schicken , wodurch sich jedoch der

6—8 Millionen Pferde vorhanden waren, von denen | Transport übermässig teuer stellt und um einen jetzt ein guter Teil wegen Nahrungsmangels sein

Monat verspätet. Die Eisenbahnen aus den not

Leben lassen wird. Mit den 16 Mill. Pud Hafer,

leidenden Gegenden an der Wolga sind eigentüm

die in den Ostseehäfen unbenutzt liegen, liessen sich licherweise so angelegt, dass sie nach den baltischen 1 Million Pferde den Winter über erhalten ; so

grosse Mittel will man aber noch nicht opfern. Zur Ernährung der Notstandsdistrikte ist man hauptsächlich auf die Zufuhren vom nördlichen Kaukasus angewiesen, wo infolge einer ausserordent lich guten Ernte Getreideüberfluss herrscht. Ueber

Häfen direkte Verbindungen haben , von den viel näher gelegenen Häfen am Asowschen oder am Schwarzen Meere jedoch nur auf einem weiten Um wege zu erreichen sind. Dabei wird das Getreide

im Sommer doch nicht per Eisenbahn nach den baltischen Häfen befördert, sondern wählt den viel

die Ausdehnung des dortigen Ackerlandes sowie die billigeren Fussweg die Wolga hinauf bis Rybinsk, letzte Ernte liegen jedoch absolut keine Daten vor. Einige Zeitungskorrespondenten haben den Getreide

von wo es per Eisenbahn weitergeführt wird . Diese

überschuss wohl etwas zu hoch auf 100 Mill. Pud

besonders jetzt fühlbar, wo die Wolgagegenden vom

verkehrte Anlage der Eisenbahnen macht sich aber

(20 Mill . hl) geschätzt. Der nördliche Kaukasus

Kaukasus und den südlichen in

hat zwar eine Ausdehnung von über 4000 geogr.

Schwarzen Meeres gelegenen Gegenden mit Getreide

Meilen bei 2 + 2 Mill. Bewohnern ; fruchtbar und für den Weizenbau geeignet sind aber nur die Schwemm

versorgt werden müssen .

der Nähe des

Wie viel überflüssiges

Getreide in den in der Nähe des Schwarzen Meeres

gebiete des Kuban und Terek, die nördlich davon belegenen Gouv. Cherson , Taurien , Bessarabien , gelegenen Gebiete sind sandige oder thonige salz 1) Ausgenommen Pferde ; deren Fleisch wird ein russischer Bauer fast nie anrühren ; Tataren, Kirgisen etc. thun es freilich. Ausland 1892 Nr. 7 .

sowie in den westlichsten Schwarzerde- Bezirken Kijew und Podolien , wo es eine gute Ernte gegeben hat , noch vorhanden ist , entzieht sich der Berechnung ; 13

and

Der Notst

98

and

in Russl

.

da jedoch diese Gegenden fast den ganzen letzt- | Mirojed) zurückzukaufen : da er nun in der Regel im

jährigen Weizenexport vom August bis zum 23. No-

Frühjahr kein Geld hat , so ist er gezwungen , Ge

vember (über i Mill. Tons) geliefert haben , so

treide leihweise zu entnehmen und es im Herbste

werden schwerlich noch sehr bedeutende Massen

mit hohen Wucherprozenten zurückzuerstatten. Ge

vorhanden sein ; sicher weiss man nur, dass es Ende Dezember 7 Mill. Pud ( 114000 Tons) Weizen in Odessa gab. Es ist daher wohl nicht zu bezweifeln ,

meindemagazine, aus denen die Bauern im Frühjahr

dass , wenn man die Sommersaat beschaffen und Millionen von Menschen nicht umkommen lassen

Getreide leihweise entnehmen können , um es im

Herbste gegen einen geringen Prozentsatz zurück zuerstatten , gibt es nur in den Ostseeprovinzen, und eben darin besteht ihr Segen , dass der Bauer in

will , Russland im nächsten Frühjahr beträchtliche gewöhnlichen Jahren bei etwaigem Mangel nicht Getreidemassen einführen muss. Rechnet man , dass die 15 centralen industriellen und nördlichen Gou-

gezwungen ist, sich an Wucherer zu wenden, auch etwaige günstige Preiskonjunkturen ausnutzen kann,

vernements , die auch bei einer vorherrschend guten Ernte , wie im letzten Jahre, Getreide einführen

da er sicher ist , wenn er etwa mehr Getreide verkauft hat, als er konnte, wenn er das für seinen

müssen , mit den vorhandenen Ueberschüssen der

eigenen Bedarf nötige Getreide nicht behalten hat,

südwestlichen 5-6

können , so müssten doch die Notstandsdistrikte vom

dieses dann von den Magazinen im Frühjahr erhalten zu können . Zur Abwendung eines Notstandes bei Miss

Kaukasus allein mit Getreide versorgt werden, was eben nicht angeht. Der geringe Ueberschuss der weissrussischen, der litauischen und der Ostsee-

zine war, kommen sie übrigens nur äusserst selten in Betracht , weil in den Ostseeprovinzen so totale

Gouvernements auskommen

ernten, was die eigentliche Bestimmung der Maga

provinzen an Roggen ist wohl noch vor dem Aus- Missernten , wie im südöstlichen Russland , kaum je fuhrverbote zum grössten Teil ins Ausland abgeführt worden .

vorkommen. Um auf die eigentlichen Ursachen , auch des

muss man weiter Wie konnten sich nun so trostlose Zustände jetzigen Notstandes, zu kommen ,tragen 1 ) der fort Wie konnte es kommen , dass ein zurückgreifen. Die Hauptschuld

entwickeln ?

Reich, das in den letzten Jahrzehnten stets ungeheure gesetzte Raubbau , das Aussaugen der schwarzen Erde, Getreidemassen exportierte, durch eine einzige Miss- wodurch die Ackerböden verschlechtert, die Erträge ernte auf den Hunger - Etat gesetzt werden konnte ? vermindert, die Missernten immer häufiger werden ;

Eine Missernte wie die letztjährige ist allerdings seit 60 Jahren nicht vorgekommen , die Hauptur-

2) die durch fortgesetzte Abholzung der Wälder immer unregelmässiger fallenden Regenniederschläge.

sache ist aber, dass man keine alten Vorräte besass .

Meistens wird nun die Regierung dafür verantwortlich gemacht, dass sie in den guten Jahren zu

Bekanntlich ist Russland ein ungeheures Flach land , von nur mässigen flachwelligen Bodenerhebungen durchsetzt; selbst der Uralstock steigt ungemein sanft

strenge die Steuern und namentlich die Rückstände

und allmählich auf, und die Bedeutung der Wälder

die Unmög- für Wolkenbildung und Regenfall ist daher bedeutend und im Vertrauen auf eintreiben liesstotalen Missernte in einem so ausge- stärker als im westlichen Europa , wo die viel be lichkeit einer dehnten Reiche es unterliess, für Vorräte zu sorgen . Man musste jedoch jetzt erfahren , dass schon eine

trächtlicheren Bergzüge und Gebirge die Wolken an

partielle Missernte , wenn sie wie die letztjährige

kannt, dass in den letzten Jahrzehnten die Wald verwüstung in bedenklicher Weise fortgeschritten

den sonst fruchtbarsten , Getreide ausführenden Teil des Reiches betraf, zur schwersten Kalamität

sammeln und Niederschläge veranlassen . Es ist be

ist. Die südrussischen Steppen sind ursprünglich von Natur durchaus nicht so vollständig waldlos ge wesen , wie man es sich vorstellt , und an den

Es ist bekannt , dass namentlich eifrige Gouverneure und Polizeibeamte, die Karriere machen wollten, sich dadurch hervorzuthun suchten,

Flüssen und in den Thalschluchten hat es fast

dass sie möglichst rücksichtslos die Steuern eintrieben und nun nachweisen konnten , dass es in

man könnte sagen »Galeriewälder«« , gegeben. Solange

werden konnte.

überall mehr oder minder ausgedehnte Holzbestände,

ihren Bezirken die geringsten Rückstände gebe.

nun Südrussland von Nomadenvölkern (Hunnen ,

Dann hat man den Grund suchen wollen in den

Magyaren , Polowzen , Petschenegen , Tataren) be

zu geringen Landanteilen eines grossen Teiles der

wohnt war , wurden die Holzbestände nicht ange

Bauern, wodurch dieselben gezwungen sind , selbst

rührt, die Nomaden wohnten in Zelten und brauchten

in guten Jahren mehr Getreide zu verkaufen , als sie eigentlich könnten , und dann selbst anderweitigen Verdienst , namentlich in den Städten, suchen zu müssen ; auch wird hervorgehoben, dass die Steuern

nur wenig Holz ; anders wurde es, sobald der rus

gerade zu einer Zeit erhoben werden , in welcher der

Bauer für sein Getreide den geringsten Preis erhält, im Herbste , während er dagegen im Frühjahr oft gezwungen ist, Getreide für den 3– 4fachen Preis von den

sische Bauer anfing, diese Gegenden zu besiedeln ; er brauchte Holz zum Hausbau, zur Feuerung, und endlich war er dahinter gekommen, dass das Land in den Flussthälern den reichsten Ertrag lieferte. So sind die Wälder hinter der Wolga in den Gouv. Ssamara und Orenburg, wo noch vor wenigen Jahr zehnten fast alle Flussläufe mit mehr oder minder

Kornwucherern (hauptsächlich dem Gemeindefresser, I mächtigen Galeriewäldern besetzt waren , verschwun

99

Der Notstand in Russland .

den, es gibt daselbst nur an wenigen, sterilen, steinigen Stellen am Ural Wälder (8-12 % der Gesamtober-

lange Zeiträume beanspruchte. Die Mächtigkeit der schwarzen Erde beträgt im Norden 1/2 -1 Meter,

fläche). Die Holzbestände in den am Schwarzen

im Süden findet sie sich namentlich in den Fluss

Meere sich hinziehenden Steppen sind schon früher

niederungen in 6 , ja selbst 15 Metern Mächtigkeit,

der Axt des russischen Bauern zum Opfer gefallen . Gegenwärtig schreitet die Waldverwüstung immer

was indessen wohl auf Anschwemmungen aus den

nördlichen , höher gelegenen Teilen zurückzufüh

weiter nach Norden vor, volkreiche Gouvernements

ren ist.

wie Orel, Kursk , Woronesch , Kleinrussland, ursprüng-

Den wertvollsten Teil der russischen Schwarz

lich fast ein einziger Wald , besitzen nur noch geringe erde bilden Kleinrussland und Podolien , da diese Holzbestände (etwa 10-15 % der Gesamtoberfläche ). westlicheren Gegenden mit dem reichlichsten Regen fall (5—600 Millimeter) bedacht sind und ein mil

Die Folgen sind immer intensiver auftretende Dürren , namentlich in den südöstlichen Wolgagegenden , die zudem einen nur etwa 500 Millimeter jährlich

deres Klima haben . Südlich von der schwarzen Erde erstrecken sich nach dem Schwarzen und Asow

betragenden Regenfall haben . Der immer unregel- schen Meere zu thonige oder Sandige , teilweise werdende Regenfall veranlasst immer salzhaltige, wenig fruchtbare Steppen , wo man den häufigere Missernten, in Ssamara waren die 3 letzten Boden nach einmaliger Bebauung mehrere Jahre >

mässiger

Ernten ungenügend. Das Regenwasser wird nicht

lang ruhen lassen muss . Das nördlich vom Kaspischen

mehr durch die an den Flussläufen sich hinziehen-

See sich erstreckende Gouv. Astrachan ist durch

den Holzbestände, deren Boden weich und daher auf-

weg unfruchtbarer, salzhaltiger, ehemaliger Seeboden .

saugungsfähig war, aufgehalten, sondern stürzt reissend schnell über den steinartig ausgedörrten Steppenboden

krümeligen Beschaffenheit ungemein leicht zu be

hinweg, die Humusbestandteile mit sich fortführend .

arbeiten : der russische Bauer kennt nur ein ein

Die Klage über das Seichterwerden der Flüsse im

maliges Pflügen bei ebenso oberflächlichem Eggen.

Die schwarze Erde ist bei ihrer lockeren , fein

Sommer nehmen immer mehr zu, mit einem Wort,

Abgesehen von einigen wenigen Gütern , ist noch

die centralasiatische Wüste schreitet gegen

die

überall die Dreifelderwirtschaft (Winterung, Somme

Schwarzerde , zunächst der östlich von der Wolga gelegenen Gegenden , vor. Erhaltung der bisherigen Holzbestände und Wiederbewaldung der Flussläufe

rung, Brache) üblich . Gedüngt wird fast nirgends im Schwarzerdedistrikt, der Mist wird gewöhnlich

und geschützten Stellen ( Thalschluchten etc.) , die sicher von Erfolg begleitet wäre , ist dringend geboten .

Keine andere Gegend der Welt besitzt eine so ausgedehnte , zusammenhängende Fläche frucht-

verbrannt, auch wo man billiges Holz oder Kohlen (wie im Donezbassin ) erhalten kann . Durch fort gesetzten Körneranbau ohne jegliche Düngung hat man denn auch diese von der Natur zu den fruchtbarsten Bodenarten zu zählende schwarze Erde

liche Russland in einer Ausdehnung von 950000

derart ermüdet , dass die Erträge nur noch als » schlecht « bezeichnet werden müssen ; beträgt doch der mittlere Ertrag in der schwarzen Erde an Roggen und Weizen kaum das 6—7 . Korn , ja in

Kilometern, also Oesterreich -Ungarn und Italien zu-

den dichter bevölkerten und daher am meisten aus

baren Bodens , wie Russland in seiner Schwarzerde. Dieselbe erstreckt sich über das mittlere und süd-

sammengenommen . Das Vorkommen der schwarzen gebauten Gouvernements wie Orel , Woronesch wird Erde ist nicht an eine einheitliche geologische For-

kaum das 4-5. Korn erzielt. Diese geringen Er

mation geknüpft, hauptsächlich findet man sie auf träge machen denn allerdings die Klagen über Land Kreide und Alttertiär aufgelagert, doch findet sie sich mangel, ungenügende Grösse der Bauernlandanteile auch auf Perm und auf der Kohlenformation.

Voll-

verständlich , auch erschweren sie den Bauern die

ständig waldlose Steppe ist bloss der südlichste Streifen der Schwarzerde, doch geht die Entwaldung

Steuerzahlung.. Die mittlere Grösse der Bauernanteile betrug zur Zeit der Aufhebung der Leibeigenschaft

im mittleren und nördlichen Teil sehr stark vor sich ; man will eben das Holz verwerten und Acker-

boden gewinnen . Die schwarze Erde ist ein teilweise lehmiger, 6-10 % Humus enthaltender, feiner

3,5 Dessätinen 1) pro männliche Seele im centralen , 2,85 Dessätinen im westlichen Schwarzerdedistrikte (in Kleinrussland ) , in den östlichen Schwarzerde

gouvernements dagegen 5-10 und mehr Dessä

Sand , reich an wertvollen mineralischen Bestand-

tinen . Im Laufe der Zeit hat sich nun die Bevölke

teilen wie Phosphorsäure und Kali. Sie kann nicht aus Meeresschlamm oder Absetzung eines Süsswasserbeckens entstanden sein, da man in ihr keine

rung um 30-40 % vermehrt, die Anteile sind also

um diesen Betrag kleiner geworden ; immerhin ent fallen noch selbst in Kleinrussland 2 Dess . (2,2 Hektar)

Muscheln , Conchylien etc. gefunden , ebenso wenig auf den einzelnen Mann . Das Schlimme ist aber, dass wahrscheinlich ist ihr Entstehen aus Torf ; dann müsste der Humusgehalt höher sein . Am wahrscheinlichsten ist wohl die Annahme, dass sie aus

einem lössartig verwehten Sande besteht, der durch die Verwesungsprodukte der Grasnarbe eine ungemeine Bereicherung an Humus erfahren , was natürlich

die Landanteile durchaus nicht gleich sind, sondern neben grossen und ausreichenden gibt es zu kleine Anteile , die ihre Inhaber durchaus nicht ernähren

können ; etwa 600000 Bauern (männl. Geschlechts) 1) i Dessätine

1,0925 Hektar .

Der Notstand in Russland .

100

im Schwarzerdedistrikte besitzen sogar überhaupt kein , gehalt der Rüben z. B. ist seit Beginn des Anbaues Etwa 14-18 aller Bauern können wegen

von 14 auf 11 ° zurückgegangen, die Erträge sind

zu kleiner Landanteile kein Spannvieh (Pferde, bloss im südlichsten Russland zum Teile Ochsen) halten,

noch stärker gesunken . Dennoch sind auch da noch

Land .

sondern müssen ihre Anteile verpachten oder mit gemietetem Spannvieh bearbeiten . Am wenigsten

auf Gütern , welche die Dampfkultur eingeführt haben, sehr hohe Erträge erzielt worden. Es ist sicher, dass man durch Tiefkultur, verbunden mit einer auch nur

Land besitzen die ehemaligen gutsherrlichen Bauern,

mässigen Düngung, in der schwarzen Erde doppelt

da man bei der Aufhebung der Leibeigenschaft dafür sorgte, dass die Gutsbesitzer mindestens 1/3 - 1/2

so hohe Durchschnittserträge gewinnen kann , als

des ganzen besessenen Landes als Gutsanteil be-

die jetzigen ; anstatt Durchschnittserträgen von 12 bis 13 Hektolitern liessen sich solche von 25-30 Hekto

hielten , wobei die Bauern gewöhnlich mit gering - litern gewinnen, wie sie auch bei der jetzigen Raub wertigerem Lande bedacht wurden ; namentlich wur-

wirtschaft in guten Jahren noch oft vorkommen ,

den die Waldungen von den Besitzern behalten. Bedeutend besser gestellt sind die auf Staatsländereien

denen dann freilich hinwiederum nicht selten totaler

ansässigen sogen . Kronsbauern ; während der mittlere

Gouvernements Podolien und Bessarabien ausgedehnte

Landanteil derselben 7 Dessätinen pro männliche

Phosphoritlager, könnte also leicht Kunstdünger er zeugen , um damit den Abgang der Phosphorsäure,

Seele betrug , erhielten die gutsherrlichen Bauern bloss 3 Dessätinen. Auch die Ablösungszahlungen sind noch jetzt , nachdem die Höhe der Zahlungen der ehemaligen gutsherrlichen Bauern 1882 um 20 bis 30 % herabgesetzt wurde, weil man eingesehen

hatte, dass sie zum Ruin der Bauern führten , bei den Kronsbauern noch um 25-30 % niedriger, als

Misswachs folgt. Russland besitzt selbst in den

der durch den Getreideexport entsteht, auszugleichen ; allein wer denkt da an künstliche Düngung, wo man noch den Stalldünger unbenutzt lässt oder verbrennt? Der russische Bauer, der in seiner Heimat den Boden

ausgebaut hat, lässt ihn liegen und zieht weiter nach Osten , in die schwach 'bevölkerten Gouvernements

bei den gutsherrlichen Bauern . Die letzteren zahlen | jenseit der Wolga , und wenn es ihm auch da zu im Schwarzerdedistrikt jetzt 1 /2—2 Rubel (3-4 Mark) enge wird, so zieht er nach Sibirien , immer auf der per Dessätine jährlich an Ablösungsgeldern. Die ehe-

Suche nach jungfräulichem , ohne Dünger reiche Er

maligen gutsherrlichen Bauern (es gibt ungefähr eben - träge lieferndem Boden . Die sibirische Schwarzerde soviel ehemalige gutsherrliche wie Kronsbauern) sind ist jedoch bedeutend weniger mächtig und auch nicht natürlich grösstenteils gezwungen , Land von den

so ausgedehnt, wie die des europäischen Russlands,

Gutsbesitzern hinzuzupachten oder sich als Ar-

besitzt auch nicht deren anhaltende Fruchtbarkeit

beiter zu verdingen . Etwa 43 von allen Bauern

und wird daher bedeutend schneller, oft schon nach

könnten jedoch bei einer vernünftigen Bewirtschaf- 4--5 Jahren , ausgebaut. Der Bauer sucht dann immer tung sehr gut von ihrem Lande existieren , das ist

wieder neue Wohnplätze, er flüchtet sich , wie ein

es aber, woran es fehlt. An und für sich genommen , sind die russischen Bauern , was Landbesitz , Höhe

russischer Reisender sich treffend ausdrückt , vor dem

Elend , der Not immer weiter nach Osten und be

der Ablösungsgelder und Steuern betrifft, günstiger merkt dabei nicht, dass das Elend, die Not in ihm gestellt als die französischen , von englischen und italienischen gar nicht zu reden . Selbst in dem ver-

hältnismässig dicht bevölkerten Kleinrussland , wo jetzt durchschnittlich 4-6 Dessätinen pro Bauern-

selber sitzt , in seiner fahrlässigen Art , den Boden zu bearbeiten , in seinem Unvermögen, sich zu einem

rationellen Betriebe aufzuraffen . Dieser Mangel an Initiative, diese Lässigkeit ist freilich noch ein Erb

familie (wenn man sie zu 2-3 männlichen Seelen stück aus den Zeiten der Leibeigenschaft , der Bauer man

war eben nicht gewohnt; selbst zu denken und für sich zu sorgen , er wurde zu unvermittelt in die Freiheit übergeführt. Die von Dr. Meyer für die

Bei einem Vergleich mit

deutschen Landwirte (die doch weit fortgeschrittener

annimmt) entfallen , wäre es nicht allzu schwer, die

8-12 Rubel ( 16—24 Mark) Abgaben zu bezahlen und den Lebensunterhalt zu gewinnen , wenn rationell wirtschaftete.

westeuropäischen Verhältnissen ist allerdings zu be- sind) vorgeschlagene Kontrolle desWirtschaftssystems rücksichtigen , dass Getreide in Russland zwei- bis dreimal niedriger im Preise steht, als in Deutschland oder Frankreich .

Mit einer Umkehr zu einer

seitens des Staates, Vorschriften über Fruchtwechsel,

Düngung, wären für Russland viel notwendiger, und zwar hätte der Staat gleich nach Aufhebung der

rationellen Bewirtschaftung stände es durchaus nicht Leibeigenschaft den Bauern Vorschriften über die so schwierig, die schwarze Erde ist ja ungemein tief- Wirtschaftsweise machen sollen ; denn von selbst gründig (nirgends unter 1/2 Meter) , und ausgebaut

waren dieselben viel zu indolent, und an den Guts

ist ja eigentlich nur die oberste Schicht derselben; besitzern hatten sie mit wenigen Ausnahmen auch der russische Bauer pflügt in der Regel nicht tiefer als 5-6 Zoll, weshalb natürlich anhaltende Dürren

keine Vorbilder.

um so eher eine Missernte veranlassen können . In

wohnten extensiven Wirtschaft belassen , so hätte

Kleinrussland , wo namentlich auf Gütern der Zuckerrübenbau eingeführt ist, wird tiefer gepflügt; freilich ist da der Boden auch stärker ausgebaut, der Zucker-

man den landlosen und zu wenig Land besitzen den gutsherrlichen Bauern genügende Ländereien überweisen und die Besitzer entschädigen sollen ;

Wollte man aber die Bauern

bei der

ge

Die Astronomie der alten Chaldäer.

IOI

sehr viele der letzteren verstanden doch nicht ra- | zubringen , so ist doch sicher, dass es in Russland tionell zu wirtschaften und richteten sich nach Auf- noch bedeutende private Kapitalien gibt , die man hebung der Leibeigenschaft bald zu grunde; nach

für eine innere Anleihe erhalten könnte. Auch die

Tausenden zählen die Schulden wegen verkaufter Schätze der russischen Kirchen und Klöster, die sich Güter. Die Veberweisung zu geringer Landanteile an eine grosse Zahl von Bauern hatte Elend, Steuer-

rückstände, Auswanderung u.s. w. zur Folge. Späterhin sah sich die Regierung denn doch veranlasst,

vielleicht auf einige Hundert Millionen belaufen und noch vollständig unberührt sind , könnten zur Linde

rung der gegenwärtigen Not herangezogen werden . Nur darf man nicht hoffen , mit den bisherigen halben

ihren anfänglichen Fehler einzugestehen und den gar

Maassnahmen den Notstand zu beheben ; jeder Ge

kein oder zu wenig Land besitzenden Bauern durch

bildete in Russland fühlt es , dass die besten und

die Gründung der Bauernbank 1884 Gelegenheit zu geben, genügende Ländereien hinzuzukaufen . Von

tüchtigsten Kräfte herangezogen und einschneidende

dieser Bank versprach man sich zugleich als Mittel

man grundlegender wirtschaftlicher Reformen be

gegen die von den Nihilisten unter dem Volke,

darf, um die gegenwärtige Krisis zu überwinden.

Maassregeln vorgenommen werden müssen , dass

namentlich dem ärmeren Teile desselben , geschürte

Unzufriedenheit grosse Erfolge. Da von dieser Bank jedoch für landwirtschaftliche Verhältnisse viel zu hohe Zinsen festgesetzt wurden (mit Amortisation 712 - 8 "/ % , wogegen die Adelsbank Gutsbesitzern zu 5 °/4 °% [mit Amortisation] Geld lieh ), da ausserdem die Bank kein Recht hatte, selbst Güter zu kaufen , sondern bloss den Vermittler zwischen Guts besitzern und Bauern spielen durfte , so hatten die Bauern ausser hohen Anzahlungen, die sie sich meistens von Wucherern gegen hohe Prozente ver-

Die Astronomie der alten Chaldäer. Von Fritz Hommel (München ). (Schluss.)

3

Nun im Gegensatz dazu die beiden folgenden den Anfang und Schluss der Ea -Bahn bezeichnenden Sterne :

Zeile 13 :

»Stern des Sohnes der erhabenen

Wohnung, Gott Dikud« (= Richter, nämlich des Hades), zwischen Fischziege und Schütze, vielleicht

schaffen mussten , durchschnittlich für das mit Hilfe

sogar $ Ophiuchi selbst, der nach Epping Ka-sil-Pa

der Bank gekaufte Land drei- bis viermal höhere

oder genauer ka-sil- Sigga, da Pa in der hier vor

Zahlungen zu leisten, wie für ihre Anteilsländereien,,

liegenden Bedeutung »unter dem Horizont liegende

deren Ablösungssumme man doch bereits 1882 batte Himmelswölbung “«, babylonisch kummu, die Lesung herabsetzen müssen . Sehr viele der mit Hilfe der sig erfordert, das ist » Anfang der Strasse der

Bauernbank gekauften Ländereien sind wenige Jahre

untern Himmelswölbung« heisst ; syn . damit ist der

später unter dem Hammer verkauft worden ; es wird

Wollte man ernstlich dem ärmeren Teile der Bauern

Gott Pa-sagga (oder besser Sig-sagga) . Zeile 14 : » Stern des feurigen Glanzes, der vor dem (Stern ) In -mi-sharra steht, Gott Nusku «, das ist Mira Ceti, im Walfisch, südlich vom Widder ;

aufhelfen, so brauchte die Regierung bloss die nach

als Stern auch Pab-il-sag (oder besser Sig -bil-sagga ),

Tausenden zählenden , von der Adelsbank rückstän

zu verteilen . Ob es zu so weit ausschauenden Maass

durch das eingesetzte Wort bil » Feuer « von seinem ursprünglich mit ihm identischen Namensbruder Pa -sagga im Schützen unterschieden .") Diese beiden zusammen werden nun rekapitu

regeln kommen wird, ist allerdings eine Frage. Hat

lierend bezeichnet in

jetzt fast von allen Einsichtigen zugestanden , dass die Bank bisher mehr Schaden als Nutzen gestiftet.

diger Darlehenszinsen wegen ausgebotenen Güter zu übernehmen und sie unter die bedürftigsten Bauern man doch im Herbste noch die Ausfuhr gestattet,

Zeile 15 als die Stationen bildenden ( nämlich

als man bereits wusste , wenigstens wissen konnte,

als Ekliptikalsterne im Gegensatz zum Nordpol) der Region I- gurra's (hier = Ea-Region ), Gott Sin

dass es im eigenen Lande zu einer Hungersnot kom-

men würde, hat mandoch die Verproviantierungder am (Mond) und Nirgal«,, weil letztere beiden Götter in schlimmsten betroffenen Gegenden verpasst, so lange besonderem Sinne mit der unteren Himmelsregion noch im Herbste die Schiffahrt auf der Wolga offen und dem dort zu suchenden Hades (vgl. z . B. meine stand ; jetzt ist auch mit den grössten Opfern nicht Geschichte Babyloniens, S. 401 f.) verknüpft wurden. zu vermeiden , dass in den entlegensten Gegenden

Nun schliesst sich noch mehr als Glosse und auf

ein Massensterben eintritt, was nach den letzten

Zeile 12 zurückgreifend an :

Nachrichten bereits thatsächlich in einigen Bezirken des Gouvernements Ssamara der Fall sein soll .

Mit

am Hungertyphus Erkrankten sind bereits in den meisten östlichen Gouvernements die Spitäler über

Zeile 16 » (dagegen) die ruhenden (im Nordpol zu suchenden ) Götter der Region I -gurra (hier = der oberen Himmelsozean -Region ): Anu und Bel « .

füllt. Indessen muss man sich doch nicht die Lage

gelingen sollte, eine grössere, speziell zur Bekämpfung

1) Man hat dann allerdings oft nicht mehr an diesen Unter schied gedacht, und die beiden , Pa -bil-sag und Pa-sag, mit einander verwechselt. Auch la -sag (bezw. Sig-sagga) hiess wohl urspriinglich (gleich ka -sil-sigga) » sig-haupta d . h . » Haupt

des Notstandes bestimmte Anleihe im Auslande unter-

( oder Anfang ) der unteren Himmelswölbung «.

als gänzlich aussichtsslos vorstellen , wenn grössere Anstrengungen gemacht werden . Wenn es auch nicht

Ausland 1892, Nr . 7 .

14

Die Astronomie der alten Chaldäer.

102

c) Die tikpi-Sterne.

Schwalbe « .

12. » Stern des Fuchses« .

Was diese

Wir kommen nun zu den tikpi-Sternen, drei letzten Sterne anlangt, so stand der »Fuchs besonders

sieben

besonders hervorragenden

(vgl. syrisch

stern « (k. Iul-a) in der Nähe des Fischsternes

tekaph » stark, mächtig seino ) Sternen der Anu- und

(3. Rawl. 53 , 66, wo es heisst : »der Fischstern

Bel-Region der Ekliptik.

und der Fuchsstern erreichen , oder holen ein , den

Auch hier ist eine An

ordnung nach der Lage am Himmel ( von West

Saturn « ), also wohl irgendwo im Wassermann oder

nach Ost) zweifellos. Die Namen lauten :

in den Fischen , da die Stelle des einen Fisches

1. »Stern gam (oder sub)«, das ist wie die Mondstationenliste lehrt, Waffe des Merodach , nämlich

(statt unserer beiden Fische) am babylonischen Himmel bis jetzt noch nicht genauer zu präzisieren

die Hörner des Stieres, ß und 5 tauri .

ist ; Allul ( auch bloss Lulla genannt) und die Schwalbe

2. »Stern des Königs«, dasist Regulus im Löwen. dagegen befanden sich, wie andere Stellen lehren, 3. »Stern Vogel sirinnu « , das ist der Rabe südlich der Jungfrau, der auch bei den Indiern und Chinesen zu den Mondstationen gehörte ; ohne Zweifelder auf der Stange sitzende Vogel der

in der Nähe der Fischziege und des Adler. »Die Schwalbe bildet mit dem Stern der in Sippar ver ehrten Göttin Anunit zusammen die 15. Mondstation ,

etwa zwischen dem Schwanze des Skorpions und dem

babylonischen Grenzsteine, nach den Beschreibungen

Adler, da,wo die Milchstrasse in zwei Arme geteilt ist ,

der Keilschrifttextes aber eher eine kleinere Raub-

weshalb » Anunit und Schwalbe« auch » Tigris und Euphrat« genannt werden . Andererseits wird Allul

vogelart als eine Rabe.

4. » Stern ka-çir- ( oder gu -mush-?) -ni-naji« (worin das zweite Element ni-naji, geschrieben

in einem von Brünnow herausgegebenen Hymnus an Merodach (Zeitschr. f. Assyr., 5 , 58) in engster

vorherEdera)genannt Anunit(und dass Verbindung ein Pfanzennam ni nag-i,»trinkende heisst),Spicasonst(Kornähre), zusammenhängt, o dere, womit auch mit Allul-Stern,

daher wahrscheinlich

Jungfrau. 5. »Stern des li -Instrumentes , das ist wahr-

scheinlich des Joches (bzw. der Wage) .

Stern von Sippar (der berühmten am Euphrat nörd lich von Babel gelegenen Stadt) heisst. Ich möchte deshalb den Allul (Bedeutung unsicher, vielleicht

6. „ Stern der Schlange« , das ist´a serpentis shittu = Netz ?. oder gar = Schildkröte?, da die Grenz Schildkröte neben und an Stelle der

(oberhalb zwischen Wage und Skorpion) . 7. »Stern ni-dar« , das ist der Stern des Gottes

steine eine

Ni-dar, der an anderer Stelle (3. Rawl . 53 , 28) geradezu dem Skorpion (hier genauer ß undò scorp ., nicht Antares) gleichgesetzt wird.

Delphin identifizieren .

Oben, am Schlusse der Auseinandersetzung über

Fischziege aufweisen ) am liebsten mit unserem d) Die Mond- und Planetenstationen. Was endlich die Mond- und Planetenstationen

den Shugi = Orion , habe ich die erste , bis Wage

bei den Babyloniern anlangt, so habe ich von der Liste

gehende Hälfte der »zwölf Sterne des Westlandes

der Mondstationen, die ich in dem Sternverzeichnis

mitgeteilt. Die zweite (beim Skorpion beginnend)

mag sich am besten hier anschliessen : 7. » Stern

5 Rawl . 46 zu erkennen das Glück hatte, schon oben (siehe vorige Nummer) im allgemeinen ge

der erhabenen Herrin « (Nin -mach ), nach einem un-

handelt, wo ich auch die Einteilung der Tafel

edirten, von Jensen, Kosm. S. 71, citierten Texte „Stern des Skorpions«. Die verhabene Herrin« ist

( bzw. ihre Unterbrechung durch die Namen des Nordpol und verschiedener Sterne der zum Nordpol

dieselbe Göttin, deren Sohn (auch „ Sohn des er-

in Gegensatz stehenden Ea-Region, Z. 12—26)

habenen Hauses« genannt) gleich beim Skorpion, skizzierte. Mit dieser Entdeckung, dass hier (wie 8. » Stern des Königs«, hier nicht

in kleineren Listen , so der der » zwölf Sterne des Westlandes« , der sieben tikpi und der sieben lumashi)

der Regulus, der auch von den Babyloniern zugleich

eine wirkliche, nicht zufällige Anordnung vorliege,

mit dem „ Grossen Hund« ( lig -gu -la, d. i . eben Löwe, 3 Rawl. 57, Nr. 8 und 59 , Nr. 13 ) genannt wird, sondern irgendwo im Schützen , in der Nähe des Pa- oder Sigga -Sternes, mit dem zusammen er auch an zwei anderen Stellen vorkommt. 9. »Stern Zalbadânu «, sonst Planet Saturn , hier aber ein Fixstern und zwar wie eine von Sayce edierte Beischrift eines Planisphärenausschnittes zum Monat Kislev (Schütze) beweist, ebenfalls in der Nähe des

war zugleich der Schlüssel zu einer ganzen Reihe von bisher ungelösten Fragen gegeben, so dass es

nämlich im Schützen , zu suchen ist, wie oben ge-

zeigt wurde .

Schützen . )

mir dadurch wie durch die schon vorher von mir

gewonnenen festen Punkte nun gelungen ist, von den c. 90-100 aus den astronomischen Texten und Listen bekannten Fixstern-Namen über 85 (also etwa neun Zehntel !) entweder bis auf den einzelnen Stern ( bzw. Sternbild) hinaus oder wenigstens der

ungefähren Lage nach zu bestimmen.

Bevor ich

der

nun die 16 Sterne (d . i . die ersten zwei Drittel

1) Für den Monat Arach -samna (Skorpion) steht daselbst am inneren Rande (also mehr nach dem Pol zu) Girtab (Skorpion), 70 Grad , am äusseren Lig-bad (Schakal) , 140 Grad ; für den Monat Kislev (Schütze) am inneren Rand Ud-ka-gab-a ( siehe

der 24 Mondstationen) , welche die genannte Liste enthält, kurz aufzähle, sei kurz der 36 Dekane oder Planetenstationen gedacht, welche sich, ohne dass dies bis jetzt jemand bemerkt hat, grösstenteils in den 28 (richtiger 30) Konstellationen , die Epping

10.

„ Stern

Allula .

II .

»Stern

2

oben), 60 Grad , und am äusseren Zalbadânu, 120 Grad .

Die Astronomie der alten Chaldäer.

103

Planeten-

Damit soll übrigens nicht gesagt sein, dass

ephemeriden der Arsacidenzeit errechnet hat, ') wieder finden . Es ist nämlich zufällig aus den betreffenden Tafeln für den Raum zwischen àò capri und nท piscium keine Planeten - Station angegeben, so dass also

man erst in der Arsacidenzeit oder kurz vorher es unternommen hätte, den Tierkreis für Planeten

für Mars und Venusaus chaldäischen

beobachtungen in noch kleinere Abschnitte als 24 , nämlich 36, zu teilen . Die 36 Dekane der alten

4-5 Dekane fehlen ; rechnet man nun dazu die Ägypter, von denen wir schon aus der Zeit Setis I. fortlaufende Reihe der 30 aus den Tafeln für y piscium bis ò capri gewonnenen Stationen , so haben wir zusammen schon 34-35 , die sich , wenn man in betracht zieht, dass in Eppings Konstellation Nr. 25 Ka -sil-pa ( it im Ophinchus) wahrscheinlich 2-3

( 14. Jahrhundert v . Chr. !) Verzeichnisse besitzen , und die sicher in die älteste Periode der ägyptischen Kultur zurückgehen , und weiter die 24 sogenannten

.

Stunden-Sterne, 1) deren Listen aus der Zeit 20. Dynastie

(c. 1200 v. Chr.) stammen , beweisen, dass man

Dekane zu einer einzigen Nummer zusammengefasst auf die Idee der Erweiterung des Tierkreises von sind, 2) selbstverständlich zu nichts anderem als den

12 au 24 und ferner auf 36 schon in uralter Zeit

durch Diodor für die Chaldaer ausdrücklich be-

kam , und zwar in Babylonien , wo ja auch die

zeugten 36 Dekanen vervollständigen . Aeusserst lehrreich ist eine Vergleichung der ara-

Wurzeln der ägyptischen Astronomie ( wie überhaupt der ganzen ägyptischen Kultur) liegen. Nur hat im

bischen 28 Mondstationen mit diesen babylonischen

Lauf der Zeit in Babylonien die Nomenclatur (und

36 Planetenstationen der Arsacidenzeit und anderer-

wohl auch die Lokalisierung einzelner Stationen)

seits mit den 24 (bzw. 16 von den 24 ) Mondstationen

sich geändert, so dass die Dekanliste, die wir aus den Planetenephemeriden des 2. Jahrhunderts v . Chr.

der Liste. Auch der arabischen ( ebenso indischen und

chinesischen ) Mondstationen waren es ursprünglich nur 24, und sind erst im Lauf der Zeit zu 28 erweitert worden ; nun sollte man erwarten , dass sie sich am nächsten mit den babylonischen 24 Mond-

nun herstellen können , ein in mancher Hinsicht anderes Aussehen bekommen hat als die etwa des

stationen (von denen uns jetzt 16 der Reihe nach

zwölfgeteilte Tierkreis allein der älteren Zeit be

bekannt sind) berühren, in der That aber schliessen sie sich viel enger an die 36 Dekane der Arsacidenzeit (2. Jahrhundert v . Chr.) an. Das erklärt sich lonische Mondstationenliste geht ihrer Vorlage nach wahrscheinlich in die altbabylonische Periode zurück

deutende Schwankungen und Varianten, wie das eine Vergleichung des Systemes der Grenzsteine ( 12. Jahrhundert v. Chr) mit der allerdings wohl noch viel, viel älteren Liste des Weltschöpfungsepos oder mit dem der Zwölfteilung des Nimrodepos zu grunde liegenden Tierkreise lehrt.

oder wenn nicht, dann doch wohl noch ins Ende

Trotzdem die Planetenstationen der Arsaciden

jedenfalls aus der verschiedenen Zeit.

Die baby-

2. vorchristlichen Jahrtausends, wofern wir eine solche noch besässen. Zeigt ja doch schon der

des 2. Jahrtausends, die 36 Dekane der Arsacidenzeit zeit aus Eppings Buch jedem , der sich näher dafür dagegen , die schon durch ihre zum Teil den alten Texten fremder Namen die spätere Entwicklung

interessiert, bekannt sind, so ist eine kurze An

verraten , stehen zeitlich der Epoche, in der die

kommen, zumal die Namen bei Epping nicht überall

Araber mit dem System der Mondstationen bekannt

richtig transskribiert sind.

wurden , näher.

Ausserdem setzen auch die Dekane

führung derselben vielleicht doch manchen will

1.

Mul (so ist Eppings te auszusprechen)

deutlich die Entstehung aus dem 24teiligen Tier-

Plejaden .

kreis (eben den Mondstationen, wie ihrerseits diese aus dem zwölfgeteilten) voraus, indem sie nur eine Erweiterung desselben darstellen ; so wurde z. B.

schon Artikel I), Aldebaran .

eine ursprünglich nur eine einzige Nummer bildende

nördlicher und südlicher.

Station , wenn sie zufällig aus zwei besonders in

die Augen fallenden Sternen bestand , durch die Unterscheidung eines vorderen und hinteren dieser beiden Sterne zu zwei Nummern erweitert.

In der

That kommen , wenn man die Dekane der Arsa-

cidenzeit auf diese Weise reduziert (also statt vorderer

und hinterer der Zwillinge nur einfach Zwillinge setzt), gerade 24 statt 36 Nummern heraus, die aber

sich nicht

immer mit

den Stationen

der

aus älterer Zeit stammenden » Liste« (5. Rawl . 46) decken .

2.

Pidnu (geschrieben gish -da) » Furche « ( siehe

3. 4 .

5. 6.

» Stier des Wagens« (B und § tauri), »Mund (d . i. Anfang der Zwillinge«

(4 und gem .), vorderer und hinterer.

7. » Zwillinge des Hirten« ( d. i. des » treuen Hirten des Himmels«, oder des Sib -si-anna -Sternes siehe schon oben )

8. 9.

gemin .

» Zwillinge« ( 9. und

gem ., Castor und

Pollux), vorderer und hinterer. 10. II . » Spindel«, pulukku (7 und ò im Krebs), vorderer und hinterer.

12. 13. 14 :

» Kopf des Löwen « (e leonis) . „ König «, Regulus . »Vierter Sohn hinter dem König« (pleonis) .

*) Epping, Astronomisches aus Babylon, S. 117--133 (wohl der wichtigste Abschnitt dieses bedeutsamen Buches). 2) Dieser Konstellation ( zwischen Antares und 4. Capri ) ent-

sprechen allein 3 von den 28 (statt 36) der arabischen Mond-

1) Dass es ursprünglich 24 waren , hat kürzlich G. Bil . finger (Die Sterntafeln von Biban -el-Moluk ) überzeugend nach

stationen !

gewiesen,

Die Astronomie der alten Chaldäer .

104

15.

» Schwanz des Löwen « , Denebola.

( gir und gir- tab ), » Schütze « ( pa, bzw. sig, Ab

» Hinterer Fuss des Löwen « (s virginis). kürzung für ka-sil-sigga, siehe oben ), » Ziege« (gus), 17. » Rind der Vorderseite der Jungfrau« gu (unser Wassermann ),) » Fisch « (nunu, daneben 11 virginis), wozu man die auf der Kuh stehende auch zib, was eine Abkürzung vielleicht für sibbatu Aehre der Grenzsteine vergleiche.

» Schwanz« scil. des gu, sein könnte). Dass ku

18. » Herold (?) der Jungfrau«, Spica (a virginis). Widder und a Löwe ist, steht schon bei Epping ; 19. 20.

„ Wage« (o und ß librae ), südlich und

nördlich .

21. 22. »Kopf des Skorpions« (ô und ß scorp.), oben und Mitte.

dass aber in diesen Bezeichnungen Abkürzungen für die babylonischen Wörter kusarikku » Widder «

und arů »Löwe« stecken, hat dann Jensen erkannt , ebenso, dass in den Zeichen für unseren Krebs

23. chabrud (Bedeutung unsicher), Antares. 24. (bzw. 24–26) »Gegend der Mündung

( zwischen Zwillingen und Löwe) und für den Caper die Ideogramme für pulukku (nach mir = Spindel ,

der Strasse des Sigga« (ka -sil -sig, siehe oben) $ im vgl. die Grenzsteine) und für »Ziege« vorliegen . Ophiuchus. Dagegen ist es ein wenig übertrieben , wenn er 25. (bzw. 27) »Horn der Ziege « (n. oder i sich in seiner Besprechung von Eppings Buche rühmt , capri) .

in seinem Werke über die Kosmologie unabhängig

26. 27. (bezw. 28. 29.) » Fischschwanz der Ziege« ( und ò capri), vorderer und hinterer. (bzw. zwei Namen ).

von Epping eine ganze Reihe der Tierkreisbilder aus den älteren Texten richtig eruirt zu haben .

» Hinterer Fuss des gu « (x aquarii ) , Epping

entspricht, hatte schon Sayce gesagt, ebenso dass eines der drei Zwillingspaare des babylonischen

(zwei Namen , bzw. auch nur

Himmels den Zwillingen des Tierkreises entspricht; auch der Skorpion -Stern war schon längst für den Skorpion des Tierkreises erklärt worden . Die »ganze

S. 134 .

einer). 34.

» Band des Fisches« .

35. 36.

»Kopf des Widders « (3 und o arietis),

Dass der „ Fisch des Ea « dem Fisch des Tierkreises

Reihe« Jensens reduziert sich lediglich darauf, dass er den Widder und den Stier in gegenseitigem Zu

vorderer und hinterer.

Bemerkenswert ist der kaum anders als oben

sammenhang nachgewiesen (Kosmologie, S. 60 ff.

geschehen zu übersetzendeNamedes 3. und 4. Dekans nebst der, eine der besten Partien seines Buches ( »Stier des Wagens« ). Die Beziehung auf den Wagen wird verständlich , wenn man sich erinnert, dass im Stier sowohl als im Nordpol (Bär) der Gott Anu lokalisiert ist, ähnlich wie auch der Gott In -mi- sharra (a ceti südl. vom Widder) nach Jensen

bildenden scharfsinnigen Auseinandersetzung S.91-93) und weiter die Zwillinge in Zusammenhang mit dem Stier (S. 64 f.), und endlich, dass er für das schon von Lenormant auf babylonischen Siegel zylindern nachgewiesene Bild der Ziege mit dem

mit dem Stern Durruna ( d. i. aber nur ein anderer Fischschwanz (= unserem Caper) den entsprechenden Ausdruck für Nordpol als der „ Ruhende « ) durch ein » Band « verknüpft erscheint. Was für ein

Ausdruck (Ziege = Kopf des Ziegenfisches) keilin schriftlich eruirt hat ; auch gehört noch Jensens

schönes poctisches Bild, der Himmelswagen in der Entdeckung der Identität des Sternnamens sibanîtu Nähe des Nordpoles, vor ihm als Lenker der Fuhr- | (was aber „ Wage« und nicht » Skorpionscheren « mann (denn auch der Name dieses Sternbildes bedeutet, wie ich in Artikel I gezeigt habe) mit geht wohl auf babylonischen Ursprung zurück, ja der arabischen Mondstation as -subânâ (2 und 3 wird jetzt erst verständlich), der mit straffem Zügel librae), nicht aber (wie ich früher, Jensen folgend,

zugleich dem » Band, das Himmel (Nordpol) und Erde (Horizont) verbindet «

glaubte), dass der gu-la -Stern der Schütze sei, hierher.

die an den Wagen | Dass die Ehre, den babylonischen Ursprung des

geschirrten Sonnenstiere hält . Zum Fuhrmann (darin

Tierkreises aufgezeigt zu haben, schon Jensens Vor

der ash -kar - Stern das ist das „ weibliche Zickchen «

gängern angehört, wurde bereits in Artikel I ausge

Capella) bemerke ich , dass der Kopf des gam

führt.

Sternes (B und § tauri) das »Lämmchen « (oder

für die Arsacidenzeit durch astronomische Rechnung (also mit mathematischer Sicherheit !) festgestellt zu haben, ist Eppings rühmliches Verdienst. Zuerst

Zickchen ), kirru, heisst.

Da, wo in diesen Ephemeridentafeln die heliaki-

Alle Bilder in zusammenhängender Reihe

schen Auf- und Untergänge der inneren Planeten den vollständigen Tierkreis in seiner Zwölf- wie Merkur und Venus näher bezeichnet werden, geschieht | Vierundzwanzig - Teilung auch für die ältere Zeit

dies nur durch die allgemeine Angabe einer der zwölf nachgewiesen und ausserdem fast allen übrigen Stern Wir bekommen so die Reihe :

namen ihren richtigen Platz am Himmel gegeben

» Widder« (ku, Abkürzung für kuçarikku), » Stier«

zu haben , das darf nun wohl der Verfasser dieser Artikel über die Astronomie der alten Chaldäer

Tierkreisstationen !

(mul, das gleiche Ideogramm wie oben bei den

Dekanen , Nr. 1 ), »Zwillinge« (mash ), » Spindel« als den redlichen Gewinn seiner im Februar 1891 ( pulukku ), »Löwe« ( a, Abkürzung für arů), » Jung- begonnenen Arbeit beanspruchen. frau « (ki, Abkürzung für ki-gulla, eigentlich die Nun aber nach dieser notwendigen Ab Reine, d. i . die Jungfrau), „ Wage« (bir), „ Skorpion « schweifung noch kurz zu der Mondstationenliste >

Die Astronomie der alten Chaldäer.

5. Rawl . 46.

Verschiedenes, was hier nicht mehr

IOS

und 2. 25 die Waffe des Ea, ' ) das ist wahrscheinlich

gesagt oder wenigstens des Raumes halber nicht die Cassiopeia (vgl . den Zusatz »mitten im Ocean «, näher begründet werden kann , finden die, welche womit hier die Milchstrasse gemeint sein wird ) sich genauer informieren wollen, in meiner Ende Juli aufgezählt worden waren . Mit diesen chaldäischen Mond- und Planeten abgeschlossenen Abhandlung über die arabischen stimmen nun , wie schon angedeutet wurde, stationen erscheidemnächst Orte anderem an die Sternnamen, nen wird. Ich teile deshalb hier nur in aller Kürze die im grossen und ganzen die arabischen Mondstationen

Namen (mit Weglassung des teilweise schon bespro-

in oft überraschender Weise überein ; die wieder

chenen Exkurses Z. 12-26) und ihre Identifikation

mit den arabischen auf eine babylonische Quelle

mit, indem ich auch die für die Bedeutung der Sterne

zurückgehenden Mondstationen ( Nakshatra, Sieou) der Inder und Chinesen zeigen jedoch die bemerkens

oft sehr wichtigen Namen der Götter, welche diesen Sternen beigegeben wurden , weglasse : I. Stern der » Grundlage « , Plejaden. 2. » Schakal« (lig-barra), Aldebaran . 3. gam (oder sub) das ist Wafte der Hände Merodachs, ß und &. 4. » Die grossen Zwillinge «, Castor und Pollux. s . » Die kleinen Zwillinge «, Asellus borealis u. austr. (1 und 9 im

Krebs) .

6. »Königstern «, Regulus (griech. Basiliskos von der unter dem Löwen liegenden Hydra, daher unser Basilisk), a leonis.

7. Chegalai (Fruchtbarkeitstern ), wahrscheinlich Denebola ( 3 leonis ). Oder ( wie bei den Chinesen)

werte Abweichung, dass sie an zwei gegenüber

liegenden Stellen der Ekliptik nach dem (damaligen ) Aequator hin abschwenken , nämlich einerseits nach

den Bildern der Hydra (südlich vom Löwen ) und des Raben (bei den Chinesen auch noch des Krater oder Bechers ), andererseits denen des Adlers und Delphins. Auch das geht auf die Babylonier (man vergleiche nur die Hydra und den auf der Stange sitzenden sirinnu--Vogel der Grenzsteine), aber aufeine ältere Epoche, zurück . Dass auch das wenige, was wir von den astronomischen Vorstellungen der alten Hebräer wissen, nach Babylonien weist, sei hier nur kurz berührt.

Wenn es im Buch Job

8. Bal-ur -a (Wachstumstern ?), 1 (oder ") der

heisst (38, 31 f.): »Kannst du die Bande der Kîmah . (d . i. der Plejaden) oder die Fesseln des Kesil

Jungfrau ? 9. » Glanzstern « ( šu -pa, semitisch namru ) Spica,

(Orion, so doch wohl besser als Ophiuchus, dessen Gegengestirn der Orion ist) lösen ? kannst du

0. virginis . )

herausführen die Maszaroth zu seiner Zeit und die

9. im Becher ? oder ß virginis ?

Nach der Unterbrechung (2. 12—26 ), von der ajish (Bärin ) samt ihren Jungen (letztere e, “ und schon gehandelt wurde, beginnt der Verfasser der Liste aufs neue, weshalb er nochmals die Spica , nur unter anderem Namen, wiederholt:

9. Stern Dar -lugalla (d . i. der Mondgott, als Vater der Istar, der göttlichen » Jungfrau« ). 10. » Totenstern «, x der Jungfrau (arab . Mondstation ghufr » Decke« als Leichentuch ?)

11. » Schlangenstern «, fl oder 0. Serpentis (in gleicher Länge wie die Wage). 12. »Skorpion « , ò und 3 scorp . 13. » Schakal«, Antares (a scorp .). 14. und 15. » Anunit« (Istar) und » Schwalbe« , 1 und 2 scorp . oder in der Nähe dieser beiden . 16. » Diadem des Meeres « (mu-sir -a -baba ) oder

des grossen Bären) leiten ? « und in demselben Buche 9,9 oder die 'âsh (Bärin ), den Kesîl und die Kimah (also Orion und Plejaden) schafft, und die Kammern (bzw. Stationen , Sonnenhäuser) des Südens «, so sind an ersterer Stelle die Sonnen

stationen mit ganz dem gleichen Namen genannt wie bei den Babyloniern (massartu, mazsaltu, daher auch hebr. massaloth neben mazsaróth, ursprünglich mansastu , mansartu , mancaltu , von letzterem arab.

inanzil ), während an der zweiten Stelle die Stationen

der südlichen oder Ea - Abteilung der Ekliptik dem Nordpol und dem Anfang der Ekliptik (Plejaden , Orion) gegenübergestellt sind . Dass die mascaróth wirklich die Tierkreisstationen sind, lehrt auch die

Stelle 2. (4.) Könige 23,5 , wo Sonne, Mond und Mazzaloth gerade so zusammen genannt sind wie Milchder Rand am Schützen des >>Stadt« ?) bei Die Liste bricht nun ab mit strasse . in Josephıs Traum ( 1. Mose 37,9) Sonne, Mond 17. » Ziege« oder »Kopf der Fischziege« q . capri, und die elf (mit Josephs Stern zwölf) Sterne . der ersten Station der Ea -Abteilung der Ekliptik , In obigem nicht erwähnt wurden die Sterne » Stern von Eridu «

(arab. Mondstation balia d. i .

nachdem schon in dem sich an den Nordpol (Z. 12) gu -la (vollere Form für gu) = 3 aquarii (nördlich anschliessenden Exkurse einige wichtige Sterne der- vom Caper, später hiess dann das ganze Bild des selben, so Z. 14 der Feuerstern, Mira ceti , (2. 20

Aquarius gu ), im -shu -niginna (d . i . » Kohlenbecken «,

der Pegasus, Z. 21 der Widder, Z. 24 der Deneb

der » Schmelztiegel« der Grenzsteine) und Zamama (sonst = Gott Nindar oder Mars, aber auch ein Sternbild ebenfalls in der Nähe des Steinbockes) und

1) Die Bemerkung zu No. 9 auf Z. II „ Bel Bestimmer des Schicksalsa und auf Z. 27 » Monat Tishrî « deutet auf ein zweites Neujahrstest zu Anfang des Tishrî (statt Nisan ), wie es ja die Juden als alleiniges Neujahrsfest haben , hin , des Tishrî = » Anfang« ), in dem der betreffende Stern heliakisch auf-

1) Die nächste Zeile (26) ist als Glosse dazu zu betrach ten : der Stern mulla dagegen (ß und “ tauri, siehe oben No. 3 und vgl . den Namen mul des Stieres (wie speziell der Plejaden)

gieng.

in der Arsacidenzeit) ist die Waffe der Hände des Merodach « .

>

Die Christensekte der Nestorianer .

106

noch einige Sterne der älteren Texte, welche mir zu identifizieren noch nicht gelungen ist , so die

neueste Zeit herein gewaltsamen Plünderungen unter worfen sind. Diese Christen sind die Nestorianer,

Sterne Tir-anna (Aehrenwald ? nach Sayce Nordpol), und mitten in tiefen Thälern, die von fast ungang numushda (dem Gotte Rammân oder Wettergott,

baren Bergen umschlossen sind, liegt Dschulamerk,

ciner Erscheinungsform des Bel , geweiht ), arùa (auch gish-a-ru, was auf einen Waffennamen hindeutet) und wenige andere. Da es auffallend ist, dass von den Sternen erster Grösse der rotglänzende

die Hauptstadt und der Wohnsitz ihres Patriarchen .

(von den Arabern in enge Beziehung zur Spica gesetzte) Arkturus (arab. » der lanzenbewaffnete

dehnt sich südwärts längs des Tigris im Westen un gefähr ebensoweit aus , indem es die assyrischen

simâk, während die Spica der » waffenlose simâku

heisst) noch unter den bisher identifizierbaren Sternen

Berge und Ebenen bis nach Mossul oder dem alten Niniveh im Südwesten umfasst, im Osten aber

fehlt , so ist es nicht unmöglich, dass er in einem

schliesst es mehrere der schönsten und fruchtbarsten

Ihr Land , genauer gesprochen , erstreckt sich vom Tigrisstrome, längs der südlichen Grenze von Arme nien , ins nördliche Persien mehr als 460 km , und

>

der beiden letztgenannten , wahrscheinlich in dempersischen Ebenen ein. Den Namen Nestorianer, a -ru ( oder a -ri) heissenden Sterne, zu suchen sein

welchen wir ihnen gewöhnlich beilegen, lieben sie

wird, zumal sowohl die Jungfrau als der a-ru-Stern

selbst nicht, sondern nennen sich Nisrani und

von den Babyloniern mit der Göttin Istar identifi-

sind unter diesem Namen ihren Nachbarn bekannt.

ziert wurden .

Nasrani ist eben das Wort , das im Arabischen

Blicken wir nun zum Schlusse zurück, so hat gewöhnlich gebraucht wird, um alle Christen zu be sich uns in der Astronomie der alten Chaldäerzeichnen , und wird im allgemeinen als gleichbe eine

wunderbare

Kettenreihe

von

Beziehungen deutend mit Nazarener betrachtet.

entrollt, die in ältesten Tagen an den Ufern des Euphrat beginnen und von dort weithin über

Raum und Zeit bis zu uns spätgeborenen Kindern des fernen Westens sich erstrecken . in sternen hellen Nächten staunend

Wenn wir und

vom

Schauer der Unendlichkeit durchdrungen gen Himmel blicken und die ihre stillen Bahnen dahinziehenden Bilder bei Namen nennen , wenn wir so den

»Wagen « , die »Milchstrasse «, den „Stier« , die » Zwillinge« und wie sie alle heissen, die leuchtenden

Kinder der Nacht, verfolgen , so reden wir damit

In der That

scheinen sie zu fühlen , dass es ein genereller Aus druck ist , und fügen zuweilen »Siriany « bei , um damit ihre Sekte zu bezeichnen , so dass sie sich also >

» syrische Christen « nennen . Der Ursprung der christlichen Sekte der Nesto rianer ist vollkommen klar und deutlich. Ein gebor ner Chaldäer, Nestorius , der Presbyter in Antiochia gewesen , wurde im Jahre 428 zum Patriarchen von Konstantinopel erhoben. Um diese Zeit bewegte die christliche Welt der Streit um

die Einführung

der bis dahin völlig unbekannten Marienverehrung.

in einer uralten, längst erloschenen Sprache, deren Das alte Christentum wusste noch nichts von einer Worte wir zwar noch verstehen , deren ursprüng- » Mutter Gottes , und auch Nestorius verweigerte

licher Sinn uns aber für immer abhanden gekommen

der Jungfrau Maria diesen Titel ; er lehrte, das Gött

wäre, wenn nicht die babylonische Litteratur in

liche und Menschliche in Jesus habe auch nach der

unseren Tagen ihre Auferstehung gefeiert hätte. Vereinigung zu einer Person sein eigentümliches Es ist so gelungen, die früheste Geschichte der Astronomie, dieser ältesten aller Wissenschaften, zu entschleiern denn in eine Zeit, wo man noch

Wesen bewahrt , und man dürfe daher Maria nicht als Gottesgebärerin , sondern nur als Christus gebärerin bezeichnen. Dies machte man ihm zum

nicht an Philologie und Rechtslehre dachte, wo die

Vorwurf, der Patriarch Cyrillus von Alexandrien

Medizin noch in den Händen von Zauberpriestern

klagte ihn an , dass er die beiden Naturen in

lag und nur erst in abergläubischen Besprechungen

Christus zu zwei Personen mache, und das dritte

bestand, wo es noch keine theologischen und philo- | allgemeine Konzil zu Ephesos 431 verdammte des

sophischen Systeme gab, gehen die Anfänge der Nestorius Ansichten . Er selbst wurde abgesetzt und Beobachtung des gestirnten Himmels und seines von Ort zu Ort geschleppt , bis er ums Jahr 450 Laufes zurück – und damit eines der ersten Kapitel i eines kläglichen Todes starb. Aber noch länger als der Kulturgeschichte der Menschheit zu schreiben . zwei Jahrhunderte dauerte der Streit, wozu er An lass gegeben . Die seit 435 in Syrien konstituierte

Partei der Nestorianer flüchtete später vor den Ver

Die Christensekte der Nestorianer. Von Friedrich v. Hellwald (Tölz) .

folgungen der Reichskirche nach Osten, wo sie sehr

Kurdistân ist ein ungemein wildes , gebirgiges

Ktesiphon ward ihr Hauptsitz, und die Nestorianer,

Land und wird von zahlreichen Stämmen eines noch

welche nacheinander diesen Stuhl einnahmen , wur den als Patriarchen des Ostens « bezeichnet. Dass

wilderen Volkes , der Kurden bewohnt, die mohammedanischen Glaubens sind , unter denen und in

beträchtliche Ausdehnung gewann .

Seleukia oder

diese Kirche grosse Lebenskraft besass, ergibt sich aus

deren Nähe jedoch viele Christen ihre Wohnsitze

der Ausbreitung ihrer Missionsthätigkeit. Ausser dass

haben, wo sie freilich von Seiten dieser furchtbaren Nachbarn gesetzlosen Erpressungen und bis in die

sie, fast bis zur Ausschliessung aller anderen Christen , den ganzen Landstrich einnahm , welcher das neuere

Die Christensekte der Nestorianer.

Königreich Persien bildet, war sie einerseits zahlreich in Mesopotamien und Arabien, hatte ihre Metropolitane in Syrien und auf Cypern , und einen Bischof selbst auf der Insel Sokotra am afrikanischen

Osthorne. Andererseits waren syrische Christen von Malabar in Hindostan Nestorianer und erhielten ihren Bischof aus Seleukia . Nestorianische Kirchen bestan-

107

Natur ihrer rauhen Umgebung sich angepasst hat. Sie wurden wild und misstrauisch , argwöhnisch

und rachsüchtig, kaum minder roh als ihre isla mitischen Nachbarn , wenngleich ihre Wildheit von den ihnen feindlich gesinnten Mohammedanern stark übertrieben wird . Dem Stamme der Tijari sollen freilich Räubereien noch mehr Vergnügen machen, als selbst den Kurden. Im allgemeinen werden sie jedoch bloss als ein thatkräftiges, freiheitsliebendes und streitbares Volk geschildert, bei dem allerdings

den in Transoxanien bis gegen Norden im chinesischen Ostturkestan, und in den entlegenen Regionen der Mongolei nahm der Grosschan der Tataren den Rang eines Presbyters in der nestorianischen Kirche Blutrache herrscht, das sich aber sonst durch freieren ein . Insbesondere ward auch das weite chinesische Umgang und anständige Sitten auszeichnet . Von Reich durch den Eifer und den Fleiss der Nesto- den Kurden in ihren Bergfesten angegriffen und zu rianer erleuchtet. Von den sassanidischen und ara- Tausenden unbarmherzig niedergemetzelt, erwachte bischen Dynastien Asiens wurden sie im Ganzen der Unwille der christlichen Regierungen Europas geschützt , und nestorianische Christen wurden zu bei den Gräueln , die verübt worden waren , und die vielen Vertrauensämtern zugelassen . Als die Mon- Pforte wurde genötigt, einzuschreiten . Ein in diese golen jedoch Moslemin wurden , lernten sie das wilden Grenzgegenden gesandtes Heer brach die nestorianische Christentum verfolgen. Timur ver- Macht der Kurden und begründete die regelmässigere bannte es aus Transoxanien, und indem er es in der

und minder ungerechte Regierung des Sultans durch

Mongolei vertilgte oder wirksam zurückdrängte, verfolgte er Massen von Nestorianern Persiens bis zum

das ganze kurdische Gebirgsland hindurch. So be sitzen jetzt die Gebirgsnestorianer unter einer regel

Tode. So war deren Zustand, als die Missionen der

mässigen türkischen Regierung mehr, als sie in

römischen Kirche sie in ihrer Abgeschiedenheit in

ihrer früheren unverantwortlichen und zweifelhaften

je hätten besitzen können. Bergen Kurdistâns ausfindig machten und ihrem Unabhängigkeit den Minder günstig ist der Zustand dieses Zwecke zu unterwerfen versuchten . Schon unter

Volkes

Alexander III. , Innocenz IV . und Nikolaus IV. be-

in Persien ; ja man kann ihn dort verkommen ,

gannen die Unionsversuche mit der römischen Kirche,

jämmerlich und sklavisch nennen , denn die Nesto

infolge welcher die Nestorianer im Jahre 1551 über

rianer werden von den Moslemin heftig unterdrückt und verfolgt. Ihre Frauen, Schwestern und Töchter werden ihnen entrissen, manche von ihnen werden getötet, andere kommen um durch Gewalıthaten

die Wahl eines neuen Bischofs unter sich zerfielen und ein Schisma entstand.

Ein Teil trat zur rö-

mischen Kirche über und bildete die sogenannten

unierten Nestorianer, die man jetzt gewöhnlich

und Hungertod, wieder andere vermögen sich nur

Sie zählen etwa

durch Flucht vor dem Feinde zu retten . Ein grosser Teil des Druckes wird verursacht durch die Agas

chaldäische Christen nennt .

20000 Köpfe, erkennen den päpstlichen Primas an und beobachten den Ritus der griechischen Kirche;

oder Gutsbesitzer. Auch wenn keine weiteren An

an sie gemacht werden , so ist doch der ihr Patriarch hat seinen Sitz in Diarbekr und wird sprüche vom Papste ernannt. Die nichtunierten Nesto- Gewinn der Bauern aus ihren Feldern sehr gering. rianer hausen in den angegebenen Sitzen in Mesopotamien , Persien und Syrien , die Bergnestorianer

Die Felderzeugnisse werden in drei Teile geteilt : zwei Teile erhält der Aga kraft seines gutsherrlichen

hauptsächlich in den unzugänglichen, wasserreichen

Rechtes, mit dem übrigen dritten Teile muss der

Thälern zu beiden Seiten des grossen Zab in der Landschaft Tijari, wo ihre Steinhütten zerstreut unter gewaltigen Nussbäumen liegen . Man findet sie

Bauer nicht nur sich und seine Familie ernähren ,

-

sondern auch alle die zufälligen Ausgaben bestreiten, welche durch den Betrieb des Gutes und die vielen

durch das ganze Gebiet des Kurdenstammes der

zufälligen Forderungen des Agas veranlasst werden .

Hakkiari, über die Hochebene Albagh hinüber bis Mitten in diesen

Und solche Forderungen werden bei jedem un bedeutenden Anlass erhoben . Das persische Gesetz

tiefen Thälern, von Schneegipfeln umschlossen , liegt

nimmt nur sehr geringe Rücksicht auf die Christen,

unfern von Dschulamerk der Wohnsitz des Patri-

ausser wo es Abgaben betrifft, welche recht eigent

archen zu Kotschhannes, mitten im Herzen Kur-

lich deren Knechtung und Unterdrückung herbei

an den Urumiahsee in Persien .

distâns. Dieser übt nicht bloss geistliche, sondern auch

führen sollen .

weltliche Oberherrschaft und soll im Notfalle ein

er zwölf Jahre alt ist, und jede Haushaltung eine

ziemlich beträchtliches Heer ins Feld führen können .

jährliche Abgabe bezahlen, daher die Familien nur

So muss jeder Christenknabe, wenn

Haushaltungen bilden , wenn die In diese entlegenen Hochthäler, auf diese grossartigen dann besondere Notwendigkeit sie dazu zwingt. Die Ab

Alpentriften , wo der Steinbock weilt und der Bär in den einsamen Gehöften täglicher Gast ist, wagten

äusserste

sich in früheren Tagen nicht einmal die raublustigen

und Grausamkeit und oft vor der Zeit abgefordert;

Kurden . In unseren Tagen drangen indes öfters Besuche zu diesen Bergnestorianern, deren Charakter der

die ungerechte Handhabung des Gesetzes zu leiden .

gaben werden von den Soldaten mit vieler Gewalt am meisten hat aber das nestorianische Volk durch

Die Christenschte der Nestorianer.

108

So ist es schwer, vor einem mohammedanischen Ge-

etwas verstanden.

Sie besitzen in dieser veralteten

richtshofe den giltigen Beweis zu führen , dass ein Sprache fast die ganze heilige Schrift, jedoch in Moslem einen Christen getötet hat, denn die Christen können vor dem Gerichte kein gesetzliches Zeugnis geben . Sie dürfen auch nicht ihr eigenes Vieh töten , sondern müssen hierzu einen Muselman an-

sehr seltenen Abschriften . Die einfachen Vorschriften der zehn Gebote - die

gegen Lüge und Verletzung des Sabbats besonders

wurden von ihnen freilich leichtsinnig und fast all

stellen, denn die Haut des Tieres bildet einen Teil gemein gebrochen. Man pflegte allerdings am Sab der mohammedanischen Kleidung, welche unrein

bate nicht zu arbeiten, allein man besuchte Festlich

werden würde , falls das Tier von einem Christen geschlachtet worden wäre. Und da man die Christen für unrein erachtet , so sind sie auch von den

keiten , trieb Handel und machte an diesem ge heiligten Tage andere Geschäfte in weit grösserem Umfange, als an den anderen Tagen der Woche.

Märkten ausgeschlossen und können also auch den geringen Anteil ihrer Erzeugnisse , der ihnen noch gelassen ist , nicht mit Vorteil verkaufen. Der Hass und die Verachtung, welche sie von den Moslemin erleiden , stellt sich deutlich heraus, so oft sie

Falschheit schien unter allen Klassen viel gewöhn

ihnen begegnen. Die traurige Notwendigkeit ihrer

Versuchung zu diesem Laster ist gross, da das frucht bare Land gleichsam ein grosser Weingarten ist

Lage zwingt sie, einem Mohammedaner den Friedensgruss zu geben , der aber stets in höhnischer Weise aufgenommen wird . Allerdings hat sich seit der Ankunft

von

amerikanischen Glaubensboten

das

geistige Leben und die Wissenschaft unter den Nestorianern sehr gehoben, aber ihre Schulen und

licher zu sein als Wahrheitsliebe , auch wenn nicht

der geringste Grund vorhanden war, die Lüge der Wahrheit

vorzuziehen .

Ueberdies herrschte Un

mässigkeit in einem furchtbaren Grade vor.

Die

und den Wein fast ebenso wohlfeil liefert, wie der Brunnen das Wasser. Wenn man diese Leute

an die Sünde und die Unverträglichkeit dieser Laster

mit

dem

christlichen Namen

erinnerte,

so pflegten sie das Unrecht anzuerkennen , ent

der Fortschritt im Wissen haben die Eifersucht ihrer

schuldigten sich aber gleichzeitig mit ihrem ge

Feinde nur gereizt.

drückten politischen Zustande , in dem das Lügen, wie sie sagten, oft unumgänglich sei, um sich gegen Uebervorteilung und Unterdrückung ihrer moham

Die Nestorianer erkennen bloss zwei Sakra-

mente an : Taufe und Abendmahl; sie verehren keine

Heiligen und üben die Priesterehe, die sich jedoch medanischen Herren zu schützen. Diese Zustände nicht auf die höheren Grade erstreckt . Zumal der Patriarch oder »Melek « in der Volkssprache Marschum « genannt darf nicht heiraten und

auch keine tierische Speise geniessen. Unter ihm gibt es Priester oder Presbyter, genannt » Kaschischa «

haben eine Besserung erfahren , seitdem die Nesto rianer zum erstenmale von den protestantischen Mis

sionaren Smith und Dwight besucht wurden, die

ihrer Kirche, die fast eine protestantische Einfach-

auf eine Forschungsreise unter die armenischen Christen gesendet waren . Von Mar Johanan , einem der nestorianischen Bischöfe, willkommen geheissen , beschlossen sie eine Mission unter ihnen zu begründen,

und Diakonen oder » Schamchona .

An den Formen

heit haben , bängen die Nestorianer mit ausserordent-

und Dr. Perkins ward als erster Missionar ange

licher Zähigkeit und würden viel lieber sterben , als sich z. B. eine Verletzung ihrer periodischen Fasten

stellt.. Er erreichte die Nestorianer im Jahre 1834

zu schulden kommen lassen .

Allein bei all der

vinz geführt, wo er überall herzlich bewillkommt

strengen Pünktlichkeit, womit sie an dem Buchstaben der Formen ihrer Religion hängen, sind die Nesto-

wurde die Presse in Thätigkeit gesetzt, bis 1846

rianer, als solche, tot. Leben und Macht des Christen-

eine Ausgabe des Neuen Testamentes, sechs Jahre

und ward durch einen beträchtlichen Teil der Pro

wurde.

Man begründete eine Schule , und 1840

tums sind von ihnen gewichen. Von Sinn fürRe- später aber die ganze Bibel im Druck und in einer generation schien selbst in ihren einsichtsvollsten Geistlichen keine Spur vorhanden zu sein , und ihre

Sprache, welche das Volk verstehen konnte, vollendet war. Auch dem Predigen wurde ausgedehnte Auf

Werke wurden nicht vollkommen gefunden vor

merksamkeit geschenkt in den Missionsgebäuden

Gott. Von einigen Lastern indes waren die Nestorianer, als Volk, im allgemeinen frei.. Das siebente

und den Dorfschulen ; bald war das Volk nicht

mehr zufrieden, wenn es in seinen Kirchen keine Jetzt haben die Missionare

Gebot wurde vergleichsweise nur wenig unter ihnen

Predigt hören konnte.

übertreten, was um so merkwürdiger und interessanter ist, wenn man ihre Lage inmitten der verdorbenen Mohammedaner berücksichtigt. Mit der

ihre Bergstation in dem Dorfe Memikan , auf der weiten Ebene von Gawar, die von Gebirgsreihen umringt ist ; und in einigen der vielversprechenden Aussenstationen wohnen verheiratete Helfer, gebil

Erziehung stand es fast ebenso schlecht, wie mit der

Religion . Bloss ihre Geistlichen konnten lesen, aber

dete junge Männer und Frauen, erzogen im Seminar

nur sehr wenige konnten mehr thun, als ihre An-

zu Urumiah, welche freudig die Behaglichkeiten der

dacht in einer ihnen unbekannten Sprache, dem

milden Ebene Persiens aufgaben und die Selbst

Syrischen, von welchem ihre eigene freilich eine moderne Mundart ist, abzusingen , so dass weder die Geistlichen noch ihre Zuhörer von dem Gesange

verläugnung und Mühsale eines Wohnsitzes in diesen fernen Bergen übernahmen .

Ich kann diese Mitteilungen nicht schliessen ,

Beiträge zur Völkerkunde Russlands.

109

ohne noch einiges über die äussere Erscheinung der Nestorianer sowie eine seltsame Einrichtung bei

Ablauf ihres zeitweiligen Ehevertrags, falls derselbe

ihnen mitzuteilen .

Freier unter ihren eigenen Glaubensgenossen und

Die Männer tragen weite Röcke

nicht verlängert wird, um

so rascher einen neuen

aus schwarzem Manteltuch mit kurzem »Entari « von

Landsleuten finden , als sie demselben eine hübsche

schlechtem Shawlstoff darunter und auf dem Kopfe, von dem das Haupthaar in einem Zopfe zum Nacken

Barschaft mitbringen, während sonst umgekehrt er die Frau ihren Angehörigen abkaufen müsste. Die

fällt, einen Filzfes mit schwarzen Tüchern umschlungen

Sprösslinge dieser Ehen gehen fast immer in den

oder eine Kugelkappe aus weissem Filz . Die Reise-

Besitz der Mutter über, welche ihnen die zärtlichste Liebe bewahrt, aber auch der nestorianische Stief

schuhe sind aus Gemshaut mit einem

Geflecht von

aus Filz.

Stricken umsponnen , die gewöhnlichen gleichfalls Die Weiber kleiden sich in Scharlach oder rotgestreiftes , schönes und festes Wollenzeug .

vater erfüllt stets aufs gewissenhafteste seine Pflichten gegen dieselben .

Reinlich , bescheiden und ohne falsche Scham , von

Christen sind nicht bloss eine Religionssekte , sondern

Noch eine Bemerkung.

Diese nestorianischen

dem Umgange mit Männern sich keineswegs zurück- stellen zugleich ein von ihren Nachbarn völlig ver ist ihr Auftreten und Erscheinen ein schiedenes Volkstum dar. Die Sprache, ich wiederhole

ziehend ,

günstiges . Zwar speisen sie nicht gleichzeitig mit den Männern und werden auch , was sie selbst ganz natürlich finden , um einen Kaufpreis vom Vater

es, welche sie mitten unter Persern und Kurden

zur Ehe erstanden , im allgemeinen aber mit weit

alte Handschriften -- Druckwerke besitzen sie nicht

mehr Achtung als bei anderen Asiaten behandelt .

die im Altsyrischen abgefasst sind, einer Sprache,

reden , ist semitisch , ein modernes Syrisch , das nie mals geschrieben worden ist . Doch gibt es einige

Auch die Familie der Kulturnationen Europas | welche die Nestorianer zu Nachkommen der alten hat in ihrer Geschichte dermaleinst, in der patri- Chaldäer stempelt. Sehr wahrscheinlich sind die archalischen Zeit, die Kaufehe ) gekannt, welche bei selben ein assyrischer Völkerrest. niedrigeren Völkern und besonders im ganzen Be reiche des Islams noch in die Gegenwart hineinragt. Wir haben diese Stufe längst überwunden ; wie

Beiträge zur Völkerkunde Russlands.

festgewurzelt diese Sitte aber bei den doch christ

Von R. v . Erckert ( Berlin ).

lichen Nestorianern noch ist , beweisen in Azerbeid

I.

schân die allgemein üblichen Zeitehen zwischen nestorianischen Mädchen und dort weilenden Euro

Ueber das Nomadentum im russischen Reiche.

päern . Ich kann nicht sagen, ob die Sitte heute noch in vollem Schwunge ist, habe aber keinen

Schon seit Jahrzehnten wird in Russland über das Nomadentum der sogenannten Steppen

Grund daran zu zweifeln, denn vor wenigen Jahr- völker geschrieben und gestritten ; der strittige Punkt zehnten nur wurden ganz allgemein die Töchter

dieser verschiedenen Anschauungen lag und liegt

vertragsmässig für eine bestimmte Anzahl Jahre

noch heute darin, ob die Nomaden zu dem Ueber

oder Monate und gegen eine festgesetzte Summe an Fremde zur Ehe hinweggegeben . Dieses Geschäft ward gewöhnlich mit aller Regelmässigkeit und Feierlichkeit, stets in Gegenwart der Eltern

gehen zum Ackerbau anzuleiten und ihnen dadurch

oder der nächsten Verwandten der Braut, manchmal sogar im Beisein eines nestorianischen Priesters, vollzogen. Sobald man sich über die Dauer eines solchen

Nutzen zu belassen sind, zumal sie eine unüber Leben in festen Häusern haben sollen .

» Matrimonio alla carta « , wie sie dort nach fremdem

liches Nomadentum besteht im grossen Ganzen auch

Kultur- und materielle Fortschritte zu bieten sind,

oder ob sie auch wegen der klimatischen und Boden verhältnisse bei dem Nomadentum zu ihrem

eigenen

windbare Abneigung gegen Ansiedlung und das Ausschliess

Sprachgebrauche zuweilen genannt werden , dann nirgends, weil das Ansammeln von Futtervorräten über den Kaufpreis geeinigt hat, wird das Mäd- und Feuerung für die kalte Jahreszeit immer be chen dem Bräutigam in aller Form zugeführt. stimmten Winteraufenthalt mit sich bringt, weil die Gewöhnlich zieht sogar ihre ganze elterliche Fa- Futterkräuter und Schilf zu jenem dienen, und weil dazu milie in das Haus des Gemahls, der sie natürlich auf seine Kosten erhalten muss , und nicht selten

wird dies zur ausdrücklichen Bedingung bei Abschluss des Bündnisses gemacht. Diese nach unseren Begriffen sehr befremdliche Sitte ist in Persien und namentlich in Azerbeidschấn so alt und allgemein , dass niemand daran den geringsten Anstoss nimmt. Eheliche Treue und zärtliche Pflege der Kinder werden diesen nestorianischen Frauen nachgerühmt, welche nach

die besseren, günstigeren Gegenden gewählt werden, während die warme Jahreszeit zum Herumziehen benutzt wird, wobei für die Stämme und deren

Unterabteilungen , vorzugsweise in der Kirgisen steppe, eine bis ins kleinste gehende , musterhafte Ordnung und Regelmässigkeit herrscht. Die Nomaden gewinnen aber selbst am meisten durch zweckmässige Maassregeln für ihre feste An siedlung; die Handelsbeziehungen mit Nomaden sind die allerunbedeutendsten und können es auch

1) Im Persischen als » Institution der Muhutis« bezeichnet. Die Redaktion .

nur sein . Das Steppengebiet der Nomaden in Russ land ist so gross wie ganz Westeuropa ; der Handels

Geographische Mitteilungen.

IIO

verkehr aber mit denselben ist, dem Preiswerte nach , gelblich-weiss. Die Augen sind rundlich und tief geringer als der Bezug von Kohlen für St. Petersburg liegend mit geradem Durchschnitt ; bei den Weibern die so wenig zahlreichen Kalmücken allein ein Gebiet

aus England (21 Millionen Zentner). Dabei nehmen

mehr schmal. Die Farbe der Augen ist meist braun und grau-blau . Die Haare werden kurz geschoren

von 8 Millionen Hektaren ein .

oder rasiert, ihre Farbe ist dunkel, wo nicht schwarz.

Durch die Lebensweise der Nomaden ist zwar

Die Nase ist gerade, manchmal gebogen , breit. Die

einerseits der Reichtum an Vieh gestiegen , allein

Zähne sind gerade, weiss, gesund. Das Gesicht ist

harte Winter haben den Viehstand erheblich ge | länglich -oval mit nicht sehr starken Backen schädigt; und auch der Boden verarmt, weil Wald und knochen , vom mongolischen Typus wohl unter Busch verschwunden sind und Sandwehen unge-

hindert den Boden überschütten. Frühere Verkehrs-

schieden . Die Meschtscheräken sind kräftig, ge wandt, ausdauernd und arbeitsam .

wege sind zum Teil ganz verschwunden (wie z. B.

Krankheiten sind verbreitet, die Sterblichkeit ist

aus China nach Khotan ), ganze Städte und Dörfer sind verschüttet worden ; diese Sandwellen dringen bereits nach Buchara vor (s. 0. S. 99). Die Gebiete zwischen dem Amu-Darja und China waren früher

gross. Rheumatismus, Schwindsucht und Syphilis sind am häufigsten. Augenkrankheiten sind ebenfalls nicht selten. Durchschnittlich sterben 40 Personen von 1000 ( 51,8 Prozent Männer, 48,2 Prozent Weiber). Die

blühend ; woher hätten auch sonst die Mongolen-

grösste Sterblichkeit herrscht bis zum fünften Lebens

Kriegerscharen kommen sollen ? Das südlichste euro-

jahre ( 55,6 Prozent ), bis zu einem Jahr starben 28,9 Prozent, vom ersten bis fünften Jahr 26,5 Prozent, vom 20. -60. Jahr 19,1 Prozent. -- Im Sommer ist die Sterblichkeit am grössten . Die Meschtscheräken wohnen in grösseren Ort schaften . Die Häuser erinnern vielfach an russische, sie sind aber ziemlich reinlich gehalten , besonders

päische Russland bildet den besten Beweis der Fähigkeit des Nomaden für Ansiedlung ; der Nomade braucht besseres Land als der Ackerbauer , er braucht sogar

mehr Wasser, und dies findet sich in der Steppe meist in sehr geringer Tiefe. Wenn von Zaritzin am Wolgaknie bis Taschkent,

von Omsk bis zum Jaxartes das Land, welches jetzt im Vergleich mit denen der Baschkiren. Das Innere Nomaden einnehmen, mit Ortschaften bedeckt, wenn

derselben erinnert aber an die Wohnungen der Basch

das orenburgische Land mit Wernoje , Taschkent,

kiren und Tataren . Feldbau ist fast die einzige Be

Ssamarkand, Tschardshuj und dem Murghab-Flusseschäftigung. In der freien Zeit wird Arbeit in den durch eine Kette von Ortschaften verbunden würde, Städten gesucht. Alle Meschtscheräken sind Mo weisen !! | hammedaner. Ihre Mollahs stehen höher , als dies welches ganz andere Bild würde Russland aufweisen

Der gemeinschaftliche Landbesitz und die gegen

bei den Baschkiren der Fall ist.

Schulunterricht ist

die dem Ackerbau sich Zuwendenden gehegte Ab- allgemein verbreitet. Die Kleidung nähert sich jener neigung bilden die Hauptschwierigkeiten, den No- der Baschkiren . Der Schmuck der Weiber ist reich . maden fest anzusiedeln . Das Vermögen der No- | Thee , Milch und eine Art Bier bilden die Haupt

maden müsste auf ihrem territorialen Besitze beruhen, getränke. Kumyss wird gerne getrunken, aber von nach welchem sich die Zahl der verschiedenen Vieh-

den Meschtscheräken selbst nicht bereitet.

arten leicht berechnen lässt, während jetzt die unkon-

Der Vater ist das Haupt der Familie ; nach

trollierbaren Angaben des Viehstandes von Seite des

seinem Tode die Mutter oder der älteste Sohn .

Stammes-Aeltesten die einzige Handhabe bieten.

Die häusliche Wirtschaft ruht ganz in den Händen der Frau . Vielweiberei ist stark im Abnehmen . Die

II .

Die Meschtscheräken im Gouvernement Perm . (Nach D. P. Nikolski .)

Art der Brautwerbung und die Abmachungen dabei sind die allgemein im

mohammedanischen Orient

Unter den Verbrechen kommt Pferdediebstahl am häufigsten vor.

Die Meschtscheräken sind ein sogenanntes uralo altaisches, spezieller finisch - tatarisches Volk oder Mischvolk , in dessen Zügen sich beide genannten Typen ausdrücken ; ähnliches bieten die nahe ver

gebräuchlichen .

wandten Baschkiren und Tschuwaschen .

(Geographische Koordinaten von Khotan .) Für eine der wichtigsten Städte Centralasiens ist nun mehr eine einigermaassen gesicherte Position erhalten

I:n

Gouvernement Perm

bewohnen

sie

den

Jekaterineburger, Schadriner und Krasnufiener Kreis . Sie gelten hier als Auswanderer aus der Krim und Zur Zeit des Aufstandes des Kosaken

aus Kasan .

Pugatscheff, in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, wohnten sie bereits hier. >

Geographische Mitteilungen.

worden.

Dutreuil de Rhino hat sich in Khotan ,

welches im chinesischen Turkestan, am Nordabhange des Küenlün -Gebirges, gelegen ist, einen ganzen Winter hindurch aufgehalten, nachdem er von Kaschgar aus,

ung des Thian - Schan , dorthin gelangt Die physischen Kennzeichen der Meschtsche mit Ueberschreit Die geographische Breite Khotans fand er gleich war .

räken sind : starker, knochiger Körperbau , mit ent

wickelter Muskelbildung. Die Körpergrösse ist über dem Mittelmaass, etwa 165,6 cm durchschnittlich.

Der Brustumfang ist grösser als die halbe Höhe des Körpers. Die Gesichtsfarbe ist gelblich -braun oder

37 ° 6 35" 11., die geographischeLänge gleich 77 ° 55'14 " Ö . , und zwar stützt sich diese letztere Bestimmung auf die Berechnung von 126 Verfinsterungsbeobachtungen der

Jupitertrabanten. Die Meereshöhe wird zu 4639 feet = fast 1414 m angegeben.

Diese lineare Koordinate

Geographische Mitteilungen .

war bisher zu gering geschätzt worden ; bei Andree

( 1881 ) finden sich 1368 m , bei Sydow -Wagner ( 1888 )

III

Flüssigkeit besser vor der unter diesem Himmelsstriche sehr intensiven Verdunstung geschützt wird. Da sehr

finden sich ( abgerundet) 1370 m verzeichnet. (Pro- viele Quellen in den Detritusmassen versickern, ohne ceedings of the Royal Geogr. Society, Vol . XIII., S. 725.)

überhaupt zu Tage zu gelangen, so hat sich der Af

(Klima und Bodenkultur in Afghanistan .) | ghane durch lange Uebung ein gewisses Geschick im Ueber die klimatischen Verhältnisse des merkwürdigen Quellenfinden angeeignet, und wenn er einen Wasser

Stückes Erde, welches bei der dereinstigen Aufrollung der orientalischen Frage eine bedeutende Rolle zu spielen

strang entdeckt hat, so täuft er Brunnenschachte nach demselben ab. Diese Bewässerungsanlagen, an denen

berufen scheint, gibt eine » Afghanistan in seiner Be-

das ganze Volk eines bestimmten Territoriums nach

deutung für den Völkerverkehr « ausführlich kennzeichMonsunwirkungen ist das Gebirgsland vollkommen ent-

einem gewissen socialistischen Systeme – ähnlich wie am Amu- und Syr-Darja Anteil hat, trugen viel zur Entstehung kleiner, in sich abgeschlossener Stammes

rückt; selbst in dem der indischen Grenze doch ganz nahe gelegenen Kandahar versichert Elphinstone

gemeinschaften bei, und so ist der Umstand, dass die Afghanen allein in Asien kleine, unter sich so gut wie

keinerlei Spuren des Monsuns mehr bemerkt zu haben . Ob man den im Becken von Kabul zur Sommerszeit regelmässig wehenden Ostwind noch mit dem Monsun in Verbindung zu bringen habe, lassen wir vorläufig

unabhängige Republiken gebildet haben, wesentlich auf

nende Abhandlung von Harnisch näheren Aufschluss.

die klimatisch -orographische Beschaffenheit des Landes zurückzuführen. Diese Eigentümlichkeit ist auch , trotz

dem die Emire der grösseren Bezirke Feudalstaaten zu

Afghanistan kann als der äusserste öst-

gründen sich bestrebten , noch keineswegs geschwunden,

liche Ausläufer der subtropischen Mittelmeerregion gelten, doch wirken natürlich die durchweg bedeutende Höhe

da sie zu sehr mit der Notwendigkeit, den Boden kultur

über dem Meere , sowie die kontinentale Lage stark verändernd ein . Dem Einflusse des Meeres ist das ganze iranische Plateau fast total entrückt, und so sind Regenmangel und starke Temperaturextreme in den verschie-

Geographie, VIII. Band, S. 344 ff. ) (Geognosie von Australien.) Die allge meine Vorstellung, dass Afrika wie Australien hinsicht

dahingestellt .

fähig zu machen, zusammenhängt. ( Zeitschr. f. wissensch.

lich ihrer geologischen Beschaffenheit von erdrückender

denen Jahreszeiten für das ganze Land charakteristisch.

Einförmigkeit seien, erweist sich bei näherer Bekannt

Jährliche Niederschlagsmengen von 250 mm sind schon äusserst selten ; thermisch liegt Afghanistan im Januar

schaft mit dem Inneren nicht als durchaus stichhaltig.

zwischen den Isothermen von 50 und 10 ', während im

primäre Gesteine kommen nach Woodwards For

Juli die Isotherme von 30 °, von den Wüstengebieten Asiens her durchgehend, die Verbindung mit Arabien und Nordafrika herstellt. Des ungemein ausgiebigen Schneefalles erwähnt schon die Geschichtschreibung des

schungen nicht bloss im Südwesten des australischen

Gneis, verschiedene Schiefer, Granitoide und sonstige Kontinents vor , sondern auch im Inneren sind ganze

Berge aus ihnen aufgebaut, wenn sich auch über ihnen

Alexanderzuges, und in der That bleibt das Hochplateau

häufig noch eine dünne Decke aus Wüstensandstein ausbreitet . Mit den archäischen Bildungen vergesell

zwischen den Quellen des Kabul- und des GhasninAussesvolle sechs Monate mit Schnee bedeckt . Die

schaftet treten auch jüngere Schiefer- und Kalksteine, sowie Konglomerate auf, welche einstweilen als silu

Volkssage erzählt von der Stadt Ghasnin , dieselbe sei bereits zweimal vom Schnee vollständig verschüttet worden, wobei sämtliche Einwohner ihren Tod gefunden hätten . Als unlängst Afghanistan durch die bekannte

risch betrachtet werden. Ueber ihnen liegen Sedimente, die den Lagerungsverhältnissen zufolge für devonisch gehalten werden , aber erst in den darauf nach oben folgenden Lagen finden sich einzelne Versteinerungen vor, die als karbonisch zu deuten sind. Von Trias ist

Grenzregulierungskommission bereist ward , ergab sich für deren Mitglieder eine gute Gelegenheit , Schnee-

bis jetzt keine Spur nachgewiesen worden, wohl aber

studien zu machen. Im September und Oktober fand man die Tage sehr heiss, die Nächte bereits fast un-

steht im Westen unterer und oberer Lias an , und die

erträglich kalt. Am 8. November sank das Thermo-

einer mächtigen Kalkmasse, welche sich der Grossen

Kreide besitzt sogar eine grossartige Entwicklung. Von

meter nachts in Karis-Dascht (südlich von Herat) auf

Australischen Bucht in einer Breite von 240 km entlang

— 23,9 ° C., im Thale des Heri-Rud , wo überhaupt stets eisige Nordwinde wehten, sogar auf — 28,9º. Die Vege-

zieht, ist es noch nicht ausgemacht, ob man sie noch

tationsarmut des Landes ist die einfache Folge eines solch excessiven Klimas. Kahle Hochebenen, die den

Altes und junges Tertiär findet sich nur in örtlicher Beschränkung , mittleres vorderhand gar nicht. Die grossen Sandebenen Westaustraliens sind quartären Ur sprungs, durch die Zersetzung des Wüstensandsteins entstanden. Granit und Diorit sind häufig und treten als eigentliche Bergbildner hier und da auf, während jungvulkanisches Gestein bisher nur an zwei Stellen,

Charakter der Steppe, teils aber auch schon den der eigentlichen Sandwüste tragen, geben der Landschaft ihren Typus, wie denn im Ab - Istádab -Becken streckenweise nicht einmal ein Grashalm zu erblicken ist. Die

sonst blühende nächste Umgebung von Herat entbehrt ganz des Brennmaterials, weil an den die Mulde ringseinschliessenden Berg wänden weder Baum noch

Strauch gedeiht. Nur das Becken von Kabul macht

der Kreide oder bereits dem Eozän zuzurechnen habe.

im Kimberley -Distrikte und bei Kap Beaufort, mit wirk licher Sicherheit erkannt worden ist. Ausser Blei und Kupfer birgt der Staat Westaustralien auch reiche Schätze

auch in dieser Beziehung eine Ausnahme. Hier , wie in den Landstrichen südlich vom Aral- See, wird dem-

an Gold und Eisen (Magnetit und Hämatit ), während

gemäss auf künstliche Bewässerung der höchste Wert gelegt, und wo sich ein kleiner Wasserfaden zeigt,

genden Resultaten geführt hat. ( Petermanns Geograph. Mitteilungen , XXXVII. Band, Litteraturbericht, S. 89) .

spaltet man ihn in zahlreiche, Berieselungszwecken

das Schürfen auf Kohle noch zu keinen ganz befriedi (Onomatologisches.)

Von Prof. Dr. Egli

dienende Adern (» Kul « ), wenn man nicht sogar unter-

( Zürich) erhalten wir die erfreuliche Mitteilung, dass

irdische Kanäle ( »Karisa) anlegt , durch welche die

von dem wohlbekannten Werke dieses Begründers der

1 12

Litteratur .

geographischen Namenkunde , den » Nomina Geo graphica «, bald eine zweite Ausgabe erscheinen wird. Die selbe , mit deren Druck bereits begonnen ward , wird keinen weiteren Text enthalten , dagegen eine geradezu erstaunliche Vermehrung des Materiales bringen. Die Zahl erklärter Namen ist von 17000 auf 42 000 ( !) ge bracht worden, und der ganze gewaltige Stoff hat, mit Ausscheidung manches Veralteten , eine neue, gründliche Durcharbeitung erfahren. Die neue Auflage wird un gefähr 60 Bogen stark sein .

Litteratur. Handbuch der geographischen Ortsbestimmungen auf Reisen . Zum Gebrauche für Geographen und For schungsreisende von Dr. W. Wislicenus. IX und 269 S. Leipzig, W. Engelmann, 1891. gr. 8º. Wer in Erinnerung an die überaus zahlreiche Litteratur

über geographische Orisbestimmung die Nützlichkeit des Er scheinens vorliegenden Handbuchs trotz der eingehenden Moti vierung in der Vorrede noch bezweifelt, der möge es ruhig mit dem Studium des Inhalts versuchen und er wird wie der Re

ferent zur Ueberzeugung gelangen , dass das Werk durchaus am Platze ist und volle Beachtung verdient . Von einem Handbuche zum Gebrauche auf Reisen wird niemand feine Theorien , lange

Entwicklungen oder systematische Genauigkeitsbetrachtungen ver langen , wohl aber Uebersichtlichkeit , leichte Verständlichkeit, Winke für die Praxis und vor allem unbedingte Verlässlichkeit . In allen diesen Beziehungen verdient das vorliegende Werk volles Lob.

Der erste Teil enthält eine klare Uebersicht der Grund

begriffe der sphärischen Astronomie, bespricht den Gebrauch der Ephemeriden , die Interpolationsrechnungen und die Kor rektionen bezüglich Refraktion und Parallaxe, alles mit sorgfältig ausgeführten Beispielen illustriert. Der zweite Teil handelt von den Instrumenten und ihrem Gebrauch . Ausführlich genug werden

Uhren und Winkelmessinstrumente beschrieben , die Ermittlung ihrer Fehler gelehrt und häufig nützliche Ratschläge für Beob

Der bekannte Zoolog Steindachner steht an der Spitze mit einer Untersuchung über die Reptilien und Batrachier der kanarischen Inseln ; das Material dazu war grossenteils durch eine Studienreise geliefert worden, welche Prof. Dr. O. Simony , der Sohn des Geographen , ') nach dieser Inselgruppe unter nommen

hatte. Zumal für die mit der Entwicklungstheorie

nahe verwandten Fragen , inwieweit die Besonderheiten der geo

graphischen Verbreitung die Varietätenbildung beeinflussen, konnte manch merkwürdiger Beleg erhalten werden : so erreicht die unter normalen Verhältnissen nur mittelgrosse Lacerta Galloti in den höheren Vulkanregionen , wo sie den Nachstellungen des Menschen, wie des kanarischen Turmfalken gleicherweise entrückt ist , ganz ungeheure Dimensionen ; ein Gleiches gilt für die auf fast unzugänglichen Felsriſſen wohnende Lacerta Simonyi . – Die durch Beck v. Mannagetta bearbeitete » Flora von Südbosnien und der angrenzenden Herzegowina « stellt sich als ein für den Fachmann sehr beachtenswerter Beitrag zur Pflanzengeographie der Balkanhalbinsel dar.

In der wesentlich anatomischen

Studie Rosas über die exotischen Terricolen interessieren den Geographen vornehmlich die mehrfach gegebenen Nachweise über das Einschleppen niederer Tiere, die so auf Inseln , welche ursprünglich nichts von solchen Bewohnern wussten, heimisch Für die Geologie der österreichisch -bayeri werden konnten .

schen Ebene bedeutsam sind F. E. Suess' Forschungen über die dortigen » Schlier « -Ablagerungen , mit denen sich neuerdings

neben Ed. Suess besonders W. v . Gümbel beschäftigt hatte . Diese Miozänbildung ist in Oberösterreich und dem bayerischen Inngebiete weit verbreitet und ruht nach den vom Verfasser er teilten Aufschlüssen durchaus auf marinem Sande, während sie

selbst die Onkophora- Schichten unterteuft.

Endlich sei noch

der umfassenden Zusammenstellung nordwestböhmischer Kreide versteinerungen durch J. Jahn Erwähnung gethan. Auch die besonders paginierten » Notizen « sind sehr reichhaltig. Einen Nekrolog des auch den Geographen durch seine Thätigkeit in Persien bekannten Arztes Polak gibt v . Hauer ; ebenso wid. men Brezina dem jung verstorbenen Mineralogen P. Hart mann , und Kohl dem Altmeister der Ornithologie, A. v. Pelzeln ,

ehrende Nachrufe. M. Hoernes beschreibt ergebnisreiche Aus

Die beigefügten

grabungen in Bosnien , F. Heger ebensolche im Kaukasus , wo

Zeichnungen sind in einer dem Referenten sympathischen Art

er besonders die Gräberfelder von Kobas im Ossetenlande auf

in richtigen Verhältnissen mit sauberen Strichen ohne Schatten ausgeführt. Der dritte und wichtigste Teil , die Methoden der

suchte. Von Handlirsch wird eine in der Hauptsache zoo logischen Zwecken gewidmete Reise nach Nordafrika kurz skizziert ,

geographischen Ortsbestimmungen, überrascht durch seine Knapp

und endlich entwirft Haberlandt (»Musealstudien« ) ein an sprechendes Bild von seiner Durchwanderung der ethnologischen

achtung und Transport derselben gegeben.

heit und Vollständigkeit. Auf 120 Seiten sind 27 Methoden, die sich auf die Bestimmung des Uhrganges, bzw. -standes, der

Sammlungen zu München , London , Leiden , Delft und Rotterdam .

Länge und Breite und des Azimuts terrestrischer Gegenstände

In ihrer Vielseitigkeit gewähren gerade diese kurzen Aufsätze

verteilen , aufgeführt . Formeln sind allerdings nicht abgeleitet, dagegen vollständig angeführt und ihr Gebrauch durch gelungene

des Anhangs die vielfachste Anregung und einen guten Veber blick über die rege Geistesarbeit, welche sich in den herrlichen

Rechenbeispiele, die durchweg der Praxis entnommen sind , er

Räumen des Hofmuseums konzentriert .

läutert. Mit Rücksicht auf die genauen Citationen der Ableitung in grösseren Werken, wie Brúnnow, Chauvenet, Sawitsch, ist das gewiss ebenso sicher zu rechtfertigen, als es bedenklich wäre,

Evangelisches Missions - Magazin , XXXVI . Jahrgang,

nungen auszuschliessen . Zum Schlusse sei noch der durchaus solide Charakter des ganzen Werkes betont, dessen Hauptvor

Neue Folge , Januar 1892. Probeheft. Basel , Verlag der Missionsbuchhandlung. Dieses Probeheft der von Herrn Steiner im Auftrage des Basler Missions- Komitees herausgegebenen Zeitschrift bestätigt die alte Erfahrung, dass die Geographie den Glaubensboten aller

züge auf Rechnung der Erfahrung, Gewissenhaftigkeit und weisen

Konfessionen zu Dank verpflichtet ist . Als spannend geschrieben

sich bloss auf die Beobachtungen zu beschränken und die Rech

und manch' Neues darbietend heben wir die Reiseeindrücke her

Mässigung des Verfassers zu setzen sind . München .

S. Finsterwalder.

Annalen des k . k. Naturhistorischen Hofmuseums, redigiert von Dr. Franz Ritter v . Hauer. Band VI, No. 3 und 4. Wien 1891 , Alfred Hölder. XII und 340 S. gr. 8º.

Mit sieben Tafeln und sechs Textabbildungen, sowie General register zu den Bänden I - VI. Der vorliegende Halbband schliesst eine erste Serie der

Veröffentlichungen des k. k . Naturhistorischen Hofa :useums in Wien ab, und wie auf die Anstalt selbst , so darf auch auf diese Zeitschrift derselben der gemeinsame Leiter, der wohlbekannte, vor kurzem 70 Jahre alt gewordene Geolog v . Hauer , mit Ge. nugthuung zurückblicken. Von den hier publizierten Arbeiten steht die Mehrzahl in einer gewissen Beziehung zur Erdkunde, und daraus leiten wir unsere Berechtigung her, dem Werke an dieser Stelle einige Worte zu widmen .

vor, welche der Missionar Schmolck auf der Insel Ceylon, so wie an der Küste von Malabar gesammelt hat . Was er von dem Vorhandensein zweier räumlich nächst benachbarten Juden -Kolo nien in der Stadt Kotschin , einer solchen von weisser und einer von dunkler Hautfarbe, mitteilt, welche aber jeden Verkehr unter einander strenge meiden, das verdient von Historikern und Ethno graphen gewiss vollauf beachtet zu werden . München .

S. Günther.

1 ) Einer Zusicherung des Herrn Prof. Simon y zufolge wird das ÞAus land « später über diese höchst interessante Reise näheren Bericht zu bringen in der Lage sein . Die Redaktion .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Stuttgart, 20. Februar 1892.

Jahrgang 65, Nr. 8. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro

Quartal M. 7.-

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des MDCXXI

In- und Auslandes und die Postämter .

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Nyassa -Shirē. Von Oskar Lenz (Prag ). S. 113 . (München) .

2. Terra incognita . Von Adolf Fleischmann 3. Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Litterarisch

S. 119 .

sachliche Studie. Von A. Schück (Hamburg ). S. 122 . Die Pelagosa- Gruppe ; Das Gebiet der Niederelbe.)

4. Geographische Mitteilungen . (Das geometrische Nivellement ;

S. 127 .

5. Litteratur. (W. Schneider.) S. 128.

Nyassa -Shirē.

brochenen ) Abfluss, den Lukuga, zu dem westwärts,

Von Oskar Lenz (Prag) .

dem Atlantischen Ozean zueilenden Lualaba-Congo,

und dem Nyassa entströmt südlich der Shirē, der Wenn man das äquatoriale Afrika in eine (grössere) West- und eine (kleinere) Osthälfte trennen wollte, so würde die Grenze wohl am

nach kurzem Lauf sich mit dem Zambesi vereinigt.

An der Ostseite dieser genannten Seen aber, zwischen dem Meer und den letzteren , findet man

besten markiert werden durch jene gewaltige Dis

eine auf weite Strecken sich verteilende Kette von

lokationslinie, die vom Süden des abessynischen kleineren abflusslosen Salzwasserbecken , die zwar Hochlandes ausgehend sich fast bis zu dem Zam besi erstreckt und auf welcher eine ganze Reihe zum Teil

sehr bedeutender Wasserbecken

sich

finden . Diese letzteren sind freilich in bezug auf

Form und Anlage von einander verschieden : die einen, wie zum Beispiel der Viktoria -Nyanza,, haben einen mehr weniger kreisförmigen Umfang mit vorherrschend Aachen Ufern,dieandernsindschmal

im allgemeinen eine Nordsüdrichtung einhalten , deren Längenachse aber doch stellenweise geknickt erscheint, geradeso wie auch die Hauptachse der

grösseren abflussgebenden Seen mehrfach geknickt ist. Südöstlich vom Nyassa Nyassa und liegt Tanganyika der abflusslose Shirwasee der , zwischen

gleichfalls abflusslose Leopoldsee (Rikwa)undweiter nördlich , etwa vom 4 ° südl . Br. an , zieht vom

und langgestreckt (Tanganyika und Nyassa) und an

Manjarasee an Seen eine inKette abflussloser, teilweise meridionaler Richtung zu ihren felsigen Ufern fehlt vielfachder kleine Raum, natronhaltiger

um ein Dorf anzulegen ; die eine Gruppe dieser Seen

hat einen Abfluss, die anderen dagegen ( Leopoldsee, Shirwasee vor allen aber die Seenreihe von Manjara bis über den Rudolfsee hinaus) sind abflusslos und führen salziges Wasser. Die schmalen, meridional sich erstreckenden ,

nächst bis zu dem

von Höhnel beschriebenen

Rudolfsee und von da längs des östlichen Abbruches

des abessynischen Hochlandes bis ans Rote Meer. Auch diese Strecke vom Manjara bis zum Nordende des Rudolfsecs, also auf etwa 1o Breitengrade , trägt

eines Zone grossendieEinbruches, und es und Einsenkungen im krystallinischen Schiefergestein | die bildetKennzeichen diese abflusslose östliche Wasser

bildenden Wasserbecken liegen in Gräben, ähnlich dem Toten Meere, wie denn auch neuestens Suess

scheide des Nil (Suess I. c . ).

die tektonischen Verhältnisse

westwärts gelegenen Tanganyikabecken von vul

dieses Teiles von

Afrika mit weitfassenden Blicken in Beziehung ge bracht

hat

zu ähnlichen Senkungserscheinungen

weiter im Norden , über den Graben des Roten Meeres und des Toten Meeres hinaus, bis nach

Während an dem

kanischen Gesteinen bisher nichts beobachtet wurde, be undvom des Nyassa und Ostseite der Nordtreten verlaufenden Spalte sondersanlängs der nordwärts

Manjarasee über den Rudolfsee hinaus bis ans Rote Meer vielfach vulkanische Bildungen auf ; nicht nur

Syrien hinein . ) Eigentümlich sind auch die Ver aus Trachyt, Basalt, Eruptivmass vulkanischemen jüngeren Schutt u . s. w.vonbestehenden hältnisse der Wasserscheiden . Viktoria Nyanza , Anhäufungen Albert Nyanza, Muta Nsige und einige kleinere Seen geben ihre Wässer dem nordwärts fliessenden Nil ; der Tanganyika hat einen (periodisch wohl unter ) Cf. Suess , Beitr. 2. geolog . Kenntn. d . östl . Afrika IV, Abhandl. d . kais. Akad . d . Wissensch . in Wien . 1891. S. 155 ff. Ausland 1892 Nr. 8 .

finden sich längs dieser Dislokationszone, sondern selbst thätige Vulkane und wohl erhaltene Krater berge mit Aschenkegeln , die offenbar von jungem Alter sind.

Von diesen vulkanischen Bildungen

glaubt man ältere und jüngere unterscheiden zu 15

114

Nyassa -Shire.

müssen : erstere bestehend aus vulkanischen Ergüssen mit Breccien- und Aschenbildungen , welche die grossen Tafelberge zusammensetzen, während die

etwas Ungewöhnliches sind.

Kurze Zeit nach

meinem Aufenthalt an diesem interessanten Punkte

war Drummond in der Lage, grössere Aufsamm

jüngeren Ausbrüche als vereinzelte Kraterberge mit lungen vorzunehmen ; die Fischreste wurden Acro kleinen Lavaströmen am Fusse der Tafelberge oder auf diesen aufgesetzt erscheinen ; Suess erkennt aber hierin nur die Mannigfaltigkeit der tektonischen Vorgänge, welche die Geschichte dieser Gebiete aufweist. (1. c . p. 558.) Das gesamte afrikanische Tafelland erscheint

als ein Becken, das im Westen und Osten von Steilrändern begrenzt wird , auf denen stellenweise beträchtliche Erhebungen sich finden ; inmitten des

Beckens finden sich nun jene zahlreichen Seen und Sümpfe, die vom Zambesi bis Abessynien reichen . In geognostischer Beziehung herrscht aber eine im

lepis Drummondi und Acrolepis Africanus genannt, während

die

undeutlichen

Reste

der

Lamelli

branchiaten als zu den Telliniden gehörig erkannt wurden , eine Familie, die noch jetzt in den tropischen

Meeren vertreten ist und bis in die Juraformation zurückreicht. )

Die vulkanischen Bildungen, welche Thomson und Drummond erwähnen, sind nicht bei Karongas, sondern am nordöstlichsten Teile des Nyassa ; die vielberufenen Kohlenflöze aber, die Drummond ') als ziemlich wertlos schildert, sind ein Teil jener kohlenführenden , die archäischen Bildungen bedecken

Verhältnis zur Grösse des Areals beträchtliche Ein-

den Schichten, die etwa von Tete an (am Zambesi)

förmigkeit vor ; denn die verschiedenen Formen der krystallinischen Schiefer sind das herrschende Gestein ; Petrefakten führende sedimentäre Bildungen

sich nördlich und nordöstlich bis in die Nähe der

vulkanische Ausbrüche von grösseren tektonischen

Mitte des Westufers des Nyassa zu erstrecken scheinen . Immerhin ist das Auftreten eines kohlen führenden Formationsgliedes hier in Südostafrika von Interesse, wenn sich auch die Hoffnungen auf

Störungen in früherer Zeit . Noch grösser ist freilich

praktische Verwertung dieser Funde nicht in der

diese Monotonie des geognostischen Aufbaues jenseits

Gänze zu erfüllen scheinen.

treten selten auf und nur an den Bruchspalten zeugen

des westlichen Steilrandes nach den innerafrikani-

Tanganyika und Nyassa haben in bezug auf

schen Hochflächen zu , die vom weitverzweigten Stromsystem des Congo durchfurcht werden ; hier

Gestalt eine merkwürdige Aehnlichkeit; auffallend schmal im Verhältnis zur Länge erstrecken sich

bestehen Landstriche von enormer Ausdehnung aus

beide mit ihrer Hauptachse nicht rein meridional,

horizontal liegenden Sandsteinschichten ; und diese

sondern weichen etwas nach Nord-Nord-West ab ;

petrographische Monotonie spiegelt sich auch wieder in der überaus weiten, horizontalen Verbreitung

verhältnismässig arm an Inseln zeigen sie in der Bildung von Halbinseln grosse Analogien ; die Süd

derselben Tier- und Pflanzenformen . Erst am West- spitze des Tanganyika ist nur etwa 40 Breitenminuten rand des Kontinentes, wo stark gefaltete krystallinische vom Nordende des Nyassa entfernt, letzterer er Schiefergesteine auftreten, ist auch die Bodengestaltung scheint dagegen um mehr als 212 Längengrade eine mannigfaltigere. ostwärts gerückt. Der Nyassa ist etwa soo km Wandert man vom Südufer des Tanganyika lang und nirgends über 80-90 km breit, bei einer aus in südöstlicher Richtung, so bewegt man sich , gegenwärtigen Meereshöhe von 480 m ; die Wasser stetig ansteigend, beständig im Gebiete der Schiefer- fläche bedeckt etwa 27000 km ( Tanganyik gegen gesteine. Auf dem halbinselartigen Vorsprung 40000) und man nimmt eine mittlere Tiefe von zwischen der Niamkolobucht und der Rhodesbucht

200 m

für dieses Wasserbecken an .

Das Wasser

(Einschnitten der grossen Hore-Bay), wo aufkleinen, des Nyassa gilt als süsses Wasser und auch vom klippenartigen Inseln ein scheues, vielfachen Ver- Tanganyika wird dasselbe angegeben ; bei letzterem folgungen ausgesetztes Ichthyophagen - Völkchen muss aber bemerkt werden, dass dasselbe sich im wohnt , findet sich zwar noch roter Sandstein Geschmack vom Nyassawasser unterscheidet; die

sowie schöner Porphyr; dann kommen violette

Eingebornen bei Ujiji bezeichnen es direkt als salzig

Schiefer, Gneise , grüne Schiefer, Glimmerschiefer und quarzitische Gesteine, dazwischen Granite, die bis an den Nordwestrand des Nyassa reichen , wo

lösche nicht den Durst« .

stark ausgesüsstes Wasser, lässt aber den marinen

in der Landschaft Nkonde bis vor kurzer Zeit die

Ursprung nicht verkennen.

blühende Handelsniederlassung Karongas der britischen Lakes-Company bestand . Ehe man aber den steilen Abhang von den Höhen in das Thal des Rukura hinabsteigt, stösst man plötzlich auf eine ziemlich mächtige Ablagerung lichter Mergel, Kalke

und Sandsteine in schwach geneigter Lage mit undeutlichen Abdrücken von Bivalven und Fischen, Ablagerungen, die mesozoischen Usprunges sind

und behaupten vom Wasser des Tanganyika, pes Es ist zweifellos ein

Der Tanganyikasee sowohl wie auch der Nyassa sind besonders in der trockenen Zeit ausserordentlich

heftigen Südwinden ausgesetzt, die besonders tags über wehen ; das Wasser wird stark bewegt und die Fahrt auf den schlechten Segelbooten der Araber

gehört zu den höchst unangenehmen und gefähr lichen Unternehmungen. Diese Schiffe bestehen aus sehr grossen, von Eingebornen gebauten Kanoes ,

und die um so mehr in die Augen fallen , als in

1) Henry Drummond, Inner -Afrika. Gotha 1890. S. 185 .

diesen Teilen Afrikas derartige Sedimentbildungen

2) Ebenda , S. 181 .

Nyassa - Shire.

IIS

welch letztere durch Anfügung von Brettern und Pfosten zu einem ziemlich grossen Kutter erhöht werden , der dann mit einem Mast und einem sehr grossen Segel versehen wird : bei Windstille werden diese unförmlichen Schiffe gerudert. Die Dauer einer Fahrt von einem Punkte zum anderen ist völlig unberechenbar und hängt ausschliesslich

und Konquista des afrikanischen Kontinentes mit grossem Eifer durchgeführt wurde , erinnerten sich

von den Windverhältnissen ab ; einmal kam ich von

der Insel Kavala ( am Westufer des Tanganyika, wo der hochverdiente Mr. Hore seit vielen Jahren lebt) nach Ujiji in 22 Stunden , ein andermal brauchte ich genau dreimal so viel Zeit. Auch der Nyassa

einer Reihe kleinerer und grösserer Bantustämme, von denen einige schon seit langem dort sesshaft sind , während andere und zwar kräftigere und ak tiver auftretende erst in den letzten Dezennien dort hin einwanderten. einwanderten . Von diesen letzteren sind be

ist nicht leicht zu befahren ; die Stürme und die

sonders die am

Wellenbewegung sind überaus heftig und es ist im

die Portugiesen auch dieses Hinterlandes. Ein müh

sam hergestellter Vertrag hat bekanntlich vorläufig die Grenzen der beiderseitigen Interessensphären ge regelt.

Die Bevölkerung am Nyassa- Shirē besteht aus

Shire wohnenden Makololo von

Unglück geschieht; wahrscheinlich erfährt man die

Bedeutung, die , dem Betschuanenvolk angehörig, sich vom Hauptstamm loslösten und nordwärts ziehend sich neue Wohnsitze erobert haben ; und

meisten Unfälle gar nicht. Es ist eine bekannte Thatsache, dass sowohl der

scheinlich identisch mit den auf den Karten ange

Tanganyika als auch der Nyassa im Laufe der letzten

gebenen Masita) , die besonders vom westlichen

Dezennien an Wassermasse verloren haben , dass sich ihr Spiegel gesenkt hat. Am Tanganyika ist

Nyassaufer aus ihre Raubzüge unternehmen und ein

allgemeinen nur zum Verwundern, dass nicht mehr

dann die zu den Sulu gehörigen Mangoni (wahr

Schrecken für die schwache, wehrlose Uferbevölke

es besonders deutlich bemerkbar bei der Stadt Ujiji,

rung sind; letztere haben sich stellenweise im Nyassa

deren erste Häuser jetzt eine beträchtliche Strecke

selbst echte Pfahlbauniederlassungen errichtet, da dies die einzige Möglichkeit ist , um sich vor den das Wasser fürchtenden und mit der Schiffahrt nicht vertrauten Mangoni, die sich in den höher gelegenen Regionen festgesetzt haben, zu schützen. Das Wort Mangoni erregt hier überall Furcht und Schrecken und thatsächlich morden diese Sulu alles, was ihnen

vom See entfernt liegen ; zwischen diesen und dem Wasser breitet sich eine sehr flach ansteigende sandige öde Fläche aus, die ehemals von Wasser bedeckt war ; Mr. Hore schätzt die Senkung des Seespiegels auf mindestens 12 Fuss , und zwar trat dieses Fallen 1878 ein , als der bis dahin verstopfte Lukuga wieder offen wurde und einen Teil des Seewassers in heftiger Strömung dem Kongo zuführte.

in die Hände fällt , aus blosser Freude am Morden ,

ohne Sklaven zu rauben , deren es ja bei den Kafirn

Als ich dort weilte ( 1886) war nach Hores Mei- (im allgemeinen wenigstens) überhaupt nicht gibt. das Gleichgewicht hergestellt und die Strömung Aber auch die Makololo sind ein schöner , kriege im Lukuga ruhiger geworden . Aber auch der rischer Stamm , der den Engländern und Portugiesen Nyassasee befindet sich in einem Zustand langsamen schon viel zu schaffen gemacht hat, um so mehr als nung

Austrocknens ; besonders zeigt sich das am südlichen sie alle mit guten Gewehren ausgerüstet sind -- eine Ufer, beim Ausfluss des Shirē und an dem jetzt | Folge der Gewinnsucht und des Schachergeistes der schon schwer zu passierenden Pamalombwesee, einer europäischen Händler, während es die tapferen Man

seeartigen Erweiterung des Shirē, die wohl ursprüng-

goni verschmähen , Feuerwaffen zu benutzen; sie

lich mit dem Hauptsee verbunden war und jetzt kämpfen nur mit Assagai , Speer und Keule und bereits ziemlich seicht ist.

Eine Fahrt den Nyassa und Shire abwärts bis

haben als Schutz den Schild.

Andererseits lieben

die Makololo den Handel, und durch geschicktes

zur Vereinigung mit dem Zambesi ist bei alledem Verhalten ist es den Portugiesen und besonders den interessant und führt durch selten besuchte Gebiete, | Engländern schon seit langem gelungen, stellenweise die erst in der letzten Zeit, anlässlich des englisch- Handelsniederlassungen im Makolololand zu gründen ; portugiesischen Grenzstreites, für einige Zeit in den

Elfenbein, Hippopotamuszähne, Häute von Antilopen ,

Vordergrund getreten sind . Es mag hierzu nur be-

Zebras u. s. w . , sowie Erdnüsse , Sesam und ver

merkt werden , dass die Portugiesen, als Inhaber der

schiedene Droguen sind die wichtigsten einheimi

Eingangspforte in jene Regionen , der Zambesimündung , auch das Hinterland als ihr Eigentum be-

schen Produkte; stellenweise haben die Engländer auch Kaffeeplantagen angelegt.

trachteten , ohne aber jemals in irgend einer Form ,

Neuerdings, d . h . seit etwa sechs Jahren, treten

am Nyassa wenigstens, diese Anrechte markiert zu

nun aber auch bereits am Nyassa die arabischen

haben .

Elfenbein- und Sklavenhändler auf.

Dafür hat die schottische Handels- und

Missionsgesellschaft »African Lakes Company« seit vielen Jahren diese Gebiete erschlossen und ausge-

Sie kommen

aus Tabora , beziehen ihre Waren von Zanzibar und statt nun das Elfenbein auch an die ihnen Kredit

beutet, wobei die portugiesische Herrschaft insofern gebenden indischen Kaufleute an der Ostküste ab stets anerkannt wurde, als in Quilimane die üblichen zuliefern , zogen sie es vor, dieses wertvolle Produkt portugiesischen Ein- und Ausfuhrzölle bezahlt wor- direkt an die Agenten der schottischen Lakes -Com

den sind. Als nun in der letzten Zeit die Teilung | pany zu verkaufen . Auf diese Weise hatte sich

116

Nyassa-Shire.

schon 1886 Karongas am Nordwestufer des Sees zu

kräftigen Eingeborenen , die fast völlig nackt einher

einem blühenden Handelsplatz gestaltet, bis Streitig- gehen, sind ein brauchbares Element; es war den

keiten zwischen Engländern und Arabern ausbrachen, Händlern und Missionaren bereits gelungen , diese wahrscheinlich wegen des Sklavenhandels ; Karongas wurde zerstört, die Araber drangen weiter südwärts

wilden Naturburschen zu nützlichen Arbeitern in den Faktoreien heranzuziehen . Der Platz scheint relativ

vor und in den ersten Tagen dieses Jahres haben

gesund zu sein , und er bietet hinreichend Nahrungs

bereits heftige Kämpfe zwischen beiden Parteien

mittel, zwei Umstände, die in dem tropischen Afrika

stattgefunden , wobei die Engländer wieder eine

nicht häufig sind . Ausser zahlreichen Schafen, Zie gen und Hühnern sah ich Rinder , und zwar kurz

Schlappe erlitten . Diese letzten Kämpfe fanden schon am Südostufer des Sees, in Makandjiras Reich, statt,

hörnige Buckelrinder, während in Ujiji am Tangan

was wieder für ein weiteres Vordringen der Araber

yika grosshörniges Vieh gehalten wird. Die Agenten

spricht. Die Portugiesen würden zweifellos viel leich-

der Lakes-Company haben eine Doppelstellung , da

ter einen modus vivendi mit den Arabern finden, sie gleichzeitig Händler und Missionare sein müssen . als die in jeder Beziehung schroffer und rücksichtsloser auftretenden Engländer.

Die Fahrt von Karongas südwärts geht in der Regel längs des Westufers und wird häufig unter

Während auf dem Tanganyika durch die in Ujiji

brochen , bald wegen hohen Seeganges , bald muss

ansässigen Araber eine wenn auch primitive Segelschiffahrt eingeführt ist, so dass man den See nach allen Richtungen hin befahren kann , existiert auf dem stürmischen Nyassa etwas Derartiges nicht. Die Ein-

gehalten werden , um Feuerholz zu schlagen und ein zunehmen . Schon wenige Meilen südlich von Karon gas bemerkt man einige kleine klippenartige Felsen inseln, die ganz bedeckt sind mit auf Pfäblen stehen

geborenen sind nicht im stande in ihren kleinen

den Hütten der Eingeborenen .Diese Küstenbevölkerung

Kanoes den See zu überfahren, ja es existiert kaum ein Bootsverkehr längs der Küste. Dagegen besitzt die

zwischen der Marungabai und dem Mount Bungura

wiederholt erwähnte schottische Lakes -Company einen

vor den aus den Bergen kommenden Mangoni auf

kleinen , recht wenig seetüchtigen und auch schon sehr abgenutzten Dampfer, die » Ilala « (genannt nach dem Sterbeorte Livingstones), und auch die Univer-

diese Inselchen zu retten , wobei sie sorgfältig ihre

führt den Namen Ma-Dambuka und ist gewohnt sich

kleinen Kanoes mitnehmen und verbergen , damit die Räuber nicht in die Lage kommen , auch hier auf

sity Mission besitzt zu ihrem Gebrauch ein kleines

dieser Zufluchtsstätte die schwächliche Bevölkerung

Dampfschiff; neuerdings, insbesondere nach dem Konflikt mit Portugal, haben die Engländer noch einige Schiffe dort zusammensetzen lassen, mit denen nun

zu ermorden .

der gesamte Nyassa und der Shirē bis Matope (wo Stromschnellen auftreten ) befahren werden kann . Die Fahrt ist aber bei dem hohen Seegang gefährlich ,

die Ankerplätze sind im allgemeinen ungünstig und es wird auch immer schwieriger , das zum Heizen der Maschinen nötige trockene Brennholz sich zu verschaffen ; es wäre wohl von grosser Bedeutung,

Die Ufer hier sind ziemlich steil , die einfachen

Strohhütten der Eingeborenen liegen terrassenartig übereinander auf den schroffen, aus stark zerklüfteten schiefrigen Gesteinen bestehenden und ganz entwal deten Gehängen . Bald aber verflachen sich die Ufer des Sees, und man erreicht den Hauptsitz der schotti schen Missionare am Nyassasee, den Ort Bandawe, der von dem verdienstvollen Dr. Laws gegründet

wenn brauchbare Kohlenfelder sich in jenen Gegen-

worden ist , wie mir scheint, in ungünstiger Lage. Der Ankerplatz ist sehr schlecht und den dem Lande

den fänden . Die im Nordwesten des Sees in der Landschaft

zuwehenden Winden ausgesetzt, die Gegend hässlich , ohne jeden Reiz, der aus zersetztem Granit und Gneis

hieretwa Nkonde gelegeneStation Karongas (d. h.Karonga's günstigsten bestehendeBodenunfruchtbar.Der See istsind Plätze am ganzen See, und besonders dadurch wich-

bar und scheinen am Ostufer hier vulkanische Ge

tig, da hier die Karawanenroute zwischen Tanganyika und Nyassa endet. Von hier aus wurden auch die Versuche gemacht, eine fahrbare Strasse zwischen beiden Seen anzulegen (der vielgenannte Stevenson-

steine aufzutreten, da mir das Vorkommen von war men Quellen daselbst von allen Seiten bestätigt wurde. Auch befinden sich gegenüber Bandawe einige grös sere Inseln , auf denen englische Missionare ( von der

road), und es ist erstaunlich zu sehen, welche Schwie rigkeiten bei Anlegung der in Serpentinen gebauten denen der kleine Dampfer CharlesJansen zur Verfügung Strasse über das hohe Randgebirge von den eng-

steht. Dr. Laws und seine wenigen Genossen haben

lischen Ingenieuren überwunden worden sind. Nach-

mit unendlicher Mühe grosse Wohnhäuser aus ge

dem man Tausende von Pfd. Sterling verwendet hatte,

brannten Ziegeln gebaut ; den Lehm nahmen sie von den zahlreichen und grossen Termitenhügeln , die am

blieb das Werk doch unvollendet, und da der Weg

nicht erhalten wird, verfällt natürlich das ganze kost- Nyassa allerwärts vorkommen. Der Platz leidet oder spielige Bauwerk. Die Engländer müssen alles daran litt wenigstens früher viel unter den Einbrüchen der setzen, um diesen von den Arabern zerstörten Platz | Mangoni, die zwar die Europäer verschonen , aber wieder herzurichten ; es ist ein wichtiger Handelsplatz und die ungewöhnlich schön gewachsenen ,

sonst alles niedermachen . Weiter südwärts verbreitert sich der See west

Nyassa -Shirë.

117

wärts und bildet eine flache Bai, um aber bald wie- | vögeln bedeckt , unter denen besonders Reiher und der in fast meridionaler Richtung zu verlaufen , und bei Kotakota war 1886 die erste feste arabische

Pelikane hervorragen .

Niederlassung. Von hier bis nach der am Südufer des Sees gelegenen Station Livingstonia verläuft das Ufer auf etwa 100 km ziemlich einförmig. Die Lage dieser ältesten Gründung der schottischen Missionare ist eine sehr hübsche . Die Häuschen liegen am Fusse

ziemlich tiefe Wasserrinne des Shirē abwärts , bis sich der Fluss wieder zu einem sehr weiten , aber

Man fährt nur wenige Meilen die schmale aber ebenso flachen Seebecken erweitert, das den Namen Pamalombwe führt.

Die Durchschnittstiefe dieses

ausgedehnten Beckens ist kaum 44 Fuss, in der Trocken

eines mächtig aufragenden , oben bewaldeten Granit- zeit noch weniger, so dass zu gewissen Jahreszeiten berges; ein nett gehaltener Garten machte einen

selbst die kleinen flachgehenden Dampfer dieses Wasserbecken nicht passieren können . Es kann ja Wohnhaus, die Schule, die Kirche, die Schmiede, keine Frage sein , dass dieses letztere , sowie der kurze alles ist leer und unbewohnt und nur ein Schwarzer | Shirēarm einst mit dem Nyassa zusammenhingen und hütete zu jener Zeit diese hübschen Anlagen . Der den Südrand desselben bildeten ; das Becken reicht Platz nämlich , er hiess Livingstonia Manse (manse weit nach Westen bis an den Fuss des sog. Kirk ist schottisch und bedeutet Pfarrwohnung ), ist glühend | gebirges. Es liegen noch zu wenig Detailforschungen heiss und im höchsten Grade ungesund; fast alle über diese Gegenden vor, um mit Sicherheit die Ur hierher stationierten Missionare sind dem Fieber er- sachen des Sinkens des Nyassaspiegels angeben zu legen und so musste man diesen hübsch und auch können ; ein Umstand, wie der Lukugodurchbruch wichtig gelegenen Platz völlig aufgeben. Man be- am Tanganyika fällt hier weg, und man kann diese nutzt den Ort nur noch als eine Station für Feuer- Erscheinung wohl nur damit in Verbindung setzen , holz, welches hier von den Dampfern eingenommen dass man nachzuweisen versucht hat : überall auf wird. Ich reiste in Begleitung des Dr. Laws und der Erde sei eine Schwankung des Seespiegels zu dieser liess es sich nicht nehmen , die in den um- bemerken . Es gibt vielleicht auch lokale Ursachen, liegenden kleinen Dörfern wohnenden Kinder , die welche auf Aenderungen in den jährlichen Nieder freundlichen Eindruck , aber all die Häuser: das

früher in der Mission waren, zusammenzurufen , um

schlagsmengen zurückzuführen sind, die selbst wie

ihnen eine Predigt in ihrer Sprache, dem Ki- nanka, der ihre letzten Ursachen in den Vegetationsver zu halten ; dieser Dialekt des Bantu reicht etwa von hältnissen finden .

Bandawa bis zur Meeresküste hinab ; wenn es auch

nur für einen kleinen Distrikt die eigentliche Landessprache ist, so wird es doch bis zum Zambesi hinab überall verstanden . Es ist schade, dass diese schöne

Nachdem man in verschiedenen Windungen , stets tieferes Wasser suchend , den Pamalombwesee

in nordsüdlicher Richtung durchfahren hat, verengt sich die Wassermasse wieder zu einem

Fluss, der

Niederlassung verfallen muss ; aber ich fand es wähim allgemeinen wenig breit, doch durchschnittlich rend des kurzen zweitägigen Aufenthaltes doch auch ganz ungewöhnlich heiss und unbehaglich. Die dicht ans Wasser tretenden Felsen strahlen eine enorme

Hitze aus und dabei ist die Lage des Ortes so, dass die kühlenden Seewinde abgehalten sind.

Aehnlich wie an der Südspitze des Tanganyika

springt auch am Südufer des Nyassa eine Halbinsel ziemlich weit nach Norden vor, wodurch eine west-

6-10 Fuss tiefes Wasser führt und als Shirē in

meridionaler Richtung dem Zambesi zuströmt . An beiden Seiten des Flusses , besonders aber an der rechten , dehnen sich flache Alluviallandschaften bis

an den Fuss der Gebirge aus , reichlich mit Gras bewachsen und mit zahlreichen Herden wilder Tiere belebt . Dieses rechte Shirēufer zwischen diesem Fluss und dem Zambesi ist thatsächlich eines von den er

liche und eine östliche Bucht gebildet werden ; in giebigsten Jagdrevieren Ostafrikas. Herden von Ze der letzteren, schmäleren, findet sich dann der Ab - bras, von Wasserböcken und anderen Antilopenarten fluss des Sees unter dem Namen Shirē.

Die Ufer

verflachen sich südlich von Livingstonia immer mehr, besonders an der Westseite, während im Osten noch immer beträchtliche Erhebungen verlaufen . Die Verengerung des Sees zu einem Flusse beginnt bei dem Dorfkomplex M’pondo ; diese Dörfer liegen am rech-

sind häufig , Löwen nicht selten und ebenso findet sich noch vielfach der vielbegehrte Elefant . Der Fluss aber enthält ausser Krokodilen vor allem un gemein viele Flusspferde. Von den zahlreichen grossen Strömen Afrikas, die ich zu sehen Gelegen

ten flachen Ufer; gegenüber befindet sich ein schmales,

heit hatte, ist mir nie einer vorgekommen , der so reich an Hippopotamus ist, wie der verhältnismässig

mit Papyrus bedecktes Vorland, hinter welchem sich

kleine schmale Shirē. Man sieht diese Tiere häufig

die erwähnten Höhenzüge des Ostens erheben . Das

in Herden von 8-12 Stück auf einer Sandbank

Land ist hier sehr flach, nur wenig Fuss über dem

liegen und erst kurz vor Ankunft des Bootes ver

Wasserspiegel erhoben, mit zahllosen Borassuspalmen

schwinden. In den Berglandschaften ostwärts aber,

bedeckt , dazwischen vereinzelte Baobabbäume ; der

nach dem Shirwasee zu , findet sich das seltene und

Shirë selbst hier enorm reich an Fischen ; ferner treten Flusspferde vielfach auf und ebenso gibt es

schwer zu erlegende Gnu . Die Strömung des Flusses, der zahlreiche scharfe Windungen durch das aus

eine Art Otter in diesen Gewässern ; die Niede-

Lehm bestehende Flachland bildet , ist ziemlich stark

rungen aber sind mit zahllosen Wasser- und Sumpf- | und es ist grosse Vorsicht nötig für die Schiffer. Ausland 1892 No. 8 .

16

Nyassa -Shiro .

US

Die Schiffbarkeit hat aber schon mehrere Meilen

unterhalb des Painalombwesees ihr Ende ; denn hier

treten von beiden Seiten die krystallinischen Gesteine bis dicht an den Fluss; letzterer hat sich sein Bett durcharbeiten müssen und bildet die von Livingstone benannten Murchisonfälle. Ein wenig ober-

Meilen gelangt man zu dem sog. Elefant -marsh , einer weiten versumpften Niederung , die offenbar ehemals eine ähnliche seeartige Erweiterung des Flusses war , wie der Pamalombwesee, jetzt aber

teilweise ausgetrocknet ist und eine Sumpflandschaft darstellt mit zahlreichen kleineren und grösseren

halb derselben hat die Lakes-Company die Handels- | Wasserpfützen. Dieses Gebiet ist ungewöhnlich reich niederlassung Matope errichtet, von wo ein guter Weg , aufwärts steigend zu den grossen Zentralen dieses schottischen Handelsunternehmens, nach Blan-

an Krokodilen und Flusspferden, ebenso finden sich , wie der Name schon sagt , stets Elefanten daselbst .

tyre und Mandala führt. Es ist dies wohl eine der

grosse Herde (50—60 Stück) dieser in der Natur sehr behenden und gar nicht unbehilflichen Tiere. Trotz des flachen sumpfigen Terrains hat der Shirē hier bei seinem Weg durch den Elefant-marsh eine ungemein heftige Strömung und bildet zahlreiche

schönsten Handels- und Missionsstationen in Afrika

Wir selbst sahen auch vom Boot aus eine ziemlich

überhaupt, sowohl in bezug auf die Lage, als auch hinsichtlich der Einrichtung und Ausstattung, und es ist begreiflich, dass die Engländer anlässlich des Konfliktes mit Portugal alles daran setzten , um diese schöne und gesunde Berglandschaft mit trefflichem

Buschwerk und Gras bedeckt , dazwischen einzelne

kühlem Quellwasser, mit fruchtbarem Boden und

Borassuspalmen ; in der Regenzeit ist ein grosser

einer wohlhabenden Bevölkerung für sich zu be-

Teil überschwemmt. Nach Passierung dieses wild reichen Sumpfes gelangt man an die Mündung des

halten .

kurze Windungen. Die Niederung selbst ist mit

von Osten kommenden Ruaflusses, der als politische

Ein zweiter , in Zickzacklinien erbauter Weg, eine wahre Kunststrasse , führt dann von Blantyre (so genannt nach dem Geburtsorte Livingstones in

Grenze zwischen den englischen und portugiesischen

ist dann der Fluss wieder schiffbar bis zur Ver-

Streifen Landes östlich des Shirē bis zu dem

Interessensphären angenommen worden ist ; von hier Schottland) wieder bergab zum Shirē, so dass die abwärts bis zum Meere ist also portugiesisches Ter Murchisonfälle auf diese Weise umgangen werden, rain , ebenso westwärts den Zambesi aufwärts bis und von der Station Katungas an (in Makolololande) Sumbo , während nördlich vom Rua ein schmaler früher

einigung mit dem Zambesi. Die Berge bei Blantyre

erwähnten Orte Makandjila am Südostufer des Nyassa

bestehen aus Granit und Dioriten , stellenweise aus

unter britischem Schutze steht. Auf diese Weise ist

krystallinischen Schiefern, in welchem Kalkstein auf-

das Gebiet des Shirwasees, ferner die schon lange von

tritt , der zum Brennen verwendet wird. Die Ent-

Engländern besetzten Orte Katungas, Blantyre, Man dala , Zombe , Matope am Shirē, dann das ganze

fernung von Matope nach Blantyre beträgt 34 englische Meilen , von da nach Katungas 26 englische Meilen . Zur Verbesserung einiger versumpfter Stellen

Westufer des Nyassa mit Livingstonia , Bandawe und Katungas bei England geblieben ; die Nordspitze

bei Blantyre hat man schon seit langem Eucalyptus-

aber des Sees, sowie die kleinere, nördliche Hälfte

bäume mit Erfolg angebaut; die Kaffeeplantagen des Ostufers gehört der deutschen Interessen geben ziemlich gute Ernte und ausser verschiedenen

sphäre an .

Gemüsesorten haben die Engländer auch die Cape-

Auf der ganzen Strecke den Shire abwärts fand ich überall , dass die Eingeborenen einen recht ge

Gooseberry (Granatillas), eine wohlschmeckende, grosse Stachelbeerart, von Natal aus eingeführt. >

Wilder Indigo findet sich in den Wäldern, aber die Versuche einer wirklichen Indigokultur ergaben keine günstigen Resultate. Für diese ganze Region war schon 1886 von Seite Englands ein Konsul angestellt, damals in Person des Mr. Hawis, der früher in Japan war. Während meines Aufenthaltes brach zwischen

ringen Respekt vor den Weissen haben , ganz ver schieden von den Verhältnissen anderwärts , ins

besondere auch dort , wo Araber den massgebenden Einfluss haben . Der Jahrhunderte lang währende

Verkehr der Portugiesen mit den Schwarzen scheint nicht besonders vorteilhaft auf die letzteren gewirkt zu haben , ähnlich wie es auch in den portugiesischen Kolonien der Westküste Afrikas der Fall ist , wo

zwei Makololohäuptlingen ein Krieg aus, der einige die Eingeborenen einen Unterschied zwischen einem Zeit andauerte und mich zu einem unfreiwilligen Portugiesen und einem whiteman zu machen pflegen. Aufenthalte in Katungas zwang; denn auch die

Von der Konfluenz des Rua mit dem Shirē abwärts

Weissen waren in diese Affaire verwickelt, und die Verbindung mit dem Zambesi war unterbrochen ; die Veranlassung war die einige Zeit vor meiner An-

wird letzterer breiter und wasserreicher , vereinzelte Dörfer zeigen sich , in denen einsam ein weisser oder farbiger Händler sitzt ; auch Holländer fand

kunft erfolgte Ermordung eines österreichischen

ich hier, meist solche, die schon früher in den hol

Kaufmannes Namens Hinkelmann .

ländischen Niederlassungen am Kongo thätig waren . Man hat auf diesem Teile des Weges die imposante und pittoreske Kette der Monambala- (Morumbala-)

Von Katongas an nach Süden zu bildet der

Fluss wieder zahlreiche Windungen , ist auch reich an Sandbänken, die in der trockenen Zeit über das Niveau des Wassers

hervortreten .

Berge vor sich, die westwärts des Zambesi aufwärts

Nach einigen | streichen .

Diese, sowie die Maganje- und die Cla

Terra incognita.

119

ringtonberge bestehen allerdings grösstenteils aus

darf nicht der kleinste Teil desselben unbekannt sein .

Granit, Gneis und Glimmerschiefer, aber schon aus

Wäre die Kenntnis unserer Erde eine abgeschlossene,

der Konfiguration der einzelnen Gipfel, aus den typischen Domformen muss man schliessen , dass auch Eruptivgesteine auftreten . Dolerit wird bereits

so würden auch andere damit in Verbindung stehende Wissenschaften , z . B. die Meteorologie und Klima tologie , grössere und sicherere Resultate zu ver

von Drummond erwähnt ; ich erfuhr, dass sich ost-

zeichnen haben, als dies bis jetzt der Fall ist . Aber

wärts vom Shirë Schwefellager, sowie heisse Quellen befinden ; eine genauere Untersuchung würde viel

dass die Kenntnis unseres Planeten jemals eine ab geschlossene sein könnte, lässt sich nur insofern

leicht alte Krater konstatieren .

Nachrichten Diese Nachrichten Diese

denken , als wir hoffen dürfen, es werde irgend ein

erfuhr ich im Orte Monambala selbst , wo damals ein Agent der Lakes-Company stationiert war, eine überaus heisse, ungesunde Gegend, in deren Nähe auch das Grab des am Fieber gestorbenen englischen

mal eine Zeit kommen , wo uns keine Quadratmeile der Erde mehr unbekannt sein wird, d . h . eine Zeit , wo wir den Bestand der Erdoberfläche an Land und Wasser gleichsam mit Sicherheit inventarisieren

Bischofs Mackenzie sich befindet.

schen Gesteine, mit angeblich sehr heissen Quellen ,

können . Und selbst wenn diese Zeit gekommen sein wird, müsste, um bei unserem Bilde zu bleiben ,

treten am Nordfuss des Monambalagebirges auf; Ge-

das Inventar evident gehalten, die Messungen , die

rölle von Quarzit und krystallinischen Schiefern von diesem Gebirge reichen bis an den Fluss herab.

wir über den Umfang von Erde und Wasser ge macht haben , müssten revidiert werden , denn sie können , selbst ihre absolute Richtigkeit an sich vor

Die vulkani-

Uebrigens geht vom Orte Monambala westwärts ein zeitweilig fahrbarer natürlicher Kanal durch das flache lehmige Land zum Zambesi . Es folgt nun

ausgesetzt , nicht für immer den wahren Bestand

nachweisen ; die heutigen Zustände sind gewor

bald der Zusammenfluss des Shirē mit dem hier

dene und nicht von Anfang an feststehende, also

sehr breiten aber flachen Zambesi, der ausgedehnte Sandbänke bildet , die nur in der Regenzeit vom

veränderliche. Die Naturkräfte lassen Landstrecken verschwinden und entstehen , Gewässer zurücktreten und ansteigen . So müssen wir uns also bewusst

Wasser bedeckt sind.

Die Landschaft ist ,, soweit

das Auge reicht, flach ; die Ufer ragen nur wenig über das Niveau empor und sind mit Gras bedeckt ; weiterhin erblickt man grössere Gruppen von Bo rassuspalmen, auch wohl einen vereinzelten Boabab . Ein paar Häuserruinen zeigen , dass auch hier einst

bleiben, dass das Antlitz unseres Erdkörpers, welches der darstellende Geograph uns jetzt entwirft, nichts anderes darstellen kann, als einen vergänglichen von äusserst kurzer Dauer sogar im Vergleich zur Länge der Zeiten , welche die Um

Zustand

. Niederlassungen waren ; die eine war ein portu- bildungen nachweisbar erfordert haben '). giesisches Zollhaus, wo die Portugiesen einmal ver-

Die Erkenntnis jener Organisation ist aber nicht

sucht haben , den Shirēhandel zu kontrollieren, das

nur von dem oben bildlich erwähnten Inventar ab

andere ist der Rest einer früheren französischen Fak - hängig, sondern auch von Hilfswissenschaften . Keine torei. Der Handel der Portugiesen hat sich niemals auf den Shirē erstreckt, sie sind immer den Zambesi

Wissenschaft ist mehr als die Erdkunde von ihrem

hinaufgefahren, wo sie dann auch in Orten wie Tete

Universalität. Die Welt der Menschen , der Tiere und der Pflanzen gehört zum Organismus der Erde , in vieler Beziehung wie Ursache und Wirkung. Der leblose Stoff und seine Kräfte gewinnen an Interesse, weil ja von seinen Gestaltungen und ihren Ge setzen die Verbreitung der lebenden Wesen über

und Sumbo eine Scheinherrschaft über diese Gebiete

ausgeübt haben. Das ist der Verlauf einer Reise vom Nordende

des Nyassasees bis zur Vereinigung seines Abflusses mit dem Zambesi, ein Gebiet, das zu den abwechs-

Beistande abhängig und keine kommt ihr gleich an

lungsreichsten, auch ethnographisch und politisch

haupt, ja der Entwicklungsgang der Völker und

interessantesten Teilen des östlichen Afrikas gehört und das bei den Expansionsbestrebungen der euro

unseres ganzen Geschlechtes abhängen . So liessen sich noch mehr Probleme nennen , die mit der

päischen Kolonialmächte immer eine gewisse Be-

Idee des Organismus der Erde in Verbindung und

deutung behalten wird.

mit dem

Terra incognita . Von Adolf Fleischmann (München ). Wenn die Erde nach Carl Ritters Anschauung

ein einheitlicher lebendiger Organismus ist, eine Anschauung, zu welcher die wissenschaftliche Erdkunde immer von neuem wieder hinstrebt, so kommt alles

darauf an , den Gegenstand dieser Wissenschaft, die Erde, und was sie trägt, birgt und erzeugt, voll ständig zu kennen. Auch dem Arzte, der den Or ganismus des menschlichen Körpers erkennen will,

Bestande unserer Kenntnis der Erde im

Zusammenhange stehen . Je weiter man sie aber in diesem Sinne verfolgen wollte , desto unabseh barer würde ihr Gebiet sich ausdehnen und uns

vom Organismus unserer Erde zu demjenigen des ganzen Weltsystemes führen. Deshalb müssen wir uns für unseren augenblicklichen Zweck Schranken ziehen , insofern, als wir bei unserer Erde verbleiben .

Aber auch hier ist , um ihren Organismus zu be greifen , z . B. zu wissen nötig , wie es mit unserer 1) Abhandlung zur Erd- und Völkerkunde v. Oskar Peschel. Herausgegeben von J. Löwenberg. Leipzig, bei Duncker und Humblot.

1877. S. 255 .

Terra incognita.

I 20

Witterungsstatistik steht , wir müssen zu Vorstel- ; die Karte des Abr. Ortelius von 1586, jenes ellipsen lungen gelangen über die Verteilung des Regens förmige Planiglob, » typus orbis terrarum « , mit seinen auf der Erde, sowie zu der Erkenntnis der Gesetze

phantastischen Grenzen nach den Polen hin .

dieser Verteilung, deren Ermittlung allein uns die Ursachen enthüllen kann , warum gewisse Erdräume vor anderen begünstigt erscheinen . Wir müssen die Luftumhüllung der Erde kennen , die so bedeutsam

deuten Land an , von dem wir heute wissen , dass es nicht existiert und die der Kartograph aufrichtig bezeichnet : „ Terra septemtrionalis incognita« und » Terra australis nondum cognita «. Wir kennen

ist durch ihre örtlich wechselnde Verschiedenheit,

ferner die planiglobische Karte des Joh. Bapt. Ho

>

Sie

sowie durch die beständige, gesetzmässige Verände- mann von 1619 , die sich schon nach den Polen hin rung der verschiedenen Luftschichten , welche Strö- klärt, zwar jene Bezeichnungen beibehält, aber wenig mungen in der Gashülle unseres Planeten erzeugt. stens den leeren Raum nicht mit Phantasiebildern Wir müssen unterrichtet sein über die ungleiche cingebildeten Landes anfüllt. Endlich besitzen wir

Verteilung der Sonnenwärme auf unserem Erd- aus neuester Zeit die Karte von Alwin Oppel , körper und ihre vornehmsten Ursachen u . a. m . ). welche die stufenweise Entwicklung des allgemeinen Die Bedingung all dieses Erkennens und Wissens Erdbildes, je verschieden gefärbt, vom Altertume an ist aber die Kenntnis unserer Erde nach allen Rich-

tungen , geradeso wie wir sie vorhin vom Arzte in bezug auf den Organismus des menschlichen Körpers verlangten . Thatsächlich ist diese Kenntnis noch lückenhaft, denn es gibt noch terra incognita

bis auf die Gegenwart veranschaulicht. Wo haben wir nun hiernach die terra incognita zu suchen ? Was das Land betrifft, von dessen Da sein wir überhaupt noch nichts wissen, so beschränkt

es sich auf die Polargegenden im Norden und Süden .

und zwar in zweifachem Sinne. Es kann einerseits

Die Linie, welche sich im Norden ziehen lässt, um

kaum zweifelhaft sein , dass es noch » unentdecktes « Land gibt, und es gibtandererseits thatsächlich noch viel

die Grenze des Bekannten und Nichtbekannten fest

zustellen , nähert sich dem Pole bis auf etwa 6, die

mehr zwar entdecktes, aber seiner Individualität nach

grösste Polferne beträgt etwa 19 Breitengrade. Im

nicht oder nur wenig erschlossenes Land. Die grossen

Süden liegt die Grenze des gegenwärtigen Welt bildes am Südpolarkreise. Es ist nun wissenschaftlich

Entdeckungen haben nur die Grenzen der bekannten

und unbekannten Erdräume festgestellt, die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter zurückgeschoben worden sind, aber geschwunden sind sie bis heute noch nicht ganz . Die Forschungsreisen , Missionen u. dergl . in den entdeckten Erdräumen haben uns

berechnet worden , wie viele Quadratmeilen das Areal unserer Erdoberfläche einnimmt, von welchem wir noch nicht wissen , ob sich in demselben wirklich

mehr und mehr mit ihrer Individualität bekannt ge-

ausgefüllt ist. Aug. Petermann hat es 1868

macht, aber ein fertiges Bild , ganz abgesehen von seinem vorhin erwähnten Wandel und Wechsel, haben wir noch lange nicht gewonnen . Die Ver-

auf 140000 Quadratmeilen berechnet = 7750000 qkm . Im Jahre 1891 hat Alwin Oppel für diesen Raum

>

Land, sei es bewohntes oder unbewohntes, befindet, oder ob es nur mit Eis des ewig gefrorenen Meeres

die Zahl 5519730 qkm gefunden. In der Zwischen

dienste um beides, um Entdeckung und Erforschung zeit ist also im ganzen das müssen wir wenigstens beiläufig bemerken gebühren am wenigsten uns Deutschen. Zur Herr-

hier mehr, dort weniger

die Forschung um 2230000 qkm vorgerückt. Peter manns Berechnung des unbekannten Südpolarraumes

schaft auf dem Gebiete der Erdkunde gelangten die ergibt 21 780 000 qkm , Nord und Süd zusammen deutschen Leistungen erst durch A. v. Humboldt

und Leopold v. Buch, und ihre Forschungen sind pfadfindend geworden für das unbekannte Land im zweiten soeben bezeichneten Sinne.

Jede Wissenschaft hat – bildlich gesprochen solch unbekanntes Land. Aber ein so in die Augen

fallendes Bild, wie man es sich von demjenigen der Erdkunde machen kann , ist bei allen übrigen ein

also 27016793 qkm, d . h. den 20. Teil der ganzen Erdoberfläche ). Eine Betrachtung der terra incognita in dem anderen , vorhin besprochenen Sinne, nämlich in bezug auf unsere Kenntnis der Individualität ihrem Dasein nach bekannter Länder , führt uns naturge >

mäss durch die einzelnen Erdteile und wir sehen ,

dass in Europa dieser Begriff des unbekannten Lan

Ding der Unmöglichkeit. Die Karten verschiedener

des seit dem Ende des 16. Jabrhunderts verschwun

Zeitalter entrollen unserem sinnlichen Auge jenes

den ist. Die Kartographie gibt uns schon in dieser

Bild und die sichtbaren Grenzen der jeweiligen

Zeit ein vollständiges Bild der Oberfläche unseres

Kenntnis. Hier die Karte des Ptolemäus von 1490 . Ein Blick auf dieselbe belehrt uns einerseits, wie

Erdteiles.

weit seine Kenntnis vom Dasein der Länder reichte,

Nachdem in den letzten Jahrzehnten das Stromnetz und die Gebirge Asiens unserer Erkenntnis vielfach

und andererseits, wie sehr in seiner Kenntnis vom

Dasein der Länder Wahrheit im heutigen Sinne und nach dem Ergebnis späterer Forschung und Phantasie ineinander verschwammen .

Weiter liegt vor uns

In Asien findet sich wenig ganz unbekanntesLand .

1 ) Terra incognita . Eine kurz gefasste Darstellung der stufenweisen Entwicklung der Erdkenntnis vom Ausgange des

Mittelalters bis zur Gegenwart und der derzeitigen Ausdehnung 1 ) Peschel, a . a . 0 .

der unerforschten Gebiete . Von Dr. Alwin Oppel. Bremen, Röslers Verlag, 1891 , S. 31. 32 .

Terra incognita .

I 21

erschlossen worden sind, bleiben nur kleine Strecken | diesen beträgt Länderstrecken nur (nach Oppel) 1 260000 qkm weniger . Aber von wissen

des östlichen Persiens, das Innere der Insel Borneo

wir viel

, als

und Hinterindiens, sowie Nordostsibiriens, hauptsäch-

von denjenigen Südamerikas, die wir soeben als un

lich aber die Wüsten Nordtibets und des inneren

bekannt bezeichneten. Sie liegen im höchsten Nor

Asiens als ziemlich unerforschtes Land übrig , was

den .

auf 1140000 qkm Flächengehalt, etwa die doppelte

den Küsten , zwischen dem Kupferflusse und dem

Grösse des Deutschen Reiches, geschätzt wird. Rechnet man die Wüsten Arabiens, so weit sie unerforscht sind, hinzu , so dürfte sich ein unbekannter

grossen Fischflusse, zwischen der Hudsonbai und der Ungavabai harrt sogar zum grössten Teile noch der ersten Erschliessung , ebenso gilt dies für

Das Land zwischen dem Yukon - Tanana und

Flächengehalt von 3000000 qkm ,d . i . sieben Hundert-

die grösseren Inseln am Nordende der Hudsonbai,

teile der Gesamtfläche Asiens, ergeben . Das unbekannte Land Afrikas umfasst noch

Southampton und Nord -Southampton.

weitere Flächen , obgleich es in der neuesten Zeit Gegenstand der eingehendsten Forschungen gewor-

dem oben angeführten Buche Oppels entnommen ,

den ist . Diese Strecken unerforschten Landes liegen in der Wüste Sahara, im Sudan und an der Somali-

mehr hinweisen zu sollen glauben, als es nicht nur die Geschichte der Forschungen , als auch den je

Wir haben diese thatsächlichen Feststellungen auf welches wir die Leser des » Auslandes « um so

küste bis fast zum Babr el Dschebel, denn wenn

weiligen Stand der Kartographie im Verhältnis zu

auch Routenaufnahmen in vielfacher Richtung dort

dem kleinen Raume, den es einnimmt, mit grosser

stattgefunden haben und Linien gezogen worden

Uebersichtlichkeit und Klarheit veranschaulicht. Hier

sind, welche auf unseren Karten sich eingetragen finden, so sind dies eben doch nur Linien und das

über nähere Mitteilungen zu machen , haben wir in Rücksicht auf den verfügbaren Raum und auf die Tendenz der Zeitschrift , als eines rein geo

zwischen ihnen liegende Land ist fast unberührt

geblieben.

Oppel berechnet diese Flächen auf graphischen Organes, unterlassen und müssen uns

7000000 qkm , denen 23000000 qkm bekannten damit begnügen, die Resultate der gelehrten For Landes gegenüberstehen. Die Insel Madagaskar ist in ihrem Süden noch sehr wenig bekannt . Oppel

schungen den Freunden der Wissenschaft zu über mitteln, denen die Bücher der Fachmänner weniger

berechnet diese Teile auf 150 000 qkm ; etwa ein

bekannt sind .

Viertel des Gesamtareales der Insel. Aehnlich wie in Afrika bilden auch in Austra-

lehren uns aber, dass mit der fortschreitenden Kul

Jene geschichtlichen Mitteilungen

lien die Durchquerungen des Inneren ein Liniennetz, zwischen welchem viel unbekanntes Land liegt,

tur und mit der Vervollkommnung der Verkehrs mittel und Verkehrswege sowohl die Entdeckung ganz unbekannten Landes, als auch das tiefere Ein

und wir würden von diesem Innern noch weniger

dringen in diese erst aufgefundenen Strecken immer

wissen , wenn nicht in der allerneuesten Zeit die

Hand in Hand gegangen ist , dass wir also hoffen

Edelmetallfunde Miner und Digger dahin gezogen hätten, die nicht wenig zur Aufklärung des Landes beigetragen haben. Die Kolonien Viktoria und Neusüdwales sind verhältnismässig die aufgeschlossensten ;

dürfen, in absehbarer Zeit den Begriff der terra in

über Westaustralien ist noch am

wenigsten Licht

cognita mit der vorhin erwähnten Einschränkung aus der Wissenschaft der Erdkunde verschwinden

zu sehen. Im Laufe der Jahrhunderte, seit der Zeit der grossen Entdeckungen , hat sich die Kette , als welche wir uns den einheitlichen Organismus un

verbreitet . Oppel berechnet das unerforschte Gebiet auf 3 400000 qkm . Unter den grösseren Südsee- serer Erde denken können , Glied für Glied immer Inseln ist von Neuguinea wohl nur der vierte Teil | mehr geschlossen, und das Ziel der Erkenntnis dieses

als ergründet zu betrachten , und rund 600 000 gkm

Organismus rückt sichtlich näher. Zu letzterem hat

harren noch der Aufschliessung . auch die Meteorologie und Klimatologie einen er Die Durchforschung Südamerikas hat viel heblichen Beitrag zu leisten , aber gerade diese

früher begonnen und vielvollständigere Ergebnisse ge - Wissenszweige finden darin , dass es noch »unbe liefert, als diejenige Nordamerikas . In Südamerika gibt es sehr wenig unbekanntes Land; es beschränkt

kanntes Land « gibt, sei es noch gar nicht entdeckt , sei es nur unvollständig erschlossen , ein wesentliches

sich auf Teile des Netzes des Amazonenstromes und

Hindernis in ihrem Fortschreiten, denn beide Wissen

Paraná und auf Patagonien . Auch die orographische schaften sind auf die Kenntnis der Polargegenden Gliederung der grossen Gebirge ist noch wenig voll- und der Gebirgs- und Wasserkunde des übrigen Fest ständig. Oppel berechnet das unbekannte Land Süd- landes zum grössten Teile mit angewiesen . Man kann sagen , dass dem unbekannten Lande amerikas auf 3 800 000 qkm , wovon er mehr als die Hälfte auf das Stromgebiet des Amazonas rechnet auch der Begriff des unbekannten Menschen ent etwa 21 Hundertteile des gesamten Areales von spricht. Das Ziel der neueren Richtung der wissen 17700000 qkm . Auch Zentralamerika und West- schaftlichen Erdkunde, der anthropogeographischen ,

indien können durchweg als bekanntes Land gelten

liegt aber in der Erkenntnis des Zusammenhanges

mit einziger Ausnahme des Inneren der Halbinsel

des Landes und des Menschen nach seiner vielge

Yucatan . – Die räumliche Ausdehnung des unbe-

staltigen physischen Natur, die sich eben nach dem

kannten Landes Nordamerikas ist zwar geringer, sie | Lande richtet, welches er bewohnt. Erscheinungen

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

I 22

nicht gefunden , wer diese Ansicht zuerst ausge vorkommen, finden sich niemals bei den Bewohnern sprochen hat. Vielleicht stützte man sich anfäng südlicher Zonen . Die Ernährung in kalten Klimaten lich auf die Mitteilung Vasco da Gamas, seiner Be erschwert das gesellige Zusammenschliessen der Men- gleiter und anderer Reisenden : Die Mauren des in dieser Natur, wie sie bei den arktischen Völkern

schen. Diese sind auf Jagd und Fischfang angewiesen,

Ostens bezw. ostindische Seefahrer benutzen den

weil keine Brotfrüchte wachsen und keine Vieh- | Kompass, dann auf das Bekanntwerden der ersten zucht gedeiht. Deshalb verzehren z . B. nordische Erwähnung seiner ältesten Form durch einen Mau Völker viele Fettstoffe, denn letztere dienen zu ihrer ren , ferner auf die Verwechslung Jaques de Vitry's inneren Erwärmung und sind gleichsam die Heiz- von diamant und aimant, woran sich die Verwirrung adamas und magnes anschloss ; auch die apparate des Körpers. Wenn die Tungusen es da- zwischen zwi hin bringen , bis zu 40 Pfund zerlassener Butter zu Folgerung ( weil er schrieb , den Diamant findet trinken , oder wenn die Kinder der Grönländer Klum- man in Indien ), die Kenntnis der Bussole sei aus pen rohen Wallrossfettes verschlingen, so befriedigen Indien gekommen (Libri , Histoire des sciences ma >

beide nur gebieterische Bedürfnisse, die ihnen ihr Land diktiert. Für die Gesittung können solche

thématiques en Italie, TomeII, Paris 1838. S. 61); end

Völker nichts fördern. Die Menschen des noch un-

nus ( Graf von Bollstädt) gegebenen Worte Zoron und Aphron , von denen man annahm , sie müssten aus einer arabischen Uebersetzung des fälschlich dem

entdeckten und des zwar entdeckten , aber nur wenig durchforschten Landes, also der terra incognita in

lich auf die von Vincenz de Beauvais und Albertus Mag

beiderlei Sinne, kennen wir gar nicht, oder nur sehr

Aristoteles zugeschriebenen Buches » De lapidibus

unvollkommen . Der Dunbekannte Mensch « stellt aber ebenso wie das » unbekannte Land " eine Lücke,

entlehnt sein .

fehlende Glieder in jener Kette dar, deren Bild wir

Die älteste Mitteilung über die Verwendung der Richtkraft des Magneten in den von Mauren

in der einheitlichen Organisation der Erde zu er- und Arabern befahrenen Meeren ist die bekannte kennen haben, denn das Land bedingt die physische des Mauren Bailak aus Kibdschak v . J. 1242 (Klap und deshalb auch mehr oder weniger die psychische roth, Clement Mullet, Wittstein). „ Die Steuerleute Natur des Menschen .

des syrischen Meeres . . . . . nehmen ein mit Wasser

Ein Anreiz zur energischen Fortsetzung der der

gefülltes Gefäss , das sie zum Schutz gegen Wind

terra incognita zu widmenden Forschungen liegt vielleicht in der Erinnerung an das Jahr 1492 , im

im Inneren des Schiffes aufstellen ; sie stecken eine Nadel quer durch einen Holzpflock oder Halm

400jährigen Jubiläum zum Andenken an die epoche-

(Span , Rohr ), so dass beide ein Kreuz bilden ;

machende Entdeckung Amerikas , zu dessen Feier dann legen sie die Nadel auf die Oberfläche des man sich in Spanien jetzt schon zu rüsten beginnt; | Wassers in jenem Gefässe, wo dieselbe obenauf aber die weltbewegenden Folgen der damaligen Ent- schwimmen wird. Sodann nehmen sie ein , ihre deckung der ungeahnten grössten terra incognita des

Handfläche ausfüllendes, oder etwas kleineres Stück

Erdballes werden in allen Kulturländern und nament- Magneteisenstein , nähern es der Wasseroberfläche lich in Amerika selbst an Vorbereitungen zu einer

und beschreiben mit der Hand eine Drehung nach

würdigen Gedenkfeier der grossen That des Ge-

rechts , infolgedessen die Nadel auch eine Kreisbe

nuesers mahnen . Die Entdeckungen , die unserer Zeit noch vorbehalten sind, werden sich mit jenen in keiner Beziehung vergleichen lassen. Was wir

und unversehens ihre Hand zurück , und wahrlich !

wegung ausführen wird.

Alsdann ziehen sie rasch

die Nadel ist nach beiden Punkten , Nord und Süd ,

noch zu thun haben, wird nur der Wissenschaft,

gerichtet. Ich habe diese Operation während unserer

aber nicht der ganzen Welt zu gut kommen, und es ist keine unrichtige Bezeichnung, wenn O. Peschel unsere Zeit in dieser Beziehung » das Zeitalter der Messungen « nennt. Aber erschöpfend sind auch diese nicht, denn , wie wir gesehen haben , gibt es sehr

Seereise von Tripolis in Syrien nach Alexandrien

wahrscheinlich an den Polen noch Land, welches

aus Eisen bedienen, den sie so herzustellen wissen , dass er , wenn man ihn auf eine Wasseroberfläche

wir erst finden müssen , ehe wir es messen , d . h . nach allen Richtungen durchforschen und erschliessen können .

Hat Europa den Kompass über Arabien

oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Litterarisch - sachliche Studie. Von A. Schück ') (Hamburg ).

i. J. 640 (Moh . Ztrchng.) mit eigenen Augen ge Von den Seeleuten , welche das Indische Meer befahren, erzählt man , dass sie sich statt Na del und Holzpflock einer Art kleinen , hohlen Fisches sehen .

legt , oben schwimmt und mit seinem Kopfe und Schwanze nach den beiden Richtungen , nach Süd und Nord, zeigt.«

Abgesehen von ein paar technischen Ungenauig

keiten dieses Berichtes , sagt der Barnabit Timoteo besonderen Studium erwählt, wie mehrere von ihm in der » Hansa « ,

Es wird angenommen , Europa erhielt den Kompass über Indien und Arabien ; bis jetzt habe ich

der » Natur: und der » Zentralzeitung für Optik und Mechanika

1) Herr A. Schück , Seeschiffer in Hamburg , hat Geschichte, Konstruktion und Theorie des Seekompasses zu seinem

nautischen Geographie bedeutsamste Frage einer neuen Unter. suchung unterzogen zu sehen.

veröffentlichte Abhandlungen bekunden . Dem Herausgeber ge reicht es zur Freude, hier gerade die für die Geschichte der

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

123

Bertelli in seiner bewunderungswürdigen Arbeit : Muselmännern bestanden ; aber man erkennt daraus Memoria sulla Epistola di Pietro Peregrino di Mari- | nicht, zu welcher bestimmten Zeit man die Eigen court ( Bull . di Bibliogr. e di Storia delli Scienze schaft eines mit dem Magnet bestrichenen Stück

Matemat. e Fisiche. B. Boncompagni, Roma 1868, S. 188 Anm. 3) »Michele Pacifico , Mitglied der Akademie dei Cinesi , versicherte mir , dass nach

Eisens, sich nach Norden zu richten, entdeckte ; noch weniger ersieht man das Land , in dem diese Er findung stattfand« .

Stil und Form der eben wiedergegebene Abschnitt

Reinaud erwähnt auch der Bekanntschaft der

aus Bailaks Werk nicht mit Sicherheit arabischen

Mauren des Mittelalters mit dem Namen »Kompass « ungefähr hundert Jahre nach Baïlak . » Ibn Khaldun, der in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts schrieb,

Ursprungs ist , sondern eher eine arabische Ueberdie ich die Obwohl setzung aus dem Lateinischen «.

denen sich auch kenntnisreichere Personen befan-

Windrichtungen Namen annahmen , die sie am Mittelmeer hörten . » Unabhängig von diesen Be

den, mussten sehr bald bekannt werden lassen , ob

nennungen sind einige vorhanden, welche die Ara

Mauren bezw. Ost-Araber ein derartiges Hilfsmittel bei

ber an den Küsten des Mittelmeeres im

ihren Seereisen hatten . Da von anderen Erfindungen

fanden , zur Zeit als sie zuerst über ihre Wüsten

her entronnenen oder losgekauften Europäer, unter

Gebrauche

der Asiaten, die wir auf diesem oder ähnlichem

schiluk -- Scirokko oder sind schiluk Dies sind hinauskamen . Dies

Wege erhalten haben , nachweisbar ist , wann und wie es geschah , so wäre es sonderbar, wenn dies vom Kompass bezw. der Schwimmbussole nicht erwähnt wäre. - Schon Reinaud (Géogr. d'Aboulféda, Introd. Paris 1848) , welcher den Bericht

SE, libesch =- Libeccio oder SW , das vom griechi

Baïlaks ebenfalls als das älteste Schriftstück kennt,

los aus boreas, ich erinnere daran , dass der NE Sturm , der im östlichen Mittelmeer, im Aegäischen

>

in dem Benutzung der Richtkraft des Magneten zur

entstanden ist , und schirsch schen l circius oder NW , circius der Römer. Es gibt auch die

Benennung borrany um die NE zu bezeichnen , des sen Ursprung mir unbekannt ist .« ( Entstand zweifel

ist , verbindet ihn mit den Angaben Jaques de Vi-

Meer und in der Adria zuweilen plötzlich einsetzt und dichten weissen Dunst erzeugt – daher für

trys und Hugue de Bercis (von ihm auch fälschlich

jene der Name: Weisses Meer —· borra , auch bora

Schiffahrt seitens der Mauren und Ost-Araber erwähnt

Da die Araber ( ebenso die Guyot de Provins genannt) und sagt, dadurch sei bewie- genannt wird ')? . Insulaner) Karolinen Beginn im und 1 2.Jahrhunderts des Ende sen, dass gegen ) für Windrichtungen andere des 13. die Magnetnadel benutzt wurde, gleichzeitig Namen haben , als für die Kompasskurse, darf

im Morgen- und Abendlande, was sich leicht erklärt durch die friedlichen und kriegerischen Beziehungen , welche damals zwischen Christen und

jedoch der Gebrauch europäischer Benennungen für jene nicht als ein Beweis angewendet werden , 1) Doch wohlkaum ; » Bora « ist ein slavisches Wort. Die Red .

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

I 24

sie hätten die Benutzung der Richtkraft des Mag-

neten von den Europäern erhalten .

sung muss in früheren Zeiten grösser gewesen sein, und so könnte man die Zeit , vielleicht auch die

Fernão Lopez de Castanheda wurde von Pre- | Gegend bestimmen , wo sie einem Kompassstrich vost in bezug auf die portugiesischen Thaten für den zuverlässigsten der Schriftsteller jener Zeit ge halten ; er schrieb seine » Historia de discubrimiento

oder 11 ° 15' gleich war (aber nach E von N !), – d . h . an dem Tage, an dem die jetzt noch unvoll kommenen Theorien des Erdmagnetismus gestatten,

e conquista da India pelos Portuguezes« Jahrzehnte mit Sicherheit in die Vergangenheit zurückzugehen «. nach den Reisen Vascos : mir liegen nur vor die | » Sicherheit« ist nicht erreichbar, höchstens An ). spanische Uebersetzung, Antwerpen 1554 und die näherung Da zur Zeit Vasco da Gamas im Mittelmeer die erneuerte Ausgabe von Francisco Jose dos Santos

Marrocos , Lissabon 1797 ; in beiden heisst es von den nach Mozambique fahrenden bezw. dort an

Magnetnadel E-wärts von E zeigte, d . h . die Miss weisung E-lich und abnehmend war , so könnten

sässigen , seefahrenden Mauren, » einige gebrauchen genuesische Kompasse umsoviel vor seiner Zeit in Besitz von Arabern gekommen sein , wie damals Magnet Kompasse genuesische der Jahre vergangen waren , seitdem man in Genua die wird hiermit fast stetsgenommen , aber« (genau nadeln, agulhas

Missweisung gleich einem Kompassstrich E von N

Kompass bezw . die Kompassrose bezeichnet ) ; d . h . nach den Castanheda gewordenen Mitteilungenirgend beobachtet hatte. Solche oder so eingerichtete Kom eines damals noch lebenden Seemannes der Flotte

passe könnten noch jetzt dort im Gebrauch sein,

Vascos oder nach den Kompassen , die er selbst in jedoch d'Abbadie sagt , ausserhalb der Strasse (Bab ?) ?) auf der Reise nach Bombay benutzte en elmanMandeb Kompasse, deren Nadeln unter der Nord -Süd

Indien bezw . Mozambique sah , hatten die von den maurischen Schiffsführern benutzten Kompasse die selben Eigentümlichkeiten, wie die, welche zu jener Zeit in Genua oder für die nach genuesischen An

Linie lagen . Es mögen nicht alle arabischen Schiffe, auf denen man zur Zeit Vascos Kompasse sah,

leitungen Navigierenden gefertigt wurden . Wahr-

Bombay-Fahrer gewesen sein, unmöglich ist es nicht,

scheinlich bezieht sich dies auf die Zeichnung des Rosenblattes (z . B. als Merkmal für Osten das

dass man damals jenen Unterschied nicht machte,

genuesische Kreuz , möglicherweise auch auf die Befestigung der Magnetnadel unter dem Rosen >

blatt, die man damals - wenn nicht immer, doch sehr häufig nicht unter der Nord-Südlinie an brachte, sondern die man mit dieser Linie den Winkel

aber da diese Unterscheidung , wenn auch erst in unserem Jahrhundert , nachgewiesen ist , so halte ich es nicht für richtig zu sagen, die Bezeichnung »agul has genuiscas wird sich sowohl auf das Rosenblatt,

als auch auf die Stellung der Magnetnadel unter demselben bezogen haben ; ich muss mich begnügen,

bilden liess , den zu einer Zeit , als man die Ab- jene Bezeichnung nur auf das Rosenblatt zu be weichung der Nadel vom wahren Meridian beob

ziehen . - Bei den kurzen Entfernungen , welche

achtet hatte , die Nadel mit dem Meridian bildete.

die Araber im Roten Meer nach dem Kompass steuern und bei der schlechten Beschaffenheit, in

Gegen letzteres möchte ein Teil des folgenden

der ihre Kompasse überhaupt sein mögen, darf man

Sprechen

sich nicht wundern , wenn sie sich mit dem grossen

A. d'Abbadie berichtet über den Kompass der in der Missweisung stillschweigend ab Araber ( Nouveau Journal asiatique III. Serie T.XI1841. Unterschied zufinden wissen . Lettre de M. A. d'Abbadie à M. Gardin de Tassy

Wenn man meine Vermutung oder Ansicht d. d. Kairo 1840 Okt. 12. S. 589) und sagt dabei : zulässt , agulhas genuiscas habe die erwähnte Be »Ferner könnte man ersehen, wo die Araber die deutung, so liegt es allerdings Vielen näher, zu glau >

Deklination (Missweisung ) der Magnetnadel beob achtet haben . Thatsächlich benutzen sie zwei Kom

ben, die Mauren hätten angekaufte italienische Kom passe gehabt, als zu glauben, Italien habe die Kennt

passe , der eine heisst » deirah dschahié « und ist un serem ähnlich , indem die Magnetnadel unter der bei dem anderen , Nord -Südlinie angebracht ist,

nis des Kompasses von den Mauren erhalten. Peschel citiert die Stelle aus Paesi nuovi retrov .,

1507 , Kap. nach dem israelitischen »deirah farkadie« genannt, hat man die Missweisung Vicenza Nautiker Gaspar , derLXI, mit Vasco da Gama nach

annähernd berichtigt , indem man die Nadel in der Europa zurückfuhr, » levantinische Kompasse« ; man Richtung 4 ‫) زرق‬NzE ) und ‫ عددبار‬-SzW ) ) befe

inag dabei an kleinasiatische oder arabische cher mag aber der Portugiese, Spanier , Kompasse denken,

stigte ; dies ist ein ähnliches Verfahren, wie das im Mittelmeer gebräuchliche..... 1832 betrug die Miss- Franzose, Italiener, der levantinisch « schrieb bezw . weisung der Magnetnadel bei Ras Mohammed 9 ° 48' W und in Mokha 6 ° 30ʻ ; hieraus ersieht man , dass sie nach SE hin abnimmt. schen

Schiffsführer

benutzen

Die arabi-

ausschliesslich den ausschliesslich

das im Originale stehende Wort so übersetzte , kann es nur im selben Sinne gebraucht haben , wie man

Levante im Gegensatz zu Ponente gebraucht findet ; jenes die Küsten Spaniens, Frankreichs u . s. w .

im

Kompass farkadié im Roten Meere und den dschahié,

Mittelmeer, -- dieses die Küste Portugals, Spaniens,

sobald sie die Strasse (Bab el Mandeb ?) passiert haben , um nach Bombay zu fahren . Diese Misswei-

Frankreichs am Atlantischen Ozean bezeichnend; höchstens konnte es sich beziehen auf Italien , das

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

125

Adriagebiet und die östlicheren Länder, im Gegen-

Stein Kopf und Schwanz hat , muss man darauf

satz zu Frankreich und zur iberischen Halbinsel. Nach der Historia della vita ... dell ... D.

achten, dass man (die Nadel) mit dem Kopf streicht. Es ist sicher , dass jeder Magnetstein die Welt

Cristoforo Colombo von Fernando Colon , übersetzt (d. h . den Gesichtskreis) in vier Teile zerlegt. von Ulloa , Venedig 1865 , mögen genuesische und

Wenn man

flandrische Kompasse seiner Zeit gebräuchliche Han-

streicht, wird sie nach dem Südpol zeigen , wenn

delsartikel gewesen sein , da sie als von Columbus benutzt angegeben sind ; naturgemäss konnten erstere häufiger als letztere Eigentum von Afrikanern und

man mit dem rechten Arm

v Asiaten werden . – Nebenbei bemerkt irrte A. v.

Humboldt, als er schrieb (Examen critique de l'hi-

daher die Nadel mit dem

Schwanz

oder der rechten Seite

streicht, wird sie nach Osten zeigen , wenn mit der linken Seite , wird sie nach Westen zeigen « . Diese Ansicht ist viel älter, sie beruht wahrschein lich darauf , dass man damals gleichschenklig drei

stoire de la Géographie du nouveau continent u . S. W.

eckige Plättchen von geringer Höhe und schief

Paris 1837. T. III, S. 56) : » Der Admiral, nachdem

wirklig viereckige zu Kompassmagneten verwandte ;

er bemerkt hatte, dass die Nadeln verschie-

man kann sie so magnetisieren , dass die Höhe oder

dener Härtung und Herstellungsweise die längste Diagonale nach Norden , Osten , Süden nicht mehr den gleichen Betrag der Missweisung oder Westen zeigt . — Wenn dann in der » Vita« weiter angaben « ; der Satz (Vita u . s. w. cap . 63 ) : »attribuisce la cagione alla differenze della Calamita,

gesagt ist , » die Verfertiger der (Magnet-) Nadeln bedecken daher den Magnetstein mit einem Tuch

con che si temperano le aguglie ,« ist doch zu übersetzen »er schrieb die Schuld dem Unterschiede des

derart, dass nur der nördliche Teil frei bleibt, d . h . derjenige, welcher die Eigenschaft hat, den Stahl zu

Magnetsteins zu , mit dem man die Nadeln richtet

veranlassen , nach Norden zu zeigen (wörtlich den

(d . h. durch Bestreichen sich nach Norden richten macht )«. Libri in Histoire u . s . w . T. II , S. 221 gibt die Verse aus der Sfera des Goro Dati , geschrieben in Florenz gegen Ende des 14. oder An-

Nordstern [ Tramontana] zu treffen )«, so kann auch

fang des 15. Jahrhunderts , gedruckt daselbst 1482

der Admiral einen jener Ansicht entsprechenden Gebrauch beschrieben haben. Das Wenige über die Schiffahrt der Araber von Calicut aus Mitgeteilte ist unklar , vereinzelt

und 1513 , Venedig 1534, in denen temperare eben-

sich widersprechend.

so gebraucht ist :

nicht vor ; Fischer und Kunstmann haben darauf hingewiesen , dass der » durchaus verlässliche und umsichtige« italienische Reisende Nicolo Conti im

» Vanno per mare mercanti et pirati Col bossol de la stella temperata Di calamita verso tramontana «

Kaufleute und Seeräuber, fahren über das Meer

Originalwerke liegen mir

ersten Drittel des 15. Jahrhunderts ausdrücklich be merkt : » Die Inder führen ihre Schiffe über das

mit dem Stern-Büchslein (d . h . mit dem wie ein Meer , vornehmlich nach den Sternen beider Pole, Stern gezeichneten ), das mittelst des Magnetsteins

da sie die Sternbilder beider Bären selten erblicken ;

nach Norden gerichtet wird . – Den alten deutschen Schriften entsprechend habe ich bossol mit

den Gebrauch des Magneten kennen sie nicht,

Büchslein übersetzt; doch bin ich überzeugt , dass

sternes messen sie die Richtungen und die Entfer

nach oberer und unterer Kulmination des Polar

hier die Kompassrose gemeint ist , an der (da- nung der Orte , hiernach wissen sie , in welcher mals vielleicht auf der) die Magnetnadel befestigt

Gegend sie sich befinden « (Navigunt ut plurimum

ist. Die Thatsache, dass bossol bezw . bossola ohne

Indi ad stellas alterius poli , ut raro arctum conspi

Unterschied für Kompass im Ganzen, Kompassdose ciant; magnetis usu carent, elevatione et depressione und Kompassrose gebraucht wurde, ja noch gebraucht

poli cursus locorumque distantiam metiuntur; quo

wird , mag schon viel Verwirrung angerichtet haben .---

que in loco sunt norunt hac dimensione. Th. Fischer,

Die Unterschiede in der Kraft des Magnetsteins

Sammlung mittelalterlicher Welt- und Seekarten ita

>

wurden noch ein paar Jahrhunderte später über-

lienischen Ursprungs u . s. w . Venedig 1886, S. 57 ;

Ebenso mag A. v. Humboldt unrichtig

Kunstmann, Kenntnis Indiens im 15. Jahrhundert,

urteilen , wenn er den geringen nautischen und

S. 55. Verhandl. Königl. Bair . Akad . Wissensch .).

astronomischen Kenntnissen

Das Messen der Richtungen und der Entfernungen

schätzt .

des Fernando Colon

die Stelle zuschreibt vich glaube, der (Polar-) Stern

u. s . w. bedeutet , dass sie nach der Polarsternhöhe

hat die Eigenschaft der vier Himmelsrichtungen,

(die geographische Breite bestimmend) und dem

wie sie auch der Magnetstein hat , der, wenn man mit seinem Osten berührt (d. h . die Magnetnadel bestreicht) , nach Osten zeigen wird (d . h . die Nadel nach Osten zeigen machen wird), ebenso Westen

gesteuerten Kurse schätzen , sowohl wie weit sie

oder Norden oder Südena . Aehnlich schreibt noch

hat man wohl einzuschalten : bei ihrem niedrigsten Stande -, denn Ort des Auf- und Unterganges von

Alexio Venegas in » Primera parte de las differencias

vom Abfahrts- und Bestimmungsorte entfernt , als auch in welcher Gegend sie sind . Zwischen : weil sie die Sternbilder beider Bären selten erblicken -

de libros que ay enl universo « ( 1. Ausgabe Toledo ? | gewissen Sternen der Bären wurde jedenfalls be 1539 oder 1540) 1545 , 1569 und 1583 in bezug nutzt. – Falls Conti selbst schrieb : magnetis usu auf den Kompass gleichlautend : » Denn weil der | carent, falls nicht etwa ein Kopier- oder Uebersetzungs

126

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

fehler bezw. eine Einschiebung vorliegt , so ist es allerdings nicht unmöglich , dass damals das indische

Kompass , nur nach dem hölzernen Quadranten ; ( weiter : dies scheint eine über die Maassen schwie

Meer noch ohne Kompass befahren wurde, aber es

rige Sache, besonders wenn der Himmel mit Wol

wäre zu weit gegangen , zu behaupten , es sei ein unumstösslicher Beweis, die Schiffsführer, mit denen Conti fuhr oder die er kennen lernte , hätten die

ken bedeckt ist, so dass man die Sterne nicht sehen

Magnetnadel überhaupt nicht gebraucht. Zunächst

steuern , dann als Steuermann und Schiffsführer das

bedeutet dies nur : Conti bemerkte nicht oder er-

Steuern zu überwachen hatte, begreift dies nicht, sondern fragt : wonach steuerte man bei Tage ? Ferner sagen diejenigen, welche die Monsune Indiens nicht nur nach dem kennen, was von oberflächlichen

fuhr nicht , dass jene Schiffsführer während der Reise die Magnetnadel mit einem Magnetstein bestrichen , um ihre magnetische Kraft zu verstärken,

kanu .


Das Nähere über diese Quadranten ersuche ich

nachzusehen in meinem Aufsatz : » Der Jakobsstab bei den Arabern « in der » Natura, Juli 1891. Sicher

ist es bei Seegang und schief liegendem Schiffe auch schwierig , ohne andere Marken nach einer Bussole (d . h . Magnetnadel ohne Rosenblatt und Gehänge) zu steuern. Wahrscheinlich haben die Araber Küstenfahrt in grösserem Masstabe be

trieben , sich häufig, besonders bei Nacht aus

9

kleinen Fahrt geschieht. Cana kannte vielleicht den Kompass nicht (?). Wie dem aber auch sei, keinen der angeführten Berichte kann ich als Beweis dafür anerkennen, dass die Araber den Kompass von uns erhalten haben .

(Fortsetzung folgt.)



(bei Venedig )

2

5 8

( bei Ancona

Mittelmeer (bei Livorno)

6

( bei Genua ) ( bei Nizza) Atlantischer Ozean ( bei Brest

5 6

+

2

C11

79

‫ני‬

( bei St. Jean de Luz ) + 15

Kanal (bei Cherbourg)

.

+

( bei Havre

16

( bei Vlissingen ) >

5 I

Nordsee ( bei Ostende )

Furcht vor Feinden oder Seeräubern und vor Stran

dung, weiter vom Lande gehalten ; auch konnten sie, da man damals dort keine nächtlichen Leuchtfeuer hatte, keine Landmarken sehen ; jedenfalls steuerten sie den Bestimmungsort oder besondere den Kurs bestimmende Landmarken » nach der geographischen Breite « an , wie es noch jetzt in der sogenannten

>>

( bei Helder) ( bei Harlingen )

(bei Cuxhafen ) Zuydersee (bei Elburg )

(bei Amsterdam )

Ostsee (bei Travemünde )

7 4

+

I

3

+

7 I

9

( bei Warnemünde) ( bei Swinemünde

2

Hiernach muss also stets eine Höhenkote, wenn sie für ein bestimmtes Niveau angegeben ist, mit einer ge wissen additiven oder subtraktiven Konstante versehen werden , um für ein anderes Niveau gültig zu sein . (Technische Blätter , XXIII. Jahrgang, Heft 2 und 3. )

(Die Pelagosa - Gruppe.) Nachdem unlängst im italienischen Parlamente von radikaler Seite lebhafte

Geographische Mitteilungen . ( Das geometrische Nivellement.) Von allen Methoden der Höhenbestimmung terrestrischer Objekte kann nur eine den Anspruch auf ein sehr hohes Maass

Interpellationen an die Regierung gerichtet wurden , wie es denn mit den Besitzrechten bezüglich der im

Adriatischen Meere gelegenen Pelagosa -Inseln stehe, ist eine authentische Aufklärung über diese Felseilande von Wert, welche wir dem wohlbekannten Geographen G. Marinelli ( Padua) verdanken. Es besteht die

von Genauigkeit erheben, diejenige des Nivellierens.

Gruppe zunächst aus den beiden grösseren Inseln Pela

Man hielt dasselbe , wie sich E. Czuber in einer sehr anregenden Studie über die mit dem Wesen dieser

gosa Grande und Pelagosa Piccola, welche " , km Ab stand haben , und sodann aus einer Reihe diesen Kern umgebender Klippen und » Scoglien « . Die Hauptinsel hat 1200 m in Länge , 200 in Breite , steigt aber zu

Operation neuestens vorgegangene Veränderung ausdrückt , für ein rein geometrisches Verfahren , dessen Resultate einzig und allein von den störenden Einflüssen

der Strahlenbrechung zu befreien seien . Nunmehr aber weiss man , dass Veränderungen in der Grösse und

namhafter Höhe aus den Fluten auf, so dass der von

den Oesterreichern auf dem höchsten Punkte aufge führte Leuchtturm auf so km in der Runde gesehen

Richtung der Schwerkraft die Richtigkeit eines im übrigen

wird . Nur am Ufersaume findet sich ein klein wenig kulti

noch so gründlich ausgeführten Präzisionsnivellements beeinflussen müssen , und dass das Durchnivellieren einer sogenannten „ Schleife « nicht notwendig eine Höhen-

vierter Boden , und so ist denn auch heute die Insel, welche nach verschiedenen Anzeichen vor alters stärker

differenz Null ergibt, wenn man zum ersten Eckpunkte des Polygones zurückgekehrt ist. Die an sich schwierige

Leuchtfeuers bewohnt.

Aufgabe, mit dem eigentlichen Nivellieren stets auch physikalische Beobachtungen zu verbinden, ist wesentlich erleichtert worden durch den Apparat für relative Pendelschwerebestimmungen, welchen Oberstlieutenant

53,5 km von Pelagosa entfernt; das Meer zwischen der Gruppe und dem italienischen Festlande ist seicht, jeden

besiedelt war , ausschliesslich von den Wächtern des Noch unbedeutender sind die

übrigen Inselchen . Die Küste am Monte Gargano ist falls minder tief als zwischen ersterer und der dalma

tinischen Küste. Während der Miozänzeit dürfte, wenn

v. Sterneck in Wien angegeben und den Mitgliedern

Suess , Neumayr und Tellini im Rechte sind, aus

des 9. Deutschen Geographentages in zuvorkommendster

dem Meere ein Isthmus aufgeragt haben, der zwischen

128

Litteratur.

Apulien und dem Westen der Balkanhalbinsel eine Land brücke darstellte , und als dessen spärliche Trümmer Pelagosa ebenso wie die näher an Italien gelegenen

Kenntnis der einschlägigen Litteratur zuerkannt werden , wie 661 Citate beweisen. Bei einer wissenschaftlichen Sammelarbeit, wie der vorliegenden, ist die Kritik der Quellen die Hauptsache.

Inseln Pianosa , Cazziola, Tremiti u . s. w. anzusehen

Unverkennbar hat nun der Verfasser jenen Autoren am meisten zugestimmt und geglaubt, welche seine a priori bestandene Auf fassung von der Religiosität unterstützen. Die Zeugnisse , die

sind . ( Bullettino della Società Geografica Italiana, Ser. 3 , Vol . IV , Fasc . 12. )

( Das Gebiet der Niederelbe. )

Bei der Er

örterung von Fragen der hamburgischen Landeskunde war im Schosse des Naturw . Vereines zu Altona auch

die Aufgabe gestellt worden , das Gebiet, innerhalb dessen die landeskundliche Untersuchung sich zu be wegen hätte , genau abzugrenzen. A. Schück unter nahm es, dies zu thun , nachdem der Verein im allge meinen die Strecke von Helgoland bis Lauenburg mit

dagegen sprechen, führt er zwar an, verwirſt sie aber ohne stich haltige Begründung. So kommt es , dass er nur denjenigen Autoren völlige Berechtigung zuerkennt, die mit den Missionaren gleiche oder ähnliche Anschauungen teilen . Man kann die Thätigkeit der Missionare sehr hoch schätzen, dennoch wird man ihnen wissenschaftlichen Skeptizismus vielfach absprechen müssen ,

und gerade dieser ist bei Behandlung eines so äusserst komplizier ten Themas von ausschlaggebender Bedeutung. Uebrigens möchte ich einen Gelehrten ganz besonders in Schutz nehmen, den der Verfasser mit Vorliebe als seinen Gewährsmann citiert : das ist

den dazu gehörenden Nebenflüssen der Elbe und den

Friedrich Ratzel. Man braucht nur das Kapitel » Religion « in

einmündenden Bächen bis zur Wasserscheide bei den betreffenden Quellen « als seine Domäne bezeichnet hatte. Lauenburg ward als Grenzpunkt deshalb gewählt, weil

seiner » Völkerkunde« ( I. Teil ) zur Hand zu nehmen , und man sichtig zum Positiven fortschreitenden Denk- und Darstellungs

der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser so gar noch etwas oberhalb dieser Stadt sich bemerklich

ders sehr deutlich wahrnehmen .

wird den Unterschied zwischen seiner scharf abwägenden , vor.

weise und zwischen den orthodox-gläubigen Behauptungen Schnei

macht, das Aestuarium der Elbe mithin jedenfalls so

Sobald der Verfasser den Boden tendenziös-theologischer

Es handelte sich also darum ,

Untersuchungen verlässt , aus welchem Fragen auftauchen , die wegen Unkenntnis der Negersprachen oder wegen Nichtverständ nis ihrer Ausdrucksweise vorläufig unlösbar erscheinen, und so bald er das Gebiet exakter und positiver ethnographischer Be obachtungen betritt, bietet er uns, wie in den Abschnitten über

weit auszudehnen ist .

nicht , wie sonst wohl , das Bewässerungsgebiet eines ganzen Stromes, sondern nur eines bestimmten Teiles

desselben zu fixieren, und dies war deshalb nicht ganz leicht, weil im Lauenburger Seenterritorium die Quell

Fetischismus und Hexenwahn , massenhaft gesamıneltes und gut

bezirke der zur Ostsee fliessenden Gewässer mit denen

der Elbe sich innig verschlingen , wie auch die Grenz

gesichtetes Material; wir erhalten in diesen Abhandlungen einen scharf gezeichneten Ueberblick von hohem Interesse , und wir

linie zwischen den Becken der Weser und Unterelbe

müssen nur bedauern , dass die übrigen Kapitel nicht mit der

eine recht gewundene ist. Einfacher lassen sich im

selben wissenschaftlichen Objektivität bearbeitet worden sind .

ganzen Elbe und Eider von einander scheiden .

Ich bin der Meinung, der Verfasser hätte sich ein grosses Verdienst erworben und eine längst empfundene Lücke in der Völkerkunde ausgefüllt, wenn er den von ihm gewaltig ange

Im

Meere folgt die Umgrenzungslinie grossenteils der Iso bathe von 20 m , doch fällt auch der 40 m tiefe Riff grund südlich von Helgoland und die sogenannte Loreley Bank noch in » hamburgisches « Gebiet . ( Verhandl. d .

Ver. f. naturw . Unterhaltung zu Altona, VII . Band, 1891 .

häuften Stoff zu einer erschöpfenden Gesamtdarstellung des re ligiösen Lebens der einzelnen Völker verwendet hätte . Die meiste Teilnahme bringen doch nur diejenigen Leser dem vor

liegenden Buche entgegen, die sich ein in sich abgeschlossenes Bild dem geistigen Zustande jedes einzelnen grösseren von

Hamburg, L. Friederichsen.)

Stamines verschaffen wollen. Sie können das ohne Zweifel aber

nur dadurch, dass sie nach dem Register aus den verschiedenen

Litteratur.

Kapiteln den gewünschten Volksstamm herausschälen und das über ihn Mitgeteilte zusammenstellen ,

Die Religion der afrikanischen Naturvölker . Von Prof. Dr. Wilhelm Schneider. Münster 1891.

gr. 8 '.

baren Mangel an Vollständigkeit und Richtigkeit in seinen Dar

283 S.

Der Verfasser betont in der Einleitung , dass er die » Re

ligion

Hätte diese Arbeit der

Verfasser selbst übernommen , so hätte er den nicht selten fühl .

stellungen wahrgenommen und sicherlich verbessert. Ich greife 2. B. die Waganda heraus. Man bekommt nach Schneider

und nicht die „ Religionen « der Afrikaner behandeln >>

wolle . Er will viel mehr den Nachweis der Religiosität bei den

Naturvölkern liefern , als eine eingehende Schilderung von reli giösen Vorstellungen und Gebräuchen. Man erhält also nicht ein abgerundetes Bild von den Religionen der einzelnen Stämme,

sondern eine Darstellung von der Wiederspiegelung höchster inetaphysischer Begriffe in den Anschauungen der Schwarzen. Demnach teilt der Verfasser sein Werk ein : I. Gottesbewusstsein ;

II. Spiritistische Naturauffassung ; V. Unsterblichkeitsglaube. Die Abschnitte III und IV : Fetischismus und Hexenwahn , dienen zur ur Vervollständigung, zur spezifischen Illustrierung des afrikani schen religiösen Denkens. Das ganze Buch ist durchhaucht von

einer siegesbewussten Kampflust gegen den herrschenden Dar winismus und Materialismus, wie das sehr deutlich aus dem weg werfenden Tone zu erkennen ist , womit die wissenschaftlichen Vertreter jener Richtung behandelt werden. Hier im Auslanda ist nicht der Ort, theologisch -philosophische Fragen zu erörtern ; ich kann mich auch nicht entschliessen , auseinander zu setzen ,

nicht die Ueberzeugung , dass man es hier mit einer stark ver geistigten Religion zu thun hat , woraus sich ja auch zum Teil

die massenhafte Bekehrung zum Christentum erklärt ; es wird nicht der höchst auffallende Umstand hervorgehoben , dass die Waganda keine Art von Götzenbildern besitzen . Der Verfasser scheint das Buch Ashes » Two Kings of Uganda « nicht zu kennen , sonst müsst er die interessante Notiz (S. 316) betont haben, dass die Waganda an keine Unsterblichkeit der Seele der ge

wöhnlichen Menschen glauben. Bei eingehender, getrennter Be handlung der einzelnen Völkerstämme würden auch verschiedene Ungenauigkeiten vermieden worden sein , wie z . B. S. 85 , dass Uganda sich Unioro , Usagara und Ukedi tributpflichtig gemacht, oder wie S. 157 , wo zu den Bantustämmen des Kilimandscharo

die Wateita , Wagueno, Wakahe und Wakamba gezählt werden. Obwohl das vorliegende Buch sehr viel Lesenswertes und Gutdurchdachtes enthält , so kann man es doch nicht als ein

wissenschaftliches Quellenwerk empfehlen, auf das man sich mit vollkommener Sicherheit berufen dürfte.

weshalb nach meiner , freilich sehr persönlichen Meinung dem Autor es nicht gelungen ist, den objektiven Leser von der tiefen Religiosität aller Afrikaner zu überzeugen. Aber eines darf und muss hier besprochen werden , das ist die Benutzung und Verwertung von Reise und Missionsberichten und von ethno graphischen Werken . Dem Verfasser muss eine umfassende

Brix Förster .

München .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 9.

Stuttgart, 27. Februar 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

CEL

In- und Auslandes und die Postämter .

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Adrian von Riedl, der vornehmste altbayerische Hydrograph. Von Christian Gruber (München ). S. 129. 2. Veber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks. Vortrag, gehalten in der Botanischen Gesellschaft zu München. Von A. Rothpletz (München ). S. 132. 3. Die Trachten im Kaukasus. Von Bernhard Stern (Wien ). S. 135. 4. Die Agrarfrage in Japan . Teilweise nach Ota -Nitobe und anderen. Von Wilhelm Krebs (Altona). S. 138. – 5. Hat Europa den Kom

pass iiber Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Von A. Schück (Hamburg). (Fortsetzung.) S. 141 .

6. Geographische

Mitteilungen. (Solare Veränderungen und magnetische Störungen ; Bevölkerung von Madagaskar.) S. 143 . - 7. Litteratur. (S. Ruge.) S. 144. Adrian von Riedl ,

der vornehmste altbayerische Hydrograph.

deshalb sorgte er nicht nur für die Ableitung des übergrossen Wasserreichtums im Inneren des Moores,

den rückgestautes und durchsickerndes Flusswasser bei geringer Neigung der Thalsohle erzeugte , son

Von Christian Gruber (München ).

Für die Geschichte der Landeskultur in Alt dern suchte zugleich die vielfachen Quellergüsse an bayern besitzen die beiden jüngst verflossenen Jahre seiner Umrahmung unschädlich zu machen. Auch hervortretende Bedeutung. Ist doch nunmehr gerade die Anlage des notwendigen Strassen- und Weg

ein Säkulum vorübergegangen , seit mit der Aus

netzes wurde keineswegs aus dem Auge verloren,

trocknung und Besiedelung jener weitausgespannten überhaupt so gründlich zu Werk gegangen , dass Gebiete zwischen unterem Lech und Paar, welche parteiische Stimmen schon 1792 meinten, man hätte in der heimischen Geographie als Donaumoos be kannt sind , begonnen wurde. Drei der thatkräf tigsten , erfahrensten und einflussreichsten Vaterlands

freunde jener Zeit haben die Melioration dieses kran ken Landstriches so andauernd und nachdrücklich

das Moor nicht in so starkem Maasse austrocknen,

die Kanäle weniger kostspielig und dauerhaft anlegen sollen ?). Es ist durchaus nicht v. Riedls Schuld,

dass das grossartig gedachte Werk nicht in einem stetigen , frischen Zuge zur Ausführung gelangte,

gefördert, dass bereits zu Beginn des Jahres 1791

vielmehr, wie ich früher ausführlich nachweisen

der Grund zur ersten Kolonie (Karlskron ) gelegt konnte, den Charakter eines mehrmals aufgegriffenen,

werden, vier Jahre später aber die Entwässerung des agrikulturellen Experiments annahm .. Das Donau

gesamten staatlichen Anteiles am Moore im wesent

moos behielt den Ruf, ein Stiefkind der Natur zu

lichen als vollendet gelten konnte. Es waren Georg sein, nach wie vor. Seine Urbarmachung ging nur von Aretin , Adrian von Riedl und später Ste phan von Stengel. Unter ihnen stand v . Riedl durch

Sach

kenntnis und technische Schulung voran . Nachdem er in der Vollkraft der Jahre. - er ward 1748 zu München geboren die Leitung des bayerischen

Strassen- und Flussbauwesens übertragen erhalten hatte, bot sich ihm die unmittelbare Gelegenheit,

bruchstückweise und schwerfällig vorwärts, seine Kolonisierung aber litt trotz der Freigebigkeit des Staates schwer unter dem Umstande, dass man den Einwandernden die Bodenanteile zu kärglich zumaass und dadurch der Massenarmut die Thüre öffnete.

Wenn bei der Melioration des Donaumooses der

Erfolg den Vorarbeiten v . Riedls nicht entsprach , so war dies um so mehr bei seinen gleichfalls von

beim Entwurf der Pläne zur Kultivation des Donau- praktischen Gedanken getragenen Leistungen auf

mooses derart mitzuhelfen und einzugreifen, dass kartographischem und hydrographischem Gebiete der dieselben wesentlich als sein Werk anzusehen sind . Diese geistige That allein erfordert , dass v. Riedls

Fall . Sie stellen dessen Namen in die Reihe der bedeutendsten landeskundlichen Forscher überhaupt

Name jenem litterarischen Denkmal eingefügt werde,

und lassen ihn unmittelbar neben demjenigen eines Ph. A pian erglänzen . 1796 erschien auf v. Riedls

welches den Erforschern des altbayerischen Landes und Volkes noch zu errichten ist . Denn seine Pläne

eigene Kosten der Reiseatlas von Bajern , oder

sind mit praktischem Scharfsinn allenthalben auf die Natur des zu verbessernden Moorlandes gegründet. 1 ) Aretin , G.v., » AktenmässigeDonaumoorkulturgeschichte «, Er erkannte die Grundursachen der Moorbildung im Mannheim 1795 ; und > Vier wichtige Aktenstücke zur Kultur Donauthale einzeln und in ihrem Zusammenwirken ; I geschichte des Donaumoores«, 1796 . Ausland 1892 Nr . 9 .

17

Adrian von Riedl, der vornehmste altbayerische Hydrograph.

130

geographisch - geometrische Darstellung aller bajrischen Haupt- und Landstrassen mit den daranliegenden Ortschaften und Gegenden , nebst kurzen Be-

wert wurzelt aber in der Bedeutung , welche sie, wie auch der sogleich ausführlicher zu betrachtende >>Stromatlas« für die Geschichte der Terraindarstellung

schreibungen alles dessen , was auf und an einer

überhaupt beanspruchen kann. Beide Werke stehen

jeden der gezeichneten Strassen für den Reisenden merkwürdig seyn kann « . Text und Karten bilden zwei mächtige Folianten. Jener bietet freilich ungleich weniger eine Uebersicht über das Relief Alt-

auf der Grenzmarke, wo die Kartographie in Bayern, bisher wesentlich nur Kunst, endlich zur Wissen

schaft wird . Die Darstellung der plastischen Eigen tümlichkeit der einzelnen Gebiete war bis v. Riedl im

bayerns , als eine Reihe allgemein - geographischer allgemeinen eine perspektivisch-schematische. Man Betrachtungen im Sinne der landeskundlichen Real- begnügte sich damit, sie in der Art des Landschafts lexiken des vorigen Jahrhunderts und eine Summe geschichtlicher und statistischer Mitteilungen , welche heute grossenteils nur noch antiquarischen Wert be-

zeichners anzudeuten . Der ästhetische Genuss am Karten werke suchte den wissenschaftlichen Gewinn

Dazu mangelt dem weitschichtigen Werke

fierung zur Veranschaulichung der Bodenformen . Und

jede höhere methodische Einheitlichkeit. Die Stoff-

zwar durchaus konsequenter und auch glücklicher,

fülle ist nach rein äusserlichen Gesichtspunkten (dem Verlaufe der Landstrassen ) zerpflückt und auch nicht in der spekulativen Weise verarbeitet, wie dies später

wie es bei den Karten » Aegyptus hodierna « (nach 1716 ), » Duc. Wurtembergicus«e ( 1710) und » Provincia Brisgoia « ( 1718) des Homannschen Verlags geschieht, wo unter Anwendung der seitlichen Beleuchtung eine

sitzen .

Weiss ( » Südbayerns Oberfläche nach ihrer äusseren

Gestalt« ) und Walther ( » Topische Geographie von Bayern « ) thaten . A. v. Riedl wollte aber auch nichts anderes geben , vals einen Leitfaden , an dem man durch

meist zu überbieten . v. Riedl nun benützt die Schraf

priinitive Strichmanier zur Geltung kommen soll . In Wahrheit konnte Heinrich Lutz ') behaupten, dass wir schon auf v . Riedls Karten die Regel für die Rich .

Und in der

tung der Striche und das Gesetz : » Ebene Stellen er

That ist sein Reiseatlas ein » Führer « edelster Art,

scheinen weiss ; je höher die Böschung, desto dunkler

das ganze Land sicher reisen könne « .

wie er seither wohl nie mehr für ein ganzes Land

die Fläche « in den allgemeinsten Zügen befolgt geschrieben wurde. Man erstaunt, dass sich der sehen. Unser altbayerischer Topograph muss sohin Staub der Vergesslichkeit so rasch auf ein landes- als ein unmittelbarer Vorläufer Joh . Georg Leh kundliches Werk von einem solchen Umfange legenmanns, dessen Schrift über die „Darstellung einer konnte, dass so überaus selten aus einer Quelle ge- neuen Theorie zur Bezeichnung der schiefen Flächen « schöpft wird , welche immer noch kräftig genug bekanntlich 1799 erschienen ist, anerkannt werden . fliesst, um vielseitig zu befruchten . So wird uns Der ausschlaggebende Unterschied zwischen beiden be

dert , nach seiner Lage, seinem Ursprung und da-

ruht nur darin , dass v. Riedl die Schraffenskala nicht in der eingehenden Weise systematisch durchgeführt

maligen Aussehen bis herab zur Bewegung seiner

hat, wie Lehmann, und stellen weise auch die kreuz

München auf nicht weniger als 10 Blättern geschil-

Bevölkerung am Ende des vorigen Jahrhunderts, weise Strichelung verwendet. Mit welchem Geschick seinen Wasserleitungen, seiner Strassenpolizei , der sich v. Riedl übrigens der Schraffen bediente, beweist Kultur seiner Umgebung, seinem Boten- und Postwagenverkehr nach aussen . Welches andere Werk zur Geographie Bayerns widmet Landshut 14, Reichenhall 8 , Freising 4 Folioseiten ? Und nicht nur, dass historische Nachrichten aufgehäuft sind , die auch sonst mühelos nachgeschlagen werden können. Nie-

weniger sein »Geographischer Konspekt der baierisch und oberpfälzischen Chausseen « vom Jahre 1805

mand wird z . B. den Abschnitt über die Soolen-

mit der v . Riedl nicht selten unscheinbare Einzelheiten

oder der Plan der Schlacht bei Hohenlinden in seiner

rauhen , schematisierten Ausführung ( am Ende des 1. Textbandes), als die Darstellung kleinerer Land partien. Dort macht sich auch die Sorgfalt geltend,

leitung von Reichenhall nach Traunstein auch gegen- im Terrainbild hervorhebt. Ein Musterbeispiel hier wärtig noch ohne Nutzen lesen , ebenso die leider

für ist Blatt 30 des Reiseatlasses ( Chaussee München

nur allzuspärlichen Nachrichten über die Ansied-

Landshut-Deggendorf, Tab . C, Mündungsgebiet der

Isar) . Dass zahlreiche Karten und besonders die südlichen Dachauer Moos . Der Strassenatlas allein umfasst 66 Blätter '). | jenigen, welche die launisch gestaltete Moränenland

lungen im

Ihm fehlt allerdings die absolute geometrische Richtig-

schaft des Alpenvorlandes und den Anteil Nieder

keit der einzelnen Ortspositionen , welche die amtlich veröffentlichten Karten seit Durchführung der

Unklarheit nicht frei sind, sollte v . Riedl bei der grossen

bayerns am Böhmerwald berühren, von Willkür und

Vermessungsarbeiten für eine bayerische Grundsteuer- Ausdehnung der veranschaulichten Gebiete und dem karte auszeichnet. Doch entbehrt selbstredend die

Mangel entsprechender Vorarbeiten nicht allzuhoch

Arbeit keineswegs, wie Waltenberger übertreibend

angerechnet werden. Endlich sei noch auf den sauber

meint, jeder mathematischen Grundlage ?). IhrHaupt-

und gewandt ausgeführten Stich , sowie die ge

schmackvolle Kolorierung fast aller Blätter im Reise 1) Zweite , erweiterte Auflage, teilweise Neubearbeitung.

atlas hingewiesen.

Es zeigt sich darin ein will

München 1834 , Franz.

2) Zusammenstellung der bayerischen Karten . Jahresbericht der Münchener Geogr. Ges., 1882 83 .

1) Zur Geschichte der Kartographie in Bayern. Jahres bericht der Münchener Geogr. Ges. , 1886 .

Adrian von Riedl , der vornehmste altbayerische Hydrograph.

131

kommenes Erbstück der Kartographie des 17. und Geschwindigkeit zu keiner individuellen Unterschei 18. Jahrhunderts, und manche Zeichnung v. Riedlsdung der einzelnen Adern. Am gründlichsten wurde könnte nach dieser Richtung hin für gegenwärtige noch der Centralfluss Altbayerns, die Isar , berück Erzeugnisse gleicher Art vorbildlich sein .

sichtigt. Hier zeigt sich denn auch in den Bemer

Von sehr viel höherem wissenschaftlichen Werte als der Reiseatlas ist der » Stromatlas von Bayern « '),

kungen über die riffige Flussenge des Falls , die Hochwasserverhältnisse unterhalb Plattlings, die ältere

24 Blätter mit Textband in deutscher und französi-

Flossfahrt, sowie in den tabellarischen Zusammen

scher Sprache (München , Lentner, 1806 ). Schonstellungen über das Gefälle und ganz besonders in

Philipp Apian schloss bekanntlich seine Mappierung den zahlreichen Hinweisen auf die Anlage und Ver Altbayerns an den Lauf der Flüsse an. Er nahm besserung von Brücken- und Wehrbauten, welch dabei auf die Darstellung auch unscheinbarer Gewässer so eingehend Rücksicht, dass mit Hilfe seiner die Originalholzstöcke hierzu entriss übriKarte

offenes Auge v . Riedl für jede praktisch wichtige Erscheinung hatte. Wer ein Bild von der Sorgfalt gewinnen will ,

gens gleichfalls Adrian v . Riedl der Vergessenheit --

mit welcher unser Forscher am

mancherlei Vergleiche über die Wandlungen möglich

arbeitete , der betrachte etwa die Darstellung des

Stromatlas selbst

sind , welche die Wasserbedeckung des Alpenvor- Soiernkessels auf dem ersten Blatt des Stromatlasses landes überhaupt und die Profile der unruhigen oder die Zerfaserung , welche das Einmünden der nordalpinen Flussadern insbesondere seither trafen . Die 250 Jahre zwischen Apian und v. Riedl

träge dahinschleichenden Loisach auf die eilig vor wärts drängende Isar ausübt, die Fülle der zur Dar

brachten nur hydrologische Spezialarbeiten ,deren beste einzelne Abschnitte des Donaulaufes zum Vorwurfe

stellung gebrachten Grundwasserbäche im Erdinger Moos, die charakteristische Betonung des hydro

haben. Erst v. Riedl verfolgt in seinem durchaus selb - graphischen Elementes im Loisachgebiete, die ver ständigen Stromatlas die altbayerischen Hauptflüsse

ständige Andeutungder Moränenlandschaft bei Pöcking

im einzelnen und lückenlos von den Quellen herab bis zur Mündung. Nach seinen eigenen , in der

und Aufkirchen am Würmsee im Gegensatze zum

Vorrede zum Textbande niedergelegten bescheidenen Worten will er nur jene Aufschlüsse mitteilen, die

Ache auf dem Blatte Chiemsee u . a. m .

»Reiseatlas« ), die Vorführung des Deltas der Tiroler Auch die

Donau samt ihren Zweiggewässern ist derart all

er während 40 Jahren im Dienste des Wasserbaues seitig wiedergegeben, dass eine monographische zu sammeln und mit eigenen Beobachtungen zu mehren Gelegenheit hatte. »» Alle Strom- und Fluss karten « , fährt er fort , » sind von mir oder unter meiner Leitung in einer Reihe von mehreren Jahren

Studie über diesen Strom , soweit er Bayern zuge

geodätisch aufgenommen worden ..... Die hydrotech-

so viel Licht auch mancher tiefe Schatten ist .

nische Karte (4 Blätter) aber ist nicht nach Will-

kommt dadurch , dass v. Riedl den kontinuierlichen

kür aus schon vorhandenen Karten genommen , son-

Kammverlauf zu Gunsten der einzelnen Gipfel

dern nach astronomischen und trigonometrischen

häupter in seiner Darstellung des Karwendelgebirges

hört, ohne Verwertung von v . Riedls Karten jeden falls lückenhaft ausfallen müsste.

Es wäre indes unehrlich , zu verhehlen , dass bei So

Bestimmungen, dann echten geodätischen Vermes- | zurückdrängt, die Eigenart dieser Berglandschaft nicht sungen von mir ganz neu entworfen « . Diese Selbstbeschränkung v. Riedls auf eigene Autopsie und eigene Aufnahmen, sowie der Umstand, dass derselbe

Direktorialmitglied und sodann bis zu seinem 1809 erfolgten Tode Leiter des neu errichteten topographischen Bureaus in Bayern war, haben vor allem dazu beigetragen , dass sein Stromatlas samt Erläuterungen thatsächlich zu einer Folge zuverlässiger Mono-

graphien über die Donau, das Isarsystem , den Lech, Inn und die wichtigeren bayerischen Seen heranwuchs, wie sie vorher kaum in den Umrissen bestand. Zu

beklagen ist dabei nur , dass der Forscher die peripherischen Flüsse seiner Heimat, sowie die stehen-

zur Anschauung. Ebenso erscheint die Umrahmung des Tegern- und Schliersees durchaus nicht klar und plastisch genug. Am wenigsten aber tritt v. Riedls Kunst der kartographischen Darstellung unter an

derem auch in der schematisierten Andeutung der Bergflanken des Kramers und seiner Umgebung bei Garmisch hervor.

Derartige, heute doppelt stark auffallende Mängel in der Terraindarstellung vergessen sich aber rasch, wenn man bedenkt, was Adrian von Riedl auch für die Erweiterung unserer Kunde von den südbayeri schen Seen geleistet hat. Nicht nur, dass er die Umrisslinien der wichtigsten unter ihnen geometrisch

den Wasserflächen nur kartographisch behandelte. annähernd richtig festlegte; er suchte auch deren v . Riedl fasst die hydrographischen Probleme beAllerdings geht er bei der Einzelbetrachtung der

Tiefenverhältnisse, allerdings hauptsächlich nur an den Randpartien, zu ergründen . Zu diesem Zwecke machte er im Würmsee 14 Lotungen (einseitig von

Flussläufe nur rein beschreibend vor und gelangt bei der Knappheit seiner Erörterungen und dem

ebenso viele im Walchensee, 5 im Kochelsee und

reits im Sinne unserer Zeit theoretisch -praktisch auf.

Mangel jeglicher Messungen über Wasserabfuhr und 1) In zweiter , ergänzter Auflage 1831 erschienen . chen, Geographisches Depot.

Mün

Osten her bis gegen die Mitte der Wasserfläche ), 16 im Chiemsee. Wenn nun auch die geringe Anzahl jener allzu fragmentarisch ausgeführten Lo tungen bei weitem nicht hinreicht, um die Becken

132

Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone -Parks .

formen der untersuchten Seen im ganzen wie im einzelnen zu fixieren , so erfüllt es doch mit Ach-

verkieseln. Das heisse überfliessende Wasser dieser Quellen tötet zuerst den Baum und steigt dann

tung vor unseres Forschers Streben und Erfolgen, durch die Holzzellen in dem der Blätter und Rinde wenn wir die von ihm gefundenen Tiefen mit jenen Alois Geistbecks vergleichen und dabei -- mit Aus-

beraubten Stamme kapillarisch auf und erfüllt an der Aussenseite des Baumes, wo seine Verdunstung

nahme des Chiemsees, den v. Riedl doppelt so tief am stärksten ist , die Zellen mit amorpher Kiesel Uebereinstimmung beider erkennen . So fand v. Riedl

Diese Verkieselung schreitet von aussen nach innen vorwärts, bis der Stamm ganz verkieselt

als Maximaltiefe im Würmsee 116 , Ammersee 86,

ist .

annahm , als er wirklich ist - eine überraschende

Walchensee 194, Kochelsee 73,5 ; Geistbeck an den gleichen Orten 114 , 78 , 196 , 66 m . Auf Grund dieser Ergebnisse lässt sich jedenfalls die erst jüngst noch von Em . Bayberger ausgesprochene Behauptung anzweifeln, dass man » in Bezug auf die Tiefe

säure .

Fällt der tote Stamm vorher schon um , so

hört der Verkieselungsprozess auf , und der noch nicht versteinerte Teil verwest.

Wo immer verkieselte Baumstämme vorkommen ,

müssen deshalb auch Geiser gewesen sein , denen sie ihre Verkieselung verdanken , die Fälle natürlich

der bayerischen Seen (den Chiemsee ausgeschlossen) ausgenommen , wo sich solches Holz nur in ein bis zum Erscheinen der Geistbeckschen Arbeit meist

zelnen Bruchstücken auf sekundärer Lagerstätte be

auf Schätzungen und übertriebene Angaben der See umwohner angewiesen war « . Auch nach dieser,

findet.

Obwohl in dieser Erklärung Kuntzes meh

allerdings ungehörig lange vernachlässigten Rich- reres enthalten ist , was unbedingt zurückgewiesen tung hat A. v. Riedls vielseitige Thätigkeit auf- werden muss , wie z . B. das kapillare Aufsteigen klärend gewirkt. Mochte die wissenschaftliche Be- des Wassers in dem toten Holze oder die gewalt antwortung der vornehmsten hydrologischen Fragen auch erst den jüngsten Jahrzehnten vorbehalten ge-

same Einzwängung aller Verkieselungen von Hölzern in das Schema einer auf einen einzigen Fall ge

wesen sein, er hat ihrer Lösung vorgearbeitet, wie gründeten Auffassung, so war doch wenigstens die kein anderer. Und nur derjenige wird ihm volle Würdigung zu teil werden lassen, der erwägen will , in welche politisch bewegte Zeit seine Thätigkeit

Richtigkeit eben dieses einzigen Falles wirklich vor sich gehender Verkieselung so lange nicht anzu zweifeln ,als keine widersprechenden Angaben darüber

fiel, und mit welch einfachen Mitteln der Messkunst

vorlagen .

Der Redner hat anlässlich seines diesjährigen Be suches des Yellowstone -Parkes sein Augenmerk beson Eigenschaft eines jeden litterarischen Werkes ansehe, ders auf diesen Gegenstand gelenkt, um die Thatsache habe ich mir zum Hauptaugenmerk und zur einzigen der Verkieselung auf ihre Richtigkeit zu prüfen ,

er den Satz zu erfüllen sich bestrebte : » Wahrheit, die ich über alles hochschätze und als die erste

Richtschnur gemacht« .

wobei ihm neben den eigenen Beobachtungen wäh

Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellow

rend 8 Tagen die vortreffliche Führung der besten Kenner dieser Gegend, der Herren Arnold Hague , J. Iddings und W. Weed , von ganz besonderer

stone - Parks ). Von A. Rothpletz (München ). Vortrag , gehalten in der Botanischen Gesellschaft zu München .

Redner hob zunächst die Wichtigkeit hervor, welche die verkieselten Hölzer und Pflanzen

über

haupt für den Geologen und Botaniker haben, und setzte dann die Bedeutung auseinander, welche den Geisern

Hilfe war .

Redner gibt hier eine kurze Schilderung der geologischen Verhältnisse des Yellowstone - Parkes und seiner Geiser , aus der hier nur folgendes als besonders wichtig hervorgehoben werden soll : Die Geiser liegen auf einem Gebiete besonders starker

vulkanischer Thätigkeit, welche sich durch die ganze

stehung der verkieselten Hölzer in neuerer Zeit durch

Tertiärzeit hindurch nachweisen lässt , jetzt aber nahezu erloschen zu sein scheint, d . h . in den Solfa tarenzustand getreten ist. In der ältesten Periode

O. Kuntze “) beigelegt wurde, und die auch in den

dieser Thätigkeit erfolgten hauptsächlich Andesit

des Yellowstone-Parks in Nordamerika für die Ent

Kreisen der Botaniker und Geologen hie und da ausbrüche, denen dann jene mächtigen Rhyolith

gläubige Aufnahme gefunden hat. Diese Bedeutung Ergüsse folgten ,, welche fast überall im Park den soll darin bestehen , dass nach O. Kuntze Baum stämme niemals anders als neben

heissen Geiser

Untergrund des Bodens bis in beträchtliche Tiefen bilden . Zuletzt folgte die Periode der vorherrschenden

quellen und in ihrer ursprünglich aufrechten Stellung Basalteruptionen. Diese so aufgehäuften vulkanischen Tuffe und Laven haben teils die aus aufgerichteten 1! ) Der Redaktion gereicht es zur Befriedigung , nachdem eine gewisse Theorie zuerst im Auslandu entwickelt war, in ebendieser Zeitschrift auch die auf neueren Studien beruhende Wider

legung jener Lehre bringen zu können .

2) O. Kuntze , Veber Geiser und nebenan entstehende verkieselte Bäume. Ausland 1880 , S. 669 und 684 , und in Phytogeogenesis, Leipzig 1884 , S. 195.

paläozoischen und mesozoischen Schichtgesteinen aufgebauten älteren Gebirgsketten überschüttel , teils und insbesondere die Niederungen zwischen den selben ausgefüllt und erhöht, so dass sie jetzt ein plateauähnliches Land mit einer durchschnittlichen

Meereshöhe von 2400 Metern bilden , dem noch

Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks.

Ausscheidungen von Kieselsinter im Rhyolith

einzelne Vulkanberge aufgesetzt sind , deren Höhe teilweise 3000 Meter überschreitet.

Das Wasser wird den heissen Quellen von oben

zugeführt und stammt von den atmosphärischen Niederschlägen, an denen dieses Gebiet nicht arm ist. Von unten , d . hh. aus den Tiefen des vulkanischen Herdes, stammen die aufsteigenden heissen Gase, welche die niedersteigenden Quellwasser erhitzen

133

selbst, etwa als Umkleidung der aufsteigenden heissen Quellen , sind in den tiefen natürlichen Einschnitten bisher nie beobachtet worden .

So beschaffen also ist das Feld , wo die Ver

kieselung der noch aufrecht stehenden Bäume vor sich gehen soll. Und wirklich umstehen gewöhn lich

die Geiser eine Reihe kahler Kiefernbäume

und sich mit ihnen vermischen. Zusammen lösen (Pinus Murrayana Balfour), welche der Blätter sie das Gestein auf, welches sie jetzt in auf-

wärts gerichteter Bewegung durchdringen, und von

und Rinde entbehren , mit ihren toten Aesten nackt in die Luftragen , und von denen die

dem sie Bestandteile in Lösung mit an die Erd- dem Geiser zunächststehenden von einem weissen oberfläche heraufbringen.

Wo dieses Gestein vor-

wiegend Kalkstein ist , führen die Quellen besonders viel kohlensauren Kalk in Lösung, den sie

als Travertin oben absetzen ( Mammoth hot springs),

Kieselsinterüberzuge

bedeckt

sind.

Auch

noch

lebende Bäume zeigen ähnliche Ueberzüge , wenn ihnen ein Geiser zu nahe getreten ist , und es sind

dann auch die grünen Nadeln und die Zapfen

es aber feldspatreiche Eruptivgesteine sind ,

von

Sinterkrusten verhüllt ,

enthalten die heissen Quellen keinen oder doch nur

dem

Geiser zugewandten Seite , welche von dem

WO

besonders

auf der

wenig Kalk, hingegen sehr viel Kieselsäure, und um- fein zerstäubten Wasser zumeist bespritzt wird . geben sich an ihrem Ausfluss mit Krusten von Kieselsinter ,, dem sog. Geiserit . Die Kieselsäure entstammt den Eruptivgesteinen , insbesondere den mächtigen Rhyolithen , deren Feldspathe überall,

wo heisse Wasser oder Dämpfe durch dies Gestein gehen, in Kaolin umgewandelt sind , wobei zugleich das Gestein zersetzt , gelb und rot gefärbt und weich geworden ist , wie man dies sowohl in dem 1000 ' tiefen Einschnitt des Gran Canon des Yellow-

stone River als auch am Monarch im Norris-Bassin , der infolge einer heftigen Gas-Eruption grosse Massen des anstehenden Rhyolithes in die Luft gesprengt hat,

ausgezeichnet sehen kann. Unter besonders günstigen

Nimmt diese Bestäubung zu , so leidet der Baum darunter und stirbt mit der Zeit wohl ab .

Wenig

stens konnte ich zwischen den ganz grünen und den abgestorbenen Bäumen auch solche bemerken, die den Uebergang vom Leben in den Tod deut

lich zur Schau trugen.

Bei

den

lebenden

noch

Bäumen ist die Inkrustation eine rein äusserliche,

bei den toten , rindenlosen geht die Weissfärbung oft 1 bis 2 mm in den allerdings stets schon ober flächlich aufgelockerten und zerfransten Stamm hin ein .

Schneidet man mit einem

Messer tiefer ins

Holz oder bricht man einen Ast ab , so trifft man

Umständen wird die Gesteinsmasse sogar zu einer

sofort auf braune unveränderte Holzfaser. Nie ist es mir gelungen, durchaus versinterte Stämme auf

vollständig weichen, schlammigen Kaolinmasse um-

zufinden , und wenn auch die äussere versinterte

gewandelt, in welcher die Gase blasenartig auf- Zone unter besonders günstigen Verhältnissen viel steigen und auf deren Oberfläche sie unter Empor- leicht eine grössere Breite als 1--2 mm erlangt, schleudern der weichen Masse explodieren (Schlamm- so ist dies doch jedenfalls eine Seltenheit. Vor allem vulkane und Paint Pots ).

aber muss festgestellt werden , dass diese Versinte

Die Kieselsäure, mit welcher diese heissen Quel- rung nur im Bereiche des Geiserregens vorkommt, len beladen sind, scheidet sich als amorpher Kiesel- soweit also als die durch die Gasexplosionen zer sinter erst an der Oberfläche aus , nachdem sich spritzten und vom Wind verwehten Wassermassen das Wasser abgekühlt hat oder verdunstet ist . Diese die Luft erfüllen und als Regen zu Boden fallen . Ausscheidung wird nach den wichtigen und erfolg- | Das rasch abgekühlte Wasser des Geiserstrahles reichen Untersuchungen der amerikanischen Geo- benetzt so die nächste Umgebung und scheidet logen besonders durch zwei Umstände sehr be- überall die Kieselsäure als eine Sinterkruste ab, günstigt und gefördert: erstens durch die Winter- welche den Boden , das Gras und die Bäume in kälte und den Schnee , welche einen schneeartig gleicher Weise überzieht. An den lebenden Bäumen

lockeren Niederschlag der Kieselsäure bewirken, und

kann das Wasser nicht in das Gewebe eindringen,

zweitens durch die Algen , welche fast überall in

daher ist dort die Kruste ganz äusserlich, das Holz

der toten Stämme aber wird angenässt, und soweit in Temperaturen bis zu 85 ° C. (wobei 929 Siede- diese Annässung in den Stamm eindringt, soweit punkt ist) wachsen. Sie werden am Rand der dringt auch der Absatz von Sinter in dasselbe ein . Becken und Bächlein von Kieselsinter vollständig Tiefer im Inneren ist das Holz ganz trocken , wie inkrustiert, und weitaus der grösste Teil der unge- man sich leicht überzeugen kann, und es ist deshalb heuren Kieselsintermassen , welche im Yellowstone- die Zuhilfenahme kapillarisch aufsteigender Wasser, Park vorkommen , zeigt die charakteristische poröse wie es Kuntze will, ausgeschlossen . Struktur dieser Inkrustationen , geradeso wie dies Will man die versinterte Zone mikroskopisch ja auch von dem Kalksinter mancher heissen Kalk- untersuchen , so fällt schon beim Schneiden der quellen Europas schon lange bekannt ist . Präparate mit dem Messer die geringe Härte der den heissen Geiserbecken und in deren Abflüssen 0

Ausland 1892, Nr . 9 .

18

134

Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks.

selben auf .

Die Zellhäute des Holzes sind voll-

kommen erhalten und polarisieren das Licht noch ebenso lebhaft wie die des lebenden Holzes. Etwas Kieselsinter hat sich in das zerfranste Gewebe und

willen sehr unwahrscheinlich, weil damals dem Parkge biete noch die gewaltigen Eruptivmassen fehlten , aus deren Zersetzung die Geiser ihre Kieselsäure beziehen . Es ist dem Vortragenden im eigentlichen Geiser

sehr wenig auch in die Zell-Lumina eingelegt. Ingebiet nur einmal wirklich verkieseltes Holz zu Gesicht

der Hauptsache sind letztere noch ganz von Luft gekommen, es war dies aber kein aufrecht stehender, erfüllt.

Wenn Kuntze sagt (S. 687 ) : » Was nun

die Ausscheidung der Kieselsäure in den Zellen be-

sondern ein horizontal in dem Sinterkegel des Fountain -Geisers begrabener Stamm , welcher zu

trifft, so findet nach Imprägnation der Zellwände

fällig bei Anlage eines Weges blossgelegt und von

eine konzentrisch schalige Ausfüllung innerhalb der

Prof. Andreae zuerst beobachtet wurde. Man kann

Zelle jedenfalls um einen Zellkern statt « , so haben

nicht daran zweifeln , dass solche verkieselte Stämme

wir es da offenbar nicht mit einer wirklichen mikro-

häufig in den Sinterkrusten und -kegeln vorkommen,

skopischen Beobachtung, sondern nur mit einer recht

Diese äussere Versinterungszone der aufrecht

aber das fast gänzliche Fehlen künstlicher Auf schlüsse entzieht sie der Beobachtung. . Dieser Stamm zeigt die Holzstruktur noch sehr deutlich, aber er

stehenden toten Bäume kann , wenn man will , als

ist zu hart, als dass man mit dem Messer Schnitte

eine Art von Versteinerung aufgefasst werden , aber

für das Mikroskop machen könnte. Leichter schabt

unglücklichen Spekulation des Verfassers zu thun.

jedenfalls als eine sehr unvollkommene, die von man mit dem Messer und erhält dann dünne, spröde der so häufig beobachteten Verkieselung recht ver- Fasern , die sich unter dem Mikroskop als einzelne, schieden ist , wo die Zell -Lumina vollständig mit krystallinischer oder amorpher Kieselsäure (nicht

voneinander losgelöste Tracheïden erkennen lassen .

» amorphem Quarz« , wie Kuntze versichert, was ein Unding ist !) erfüllt sind, und wo die Zellhäute entweder noch vorhanden oder aufgelöst und durch

mehr so lebhaft, als diejenige des lebenden Holzes.

Luft oder mineralische Substanzen ersetzt worden sind. Dächte man sich in unserem Falle die Zell-

grösstenteils aber sind sie mit amorpher Kieselsäure

membranen alle aufgelöst, so würde der wenige

auch die Kanäle und Höfe der Tüpfel ausfüllt. Hier

Kieselsinter nicht im stande sein , die Zellstruktur des

haben wir es also mit einem echten verkieselten Holze zu thun in einer Vollkommenheit des Ver

Holzes noch erkennen zu lassen .

Auch bei ihnen ist die Zellmembran als solche vollstän

dig erhalten , nur polarisiert dieselbe das Licht nicht Die Zell-Lumina enthalten zwar noch teilweise Luft, erfüllt , die nicht nur die Zell-Lumina selbst, sondern

Diese Beobachtungen stehen übrigens zu den-

steinerungsprozesses, wie ich ihn niemals auch nur

jenigen Kuntzes keineswegs im Gegensatz, denn auch er sagt (S. 670) merkwürdigerweise: » Ich

entfernt ähnlich in den aufrecht stehenden Stämmen

selbst habe in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes

oder in den Holzteilen beobachten konnte, welche so häufig in den heissen Wassertümpeln der Geiser

in der Geiserregion keinen versteinerten Wald, der

schwimmen .

Das wahrscheinlich während vieler

aus ganz erhärtetem Gestein bestand, gesehen «. Hier Jahre ununterbrochen durch den Sinterkonus des

stehen wir also vor der merkwürdigen Thatsache, Fountain -Geisers hindurchsickernde, kieselsäurereiche dass der Erfinder der neuen Verkieselungstheorie selbst nicht eine einzige Beobachtung gemacht hat, welche seine Theorie stützen könnte. Sein ganzes

Wasser hat hier offenbar den unter dem

Schutze

einer dicken Sinterkruste liegenden Baumstamm ebenfalls ganz durchfeuchtet und allmählich seine Zellen fast ganz mit Kieselabsätzen erfüllt. Wären

Gebäude, auf dessen Aufrichtung er sich so viel zu gute gethan hat, ruht somit gänzlich auf der Kraft seines Einbildungsvermögens.

gen Bedingungen gegeben, so könnten sie gewiss

Allerdings hat Kuntze auch Beobachtungen

auch verkieseln , aber die Wassermassen sind hier

für die aufrechtstehenden Stämme dieselben günsti

anderer zur Stütze seiner Auffassung herangezogen ,

für eine ausgiebige Durchfeuchtung zu gering, und

aber es kann davon doch nur eine ernstlich in Be-

die Zeit war viel zu kurz. Andererseits können diese

tracht kommen . Holmes schildert aus dem Yellow-

Bedingungen ganz leicht in Gebieten eintreten, wo keine Geiser vorhanden sind. Es genügt, dass Baumstämme in Schichten eingebettet werden , in welchen lange Zeit hindurch Wasser zirkulieren,

stone-Park aufrecht stehende und wirklich ganz verkieselte Baumstämme, welche in tertiären vulkani-

schen Tuffschichten begraben und durch spätere Erosion derselben an den Thalgehängen wieder zum Teile blossgelegt worden sind . Die ausgedehnten Fundorte liegen im NO. des Parkes, einer von Touristen fast nie besuchten Gegend. Stücke solcher

der Zersetzung vorhandener Feldspate oder anderer Silikate gewonnen haben. Auf solche Weise mögen die versteinerten Wälder Unter-Aegyptens entstanden

Stämme hat dem Redner A. Hague in Washington ge-

sein , wo das ehemalige Vorhandensein von Gei

zeigt, sie sind zum Teilein schönen Achat umgewandelt, der aber die Zellenstruktur noch vortrefflich zeigt. Die Ablagerung gehört dem älteren Tertiär an , und eine Mitwirkung von Geisern bei der Verkieselung ist nichts weniger als nachgewiesen und schon um des-

sern schon deshalb unmöglich erscheint, weil der kalkreiche Untergrund der Eocän- und Kreidefor mation dort bei aufsteigenden heissen Gasen wohl zu reichen Kallquellen , aber nicht zu echten Gei . sern hätte Veranlassung geben können .

die einen wenn auch kleinen Kieselsäuregehalt aus

Die Trachten im Kaukasus.

Die Trachten im

Kaukasus.

Von Bernhard Stern (Wien ).

Die Reiche im

135

Der letztere, Archalyk oder Kaftan genannt, hat Aermel und reicht etwa bis zur Hälfte des Unter schenkels. Er schliesst vorn bis zum Halse und

Kaukasus haben wunderbarere

zwar mit einer Reihe Haken und Oesen , besitzt

Schicksale erlebt, als jede andere Gegend der Erde. Hier finden sich Reminiscenzen aus jeder Periode

einen niedrigen Stehkragen und an beiden Seiten von oben nach unten geschnittene Taschen . Der

der Weltgeschichte. Neben den Wohnungen der Stoff des Archalyks ist entweder Kattun oder ein Troglodyten , neben Höhlenstädten und in die Fel- gestreiftes oder geblümtes Baumwollzeug, bei Rei sen gehauenen Ortschaften sieht man grandiose

cheren zuweilen von einfarbiger, roter, blauer oder

Trümmerstätten von Prachtbauten , Kanälen und

weisser Seide.

Aquädukten, welche in den Zeiten der Weltmonar-

und am Halse ist der Archalyk mit goldenen Tres sen, häufig auch mit Stickereien geziert . Wattiert

chien Assyrien, Babylonien und Alt-Persien errichtet

An den Händen , an den Aermeln

wurden . Neben Hütten aus Erde und Lehm , neben

wird er mit Baumwolle, und diese näht man in

strohbedeckten Kosakenstanitzen , neben den Filz-

einer bestimmten Ordnung an den Stoff so fest,

zelten der Nomaden und den Schneehäusern der

dass ein einmal in den Stoff eingerissenes Loch

Bergbewohner ragen althellenische und römische nicht weiter greifen kann. Aus dieser Ursache ist Burgen , genuesische Kirchen und Kapellen , moham-

zu erklären , dass die Tscherkessen ihren unteren

medanische Moscheen und Medressehs, Bauten und

Rock so lange tragen können , bis der Stoff voll ständig in Fetzen zerfallen ist. Ueber dem Archalyk trägt man den Oberrock,

Festungen der neuesten Zeit. Im Kaukasus sind die ältesten Städte , die älte-

sten christlichen Gotteshäuser. Im Kaukasus gibt die Tscherkesska. Sie ist in allen Teilen länger es aber auch Städte, die erst ein Jahrhundert alt sind.

und weiter als der Archalyk , die Aermel sind so

Man wandert hier immerfort zwischen uralter Ver-

gar so lang, dass man sie zurückschlagen und oft

gangenheit und jüngster Gegenwart. Zahlreich wie

am Rücken zusammenbinden muss . Vorn wird die

die Monumente und Ruinen sind auch die Völker- | Tscherkesska durch eine Reihe mikroskopischer, schaften dieses Gebirgslandes . Gleichsam als hätte aus Zwirn gedrehter Knöpfchen vermittelst Oesen jedes der hier durchgezogenen Völker auch lebende bis zur Mitte der Brust geschlossen , eine nicht Spuren zurück lassen wollen . Noch heute werden, wenig anstrengende und zeitverschwendende Arbeit. von Dia Am Halse geht sie auseinander und lässt den nach Heinrich Brugsch , im Kaukasus lekten abgesehen mehr als siebzig Ursprachen Archalyk sehen . Ein Kragen fehlt. Der Stofi geredet. Manche dieser Ursprachen hat sich nur der Tscherkesska ist Tuch oder Wollenzeug von in wenigen Dörfern , manche nur in wenigen Fa- violetter , blauer oder gelbgrauer Farbe . Silberne Tressen schmücken die Enden und zuweilen auch milien lebendig erhalten . Dem Allem entspricht die Mannigfaltigkeit der den Rücken dieses Rockes, der dadurch ausgezeichnet Trachten der Kaukasier. Jedoch lassen sich zwei ist , dass auf beiden Seiten der Brust Reihen von Grundtypen unterscheiden : ein tscherkessischer und Hülsen für je sechs bis zehn Patronen angenäht ein persischer. Viele Völker haben den einen Ty- | sind. Vornehme legen die Patronen erst in Elfen pus , viele den anderen ganz rein angenommen , beinbüchsen oder in solche von Horn , welche mit silbernem Deckel verschlossen sind , und dann erst manche wieder beide Arten in reichen Variationen in die Hülsen . Taschen besitzt die Tscherkesska versuche nachfolgenden Im untereinandergemischt. ich eine kurze Schilderung der hervorragendsten keine , sondern nur Schlitze , durch die man in die

kaukasischen Trachten. Ausser zahlreichen persön- | Taschen des Archalyks greift. Archalyk und Tscher lichen Beobachtungen und Studien stütze ich mich dabei hauptsächlich auf die Werke von Karl Koch , Neumann, Moriz Wagner , Haxthausen, Baron Thielemann , Bodenstedt und Roderich v . Erckert .

Eine schönere kriegerische Tracht als die sogenannte tscherkessische kann nirgends gefunden werden . Dazu kommen die regelmässigen und aus drucksvollen Gesichtszüge der Träger, ihre kräftigen und gedrungenen , man möchte sagen athletischen

kesska werden an der Taille durch einen schwarz

ledernen , mit Silber verzierten Gürtel zusammen gehalten. Die Beinkleider — nach Karl Koch

tscher

kessisch Hoschek oder Gonschek genannt – sind eng anliegend und am häufigsten von dunkelblauem Stoff. Silberne Tressen verdecken an den Seiten die Nähte und zieren Zuweilen die Enden.

Nur

reiche Leute nehmen Tuch allein zu den Hosen , da dasselbe in Kaukasien ziemlich kostspielig ist .

Körper, ihre Gelenkigkeit und kühne Haltung, Gewöhnlich macht man die Beinkleider dadurch eines Wüstenarabers würdig , mit dem sie auch sonst

billiger, dass man den oberen Teil derselben so

den Adlerblick und das ungezwungene Benehmen ,

weit ihn die Röcke decken , aus einfacherem Stoff,

nur leider nicht mehr den Stolz der Freiheit ge-

aus Baumwolle, verfertigt . Beim Reiten zieht man

mein haben . Die Bestandteile der männlichen Tscherkessen-

zierte Gamaschen über die Waden und die Kniee .

kleidung sind zunächst Oberrock und Unterrock.

zum Schutz der Hosen lederne, mit Tressen ver Die Schuhe sind einfache, dem

Fusse genau

Die Trachten im Kaukasus,

136

angepasste lederne Halbschuhe ohne Sohlen und

Ueberschuhe. Die letzteren unterscheiden sich nicht

Absätze.

von unseren Regenstiefeln . Dagegen ist der Man tel ein ganz originelles Ding , eine Art Rotonde,

Die Naht ist unten in der Mitte .

Auf

dem Oberteile befindet sich ein nicht gar grosser

Ausschnitt zum hineinschlüpfen . Die Spitze ist stark nach aufwärts gebogen . Die Farbe des Leders ist rot bei Fürsten, gelb bei Adeligen und schwarz beim gemeinen Volk . Der Ausschnitt wird mehr oder weniger mit Borten verziert .

welche im allgemeinen Burka heisst. Sie wird aus

Haaren halbkreisförmig zusammengefilzt , ist ziem lich steif und unbeholfen , aber desto nützlicher

gegen Wind und Regen. Selbst bei der Fahrt über

die Schneegefilde des Kasbeck empfand ich unter Die Kopfbedeckung, Kalpak oder Papach ge- dem Schutz der Burka nicht die geringste Spur des nannt, besteht gewöhnlich in einer runden , den eisigen Frostes, welcher über uns dahinstrich . Die

Ober- und Hinterkopf schützenden, wattierten Mütze

nach aussen gekehrte zottige Haarseite hält ebenso Man trägt

mit einem Deckel von karmoisinrotem oder weissem

vorzüglich Frost wie Regen zurück.

Zeug und einem

Saum von schwarzem , seltener

die Burka an einem Riemen lose um den Hals ge

von weissem , astrachanschem Lammfell, welches man dort Bocharafell nennt. Die Kopfbedeckung ist das unter allen kaukasischen Kleidungsstücken ver-

hängt , und da sie immer nur eine Seite des Kör

pers schützt, dreht man sie nach der Richtung, woher Frost und Regen kommen . Wärmt die

schiedenartigst gestaltete , und man muss dem Rei- Burka den Körper , so trägt man zum besonderen senden Thielemann Recht geben , welcher einmal

Schutz des Kopfes das Baschlyk , eine in zwei lange

gesagt hat , es sei ein durch den ganzen Orient

Enden auslaufende Haube von zuckerhutförmiger

durchgehender Zug , dass ein Volk , wenn es auch noch so leicht die Tracht eines anderen annimmt,

Gestalt . Die Enden wickelt man um den nackten Hals und verhindert dadurch das Hineinfliessen des

doch mit einer besonderen Vorliebe und Festigkeit seiner angestammten Kopfbedeckung treu bleibt.

Regens oder Schnees in den Hals. Der Stoff des kaukasischen Baschlyks ist meist ein gelbgraues zot

Sowohl auf den ägyptischen Reliefs ist es ja , wie

tiges , von den Frauen verfertigtes Gewebe aus

auf den altpersischen Felsenbildern und am Tempel | Kamel- oder Ziegenhaaren , mit farbigen Borten und zu Persepolis, stets die Kopfbedeckung, welche die

Troddeln verziert . Man zieht das Baschlyk über

einzelnen Stämme charakterisiert . Aus diesem Grunde kann man die zahlreichen Variationen der kauka-

die Kopfmütze und spürt dann keinen Lufthauch mehr durch . Seiner Vortrefflichkeit wegen ist dies

sischen Kopfbedeckung erklären . Die gewöhnlichste Kleidungsstück in der russischen Armee eingeführt Form ist der geschilderte Kalpak oder Papach . Doch gibt es noch viele andere interessante Formen .

und wird auch sonst im Winter in ganz Russland von Alt und Jung viel getragen . In Mingrelien ,

So tragen die Bergvölker eine dem gewöhnlichen Papach ähnliche Mütze mit einem Tuchdeckel da-

Imeretien , Gurien und Abchasien steht das Baschlyk

rin .

Die Höhe dieser Kopfbedeckung ist merkwürdig . Nie geht sie unter 20 cm herunter, doch

in Benützung, sondern immerfort, doch wird es nicht einfach aufgesetzt, vielmehr statt jeder anderen

übersteigt sie oft 40 und hat manchmal so langes

Kopfbedeckung turbanartig gewunden .

und dichtes Fellhaar , dass die Breite der Höhe nicht nachsteht. Eine spitz zulaufende , oben etwas ein-

nicht bloss bei schlechtem

Wetter oder im

Winter

Spricht man von der Kleidung der Tscher

geknickte Mütze ohne Tucheinsatz und von nicht

kessen , so darf man die Waffen, die gleichsam einen Hauptteil dieser Kleidung bilden , nicht vergessen .

übermässigen Dimensionen trägt der Georgier oder

in den Waffen beruht manchmal der ganze Reich

Während die Bergbewohner den dichten

tum eines Tscherkessen , die Waffen führt er immer

zottigen Pelz vorziehen , liebt er fein gekräuselte denkbaren Formen , bald mit Tuchdeckel und Samt-

mit sich ; selbst wenn er bei einem Freunde zu Gaste kommt, ist er kriegerisch geputzt, und sogar wenn er schläft , hat er wenigstens einen Dolch

einsatz , bald mit Gold gestickt , bald einfach spitz

bei sich .

Grusier. Felle.

Der Tatar und

der

Armenier

haben

alle

zulaufend wie die persischen Bauernmützen . Die letztere Form haben auch die Jud Mingrelien Juden grelien en inin Min Mützen ihre fallen doch , adoptiert Imeretien und wegen ihrer ganz unglaublichen Grössen auf . Die Tuschen und Pschawen und die ärmeren Leute in

Die Flinte unterscheidet sich stark von der

unsrigen durch einen kleinen schmalen Kolben und ein längeres schweres Rohr. Um sie gegen äussere Einflüsse zu schützen , trägt man sie in einem zot tigen Ziegenfellfutteral über der Schulter.

Der Säbel, Schaschka , ist lang , nur wenig Georgien tragen eine niedrige Filzkappe mit aufge schlagener Krämpe, die mohammedanischen Mollahs gegen das Ende hin gekrümmt, ohne Parierstange, einen malerisch gewundenen Turban , die Swanethen und der Griff so einfach, dass die Hand, welche ihn einen grauen Filzhut, welcher den Tirolerhüten führt , gar nicht geschützt ist. In einer schönen ähnlich sieht, die Gurier , Mingrelier und Imeretier Scheide von rotem oder schwarzem Leder wird er endlich einen sonderbar winzigen Deckel . an einem besonderen Bandeliergehänge aus schmalen

Bei schlechtem Wetter , bei Sturm und Regen und Kälte , bedienen sich die Tscherkessen noch

Riemen um die rechte Schulter geworfen und halb schräg an der linken Häfte, die Klinge mit der kon

dreier Stücke: des Mantels, der Regenhaube und der

kaven Seite nach vorn , getragen. Griff und Scheide

Die Trachten im

Kaukasus.

137

der Waffe, sowie Schnallen und Knöpfe am Gürtel und Gehänge sind reich mit Silber verziert .

rock , ja er hängt zuweilen so weit herab, dass er zu einer Schleppe wird . Nach vorn ist er dann

Die Pistole , Pischtan, ist schmal und in die Länge gezogen . Sie befindet sich gewöhnlich im

reichende Unterkleid lässt die Hosen sichtbar wer

Gürtel, aber auf der Rückenseite.

den .

Ein merkwürdiges Stück ist der Dolch , ge

ausgeschnitten und das hier kaum bis zu den Knieen Auf der Brust des Oberrockes befinden sich ,

bei den östlichen Tscherkessinnen wie bei den west

wöhnlich Kindschalgenannt, türkisch Chandschar.

lichen, zuweilen einige, den Patronenhülsen der männ

Er ähnelt dem kurzen zweischneidigen Schwerte der Römer , ist wie dieses über einen Fuss lang, sehr breit und hat mehrere Blutrinnen. Der Griff, mit

lichen Tscherkesska ähnliche Verzierungen . Die Beinkleider der Tscherkessinnen sind weit und aus seidenem oder baumwollenem Stoffe. An

auffallend kleinem Ausschnitt für die Hand, hat wie

ihrer Farbe erkennt man , ob die Trägerin Mäd

die Schaschka keine Parierstange, die Scheide ist

chen , Frau oder Witwe ist . Weisse Hosen werden

Getragen wird der Kindschal

von jungen Mädchen getragen, rote von Ehefrauen ,

ledern und schwarz.

am Gürtel , aber nicht an der Seite, sondern vor der

blaue von Witwen.

Mitte des Leibes. Gewöhnlich befindet sich in einem

Junge Mädchen haben auch ein Korset. Das selbe näht man ihnen schon im zehnten Jahre um

besonders dazu eingerichteten Täschchen der Kin-

dschalscheide noch ein kleines Messer. Auf schöne, den Leib fest, so dass dadurch eine Entwickelung Brust ganz und gar verhindert wird. . Das Korset der Brust namentlich alte Kindschals wird grosser Wert gelegt. der Im Bazar zu Tiflis kann man , obgleich die Blütezeit bleibt bis zur Hochzeit des Mädchens dasselbe, dann der Waffenfabrikation im Orient vorüber ist , noch

erst wird es vom Bräutigam

prächtige Klingen erwerben . Der Kaukasus produziert noch immer recht gute Kindschals , die

Dolches aufgeschlitzt.

Schaschkas

aber zeigen sie sich meist nur mit einem grossen

aber kommen

schon

viel von

aus

mit der Spitze seines

Bis zu ihrer Verheiratung

gehen die Mädchen unverschleierten Angesichts, dann baumwollenen Tuche umhüllt. Das Haar der Mäd

wärts .

Am Gürtel sind neben Pistole und Dolch noch

chen wird in dicke , mit Silberdraht zusammen

vielerlei Gegenstände befestigt: ein silbernes Feuer-

gehaltene Flechten nach rückwärts gehängt, während

täschchen mit Stahl, Stein , einer Art Zunder und

bei den verheirateten Frauen je zwei oder drei lange

einem Schraubenzieher, eine Büchse zum Fett für die Kugeln , ein lederner Tabaksbeutel und die kurze,

Locken über die Ohren nach vorn herabfallen.

Die Kopfbedeckung, welche noch besondere

meist hölzerne Pfeife. Das Pulverhorn befindet sich

Erwähnung verdient, besteht bei den

gewöhnlich in einer kleinen Tasche unterhalb der

Tscherkessinnen aus einem

Patronenhülsen auf der Tscherkesska.

Früher, wo die Feuergewehre im Kaukasus

dem vorn ein Diadem befestigt ist. Von diesem aus fliesst ein schön gestickter Musselinschleier her

noch nicht so verbreitet waren , kannte man dort

unter. Statt des Diademdeckels haben die westlichen

natürlich Bogen und Pfeile. Auch des Panzers be-

Tscherkessinnen eine der männlichen ähnliche Kopf

östlichen

wattierten Deckel, an

künst- | bedeckung, nur sind statt der Pelzbesetzung Silber diente man sich. Derselbe bestand aus dem etzten tressen angebracht. lich aus zahlreichen Ringen zusammenges die tscherkessischen

Panzerhemd oder Affeh , dem grossen Helm oder Tasch und dem kleinen Helm oder Kigha, aus Arm-

Frauen auch Schmuck , und sie behängen sich mit

schienen , Achumbuch , und eisernen Handschuhen, Aschteld. Auch Nackenberge am Helme , Bein-

allerlei Flitterwerk über und über. Eine beson dere Vorliebe haben sie wie alle Orientalinnen für

Selbstverständlich

lieben

Solche voll | riesige Ohrgehänge. Die tscherkessische Tracht wird mit einigen ständige Rüstungen finden sich heute nur noch in schienen und Schilde fehlten nicht.

wenigen Familien und bei den in ganz abgelegenen

kleinen Abweichungen von den meisten Bergvölkern

Bergthälern wohnenden Stämmen , wie bei den Chew-

und von den stammverwandten Völkern der Ebene,

suren .

mit Ausnahme der Gurier, getragen . Einige Völker, wie die Georgier, haben einzelne Stücke ihrer Tracht

Soviel über die tscherkessische Männertracht. Die tscherkessische Frauentracht unterscheidet sich bedeutend von der sonst im Orient üblichen .

von den Tscherkessen, andere dagegen von den Per

sern angenommen . Einige Völker, wie die Tataren,

Sie ist nichtbei allen tscherkessischen Stämmen gleich, tragen durchweg persische Kleidung. sondern bei denen des Ostens zum Teil abweichend

Die Osseten haben für ihre männliche Tracht

von der Tracht der Stämme des Westens. Die Hauptstücke der Kleidung sind Hosen , Unterrock und

die tscherkessische adoptiert, nur schmücken sie diese weniger aus. Die grösste Sorgfalt wenden sie dagegen

Oberrock. Der letztere ist aus Tuch verfertigt, mit

auf ihre Waffen. Diese sind zum Teil uralt , mit

Pelz besetzt und reicht bei den östlichen Tscher-

lateinischen Inschriften und verschlungenen Buch

kessinnen bis an die Kniee, während der aus Baum-

staben und Wappen und stammen noch aus der Zeit , da die Genuesen das Schwarze Meer be

wolle oder Seide hergestellte Unterrock bis zu den Knöcheln herabfällt.

Bei den westlichen

Tscher-

kessinnen aber ist der Oberrock länger als der Unter-

herrschten . Die Tracht der ossetischen Frauen hat

fast gar nichts Tscherkessisches.

Ihre

National

Die Agrarfrage in Japan .

138

kleidung bildet ein weites , meist blaues Gewand , , artige Entwickelung anerkannt, sondern sie auch als das dem Körper nur leise angefügt ist und ihn vom Hals bis zu den Knöcheln vollständig umschliesst. Ein Gürtel befestigt dieses Gewand um die Taille.

Muster für diejenige des Abendlandes hingestellt.

Karl Koch , einer der besten Kenner Ossetiens,

auf , von ihr zu lernen. Noch Liebscher ging im

Maron bezeichnete sie als wahre , die europäische Wirtschaftsweise als Scheinkultur. Syrski forderte

erzählt, dass die echten Ossetinnen weder Bein - Jahre 1880, befangen von dieser Illusion , nach Ja kleider noch Kopfbedeckung kennen , doch gibt es pan. Er war der erste, welcher ihre Haltlosigkeit einige Ossetenstämme, wie die Digosen und Schi- nachwies 1). Rein ?), Fesca "), neuerdings auch Ex metten , deren Frauen beides besitzen. ner ') bestätigten und ergänzten seine Ergebnisse. Teils tscherkessisch , teils persisch ist die Klei-

Durch bittere Erfahrungen sind diese neueren An

dung der Georgier oder Grusier. Die Männer tragen

schauungen auch in japanischen Kreisen zum Durch

einen langen Oberrock mit tief herabhängenden und vorn mit Spitzen besetzten Aermeln , welche vom Ellenbogen an aufgeschlitzt und bequemer Handhabung halber über den Rücken zusammengeschlagen

bruch gelangt. Ein an amerikanischen und deut schen Hochschulen gebildeter Japaner , Dr. Inazo Ota -Nitobe, gegenwärtig Dozent an der landwirt schaftlichen Anstalt zu Sapporo auf Hokkaido, ent

Dieser Rock , die Kaba genannt, ist ein-

rollt ein trübes Bild von dem japanischen Grund

farbig, meist aus Tuch , selten aus Merino oder Seide. Ein Kragen fehlt, und der Hals erscheint deshalb

besitz , seiner Verteilung und landwirtschaftlichen Verwertung " ).

werden .

entblösst. Schnüre treten an Stelle der Knöpfe und

Ein geschichtlicher Rückblick ist vorausgesandt

Knopflöcher. Diese Schnüre näht man auf der einen Seite des Rockes zu Kiboebi oder Schlingen, wäh-

7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung Gütergemein

rend sie auf der anderen Seite zu Gilebi oder Knoten

schaft. In diesem Jahrhundert wurden mehrere Ver

zusammengeknüpft werden. Unter dem Oberrock

suche gemacht, das Land nach dem aus China über

(S. 9-35 ) ").

Wahrscheinlich herrschte bis zum

trägt man den Unterrock, Archalyk, welcher nicht bis

Korea eingeführten Akatsitasystem gleichmässig

über die Kniee reicht. Er ist aus Seide oder Baum-

zu verteilen. Ausserdem wurden aber andere Besitz

wolle und dicht wattiert. Die Beinkleider, Scharwali , sind weit und reichen manchmal nur bis zu

welcher durch die Röcke verdeckt wird , aus Kattun .

arten in einem Taiho genannten Kodex festgesetzt, welche aus kaiserlichen Schenkungen oder hoher ge sellschaftlicher Stellung hervorgingen. Dieses feu dalistische System gewann seit 690 die Oberhand, wurde von dem ersten Schogun Yoritomo, gegen 1200 , zu Gunsten der Kriegerkaste organisiert und erst nach der Restauration aufgehoben.. Dies geschah

Aermere Leute verfertigen das ganze Beinkleid aus

im Jahre 1871 durch Mediatisierung der 277 Dai

Kattun. Ein Band, Chonschar, hält die Hosen um

mios und Pensionierung ihrer Gefolgsleute, der etwa

den Knieen , gehen aber auch bis zu den Knöcheln

herunter, wo sie eng zusammengezogen werden . In der Regel ist , selbst bei Reicheren , nur der untere sichtbare Teil der Hosen aus Seide , der obere aber,

>

Reiche Leute tragen Strümpfe,

402000 Familien umfassenden Samurai. Die Bauern,

welche aus zwei abgesonderten Teilen bestehen, aus den eigentlichen Fuss -Socken oder Zindebi und den Oberstrümpfen, Paitschebi oder Tsugi, welche

welche mit Frohndiensten bis zu sechs Tagen monat

die

Hüfte

fest.

das Schienbein

und die Wade einschliessen .

Die

Oberstrümpfe werden manchmal durch ein Stück Leder , Kalaman , vertreten .

Zu Hause trägt man

lich belastet gewesen waren , wurden befreit. Durch

die Berechtigung, zu verpfänden und zu verpachten, wurde im Jahre 1875 die letzte Beschränkung des Bauernbesitzes gehoben.

Derselbe unterlag nunmehr der staatlichen Steuer

die Koschebi, geschnäbelte Pantoffeln, welche nur

pflicht, welcher im ganzen 13,1 Millionen Hektar

bis etwas über die Mitte des Fusses reichen und

( S. 37 ), nicht einmal die Hälfte von Alt- Japan, unter worfen sind. Die grössere Hälfte ist steuerfrei. Sie

mit hohen Absätzen versehen sind . Für die Strasse aber dienen die Satzwethi, auf dem Unterteil durch eine Naht befestigte und in einen Schnabel auslaufende Schuhe. Auf dem Kopfe schliesslich tragen die Georgier eine hohe, zuckerhutförmige Mütze, die

umfasst staatliche Domänen und Forsten, öffentliche Grundstücke und Wasserflächen , ausserdem nicht

weniger als 10 Millionen Hektar Oedland, Strecken ohne nennenswerten Ertrag . Dieses Oedland be

Kudi, die aus Tuch und mit schwarzem Pelz besetzt trägt 35 Prozent des Gesamtgebietes, gegenüber nur ist ; selten besteht sie ganz aus Pelz.

(Schluss folgt . )

Die Agrarfrage in Japan . Teilweise nach Ota - Nitobe und anderen . Von Wilhelm Krebs ( Altona ).

Als nach Erschliessung Japans deutsche Gelehrte ausführliche Schilderungen der dortigen Landwirt schaft brachten, wurde an ihr nicht allein eigen

0,3 Prozent in Preussen (nach Meitzen ) (S. 55 ). 1 ) G. Liebscher, Japans landwirtschaftliche und all gemein wirtschaftliche Verhältnisse. Jena 1882 . S. 2-5. 2) J. J. Rein , Japan. Leipzig 1881,6 . 3) M. Fesca , Beitr. zur Kenntn . der japan . Landwirtsch ., 1. Berlin 1890.

4) A. H. Exner , Japan. Leipzig 1891 . 5) Berlin 1890. Verlag von Paul Parey .

6) Die eingeklammerten Zahlen geben die Seiten in dem erwähnten Buche Ota -Nitobes an .

Die Agrarfrage in Japan .

139

Weitere 41 Prozent werden von Wald einge-

Die Prozente der Ausfuhr tierischer von den

nommen (S. 45 ), gegen 26 Prozent in Deutschland

jenigen pflanzlicher Herkunft, auf das Jahr 1888 be

(S. 51 ) . Nur 18 der 41 Prozent bestehen aus Kultur-

rechnet, ergeben sehr nahestehende Zahlen, für Ita lien 190 , für Japan etwa 180 , und überragen den mittleren Prozentsatz jener Breiten (30 bis 40 ° N.) ,

wäldern (S. 38 ).

In den Staatsforsten beschränkt

sich die Nutzung fast ausschliesslich auf den Brenn-

welcher 55 beträgt , um mehr als das Dreifache '). staatlichen Oedlande betrug im Jahresdurchschnitt | Wir glauben daraus für Japan den Schluss ziehen

bedarf.

Die Gesamteinnahme aus ihnen und dem

1880-85 0,13 Mark vom Hektar, während sie in

Preussen 9,61 , in Sachsen 41,11 Mark ( 1881 ) erreichte ( S. 46 ) . Früher geboten Gesetze mit oft drakonischer Härte der Waldverwüstung Einhalt. Seit der Restauration ist diese sehr eingerissen. Die Folgen äussern sich nicht allein in dem niedrigen Stande der Rentabilität, sondern auch

durch Zu-

nahme der Ueberschwemmungsgefahr. Den von Ota -Nitobe angeführten Beträgen für Ueberschwem-

zu dürfen , dass sich Viehzucht nicht sowohl als eigener , denn als Nebenbetrieb des Landbaues zu

gleich mit diesem entwickeln und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage heilsam sein wird .

Die 22 Gesellschaften für Hebung der Vieh zucht , welche nach Ota -Nitobe im Jahre 1886 zu sammengetreten sind (S. 58 ) , haben bis Ende 1888 dem

Niedergang der Rinderzucht nicht zu wehren

vermocht.

Derselbe ist von 1883 an aus der Ab

mungsschaden , welche 1881–1885 von 12,2 auf nahme der Bestände zu erkennen . 83,1 Millionen Mark stiegen (S. 49 ) , ist hinzuzufügen, dass die Reisernte des Jahres 1889 grössten teils Wolkenbrüchen zum Opfer fiel und sich infolge

Es betrug die Zahl der

dessen schwerer Notstand einstellte. Rationeller Be

I 093171

1564993

I 060170 I 024496

1883 1884 1885

Rinder

Pferde

I 1 26 741

1575169

sehr schwierige Frage des Holztransportes (S. 47 , 50)

1887

I 020222

1548 232 1537 104 1537606

wird berührt. Auch rationeller Betrieb ist ein inter

1888

ΙΟΙΙ 26I

1532799 )

trieb der Staats- und Beaufsichtigung der Privatforsten werden von Ota-Nitobe empfohlen , die für Japan essantes Problem , da die mannigfaltige Zusammen setzung der meisten japanischen Forsten , welche Rein besonders vom Laubwald schildert "), im Gegensatz

zu den europäischen , der Waldwirtscha

1886

in Japan. Exner hebt hervor, wie wenig der bisherige intensive Feld-, besonders Reisbau , das Halten von

ein eigen- | Vieh begünstigt ”). Gegen selbständige Viehzüch

ft artiges Gepräge verleihen wird. Mehr als die Forst- wurde bisher die Weidewirtschaft vernachlässigt. Von ihrer Ausdehnung erwartet Ota -Nitobe » den nächsten Hauptschritt in

tereien sprechen aber die von Rein erwähnten miss glückten Versuche auf Hokkaido und bei Kioto ').

Die von Ota -Nitobe empfohlene Zucht von Bienen, Geflügel, Kaninchen und anderem Kleinvieh

der japanischen Landwirtschaft« ( S. 57) . Das Weide- (S. 59) , ist wesentlich nur als Nebenbetrieb zu den land umfasste ( 1883 ) nur 0,2 Prozent des Gesamt- ken. In der That ist sie auch den gegenwärtigen gebietes ( S. 57 ) . Auf 1000 Einwohner kamen ( 1886) 27 Rinder, 40 Pferde. Dagegen in Russland ( 1883) 269 Rinder, 204 Pferde >> Deutschland ( 1883 ) 772 ) >> 345 Frankreich ( 1883 ) 308 75 > 345 ( 1884) Holland 63 > 46 236 Belgien ( 1880) Italien ( 1881 ) ( 1886) 168 23 ") » >

Bedürfnissen des Landes und seines Bauernstandes

viel mehr angemessen als Grossviehzucht. Der Eier bedarf wurde bisher von China befriedigt . Das Fleisch

bedürfnis im Lande ist gestiegen ; die Zahl der ge schlachteten Stücke Rindvieh hat sich von 1882 bis

>

1885 nahezu verdreifacht. Den in Europa studieren

>

den Japanern sagt die fleischreiche Kost der Fremde

>

durchaus zu . Für Japan aber möchten aus klima

viel . Aus klimatologischen Gründen erscheint uns

tischen Gründen leichtere Fleischsorten , Kaninchen-, Geflügel- , Hammelfleisch , anstatt des Rinder- und Schweinefleisches zu empfehlen sein. Diese sanitäre Rücksicht wird auch von Ota -Nitobe gewürdigt.

aber allein der Vergleich Japans mit Italien gestattet .

Ihr schreibt er den Umstand zu , dass der Schintois

Dort findet sich in der That der für Europa ge-

mus in viel höherem Grade als der Buddhismus dem

ringste Promillesatz der Rinder. Der Abstand gegen Japan , 161 gegen 27, ist noch sehr gross, wird je-

Fleischgenusse , besonders in Süd-Japan , entgegen wirkte (S. 27 ) .

Aus dieser Tabelle (S. 57) geht hervor , dass die Pferdezucht Japans nur wenig hinter derjenigen Mitteleuropas zurücksteht, die Rinderzucht um sehr

doch durch die mehr kontinentale und nördliche

Lage Italiens und die Alpennatur seiner vorzüglichsten Weideplätze in etwas erklärt.

1891.

1 ) Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. VIII . Weimar S. 85 , Tafel IV . Für Japan wurden dort 182,8 , nach

einer genaueren Methode später 178 Prozent arktoider Pro ') J. J. Rein , Japan, I.

Leipzig 1888 .

S. 166 ff.

duktion berechnet.

2) Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichs. Berlin 1884. S.

33 .

3) Annuario statistico Italiano. 918. 1026 .

1886 .

Roma 1887.

S.

2) Cabinet Impérial, Résumé statistique de l'Empire du Japon. V. Tokio 1891. S. 24 . 3) Exner , Japan. S. 95 . 4) Rein , Japan, II . S. 21--22 .

Die Agrarfrage in Japan .

140

Der Schwerpunkt der für die wirtschaftliche

1/3 Hektar, also mehr Garten- als Feldgrundstücken ,

Lage Japans nötigen Reformen wird demnach dem

gewinnen die japanischen Bauern Reis, Gerste, Hülsen

Landbau verbleiben.

früchte, Gemüse u . dergl . mit denkbar idealster Aus nutzung des Bodens und seiner Bewässerung. Durch

Der landwirtschaftlichen Klasse gehörten im Jahre 1886 71,23 Prozent der Bevölkerung an

Dem gegenüber fällt auf, dass nur 15 Prozent

diese wird in den Stadtfernen Gebieten teilweise die Düngung ersetzt . In der Nähe der Städte wird deren Abfall benutzt, aber nicht zu einmaliger Dün gung der des Bestellens harrenden Felder, sondern zur mehrmaligen der einzelnen Pflanzen . Der Land

altjapanischen Areales unter dem Pfluge stehen, gegen

bau ist bei den Städten und in den zugänglichen

41 Prozent in Deutschland. Auf drei Fünfteln des japanischen Ackerlandes wird Reis gebaut (S. 38) .

Thalgebieten konzentriert. Durch die Kleinheit der Parzellen, welche meist 0,05, oft sogar nur 0,002 Hekt

Im Einverständnis mit Fesca zweifelt Ota-Nitobe daran,

are umfassen (S. 75 ), durch die sumpfigen Zustände

(S.

67).

Ausschliesslich

Landwirtschaft

trieben

41 Prozent (S. 3) . An Steuern wurden 80 Prozent

von dieser Berufsart getragen (S. 3 ).

dass diese Ausdehnung des Reisbaues gewinnreich, der Reisfelder (Exner) werden Viehzucht, rationelle der Reis in allen Teilen Alt -Japans akklimatisiert

Wirtschaft, Emanzipation von der Nähe der Stadt

sei . Als nördliche Naturgrenze desselben wird eine

gleicherweise hintangehalten . In solchen technischen

Linie bezeichnet, welche südlich der Insel Sado durch

Unzuträglichkeiten, keineswegs in dem patriarchalisch

die Halbinsel Idsu verläuft, also Hondo halbiert (S. 64) .

gehandhabten Pachtwesen, welchem von 5,5 Millionen

Die Ausdehnung, welche der Reisbau über diese ganze Insel gewonnen hat, wird vor allem aus der vormaligen Beschränkung nicht allein des Gesamt-,

Betrieben 22 Prozent rein , 38 Prozent teilweise unter

liegen , glaubt Ota-Nitobe die hauptsächliche Gefahr

sondern auch jedes einzelnen Feudalstaates auf die

für den Bauernstand und , bei dessen ungemeiner Wichtigkeit, für die japanische Volkswirtschaft zu

eigenen Erzeugnisse erklärt. Schon aus den Erhebungen von 1886 glaubt Ota-

erkennen (S. 72 ff.). Der thatsächlichen Grösse

der Gesamtgüter

Nitobe einen Niedergang des Reisbaues in Japan her- gegenüber, durchschnittlich 1 Hektar, wird die mini auszulesen .

In diesem Jahre wurden 22 Promille dem bisherigen Trockenfelde neu zugelegt, nur 6 Promille dem Reisfelde (S. 64) . Es erscheint uns nicht

male Arbeitsfläche einer Bauernfamilie von ihm auf

2,4 Hektar (S. 77) , die minimale Unterhaltungs fläche auf 0,5 Hektar berechnet (S. 78) . Gegen

undenkbar , dass dieses Verhalten Einblick eröffnet wärtig reicht demnach ein mittelgrosses Bauerngut in die Art, in welcher die Natur Japans selbst dessen

in Japan zwar für den Unterhalt , aber nicht für die

Produktion regelt . Die beiden vorhergehenden Jahre

volle Beschäftigung einer Bauernfamilie aus. Solche

1884 und 1885 hatten infolge ungünstiger klimati-

Verhältnisse enthalten bedingt eine grosse Gefahr. scher Verhältnisse die kleinsten Reisernten des Jahr- Sie berechtigen zu der Besorgnis, dass ein Proletariat zehntes vor 1889. Sie waren geeignet, im Reisbau entsteht, wenn die Familie ihre Kräfte nicht voll ent zu entmutigen , andere landwirtschaftliche Betriebe falten , nur vegetieren kann . Die Bedingung dafür zu heben, ähnlich den Dürrejahren , welche die Woll-

ist , dass den überschüssigen Arbeitskräften nicht in

produktion Australiens gehoben haben ') . Immerhin

dem Maasse wie bei uns Europäern Dienststellungen

erscheint es gewagt , aus dem Verhalten des einen

ausserhalb des Familienbesitzes , besonders in den

Jahrganges 1886 auf einen stetigen Niedergang des Städten , offenstehen. Da Erhebungen hierüber nicht Reisbaues zu schliessen .

Jedenfalls aber sind Maulbeer- und Kartoffel-

bekannt sind , ist es unmöglich , ein sicheres Urteil zu gewinnen.

pflanzungen , welche an die Stelle der Reisfelder treten sollen , kaum als segensreich zu begrüssen ( S. 65 ) . Die Seidenindustrie hat in Japan eine Aus-

nicht unmittelbar behandelnden Untersuchung Ota Nitobes ( S. 80) , liegt jene Gefahr wirklich vor.

dehnung genommen , an deren bedeutende Zunahine

Doch vermögen wir im einzelnen seinen Folgerungen

Nach den Ergebnissen der diese Frage leider

wir nicht zu glauben vermögen . Den leicht ver- nicht beizustimmen . Den nachteiligen Einfluss jener daulichen , nährenden Reis durch die als Hauptkost Zersplitterung des Grundbesitzes glaubt er schon in ungeeigneten Kartoffeln zu ersetzen, würde dem Interesse der japanischen Bevölkerung nicht entsprechen. Das ändert jedoch nichts daran , dass der Reisbau seine Vorzugsstellung im japanischen Feldbau räumen muss . Denn mit ihm hängt der Kleinbetrieb, unter welchem dieser zu leiden beginnt , auf das engste zusammen .

dem

sehr regen Besitzwechsel zu erkennen .

Von

1200 Millionen des Gesamtwertes der Aecker liefen

im Jahre 1884 im Handel 69 Millionen um (S. 79) . In demselben Jahre war ferner der Grundbesitz mit 699 Millionen Mark belastet, der verpfändete im Jahre 1886 für die Schuldner um ein Drittel ent wertet . Wie früher erwähnt, waren aber die Jahre

Ota -Nitobe kennzeichnet ihn als Zwergwirt-

1884 und 1885 von Missernten betroffen worden .

schaft. Auf Gütern von 1 , bei Nebenbeschäftigung

Es erscheint nicht undenkbar , dass die erwähnten

Notlagen diesen Missernten und ihren Nachwirkungen 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. VIII. Wei . mar 1891.

S. 88 .

entsprungen sind .

(Schluss folgt.

1

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

141

Hat Europa den Kompass über Arabien sitzen. Allerdings sind einige derselben gut genug oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? | gearbeitet, besonders kleine Astrolabien , welche ihre Litterarisch - sachliche Studie. Von A. Schück ( Hamburg ) . ( Fortsetzung .)

Wie bereits erwähnt, konnte ich bis jetzt nicht

Seeleute in der Brusttasche tragen , auch ist sicher, dass sie diese Instrumente seit langer Zeit benutzen , woraus Bergeron schliesst , dass sie nach Beob

achtungen segelten und selbst den Kompass ge

brauchten. Niemand ist jedoch so kenntnislos, um

finden , wer zuerst die Araber als Vermittler der nicht zu wissen , dass die Gestirnsbeobachtung, die Kenntnis des Kompasses bezeichnete ; 1717 trat Renaudot gegen diese Vermittlung auf. Sein Originalwerk » Anciennes relations des Indes et de la

man mit Hilfe eines Astrolabiums erhält, dem See

mann zum Steuer seines Kurses nichts nützt, wenn er nicht auch die Hilfe des Kompasses hat.“ (Dies

Chine« liegt mir nicht vor, sondern die Uebersetzung würde das Gegenteil von dem beweisen , was es ins Englische: Ancient accounts of India and China. beweisen soll .) London 1733. Appendix : Inquiry when the Mahomedans first entered China. S. 141 ff. » Wir finden nicht den geringsten Beweis dieses (Menschenalter vor dem in Europa nachweisbaren ) alten Gebrauches des Kompasses in irgend einem arabischen Buche.

» Ebenso vergeblich ist es , anzunehmen, dass die Araber den Kompass früher besassen als wir, weil sie seit Jahrhunderten mit den Chinesen in Verbindung standen , und die Chinesen ihn viele Menschenalter vor uns hatten .« (Folgt die Wieder

Weder im Arabischen noch im Türkischen oder gabe von Martinis Bericht.) » Es scheint sonderbar, Persischen gibt es ein einziges Wort, welches that-

dass die Chinesen so geringen Gebrauch von ihrem

sächlich das Astrolabium oder den Kompass be- Kompass gemacht haben sollten, um ihre ( See-) Araber und Türken nennen den Reisen so einzurichten , als wenn sie keinen hätten .

zeichnen kann.

Kompass gewöhnlich Bossolo , der italienische Name, - dies beweist , dass von ihnen die Sache

Die Länge der Zeit, welche die Cochinchinesen zu ihrer Heimkehr von China nach Annam gebrauch

ebenso aus der Fremde übernommen ist , wie das Wort . Kotubnema ist eine Zusammensetzung und

ten , bringt uns auf den Gedanken , dass dieser Ap parat durchaus nicht das von uns Kompass ge

erst in neuerer Zeit bei den Persern in Gebrauch

nannte Instrument war. John Chardin sagt darüber :

gekommen. Ihre Naturkundigen haben sich weit- . . . . . Ich behaupte kühn, dass die anderen Asiaten läufig über die Vorzüge des Magnetsteins ausge- (ausser China ) uns dieses wundervolle Instrument

sprochen , sie haben alles von den alten griechischen

verdanken, welches sie von Europa erhielten, lange

Schriftstellern über ibn Gebrachte wiederholt

vor der Eroberung durch die Portugiesen ; denn

aber sie haben nicht ein einzigesmal jene Eigen- erstlich sind ihre Kompasse genau wie unsere und schaft der Magnetnadel angedeutet ; ebensowenig treffen wir auf eine einzige alte Beobachtung der Missweisung (Deklination der Magnetnadel) oder auf eine, aus dieser folgende Anleitung zum Gebrauch der Seeleute. «

sie kaufen dieselben von Europäern so viel wie sie können , wobei sie sich kaum getrauen , mit deren Nadeln etwas selbst vorzunehmen ; zweitens ist es sicher , dass die alten Schiffsführer nur an den Küsten entlang fuhren , was ich dem Fehlen dieses

» Die arabischen , türkischen und persischen

Instrumentes, das sie geführt und auf hoher See

Seelotsen ziehen die in Europa gefertigten Kom-

geleitet hätte, zuschreibe . . . . . Die vielen unbe wohnten und doch fruchtbaren Inseln , die vielen, .

passe ihren eigenen vor ; sie sind noch nicht völlig bewandert in dem Magnetisieren ihrer Kompass-

dem erwähnten Volke unbekannten Länder sind

nadeln . In der That, seitdem sie von unseren See-

ein Beweis , dass die alten Schiffsführer nicht ver

fahrern belehrt worden sind, kennen sie den Ge-

standen , die hohe See zu befahren. In Bezug auf

brauch des Kompasses sehr gut , sie getrauen sich mit seiner Hilfe grosse Strecken im Indischen Ozean

diese Angelegenheit habe ich nur Schlüsse und Mut maassung , denn obgleich ich in Persien und In dien bei den gelehrtesten Leuten deswegen anfrug, konnte ich keine Auskunft darüber erhalten , wann der Kompass dort zuerst bekannt war« (könnte

zu durchfahren, und zwar mit gutem Erfolge. Doch

können wir hieraus folgern, dass, wenn sie in weniger als zwei Jahrhunderten von den Franken genug lernten , um kenntnisreiche Schiffsführer zu werden ,

sie mehrere Menschenalter vorher nicht gleichzeitig

>

Chardin noch jetzt nicht erhalten in Bezug auf Europa). » Die Führer der indischen Schiffe«

dieselben Kenntnisse besitzen und aller Grundlagen (mit denen Chardin fuhr) » waren alle Inder , sie der Schiffsführung unkundig sein konnten , wie sie

gebrauchten den Jakobsstab und die Bussole (Qua

es zur Zeit der ersten Entdeckungen waren .« (Dies ist zu weit gegangen , zur Zeit der ersten Ent-

dran), diese Instrumente haben sie von uns, die selben sind von unseren Mechanikern angefertigt

deckungen waren die Grundlagen der Schiffsführung

und unterscheiden sich von den unsrigen nur durch

auch bei den Entdeckern wenig ausgebildet.) » Diesen Schluss erfolgreich zu bekämpfen , genügt es nicht,

die arabische Schrift . Die Araber sind die geschickte sten Nautiker unter allen Asiaten und Afrikanern ,

sich darauf zu berufen , dass jene die ältesten mathe- aber weder sie noch die Inder gebrauchen Karten , matischen Instrumente für nautischen Gebrauch be-

die auch kein grosses Bedürfnis für sie sind; sie

142

Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?

besitzen einige, doch sind solche von den unseren abgezeichnet .....(

ihrer Richtigkeit. - Andres beruft sich auch auf Anastasius Kircher ; dieser schreibt ohne Quellenan

»Es ist am wahrscheinlichsten, dass die Araber gabe , er habe gefunden , dass im Jahr 670 der in den ersten Zeiten des Mohammedanismus den Kon-

Hedschra die arabischen Seefahrer von Mekka durch

pass nicht kannten und niemals nach Beobachtung

das Rote Meer nach Indien gefahren seien , sich

segelten , bis sie die dazu nötigen Kenntnisse von den Europäern erlangten . Sicher ist . . . . . sie waren früher nur Küstenfahrer, oder wenn sie es

nach einem magnetischen Instrumente richtend, das stets den Kanopus gezeigt habe, wer aber der Ver

fertiger gewesen sei oder von wo er die Erfindung

wagten , Land aus Sicht zu lassen, war es nicht für erhalten habe, wäre nicht gesagt. lange Segelstrecken , und dies ist die Ursache ihrer langen und gefährlichen Fahrten .....«

Da Baïlak im

Jahr 6.40 der Hedschra schrieb, so könnte diese An gabe später sein, also lange nach Hugue de Bercy ;

Alle diese Folgerungen gehen zu weit, man kann

auch will ich nicht behaupten, dass Kircher in seinen

vielmehr nur folgendes als bewiesen erachten : wenn Araber , Perser , Inder die Richtkraft der Magnetnadel eher kannten und für die Seefahrt benutzten , als die Europäer, so entwickelten sie die erste und

Citaten besonders zuverlässig ist . Die vorliegende Frage wird auch gestreift von C. Niebuhr (Reisebeschreibung nach Arabien und anderen umliegenden Ländern ; Kopenhagen 1778 ,

nächstliegende Anwendung nicht weiter, sondern

II, S. 206.) »Andere Schriftsteller haben uns ver

kauften begierig bessere, europäische Instrumente. --

sichern wollen , die Araber , Türken und Perser

In Bezug auf lezteres teilte der hiesige Navigationslehrer Herr Rubbert mit , dass vor ungefähr 40 Jahren der Kapitän eines Hamburger Schiffes seinem Reeder als Zeichen chinesischer Kenntnisse

hätten für den Kompass keinen anderen Namen als den europäischen Bussola ; die Araber , welche dies Instrument nicht etwa auf einem Schiff gesehen haben , kennen es fast gar nicht (gilt heut wohl und Erfindung nautischer Instrumente aus China mit- noch für viele Europäer), doch können ihre Gelehr

gebracht hatte: einen alten Davis -Quadranten mit Girolamo Tiraboschi (Storia della Letteratura

ten dessen nicht gänzlich entbehren. Denn da sie ihr Angesicht beim Gebet allezeit gegen die Kaaba richten sollen , so haben sie Tabellen berechnet, in

Italiana) trat in sonderbarer Weise für die Araber ein ; Pietro Napoli Signorelli widerlegte ihn 1784

welchen angemerkt ist , nach welcher Weltgegend Mekka von dieser oder jener Stadt liegt : und wenn

chinesischen Charakteren statt unserer Zahlen .

1 1

in seinen „Vicende delle Coltura nelle due Sicilie sie eine Moschee bauen , so muss die Lage der u . S. W.« (Neapel); daher wird die erste Auflage von Kaaba, einer Nische nach der Seite von Mekka, da T.'s Werk ein paar Jahre früher erschienen sein . nach angelegt werden. Zu diesem Gebrauche fand Im Gegensatze zu Renaudot und Chardin hielt G. ich eine Magnetnadel bei einem mohammedanischen

T. die weiten Reisen der Araber für ein Zeugnis,

Gelehrten zu Kahira , und der nannte sie ElMag

dass die Kenntnis des Kompasses aus Arabien (zu uns) gekommen sei , - nachweisen konnte er es

natis. Der Name scheint anzudeuten , dass man den Kompass in dieser Gegend von den Europäern

nicht; wohl wissend, vor dem fabelhaften Gioja habe

erhalten habe. (Herbelot in Bibliothèque Orien

man schon in Europa die Richtkraft der Magnet-

tale , Paris 1697 , erwähnt Maknatis und Magnatis

nadel benutzt , behauptet er , die Worte Zoron und

als Bezeichnung des Magnetsteins bei den Arabern,

Aphron könnten nur arabisch sein , daher müsse

die sie aus dem Griechischen übernommen haben ;

>

das Originalwerk oder die erste Uebersetzung des sonst nennen sie ihn nach H.: Hagiar algiadheb, Aristotelischen Werkes eine arabische gewesen sein, anziehenden Stein , so auch Magnetismus: Giad und dies mit anderem vereinend hält er es für mehr

als andere Annahmen wahrscheinlich, der Kompass sei

hebah oder Küat algiadhebah .) Allein von der Ab weichung der Magnetnadel, und dass diese sich gar

von Arabern im Königreich Neapel erfunden werden,

jährlich verändert, hatte mein erwähnter Schech

zur Zeit , als sie in einem grossen Teile desselben

nichts gehört. Sonst habe ich die Araber den Kompass Deir und Beit el Ibre nennen hören ; die | Araber am Persischen Meerbusen nennen ihn Käble | Näma oder Rach Näma ( Herbelot gab diese Namen für » die Bussole , welche Perser und Türken ge wöhnlich bei sich tragen , um ihr Gebet zu ver richten « ). In dieser Gegend benennt man die ver

Herren waren ; die Amalfitaner hätten ihn zuerst zur

Seefahrt benutzt , so sei der Glaube entstanden , sie

wären die Erfinder! – Signorelli macht dagegen geltend, dass dann auch die Amalfitaner den Kompass erfunden haben können , dessen Gebrauch sie den

Arabern zeigten ; wenn die Araber die Erfinder ge-

1

>

wesen wären, so müssten Beweise davon in Sicilien,

schiedenen Weltgegenden zum Teile nach dem Auf

besonders in Spanien vorhanden sein , was nicht der Fall ist. – Landiund Andres ( D. Juan Andres (Abate], Origen , Progresos y Estado Actual de Toda la Literature. Obra escrita en Italiano , yv traducida al Castellano por D. Carlos Andres. Madrid, 1787 ,

und Untergang gewisser Sterne (er nennt 14 Kom Einige Reisende haben uns passstriche) versichern wollen, dass die Beduinen auf ihren Rei

sen in der Wüste sich des Kompasses bedienen ; allein ich habe dergleichen bei ihnen nicht ange

T. I Bruscula) sowie vielleicht noch andere pflichteten troffen. Sie kannten dieses Instrument nicht einmal, der Ansicht Tiraboschis bei ; das ist aber kein Beweis / sondern , wenn es bemerkt ward , dass ich danach

!

Geographische Mitteilungen .

143

sah, und man wissen wollte, was es wäre, so nannte ich es eine Uhr, welche inir die Quibla , d . i . die

des Schiffskompasses ( quadran de naviguer) , ver

Gegend der Stadt Mekka zeigte, und darin glaubten

zuhalten haben, sobald sie die Nordrichtung genau

mittelst dessen sie sehen, welche Richtung sie ein

sie mir so sehr, dass sie sich bisweilen nach der

gefunden (avoir pris leur adresse sur le point du

Quibla erkundigten , wenn sie beten wollten . Da

Nord).).«« – Beide Werke sind jedenfalls zu einer Nord

sie beständig in der Wüste herum wandern , so kennen sie die Wege auch so gut, dass sie dazu keinen Kompass brauchen. Vielleicht aber richten

Zeit geschrieben, zu welcher Benutzung der Richt kraft des Magneten (der Bussole , des Kompasses) seit 300 – 400 Jahren im westlichen Europa nach

sie sich des Nachts etwas nach den Sternen .

weisbar ist .

(Fortsetzung folgt.)

Es ist doch fraglich , ob man es als Beweis gegen den Gebrauch des Kompasses von Seiten aller Beduinen ansehen will , dass diejenigen , mit denen Niebuhr verkehrte , ihn nicht kannten ; anderer seits ist es nicht zu bezweifeln , dass der mit der Wüste Vertraute in ihr Merkzeichen kennt und

Geographische Mitteilungen . (Solare Veränderungen

und magnetische

StörungenPhotosphäre .) Die bekannte Thatsache, dass zwischen

mit blossem Auge findet , welche der ungeübte den in der Europäer mit dem

besten Fernglase nicht unter-

scheiden würde .

Von » Einigen Reisenden « sind mir zu Händen gekommen die Berichte des Ludwig Vartomann und des Chalcondvlos; der des ersteren findet sich in » Novus orbis regionum ac insularum Veteribus in cognitarum , una cum tabula cosmographica et ali quot aliis consimilis argumenti libellis u . s. W.« , Pari siis 1532 , Vorrede von Simon Grynaeus gerichtet an Georgius Collimitius; es ist dies eine bedeutend vermehrte Ausgabe des 1508 erschienenen ähnlichen Werkes von Archangelus Madringanus, die von

der Sonne vor sich gehenden

Veränderungen und dem magnetischen Gesamtzustande unseres Planeten innige Wechselbeziehungen obwalten, hat neuerdings eine sehr augenfällige Bestätigung er fahren durch die auf dem Astrophysikalischen Obser vatorium bei Potsdam angestellten Beobachtungen. Seit dem dessen geomagnetische Station eingerichtet ist, also seit dem 1. Januar 1890, sind gleich intensive Störungen

noch nicht wahrgenommen worden, wie an den auf den 13. Februar d. J. folgenden Tagen . Am genannten Tage, früh um 6 ' , Uhr, begannen plötzlich sowohl das die 2

Aenderungen der Deklination photographisch registrie rende Instrument, als auch die für Intensitätsmessungen bestimmte magnetische Wage in grosse Unruhe zu ge

baber, ins Deutsche übersetzt ist : Die New welt,

raten , und bei der letzteren wurde die Amplitude der Schwankung sogar einmal so gross , dass sie gar nicht

der Landschaften und Insulen , so bis hierher allen

mehr aufgezeichnet zu werden vermochte . Es machte

Altweltbeschrybern unbekant u . s . w . Strassburg,

sich also das geltend , was A. v . Humboldt als »mag

1534. Dort heisst es Bl . 61 verso : » Wie man gen Mecha kompt. Das XIII . Capitel ... mit gleyt eins Piloten (der unsern weg mit ein büchslen vnd Meerkarten regiert) wie die thun die auf dem Meer

netisches Ungewitter « bezeichnet hatte; sehr häufig treten solche mit Polarlichtern vergesellschaftet auf , und wenn auch der bedeckte Himmel der Havelgegend keine solche Erscheinung gewahren liess, so wurde doch von anderen Orten Norddeutschlands her dergleichen mehrfach ge

Michael Herr , der freyen kunst und Artzney lieb-

künden faren .

doch müssen sie Piloten hon

meldet. Gleichzeitig überzeugte sich der mit steter Kon

(die sie füren) dann sie werden mit büchslin vnd

trolle der Sonnenoberfläche betraute Observator,

karten gefürt (wie auf dem wilden Meer)

. (

Spoerer, dass die Fluktuation dortselbst eine ungewöhn

Von derselben Reise ist eine deutsche Sonderaus-

lich lebhafte war. Von den beiden Berliner Gelehrten,

Prof.

gabe hier vorhanden : Die Ritterliche und Lobwir-

welche zur Zeit in dem bekannten norwegischen Dorfe

dige Reyss des gestrengen vnd vber all ander weit

Bossekopp (70 ° lat.) geophysikalischen Studien obliegen,

erfarnen Ritter vnd Landtfahrers Herrn Ludouico

lief die Nachricht ein , dass auch dort die Schwankungen der Deklinationsnadel ungemein heftige waren ; sie be wirkten , dass die Missweisung sich im Verlaufe von nur

Vartomans von Bolonia u .

S.

w .

Franckfurt am

Mayen 1549. D III : » ... vnd vns richten nach

8 Minuten um 12 ° änderte. Gleichzeitig ward auch die

den kuglen Compassen vnd der aussweisung der meer thut.

aber ..... es war mir nicht möglich , alle Lücken

.. Unter der Voraussetzung , dass einfachen Instrumente die geographische Breite be- die Stellung der einzelnen Sterne wie Arcturus und stimmen kann . « (Dies gilt nur für den Augenblick Kanopus ursprünglich durch Beobachtung bestimmt

er , wenn er will , mit Hilfe der oben erwähnten ,

auszufüllen .

des Auf- und Untergangs und für Orte , die unter dem Aequator liegen ; aber sobald die Polardistanz eines Gestirnes bekannt ist , gehört nur geringe

war und mit Berücksichtigung der Präcession könnte man vielleicht die Breite des Ortes bestimmen , an dem die Erfindung (hiesse wohl richtiger : die

Uebung dazu, aus ihr und der Höhe des Gestirnes | Zusammenstellung ) » des Kompasses der Araber« zur Zeit des Meridiandurchganges die geographische Breite zu berechnen .) Bei dem Versuche, die Gegend zu bestimmen , für welche oder in welcher ursprünglich der Ent-

geschah, auch könnte man auf diese Weise finden , ob er auf der arabischen Halbinsel oder in einem

Kontore (Indiens ?) zu suchen ist .

seinem Südpole Anziehungskraft zu geben , müsse man das Eisen oder den magnetischen Körper nach Norden anlegen ; dann haben die Scholastiker den Pol des einen Körpers mit dem des anderen verwechselt, Norden mit Süden und avron mit gia-

ron . «< !! Ihm war bekannt , dass Falconet 1757 (Dissertation historique sur ce que les anciens ont cru de l'aimant , Memoires de l'Académie des inscriptions et belles lettres t. IV oder t. VI ?) urteilte: » Die Araber hatten ein Werk des Aristoteles, wel-

ches eine Abhandlung über den Magnet(stein) ent-

Israeliten mit arabischem Namen verfasst sind. Hierbei kommt auch ein Werk in Betracht ,

dessen Toderini erwähnt : De la literature des Turcs . Traduit de l'Italien en François par de Cournand ( Paris 1789. Troisième partie. Typo graphie Turque Chap. III . Des livres imprimés à Constantinople. X S. 112 . Traité de la vertu et de l'usage de la boussole. Original : Venedig 1787, t. III, pag. 112. » Fejüzat ü Miknatissie , von der Eigenschaft und dem Gebrauch der Bussole« ). Die ses kleine Buch von 23 Blättern oder Doppelseiten mit zwei schönen Abbildungen der Bussole wurde in Konstantinopel von Ibrahim Mutaferrikà gedruckt, der kaiserlicher Drucker war im Jahre 1144 moham medanischer Zeitrechnung. Einige haben gesagt, dass es eine Uebersetzung aus dem Arabischen war ; allerdings findet man bei Herbelot den Namen des

findet in den Bibliotheken so gefälschte Handschriften

arabischen Manuskriptes, welches die Eigenschaften des Magnetsteins behandelt, » Estanah vegredhab « be nannt ; aber in dem hier besprochenen Werke lesen wir, dass letzteres eine Zusammenstellung Ibrahims

dieser Uebersetzung, und man glaubt mit Recht,

war, die er lateinischen Werken entnommen hatte.

hielt, nach der Entdeckung der Bussole übersetzt, und in ihren Anmerkungen erwähnten sie dieser Kenntnis unter dem Namen des Aristoteles.

Man

dass Albert d . Gr. und Vincenz von Beauvais aus

S. 115.

Aber in unserer türkischen Ab

ihnen den Satz entnahmen, den sie als von Aristo- handlung liest sich der Hergang anders ; hier ist teles geschrieben angeben , in welchem der Philo-

er in abgekürzter Form .

soph mit der neuen Entdeckung bekannt erscheint.> Nach der Ueberschwem

Schiffe gab , welche den Ozean mit Gefahr durch

den Arabern stammen dürfte und dass sie spätestens besser gesagt 1302), dass in der Stadt Amalfi, im

von ihnen unsere mehr modernen Schriftsteller erhiel-

Königreich Neapel, in der Landschaft Aralisa oder

Er gibt aber seine Meinung noch nicht auf, sondern weist noch auf folgendes hin : obwohl die es von den Römern erwarten . Bei den Arabern findet man , was weder Griechen noch Römer

Grafschaft Molise , ein kenntnisreicher Manner schien , der die Kenntnis der Bussole , die er aus lateinischen Schriftstellern schöpfte, ordnete und in ein System brachte ; zur selben Zeit fand er den Magnetstein in Natolien, auf den Bergen von Manissa d . i . Magnesia ; darauf arbeitete er die Lehre der

thaten .

» Allein die Bibliotheca arabica de Casiri

Bussole aus , die einige Zeit später in Leipzig veröffent

zeigt eine Abhandlung eines Ungenannten : De arte

licht ist . Dieses nützliche Buch wurde geschenkt an die Gesandten Chinas , Englands , Frankreichs

Griechen über alle Stoffe Bücher schrieben , findet

man doch keines über Nautik , noch weniger kann man

nautica ( Die Kunst der Seefahrt) ( T. II p. 6) ,

Zur Terminologie fiir die Wirtschaftsformen der Erde.

157

und die Minister anderer fremder Staaten , die sich

» Während der Jahrhunderte , welche den unsterb

in den der türkischen Herrschaft untergeordneten

lichen Entdeckungen von Vasco da Gama, Christoph

Gebieten befanden , und nunmehr begannen die Schiffe in allen Meeren zu fahren nach bestimmten und

Columbus und Magellan folgten , verlor man die Schriften der Araber aus dem Gesichte und ge

weisen Grundsätzen .« Darauf spricht der Verfasser wöhnte sich daran , sie nicht mehr in Betracht zu von der Eigenschaft des Magnetsteins und dem Gebrauch der Bussole für die Seefahrt .

Magnus O. Celsius , in seiner Geschichte

ziehen . Thatsachen, die von ihnen enthüllt waren , gelangten nicht zur allgemeinen Kenntnis (oder Benutzung) , als bis sie auf anderem Wege wieder

der königlichen Bibliothek von Stockholm , spricht gefunden waren . Um die Arbeiten der Araber von diesem Buche nur ganz kurz : Abhandlung der richtig zu beurteilen , muss man sich zurückversetzen Stärke und des Gebrauches des Magnetsteins, aus

bis vor die Zeit der Entdeckung des Kaps der guten

dem Arabischen übersetzt ; 23 Blätter in 4 ” ; Preis :

Hoffnung und des amerikanischen Kontinentes (ist

Es kostete damals einen türkischen

Piaster ; aber es ist nicht eine Uebersetzung aus

hier wohl für Amerika im allgemeinen gebraucht) ; man erkennt dann die hohe Stellung, welche jene

dem Arabischen. Das Werk ist aus lateinischen

einnahmen , und den ihnen zukommenden Anteil

Schriftstellern geschöpft , wie es Ibrahim bezeugt, der diese Zusammenstellung anfertigte. Im vorigen Jahrhundert hielt es also selbst ein Türke für nicht angebracht , den Arabern die Er findung der Bussole zuzuschreiben , sondern er hielt es für das Wahrscheinlichste , sie sei vor längerer,

John Barrows an den späteren Entdeckungen .« in den » Travels in China« geäusserte Meinung, die

ein Piaster.

aber unbestimmter Zeit einem Unbekannten ge

lungen ; dem allgemeinen Gerüchte folgend, lässt er in neuerer Zeit die Verbreitung ihrer Kenntnis von

Scythen in den nördlichen Teilen Asiens hätten schon in ältester Zeit die Polarität des Magnet steines erkannt gehabt, darf wohl auf sich beruhen . Der Kompass ist ein Findelkind, aber nicht von hoher Abkunft , sondern er dankte sein Dasein und seine erste Ausbildung ge wiss Seefahrern und für diese arbeitenden

Amalfi über Deutschland sich verbreiten. (Deutsche Mechanikern. — Immerhin dürfte darüber in alten Sonnenuhren , die nach der Magnetnade in den Meridian gestellt wurden , waren eine Zeit lang besonders beliebt, s. Ruscelli, Molets). Nach alle dem ist Santarem beizupflichten ,

Handschriften , die ja an den verschiedensten Orten bald in grösserer, bald in geringerer Zahl vorhanden sein sollen , noch manches zu finden sein .

(Essai u . s. w . , S. 295 ) : »Nach unserem Wissen be zeugt keine genaue Angabe , dass Europa dieses Instrument durch Vermittlung der Araber (d . h . über Arabien) erhalten habe. Ich erlaube mir zu wiederholen : Alles begünstigt die Annahme, der Orient habe die bessere Einrichtung des Kompasses von Europa erhalten . Bertelli meint , Al . Neckam und Vincenz de

Beauvais (Ende des 12. und 13. Jahrhunderts) können vielleicht aus einer arabischen Uebersetzung des von Klaproth erwähnten chinesischen Buches » We li lun« geschöpft haben , auch hält er es für

Zur Terminologie für die Wirtschaftsformen der Erde. Von Georg Wegener (Berlin ).

Herr Dr. Ed . Hahn wünscht mit seinen im

»Ausland « 1891 No. 25 und in » Petermanns Mit teilungen « 1892 No. I veröffentlichten Aufsätzen über die Wirtschaftsformen der Erde vor allen Dingen eine klärende Diskussion hervorzurufen. Da die an geist

vollen Anschauungen , an überraschenden und an >

möglich, dass Pierre de Maricourt und Jean de St. regenden Neuheiten ungemein reichen Abhandlungen Amand (Ende des 13. Jahrhunderts ) eine und dieselbe eine Aufmerksamkeit in der That in hohem Maasse arabische Quelle benutzten ; deshalb rät er , nach - verdienen, so möchte ich wenigstens durch folgende zusehen in dem von De Rossi erwähnten Buche des

kleine Notiz zur Förderung einer solchen Debatte

Arabers Gezer Abulaz Ismaël: » Abhandlung über

beitragen . Wichtigere Fragen besseren Kennern des

die geistvoll erfundene Maschine. Trotz meiner Bewunderung für Bertellis Arbeit sehe ich , ehe nicht jenes Buch übersetzt vorliegt, und ehe nicht

Fachs überlassend, möchte ich einem Wunsche des Verfassers nach einem besseren Namen für seine als

thatsächlich der Kompass als darin beschrieben nach-

» Hackbau« bezeichnete Kulturstufe entgegenkommen . In der That ist dieser Name wenig günstig , nicht

gewiesen ist , keinen Grund, mich der von Bertelli gehegten Ansicht anzuschliessen. Alles gegen die Vermittlung der Araber in

nur weil , wie der Verfasser selbst anführt , auch der der „Gartenbau « sich der Hacke bedient » Plantagenbau « ja auch -- , sondern ebenso weil

Bezug auf den Kompass Vorgebrachte schmälert nicht deren Verdienst, uns manche litterarische Schätze

hier plötzlich die Benennung vom Werkzeuge ge nommen wird , während sie sonst , bei »Acker-« ,

und

» Plantagen-« und »Gartenbau ,

antikes Wissen

zu einer Zeit

erhalten

zu

von dem Objekte

haben , als es in Europa wenig beachtet war. Tira- der Bearbeitung ausgeht. Wenn man » Hackbau « boschi und Andres betonten dies ; ganz besonders hört, erwartet man naturgemäss auch » Pflugbau « aber dürfte der Ausspruch Reinauds zutreffend sein :

u . s. w. Da dieses letztere Prinzip aber nicht durch

che

Geographis

158

Mitteilungen .

Zum Schlusse sei darauf hingewiesen, dass gleich

führbar ist , so muss auch für die Kulturform des

sog. „ Hackbauso eine vom bearbeiteten Gegenstande zeitig auch Friedrich Ratzel auf den wichtigen Unterschied der verschiedenen Ackerbauformen auf hergeleitete Benennung geschaffen werden . Wer Entstehung von 'Terminologien kennt, merksam geworden ist. Im zweiten Bande seiner

wird von einer solchen Benennung nicht verlangen, Anthropogeographie, S. 741 seines leider indexlösen dass sie ohne jede Erläuterung genau die Sache und

Buches, unterscheidet er ungefähr dieselben Stufen ,

nur diese bezeichnet , wohl aber, dass sie charakte-

nur lediglich im Hinblick auf die gegenwärtige Ver

ristische Merkmale genug enthält, um für diesen be

teilung, und macht auch auf den wesentlichen Unter

sonderen Zweck geprägt werden zu können . So rufen die Worte » Graben « , » Horst « u. s. w . eine ganze Reihe verschiedener Vorstellungen hervor, es hat sich aber gezeigt, dass sie im Zusammenhange einer

schied in den Werkzeugen aufmerksam . Er bildet deshalb die Namen » Hack -Ackerbau « und » Plug

Ackerbau « , ohne jedoch nun weiterzugehen . Der Verfasser unserer Aufsätze wird es jedenfalls mit

geologischen Auseinandersetzung, einmal durch Defi- Freude begrüssen, mit dem ausgezeichneten Forscher nition bestimmt, vortreffliche, nicht missverständliche Dienste thun .

in dieser Weise zusammenzutreffen ; an einer voll kommenen Selbständigkeit Hahns kann aber nicht

Was ist denn nun das eigentlich charakteri- gezweifelt werden , da Schreiber dieser Zeilen die stische an der zu benennenden Kulturform ? Doch,, betreffenden Anschauungen von ihm bereits an

wie mir scheint, dies , dass in rohester Weise | fang vorigen Sommers, also lange vor Erscheinen ein Stück Land aufgelockert wird , damit ein paar

von Ratzels Buche, durch einen mündlichen Vor

Knollen oder Wurzeln hineingesteckt werden können, trag in einer wissenschaftlichen Vereinigung, ge die dann ohne weitere Pflege aufwachsen und Frucht

hört hat.

geben. In der Regel wird ein Fleck herrenlosen Bodens, etwa durch Niederbrennen eines Stück Ur

waldes , dazu gewählt und dann , wenn der An wohner gerade in der Gegend bleibt, noch ein paar mal wieder benutzt bis zur Erschöpfung. Es fehlt

Geographische Mitteilungen .

also vor allem die rationelle , zu einer Kunst ent

(Zoogeographisches aus Sumatra.) In dem

wickelte Bestellung des Bodens, wie sie für die an-

Aufsatze des Herrn Zondervan in Nr. 1 und 2 des

deren

mit dem Pfluge bestelltes Land matšox.hr mit

gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift war auch davon die Rede gewesen , dass ein deutscher Zoologe,

unserem Wort » Acker « , ein nach Art der chinesi-

der Professor an der » freien « Amsterdamer Universität

schen Gemüsekultur bestelltes »Garten« benannt wird ,

Max Weber , zu Fachstudien eine Reise nach Insulinde unternommen habe. Einige Daten über diese Expedition hat derselbe unlängst in einem vor der Niederländischen Gelehrten Gesellschaft gehaltenen Vortrage mitgeteilt.

Bodenkulturen

bezeichnend ist .

Dass

ein

damit kann man gewiss einverstanden sein. jene primitive Art des Landbaues haben wir kein vorhandenes Wort . Nun wohl, rufen wir die viel gerühmte bildende Kraft unserer Sprache an und schaffen uns eines ! In der Regel handelt es sich um Bestellung jungfräulichen Bodens; ich würde daher gerne die einfachen Ausdrücke » Urland “ und

Für

»Urlandbau « vorschlagen , in denen zugleich die Ursprünglichkeit dieser Bodenbauform angedeutet wird . Da man aber daran Anstoss nehmen kann, dass doch bisweilen dasselbe Land mehrmals ange baut wird , so dürfte man besser Rohland und

In Sumátra entdeckte er einen Süsswasserfisch , der

einem

schon 1862 von Hertogs erkannten Parasiten

als Wirt dienen muss ; stets kommen ein männlicher und ein weiblicher Parasit zusammen in den Hautfalten

dieses Fisches vor , und zwar hat das Weibchen eine raschere Entwickelung. Weiterhin besprach der Redner das Vorkommen mariner Tierformen in Binnenseen . Er erinnerte daran , dass schon 1862 die schwedische Akademie der Wissenschaften das Vorkommen von Ostsee - Krustaceen

im

Wener - und Wetternsee zum

Der Name » Rohland

Gegenstande der Diskussion gemacht hat, und dass man

bau « scheint mir durchaus die erforderlichen Eigen

seien Reliktenseen , welche noch in posttertiärer Zeit mit den offenen Meere in Verbindung standen. Auch

»Rohlandbau« einführen .

schaften zu besitzen ; er bezeichnet einmal das be

damals die Behauptung aufstellte, jene Wasserbecken

baute Land, wie die übrigen Termini, er drückt ferner den Charakter desselben aus, denn in rohem Zustande bleibt der Boden , mit den anderen ver-

den Baikal- und Titicacasee habe man auf Grund bio logischen Befundes zu Meeresexklaven machen wollen,

glichen , doch immer ; er erinnert endlich obenein

Reaktion erhoben und es sei darauf aufmerksam

an die unvollkommene Art und Weise der Bestel-

macht worden , dass und wie jene Krebstiere aus dem Meere in die Seen gelangt sein könnten. Auch Webers Resultate fallen gegen die Annahme zahlreicher Relikten

lung und schliesst so zugleich den vom Verfasser vornehmlich beabsichtigten Sinn seines Wortes

» Hackbau « ein . Der Gefahr , dass der Ausdruck » Rohland« mit „ Urland« verwechselt wird , beugt

und da habe sich dann von geologischer Seite eine ge

seen und gegen Schmardas Lehre von der Einheitlich

keit derWeber Süsswasserfauna auf der ganzen Erde zuinsdenen Ge Formen, fand in Hinterindien wicht.

die Definition vor, die ihn eben für die betreffende

in Europa jedes Analogon fehlt , und die Zerteilung in

Wirtschaftsform stempelt ; die Erinnerung an das

Arten stellte sich als eine in manchen Fällen von den europäischen Verhältnissen grundverschiedene heraus.

Urland kann aber gar nichts schaden .

1

Litteratur.

So kennt unser Erdteil von den zu den Krustern ge hörigen Dekapoden nur 4 , Niederländisch - Indien da gegen 69 Arten, welche sich zu 19 Gattungen zusammen fassen lassen ; 33 von diesen 69 Arten kommen auch in Salz- und Brackwasser vor . Obwohl also Weber

159

als Wasserscheide der Raab. S. 60 werden die von der Sektion

» Austria « des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins aus geführten » Wegverbesserungen des Dachsteinanstieges von der

Ramsau (Austriahiitte )« dem Steirischen Gebirgsvereine zuge. schrieben. S. 108 und S. 113

also zweimal

erfahren wir,

dass die niederen Tauern mit dem Hochgolling beginnen , also

z . B. in dem 362 m über dem Meeresspiegel gelegenen Singkawasee Isopoden -Gattungen auffand, wie sie auch im Meerbusen von Bengalen , sowie an den Korallen

riffen des Inselchens Singapore auftreten, fand er doch durch seine Forschungen das vielfach behauptete Vor handensein einer wirklichen Reliktenfauna in den Binnengewässern

bestätigt.

der hinterindischen Inselwelt nicht

( Nach Mitteilungen des Herrn Prell in

um etwa 45 km (d . i . um die Züge der Radstädter und einen

Teil der Schladminger Tauern) verkürzt werden . Der Ursprung der Mur ( 1926 m , am Fusse der Brunnwand ) ist bei Krauss » am Marchkarek 2680 ma . Durch welchen Teil Salzburgs die Mur anfänglich fliesst , ist Krauss unbekannt : S. 121 » Sie durchfliesst zuerst den Schmalzgraben, dann das Lungaua. S. 112 erklärt Krauss , dass er der Einteilung Sonklars , nach welcher ein ausgedehntes Kalkalpengebiet zu den Centralalpen gezählt

wird , gefolgt sei ; dies hindert ihn nicht S. 108 zu erklären : » Centralalpen oder Urgebirge « . Krauss scheint nie im steiri schen Urgebirge einen Spaziergang unternommen zu haben, denn S. 108 sagt er : » Nur in den höchsten Erhebungen über 2000 m durchbricht nacktes Urgestein den Rasenteppich «. Krauss hat

Amsterdam .)

sich auch nie die Mühe genommen , eine Karte oder eine der

Litteratur.

vielen Abbildungen der Dachsteingruppe, besonders der sogen . bis nahe 3000 m aufsteigenden Südwand anzusehen , denn S. 109

Die eherne Mark .

Eine Wanderung durch das steirische

Oberland von Ferdinand Krauss.

Mit über 100 Abbil

dungen von F. Gerasch , Ernestine von Kirchsberg, Karl O’Lynch , Ernst Payer und Georg Weineiss, so wie aus der » Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie in Wort und Bild « , den » Mitteilungen « der k. k. Centralkommission

nennt er als » die markantesten Spitzen des Aussenrandes der Hoch fläche die Scheichenspitze 2662 m und den Rettenstein 2245 m « , wovon letztere freie zahme Kuppe über 2 km vom Aussenrand entfernt ist .

S. 110 wird der Stoderzinken , 2047 m , als dic

höchste Erhebung des Kammergebirges (statt Kammspitze 2141 , welche wenige Zeilen später angeführt ist) bezeichnet. Unrichtig

für Kunst und historische Denkmäler und dem » Kirchen

ist die Ausdehnung des Toten Gebirges, falsch dessen Charakter

schmuck « . Erster Band . Mit zwei Karten von Alfons Egle, k . k . Hauptmann. Graz 1892. Druck und Verlag » Leykam « .

angegeben . Der Hauptkamm der Tauern berührt mit dem Mereck

XVI u . 479 S.

Gr. 8 .

Die Reklame, welche für den vorliegenden ersten Band des auf zwei Bände berechneten Kraussschen Werkes über Obersteier von einem Teile der steirischen Tagespresse, ja sogar

in den Mitteilungen des » Deutschen und Oesterreichischen Alpen vereins « gemacht wurde, ist die Veranlassung zur nachfolgenden Besprechung in dieser Zeitschrift. Denn dieses Buch vereinigt in wirklich seltsamer Weise Unkenntnis der einfachsten geo

graphischen Begriffe und der Topographie von Steiermark mit einer unglaublichen Flüchtigkeit der Ausarbeitung, welch letztere Eigenschaft die zahlreichen Widersprüche — oft in wenigen Zeilen beweisen .

Die Benutzung einer nicht unbedeutenden Anzahl (und gerade der besten) von Illustrationen aus dem Bande Steier. inark des Volksbuches » Oesterreichisch -Ungarische Monarchie in Wort und Bilde hinderte Krauss nicht , zu erklären , dass wir

die steirische Grenze (und nicht mit der Kalkspitze). S. 115 » der tief eingeschnittene Sattel von Wald « und S. 121 » beim flachen Sattel von Walda. S. 117 wird der Königstuhl, 2331 m , als höchster Punkt des südlichen Zuges der Centralalpen be zeichnet , und später Eisenhut , 2441 m , als Berg derselben Gruppe

angeführt.

Der Sattel S.

118 ist bei Station St.

Lambrecht

(Schauerfeld ) und nicht bei Neumarkt. S. 121 der Liesingbach entspringt im Tauernzug und nicht » beim flachen Sattel von Wald « . Von den Zuflüssen der Mur fehlt der Mixnitzbach , von den Flüssen Obersteiermarks einer der grössten , die Feistritz.

Der Zwerfenberger -See liegt in Salzburg (und nicht in Steier mark ). Der untere Giglachsee liegt östlich vom Kamp (und nicht Kalkspitze ). Die Seen des Sölkergebietes liegen bei Krauss zum Teil in den Tauern und zum Teil im südlichen Zuge der Centralalpen . Man miisste fast die ganze geographische Uebersicht ab . schreiben , wollte man alle Fehler berichtigen ; Fehler, die der

» absolut kein für die breitere Masse des Volkes berechnetes hand

flüchtigste Baedekerreisende, ja sogar bei vollkommener Unkenntnis

liches Buch besitzen « . Um diese Lückeauszufüllen , stellt sich Krauss

des Landes , beim Vergleich mit einer Uebersichtskarte vermie .

die Aufgabe, ein Werk zu schaffen , das nicht nur die Gebirgs

den hätte.

verhältnisse des Landes, sondern auch dessen Kultur und Geschichte

Die beiden Routen I und II von S. 127 bis zum Schluss

Krauss' Forschungen für Obersteier erläutert werden. Krauss sandte an die Schulleitungen, Vereine u . s. w. Fragebogen und

bilden nur einen Fremdenführer. Die Angabe der Vereine in den kleinsten Nestern, der Preise der Zimmer in der Form von Jauter Daten , die 60 kr. bis 1.50 A. , Markierungen u. s . w.

ausserdem einen bei Leykam « gedruckten Brief mit dem Pro .

häufig während des Druckes bereits veralten

spekt und (um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden)

Gegenstand eines Volksbuches ; als Reisebuch aber ist der vor liegende, gebunden über ein Kilo wiegende Band, der fast allein

behandeln soll .

Zunächst möge den Lesern die Methode von

dem Ansuchen um eine Subvention zur Abfassung und Heraus

sind sicher nicht

gabe seines Werkes .

schon den Rucksack des Touristen füllt , wo Unwesentliches breit

Der erste Band enthält eine Einleitung von 126 S. und clie beiden Reiserouten I. Wien -Semmering-Bruck -Graz, II . Bruck

behandelt ist , Wichtigstes oft kaum erwähnt wird , die Quellen meist fehlerhaft benützt sind , ganz unbrauchbar. Nur einige Be lege mögen für die Richtigkeit dieser Beurteilung angeführt

Leoben -Hieflau

also den östlichen Teil von Obersteier.

Die in der Einleitung gegebene Geographie von Obersteier ist geeignet, auswärts die Vermutung zu erregen , dass den Ein heimischen die Steiermark zu ebenso unbekannten Gebieten ge höre, wie etwa Inner- Asien oder Central-Afrika. Es mögen nur

werden .

S. 220 und 221 schreibt Krauss die Namen des be

kannten J aussnerschen Panoramas vom Rennfeld al) mit fol

genden Ausschmückungen: » ... in der Horizontlinie anschliessen nun steigt die Horizontlinie in ruhigen Konturen hinan ...

folgende Stellen angeführt werden : S. I wird Obersteiermark im

es verflacht sich hierauf die Horizontlinie ...«

Osten durch die Wasserscheide der Raab begrenzt, erläuternd wird » somit der Höhenkamm der östlichen Thallehne des Mürz

dem Wechsel stehenden Teufelstein sagt Krauss, » dessen (des Wechsel) Kulmination den Teufelstein verbirgt « . Aus dem vom Rennfeld nur durch das Breitenauer Thal getrennten, 13 km ent

thales beigefügt . Neu ist sicher die Wasserscheide eines Flusses; selbst bei allen möglichen Erweiterungsversuchen des Begriffes Wasserscheide wird man leichter den Kaukasus als


Kopaonik und dessen Verzweigungen ausgearbeitet .

Grunde durch das Herabnehmen der Rinde zum

Aus der Tara wird dasselbe dann in Flössen auf

Decken der Sennhütten .

der Drina , Save und Donau weiterbefördert, bis

wo die Natur selbst für die Wiederbebauung- und

Und endlich auch dort,,

Gradischte herab, und vom Fusse des Kopaonik in Bewaldung der kahlgeschlagenen Gegenden zu sor den Thälern der Morawa und Rasina nach allen gen bestrebt ist , wird ihr dies unmöglich gemacht

Städten an der Goliska wie an der Binatschka

durch das willkürliche Austreiben und Loslassen

Morawa.

der Herden , welche allenthalben eine Verjüngung des Waldes hintanhalten , indem sie das eben erst

Nach dem einschlägigen Gesetze, betreffend die

Wald- und Forstwirtschaft, zerfällt der Wald in Aufgesprosste ausreissen oder daran das Laub ab Rücksicht auf seinen Besitz und Betrieb in drei von

fressen , nachdem es eben ein wenig erstarkt. Alle

einander sehr verschiedene Kategorien : der grösste Teil der Wälder fällt unter die erste Kategorie,

diese Umstände sprechen ziemlich deutlich dafür, dass da, wo derartig gewirtschaftet wird, keine Rede

die das Eigentum der Nation ist. Hier hat nach dem erwähnten Gesetze jedermann das unablösbare

sein kann von einem Schutze, einer Pflege und Hebung des Waldes in der Weise, wie es dieser so

Recht unbeschränkter und unentgeltlicher Nutz- wichtige Teil des Volkswohlstandes verdient. Die niessung (ohne jedwede besondere Erlaubnis), soweit nachteiligen Wirkungen einer derartigen Bewirtschaf dieselbe sich bloss auf den häuslichen Bedarf und

auf Brennholz und nicht auf Spekulation und Bauholz erstreckt ; im letzteren Falle ist nämlich eine

Ermächtigung seitens der Obrigkeit nötig und eine Taxe von etwa 7 Mark für den Eichenstamm und

tung machen sich fühlbar genug geltend in der all mählichen Entwaldung des Landes und deren schäd lichem Einfluss auf die allgemeine Landeskultur und die klimatischen Verhältnisse, insbesondere in dem Austrocknen der kleineren Gewässer und dem

eine solche von 3,50 Mark für die Rotbuche zu entrichten. Bei einem Schadenfeuer dagegen darf

starken Anschwellen der Gebirgsbäche u . s. w.

dieses so weit ausgedehnte Recht des Individuums

des Landes verständig auszunutzen , anstatt dem

In die serbische Forstwirtschaft hat sich schon der Beschädigte das zum Neubau erforderliche Holz seit langem ein höchst fehlerhaftes Prinzip einge im Walde unentgeltlich schlagen. Indes kommt schlichen. schlichen. Anstatt nämlich dieses grosse Kapital

fast ausschliesslich den Bewohnern der anliegenden

selben den grösstmöglichen Aufwand zu eröffnen ,

Ortschaften zu gute. Die zweite Kategorie von Waldungen gehört dem Staate , der sie gegen

kurz anstatt dieses mächtige Kapital in möglichst kurzer, durch die Waldkulturlehre vorgeschriebener Zeit umzudrehen , hat hier das Sparsamkeitssystem die Oberhand behalten : es soll möglichst wenig

einen nach der Qualität des Holzes und der Grösse des Areals sich bemessenden Pachtzins an Private

überlässt. Die dritte Kategorie endlich ist im Besitze

geschlagen werden, das war bislang die Devise der

von einzelnen Personen , Klöstern oder Ge-

serbischen Forstleute . Auf Grund dieses Prinzips

meinden , welche ihre Waldungen um so mehr nach

ist auch die Holzausfuhr aus Serbien

durch

Belieben bewirtschaften oder bewirtschaften lassen

schiedene Formalitäten , und dann im

besonderen

ver

konnten, als es auch der Staat selbst in seinen eigenen auch durch unverhältnismässig hohe Zollgebühren Forsten an der nötigen Beaufsichtigung fehlen liess und

erschwert.

Indessen hat es eine Sparsamkeit in

seine Organe thun konnten , was sie wollten . Auf diesem Sinne in Wirklichkeit nie gegeben, weil die diese Weise sind die Wälder schonungslos nieder- jenigen, welche ein Waldeigentumsrecht in die Hand gehauen worden und niemand hat sich darum bekümmert oder Rechenschaft darüber gegeben , was zuletzt aus denselben werden würde.

Der Hieb in

den Bergen ist gleichbedeutend geworden mit Plün

derung und Verwüstung (Kahlschlag), – eine That sache, die auch ihren bezeichnenden Ausdruck er halten in dem so verkehrten Prinzip : » krtschewina tekowina« (Rodeland – erworbenes Land). Und was noch mehr ist , der Wald wird nicht bloss

durch das Roden , das unrationelle Reinigen , das >

bekommen haben "), die schönsten und zugänglichsten Wälder einfach vernichtet und nirgends Neuan 1) Im Jahre 1885 wurden beispielsweise 1983 Personen wegen unbefugten Waldabtriebes angeklagt ; davon wurden 848 verurteilt, 440 freigesprochen , während man nach den Berichten der Polizeibehörden , welche dem Ministerium der Volkswirt

schaft unterbreitet worden sind , von 679 Fällen nicht weiss, was und wie es damit gewesen ist ! Dies allein schon kann als hinlänglicher Beweis gelten für die Umsicht und Sorgfalt der serbischen Forstbeamten .

Geographische Mitteilungen.

191

solch

(Tuat.) Die Oase Tuat im Südosten von Ma

unrationellen Forstbetrieb hat man es heute in Ser-

rokko, ein wichtiges Bindeglied der Kette, durch welche Frankreich von Algerien aus das wichtige Timbuktu mit seiner Interessensphäre verbinden möchte, scheint gegen wärtig im Begriffe, das ohnehin nur lockere Verhältnis,

pflanzungen vorgenommen haben .

Durch

bien bereits soweit gebracht , dass in das wegen seiner Waldungen weithin berühmte Land nicht nur aus Krain und Steiermark auf der Save und Donau ,

sondern auch aus Oberungarn auf der Theiss und sogar aus Deutschland Bau- und Nutzholz einge führt wird ; auch Brennholz wird importiert und

in welchem dieses Ländchen bisher noch zu dem marok kanischen Sultan stand, vollständig zu lösen. Eigentlich werden unter dem

erwähnten Gesamtnamen die drei

Oasen Tidikelt , Gurara und Tuat im engeren Sinne)

zwar hauptsächlich aus Slavonien. Auf diese Weise begriffen. Den von Fez aus gemachten Versuchen, die Zügel etwas schärfer anzuziehen , trat die französische

ist für Serbien ein unermesslich grosses Kapital verloren gegangen , ohne dass es von demselben auch nur irgend welchen merklichen Nutzen ge-

Kolonialregierung energisch entgegen, indem sie zugleich

habt hätte. )

Kredit von der Landesvertretung erbat. Auch scheinen

» Unser Volk « , sagt der gelehrte Pantschitsch , » hat gewirtschaftet wie ein echter Verschwender,

die Emissäre des Sultans, durch welche er die Unge

treuen zu ihrer angeblichen Pflicht zurückzuführen ge

der unaufhörlich aus vollem Beutel niemals aber etwas hineinthuts.

dachte, einen sehr herben Empfang gefunden zu haben, schwerlich wohl ohne Mitwissen und Mitwirken der

herauszieht,

für stärkere Besetzung der algerischen Grenzposten einen

französischen Diplomatie. Dagegen sei , Oraner Kor Indes lässt sich nicht leugnen , dass trotz der mannigfachsten , lähmend auf den Aufschwung der Waldwirtschaft

wirkenden Umstände es den Be

mühungen der Regierung in der letzten Zeit doch wenigstens gelungen ist , durch Uebernahme eines grossen Teiles der best geschonten und nutzbringendsten Waldungen in ihren Schutz und ihre Verwal-

tung , durch Belohnungen und Zugeständnisse an

respondenznachrichten zufolge, die Hinneigung der Be

wohner Tuats za Frankreich eine ganz ausserordent liche. Man darf wohl vermuten , dass plötzlich die Aufrollung der » marokkanischen Frage « von dem Ende aus erfolgt, welches dem Hafen Tanger, auf den Eng land und Spanien hauptsächlich ihr Augenmerk richten ,

diametral entgegengesetzt ist , denn der Wunsch der

Franzosen , sich von Norden her dem ersehnten Nigir zu nähern , ist ein allzu lebhafter. (Revue de la Société

eifrige und intelligente Forstwirte , durch bestmög liche Berücksichtigung berechtigter Eigentümlich- | Géographique de Tours, IX. Année, Nr. 2.) ( Das mexikanische Wurfbrett.)

Ueber alt

keiten das allgemeine Interesse und den Sinn für Erhaltung des Waldes und einen rationellen Forst

mexikanische Wurfbretter, von denen einige reich ver

betrieb in der Bevölkerung einigermaassen zu fördern

zierte Exemplare auf uns gekommen sind, hatte E. Seler im 3. Bande des » Internat. Arch . f. Ethnographie « ge

und zu heben .

Geographische Mitteilungen . (Bates. ) Henry Walter Bates , der ausgezeichnete englische Naturforscher und Reisende, starb am

handelt. Noch etwa ein Jahrhundert nach der spani schen Eroberung war dieser zum Schleudern des Speeres bestimmte , auf alten aztekischen Bildern zum öfteren abgebildete Apparat noch im Gebrauche bei den In dianern Centralamerikas, aber seitdem schien er ganz der Vergessenheit anheimgefallen zu sein .

Auch war

derselbe nicht in allen Ländern, die dem Aztekenkaiser huldigten, gleichzeitig im Gebrauche, so liegt z . B. keine

16. Januar d . J. in London an der Influenza. Geboren am 2. Februar 1825 zu Leicester , gewann er früh ein grosses Interesse für Naturgeschichte, besonders Ento mologie , und begleitete im Jahre 1848 seinen Freund A. R. Wallace in die so wenig bekannten Gegenden des Amazonenstromes, wo er elf Jahre blieb, die Pflanzen

Nachricht von der jetzigen Provinz Michoacan vor, deren Bewohner vielmehr, wie glaubhaft bezeugt wird , sich lediglich des Bogens und der bekannten Nationalhieb

und Tierwelt studierte und für das Britische Museum

ein Eingeborener, als ihn der Reisende Bourke be

sammelte. Vier Jahre nach seiner Rückkehr veröffent

suchte, gerade bei der Jagd bediente. Aeusserlich stimmt

lichte er sein berühmtes Werk » The Naturalist on the

dasselbe, von Verzierungen abgesehen , mit uralten Wurf

River Amazonas « ( 1863 , 2 Bde .; 3. Aufl. 1873 ; deutsch

brettern überein , welche Stolpe und Strebel beschrie

1866), welches grosse Anerkennung, besonders auch von Seiten Darwins , fand. Bates schreibt man gewöhn

waffe aus Obsidian bedienten . Aus eben dieser Provinz

hat nun aber 0. T. Mason , Direktor des Völkermuseums

in Washington , ein Wurfbrett empfangen, dessen sich

lich die Entdeckung der Mimicry in der Tierwelt zu .

ben haben. Sehr bemerkt zu werden verdient, dass dieses mexikanische Wurfbrett erheblich von anderen Werkzeugen von gleicher Tendenz abweicht, wie sie

Seit 27 Jahren bekleidete er in der Londoner Geogra-

bei südamerikanischen Stämmen unter dem Aequator

phischen Gesellschaft die Stellung eines Secretärs und

und bei den Eskimos des hohen Nordens nachgewiesen

Herausgebers der » Proceedings « ; dieselbe erleidet durch

worden sind.

Seler hält dafür, dass die nämliche Er Orten der Erdoberfläche

seinen Tod einen schweren Verlust. Ausser dem ge - findung recht gut an distanten nannten Werke hat Bates noch eine grössere Reihe

gemacht werden konnte , und dass ein innerer Zusammen

anderer wertvoller Bücher und Aufsätze geliefert. (Mit- hang zwischen mexikanischen, peruanischen und Alaska teilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .) 1) Von dem so bedeutenden Kapital hat der Staat z. B.

im Jahre 1886 nur 30 000 Dinar (= Francs) Einkünfte gehabt.

Wurfbrettern unwahrscheinlich ist . (Globus, XI. Band. S. 97 ff.)

192

Litteratur.

Litteratur. Christoph Columbus. Von Sophus Ruge. Mit Columbus'

» dritten Gesetzes « beschenkt haben, wenn er ein so nüchterner,

leidenschaftsloser Denker gewesen wäre , wie sein Vorgänger

Bildnis und einer Karte . Dresden 1892. Verlag von L. Ehler mann . II. 163 S. 8º. Unter dem Titel » Führende Geister « gibt Anton Bettel. heim die Biographien bedeutender Männer heraus, und das hier vorliegende Bändchen ist das vierte in der ganzen Reihe. Die Aufgabe war dem berufensten Sachverständigen übertragen und ist von demselben in einer Weise gelöst worden , dass der doppelte Zweck , einerseits eine anregende Lektüre für weitere Kreise zu

Coppernicus

bieten und andererseits auch den Fachmann zu fesseln , als er

schrift « gewiss von jedermann mit Vergnügen gelesen wurden,

Ein Ausflug nach Spitzbergen . Von Leo Cremer , Bergreferendar. Mit wissenschaftlichen Beiträgen von Prof. Dr. Holzapfel, Dr. Karl Müller (Halle) , Dr. F. Pax , Dr. H. Potonié und Prof. Dr. W. Zopf. Mit i Porträt , 12 Abbildungen, 1 Tafel und i Karte . Berlin 1892. Ferd . Dümmlers Verlagsbuchhandlung. 80 S. 8º. Während diese Blätter in der Naturwissensch . Wochen

reicht gelten kann. Prof. Ruge ist mit der neuerdings ungeheuer

lag wohl kaum eine wirkliche Veranlassung zur Veranstaltung

angewachsenen Litteratur über den Entdecker auf das beste ver

einer Buchausgabe vor. Dazu war denn doch die Fahrt, welche der Verfasser mit vollem Rechte als einen » Ausflug « bezeichnet , zu wenig interessant. Herr Cremer weiss frisch und anmutig zu erzählen, allein die Reise , welche nicht ganz den 80. Parallel erreichte, verlief so ganz ohne Zwischenfälle, dass das Tagebuch

aut , wie das am Schlusse beigegebene Verzeichnis darthut , das nicht weniger als 55 Nummern aufweist , darunter allein 12 selb ständige Schriften aus der Feder des gelehrten Harrisse. So dürfen wir denn das hier Gebotene mit allem Rechte als die

Quintessenz dessen betrachten, was zur Zeit über die Entdeckungs fahrten des grossen Genuesers gesagt werden kann . Der Ver fasser orientiert uns in der Einleitung zunächst über den Stand

nur ein ziemlich gleichförmiges Gepräge erhalten konnte , und

Hälfte des 15. Jahrhunderts und gibt sodann Aufschluss über Herkunft und Geburtsort seines Helden . Viele italienische Städte machen Anspruch darauf, dessen Geburtsort zu sein , doch können

von wissenschaftlichen Ergebnissen lässt sich bei solch rascher Küstenfahrt auch kaum sprechen. Als Reisezwecke werden ge nannt » die Untersuchung der See- und Landverhältnisse Spitz bergens und Bären - Eilands in Bezug auf ihren Reichtum an Tieren für Fischfang und Jagd und gleichzeitig ein ein. gehenderes Studium der seit Jahrhunderten bekannten und im

nur Savona und Genua ernstlich in Betracht kommen , und zwar

Rufe grosser Ergiebigkeit stehenden Kohlenlagerstätten daselbst. «

sprechen die urkundlichen Belege entschieden für letztere Stadt.

der maritimen und geographischen Verhältnisse in der zweiten

1447 zu setzen. Der Verfasser bespricht dann den » Roman des

Am 26. Juli 1891. ging die » Amely « mit der Reisegesellschaft von Hamburg ab und am 25. August befand sie sich bereits wieder im Hafen von Hammerfest ! Konnte im Verlaufe der

Jugendlebens «, indem er zugleich die Gründe erörtert, aus welchen

drei Wochen, welche das Schiff im eigentlichen Polarmeere zu

damals überhaupt auf die Existenz eines Landes im fernen Westen

durchdringen , dass alle die Einwürfe, welche ihm die auf Ge heiss des Hofes niedergesetzte Kommission machte , ihn nicht aus dem Sattel zu heben vermochten . Sehr eingehend wird die erste Reise geschildert , welche zur Entdeckung von Guanahani

brachte , wirklich für die erwähnten Ziele etwas Nachhaltiges geleistet werden ? So beschränken sich denn auch die Angaben über die Kohlen der Bären -Insel auf 34 Zeilen . Den in touristi schen und naturwissenschaftlichen Dingen gründlich erfahrenen Mitgliedern der kleinen Expedition war, wie wir zu wissen glauben , die Art und Weise, wie Kapitän Bade seine Aufgabe auffasste, nicht durchweg sympathisch , und der Leser des Reiseberichtes wird sich des Gedankens nicht entschlagen können , dass mit den Mitteln , welche die Grossmut des bekannten Stuttgarter Kauf

führte ; bekanntlich ist man über die Identität dieses Eilandes

mannes zur Verfügung gestellt hatte , auf anderem Wege ein

Das Geburtsdatum ist in das Intervall 25. Mai 1446 bis 20. März

geschlossen wurde. Vag genug waren dieselben, aber Columbus konnte sich ausser auf sie auch auf das empfehlende Gutachten einer Autorität ersten Ranges , des Florentiner Mathematikers Paolo Toscanelli , stützen , und von diesem liess er sich so

noch nicht zu vollkommener Klarheit gelangt , doch sprechen die von Herrn Ruge kritisch gewürdigten Gründe am meisten für die heutige Watlings-Insel . Je ein weiteres Kapitel ist den Ergebnissen der ersten Fahrt , der bekannten Teilung der Erde zwischen Spanien und Portugal und einer Charakteristik des

höherer Gewinn für die geographische Wissenschaft zu erzielen gewesen wäre. Ohne Frage hat Herr Cremer mit grossem

Eifer gesammelt, allein im Fluge können solche Sammlungen nur auf gut Glück gemacht werden , und so darf man sich nicht

wundern , wenn der Bearbeiter der mitgebrachten Laubmoose,

Menschen Columbus gewidmet. Das Bild des Entdeckers ist der

Herr Dr. K. Müller, bemerkt, es finde sich darunter » nichts

Madrider Nationalbibliothek entnommen , und als Kartenskizze ist die Abbildung des Ozeanes nach dem Behaim schen Globus ge wählt , wobei die wahren Grenzlinien des festen und flüssigen Ele mentes mit schwachen Konturen gleichfalls eingezeichnet sind . Bei aller Anerkennung der grossen Treue und Vollständig keit , welche der Verfasser in allem Thatsächlichen bethätigt,

Bemerkenswertesa .

kann doch der Berichterstatter nicht von dem Buche scheiden , ohne seiner abweichenden Ansicht in einem wesentlichen Punkte Ausdruck zu verleihen. Den Charakter des Columbus und

Die Botaniker , welche über die gesammelten Stücke in besonderen Anhängen berichten , gehen jedoch teilweise über diese ihre nächste PAicht weit hinaus und liefern kleine Essays,

welche zusammen den wissenschaftlich wertvollen Teil der Vor lage ausmachen.

So gibt Herr Pax eine sehr lesenswerte , mit

ansprechenden geschichtlichen Rückblicken ausgestattete Ueber

aber darin hatte er doch wohl Recht , dass man einen solchen

sicht über Flora und Vegetation von Spitzbergen , und Herr Potonié benützt ein auf Bären-Eiland gefundenes, gut erhaltenes Exemplar von Knorria imbricata , um daran eine selbständige Analyse dieser Gattung, mit Rücksicht auf deren phytopaläonto logischen Charakter überhaupt , anzuknüpfen . Die Abbildungen der lebenden und der fossilen Pflanzen sind sehr gut ausgeführt ; das Routenkärtchen wäre besser in etwas grösserem Maasstabe angelegt worden , wofür dann die Karte von Spitzbergen selbst ohne Schaden in Wegfall kommen konnte. Die nach Photogrammen angefertigten landschaftlichen Skizzen lassen mehreremale etwas an Deutlichkeit zu wünschen übrig. Das Porträt ist dasjenige des nautischen Führers der

Mann nicht mit dem in vielen anderen Fällen ganz passenden

Expeditions, des Kapitäns Bade.

seine Stellung zur zeitgenössischen Wissenschaft beurteilt unser Historiker der Erdkunde entschieden allzu ungünstig. In Stück 18

des Jahrganges 1877 der Gött. Gel. Anzeigena polemisiert Wappaeus sehr scharf, unseres Erachtens zu scharf, gegen das Bild , welches Herr Ruge damals schon von der » Weltanschauung des Columbuse entworfen hat, und dessen Grundzüge sich auch in der gegenwärtigen Schrift wiederum erkennen lassen . Der Göt tinger Geograph hatte grosse Vorliebe für Columbus und ist auch mit Peschels Geschichtswerke strenge ins Gericht gegangen ,

>

S. Günther.

Maasstabe messen darf. Wäre Columbus ein echter und rechter

Gelehrter gewesen, hätte ihn nicht neben mancherlei – teilweise

nicht ganz verarbeitetem -- Wissen jene bekannte Hinneigung zum Mystischen und Abenteuerlichen erfüllt , so wäre er schwer lich das geworden , was ihn sein Schicksal werden liess. Wir möchten ihn in dieser Hinsicht neben Kepler stellen , und auch

dieser würde die Welt niemals mit der grossen Entdeckung seines

Berichtigungen. S. 145 , Z. 2 v. u . , lies Churg statt Schurz.

S. 150 , z . 13 V. u . 1

fehlt nach Mittlere jährliche Bewölkung ein Divisionszeichen . – S. 150, Z. 6 S. 170, Z. 3 , v . 0. lies J. A. statt C. A. v . o . , lies + I statt + 8 .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65 , Nr. 13.

Stuttgart, 26. März 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

In- und Auslandes und die Postämter.

MDE XIL

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin) . S. 193 . - 2. Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften. Von J. J. Egli (Zürich ). S. 198. 3. Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer . -

Von P. Asmussen (Leck in Schleswig -Holstein ). S. 199 . 4. Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie. Von Emanuel Czuber (Wien). S. 202 . 5. Geographische Mitteilungen. (Denudation in der Wüste ; Neues Tiefenlot .) S. 206. 6. Litteratur. ( Wilken-Pleyte ; Fennia .) S. 207 .

schliessen musste und , wie ich an anderer Stelle Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin).

Vorbemerkung . Von den Briefen , welche der Begründer der

(»Biologische Zeitfragen« , Berlin , H. Paetel , 1889 , S. 262 und » Deutsche Rundschau« LXVII , 1891 ,

S. 389) berichtet habe , sich kurz vorher dem Stu

dium der Theologie zugewendet hatte. Nach der Heimkehr war freilich davon nicht mehr die Rede.

neuen Entwickelungslehre während seiner Erdum segelung 1) in den Jahren 1832 bis 1835 an seinen

In jedem Briefe spricht er die Sprache des Natur forschers, und zwar die des Entdeckers. Freund und Lehrer Henslow schrieb , sind erst Hinsichtlich der vorliegenden Auszüge muss ich wenige veröffentlicht worden . Sie haben aber alle zur Rechtfertigung ihrer fragmentarischen Form be ein historisches und biographisches Interesse. Dennmerken, dass sich an 43 verschiedenen Stellen durch man erfährt daraus, wie früh schon die Keime seiner lange Punktreihen angedeutete Lücken in dem mir späteren grundlegenden Arbeiten in Darwin sich von Darwin selbst im Jahre 1869 zugesendeten

regten. Daher haben die folgenden Auszüge, die

Privatexemplare finden . In der grossen Sammlung

ersten wissenschaftlichen Aeusserungen des grossen

der 1887 von seinem Sohne Francis Darwin

Genius, mehr Wert, als es, nach ihrer Formlosigkeit herausgegebenen Briefe ist nur der erste Brief (vom zu urteilen , scheinen könnte.

Die Briefe wurden im Dezember 1835 in wenigen Exemplaren als Manuskript gedruckt zur privaten

18. Mai 1832) abgedruckt, vom vierten (vom 11.April 1833) ein Teil und vom siebenten (vom März 1834) ein sehr kleiner Teil. Diese drei Stücke sind des

Verteilung an die Mitglieder einer wissenschaftlichen Gesellschaft in Cambridge, und zwar infolge des Interesses , welches einige der in ihnen enthaltenen geologischen Bemerkungen erregten . Diese waren

halb hier fortgeblieben . Uebrigens findet man dort nur wenige von den obigen Lücken ausgefüllt, ob

in einer Sitzung der Gesellschaft am 16. November 1835

briefe vollständig zu veröffentlichen.

vorgetragen worden .

Die vorliegenden Bruchstücke , von denen ein Teil in einer zu wenig verbreiteten kleinen Schrift

wohl es von mehr als bloss geschichtlichem und biographischem Wert wäre, gerade diese ersten Reise

So berichtet Prof. Henslow und fügt hinzu : »Die hier ausgesprochenen Ansichten dürfen nicht anders aufgefasst werden , denn als erste Gedanken , welche dem Reisenden sich bieten bezüglich dessen ,

wertet worden ist

was er sieht , ehe er Zeit gefunden, seine Notizen

Exemplar geliehen - machen den Wunsch rege, das

zusammenzufassen und seine Sammlungen mit der für wissenschaftliche Genauigkeit notwendigen Aufmerksamkeit zu untersuchen «.

Ausserdem ist zu bedenken , dass Darwin , der in dem jugendlichen Alter von noch nicht 23 Jahren die grosse Forschungsreise antrat, sich vorher nicht

über Charles Darwin und

sein

Verhältnis

zu

Deutschland von Ernst Krause ( 1885 ) bereits ver ich hatte dem Verfasser mein

Ganze kennen zu lernen. Denn der die wissenschaft

liche Thätigkeit und den Lebenslauf bestimmende mächtige Eindruck, welchen die grossartige Natur der Anden auf Darwin gemacht hat , spiegelt sich in den Fragmenten nicht so deutlich ab , wie in

anderen Aeusserungen. Und vom jungen Darwin gehörig vorbereitet hatte, da er sich schnell ent ist viel weniger als vom alten bekannt. 1) » Auslande vom 2. April 1870. Ausland 1892 , Nr . 13 .

*

25

Reisebriefe von Charles Darwin .

194

1. Montevideo, 15. August 1832 .

Meine Pflanzensammlung von den Abrolhos ist interessant, da sie, wie ich vermute, fast die ganze blühende Vegetation enthält. Ich machte eine enorme Sammlung von Spinnen zu Rio . Auch eine grosse Anzahl von kleinen Käfern in Pillenschachteln ; aber es ist für letztere nicht die beste Zeit im Jahre. Unter den niederen Tieren hat nichts mich so

sehr interessiert , wie der Fund von zwei Arten ele-

stätte gewidmet, aber es ist natürlich eine zu lange Geschichte für einen Brief.

1. Die Fusswurzelknochen und Mittelfussknochen , sehr vollkommen , einer Cavia. 2. Der Oberkiefer

und Kopf irgend eines sehr grossen Tieres mit vier viereckigen hohlen Backzähnen und stark nach vorn ausgedehntem Schädel. Ich dachte anfangs, er gehöre entweder dem Megalonyx oder dem Mega therium an .. Als Bestätigung fand ich in derselben Formation eine grosse Fläche der knöchernen poly

gant gefärbter Planarien (?), welche den trockenen gonalen Platten , welche » neuere Beobachtungen «

Wald bewohnen ! Die falsche Verwandtschaft, welche

sie mit Schnecken haben, ist das Ausserordentlichste der Art, was ich jemals gesehen habe. In derselben Gattung (oder richtiger Familie ) besitzen einige marine Arten eine so wunderbare Organisation, dass ich kaum meinen Augen trauen kann . Jedermann hat von den bunten Wasserstreifen

in den Aequatorialgegenden gehört. Einer, welchen

ich untersuchte, ist der Gegenwart von so kleinen

(welche sind es ?) als dem Megatherium zugehörig dargethan haben. Sowie ich sie sah, dachte ich , sie müssten einem enormen Armadillo zugehören , von

welcher Gattung lebende Arten hier so sehr 3. Der Unterkiefer irgend eines grossen Tieres , welches dem Backzahn zufolge, möchte ich annehmen , den Edentaten zugehört. zahlreich sind .

4. Grosse Backzähne, welche in mancher Beziehung irgend einer enormen Art eines Nagetieres zuzu

Oscillatorien zuzuschreiben, dass auf jedem Quadrat- gehören scheinen . 5. Auch einige kleinere Zähne, zoll Oberfläche wenigstens 100000 vorhanden ge- welche in dieselbe Ordnung gehören u. s. w. u. S. W. wesen sein müssen . Sie sind mit Seemuscheln vermengt, welche mit Ich könnte eine viel grössere Anzahl von Exem- existierenden Arten mir identisch zu sein plaren wirbelloser Tiere sammeln, wenn ich auf jedes scheinen , aber seit sie in ihren Betten deponiert einzelne weniger Zeit verwendete . Aber ich bin zu dem wurden, haben mehrere geologische Veränderungen Schlusse gekommen , dass zwei Tiere mit der Notie- in diesem Lande stattgefunden . rung ihrer ursprünglichen Farbe und Gestalt für Es gibt hier ein armseliges Exemplar eines

Naturforscher mehr Wert haben werden , als sechs, Vogels , welcher meinen unornithologischen Augen bei denen nur Datum und Ort angegeben ist.

In dieser gegenwärtigen Minute liegen wir in der Mündung des Flusses vor Anker : und ein gar sonderbarer Anblick bietet sich dar.

Alles steht in

eine glückliche Mischung von Lerche, Taube und Schnepfe zu sein scheint. Herr MacLeay selbst hätte nie an ein solch zusammengefügtes Geschöpf gedacht. Ich habe einige interessante Reptilien

ge

Flammen – der Himmel mit Blitzen – das Wasser sammelt, einen schönen Zweifüssler ( Bipes), eine sogar die Masten mit leuchtenden Teilchen und sind mit einer blauen Flamme zugespitzt . *

*

*

II . Montevideo, 24. November 1832 .

Wir kamen hier am 24. Oktober an , nach

neue Lanzenschlange ( Trigonocephalus), welche in ihren Gewohnheiten wundervoll die Klapperschlange mit der Viper verbindet, und eine Fülle von (so weit meine Kenntnis reicht) neuen Sauriern . In Betreff einer kleinen Kröte hoffe ich , dass sie neu

sein möge , damit sie »diabolicus« getauft werden kann. Milton muss auf dieses selbe Geschöpf an

unserer ersten Kreuzung an der Küste Patagoniens, spielen , wenn er sagt , »platt kauernd wie eine nördlich vom Rio Negro.

Ich hatte zu Gunsten der Frau Natur gehofft, dass kein solches Land, wie dieses letztere, existiere.

In trübseliger Wirklichkeit strichen wir 240 Meilen

Kröte « .

Unter den pelagischen Krebstieren einige neue und merkwürdige Gattungen. Unter den Zoophyten einige interessante Tiere. In betreff einer Rinden

die Küste entlang an Sandhügeln vorbei; ich wusste

koralle ( Flustra ) würde, wenn ich nicht das Exem

früher nie, wie abscheulich hässlich ein Sandhügel

plar hätte, um mich zu decken , niemand an seine

ist : das berühmte Land des Rio Plata ist m . E. nicht

höchst anomale Struktur glauben. Aber was Neu

viel besser ; ein enormer Brackwasserfluss von einer

heit angeht, so ist alles dieses nichts im Vergleich zu einer Familie von pelagischen Tieren, welche auf

unbegrenzten grünen Ebene umgeben, ist genug, um jeden Naturforscher seufzen zu machen. Doch habe ich es sehr glücklich mit fossilen Knochen getroffen . Ich habe Bruchstücke von wenig stens sechs verschiedenen Tieren . Ebenso viele davon

sind Zähne, welche, trotzdem sie zerbrochen und gerollt worden sind, doch, so vertraue ich , bestimmt

den ersten Blick wie Medusen erscheinen, in Wirk

lichkeit aber hoch organisiert sind. Ich habe sie wiederholt untersucht, und nach ihrer Struktur würde es sicherlich unmöglich sein , sie in irgend einer existierenden Ordnung unterzubringen. Vielleicht ist Salpa das nächstverwandte Tier, obwohl die

werden können . Ich habe die ganze Aufmerksam- Durchsichtigkeit des Körpers fast das einzige Merk keit, deren ich fähig bin , ihrer geologischen Fund-

mal ist, welches sie gemeinsam haben .

Reisebriefe von Charles Darwin ,

195

Wir sind eine Woche in Buenos-Ayres gewesen .

essant sein . Es ist nahe der Vereinigung der Mega

Es ist eine schöne, grosse Stadt , aber welch ein

therium- und der patagonischen Felsen. Nach dem ,

Land ! Alles ist Schmutz ; man kann nirgends hingehen, man kann nichts thun wegen Schmutz . In

was ich von letzteren in einer halben Stunde in der

S. Josephs- Bucht sah , würden sie einer ausgedehnten

der Stadt erhielt ich viel Information in betreff der Untersuchung wohl wert sein. Ueber der grossen Ufer des Urugu ay. Ich hörte von Kalksteinen mit Muscheln und Schichten von Muscheln nach jeder Richtung Ich kaufte Bruchstücke von einigen enormen

Knochen , welche , wie man mich versicherte, den einstigen Riesen zugehörten !! *

off

Austernschicht befindet sich eine von Kies , welche

Unebenheiten in ihrem Inneren ausfüllt; und über dieser ragt eine hoch aus dem Wasser hervor, welche aus so modernen Schaltieren besteht, dass sie ihre Farbe behalten haben und einen üblen Geruch ver

breiten , wenn sie verbrannt werden . Patagonien muss sich offenbar erst spät aus dem Wasser

*

erhoben haben . III .

* *

Am 11. April 1833 . An Bord auf der Fahrt von den Falklands-Inseln zum Rio Negro .)

V.

Der südliche Ozean ist beinahe so unfruchtbar

wie das Festland, welches er bespült .

Krebstiere

haben mir am meisten Arbeit gemacht.

Ich fand eine Zoën (Krabbenlarve) von höchst merkwürdiger Gestalt, da ihr Körper nur 1,6 der

Montevideo, 12. November 1833 .

Ich verliess den »Beagle« am Rio Negro und

ging zu Lande nach Buenos-Ayres. Es geht jetzt ein blutiger Vernichtungskrieg gegen die Indianer vor sich, wodurch ich in den Stand gesetzt wurde,

Länge der zwei Scheren hatte. Ich bin überzeugt ,

diesen Weg einzuschlagen . Aber im besten Falle

wegen der Struktur und aus anderen Gründen, dass

ist er hinreichend gefährlich und wird bis jetzt von

es ein junger Erichthus (Glaskrebs) ist. Ich muss noch eines Teiles des Baues eines Dekapoden erwähnen , er ist gar zu anomal: das letzte Beinpaar

Reisenden sehr selten benutzt. Es ist die wildeste, ödeste Ebene , welche man sich vorstellen kann,

ist klein und dorsal, aber anstatt in einer Klaue zu

ohne sesshafte Einwohner oder Viehherden . Es gibt militärische » Postas« in grossen Abständen, die mir dasReisen ermöglichten. Wir lebten viele Tage lang

endigen , wie alle anderen , hat es drei krumme, borstenförmige Anhängsel; diese sind fein gezähnelt und mit Saugnäpfen besetzt , ähnlich denen der Kephalopoden. Da das Tier pelagisch ist, so setzt es diese schöne Anordnung in den Stand, sich an leichten schwimmenden Gegenständen zu halten . Ich habe etwas in Betreff der Fortpflanzung jener zweifel-

des Rio Plata bekannt ist. Nach einer Woche Auf

haften Gruppe der Corallinen (Mooskorallen) heraus-

enthalt in Buenos-Ayres ging ich nach Santa Fé.

gefunden.

Der Weg war in geologischer Hinsicht merkwürdig. Ich fand grosse Gruppen von immensen Knochen ,

Nachdem wir Feuerland verlassen hatten, segelten wir nach den Falklands -Inseln .

von Hirschen und Straussen und mussten auf offenem Felde schlafen .

Ich hatte die Genugthuung, die Tierra de la Ventana zu besteigen , eine Bergkette, zwischen 3- und 4000 Fuss hoch, deren blosse Existenz kaum jenseits

Ich hatte hier das

aber sie waren so sehr weich , dass es unmöglich

grosse Glück, unter den am primitivsten aussehenden

war , sie fortzunehmen . Ich denke, nach einem Bruchstück eines der Zähne zu urteilen , gehörten

Felsen eine Schicht von Glimmer führendem Sand-

stein zu finden. Sie ist überreich an Terebratula sie zum Mastodon . In dem Rio Carcarana erhielt und ihren Untergattungen und Entrochiten ( Räder- | ich einen Zahn, welcher sogar meine Vermutungen steinen von fossilen Liliensternen ). Da dieser Ort in Verlegenheit setzt . Er sieht aus wie ein enormer

so sehr weit entfernt von Europa ist , denke ich,

Nagezahn. In Santa Fé war ich nicht wohl, schiffte

wird die Vergleichung dieser Eindrücke mit denen

mich daher ein und hatte eine schöne Segelfahrt

der ältesten , Versteinerungen führenden Schichten

von 300 Meilen jenen fürstlichen Fluss, den Paraná, hinab . Als ich nach Buenos-Ayres zurückkehrte,

Europas von hervorragendem Interesse sein . Natür lich sind es nur Modelle und Abgüsse; aber viele von ihnen sind sehr vollkommen . *

*

fand ich das Land durch Revolutionen in grösster Unruhe, was mir viel Ungemach verursachte. Schliess

lich konnte ich hinauskommen und gewann den »Beagle« wieder.

IV . Rio de la Plata , 18. Juli 1833 .

Der grösste Teil des Winters ist in diesem Flusse zu Meldonado verbracht worden .

Wir haben fast jede Vogelart aus der Umgebung

* *

VI. Ost-Falkland - Insel, März 1834 .

Ich bin durch Ihren Ausdruck » alle die Knochen

(Meldonado) erhalten, ungefähr 8o an Zahl und bei-

reinigen « in Besorgnis versetzt worden, da ich fürchte

nahe 20 Vierfüssler. In einigen Tagen gehen wir an

dass die gedruckten Ziffern verloren gehen.

den Rio Negro, um einige Uferstellen aufzunehmen .

Grund, weshalb mir viel daran liegt , es möge nicht

Der

Die geologische Beschaffenheit muss sehr inter- | geschehen , ist der, dass ein Teil in einer Kiesschicht,

Reisebriefe von Charles Darwin.

196

mit recenten Muscheln , andere aber in einem sehr verschiedenen Lager gefunden wurden. Nun fanden sich unter diesen letzteren Knochen eines Aguti, einer, wie ich glaube, Amerika eigentümlichen Tiergattung , und es wäre wichtig , zu beweisen, dass irgend eine (Art) derselben Gattung mit dem Megatherium zusammen lebte ; solche und viele andere

VII. Valparaiso, 24. Juli 1834 .

Nach der Abfahrt von den Falklands- Inseln be

gaben wir uns an den Rio Santa Cruz, folgten dem Flusse bis innerhalb 20 Meilen von den Kordilleren : un

glücklicherweise nötigte Mangel an Lebensmitteln uns umzukehren . Dieser Ausflug war für mich höchst

Fragen erfordern durchaus, dass die Etiketten sorg-

wichtig, da er einen Quer-Durchschnitt der grossen

fältig erhalten bleiben . Ich sammelte alle Pflanzen , welche an der Küste von Patagonien in Blüte standen , zu Port

patagonischen Formation bot. Ich vermute (eine genaue Untersuchung der Fossilien kann möglicher weise die Frage entscheiden ), dass die Hauptschicht

Desire und S. Julian, auch in den östlicheren Teilen

irgendwo um die Miocänperiode herum liegt (um

von Tierra del Fuego, wo das Klima und der land-

Herrn Lyells Ausdruck zu gebrauchen), nach dem, was ich von den gegenwärtigen Muscheln Patago niens gesehen habe. Die Schicht enthält enorme Massen von Lava. Diese ist von einigem Interesse, da sie eine ungefähre Annäherung an das Alter des vulkanischen Teiles der grossen Andeskette gibt.

wirtschaftliche Charakter von Feuerland und Pata-

gonien vereinigt sind.

Der Boden Patagoniens ist sehr trocken, kieselig und leicht. In der östlichen Tierra ist er kieselig, torfig und feucht. Seit der Abfahrt von Rio Plata

habe ich einige Gelegenheiten gehabt , die grosse, Lange vorher existierte die letztere als eine Reihevon südliche , patagonische Formation zu untersuchen. Ich habe eine ganze Menge Muscheln. Nach dem wenigen , was ich von dem Gegenstande weiss , zu urteilen , muss sie tertiär sein , denn einige von den

Schiefer- und Porphyrhügeln . Ich habe eine ziem liche Menge von Anzeichen gesammelt in betreff der verschiedenen Zeiten und Formen der Erhebungen

Muscheln (und Corallinen ) leben jetzt im Meere, andere, glaube ich , nicht. Diese Schichtung , welche hauptsächlich durch eine grosse Auster charakterisiert wird, ist bedeckt mit einem sehr merkwürdigen

Lyell nicht unwichtig sein . Ich hatte die Lesung

dieser Ebenen . Ich denke, dieselben werden Herrn

seines dritten Bandes bis nach meiner Rückkehr aufge

schoben. Sie werden sich leicht vorstellen, wieviel Vergnügen sie mir gewährte. Einige von seinen

Lager von Porphyrgeschieben, welche ich mehr als

Holzschnitten kamen so genau zur Verwirklichung,

700 Meilen weit verfolgt habe. Aber die merkwürdigste Thatsache ist die , dass die

dass ich nur auf dieselben zu verweisen habe, an statt ähnliche neue wiederum zu zeichnen .

ganze Ostküste des südlichen Teils von

Das Thal von Santa Cruz scheint mir ein sehr

Südamerika aus dem Meere sich erhoben

merkwürdiges zu sein ; zuerst verwirrte es mich voll

hat, innerhalb eines Zeitraumes, während dessen die

ständig. Ich glaube gute Gründe beibringen zu können für die Annahme, dass es einst eine nördliche Meer

Miesmuscheln nicht ihre blaue Farbe verloren haben.

Zu St. Julian fand ich einige sehr vollständige enge, wie die von Magelhaens, gewesen ist . Knochen eines grossen Tieres , ich vermute , eines

In Tierra del Fuego untersuchte ich einige

Die Knochen einer hinteren Extremität

Corallinen : ich habe eine Thatsache beobachtet,

sind sehr vollständig und fest. Dies ist interessant, da der Breitegrad zwischen 49 ° und so liegt und die Fundstätte von den grossen Pampas weit entfernt liegt , wo die Knochen des schmalzahnigen Mastodon so oft gefunden werden . Beiläufig hege

welche mich ganz stutzig machte. Es ist die, dass in der Gattung Sertularia (Becherpolypen , in ihrem eingeschränktesten Sinne wie bei Lamouroux ge nommen) und bei zwei Arten , welche ohne kom parative Ausdrücke ich als verschieden zu beschreiben sehr schwierig finden würde , die Polypen gänzlich und wesentlich in allen ihren wichtigsten und deut

Mastodon .

0

0

ich keinen Zweifel, dass dieses Mastodon und das

Megatherium auf den alten Ebenen Gefährten waren. Ueberbleibsel des Megatherium habe ich in einem Abstand von fast 600 Meilen von einander nord-

lichsten Teilen der Struktur von einander abweichen .

Ich habe bereits genug gesehen , um überzeugt zu

wärts und südwärts gefunden . In Tierra del Fuego

sein, dass die gegenwärtigen Familien der Corallinen ,

interessierte es mich , eine Ammonitenart in

wie sie von Lamarck , Cuvier u . s. w . aufge

dem

Schiefer nahe bei Port Famine zu entdecken (die,

stellt wurden, höchst künstlich sind. Es scheint mir,

glaube ich, auch Kapitän King fand ) ; und an der

dass sie sich in demselben Zustande befinden, in dem die Muscheln waren , als Linné sie dem Cuvier

Ostküste sind einige merkwürdige alluviale Ebenen, durch welche das Vorkommen gewisser Vierfüssler auf den Inseln durchaus verständlich gemacht werden kann . Es gibt einen Sandstein dort mit Ein-

zur Neuordnung hinterliess. Es ist höchst seltsam , ich kann nirgends in

meinen Büchern eine einzige Beschreibung des Po

drücken von Blättern, wie (von denen) der gemeinen lypen irgend einer Koralle finden ( ausgenommen Buche, auch jüngere Muscheln u. S. W. , und an der

Lobularia [ Alcyonium ] von Savigny ). Ich fand

Oberfläche des Tafellandes finden sich wie gewöhn-

eine merkwürdige, kleine , steinige Cellaria (eine

lich Miesmuscheln mit ihrer blauen Farbę u1 , s. w . *

券 *

neue Gattung) ; jede Zelle ist mit einer langen, ge zähnelten Borste versehen , welche verschiedener und

1

Reisebriefe von Charles Darwin .

schneller Bewegungen fähig ist. Diese Bewegung ist oft zuckend und kann durch Reizung hervorgerufen werden . Eine solche Thatsache steht, soviel ich sehen kann , ganz isoliert in der Geschichte der Zoophyten , abgesehen von der Flustra (Rinden-

197

des Schnees nicht erreicht werden können ). Südlich vom Rio Maypo untersuchte ich die tertiären Ebenen, welche teilweise schon Herr Gay beschrieben hat. Die fossilen Muscheln scheinen mir viel mehr von den recenten sich zu unterscheiden , als in der grossen

Es wäre merkwürdig,

koralle) mit dem geierkopfförmigen Organ. Sie weist

patagonischen Formation .

auf eine viel engere Verwandtschaft unter den Poly-

wenn man nachweisen könnte, dass eine eocäne und

pen hin , als Lamarck zuzugeben gewillt ist. Ich

miocäne Formation (recente sind überaus häufig)

vergesse , ob ich erwähnte, etwas von der Fort-

ebenso in Südamerika existiert, wie in Europa. Es

pflanzungsweise in jener höchst rätselhaften Familie

hat mich sehr interessiert, eine Ueberfülle von re

der Corallinen gesehen zu haben : ich bin ziemlich

centen Muscheln in einer Höhe von 1300 Fuss zu

davon überzeugt, dass, wenn es nicht Pflanzen sind,

finden; das Land ist in vielen Gegenden von Mu

es keine Zoophyten sind : der » Spross« einer Halimeda

scheln übersäet , aber diese stammen alle von der

(Fächelkoralle) enthält verschiedene vereinigte Glie- | Küste , so dass ich vermute ,, die 1300 Fuss der, welche bereit sind, ihre Hülle zu sprengen und Erhebung muss einer Reihe von kleinen Erhebungen an irgend eine Grundlage sich zu heften. Ich glaube, wie der vom Jahre 1822 zugeschrieben werden. dass bei den Zoophyten allgemein der Spross einen einzelnen Polypen liefert, welcher nachher oder zu gleicher Zeit mit seiner Zelle oder dem einzelnen Gliede wächst.

Mit diesem

sicheren Beweise für die recente An

wesenheit des Meeres über sämtlichen tiefer liegen den Teilen Chiles gewinnt der Umriss jeder Land schaft und die Form jedes Thales ein hohes Interesse.

Der „ Beagle « verliess die Magelhaensstrasse

Hat die Wirkung des fliessenden Wassers oder das

mitten im Winter und fand den Weg hinaus durch

Meer diese Schlucht gebildet ? war eine Frage, welche

einen wilden ,, unbesuchten Kanal; wohl konnte Sir

oft in meinen Gedanken auftauchte und gewöhnlich

N. J. Nasborough die westliche Küste » South

dadurch beantwortet wurde, dass ich ein Lager von

Desolation « nennen , weil es ein Land ist, so öde

recenten Muscheln im Grunde fand. Ich habe nicht

anzuschauen « . Wir wurden nach Chiloe durch ein

hinreichende Beweisgründe, aber ich glaube nicht,

sehr schlechtes Wetter getrieben .

dass mehr als ein kleiner Bruchteil der Höhen der

Ein Engländer gab mir drei Exemplare jenes sehr schönen lucanoiden Insekts , welches in den

Anden innerhalb der Tertiärperiode gebildet wor den ist . *

-*

philosophischen Verhandlungen von Cambridge be schrieben ist, zwei Männchen und ein Weibchen .

VIII .

Ich finde Chiloe aus Lava und recenten Ab

lagerungen zusammengesetzt. Die Laven sind merk-

Valparaiso, März 1835 .

Wir liegen jetzt in einer Windstille vor Val

würdig, da sie überreich an Pechstein oder vielmehr

paraiso, und ich will die Gelegenheit ergreifen, einige

daraus zusammengesetzt sind . Wir sind hier vorgestern angekommen ; die Aussicht auf die fernen Berge ist höchst erhaben und das Klima herrlich. Nach unserem langen Kreuzen in dem feuchten, trübseligen Klima des Südens eine klare , trockene Luft zu atmen , ehrlichen , warmen

Zeilen an Sie zu schreiben . Die Beendigung unserer Reise ist endlich beschlossen worden . Wir verlassen

Sonnenschein zu fühlen und guten , frischen Rinderbraten zu essen, erscheint als das summum bonum des menschlichen Lebens. Das Aussehen der Ge-

die Küste Amerikas zu Beginn des September und hoffen , England in demselben Monate des Jahres 1836 zu erreichen . Sie werden einen Bericht von dem entsetzlichen Erdbeben vom 20. Februar erhalten haben. Ich

wünschte , dass einige von den Geologen , welche die Erdbeben unserer Zeit für unbedeutend erachten ,

steine gefällt mir nicht halb so gut, wie das Fleisch, sehen könnten , in welcher Weise die festen Felsen sie enthalten zu viel von jenen etwas faden Ingre- zertrümmert worden sind . In der Stadt ist kein dienzien : Glimmer, Quarz und Feldspat. Bald nach unserer Ankunft hier unternahm ich

einen geologischen Ausflug und machte einen sehr angenehmen Gang am Fusse der Anden . Das ganze Land scheint aus Breccien zusammengesetzt zu sein

Haus bewohnbar.

Die Ruinen erinnern mich an

die Zeichnungen der verödeten Städte des Ostens. Wir waren zur Zeit in Valdivia und fühlten den

Stoss sehr heftig . Man hatte das Gefühl wie beim Schlittschuhlaufen auf sehr dünner Eisdecke , d. h .

( und, wie ich vermute, Schiefern ), welche durchweg Wellenbewegungen waren deutlich wahrzunehmen . modificiert und oft vollständig verändert worden sind durch die Wirkung des Feuers ; die Varietäten des so erzeugten Porphyrs sind unübersehbar, aber noch

nirgends bin ich Gesteinen begegnet , welche im

Die ganze Landschaft von Concepcion und Talcuana ist eines der interessantesten Schauspiele, welche wir, seit wir England verliessen , gehabt haben. Seit der Abfahrt von Valparaiso , während des

Fluss gewesen wären. Gänge von Grünstein sind Kreuzens, habe ich wenig gethan , ausser auf geo sehr zahlreich. Gegenwärtig ist die vulkanische logischen Gebiete. In den neuen , tertiären Schichten Thätigkeit vollständig auf die rein centralen Teile der Kordilleren eingeschränkt (welche jetzt wegen Ausland 1892 , No. 13 .

habe ich vier Verwerfungsstreifen untersucht, welche mich im kleinen Maasstabe an die berühmte Stelle 26

Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften .

198

der Insel Wight erinnerten . An einem Fleck fanden

eine recht sachgemässe ansehen , insbesondere so

sich schöneBeispiele für drei verschiedene Erhebungsarten . In zwei Fällen denke ich zeigen zu können, dass der Abfall dem Vorhandensein eines Systems

lange , als der nächste Zweck der Gesellschaften, die Wirkung auf den eigenen Verband , allein maass gebend ist. Nun stehen aber die erdkundlichen

von parallelen Gängen zuzuschreiben ist, welche den unten liegenden Glimmerschiefer durchsetzen . Die

in Austausch mit anderen ähnlichen Gesellschaften,

ganze Küste von Chiloe bis zum äussersten Süden

als auch in Verkehr mit ihren korrespondierenden

der Halbinsel Tres Montes ist aus dem letzteren

und Ehrenmitgliedern. Es lässt sich fragen , ob,

Gestein zusammengesetzt. Es wird von zahlreichen

namentlich in letzterer Richtung , nicht eine neue

Vereine auch in auswärtigen Beziehungen , sowohl

Gängen durchbrochen , deren mineralogische Be- Aufgabe zu lösen wäre. schaffenheit sich als sehr merkwürdig herausstellen wird . Ich untersuchte eine grosse , quer durchgehende Granitkette, welche offenbar durch den überliegenden Schiefer emporgedrungen ist. Auf der

Es ist ja wahr, dass die produktiven Mitglieder der Geographischen Gesellschaften gerne die Objekte und Erscheinungen ihrer Umgebung, wir wollen sagen :

Halbinsel Tres Montes war ein alter vulkanischer

die Fragen einer erweiterten Heimatkunde, zum Thema ihrer Studien wählen und damit ebensowohl dem

Herd , welcher einem anderen im nördlichen Teile

engeren Kreise , als auch den auswärtigen Interes

von Chiloe entspricht. Es freute mich sehr , auf senten eine willkommene Gabe reichen . Auch die schalen u . S. w . zu finden als Bedeckung der Tertiärebene, auf welcher grosse Waldbäume wuchsen. Ich kann jetzt beweisen , dass beide Abhänge der Anden

Bücherschau trägt meistens, bald stärker, bald schwä cher ausgeprägt , den » lokalen « Charakter ; aber sie erstreckt ihren Blick auch über diesen engen Kreis hinaus, und da unterliegt es denn gewöhnlich dem

in dieser recenten Periode zu einer beträchtlichen

Zufall, welche Novitäten zur Besprechung gelangen .

Höhe emporgestiegen sind . Hier lagen die Muscheln 350 Fuss über dem Meer.

Der auswärtige Leser hat diese Litteratur gewöhnlich schon lange , bevor er das betreffende Heft erhält, kennen gelernt, und wenn er auch –- sachlich sorg

Chiloe eine mächtige Schicht von recenten Austern-

Auf zoologischem Gebiete habe ich nur sehr wenig gethan, abgesehen von einer grossen Samm-

fältige und gewissenhafte Recensionen vorausgesetzt

lung kleiner Zweiflügler und Hautflügler von Chiloe.

ein gewisses Interesse hat , das Urteil eines an

Ich fing an einem Tage Pselaphus (Keulenkäfer),

deren mit dem eigenen vergleichen zu können , so >

Anaspis (Stachelkäfer),Latridius (Plattkäfer), Leiodes lässt sich doch kaum behaupten , dass den zufällig (Knäuelkäfer )), Cercyon (Wasserkäfer) und Elmis aufgenommenen Besprechungen eine wesentliche Be (Teichkäfer) und zwei schöne, echte Laufkäfer; ich

deutung in der Publikation zukomme.

hätte mir fast vorstellen können , dass ich in Eng-

Mir will scheinen , dass – sei es an Stelle dieser

Eine neue und hübsche Gattung

Zufälligkeiten , sei es neben ihnen , als eine wohl

land sammelte .

einer Nacktkiemer-Molluske, welche nicht auf einer thätige Ergänzung eine neue Kategorie von Lit glatten Fläche kriechen kann und eine Gattung aus teraturberichten auftreten sollte. Es wäre zu wün der Familie der Balaniden (Seepocken), welche kein schen , dass in jedem geographischen Verein ein eigentliches Gehäuse hat , sondern in kleinen Höh - Mitglied die Aufgabe übernähme, die selbständig lungen in den Schalen einer Concholepas (Muschel- erschienenen oder in Sammelwerken , Zeitschriften,

patelle) lebt, sind fast die beiden einzigen Neuheiten . Zeitungen , Schulprogrammen u . s. ww .. zerstreuten (Schluss folgt.)

Arbeiten , welche für den Bereich der Gesellschaft

von geographischem Interesse sind, mit vollständigem Eine Aufgabe

Titel und Angabe des Verlags- oder Fundortes zu notieren und in systematischen Monats- oder Jahres übersichten zusammenzustellen . Diese Uebersichten

der Geographischen Gesellschaften . 1) Von J. J. Egli (Zürich).

würden dem arbeitenden Geographen von erheb lichem Werte sein. Sie würden ihm ermöglichen,

Studie , die er sonst nie erreichen würde, Für die Publikationsorgane der Geographischen manche kennen zu lernen und zu erwerben . Es wäre keines

Gesellschaften hat sich, soviel wir sehen , ein ziem-

lich gleichförmiger Kreis von Gegenständen heraus-

wegs notwendig , die aufgeführten Arbeiten zu be

gebildet. Diese Gegenstände umfassen wesentlich sprechen; die Hauptsache läge in derMöglichkeit, drei Richtungen : Vereinsangelegenheiten , Original- Vorhandenes zu entdecken , und für die einzelnen arbeiten und Recensionen .

Ohne Zweifel lässt sich diese Dreiteilung als

Arbeiten wäre mehr Aussicht, nutzbar zu werden , anstatt in einer Umgebung, die vielleicht keinen Ge brauch von ihr zu machen weiss, dem Todesschlafe

1) Der Anregung des Züricher Altmeisters gibt der Herausgeber um so lieber Raum , als er deren Berechtigung durchaus anerkennt. Die Geographische Gesellschaft Münchens gibt seit geraumer Zeit derartige landeskundliche Litteratur-Uebersichten aus der Feder des Herrn Dr. Chr. Gruber in ihren alle zwei

Jahre erscheinenden Berichten ,

anheimzufallen.

Man könnte die Uebersichten , die

hier zum Dasein erweckt werden möchten , als

»landeskundliche Jahresberichte« aus Sachsen , Thü ringen, Bayern u. s. w. bezeichnen . Wenn ein Onomatolog solche Uebersichten an

Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.

199

regt, so ist auf einem Felde, dessen Litteratur viel- | Untersuchung gezogen , namentlich den angeblichen leicht in höherem Grade zerstreut ist , als jede an- Monotheismus der nordamerikanischen Indianer. dere , der Wunsch gewiss zu begreifen. Allein es Seine Resultate werden wir uns im folgenden oft ist sicher , dass auch andere Richtungen des geo- aneignen müssen , werden aber nicht umhin können,

graphischen Wissens in ähnlicher Weise gefördert

auch anderweitiges Material und eigene Ansichten

würden . Ohne Zweifel sind jedem in den besseren Tagesblättern schon kleinere oder grössere Artikel aufgefallen, die ein besseres Los verdient hätten, als

unseren Lesern mitzuteilen .

vor dem Blick eines flüchtigen Leserkreises vorüber zu wandeln . Titel und Fundort sollten an geeig-

also des einzigen Gottes von den Indianern gebraucht werden. Sie lauten bei den verschiedenen Stämmen

neter Stelle aufbewahrt und so die Arbeit der Ver-

verschieden .

Zunächst gilt es, die Namen zu erklären , welche als Bezeichnungen des sogenannten grossen Geistes, Schon Lafiteau weiss und weiss

gessenheit entrissen sein . richtig, dass die Namen Oki und Manito von den Unsere Anregung , hervorgegangen aus den Indianern durchaus nicht immer als Bezeichnung eines Wechselfällen einer langen Erfahrung , schreibt sich und desselben Wesens gebraucht werden , wennschon keine grosse Tragweite zu; sie präsentiert sich be- sie Bezeichnungen für etwas Ungewöhnliches sind .

scheiden im Sinne eines Fragezeichens. Vielleicht

Champlain kommt der Sache näher, wenn er Oki

weckt sie da oder dort, wo etwa derselbe Gedanke als die Bezeichnung eines Menschen nimmt, der durch auch aufgetaucht ist , einen freundlichen Widerhall,

irgend etwas , z . B. durch Tapferkeit, durch Ge

oder es zeigt sich gar, dass dieser schon irgendwo

schicklichkeit über die anderen Menschen hinaus

verwirklicht ist.

ragt , und Manito ist überhaupt etwas Unbegreif So kann die Schlange mit dem Namen belegt werden , weil sie, ohne eigentliche Bewegungs organe zu besitzen , sich fortbewegt. Selbst die Bezeichnung Kitschi Manito ist Name für eine ganze Kategorie grosser Geister, niemals aber Eigen liches.

Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.

Von P. Asmussen (Leck in Schleswig-Holstein).

Das Märchen von der Abstammung der amerikanischen Urbevölkerung von den zehn in die assy-

name eines besonderen Wesens.

Die Grundbedeu

tung des bei den Dakotahs üblichen Wakau ist der

rische Gefangenschaft geführten Stämmen Israels war Begriff des Geheimnisvollen , Unbekannten . Ganz im Anfang unseres Jahrhunderts mehr als nur Motiv zu Solomo Spauldings Roman Gefundenes Manuskript« . Das durch eine sonderbare Verkettung der Umstände zur Mormonenbibel gewordene Buch kam vielmehr einer damals namentlich in

richtig bezeichnen sie anfangs einige europäische Maschinen so, deren Mechanismus ihnen unbegreif lich ist , während der Name zurücktritt , wenn sie

Amerika und dort namentlich in den Oststaaten

das Ding näher kennen lernen. So sind manche Namen , die früher als Bezeichnungen des oft ge nannten grossen Geistes eine Rolle spielten , im

der Union verbreiteten Ansicht entgegen, und ohne

Laufe der Zeiten als solche entlarvt worden , die

diese wäre das erste Erwachsen einer Mormonen-

durchaus profane Dinge andeuten . Zum Teile be zeichnet man allerdings so auch Wesen , denen man

gemeinde unter Not und hartem Drang undenkbar.

Heute darf diese Ansicht in wissenschaftlichen Krei- göttliche Verehrung zollt , niemals aber den allei sen für abgethan gelten , und nur sonderbare Schwär- | nigen Gott , als den man den grossen Geist doch mer bemühen sich noch , Beweismaterial für eine ver- anzusehen pflegt. Fragt man sich nun , woher es kommt, dass lorene Sache zu sammeln. Fragen wir uns, woher die Ansicht stammt und wie sie Anklang gefunden hat, die Europäer eine Art von Monotheismus bei den so ist sie zunächst aus dem sonderbaren Suchen nach

Indianern gefunden haben wollen , so liegt das am

einem Volksstamme zu erklären , der, soweit er nicht Phlegma der Indianer , die zu langen Auseinander durch Krieg und Revolution unterging, zum grössten setzungen nicht immer aufgelegt sind und deswegen Teil in seiner Heimat wohnen blieb , denn die gerne so antworten , wie sie glauben , dass man es reichlich 27000 Mann, die Salmanassar wegführte, am liebsten hört, ein Umstand, der auch in anderer gingen in der Bevölkerung auf , unter die sie ver- Beziehung den Weissen verderblich geworden ist, pflanzt wurden . Teils aber hat der angebliche wenn sie sich zu viel auf ihre indianischen Ge

Monotheismus und der Messiasglaube der nord-

währsmänner verliessen . So hat man mehr als ein

amerikanischen Indianer manchem zu dem Glauben

mal nach Tempeln gesucht, die nach der Sage der

verholfen , wir hätten hier Nachkommen der zehn

Indianer vorhanden sein sollten und die sich ge

Stämme vor uns.

meiniglich als ganz etwas anderes entpuppten. Das lässt sich nicht leugnen , dass die Indianer ein eige nes Talent dafür haben , zu erraten , was andere denken und wünschen . Ehrliche Indianer haben bei Annahme des Christentums eine ganze Reihe von Göttern abgeschworen , zum Staunen der Mis

>

Mit diesen Phantasien , als welche wir sie von vornherein anzuerkennen haben, wollen wir uns im

folgenden etwas näher befassen . Herr Garrick

Mallery hat mit Hilfe von Sprachgelehrten und Ethnographen in seiner Schrift » Israelite and Indiana (New-York 1890) diesen Gegenstand in nähere

sionare, die vom Vorhandensein des Monotheismus

Religiöse Vorstellungen der nor damerikanischen Indianer.

200

bei den Rothäuten überzeugt waren und nun vor einer Erscheinung standen , die sie nicht zu deuten

ihren Unterredungen mit den Rothäuten diesen

Leider haben sie in vielen Fällen nichts

anfangs manches von dem unverständlich gewesen sein, was der weisse Mann ihm vom grossen Geiste als angeblich bekannt sagte , aber sie haben sichs nicht merken lassen , wie das ja oftmals ihre

wussten .

davon laut werden lassen und als spontanen Aberglauben aufgenommen und als Glauben eines Individuums betrachtet , was Volksglaube war. Sonst wäre man wohl längst zur richtigen Einsicht hinsichtlich der religiösen Vorstellungen des roten Mannes gekommen . Auch muss in Betracht gezogen werden , dass die Missionare ihre Nachrichten jedenfalls von in

Glauben als bekannt voraussetzten .

Diesen

mag

Weise ist .

Merkwürdig wäre es ja auch , wie gerade die auf einer verhältnismässig tiefen Kulturstufe stehen den Jägervölker Nordamerikas einen Monotheismus sollen gehabt haben , während die viel höher stehen

religiöser Beziehung Fortgeschritteneren empfangen den Tolteken und Azteken zu einem solchen Glauben haben . Wer an seinem Glauben Genüge hatte, war

nicht leicht für eine Auseinandersetzung über religiöse Fragen zu haben. Der natürliche Stolz der

nicht gekommen sind, ja nicht einmal zu einer Ah nung von demselben. Es möge darum noch ein mal festgestellt werden , dass die heutigen Indianer

Rothaut empört sich gegen das Einblickenlassen

vom Monotheismus weit entfernt sind und auch

des verhassten Weissen in so intime Dinge.

Wer

aber mit seinem heidnischen Glauben

halb

und halb auf dem Kriegsfusse steht und für Aber-

früher nichts davon gewusst haben , dass aber einige an ihrem heimischen Glauben irre gewordene die ihnen von den Missionaren kundgegebene Idee eines

glauben ansieht , woran seine Stammesgenossen,

einigen Gottes aufgefasst und als etwas bei ihnen

vielleicht auch seine Familie noch festhält, der schämt

Bekanntes bezeichnet haben.

sich auch seines ehemaligen Glaubens. Der zum

ist dann die Meinung verbreitet worden , dass der

Uebertritt entschlossene Indianer fürchtet vom weissen

Monotheismus bei den Indianern zu Hause sei.

schon

Durch die Missionare

Missionar ausgelacht zu werden , wenn er über die

Einen , aber auch den einzigen Anklang von

Religion seiner Landsleute wahre Angaben macht,

Monotheismus hat man bei einigen Stämmen darin finden wollen , dass sie einem einzigen Wesen

und dichtet sich lieber ein religiöses System zusammen , das dem seines weissen Lehrers nicht allzuweit nachsteht.

die Schöpfung aller Dinge zuschreiben . Nun aber ist es fraglich , ob diese Idee eine ursprüngliche oder nur eine von den Weissen aufgenommene ist. That

Man mag nun einwenden , dass eine solche Harmonie im Eingehen auf den Glauben der Mis- sache aber ist , dass sie diesem Wesen keine Art sionare von seiten der Indianer schwer denkbar sei, von Verehrung entgegenbringen . Ja, es kann zweifel dass es, wenn die Indianer thatsächlich keine Spur haft erscheinen , ob sie dasselbe als noch existierend von Monotheismus haben, auch undenkbar sei , dass betrachten. Es will kaum scheinen , als ob sie das alle den Missionaren gegenüber einen solchen Glau- selbe noch von der Welt unterscheiden. Seitdem ben bekennen . Viel näher mag es auf den ersten es die Schöpfungsthat vollbracht, ist es vom Schau

Blick zu liegen scheinen, dass doch trotz des Poly - platze abgetreten und hat auf das Schicksal des von theismus die Vorherrschaft eines Gottes, des grossen

ihm Geschaffenen keinen Einfluss mehr. Wir möch

Geistes, geglaubt werde, und dass vielleicht eben dieser

ten an dieser Stelle die Frage offen lassen, ob nicht

etwa auch diese Idee europäischen Ursprungs sei . Solcher Anschauung den sei. aber steht der Um- Ziemlich sicher aber ist es, dass die christliche Re stand entgegen , dass bei der heute doch bedeuten- | ligion auf den Götterglauben der Indianer einen

Glauben im Laufe der Jahre etwas verdunkelt wor-

deren Kenntnis der indianischen Dialekte noch kein

Einfluss ausgeübt hat , wovon wir weiter unten

Wort gefunden worden ist , welches unserem » Gott«

noch werden zu reden haben .

entspricht. Das liegt nicht an der einst gefabelten heiligen Scheu der Indianer vor dem Aussprechen

sionare auf den Gedanken bringen können , dass es

Einiges Nachdenken hätte übrigens die Mis

des Namens Gottes - hatten doch die Juden, trotz-

mit dem

dem sie ihn nicht aussprechen durften, einen solchen

doch nicht weit her sein könne. Zu einem

Namen ( »Adonai« ) -, sondern eben daran, dass ihnen

geschrittenen Gottesglauben passt es schlecht, dass

der Begriff fehlt. Ein Gott, für den in der Sprache ein

man über das göttliche Wesen so widersprechende

>

gerühmten Monotheismus der Indianer so vor

Ausdruck fehlt , ist ein Unding und bei keiner Stufe

Angaben macht, was bei Vielgötterei und Verschie

religiöser Erkenntnis denkbar.

denheit der Götter leichter erklärlich ist. Ferner hat

Und in der That

ist ja ein Eingehen der verschiedenen Indianer ge-

man

rade auf den Gedanken des Monotheismus ziemlich

dauer nach dem Tode ziemlich naive Begriffe und fasst die letztere im günstigsten Falle als eine strenge Fortdauer des irdischen Daseins unter günstigeren Bedingungen auf . So wird bei manchen Stämmen ein gestorbenes Kind bedauert, weil es niemand hat, der für dasselbe sorgen kann . Der Jäger aber freut sich auf die reicheren Jagdgefilde im Jenseits,

leicht erklärbar , zumal da an diesem Punkte die Missionare die ersten Hebel anzusetzen pflegten und

noch pflegen . War aber erst einmal unter den Europäern die Meinung verbreitet, dass die Indianer an das Dasein eines einzigen Gottes glaubten , so ist nichts natürlicher, als dass die Missionare in

von der Seele des Menschen und ihrer Fort

Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.

während die Frau sich tröstet, dass dort wenigstens ihre Arbeit eine weniger harte sein werde. Die übrigens nicht einmal bei allen Stämmen vorhan-

201

seines Stammes untergegangen sein wird. Ein Wun der ist es da nicht zu nennen, wenn er den weissen Mann glühend hasst und immer noch hofft, es

dene bilder- und tempellose Gottesverehrung dürfte

werde aus seinem Stamme einer aufstehen , um an

mehr einen Beleg für die Roheit als für die Tiefe der Gotteserkenntnis der Rothäute abgeben.

den Bleichgesichtern all das wirkliche und ver meintliche Unrecht zu rächen , welches sie ihm ange

Der Glaube, der religiöse Glaube der Indianer dürfte überhaupt mehr eine Art von Dämonen- und Ahnenverehrung sein , als Monotheismus, und es wäre angebracht, jetzt wo man mit dem roten Manne in seiner Sprache reden und auf seine Ideen

eingehen kann, über dergleichen Dinge zu sprechen,

than haben.

Ein Wunder ist es nicht , wenn er

den verschiedenen Messiassen Glauben geschenkt hat, die aus seinem Volke aufgestanden sind , wie noch

jüngst dem vielgenannten Sitting Bull. Aber die messianische Idee ist kaum eine ihm

eigentümliche, wenn auch die bei den amerikani

weniger vom Standpunkte des Missionars als von dem schen Kulturvölkern verbreitete Sage vom Fremd einesErforschers des Volksgeistes aus. Man würdeling aus Osten vielleicht für das Vorhandensein immer mehr erkennen , dass der Indianer sich noch

einer Art von Messiasglauben unter den amerika

in den Anfangsstadien religiöser Entwickelung be- nischen Ureinwohnern ins Treffen geführt werden findet . Aber freilich ist es für solche Erforschung | könnte. Natürlicher ist es , die Idee als eine von die höchste Zeit, weil ein Einfluss des Christentums Missionaren gebrachte und von den Indianern in

sich sonst weiter ausbreitet und die religiöse Eigenart der Indianer immer schwieriger erkennbar wird. Lediglich diesem Einflusse möchten wir die messianischen Ideen zuschreiben, die auch an ihrem Teile

dazu beigetragen haben , das Märchen von der israe-

ihre Vorstellungswelt übertragene anzusehen . Neben der Lehre von der Einheit des göttlichen Wesens pflegen die Missionare den Heiden in erster Linie von dem zu predigen , was Jesus als Messias für

die Menschheit gethan hat und thun wird , wenn

litischen Abstammung der Indianer in weite Kreise er wieder kommt. Die Lehre von dem Glücke im zu tragen. Die allgemeine Unzufriedenheit der Men - Jenseits und in der Zukunft , welches Jesus den schen mit ihrem derzeitigen Schicksale hat sie Sagen Gläubigen geben will, wurde von den an derartiges vom goldenen Zeitalter erfinden lassen . Man stellt nicht gewöhnten Indianern nur halb oder auch gar dieses entweder an den Anfang oder an das Ende nicht verstanden. Sie nahmen daraus , was sie der Dinge, oder aber man lässt den anfangs vor- brauchen konnten , nämlich die frohe Botschaft, dass

handen gewesenen glücklichen Zustand am Ende auch dem roten Manne einmal glückliche Tage be wiederkehren . Erhofft man die Herbeiführung der

schert sein sollten durch die persönliche Dazwischen

künftigen glücklichen Tage von einer Persönlich- kunft eines hochgemuten Helden , und fassten die keit, so ist die Idee des Messias vorhanden .

Dem-

nach kann es nicht befremden , wenn messianische >

messianische Hoffnung politisch, wie es auch die Juden gethan haben, weil für eine anders geartete in ihren

Erwartungen bei verschiedenen Völkern auftauchen , religiösen Vorstellungen gar kein Boden vorhanden vielleicht um später wieder einmal schlafen zu gehen . Auch bei den Israeliten finden wir ein mehrmaliges Aufflackern und Verlöschen der messianischen Hoff-

nungen. Am geeignetsten für das Aufkommen solcher Hoffnungen ist es, wenn ein Volk sich einem über-

legenen Feinde gegenüber weiss , wenn es nämlich

war .

Und weil nun einmal für die Rothäute kein

glückseliger Zustand denkbar ist , bevor sie an den verhassten Weissen Rache genommen haben, so ist es ganz erklärlich , dass das Rachenehmen an den Weissen die erste That ist , die sie von dem Mes

sias verlangen . Auf keinen Fall aber braucht man

nicht stark genug ist, sich des Feindes aus eigener die messianische Hoffnung als eine bei den India Kraft zu erwehren und nicht resigniert genug, um

nern einheimische Idee aufzufassen.

Leichter und

sich in das Schicksal des Untergehens widerstands- ganz ungezwungen macht sich die Annahme, sie los zu ergeben . Als Israel den Weltmächten des

haben die Idee von den Missionaren aufgenommen

erstenmale rettungslos preisgegeben

und in ihrem Sinne umgedeutet, wie ähnliches auch

war , tauchte hier die Hoffnung auf einen Messias zuerst auf, um wenige Menschenalter später nahezu vergessen zu werden , lebte dann aber zur Zeit des Antiochus Epiphanes wieder auf, um fortan mit um so grösserem Eifer festgehalten zu werden, als die politische Lage des jüdischen Staates ihr immer

anderswo vorkommt. So liegt also kein Grund vor, die Indianer in Nordamerika für ein religiös hochentwickeltes Volk zu halten. Ihre religiösen Forderungen und Vorstel lungen gehen in keiner Weise über das Maass dessen

weniger entsprach. Der rote Mann befindet sich namentlich im Gebiete der nordamerikanischen Union in einer ähn-

findet. Was man mehr hat finden wollen , beruht

lich verzweifelten Lage den Weissen gegenüber.

genommen haben , ohne dass sie diese völlig ver

Er sieht den Tag mit Riesenschritten nahen , da der letzte Büffel gejagt , das letzte Stück freien Jagd

arbeiten konnten.

Ostens

zum

grundes dem Bleichgesichte übergeben und der letzte

hinaus, was man bei anderen Naturvölkern auch entweder auf Irrtum oder darauf , dass einzelne ge wisse christliche Ideen von den Missionaren auf

Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie .

202

Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und

der Mathematischen Geographie . Von Emanuel Czuber (Wien).

die Bewegung in der Lotrichtung nach aussen (d . i . mit abnehmendem W ) um die Strecke dh, so ist jenes Verhältnis die Schwerkraft g selbst, so dass dW : dh = g und — dW = gdh ; erfolgt dagegen --

Das grosse wissenschaftliche Unternehmen , das, durch General v . Baeyers Denkschrift vom Jahre 1861 angeregt, allmählich von einer » Mitteleuropäi-

die Bewegung in einer zur Lotrichtung normalen Richtung, so wird jenes Verhältnis Null, also dW = 0, d . h . W ändert sich bei einer solchen Bewegung

schen Gradmessung« seine Ziele erweiternd zu einer

nicht.

» Internationalen Erdmessung« sich emporhob, hat

längs welcher das Potential sich nicht ändert, viel

nicht allein eine rege praktische Thätigkeit in den

mehr beständig denselben Wert W beibehält, schnei

Eine Fläche also , als Ort von Punkten P ,

beteiligten Staaten entfaltet; es musste notgedrungen det die Lotrichtungen aller ihrer Punkte recht auch eine eingehende Prüfung und Sichtung der theoretischen Grundlagen der Geodäsie herbeiführen,

winklig und wird Niveaufläche ) genannt.

deren Ergebnis zunächst darin bestand, dass gerade

durch jeden Punkt im Erdinnern geht eine Niveau

Durch jeden Punkt der Erdoberfläche und auch

die fundamentalen Begriffe und Anschauungen eine

fläche; über den allgemeinen Verlauf dieser Flächen

schärfere Bestimmung, beziehungsweise eine durchgreifende Aenderung erfuhren. So hat die Geodäsie

werden die vorhandenen Erfahrungen im Verein mit den obigen theoretischen Erwägungen einigen Aufschluss geben. Sind Wund W + dW die Potential werte längs zweier benachbarten Niveauflächen, be

unter der Aegide jenes Unternehmens , dank dem regen Meinungsaustausch der dazu berufenen Ge lehrten , eine tiefgehende Umgestaltung erlitten . Dies konnte nicht ohne Einfluss bleiben auf das so

wegt man die Masseneinheit aus den Punkten P

und P ; der ersten inneren) Fläche in den ent

nahe liegendeGebiet der Mathematischen Geographie; sprechenden handelt es sich dabei doch um Gegenstände, welche, wie die mathematische Figur der Erde und die damit zusammenhängenden Begriffe des wahren und scheinbaren Horizontes, der Lotrichtung, der Höhe u . s. w., für beide Wissenschaften von grundlegender Bedeutung sind . Die folgenden Zeilen haben nun den Zweck , einige dieser Begriffe im Zusammen-

Lotrichtungen bis in die zweite

(äussere) Fläche, bezeichnet die dabei zurückgelegten Wege mit dhi und dha , nennt die Schwerkraft in

Pi und Pz beziehungsweise gi und g2 , so folgt aus der Beziehung

dW = 81 dhi

-

82 dh2,

dass dhi : dha = gr2 : 81, dass also die in Pi und P : zurückgelegten Wege den dort herrschenden Schwerkräften umgekehrt proportioniert sind.

hange mit einer dermalen noch nicht abgeschlossenen

Herrschte also in allen Punkten einer jeden Niveau

Frage zu erörtern.

fläche dieselbe Schwerkraft, so wären jede zwei benachbarte Niveauflächen in der Richtung des Lotes überall gleich weit von einander entfernt, mit einem

I.

Die auf einen materiellen, mit der Masse Eins

begabten Punkt P von den einzelnen Massenteilchen Worte , die Niveauflächen wären parallel in dem der Erde nach dem Newtonschen Attraktionsgesetze Sinne, wie es koncentrische Kugelflächen sind. ausgeübten Anziehungen vereinigen sich mit der Hiergegen aber spricht die Erfahrung.. Wäre näm aus der Achsendrehung entspringenden Centrifugal lich die Erdoberfläche überall mit Wasser bedeckt , kraft zu einer Gesamtwirkung von bestimmter Rich tung , der Lotrichtung in P , und einer bestimmten Intensität ; man bezeichnet diese Gesamtwirkung als die in P herrschende Schwerkraft. Es gibt nun eine gewisse Funktion, nämlich einen von der relativen Lage des Punktes P gegen die Erde, >

so stellte die Oberfläche desselben im Zustande des

Gleichgewichtes eine Niveaufläche dar, weil Gleich gewicht nur bestehen kann, wenn in jedem Punkte der freien Oberfläche die dort herrschende Kraft

normal zu ihr wirkt. Eine Annäherung hieran bil den die Weltmeere , und die Pendelbeobachtungen

von der Massenverteilung und daher auch von der

haben gezeigt, dass die Schwerkraft längs der Ober fläche dieser Meere veränderlich ist und von den digkeit ihrer Achsendrehung abhängigen Ausdruck W , Polen gegen den Aequator beständig abnimmt. Der welcher alle bezüglich der Schwerkraft in P zu Hauptsache nach hat diese Aenderung ihren Grund stellenden Fragen beantwortet und das Potential in der Zunahme der Centrifugalkraft gegen den der Schwerkraft für diesen Punkt genannt wird. Aequator, welche der Attraktion entgegen wirkt, und Die wesentlichste Eigenschaft dieser Funktion W in der Abplattung , in ihrem Detail aber ist sie besteht in folgendem : Bewegt man sich von P in durch die Unregelmässigkeiten der Massenanordnung irgend einer Richtung um die sehr kleine Strecke des Erdkörpers bedingt. Bewegt man die Masseneinheit aus dem Punkte PP' = du nach P “, so erleidet W eine Aenderung dW , und das Verhältnis dieser Aenderung zu dem zurück- P der Niveaufläche W in der Richtung des Lotes gelegten Wege gibt die bei rechtwinkliger Zer- bis in die Niveaufläche W + dW , bezeichnet den Form der letzteren , sowie von der Winkelgeschwin -

-

legung in die Richtung PP' fallende Komponente der Schwerkraft, welche in dem Sinne von P nach

P oder in dem umgekehrten wirkt , je nachdem dW eine Zu- oder Abnahme bedeutet . Erfolgt also

1) Die Benennung ist von Clairaut der physikalischen Vorstellung der freien Oberfläche einer ruhenden Flüssigkeit entlehnt.

Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie.

zurückgelegten Weg mit dh und die Schwerkraft

203

II .

in P mit g, so ist dabei die mechanische Arbeit gdh

Die Niveauflächen bilden nun die Grundlage

geleistet worden , und da –- dW = gdh ist , so

für die moderne Definition der mathematischen Figur der Erde. Gäbe es eine unter ihnen , welche un

drückt die Niveau differenz dW zweier Niveau-

flächen die mechanische Arbeit aus , welche zweideutig von den anderen verschieden wäre , so die Hebung der Masseneinheit aus der einen Fläche

würde diese die obige Bezeichnung vorzugsweise

Je kleiner die Kraft 8,

verdienen . In Wirklichkeit ist dies, wie später noch erörtert werden soll , in voller Schärfe nicht der

in die andere erfordert.

desto grösser bei der nämlichen Arbeit wird der Weg dh . Dies stimmt mit den obigen Erwägungen überein , führt aber noch zu einem anderen Schlusse. Erfahrungsgemäss nimmt die Schwerkraft an demselben

Fall. Infolgedessen hat jede Niveaufläche, welche

in der Nähe der physischen Erdoberfläche verläuft, dasselbe Anrecht, als mathematische Figur der Erde

Orte mit wachsender Entfernung von der Erdoberfläche bezeichnet zu werden . Listing '), an die von ab, und aus theoretischen Gründen, die durch Ver-

Gauss und Bessel ?) gegebenen Definitionen an

suche einige Bestätigung erfahren haben, ergibt sich,

knüpfend, hat diejenige Niveaufläche, von welcher

dass sie beim Eindringen in die Erdrinde zunimmt bis zu einer Tiefe, welche etwa 15 des Erdhalbmessers beträgt, um von da an fortwährend abzunehmen . Auf Grund dieser Betrachtungen und eingehen-

die Oberfläche der mit einander zusammenhängen den Weltmeere unter gewissen idealen Voraus setzungen einen Teil bilden würde, als mathematische Figur der Erde bezeichnet und mit dem Namen

derer Untersuchungen kann über den allgemeinen

Geoid belegt. Bruns "), in präciserer Auffassung,

Verlauf der Niveauflächen etwa folgendes gesagt werden : Die Niveauflächen umschliessen einander

nennt » Geoid einer bestimmten geodätischen Ope ration « diejenige Niveaufläche, welche durch den scharf markierten und entsprechend festgelegten Nullpunkt dieser Operation hindurchgeht.

schalenförmig, sind nicht parallel, entfernen sich vielmehr von den Polen gegen den Aequator immer mehr von einander ; eine Schaar dynamisch-äquidistanter, d. h . solcher Niveauflächen , bei welchen die Hebung einer Masse aus der einen in die darauffolgende

Insofern die Niveauflächen durch äussere Ein

Aüsse sowohl , welchen die Erde unterworfen ist, wie auch durch Aenderungen in der Massenanord

immer dieselbe mechanische Arbeit erfordert, hat in

nung einem beständigen , wenn auch äusserst ge

der Tiefe von etwa 45 des Erdhalbmessers die dichLagerung nach beiden Seiten stetig ab ; die der

ringen Formenwechsel unterworfen sind , ist das , was wir uns unter der mathematischen Figur der Erde zu denken haben , keine starre unveränder

Erdoberfläche nahen Niveauflächen weichen in ihrer

liche Fläche .

Gestalt von einem schwach abgeplatteten Rotationsellipsoide sehr wenig ab . Um von der Grösse der Abweichung vom

ten Punkt P geht, bildet einen wahren Horizont

Parallelismus bei zwei

die Niveaufläche in P den scheinbaren Horizont

teste Lagerung , von da ab nimmt die Dichte der

der Erdoberfläche nahen

Die Niveaufläche, welche durch einen bestimm für diesen Punkt, während die Berührungsebene an

Niveauflächen eine Vorstellung zu gewinnen , be- darstellt, welchen der Geometer mit Hilfe der Libelle achte man, dass die Schwere am Pol zu jener unter

bei seinen Operationen bestimmt.

dem Aequator etwa im Verhältnis 196 : 195 steht; das umgekehrte Verhältnis haben die Abstände der

tung in P ist Tangente an die durch P gehende Kraftlinie; sie bestimmt das Zenit , welches von

Niveauflächen unter den gedachten Breiten .

dem Schnittpunkt der Kraftlinie mit dem Himmelsge

Hiermit ist der Verlauf der Niveauflächen nur

im grossen ganzen angedeutet, wie er von den oben angegebenen wesentlichen Ursachen der Variation

der Schwerkraft abhängt. Von den Unregelmässig-

Die Lotrich

wölbe um so mehr verschieden ist , je stärker diese

gekrümmt ist . III .

Einen wesentlichen Einfluss hatte diese Auf

keiten in der Massenverteilung des Erdkörpers rührenfassung auf die Höhenmessung. Der Begriff des Unregelmässigkeiten der Niveauflächen her, die sich

Höhenunterschiedes zweier Punkte der Erdoberfläche

als Verbiegungen , bald als Verflachungen , bald als

und der Vorgang des geometrischen Nivellierens,

Erhebungen darstellen , jedoch so , dass nach den

durch welchen der Höhenunterschied zweier weit

bisherigen Beobachtungen nirgends eine eigentlich

von einander entfernter Punkte mittels der gegen

wellenförmige Gestaltung eintritt. Eine Linie , welche so verläuft, dass sie alle Niveauflächen rechtwinklig schneidet, dass also jede ihrer Tangenten die Lotrichtung im Berührungspunkt anzeigt, bezeichnet man als Kraftlinie. Aus dem Verlauf der Niveauflächen folgt, dass die Kraftlinien schwach gekrümmte Kurven sind , am schwächsten gekrümmt im allgemeinen diejenigen,

seitigen Höhenunterschiede eingeschalteter Zwischen punkte bestimmt werden soll, gehen von der Grund vorstellung des Parallelismus der wahren Hori

welche in der Nähe der Erdachse und in der Nähe

des Aequators verlaufen .

zonte aus ; dieser Parallelismus aber findet bei den

Niveauflächen nicht statt, er erleidet ausser der nor malen Störung wegen Abnahme der Schwerkraft 1) Göttinger Nachr. , 1873 . 2) Breitenunterschied zwischen Göttingen und Altona, 1828 . Astron . Nachr. , Bd . XIV. 3) Die Figur der Erde, Berlin 1878 .

Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie .

204

von den Polen gegen den Aequator , oder

sagen

wir wegen der sphäroidischen Form der Niveauflächen, noch lokale Störungen wegen der örtlichen Aenderungen der Schwerkraft infolge der

Unregelmässigkeit in der Massenanordnung.

erkannt , er liegt in dem >

Nichtparallelismus der

Niveauflächen , welcher selbst bei fehlerfreier Ope ration ein von Null abweichendes und von dem

Wege des Nivellements abhängiges Resultat herbei

Sobald dies einmal erkannt ist , hat es keinen genauen Sinn mehr , von dem » Höhenunterschied «

führen müsste , sofern nicht die Schleife ganz in einer Niveaufläche verläuft; dieser Schlussfehler muss daher in Rechnung gebracht werden , und

zweier Punkte A, B schlechtweg zu sprechen ; denn

man kann in analogem Sinne wie oben von einem

es liegt der Punkt B z . B. nicht ebenso hoch über

orthometrischen und einem

dem Horizont von A als der Punkt A unter dem

sprechen.

Die längs der Kraftlinie des Punktes B gemessene Höhe desselben über der Niveau-

flächen vom Parallelismus kann die orthometrische

Horizont von B.

wahren Schlussfehler

Wegen der nur geringen Abweichung der Niveau

fläche des Punktes A dagegen ist eine wohldefinierte Reduktion, wie auch das obige Beispiel zeigen mag, Grösse und wird die orthometrische Höhe von

B über A genannt. Sie kann durch ein blosses Nivellement von A nach B oder auf dem umge-

kehrten Wege allein nicht gefunden werden ; das Resultat dieses Nivellements erfordert vielmehr eine Korrektur wegen des Nichtparallelismus der Niveauflächen , und diese Korrektur , sofern sie auf die normale Störung des Parallelismus allein Rücksicht nimmt, wird als orthometrische oder sphäroi-

hohe Beträge nicht erreichen , namentlich dann nicht, wenn das Nivellement keine beträchtlichen Digres sionen in vertikalem Sinne aufweist; einige der Wirk lichkeit entnommene Angaben werden weiter unten gemacht werden. Indessen hat sich gezeigt , dass sie dort , wo es sich um Lösung wissenschaftlicher

Fragen handelt , in Anbetracht der Genauigkeit der heutigen geometrischen Nivellements nicht mehr zu umgehen ist. Helmert ) darf das Verdienst in

dische Reduktion bezeichnet; die wahre Re-

Anspruch nehmen , auf die Berücksichtigung dieses

duktion erfordert auch die Rücksichtnahme auf die

neuen Faktors der Höhenmessung hingewirkt und

lokalen Störungen des Parallelismus, also die Kenntnis des Verlaufs der Schwerkraft längs des Nivelle-

ihm Anerkennung verschafft zu haben ; vor ihm hatte

ments .

Ein Beispiel wird dies erläutern . Würde man von einem Punkte A unter 50

nördlicher Breite

schon Wand ?) auf den Einfluss des Nichtparallelis mus der Niveauflächen auf Nivellements aufmerk sam gemacht und ward die Frage von Zachariae ")

und Wittstein ) in Untersuchung gezogen.

und in 100 m Höhe über dem Nullniveau nach

Es ist oben neben der orthometrischen auch

einem zweiten genau südlich gelegenen Punkte B unter 40 ° n . Br. , der mit A in einerlei Niveaufläche liegt , in dieser Fläche selbst nivellieren , so

der wahren Reduktion der Nivellements gedacht worden , welche die Kenntnis des wirklichen Ver laufes der Schwere längs des Nivellements erforderte.

ergäbe sich die »nivellitische Höhendifferenz« gleich Diese in dem nötigen Umfange zu erlangen , wird Null und man würde nach älterer Auffassung dem Punkte B ebenfalls die absolute Höhe von 100 m zuschreiben . Die orthometrische Höhe von B über

bei der Kompliziertheit genauer Schweremessungen kaum jemals durchführbar sein . Indessen ist auch in dieser Richtung ein sehr beachtenswerter Schritt

dem Nullniveau aber steht zu jener von A (mit geschehen; v. Sterneck ") hat einen transportabeln genügender Annäherung) im umgekehrten Verhält-

kompendiösen Pendelapparat konstruiert , der bei

nis der Schwerkräfte, welche unter den betreffenden

leichter Handhabung und kurze Zeit dauernder Be obachtung überraschend genaue relative Schwere bestimmungen gestattet. Mit diesem Apparat mass

Breiten im Null- (Meeres-) Niveau herrschen , also im Verhältnisse 9,81047 : 9,80145, beträgt daher 100,092 m ; die orthometrische Reduktion , welche zu

men , wenn unter den gleichen Voraussetzungen

er nun u. a. den Verlauf der Schwere längs einer Schleife des österreichischen Präcisionsnivellements in den Tiroler Alpen , indem er an 37 mit Höhen marken versehenen Stationen der 356 km langen

von B nach A nivelliert würde.

Schleife relative Schweremessungen vornahm . Der

dem Nivellementsergebnis hier additiv zuzufügen ist, beträgt also 0,092 m. Sie wäre subtractiv zu neh-

Eine Erscheinung, welche in dem Nichtparalle- | Wert dieser Operation liegt nicht so sehr darin , lismus der Niveauflächen ihren Grund

hat und

dass sie es ermöglicht hat, die wahre Reduktion

welche die Aufmerksamkeit der Geodäten erregen musste , tritt bei dein Nivellieren einer Schleife ,

bestimmen

d . i . einer in sich zurückkehrenden Linie auf. Hier

zu 24 mm , der orthometrische zu 7 mm

sollte sich das Resultat Null ergeben als Höhe des Endpunktes über dem Ausgangspunkte – da beide

für jene Schleife mit zureichender Genauigkeit zu es fand sich der wahre Schlussfehler son

1) Mathematische und physikalische Theorien der höheren

zusammenfallen – , wenn das Nivellement fehlerfrei Geodäsie, 2 Bde. , Leipzig 1880–84 . 2) Die Prinzipien der mathematischen Physik, Leipzig 1871 . wäre.. Dies kann nun wegen der unvermeidlichen 3) Astron . Nachr. , Bd . 8o. Fehler der Operation allerdings niemals eintreten ; 4) Ibid ., Bd . 81 . aber die Abweichung von Null erreichte in vielen 5) Mitteil . des k . k . militär-geograph. Instituts, Bd. VII, Fällen eine unerwartete Höhe; der Grund ist jetzt | VIII, IX . )

Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie.

dern vielmehr darin , dass sie das Material für eine

205

gehen , das alles sind Fragen , deren Beantwortung

wichtige Untersuchung bot , welche Helmert in der Wahl eines Normalniveaus voraufgehen muss. einer Monographie 1) durchgeführt hat, und aus welUm diese Beantwortung anzubahnen , sind in >

cher hier das eine Resultat von Interesse ist , dass

Ausführung eines Beschlusses der Gradmessungs

man mit der orthometrischen Reduktion zunächst sein Auskommen finden könne; denn selbst bei

konferenz an zahlreichen Punkten der europäischen

IV .

haben trotz ihrer vielfach erst beschränkten Dauer

Nach diesen Erörterungen ist es möglich, einer jeden Geographen interessierenden Frage näher

gezeigt, dass schon ein relativ kurzer Zeitraum aus reicht, um aus dem Durchschnitt der Wasserstände

zu treten , welche die internationale Vereinigung der Geodäten nun schon seit langem beschäftigt und demnächst zu einem wenigstens vorläufigen Ab-

die jeder Rechnung sich entziehenden Ursachen ihrer Schwankungen fast verschwinden zu machen

Küsten regelmässige Beobachtungen des Wasser einem Nivellement von der Nordsee über den Brenner standes eingeleitet und zu diesem Zwecke zumeist zum Adriatischen Meere würde sich die wahre Re- eigene Apparate aufgestellt worden , selbstregistrie duktion von der etwa 0,1 bis 0,2 m betragenden rende Pegel, Mareographen , an einigen Stellen der orthometrischen nur um wenige Centimeter unter- französischen Küste die von Lallemand !) kon scheiden . struierten Medimareometer. ?) Die Beobachtungen

mittleren Wasserstand eine Kote zu

und in dem

schlusse gebracht werden dürfte; es ist die Frage erhalten (bezogen auf einen gewählten Fixpunkt ), nach einem einheitlichen Nullpunkt für die ab soluten Höhenmessungen in Europa .

welche durch neu hinzutretende Beobachtungen eine wesentliche Aenderung nicht mehr erfährt. Am

Schon gelegentlich der ersten allgemeinen Kon- ausführlichsten und eingehendsten ist diese Unter ferenz der damals noch »mitteleuropäischen Grad- suchung für das Mittelwasser der Ostsee bei Swine messung« im Jahre 1864 war sie durch den Vertreter der Schweiz, den Neuenburger Sternwarte-

münde durch Seibt 3) ausgeführt worden , wo eine sehr genaue ältere Beobachtungsreihe zu der zehn-,

direktor Hirsch , angeregt worden. Der Grund, warum die Lösung sich so lange hinauszieht, liegt

registrierenden Pegels hinzutrat. Zweimal nämlich

in den vielen notwendigen Vorarbeiten , noch mehr

wurde die wahrscheinlichste Kote des Mittelwassers

beziehungsweise neunzehnjährigen des neuen selbst

aber darin , dass im Laufe der folgenden Zeit jene bestimmt, das einemal auf Grund der 54jährigen neuen Anschauungen sich Bahn gebrochen haben, von welchen oben die Rede war, und die mit der

Frage auf das engste zusammenhängen .

Da als

Beobachtungsperiode 1826-1879 , das zweitemal auf Grund der 78jährigen Periode 1811-1888, und die beiden Bestimmungen zeigen eine Abweichung

Nullfäche für die Höhenmessungen nur eine Niveau-

von nur etwa 3 mm .

fäche gewählt werden kann , so handelt es sich darum , ob die Natur eine solche mit der nötigen

Der zweite erforderliche Schritt zur Lösung der oben formulierten Fragen besteht in dem Anschluss

Bestimmtheit darbietet.

der Mittelwasser an die Präcisionsnivellements, wie solche für die Zwecke der Erdmessung jetzt in

Die Gauss- Besselsche

Definition der mathematischen Figur der Erde nahm

Ansicht schloss sich Listing mit der Bemerkung

grossem Maasstabe ausgeführt werden und zum Teile schon vollendet sind, um erstere auf ihre gegen seitige Höhenlage zu prüfen . Die ersten Resultate derartiger Vergleichungen

an , dass dabei von den verhältnismässig geringen

der Mittelwasserhöhen schienen auf beträchtliche

ohne weiteres an , dass die Meeresoberfläche und ihre

ideelle Fortsetzung durch ein Netz das Festland durchziehender Kanäle eine Niveaufläche sei ; dieser

Störungen des Gleichgewichtes abgesehen werde, Unterschiede, also darauf hinzuweisen , dass die wie sie in Ebbe und Flut, in den Veränderungen des Niveaustandes und im Wellenschlage aus Druckunterschieden und Bewegungen der Atmosphäre entspringen . Dass die wirkliche Oberfläche des Meeres in keinem Augenblicke eine Niveaufläche

darstellen könne, bedarf kaum einer Erörterung ;

Mittelwasser an den europäischen Küsten verschie

denen Niveauflächen angehören, und es fehlte nicht an Versuchen , diese Unterschiede aus der physi kalischen Beschaffenheit des Wassers in den ver schiedenen Meeresbecken und aus der Formation des Meeresbodens zu erklären. Einige der auf

ob aber das Mittelwasser , d . i . die aus kontinuier- | fälligsten älteren Daten mögen hier angeführt lichen oder periodischen Beobachtungen des Wasser

werden ; hiernach sollte die Ostsee bei Ostende

standes an einer bestimmten Stelle gezogene durch-

um 0,730 m , bei Amsterdam um 0,757 m über dem Mittelländischen Meere liegen , der Atlantische

schnittliche Kote eine hinreichend stabile Grösse sei . ob die Mittelwasser an verschiedenen Stellen einer Meeresküste und an den Küsten der verschie

denen unseren Erdteil bespülenden Meere einer und derselben Niveaufläche angehören , und bis zu welchem Betrage die eventuellen Abweichungen

>

1) Comptes rendus, 1888 .

2) Die Erfahrungen haben die bemerkenswerte Thatsache zu Tage gefördert , dass kontinuierliche Wasserstandsaufzeich nungen täglich einmaliger regelmässiger Pegelablesung gegen über keinen erheblichen Vorzug aufweisen.

3) Das Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde, I und II , 1) Die Schwerkraft im Hochgebirge, Berlin 1890.

Berlin 1881 und 1890.

206

Geographische Mitteilungen.

Ozean bei Santander um 0,663 m das Mittelwasser

Geographische Mitteilungen.

bei Alicante überragen , der Kanal bei Cherbourg

(Denudation in der Wüste. ) Seinen bekannten Studien über den Prozess der Verwitterung und Denu dation in der afrikanischen Wüstenregion hat Joh. Walther nunmehr solche auf amerikanischem Gebiete

um 1,10 m

über dem Mittelwasser von Marseille

stehen . Diese Zahlen haben jedoch in jüngster Zeit wesentliche Veränderungen erfahren und zwar einesteils dadurch , dass neuere genauere Nivellements herangezogen wurden , anderenteils aber infolge der Berücksichtigung des Nichtparallelismus der NiveauHächen, also durch Anbringung der orthometrischen Reduktion . ') Durch den letzteren Umstand allein vermindert sich beispielsweise , nach Lallemands Angabe ?) , der Niveauabstand zwischen Santander und Alicante um 0,34 m , sinkt also unter die Hälfte des oben angegebenen Betrages .

nachfolgen lassen, und es ergeben sich dabei lehrreiche Vergleiche. Auf seinen Reisen begleitete ihn der rus sische Geologe krasnoff, der in der Wüstenlandschaft des grossen Beckens zwischen der Sierra Nevada und dem Felsengebirge wesentlich die ihm von Turkestan und vom abflusslosen Territorium Innerasiens her ge läufigen Züge wiederfand , wogegen Walther selbst ganz

andere Eindrücke gewann, als er sie beim Durchwandern der Sahara und der arabischen Wüsten erhalten hatte .

Zumal in den Vegetationsverhältnissen tritt ein auffallen

Schon gelegentlich der Freiburger Versammlung der Unterschied hervor, insofern in Afrika die Pflanzen der permanenten Kommission der Erdmessung 1890 bat Lallemand auf Grund des neuen französischen Nivellements eine Tabelle von Zahlen mitgeteilt,

so gut wie ganz, in Amerika dagegen niemals gänzlich

die Höhenunterschiede der Mittelwasser betreffend ,

Horizontalität der Denudationsflächen und der Mangel

aus welcher all die hohen Zahlenwerte der älteren

Zeit verschwunden sind und Beträgen von wenigen

an lokalen Anhäufungen von Denudationsprodukten allen Wüstenstrichen der Erde gemeinsam . Das Wasser hat

Centimetern Platz gemacht haben. Lallemand

nur etwa 65 Tage Gelegenheit, seine erosive und trans

fehlen, ja sogar den sonst so scharfen Gegensatz zwischen Wüste und Steppe völlig verwischen . Dagegen ist die

in den betreffenden Bezirken des westlichen Nordamerika

zog daraus , den provisorischen Charakter seiner portierende Thätigkeitauszuüben, während an den übrigen Daten hervorhebend , den Schluss, dass die ursprüng

300 Tagen des Jahres, bei der grossen Seltenheit atmo

lich aus den Gesetzen des Gleichgewichts von Flüssig- sphärischer Niederschläge, diese Art der Zerstörungs keiten gezogene

Hypothese von der Einheitlichkeit des Meeresniveaus nun wieder zu ihrem Rechte gelangen werde. Aehnliche Anschauungen sind in letzter Zeit auch von anderen Seiten geäussert worden . Die in diesem Jahre tagende Allgemeine Konfe renz der internationalen Erdmessung wird nun vor aussichtlich über die Frage der Wahl eines einheit

arbeit zum Stillstande verurteilt ist .

Allein die » De

flation « oder » trockene Denudation « bleibt jahraus jahrein im Gange, und wenn es auch vorläufig nicht möglich ist, ihre mechanischen Leistungen gegen diejenigen des

Wassers quantitativ abzuschätzen , so müssen sie doch gleichwohl als bedeutend und folgenreich anerkannt werden.

Die » braune Schutzrinde « der Felsen , welche

sicherlich ohne Mitwirkung des Wassers entsteht, findet

lichen europäischen Höhennullpunktes beraten und sich allenthalben in Utah und Arizona; gelangt das Beschluss fassen , und als Grundlage hiefür wird ihr Wasser an solche Stellen , so schwemmt es die Rinde eine umfangreiche (als Manuskript gedruckte) Arbeit fort, und man erblickt nachher eigentümliche Säulen des Geodätischen Institutes als Centralbureau der inter- gänge , und diese fehlen in Amerika ebensowenig, wie nationalen Vereinigung vorliegen . In dieser Arbeit in der Libyschen Wüste; ein gleiches gilt für Pilzfelsen , sind die mit einiger Zuverlässigkeit festgestellten Sandschliffe, Zeugenhügel und andere typische Bildungen Mittelwasser an den europäischen Küsten von Swine der Wüste. Auch die von ihm für Nordafrika durch

münde westwärts (mit Ausschluss der grossen Halb - geführte Klassifikation der Wüstenlandschaft nach Denu inseln ) bis Triest in ein Netz von Nivellements

polygonen einbezogen ; dieses Netz ist einer Aus gleichung unterworfen, welche auf wissenschaftliche Prinzipien sich stützend , die infolge der Beobach >

dations - Sedimenten Kieslager, Sanddünen , Lehm regionen, Salzabsätze glaubt Walther direkt auf die neuen Verhältnisse übertragen zu dürfen , und so sieht

er sich berechtigt, das Phänomen der Wüstenbildung

als einen tellurischen Vorgang aufzufassen , der ebenso

tungsfehler auftretenden Widersprüche aufhebt, zu- gesetzmässig verläuft, wie die Glacialerscheinungen der gleich aber den Grad der Genauigkeit und Sicherheit der erzielten Resultate zu beurteilen gestattet. Damit ist ein wertvolles, kritisch bearbeitetes Mate-

Polarzone oder die kumulative Verwitterung im Tropen lande «. — Es wird sich verlohnen, neben dieser inhalts reichen Abhandlung auch einen wesentlich verwandtes

rial geliefert, um auf die oben angedeuteten Fragen Gebiet, nämlich die »Bad Lands« und die Canondistrikte eine begründete Antwort geben und die lange obschwebende Angelegenheit eines einheit lichen europäischen Normalniveaus für die Höhenmessung wenigstens einem vorläufigen Abschluss zuführen zu können. Dem Ergebnis der Beratungen wird allseits mit Interesse entgegen gesehen.

behandelnden Aufsatz K. A. v . Zittels in der » Beilage der Allgem . Zeitung « (Ende Februar 1892 ) zu lesen , worin dem Wasser als morphologischem Faktor der Ver gangenheit eine einflussreichere Rolle zugesprochen wird,

als dies bei Walther der Fall ist. ( Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin , XIX . Band, Nr. 1. ) (Neues Tiefenlot.) Bekannte Apparate zur See

1) Vgl . unsere Tabelle in Nr. 7 d . I. Jahrganges.

tiefenmessung, so insbesondere derjenige Will. Thom sons, beruhen auf dem Gedanken , dass eine mit Luft gefüllte Röhre mit dem offenen Ende in das Wasser

2) Revue scientifique, 1. XLVI ( 1891 ).

getaucht wird ; dasselbe dringt um so tiefer in die Röhre

Litteratur .

207

ein , je grösser an der fraglichen Stelle der Druck ist ,

gewesen als er.

und die Luft wird , gleichbleibende Temperaturverhält nisse vorausgesetzt, nach dem Mariotteschen Gesetze komprimiert. Da aber Druck und Luftvolumen um gekehrt proportional sind, so müssen die Entfernungen der in das Glas eingeätzten Teilstriche rasch kleiner und kleiner werden, und dies ist dem genauen Ablesen der erreichten Tiefe hinderlich . Deshalb schlägt G. Rung, Subdirektor des meteorologischen Institutes in Kopen hagen , ein neues » Universalbathometer« vor , welches

deutschen Missionars ( 1847) geboren , hatte er seine Erziehung in Europa genossen und dann eine Reihe von Jahren ( 1869–1880 )

ebenfalls auf dem Mariotteschen Gesetze basiert , das

selbe aber in der folgenden Fassung verwendet : Die Dichte der Luft ist dem Drucke, der auf ihr lastet ,

direkt proportional. Ein »Luftrohr« ist mit einer ge wissen Quantität atmosphärischer Luft gefüllt, und wenn man das Instrument einsinken lässt, so tritt die uns be

In der Minahassa auf Celébes als Sohn eines

als Regierungsbeamter in Indien – auf Buru, Celébes ' ), Sumatra gewirkt, als er 1885 der würdige Nachfolger Prof. Veths in Leiden wurde.

Zwar hat Wilken bis zu seinem , ihn zu früh

( 1891) ereilenden Tode bereits eine bedeutende Zahl von grossen und inhaltreichen , die Ethnographie des Ostindischen Archipels betreffenden Abhandlungen veröffentlicht

mehr als 24

allein das geplante grosse Werk würde seinen Namen in würdigster Weise der Nachwelt erhalten haben ; da dieses aber, zum Schaden

der Wissenschaft , nicht mehr sein kann , so unternahm es sein

hervorragendster Schüler und naher Freund, Herr C. M. Pleyte , Konservator des Ethnographischen Museums der Königlichen

Zoologischen Gesellschaft in Amsterdam , jene Diktate mit ihren Anmerkungen herauszugeben. Es liegt uns die 1. Liefe. rung dieser interessanten Niederschrift vor , die im ganzen 15 Lieferungen gleichen Umfanges umfassen soll und eine Fülle

kannte Kompression ein ; sowie man aber die Stelle erreicht hat, deren Tiefe unter der Wasserfläche man ermitteln will ( also etwa den Meeresgrund ), sperrt man ein konstantes Volumen der so verdichteten Luft ab , und dieser wird während des Herauſziehens Gelegenheit gegeben, sich in einem besonderen gläsernen Messrohre wieder auszudehnen. Nachdem die Tiefensonde wieder

von Thatsachen und anregenden Parallelen zu bieten verspricht .

heraufgezogen worden , liest man ab , wie gross der

geben, wollen wir den Inhalt dieser 1. Lieferung, unter Hervor hebung einzelner besonders interessanter Punkte , kurz angeben . In der Einleitung werden die zwei Rassen des Archipels,

Rauminhalt unter dem Drucke einer Atmosphäre ist, und

dieser Inhalt wird proportional der erreichten Tiefe sein,

Man kann schon jetzt sagen , dass sie ohne Zweifel grundlegend

für die vergleichende Ethnologie des Ostindischen Archipels werden wird . Herr Pleyte hält sich, mit wenigen Ausnahmen , ganz an das nachgelassene Wilkensche Manuskript und gedenkt nur die Aninerkungen hier und da zu vervollständigen und aus zuführen .

Um dem Leser eine Vorstellung des zu Erwartenden zu

Während des

Malayen und Papúas, in grossen Zügen charakterisiert. Es fällt

Einsenkens steht das konstante Volumen , die Mess kammer « , in Verbindung mit dem Luftrohre und ist von dem mit Wasser gefüllten Messrohre abgesperrt, wogegen beim Heraufziehen die Mess- von der Luft kammer abgesperrt und gleichzeitig mit dem Messrohre

uns auf, dass Wilken S. VII die Ansicht vertritt , das Haar der Papúas wachse in Büscheln , was nicht der Fall ist ; ferner dass er S. X für die Ansicht, die Negritos der Philippinen seien

in Verbindung gesetzt wird . Die selbstthätigen Vor

endlich , dass er S. XI Malayen und Papúas ihrer Sprachver. wandtschaft wegen als ursprünglich ein Volk ansieht, ein Schluss,

als Maasstab derselben dienen können .

richtungen , durch welche diese Herstellung und Lösung gewisser Verbindungen besorgt wird , können natürlich verschiedene Formen erhalten ; die von Rung näher beschriebene bezieht sich auf die direkte Auslotung von Meerestiefen, indem der Stoss des den Grund treffenden Senkbleis die Neu - Einstellung besorgt. ( Das Universal bathometer, Wassertiefenmesser mit gleich geteilter Skala . Kopenhagen, Druck von F. E. Bording.)

eine von den Papúas unterschiedene Rasse , Maclay und den Referenten als Gewährsmänner nennt , die aber gerade die gegen

teilige Ansicht vertreten haben , zu der Wilken auch neigt ; der sehr anfechtbar erscheint .

a

1. Kapitel (S. 1–27 ): Nahrung und Genussmittel. Pflanzen- und Tiernahrung; Reis und Mais, ersterer

von den Hindus, letzterer von den Portugiesen eingeführt ; Hirse, Sago, Yams, Taro, Bataten eic . , welche schon vor der Hir.duzeit

im Archipel gebaut wurden ; Kühe, Büffel, Ziegen (bei den Mohammedanern) , Hunde, Schweine , Hirsche etc. , Federvieh , Fische . Als Anhang (S. 7 ) Salz , dessen Gebrauch bei einigen Stämmen Neu -Guineas und Bórneos und bei den Bewohnern der

Insel Engano unbekannt ist ; letztere glauben sogar , dass es töd.

liche Krankheiten hervorrufe. b ) Getränke : Kaffee (auch der

Litteratur.

Abguss der Blätter, besonders auf Sumátra ), Kokosnusswasser,

G. A. Wilken : Handleiding voor de vergelijkende

Palm- und Reiswein , zum Teile berauschend . c) Genussmittel :

Volkenkunde van Nederlandsch - Indië (Handbuch

Sirih oder Betel , mit Gambir, Tabak und Kalk zusammen gekaut

der vergleichenden Völkerkunde von Niederländisch - Indien ),

(der Gebrauch soll von den Hindus stammen , S. 13) ; Tabak ,

herausgegeben von C. M. Pleyte. Leiden . E. J. Brill. 1892.

der nach Wilken von den Portugiesen eingeführt ist , als Cigarre, in Pfeifen, gekaut , geschnupft ; Haschisch und Opium , letzteres von den Mohammedanern ( S. 17 ) . d ) Erdessen , ein Gebrauch, der nicht nur iiber den Archipel, sondern auch über Asien , Afrika und Amerika verbreitet ist , ja selbst in Südeuropa vor

8º .

1. Lf.

8o S.

Mit Freude begrüssen wir ein Werk , das zwar von seinem Urheber nicht in dieser Form zur Veröffentlichung bestimmt

war, das aber, da es jenem leider nicht vergönnt gewesen ist , es

kommt ; Erde ist ein Stimulans (S. 21 ) ; an Opium Gewöhnte

auszuführen, allseitig mit grösster Dankbarkeit entgegengenommen werden wird. Der im August 1891 der Wissenschaft zu früh

essen Erde, wenn sie kein Opium haben ; wie dieses ist sie sehr

entrissene Professor der Universität Leiden G. A. Wilken !) hatte die Gepflogenheit, in seinen Vorlesungen über die Ethno

bis 271 , stark im Archipel verbreitet; es werden z . B. auf Su

graphie des Ostindischen Archipels seinen Hörern ein Diktat zu geben , auf Grund dessen weitere Ausführungen des Themas erfolgten . Er selbst beabsichtigte, mit Unterlegung dieses Textes,

nachteilig für den Organismus. e. Menschenfresserei (S. 21 mátra noch heutzutage Menschen bei lebendigem Leibe aufge: fressen (S. 25).

2. Kapitel (S. 28 – 54) : Zierat und Kleidung. Wilken .

ein grösseres Werk über die vergleichende Völkerkunde jener

bespricht erst den Zierat und dann die Kleidung , da man sich

Gegenden zu publizieren , und niemand wäre berufener hierzu

schon schmückte, ehe man daran dachte, sich zu kleiden . a) Olir. zierat, als Scheiben , Cylinder und Gehänge ; erstere sind das

1) Siehe u . a . Nekrologe in Bijdrage tot de taal., land- en volkenkunde van Nederlandsch -Indie , 1892 , XLI , 139 f.; Indische Gids, 1891 , XIII , 1706 f. , etc.

Referent hatte den Vorzug , Wilken schon im Jahre 1871 in Limbotto auf Celébes nahe treterf zu dürfen .

1 ) Wilken schreibt nach hergebrachter Weise Celebes , nicht Selebęs, wie neuerdings versucht wurde einzuführen . Referent hat ebenfalls die Schreib . weise Celebes nie verlassen .

Litteratur.

208

Ursprünglichere. Dajaks tragen Scheiben bis zu 3 Zoll Durch-

der » Fennia « (insbesondere imn 1. Bande derselben) dem Publi

messer, Papúafrauen bis zu 20 Schildkrotringe von je 3 bis 4 Zoll

kum vorgelegt worden , dessen Interesse für die Ergebnisse solch astronomisch -geodätischer Gedankenarbeit durch den 2. Band

Durchmesser in jedem Ohre. Auch der obere Rand der Ohr. muschel wird durchbohrt und zum Teil mit sehr grossen Zierraten, die über den Kopf hervorragen, versehen . Bei den Dajaks

belebt werden sollte , der in finnischer Sprache und in reicher

z. B. werden auch sehr schwere metallene Ringe getragen , die

Ausstattung eine vergleichende Uebersicht der Kartenwerke ver schiedener Länder bringt . Die Wichtigkeit der Expedition

das Ohrläppchen bis auf die Brust herabziehen. b) Nasenzierat (S. 31 ) : die Durchbohrung des Septum , um einen

nach Kola , deren Ergebnisse den 3. Band der » Fennia « füllen ,

Zierat durchzustecken , kommt nur bei den Sakais und Semangs der Halbinsel Malakka und bei den Papúas vor ; sie durchbohren

auch die Nasenflügel zu gleichem Zwecke. c) Arm- und Beinringe (S. 32) ; Dajakfrauen tragen 30 bis 40 metallene Armringe von je i cm Dicke , die von der Hand bis zur Schulter reichen ; an einem Batakkind von 6 Jahren zählte jemand 47

Arm- und 72 Beinringe. d- f) Halsschmuck , Fingerringe, Gürtel (S. 33–34). g) Haarschmuck (S. 35 ) : Blumen , bei den Papúas Kämme. Im allgemeinen schmücken sich bei den niedrig stehenden Völkern die Männer , bei den höher ent-

besonders in pflanzengeographischer Beziehung , hat im » Aus land « ( 1891 , Nr. 40 f.) W. Stahlberg eindringlich und aus führlich dargelegt. Vom Inhalte des 4. Bandes gedenke ich die

auf Strandverschiebungen und die auf die Eiszeit bezüg lichen Aufsätze einer besonderen Erörterung in dieser Zeitschrift zu unterziehen '). Mit diesen verschiedenen Richtungen, die hier bezeichnet wurden , ist aber das reiche Programm der Gesell schaft für Geographie Finnlands« nicht erschöpft: handelt es

sich doch um eine möglichst vollkommene landeskundliche Erforschung

Im Mittelpunkte derselben steht die karto .

Bei manchen Völkern müssen die

graphische Festlegung des Landes , daher sind unter den zahl reichen (zumeist schwedisch, häufig deutsch , mitunter fran

Frauen, wenn sie in die Ehe treten , den Schmuck ablegen. Für

zösisch geschriebenen , von deutschen Auszügen fast immer be

Auszeichnung im Kriege ist verschiedener Schmuck üblich . Männerkleidung (S. 37) : h) Penisbedeckung bei den Papúas

gleiteten) Aufsätzen in der » Fennia « solche über geodätische

(einige Papúastämme gehen ganz nackt); i) Schambinde; j) Lendentuch und Rock ( Sarong), letzterer wahrscheinlich ein später eingeführtes Kleidungsstück (S. 39) ; k) Jacke , von den

und namentlich über die bisherigen Gradmessungen und Triangulierungen in Finnland vorwaltend. Nicht nur dass uns die Berechnungen und Ergebnisse der » russisch

Arabern oder Hindus eingeführt, früher wurde der Oberleib stets und noch jetzt wird er viel unbedeckt getragen (S. 41 ) ; 1) Hose, von den Arabern eingeführt (S. 42) ; m) Kopftuch , Mütze, Hut ;

skandinavischen Gradmessung « und der » baltischen Triangulation « im einzelnen vorgelegt werden es handelte sich auch darum ,

wickelten die Weiber mehr.

früher trug man das Haar allgemein unbedeckt , das Kopftuch wurde ebenfalls erst von den Arabern eingeführt ; es wird sehr verschieden getragen ; n) Fussbekleidung (S. 44) ; meist gehen

die Eingeborenen barfuss. Frauenkleidung (S. 45) : 0) Schambedeckung , Lendentuch und Sarong (bei einigen Papúastämmen gehen selbst erwachsene Mädchen noch ganz nackt) (S. 45) ; p ) Jacke ; ursprünglich wurde der Oberkörper überall stets nackt getragen , und es ist noch bei vielen Völkern der Fall ; bei vielen

Probleme und Bestimmungen , sowie über die älteren Karten

die verloren gegangenen Fixpunkte dieser Vermessungen wieder aufzufinden , wozu eine Anzahl von Reisen unter nommen wurde. Die Ergebnisse der Wiedervermessung erlaubten Schlüsse in einer geologischen Frage , jener der » Land hebunge , während sonst die geologischen Untersuchungen der „ Fennia « zumeist der Eiszeit gelten . Die geodätischen Arbeiten leiteten ferner zu hydrologischen über : Wasserstand ,

tragen nur die Verheirateten den Busen unbedeckt ; q) Kopf-

Wassermenge , Eisführung und Eisdauer der Flüsse und Seen werden systematisch bearbeitet , und ein Teil dieser Arbeiten ist für die Frage der Klimaschwankungen nicht ohne Wert. Dabei

bedeckung , Fussbekleidung , Slendang oder Shawl etc. (S. 48) ;

entgehen Veränderungen an der Erdoberfläche, wie sie durch

r) Kabaja oder lange Jacke, fast nur von mit Europäern in Be. Kinderkleidung rührung Kommenden getragen (S. 49). (S. 50) : Malayische Mädchen tragen eine kleine dreieckige

Flussanschwemmungen (Kumo-Elf III, Nr. 9) und durch Erdbeben (IV, Nr. 8) herbeigeführt werden, der Aufmerksamkeit der landes kundlichen Forschung keineswegs. Zwei Aufsätze behandeln die

Metallplatte vor der Scham ; auch Knaben dergleichen und eine Das Material der Kleidungs stücke im allgemeinen ist Baumbast ( Bereitung S. 53) und Gewebe aus den Fasern verschiedener Pflanzen , auch von jungem

Bevölkerungsstatistik (I , Nr. 14, III , Nr. 2) , einer ist den alten Namen der finnländischen Gemeinden gewidmet , zwei

Art Amulet in Penisform .

sind

folkloristischen

Inhaltes.

Zwei

behandeln

ältere

Manuskripte statistisch - geographischen Inhaltes , und einer (IV,

Bambus, meist aber aus der Kattunpflanze. Den Webstuhl haben

Nr. 10) gibt den Neudruck einer in der Geschichte der geo

Sonnenschirme bei den entwickeldie Hindus eingeführt. teren Völkern (S. 54), ebenfalls von den Hindus eingeführt und als Zeichen des Ranges auch von der holländischen Regierung

dätischen Wissenschaft nicht unwichtigen Aboer Dissertation von 1819 (Walbeck , De forma et magnitudine telluris) wieder. Die

anerkannt.

10 Aufsätze des 4. Bandes schliessen sich in jeder Weise würdig den 16 Nummern des 1. und den 16 des 3. Bandes an . Wie

Das 3. Kapitel behandelt Wohnung und Hausgerät (S. 55–80) ; wir begnügen uns aber mit der Aufzählung der

Arbeitsmaterial , mit vollem Ernste behandelt und ohne Scheu ,

Paragraphen : a) Nomaden, Wohnen auf Bäumen ; b) Anlage der Dörfer, Zusammengehörigkeit derselben ; c) Häuser auf Pfählen,

gestattet uns einen vollen Einblick in Arbeitsziele und Arbeits

deren Einrichtung ; d) Häuser auf dem Boden , deren Einrich-

tung ; e) besondere Häuserformen ; f) Festungen , Häuptlingswohnungen , Baumaterialien . g) Verzierung der Häuser ; h)

wenige Fachzeitschriften bietet die »Fennia « wissenschaftliches ihre Leser durch den manchmal trockenen Ton zu ermüden ; sie weise der Forscher eines Landes, das der heimatkundlichen Pro bleme noch eine reiche Fülle bietet. Diese vornehm aus

Hausrat.

gestattete , durchaus wissenschaftliche Zeitschrift wird überall , wohin sie gelangt , die Sympathie und Achtung vermehren helfen,

Aus diesen kurzen Angaben erhellt schon die Reichhaltig . keit des Gebotenen und der weite Gesichtskreis , der Wilken

welche Finnland als einem der Aussenposten westländischen Geisteslebens gebühren .

eigen war , und mit Hilfe dessen er seine Aufgabe erschöpfte.

Wien .

Rob. Sieger.

Wir hoffen , dass das ganze , umfassende, für die vergleichende Ethnographie eminent nutzbare Werk, durch dessen Herausgabe Herr Pleyte sich ein hervorragendes Verdienst erwirbt,

in

Kürze vollendet vorliegen werde. Dresden .

A. B. Meyer. Bulletin de la Société de Geographie de Finnlande . 4. Band . Helsingfors 1891 . Im » Ausland « 1891 , S. 783 , versuchte ich ein Bild der

Fennia .

geographischen Bestrebungen in Finnland zu entwerfen und ge. dachte dabei auch der Vorarbeiten zur Herstellung einer guten Karte des Landes. Diese sind zum grössten Teil in

1 ) Teilweise bereits geschehen ; vgl . Nr. 12. - Von Herrn Dr. Sieger erfährt der Herausgeber , dass allerdings Bonsdorffs Arbeit die erste in deutscher Sprache ist , welche die Strandverschicbungen nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung behandelt , dass aber schwedisch ge schriebene Abhandlungen dieser Art schon aus früherer Zeit ( von Norden skiöld , Forssmau , Moberg und Lilienberg) vorliegen .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 14 .

Stuttgart, 2. April 1892. Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-

einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

MDCL GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden. Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

In- und Auslandes und die Postämter.

Inhalt : 1. Afrikanische Neuigkeiten. ( Januar – März.) Von Brix Förster (München). S. 209. 2. Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin). (Schluss.) S. 215 . 3. Die Eiszeiten in Finnland. Von Rob . Sieger (Wien). S. 218 .

4. Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft.

Von W. Götz (München) . S. 221 . bergbau im Fichtelgebirge.) S. 222 .

Von Friedrich Müller (Wien) .

S. 219 .

5. Tropische Agrikultur.

6. Geographische Mitteilungen. (Grant ; Gretschel ; Verlegungen der Wasserscheide; Zinn 7. Litteratur. (Karrer ; Sammlung Göschen ; Breton-Platzmann.) S. 223.

Afrikanische Neuigkeiten.

(Januar- März.) ) Von Brix Förster (München) .

Senegambien . Nachdem die Franzosen im Anfang v. J. durch einen siegreichen Kriegszug unter Oberst Archinard gegen den Fürsten Amadu die vollkommene Herr schaft über die Landschaft Kaarta , nördlich vom

sandugu als ein wahres Paradies. Der unmittelbarste Nutzen, welchen die Franzosen aus diesen Erfolgen ziehen werden , besteht darin , dass sie jetzt den grössten Teil des Handels jenes fruchtbaren Land striches nach ihren Hafenplätzen , nach den Rivières du Sud, zu lenken vermögen und dadurch die eng lische Kolonie Sierra Leone des Hinterlandes be

rauben . Englische Kaufleute hielten kürzlich ein

Protestmeeting und wandten sich mit dringenden Vorstellungen an Lord Salisbury, welcher aber nur

oberen Senegal , errungen , wendeten sie sich gegen Süden , um Samory , den König von Wassulu , in dem weit ausgedehnten Quellgebiete des Niger end giltig niederzuwerfen . Samory hatte sich um die

Verträge, die er früher mit der französischen Republik geschlossen , wenig gekümmert ; seine Erobe

rungslust bedrohte fortwährend die Länder am oberen

mit einem bedauernden Achselzucken antworten

konnte , denn er hatte erst vor wenigen Monaten

eine definitive Regulierung der Grenzen zwischen Sierra Leone, Rivières du Sud undvereinbart dem östlichFran ge Hinterland Frankreich legenen

mit

.

zösische Unternehmungslust trug diesmal den Sieg über die englische Politik des Abwartens davon .

Volta , mit deren Häuptlingen die Franzosen seit Bingers Reise freundliche Beziehungen anknüpften ,

Togo. Welche Fortschritte in der geographischen Er

und welche die Brücke eines lebhaften Handelsver kehrs von dem nördlichen und inneren Sudan nach den Küsten des Busens von Guinea bilden . Es war

kenntnis und Darstellung dieser Kolonie dank den

ein harter und langwieriger Kampf, der sich ent

topographischen Arbeiten von Dr. Wolf, Hauptmann v. François , Leute , Herold und Pflanzer Gold

spann .

Schon am 24. Februar 1891 hatten die berg gemacht worden sind, davon kann man sich überzeugen durch einen Vergleich der Kartenskizze

Franzosen Kankan am aber Milobald , einem des Niger, besetzt ; wurden wiederQuellfluss nach Norden

zurück gedrängt. Erst als Oberst Humbert am 1. Januar 1892 bei Siguiri am Djoliba mit 140 Euro

von 1888 mit der kartographischen Aufnahme von Agotime und Agome, welche das 1. Heft 1892 der Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten « »

päern und soo Senegalesen erschien, kam der Feldzug gebracht hat. Die Hauptpunkte und Hauptlinien,von zu raschem Abschluss. Am 11. Januar wurde die Anfang an richtig fixiert, sind dieselben geblieben; Hauptschlacht geschlagen und an den folgenden

aber die Flussläufe sind bis in den letzten Winkel

Tagen Bissandugu , Sanankoro und Keruane (?) in verfolgt, die Bergzüge mit Umriss und Aufbau auf Besitz genommen . Samory floh nach Farabatė (?). das Genaueste dargestellt und eine grosse Anzahl Oberst Humbert schildert die Umgegend von Bis 1) Unter obiger Aufschrift hofft die Redaktion regelmässige

von Ortschaften neu eingetragen worden . Das sorg fältig von Verschiedenen aufgehäufte Material gab die Möglichkeit einer ausgleichenden, durchaus kor

Berichte aus der Feder eines unserer bewährtesten Afrika-Kenner

Die Monatsangabe bezieht sich begreif

rekten Zusammenbearbeitung. Hier fühlt man deut

licherweise nicht auf den Zeitpunkt der eingetretenen Ereignisse,

lich , in diesem , wenn auch beschränkten Raume, sind wir völlig heimisch geworden. Man kann nur die

bringen zu können .

sondern auf die Einlaufzeit der Nachrichten . Ausland 1892, Nr . 14 .

27

Afrikanische Neuigkeiten .

210

Hoffnung aussprechen, dass die anstossenden Blätter , aussieht, eine Zusammenstellung mit der kürzlich bald ebenfalls bearbeitet und wir dann in den Be-

veröffentlichten Statistik der benachbarten englischen

sitz einer Karte vom ganzen Togolande in grösserem Kolonien , Goldküste und Lagos , ergibt die Wahr Maasstabe gelangen werden. Dass eine solche Auf- heit, dass wir immer noch einen kärglichen Nutzen gabe eine schwierig zu lösende ist, wird durch die

von der Sklavenküste beziehen .

Ueberlegung ersichtlich , dass die betreffenden Offi-

betrug 1890 in Lagos über 20000000 Mark und

ziere ausserdem eine Menge von Geschäften zu er-

an der Goldküste über 23 000 000 Mark. Die eng

Der Warenumsatz

ledigen hatten . Man vergleiche die wissenschaft- lischen Kolonien zählen 1586 000 Einwohner und lichen Arbeiten im Kongostaate ! Viele Jahre seit | Togo über 2000 000 ! seiner Gründung vergingen , ehe die ersten sicheren Lagos Anfänge einer kartographischen Darstellung er hat sich seit den Verträgen, welche der Gouverneur schienen und zwar verfertigt nicht von den Stations Denton im Herbst 1891 mit den Häuptlingen von vorstehern , sondern von eigens zu diesem Zweck Addo, Igbessa und Ilaro schloss, längs seiner West von auswärts Berufenen .

Bekanntlich wurde der Regierung von Togo grenze um ein gutes Stück vergrössert, hauptsäch der Vorwurf gemacht, den Sklavenhandel zu dulden. Das wurde öffentlich schon widerlegt. Allein es scheint, dass der Vorwurf zu einer genaueren Kon trole des Karawanenverkehrs Anregung gab . Dass man hierbei auf Ungehörigkeiten stiess, beweist eine Verordnung vom 24. Dezember 1891 , wonach » die Anwerbung von Eingeborenen zu Diensten ausser

lich zu dem Zweck , um das Binnenland vor den Sklavenraubzügen der Dahomer zu sichern. Eine nicht unbedenkliche Störung des Handels trat im Februar d. J. dadurch ein, dass die nahe der Küste wohnenden Djebu , welche bisher das Monopol des Verkehrs nach den reichen Binnenländern nur müh

sam gegen die eindringenden Engländer aufrecht er

halb des Schutzgebietes nur mit Genehmigung des hielten, sich jetzt mit den früher dem Gouvernement kais. Kommissars gestattet ist«. Das ist Euphemis- sehr geneigten Bewohnern von Abeokuta,, den Egbas, mus. Der Verkauf von Sklaven zu Zwecken euro

zu gemeinsamen Feindseligkeiten gegen Lagos ver

päischer Unternehmungen ist damit gemeint. Es ist

strasse bewirkt haben .

ja öffentliches Geheimnis, dass das benachbarte Da home Sklaven nicht nur zum Bau der Kongobahn,

sondern auch zur Verwendung in Kamerun liefert. In der deutschen Kolonie beseitigte man die von der ausländischen Presse aufgedeckten Misstände sofort

bunden und eine vollständige Sperre der Karawanen Kamerun .

Seit dem 1. Januar 1891 besitzen wir endlich eine gleichmässig bearbeitete , auch den Markwert angebende Ein- und Ausfuhrstatistik von Kamerun.

dadurch , dass man von neuem mit den eingetroffenen Jetzt erst haben wir eine Basis zur exakten Ver Sklaven einen wirklichen geschah, Arbeitsvertrag Was in Dahomeöffentlich konnteabschloss. in Togo

gleichung der Handelsergebnisse für die kommenden

natürlich heimlich sich ereignen . Dies möglichst | lässt sich nur im allgemeinen konstatieren , dass für zu verhindern , ist offenbar der Zweck des Erlasses des Reichskommissars.

1891 eine merkliche Zunahme des Handels zu ver zeichnen ist .

Der Handel von Togo hatte nach Einführung

1891 .

eines erhöhten Zolles für Branntwein im März 1890

ziemlich beträchtliche Einbusse erlitten .

Jetzt be

ginnt er sich wieder zu heben. Es ist dies am besten wegen Ungleichartigkeit der früheren und jetzigen Handelsstatistik aus einer Vergleichung der Zölle zu erkennen. Vom 1. April bis 1. Oktober betrugen sie 1889 : 35500 Mark, 1890 : 19700 Mark und 1891 : 49000 Mark. In dem Halbjahr AprilOktober 1891 hatte die Wareneinfuhr einen Wert von 751600 Mark (gegenüber von 533000 Mark in demselben Zeitraum 1890) und die Ausfuhr einen solchen von 1110000 Mark . Sehr erfreulich ist die

Jan.-April . April -Juli. Juli-Oktbr. Der Wert der Einfuhr betrug in Mark

Der Wert der Ausfuhr betrug in Mark Gesamtwert der Ein- und Aus fuhr

993 529

927 152

I 223211 I

1469 244

I

1104236

I 1185608

1920681 2692455 2289844

Es ist bemerkenswert , dass 1891 zum ersten

male Plantagenprodukte als Ausfuhrartikel, wenn auch natürlich noch in geringen Quantitäten , er scheinen : nämlich Kakao im Werte von 17435 Mark

und Tabak im Werte von 53411 Mark. Den be

Ausfuhr von Palmölfrüchten . Doch darf nicht unerwähnt bleiben , dass einesteils noch keine Kultur-

deutendsten Import repräsentieren die Baumwoll waren ; es wird interessant sein , zu beobachten, ob der am 1. April 1892 eintretende Zoll von 20 Pf. pro Kilogramm für Gewebstoffe eine wesentliche

produkte (Kakao oder Tabak , Baumwolle) in den

Aenderung in diesem Artikel hervorrufen wird .

Handel kommen, dass andererseits die Abschreckung

Die Einnahmen aus Zöllen und Abgaben von Januar bis Oktober 1891 steigerten sich von 189 600 M. des Vorjahres auf 256600 Mark. Die stetige Verbesserung der finanziellen Ver

Zunahme der Einfuhr von Baumwollwaren und die

des Schnapsgenusses durch gesteigerten Zoll nur kurze Zeit dauerte ; denn 278000 l wurden im Halbjahr 1891 mehr eingeführt, als in jenem von 1890.

So hoffnungerweckend es nun auch in Togo hältnisse der Kolonie ermöglichten es der Reichs

Afrikanische Neuigkeiten.

regierung, das längst ausgesprochene Verlangen nach

211

vollauf zu thun haben mit der Ausbeutung nur des

einer Art von Schutztruppe zu erfüllen . In dem jenigen Teiles vom Hinterland Kamerun, welcher Ausgabe-Etat für Kamerun pro 1892/93 erscheint

die Reichtüiner von Ost- Adamaua und des inneren

die Summe von 45000 Mark zur Aufstellung und

Hochplateaus bis zum 15.0 ö. L. in sich birgt und

Ausrüstung einer Polizeitruppe in der Stärke von

erst bis zum 13. " annähernd erforscht ist.

einem Offizier, zwei Unteroffizieren und so Mann

(Haussa- und Krujungen). Für grössere Expeditionen nach dem Inneren ist sie selbstverständlich nicht be

Englisch - Ostafrika. Wie wenig leistet die hier herrschende Kom

stimmt .

Chef Ramsay, rühmlichst bekannt von seiner pagnie für die Erweiterung der geographischen Er Thätigkeit in Deutsch-Ostafrika, trat im Januar von

kenntnis ! Das Einzige , was sie seit Jahresfrist zu

Kribi aus den Marsch nach dem Binnenplateau der

Tage gefördert, ist eine kleine, wenn auch sehr wert

Jaunde und Wute an . Er hat Gravenreuths Mission

volle Vebersichtskarte der Gegenden zwischen Nai

übernommen und damit zugleich ein ziemlich un-

wascha-See und Victoria - Nyanza (Proc. of th. R. G. S. 1891 , S. 248). Alle Kraft verwendet sie auf

zuverlässiges Träger- und Soldatenmaterial. Es wurde

deshalb bestimmt, dass Lieutenant v. Brauchitsch praktische Unternehmungen , vor allem auf die Be Verstärkungen an der Westküste anwerben und sobald als möglich ihm folgen soll.

festigung ihrer Herrschaft in Uganda. Dort liegen die Verhältnisse freilich sehr im

Im Dezember 1891 gründete Lieutenant v. Vol-

Argen. Kapitän Lugard sucht unleugbar mit grossem Geschick Herr der Situation zu werden. Sein letzter

kamer die Station Edea .

ausserordentliche Thätigkeit, um einerseits den Ruhm zu erwerben, als erste Europäer das Gebiet zwischen

Bericht vom 13. August 1891 ist am Fusse des Ru wenzori geschrieben ; die Mitteilungen der englischen Missionare (Church. Miss. Int. 1892, Febr.) reichen bis zum 14. September. Von beiden Seiten werden die Zustände übereinstimmend und ergänzend , wie

dem mittleren Kongo und dem Tsadsee durchforscht

folgt, geschildert. Die bis zu blutigem Kampf ge

Französisch -Kongo. Die Franzosen entwickeln in neuester Zeit eine

Erbitterung zwischen den Protestanten und zu haben, andererseits und vielleicht hauptsächlicinh, steigerte Katholiken dauerte trotz aller Beschwichtigungsver

um jenen Teil des Hinterlandes von Kamerun

ihre Interessensphäre zu ziehen , welcher ausserhalb

suche der Häuptlinge und Missionare fort. Die Ur

des Vertragsmässig stipulierten deutschen Einfluss- sache liegt darin , dass, nachdem zur Belohnung für gebietes liegt. Das deutsch -französische Abkommen vom 24. Dezember 1885 fixierte nur im Süden (c. 2 ° n . Br. ) eine bis zum 15. ö. L. Gr. reichende 0

die dem König Mwanga geleistete Hilfe Würden und Landbesitz gleichmässig unter die beiden Kon fessionen verteilt worden waren , die Unterthanen,

Grenzlinie. » Die Regierung der Französischen Republik übernimmt die Verpflichtung , sich einer jeden

welche sich nicht zur Religion ihrer Herren bekannten, vielfach misshandelt oder von Haus und Hof ver

politischen Einwirkung nördlich von dieser Linie zu

trieben oder gar meuchlerisch ermordet wurden.

enthalten «. Daraus geht offenbar – was in jüngster

Auf den bestimmten Grundstücken ,, auf den be

Zeit oftmals übersehen wurde -- hervor, dass in den Ländern östlich vom 15. Längengrad und nörd-

stimmten Aemtern ruht die Pflicht der bestimm

ten Konfession , und mit dem Wechsel der Reli

lich vom 2. Breitengrad kein Hemmnis der Gebiets- gion erlischt das Recht des Besitzes an beiden. erweiterung für irgend eine europäische Nation existiert. Wenn nun Savorgnan de Brazza , welcher

Ausserdem zeigte sich im vorigen Jahre oftmals unter den Protestanten die Neigung , zum Katholi

im Dezember 1891 von Stanley Pool aufgebrochen cismus überzutreten, da der König diesem besonders ist, und den Sangha aufwärts verfolgte, wirklich, wie günstig gesinnt ist und an Katholiken mehr Gnaden kürzlich berichtet worden, in Woso ( 2 ° 20'n. Br. und

verteilt, als an Protestanten . Ihr Uebertritt mit Bei

17 ° 40' ö. L. Gr.) eine Station gegründet hat und behaltung der Macht und des Reichtums rief den beabsichtigt, direkt nördlich von hier bis zum Schari vorzudringen, so hat Deutschland absolut keine Be-

lebhaftesten Widerspruch hervor. Der französische Bischof verlangte daher im Juli (oder August) von

rechtigung, dagegen zu protestieren , ebensowenig wie Kapitän Williams, dem Stellvertreter Lugards, gegen das Vorgehen Dybowskys und der Expe- vollkommene Religionsfreiheit, wie sie einem Lande dition Maitre - Liotard , welche vom Mittellauf des gebühre, das unter englischem Einfluss stehe. Bei Ge Ubangi aus nach Kuti und nach dem Mbomu sich auf den Weg gemacht haben . Eine andere Frage ist , ob es nicht patriotische Pflicht wäre , mit den

Franzosen in Wettbewerb um jene (wahrscheinlich )

währung eines solchen Verlangens würde die Partei der Katholiken sich ungemein rasch vermehrt haben

und die ausschlaggebende Macht im Lande geworden sein. Die protestantischen Missionare machten den

herrenlosen Länder zu treten. Ich bin der Meinung, Gegenschachzug: sie erklärten sich zur Annahme

dass die Franzosen einem Phantom nachjagen, näm- des Vorschlages bereit,abernur unter der Bedingung, lich einer unmöglichen Verbindung der Interessen dass die volle englische Oberhoheit von allen Wa am Tsadsee mit jenen am Kongo ; dass wir dagegen

gandas anerkannt und das englische Gerichtsverfahren

Afrikanische Neuigkeiten.

212

im ganzen Lande eingeführt würde 1). Dem aber

Da er die fragliche Rentabilität der Bahn nicht in

widersetzten sich der König und die Katholiken auf den Vordergrund schieben konnte, so griff er unter das entschiedenste.

richtiger Würdigung der englischen Humanitäts

Durch sehr energisches Auftreten war es inzwischen Kapitän Lugard im März gelungen, wenig-

schwärmerei zu dem Aushilfsmittel der Behauptung, die Brüsseler Konferenz verpflichte die Regierung

stens so weit die gegen einander wütenden Parteien zu beschwichtigen , dass sie sich unter seiner Füh-

zur Abschaffung des Sklavenhandels in der Ostafri kanischen Interessensphäre, und der Bau jener Eisen bahn sei das wirksamste Mittel hiezu. Um dies den

rung vereinten , um

gegen den gemeinsamen und

drohenden Feind , gegen die Mohammedaner und Skeptikern unter den Steuerzahlern noch etwas mund Kabba Rega von Unioro, mit sooo Gewehren und 20000 Speeren zu Felde zu ziehen. Mitte Mai war

gerechter zu machen, wurde nebenbei angeführt, dass man später die gegen die Sklavendaus kreuzende

der Sieg errungen. Lugard rückte bis in die Gegend

Küstenflotille, welche jährlich zwei Millionen Mark

zwischen dem Albert- Eduard- und Albert-Nyanza vor ;

kostet, entbehren könnte. Ein grosses Fragezeichen

in der Nähe des ersteren Sees , wo er reiche Salz-

ist hier wohl erlaubt. Nach Parlamentsbeschluss vom

werke vorfand, gründete er die Salt Lake-Station. In dieser Zeit traf er auf die Spuren von Emin Pascha.

4. März wurden 400000 Mark zur Rekognoscierung der projektierten Eisenbahnlinie bewilligt. Kapitän

Wie dieser ihm vorwirft, er habe die Eingeborenen

Macdonald hat an der Spitze einer starken Expe

gegen ihn aufgehetzt, so beschuldigt der Engländer

dition die Tracierung der Bahn bereits begonnen.

ihn , er habe Waffen und Munition an die Häupt-

Man darf wohl ohne Uebertreibung behaupten,

linge verteilt und in der Gegend des Ruwenzori die deutsche Flagge aufgepflanzt.

die ganze afrikanische Sklavereifrage, wie sie beson

So einflussreich die Stellung der Engländer in Uganda ist, so teuer kommt sie der Gesellschaft zu stehen. Nach Jacksons Einzug in Uganda im Mai 1890 mussten innerhalb eines Jahres drei grössere

Verstärkungsexpeditionen unter Lugard , Williams und Smith nachgeschickt werden, und doch stellte

ders in England mit human klingenden Phrasen an gepackt wird , ist nur ein Schild , hinter dem sich ganz andere Interessen verbergen. Gilt es , der Sklaverei wirklich etwas empfindlich auf den Leib

zu rücken und zwar mit Maassregeln, die geräusch los Gutes schaffen und nicht bis zu den frommen

Ohren von Exeter Hall zu dringen vermögen, welche sich Mitte des vorigen Jahres ein erneuter Bedarf aber andererseits einschneidend die Unternehmungen an Waffen und Munition ein. Lugard wandte sich von überseeischen Engländern durchkreuzen könnten , vergeblich an Stokes ; er beschwert sich bitter über so rührt die Regierung keinen Finger. Den Beweis ihn, da er von dem am Südende des Sees massen- dafür liefert mir ein merkwürdiger Brief in der Times haft aufgehäuften Kriegsmaterial gar nichts ihm , son- vom 1. März 1892 von einem englischen Missionar, dern alles den Deutschen überlasse. der offenbar aus der Schule schwätzt. Er sagt : alle Die englische Gesellschaft befindet sich seit Expeditionen, sei es von Kaufleuten oder Missions

Jahresfrist in einer empfindlichen Klemme ; sie möchte

gesellschaften, mieten auf Zeit die Sklaven der Araber

Renten gewinnen trotz des schwerbelasteten Ausgabe- als Träger. Der Araber und nicht sein Sklave er Sie setzt ihre ganze Hoffnung jetzt auf eine

hält den Vorschuss, der vor dem Beginn der Reise

möglichst erleichterte und ergiebige Ausfuhr von

zu zahlen ist ; da ein guter Teil der Träger nach

etats.

Naturprodukten aus Uganda . Der Bau einer Eisen- einigen Marschtagen zu desertieren pflegt und stets bahn von Mombas nach dem Victoria-Nyanza er-

wegen Mangels eines irgendwie anders gearteten

scheint als die einzige Rettung vor dem Bankrott;

Unterkommens zu seinem Herrn freiwillig zurückläuft,

aber die hiezu nötigen Millionen kommen nicht von selbst. Denn die Rentabilität begegnet starken Zwei-

um von diesem wieder vermietet zu werden , so ist das

Halten von Sklaven auf Lager ein höchst lukratives

feln, da nach den jüngsten Berichten selbst Lugards Geschäft; deshalb steigert sich die Nachfrage nach und der englischen Missionare der Reichtum Ugandas nicht in der überschwenglichen Menge vorhanden ist, wie man früher nach einzelnen Reiseschilderungen

Sklaven mehr , als dass sie sich mindert – unter englischem Protektorat ! »Würde die englische Re gierung einmal den reichen Hindus in Sansibar ordent

geglaubt. Wenn die Kapitalisten nichts riskieren wollen , dann kann und muss es der Staat . Lord Salisbury zeigte sich bereit, gewiss mit Rücksicht

lich auf die Finger sehen, so würde sie dem ganzen Sklavenunwesen den empfindlichsten Schlag versetzen und sie würde verhindern , dass diese Unterthanen

-

>

auf das durch das Deutsche Reich gegebene Beispiel, der Königin von England so viel Schmach auf den jährlich einige Millionen auf Ostafrika zu verwenden . englischen Namen häufen .« Sansibar wurde am 1. Februar 1892 von tät, noch unter englischem Protektorat ; es gehört nur zum Ge.

England zum Freihafen erklärt. Dadurch wird ge wiss die Stellung von Sansibar als Handelsplatz

biete der englischen » Interessensphäre «,ein Ausdruck, mit welchem man alle möglichen und unmöglichen staatlichen Verpflichtungen

ausserordentlich sich heben. Ob aber unser Handel an der Ostafrikanischen Küste deshalb sich vermin

1) Uganda steht nämlich weder unter englischer Souveräni-

und Rechte behaupten oder auch vermeiden kann, wie die Ver

handlungen des englischen Parlamentes vom 3. und 4. März zur

dern wird, kann bezweifelt werden , da weitaus der

Genüge beweisen .

grösste Teil desselben schon bisher nicht in dem

Afrikanische Neuigkeiten .

213

standen hat , somit Sansibar Hauptdepot war und

daten und 200 Trägern von Tanga ab ; von seiner Expedition haben wir interessante geographische Re

bleiben wird.

sultate zu erwarten . Denn er beabsichtigt, von der

Verkehr mit Deutschland, sondern mit Indien beEinen lebhaften Anreiz dürfte das

Schmugglerhandwerk erfahren.

Kilimandscharogegend aus das ganze noch uner

Deutsch - Ostafrika. Ein höchst interessantes Schriftstück ist die Instruktion des Gouverneurs v. Soden an die nach

forschte Massaigebiet zwischen dem 34. und 37.º ö. L. zu durchqueren . Dr. Peters übersandte unter dem 30. Dezember 1891 einen Bericht nach Dar es Salaam (D. Kol.-Bl.

dem Seengebiete bestimmten Ablösungskommandos

1892 , S. 141 ) , welcher eine sehr anfechtbare neue

unter Lieutenant Herrmann und Dr. Schwesinger

geographische Thatsache und eine unwahrscheinliche

(Deutsches Kol.-Bl. 1892 , S. 70) . Es spricht daraus Aussicht auf die Möglichkeit der Entdeckung von der klar berechnende Verstand: was wir nun einmal | Salpeterlagern enthält. Die geographische Thatsache in jenem fernen Inneren in Besitz genonimen , soll erhalten bleiben , aber alles soll vermieden werden, was mit den gegebenen bescheidenen Mitteln schwierig

besteht darin, dass die » Einzeichnung des Manjara Sees auf den Karten eine falsche ist« . Das wäre nun leicht möglich ; denn sie beruht nur auf Erkundi

zu erreichen wäre. Kein unnötiges Säbelgerassel,

gungen , die Rebmann, Krapf, Wakefield ein gezogen. Aber Peters Behauptung, der See liege

sondern ein » diplomatisch vermittelndes « Auftreten gegenüber den Eingeborenen und reiflich überlegte,

8-10 deutsche Meilen direkt westlich von Kibonoto

thatkräftige Unterstützung der wissenschaftlichen und

(u. i . Kibongoto, nördlich von Madschama), ist noch

merkantilen Unternehmungen ! Ferner erkennen wir

viel weniger haltbar , weil gerade in dieser Gegend die Marschroute G. A. Fischers liegt (vgl . Mitt.

hier mit grosser Befriedigung, dass der erste Ver-

such, den Lieutenant Sigl im vorigen Jahre gemacht, die Schutztruppe durch Eingeborene der nächsten Umgebung zu vermehren , geglückt und zu einem

der Hamb. Geogr. Ges. 188284) und der sorgfältige

Forscher Fischer den Manjara -See nicht hier ein zeichnet , sondern in der fast einen Breitegrad süd vollständigen System erweitert worden ist. Auf die licheren Lage belässt . Peters nimmt übrigens die billigste Weise wurde dadurch das Soldatenmaterial | Berechtigung zu dieser Korrektur der Karte nicht vermehrt. So gering unsere militärische Macht auch von persönlichem Augenschein , sondern auf Grund europäischen Augen erscheinen mag , der Zuwachs von Erzählungen, die ihm fünf » Halbaraber« von an namhafter Kraft durch die Einstellung von 129 einer 13tägigen Exkursion nach der Kilimandscharo

Wangoni in die 69 Mann starke Sudanesentruppe station gebracht. Die zweite Entdeckung, die sich lässt sich nicht leugnen , wenn man bedenkt , dass auf Natronablagerungen bezieht, und wodurch das

anfangs nur 49 Sudanesen in drei Stationen über das weite Gebiet zerstreut waren .

Der Gouverneur hat ferner eine sehr wichtige Weisung dem Lieutenant Herrmann erteilt , nämlich vorbereitende Schritte zur Errichtung einer Militärstation in Ugogo zu thun, womit endlich den oft verwünschten Plakereien und Beraubungen durch die Wagogohäuptlinge ein Ende gemacht und der Karawanenverkehr von Mpapwa nach Tabora von der unerträglichen Sperre befreit werden wird. In Aussicht genommen ist der Distrikt Unianguira (6ºs. Br. und 35 ° ö . L.), welcher nach Pater

Kilimandscharogebiet eine erheblich verstärkte Be deutung« erhalten soll, ist eine längst bekannte That sache ; schon auf der Stanley schen Karte von 1878 findet man östlich vom Dönjo Ngai eingetragen :

» Swamp of Nitrate of Soda« . Natron wird bei uns so billig hergestellt und kommt ausserdem in dem viel näher gelegenen Aegypten in solchen Massen vor, dass an eine Rentabilität des Exportes aus jenen unwegsamen Landstrichen gar nicht zu denken ist.

Dass man neben den Natron- auch auf Salpeterlager stossen könnte, bezeichnet selbst Peters nur als

eine » Hoffnung« , die er aber in keiner Weise zu

Schynse und Kurt Töppen wegen seiner relativen begründen vermag. Die in Berlin angestellte Unter Fruchtbarkeit besonders sich eignen dürfte. Der dort suchung der eingeschickten Probestücke beweist, wie herrschende Häuptling Makenge ist einer der mäch- eitel sie war ; das Resultat war einfach Natron , ohne tigsten im ganzen Lande. jede Beimischung von Salpeter. Die Avantgarde der grossen » Ukerewe-Expedi Msiris Reich. tion« (Transport des »Wissmann « - und »Peters« Alfred Sharpe publiziert in den Proc . of th . Dampfers) hat den Vormarsch begonnen : im Dezember 1891 brachen Baron Fischer, welcher die Tiefen- R. G. S. 1892, S. 36 eine Reise, welche er von Juli 1890

verhältnisse des Victoria-Nyanza untersuchen wird,

bis Februar 1891 vom Shirefluss aus, längs des Nyassa

und Rindermann , der hauptsächlich mit meteoro-

Sees, am Südende des Tanganyika -Sees vorbei nach

logischen Beobachtungen betraut worden, von Baga-

dem Maeru-See und nach Garenganze oder Msiris

moyo auf; Ende Februar folgte ihnen Borchert ;

Reich und fast auf derselben Route wieder zurück,

er wird eine Werft am Südufer des Sees errichten

unternommen .

und mehrere Segelschiffe bauen . Stokes besitzt dort das einzige brauchbare grössere Fahrzeug.

zwischen dem Südende des Tanganyika und dem

Unerforschtes Gebiet hat er nur

Nordostufer des Maeru-Sees betreten . Vergleicht man

Dr. Baumann ging am 17. Januar mit so Sol- seine Kartenskizze mit der ausführlichen Karte von Ausland 1892 , No. 14 .

28

Afrikanische Neuigkeiten .

214

Paul Reichard (Mitt. der Afrik . Ges. , Band V), so findet man vor allem eine befriedigende Ueber-

zwungen , einen so unerträglichen Druck hier aus zuüben, dass die Portugiesen trotz des ablehnenden

einstimmung beider und zwar da, wo sie dieselben

Kammervotums vom 8. Februar d. J. auf einen teil weisen Verkauf ihrer afrikanischen Besitzungen schliesslich doch eingehen werden . Hat sich ja kürz lich erst der Finanzminister Oliveira Monteiro ge äussert, er sei bereit, den erneuten Antrag über Ab

Wege gegangen .

Als fester Punkt bleibt ebenso

das im östlichen Winkel des 9. ° s. Br. und 30.0 ö. L. gelegene, von Livingstone und Giraud verzeichnete Hara, jetzt Abdallah , bestehen . Sharpes Ver-

besserungen beschränken sich auf folgendes: Dertretung von Mozambique an England zu unterstützen, Maeru -Atapa -Sumpf (950 m) liegt westlich vom er auch die sofortige Ausführung für nicht 30. ö. L. und verschluckt die vier von den Bergen

opportun erklärte .

Ita was ihm zuströmenden Flüsse ; er steht also nicht Matabele - Land .

durch den Tschisera , welcher überhaupt nicht exi stiert, mit dem Maeru-See (900 m) in Verbindung ;

Die vor einem Jahr so hochgehende Erbitterung

das Terrain zwischen beiden erhebt sich bis 1200 m .

der Portugiesen gegen die Engländer hat sich ganz

Der Unterlauf des Kalongwizi bleibt bis zum 9.0 s . Br.

sachte beschwichtigt, ja sogar in das Gegenteil ver

dem 29. ° 30' ö. L. parallel und mündet ungefähr 1oʻ weiter nördlich ; die Gestalt des Maeru-Sees erhält

kehrt. Die Portugiesen fügen sich der unwider stehlichen Kapitalmacht Englands. Die Mozambique

durch Verlängerung des Nordendes um 10' , durch

Company mit dem

Oberst Machado an der

eine fast gleich starke Verschiebung des Nordwest- Spitze hat sich im Februar d. J. mit der Englisch ufers nach Westen und durch die einen halben Grad Südafrikanischen Gesellschaft vereinigt, um eine Port betragende Verkürzung im Süden eine nicht unDer König von Garen wesentliche Veränderung. ganze zeigte sich nicht unfreundlich gegen Sharpe; ;

Beira Railway Company zu gründen . Die Bahn soll bekanntlich die Ostküste, den Pungwe aufwärts, mit

dem Plateau von Manica und Matabele-Land ver

seitdem aber Paul Reichard , den er nicht ver-

binden . Ein Kapital von 8 Millionen Mark ist zu

gessen, wider seinen Willen heimlich abgezogen,

sammengebracht; im Aprilkann der Bau beginnen, und

argwöhnt er Böses von allen aus Osten kommenden Reisenden ; deshalb ist zu vermuten , dass die vom Kongo ausgegangenen Expeditionen unter Delcom-

zum Anstieg des Berglandes, bis wohin die Tsetsefliege

mune , Le Marinel , Bia und Hodista eine zuvor-

kommendere Aufnahme finden werden, als Stairs, welcher im Herbst 1891 von Bagamoyo nach jenen

im Oktober d. J. soll die Strecke von der Küste bis

die Beförderung durch Lastzugtiere unmöglich macht, fertig gestellt sein. Die Mozambique -Company hat sich ganz in die Arme der » Chartered Company« geworfen : sie stimmt zu , dass ein Direktorium für ihre gemeinschaftlichen Unternehmungen eingesetzt

Gegenden aufgebrochen ist .

werde und zwar in London , und dass diesem

die

Nyassa - Land. Finanzkontrole, die Leitung nicht nur der Minen Der englische Kommissär H. H. Johnstonanlagen , sondern auch der industriellen und land hatte im Oktober 1891 bei Mponda im oberen Shiregebiet mit Erfolg eine Sklavenhändlerbande bekämpft und auseinander getrieben . Das schürte die Erbitte-

wirtschaftlichen Betriebe übertragen werde. Th . Bent , welcher im Januar v. J. von London abreiste und nahezu das ganze Jahr in Matabele

rung namentlich der am Ostufer des Nyassa-Sees Land verweilte, hielt am 22. Februar d . J. einen ansässigen mohammedanischen

Häuptlinge

vom

Vortrag über die Ruinen von Zimbabye, welche er einer möglichst gründlichen Erforschung unterzogen

Stamme der Yaos , welche in Verbindung mit den Sklavenjägern jenseits des Sees einen schwunghaften

hatte. Er konstatierte, dass Zimbabye die Haupt

Menschenhandel nach der Küste betrieben .

stätte einer grossen Reihe von befestigten Plätzen

Als die

Engländer nun Anfang Januar 1892 das Hauptnest sei , welche sich am östlichen Plateaurande des Makanjila (am Ostufer des Nyassa) mit 100 Mann

Manica-Landes vom Sabi bis nördlich zum Mazoe

indischer Truppen angriffen, erlitten sie eine empfind-

erstrecken. Sie stammen wahrscheinlich von Ein

liche Niederlage , wobei drei Europäer umkamen . Johnston rüstet sich in Zombo zu einem Rache -

wanderern aus Arabien und dienten zum

Schutz

grossartig betriebener Goldgräbereien während einer

zuge. Die Engländer erhielten hier die unwidersprech- viele Jahrzehnte dauernden Occupation. Die Ruinen liche Belehrung, dass die Anwendung von Waffen

von Zimbabye bestehen aus einem Fort auf dem

gewalt in Ostafrika ein gelegentlich unvermeidliches

Gipfel des 120 m hohen Hügels, aus einem Rund

Civilisationsmittel und nicht, wie sie so oft in ihrer

bau am Abhange desselben und aus einem Netze von

Presse behauptet, ein den Deutschen eigentümlicher

kleineren Gebäuden , die tief in das Thal hinab

barbarischer Sport ist. Andererseits müssen sie er

reichen .

9

Das Auſfinden eines Schmelzofens , von

kennen , dass die Widerstandskraft der Häuptlinge Schmelztiegeln und Gussformen geben Zeugnis von gerade im Nyassa-Land nur durch die Nachlässig- der hier stattgefundenen Verarbeitung des Gold keit der portugiesischen Behörden in Mozambique stets neue Nahrung, d. h. Waffen und Munition, erhält. Sie sind daher im eigensten Interesse ge-

quarzes. Deutsch -Südwestafrika.

Das wichtigste neueste Ereignis für die Zukunft

Reisebriefe von Charles Darwin.

dieser Kolonie ist , dass das Konsortium , welches

215

erwerben wollte, am 18. Februar d. J. unter Preis-

helm Christian ungestraft alle möglichen Will kürlichkeiten gegen die eingewanderten Boers, ent gegen den ausdrücklichen Bestimmungen des Schutz vertrages; ja Hauptmann von François sagt ebenda

gabe einer Konventionalstrafe von 200000 Mark zurücktrat und sich auflöste. Das Haupt der englischen Hälfte des Konsortiums, Donald

(S. 148) wörtlich : » Die Verwaltung beschränkt sich vorläufig auf das Herero-Land und das Bastard gebiet« ; das Land der Bondelswarts aber liegt süd

die Rechte und Privilegien der » Deutschen KolonialGesellschaft für Südwestafrika« für 3 000 000 Mark

>

Currie , wurde, gewiss zum Teil mit Recht, lich von Rehobot und Windhoek , den Hauptorten ver beschuldigt, deshalb das Zustandekommen

hindert zu haben , weil er die Ueberzeugung gewonnen, Deutschland werde über kurz oder lang

des Bastardgebietes. Unsere Machtlosigkeit in weit ausgedehnten Territorien, in welchen wir die deutsche Flagge gehisst, beruht nicht etwa in dem Mangel

das Land als aussichtslose Kolonie aufgeben und

einer energischen Verwaltung, sondern in der Un

räumen. Nach seiner eigenen Erklärung im » Stan - möglichkeit, mit so Mann Schutztruppe überall und dard « vom 22. Februar d. J. scheint der Haken in gleichzeitig kräftig eingreifen zu können. der ungenügenden Anerkennung der Rechte des mit ihm eng verbundenen Robert Lewis zu stecken ; auch bezweifelt er bei öffentlicher Subskription irgend einen Erfolg, solange das Programm der neu

Reisebriefe von Charles Darwin.

zu gründenden Gesellschaft keine vollständig deutliche Bezeichnung der eingeräumten Territorien und Rechte

(Schluss.)

enthalte. Der stichhaltigste Grund dürfte wohl in der Erkenntnis der Engländer beruhen , dass zur Zeit im allgemeinen das Publikum die Lust zur Kapitalsanlage in Südafrikanischen Unternehmungen

Herausgegeben von W. Preyer (Berlin).

IX .

Valparaiso, 18. April 1835 .

Ich bin eben von Mendoza zurückgekommen, nachdem ich auf zwei Pässen die Kordilleren über

stark verloren hat, und dass sich speciell in Deutsch-

schritten habe. Dieser Abstecher hat viel zu meiner

Südwestafrika nur ein schwierig sich abwickelndes und sehr langsam sich rentierendes Geschäft machen lasse. Wer dort erwerben will , muss in hohem Grade Genügsamkeit und Zähigkeit im Warten besitzen . Dorthin gehören Leute wie die Boers, welche der Besitz eines möglichst weit ausgedehnten Grund stückes allein schon mit so hoher Befriedigung er-

Kenntnis der geologischen Beschaffenheit des Landes beigetragen . Ich will eine sehr kurze Skizze der Struktur dieser riesigen Berge geben. In dem Por tillopass (dem südlicheren ) haben Reisende die Kor dilleren als aus einer doppelten Kette von beinahe gleicher Höhe bestehend beschrieben, welche durch

füllt, dass sie willig den primitivsten Wohlfahrtsbedingungen sich unterwerfen und mit der im Kapland

trennt wären . Dies ist auch der Fall : und dasselbe

erworbenen Geschicklichkeit versuchen, Wüsteneien

geringe Erhebung der östlichen Reihe, hier nicht mehr als 6000 oder 7000 Fuss hoch, hat veranlasst,

in halbwegs brauchbares Ackerland zu verwandeln. Da wir einmal die deutsche Flagge in diesen Gegenden aufgepflanzt haben, so müssen wir bleiben

einen erheblichen Zwischenraum

von einander ge

Verhalten erstreckt sich nordwärts bis Uspellata. Die dass sie fast übersehen wurde .

Um mit der westlichen und Hauptkette zu be

trotz wiederholter Enttäuschungen ; das verlangt der ginnen , wo die Durchschnitte am besten gesehen politische Anstand; auch ist die Zeit unserer Oc- werden , so finden wir da eine enorme Masse eines cupation zu kurz, um das Verdikt der absoluten Porphyrkonglomerates, das auf Granit ruht. Dieses >

Aussichtslosigkeit auszusprechen.?) Aber man steigere

letztere Gestein scheint den Kern der ganzen Masse

die Ausgaben für die Kolonie nur mit der Zunahme des wirklichen Wertes derselben . Trotzdem bin

auszumachen und wird in den tiefen Seitenthälern

ich der Meinung, dass der gegenwärtige Etat von

gesehen , wo es in die überliegenden Schichten hin eindringt, sie hebt und in ganz ausserordentlicher

292 000 Mark um ein Beträchtliches erhöht werden

Weise um und um

muss, wenn wir die freiwillig übernommenen Pflichten würdig einer grossen Nation erfüllen sollen : wo wir die

fällen der Berge sieht man die verwickelten Gänge und Keile verschieden gefärbter Gesteine in jeder

wälzt .

Auf den nackten Ab

Schutzherrschaft über die Häuptlinge ausgesprochen , möglichen Weise und Gestalt dieselben Formationen da muss auch unsere Macht und unser Wille entscheiden . Das scheint nun in dem Gebiete der

durchbrechen, welche durch ihr Durcheinandergehen eine Reihe von gewaltsamen Veränderungen be

Bondelswarts , welche sich am 21. August 1890 mit

weisen. Die Schichtung in allen Bergen ist prächtig

ihrem Häuptling feierlichst unter das deutsche Pro-

deutlich und kann infolge der Verschiedenheit ihrer

tektorat stellten, nicht der Fall zu sein. Denn nach Färbung in grossen Entfernungen erkannt werden . dem jüngsten Bericht des Hauptmanns von François Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend ein Teil (Kol.-Bl. 1892, S. 144) begeht der Häuptling Wil- der Erde ein grossartigeres Bild des Durchbrechens 1) Vgl . jedoch Gührichs Bericht in Nr. 1 d . 1. Jahr. ganges.

Die Red .

der Erdkruste bieten kann, als diese centralen Spitzen der Anden. Die Erhebung hat stattgefunden auf einer grossen Anzahl von fast nordsüdwärts ge

216

Reisebriefe von Charles Darwin .

richteten Strecken , und hat in den meisten Fällen ebenso viele antiklinische und synklinische Schluchten

dem Pass von Puquenas. In dieser Formation , wo

ein schwarzes Gestein (wie Thonschiefer, ohne viel

gebildet. Die Schichten der höchsten Spitzen sind Blätter) und blasser Kalkstein den roten Sandstein fast allgemein in einem Winkel von 70–80 ° geneigt. Ich kann Ihnen nicht sagen , wie sehr ich einige von diesen Aussichten genoss. Es ist der Mühe wert, von England herzukommen, um einmal solch

ersetzt haben , fand ich eine Fülle von Muschelein

drücken. Die Erhebung muss zwischen 12- und 13000 Fuss betragen . Eine Muschel , welche , wie

ich glaube , eine Gryphaea (Greifmuschel) ist , ist

die häufigste. Es gibt auch eine Auster-, eine Tur von 10—12000 Fuss herrscht eine Klarheit der Luftritella-, eine Ammonitenart, eine kleine Bivalve, eine und eine Täuschung in Betreff der Entfernungen und Terebratula (?). Vielleicht wird ein tüchtiger Kon

ein intensives Entzücken zu fühlen . In einer Höhe

eine Art Stille, welche das Gefühl erweckt, in einer chyliologe im stande sein, eine Andeutung zu geben, anderen Welt zu sein , und wenn hiermit das so

deutlich gezeichnete Gemälde der grossen Gewaltepochen sich vereinigt , so ruft es im Gemüte eine

mit welcher grossen Abteilung des europäischen Fest landes diese organischen Ueberbleibsel die grösste Aehnlichkeit haben . Sie sind überaus unvollständig

höchst eigentümliche Vereinigung von Ideen wach . und spärlich ; die Gryphiten sind am vollständigsten . Die Schicht , welche ich die des Porphyrit- Es war spät in der Jahreszeit und die Situation wegen konglomerates nenne, ist die wichtigste und am der Schneestürme besonders gefährlich. Ich wagte besten ausgebildete in Chile. Nach einer grossen nicht, mich länger aufzuhalten, sonst hätte eine gute Anzahl von Durchschnitten finde ich , dass sie ein

Ernte gemacht werden können .

echtes , grobes Konglomerat ist oder aus Breccien besteht , welche Schritt für Schritt in langsamer Abstufung in einen schönen Thonporphyr übergehen.

westliche Seite.

So viel über die

Durch den Portillopass nach Osten vordringend, traf ich auf eine ungeheure Masse eines Konglome

Das Geschiebe und der Cement wird porphyritisch, rates ; die nach Westen mit 45 ° abfällt und auf bis zuletzt alles in einem kompakten Gestein vermengt ist. Die Porphyre sind überaus häufig in

Glimmersandstein u . s. w. ruht, emporgehoben , in

dieser Kette , und ich bin gewiss , dass wenigstens

einer sehr grossen Masse Protogin (grosse Quarz

Quarzgestein verwandelt, durchbrochen von Gängen

vier Fünftel davon so aus sedimentären in situ er- krystalle , roter Feldspat und ein wenig Chlorit ). zeugt wurde. Es gibt auch Porphyre , welche von unten in die Schichten hineingeworfen wurden und andere, welche im Flusse waren , sind hinausgetreten ,

Dieses Konglomerat, welches auf dem Protogin ruht und von ihm in einem Winkel von 45 0° abgeht, besteht aus den eigentümlichen Gesteinen der erst

und ich könnte Exemplare dieses Gesteines zeigen,

beschriebenen Kette, Geschieben des schwarzen Ge

welche in dieser dreifachen Weise entstanden und nicht von einander unterschieden werden können .

steines mit Muscheln , grünem Sandstein u. s . w . Es ist hier offenbar, dass die Erhebung ( und der

Es ist ein grosser Irrtum , die Kordilleren (hier ) als

Absatz wenigstens eines Teiles) der grossartigen

nur aus Gesteinen bestehend anzusehen , welche im

östlichen Kette durchaus später als die der west lichen stattfand. Nach Norden in dem Uspellatapass

Flusse gewesen seien . Ich sah in dieser Kette niemals ein Stück, von dem ich glauben könnte, dass

haben wir auch eine Thatsache derselben Art . Be

es so entstanden wäre, obgleich die Strasse in nicht achten Sie dieses, es wird beitragen , Ihnen folgendes grosser Entfernung von thätigen Vulkanen vorüber - glaublich zu machen. Ich sagte, dass die Uspellata

führt. Die Porphyre, Konglomerate, der Sandstein ,

kette geologisch, obwohl nur 6000 oder 7000 Fuss

der Quarzsandstein und Kalkstein wechseln mit ein- hoch, eine Fortsetzung der grossen Ostkette bildet. ander ab und gehen oftmals in einander über (dem

Ihr Kern ist von Granit und besteht aus Lagern

Thonschiefer aufliegend , wenn nicht vom Granit mannigfaltiger krystallinischer Gesteine, welche, wie durchbrochen ). In den oberen Lagen beginnt der

ich nicht bezweifeln kann , mit Sandstein , Kon

Sandstein mit Gips abzuwechseln , bis zuletzt wir glomeraten und weissen aluminösen Schichten (wie diese Substanz in einer ungeheuren Mächtigkeit haben .

zersetzter Feldspat) und mit vielen anderen merk

Ich vermute wirklich , dass die Schicht an einigen würdigen Varietäten sedimentärer Ablagerungen ab Stellen (sie variiert sehr) eine Mächtigkeit von bei-

wechselnde, unterseeische Laven sind. Diese Laven

nahe 2000 Fuss hat. Sie kommt oft zusammen vor

und dieser Sandstein alternieren sehr häufig und sind eines dem anderen ganz konform. Während zweier Tage sorgfältiger Untersuchung sagte ich mir wenig

mit einem grünen (Epidot ?) , kieseligen Sandstein und schneeweissem Marmor und gleicht der in den

Alpen , da sie grosse Konkretionen eines krystallini- stens fünfzigmal , wie sehr ähnlich oder vielinehr schen Marmors von schwarzgrauer Farbe enthält. härter diese Schichten als jene der oberen tertiären Die oberen Schichten , welche einige der höheren Spitzen bilden , bestehen aus Lagern von schneeweissem Gips und rotem, kompaktem Sandstein von

von Patagonien , Chiloe und Concepcion sind, ohne dass die Möglichkeit ihrer Identität mir jemals beifiel. Schliesslich konnte ich dieser Schlussfolgerung nicht

der Mächtigkeit eines Papiers bis zu der von einigen

mehr widerstehen . Ich konnte nicht Muscheln zu

Fuss in endloser Runde alternierend. Das Gestein hat ein höchst merkwürdig gestaltetes Aussehen an

finden erwarten, denn sie kommen niemals in dieser

Formation vor , aber Lignit oder Kohlenschiefer

Reisebriefe von Charles Darwin .

musste gefunden werden . Ich war früher ungemein

217

worden und werden von Gängen aus der Masse

überrascht worden durch das Antreffen von dünnen durchquert : sie sind jetzt in steilen Winkeln geneigt Lagen (einige Zoll bis einige Fuss mächtig) einer und bilden regelmässige oder komplizierte antiklini Jetzt vermute sche Striche. Um diese Klimax zu vollenden , werden

Pechstein -Breccie in dem Sandstein .

ich stark, dass der unterliegende Granit solche Lagen

diese selben sedimentären Schichten und Laven von

in diesen Pechstein verwandelt hat. Das verkieselte

sehr zahlreichen , echten Metalladern von Eisen,

Holz (besonders charakteristisch für die Formation ) | Kupfer , Arsenik , Silber und Gold durchsetzt, und >

fehlte noch , aber die Ueberzeugung, dass ich auf diese können bis zu dem unterliegenden Granit ver der Tertiärschicht mich befand , war so stark in mir zu der Zeit , dass am dritten Tage mitten in der

folgt werden. Eine Goldmine ist dicht bei der Gruppe verkieselter Bäume ausgebeutet worden.

Lava und in Haufen von Granit ich eine anschei-

kleines Gehölz von versteinerten Bäumen in senk-

Wenn Sie meine Kabinetstücke, Profile und Berichte sehen , werden Sie sagen , dass eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit für die obigen Thatsachen spricht. Sie erscheinen sehr wichtig ; denn der Bau und die Grösse dieser Kette kann den Vergleich mit irgend

rechter Stellung, oder es waren vielmehr die Schichten

einer auf der Erde aushalten : und dass all dieses

ungefähr um 20° oder 30 ° nach der einen Richtung geneigt und die Bäume um 70 ° nach der entgegen-

in einer so recenten Periode entstanden sein soll, ist in der That bemerkenswert . Was mich selbst

nend hoffnungslose Jagd darauf machte. Was, glauben Sie wohl, fand ich ? In einer Böschung von kompaktem , grünlichen Sandstein fand ich ein

gesetzten , d . h . sie waren vor dem Stoss wirklich

betrifft, so bin ich ganz davon überzeugt. Ich kann

vertikal. Der Sandstein besteht aus vielen horizon-

jedoch mit der grössten Gewissenhaftigkeit sagen,

talen Lagern und ist durch die koncentrischen Striche

dass keine vorher gefasste Vermutung mein Urteil

der Rinde ( ich besitze ein Exemplar) gezeichnet. Elf sind vollständig verkieselt und gleichen dem Dikotyledonenholz, welches ich zu Chiloe und Con-

bestimmt hat. Wie ich sie beschrieb , so habe ich die Thatsachen in Wirklichkeit beobachtet .

Auf einigen der grossen Stellen ewigen Schnees

cepcion fand. Die anderen, 33 oder 34 an der Zahl, fand ich den berühmten roten Schnee der arktischen kann ich nur nach der Analogie der Form und

Region . Ich sende mit diesem Briefe meine Be

Stellung als Bäume erkennen . Sie bestehen aus

obachtungen darüber und ein Stück Papier , auf

schneeweissen Säulen (wie Lots Frau ) von grob

welchem ich einige Proben zu trocknen versuchte.

krystallinischem , kohlensaurem Kalk. Der längste Schaft ist 7 Fuss lang. Sie stehen alle dicht bei

Ich sende auch eine kleine Flasche mit zwei

Eidechsen . Eine von ihnen ist vivipar , wie Sie

einander innerhalb 100 Ellen und ungefähr auf der-

aus dem

Begleitschreiben ersehen werden .

Herr

selben Fläche. Nirgendwo anders konnte ich welche

Gay , ein französischer Naturforscher , hat bereits

finden .

Es kann nicht bezweifelt werden , dass die

in einer der Zeitungen dieses Landes ähnliche Mit

Schichten des feinen Sandsteins ruhig zwischen eine Gruppe von Bäumen abgesetzt worden sind , welche

teilungen veröffentlicht und wahrscheinlich einen Bericht darüber nach Paris expediert.

durch ihre Wurzeln fest standen .

Der Sandstein

In der Schachtel finden sich zwei Beutel mit

ruht auf Lava , ist von einer grossen Schicht Augit-

Samen ; einer ist etikettiert: » Thäler der Kordilleren,

lava, anscheinend ungefähr 1000 Fuss mächtig, be-

10000—15000 Fuss hoch «. Der Boden und das

deckt, und über dieser finden sich wenigstens fünf grossartige Abwechselungen solcher Gesteine mit wässerigen Sedimentärablagerungen , welche an Mäch tigkeit mehrere tausend Fuss erreichen . Ich fürchte mich förmlich vor der einzigen Schlussfolgerung,

Klima ist überaus trocken ; der Boden leicht und stark ; extreme Temperaturen. Der andere: »Haupt sächlich von der trockenen, sandigen Traversia von Mendoza , 3000 Fuss mehr oder weniger« . Wenn einige von den Sträuchern wachsen , aber nicht ge

welche ich aus dieser Thatsache ziehen kann , dass

deihen sollten , versuchen Sie ein leichtes Besprengen mit Salz und Salpeter. Die Ebene ist salzführend.

nämlich eine Depression des Landes bis zu jenem Betrage stattgefunden haben muss. Aber abgesehen von dieser Ueberlegung war sie eine höchst be-

friedigende Stütze meiner Vorstellung von dem tertiären Alter dieser östlichen Kette. (Ich verstehe unter tertiär , dass die Muscheln der Periode nahe

In dem Mendoza -Beutel finden sich Samen oder

Beeren von einer Pfanze, die eine kleine Kartoffel mit einer weisslichen Blume zu sein scheint. Sie

wächst viele Meilen von einer Gegend entfernt, welche wegen der Abwesenheit des Wassers nie

verwandt oder zum Teil identisch mit denen sind , mals bewohnbar gewesen sein kann . Unter den welche dort in den tieferen Schichten Patagoniens

trockenen Pflanzen von Chonos werden Sie ein

liegen.) Ein grosser Teil des Beweises muss auf schönes Exemplar der wilden Kartoffel finden, welche meinem » ipse dixit« einer mineralogischen Aehnlichkeit mit den Schichten , deren Alter bekannt ist,

in einem ganz entgegengesetzten Klima wächst und

ruhen bleiben .

muss eine andere Art sein , als die von den niederen

Nach dieser Ansicht ist der Granit,

welcher Gipfel von einer Höhe von vermutlich 14000 Fuss bildet, in der Tertiärzeit flüssig gewesen .

Schichten jener Periode sind durch Hitze verändert

unzweifelhaft eine echte wilde Kartoffel ist. Es Kordilleren.

218

Die Eiszeiten in Finnland .

Die Eiszeiten in Finnland. Von Rob. Sieger (Wien).

Ein paar Aufsätze in der » Fennia « zeigen , dass man nunmehr auch in Finnland der Frage näher zu

Eiszeit im Inneren Finnlands haben dies in der That

als richtig erwiesen . Zwei Parallelrücken ziehen in Form eines Doppelbogens , von Nordost in Nord

richtung, dann mit scharfem Bug bei Lahtis in Ost

Leibe geht, ob man mehrere getrennte Eis

richtung übergehend, durch das südliche Finnland;

zeiten oder blosse Oscillationen am Rande des

sie stehen senkrecht auf Geröllrücken (Asar) und

Sowohl für Nord

Gletscherschliffen und sind somit Endmoränen ,

amerika, als auch für die Alpen darf man es als

die bei längerem Verharren des Eises abgelagert wurden . Ihre innere Umlagerung (Schichtung) führt Sederholm und Frosterus ') auf ihre Ablagerung im Wasser zurück. Dagegen bezweifelt Sederholm , dass sie gleichzeitig mit dem jüngeren baltischen

Inlandseiscs anzunehmen hat.

erwiesen bezeichnen , dass mindestens zwei ver schiedene , durch längere Zwischenzeiten getrennte

Vereisungen stattfanden . Eine Anzahl Forscher, besonders Penck sind sogar zur Annahme einer

Endmoräne dreimaligen Vergletscherung der Alpen gelangt, Eisstrom entstanden, sowie dass sie die Endı welche durch die Ergebnisse einer unter Pencks Leitung 1891 unternommenen Exkursion im Boden seegebiete auch dem Schreiber dieser Zeilen durch aus glaubhaft gemacht wird . Schrammen und Ablagerungen des norddeutschen

der zweiten Vergletscherung bezeichnen.

Im süd

lichen Finnland fand er nämlich ausserhalb des Doppel walles Reste eines Parallelwalles und fand ferner

Auf Grund der die Richtung der asar und Schrammen ganzgleich mit der nördlich von der Moräne vorgefundenen . Er

Flachlandes wird nun auch zumeist eine dop- nimmt also lieber an , dass diese Wälle nicht bei pelte , von Penck (seit 1879) sogar eine drei

erneutem Vorrücken des Eises , sondern bei einem Stillstand in seinem Rückzuge entstanden .

ischenausVer ng der skandinav Wiederholu fache gletscherung angenommen . Insbesondere der Dass aber dieser Stillstand und die Entstehung baltischen Eisstrom

unserer Moräne nicht mit dem

Richtung der Gletscherschrammen lassen sich drei

Stadien der Eiszeit erkennen : ein ältestes, in welchem gleichzeitig gewesen sein kann, folgert er daraus, das Eis in der Mulde der Ostsee vorrückend Deutsch land und Südschweden von Nordost und Ost her

dass er auf den Inseln und Schären Fortsetzungen dieser Moräne gegen W. fand , dass sie also den >

baltischen Eisstroms bedeutend hätte ver erreichte (älterer baltischer Eisstrom ), ein mitt- Wegen des sen leres , in dem die Bewegung vom skandinavischen Centrum aus direkt und radial erfolgte und ein

eng

müs

.

Weiter nach Osten wurde das Salpausselkä ver

letztes, dem ersten analoges (jüngerer baltischer folgt von W. Ramsay ?). Auch hier in Ostfinn Eisstrom ). Die Streitfrage ist, ob wir diese Stadien auf drei verschiedene Eiszeiten mit ungleicher Aus dehnung oder bloss auf ein allmähliches Anwachsen und Wiederabnehmen der Mächtigkeit des Inlands eises zurückführen sollen .

Vielfach wird auch das

land zeigten sich zwei Moränenwälle, deren innerer besonders deutlich ausgeprägt ist , und welche

NW. vom Ladogasee aus der Ostrichtung gegen Norden herum biegen und bei Joënsuu, wie es scheint, mit scharfer Knickung wieder in Ostrichtung über

erste und zweite Stadium dem Anfange und Höhe- gehen. Sederholms Ansicht, dass die Ostgrenze punkt der ersten Vereisung , das dritte hingegen der jüngeren Eiszeit zugewiesen .

der Vereisung zu jener Zeit weiter reichte , als de Geer annimmt, ward also bestätigt. Ueber die

Vor einigen Jahren hat der rührigste Verfechter Arbeiten, die 1891 zur weiteren Verfolgung der zweier Eiszeiten unter den schwedischen Geologen , Endmoräne unternommen wurden, liegt noch nichts scheint in der That G. de Geer , es unternommen , die Endmoräne der zweiten Vergletscherung zu bestimmen , die

näheres vor. Hier im Osten diese Moräne die äusserste Grenze der zweiten

er mit dem jüngeren baltischen Eisstrom Vergletscherung zu bezeichnen . Wie Ramsay gleichzeitig annimmt. Er verfolgte in Norwegen fand und wie Berghell zugeben muss “ ), fällt sie zu beiden Seiten des Kristianiafjordes drei parallele mit der Grenze zusammen , von der südlich nur Moränenwälle , die sogenannten Raer , früher als

mehr Gletscherschrammen der älteren Richtung «

Strandwälle erklärt , und fand , dass dieselben zu

(nach Wiik) , nämlich NW. , auftreten , während

sammenhängen mit entsprechenden Wällen an Wenersee, deren Fortsetzung sich noch weiter ost wärts verfolgen liess. ) Weiter vermutete de Geer, dass jenseits der Ostseemulde auf dem Boden Finnlands sich eine weitere Fortsetzung dieser Endmoränen

innerhalb der Wälle auch solche der pjüngeren «

finden werde, und bezeichnete als solche das Lojo-as und

Westostrichtung vorkommen . Bei dem eigentüm lichen Zusammenhang dieser Wälle , die in einer Reihe von Spitzwinklig zusammentreffenden Bogen von der Ostseite Norwegens bis nach Ostfinnland sich fortziehen , wird es schwer, sich Sederholms

Salpausselkä, welches als Wasserscheide das Seengebiet des inneren Finnland umschliesst. Die schönen Unter

suchungen Sederholms ?) über die Bildungen der

1) Fennia III. Helsingfors 1890 , Nr. 8. Frosterus nimmt eine Bildung des Salpausselkä in zwei Abschnitten , bei

einem Vorstosse und beim Rückgange des hier längere Zeit ver harrenden Eises, an .

1) Geol . fören . i Stockh. förh . VII, 1884 , H. 7 , m. Karte .

2) Fennia IV . Helsingfors 1891 , Nr. 2 , m . Karte .

2) Fennia I. Helsingfors 1889, Nr. 7 , m. Karte.

3) Ebendort Nr. 5 , m . Karte u . Profilen .

1 +

Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft .

219

Argumenten gegen de Geer und Ramsay anzu-

lich sein , da man jemanden bloss zu einer physi

schliessen. Eine Wallreihe von solcher Erstreckung

schen , nicht aber zu einer geistigen Arbeit, die eine

dürfte denn doch einen wichtigeren Abschnitt in

lange Vorbereitung und Uebung erfordert, zwangsweise anhalten kann. Es bleibt also nur übrig, jeden nach seiner Neigung den Beruf wählen zu lassen . – Da es kein Privateigentum gibt, und da jeder Bürger gleich mässig vom Staate mit dem zum Lebensunterhalte

dem Verlaufe der Eiszeit bezeichnen !

Bergh ell hat allerdings gemeint, nachweisen zu können , dass an der von ihm bereisten Strecke

etwa 20–40 km ausserhalb des östlichen Salpau-

sselkä sich eine ältere und eine jüngere Moräne Notwendigen ausgestattetwird ,ferner Auszeichnungen übereinander unterscheiden und die letztere wieder

und die damit verbundenen Vorrechte, als der voll

in zwei Ablagerungen sich sondern lasse. Er nahm

kommenen Gleichheit aller Bürger widersprechend ,

an, dass diese Bildungen von blossen Oscillationen

grundsätzlich verpönt sind , so dürfte wohl jeder

am Eisrande herrühren und dass deren mindestens

mann ohne lange Ueberlegung zur mechanischen

drei gewesen sind , während er die Annahme ver- achtstündigen Tagesarbeit greifen,, die den Körper Seine Profile und

kräftig und gesund erhält und dem Geist erlaubt,

Schilderungen zeigen aber, dass die beiden Moränen

während der Arbeit allen Phantasien und süssen

keine trennenden Zwischenlagen und Verwitterungs-

Gedanken nachzugehen , als sich der geistigen Arbeit zu widmen, die eine lange, mühselige Vorbereitung erfordert, dem Körper nicht besonders gut anschlägt, die prunkende Phantasie verbannt und den Geist zu ernstem Denken nötigt. Da die Erfindung dem Er finder weder Geld noch Auszeichnungen einbringt,

schiedener Eiszeiten verwirft.

schichten, ferner keine petrographischen Unterschiede, sondern bloss solche im Habitus aufweisen . Wenn wir auf solche Anzeichen hin überall verschieden-

alterige Etagen annehmen wollten , würden wir im Alpenvorland zahllose Moränen übereinander unterscheiden müssen. Die Scheidung der beiden jüngeren Moränen beruht vollends nur auf einer Sand-

wozu soll er sein Gehirn martern ? Wird ihni vom

Staate doch nicht mehr zu teil , als dem leicht

einlagerung! Als gesichertes Ergebnis dieser lebigen Schlingel, der nach gethaner achtstündiger Arbeiten darf man die Feststellung einer zusa m- Arbeit sich sorglos zum Wirtshaustische setzt und menhängenden Endmoräne vom Kristiania- den übrigen Teil des Tages verjubelt ? fjord bis in den Nordosten Finnlands hervorWir können den Propheten des Socialismus bei heben , die wahrscheinlich die äusserste Grenze der nahe mit mathematischer Sicherheit beweisen , dass jüngsten Vergletscherung darstellt , deren Gleich- mit der Vernichtung des Individuums und der In zeitigkeit mit einem » baltischen Eisstrom « aber thronisierung der Gesellschaft die Menschheit zu ziemlichen Bedenken unterliegt . Die Fortsetzung | jenen Zuständen gelangen wird, wie wir sie bei den der Eisenbahnbauten , wie der geologischen For- Naturvölkern finden . Diese Völker sind ja in schungen in Finnland dürfte auch über die hier be- der Not glücklich ! Die Aufklärungsphilosophen des rührten Fragen bald weitere lehrreiche Aufschlüsse vergangenen Jahrhunderts glaubten sogar unter ihnen bringen. das lang gesuchte und geträumte Paradies , die Zu stände der unverfälschten Natur gefunden zu haben man gegenwärtig weiss , mit vollem Un Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft. rechtwie . Von Friedrich Müller (Wien) .

unterscheidet sich nach den Lehren

der Wortführer des Socialismus von der jetzigen

sitze jener Produktionsmittel, die zum Leben not

Jahres 2000 –

etwa jene des

Was für ein schöneres Leben kann es wohl

geben, als das Leben der Polynesier , bei denen zwar nicht der Staat, aber doch der Stamm im Be

Die Gesellschaft der Zukunft

wesentlich durch zwei Momente, nämlich 1. durch

wendig sind , sich befindet, wo jeder einzelne vom

die gänzliche Abschaffung des Privateigen-

Stamme alles bekommt, was er braucht?

tums und 2. durch die allgemeine Arbeitspflicht. Der Staat ist während dieser Epoche des allgemeinen Glückes der alleinige Besitzer der gesamten Produktionsmittel, er ernährt alle seine Bürger auf eine ausreichende, ja sogar luxuriöse Weise, aber er verlangt auch von jedem Mitgliede Arbeit und

Doch hören wir über diesen Punkt den deut

schen Kontreadmiral B. von Werner , der in dem Werke » Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee (Leipzig , Brockhaus)) seine einschlägigen Beobach tungen und Erfahrungen bezeichnet hat . Derselbe schreibt: » Nach dem polynesischen Brauch gibt es

zwar nach besten Kräften und nach bestem Willen.

unter Verwandten keinen sicheren Besitz,

Wir wollen gleich hier die Wortführer des Sozialismus beim Wort nehmen und sie fragen , wie sie

denn alles , was ein Polynesier erworben oder ge schenkt erhalten hat, muss er ganz oder teilweise hergeben , sobald seine Verwandten ihn darum an gehen ; hier besteht also in dem Bereich einer

sich die besten Kräfte und den besten Willen bei

der Staatsarbeit denken . Wird der Staat die einzelnen Individuen zu jeder bestimmten Arbeit kom-

>

Gemeinschaft von Bluts verwandten

die

mandieren oder werden diese das Recht haben , je reinste Gütergemeinschaft. Diesem Brauch nach ihrer Neigung ihren Berufszweig sich selbst ist es wohl auch zuzuschreiben, dass man unter den zu wählen ? – Das erstere dürfte wohl kaum mög-

Polynesiern keinen hervorragenden Besitz

Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft.

220

findet, da es zwecklos ist , etwas zu erwer-

Die Gegner des Socialismus nennen denselben »un

ben ; einzig und allein diesem Brauch muss

historisch « . Dies ist kaum richtig, denn die Geschichte,

meiner Ansicht nach die notorische Arbeits-

die gepriesene Lehrmeisterin der Menschheit, ist nicht im stande , den Socialismus zu widerlegen oder ad absurdum zu führen . Dies vermag nur jene Wissen

scheu der Polynesier zugeschrieben werden , und es müssen daher alle Versuche, diese Menschen auf den Weg der Arbeitsamkeit zu bringen , so lange fruchtlos bleiben , als es nicht gelingt , durch

Beseitigung der alten Sitte den Besitz des Erworbenen zu sichern . «

Dies dürfte so ziemlich das Bild jener Gesellschaft im kleinen sein, wie sich dieselbe die Wortführer des Socialismus vorstellen. Bei allen diesen Gedanken und Plänen des

schaft , welche sich mit den verschiedenen Formen

der menschlichen Gesellschaft beschäftigt, welche über haupt existiert haben und noch existieren , nämlich die Ethnologie. Die Ethnologie nur kann dem Socialismus zeigen, dass jene Form der Gesellschaft, die er auf sein Programm geschrieben hat, mit welcher er das allgemeine Glück herbeizuführen ge

umfassender sein wird , oder ob man den sprach-

denkt, schon da war und unter vielen Völkern noch da ist, dass aber diese Form der Gesellschaft nicht das Produkt höherer Kultur ist , sondern mehr an den Anfängen der Kultur haftet.

lichen Besonderheiten Rechnung tragen und in dieser Hinsicht mehrere Staaten gelten lassen wird . In

Wir können es daher nur beifällig aufnehmen , wenn wir lesen , dass in der Sitzung des österreichi

dem ersten Falle dürfte die Sache, wenn auch nicht

schen Abgeordnetenhauses vom 29. Januar d. J. der

Socialismus müsste man noch wissen , ob dieser Zukunftsstaat ein allgemeiner , etwa ganz Europa

vollkommen , klappen, dagegen können wir uns die- jungtschechische Abgeordnete Prof. Masaryk seinen selbe in dem zweiten Falle gar nicht vorstellen . Der

Boden Europas ist nicht in gleichem Maasse ergiebig , und die Naturprodukte sind nicht gleichinässig verteilt. Da gibt es Länder , welche köstliche Weine produzieren, andere wieder, welche die üppigsten Feldfrüchte, das saftigste Obst liefern, während wieder andere dem im Schweisse des Angesichtes sich abmühenden Arbeiter kaum einen

schon in der Generaldebatte angekündigten Antrag auf Einführung der Gesellschaftslehre als Disciplin an der juridischen Fakultät begründet habe. Dem entgegnete zwar der Regierungsvertreter, der Jurist müsse vor allem aus dem Studium

des klar kodi

fizierten positiven Rechtes seine Bildung sich holen ; ein Studium der verwickelten Fragen der Social wissenschaft würde ihn nur verwirren.

solchen Ertrag bieten , dass er damit sein Leben zu

Nach meiner Ansicht haben beide, sowohl der

fristen vermag. Wenn nun der Staat A sieht, wie

Abgeordnete, als auch der Regierungsvertreter recht.

ungleich besser der Staat B bei weniger angestrengter

Das positive Recht verhält sich zur historischen

Arbeit lebt, wird er nicht bald das friedliche Werk-

Socialwissenschaft wie etwa die deskriptive Anatomie zur vergleichenden Anatomie und Entwickelungs

zeug wegwerfen und statt dessen das Schwert in die Hand nehmen , um sich in den Besitz des Staates B zu setzen ? Doch wir brauchen keinen Krieg , um

eine Verschiebung der Gesellschaft hervorzurufen . Ein tüchtiger Mann , der etwas Hervorragendes zu leisten versteht , wird einer Gesellschaft, die das

geschichte. Ohne anatomische Schulung gibt es kein erfolgreiches Studium der vergleichenden Ana

tomie und Entwickelungsgeschichte, wie umgekehrt der Anatom ohne das Studium der vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte ein Hand

Genie und den Schwachkopf über einen Kamm schert,

werker bleibt , der zwar mit seinem Geschäfte gut

bald den Rücken kehren , und in eine andere Gesellschaft, wo solche Gleichmacherei nicht existiert , sich

umzugehen weiss, aber von der Bedeutung desselben

begeben. Der Socialistenstaat wird auf diese Weise nach und nach aller tüchtigeren Kräfte verlustig werden und schliesslich aus lauter Mittelmässigkeiten bestehen. Wir sehen voraus, dass die Socialisten zu ihrem Programm , das für eine Gesellschaft passt , die an

einer gewaltigen Ueberproduktion von Menschen und Thalern leidet, die neuen Welten Amerika und

Australien , für deren Wohlstand das Kapital un umgänglich notwendig ist , nicht bekehren . Und aber wahrscheinselbst dann, wenn dies einmal lich erst im Jahre 3000 – geschehen sollte , dann

keine Ahnung hat. Ich spreche von der historischen Social wissenschaft, nämlich derjenigen , welche die ver

schiedenen Gesellschaftsformen als Fakta erklärt und aus dem Leben der Nationen begründet. Dieselbe ist eine Disciplin mit streng naturwissenschaftlicher Methode und hat mit den mehr dogmatisieren den Disciplinen verwandter Richtung nichts zu schaffen .

In dieser Wissenschaft ist streng genommen

auch die vergleichende Rechtsgeschichte schon im Umrisse enthalten . Diese soll uns zeigen , wie die

bleibt uns Asien übrig , das gewiss nie dem Pro- einzelnen Rechtsanschauungen und Rechtsbegriffe aus gramme der Socialisten beitreten wird. Es haben daher jene Leute, denen der socialistische Staat nicht

dem Leben der betreffenden Völker sich entwickeln .

Das kodifizierte, dogmatisch entwickelte Recht eines

behagt, und dies dürften so ziemlich alle jene sein , bestimmten Volkes verhält sich zu dieser Disciplin die zu den höher Begabten zählen , noch immer einen Zufluchtsort , wo sie ihre Leistungen nach ihrem wahren Werte sich bezahlen lassen können .

wie die Dogmatik einer bestimmten Religionsgenossen

schaft zur Geschichte der Religionen. Die Dogmatik ist ein vorwiegend logisches , dagegen die Rechts

. 1

Tropische Agrikultur.

221

und Religionsgeschichte ein psychologisch-historisches ebenso richten sich auch einige grosse Abschnitte Studium.

Da der Begriff » Gesellschafts - Wissenschaft « namentlich im Munde eines Philosophen , wie es

der Wohltmannschen Arbeit nach solchen in Semlers Bänden . Allein dies benimmt dem neuen Buche keines

der jungtschechische Abgeordnete Prof. Masaryk

wegs den Charakter der verdienstvollen Selbständig

ist , den Beigeschmack von etwas Abstraktem enthält, so hätte ich gewünscht, derselbe hätte sich da-

keit , welche nicht nur sehr wichtige Fortschritte der Wissenschaft (seit 1886) verwendet und eigene

hin ausgesprochen , der Jurist möge ein Kollegium Forschungen vorführt, sondern auch durch die An über Ethnologie hören , um auf diese Weise eine ordnung und den gesamten Tenor diese Arbeit als gute Vorbereitung für das komparative Studium der systematische Leistung empfiehlt. verschiedenen Gesellschafts- und Rechtsformen mit-

Der erste kurze Abschnitt skizziert das Wesent

zubringen . Namentlich in einem aus so vielen und

liche der Melioration in Bezug auf Klima , Boden

verschiedenartigen Völkern zusammengesetzten Staate, und Bewässerung , wobei namentlich letztere mit wie es Oesterreich ist, wäre für den künftigen Beamten

örtlichen Beispielen sowohl aus alten Zeiten, als aus

und Staatsmann ein gründliches Studium der Ethno- der Gegenwart uns nahe gebracht wird. Dies in logie nicht überflüssig.. Nur dadurch, dass man dieses historischer Hinsicht eingehender zu thun, z. B. mit

Wissensgebiet bisher ganz vernachlässigt hat, wurde Zusammenstellung der verfallenen Arbeiten in Per es möglich, dass man dem Minister Stadion nach-

sagte, » er habe die Ruthenen erfunden « , oder dass ein Mitglied des österreichischen Herrenhauses an

sien , Babylonien , Barka , Algerien u. s. w. würde vielleicht zu weit geführt haben ; aber es würde eine

beachtenswerte Ermutigung durch solche Zeugnisse

Tropische Agrikultur.

verkommener Bodenkulturgebiete gegeben werden . Am ausgiebigsten arbeitete man in der modernen Zeit für indische Gebiete im Bereich der Gangesgewässer. Wie freilich in Ost-, ja auch in Westafrika, beson ders in Kamerun derlei nachgeahmt werden sollte, darüber schweigt der Verfasser mit Recht ; denn

Von W. Götz (München ).

nur nahezu ebene Landschaften mit sehr starken

Ueberaus stattlich , wenn auch von sehr verschie dener Güte ist die Litteratur, welche von der Kolo

Flüssen oder stets reichlicher Speisung aus hohen Gebirgen können eine ins Grosse gehende Uferland bewässerung gestatten . Man wird nur ganz in der

den berühmten Slavisten Miklosich – wie er mir

einmal selbst erzählt hat - die Frage richtete: »Nicht wahr, die Rumänen sind Slaven ?

nialbewegung Deutschlands hervorgerufen wurde. Aber wenn dies auch an sich nicht ausnahmslos

von allen Volksgenossen freudig begrüsst wird , so werden doch abweichende Meinungen verschwinden , wenn auf den dauernden Fortschritt angewandter Wissenschaften hingewiesen wird , welchen man vor

Nähe der Flüsse künstliche Wasserzufuhr in den

regenarmen Monaten bewerkstelligen können oder

dem sehr unzuverlässigen und weniger spendenden Grundwasser nachspüren und es heben müssen. Das durch Ausdehnung und Inhalt bedeutendste

genannter Bewegung verdankt. Hieher gehört ganz Kapitel steht an zweiter Stelle : es behandelt die besonders die Physiologie des Bodens und die der Pflanzen, sowie die Ackerbaulehre. Zwar hat der Verfasser des ersten grossen

in deutscher Sprache , durch welches die »Werkes Tropische

» Natürlichen Grundlagen tropischer und subtropi scher Agrikultur“ , einteilend in » Atmosphäre« , d. i. Klima, und » Lithosphäre« , d. i. Boden. Bei den Klimafaktoren wird es zunächst als Verdienst fleis

Agrikultur« in einem dreibändigen Lehr- sigen Nachsuchens in das Auge fallen, dass Wohlt

buch dargelegt wird, Heinr. Semler ( 1886) es ab

mann für so zahlreiche Punkte der Wärmezonen

die Temperatur und die Niederschläge statistisch

gelehnt, von der Kolonialbewegung zu dessen ge- angibt. Man hätte dabei die Tabelle für Jahres abfassung veranlasst worden zu sein ; aber erVer steht doch zu , dass er um etliche Jahre früher die durchschnittstemperatur ganzweglassen können, nach >

Fertigstellung wegen jener Strömung ermöglicht dem ja deren Wertlosigkeit für solche praktische habe. Er hat aber nicht nur in schöpferischer Weise ein Lehrgebäude »für Pflanzer und Kaufleute « ge bracht , sondern offenbar auch zu einem neuesten

Buche gleicher Richtung die erfolgreiche Anregung

Lehrzwecke feststeht. Andererseits wird freilich der

jenige, welcher die bezüglichen Wärme- und Regen angaben für andere als küstennahe Striche sucht, etwas enttäuscht fragen , ob denn noch immer die

gegeben. Schon der Titel » Handbuch der Tropischen Beobachtungen nur aus Hafenorten Afrikas gemeldet Agrikultur«, unter welchem Wohltmann als seien ? In der That wurde in der Litteratur nur von 1. Band »Die natürlichen Faktoren der Tropischen ganz vereinzelten Angaben und zwar ohne den Nach Agrikultur« erscheinen liess ?), gemahnt an Semler;

weis wirklicher einjähriger Messungen von Stationen

1) Dr. F. Wohltmann, Privatdozent für Landwirtschaft

gleichwohl durch die Wiedergabe z. B. einer mehr monatlichen Regenbeobachtung am Kilimandscharo

an der Universität Halle . Die natürlichen Faktoren der Tropi schen Agrikultur und die Merkmale ihrer Beurteilung. Leipzig, Duncker & Humblot, 1892. 440 S.

des Inneren berichtet. Daher würde Wohltmann

uns doch einige Andeutung gewähren , jedenfalls mehr, als es durch stillschweigende Fehlanzeige

Geographische Mitteilungen,

222

geschieht . Hierbei übersehen wir aber die Vielseitigkeit und Umsicht in der Darstellung über die atmosphärische Eigenart der Tropenwelt nicht, wie solche z . B. auch über die vegetative Bedeutung der Tropengewitter , des Ozongehaltes in dieser Zone

Sehr erwünscht ist die ausgedehnte , aber in der Form überaus knapp gehaltene Uebersicht über die Naturerzeugnisse in den Tropen , wo z. B. für das Grosswild der Elefanten , Flusspferde, Büffel die nicht aufgeklärte Körperentwickelung auf jenen kalk-,

und deren Wasserdampfwirkungen handelt. Einzel-

magnesia- und phosphorsäurearmen Böden auf das

heiten wird natürlich der eine oder andere gleichwohl vermissen . Doch sind auch so wichtige Fragen für die Wachstumsenergie, wie die experimentell erwiesene Ersetzung der Lichtstrahlen durch Wärme oder die chemische Sonnenstrahlung, hinreichend berührt . ((Für einzelne Aussagen möchte man freilich örtliche Beispiele kennen lernen , z. B.

Dasein so mancher offenen Fragen hinweist. Diese Uebersicht, besonders hinsichtlich der Pflanzen, kann

dass die Elaeis guineensis mit einer Belichtung von 4 Monaten zufrieden sei , und dass ihr auch wäh-

sich allerdings, wie schon angedeutet, nicht wesent lich von Semler entfernen , wenn sie dem prak tischen Zwecke des Buches entsprechen soll, welcher

ja vor allem maassgebend bezüglich seines Wertes bleiben muss . Nicht theoretische Lehrbücher konnte Wohlt

rend dieser Zeit vorübergehende Beschattung nicht schade.) Am wirkungsvollsten erscheint uns aber in dem Buche der grosse Abschnitt über den Boden , » die

mann schaffen wollen , wenn er eine Lücke aus zufüllen vorhatte , sondern nutzbare Instruktionen auf wissenschaftlicher Grundlage. Es ist ihm dies offenbar gelungen, und wir zweifeln nicht, dass der noch in Aussicht gestellte zweite Band , welcher »die

Lithosphäre«, offenbar das besondere Arbeitsgebiet Wohltmanns. Hier werden die den Tropenländern

wirtschaftliche Nutzung der deutschen Kolonien in Afrika« bringen soll, uns trotz des konkreteren Stoffes noch manche Ergänzung auch für Themata

eigentümlichen Bodenarten und die von den klimatischen und vegetativen Einflüssen bewirkten Umgestaltungen klar und anschaulich dargethan . Be

des ersten Bandes bringen wird.

achtenswert erscheint dabei u . a. die Kalk- und

Humusarmut der tropischen Böden , welche in die sen keineswegs so nachteilig wirkt als in anderen

Geographische Mitteilungen.

Zonen . Die umfassendste Würdigung erfuhren der

(Grant.) Am 11. Februar d . J. starb zu Nairn in Nordschottland, seinem Geburtsorte , Colonel James Grant , geb. 1827. Derselbe ist durch seine mit

>

vielbesprochene Laterit, wie auch die besonders reichen

Böden anderer Zusammensetzung (Humusböden , wie J. Hanning Speke 1860 bis 1863 von Sansibar aus in Texas, oder der Regur Indiens u. dergl .). Wenn Wohltmann über die Lateritbildung aufstellt:

unternommene Erforschungsreise zur Entdeckung der Nilquellen bekannt geworden. Sowohl Spek e wie

» Ueberall in den Tropen , wo die Atmosphäre relativ

Grant empfingen nach ihrer Rückkehr in England die

reich ist an Kohlensäure, aktivem Sauerstoff und goldene Medaille der Royal Geographical Society in Feuchtigkeit, wo hohe Temperatursteigerungen ab- London . 1864 erschien Grants Reisewerk »A Walk

wechseln mit reichen und etwa periodisch sich ein- across Africa, or Domestic Scenes from my Nile Jour

stellenden Niederschlägen, kann auch ohne Vege- ney « , und 1872 veröffentlichte er im » Journ. of the R.

tationsdecke die Bildung von Lateritkonkretionen,

Geogr. Soc.«, Bd. 42, S. 243-342, »Summary of Ob

Lateritsand und Lehmstein vor sich gehen « ,

servations on the Geography , Climate and Natural so

History of the Lake Regions etc. 1860—63 . « (Mit wird dabei wohl von ihm selbst als unerlässliche teilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen..)

Voraussetzung festgehalten sein , dass spat- und eisenoxydreiche Gesteine das Muttergestein waren .

(Gretschel.) Dr. Heinrich Gretschel , Bergrat

Gerade in dem Abschnitt über Laterit und ver

und Professor an der kgl . sächsischen Bergakademie in Freiberg, geboren am 21. Oktober 1830 zu Prietitz bei

sich des Verfassers grosses

Kamenz in der Oberlausitz, starb am 2. Februar d. J. in

wandte Böden zeigt

Geschick , viel auf wenig Raum zu bieten : es Dresden an den Folgen einer Operation ; er war der wird eine vielseitige Feststellung und Anregung ge- Verfasser des bekannten Lehrbuchs der Karten -Projektion währt, allerdings nicht ohne offen gelassene Fragen . (Weimar 1873 ) . Vor dem Erscheinen der fundamen

Z. B. über die humusgemischten Lateritböden afri-

talen Untersuchungen von Tissot , sowie der auf diese

kanischer Gebiete, überhaupt über die nach unserer

sich stützenden Werke von Zoeppritz und Hammer

Gretschels Kompendium als das beste für diesen Ueberzeugung agrikulturchemisch keineswegs trost durſte lose Zusammensetzung der Lateritböden wären noch Teil der Mathematischen Geographie betrachtet werden.

Fingerzeige zu geben gewesen . Im Unterschied von Semler werden jedoch so wertvolle wissen schaftliche Errungenschaften, wie die Bodenbakterio logie , dem Leser nahegebracht. Die Besonnenheit

Wohltmanns tritt u. a. auch in der Verteidigung des Wertes der chemischen Bodenanalysen hervor,

(Mitteilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .) ( Verlegungen der Wasserscheide .) Fr. Kerner

1. Marilaun hat sich die Aufgabe gestellt, zu ermitteln, wie hoch die Eisdecke der Diluvialzeit in den den

Brennerpass umgebenden Gebirgsgruppen hinaufreichte. Es fand sich, dass die obere Grenze der glacialen Ge schiebe sich in den Niveaus zwischen 2085 m (Rosskopf

welche von anderen eigentlich durch blosse Empirie

im Ridnaunthal) und 2200 m (Blaser im Gschnitzthal)

ersetzt werden wollen.

bewegt, während an den Phyllitbergen zwischen Schmirn

Litteratur .

223

und Innthal die aus dem Zillerthaler Urgebirge stammen-

als dasjenige, welches in eigentlichen Zinngruben zu

den Ueberreste nur eine Höhe von 1800 m erreichen . Eine so erhebliche Niveaudifferenz zwischen den beiden

Tage gefördert wurde.

Flanken des nämlichen (des Wippthal-) Gletschers muss

das ergiebige » Zinner «-Gewerbe; dasselbe beschäftigte sich hauptsächlich mit der Verzinnung von Eisenblechen, welche Kunst sohin nicht, wie man vielfach glaubt, erst im

ihren Grund haben , und dieser kann nur darin gefunden werden , dass an der Ostseite, während die Vergletscherung ihren Maximalstand erreicht hatte , keine Zufuhr von erratischen Trümmern des Duxer Kammes stattfand .

Weissenstadt und Wunsiedel

aber waren , etwa von 1460 ab , die Centralplätze für

17. Jahrhundert erfunden worden sein kann . A. v. Hum boldt versuchte , als er vor jetzt gerade 100 Jahren

Es ist also damit auch ausgesprochen, dass die Wasser-

Oberbergmeister der fränkisch -brandenburgischen Lande

scheide während der Eiszeit einen anderen Verlauf, als heute, besass, und zwar scheinen, auf Grund der erratischen Vorkommnisse zu schliessen, dreimal Verlegungen dieser Linie gegen Norden sich ereignet zu haben, was

wurde, dem Zinnbergbau von neuem aufzuhelfen ; allein mit seinem Rücktritte von dieser Stelle erlahmte die Thätigkeit der Bergleute, und im Jahre 1820 stellte die bayerische Verwaltung die Verhüttung der Erze gänzlich

wohl mit der bekannten Annahme verschiedener Ver-

ein , da sie als zu wenig lohnend erkannt wurde.

eisungsperioden mit zwischenliegenden normal-klimati- | ( Bayerische Gewerbezeitung, 1892. Nr. 3 und 4.) schen Zeiten in Verbindung zu bringen sein dürfte.

Ursprünglich lag die Wasserscheide an der Mündung des Gschnitzthales und verschob sich dann gegen das Schmirnthal hin , womit zugleich ein Einmünden des Gschnitz- und Schmirnferners in den grossen Inngletscher gegeben war. Später sprang die Wasserscheide in das

Mündungsgebiet des Obernberger Gletschers vor , um endlich, als das Eis bereits unter das Niveau von etwa

Litteratur. Führer durch die Baumaterial-Sammlung des k. k . naturhistorischen Hofmuseums von Felix Karrer.

Wien, R. Lechner 1892. 355 S. und 40 Abbildungen. Zugleich für das Studium und für das praktische Geschäfts

1400 zu sinken begann, jene Lage in der Brennersenkung anzunehmen , welche sie bis zur gegenwärtigen Zeit behauptet hat , womit dann abermals eine Erweiterung

grösserer Steinsammlungen , welche mit viel Fleiss und Sachkunde

des Zuflussgebietes des Inns verknüpft war. Der Cha

nicht nur die betr . Panoramen nutzbarer Mineralien und Gesteine

rakter des Brenners als einer » Thalwasserscheide « wird

registerartig behandeln, sondern zugleich fachgemässes Verständnis des Gesamtzweckes der betr. Sammlung und seiner einzelnen Exemplare aneignen helfen. In vorliegendem Falle haben wir es mit einer Gesamtheit von Gesteinsproben zu thun , welche

durch diese in verhältnismässig sehr junger geologi scher Vorzeit erfolgten Verlegungen der Wasserlinie

noch deutlicher gekennzeichnet. (Sitzungsber. der kais. Akademie zu Wien, Math.- Naturw . Klasse, 17. Dezember 1891. ) ( Zinnbergbau im Fichtelgebirge. Während die Gewinnung von Zinn gegenwärtig in Deutschland gar nicht mehr in Betracht fällt und höchstens noch auf

leben als höchst nutzbare Arbeiten auf dem Grenzgebiete der

Geognosie und Geographie erweisen sich uns jene Kataloge

mittels einer Anzahl kleinerer Sammlungen , teils von wissenschaft lichen Körperschaften , teils von Grossgeschäften gespendet , in wenig Jahren zu stande gebracht worden . In dem von allen Be suchern vielbewunderten k . k. Hofmuseum nimmt die Baumaterial

sammlung unter den praktisch nützlichen und anmutig lehrenden Abteilungen des grossen Institutes jedenfalls eine erste Stelle ein. Karrer , ohnedies um dieselbe hochverdient, verfasste nun nach

der österreichischen Seite des Erzgebirges mit einigem Nutzen betrieben wird, wurde noch vor wenigen Jahr

sehr einleuchtendem Grundplane seinen überall geschickt durch petrographische und warenkundliche Belehrungen bereicherten

hunderten dieses wichtige Mineral im Fichtelgebirge

» Führer « . Er gibt zuerst die Heimstätte der Proben länderweise

kunstgerecht und erfolgreich abgebaut, wie wir aus

für Oesterreich - Ungarn an und lässt sodann die technische Ver wendung der Steine und Erden mit zehn Unterabteilungen als zweiten ordnenden Gesichtspunkt folgen . Aber in diesen Unter .

einer interessanten Abhandlung von Albert Schmidt

(Wunsiedel) ersehen. Der Zinnstein , wie man früher das Zinnoxyd nannte , wurde allerdings durchweg auf sekundärer Lagerstätte gewonnen ; es war ein » Seifenbau «,, ähnlich wie er — nach der bekannten Monographie von H. Schurtz (Stuttgart 1890) – seit unvordenk

abteilungen wird nach Gesteinsarten , diese aber wiederum werden

nach ihrem geologischen Alter geordnet vorgetragen .

Geogno

stische Ueberblicke, wie z . B. über das Wiener Becken , über

haupt derartige belehrende Hinweise unter den einzelnen Ueber

schriften , dazu noch die Herbeiziehung von Sammlungsteilen,

lichen Zeiten in einem grossen Teile des Erzgebirges

welche auswärtige Länder behandeln , machen dieses Buch nicht

im Gange war. Auch im Fichtelgebirge, namentlich westlich von Wunsiedel und um den Schneeberg herum , trifft man Schutthalden , welche in ein graues Altertum

nur in Wien , sondern auch ausserhaib der Monarchie zu einer

hinaufreichen ; aber schon im 14. Jahrhundert wurde diese Thätigkeit mehr im grossen betrieben, und es sind von da die Namen mehrerer Bergwerksbesitzer auf uns gekommen. Das Verfahren, welches noch im Jahre 1795

Von der bekannten » Sammlung Göschen « werden nach stehend vier Werkchen zur Anzeige gebracht, welche zur Geo graphie in näherer oder fernerer Beziehung stehende Disziplinen

von dem Erlanger Professor Martius beschrieben ward,

werden müssen :

muss ziemlich roh gewesen sein und grosse Aehnlichkeit mit demjenigen gehabt haben, welches unmittelbar

Nr. 11. Astronomie . Von A. F. Möbius. 7. Auflage . Für Schulen und zur Selbstbelehrung umgearbeitet und er weitert von Prof. H. Cranz . Mit 29 Figuren und einer Tabelle. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1890.

nach der Auffindung der amerikanischen und australischen Goldminen in diesen zur Anwendung kam. Nach dem die Zinnsteinbrocken ausgewaschen waren, kamen sie in ein Pochwerk und hierauf in die ebenfalls sehr primitiv angelegten Hütten, wie solche in Weissenstadt, Furthammer und Vordorf am Schneeberg ) bestanden . Das auf diese Weise dargestellte Zinn war nach Martius sehr rein, reiner als manches englische und auch reiner

manchfach nützlichen und erwünschten Lehrschrift.

München .

W. Götz ,

behandeln und als durchaus preiswürdig ( je 0,80 Mk .) bezeichnet

III S. kl . 89.

Das Büchlein behandelt in elementarer Weise die Haupt betrachtet Planeten,

sätze der Astronomie. Von der Erde ausgehend , Verfasser unser Sonnensystem (Sonne , Mond ,

Kometen) und widmet zum Schlusse auch der Fixsternwelt einige Seiten . Mit pädagogischem Geschick hat er den spröden Stoff des rein fachwissenschaftlichen Gewandes entkleidet, ohne

Litteratur.

224

doch der » Königin « der Wissenschaften die schuldige Achtung zu versagen Mathematische Schwierigkeiten sind im Hinblick auf den Zweck des Buches mit Recht ferngehalten . In der

8. Auflage dürfte wohl Schiaparellis Entdeckung hinsichtlich

muss es im Inhaltsverzeichnis unter XI heissen Morphologie statt Gestaltung. S. 11 , Fig . I , lies Magma statt Miagma. S. 99 , Z. 9 y. u . , lies nitrificierend statt nitrefizierend. Frankfurt a . M.

0. Ankel .

der Merkur- und Venusrotation erwähnt werden. Abgesehen

Breton , Raymond. Dictionaire Caraibe-Français.

von kleinen sprachlichen Versehen und stilistischen Härten

(Auxerre 1665.) Réimprimé par Jules Platzmann . Edition fac -simile. Leipzig, Teubner 1892. Kl . 40. VII unbez. Blätter 20 Mk . und 480 zweispalt. S. Das erste bedeutende Volk , mit welchem die Spanier beim

(z. B. S. 34 : » Am grössten ... ... « bis »daraus folgerten .... )

ist die Darstellung abgerundet, durchsichtig, daher wohlverständ lich . Das Büchlein verdient die weiteste Verbreitung in Schule und Haus.

Druckfehler : Im Inhaltsverzeichnis muss es heissen : Von den Kometen und Meteoren . S. 17 : Der Begründer der

europäischen Gradmessung heisst Baeyer , nicht Bayer .

-

Betreten der Inseln und des Festlandes Amerikas zusammentrafen , waren die Karaiben . Dieses kiihne und räuberische Volk

hatte damals die meisten Antillen , die von dem friedlichen Volke

Sach

register ?

Nr. 13. Geologie. In kurzem Auszug für Schulen und zur Selbstbelehrung zusammengestellt von Dr. Eberhard Fraas.

der Arowaken bewohnt waren , erobert , die männliche Bevölke rung ausgerottet und nach Aneignung der Weiber derselben sich dort niedergelassen . Man war vollkommen im Unklaren über

den Ursprung und die Verbreitung sowohl der Arowaken als auch der Karaiben , bis es in der letzten Zeit teils der ver

Mit 16 Abbildungen . Stuttgart , G. J. Göschensche Verlags handlung, 1890. VI und 104 S. kl . 8º. Verfasser behandelt ,1 den Begriff » Geologie « etwas enger

gleichenden Sprachforschung, teils dem Spursinn einiger Reisenden gelang , das ethnologische Rätsel zu lösen . Man weiss nun, dass

fassend, als dies in den systematischen Hand- und Lehrbüchern

beide , Arowaken und Karaiben , aus dem Inneren des süd amerikanischen Kontinentes stammen und dass sie mit den Guarani

zumeist geschieht, die wichtigsten Abschnitte aus den drei grossen Gebieten der Geologie und betrachtet unter Verzicht auf den

Tupi zu den Hauptstämmen dieses Weltteiles gehören . Arowaken und Karaiben -Stämme finden sich über ganz Südamerika von der

physikalisch-astronomischen , sowie geographischen (morphologi schen) Teil das Material der Erdkruste (Petrographie); seine

Nordküste bis über das Hochland von Mato Grosso und von der

Entstehung (Wirkungen des Vulkanismus, Wassers, der Atmo

Ostküste bis an die Grenzen des alten Foka -Reiches verbreitet

sphäre und Organismen) und Verwendung bei der Bildung

(vgl. die ethnographische Karte von Brasilien von Dr. Paul

der Erdfeste (dynamische Geologie) ; sodann die Formations

Ehrenreich , Petermanns geogr . Mitt . 1891 , Tafel 6).

lehre (historische Geologie). Fraas hat es verstanden , aus der reichen Fülle geologischer Thatsachen die wichtigsten in gedrängter Kürze und leichtfasslicher Form darzubieten und durch instruktive Abbildungen das Verständnis zu fördern . Das Werkchen reiht sich dem vorigen würdig an .

Nr. 18. Anthropologie. Der menschliche Körper, sein Bau und seine Thätigkeiten , dargestellt von E. Rebmann, Pro fessor am Gymnasium in Karlsruhe. Mit 30 Abbildungen und 1 Tafel. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1891 . 100 S. kl. 8º.

Kaum je ist mir ein Buch zu Gesicht gekommen, das auf so kleinem Raum

ein so klares Bild von dem Bau und den

Thätigkeiten des menschlichen Körpers geboten hätte. Ich kenne wohl eine Anzahl tüchtiger Leitfäden der Anthropo

logie (dieses Wort in dem ursprünglichen Sinne genommen,

Bei der Wichtigkeit dieser beiden Völker , besonders der

Karaiben , ist es ganz natürlich , dass die christlichen Glaubens boten der Sprache derselben frühzeitig ein Augenmerk geschenkt haben. Sowohl die Sprache der Karaiben des Festlandes (von den französischen Missionaren La langue des Galibis genannt), als auch jener der Inseln (La langue Caraibe) wurde in Gram matik und Lexikon verzeichnet . Die Hauptquelle für die Sprache der Insel-Karaiben , welche gegenwärtig ganz erloschen , ist das Werk des französischen Missionars Raymond Breton , welches, aus einer Grammatik und einem doppelten Lexikon , nämlich karaibisch - französisch und französisch -karaibisch , bestehend , in

Auxerre 1663-65 gedruckt wurde . Das Werk gehört gegen wärtig , wie alle älteren Bücher , welche über amerikanische Sprachen handeln , zu den grössten Seltenheiten . Der Preis

solcher selten gewordenen und bloss in einzelnen grösseren Bibliotheken vorhandenen Werke ist ein enormer ; manche Werke

nicht in dem modernen, auf Schleiden zurückzuführenden , als

dieser Art werden gegenwärtig mit 1000—2000 Mk . , ja oft 1

Lehre von der Entwickelung des Menschengeschlechtes in somatisch psychischer Hinsicht), aber keinen, der seine Aufgabe so elementar erfasst und mit geringen Mitteln so glücklich gelöst hätte . Ich

stehe nicht an, das Werkchen als ein für den Unterricht höchst brauchbares zu bezeichnen, besonders wenn derselbe in der Lage ist , das Verständnis durch grössere Abbildungen (die dem Buche

beigegebenen sind flott gezeichnet) , Modelle und Präparate zu erleichtern und zu vertiefen. Die Herren Naturwissenschaftler an Gymnasien und Realschulen mache ich auf das kleine Buch

noch höher bezahlt .

In Anbetracht dieses Umstandes und der Wichtigkeit des Werkes Bretons ist es nicht zu verwundern, dass die Amerika nisten , deren Reihen auch in Europa sich immer mehr und

mehr vergrössern, frühzeitig daran dachten, dasselbe durch einen neuen Abdruck dem wissenschaftlich gebildeten Publikum zu gänglich zu machen. So wurde die Grammatik bereits 1877 als III. Band der von Uriesechea begründeten » Collection lingue stique Américaine « von L. Adam und Ch . Leclerc in Paris

besonders aufmerksam .

herausgegeben. Dieser Publikation schliesst sich das vorliegende Nr. 26. Physikalische Geographie . Von Dr. Siegmund Günther , Professor an der Kgl . Technischen Hochschule in München. Mit 29 Abbildungen. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1891. 128 S. kl . 8º. Für die Trefflichkeit dieses Werkchens bürgt der Name

seines Autors. Wer , wie Prof. Günther , aus dem Vollen schöpft , weiss auch in kleinem Rahmen Gediegenes zu bieten . Der Inhalt des Buches ist ein erstaunlich reicher .

karaibisch -französische Wörterbuch , mit dessen Veröffentlichung der bekannte Mäcen und Amerikanist Dr. Julius Platzmann

in Leipzig der Wissenschaft ein neues Opfer gebracht hat , passend an . Der schöne Facsimile-Druck Platzmanns macht das Original vollkommen entbehrlich und gestattet jedem Forscher, das seltene Werk zu benutzen , ohne , wie dies bei Neu-Auflagen der Fall ist , vor unliebsamen Druckfehlern sich fürchten zu müssen .

Keine der

Das Wörterbuch Bretons bietet nicht nur eine Fülle

wichtigeren Fragen der physikalischen Geographie – und das

sprachlichen Materiales , sondern es finden sich bei der weit schweifenden Weise, in welcher die älteren Missionare zu arbeiten

Gebiet ist wahrhaftig kein kleines — bleibt unberührt. Ueberall werden di neuesten Untersuchungen berücksichtigt und mit den

gesicherten Resultaten älterer Forschungen organisch verbunden. Auch formell verdient das Werkchen vollste Anerkennung : Dar stellung und Stil sind klar und einfach . Doch das Buch

will gelesen, nicht gelobt sein. Daher sei es allen Gebildeten,

pflegten, darin auch manche ethnologische, geographische, natur historische und geschichtliche Notizen verzeichnet. Friedrich Müller.

Wien .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

besonders den Lehrern und Hörern der Geographie , aufs

angelegentlichste zum Studium empfohlen. Druckfehler : Dem Titel im Texte (S. 97) entsprechend

in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 15.

Stuttgart, 9. April 1892. Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

MDCXL

In- und Auslandes und die Postämter .

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Wilhelm Junker. Von W. Wolkenhauer (Bremen ). S. 225 .

2. Sir Francis Drake auf dem Isthmus von

Panamá. Von Ed. Hahn (Berlin ). S. 228 .

3. Skizzen aus Portugal . Von N. L. Ey (Hohenstein bei Friedland , Mecklenburg 4. Atjih und die Holländer. Von A. Prell (Amsterdam ). S. 233. – 5. Geographische Mitteilungen. (Lage

Strelitz) . S. 229 . und Höhe des Elias- Berges ; Die chinesischen Religionsverhältnisse ; Der angeblich älteste Stadtplan von Wien .)

S. 238 .

6. Litteratur. (Berghaus-Gerland; Nyland .) S. 239. mohammedanischen Boden betrat . Eintretende Ver

Wilhelm Junker. Von W. Wolken hauer (Bremen ).

In dem am 13. Februar d. J. verstorbenen Dr. Wilhelm Junker hat die Länder- und Völkerkunde einen ihrer selbstlosesten und trefflichsten Männer verloren war doch sein Leben dem Dienste

hältnisse riefen ihn jedoch nach Europa zurück und vereitelten seinen Wunsch, schon damals seine Reisen weiter auszudehnen .

Während des internationalen Geographen -Kon gresses in Paris vom 1.- 11 . August 1875 , an dem sich Junker mit einigen berühmten russischen Rei

der Afrikaforschung mit Gut und Blut geweiht. senden beteiligte, kam er zuerst in persönlichen Das » Ausland« erfüllt daher nur eine Ehrenpflicht,

Verkehr mit dem glänzenden Dreigestirn deutscher

wenn es seinen Lesern hier einen Ueberblick über

Afrikaforscher : Gustav Nachtigal, Gerhard

den vollendeten Lebenslauf und die Arbeiten gibt, Rohlfs und Georg Schweinfurth. Junkers mit welchen der Verstorbene sich in der Entdeckungs- Reisepläne gewannen jetzt eine immer bestimmtere geschichte Afrikas für alle Zeit einen Ehrenplatz er-

Gestalt.

worben hat.

Aufmerksamkeit auf das damals im Vordergrunde

Die ihn beratenden Meister lenkten seine

Wilhelm Johann Junker wurde am 6. April | geographischer Interessen stehende Darfur , und 1840 in Moskau geboren .

Sein Vater war aus

dieses mit dem Schleier eines gefahrdrohenden Ge

Göttingen gebürtig ; nachdem derselbe sich in Russland ein ansehnliches Vermögen erworben hatte, siedelte er wieder nach Göttingen über , um seinen Kindern eine deutsche Erziehung zu geben . Der Vater starb jedoch nach einigen Jahren , und Jun-

heimnisses umhüllte Land wählte der kühne Mann

nun mit den Kindern nach

nun zum Ziel seiner künftigen Thätigkeit. Nur in ganz kurzen und allgemeinen Zügen sei an dieser Stelle ein Gesamtbild seiner Reisen eingefügt. Dr. Junker stellte seine für diese Reise nötige Ausrüstung in Berlin zusammen und schiffte sich

St. Petersburg zurück. Hier besuchte Junker das

anfangs Oktober 1875 in Triest an Bord der

kers

Mutter

zog

deutsche Gymnasium , studierte dann in Göttingen , » Austria« nach Alexandrien ein . Nach dreiwöchent St. Petersburg (?) , Berlin und Prag Medizin und

lichem Aufenthalte in dieser Stadt trat er zunächst

Naturwissenschaften und promovierte zum Doctor

auf Veranlassung von G. Rohlfs während der Monate November und Dezember eine Reise in die

medicinae. Der ärztliche Beruf lockte ihn aber nicht

sehr, er strebte ins Weite, zumal es ihm günstige Ver- | Libysche Wüste an , besuchte bei den Natron-Seen

mögensverhältnisse gestatteten , seiner Reiselust folgen

vier alte Klöster und erreichte in Fayum wieder

zu können . Im Jahre 1869 machte er einen längeren Ausflug nach Island , und hier reifte in ihm , wie er selbst berichtet , der Wunsch, grössere For-

Kulturboden . Nach der Rückkehr verweilte er einige Wochen in Kairo, wo er mit Th . v . Heuglin zu sammentraf, der ihn auf die Erforschung des süd

Die Jahre 1873

lich von der Hafenstadt Suakin am Roten Meere in die Küstenebene tretenden Chor Baraka aufmerk

schungsreisen zu unternehmen.

und 1874 brachten ihn nach Nordafrika, wo er bei einem längeren Aufenthalt in Tunis und auf Rund-

sam machte.

Während des März 1876 reiste also

reisen in der Regentschaft und nach Algier hinüber | Junker über Suez nach Suakin und durchzog das Gelegenheit fand, arabische Sitten und Gebräuche Bárakathal, weilte Anfang April neun Tage in kennen zu lernen , so dass er bei seiner späteren Reise nicht als Fremdling im orientalischen Leben Ausland 1892 , Nr . 15 .

Kassala und erreichte am 6. Mai Chartum , von wo aus er Darfur zu bereisen gedachte. Diesen Plan 29

Wilhelm Junker.

226

gab er jedoch auf, als ihm nach einer Fahrt mit

an denen er mit ganzer Seele hing, Abschied zu

dem Italiener Gessi auf dem Blauen Nil bis Sennar und dem unteren Sobat bis zur Seriba Nasser von

rüstung für die Reise getroffen . In demselben Ge

nehmen .

In Berlin wurde dann wieder die Aus

Gordon Pascha unter ausserordentlich entgegenkom - biet, in welchem im Jahre 1878 seine Wanderungen menden Vergünstigungen die Erforschung der west-

ihr Ende gefunden , beabsichtigte er seine Reisen

lichen Aequatorial-Provinz ermöglicht wurde. Ende wieder aufzunehmen und die westlichen und süd Oktober 1876 verliess er Chartum , fubr auf dem Weissen Nil bis Lado , wo er am 17. November

lichen von Aegypten erworbenen Negergebiete in der Aequatorialprovinz kartographisch zu erforschen .

anlangte und zuerst mit Dr. Emin Effendi (später

Insbesondere galt es , die Ländergebiete am Uëlle

Emin Pascha) zusammentraf.

auf Rundreisen

Nach zweimonat-

lichem Aufenthalt in Ladó kam Junker mit einer Militärkarawane nach der Seriba Kabajendi , der westlichen der hier angelegten ägyptischen Stationen

zu erforschen und den Strom so

weit wie möglich nach Westen zu verfolgen , um dadurch für die lange bestandene Kontroverse, ob jener

von Dr. Schweinfurth zuerst gesehene Fluss Vëlle

im Bezirk Makaraka, wo er nun über ein Jahr,

zum Kongo- oder Schari-Gebiet gehöre , eine end

vom 20. Febr. 1877 bisMärz 1878, sein Standquartier

gültige Lösung zu finden. Die Reise ging über Wien nach Triest und von hier am 10. Oktober 1879 mit dem Dampfer

nahm .

In vielen Kreuz- und Querzügen drang er

von hier in die benachbarten Gebiete vor, erforschte

das Gebiet der Flüsse Rohl, Tondj und Djur , be-

» Progresso « nach Alexandrien ; am 16. Oktober be

suchte die Mittu- und Kalika-Länder und kehrte

trat Junker wieder afrikanischen Boden . Von hier ging's nach kurzer Zeit nach Kairo. Am 1. Dezem

dann nach Ladó (29. März 1878) zurück , wo er

bis zur Abreise nach Chartum (am 11. Juni 1878) | ber reiste er mit Friedrich Bohndorff 1), den er zum zweitenmal mit Emin zusammen war . Am 29. Juni kam Dr. Junker wieder in Chartum an und fand hier gastfreundliche Aufnahme im Hause

als Reisebegleiter behufs Einsammeln zoologischer Präparate engagiert hatte, und einem Negerknaben, den er von seiner ersten Sudan -Reise nach Europa

des Konsuls Rosset. Der Monat Juli verging mit

mitgebracht hatte, über Suez nach Suakin , dann

der Verpackung der reichen ethnographischen und zoologischen Sammlung und im täglichen Verkehr

über Berber nach Chartum . Von hier ging er nach dreiwöchentlichem Aufenthalt (am 31. Januar 1880)

mit Gordon Pascha, den Junker ausserordentlich hochschätzte. Am 29. Juli trat er die Rückreise

auf dem Weissen Nil und dem Bahr el Ghasal bis zur Meschra - er -Rek und weiter nach Dem Soliman ,

an ; er kam durch die Bajuda-Steppe über Dongola

dem Hauptorte der Gazellenflussprovinz, wo er sich

in 20 Tagen nach Wadi Halfa und erreichte von

von seinem Freunde Gessi auf Nimmerwiedersehen

hier den Nil abwärts über Assuan und Siut im

Junker in seine Heimat St. Petersburg wieder

verabschiedete. Junker bereiste nun die Länder der Niam -Niam -Fürsten Ndoruma und Ssanga und erreichte die Mangbattu auf weiteren Rundreisen

ein ).

von seiner Station Lacrima bei Ndoruma.

Anfang September Kairo.

Ende dieses Monats zog

Die Wintermonate 1878/79 in der nordischen Hauptstadt waren abwechselnd der Arbeit und dem

In den

folgenden Zeiten erforschte er, zum Teile mit ägyp tischen Truppen, das Südufer des Uëlle bis zu dessen

geselligen Verkehr gewidmet. Durch letzteren reifte

mächtigem Nebenfluss Bomokandi, zog nach Tangasi ,

alsbald bei ihm der Entschluss zu neuer Wander-

der ägyptischen Hauptstation im Mangbattu -Lande,

schaft , um so mehr, als die Verarbeitung seiner

und den östlichen Momfu -Ländern und erreichte

Aufnahmen rasch von statten ging ?). Die Heraus-

seinen südlichsten Punkt bei Teli am Nepoko, dem

gabe der Tagebücher unterblieb damals jedoch, Nebenfluss von Stanleys Aruwimi. Dann wandte und sie haben erst zusammen mit Junkers späteren sich Junker nach Westen, verfolgte den Lauf des Reisen in dem 1. Bande seines Reisewerkes ihre Be-

arbeitung gefunden . Den Monat Mai 1879 verbrachte Dr. Junker in Deutschland und besuchte hier noch einmal vor seiner

Abreise alle die Orte, die ihm in der Erinnerung lieb geblieben . Jugenderinnerungen aus der ersten Kinder-

Uëlle bis zum westlichen Punkt seiner Reise , der 0 Seriba Abdallah (etwa 4 ° nördlicher Breite und 23 ° östlicher Länge ). Nach Norden sich wendend, über schritt er dann den Mbomu, berührte Luptons Route von 1882 bei Mbunga und erreichte in süd östlicher Richtung am 1. Mai 1883 wieder seine

zeit und den sorglosen Studentenjahren führten ihn Station bei dem Niam - Niam -Fürsten Semio . Jun namentlich nach Göttingen. Im Juli reiste er nochmals nach St. Petersburg , um von den Seinigen,

ker sah seine Reisen jetzt als beendet an und be absichtigte seinen Rückweg anzutreten. Doch es sollte anders kommen . Die Reise nach Norden ,

1 ) Vgl . über diese Reise auch Junkers Bericht in den

Verhandlungen der Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin ; 1879 ,

1) Vgl. über Bohndorffs Reisen in Centralafrika 1874

Bd . VI , S. 204-217 .

bis 1883 den Aufsatz von Dr. B. Hassenstein in » Petermanns

2) Mehrere Specialkarten mit kurzem Reiseberichterschienen in » Petermanns Mitteilungena , 1879, S. 445 mit Taf. 23 ; 1880, S. 81 mit Taf. 4 und S. 179 mit Taf. 9 ; 1881 , S. 411

Skizze (mit Porträt) in der » Deutschen Rundschau f. Geogr. u . Statistik « , 1887 , Bd . IX , S. 283 bis 286 , von W. Wolken.

mit Taf. 20 .

hauer .

Mitteilungen « , 1885 , S. 339 bis 350 , und die biographische

Wilhelm Junker.

nach dem Bahr el Ghasal ward ihm durch einen

Aufstand der Dinka -Stämme verlegt, und nach langem Warten wandte er sich deshalb am 16. Oktober .

1883 nach Osten und gelangte nach 55 Marschtagen auf direkter Route über Ndozuma zu Emin . Mit diesem und Casati wurde er dann , wie be-

kannt , durch den Aufstand des Mahdi noch zwei

227

aus . So empfing ihn die Berliner Gesellschaft für Erdkunde in einer Festsitzung (am 16. März 1887), ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitgliede und verlieh ihm ihre Karl Ritter-Medaille ') ; die geographischen Gesellschaften in St. Petersburg und Wien erannnten ihn ebenfalls zu ihrem Ehrenmitgliede, und die Royal Geographical Society in London erkannte ihm ihre

Jahre von der civilisierten Welt abgeschlossen, denn goldene Medaille zu. auch der Rückweg nach Süden war nach dem Tode des Königs Mtesa von Uganda durch dessen Sohn verschlossen .

Dr. Junker ging alsbald an die Bearbeitung seiner reichen gesammelten Reisematerialien . Zu

Dr. Junker versuchte vergeblich

nächst verlebte er mehrere Wochen in Friedrich

durch eine Reise zu einem der treuesten Anhänger

Emins, dem Häuptling Anfina , am Somerset-Nil

roda und Tabarz in Thüringen mit Dr. Bruno Hassenstein , dem ausgezeichneten Kartographen

oberhalb der Murchison -Fälle , den friedlichen Ver-

von Justus Perthes' geographischer Anstalt in

kehr mit Uganda wieder zu eröffnen , kehrte also

Gotha, zusammen , um

nach zehn Monaten zu Dr. Emin nach Wadelai

aufnahmen festzustellen , dann liess er sich in Wien nieder, wo er in Herrn Hugo Hölzel einen treff lichen und entgegenkommenden Verleger für sein

zurück. Hierauf versuchte er den Rückweg nach Süden ; am 2. Januar 1886 reiste er über Kiboro am

mit diesem seine Karten

Ostufer des Albert-Sees zu Kabrega , dem Könige Reisewerk gefunden hatte. von Unjoro . Hier gelang es ihm nach vieler Mühe,, sich heimlich in schriftliche Verbindung mit den Missionaren in Buganda zu setzen , und am 17. Fe-

Unter den von Junker vorzugsweise behandel ten Forschungsgegenständen steht die geographische Aufnahme obenan , an die sich dann ethnographi

bruar 1886 trat dann das freudige , seit Jahren er-

sche und zoologische, namentlich ornithologische Sammlungen und Beobachtungen anschliessen . Die

sehnte Ereignis ein : er erhielt eine umfangreiche

Postsendung von dem Missionar A. Mackay , wo- ethnographischen Sammlungen übergab er dem durch er über die Vorgänge im ägyptischen Sudan Museum der kaiserlichen Akademie der Wissen von 1884 bis 2. November 1885 – den Fall Char- schaften in St. Petersburg, wo sie in eigenen Schrän

tums, den Tod Gordons, den Rückzug der Eng- ken aufgestellt sind, d. h . so weit sie überhaupt länder -- aufgeklärt wurde . Zugleich erfuhr er hier, nach Europa gelangt waren , denn was Junker in dass Dr. Fischers Expedition, die zu seiner Hilfe von seinem Bruder ausgesandt war , nicht die Erlaubnis

Afrika an mühiseligst erworbenen Sammlungen unter

wegs verloren hat, würde fast ein eigenes Museum

erhalten habe , Buganda zu betreten. Erst im Juni | bilden. Das Meiste ist in die Hände der Mahdisten

gelang es ihm mit Erlaubnis des Königs Muanga, gefallen, vieles musste aus Mangel an Trägern auf zu dessen Residenz zu kommen . Nach anderthalbmonatlichem Verweilen an diesem Platze setzte er seine Reise dann weiter über den Victoria

Nyanza fort und langte endlich anfangs September in Tabora an . Hier schloss sich Junker einer Kara-

gegeben werden . Ein kleiner Teil der Sammlungen kam an das Museum für Völkerkunde in Berlin.

Die ausführlichen Einzelberichte über Junkers Reisen finden sich in Petermanns Mitteilungen vom Jahre 1876 an. Zusammenhängend hat Junker

wane des bekannten Elfenbeinhändlers Tippo - Tipp die Resultate seiner Reisen niedergelegt in zwei

an und erreichte endlich am 29. November 1886 Ergänzungsheften (Nr. 92 und 93) zu jener Zeit bei Bagamoyo die Küste. Nur wenige Tage fehlten an sieben ereignisvollen Jahren , seitdem er am 14.

schrift und in seinem vorigen Herbst vollendeten

Dezember 1879 , von den Höhen jenseits Suakin

hefte erschienen unter dem Titel : »Wissenschaft

dreibändigen Reisewerke.

Die beiden Ergänzungs

zurückgewandt, zum letztenmal das Meer geschaut | liche Ergebnisse von Dr. W. Junkers Rei hatte. Am 4. Dezember erreichte Dr. Junker Sansibar und am 9. Januar 1887 wurde er von seinem

Bruder , seinem Schwager und Dr. Schweinfurth

sen in Central - Afrika 1880–85. Mit 4 Karten (Gotha, J. Perthes, 1889). Der Text enthält zu nächst die Hydrographie , Orographie und Ethno

in Suez empfangen. Junker blieb dann bis Mitte graphie des Uëlle-Makua-Gebietes,von Dr. Junker selbst herrührend (S. 1—38), dann eine eingehende eben auf der Reise war, um sich an die Spitze der Diskussion der Höhenbestimmungen und meteoro Expedition zum Entsatz Emin Paschas zu stellen, logischen Beobachtungen Junkers und Emins März in Kairo, traf dort mit Stanley zusammen , der

und erreichte dann über München und Berlin , wo

von Dr. Ad . Schmidt in Gotha (S. 38-86), end

er kurzen Aufenthalt nahm , im April 1887 seine Heimat St. Petersburg wieder.

über die kartographischen Aufnahmen des Reisen

lich die treffliche Denkschrift Dr. B. Hassensteins

Die Kunde von der Rückkehr des Reisenden ,

den und die übrigen Quellen zur Karte (S. 87–114).

eines längere Zeit verloren Gegebenen , von Osten und Westen her vergeblich Gesuchten, erregte überall freudige Teilnahme , und viele geographische Ge

Ges . f. Erdk . , 1887 , S. 183-187 mit Karte, und ebenda Junkers

sellschaften zeichneten ihn durch mancherlei Ehren

Reisebericht, S. 240-260,

1) Vgl. den Bericht über die Festsitzung in den Verh. d .

Sir Francis Drake auf dem Isthmus von Panamá.

228

Die 4 beigegebenen zusammenstossenden Karten-

blätter (nach den Tagebüchern , Kartenskizzen und mündlichen Mitteilungen des Reisenden, sowie nach allen vorhandenen Quellen entworfen und gezeichnet

wie sein Freund , der Schriftsteller Hevesi , der ihm während seines dreijährigen Aufenthaltes in

Wien nahe stand, sagt, eigentlich der Sklave seines Buches und lebte wie ein Gefangener. Monate

von Dr. Hassenstein im Maasstabe 1 : 750000) reichen von 1 ° 45 ' n . Br. bis 8 ° 15 ' n . Br. und von 22 ° 5' östl. v. Gr. bis 31 ° 55 ' und bieten ein ge-

lang sah er die Sonne nicht (um nicht vom Strassen lärm gestört zu werden , hatte er eine Hofwohnung inne) , sondern sass beim Gaslicht und zog die

wiss für sehr lange Zeit massgebendes Bild des

lange Reihe seiner schwarzledernen Tagebücher aus,

Hauptschauplatzes der Thätigkeit Junkers und komponierte und stylisierte und schrieb die Hun Itinerar-

derte von Briefen, die ein solches Werk umflattern .

aufnahmen zuerst umfassend das System der Rund-

Mit Justus Perthes' Anstalt in Gotha, mit seinen alten Freunden Georg Schweinfurth in Kairo

E mins. Junker wandte bei seinen

reisen an , wobei sich Aus- und Rückreisen gegen-

Eine glänzende Bestätigung

und dem Botaniker Ascherson in Berlin , mit

fand die Junker - Hassensteinsche Karte in jüngster Zeit durch die van Gelesche Reise. 1)

Dr. Hassenstein und mit noch vielen anderen

seitig kontrollieren .

wurden unausgesetzt Briefe gewechselt. Seine Ge

Der zusammenhängende Bericht über die bei- sundheit soll darunter sehr gelitten haben ; er selbst den Reisen (1875-1878, 1879—1886) ist in » Dr. glaubte auch nicht, dass ihm ein hohes Alter be Wilh. Junkers Reisen in Afrika 1875—1886 «

schieden sei, und hielt das fünfzigste Lebensjahr für

(Wien , Verlag von Eduard Hölzel , 3 Bände,

verhängnisvoll in seiner Familie. Vielleicht arbeitete

1889–1891 ) niedergelegt. In der Darstellung seiner Reisen hat sich der Verfasser an die Tagebuch form gehalten , dabei aber stets die wertvollsten

er darum so rastlos an seinem Werke , das nun für immer sein schönstes Denkmal bleiben wird. Nach seiner äusseren Erscheinung war Junker

geographischen, ethnographischen, zoologischen und

mittelgross und kräftig ; sein dem

Reisewerk

botanischen Mitteilungen in die Erzählung verwebend. vorgeheftetes Bildnis gibt seine angenehmen Züge Zu seinen Erfolgen

Das Fortschreiten der letzteren wird hierdurch aller- ausserordentlich treu wieder.

dings oft unterbrochen und das Zusammengehörige auf seinen Reisen hatten nicht wenig seine.per getrennt , doch ist der Stil überall gewandt und sönlichen Eigenschaften : das ruhige, gewinnende

lebendig . Der Reisende drängt seine Persönlich- Wesen , die unerschöpfliche Geduld und Fähigkeit, keit wenig in den Vordergrund und in angenehmer Abwechslung entrollt er uns ein anschauliches Bild

Unbilden aller Art, bei eiserner Gesundheit des Körpers , mit Leichtigkeit zu ertragen , sein grosses

seiner an Abenteuern, Gefahren und Strapazen reichen

Talent im Umgang und in der Behandlung der

Reise. Die Ausstattung mit durchgehend trefflichen

eingeborenen Völkerschaften , mit denen er in Ver

Illustrationen (Landschaftsbilder, Typenporträts, kehr trat, beigetragen. Jahrelang hat er sich unter ethnologische Bilder , Tiere, Pflanzen ), deren das

den Schwarzen bewegt und sie durch Liebenswür

Werk 545 ( 140 Vollbilder, 405 im Texte) zählt, ist glänzend. Photographien und Skizzen von R.

digkeit bezwungen , ohne Gewaltthätigkeit, ohne Blutvergiessen.

Buchta (der am 1. Bande mit thätig war) , zahl-

Kurze Zeit nach Beendigung des Reisewerks reiste

reiche Vorlagen aus Schweinfurths unerschöpflichen Mappen und Junkers eigenen ethnologi-

Dr. Junker im November v. J. nach Russland, um dort Verwandte zu besuchen und mit ihnen das

schen Sammlungen boten ein treffliches Material ;

Weihnachtsfest zu feiern. Im Hause seiner Schwester in St. Petersburg wurde er dann von der Influenza

wo diese Vorlagen fehlten , hat das Talent zweier

so bewährter Künstler, wie L. H. Fischer und befallen, deren Folgen er am Sonnabend Vormittag, Fr. Rheinfelder , dem Mangel abgeholfen . Die Be- den 13. Februar d. J., nach schweren Leiden erlag. arbeitung der beigegebenen 24 Karten, welche eine

In allen geographischen Kreisen und weit über

lückenlose, genaue Aufnahme aller Reisewege dar- diese hinaus, hat der Tod des noch nicht 52jährigen stellen, lag auch hier in der Meisterband Dr. Has-

edlen Mannes die grösste Teilnahme erweckt :

sensteins. Junker ist viel zugeredet worden,

seine Reisen und seine Arbeiten stellen Junker

das Werk mit dem dritten Bande zu beginnen , der ebenbürtig an die Seite von H. Barth , G. Nachti auch die Eminschen Angelegenheiten behandelt; | gal und G. Schweinfurth . alle Welt wartete damals, was er sagen werde im Streite für und wider Stanley ; aber er wollte nicht für die Neugier des Tages schreiben , er war und

Sir Francis Drake auf dem

Isthmus von

blieb ein Mann der ernsten wissenschaftlichen For

Panamá . )

schung, der jedes Wort genau abwog und alles

Von Ed. Hahn (Berlin).

in der Stille reifen liess . Monat um Monat, Jahr um

In der Tagespresse ist bei einer Gelegenheit, die nicht in den Rahmen des » Auslandes « fällt, viel

Jahr verging ihm über dieser Arbeit , ja , er war, 1) Proc. R. Geogr. Soc. , 1887 , p. 399 . 2) Vgl. » Petermanns Mitteilungen «, 1891 , S. 103 .

1) Eingesandt Ende März

vor dem

Erscheinen eines

teilweise verwandte Ziele verfolgenden Artikels der » Gartenlaube « .

Skizzen aus Portugal .

fach davon die Rede gewesen , dass doch bekannt-

229

such golden reports, he besought God, to give him

viel früheren Vasco Nuñez de Balboa , gewöhn-

live and leave once to sail an English ship in Nun die deutsche Uebersetzung : Den vierten Tag (nach einem Aufenthalt unter

lich Balboa genannt, gebühre. Das letztere ist natürlich unbestritten . Trotzdem hat man übersehen ,

wegs) , den 11. Februar ( 1573) , kamen sie zu der Spitze des ersehnten Hügels, der sehr hoch war und

dass allerdings Francis Drake der erste Engländer oder überhaupt Nichtspanier war, der beide Meere sah , und dass dieser Moment naturgemäss von höchster

sich von Ost nach West als ein Kamm zwischen

lich nicht Sir Francis Drake der Entdecker des

Stillen Ozeans gewesen sei, sondern diese Ehre dem

those seas . «

beiden Meeren hinzog.

Es war ungefähr 10 Uhr

Seemacht gewesen ist. Dabei bleibt es natürlich voll-

morgens, als einer der Häuptlinge der Cimarrones Drake bei der Hand nahm und ihn aufforderte, diesen berühmten grossen Baum zu besteigen, in den

kommen freigestellt, wie weit man überhaupt an die Wirkung solcher einzelnen Momente auf die Ge-

sie Stufen gehauen hatten, so dass man fast bis zur Spitze klettern konnte. Hier hatten sie eine Laube

Bedeutung für die ganze Entwickelung der englischen

schichte glauben will , aber die poetische und ge-

gemacht mit bequemen Bänken, aus der man ohne

hobene Sprache wird sie immer heranziehen, und in

Schwierigkeiten beide, das Nord- und das Südatlan

diesem Sinne kann man auch Francis Drake ver-

tische Meer, übersehen konnte.. Viele der benach

wenden .

barten Bäume waren niedergeschlagen, um die Aus sicht freizulegen, und mehrere feste Häuser in der durch sehr bedeutende Schädigungen erbittert , die Nähe von den Cimarrones erbaut, die hier oft vor ihm von seiten der auf ihr Handelsmonopol eifer- beiziehen und dies ungeheuere Gebiet bewohnen. süchtigen Spanier schon 1565 und 1567 bei ver- Als Drake den Baum erstiegen hatte und bei dem schiedenen Fahrten nach Westindien, ganz besonders klaren Wetter jenes Meer so deutlich vor sich sah , aber bei der Gelegenheit der Reise Sir John Haw- von dessen Reichtümern man so märchenhafte Schil kins ' 1568, zugefügt worden waren , und suchte auf derungen machte, da flehte er zu Gott , er möge alle Weise den Spaniern zu vergelten. Deshalb hatte ihm das Leben schenken , bis es ihm gelinge , auf Der spätere Sir Francis Drake war aufs höchste

er schon früher mit den sog. Cimarrones (Drake

schreibt Symerons), entlaufenen Negern der Spanier,

jenen Meeren ein englisches Schiff zu führen. Bald nachher sah sich die spanische Regierung

die sich natürlich im Kriegemit ihren Herren befanden , gezwungen, mit den Cimarrones ein Abkommen zu Verbindungen angeknüpft, die er auch später, als erauftreffen , die dann noch lange als » Zambos del rey « seiner bekannten , sog. dritten Reise 1572 Nombre de

gegen eine jährliche Zahlung Ruhe hielten . Jene

Dios, den damaligen Haupthafen des Isthmus auf der Befestigung auf dem Hügel wird verfallen sein und atlantischen Seite, plünderte, fortsetzte. Bei Gelegen- der Gipfel wieder verwachsen, so dass es mir frag heit seines längeren Aufenthaltes auf dem Isthmus er-

lich erscheint, ob seit Drake überhaupt jemand von

eignete sich jene Episode, als er mit den Schwarzen

einer Stelle aus beide Meere gesehen hat. – Es

einen übrigens erfolglosen Marsch auf Panamá ver-

ist aber nicht überflüssig, zu bemerken, von welcher

suchte. Wir bringen den Text nach dem Exemplare

Bedeutung Drakes Erdumsegelung für die Ent

der königlichen Bibliothek zu Berlin , es ist die

wickelung der englischen Flotte wurde. Der Plan

4. Aufl. vom Jahre 1695. 12º. The English hero

hierzu entstand aber in dem vorstehend näher ge

Sir Francis Drake revived.

kennzeichneten Augenblicke .

(Der Neudruck

der ältesten Ausgabe , die ? unter dem Namen Philipp Nicholls geht, in Arlers English Garner , vol . V. 1882, weicht im Ausdruck etc. unwesentlich

ab.) S. 34. » The fourth day Febr. 17 (Druckfehler für 11 ) they came to the top of this desired hill, which was very high and lay East and West like a ridge between the two Seas. It was about ten

Skizzen aus Portugal. Von N. L. Ey (Hohenstein bei Friedland, Mecklenburg-Strelitz ).

Wie kommt es nur , dass Portugal verhältnis

o'clock in the morning, when one of the Chief Sy-

mässig so wenig bekannt ist ? Neuerdings treten freilich die Orientreisen und die Nordlandsfahrten mehr in

merons. taking Drake by the Hand, desired him to walk up this famous high tree , wherein they had cut divers steps, to ascend almost to the top, where they had made a convenient arbour to sit and from whence without difficulty they might plainly discern both the North and the South Atlantic (sic !) Ocean, many of the adjoining trees being cut down , to

den Vordergrund, und viel Herrliches und Schönes mag sich dem Auge des Beschauers auf denselben bieten ; aber dennoch wäre auch Portugal es wert, besucht, bereist, fast möchte ich sagen durchforscht zu werden, denn es ist ein gar herrliches Stückchen Erde. Das ganze Land trägt einen so eigenartigen Charakter, dass der Neuankommende anfangs kaum

clear the prospect and divers strong houses built

weiss, was er zuerst in sich aufnehmen soll. Frei

there about by the Symerons, who usually pass that

lich fehlt Portugal die Klassicität Griechenlands und

way and inhabit those vast countries . Drake having

Italiens, und deren Kunstschätze dürfte es auch nicht

ascended the tree and the weather being fair, taking a full View of that Sea , of which he had heard

aufweisen können , dennoch bietet es ausser seiner wunderbar schönen Natur , welche die der beiden

Ausland 1892 , Nr. 15 .

30

Skizzen aus Portugal .

230

genannten Länder wohl noch übertrifft, des Schönen

Magnolie, ja die höchste Araucaria überragend . Aber

gar viel . Man besuche nur den Bussaco mit dem seinen Gipfel krönenden alten Kloster und den vielen

vielfach unterbrochen und dürftig ist der von ihnen

gewährte Schatten ; eigensinnig kehrt sich jedes der

Einsiedeleien, die jetzt meistens leer stehen, und man lederartigen, leicht gekrümmten , spitzen Blätter gestehe, dass es wenig Orte geben möchte, die diesem gleichkommen. Man sehe Lissabon , die zauberhafte Marmorstadt , vom Golf des Tejo aufsteigen , man besuche das Kloster Belem, die Grabstätte der Könige,

gegen den Stamm , der Sonne freie Durchsicht ge stattend .

Dort auf dem Rasen , welch Prachtexemplar einer Araucaria ! Dicht und schwer liegen die ge

das paradiesisch liegende Cintra; oder die National- waltigen Aeste auf dem Grase , einen weiten Kreis Majestätisch steigt der unbewegliche

denkmäler, die Batalha , die Mafra , das wunderbar

beschattend.

grossartige Kloster und Schloss,, von Dom Joào III. infolge eines Gelübdes in der ödesten Gegend des

stehen die gespreizten Aeste vom Stamm ab .

Gipfel gerade in die Höhe. Steif und regelmässig Wir

Landes angelegt, trotzdem von überwältigendem

Nordländer würden sie ungraziös nennen, trotz der

Eindruck , und man wird sich sagen müssen , dass eine Reise dahin nicht vergeblich gewesen. Was Dimensionen und Material , gigantisch erdrückende Grossartigkeit anbetrifft, so kann man nicht leicht

frischgrünen Spitzen , die augenblicklich die tief dunkeln Zweigenden ungemein lieblich zieren -aber sie dürfte ebensowenig fehlen, wie die dunkle Pinie , die mit ihren sehr grossen , wie beschnitten aussehenden Nadelbüscheln, einem riesigen Sonnen

>

>

etwas sehen, was die Mafra übertreffen würde .

Der

Bau an sich ist eine Stadt , die Galerien bieten die

schirme gleichend, ebenfalls viel dazu beiträgt, der

schönste Perspektive der Welt, und die Kirche, vom

südlichen Landschaft ihr eigentümliches Gepräge zu

Grundstein bis zum Schlusstein ganz aus poliertem

geben . Und welch ein Hintergrund ist sie für jene

verschiedenen Marmor und zwar aus unzähligen verschiedenen

Mimose, die ihre halbgeschlossenen Federn mit den

Arten , die ihr eine ausserordentliche Mannigfaltig- hellgrünen Spitzen gar anmutig zu schaukeln weiss .. keit verleihen, ist einfach wunderbar. Nicht minder Zu hohem Baume emporgewachsen finden wir hier, schöne Statuen aus carrarischem Marmor zieren sie ;

was wir im Norden mühsam in Blumentöpfen ziehen ,

das Glockenspiel , aus 114 Glocken bestehend , soli enorme Summen gekostet haben ; auf dem Dache der Cirche bieten breite , prachtvolle Promenaden

mit Treibhauswärme umgeben müssen . Mit den üppig wuchernden Azaleen, den purpurrot blühenden Ka

eine köstliche Aussicht .

hohen Strauche sucht noch die Kamelie in brennen

Diese drei wunderbar schönen Kirchen : São

Jeronymo in Belem, Batalha und Mafra, sollten auch

über die Grenzen Portugals hinaus bekannt sein .

stanien und den schwer niederhängenden Rosen ani den Farben zu wetteifern .

Ueber ein halbes Jahr

lang ist sie die Beherrscherin der Gärten, besonders in und um Porto , der Kamelienstadt par excellence,

Das herrliche Klima, im Sominer oft sehr heiss,

während sie sich in Lissabon nur vereinzelt findet.

doch meistens durch die Seewinde gemildert, ruft

Im November beginnt sie bereits zu blühen ; um

eine köstliche Vegetation hervor. Ein portugiesischer Weihnachten gleichen die ungefähr 25 Fuss hohen Garten im Mai ist das Schönste, was die Natur her-

vorzaubern kann, eine grünende, blühende, duftende Zauberwildnis. Dunkel glühende Rosen nicken von allen Seiten, süss berauschender Duft der Glycinien,

Bäume ungeheuren Blumensträussen, so sind sie be säet mit dunkelroten , rosenfarbenen , weissen und ge streiften Kamelien.

In manchen Gärten zählt man

400 verschiedene Arten. Der Weihnachtsbaum

die am Portale in die Höhe geklettert sind und ihre denn die hier wohnenden Deutschen sind der alten blauen Trauben leicht im Winde schaukeln , dringt Sitte treu geblieben wird mit ihren schönsten herüber.

Ueber die hohen Mauern hängt gross-

blätteriger Epheu in wilden Ranken , in den Fugen wurzeln Farnkräuter, haben sich Moose eingenistet. Breitästige Magnolien mit köstlichen, grossen Blüten wölben ihr immergrünes Blätterdach über uns zu einem Dome. Weiss leuchten die Sterne der EukaSchönheit genannt durch das

lyptusblüten

Blüten geschmückt, die sich tagelang frisch erhalten ; ein Teppich von Kamelien bedeckt den Fuss des

Christbaumes, und Gewinde derselben Blumen zieren den Tisch mit den Festgeschenken. Und noch im Mai spendet uns der unermüdliche Baum tausende von Blüten, bis die heisser brennende Sonne sie ver

zehrt. Steif, wie aus Metall geformt , streckt hier

traubenartig herabhängendeLaubwerk . Horch, regnet die riesenhafte Kaktusstaude die starren , grünen Blätter mit dem hellgelben Saume von sich ab ; vom Ozean herüber streicht der Wind durch die keine Blume, kein Schlinggewächs hat die Unnah schmalen , schwertartigen Blätter der hohen Euka bare zu berühren gewagt. lypten und verursacht ein Klingen , wie das rieselnAber dort ist an der mächtigen Ulme ein äusserst es ? Nein , der Himmel strahlt in tiefer Bläue, aber

der Tropfen. Ob sie ihr Vaterland beweinen ? Ob der Wind Oceanien ?

feines, myrtenblätteriges Schlinggewächs hinaufge

, ihnen Grüsse bringtaus dem fernen klettert,hat sich neckend der unteren Zweige be mächtigt , sich weiter ausgedehnt, von Zweig zu

Biegsam wie eine Weide und fast tannenbaft | Zweig rankend , sich unter einander verflochten zu schlank sind die hellglänzenden , hochgewachsenen einem dichten Gewebe. Bis zum Wipfel schon Stämme , schon mit zehn Jahren die weit ältere schlingen sich die feinen Ranken um den wider

Skizzen aus Portugal .

231

standslosen Baum , ihm Luft und Licht raubend . Wie hilfeflehend streckt die Ulme dürre Aeste gen

manch junger Sänger zu finden scheint, der abends, die Mandoline oder Guitarre im Arm , unter dem

Himmel , aber die Ranken klettern ihnen nach, nehmen sie kosend gefangen ; die grünen Arme töten

Balkon seiner Angebeteten steht und Liebesseufzer

den Baum , aber sie töten aus Liebe. Dicht umsponnen, ragt er kaum noch aus seinem Sarge , in den er lebend begraben , hervor. Rotdorn und Goldregen lassen dort ihre rosenfarbenen und gelben Blüten in einander schweben ;

hinaufsendet. Aber der Volkswitz übt seinen gut mütigen Spott an ihnen : » Patient« nennt man einen solchen Nachtwandler, und zeigt sich etwa die Be sungene auf dem Balkon, so spricht man von »zwei Patienten

Doch wir werden vielleicht noch Gelegenheit

spanischer Flieder nickt in schweren Trauben dar-

haben , die nähere Bekanntschaft solcher Patienten

über ; Klematisranken und wilde Röschen durch-

flechten das undurchdringliche Blättergewinde, ranken

zu machen , wenn wir uns aus dem portugiesischen Garten im Mai zu einem portugiesischen Badeorte

sich an den Balkons in die Höhe, hängen sich an

im August und September wenden . Es ist wahr,

die Vorsprünge des Mauerwerkes und wiegen anmutig ihre Blüten im dufterfüllten Winde.

hört sie gar nicht auf , man badet selbst im Dezember

die Badesaison beginnt schon früher, ja für manche

Sehen wir dort Blumenbeete auf dem Dache? und Januar, aber die eigentliche Saison , der Land Keine menschliche Hand hat sie gesät, die brennen-

aufenthalt fängt erst mit dem August an. Eines der beliebtesten Seebäder ist Foz (Fosch , Pelargonien, die sich , als hätten sie nicht Platz und d. i. Mündung) , an der Mündung des Douro ge Luft genug im Garten gefunden, da oben hinauf legen ; aber nicht jeder kann die dortigen Bäder ver geflüchtet haben , üppig wuchernd, als wollten sie tragen , denn die Strömung ist hier so stark und die

den Granaten , den blauen Heliotrop, die vielfarbigen

ein zweites Dornröschenheim hervorzaubern . Wild,

Brandung wegen der vielen hohen Felsen so heftig,

wie Unkraut, wächst hier eben alles, was im Nor-

dass man sich oft, trotz der starken Taue , nicht

den mühsam gepflegt im Beete steht.

gegen die Gewalt der heranbrausenden Wellen wehren

Doch , wir sind ja auch im Lande , wo

im

kann. Selbst bei kräftigen Naturen wirken die Bäder

dunkeln Laub die Goldorangen glühn « ; siehe , da

anfangs erschlaffend.

schimmert es in der That leuchtend goldgelb von den Zweigen . Köstlich duftend hängen Citronen und Orangen vor unseren Augen , fallen uns über

Eine halbe Stunde stromaufwärts liegt Porto am rechten Ufer des Douro , mit der gegenüber liegenden Stadt Villanova durch mehrere, zum Teil

reich zu Füssen .

Aber brachte man nicht schon

sehr schöne Brücken verbunden .

Die Ufer fallen

im Dezember Orangen zu Markte ? Allerdings, aber der gesegnete Boden bringt zu allen Jahreszeiten gleichzeitig Blüten und Früchte hervor. Süss berauschend duftet es unter dem Orangenbaume ; das

steil, oft senkrecht zum Flusse ab ; meistens sind es hoch aufstrebende Urgebirgs-Felsen, weshalb der Granit allgemeines Baumaterial ist. Auch die Stadt steigt terrassenförmig die Berge hinauf, die meisten Strassen

sind nicht die Früchte; während unten die goldgelbe

sind daher sehr steil. In einigen hat man eine Zahnradbahn anlegen müssen , um die Pferdebahn

reife Frucht hängt, finden wir höher hinauf kleine, grüne Früchte und die oberen Zweige sind bedeckt

wagen befördern zu können , denn sonst wären selbst

oft spannt man deren neun

mit den weissen Blütensternen . Und dort der Tan-

die vielen Maultiere

gerinen- oder Limettenbaum , sie zeigen uns dasselbe Wunder. Schattige Weingänge führen uns zum Springbrunnen , schmale, vierkantige Granitsäulen tragen das Rebendach , man sieht, dass der Granit hier nichts kostet , überall sieht man ihn in dieser Weise verwandt. Weisse Kallablüten spiegeln sich träumend in der leicht gekräuselten Wasser-

vor einen Wagen - nicht im stande gewesen , die

selben die Berge hinaufzuziehen. Uebrigens ist die Trambahn noch nicht so sehr alten Datums , und

noch heute vertrauen sich ältere , nervöse oder be sonders konservative Personen nicht diesem

neu

modischen Gefährt an , sondern lassen sich durch die alte , treue Sänfte befördern , deren schaukelnde

fläche, aufder Lotosblumen ruhen ; wuchernde Kresse Bewegung einen unparteiischen Zuschauer indessen drängt sich zwischen die Ritzen des Bassins , an dessen Rande die Libelle mit blauen , durchsichtigen

schon vom blossen Ansehen seekrank machen könnte.

Flügeln einsam schwebt ; doch nein , nicht einsam ,

schwunden, und diese edlen Horntiere sind gänzlich

denn huschen dort nicht flinke, grüngoldene Lazerten durch das Gras, eiligst fliehend bei unserem Näher-

an den Lastkarren verbannt, den sie mit geduldiger Langsamkeit befördern . Man kann öfter sehen , wie

kommen ? Und doch verweilen sie wie verzaubert,

kleine Mädchen , trotz ihrer acht oder zehn Jahre,

Dagegen sind die Ochsenkarossen jetzt ziemlich ver

wenn ein Vogel laut schmetternd zu singen be- mit grösster Wichtigkeit und Würde die gewaltigen ginnt. Tiere regieren, während der eigentliche Führer lang Der Abend bricht schnell herein und mit der sam mit einer Cigarre hinterdrein schlendert, mit strahlenden Pracht der Sterne am tiefdunkeln Him- einem Bekannten plaudernd. In blossen Füssen , aber mel erscheint die Zeit der Ständchen ; bald hier, mit langen , goldenen Ohrringen , die die Achseln

bald dort hört man Musik. Mai , Rosen , Musik, Liebe , das sind ja verwandte Begriffe, was auch

des verschossenen Samtjäckchens streifen und einem grossen goldenen Kreuz an gleicher Kette geschmückt,

Skizzen aus Portugal .

232

führen sie mit der Linken einen Ochsen am Horn ,

nösen Namen : Quebra as costos , Brich den Rücken ;

während die Rechte mit gleicher Grazie abwechselnd den Treibstock und – den Fächer handhabt , eine Vereinigung, wie sie in Deutschland wohl nicht so leicht vorkommt; so geht's mit unfehlbarer Sicherheit bergauf, bergab. Eigentümlich primitiv ist die Form dieser zweiräderigen Ochsenkarren , die wohl noch aus der Römerzeit stammen mag, und seltsamer-

wer da noch nicht gewarnt ist , dem ist nicht zu helfen . Eine andere, nicht weniger halsbrecherische

weise werden die massiven hölzernen Räder und

und wenn sie nicht selbst das Paradies vorstellen

Achsen mit Zitronensaft eingerieben , so dass sie ein geradezu desperates Gekreisch erheben , – vielleicht

soll , so kann sie doch jedenfalls dahin führen, denn der Weg ist nicht nur äusserst schmal, sondern auch

um den langsamen Schritt der Zugtiere etwas zu beschleunigen . In früheren Zeiten muss es sich recht patriar-

steinig und schmutzig , wenn nicht ein portugiesi scher Regentag dieselbe gewaschen hat ; dann passiert

chalisch ausgenommen haben, wenn solch ehrwürdige Familienkarosse, von starkknochigen , mächtig ge-

Fluss, in den sie dadurch verwandelt ist, zwingt den Fussgänger zu wahrhaft gigantischen Sprüngen.

hörnten Ochsen in bedächtigem Schritte gezogen, die ungeduldige tanzlustige Jugend zum Balle gefahren hat. Erst seit zwölf oder fünfzehn Jahren sind diese edlen Zugtiere gänzlich dem Lastwagen

Noch enger und finsterer als diese Gassen sind

überlassen worden und man verwendet für das Luxus-

Strasse heisstdagegen Sammtstrasse, Rua do Velludo, und da geht's denn auch recht sänftiglich mit Holter Gepolter über Hals und Kopf in mächtigen Sprüngen über die » sammtnen « grossen Granitblöcke hinweg .

Rua do Paraigo , Paradiesstrasse, heisst eine andere,

man sie allerdings schneller, als erwünscht, denn der

indessen die sogen . Ilhas , Inseln, welche sich wie ein langer Hinterhof in schmalen Zeilen hinter den Strassen erstrecken, mit einem Ausgang auf dieselben , und welche die übelriechenden, ölduftenden Nieder

fuhrwesen Pferde und besonders Maultiere, welche, lassungen einer schmutzigen Bevölkerung bilden , trotz ihres feinen Knochenbaues, mit bewunderungswürdiger Kraft und Ausdauer die Schwierigkeiten des so sehr unebenen Terrains überwinden .

Wie jede grosse Stadt, so hat auch Porto manche

deren Körper selten mit einem Tropfen Wasser in Berührung kommen , und deren struppige Haare wohl nie die Bekanntschaft von Kamm und Bürste ge

macht.

Gallegos , Wasserträger , Fischer wohnen

schöne, breite Strassen , die sogar durch gelegent- hier, auch wohl Räuber, denn dies Handwerk ist liches Fegen einigermaassen sauber gehalten werden ;

hier gewissermaassen privilegiert und lebt, sofern es

bei solchen mit bedeutendem Ochsenverkehre gibt selbst die Obrigkeit nur unbehelligt lässt , mit der man die Reinhaltung derselben

indessen von vornherein als erfolglos auf. Die Rua de Sao Joào, welche,

selben in tiefstem Frieden .

von der Ribeira , dem Hafen , in die Stadt führend,

den grössten Ochsenverkehr hat , würde als frucht-

hütten sehen ; sie sind in den lebendigen Fels hinein gehauen , bestehen meistens nur aus einem Raume,

barster Ackerboden verwertet werden können , denn

höchstens zwei , die Löcher statt der Fenster und

Am Fluss kann man höchst seltsame Fischer

die von diesen Tieren daselbst zurückgelassenen die denkbar einfachste Thür besitzen . Ueber diesen Spuren werden einfach dadurch vertilgt , dass man sie in den ungepflasterten Boden einstampft. Welch

Felsenlöchern läuft eine Strasse hin , an der sich dann wieder eine Reihe solcher Wohnungen be

eine Wohlthat für diese Strassen und die grosse An-

findet und so geht es fort, oft eine ganze Anzahl

zahl enger, steil abfallender Gassen ein gründlicher über einander, was von von Regenguss ist, kann man sich denken , doch macht

man sich schwerlich einen Begriff davon , welche

unten aus einen höchst

eigentümlichen Anblick gewährt . In ähnlicher Weise findet man indessen auch grosse Häuser erbaut , deren

Wassermassen solch tropischer Regen herabzugiessen

Entstehung zu verfolgen ausserordentlich interessant

Dachrinnen gibt es nur vereinzelt , dann

ist. Während man in Deutschland oft jahrelang an

aber mit einer trompetenartigen Oeffnung in der

einem soliden Wohnhause baut, sieht man hier ganze

Mitte , aus der das angesammelte Wasser , einem

Häuserreihen wie Pilze aus der Erde schiessen . Aller

vermag

Wasserfalle gleich, auf den Vorübergehenden herab- dings besteht nur die Vorderwand aus Mauerwerk, stürzt. Selbstverständlich schützen bei solchen natürlichen und künstlichen Güssen keinerlei Vorkehrungen

vor dem gänzlichen Durchnässtwerden . Niemand braucht indessen diese steilen Gassen ,

während Seiten- und Hinterwände aus dem natürlichen

Felsen gebildet werden . Dies gilt besonders von den Häusern am Flusse , zu dem zwar die Felsen steil , oft senkrecht abfallen , aber doch eine Menge kleinerer

in die kaum jemals ein Sonnenstrahl dringt , unge- und grösserer Häuser tragen , die wie Vogelnester warnt zu betreten , denn , falls nicht ein widriges, an und auf ihnen kleben . Man sieht eine Anzahl

allerdings nicht seltenes , Ungefähr das Schild ab-

barfüssiger Arbeiter beschäftigt, mit Spitzhacken den

gerissen oder unleserlich gemacht hat, so trägt sie

harten Granit zu bearbeiten .

schon in ihrem

Namen ihre besonderen Kenn-

stehen sie auf schmalen Felsvorsprüngen, nach oben

zeichen « an der Stirn , Rua dos Ombras, was wir

steigt die Wand senkrecht auf , nach unten schauen sie in einen Abgrund hinab und dabei sind sie un

Strasse der Schatten oder , in weniger erhabenem Stile , » Dunkelgasse « nennen würden ; Escados da Sé , Kirchentreppen ; oder wir lesen gar den omi-

In ansehnlicher Höhe

ermüdet thätig , den Boden unter ihren Füssen zu entfernen , so dass man stets fürchtet, sie herab

Atjih und die Holländer.

233

stürzen zu sehen. Ueber ihren Köpfen zieht sich ; Korb Wäsche , Fische, Gemüse, kurz alles wird auf dann eine andere Strasse hin, deren Untergrund der diese Weise befördert. Wem Schuhe oder Pantoffeln darunter liegenden als Rückwand dient. Die Häuser an den Füssen unbequem werden , der zieht sie aus

selbst sind meistens schmal, enthalten oft nur die

und trägt sie auf dem Kopfe, ja nicht selten tragen

Tiefe eines Zimmers und selbstverständlich nur einen

die Mütter ihre Sprösslinge auf diese Weise, und der

Ausgang auf die Strasse. Auf allen Seiten in den

junge Erdenbürger schaut von seiner Höhe ganz be

Granit eingelassen , würden sie unter ewiger Nässe zu leiden haben , hätte man nicht dem abzuhelfen gesucht, indem man die Aussenwände mit Kacheln

haglich auf das Gewühl unter ihm herab. Oefters kann man auch Frauen sehen , die

schnellen Schrittes die Strassen durcheilen, auf dem

bekleidete, die, meist hübsch und geschmackvoll ge- Kopfe eine Art flacher Kasten tragend, mit Blumen und Spitzenwerk zugedeckt. Anfangs glaubte ich,

wählt , nur selten grellfarbige Zusammenstellungen zeigen , immer aber an orientalischen Geschmack

erinnern . Ich sah diese bunten, mit blauen, gelben, >

grünen Kacheln bekleideten Häuser zuerst am Hafen

von Lissabon, wo ich , vom Dampfer aus, trunkenen Blickes den majestätischen Anblick der »Marmorstadt« gleichsam einsog. Dort steigen die weissen Marmorpaläste amphitheatralisch aus den blauen Fluten des Tejo auf, untermischt mit jenen oben

erwähnten bunten Häusern , einen zauberhaften An-

blick gewährend ; fast erscheinen sie zu blendend mit den weiss angestrichenen , wie beschneit aussehenden Dächern , welche die Sonnenstrahlen ungeschwächt zurückwerfen .

es seien mit Blumen verzierte Kuchen, die vielleicht jemand zu seinem Namenstage verehrt würden, doch erfuhr ich bald , dass in diesen sehr flachen , oben offenen Kästen die Kinder der Leute aus dem Volke

bestattet würden , nur mit einem leichten Stoffe und Blumen bedeckt , unter denen man oft das wachs bleiche Gesichtchen hervorschimmern sieht.

Es ist eine seltsame und kaum glaubliche Er scheinung in Portugal, dass um Kinder gar nicht

getrauert wird . Wenn wir als Christen nun auch nicht trauern sollten, so sind wir als Menschen doch nicht im stande, unser Schmerzgefühl zu unterdrücken . In Portugal aber herrscht nicht nur keine Trauer,

Wenden wir uns nun dem Leben und Treiben sondern Freunde und Verwandte eilen glückwün auf der Strasse zu , das ebenso überraschend für schend herbei, denn nun hat die Familie doch einen unser nordisches Auge , wie interessant ist. Stets | Angelo im Himmel, der für sie betet. Ich glaube

herrscht ein lebhaftes Gedränge; Verkäufer aller

keineswegs , dass die armen portugiesischen Mütter

Arten von Waren winden sich durch das Gewühl, mit mehr oder weniger melodischer Stimme und in

weniger Schmerz empfinden , aber sie dürfen ihn nicht zeigen ; mit lächelnder Miene müssen sie die

eigentümlich singendem Tonfall die Lebensmittel und

Glückwünsche anhören, während ihr gramzerrissenes

Erfrischungen anpreisend, welche sie feilhalten . An

Herz blutet.

den unzähligen Festtagen besuchen Bauern aus der Umgegend in ihren eigentümlichen, hübschen Trach ten die Kirchen , deren es viele und sehr schöne

Atjih und die Holländer.

gibt ; zur Feier des Tages haben die Frauen noch

Von A. Prell (Amsterdam ).

ein paar Röcke mehr als gewöhnlich angezogen , die , alle von verschiedener Farbe und abgestufter

Eines der vielen Wörter, die ihrer Bedeutung in eklatanter Weise Hohn sprechen , ist der Name

Länge , ihnen fast das Aussehen einer Kugel verleihen . Ein Vermögen tragen sie in Schmuck an

Atjih , d. h. Stätte des Friedens.

sich ; bis auf die Schultern herab hängen Ohrringe von feinster Filigranarbeit , oft mit edlen Steinen geschmückt ; nicht selten tragen sie mehrere Paare

Soweit die Ge

schichtsforschung zurückreicht, also ungefähr bis zum 13. Jahrhundert, in welchem der Venetianer Marco Polo und nach ihm der Franziskanermönch Odorico von Pordenone Asien und seine Inseln bereisten

über einander ; um den Hals schlingt sich eine massiv

und ihre Erlebnisse in Urkunden der Nachwelt über

goldene Kette , deren Glieder denen einer soliden

lieferten, liest man von blutigen Kämpfen, welche die

deutschen Kuhkette kaum etwas nachgeben , daran

Atjinesen mit den Nachbarreichen Pedir und Pasei

hängt gewöhnlich ein Herz in ziemlich natürlicher

Es gibt dort keine

führten . Trotz der Hilfe, die Portugal nach seinem Auftreten im Jahre 1498 den Pediresen und Paseiern angedeihen liess , wurden diese durch die Atjinesen

Sparkassen , wie bei uns, und so legen die Leute

bezwungen ; die Portugiesen selbst flüchteten , und

Grösse ; das Gewicht der Goldlast erscheint oft fast

zu schwer für die Trägerin .

ihre Ersparnisse in Schmuck an , um jene immer bei

das Kreuz Christi, vor kurzem in den Küstenstaaten

sich zu haben, wenn sie das Haus verlassen , da man

errichtet, musste wiederum dem Koran weichen .

nicht gewohnt ist , viele verschliessbare Behältnisse zu besitzen.

Sehr auffallend erscheint uns die fast majestä-

Im Laufe des 16. Jahrhunderts gelangte Atjih zur höchsten Blüte .

Gesandtschaften vieler Nationen

knieten vor Sultan Ibrahims Thron . Doch dieser,

tische Haltung aller Leute aus dem Volke , eine falsch und treulos , der Typus seines Stammes , be Folge der Sitte, alles auf dem Kopfe zu tragen . Der schämte durch seine Doppelzüngigkeit die ersten Gallego balanciert seinen Krug Wasser mit unfehl- | Diplomaten der damaligen Zeit ; er schloss mit allen barer Sicherheit auf dem Kopfe, die Wäscherin ihren | Verträge, hielt sich jedoch nicht an die Ausführung

Atjih und die Holländer.

234

derselben. Dies konnte er ungestraft thun , denn

von deren Flächeninhalt es ungefähr 920 Quadrat

seinem Winke folgten 50000 wohlbewaffnete Krieger ; meilen für sich beansprucht. Die West-, Nord- und Hunderte, zu Kriegszwecken abgerichtete Elefanten

Ostküste werden vom Meere bespült , während im

prunkten auf den Schaustellungen zu Ehren der frem- Süden sich das Samalanga- und Pedir-Daholi-Gebirge den Gesandten und 2000 (?) metallene Kanonen ),

durch das ganze Land und noch über die Grenzen

teils von den Portugiesen erbeutet, teils Geschenke

hinaus in die Nachbarreiche Terumon, Singkel, Lan

europäischer Herrscher, drohten an den Wällen des

kat, Balu-Tjina u. a . erstreckt.

unüberwindlichen Kraton ) , in dessen Innerem sich der Sultan inmitten seiner 3000 Frauen ergötzte .

die Küsten und die Tiefebene, in welcher seit dem

Der Uebermut der späteren Sultane kannte keine

Jahre 1873 die holländischen Truppen operierten .

Grenzen . Dies bekamen die Holländer zu fühlen ,

Der Wasserreichtum dortselbst steht nicht im Ver hältnis zu dem der übrigen Inseln des Archipels.

welche die gefährliche Bekanntschaft, unter der sie auch

Die Kenntnis des Landes beschränkt sich auf

jetzt noch zu leiden haben , im Jahre 1589 anknüpften .

Der Lauf der Flüsse ist zu kurz und die Mündungen

Die berühmten Seefahrer Gebrüder Houtman waren

sind zu seicht, als dass Kriegsschiffe oder selbst nur schwerbeladene Prauen sie passieren könnten . Der Rivier von Atjih , der in der Kriegsgeschichte eine

zu jener Zeit an Atjihs Küste gelandet, um Pfeffer einzuhandeln . Auf Anstiften der für ihren Alleinhandel besorgten Portugiesen liess der Sultan wäh-

Rolle spielt , die Riviere von Pedir, Burong, Ajer

rend eines Besuches, den sein Sjahbandar ) den hol-

Labu , Pasangan , Samoi und der Langsa sind so

ländischen Schiffen brachte, der Besatzung betäubende

ziemlich die bedeutendsten unter ihnen . Die Frucht

Getränke reichen . In dem Blutbade, das nun folgte, kamen viele Holländer , aber auch der Sjahbandar

barkeit des Tieflandes ist eine selbst in tropischen Ländern ungekannt reiche. Neben dem Pfeffer, diesem vielbegehrten Produkt, bilden Kampfer, Harz, Gummi, Benzoë u . s. w . die Hauptausfuhrartikel..

und sein Gefolge um . Die heroische That Frederik

Houtmans , der, mit noch einigen Führern gefangen, danach vom Sultan an Bord der gut verteidigten holländischen Schiffe gesandt , um das grösste derselben als Lösegeld für sich und seine Genossen zu

Von Mineralien werden Gold und namentlich Zinn in grossen Mengen gefunden.

fordern , ein zweiter Regulus , freiwillig in die Ge-

Gerade in diesem natürlichen Reichtum des Landes ist sein Verfall zu suchen . Wie bereits er

fangenschaft zurückkehrte, nachdem er seinen Kame-

wähnt, wurden die kolonisierenden Mächte dadurch

raden von diesem Schritte abgeraten hatte, füllt eine

angelockt. Die Unsummen, die sie für die Produkte

schöne Blattseite der holländischen Geschichte.

hingaben, steigerten den Hochmut der Sultane, die,

Wie ein roter Faden läuft von jener Zeit an durch die Geschichte Atjihs eine ununterbrochene Reihe von Kämpfen mit der Kriegsmacht der ost-

währende Kriege mit den Nachbarvölkern führten. War kein äusserer Feind zu bekämpfen, so be

in der Sucht , ihr Machtgebiet auszubreiten , fort

indischen Compagnie. Waren es ursprünglich die

fehdeten sich die Häuptlinge unter einander. Die

Portugiesen, welche die Sultane gegen die Holländer

Eifersucht der Reichsgrossen am Hofe des Sultans

gestützt hatten, so traten im Jahre 1786 die Engländer und das unbezwingbare Unabhängigkeitsgefühl der an ihre Stelle. Mit dem Besitze Pulu -Pinangs und

Panglimas (Oberhäupter verschiedener Dörfer), die

Malakkas übten letztere einen bedeutenden Druck auf den Handel mit der Nordküste Sumatras aus.

den Befehlen des Sultans zum Trotze , doch stets

Pinang ist mit der Zeit die eiternde Wunde an jenem holländischen Inselkörper geworden . Dorthin führten ,> bis die noch bestehende Blockade sie hin-

derte, die Atjinesen ihre Produkte und tauschten sie gegen Waffen, Munition, Opium und blanke Dollars um. Von dorten erhielten sie neue Kanonen, nachdem die alten von den Holländern erbeutet worden

nach eigenem Gutdünken handelten , gaben hierzu genügende Anleitung. So kam es denn, dass im Beginne des 19. Jahrhunderts die Einwohnerzahl bis auf ungefähr 350000 Seelen zurückgegangen war. In seiner äusseren Erscheinung macht der At jinese keinen üblen Eindruck .

Von viel höherem

Wuchse und dunklerer Farbe , als die übrigen Ma layen , unterscheidet er sich von diesen auch noch

waren ; Repetiergewehre und Dynamit verdanken sie durch seinen muskulösen Körperbau . Ueber seine ebenfalls dem Handelsgeiste der englischen Bevölke- Abstammung zerbrechen sich die Gelehrten seit langem die Köpfe. Einige glauben , er sei eine rung Pinangs.

Bevor ich nun zur Schilderung der Umstände,

Kreuzung zwischen Siamesen und Malayen , andere

unter welchen die Holländer zu einem aggresiven

wieder wollen Aehnlichkeit mit Klings (Festland

Vorgehen gegen die Atjinesen gezwungen wurden , Indern ), Mauren , ja selbst Chinesen entdecken. Jeden übergehe, ist es nötig, eine kurze geographische und

falls ist es merkwürdig, wie scharf sich die Rasse

ethnographische Uebersicht des Landes zu geben . von den benachbarten Gajus und Battahs abgrenzt. Atjih bildet den nördlichen Teil der Insel Sumatra, Seine Kleidung zeigt dieselbe Naturwüchsigkeit 1) Sehr schöne ciselierte Kanonenrohre und andere Kriegs trophäen sind im Invalidenhause Bronbeek bei Arnhem zu sehen. Residenz des Sultans . 2) Kraton

3) Handelsminister.

als die anderer Tropenbewohner. Bis zum 13. Lebens jahre geht er völlig nackt. Nach der Beschneidung bekleidet er sich , je nach seinen Mitteln , mit einein baumwollenen oder seidenen Rocke, der mittelst eines

Atjih und die Holländer.

Bandes um die Hüften befestigt ist. Unter diesem

235

trägt er die „ Seluar Atjih « , eine seidene Hose, die

politik des Landes , die eine ganz bedeutende ist, oder vielmehr war , bis der Krieg mit den Hollän

Der Oberkörper bleibt

dern dem Handel ein Endemachte. Vor dieser Periode

bis an die Kniee reicht.

nackt ; nur in Ausnahmefällen , z. B. bei Festlich-

waren die Stämme verpflichtet, ihre Ernten dem

keiten , schmückt er sich mit einer seidenen Jacke

Sultan abzuliefern , der eine gewisse , sehr niedrige,

(Badju). Die Kopjah, ein kleines Mützchen , an

Taxe dafür entrichtete und den Preis, den Käufern

welchem ein seidener oder baumwollener Lappen

gegenüber, nach Willkür erhöhte. Dieses Regierungs

turbanförmig befestigt ist, vollendet die Tracht . Die der Weiber ist genau dieselbe , nur die Mütze fällt weg, und an ihre Stelle tritt beim Verlassen der Wohnung ein Kopftuch .

system ist so alt , als die Geschichtsquellen zurück

Die Hauptwaffebildet der Klewang , ein Schwert, das vom Griffe nach der Spitze zu breit verläuft. Dieser Waffe wissen sich die Eingeborenen meisterhaft zu bedienen . Glatt durchgeschlagene Gewehrläufe, die in verschiedenen holländischen Museen zu sehen sind, zeugen von der Kraft und Gewandtheit des Trägers. Im Anfange des Krieges führten viele

reichen .

Anknüpfend an die geschichtliche Uebersicht sei erwähnt , dass England , sowohl zur Zeit der batavischen Republik , als unter der Regierung Ludwig

Napoleons , den Holländern eine Kolonie nach der anderen wegnahm , deren Besitz letztere erst im Jahre

1814 wiedererlangten. Auch über Atjih übten die Engländer eine Art Vormundschaft aus, in welches Verhältnis auch der Traktat vom Jahre 1824 , wo

durch England Singapore und Malakka erhielt, wenig

Krieger sogenannte Donnerbüchsen mit faustgrossen

Aenderung brachte. Im Gegenteil, durch eine Klausel

Mündungen, die sie mit Kugeln, in denen Porzellan-

dieses Meisterwerkes englischer Diplomatie wurden

und Glassplitter eingegossen waren , vollstopften ;

Hollands Hände bezüglich Atjihs völlig gebunden.

jetzt sind zum grossen Teil erbeutete Beaumontgewehre oder englische Repetiergewehre an ihre

Die Niederlande hatten sich verpflichtet, die See räuberei in den atjinesischen Gewässern zu zügeln,

Stelle getreten. Im Handgemenge spielt auch der jedoch gleichzeitig eingewilligt, sich auf Sumátra Kris (Dolch) eine Hauptrolle. Lanzen und Schilde haben die Atjinesen abgelegt , da ihnen die Ueberlegenheit der Bajonette einleuchtete. Dass sie zahl-

reiche Kanonen und Lilas ( Feldschlangen ) besitzen, wurde bereits erwähnt.

Jeder Kampong (Dorf) bildet eine kleine Festung für sich . Gewöhnlich ist er von einem

nicht weiter auszudehnen. Auf welche Weise sollte

das Reich nun seinen Verpflichtungen nachkommen ,

da Atjih nicht im Bereiche seiner Machtsphäre lag ? Die Atjinesen wussten dies und höhnten nun die Holländer bei jeder Gelegenheit . Ihre Frechheit ging so weit, dass sie im Jahre 1831 ein amerikanisches

Zaune (Pagar) oder Wall, mit Bambu -duri (stach-

Schiff, » Friendship «, überfielen und die Besatzung ermordeten. Holland war ohnmächtig , den über

lige Bambussorte) bepflanzt, umgeben ; seitdem je-

mütigen Sultan zu züchtigen . So sah sich denn die

doch holländische Deserteure im

amerikanische Regierung gezwungen , selbst handelnd aufzutreten. Sie sandte zwei Kriegsschiffe nach Quala

Lande weilen,

worunter Geniesoldaten , stösst man häufig auf Befestigungen , die genau nach europäischem Muster angelegt sind . Dahinter liegen die auf Pfählen erbauten , mit Atap ( Palmblättern ) gedeckten Holz-

>

Batu , die diesen Ort dem Boden gleich machten . Im Jahre 1836 wurde der mit Silberbarren befrachtete Gouvernementsschooner » Dolphyn « geplündert , im

häuser, die in einen Pendoppo (Galerie) und zwei

Jahre 1851 das neapolitanische Handelsschiff »Cle

ineinander laufende , von Schmutz starrende Kam-

mentia« und 1852 der englische Schooner »Conry

mern geteilt sind. Ein paar einfach geflochtene Matten, als Lagerstätte dienend , und einige Pfannen

raubung der Sultan mit Bestimmtheit überführt wer

für die Bereitung der Speisen , bestehend in Reis,

den konnte .

Gemüsen und Fischen – Fleisch wird nur bei fest-

bilden den ganzen

kleinerer Segelschiffe, die in den atjinesischen Ge wässern spurlos verschwanden . Trotz dieser unhalt baren Zustände machte die holländische Regierung

Jeder Kampong besitzt einen Häuptling. Dieser steht unter den Befehlen des Panghulu , der wiederum dem Panglima, auch Tuwanku, d . h . dem Ober-

werk zu legen . Erst im Jahre 1855 wurde Kapitän lieutenant Coerier dit Dubekart , Kommandant des

häuptling über eine Anzahl Kampongs

Mukim

Kriegsschiffes » Haai«, hingesandt mit der Weisung,

oder Sagis genannt - zu gehorchen hat. Solcher Mukims zählt man in ganz Atjih drei, nämlich die XXII, XXV und XXVI, so genannt nach der An-

dem Sultan die freundschaftlichen Versiche

lichen Gelegenheiten gegessen Hausrat.

Castle « .

Dies waren allein die Schiffe , deren Be Zahllos war die Anzahl Prauen und

noch immer keine Anstalten , dem Sultan das Hand

rungen der indischen Regierung zu überbringen . Da aber diesem Offizier durch den Gouverneur keine

zahl Kampongs, die sie auf sich vereinigen ; ausser- offizielle Beglaubigung mitgegeben worden war, hatte dem noch die beiden Medjid Raja zu beiden Ufern die Sendung eine ganz entgegengesetzte Wirkung. des Atjihriviers und die Mukim Longbatta , Pager Ajer und Lamsajun. Die Panglimas empfangen die

Der Sultan zeigte sich sehr aufgebracht über diesen Verstoss gegen die herkömmliche Etiquette ; nicht

Befehle des Sultans durch den Perdana Mantri oder

viel fehlte und die Gesandtschaft hätte das Los

Reichsverweser. Der Sjahbandar leitet die Handels-

früherer Gesandtschaften geteilt, d . h . wäre ermordet

236

Atjih und die Holländer.

worden. Denselben Fehler beging das Gouvernement | weise ging selbst über die Langmut des indischen im darauffolgenden Jahr, als das Kriegsschiff »Prinz

Frederik der Nederlanden « unter Befehl des Kapitäns Spanjaard hingesandt wurde.

chIndië« Gouvernements. Der Vizepräsident des » Raad van e , Nieuwenhuyzen , reiste persönlich nach

Diesmal hatte je-

doch der Gouverneur von Sumátras Westküste aus

Atjih und forderte Erklärungen . Als diese in der bekannten lügenhaften Weise gegeben wurden, folgte

eigener Initiative Briefe für den Sultan mitgegeben, die Kriegserklärung am 22. März 1873. Hatte die welche viel dazu beitrugen , das Verhältnis einiger- Diplomatie und Bureaukratie sich bis zu diesem maassen erträglich zu machen.

Wirklich ernst ge- | Zeitpunkt nicht durch besondere Fähigkeiten aus

meinte Verhandlungen wurden jedoch erst im Jahre gezeichnet , einen Sieg erfochten sie doch , nämlich >

1857, also 33 Jahre nach Stipulierung des Londoner

den, ihre militärischen Kollegen wenigstens für kurze

Traktats , durch den Generalmajor van Swieten gepflogen . Diesem gelang es , den Sultan zur Annahme eines Friedens- und Handelstraktates zu be-

Zeit vor den Augen der Welt in ein schiefes Licht

wegen , welcher Akt im darauffolgenden Jahre feierlichst vollzogen wurde. Kaum drei Jahre später jedoch

ging , um sich das Urteil subalterner Offiziere des Beurlaubtenstandes bezüglich der Zusammenstellung

war das indische Gouvernement schon wieder gezwungen, den Sultan wegen Beraubung einiger Schiffe

einer kleinen Expeditionskolonne zu verschaffen . Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und einiges

aus Priaman zur Rechenschaft zu ziehen. Die Inter-

Studium der Geschichte Atjihs hätten den gelehrten Herren denn doch zur Evidenz beweisen müssen,

pellation hatte keinen Erfolg. Der Sultan liess selbst Kota Para, eine Befestigung, auf deren Wällen die holländische Trikolore wehte, durch seine Truppen

beschiessen , ein Vorgehen, das er mit der Behaup-

gestellt zu haben. Es ist längst kein Geheimnis mehr , auf welche Weise die Regierung zu Werke

dass dieses immer noch mächtige Reich nicht durch eine Handvoll Truppen zu bezwingen war. Zwölf Tage nur Tage nur – vom 5. bis 17. April 1873 – dauerte

die Expedition ; dann kehrten die Truppen, die sich hätten Zahlung geweigert. In Nias , -bekannt durch vorzüglich geschlagen und ihren Anführer, General

tung verteidigte , die tributpflichtigen Einwohner seine schönen Frauen, raubte er die Einwohner, obgleich sie unter holländischer Aegide standen . Nicht

nahme eines taktischen Fehlers : das Verlassen des

major Köhler , verloren hatten, zurück. Mit Aus

ein einziges Mal trat die indischeRegierung energisch

mit vielen Opfern eroberten grossen Missigit (durch

gegen solche Willkür auf. Sie liess sich auch ruhig | Priester verteidigter Tempel), der sofort wieder durch gefallen, dass Abdul Rachman , der »Sjahbandar« des Sultans , in dessen Namen nach Konstantinopel

ging , um dem Beherrscher aller Gläubigen die Sou-

die Atjinesen besetzt wurde, und dann nochmals er obert werden musste, kann den Führern kein Vor wurf gemacht werden. Dass man die Truppen nach

veränitätsrechte über Atjih anzubieten und Hilfe gegen

den Erfahrungen des deutsch -französischen Krieges

Holland zu verlangen . Der Medidjie - Orden war

noch mit Vorderladern bewaffnete, ist wiederum freilich alles, was er zu erlangen vermochte. auf die verkehrte Oekonomie der Regierung zurück Die ersten Anzeichen zu einem völligen Bruchzuführen , die lieber eine Anzahl Menschen opferte, zeigten sich im Jahre 1872 , als ein holländischer als einige Silberlinge. Der einzige praktische Nutzen Kommissär nach Atjih gesandt wurde mit der Auf- dieser ersten Expedition war die Kenntnis des Vor gabe, vom Sultan die Erlaubnis zum Errichten einiger terrains und der Küste, sowie der Kampfesweise der Leuchttürme zu erlangen . Er wurde gar nicht vor- Atjinesen . Massenentwickelungen , taktische Ueber gelassen. Kurz danach erschien der » Sjahbandar « | legenheit und strategisches Wissen helfen hier nichts. doppel Mut und Geistesgegenwart allein konnten diesen des Sultans in Riouw . Dieser aalglatte , doppel-

züngige Diplomat beschämte bei dieser Gelegenheit opiumberauschten , von ihren fanatischen Priestern seine holländischen Kollegen in ungewöhnlicher Weise. Er tischte ein Märchen von den friedlieben-

zur Tollkühnheit aufgestachelten Kriegern gegenüber in die Wagschale fallen.

den Gesinnungen des Sultans auf, schob alle Schuld an den bestehenden Verwickelungen auf den Führer der Kriegspartei, Abdul Rachman , und wusste auf

Tugenden besitze . Die zweite, doppelt so starke Expedition unter

Die indische Armee bewies , dass sie diese

diese Weise die Holländer so für sich einzunehmen, Führung der Generale van Swieten und Verspeyk dass diese ihm nicht nur reiche Geschenke für den

Sultan mitgaben , sondern auch noch einige Piraten-

landete am 9. Dezember 1873. Schon am 24. Januar 1874 konnte der Oberbefehlshaber mitteilen , dass

schiffe, die kurz vorher durch holländische Kriegs- der Kraton , das uralte Bollwerk der Sultane von schiffe genommen worden waren , auslieferten. Unter | Atjih , durch die Truppen besetzt sei. Nun folgte Vorgabe , einige wankelmütige Häuptlinge für den eine ununterbrochene Reihe von Kämpfen, die von Sultan wiedergewinnen zu wollen , in Wirklichkeit aber, um sie aufzuhetzen , segelte die Gesandtschaft die Küste entlang und begab sich nach Singapore,

der Tapferkeit und Zähigkeit der indischen Armee und der Todesverachtung der Atjinesen ein glänzen des Zeugnis ablegt. Kurz nach dem Auftreten des wo sie ihre Aufwartung bei den Vertretern ver- bekannten Generals van der Heyden, der in dem schiedener Grossmächte machte, denen sie das Pro- hitzigen Gefecht bei Samalangan den Oberbefehl

tektorat über Atjih anbot. Diese infame Handlungs- / weiter führte, obgleich ihm ein Auge ausgeschossen

Atjih und die Holländer.

237

worden war, trat der Krieg in ein Stadium , das die

Prestige sowohl an der Nordküste Sumatras, als auch

baldige Unterwerfung der Atjinesen ahnen liess .

in den Battah - Ländern ins Wanken und würde wohl

Abdul Rachman , der hervorragende Führer der atjinesischen Kriegspartei, ein Mann , der sich im

eine Katastrophe herbeigeführt haben , wenn nicht die Regierung im letzten Augenblick durch eine wirk same Blokade der ganzen Küste den atjinesischen Handel mit Penang, resp . den Engländern , lahm

Verlaufe seiner früheren Reisen mit den

Einrich-

tungen der meisten stehenden Heere Europas be-

kannt gemacht hatte, ergab sich und wurde nach gelegt hätte. Mangel an Geld , Munition und Lebens . Die ganze Tiefebene von der mitteln sollen nun vollbringen , was Waffengewalt Djeddah verbannt. Küste bis zum steilen , unzugänglichen Gebirge war nicht vermochte die Unterwerfung. Damit hat's von Eingeborenen gesäubert; diese frassen , um sich aber noch gute Weile. So lange nicht ein schnei -

eines volkstümlichen Ausdruckes zu bedienen , dem

diger Militärgouverneur mit ausgebreiteten Voll

General aus der Hand. Auf den Knieen lagen sie vor

machten auftritt , dem die Federfuchser in Batavia

ihm und bettelten um Nahrung, deren sie in den un-

nicht jeden Augenblick einen papiernen Knüppel

wirtlichen Gebirgen entbehrten ; sie erflehten von ihm die Erlaubnis,ihreKampongswieder aufbauen zu dürfen,

zwischen die Beine werfen können , ist an eine Besse rung des bestehenden Zustandes nicht zu denken.

die der General dem Boden gleich gemacht hatte,

Der stete Wechsel in diesem verantwortlichen Posten

kurzum , die Unterwerfung war eine beinahe völlige. Diese Erfolge erweckten die schlummernden Geister

stellt den Atjinesen die Schwäche des holländischen Regimes so recht vor Augen. Im Laufe zweier Jahre

der Bureaukratie . Die Helden des Schwertes sollten sich mit den Helden der Feder brüderlich in den Ruhmeskranz, den die Nation ersteren flocht, teilen .

zwei Gouverneure - Generalmajor van Thyn und Oberstlieutenant Pompe van Meerdervoort verbraucht - es ist traurig ! Ein trauriges Omen

Unter dem Vorwande, der Friede sei hergestellt und die Civilverwaltung könne dem Lande nunmehr ihre Segnungen zu Teil werden lassen , wurde der » Held von Samalangan « zurückberufen ; auch

hoff, der seit einigen Monaten diese verantwort liche Stellung übernommen hat.. In Civil- und Militärkreisen seufzt man nach den goldenen Tagen

die Truppenmacht wurde mit Rücksicht auf die schwachen Besatzungen in den übrigen Teilen des

des Regimes Karl van der Heyden. Dieser ver dienstvolle General wird wohl nie mehr zurück

für den schneidigen Draufgänger Colonel Deyker

Archipels bedeutend reduziert. Gleichzeitig erfolgte kehren, obgleich ihm schon häufig von der die Ernennung des Herrn Pruis van der Hoeven

Regierung ein Antrag gemacht worden ist.

zum Civilgouverneur. Mit rapider Schnelligkeit hatte sich die Kunde von dem Systemwechsel und den

so thüricht sein können , ihn zur Zeit seines Auf

Truppendislokationen in ganz Atjih verbreitet. Von allen Seiten strömten den aufrührerischen Häuptlingen Bewaffnete zu , die eine heillose Verwirrung in die hübsch

eingefädelten Regierungspläne brachten . Allein die Regierung liess sich nicht so schnell von den einmal gefassten Beschlüssen abbringen . Erst das offene Be-

Er ist den Verhältnissen entwachsen . Wie hatte man

tretens autokratischer Neigungen zu beschuldigen ! Die Bureaukratie wurde ja allerdings in dieser ihrer thörichten Meinung bestärkt, als die Häuptlinge ihn bei seinem Abschiede mit Geschenken überhäuften, Trauer anlegten und ihm hierdurch fürstliche Ehren er wiesen, aber diese auffallende Erscheinung hatte ihren

kenntnis des verdienstvollen CivilgouverneursLaging Grund allein in der Verehrung, der Hochachtung Tobias , in dieses Chaos könne allein schneidiger ein

Militärgouverneur Ordnung bringen, bewog die Regierung, wiederum zum früheren Regime zurückzukehren . Die Atjinesen hatten sich indessen die kopflosen Zustände sehr zu Nutzen gemacht. Innerhalb weniger Jahre wussten sie die Verhältnisse so zu

gestalten , dass die Holländer zur Aufgabe ihrer

vor dem heldenmütigen Anführer, dessen scharfes Schwert sie in manchem Gefechte gefühlt hatten . Wie gesagt, man seufzt nach Frieden, und Colo

nel Deykerhoff soll ihn bringen. Wenn nun auch das Wort Friede in seiner vollen Bedeutung

einer so streitsüchtigen Nation gegenüber nur illu sorisch ist, so kann durch Verbannung der sog. be

freundeten Hauptführer und eine energische Militär

Aussenposten gezwungen waren . Alle Forts, mit grossem Aufwande von Blut und Geld gebaut, jahrelang durch eine Handvoll Tapferer ruhmvoll verteidigt , wurden aufgegeben , und eine neue Linie, die sogen . koncentrierte Postenlinie, angelegt, die sich in einem grossen Bogen , von Kotta Pohama an der Küste , in nördlicher Richtung über Pakan Kroëng Tjut bis nach Lamith im Westen der Landungsstation Oleh -leh erstreckt. Dies geschah Mitte

grossen Verluste einigermaassen schadlos zu stellen.

des Jahres 1884. Der Spiess war nun umgedreht. Die Angreifer wurden die Angegriffenen.

jene Herren sind im Unrecht. ") Von Patriotismus

Diese Zauderpolitik aus Sparsamkeitsrücksichten kostete den Holländern Tausende von Menschenleben

und Millionen Gulden ; sie brachte das europäische

verwaltung doch ein Zustand geschaffen werden, der es wenigstens dem holländischen Handel gestattet , sich an dem natürlichen Reichtum des Landes für die

Eine solche scharfe Maassregel wird allerdings bei ge wissen Philanthropen auf grossen Widerstand stossen ; man wird viel Tiraden von gutem Recht und Vater landsliebe der Atjinesen zu hören bekommen , allein 1) Die Redaktion teilt diese Ansicht, als ob Holland » von Gottes Gnaden « Herr von Atjih wäre, durchaus nicht. So » ent nervt « kann die kurz vorher als tollkühn bezeichnete Bevölke rung doch auch nicht sein .

Geographische Mitteilungen .

238

ist bei diesem Volke keine Sprache. Es war die

und systematischer angriff, als dies bisher – bei meist

Sucht zum Wohlleben , wozu Raub und Mord die

nur gelegentlichem Verweilen in der Nähe des Berges hatte geschehen können . Es wurde am benachbarten

Mittel liefern mussten , die ihm die Waffen in die

Hand drückte. Während der kurzen Friedensperiode unter General van der Heyden und der letzten Kriegsjahre war es der Drang , den höchsten Ein fluss in dem unglücklichen Lande zu erlangen , um

Strande eine Grundlinie von 16876 Fuss abgesteckt; vom Ostende derselben aus erschien der Gipfel des Berges unter einem Elevationswinkel von 5 ° 40', vom West ende aus unter einem solchen von 5 ° 34' . Nachdem in

die Landbevölkerung aussaugen zu können, der die Häuptlinge der Kriegspartei gleichzeitig zum Kampfe

durchgeführt war, ergab sich die Höhe über dem Nor malstande des Wassers der Eis- Bay gleich 18099 Fuss =

unter sich aufstachelte. Einem solchen Volke kann man

4716,39 m . Während Russell diesen Teil der der Ex pedition übertragenen Arbeiten erledigte, bestimmten die Herren Lindenkohl und Gannett die anderen geo

keine Sympathien widmen . Dieser entnervten Nation von Opiumrauchern und Päderasten kann man allein

bekannter Weise auf diese Daten hin die Berechnung

wünschen , dass sie sich den Segnungen der Civilisation graphischen Koordinaten des St. Elias , wobei sie sich erschliesse oder aus der Reihe der Völker schwinde. Hierbei wird die indische Armee noch manches

Wort mitzusprechen haben , dieser arme Paria der stehenden Heere, der trotz der Misskennung seitens

auf ältere , aber durchaus verlässliche Beobachtungen der Küstenvermessung stützen durften. Die nördliche

Breite des Berggipfels ist danach gleich 60 ° 17' 51", die westliche Länge gleich 140 ° 55 ' 30" zu setzen.

landes, unentwegt seine Pflicht thut. Möge doch jeder,

Dieser neuen exakten Festlegung eines wichtigen geo graphischen Punktes mangelt auch nicht eine gewisse politische Bedeutung. Er befindet sich nämlich , den

bevor er sein Urteil über diese Armee zu kennen

seiner Zeit zwischen der britischen und der russischen

gibt , bedenken , dass es sich in diesem 18jährigen Guerillakriege nicht um Bekämpfung solcher Stämme handelt, die durch Blitzen eines Bajonettes zu Paaren

Regierung getroffenen Abmachungen zufolge, gerade in

der eigenen Nation und noch mehr seitens des Aus

der die Grenze zwischen Britisch - Columbia und Alaska

darstellenden Kette , und nachdem nunmehr dieses

getrieben werden, sondern um ein in Jahrhunderte letztere Territorium in den Besitz der Vereinigten Staaten

dauernden Kämpfen waffengeübtes Volk . Die ersten Elitetruppen Europas würden dort auch nicht mehr ausrichten können, als persönlicher Mut vermag, und

gelangt ist, bildet der Berg einen Grenzpfeiler der Union, zu deren Besitze er gerade noch gehört. (The National Geographic Magazine, Vol. III, S. 231 ff.)

>

diesen besitzen die Soldaten der indischen Armee, das beweist ihre Geschichte.

(Die chinesischen Religionsverhältnisse.) Mit jener tieferen Sachkunde, welche der meist auf die Oberfläche beschränkte Reisende nicht leicht erreicht,

Schwärmer für Kolonialpolitik können hieraus

wohl aber der mit allen möglichen Volkskreisen im

ersehen , dass auch langjährige Erfahrungen im Ko-

innigeren Verkehr stehende Glaubensbote, schildert der

lonisieren nicht Fehler in der Verwaltung ausschliessen . Civil- und Militärverwaltung in einem aufrührerischen Lande getrennt, müssen über kurz oder lang zu Reibungen führen . Holland hat für diese Lehre eine

frühere Missionar Charles Piton den augenblicklichen Stand der Religion im weiten Reiche . Dass das Volk im grossen und ganzen vom buddhistischen Geiste durch drungen sei, wird in Abrede gestellt ; obwohl das Land reich gesegnet ist mit Lama - Klöstern , so steht diesen doch die Volksmasse meist gleichgültig gegenüber und

Milliarde Mark bezahlt. Wenn man berücksichtigt,

dass diesem Reiche die Erfahrungen einiger Jahr hunderte zur Seite stehen , so darf man kleinere Versehen einer jugendlichen Kolonialmacht nicht mit der Goldwage wägen.

wendet sich an sie nur in kritischen Fällen, vorab beim Herannahen des Todes. Opfer, Gebete , Ceremonien verrichtet der Priester, der dazu von irgend einer Seite

beauftragt ist, und der Auftraggeber nimmt an den da durch erzielten gottgefälligen Wirkungen teil.

Dem

utilitarischen, wenig aufs Ideale gerichteten Sinn des Geographische Mitteilungen . (Lage und Höhe des Elias - Berges.) Während

Chinesen sagt unter gewöhnlichen Umständen der nüch terne Konfuzianismus mehr zu , der eigentlich weniger eine

die Position des, wie man vermutet '), höchsten Berges

Religion nach unserem Begriffe, als vielmehr ein blosser

von Nordamerika schon seit geraumer Zeit ziemlich genau war, gingen die Angaben über dessen Höhe noch sehr weit auseinander. La Pérouse hatte dieselbe 1786

Ahnenkultus ist und weder die Notwendigkeit einer Er

bloss auf 12672 Fuss ( » feet« ) geschätzt, während Ma laspin a fünf Jahre später den der Wahrheit jedenfalls weit näher kommenden Wert von 17851 Fuss gefunden hatte. Allein selbst in neuester Zeit noch differieren die

Messungen Dalls , welcher der » United States Coast and Geodetic Survey « angehörte, und J. C. Russells , den

die » National Geographic Society« entsendet hatte, um mehr denn 1400 Fuss.

Es war somit erwünscht, dass

lösung zugibt, noch auch nur das Bedürfnis nach einer solchen anregt. Konfutse soll die Frage , was nach dem Tode sein werde , als eine überflüssige , für den

Erdenmenschen. überhaupt gegenstandslose, ein für alle Mal zurückgewiesen haben . Der Taoismus suchte die Lücke , welche die älteste Nationalreligion im Herzen empfindender Menschen liess, in seiner Art auszufüllen, doch vermochten seine » Unsterblichkeitstränklein und Zauberformeln « dem nachdenkenden Volke keinen Er satz zu bieten oder doch nur in dessen untersten Schichten.

diese letztgenannte Expedition das Problem gründlicher

Die Lehre des Çaky amuni konnte denn auch nicht

1) In der That scheint der St. Elias den Orizaba an Höhe

etwa, wie man wohl geglaubt hat, im Sturme das Reich der Mitte erobern , denn die Weltentsagung passte den Genussmenschen schlecht, und namentlich die Ehelosigkeit

zu übertreffen.

Litteratur.

239

der Schamanen erregte Aergernis bei den Konfuzianern ,

die demnächst wahrscheinlich in den Sitzungsbe

welche die Fortpflanzung des Stammes als für jeden Menschen pflichtgemäss erachten. Der Einwanderung von Bud-

richten der Wiener Akademie erscheinen wird ,

erwies nun beide »Originale « als Fälschungen .

dhapriestern waren selbst unter dem der Lehre Çakyamunis so günstigen Kaiser Ming- ti ziemlich enge Schranken gezogen, und als der Buddhismus nach tausend-

der Vergleich der Handschrift mit dem altdeutschen » Schlummerliede « erweist , von Zappert selbst her.

Das Exemplar der Hof bibliothek rührt, wie u. a. auch

jährigen Kämpfen sich seine jetzige Stellung erobert

Das zweite » Original« ist in der Zeit , als das von

hatte, da war er so verändert, dogmatisch so korrum- | Zappert seiner Publikation zu Grunde gelegte Stück piert, dass die indischen Begründer der Religion ihn in für verloren galt , von anderer Seite nach dem in den dieser Gestalt wohl kaum mehr erkannt hätten . Zumal

Wiener Sitzungsber. ph.ch. Kl ., 21. Bd ., mitgeteilten litho

die Vorstellung des Nirwana hat einer sehr grobsinn-

graphierten Faksimile wohl zu gewinnsüchtigen Zwecken

lichen Gegenüberstellung von Himmel und Hölle Platz

angefertigt worden und hat weder auf die Untersuchung

*)

machen müssen, und die gottesdienstlichen Handlungen, Einfluss genommen , noch ist es für die Frage der ehemals nur Mittel zum Zwecke , sind jetzt vielfach Selbstzweck geworden. Piton ist der Ansicht , dass keines der drei vorhandenen Glaubensbekenntnisse, das

rationalistische des Konfuzius, das abergläubischmysteriöse des Lao - tse und das supernaturalistisch -verweltlichte des indischen Reformators , dem

Chinesen

mehr genüge und dass sich derselbe somit allmählich dem Christentum zugeführt sehen wird ; auffällig erscheint nur , dass der Chinese als ein » sittlich hoch-

Zappertschen Fälschung selbst von Bedeutung. Durch diese Entdeckung Dr. Schusters ist die Frage wohl endgültig entschieden, zugleich aber durch die Wieder

auffindung des verschollenen » Originales« eine neue Prüfung der Sachlage jederzeit ermöglicht. Leider wird dadurch die ohnehin so geringe Zahl älterer karto graphischer Aufzeichnungen von originalem

Ursprunge wieder um ein wichtiges Stück vermindert. (Mitteilung von Dr. Sieger in Wien .)

stehender Mensch « aufgefasst wird , denn gerade nach dieser Seite hin wissen früherere Missionare erinnern nur an Huc und Gabet recht

Gutes auszusagen .

wir

wenig

Litteratur.

( Allgemeine Missions - Zeitschrift,

( Der angeblich älteste Stadtplan von Wien. ) Für die historische Topographie , soweit die Kenntnis des mittelalterlichen Stadtbildes zu derselben gerech-

Atlas der Völkerkunde (Berghaus' Physikalischer Atlas, Abt. VII). 15 kolor. Karten in Kupferstich mit 49 Dar stellungen, bearbeitet von Dr. Georg Gerland , Professor an der Universität in Strassburg i. E. (Gotha, Justus Perthes, 1892.) Unter den hervorragenden Neuigkeiten auf ethnologischem

net werden darf, sowie für die Geschichte der Karto-

Gebiete verdient dieser von Herrn Professor Dr. Gerland in

XIX . Band, S. 118 ff.)

graphie erschien bei der Seltenheit älterer Stadt

Strassburg herausgegebene und bei Justus Perthes in Gotha

pläne die von G. Zappert entdeckte , dem 11. Jahr

verlegte Atlas für Völkerkunde in hohem Maasse Anerkennung.

hundert zugeschriebene kartographische Aufzeichnung

Das Werk wird für Ethnologen geradezu unentbehrlich werden . Jedem muss ein Atlas willkommen sein , der ihn des

eines Passauer Beamten über Wien und den dorti

zeitraubenden Nachschlagens und des Zusammentragens von Material aus dickleibigen Büchern überhebt : mit einem Blick

gen Grundbesitz seines Hochstiftes kaum weniger wichtig als für Rechts- und Kulturgeschichte. Aller-

kann man jetzt z. B. die Grenzen der betelkauenden Völker,

dings lagen Bedenken gegen die Echtheit dieses Doku-

der Stämme mit welligem , krausem Haare, die der Tättowie.

mentes vor, die dadurch verstärkt wurden, dass Jaffé Zappert als Fälscher eines » Schlummerliedes « entlarvt

rungen

hat, das hervorragende Germanisten und Historiker für echt erklärt hatten. Allein selbst Gelehrte, welche ihre

Bedenken gegen den Stadtplan verlautbarten, liessen sich doch herbei, denselben ihren Schlüssen und Theorien zu

der Hautfarbe, der Verbreitung von Tanzmasken , der

Krankheitserscheinungen , der Sintflutsagen 1. s. w. feststellen. Die Thatsache, dass ein solcher Atlas erst in jüngster Zeit er schienen ist , ist wohl auf die jahrelange mühsame Vorarbeit zurück zuführen , sowie darauf , dass die Ethnologie verhältnismässig noch eine sehr junge Wissenschaft ist .

Wohl hat man schon

Völkerkarten von einzelnen Teilen unserer Erdkugel angefertigt,

Grunde zu legen . Dazu kam , dass das in der Wiener Hofbibliothek befindliche Original des Planes bis auf die

doch ist ein Werk , das sämtliche Völkerschaften der Erde in

letzten Wochen für verschollen galt. Nunmehr hat ein junger Wiener Historiker , Dr. Richard Schuster, dessen Namen die bisherigen Zeitungsberichte über

noch nie versucht worden .

seine Entdeckung (vgl. z. B. » Münchener Allg. Zeit. «

kenne, die Korrektheit des Atlas zu prüfen. Auf Tafel I, die über Haut und Haare der Menschenrassen

Nr . 82 , Abendblatt , S. 2 ) zumeist verschweigen , die

sich schliesst , in diesem Umfange und in dieser Gründlichkeit Im folgenden will ich versuchen , bei Völkern , die ich

persönlich in ihren Ländern besucht habe und somit hinreichend

Fälschung als solche nachgewiesen ). Aus inneren Gründen von der Unechtheit des Dokumentes überzeugt, bemühte er sich auch Einsicht in das Origi-

handelt , ist die Hautfarbe bei den Bewohnern der Vancouver

nal zu gewinnen - und erhielt zu seiner Ueberraschung

Hautfarbe der Ainos ist auch dunkler als die der Nachbarvölker, der Giljaken und Golden , angegeben . Bei meinem längeren Aufenthalt in jenen Gegenden habe ich nirgends einen wesent

nicht nur das verschollene » Originals selbst , sondern gleichzeitig ein zweites ! Das erstere wurde auf seine

aufge Anfrage von den Beamten der Hofbibliothek darauf aufmerk-

funden , und zugleich machte man ihn sam, dass ein Antiquar-Katalog der letzten Zeit das an gebliche Zappertsche Original zur Versteigerung an biete. Dr. Schusters palaeographische Untersuchung,

Insel dunkler als die der Nachbarstämme angegeben , was ich nicht als zutreffend bezeichnen kann ; auch ist hier die Grenze

der Thlinkiten nicht weit genug nach Norden gerückt. Die

lichen Unterschied in der Hautfarbe bemerken können .

Der

Aino-Typus ist übrigens dem semitischen Typus , wie er sich in Russland und Polen herausgebildet hat, zum Verwechseln ähnlich. Sodann vermisse ich auf der Karte die Angabe der dunklen Hautfarbe bei den Papuastämmen des westlichen Neuguinea ; ich habe viele Sklaven aus jener Gegend auf den Key-Inseln

gesehen, deren Hautfarbe völlig dunkel war, wie die eines Negers 1) Anzeiger der Wiener Akademie , Phil .-Hist . Kl . , 1890. VIII .

aus dem Herzen Afrikas. Jedenfalls sind sie viel dunkler als

Litteratur .

240

die Bewohner der ostmalayischen Inseln , die auf dieser Karte alle mit gleicher Hautfarbe angegeben sind. Tafel III . Zu den noch zum grössten Teil an der Wolga wohnenden heidnischen Völkern sind auch die Tscheremissen , sowie auch die Tschuwaschen und Wotjäken am Kama -Fluss zu zählen ; allerdings sind viele von ihnen gewaltsam von der russi schen Geistlichkeit getauft worden , doch haben noch viele Tausende bis jetzt ihr Heidentum bewahrt. Auf einer Sammelreise ( 1884) fand ich unter allen drei

Die auf der Karte genannten Ugalagmiuten bewohnen ein einziges Dorf mit nur wenigen Häusern , etliche Meilen nördlich

vom Atna (Kupfer-Fluss). Dass die Ugalagmiuten ursprünglich ein Eskimo-Volk gewesen sind, zeigt ihr Stammname, und es ist anzunehmen , dass sie früher weit südlicher gewohnt haben und

von Thlinkiten nach Norden verdrängt worden sind. Das deuten die Namen an : z . B. Alaganak , Kaijak u . s . w.

Der Stamin ist

durch blutige Kriege mit den Thlinkiten fast ausgerottet (siehe die Schrift von Woldt, Kapitän Jacobsens Reise an der Nord

Stämmen fast in allen Häusern eine Stelle, wo noch heidnischen Göttern geopfert wurde ; auch besitzt jedes Dorf in dem dichten

westküste Amerikas 1881–83 , S. 387 ) .

Walde versteckt einen Opferplatz. Professor Radloff, mit dem ich im selben Jahre in Kasan über dieses Thema sprach , be hauptete , dass unter den finnischen Völkern an der Kama und der Wolga etwa 200 000 noch zu den Heiden zu zählen sind .

gabe der nördlichen Eskimo der Urstamm derselben , die Utoka

Die Grenzen der heidnischen Völker am Amur -Fluss be

dürfen der Verbesserung, denn diese sind von der Mündung des

An dem Quellgebiete des Nunatak-Flusses wohnt nach An gemuiten (zu deutsch : » die Leute aus der alten Heimat «) . Es wäre vielleicht angebracht, dies auf der Karte noch hinzuzufügen . Die Bewohner des Kap Flattery sind mit dem Aht-Stamm auf West- Vancouver verwandt und müssten zu diesem gerechnet werden . Zum Schlusse möchten wir noch auf einen kleinen Mangel

Sungari bis zur Amur-Mündung als Heiden zu kennzeichnen, da

in der Ausführung hinweisen. Die Zeichen sind auf einigen

die angesiedelten Russen , ausser in Kabarowka , Sophisk und

Karten , wie ja bei einem so kleinen Format unausbleiblich , SO klein geraten , dass man die Lupe anwenden muss. Hoffentlich

Marinsk , den noch heidnisch gebliebenen Golden und Giljaken an Zahl bei weitem naclistehen . Die Sungari - Gegend ist als buddhistisch zu bezeichnen , da hier nur Chinesen und Mandschus

wohnen . Auch an dem Altai-Gebirge sind die Kalmücken als Heiden zu vermerken . Auf der zweiten Hälfte Tafel der

muss

die Grenze für das Zahnfeilen auch auf die Inseln Flores , Wettar und Alor bis Tenimber und Neuguinea ausgedehnt werden , da es dort allgemein üblich ist . Auf den Inseln Flores, Letti , Moa

und Lakor, sowie auf den Key-Inseln kommen auch Holzmasken vereinzelt vor.

Da auf den meisten der oben erwähnten Inseln in Kriegs zeiten Blut , Gehirn, Augen oder Zunge des erschlagenen Feindes

lässt sich dies bei der wohl in nächster Zeit schon zu erwarten .

den zweiten Auflage irgendwie vermeiden. Sehr anerkennens wert ist, dass der Verfasser die allgemein übliche Orthographie beibehalten und nicht, wie einige der neueren Forscher, eine neue eigene eingeführt hat, wodurch nur Missverständnisse und Unklarheiten entstehen . Berlin . J. A. Jacobsen. Zendingskaart van Oost- en West -Indië, door E. Ny land (Maasstab 1 : 2 300 000). Veröffentlicht mit Unterstützung des Komitees für holländische Missionarkonferenzen , Utrecht

1891.

Mit erläuterndem Texte.

verzehrt werden , so müsste man sie wohl, wenn man sich die

Klassifikation Gerlands aneignen will , der die Hametzen zu den Anthropophagen zählt, diesen zugesellen . Tafel IV. Zu den von Epidemien heimgesuchten Ländern

Diese Karte wird einem jeden willkommen sein , welcher für die Missionsthätigkeit in den niederländischen Kolonien Interesse hegt .

Sie gibt mit grosser Genauigkeit an ,

wo und

welche Missionsgesellschaften dort zur Heidenbekehrung thätig

gehört auch die Ostküste Labradors . Als ich 1880 das Land

sind. Durch verschiedene Farben werden nämlich die Stationen

besuchte , berichteten die Eingeborenen , dass in der Mitte der

angedeutet, so wie sie, in chronologischer Reihenfolge erwähnt, errichtet wurden von der » Broedergemeente « in Suriname ( 1739 ) ,

70er Jahre die Pocken dort sehr stark geherrscht haben ; ein Viertel der gesamten Eskimobevölkerung war der Krankheit er legen. Gleichzeitig starb daran die gesamte Bevölkerung eines

dem Nieder ). Missionsverein ( 1797 ) , der Mennoniten -Gemeinde

Vermerk über diese Krankheit auf die Insel ausgedehnt werden.

( 1847 ) , dem Java - Komitee ( 1856 ) , dem Niederl . Reformierten Missionsverein ( 1858 ) , der Christlich -Reformierten Kirche ( 1858 ), dem Utrechter Missionsverein ( 1859 ) , der Salatiga -Mission ( 1868 ), der Rheinischen Mission , Hilfsgenossenschaft Amsterdam ( 1869 ) , dem Evangelisch -Lutherischen Verein ( 1882 ) , dem Sangi-Komitee ( 1887 ) , sowie auch der Aufenthaltsort der Hilfsprediger , der

Auf Tafel V (über Bekleidung, Nahrung, Wohnung und Beschäftigung) sind noch die oben erwähnten , am Amur und

Prediger , der Röm .-Kath . Geistlichen und die Schulen zur Bil dung von eingeborenen Gehilfen .

Eskimodorfes im

Omanak - Distrikt im nördlichen Grönland .

Auf meiner Reise im Indischen Archipel (siehe »Globus« 1889 , Bd . LV, Nr. 11—19 ) fielen mir besonders auf der Insel Salaier viele mit Kropf behaftete Personen auf, und könnte der

Usuri wohnenden Golden und Giljaken als Fischer und Jäger zu bezeichnen . Diese Grenze muss von der Mündung des Sungari bis zur Mündung des Amur reichen ; auch kleiden sich beide Völker ausschliesslich in Fischhaut im Sommer und Tierfelle im Winter (siehe » Globus « , Bd. LII, Nr. 10—2 , Jahrg. 1887 und 88 ,

Auf der Separatkarte Javas ( 1 : 1000 000) sind die Auf enthaltsorte der europäischen Missionare und die Hilfsstationen

mit eingeborenen Gehilfen angedeutet ; auf dem Karton der Ambon-Inseln und von West-Ceram findet man die Aufenthalts

orte der Hilfsprediger , die Gemeinden eingeborener Christen,

Kapitän Jacobsens Reise im Land der Golden und Giljaken ).

die Dörfer der Mohammedaner und Heiden angegeben, auf dem

Auf Tafel VI sind auf der Tenimber - Gruppe irrtümlich Chinesen und Araber als Ansiedler angegeben ; dagegen ist die Stadt Macassar , die eine nicht unbedeutende chinesische Bevöl kerung besitzt, vergessen worden . Auch in Sekar und Sekru

der Insel Suriname die Aufenthaltsorte der Herrnhuter.

Die Erläuterung vereinfacht den Gebrauch der Karte , während sie dieselbe auch ergänzt , indem alle Stationen der oben

(auf West-Neuguinea) finden sich Araber, und dürfte dies ihre

in derselben aufgezählt werden .

östlichste Grenze sein .

Auf Tafel VII müsste der nordöstliche Teil Finnmarkens eine gemischte Bevölkerung zeigen :: ein Drittel finnisch-lappische Bevölkerung, zwei Drittel Norweger. Bekanntlich sind die dort gelegenen Städte Hammerfest, Wardö und Watsö von etwa 3000 sesshaften Norwegern bevölkert , während sich dazwischen viele

kleinere Niederlassungen mit gemischter Bevölkerung befinden . Auf Tafel VIII ist auch die norwegische Bevölkerung an derselben Stelle richtig angegeben .

Bei der Eskimobevölkerung am Prinz William - Sund muss die Grenze etliche Meilen über den Kupfer-Fluss nordwärts ge schoben werden , da das letzte Thlinkiten - Dorf Alaganak an seinem nördlichen Arm liegt . Seine Bewohnerschaft entstammt der Gegend um die Jakutat - Bai , die von Thlinkiten bevölkert ist .

erwähnten Missionsgesellschaften in Niederl. Ost- und West- Indien Bergen -op -zoom .

II . Zondervan.

Berichtigungen. Ebenda, 2. 30 v. 0. , lies S. 167 , Z. 24 v . o . , lies Ukta statt Ukla . Bakeu statt Baken . Ebenda, Z. 14 v. 1., lies Putna statt Pulna. S. 219 , Ebenda , Z. 11 v . 11. , lies verzeichnet statt Z. 27 v . u . , lies That statt Not. Ebenda , 2. 12 bezeichnet. S. 220, Z. 15 v . u . , lies setzen statt sehen . S. 224 , Z. 25 v . o . , lies Inka statt Foka . v . u . , lies Gütern statt Thalern . Ebenda, 2. 16 v . u ., lies Uricoechea und linguistique. Der Herausgeber be .

dauert diese Versehen , spricht jedoch seine Ueberzeugung dahin aus, dass die . selben nicht mehr vorkommen sollen , sobald ihin von seiten der geehrten Herren

Mitarbeiter stets nur gut leserliche Manuskripte werden übermittelt werden .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 16 .

Stuttgart, 16. April 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7 .-- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .

MCL

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeiie in Petit .

Inhalt : 1. Comenius als Geograph und Naturforscher. Von S. Günther. S. 241 . 2. Der Regenfall auf Jamaika. Von V. Freudenberg (Mödling bei Wien ). S. 244. 3. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari. S. 246.

4. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.

(New Bremen, Ohio ). S. 252 .

Von C. A. Purpus

5. Litteratur. (Kiepert; Lochmann -Graf.) S. 255 .

Comenius als Geograph und Naturforscher. Von S. Günther.

Am 28. März d . J. wurde allenthalben in Europa von Schulmännern und Schulfreunden der Tag fest-

lich begangen , an welchem vor 400 Jahren Johann Amos Comenius zu Ungarisch -Brod in Mähren

das Licht der Welt erblickte . Es gibt kaum eine

lichen « Begriffe beizubringen ; die Anfänge der Physik , Optik '), Arithmetik, Geometrie, Statik, Astronomie, Geographie u . s. w. sollen vor dem Abschlusse des sechsten Jahres bereits gelehrt sein . Es versteht sich , dass nur die allerersten Anfänge gemeint sein können ,

und dass Comenius hier der Sitte seiner Zeit, gerne mit prunkvollen Worten Staat zu machen , in etwas nachgegeben hat. Die sog. Geographie ist nämlich

Wissenschaft , welche nicht, da die Didaktik des Comenius eben alle Zweige der menschlichen Erkenntnis zu umspannen bestimmt war, des Mannes

achtenswerten Lehrgegenstand überhaupt auf die

und seiner Leistungen in ihrer Art unter dem geschichtlichen Gesichtspunkte zu gedenken Veran-

Tagesordnung setzt , hat er doch einen nicht un wichtigen Fortschritt angebahnt. Das Kind soll ver

lassung hätte , aber zu Geographie und Natur-

stehen lernen , was ein Berg , Thal, Acker , Fluss,

forschung ist er geradezu in ein näheres Verhältnis getreten , und es ist deshalb wohl am Platze, ihm

Dorf, Flecken, was eine Stadt ist, » je nachdem Ge legenheit an dem Orte ist, wo es erzogen wird« ?).

auch in einem Fachblatte einen ausführlicheren Nach-

In der Volksschule ferner, deren wesentlichstes Kenn zeichen das ist , dass in ihr nur die Muttersprache

ruf zu widmen.

Die pädagogische Reform Komenskys ging in erster Linie darauf hinaus, den jungen , nach höherer Bildung strebenden Menschen die ersten 24 Jahre seines Lebens beim

nichts anderes als einfachste Heimatkunde, allein indem der Reformator diese als einen immerhin be

gebraucht werden darf, soll der eigentlich geogra phische Lehrgang anheben : » Es soll den Kindern das Wichtigste mitgeteilt werden aus der Weltkunde,

Unterrichte festzu

halten : je sechs Jahre sollten der Mutterschule, der allgemeinen Volksschule, der lateinischen Schule (Gymnasium ) und der Hochschule (Aka-

demie, Universität) vorbehalten bleiben . Für die unteren Schulgattungen ward ein eingehender Lehrplan entworfen , und insbesondere beschäftigte sich der berühmte Pädagoge , in der richtigen Ueber zeugung, dass eine konsequente Unterweisung nicht früh genug beginnen könne, mit der untersten Kategorie 1). Die Mutter, die natürliche Erzieherin ihrer Kinder, hat denselben auch die ersten » wissenschaft

1) Eigentümlicherweise , wenigstens für unsere moderne Vorstellung , werden Optik und Statik nicht zur Physik ge rechnet. Doch hat dies seinen guten Grund ; die beiden ersteren

sind eben mathematische Disciplinen, während die » Physik « teils Naturkunde überhaupt, teils Naturphilosophie (in der scholasti schen Wortauslegung) bedeutet. 2) Vgl. Comenius , Grosse Unterrichtslehre, übersetzt und kommentiert von J. Beeger und F. Zoubek , Berlin 1871

(3. Teil von K. Richters » Pädagog . Bibliothek « ), S. 239. Im » Informatorium der Mutterschule «, welches in deutscher Sprache zuerst 1636 in Nürnberg erschien , wird der Anfangsunterricht noch specieller analysiert. Manches lautet freilich etwas spass haft , so z . B. dass die Geographie des ersten Lehrjahres die Wiege und den Schoss der Mutter, die des zweiten die Stube,

1) Für die allgemeine Orientierung auf dem von Comenius

die des dritten die übrigen Räume des Wohnhauses zum Gegen

zum eigentlichen Arbeitsfelde erwählten Gebiete empfiehlt sich

stande hat, allein scharfe Beobachtung der kindlichen Ap

eine Monographie von Pappenheim (Amos Comenius ,

der

perzeptionsstadien leuchtet überall hervor. Siehe Comenius,

Begründer der neueren Pädagogik , Berlin 1871 ). Hier findet man auch (S. 27 ff.) eine gute Uebersicht über die generellen Aufgaben , welche jede der vier Schulkategorien zu erledigen hatte.

Ausgewählte Schriften, übersetzt und kommentiert von J. Beeger und J. Leutbecher, Leipzig 1874 ( 11. Teil von K. Richters » Pädagog. Bibliotheka ), S. 33 ff.

Ausland 1892 , Nr . 16 .

31

Comenius als Geograph und Naturforscher.

242

insonderheit von der Rundung des Himmels, von

gerade diesem Lehrgegenstande in der Schulpraxis

der Kugelgestalt der in seiner Mitte schwebenden Erde, von der Bewegung des Weltmeeres, von der mannigfach gekrümmten Gestalt der Meere und

anzupassen . Zu diesem Zwecke stehen uns mancherlei Hilfs

mittel zu Gebote. Vor allem denkt jeder, der von

Flüsse, von den Erdteilen , von den hauptsächlichsten

den schriftstellerischen Leistungen des Comenius

Reichen Europas, insbesondere aber von den Städten , Bergen und Flüssen des eigenen Vaterlandes« 1).

auch nur einige Kunde besitzt, an seinen berühmten » Orbis pictus«, der ja als eine Art Realencyklopädie

Der gesunde Gedanke , dass der Kenntnis der Heimat im engsten Sinne zunächst eine solche des Ge-

des gesamten zeitgenössischen Wissens aufgefasst wer den darf !). Die Abschnitte 2 bis 11 können eine

burtslandes folgen müsse , gelangt hier deutlich zur physische Geographie in ihren Grundzügen ersetzen ; Geltung – allerdings ein Gedanke von anscheinend -

so grosser Einfachheit, dass man sich an das Ei des Columbus erinnert fühlt, allein wer wüsste nicht, wie oft und vielfach in der Folgezeit gegen diesen Grundsatz verstossen wurde!

Einen regelmässigen Kursus der Naturgeschichte weist der Meister einer etwas späteren Stufe zu. Die

vierte Klasse jener » pansophischen « Schule, welche gewissermaassen die Quintessenz der didaktischen Anschauungen des Comenius darstellte, in dieser Form jedoch freilich nie ins Leben getreten ist, war die » philosophische« ; hier sollte Naturgeschichte im

sie handeln von der Welt, dem Himmel, dem Feuer, der Luft, dem Wasser, den Wolken, der Erde, ihren Pflanzen , Metallen und Steinen. Der Autor gibt sich hier als Anhänger der ptolemäischen Welt ordnung zu erkennen , was einigen auffallen mag, an und für sich jedoch unter dem Gesichtswinkel einer von den Entdeckungen Keplers noch wenig oder gar nicht berührten Zeit wohl zu begreifen ist ').

» Der Himmel «, heisst es hier, » drehet sich

und umgehet die Erde, die in der Mitte stehet « ?). Von sonstigen Be Fugl merkungen physi

kalisch - geographic

Anschlusse an Aelian, Plinius und andere von 60

jener Zeit noch mit nicht ganz verdienter Ehrfurcht betrachtete Autoritäten betrieben werden ). In der fünften , der » logischen « Klasse kam die mathema

scher Natur sei er wähnt , dass der

tische Erdkunde an die Reihe, welche an dieser

die Erdbeben hervor

Stelle dann allerdings als Unterabteilung der Mathe matik zu betrachten war '). Den höchsten Wert legte Comenius auf Veranschaulichung des

unterirdische

Wind

bringt, welche selbst wiederum die Erdfälle

QUEM

im Gefolge haben , dass Reif richtig als

Unterrichts; Werkzeuge, Tafeln, Modelle sollten, wo nur immer möglich, die theoretische Darlegung

DO

gefrorener Tau de

beleben , den Schüler vor Ermüdung schützen und

finiert wird , und dass

ihm das Uebergehen des Gehörten in Fleisch und Blut ermöglichen 4). »Die Okularinspektion « , so sagt er einmal “), » ist der Schilderung vorzuziehen « .

ner, Hagel dagegen ganz gefrorener Regen sein soll . Späterhin gehören hierher die Kapitel 103, 105 , 106 ,

Schnee halb gefrore

Gehe es an , so solle man die wirklichen Gegen- 107 und 108 %). Die stände den Lernenden vorzeigen ; anderenfalls sei notwendigsten Be

für die Beschaffung getreuer Nachbildungen Sorge griffe der Sphärik zu tragen .

Dass ein in solchem Geiste erteilter geographischer Unterricht gute Wirkung zu üben nicht verfehlen konnte, dürfte an und für sich zuzugestehen sein , selbst wenn die materielle Seite, wie es vor nunmehr fast 300 Jahren nicht anders sein konnte,

viel zu wünschen übrig liess . Ueberlastet brauchte damals der junge Kopf mit Thatsachen noch nicht zu werden , selbst wenn man verlangte , dass der

F.gz. 2

30

werden erläutert, ebenso die Mond

phasen und die Finsternisse , und daran reiht sich die

eigentliche Geo

graphie, die sich auf drei beigegebene Figuren , Westhalb

Knabe » den ganzen Erdkreis mit Meeren, Inseln , kugel , Osthalbkugel, Reichen u . s. w. im Kopfe abgebildet mit sich her-

Europa, stützt. Die

umtragen solle «. Wir wollen jetzt in Erfahrung beiden ersteren (Fig. I und 2) bilden wir hier dem zu bringen suchen , welchen Stoff Comenius seinen Originale nach. Man sieht, dass der Osten Asiens Geographieschülern zuzuführen hatte, und wie er es

anfing , seine allgemeinen pädagogischen Prinzipien 1) Man sehe am erstgenannten Orte S. 247 . 2) Comenius , Ausgewählte Schriften, S. 182 . 3) Ebenda, S. 185 .

4) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. 104 ff. 5) Ebenda, S. 170.

1) Wie nämlich Prowe (Nicolaus Coppern'cus, 1. Band, 2. Teil , Berlin 1883 , S. 503) berichtet , ist das Originalmanu skript des coppernicanischen Fundamentalwerkes » De revolutio.

nibus orbium coelestium « während seiner Heidelberger Studien zeit ( 1614) von unserem Comenius käuflich erworben worden Als 1620 das mährische Städtchen Fulnek , in welchem jener damals wohnte, von den Spaniern erstürmt und geplündert wurde,

Comenius als Geograph und Naturforscher .

nur ganz schematisch gezeichnet ist, dass nach alter Sitte das Asowsche Meer sich tief ins Festland hinein

erstreckt4), und dass auch die mittelalterliche falsche Achsenrichtung des Kaspischen Meeres beibehalten ist. Auffallen muss das kühn entworfene Austral-Land, » so noch unbekand ist . Die Umrisse von Nord- und Süd-

amerika, welch letzteres mit dem Australkontinente beinahe zusammengewachsen ist , lassen natürlich noch überaus viel zu wünschen übrig ") ; nur NeuFundland und das Aestuarium des St. Lorenz -Stromes

überraschen durch ihre relative Richtigkeit. Von Europa werden 28 » Reiche« namhaft gemacht, und zwar sind » Mosskaw « und » Reussen

zwei ver-

schiedene Länder; auch wird „ Böheim « (hierin doku-

mentiert sich wohl ein gewisses tschechoslawisches Nationalitätsbewusstsein ) ausdrücklich von Deutschland unterschieden .

243

übersetzten » Sprachenpforte «, deren Tendenz es ja auch war , Sprach- und Sachkenntnisse sich gegen seitig auf das innigste durchdringen zu lassen ?). Das Werk beginnt mit kurzen Definitionen der astro nomischen und geographischen Grundbegriffe; von Interesse ist dabei die hydrographische Termino logie ). Einen förmlichen Abriss der Erdkunde ent hält auch der » Janualis rerum et verborum contex tus, historiolam rerum continens« %). Da ist zu nächst vom Globus und den Landkarten die Rede,

nachher von Gestalt und Grösse der Erde (ein grösster Kreis derselben hat einen Umfang von 5400 Meilen) ; Länge und Breite ( erstere vom Meri dian der Kanarischen Inseln an gezählt ) werden er klärt ; die Einteilung der Erdoberfläche in Zonen

und Klimate schliesst die allgemeine Erdkunde ab ; und nun folgen noch vier Paragraphen mit Auf

Auch noch bei anderen Veranlassungen kommt zählung der »fünf« Erdteile Europa , Asien, Afrika , Comenius auf geographische Dinge zurück .

So

Amerika und »Magellanica « ^ ), der beachtenswerte

in seiner wohlbekannten, in fast alle Kultursprachen

sten Völker,, Berge, Flüsse und Städte. Unter letz teren ist merkwürdigerweise keine rein-deutsche zu finden.

wurde die reiche Büchersammlung Komenskys zerstört oder zerstreut, und eben jene Handschrift ging ihm spurlos verloren. Wirklich zu Grunde gegangen war sie jedoch nicht, denn sie fand sich später im Besitze des Freiherrn Otto v. Nostitz

wieder , der sie dann dem verdienten Coppernicus-Forscher Curtze in Thorn für dessen Säkularausgabe der » Revolutiones « ( 1873) zur Verfügung stellte. Comenius war also mit der Lehre von der Erdbewegung bekannt und bekundet dies auch durch eine Stelle in der » Pansophie « , welche nach Beegers Verdeutschung (a . a. O., S. 86) hier wiedergegeben werden möge. » Die Astronomen mit ihren excentrischen Kreisen und Sphären und Epicyklen wurden von Coppernicus ausgestochen. Coppernicus konstruierte seine neue Astronomie sehr beifalls-

Am tiefsten geht jedoch in die Sache selbst ein die scenische Vorstellung, welche Comenius, um die Art und Weise seiner schulmässigen Behandlung der einzel

nen Fächer so augenfällig als möglich klarzulegen , für jedes derselben ausgearbeitet hat. Wir haben es hier mit der fünften Scene des zweiten Aktes der » Januae

linguarum praxeos theatricae pars I « zu thun . Als handelnde Personen treten auf der geographische Lehr meister mit seinen beiden Scholaren Hospitius und Peregrinus, und sofort beginnt ein lebhaftes

würdig aus optischen Gesetzen , aber die physischen Prinzipien Zwiegespräch "). Die notwendigen Apparate, eine

der unbewegten Wahrheit lassen erstere nicht zu . Gilbert wollte die ganze Philosophie aus dem Magneten ableiten , aber offenbar gegen die Prinzipien der Physiker. Campanella hätte fast durch Wiederaufnahme der natürlichen Prinzipien des alten Philosophen Parmenides triumphiert, wurde aber von dem einzigen Fernrohre des Galilei zu Boden gestreckt. Es erhellt aus diesem die Schwierigkeit des wirklichen Erkennens der Wesenheit der Dinge diskutierenden Satze, dass Comenius

hinsichtlich der geistigen Kämpfe, welche damals in so reicher Fülle ausgefochten wurden, ganz auf der Höhe seines Zeitalters sich befand .

2) Die beiden uns vorliegenden Ausgaben des » Orbis pictus « sind von verschiedenem Alter ; die erste kam 1636, wie erwähnt , zu Nürnberg heraus (oder ist, richtiger gesagt , ein unveränderter Abdruck derselben), während die andere 1679 ebenda erschien . Während aber jene bloss in lateinischer und deutscher Sprache abgefasst ist, hat diese auch noch das Italienische und Französi sche hinzugenommen. Innere Unterschiede hingegen sind nicht

vorhanden , mit Ausnahme von unwesentlichen Verbesserungen

künstliche Erdkugel und einen Quadranten , dessen Gebrauch bereits vorher in der Astronomie gelehrt worden war , haben die Schüler mitgebracht. Der Lehrer beweist zuerst , dass der Erdball frei, ohne

jegliche Stütze, im Weltraum schwebe ( »virtute Dei, et radiis siderum , qui omnem densam materiam a

se trudunt deorsum ( ); für die Kugelform wird na mentlich auf Magelhaens' Erdumsegelung hinge wiesen . Doch fehlt auch das wissenschaftlich wert

vollere Argument nicht, dass beim Wandern in nord licher und südlicher Richtung der Pol um entspre chende angulare Beträge sich hebt und senkt. Am

Globus werden die Erscheinungen der Sphaera recta und Sphaera parallela anschaulich gemacht; für die Polbewohner bewegt sich der Himmel » non supra

im einzelnen (s . unten ).

3) Kapitel 104 betrachtet in astrologischem Sinne die Aspekten und Planetenstellungen.

4) Dies ist ein Nachklang antiker , jedoch nach Berger (Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen, 1. Abteilung , Leipzig 1887 , S. 22) erst um die Zeit Alexanders aufgekommener Vorstellungen über den Zusammenhang der Maeotis mit dem unbekannten Nordmeere.

5) In der Auflage von 1679 ist die Küstenzeichnung noch ganz die alte, fehlerhafte ; nur das ward geändert, dass auch bei der westlichen Hemisphäre , welche früher Norden unten und

Süden oben hatte, die übliche Art der Orientierung durchgeführt erscheint.

) Pappenheim , a. a . O., S. 10. 2) J. A. Comenii Didactica Opera Omnia , Amsterdam 1657. In Spalte 260 des ersten Teiles lesen wir : » Aquam , ubi fluit, Fluentem ; ubi gyratur, Gurgitem et Vorticem ; ubi se ipsam

absorbet, Voraginem (barathrum ); ubi expers fundi est, Abyssum Das griechische Wort Bápod pov für die unterirdischen

dicito . «

Abzugskanäle der Karstgebiete war mithin dem Comenius geläufig ebenso wie die Thatsache selbst

3) A. a. O. , 3. Teil , Sp . 535 ff.

4) Dem Verfasser war diese Bezeichnung für das hypo thetische Austral -Land früherhin nirgends vorgekommen . 5) A. a . O., Sp. 948 ff.

Der Regenfall auf Jamaika.

244

se , sed circa se« . Ebenso erklärt der Lehrer Länge | Man darf wohl behaupten , dass dieses Schulschau und Breite, indem er – verständiger als wir Neueren spiel eine sehr gute Probe davon ablegt , wie man >

erstere von obis 360 ° herumzählt; ein Schüler fragt, unter welcher Breite Ungarn liege , und da

mit geringstem Aufgebote von Zeit und Mühe die Grundwahrheiten der mathematischen Geographie

ihm gesagt wird , dass die Frage in dieser Ausdeh- | schulmässig behandeln könne. Eigentümlich illu nung keinen rechten Sinn habe, beschränkt er die-

striert wird des Comenius anticoppernicanische

selbe und lässt sich diejenige von Saros - Patak 1)

Denkweise durch die These, dass man keinen Stern

zeigen (fast 48 "). Bei dieser Gelegenheit wird die

am Himmel erblicke , der nicht grösser sei als die

Gleichheit von Breite und Polhöhe empirisch nach-

Erdkugel. 1) Bislang haben wir in Comenius hauptsächlich

gewiesen . Um die letztere praktisch zu finden , bedient man sich des Quadranten , mit dem man um die Mittagszeit die Erhebung der Sonne über dem

den geographischen Methodiker kennen zu lernen

Horizont misst ; wird dann die Sonnendeklination

dass er auch durch Originalarbeiten Erd- und Natur

additiv oder subtraktiv in Rechnung gebracht, so erhält man das Komplement der Polhöhe. Für die Ermittelung der Länge freilich weiss der Lehrmeister ein gleich einfaches Mittel nicht an die Hand zu geben. Da die naiven Schüler sich den Anschein geben , zu glauben , Tag und Nacht seien überall

kunde zu fördern bestrebt gewesen ist.

auf der Erde von bezüglich gleicher Dauer, so führt

gesucht. Nunmehr ist darauf Bedacht zu nehmen, (Schluss folgt.)

Der Regenfall auf Jamaika. Von V. Freudenberg (Mödling bei Wien).

Der Historiker Froude , welcher sich als Be

ihnen der Lehrer die Zoneneinteilung und die Klimate

amter und Beobachter des United States Signal Ser vice während der Jahre 1890 und 1891 in Jamaika Tageslänge mit der Polhöhe vor Augen stellt ?). aufhielt, spricht seine Ueberzeugung dahin aus, dass

vor , indem

er in einer Tabelle den Wechsel der

Dass die Antipoden nicht herabfallen, willdem Hospi-

nirgend anderswo solche Regenstürme vorkommen,

tius nicht recht in den Kopf, und so greift der Geograph, um jenem seine » puerile« Auffassung zu verbessern , zu einer ganz zweckmässigen Auskunft : er denkt sich die Erde in der Richtung eines Durchmessers durchbohrt "), einen Stein in die Röhre geworfen und gibt nun seinen Zöglingen auf , herauszubringen , was es mit diesem Steine für eine Bewandtnis habe. Da dieselben das Rätsel nicht lösen , so sucht sie der Lehrer zu überzeugen , dass der

wie auf Jamaika. Der Genannte hatte während seines Aufenthalts daselbst ausnahmsweise Gelegen heit, diese merkwürdigen Gussregen zu beobachten ,

hinabfallende Körper zuletzt im Erdmittelpunkte zur Ruhe kommen müsse ; dieser sei unten , alles andere

zu messen und einige Thatsachen zu registrieren , deren Mitteilung von allgemeinem Interesse sein dürfte. Mai und Oktober nämlich werden noch immer

die » Centralmonate der Regensaison « genannt, ob wohl die Perioden ungewöhnlich starker Nieder schläge seit einigen Jahren sehr veränderlich und ungewiss geworden sind. In den Jahren 1890 und

oben , und wenn man sich das nur recht klar mache, 1891 gab es keine streng abgegrenzten Regenzeiten, so habe auch die Vorstellung von den Gegenfüsslern und dessenungeachtet war der Durchschnittsregenfall nichts Verwunderliches mehr.

Die Länder- und

Völkerkunde, welche der Geograph zum Schlusse in sehr koncentrierter Form vorträgt, bietet Besonderes

nicht; bei der Beschreibung der chinesischen Stadt

auf der ganzen Insel der normale, wohingegen 1886, während der totale Regenfall im ganzen Jahre nor mal war , der grösste durch Wasser verursachte Schaden sich auf wenige Tage beschränkte.

Die Verteilung des Regens auf Jamaika gewährt

Quinzay mit ihren 1260 Steinbrücken haben ersichtlich Reminiscenzen aus Marco Polo stark nachge-

dem Forscher der Meteorologie ein höchst interessan

wirkt. Vom unbekannten Erdteile ist nur ganz kurz

tes Problem , und zwar ein bis jetzt noch ungelöstes.

die Rede: » In Magellanica omnia fere adhuc ignota

So z. B. liegen der Castleton -Garden -Distrikt und

sunt , litera demum circumnavigaverunt nostri« . 1) Von 1650—54 weilte Comenius in der Stadt Saros Patak in Oberungarn , um dortselbst, unter der Aegide der Fürsten heute Siegmund und Georg Rakoczy , eine Musteranstalt würden wir sagen , ein Realgymnasium in Gang zu bringen . 2) Ganz ähnlich wie in der von Galilei für seine Schüler bearbeiteten Klima- Tafel (s. in Nr. 2 d. 1. Jahrganges dieser Zeitschrift).

das Drax -Hall-Gut, beide im Kirchspiele St. Ann, an

der Nordküste, sind von einer durchschnittlich unter 2000 Fuss hohen Hügelkette getrennt und nur 35 englische Meilen von einander entfernt. Und doch ergeben Beobachtungen des mittleren Regen falles während 15 Jahre einen Niederschlag von 108,55 englische Zoll für die eine und von 67,15

3) Man hat diese Hypothese nach einem viel späteren Astronomen das » Loch des Maupertuis « genannt; in Wahrheit

1 ) Bringt man diese Behauptung in Verbindung mit der früher citierten , dass Coppernicus ein die Erscheinungen vor .

jedoch geht der Gedanke in eine erheblich frühere Zeit zurück , denn der Verfasser ( Studien zur Geschichte der Mathematischen

trefflich darstellendes und nur aus naturphilosophischen Gründen

und Physikalischen Geographie, Halle 1879 , S. 11 ) hat dessen Vorkommen in einer sehr alten mittelalterlichen Schrift (eines

der Vermutung entschlagen , dass sich der strenggläubige Co menius durch religiöse Erwägungen zu Ungunsten dieser Lehre

gewissen Omons) nachgewiesen.

habe beeinflussen lassen .

zu verwerfendes System aufgestellt habe, so kann man sich kaum

Der Regenfall auf Jamaika.

245

für die andere Oertlichkeit ! Solche Widersprüche

legen hatte, mit solch ungestümer Flut plötzlich

sind in vielen Teilen der Insel zu konstatieren , ob-

hervor, dass er eine Familie von Kulis samt der

gleich deren ganze Länge nur 140 und deren durchschnittliche Breite nur 34 englische Meilen beträgt. Selbstverständlich sind grosse Unterschiede in dieser Richtung zwischen Lokalitäten von bedeutend abweichender Seehöhe bemerkbar, so zwar , dass Kingston , am Meeresstrande, nur einen jährlichen Durchschnittsniederschlag von 43,18 englische Zoll aufweist, während die sooo Fuss hoch gelegene Re-

in der Nähe des Stromes gelegenen Bambushütte, worin sie wohnte , wegfegte und einen Postillon nebst seinem Pferde, welcher einige Augenblicke vorher das lediglich heissen Sand und Felsen auf weisende Flussbett überschreiten wollte , ins Meer schwemmte. » Ein kühler Wasserlauf, der von einer Fels

gierungsplantage von Cinchona einen solchen von

gebenen Teich einmündete ,« sagt Herr Froude, » reizte mich eines Tages zu einem Bade. Als ich

121,61 ergibt , obgleich die beiden Orte nur zehn Meilen von einander entfernt sind . Wie aber sollen wir uns einen Unterschied im

Regenfall erklären , wie solcher zwischen den beiden

wand herabstürzte und in einen von Reben um

in den Teich sprang , rieselte das Wasser wie ein Faden von oben herab , aber während ich mich an der erfrischenden Kühle des Wassers nach einer Luft

Leuchttürmen von Plumb Point und Morant Point temperatur von 95° F. im Schatten ergötzte, stürzte, existiert , die beide an der Südseite der Insel, in gleicher Ebene mit dem Meere, liegen , nur 40 engWind- und Meeresströmungen beherrscht sind , und

ohne eine Spur von Regen und bei völlig wolken losem Himmel , plötzlich ein breiter Wasserstrahl von wenigstens 6 Zoll Dicke von der Felswand auf mich herab . Dessen Volumen nahm mit jeder Se

von denen dennoch der erstere einen jährlichen

kunde zu, und ich hatte kaum Zeit , meine Kleider

Niederschlag von 39,52 Zoll zeigt , während der

zu retten , welche ich einen Fuss oberhalb des ge wöhnlichen Wasserspiegels niedergelegt hatte. Ein

lische Meilen von einander entfernt, von gleichen

letztere 75,28 , also nahezu das doppelte, aufweist ?

Die plötzlichen und überwältigenden Regen-

Sturm in den oberen Hügeln hatte dem winzigen

güsse, die oft derart sind, wie man sie in dem südlichen Alleghanygebirge unter dem Namen von

Rinnsale über mir die Gewalt und das Ungestüm eines reissenden Stromes verliehen . «

stens mehrere Meilen dürrer, den brennenden Strahlen

So schauer, fallenen dagegen

einer tropischen Sonne ausgesetzter Ebenen zu durch-

nässt zu werden. Ein solcher Schauer, von welchem

queren, ehe sie das Meer erreichen , was selten der

unser Gewährsmann in Hardware Gap , 4000 Fuss

»> Wolkenbrüchen “ oder „ Wasserhosen « kennt, sind

einzig in ihrer Art und haben oft grosse Verheerungen im Gefolge. Die Gebirgsströme haben mei-

plötzlich und mächtig sind diese Regen dass keine Art Vorsicht den hiervon über Wanderer in höher gelegenen Distrikten zu schützen vermag , bis auf die Haut durch

Fall ist , ausgenonimen in Zeiten sehr intensiver Seehöhe, überrascht ward , ist geeignet, die Natur Regenfluten. Die sonnenverbrannte Erde, die brennend

dieser Phänomene zu illustrieren . »Ein vollkommen

heissen Kieselsteine und die aus der sehr hohen

heiterer Himmel,« sagt Herr Froude, »war in fünf Minuten mit wolligem Gewölk bedeckt und hatte

Temperatur folgende Verdunstungsfähigkeit sind zu viel für diese seichten Wasserläufe , wenn man bedenkt , dass nur die Strecke einer Meile solcher

sich in weiteren fünf Minuten in ein rabenschwarzes

Verdunstung gewöhnlich schon hinreicht, damit ein

vernehmbar war.

Gewand gehüllt, hinter dem ein ominöses Gemurmel Und mit dieser nur so kurzen

Gebirgsstrom von beträchtlicher Grösse teilweise in

Ankündigung war die Scene vom lachenden Sonnen

Wasserdampf aufgehe, teilweise im brennenden Sande

schein in strömenden Regen verwandelt ! Da ich mehr als eine Meile von der nächsten Hütte entfernt

sich verliere. Der Besucher sieht eine viele Yards breite

Vertiefung oder Rinne, wie man ihm sagt, das Bett eines Gebirgsstromes, das sich zur Zeit der Wasserflut in einen jeden Widerstand bewältigenden Strom von vielen Fuss Tiefe verwandelt.

Der Dry River, welcher die Gewässer eines grossen

war und der Sturm bereits durch Erdabrutschungen mir den ohnehin steilen und schwierigen Pfad ver legte, so blieb mir kein anderer Ausweg , als mein Pferd anzuspornen, um wenigstens teilweises Obdach

Territoriums auf der Südseite der Insel aufnimmt,

unter dem Schirme eines Baumes zu finden . Bevor ich aber solchen Zufluchtsort erreichen konnte, schien

verschwindet im Vere - Thale, ungefähr 15 Meilen

die Atmosphäre mit mehr Wasser als Luft gesättigt

Und doch wurde

zu sein ; meine überbürdeten Lungen erschwerten mir das Atmen , und die Temperatur fiel von 115 ° F. in der Sonne auf weniger als 679. Wer jemals sich

vom Meer entfernt, im Sande.

dieser Strom im Juni 1886 so furchtbar , dass er, nach wenigen Stunden Regenfall in den Hügeln, in seinem gewöhnlich trockenen Bette nächst dem Meere 18 Fuss hoch anschwoll und einen 300 bis 400 Fuss breiten Strom

bildete , welcher in einer

einzigen Nacht Regierungs- und Privateigentum im Werte von 300000 Dollars vernichtete. Im Jahre 1889 brach der Yallabs River, ein Strom , dessen Bett viele Monate lang trocken geAusland 1892 , Nr. 16 .

dem höllischen Windgebläse am Niagarafall ausge setzt hat, kann sich von den Atmungsbeschwerden , die ich wenigstens 40 Minuten lang zu bestehen hatte , einen Begriff machen . Macintosh , Regen schirm , Ueberschuhe u . s. W schützten mich ebenso

wenig wie die Gaze meines Insektennetzes. Während

der drei Stunden langen Dauer des Sturmes zuckten 32

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

246

die Blitze beinahe unaufhörlich ; das Rollen des

hältnisse bewahrt hat , als Oberösterreich , das von

Donners, in Gemeinschaft mit dem aus den gähnen- | alters her durch Alpen- und Wasserstrassen , Eisen den Schluchten zurückgeworfenen Echo und dem

und Salzhandel verkehrsreich , bis zur Gegenrefor

Krachen eines hier und dort vom Blitz zerschmetterten

mation von lebhaftem geistigem Aufschwunge und

Baumes vereinigten sich zu einem Getöse, das aller

daher einem rascheren Wechsel der Kulturformen

Beschreibung spottet. Mein Pferd war so geängstigt, unterworfen gewesen , während das Waldviertel bis dass es sich wie wahnsinnig gebärdete , dabei aber

zum

um keinen Schritt von meiner Seite wich, nachdem

geblieben ist.

ich abgestiegen war, sondern, am ganzen Leibe zitternd und seine Angst bekundend , dastand . In meiner eigenen Aufregung und Atemnot vergass ich beinahe die Gefahr, welche ich lief, indem ich unter einem grossen Baume während eines Sturmes, der mit solchen elektrischen Entladungen verbunden war, Zuflucht gesucht hatte . « Die ausgiebigen und, wie man sieht, mit manchen

Baue der Eisenbahnen ziemlich

verkehrsarm

Lockend schien mir auch, dass gerade im Wald viertel die Grenze zwischen der Einschichtenzone

mit eingestreuten Haufendörfern und Waldhufen einerseits und einem breiten Gebiete von geschlosse ven Ring- und Gassendörfern , also nach der herr

schenden Ansicht von slavischen Besiedelungsformen , schon auf der Spezialkarte ( 1 : 75000) deutlich er kennbar ist !).

Beschwerden und durch ihre Plötzlichkeit selbst mit

Auch gewisse Ortsnamen in Genitivform , wie nicht geringen Gefahren verbundenen Regenfälle auf z. B. Gerungs, Heinrichs , Watzmanns, Altmanns,

der Insel Jamaika und namentlich in einigen Teilen Göpfritz (Gottfrieds),) Bertolz (Bertholds) u. s. w ., derselben sind geeignet , den Bewohnern und Besuchern dieses vermeintlichen

den Aufenthalt daselbst

irdischen Paradieses

einigermaassen

zu

ver

welche auf einem begrenzten Gebiete des Wald viertels erscheinen, erregen Interesse. Solche ellip tische Namen , welchen wohl ein weggelassenes

bittern ; andererseits aber sind sie ein Hauptfaktor

»Dorf«, »Heim «, » Schlag« oder »Reut« entsprechen

unter den Ursachen , denen dieses Eiland seine grosse

Fruchtbarkeit verdankt. Eine Ueppigkeit der Boden-

mag, sind auch inselhaft in mehreren anderen Gegen den zu finden, z. B. bei Wangen im südlichen Bayern ,

erzeugnisse jeder Art und eine Vielfältigkeit der

im Fichtelgebirge, in Kurhessen. Das Bistum Bam

selben , wie man sie auf keinem anderen Gebiete berg hat Kolonisten nach Unterösterreich gesendet. unserer Erde von gleichem Flächeninhalte mehr findet, Jene Ortsnamengruppen können vielleicht genaue Auskunft geben , welche Punkte durch dasselbe frän kisch besiedelt und wo fränkische Einzelansiedelungen

sind die Folge davon .

zu Weilern und Dörfern entwickelt worden sind.

Forschungen über das deutscheWohnhaus.") Von Gustav Bancalari.

Seit dem späteren Mittelalter gab es unter den Bewohnern Oberösterreichs und des Waldviertels

XIV .

keine Leibeigenen, und schon im 12. Jahrhundert ?)

Haustypen Oesterreichs ob der Enns und an

erfreute sich der Bauer einer gewissen Blüte , einer

grenzenderTypenbereiche nördlich der Donau. I je nach den Friedens- und Kriegsverhältnissen steigen In Weitersfelden , einem Pfarrorte 20 km östlich von Freistadt , also im Nordosten Oberöster

den und sinkenden Wohlhabenheit.

reichs, habe ich meine Forschung über das ländliche

zwischen dem Böhmerwalde und der Donau , und

Wohnhaus dieses Landes begonnen , aber in schein-

zwar der Granit. Die Gegend ist in herben , mas

Aber ein harter

und unbarmherziger Herr regiert das ganze Land

bar paradoxer Weise mit der Marschrichtung nachsigen Formen aus diesem Gestein gleichsam heraus

Osten , also aus dem Lande hinaus. Mich lockte geschnitten und zeigt im allgemeinen den Charakter das »Waldviertel« (Viertel ober dem Manhardsberge) einer mächtigen Platte, welche ihre Bäche durch Unterösterreichs, weil es trotz seiner späteren Be-

gliedernde , tiefe Thalrisse in die Donaufurche ent

siedelung ?) primitivere, altertümlichere Lebensver 1) Es gibt allerdings Länder mit früher slavischer Be 1 ) Vgl . in Jahrgang 1891 , Nr. 37 .

2) Altweitra südlich Gmünd hat eine merkwürdige , wohlerhaltene Kirche ländlichen , romanischen Stils, welche aus dem

völkerung , wie z. B. Kärnten , Obersteiermark , das südöstliche Oberösterreich , ohne Ring- und Gassendörfer.

Oestlich

von

Das Kloster Zwettl stammt aus dem

Rosenau , dann bei Zwettl (vom slavischen světlo Licht, wohl » Lichtung « bedeutend ?), Waidhofen a . Thaya u. s. w. findet

13. Jahrhundert. Aber die meisten Pfarren sind viel jünger . Die zahllosen Ortsnamen auf » Schlag « , » Reut « , die Form und der Zusammenhang der Reste des mittelalterlichen » Nordwaldes « ,

man nun andererseits solche » slavische « Ortsformen . Auf den sanften , gleichförmigen , flachen Gneisrücken dehnen sich bis zu 4000 Schritt lange Feldfluchten ohne ein einziges Gehöfte , und

all das deutet darauf hin , dass hier das Kulturland in verhältnis-

in den Tiefenfurchen , in den Falten jener Plateaus, drängen

mässig später Zeit gerodet worden ist . Noch heute ist als Ueberbleibsel alter, aber gewiss nicht sehr alter Zustände das » Irrläutena in Gerungs und vielen anderen Orten bis gegen

ob allein vermöge nationaler Eigenart ? vielleicht eher wegen der Quellen- und Wasserverhältnisse .

12. Jahrhundert stamınt .

sich die sämtlichen Wirtschaften zum Gassendorfe zusammen

Krems a . D. hin Sitte ; es sollte bei Anbruch der Nacht dem

2) Die Avaren- und die Ungarn -Not brachten es mit sich ,

Wanderer im umgebenden Walde die Richtung zur Nachtherberge

dass erst nach der Schlacht auf dem Lechfelde das Gebiet ,

andeuten und hat sich erhalten , obwohl heutzutage eine dichte

welches heute » Oesterreich ob der Enns « heisst , die Anfänge

Landbevölkerung , weit und breit kein grosser Wald , dagegen

der heutigen Kultur erlebte. Ein sehr kleiner Teil der Orte lässt sich über das Jahr 1000 zurückverfolgen .

aber ein entwickeltes Strassennetz vorhanden ist .

Forschungen über das deutsche Wohnhaus .

247

sendet . Auf den langgestreckten Teilrücken dieses

lichem oder herrschaftlichem Besitze ist, hat in alter

Massivs erhebt sich eine ganze Welt von Buckeln,

Zeit Leinen -Hausindustrie Platz genommen .

deren relative Höhe 100-200 m nicht bedeutend

ist jetzt im Aussterben und fristet bloss das dort

übersteigt. Diese im Volksmunde in der That scherzhaft » buckelige Welt“ genannte Gebirgsgegend ver-

herrschende Elend.

flacht sich zu hochgelegenem , sanftwelligem Gelände an der Thaya.

von der bayerischen Grenze bis zur Ispermündung. Nur dort, wo geschlossene Ortschaften vorherrschen,

Auf vielen Kuppen bei Weitersfeld, Rosenau, Gmünd u. s. w. liegen gespaltene Granitfelsen in

also im nördlichen Waldviertel , ist es geselliger, heiterer, zutraulicher ?).

abenteuerlichen Formen : bald wie riesige Heidenaltäre, bald wie verfallene Schlösser, bald wie Würfel

Meine erste Wanderung 1891 führte mich von Weitersfelden über Liebenau, Rosenau , Kloster Zwettl,

von 10--20 m Seitenlänge, die Reste der verwitterten

Waidhofen a. Th. , Heidenreichstein, Gmünd , Weitra,

und verstäubten oberen Granitschichten. Von ihnen

Watzmanns, Gerungs, Arbesbach, Alt-Malaun (nicht Melon, wie die Spezialkarte sagt), Perthenschlag und durch die grossen Staatswaldungen nach Isperdorf

trennt sich durch molekulare Kräfte unabsehbares Getrümmer. Steine stecken in Wiesen , der Pflug umfährt Steine und der Kampf gegen diese Feldsteine ist seit Jahrhunderten die Aufgabe dieses Volkes gewesen . Im Mühlviertel ist er nahezu entschieden , während er im Waldviertel gleichsam noch schwankt. Hier ist noch vieles zu thun, während dort die ältere

Kultur schon besser aufgeräumt hat. Die ausgegrabenen Blöcke umgeben in trockenem Mauerwerk die Aecker, oder sie dämmen Weg und Rain . Diesen

Diese

So ist und so lebt das Volk nördlich der Donau

an die Donau .

Eine Stunde nördlich Weitersfelden befindet sich

die in einer Waldlichtung gelegene Einschicht » Vogel weiderhof . Dies ist der Hausname. Der Besitzer heisst Himmelbauer ; der frühere hiess Wurm . Die Vorgänger dieser konnte ich nicht ermitteln. Zu diesem Hofe gehören 38 Joch Grund , wovon ein Viertel Wald . Er ist typisch für ein grosses

zudringlichen Granittrümmern entspricht die Bau - Gebiet nördlich der Donau. Ich will dieser Grund weise nördlich der Donau . Die Wohnhäuser haben

form den Namen „ Vogelweider « geben , weil dieser

dicke Mauern aus Bruchstein , weit seltener aus Ziegeln.

vorerst jede Meinungsäusserung über Ursprung oder Ableitung ausschliesst 2).

Es gibt an mehreren Orten Bauern, welche in ihren Mussestunden den Steinmetz machen, und so findet man viele granitne Brunnentröge, » Marterln «, Stufen , grosse steinerne Mostpressscheiben, welche in Granit rinnen bewegt werden , breite » Gred « -Tafeln , Thür stöcke, Fensterstürze, ja selbst Rauchfänge aus Granit ; von der sehr bedeutenden Granitindustrie in Neu

haus an der Mühl, in Mauthausen, Perg u . s. w . ganz zu schweigen . Es gibt grosse und gepflegte Wälder von der bayerischen Grenze bis zum Isperthale. Nadelholz herrscht vor . Die Granitfläche unter der Ackerkrume ver

Stron Stroh

Granit-Mauer

onne Verputz

Verpuizt

Fig . 78 .

Vogelweidhof bei Weitersfelden (Mühlkreis, Oberösterreich ) .

wittert langsam . Schwere Arbeit auf oft steil ge böschtem Acker, zähe Bestrebung bei wechselndem , dürftigem Ertrage, eine Natur, welche nichts schenkt,

front. Alles bis auf die das Gehöft nach rückwärts

sich ihre Gaben abtrotzen lässt und endlich das

abschliessende Scheuer ( »Stadl « ) ist,aus Bruchstein

System

Fig. 78 zeigt die nach Süden gewendete Haupt

der Einschicht, welche den Verkehr von

Haus zu Haus auf die Feiertage einschränkt, haben

) Nichts ist bezeichnender für den Sinn dieses Volkes,

ein Volk hervorgebracht, welches ernst, verschlossen,

als die Geschichte des Volksführers Wolfsgruber , der vor

beharrlich, in einem beschränkten Begriffskreise ge sund denkend, aber aus diesem Kreise nicht leicht

1848 wegen unaufhörlichen Komplottierens gegen die vormärz liche Ordnung der Dinge 20 Jahre lang von den Behörden ver folgt und erst dann gefunden wurde , als er auf der Bahre lag.

zu locken ist . Zäh im Feilschen, sparsam , einfacher

in der Lebensführung als der Bauer des Schlierbodens südlich der Donau, haben es diese Leute zu

Er war eben 20 Jahre lang von den Bauern des Mühl- und

westlichen Waldviertels geschützt , gewarnt und verborgen worden. 2) Der Zufall, welcher mich nach Weitersfelden brachte, hängt mit dem Vogelweider zusammen . Herr Oberpostkontrolor

einer sehr bescheidenen, im Waldviertel gerne ver hehlten Wohlhabenheit gebracht. Am linken Donau ufer ist bloss das Machland (Gegend um Perg) reich ;

Jos. Straberger , Konservator der Kommission zur Erhaltung der Baudenkmale, hatte von dem Bestehen eines Hofes Namens

bloss der Hopfenbau bringt im Mühlviertel zuweilen

dass manche schwer erklärliche Wendung in den Gedichten

einen

unverhofften Geldstrom ins Land und be-

Vogelweider Kenntnis erlangt. Er hatte schon früher gefunden, Walters von der Vogelweide sich dem Verständnisse so fort erschliesse, wenn man den Mühlviertler Zweig des bajuvari

schleunigt (stört auch wohl) den geduldigen Gang einer langsam fortschreitenden Kultur. Wo der Boden ganz unergiebig oder wo er in unteilbarem , klöster

schen Idioms zu Hilfe nimmt . Angeregt durch diese beiden Momente , suchte Herr Straberger und fand auch , wie er überzeugt ist , Stellen in den Gedichten , welche Walters

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

248

Scheuer ist ein Ständerbau mit Bretterwänden. Der

Das » Haus« , d . i. das Gebäude , welches die Wohnung enthält , steht hier auf der linken Seite.

Grundriss (Fig. 79) zeigt die Maasse. – Das steile Dach ist mit einer dicken Strohlage, an den Giebel-

Der andere, mit dem »Hausea parallele Trakt heisst » Hütte« und ist auch an diesem typischen , ein

seiten der beiden parallel gestellten Hauptgebäude

fachsten Repräsentanten nichts anderes: ein an einem Ende (am Schauende) gemauerter, gegen hinten hin in Ständerbau gezimmerter Schupfen für Ackergerät,

gemauert ; die Front ist verputzt und geweisst. Die

mit genagelten Holzfalzschindeln gedeckt.

Die

Art der Firstbedeckung ist in Fig. 78 angedeutet.

2

Vorgang .-Gred „Stübl. "

Keller

Vorhaus

Kam mer: ge :

genannt, hofwärts an der Längsseite, die Abteilungen des Hüttenbodens verbindend .

Tenne.

Der „Stadel« (Scheuer) hat in der Längsmitte »den Tenn « mit zwei Thoren gegen Hof und Aussenfeld; beiderseits aber je zwei Scheunenfächer für die Ernte , welche hier und im ganzen Wald viertel » Hall - Bám « (es schien mir zuerst , dass »Bám« = Baum bedeute ; es scheint aber , dass das Wort aus Hall-Barren verdorben ist) genannt werden . Im Vogelweidtypus heissen aber die Fächer selbst Hall -Bám und nicht etwa die Scheidewände (s. u.).

4

Pinger

Gepflasterter

Auszug

3

1

. Holzbau

) Kuhstall.17

Auf den gekreuzten Gesperren und dem Firstbalken Wagen und Waldstreu und anderwärts für ein bis liegt Stroh ; über diese Lage sind Querbüschel ge- zwei eingefügte Schweineställe. Oben ist ein Scheuer legt , welche mittelst zweier Paare paralleler Latten raum mit Bretterwänden (der »Hüttenboden « ). Längs desselben führt oben eine Galerie, der »Gang«

1

Heu und Klee wird im Hüttenboden , gedroschenes

Hof.

„Hütte

Korn oberhalb der Wohnung auf dem Estrich des Dachbodens aufbewahrt.

Die vordere, stets der Strasse zugewendete Ab

ol

schlussmauer enthält » Thor« und Thürl , letztere

wölbe

Stube

stets auf Seite der Bauernwohnung und mit der »Gred « in Verbindung. Das »Haus« , und nur dieses , enthält hier den Stall und hinter der Familienwohnung ein » Aus

Thor

zugsstüberl«, d. i. die Wohnung der zur Ruhe Thur 5 *

10x

20 %

3px

400

gesetzten Eltern . Vor dem Wohnhause ist ein kleiner Küchen

1 * = 75 Ctmtr Fig . 79. Vogelweidhof, Grundriss.

garten und eine Baumgruppe , welche ich als ver deckend in der Zeichnung Fig. 78 weggelassen habe. Blockban .

7

befestigt sind . Diese Latten sind aus starken Birken

Tenne 2

ruten entzwei gespalten. Das Dach ist »Stossdach «, dicke Ende mit einer eigenen Latte » gestossen « , d. i .

ERII Hall

Ihall harm

Mauer 30-

d. h . das Aehrenende der eingefügten Strohbüschel wird durch die Latten eingeschoben , das äussere

Tonnei

Gemauri Stall

Huonette

lurer

reny

Auto

in eine gleiche Ebene gebracht, dann das innere Ende mit » Wieden « an den Latten verknüpft. So ent steht eine vollkommen gleichartige äussere Dachfläche. Dieses Gehöft weicht von jener Form , welche bisher die Ehre gehabt hat, als der eigentliche ober

österreichische Bauernhof zu gelten (der Vierkant) allerdings ab.

Dünger

finfuhrt.

Bretrom Nolz .

Ding

yullerien

Hitec

Wall

Wohnhaus Nubau Wohn

birki

Bot

hour

10m

Es ähnelt jenem Typus , welchen

A. Meitzen mit » fränkischer Hof« bezeichnet. Ich

6

10

30

LO

UL

werde später zu zeigen haben , dass sich der ober österreichische » Vierkant « aus diesem Vogelweider in jüngerer Zeit entwickelt hat.

Fig. 8o . Kleiner Hof, Haid ,

Liebenstein bei Liebenau

bei Weitersfelden (Oberösterreich) .

( Mühlkreis) .

Heimat betreffen und auf die Gegend des Vogelweiderhofes bei

weichenden Gehöftes in Haid , eine halbe Stunde von

Fig . 81 .

Fig. 80 zeigt den Grundriss eines etwas ab

Weitersfelden besser als auf jede andere passen, eine Gegend, Weitersfelden , in welchem die Stellung des Wohn welche zur Zeit Walters schon kultiviert (denn 13 Burgen standen in nicht eben grossem Umkreise) , aber eben damals noch in fortschreitender Rodung begriffen war.

hauses in neuester Zeit (man baute eben daran ) ver ändert worden ist. Hier ist der Backofen im Garten

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

abgesondert und zwischen Stall und »„Stadel« ist

249

mehr individualisiert und das Haus ist dem Vierkant

eine » Luederkam mer« für Grünfutter und Häcker- näher gerückt. Neben diesen Wechseltypen gibt es ling eingefügt. Fig. 81 zeigt den Grundriss eines grösseren Gehöftes in Liebenstein , westlich Liebenau , und gibt so wie Fig. 80 von der Veränderlichkeit des Grundtypus eine Vorstellung.

eine Fülle von Zwischenformen .

Auch die Maasse

wechseln, wenngleich der Vogelweider niemals die Kasernengrösse des reicheren Vierkants erreicht. In Dimmling, westlich Waidhofen a. Th ., einem 2000 Schritt langen Waldhufen -Dorfe, gibt es Gehöfte von Strohdächer

Schinde

Fig. 85 .

Bei Gross-Bertenschlag (V. 0. M. B. ) .

Fig . 82 . Binderreiterhof bei Schanz ostl. Liebenau (V. O. M. B.) .

( Eine Ecke verschmolzen .)

19 Schritt Front, also mit sehr schmalen Höfen und

Fig. 82-85 geben eine Reihenfolge von kleinen

und im Endbetrage doch bedeutenden Abänderungen solche von 36 Schritt Front. Trotz aller Variationen an diesem Typus die Norm (Fig. 79) stets leicht des Vogelweiders im Waldviertel. Bei Fig. 82 springt ist zu erkennen . der »Stadl« einseitig vor und die » Hütte« hat eine Trub Jrall |

Schever

Stall w

Soover mit

Gred Tenne

Schindel

mmK

W

IK

il

Wohnhaus .

Fig. 83 . Hof in Dimming bei Weidhofen a. Th .

Fig . 87 .

» Hausler « in Oberlaimbach bei

Leonfelden (Oberösterreich ).

Schupfen.

Ausgedinge a

Hühner Hos

Wohnung

IT

Stall

Ouspool'srije

No

X'une

Schweine

Srubl 1st zugleich Nusnehmer ,

Hauptn . wohnung

TH

Silpten

W : nuhnung

Bock or en

Ki kammer

V. Vorratskamer.

zweite Wohnung , wie aus dem Schlot ersichtlich ist . Fig. 82 und 83 haben neben dem Thor kein

» Thürl« ; 82 hat einen ungewöhnlich schmalen Hof; 83 den Schupfeneingang von aussen ; Fig. 84

Fig . 86 . Bauernhof, Haid bei Leonfelden .

Aufg. von Herrn Lehrer Fr. Brosch (Linz ).

Fig. 86 bringt den Grundriss eines Gehöftes von Leonfelden , nördlich Linz, welchen ich, sowie Fig. 87 , dem Herrn Lehrer Fr. Brosch verdanke.

Man sieht am linksseitigen Gebäude eine vollständige zweite Wohnung . Schinde

l

‫نهبه‬

Interessant ist die Keusche, Fig. 87 , in Ober

laimbach bei Leonfelden , wo der Wohnungs- und Stalltrakt wie an einem Bauernhofe gestaltet, die » Hütte « aber nicht vorhanden ist.

Fig . 84 . Harruck östl. Liebenau.

Ich kenne dies

Haus nicht, vermute aber, dass hier ein amputierter Bauernhof vorliegt. Solche Verstümmelungen können eintreten , wenn Bauerngüter zerstückelt werden . Der Hof wird zur »Ueberländs oder zum

hat anstatt der typischen Frontmauer zwischen Haus und Hütte ein schmales Gebäude , einen zweiten

» Klein

häusel « und verliert Bestandteile, welche er nicht mehr braucht.

Ich habe aber im Mühlviertel auch

Schupfen für Wagen und Streu, eingefügt; Fig. 85 Höfe gesehen , welchen einzelne Glieder wegen hat dies Thorgebäude bereits mit der Hütte durch einen ziemlich jungen , abändernden Neubau rechtwinklig vereint – hier ist schon die Hütte nicht

stockenden Baufonds fehlen . Man muss eine Type genau kennen , um nicht durch solche Abnormitäten irre gemacht zu werden .

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

250

Nicht bloss im Waldviertel , sondern auch im Ich will aber nur feststellen : 1. Der Vierkant herrscht Mühlviertel bis über Rohrbach -Neufelden hinaus, dort ausschliesslich , wo die Bauern reich sind , also dann im Weichbilde von Linz, auf dem Bergkranze, im Donauthale bei Aschach , Efferding, Landshag, welcher das Urfahrer Thal rund gegenüber von Linz Schönering, Linz, im Machlande bei Mauthausen, im Bogen umgibt und zwar hier mitten unter Vier kanten gibt es mehr oder minder stilgetreue Vogel weider. So steht ein etwas gequetschter in Plesching Stron am Nordwestfusse des Pfennigberges; ein vollkommen typischer und noch dazu neugebauter schlossähnlicher Muh ! Tract. (der Koglerhof) befindet sich in der Koglerau, nord westlich vom Pöstlingsberge bei Linz . Der Vogel abr getünchi weider herrscht nördlich der Donau von der Linie Rohrbach -Neufelden ostwärts bis weit

ab.bc.38 ' , 75 cm b

Fig . 9o.

nach Unterösterreich und ins südliche Böh

Speichmühle, Haselgraben bei Linz. ( Vier Ecken verschmolzen ; Quadrat.)

men hinein .

Perg , Baumgartenberg u. s. w. , dann in dem be sonders fruchtbaren Hügellande bei Hörsching , Pa sching , Thening, Kirchberg , Scharten ; ferner im

Tenne

Schlier (eine Art Löss) der S. Florianer und Ennser

Surah

Gegend .

2. Von diesem Hauptneste des Vierkants

Stall Stroh '

- Streu

ESS

h - beuboden. Fig . 88 .

S. Veitsdorf bei Altenberg - Riedeck (Oberösterreich , Mühlkreis; nördl . Gallneukirchen ).

(Drei Ecken verschmolzen ; rechteckig . )

Fig. 88 bringt eine weitere Verschmelzung des Vogelweiders aus S. Veitsdorf bei Altenberg , zwei Stunden nordöstlich von Linz im Berglande. Diese

Fig . 91 . Unvollkommener Uebergang zum Vierkant.

Hinterseite eines kleinen Gehoſts bei Kirchschlag, nördl. Linz.

Mischform ist verwandt mit jener von Fig. 85 bei strahlt er aus in die Nachbartypen; in die Vogel G. Bertenschlag im Waldviertel . Stall . Tract

Wohntruct

weidergegend des linken Donauufers, wo man die geweissten Ungetüme von vielen Bergrücken herab blinken sieht ; dann südwärts weit hinein in das Kremsthal (Kremsmünster, Hall u. s. w . ) ; in das mittlere Traunthal , über Lambach hinaus ; in das

! Berg- und Hügelland westlich der Linie Lambach

St

ro

h.

Wels -Linz bis über Neumarkt und an all seinen

Grenzen finden sich Uebergangserscheinungen, ähn Ten

ne

Schu

ppen Ausgeding

lich wie sie Fig. 88, 89 , 91 darstellen . Fig. 92 und 93 stellen die Grundrisse von Erd und Obergeschoss eines der berühmten S. Florianer Vierkante dar. Es gehören dazu 89 österreichische

Fig. 89.

Joch = etwa so ha wertvoller Grund. Der Hof mit

Bauernhof, S. Magdalena bei Linz.

50 m Seitenlänge bedeckt 1/4 ha. Aber auch mancher Hof eines Bauern mit bloss 25-30 Joch bedeckt eine Fläche von 14 Joch.

(Zwei Ecken verschmolzen ; quadratisch .)

Fig. 89 zeigt einen werdenden Vierkant, 1/2 Stunde nordöstlich Linz , am Fusse des Magdalenaberges;

Ich kenne keinen alten reinen Vierkant.

Die

Die Spezialkarte desk. u. k.Generalstabes 1:75 000

allermeisten tragen Jahreszahlen von 1848 herwärts. Laut verlässlicher Mitteilungen findet man bei Pa sching, Hörsching u . s. w . Vierkante von 1790 bis 1800 ; aber im allgemeinen sprechen alle Anzeichen

unterscheidet genau die beiden Typen Vogelweider

dahin, dass die reinen Vierkante, wo also alle vier

und Vierkant durch Charakterisierung der Grundrissform . Man kann somit ohne besondere Mühe

Ecken aus den ehemaligen Hof bestandteilen fertig geschliffen sind, alle moderne Umbauten darstellen. Die Fig. 92 , 93 bieten ein Beispiel, nicht einen

Fig. 90, Speichmühle im Haselgraben, nördlich von Linz , zeigt das fertige, Fig. 91 ein verfehltes Produkt der allmählichen Umwandlung.

die genaue Grenzlinie des Vogelweiders ermitteln .

.

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

251

etwa feststehenden Typus, der inneren Einteilung. | hinausgewachsen. Es sind individuelle Bauten von wechselnder Einteilung . Fig. 93 zeigt das Obergeschoss ( »den ersten

teile. Das „ Vorhaus« ist hier durch einen Gang

Stock « ), dessen zahlreiche Fenster, ebenfalls 15-18

bis 45 50m Quadra tseite

Der gegen Süden gewendete Wohntrakt enthält ausser dem Göpelraum nur eigentliche Wohnbestanddurchquert; Kinder- , Fremden- und Gesindezimmer Scheuer mit 2 Tennen




r | Wagen.

IHIHTO Tennel

Schupfen

Tennel

glast sind , wie jene des Erdgeschosses, und beim

äusseren Anblicke die Bestimmung der Räume nicht vermuten lassen .

Das Grundgesetz des ausgebildeten Vierkants ist Raumverschwendung. Der Besitzer eines kleinen Gutes mit sehr grossem Vierkant (Auer , nördlich Linz), welch letzterer 1866 den abgebrannten alten

Durchfahrt

Durchfahrt

Hof (Vogelweider) ersetzt hat, hat mich auf meine Frage über das Missverhältnis und die Erhaltungs

Schafe Dünger

kosten belehrt, » man mache zwei Tennen mit recht

Kühe 18

9Pferde

hof

langen und breiten Speicherfächern, damit die Knechte

die ,Fechsung (Erntefrüchte) nicht so hoch aufzu

-G ,

Isch

la | Kameraet Schlaf zimmer sinde hout

,

Gang

Gred

türmen hätten « . Das ist natürlich ein nachträglich ersonnener Scheingrund. Die grossen Bauernkasernen mit 45-55 Fenstern auf drei Fronten, also mit 90 bis 108 Fenstern im Ganzen, sind Modesache und entsprechen der Besserung der bäuerlichen Lage durch Kaiser Josef II . und durch die Reformen von 1848 9,

*= 60 circa

Vor haus 1.

Kam : 1 mer

in den Vorder- und den Seitenfronten , meist ver

Die

B \ Flur

多图

Stübl

Fremde Kinder Küche

Göpel. Jv G = Gaststall. W = Wohnstube.

I.IL B - Backstube .

15-18 Fenster Front.Erd-, Obergeschofs,Dachraum

dem

herrischen Sinne der Bauern , ihrer Eitelkeit,

dem Wetteifer und ihrem geringen ästhetischen Sinne. Mehrere Kleinbauern haben mir mit einer gewissen

Scham anvertraut, vihr Gehöft (Vogelweidtype) sei

Fig . 92 .

nicht schön und wenn man mehr Geld hätte, würde

Oberösterreichisches Gehöft; Type von S. Florian südl. Linz. (64 Joch Acker, 15 Joch Wiesen, 10 Joch Wald. 1 Joch 916 ha )

man es umbauen « , d . h . in einen reinen Vierkant verwandeln .. — Brände und Versicherungsanstalten befördern im Lande diesen Umwandlungsprozess.

(Weltausstellung 1873. )

sind eingefügt. Einigermaassen typisch ist in solchen Höfen geworden , dass sich der Kuhstall meistens rechts, der Pferdestall links befindet - aber im all

gemeinen sehen wir diese Bauwerke über das Typische

Der Anblick des Vierkants ist seltsam .

Der

Fremde wird nicht klug daraus , wenn er , wie in Pasching, Thening u . dgl. einige derselben im Haufen dorfe eng vereint sieht, riesige

wie

Wale in einem

kleinen Fischteiche. Für Herrensitze sind sie schon

vermöge der Strohdächer nicht genug vornehm , für Oberraum der Scheuer Fullervorräte .

U

Bauernhöfe möchte man sie nicht halten.

1

Gehöfte von sieben- bis achtfensterigen Fronten, also von höchstens 48 Fensteröffnungen , welche dann einem

Heuboden über dem

Vorhaus

Einfahrt

Seite entsprechen , sind

natürlich weniger monströs und oft mit ihren Wein und Aprikosenspalieren, mit ihren Baumgärten sogar traulich .

Malerisch ist keines .

Der Wohntrakt ist zumeist aussen, stets innen

geweisst , die Wirtschaftstrakte sind meistens in dunkelrotem Ziegelrohbau gelassen. Im Granitbe reiche herrscht Bruchsteinmauerwerk vor. Das Stroh

dach ist die Regel . Firstzierden sind an Vierkanten

UNIT

Oberkasten

1 Futter . I böden

| Kuhstall | 1 und der 1

Quadrat von 28 m

Kleinere

nicht gebräuchlich ; niedere Bodenfenster sind häufig. Getreide 1 Z

Speicher schültboder

2. Ximmer des Bauern uu Bäuerin Im Vorhaus unten u oben die Einheix Oben

Selchkuchel Fig . 93 . Obergeschoss.

Je nach der Anzahl der Wohnungen sind ein bis zwei Schlote, selten mehr .

In der Geschlossenheit und Einheit des Daches , dessen vier Firste meistens

in derselben Horizontalebene liegen , in der quadratischen Geschlossenheit des ganzen Hofgebäudes , dessen vier Trakte nicht wie verschiedene individuelle Haus

elemente, sondern kasernartig auftreten ,

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch - Columbia.

252

liegt die Charakteristik des reinen Vier- , Fig. 87 zeigt eine Flur an der Seite von Stube und Kammer und ausnahmsweise mit dem Stalle durch

kants.

Fig. 94 stellt ein sehr gebräuchliches, geschnitztes eine Thüre verbunden . Es wäre somit hier eine (ausgestemmtes) Thürornament dar. Oft sind dessen Abart jener Form, welche in Altaussee » Kreuzhaus« grössere Flächen silberweiss, die Säume grün ange-

heisst, wo also die Wohnräume neben der Flur an

strichen . Dies Ornament, mit einzelnen (meist recht rohen und kunstlosen ) Heiligenbildern , z. B. die bereits a. a. 0. erwähnte Passauer »Maria Hilf«, oder die Dreifaltigkeit in der Dürerschen Auf-

geordnet sind (vgl . D. Meringer , XXI. Bd . d . M.

fassung und im Waldviertel mit der seltenen Aus-

schnitzung der Ortbretter am Schopfdache bildet das Um

und Auf der Produkte bildender Kunst am

d. Anthr. Gesellsch . Wien ). Alle anderen hier dar

gestellten Wohntrakte sind nach der Art des »Durch gangshauses« angeordnet , sind also dreiteilig ; aber auch diese zeigen alle einen wichtigen Unterschied von den Altausseer Häusern : sie sind dreiteilig, aber keine Durchgangshäuser. Der Wohntrakt hat näm lich keine Thüre , welche nicht in das Innere des

Gehöftes mündete (Fig. 81 ausgenommen ). Die Breite der Flur wechselt ; jene von Fig. 79 Querschnill derleisle ( -6

urt

ist auffallend gross. In den bis jetzt geschilderten Gehöften habe ich keine Flur gefunden , welche in ihrer Einrichtung, Anordnung oder Benützung einen anderen Eindruck , als jenen eines ungebrauchten Vor hauses gemacht hätte. Sie heissen auch überall » Vor haus .

Die Abzweigung von Küche und Kammer einer seits, von Stube und Kammer andererseits ist auch 1m

CY

in dem Typengebiete des Vogelweiders gewöhn lich ; aber der Vogelweidhof selbst (Fig. 79) und der Haiderhof (Fig. 80), also gerade jene Gehöfte, welche ich für streng typisch halte , haben beiderseits der Flur bloss ein Gemach. Fig. 79 zeigt allerdings angeflickte Bedarfsbauten in untypischer Weise.

An Beleuchtungs- und Heizanlagen ist wenig Fig . 94 . Thürtype an reicheren Bauernhöfen .

(Gem . Ober-Bairing, nördl. S. Magdalena bei Linz.)

Bauernhause nördlich der Donau und im Bereiche

Merkwürdiges zu finden. Der modernisierte Spar herd mit Bratröhren (oder ohne solche) und die Petroleumlampe über dem Tisch hängend, haben die alten Hilfsmittel vollständig verdrängt. Ich habe

des reinen Vierkants. Nicht einmal die „Gänge« | keinen offenen Herd, keinen »Kogel« in jener Gegend am Hüttenboden haben zierlich ausgeschrittene Ge-

gesehen. Gegen den Böhmerwald und besonders

Ich habe auch Hunderte von steinernen

nördlich der Linie Sandl-Freistadt soll es aber noch

»Marterln « , deren älteste dem 16. Jahrhundert und der Spätgotik entstammen , betrachtet, habe in alle Kapellen hineingeblickt und nirgends das holde Walten der Kunst wahrgenommen . In Kapellen herrscht jetzt die Lithographie. In der Ecke der oberösterreichischen Bauernstube, wo der Esstisch steht , ist meistens ein Kruzifix, stets eine Gruppe von Heiligenbildern aufgehängt; und diese Bilder

ärmliche Wohnhäuser von primitivem Ansehen und sehr altartigen Einrichtungen geben.

länder.

( Fortsetzung folgt.)

Im Hochgebirge der Kaskaden

zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia .

sind meist rohe Glasmalereien, bei Sandl (nordöstlich Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio).

Freistadt) nach der Schablone mit Oelfarben geklext. Die verwendeten Blumenornamente dieser Bilder

Es war ein wundervoller Abend in der ersten

deuten , sowie die Bemalung der älteren Truhen

Hälfte des September 1887, als ich in leichtem Kanoe,

und Kasten , auf sehr alte Muster. Die Sandler

gerudert von zwei Indianern , die dem bei Lytton

Hausindustrie der Glasbildermalerei ist bis auf einen ansässigen, grösstenteils christianisierten Stamme der Rest eingegangen , die Glasbilder gehen allmählich

Thompson-Kappamuck oderSkwapamuch angehörten,

zu Grunde und Lithographien treten an ihre Stelle. Was den eigentlichen Wohntrakt betrifft, so befindet sich derselbe allerdings im Vogelweider

in Gesellschaft meines Begleiters Hoyer und eines

(beim Vierkant selbstverständlich) zuweilen mit einem der Ställe unter demselben Dache, aber er ist ohne

Ich hatte die Absicht , in das Innere der Kas

kaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake ein

jede Ausnahme durch eine Hauptmauer von dem

zudringen , welche eine von Weissen noch nicht

Schottländers Namens Bell auf das rechte Ufer des Fraser- River übersetzte .

-

selben abgetrennt und ohne innere Verbindung. I besuchte und unerforschte Wildnis einschliessen .

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia. Die Sonne schickte sich eben an hinter die

mächtigen Gipfel der Kaskaden , die das Thal des Fraser dominieren, binabzutauchen , als unser Kanoe über den rasch dahinströmenden , prächtigen Fluss dahinschoss, dessen Wellen, von den letzten Strahlen des scheidenden Tagesgestirns getroffen , wie flüssiges Gold glänzten .

Nach etwa halbstündiger Fahrt landeten wir rechten sandverwehten Ufer des Flusses,

auf dem

man

253

vor Jahren bis 20 Dollar pro Tag erhielt.

Als wir ungefähr eine Stunde längs der Ufer des Flusses dahin gewandert waren , bogen wir links ab und gelangten längs eines krystallhellen, von Ge büsch umsäumten Gebirgsbaches hinaufsteigend zu einem Indianerdorf, dessen armselige Blockhütten, von verwilderten Gärten umgeben, weithin über ein mit Rasen , Gebüsch und kleinen Nadelholzbestän den bedecktes Plateau zerstreut waren .

In

dem

welcher von steilen , terrassenartigen Kiesbänken, sogenannten Benches, eingefasst wird , die sich oben verflachen und sanft ansteigend bis an den Fuss

kleinen Dorfe war es totenstill , da die Indianer dasselbe momentan verlassen hatten , um nomadi

der Berge hinaufziehen .

nachdem

sierend in den Bergen herumzuschweifen.

Kurz

wir das Indianerdorf hinter uns hatten ,

Diese durch die Einwirkung des Flusses ent- 1. kamen wir bei der Ansiedelung eines Schottländers standenen

Bänke erheben sich

hier öfters etwa

vorüber, dessen freundlich gelegenes Haus von einem

100—200 Fuss und mehr über den Wasserspiegel

hübschen Apfelgarten umgeben war , in dem sich

und tragen eine nur spärliche Bewaldung , welche

die Bäume unter der Last der Früchte beugten . Trotz der nördlichen Lage dieser Gegend zieht man hier nicht allein Aepfel, sondern auch Birnen, Pfirsiche, Kirschen und Wassermelonen , welche in

hauptsächlich von Pinus ponderosa und Pinus ponderosa var. scopulorum, denen an manchen Stellen

Abies Douglasii beigemischt ist , gebildet und von

einem ebenso spärlichen Unterholz durchzogen ist, folge des heissen , an tropfbaren Niederschlägen Shepherdia das durch verschiedene >

Rosen , Ribes , canadensis, Amelanchier alnifolia , Berberis repens,,

armen Sommers sehr gut zur Reife gelangen.

Symphoricarpus occidentalis u . s. w . repräsentiert

Nachdem wir die Ansiedelung verlassen hatten, ging es abwechselnd über hübsche Matten , mit Ge

Mein Indianer , welchen ich schon einige

büsch , Geröll und Koniferenbeständen bedeckte

wird .

Tage vorher zum Tragen unserer Effekten engagiert

Stellen zu einem hübschen , dünn bewaldeten Plateau,

hatte und der hier eine kleine Farm auf der Ufer-

welches sich hart am Fusse des Gebirges ausbreitete und von einem kleinen , silberhellen Bache durch

terrasse des Flusses besass , war noch nicht angekommen , traf aber kurz nach unserer Landung, von

unserer Ankunft durch ein mehrmaliges lautes Hoiho unseres Schottländers benachrichtigt, mit zwei Ponnies bei uns ein .

Skaggai , so hiess unser Indianer, war ein hübscher, noch junger, intelligent aussehender Mann

flossen wurde , dessen Ufer mit Weiden , Alnus

rhombifolia (?), Prunus demissa und noch verschiedenen anderen Sträuchern bewachsen waren .

Da unter

dessen die Dämmerung hereingebrochen war , so bereiteten wir unter einer breitästigen Douglastanne das Lager aus den duftenden Zweigspitzen dieser

von schlanker Statur, den man , wäre sein hell Konifere, während unser Indianer das frugale Nacht kupferbraun es Gesicht nicht gewesen , ganz gut für essen kochte , nach dessen Einnahme wir uns zur einen Weissen hätte nehmen können , zumal da er

Ruhe begaben , da wir am nächsten Morgen zeitig

fliessend englisch sprach und wie die Weissen dieser Gegend gekleidet war. Sein Kopf war oval geformt

aufbrechen wollten .

und näherte sich mehr dem eines Kaukasiers, als

Temperatur betrug zwischen 17-18 " Celsius , wir

dem eines Angehörigen der amerikanischen Rasse. Er gehörte dem Stamme der Kapamuck oder Skwapamuch an , welcher sich durch manche körperliche Vorzüge und Intelligenz vor vielen anderen Indianerstämmen Br. Columbiens auszeichnet und sich dazu bequemt hat, wenigstens im Winter feste Wohnsitze zu beziehen .

Nachdem unsere Sachen auf die beiden Ponnies

gepackt waren , ging es langsam flussaufwärts, teils über Geröll, teils durch tiefen Flugsand, in den wir

oft bis über die Knöchel einbrachen. Ab und zu passierten wir eine Stelle, wo der Boden auf weite

Strecken nach darin verborgenen Schätzen durchwühlt war .

Der Fraser führt nämlich Gold, dessen

Die Nacht war ausserordentlich warm und die

hatten daher unser Zelt nicht aufgeschlagen , son dern schliefen unter dem klaren, sternbesäeten Him

mel, eingewiegt durch das leise Rauschen der Tannen und das Murmeln des kleinen Baches.

Am folgenden Morgen brachen wir schon um 6 Uhr auf, um den Weitermarsch thalaufwärts an >

zutreten , während die beiden Ponnies , welche wir nicht in die Wildnis mitnehmen konnten , mit einem Indianerknaben zurückgesandt wurden. Der Pfad lief eine Zeit lang längs des Plateaus dahin , dann

lebogen wir links ab

und stiegen in das an seinem

Eingang sehr enge Thal hinab , aus welchem der wilde Gebirgsfluss, Ste- in -River genannt , brüllend und schäumend hervorbricht und sich in den Fraser

Menge vor 20-30 Jahren eine sehr bedeutende war River ergiesst , seine Umgebung mit Steinen und und durch Tausende von Goldwäschern ausgebeutet | Geröll überdeckend. wurde. Jetzt beschäftigen sich damit nur noch Auf beiden Seiten des Flusses steigen steile

Chinesen und Indianer , welche im Durchschnitt Felswände aus einem grauen krystallinischen Ge täglich für etwa 2 Doll. Gold auswaschen, während stein bestehend auf, und es blieb oft kaum Raum

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.

254

für den schmalen Indianerpfad , welcher beständig

Zeichnungen bedeckt waren , welche ich, soweit sie

längs des Flusses thalaufwärts führte.

noch gut sichtbar waren , auf Papier übertrug. Sie waren mit einer roten Farbe angefertigt, und stellten verschiedene Figuren und Zeichen dar, welche ich mir zum Teil nicht zu erklären vermochte. Längs

stürzten Wildbäche

von

den

Manchmal

tannenbewachsenen

Felshängen herab , welche auf Baumstämmen überschritten werden mussten . Nach etwa zweistündiger

Wanderung fing das Thal an sich zu erweitern,

den Ufern des Flusses wuchsen schöne grossfrüch

die Felswände traten zurück und machten sanft an-

tige Rosenarten , ferner Alnus incana var. virescens,

River ser Fra

steigenden mit Felsen übersäeten Abhängen Platz , über welche sich lichte Coniferen wälder binzogen , welche aus Abies Douglasii, Pinus ponderosa und Pinus Murrayana gebildet wurden.

miltelit,

sittskating ,

sie - in

Riv

er

‫درت‬

son

‫الار‬

mp Tho v

ORLiyt. ton

x Schneegipfel

Schieferberg • Lagerplatz



AA

See nur nach Alutmassung Ungefähre Karte des Ste-in -River und Umgebung,

$

Kaskaden -Gebirge in Br.- Columbia .

Kurz vor Mittag kamen wir zu einer offenen A

Stelle hart am Ufer des etwas sanfter dahinströ menden Flusses. Wir hielten hier kurze Rast , um

unser frugales Mittagsmahl zu bereiten , während unser Indianer zum Fluss hinabstieg, um zu fischen . Als Köder benutzte er die roten Beeren von Arcto

staphylos Uva ursi und die Leber eines unterdessen von Bell erlegten Eichhörnchens, hatte aber leider nur wenig Erfolg, denn er brachte nur zwei der delikaten Forellen mit , welche an Wohlgeschmack

Indian sche Zeichnungen aus dem Thale des Flusses bei Lytton , Br.- Columbia .

anderthalbstündigem Aufenthalt brachen wir wieder

Populus balsamifera , Populus tremuloides u . s. w . Manche Stämme waren von Bibern halb abgenagt,

auf und marschierten langsam weiter. Das Thal erweiterte sich noch etwas, die Wälder fingen an dichter zu werden und wurden aus

Dämme, oder zum Abnagen der Rinde fällen. Ich habe jedoch niemals gesehen , dass die

unserer Bachforelle nicht nachstehen .

Nach etwa

welche dieselben entweder für ihre Bauten und

Abies amabilis, Abies Douglasii, Tsuga Mertensiana, Tiere andere Bäume als Pappel- oder Weidenarten

Thuja gigantea und Pinus Murrayana gebildet, wäh- gefällt bätten. Man trifft den Biber deshalb auch rend Pinus ponderosa zurücktrat, ein Beweis, dass

nur da, wo diese Holzarten vorkommen, auch wenn

die Menge der tropfbaren Niederschläge zunimmt.

die Bedingungen zu seiner Existenz vorhanden sind .

Rechts dehnten sich weite mit Felsen und Gestein

In einem Gebüsch trafen wir ein kanadisches

bedeckte Flächen aus, während sich links steile, felsige oder mit Felsen übersäete Abhänge bis an den Fluss hinabzogen. Den Hintergrund bildeten mächtige, dachartig sich zuspitzende Berggipfel, an

Stachelschwein , welches sich langsam , weil im

welchen noch kleine Schneefelder zu sehen waren

bewehrten Rücken und Schwanz einen merkwürdigen

und die etwa 6—7000 Fuss hoch sein mochten.

demselben hin , auf der linken Seite begrenzt von

Eindruck macht. Es ist ganz harmlos, greift man es aber an , so sträubt es seine halb weissen , halb schwarzen etwa 6-8 Centimeter langen Stacheln und schlägt mit dem Schwanz um sich, so dass die Stacheln nach allen Richtungen fliegen. Diese

steil emporstrebenden , nicht hohen Felsen , deren

Stacheln haben kleine, kaum bemerkbare Wider

glatte Wände manchmal ganz mit indianischen

haken und sind ins Fleisch eingedrungen nur schwer

Ueber eine Weile rückten die Berge wieder näher zusammen , das Thal verengerte sich , der Pfad näherte

sich

dem

Fluss und lief nun dicht an

Klettern nicht gewandt, auf eine Tanne retirierte . Das kanadische Stachelschwein (Porcupine) ist ein sonderbares Geschöpf, welches mit seinem stachel

1

Litteratur.

wieder herauszuziehen . Seine Hauptfcinde sind der schwarze Bär und der Indianer, welche ihm eifrig

nachstellen. Fleisch sehr schmecke.

Unser Indianer sagte mir, dass das zart

sei

und

wie Schweinefleisch

Gegen Abend trafen wir auf eine offene Stelle

dicht am Flusse und umgeben von dichtem Hoch wald , welcher aus Abies Douglasii , Thuja gigantea, Abies amabilis und Tsuga Mertensiana gebildet wurde.

Die Ufer des Flusses waren von verschie-

denen Laubhölzern umsäumt, gebildet aus Alnus, Betula papyrifera , Populus und Weiden. Ringsum

255

1890 , S. 560 , und 1891 , S. 139 gedacht wurde, nunmehr be endet und eine zusammenfassende Betrachtung desselben ermög licht. Die Schlusslieferung enthält 5 Blätter, von welchen Nr. 15 (Adalia) eine berichtigte Neuauflage der Kiepertschen Karte zu Benndorfs und Niemanns Reisen in Lykien darstellt.

Für die übrigen Blätter (6 Kintahia , 9 Afun-Karahissar, 11 Aïdin , 12 Isparta) sind die wichtigsten Quellen neben den Vermessungen der Eisenbahningenieure und des Verfassers letzten Reisen in

Karien (Bl. 11 ) die Ortsbestimmungen des österreichischen Geo logen Bukowski und namentlich die ausgedehnten Beobach tungen und Triangulierungen des Archäologen Ramsay , dessen grosses Werk »Historical geography of Asia Minor « , London 1890, eine Art von ergänzendem Kompendium zu unserer Karte darstellt. Mitten in die mühsame Arbeit des Kartographen, der

oft eben gewonnene Resultate wiedler modifizieren und zerstören

erhoben sich sehr steil abfallende, bis 6000 Fuss

muss , wenn sein Material anwächst, führen uns die » Begleitworte «

und darüber hohe Berge, deren schroffe Wände bis hoch hinauf mit Tannen bedeckt waren .

ein ; sie enthalten Angaben über die administrative Einteilung, die auch in einer eigenen Uebersichtskarte ( leider mit Erläute rungen auf der Rückseite !) dargestellt ist, ferner Berichtigungen

Unter einer Gruppe prachtvoller Cedern ( Thuja

zu den älteren Lieferungen und die Rechtfertigung einer Ver

gigantea) schlugen wir das Lager auf und beschlos sen die Nacht hier zu verbringen.

schiebung in der Konstruktion , durch welche ein Oertchen zwei mal auf der Karte erscheint ( Tscheltikdji kiöi, Blatt 8 und 9) .

Unser Indianer buk Brot in einer Pfanne,

Die versprochenen ausführlichen Erläuterungen sind leider

welche er schief gegen die Glut unseres Lagerfeuers

auch der Schlusslieferung nicht beigegeben worden . So schmerz lich dieser Verzicht den einen oder anderen auch berühren mag , so wäre es doch ein fast unbilliger Anspruch , die Arbeitskraft des Verfassers , die sich immer neuen , grösseren Aufgaben zu

aufstellte.

Die Nacht war ziemlich warm und die Tempe-

ratur betrug nach Sonnenuntergang + 14-15 " wendet, davon abziehen zu wollen. Mit ehrfurchtsvollem Dank vielmehr die Gaben entgegennehmen , die uns die

Celsius.

Als am folgenden Morgen die Sonne über die Berge emporstieg , befanden wir uns schon wieder auf dem Marsche flussaufwärts.

Der Pfad , welcher

müssen wir wahrhaſt Rank e sche Rastlosigkeit des greisen Kiepert bietet.

Dass sich eine Karte kleinasiatischer Landschaften in dem

Maasstabe 1 : 250000 nicht an das grosse Publikum wendet, be

bisher passabel gewesen war, wurde nach und nach schwieriger. Er zog sich über kleine Felsenmeere,

darf keiner Erörterung.

bald durch dichtes Gebüsch und über von den Bergen

für die Forschungsreisenden aufgefasst, deren Aufmerksamkeit

herabstürzende Wildbäche. Das Terrain fing allmählich

Der Verfasser hat dieses Werk , wie

wohl das meiste , das er geschaffen , wesentlich als Hilfeleistung Kleinasien in vollstem Maasse verdient.

Und es ist klar , dass

ein Hilfsmittel, wie dieses, auf die Wahl des Reisegebietes von

an zu steigen , und gegen Mittag erreichten wir eine Lichtung, welche sich nach rechts verflachte , nach links aber von steilen , mit mächtigen Felsblöcken und Geröll bedeckten Hängen begrenzt wurde. Da ein Weitermarsch längs des rechten Ufers

jener Landschaft in ihrem

des Flusses nichtundmehrundurchdringliche möglich war , daUrwälder Felsen, steile Abhänge

schöpfend wiedergibt und dadurch gleichsam zu einem historischen Dokumente fiir alle Zeit wird . In Einzelheiten , ja

Einfluss werden kann : zeigt doch eine solche Karte dem ver ständnisvollen Betrachter manchmal Probleme an , die ihm bisher entgangen waren . Der Wert der vorliegenden Karte ist jedoch

damit nicht erschöpft: ihre Bedeutung gewinnt sie dadurch, dass

sie die Kunde der europäischen Wissenschaft von heutigen Stande er.

den Weg versperrten , so setzten wir auf das linke

in grösseren Partien » veraltet « ein solches Werk (wir sehen dies

Ufer über.

Die Ueberfahrt wurde in einem kleinen Kanoe

am besten an den Karten von Afrika) in kurzer Zeit und bedarf einer öfteren » Evidenthaltung «. Als Ganzes aber wird dieser Atlas für lange Zeit Grundlage und Richtschnur bleiben . Für

bewerkstelligt , welches wir angebunden im Flusse

die Gegenwart ist die Gewährung einer derartigen Uebersicht

vorfanden . Dasselbe war nur etwa 15 Fuss lang

über unser Wissen und seine Lücken auf engerem Gebiet von

und 3 Fuss breit und konnte daher nur je zwei Mann fassen . Nachdem der Indianer unser Gepäck hinübergebracht hatte, kam mein Begleiter und dann ich selbst an die Reihe, während Bell und der Indianer auf einem Floss, dessen Anfertigung eine

höchstem Werte : und es gehört gerade diese Bezugnahme auf ein bestimmtes Datum zu den eigentümlichen Reizen des Werkes.

eingezeichnet, dass die Karte gleichsain zum Buch wird !

ziemliche Zeit in Anspruch nahm , übersetzten, weil

kartographischen Darstellungen nicht vermessener Gebiete sollte

das Kanoe an seine alte Stelle zurückgebracht werden musste .

Wo findet sich sonst in solcher Schärfe , wie auf diesen Blättern , das Sichere und das Zweifelhafte in Namen , Grenzen und Ortslagen durch Schrift und Signatur von ein .

ander gesondert , wo die Quellen in solcher Genauigkeit Bei

durchaus so vorgegangen und die Hypothese deutlich ausge aber wie selten geschieht es . Und wie oft

schieden werden

(Fortsetzung folgt.)

erspart es nicht umständliche Miihewaltung, wenn man auf einer Karte , so wie hier , sofort ersehen kann , welchem Reisen

den eine Höhen zahl oder sonstige Angabe zu ver danken ist . Vielleicht wäre sogar für manche Zwecke eine reichlichere Einzeichnung von Itineraren noch erwiinscht ge

Litteratur . Specialkarte des westlichen Kleinasien von H. Kie

wesen .

Berlin , Dietrich

Belehrend ist auch eine Vergleichung der Terrain dar stellung in den besser und schlechter durchforschten Partien .

Durch die Ausgabe der vorliegenden Lieferung ist II . Kieperts grosses Unternehmen , dessen bereits im „ Auslanda,

Während namentlich an den Küsten und Inseln gelegentlich das

pert. 15 BI. 1 : 250 000. 3. Lieferung. Reimer . 1891 .

reiche Detail fast den topographischen Leberblick erschwert,

Litteratur .

256

bringt selbst in den an »weissen Flecken « reichsten Partien die

Die vorliegende Schrift ist , wie der ihr auſgedruckte Doppel

angewandte Schummerung einen anschaulichen Eindruck der Bodengestalt und Gebirgsrichtungen zu Wege. Nur ganz selten

titel besagt , Bestandteil eines weit ausgedehnteren Unternehmens,

wird dies Bild durch einen technischen Mangel etwas gestört .

welches von der Centralkommission für schweizerische Landes

So ist auf dem sonst sehr schönen Blatte 11 der eine oder andere

kunde ediert werden soll und eine vollständige Bibliographie aller auf die Schweiz als solche bezüglichen Litteraturprodukte

Flusslauf des Baba Dagh (Salbakos) ein wenig aus seiner Thal .

zu bieten bestimmt ist .

rinne gegen das Gehänge zu verschoben ; aber gerade solche

an der Universität Bern , hat die Kartographie im weitesten

Einzelheiten würden nicht einmal auffallen, wenn die Ausführung

im einzelnen zu verfolgen , ist hier unthunlich , da man dazu in

Wortsinne übernommen und liefert uns hier eine Probe staunens werten Fleisses und liebevoller Hingebung an den stellenweise doch immer trockenen Gegenstand . Allerdings gebrach es ihm nicht an guten Vorarbeiten , wie z . B. Rudolf Wolfs » Geschichte

topographische und archäologische Einzelheiten eingehen müsste ').

der Vermessungen in der Schweiz « eine solche darstellt, und

Wie gross der Fortschritt im ganzen sich darstellt , zeigt ein vergleichender Blick auf die ältere Kiepertsche Karte der

eine grosse Anzahl von Mitarbeitern hatte sich dem vaterländi schen Werke zur Verfügung gestellt , allein die Aufgabe des Herausgebers, welcher jedes einzelne Stück zu prüfen und

des Ganzen nicht so vortrefflich wäre.

Die Bereicherung unserer Kenntnis, welche die Karie bringt,

asiatischen Türkei ( 1884) oder auch auf Originalkarten, wie z. B. jene von Diest liber Nordwest-Kleinasien in 1 :: 400 000 , um

Herr Graf, Professor der Mathematik

zu katalogisieren hatte , war deswegen doch noch schwierig genug und verdient wie überhaupt so im besonderen deswegen

von den oft allzu schematischen russischen Karten ganz zu schweigen. Dieser Fortschritt zeigt sich sehr wesentlich auch

unseren Dank .

in der Nomenklatur , deren Festlegung in dieser sprachen reichen Landschaft besondere Schwierigkeiten darbot. Dieselben vergrösserten sich namentlich durch die Frage , ob türkische Eigennamen schriftgemäss oder nach der örtlichen Aussprache

Schweiz und ihre einzelnen Teile bezüglichen geodätischen Ope rationen gestellt, wobei sich manch Interessantes vorfindet. Von

zu schreiben sind . So ist z. B. Kyzyldjaly Kieperts identisch mit Kirdschalia bei Diest . Aehnlich stellte sich die Frage in

Bezug auf die Schriftsprache und Vulgärsprache im Griechischen. Kiepert hat wohl auch hier das Richtige getroffen , indem er eine prinzipielle Entscheidung vermied und der Verständ lichkeit in erster Linie nachstrebte. Er bemühte sich, soweit ihn nicht der Zustand der Quellen hierin behinderte, sowohl die örtliche Aussprache , als auch die etymologisch wichtige Schreibung erkennen zu lassen. Im ganzen überwiegt bei türkischen Namen die letztere. In der Transskription er klärt Kiepert dem Schema der Pariser Geographischen Gesellschaft zu folgen , allerdings nicht in der Form , welche dieses zuletzt angenommen hat. So sind die Vokale u , ö , ü auf deutsche Weise und unser sch durch sh bezeichnet worden ,

während allerdings tsch durch tch wiedergegeben wird . Nur hie und da (z. B. » Tschînâr « nahe dem rechten Rande von Blatt 7) ist wohl durch Schreib- oder Druckfehler das deutsche » tsch « stehen geblieben. Schreiber dieser Zeilen kann die er wähnten Abweichungen von dem von ihm bekämpften Pariser System nur billigen : wenn man sich die Erörterungen Kieperts in den Begleitworten vor Augen hält, bleibt wohl jeder erheb lichere Irrtum in der Auffassung der vorkommenden Namens

formen ausgeschlossen. Von welchem Gesichtspunkte aus wir auch das vorliegende Werk betrachten mögen, erscheint es gleich belehrend und gleich bewundernswert. Als Versuch , eine lückenhaft erforschte Land schaft in einem so speciellen Maasstabe darzustellen , steht es wohl einzig da; eine' Karte grösserer Teile Afrikas in ähnlichem Maasstabe , also dreimal so gross als Junker -Hassensteins Karte, ist wohl noch nicht versucht. Sollte sie aber in Angriff genommen werden , so wird wohl Kieperts Methode, das

genau Bekannte mit dem Unaufgeklärten zu einem gefälligen Gesamtbilde zu vereinen , dabei als Vorbild dienen können . Auch schon für die Frage, wie sich die lückenreicheren Teile

der von Penck vorgeschlagenen Erdkarte in 1 : 1 000 000 dar

An die Spitze ist Geschichte und Litteratur der auf die

neuem wird klar, wie bedeutende Verdienste sich der von seinem

Vaterlande so hart verfolgte und erst durch Herrn Graf in seine politischen und wissenschaftlichen Ehrenrechte wieder voll ein gesetzte Berner Micheli du Crest um die Mappierung des heimischen Ländchens erworben hat . Bei solchen Schriften , deren minder bekannter Inhalt einen solchen Hinweis wünschens

wert macht, wird kurz angegeben , um was es sich dort haupt sächlich handelt, oder auch , in welchen Zeitschriften eine kritische

Besprechung darüber erschienen ist .

Der das Buch zu Rate

ziehende Geograph orientiert sich leicht , wenn er in einer be stimmten Angelegenheit, etwa wegen der Seelotungen oder Gletschervermessungen , sich Rats erholen will . Es folgt die natürlich nur wenig Nummern aufweisende Uebersicht der Kata

loge und Kartensammlungen und hierauf die Liste der eigent lichen Karten , beginnend mit der Tabula Peutingeriana, die wir aber doch , nachdem die Castorius- Hypothese so wohlbe gründeten Widerspruch erfahren hat, nicht gerade mit einer be stimmten Jahreszahl in Verbindung bringen möchten . Die älteste

Karte der Eidgenossenschaft rührt hier von Konrad Fürst, welcher eine solche seiner » De situ confoederatorum descriptioe

( 1495-97) beigab ; Tschudis Arbeiten , die da gewöhnlich zu erst genannt werden , erscheinen in der hier gegebenen Zusammen stellung erst an viel späterer Stelle. Aus dem 17. Jahrhundert sind die Karten Gygers als in ihrer Art vortrefflich , weil auf

richtiger geometrischer Grundlage basiert, hervorzuheben. Nach dem die topographischen Karten der Gesamtschweiz aufgezählt und kurz gekennzeichnet sind, folgen die hypsometrisch-orographi schen, geologischen, historisch -archäologischen , verkehrs-geogra phischen , statistischen und militärischen Karten , wogegen Forst

und Kulturkarten bis jetzt nicht vorhanden sind ; auch der auf die Schweiz Bedacht nehmenden Atlanten gibt es eine stattliche Zahl .

Ganz ungemein gross aber ist natürlich die Menge der

einzelne Teile schweizerischen Gebietes darstellenden politischen und topographischen Karten, welche übersichtlich zu gruppieren die stärksten Anforderungen an Geduld und Kraft des Heraus gebers gekostet haben mag. Ein gründlich gearbeitetes Register, ein Vorzug , dessen kein derartiges Werk

entraten

sollte , stellen lassen, mag die genaue Betrachtung dieses Atlasses wert schliesst die dankenswerte Schrift ab , deren Autor — aus dessen volle Fingerzeige geben. Feder das » Ausland« demnächst einen sehr bemerkenswerten Wien .

Rob . Sieger.

Beitrag bringen wird sich die Anerkennung aller Geographen, die vielleicht durch ihre Arbeiten einmal mit der Schweiz in Landesvermessung und Karten der Schweiz, ihrer Berührung kommen , gesichert haben dürfte. Die Ausstattung Landstriche und Kantone. Herausgegeben vom Eid lässt nichts zu wünschen übrig; auch ist dem Berichterstatter genössischen topographischen Bureau (Chef: Oberst J. J. Loch nur ein einziger, vielleicht störender Druckfehler (S. 27 Ilyla mann ). Redigiert von Prof. Dr. J. H. Graf. Bern . Verlag complus statt Hylacomilus) ausser den im Vorworte selbst von K. J. Wyss. 1892. XVII . 193 S. 8º. S. Günther. namhaft gemachten aufgefallen . 1) Es sei hier auf die höchst beachtenswerte Besprechung der beiden ersten Lieferungen durch Martin Hartmann in den Verhandlungen

Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger

der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin 1890 , S. 420, und 1891 , S. 202 ver

in Stuttgart .

wiesen , unter dessen Wünschen besonders derjenige nach einer beizugebenden alphabetischen Namenliste hervorgehoben zu werden verdient

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 17.

Stuttgart, 23. April 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart.

Quartal M. 7.-

Preis pro

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

CRI:

In- und Auslandes und die Postämter .

GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5,zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Drei Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München ). I. S. 257 . - 2. Comenius als Geo graph und Naturforscher. Von S. Günther. (Schluss.) S. 260. 3. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem

Lillooetlake in Britisch -Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Fortsetzung.) S. 264.

4. Arbeiterleben auf den

Tabakpflanzungen Sumátras. Von W. Danne (Deli auf Sumátra ). S. 267 . - 5. Geographische Mitteilungen. (Murray ; Erweitertes Museum für Völkerkunde in Leipzig ; Sibirische Universität.) S. 270 . 6. Litteratur. ( Schiffner; Kerner von Marilaun . ) S. 271 .

Drei Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München ).

zeichnen und uns selbst unnötiger Abschweifungen zu enthalten, haben wir es als das Beste empfunden, zunächst die Worte des Vorstandes der Gesellschaft

für Erdkunde zu Berlin , welche derselbe dem Werke

I.

Die Geschichte der Wissenschaften hat in den

letzten Jahrzehnten einen so hohen Aufschwung ge nommen , dass dieselbe dem Fachmann sowohl, wie auch dem gebildeten Laien, als ein vollendetes Bau werk vor Augen getreten ist.

Dieses Bauwerk ge

stattet jedoch , ohne Gefährdung seiner Harmonie, noch den Aufbau neuer Stockwerke, nebst der Er weiterung seiner Annexe, sowie immer reicheren Schmuck seiner Fassaden .

Insbesondere gilt dies von der Geschichte der

Erdkunde. Was die Bestrebungen der Alten zur Erkenntnis der Grösse unseres Planeten beigetragen,

erzählt bereits die Geschichte der Gradmessungen,

voransetzte, hier wieder zu geben : » Von den grossen Kartenwerken , welche Ger hard Mercators Ruhm begründeten und von seinen Zeitgenossen als die hervorragendsten Zeugnisse karto graphischer Kunst gepriesen wurden , war bisher nur die im Jahre 1569 erschienene Weltkarte, und auch diese nur in einem einzigen Exemplare, bekannt. Das selbe war aus der Sammlung von Jul. Klaproth in den Besitz der Pariser Nationalbibliothek über

gegangen und ist von Jomard in seinen » Monu ments de la Géographie (Paris 1854-57 ) « auf acht Tafeln in getreuer Nachzeichnung abgebildet worden. Es war daher ein für die Geschichte der Geographie wichtiges

Ereignis , als Herr Dr. Alfons Heyer in

während sich uns mit der Betrachtung der Erde als einer Scheibe beginnend, dann bis zum Begriffe des Sphäroids und endlich des Geoids fortschreitend die Geschichte der Gestaltserforschung, bzw. der Ab bildung oder Erdbeschreibung entwickelt.

liche Geographie die Mitteilung machte, dass er bei

Neue Bausteine auf diesem Gebiete sind Repro duktionen von früheren Details für das grosse histo

der Weltkarte Mercators, sondern ausserdem zwei

rische Bauwerk ; sie sind für den Forscher sowohl,

für den Geographen von Fach, als auch für weitere Kreise stets eine hocherfreuliche Thatsache. Die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin hat

das unbestreitbare Verdienst, uns mit solchen neuen wertvollen Materialien versehen zu haben, und zwar durch die Herausgabe einer vortrefflichen Reproduk tion von Mercator -Karten ?).

dem

siebenten Band der Zeitschrift für wissenschaft

Gelegenheit der Ordnung der Kartensammlung der an geographischen Seltenheiten reichen Stadtbiblio thek von Breslau nicht nur ein zweites Exemplar andere, von Schriftstellern des 16. Jahrhunderts mehr fach genannte, bisher aber nicht wieder aufgefundene grosse Karten desselben Meisters entdeckt habe. Eine von ihnen ist die berühmte Karte von Europa, die andere stellt die britischen Inseln dar. » Als der Vorstand der Gesellschaft für Erdkunde

im Anfange des Jahres 1890 hievon Kunde erhielt, trat er sofort mit der Direktion der Breslauer Stadt

bibliothek in Verbindung , um die Befugnis zu er Um den Standpunkt der Herausgeber zu kenn halten , diese klassischen Schätze kartographischer

1) Drei Karten von Gerhard Mercator. Europa , Britische Inseln , Weltkarte. Facsimile- Lichtdruck , nach den

Originalen der Stadtbibliothek zu Breslau hergestellt von der Reichsdruckerei . Herausgegeben von der Gesellschaft für Erd kunde zu Berlin . 41 Tafeln . Ausland 1892, Nr. 17.

Berlin, London, Paris, 1891 .

Kunst durch Vervielfältigung allgemein zugänglich zu machen . Er fand das bereitwilligste Entgegen kommen , sowohl bei dem Direktor der genannten

Bibliothek, Herrn Prof. Dr. Markgraf, und dem Magistrat der Stadt Breslau , als auch bei der Direk 33

258

Drei Karten von Gerhard Mercator .

tion der Reichsdruckerei, welche sich zur Ausführung | lich sei, die durch Jomard bekannt gewordene der Reproduktion erbot. » Bei Besichtigung der von Breslau nach Berlin

Weltkarte noch einmal zu reproduzieren, um so mehr, als eine Vergleichung zeigte, dass der verdienstvolle

gesandten Karten wurden die Erwartungen bezüglich französische Geograph seine Aufgabe vorzüglich ge des Erfolges erheblich herabgestimmt.. Die bereits von Herrn Heyer beschriebenen äusseren Schäden

löst hat. Die Zeichnung ist bei ihm völlig richtig

wiedergegeben , und die alte Schrift ist getreu nach

traten mit voller Stärke hervor. Zwei der Karten ,, geahmt geahmt.. Allein abgesehen davon , dass er einen Europa und die britischen Inseln, waren als Ganzes grossen Teil der Legenden und die Randzeichnungen

nicht ohne faltige Verbiegungen , steif aufgespannt; ausgelassen hat, wurde es für ratsam erachtet , das die dritte war in Sektionen von der Leinwand abgenommen worden . Ein unvollkommen entfernter

bräunlicher Firnisüberzug verdunkelte Bild und

Schrift . Farbige Uebermalung , zum Teil mit dick aufgetragenen Deckfarben , erhöhte die Unklarheit an vielen Stellen. Bei der wichtigsten Karte, nämlich derjenigen von Europa , machte sich ein roh

ausgeführter Schnitt unangenehm bemerkbar, durch welchen dieselbe einst, offenbar behufs bequemeren Einrollens in ein Futteral , in der Richtung von West nach Ost in zwei Blätter getrennt worden war. Durch Ausfaserung der Leinwand an den dadurch entstandenen Schnitträndern , und wohl auch durch vorwiegendes Betasten einer Stelle hatte ins-

besondere gerade die am Niederrhein gelegene Heimatsgegend Mercators stark gelitten . » Diese Schäden beeinträchtigten zwar nicht den

Urbild von Mercator in der Schärfe wiederzugeben , welche nur die Photographie gestattet. » Trotz der die gehegten Erwartungen über treffenden Vorzüge der angewendeten Methode darf doch ein Nachteil nichtverschwiegen werden , welcher auf der unvermeidlichen Ungleichheit im Schrumpfen des befeuchteten Papiers beruht. Es haben sich da durch die auch bei anderen Kartenwerken häufig vorkommender kleinen Unterschiede im Maasstabe

der einzelnen Blätter herausgestellt. Dieselben wer den durch den Umstand verstärkt , dass auch im Original die Blätter ähnliche Fehler aufweisen . So unbedeutend sie in jedem Einzelfall sind, erschweren sie doch das Zusammenfügen der Sektionen zu einem Gesamtbild.

» Auf die Begleitung der Karten durch einen erläuternden Text ist verzichtet worden , da für die

Plan , die Karten in der Grösse der Originale fac - jenige von Europa dieausführliche, von Herrn Heyer simile zu vervielfältigen ; wohl aber mussten sie einen

gegebene Darstellung (Zeitschrift für wissenschaft

Einfluss auf die anzuwendende Methode haben . In liche Geographie, herausgegeben von Kettler , Bd . VII, zuvorkommendster Weise erbot sich der Direktor

Weimar 1890, S. 379-389, 474–487, 507–508)

der chalkographischen Abteilung der Reichsdruckerei,

als ausreichend erachtet werden kann , die Weltkarte

Herr Prof. Roese ,, keine Mühe zu scheuen, um die

in der Litteratur bereits vielfache Behandlung er

beste unter den obwaltenden Umständen mögliche

fahren hat, und die in England gezeichnete , Mer

Reproduktion zu erzielen . Die Uebertragung des photographischen Bildes auf Stein oder Kupfer bot den Vorteil , dass sich schadhaft gewordene Stellen ergänzen liessen. Doch war diese Methode einerseits wegen der Farbendeckung, andererseits wegen der hohen Herstellungskosten ausgeschlossen. Es erschien daher am zweckmässigsten, ein isochroma-

cator zum Stich übergebene Karte der britischen Inseln einer besonderen Erörterung nicht zu be dürfen schien . «

tisches Verfahren anzuwenden , bei welchem der Ab-

Was in dem letzten Absatz dieser streng sach lichen Mitteilungen ausgesprochen ist, dürfte uns fast zurückschrecken, eine Beschreibung des vor uns liegenden Werkes vorzunehmen . Allein, da wir auf eine solche in den wenigen Zeilen , die wir uns hier

druck unmittelbar von dem auf einer Gelatinehaut

gestatten , ohnedies verzichten , so werden wir zu

behandelten Negativbild stattfindet. Der Nachteil, der von Kettler bereits ausführlich besprochenen

dass hierbei eine Verbesserung der Schäden ausgeschlossen war , wurde durch den Vorteil der Her-

Europakarte nur verhältnismässig kurze Erläuterungen geben ; auch die Karte der britischen Inseln erfordert

stellung eines völlig getreuen Abbildes des Originals nur wenige Notizen , doch die Weltkarte ist noch aufgewogen.. Einige Vorversuche fielen befriedigend einer besonderen Betrachtung zu unterziehen , um aus. Doch sind die darauf gegründeten Erwartungen so mehr, als die hierüber vorhandene Litteratur nicht durch das Endergebnis weit übertroffen worden . Der für jedermann leicht zu beschaffen ist . Sorgfalt und vollendeten Meisterschaft von Herrn Die Karte von Europa, 15 Blätter in drei Roese ist es zu verdanken , dass die Kartenblätter, Horizontalreihen , Duisburg 1554 , enthält ausser welche die Gesellschaft für Erdkunde in der erfreu-

der Widmung an den »sehr zu verehrenden und

lichen Lage ist , darbieten zu können, die Originale sehr berühmten Herrn Antoine Perronet u . s . w . an Klarheit wesentlich überragen.. Selbst die auf u. s. w.« in prächtiger figuraler und ornamentaler diesen wegen des Ueberstreichens mit Deckfarbe fast Umrahmung, über welcher das Wappen des zu unkenntlichen Randzeichnungen haben eine über- Ehrenden samt dem Kardinalshute prangt, eine ziem raschende Schärfe erhalten , und die dort zum Teil liche Reihe von Legenden , deren erste von Bl. 1 in schwer leserliche Beschriftung tritt deutlich hervor. Bl. 6 hinunterreicht, und in welcher sich der be » Es durfte fraglich erscheinen, ob es erforder- rühmte Verfasser bei dem » wohlwollenden Beschauer «

Drei Karten von Gerhard Mercator.

259

durch Darlegung der Grundsätze, nach welchen die Zweck ?), indem sie hier bei der geringsten Ver Projektion der Karte geschehen, einführt. Besonders zerrung nach genauer Triangulation zu arbeiten ge hebt derselbe hier hervor, dass es ihm als das Wich-

stattet .

tigste erscheine, die auf dem Globus recht winkelig

Kehren wir nach dieser kleinen Abschweifung, die wir der Projektion des Mercatorschen Europa

zu einander stehenden Meridiane und Parallelkreise

auch im ebenen Bilde möglichst dem rechten Winkel schuldig waren , zu dessen Hauptlegende zurück, so zu nähern. Bei der konischen Projektion, die Mercator hier anwendet, ist nun allerdings die Recht-

von Sonne und Mond, von Licht und Schatten, von

winkeligkeit zwischen den geradlinig dargestellten Meridianen (Kegelmantellinien) und den nach Kreis-

der Ekliptik u. s. w. spricht, dass er die Prinzipien angibt, nach denen er sich die ganze Arbeit zurecht

ist wohl nur noch anzuführen , dass derselbe darin

linien gezogenen Parallelen in dem mittelsten Ver- gelegt hat, um die Kartenzeichnung richtig zu ge tikalstreifen der Karte vorhanden und nimmt nur

stalten .

im oberen und unteren Horizontalstreifen gegen

ander habe er sich nach den ersten Autoren und

Westen und Osten hin auffallend ab , so dass Verzerrungen doch nur in ferner gelegenen und damals

ferneren von den Seewegen nach einer bestimmten

Die Abstände der meisten Orte von ein

Reisenden verschafft u . s. w.

Er erzählt dann des

noch weniger bekannten Festlanden und Meeren auf- Himmelsrichtung, und dass er sich vorgenommen treten .

Auch bei der modificierten Flam steedschen

habe, auch den hydrographischen Teil der Karte so zu schaffen , dass die verschiedenen Schiffsrouten

Projektion, die bekanntlich für die Darstellung einer

genau daraus zu entnehmen seien. Die für die festen

Halbkugel eine vollständige Herzform ergibt, und Städte gefundenen geographischen Breiten und Längen die unserer Meinung nach doch selbständiger ist, habe er strenge benutzt. Hier weist er dann auf als dies der bekannte und beste Biograph Mercators, Herr Dr. Breusing ') , annimmt, ist die Winkeltreue in der Mitte des kartographischen Netzes mathematisch vollständig genau.. Hier wird auch im Mittelpunkte des zu zeichnenden Landes eine Tangente an den Meridian gezogen und deren Schnitt mit der verlängerten Erdachse bestimmt. Die Ent-

diese ganze Legende hier wiedergeben , und es sei daher nur noch bemerkt, dass der gottergebene und

fernung dieses Schnittpunktes vom Berührungspunkte

gutgläubige Mercator (der trotzdem als Ketzer, bzw.

die Ptolemäische Karte hin, deren Mängel er auf gedeckt , und sagt , dass die Fahrt des Hanno aus Karthago die Ursache zu einem Irrtum gegeben haben könne.

Doch es würde zu weit führen , wollten wir

wird als mittlerer Meridian vertikal in die Bildebene Wiedertäufer verfolgt und unschuldig zu Gefängnis gelegt und aus dem Schnittpunkte als Mittelpunkt

verurteilt wurde) zum Schlusse derselben seinem

ein Kreisbogen, dessen Radius gleich der genannten

Gotte dankt für den Schutz, den ihm dieser bei der

Strecke, geschlagen. Dieser Kreisbogen ist der mitt- grossen Arbeit verliehen habe. lere Parallel. Auf beiden gezeichneten Linien werDie Zeichnung der ganzen Karte deutet auf ein den bzw. die wahren Grössen der Meridian- und Studium hin, das von der eminenten Begabung un Parallelgrade nach oben und unten, nach rechts und seres berühmtesten deutschen Geographen zeugt, links aufgetragen ; durch die Meridianpunkte werden den uns der Belgier Raem donk ?) durchaus ab

aus dem einzigen vorhin bestimmten Centrum

wendig machen will, während Mercator selbst den

Kreisbogen beschrieben und auf diesen nach rechts

Ausspruch deutlich genug gethan hat, kein Vlaming

und links die jedesmal entsprechenden wahren Längen aufgetragen ; erst die Verbindung der Längenpunkte nach auf- und abwärts ergibt die nach Ost und

zu sein, noch sein zu wollen .

West immer mehr verzerrt werdenden Meridiane

mit Wendepunkten , die eben bei Mercator nicht

Bei dem ersten Beschauen der Europakarte be merkt man , dass die Küstenlinien kaum wenig von deren jetzt bekannter Gestalt abweichen . Die Dar stellung des Innenlandes ist eine vortreffliche; welches

vorkommen , und welche die eingangs erwähnte der 15 Blätter man auch beliebig herausgreift, überall Herzform bedingen . Freilich

wissen wir , dass für eine grosse

Karte von Europa eine derartige Projektion nicht

findet man sofort die bekanntesten Namen , die be deutendsten und die kleinsten .

Ebenso reizend ist

die Darstellung der Inseln und Inselgruppen ge

angewendet wird; die Projektion ist eben nur | lungen. Dass es unser Meister verstanden , ein topo kegelähnlich , während sie bei Mercator kegel-

graphisches Detail in Vogelperspektive zu erfinden,

förmig ist. Die modificierte Flamsteedsche Projektion er

füllt für kleine Länderbereiche vorzüglich ihren

1 ) Man vergleiche z. B. die berühmte Karte des Kantons Ziirich , 1 : 25000 , die wir uns es sei uns dies hier nebenbei

dem Penckschen Weltkartenprojekte, Ausland 1892 , S. 13 , als Muster vorzuschlagen erlauben

gestattet zu bemerken

1) Gerhard Kremer, genannt Mercator, der deutsche Geograph . Vortrag von Dr. Breusing, Direktor etc., gehalten zu Duisburg am 30. März 1869. (Reinertrag der Schrift für das in Duisburg projektierte Denkmal Mercators.) Gedruckt bei Nieten in Duisburg. Neue Auflage, 1878.

möchten . ses

2 ) Raem donk , Dr. J. van : Gérard Mercator , sa vie et 477 pp . St. Nicolaus , Dalschaert - Praet , 1869 .

oeuvres .

Man vergleiche die ausführliche, zurechtweisende Besprechung in Dr. A. Petermanns geogr. Mittlgn . , 15. Bd ., 1869 , S. 438.

Comenius als Geograph und Naturforscher .

260

das heute noch interessiert, erfährt man bei Betrachtung der sich in einzelnen Gruppenreihen hinziehenden Gebirgsrücken , sowie der dahinflutenden

tionalmaasstabe man mit geöffnetem Zirkel

Ströme und der sturmbewegten Seebecken. Reizend

entsprechenden Breitenbogen herausgreifen kann .

0

(zwischen 30 ° bis 700 liegt die Teilung der Längen skala) jeden gewünschten , der betreffenden Länge

sind die Signaturen für die bewaldeten Flächen er-

Um sich hierüber ganz klar zu sein , erinnere man

dacht , mit grossem Geschmack die Türme und

sich nur an das vollkommen

durch ein System

Häuser u . s. w. für die bewohnten Orte, die Zeichen

paralleler Geraden geschnittene Strahlenbündel,dessen

für Burgen und Befestigungen erfunden. Das Meer

Netz zum Einschalten von Niveaulinien zwischen

ist belebt durch die mannigfachsten, symbolisch ge- / gegebenen Höhenpunkten dient. zeichneten Seetiere und Ungeheuer ; Schiffe mit ge-

Ausser den vielen grösseren und kleineren Le

schwellten Segeln in ruhiger Flut und in stürmi- genden der ganzen Karte sei nur noch als sehr be schen Wogen sind in reichlicher Menge, das Gesamtbild belebend, dargestellt, und zwar in den verschiedensten Formen und Lagen. Die Umrahmung der ganzen Karte ist ein Kunst-

achtenswert die Peregrinatio Jesu Christi erwähnt, welche sich am südlichen Rande der Blätter 14 und 15 befindet Sehr schade ist es , dass man sich die Karte

werk für sich und gemahnt an ein heiteres Barock , nicht zu einem Stücke zusammenlegen kann , um dem zeitweise ein zarter Uebergang zu edlen Re- einen besseren Ueberblick zu gewinnen . Die Ge naissanceformen nicht fehlt.

Betrachten wir , um nicht zu ermüden , nur Blatt 1 und 2 : Abgesehen von der bereits erwähnten Einfassung der Widmung, finden wir da der Reihe nach Faune mit Krügen, Fruchtkörbe von Widdern

samtfläche der Karte überdeckt einen Raum von rund 1,65 m Breite zu i m Höhe. 0 ° stimmt mit

20 ° westl . von Greenwich , 650 nördlich stimmt mit unseren neuesten Karten bis auf sº überein .

Vergleicht man den Maasstab mit der Karte Europas

gezogen , auf deren Rücken sich neckische Figuren bewegen ; am Boden künstliche Wellen und Muschel-

, hier 1 : 12000000 , so im Andreeschen Handatlas, ergibt sich für das Mercatorsche Kartenbild der

tiere, Fischmaul und Windmühle vereint, der Fisch ,

Maasstab von 1 : 3000000 .

das Schneckenhaus auf dem Rücken tragend ; eigen-

Viel Schönes liesse sich noch über die herr

tümlich gezimmerte Fahrzeuge , von launig fratzen-

liche Karte erzählen , ein ganzes Buch liesse sich

haften Figuren gezogen ; prächtig stilisierte menschliche Gestalten, Fruchtkörbe auf den Köpfen tragend

darüber schreiben .

u . S. W. u . S. W.

Doch wir müssen den Erläute

rungen der beiden anderen Karten, wobei wir sowohl zur Besprechung der Bedeutung Mercators in Hin

Diese umrahmenden Glieder sind aber durch

sicht auf die Loxodrome, als auch in Bezug auf die

Kreisflächen oft unterbrochen, in denen zur Genüge die je der Lage dieser Kreise entsprechenden Himmels-

Entdeckung des magnetischen Erdpols kommen wer den , noch Raum gönnen. Dazu erbitten wir uns

die weitere Geneigtheit der Leser für einen zweiten richtungen eingetragen sind. Auf Blatt 5 , rechtes Randblatt oben , beginnt Artikel. (Schluss folgt.) eine bibelfeste Beschreibung der Reisen des Apostels Paulus ; ebenso bietet in Bezug auf Petrus eine kleinere Legende auf Blatt 10 die durchwanderten Comenius als Geograph und Naturforscher. Thäler und Gefilde; durch beide wird uns klar, wie Von S. Günther. leider ver es dem Verfasser gelungen , seine erste ( Schluss.) -

loren gegangene

Karte, die Karte von Palästina,

zu entwerfen ). Auf dem untersten Eckblatt links, Nr. 11 , zeigt

Comenius ist, darauf zielten die Schlussworte

der ersten Abteilung dieses Aufsatzes, selbst ein

sich ein libellenartig geflügelter Faun , auf einemthätiger und verdienstvoller Kartograph gewesen . Seetier über den Atlantischen Ozean dahinsausend

Unser wackerer Geschichtschreiber der Erdkunde,

und die Tafel führend , welche die verschiedenen

S. Ruge, meinte in einem dem

Maasstäbe von Italien und England, vom gelobten

auch nach dieser Seite hin gerecht werdenden Nach

verdienten Manne

Lande, von Frankreich und Spanien, von Lothringen

rufe !), dass die Biographen an dieser Thätigkeit

und Burgund , von Germanien , Sachsen , Schweden

Blatt 12 bringt alsdann mit begleitender Legende

von nicht specifisch - pädagogischem Charakter achtlos V ngen seien ; indessen trifft dies nicht völlig vorübergega zu . Durch die Bemühungen von Šma ha und Borne

ein Strahlenbündel, welches durch sehr flache Kreis-

mann ist nämlich eine Schrift ?) entstanden , welche

u . s. w . enthält.

bogen geschnitten wird, und in welchem Propor 1) Ruge, Amos Comenius als Kartograph , Globus, 1 ) Wir können es uns an dieser Stelle nicht versagen, auf

die Ausgabe pro 1891 der hübschen Karte (biblisch - topographisch)

61. Band, S. 193 ff.

2) Comenius als Kartograph seines Vaterlandes.

Nach

von Palästina hinzuweisen , welche Leuzinger, nach der eng.

der böhmischen Abhandlung von Joseph Smaha mit einem

lischen topographischen Aufnahme und unter Mitwirkung von Dr. Furrer , mit besonderer Berücksichtigung der Zeit Christi,

Neudrucke der Karte des Comenius deutsch herausgegeben von Karl Bornemann. Heft 5 der » Comenius -Studien « . Znaim 1892. Fournier & Haberler. 48 S. 1 Karte.

bearbeitet hat.

1 : 500 000 .

Bern 1892 .

Comenius als Geograph und Naturforscher.

nicht nur die Sache selbst , welche in Rede steht,

261

und Weinberge ausdrücklich bemerkt, die Distanzen

allseitig erörtert , sondern auch ältere Stimmen und der einzelnen Orte richtig eingehalten und viele Orts Urteile über die von Komensky ausgearbeitete namen doppelsprachig wiedergegeben, so dass seine Karte von Mähren zusammenstellt. Von d'Elvert 1) | Karte für Deutsche und Böhmen gleichmässig Nutzen erfahren wir, dass , nachdem um 1556 der Astronom stiften könne. Was die Entstehungszeit des Werkes

Leovitius die ersten besseren Ortsbestimmungen mährischer Städte vorgenommen hatte, der kaiser-

anlangt, so muss dieselbe wohl als mit der Prerau Fulneker Periodezusammenfallend angenommen wer

liche Hofmathematikus Fabricius in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts die erste diesen Namen verdienende Karte der Markgrafschaft herausgab ; die-

den ; von 1614–16 war Comenius Lehrer in Prerau, von 1616—21 Schulvorstand in Fulnek. Jene Jahre waren für ihn eigentliche Lehr- und Wanderjahre.

selbe wurde später von Ortelius , Mercator , Quad u. a. in deren Atlanten aufgenommen ?). Mährische Lokalforscher, Hanzely und Schwoy, spürten daraufhin jener Karte nach , von der man auch auf Grund der von Hauber ) und d'Elvert (a. a. O.)

| Als angesehener Geistlicher der sehr zahlreiche An hänger im Lande zählenden Brüdergemeinde fand er, wohin er kam, freundliche Aufnahme und bereit

willige Auskunfterteilung; auch die mährischen Alter tümer studierte er auf diesen Fussreisen ?). Nach

gemachten Mitteilungen wusste, dass sie den Co- Šmaha und Bornemann ist die Karte gerade in menius zum Verfasser habe , allein das Original

den Einzelheiten sehr zuverlässig, und alles, was für

vermochten sie trotz aller Mühe nicht zu entdecken .

die Landeskunde beachtenswert sein konnte , ver

Noch später hat der Geodät Kořistka “) und haben

zeichnete der fleissige Mann sehr pünktlich. Leider

verschiedene böhmisch -mährische Schulmänner sich

sind wir über allfallsige geometrisch-astronomische -

gelegentlich mit den kartographischen Bestrebungen

Vorarbeiten nicht unterrichtet, so dass wir auch nicht

des Comenius beschäftigt "), allein da dies zumeist

beurteilen können , wie Comenius die einzelnen

in tschechischer Sprache geschah, so blieb, was dar-

Orte in ihrer gegenseitigen Lage fixierte. Astrola bium , Kompass und Hodometer sind mutmaasslich die von ihm angewandten Apparate gewesen, denn dass er mit diesen gut umgehen konnte, wird ander

über geschrieben wurde, bei uns in Deutschland so gut wie unbeachtet . Erhalten ist uns die mährische Karte durch den

Niederländer Piscator , der dieselbe in seine zu Amsterdam in mehreren Auflagen ( 1630 , 1645 ,

weit bezeugt . Die Karte selbst bildet ein Rechteck , dessen

1664) herausgegebene Kartensammlung aufgenommen

Breite die Höhe nicht unbeträchtlich übertrifft. Oben

hatte; nach Ruge wäre statt 1630 vielmehr 1629 sind , nach damals beliebter Sitte , vier Bilder von zu lesen. A. Goos war der erste Kupferstecher.

Städten angebracht, nämlich von Polna, Olmütz,

Der Karte ist eine Widmung an Komenskys Wohl- Brünn und Znaim ). Auf der linken Seite erkennen thäter , den Landeshauptmann L. W. v. Žierotin , wir die mehrerwähnte Dedikation und die „ Scala

beigefügt, worin ersterer über die bisherigen schlech- Milliarium « , auf der rechten die Worte »Moraviae ten Mappierungen des Vaterlandes Klage führt") ; dagegen dürfe seine Arbeit als eine den Umständen

nova et post omnes priores accuratissima Delineatio

entsprechend vollständige angesehen werden.

edita a Nicolao Joannide Piscatore Anno Do mini 1645 « und eine »Notarum explicatio «. Die

Er

habe Städte und Flecken, Burgen und Schlösser,

auctore J. A. Comenio « init dem Zusatze » Noviter

Gebirge, Flüsse und Quellen, Bergwerke, Glashütten Gebirgszeichnung ist noch die alte, wohlbekannte

2) Eine Uebersicht über die Kopien, deren er im ganzen

der » Maulwurfshügel«, und die ganze Terraindar stellung ergibt keinen Fortschritt, aber auch keinen Rückschritt gegen das in seiner Art vorzügliche Kartenbild von Bayern , welches Philipp A pian

sieben unterscheidet , hat Ruge (a. a . 0.) gegeben ; diejenige

etwa 60 Jahre vorher geliefert hatte . Um unseren

Bornemanns (s. u.) ist aber noch umfänglicher. 3) Hauber , Versuch einer umständlichen Historie der

Lesern die Verhältnisse besser vorzuführen , als dies

1) Schriften der historisch-statistischen Sektion der mährischschlesischen Gesellschaft des Ackerbaues , der Natur- und Landes

kunde , 5. Heft, Brünn 1853 .

Landkarten, Ulm 1724, S. 177 ff. 4) Kořistka , Die Markgrafschaft Mähren und das Herzog tum Schlesien , Wien -Olmütz 1861 , S. 7 .

5) Mehrere Namen solcher Schriftsteller führt die erwähnte Monographie von Šmaha -Bornemann (S. 15 ff.) auf. 6) Folgendes sind die Worte des Comenius : „ So viele verschiedene Ausgaben von Landkarten unseres Heimatlandes

auch erschienen sind , so sind sie alle doch äusserst fehlerhaft ; denn es hat nur , soviel ich weiss, P. Fabricius , der frühere

Leibarzt Kaiser Ferdinands I. , dasselbe in kartographischer Darstellung herausgegeben, und es sind die übrigen Karten, wie viele auch danach herauskamen , mit unterschiedlichen , auf ver-

schiedenste Art sich einschleichenden Fehlern von jener abgeschrieben worden. «

Unbedeutende Ortschaften habe man be-

rücksichtigt, wichtigere dagegen vergessen ; auch die Ortsnamen seien vielfach fehlerhaft eingetragen . Ausland 1892, No. 17 .

eine Auseinandersetzung in Worten vermögend wäre, reproduzieren wir in Fig. 3 ein Stück der Karte, die nordöstlichen Grenzgebiete Mährens und Oester

reichisch -Schlesiens (mit der Stadt Fulnek) umschlies 1) Die verdienstvolle Abhandlung J. Müllers » Zur Bücher kunde des Comenius « (Monatshefte der Comenius -Gesellschaft, 1. Jahrgang, 1. Heft , S. 25) nennt u. a. ein dem Jahre 1622 entstammendes, in tschechischer Sprache abgefasstes Manuskript in zwei Teilen , » Mährische Altertümer « betitelt .

2) Diese vier Bilder befanden sich , nach Bornemanns Meinung, auf der Originalkarte nicht , sondern wurden erst nach mals vom Verleger hinzugefügt. Auffallend ist die Wahl des unbedeutenden Städtchens Polna, welches zudem nach der heutigen Abgrenzung der Kronländer und nicht zu Mähren gehört.

wenigstens zu Böhmen 34

Comenius als Geograph und Naturforscher.

262

send. Im übrigen verweisen wir betreffs der De- superstruenda « 1). Comenius hatte ferner selbst zu diesem Werke das Notat gemacht : »Non prodiit, Bornemann , welche ein reiches Material derartiger nec absoluta ex toto est : quia cui dedicare institu

tailbeschreibung der Karte auf die Schrift von Šmaha-

Notizen enthält ?).

eram vita excesserat, Philippus Lansbergius me

Der Maasstab der Karte ist

1 : 500000 , und obwohl ihr ein eigentliches Grad- que avocabant alia « . Da Lansberg im Jahre 1632 Manuskript seinem netz in unserem Sinne abgeht, so darf man sie dar- | starb, so muss um diese Zeit dasAbschl usse wenig um doch nicht etwa Koscgsberk gewesen stens nahe 磁 B. Ktowice mit einer blossen ‫ܐܬܝܙܬ ܩܬܢ‬: ‫ܢܐ‬ Schner Ostra

全Ma生gstaetltowes

Wal

ter

Polaska

Bj

set

15.

Brabans

tt

á.

Rande ist eine Grad

einteilung vermerkt . Die Orientierung

Rase

Wastest

Giste



tigste Quelle mithin versagt , kann man

ad

rem

Wigstettl

Pet

B Wickou

Brusperg

tot Mitsko

Tulniek

nach Norden war auf

12ouchter

Sednitz

Hechwald Porf

Oder

noch lange nicht all gemein üblich .

Fridek

mit

doch

einiger

Wahrscheinlichkeit

Mossow Beutsch Doberan fons

Obschon die wich

Paskow

Starawes

dorff

den damaligen Karten

sein . cli

Vz

Handzeichnung ver wechseln , denn am

den

Inhalt

dieser

verloren gegangenen Landesgrenze. Fig . 3 .

Handschrift rekon struieren . Dass Co

Bei Šm a ha Bornemann ?) werden nicht weniger als 26 Re-

menius Anticoppernicaner, aber nichts weniger als

produktionen der Comenius -Karte registriert. Dieselbe behielt eine gewisse autoritative Stellung

ein fanatischer,war,haben wir bereits in Erfahrung ge bracht. Wenn er mit Lansberg verkehrte, der die Pla

bei und wurde erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts aus dieser Stellung verdrängt , als der be-

neten in excentrischen Kreisen sich um die Sonne be

wegen liess und den Rudolphinischen Tafeln Keplers durch seine eigenen Konkurrenz zu machen gedachte ?),

kannte Nürnberger Mathematiker J. Chr. Müller, kaiserlicher Ingenieurhauptmann, in langjähriger Ar- so konnte er sich auch den Gründen kaum ver beit seine Generalmappe von Mähren erstellt hatte ( 1716 ) 3). Allein für dieses Kartenwerk trat der Staat mit beträchtlichen Geldopfern und mit seiner

schliessen, die damals bereits das ptolemäische Welt

system in seinen Grundfesten erzittern machten . In dem so entstandenen Dilemma scheint Comenius, auf

ganzen Machtfülle ein , während Comenius ganz den, wie wir oben bereits andeuteten, gewisse Bibel aus sich, und ohne jedwede öffentliche Unterstützung, stellen einen uns schwer begreiflichen Eindruck ge seiner selbst übernommenen Pflicht sich entledigt macht haben mögen , Tychonianer geworden zu hatte. So verdient derselbe denn einen Ehren-

sein. Dies erhellt mit aller nur wünschenswerten dem geographischen un Deutlichkeit aus seinem

platz in der Geschichte der Kartographie. Aber auch sonst hatte Comenius für die Natur

mittelbar voraufgehenden

und für deren Erforschung einen regen Sinn . Von

actus , der im übrigen wenig Merkwürdiges bietet .

astronomischen Schul

seinen astronomischen Ansichten sprachen wir be- Die über die Bewegungen der Sonne , des Mondes reits bei Gelegenheit der mathematischen Geographie ;

leider ist es nicht möglich , sich über diesen Punkt gründlichere Kenntnis zu verschaffen, weil eine selbständige Schrift, worin er seinen Standpunkt aus-

und der Planeten gegebene Erklärung ') steht durch aus auf jenem Boden , wenn auch Tycho Brahes Name selbst nicht genannt wird , und auch Lans bergs Hypothese dürfte auf die Fassung des be

führlicher dargelegt zu haben scheint, in Verlust ge- treffenden Satzes nicht ohne Einfluss geblieben sein . raten ist. Zoubeks Bibliographie 4) führt unter den Als Physiker ist Comenius zu wiederholten Schriften Komenskys eine » Astronomia ad lucem Malen vor die Oeffentlichkeit getreten , aber leider physicam reformanda« auf, und von J. Müller ") sind die einschlägigen Schriften zum Teile überaus wird dieser Buchtitel noch mit den folgenden Wor-

schwer zugänglich . So konnte der Verfasser nicht

ten ergänzt: »novis non ad placitum fictis, sed veris

Einsicht nehmen von der sicherlich manches Inter

et realibus , e coeli natura desumtis , hypothesibus 1) Auch in Kaestners » Geschichte der Mathematik

1) Šmaha - Bornemann , S. 19 ff. Auch die Fehler der Karte, die sich am häufigsten in dem der Autopsie des Zeichners mehr entrückten Südwestbezirke des Landes finden, werden hier

(4. Band , Göttingen 1800 , S. 418) ist der betreffenden Schrift des Comenius Erwähnung gethan. 2) Bei Kaestner (S. 409 ff.) wird von den astronomischen Theorien Lansbergs und von seiner gegensätzlichen Stellung

besprochen ; wesentlich sind dieselben durchweg nicht. 2) A. a. O. , S. 28 ff.

Kepler gegenüber eingehend Bericht erstattet.

3) Nähere Angaben über die Persönlichkeit dieses um die Durchforschung und Mappierung der österreichisch-ungarischen Monarchie überaus verdienten Mannes bringt Doppelmayr bei (Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern, Nürnberg 1730, S. 138 ff.). 4) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. L. 5) J. Müller , a. a. O., S. 29 .

pro centro gyrationis suae habent Terram , aeque ut stellae fixae:

3) Did . Op. Omn . , 3. Teil, Sp . 947 ff.

Sol et Luna

quamquam non adeo praecise (Certis enim locis paulo se altius a Terra elevant, alibi propius demittunt, sed non multum). At Planetae centrum sui motus circa Solem habent : ideoque supra Solem constituti apogaei sunt (altissimi) et directi : in oppo

sito perigaei (humillimi) et retrogradi: ad latera , per aliquot dies stationarii . «

Comenius als Geograph und Naturforscher.

263

Bei den Vorbereitungen für eine zweite Auf

esse bietenden Polemik gegen Descartes ). Was

die sogenannte » Physik « unseres Autors betrifft, ein lage der » Physik « sah sich Comenius zu Unter Buch ?), welches von den Zeitgenossen sehr geachtet suchungen über das Wesen der Wärme und Kälte worden zu sein scheint, wie es denn mehrfach nach-

veranlasst , welche er dann in einem besonderen

gedruckt worden ist , so müssen wir uns allerdings

Werkchen ) dem Publikum vorlegte. Dasselbe ist

daran erinnern , dass man mit jenem Worte damals

vom entschiedensten Interesse für die Geschichte der Naturwissenschaften , zumal deshalb , weil es mit

>

noch nicht sowohl eine Naturlehre als vielmehr eine

Naturphilosophie zu bezeichnen gewohnt war , und so sind denn auch zuerst Raimund von Sabunde ")

Klarheit die Einwirkung dokumentiert , welche das System Bacons von Verulam auf die besten

und Luis Vives die Vorbilder, an die sich Come-

Geister seiner Periode ausübte ). Das Bestreben , tabel

nius bei seinen Spekulationen anlehnte. Auch sein alter Herborner Lehrer Alsted 4) war nicht ohne Einfluss auf dieses Werk, das man freilich nicht mit dem Maasstabe der gegenwärtigen Kritik messen,

larisch die Zustände darzustellen , denen die Körper unterworfen sein können , ein Bestreben, welches in den baconischen Kategorientafeln mitunter sonder

sondern aus dem Zeitbewusstsein heraus zu ver stehen suchen muss. »Wollte man« , meint Zou-

obwohl Comenius, den Spuren des Aristoteles folgend, in Wärme und Kälte zuvörderst zwei der Qualität nach entgegengesetzte Potenzen anerkennen

bek5) , »die ,Physik des Comenius als Probierstein seiner Philosophie gelten lassen, in dem Maasse,

bare Verirrungen zeitigt, hat hier sein Gutes, denn

in welchem man heutzutage die Naturphilosophie zu den einzelnen Systemen der Philosophie in ein Verhältnis stellt, so würde man den Fortschritt der Naturwissenschaften und die Befreiung der Forschung

will , gelangt er bei Betrachtung der Stufenreihe Calor – Tepor Frigus » Ardor – Fervor Algor« doch ganz unwillkürlich dazu, die einzelnen Zustände nur graduell einander gegenüberzustellen. Wichtig aber ist vor allem der Ausspruch , dass

von der religiösen Befangenheit unberücksichtigt lassen, die seit Comenius' Ableben erfolgte. Denn

Wärme und Kälte Bewegungsformen sind, indem die erstere das Streben hat, die Körper auszudehnen,

7

>

anders , als vom Standpunkte seiner Zeit betrachtet, während die letztere sie zusammenzuziehen sucht. erschiene seine , Physik' als eine religiös-wissenschaft- So wenig historischen Sinn es verriete , wenn man liche Tändelei, während sie doch auf seine gelehrten

nun ohne weiteres unseren Helden den Vorläufern

Zeitgenossen einen so mächtigen Eindruck ausübte, der mechanischen Wärmetheorie einreihen dass sie bald nach der Leipziger Ausgabe in neuen Auflagen zu Paris 6) und Amsterdam erschien « .

wollte, so verdient doch immerhin in einer Zeit,

missverständlichen Namen tragenden Elaborate meinen möchte ?).

motorische Auffassung der Wärmephänomene Be achtung. Gleiches gilt von dem , was Comenius in dieser Abhandlung gegen die Astrologen und

deren Physiker allermeist hohe Temperaturen auf Jedenfalls verstand sich Comenius viel besser auf einen Ueberschuss, niedrige auf einen Mangel von die wirkliche Physik , als man nach diesem einen Wärmestoff « zurückzuführen beflissen waren, diese

1) Comenius , Cartesii cum sua naturali Philosophia a

Mechanicis eversus , Amsterdam 1659. Das Schriſtchen zählte bloss 22 Seiten

was er über meteorologische Dinge sagt , und

es

unter allen Umständen kann auch ein moderner Leser

muss sehr selten geworden sein, denn

nur die Worte billigen , welche Verfasser in dem von ihm benutzten Exemplare dieser Schrift von

J. Müllers Bibliographie (a. a. O. , S. 47) bemerkt ausdrück lich, dass die Bibliothek der St. Johanniskirche in Lissa diese Stadt im heutigen Posen beherbergte unseren Comenius viele

älterer Hand eingeschrieben vorfand : »Merkwürdig,

ein Exemplar besitze. 2) Comenius , Physicae ad Lumen divinum reformatae Synopsis, Philodidacticorum et Theodidacticorum censurae ex

wenn man auch nicht allen Ansichten beistimmt. «

posita, Leipzig 1633 ; Amsterdam 1645 und 1663 .

von dessen Arbeitsreichtum wohl der Umstand am

Jahre

3) Die » Theologia naturalis « dieses Theosophen schätzte

Geographie und Naturwissenschaft waren nur Episoden im Leben des Comenius , in einem Leben,

Comenius hoch und veranstaltete deshalb von derselben unter

besten Zeugnis ablegt, dass Müllers mehrerwähnte

der Aufschrift „» Oculus fideix eine neue Ausgabe (Amsterdam 1661). Dass aber auch in der That dieses Werk , im Vergleiche mit

e aller Comeniana 136 Nummern (!) Bibliographi voluminöse Werke - anführt. Aber auch

dem arg verknöcherten Scholastizismus vieler gelehrten Männer jener Zeit, eine erfreuliche Erscheinung war, hebt einer der be

in diesen nur episodisch betriebenen Disciplinen hat

deutendsten Historiker der Philosophie, K. v . Prantl , hervor

(Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München, 1. Band , München 1872 , S. 425). 4) Die » Cursus philosophici encyclopaedia« des Alsted (Herborn 1620) ist, wie manche Konkordanzen beweisen können, ohne Zweifel auch für die » pansophischen « Arbeiten seines hervorragendsten Schülers einigermaassen maassgebend gewesen.

teilweise

er redlich seinen Mann gestellt, und der Leser wird Schreiben

des

Comenius

an

den

Kanzler Oxenstierna

(1. Oktober 1648) erweist sich beispielsweise ersterer wohlver

traut mit der Verstärkung , welche durch Anlegung einer sog. Armatur der Intensität eines Magneten zu teil wird. ?) Comenius , Disquisitiones de Caloris et Frigoris Na

5) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. XXV ff.

tura , Jena (2. Auflage) 1678.

6) Die Pariser Ausgabe scheint nicht festzustehen (Müller

Müller (a. a. O., S. 47) im Jahre 1659 gedruckt worden.

a . a. O. , S. 29) .

1

Die erste Auflage war nach

2) Aussprüche höchster , dem englischen Begründer der

*) In einem durch Gindely (Ueber des J. A. Comenius

induktiven Forschung gezollter Verehrung findet man in den

Leben und Wirksamkeit in der Fremde , Sitzungsber. d. phil.-

Schriften des Comenius zum öfteren ; vgl . beispielsweise das

hist. Kl. d. Wiener Akademie, 15. Band , S. 541 ) publizierten

Informatorium der Mutterschule, deutsch von Beeger , S. 95 .

264

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.

uns hoffentlich recht geben , wenn wir behaupten ,

Wir schlugen rasch das Zelt auf, während

ein Essay über Comenius als Geographen und Skaggai das Nachtessen kochte und Brot buk, Naturforscher sei in diesen Tagen eine Ehrenpflicht gegen den dadurch zu Feiernden , eine aktuelle

was er diesmal auf eine andere, sehr originelle Art bewerkstelligte. Er grub ein Loch in den Boden,

Pflicht der Mitwelt gegenüber gewesen .

füllte dasselbe halb mit Kohlen , setzte dann die

Pfanne mit dem Brote hinein und stülpte eine grosse Schüssel von Eisenblech darüber, die er mit heisser Asche und Kohlen bedeckte.

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia . Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio) .

(Fortsetzung.)

Das jenseitige Ufer war teilweise mit dichtem Gebüsch und schwer durchdringlichen Koniferen beständen bedeckt, welche aus Pinus Murrayana, Abies Douglasii u. s. w . bestanden , während das Gebüsch aus Ceanothus velutinus , verschiedenen Vaccinium-

Das Brot war nach

einer Stunde gebacken und schmeckte vorzüglich . Es regnete die ganze Nacht hindurch, und die Tem peratur sank auf 10-12 ° Celsius herab .

Als wir

uns am Morgen von unserem aus Tannenzweigen hergerichteten Lager erhoben, war das Gebirge bis zu etwa 3000 Fuss herab verschneit.

Die in ihr

winterliches Gewand gehüllten Berge bildeten einen wundervollen Kontrast zu dem dunkeln Grün der

Wälder des Thales, in welchem wir dahinschritten. Des Regens wegen, welcher noch am Morgen

eine Zeitlang anhielt, geschah der Aufbruch erst

arten, Alnus incana var. virescens, Betula papyrifera,, gegen 9 Uhr. Der Himmel hellte sich nach und verschiedenen Weidenarten gebildet wurde , welche mit hochstämmigen Pappeln untermischt waren . Der Pfad wurde immer schwieriger, und zahllos waren die Hindernisse, welche sich unserem Weitermarsch

in Gestalt von undurchdringlichem Gebüsch , steilen

mit Felsblöcken übersäeten Abhängen und steinigen Halden in den Weg stellten. Nachdem wir uns noch etwa eine Stunde durch diese Wildnis hin-

durchgearbeitet hatten , betraten wir etwas lichtere Waldbestände, welche merkwürdigerweise zum Teil aus Pinus ponderosa gebildet wurden , welche ich so tief in den Bergen nicht zu finden erwartete.

nach wieder auf , und unter den Strahlen der warm vom

Himmel herabscheinenden Sonne schmolz die

dünne Schneedecke rasch von den Bergen hinweg . Der Weg war anfangs leidlich , wurde aber

nach und nach immer schwieriger , derselbe führte eine Zeitlang an den Hängen dahin. Bald musste undurchdringliches Gebüsch durchbrochen, bald muss ten zahllose umgestürzte Baumstämme und Felsen überklettert werden , so dass wir nur sehr langsam vorwärts kamen .

Das Felsgestein bestand aus einem stark glimmer haltigen Granit , was darauf hindeutete, dass das

Da jedoch der Boden aus trockenem durchlässigen

Gebirge hier sich aus eruptiven Gesteinsarten auf

Kies und Steingeröll bestand, so liess sich das Vor

baute.

kommen der genannten Kiefer erklären , welche

Wir passierten aufs neue eine hügelige, kiesige Fläche , welche teilweise mit Pinus ponderosa be

überall da zu finden ist, wo dieser Boden der herr-

schende ist , auch wenn solche Stellen manchmal in niederschlagreichere Gebiete hineinragen , wie

wachsen war.

Nachdem wir die Lichtung

An den sonnigen Hängen huschten schlanke, graubraune, etwa handlange Eidechsen mit langem ,

hinter uns hatten , ging es wieder über steile Felsen-

dünnem Schwanz hin , welche Skaggai Chille Chille

hänge, steinige, abschüssige Halden und durch schier

Choaschien , oder Kille Kille Choaschien , nannte.

undurchdringliches Buschwerk , in dem der Pfad nur

Als ich ihn fragte, wie man diese Eidechse in der

es hier der Fall war.

durch umgeknickte kleine Tannen oder Sträucher angedeutet war , was durch Indianer geschah , die abund zu der Jagd und des Biberfanges wegen diese Wildnisse passieren . Nach mehrstündiger Wanderung kamen wir zu einer hübschen, ziemlich

Sprache der Kappamuck nenne, wollte er es anfangs gar nicht sagen, und erst als ich ihn wiederholt bat,

kam der Name zögernd über seine Lippen . Er hatte sich als civilisierter Indianer jedenfalls ge schämt, mir die allerdings etwas sonderbar klingende

verbringen . Die Ebene war von steilen , bis hoch

Benennung dieses Reptils mitzuteilen . Der Pfad senkte sich nach einiger Zeit wieder nach dem Fluss

hinauf bewaldeten , etwa 5-6000 Fuss hohen Bergen

hinab, dessen Ufer von dichtem Gebüsch umsäumt

ebenen Fläche und beschlossen hier die Nacht zu

eingeschlossen und hauptsächlich von Abies Douglasii wurde, welches sich aus Prunus demissa , Prunus und Pinus Murrayana bedeckt. Auf dem kiesigen emarginata, Rubus leucodermis, Rubus Nutcanus, Boden wuchs Arctosstaphylos Uva ursi, welche grosse Berberis Aquifolium , Cornus stolonifera, Amelan chier alnifolia , Ceanothus velutinus und Betula Strecken beschlagnahmt hatte.

Der Himmel, welcher uns bis jetzt ein heiteres

papyrifera, welche nur einen kleinen Baum bildete,

Gesicht gezeigt hatte , fing an sich zu bewölken.

zusammensetzte.

Der Wind erhob sich und trieb dunkle Wolken-

Längs des Flusses zogen sich ausgedehnte Sümpfe hin , welche durch das Abdämmen eines Flussarmes

ballen von Westen vor sich her, und als der Abend herannahte , fing es an zu regnen.

durch die Biber entstanden waren .

Diese Dämme

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.

265

sind wahrhaft kunstvoll und machen ihren Bau-

zweiter , zieinlich breiter Wildbach brüllend und

meistern alle Ehre. Sie sind aus den entrindeten

hervorkam . Da wo derselbe in den schäumend hervorkam Ste-in-Fluss einmündete, breitete sich eine etwa zwei

Stämmen von Pappeln aufgeführt, welche mit den Aesten dieser Bäume und mit Weiden durchflochten

Meilen breite , kiesige Ebene aus , welche ziemlich

sind, und besitzen eine bedeutende Festigkeit. Inmitten dieser abgedämmten Sümpfe befinden sich

dünn von Pinus ponderosa, Abies Douglasii, Tsuga Mertensiana, Abies amabilis bewaldet und mit niedri

die runden Bauten der Biber , welche gewöhnlich

gem Gebüsch durchzogen war.Die Ebene war rings

unerreichbar sind , da die Sümpfe viel zu tief sind,

um von 6-7000 Fuss und darüber hohen , mächtigen,

als dass sie zu durchwaten wären. Die Tiere arbeiten

dachartig sich zuspitzenden Bergen eingeschlossen,

nur des Nachts , während sie bei Tag im Sumpfe welche nach rechts in riesigen, schroffen Felswänden verborgen liegen . Sie sind sehr scheu, und es gelingt nie, dieselben bei ihrer Arbeit zu beobachten , fangen sie in Fallen und entwickeln darin eine sehr grosse Geschicklichkeit. Die Felle spannen sie in

fast senkrecht abstürzten , nach links aber sich in steilen , waldbedeckten Hängen in das Thal hinab senkten. Den Hintergrund bildete eine breite, wald bedeckte Bergpyramide, deren rasenbewachsene Spitze von einer wunderlich geformten Felsenmasse ge

runde Rahmen, welche aus dem Holz von Weiden ,

krönt war.

welche sie gemeinschaftlich verrichten . Die Indianer

Birken u . s. w. angefertigt werden, und hängen sie

Diese, inmitten einer wildromantischen Gebirgs

dann an Bäumen zum Trocknen auf.

welt liegende, etwa 60 Meilen von Lytton entfernte

Die Sümpfe sind gewöhnlich von einem Dickicht von Weiden , Cornus, Birken umgeben , und da-

Ebene war zu einem längeren Aufenthalt wie ge

zwischen wachsen Massen eines 4-5 Fuss hohen

interessanter Touren in die Berge ausführen konnte. Bell hatte die Stelle im Frühjahr besucht und ein sog. Brushtent (Laubhütte) errichtet , welches wir

Equisetum , das so dicht steht , dass es schwer zu

durchdringen ist.

schaffen, da man von hier aus eine Reihe hoch

In dem Schlamme am Ufer des Flusses trafen

unberührt unter einer Gruppe von Picea Engel

wir öfter die Spuren von Bären , Hirschen und Bergschafen .

manni und Abies amabilis vorfanden , ebenso wie

einen Vorrat von Proviant , den er in einen Tep

Die Bären besuchen um diese Zeit viel die Ge- | pich eingeschnürt an einem Aste einer Kiefer (Pinus birgsbäche und Flüsse, um zu fischen, was sie, wie ponderosa) aufgehängt hatte und den wir mit Hurra mir unser Indianer mitteilte , meisterhaft verstehen. | begrüssten. Während meine Begleiter mit dem Fällen Im September beginnt nämlich die Wanderung der

von Tannen , Feueranzünden und Kochen unseres

Lachse , an welchen die Flüsse Br. Columbiens sehr reich

Nachtessens beschäftigt waren , unterwarf ich die

sind, vom Meere in die Bäche und Flüsse des Lan- Bewaldung unseres Lagerplatzes einer näheren Be des ; dann wimmelt es namentlich da, wo sich Strom- | sichtigung und fand, dass dieselbe aus Pinus pon schnellen oder kleine Wasserfälle finden , die die

derosa, Abies Douglasii, Abies amabilis, Picea Engel

Fische überspringen, von Lachsen, so dass man vor

manni und Pinus Murrayana gebildet wurde , wäh

lauter Fischleibern das Wasser nicht mehr sieht.

rend das Unterholz aus Ceanothus velutinus var.

Im Hintergrund des sich immer mehr erweiternden | laevigatus und sanguineus bestand. Thales erhoben sich mächtige, mit ewigem Schnee Als die Nacht hereinbrach, fing es an ziemlich

bedeckte Gebirgsstöcke, deren kuppelförmig gewölbte kühl zu werden, und die Temperatur betrug 10—12 ° Schneefelder von prächtigen Hörnern und Zacken

Celsius.

überragt wurden . Zu ihren Füssen liegt , wie mir

gebenden Wildnis, nur unterbrochen von dem Rau

en

Totenstille

herrschte in der

uns

um

Mr. Bell sagte, ein ziemlich ausgedehnter See, schen des Wildbaches, in dessen Nähe wir unser Zelt aufgeschlagen hatten. sucht wird, die dort dem Fang des Bibers obliegen . Da wir ziemlich müde waren , so schliefen wir, Der Fluss , welcher bis jetzt von West nach bis die Sonne über den Bergkämmen im Osten Ost strömte , wendete sich südwestlich , derselbe emporstieg . welcher im Herbst manchmal von den Indianern be-

kommt aus dem oben erwähnten See hervor. Eine

Unser Indianer hatte unterdessen schon das

Strecke oberhalb der Bibersümpfe überschritten wir

Frühstück bereitet, und nach dessen Einnahme stiegen

einen reissenden Wildbach von ansehnlicher Breite, welcher aus einer tiefen Thalschlucht hervorbrach .

wir in die Berge rechts von unserem Lagerplatz.

Meine Begleiter hofften einen Hirsch zu erlegen ,

Auf der anderen Seite des Flusses stürzte ein pracht- während ich Samen der hier wachsenden Sträucher voller Wasserfall über eine etwa 100 Fuss hohe sammelte. Wir waren kaum eine Stunde bergauf Felswand herab, aus einer Felsenkluft hervorbrechend. gestiegen, so deutete Skaggai , der neben mir her Als die Sonne im Westen hinter die mächtigen schritt, während Bell und Hoyer vorausgingen, Schneegebirge, welche sie goldig überstrahlte , hinabsank ,

kamen wir todmüde von einer mehrstün-

digen Wanderung durch die hindernisreiche Wildnis zum Eingang eines sich nach Nordwest hinauf-

nach rechts ins Dickicht, wo sein scharfes Auge drei Hirsche erblickte , an denen die anderen, ohne sie zu sehen, vorübergegangen waren . Wir waren beide unbewaffnet, und als wir unsere Gefährten

ziehenden sehr engen Seitenthales, aus welchem ein heranriefen, waren die Hirsche verschwunden .

266

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.

Nach langem, mühseligem Aufstieg durch eine lassung eines Teils unserer Sachen , welche in ein grossenteils aus Ceanothus velutinus und var. laevi- Bündel geschnürt und an die erwähnte Kiefer auf gatus gebildete Gebüschwildnis, welche die ziemlich dünnen , grösstenteils aus Pinus ponderosa , Pinus

gehängt wurden , nach dem am Tage vorher ge Ehe wir den Lagerplatz ver

sehenen Berge auf.

Murrayana und Abies Douglasii bestehenden Wäl- | liessen, steckte der Indianer vier Stäbe schief in den Boden , deren Spitzen nach der Richtung zeigten, welche wir einschlugen. Es sollte dies ein Zeichen

der durchzog , erreichten wir eine Höhe von 4000 bis 4300 Fuss. Unterdessen bewölkte sich der Himmel und drohte mit Regen , wir beschlossen daher nicht weiter vorzudringen . Auf einer Lichtung eröffnete sich ein wundervoller Blick nach Nordwest auf eine Reihe gigantischer, schneegekrönter Bergspitzen, zu deren Füssen sich schmale Hoch-

fing bald darauf an zu regnen , während in den

thäler, mit Koniferen bewaldet, aufthaten . Inmitten

Bergen Hagelschauer niedergingen .

>

für etwa ankommende Indianer sein , dass vier Männer nach dieser Richtung hin in die Berge ge stiegen seien . Der Himmel hatte sich stark bewölkt, und es

dieser Felsen und Gebirgswildnis erhob sich eine breite bis zur Spitze mit Alpmatten bedeckte Bergpyramide, deren Entfernung in gerader Richtung

fällten Tanne, gingen eine Strecke über die Ebene dahin, wandten uns alsdann nach rechts und stiegen

etwa 15-20 Meilen betragen mochte ; da ich dort gute Beute zu machen hoffte, so beschloss ich, am

an den steilen Hängen des schon erwähnten Berges hinauf, dessen Gipfel von der merkwürdig geformten

Wir überschritten den Wildbach auf einer ge

nächsten Morgen dahin aufzubrechen. Nach kurzer Felsgruppe gekrönt wird . Der Aufstieg ging an Rast stiegen wir in eine tiefe Thalschlucht hinab,

fangs ohne allzu grosse Hindernisse vor sich , wurde

in welcher ein kleiner Bach hinabrauschte, der sich etwas weiter unten mit dem Hauptbache , an dem

jedoch nach und nach ziemlich beschwerlich. Bald stellten sich dichte Bestände von Pinus Murrayana

unser Zelt stand , vereinigte. Der erstere kommt ein, welche sehr mühsam zu durchdringen waren, von Nordwest und entspringt am Fusse eines mäch-

und denen sich in höheren Regionen solche von

tigen Gebirgsstocks, welcher in verschiedenen Zacken, Hörnern und scharfen Graten eine schöne grüne

Abies subalpina , Picea Engelmanni, untermischt mit Pinus flexilis, Tsuga Pattoniana und Pinus monti

Thalmulde umschliesst. Der letztere dagegen kommt von Norden und scheint seinen Ursprung in einem wildromantischen Felsenthal zu haben , das durch

cola anreihten . Abies Douglasii und Abies amabilis

einen imposanten, wild zerrissenen Schneegipfel abgeschlossen wird .

Fuss befanden .

An dem Bache traf ich zu meinem Erstaunen

verschwanden hier zwischen 3-4000 Fuss Höhe, während wir uns in einer Höhe von über 4000 Wo Pinus Murrayana zusammen

hängende Wälder bildet , wie dies z. B. hier der Fall war, sind dieselben von einer Dichtigkeit, wie

die schöne weissgraue , benadelte Picea Sicthensis, sie Bestände anderer Koniferen nicht aufweisen. Fuss im Durch die in ihrem Vorkommen fast ausschliesslich auf Die dünnen , kaum einen halben buchstäblich wie

messer messenden Stämme stehen die Küste und das Küstengebirge beschränkt ist. Während Hoyer und Skag gai dem Fisch- die Haare auf einem Kopfe. Diese Undurchdring fang oblagen , kehrte ich mit Mr. Bell ins Lagerlichkeit wird noch vermehrt durch schief gewachsene zurück. Wir fanden bergab steigend einen alten oder halbentwurzelte Stämme, welche sich quer da Indianerpfad , auf dem , wie mir Bell mitteilte, die zwischen legen und ein wahres Gewirr bilden, das Kappamuck - Indianer vor alten Zeiten über das Ge- man oft nur mit Hilfe der Axt zu durchbrechen birge stiegen , um die weiter nördlich wohnenden .vermag. Die schöne Pinus monticola , welche so >

Douglas-Indianer zu überfallen. Das Hauptgestein

sehr der Weymouthskiefer Pinus Strobus gleicht,

des Berges bildete ein fast schwarzer Thonschiefer, ist dagegen überall zwischen den anderen Koniferen welcher von Granit und einer anderen graugrünen

und zwar oft sparsam eingesprengt und bildet nie

Gesteinsart (Diorit) durchbrochen ist. Der Granit

zusammenhängende Forste. Dasselbe gilt im grossen

trat entweder in rundlichen Felsmassen zu Tage

ganzen

oder war in mächtigen Blöcken über die Abhänge zerstreut . Die graugrüne Gesteinsart , welche öfter Thonschichten einschloss , durchsetzte hauptsächlich

Aexilis , welche an ähnlichen Standorten wie diese Konifere gefunden wird. Die Urwälder begannen sich bei nahezu 5000

von

der

unserer

Arve

ähnlichen Pinus

das Urgestein in den unteren Partien des Berges

Fuss zu lichten , und es folgten Dickichte von verschie

und trat in stark verwitternden Felsgruppen zu Tage.

denen alpinen Sträuchern , welche aus Rhododendron albiflorum , Mentziesia globularis, Pirus sambucifolia

Wir erreichten noch vor Mittag unsern Lager-

und verschiedenen Vascinien bestanden, und deren

platz , woselbst auch nach einer Stunde unsere Ge- Undurchdringlichkeit noch durch Massen von ent fährten mit Forellen beladen eintrafen . Der Abend war ziemlich warm und der Him-

wurzelten Stämmen, die den Boden bedeckten , ver mehrt wurde.

mel bewölkt , und die Temperatur schwankte zwiEtwas über sooo Fuss fing das Gebüsch an sparsamer zu werden und verschwand endlich einige schen + 12 bis 14 ° Celsius. Am nächsten Morgen brachen wir unter Zurück- hundert Fuss unterhalb der Spitze des Berges , um

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.

267

Gerade in unseren Zeiten, wo das Arbeiterleben welche sich prächtige Alpmatten herumzogen, auf welche die aus Porphyr bestehende Felsmasse auf- in allen seinen Verhältnissen , vorzugsweise in Deutsch

Auf den Alpmatten blühten noch

land, zum Gegenstande von privaten und staatlichen

einige verspätete Alpenpflanzen, wie Saxifraga caespi-

Enqueten gemacht wird , kann es ein hohes Inter

tosa , Bryanthus glanduliflorus, Bryanthus empetriformis , Cassiope tetragona und Astern mit hellvio-

esse gewähren, Verhältnisse kennen zu lernen, unter denen Menschen, die das mindeste Maass von indivi

letten Blumen . Wir umgingen die Spitze des Berges

dueller Bequemlichkeit und von Anforderungen an das

und kamen , bald dichte Urwälder, deren Boden mit

Leben stellen , sich ihre notwendigsten täglichen

zahllosen umgefallenen Stämmen und dichtem Unterholz bedeckt war, durchquerend und an mit Rasen bewachsenen Abhängen dahinsteigend, zu einer schö-

Bedürfnisse erarbeiten müssen , ohne doch auch nur selber in die Lage zu kommen , für ihr späteres

nen mit Alpmatten bedeckten Thalmulde, wo wir

können, und dabei oft geradezu als Pioniere auf un

die Nacht zu verbringen beschlossen . Die Thalmulde wurde gegen West von einem nach Norden

betretenen Pfaden auch der Menschheit einen Dienst leisten . Gleichzeitig werden diese Auseinandersetzungen einen kleinen Beitrag liefern zu der zwei Erdteile

gesetzt war.

auslaufenden Berge abgeschlossen , welchem eine mächtige Felsenmauer aufgesetzt war, deren Wände >

nach der Mulde zu senkrecht abstürzten .

Diese

Mauer wurde überragt von zierlichen Nadeln, Tür-

Leben durch ihre Arbeit Sorglosigkeit erringen zu

sehr beschäftigenden Chinesenfrage, und vielleicht auch Ausblicke auf die Verhältnisse gewähren , die

men und Bastionen , und bestand aus einem wunder-

entstehen würden , wenn noch als dritter Erdteil

vollen rötlichen Säulenporphyr. Ein schmaler Grat

Europa an dieser Frage interessiert wäre .

Ohne

verband dieselbe mit dem vorderen Porphyrgipfel Chinesen wäre auf Sumatra der Tabakbau kaum und setzte sich , wie wir später sahen , nach Nord-

zu denken ; die Hauptarbeit kann nur durch dieses

west fort bis zu einem etwa 9-10000 Fuss hohen

Volk

Schneeberge, welcher in zahllosen Nadeln, Hörnern

Asiaten, wie z . B. Javanen , Madras- und Borneo - Leute dort beschäftigt, jedoch nur für leichtere Arbeiten . Das Urbarmachen und Pflanzen des Bodens führen nur Chinesen aus , deren eiserne Arbeitskraft und

und Zacken emporragte.

An den mit Rasen bedeckten Hängen fand ich

Oxyria digyna, einen kleinen braunen Ranunculus, verschiedene alpine Astern, Saxifragen , Arnica, Antennaria, Anemoneoccidentalis,eine hübsche kleine Gletscherweide , Poa alpina u. s. w. Wir bemerkten überall Spuren von Bergschafen

verrichtet

werden.

Wohl

werden

andere

Widerstandsfähigkeit es ermöglicht, in dem oft sehr ungesunden , fiebergeschwängerten Klima Mühen

und Bergziegen , welche hier sehr häufig zu sein

bei grosser Bedürfnislosigkeit zu ertragen. Dieser Grundsatz hat auch für andere tropische Distrikte und für andere Beschäftigungen Geltung.

schienen .

So halte ich es z. B. für eine vollkommene, durch

Als wir am Abend um das hellflackernde Lager- langjährige Erfahrungen bestätigte Thatsache, dass feuer herumsassen , hörten wir plötzlich Steine und nirgends in den Tropen, wenigstens mit asiatischen Felsbrocken von den Abhängen herabfallen , die von Arbeitern , dasselbe gute Resultat erreicht werden dem genannten Hochgebirgswild losgelöst wurden , kann, als wie mit Chinesen. das äsend dort herumkletterte.

Die Nacht war ziemlich kalt, und als wir uns

am Morgen von unserem Lager erhoben , war das Gras mit Reif bedeckt , der jedoch bald unter den Strahlen der Morgensonne dahinschwand. (Schluss folgt.)

Bedingung für eine gedeihliche Verwendung der Chinesen ist deren sachgemässe Heranziehung zu der entsprechenden Beschäftigung, ihre Beaufsichti gung und die Fähigkeit der Aufsichtsbeamten , sich Respekt und Zutrauen zu verschaffen. So glaube ich auch , dass die Neu -Guinea -Comp.

nicht eher eine gedeihliche Bodenbewirtschaftung erzielen wird, als bis sie die Frage der Vorteile Arbeiterleben

chinesischer Arbeiter als gelöst betrachtet und mit

auf den Tabakpflanzungen Sumatras.

allen Kräften dahin strebt , möglichst viele solche Arbeiter , aber keine Neulinge, in ihren Dienst zu

Von W. Danne (Deli auf Sumátra ).

nehmen .

Die folgenden Betrachtungen sind das Resultat

Denn arbeitskundige Chinesen werden

immer und unter allen Umständen mehr leisten, als

eines i sjährigen Aufenthaltes in Ost-Sumátra und der Eingeborene von Guinea oder aus dem englischen ebensolange währenden Beschäftigung mit Tabakbau . Die Berechtigung zu diesen Mitteilungen er-

oder deutschen Schutzgebiete der Südsee.

Freilich ist bei dieser Betrachtung hauptsäch

klärt sich aus dem Mangel an wahrheitsgetreuen lich an Tabakbau gedacht, welcher ein Produkt und eingehenden Schilderungen der Arbeiterverhält- ergibt , dass bei seinem relativ hohen Marktwert und nisse Sumatras 1).

rascher Realisierung des Kapitals im Vergleich zu

) A. v. Wencksterns trefflicher Aufsatz » Eine erfolg reiche Kolonie « im Jahrgang VII der » Nation « scheint dem

anderen Kulturen eine verhältnismässig teure Ar beitskraft, wie die der Chinesen , als vorteilhaft er

Herrn Verfasser entgangen zu sein.

scheinen lässt.. – Bei den mehrjährigen Kulturen

Die Red .

268

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.

von Kaffee, Thee , Kakao und anderen tropischen Bodenerzeugnissen , bei denen naturgemäss erst in

in den Dampfer einquartiert und direkt nach Su

durch chinesische Führer, sogenannte »Keh -taus« ,

drei bis fünf Jahren das angelegte Kapital umge-

mátra befördert.

setzt werden kann , und also auch nicht die rie

Früher ging es nach Singapore, da damals noch

sige, momentane Kraftentwickelung beansprucht

keine direkte Dampferverbindung mit China bestand.

wird , wie beim einjährigen Tabakbau , würde da-

An Bord leben die Leute auf dem Zwischendeck.

>

gegen die viel billigere Benutzung der weniger Von einzelnen Schlafplätzen kann natürlich nicht leistungsfähigen polynesischen Arbeiter sich als zweck- die Rede sein, da oft 800-1000 Kulis auf die ge mässiger erweisen .

wöhnlich nicht sehr grossen Küstensteamer ge

Im allgemeinen ist es nicht leicht , immer ge-

packt werden. Jeder macht es sich selbst so be

nügende Arbeitskräfte von China zu bekommen,

quem , wie es die Umstände erlauben : eine Matte,

obschon die Delipflanzer augenblicklich augenblicklich eigene Dampfer besitzen , die regelmässige Kulitransporte

auf die Planken gelegt , ein kleines Blöckchen von Holz oder bei Anspruchsvolleren von Bambus als

besorgen . Vor ungefähr zehn Jahren lagen die Verhältnisse aber noch so, dass die Chinesen nur mit allen möglichen und unmöglichen »tricks“ zu bewegen

Kopfkissen , dazu eine dünne Decke vom schlech testen europäischen Fabrikate vervollkommnen das primitive Lager. Kost erhalten die Emigranten geliefert: des Mor gens um 6 Uhr gewöhnlich Reis mit etwas gesal zenem Fisch und in Wasser abgekochtem Gemüse;

waren, ihre Heimat zu verlassen. Das Gehalt der Arbeiter liess sehr viel zu wün-

schen übrig; Gesindel, Räuber und Mörder, Bettler

mittags denselben Gang, nur wird dann meistenteils

und Leute ohne Gewissen und Wissen, die überhaupt

anstatt Reis der sogenannte „ Bubur« serviert, wel cher viel sparsamer ist, da hierbei der Reis in einer ungemein dünnen Wasserbrühe verkocht ist. Gegen

niemals gearbeitet hatten , entschlossen sich natürlich am leichtesten zur Uebersiedelung nach Sumátra.

Dort erwarteten sie Reichtum und Ueberfluss. An Sonnenuntergang kommt dann wieder die kompakte Versprechungen fehlte es seitens der sogenannten

Reistafel. Trotz des nach unseren Begriffen keines

Kuli-Broker nicht , und ein kleines Handgeld that wegs angenehmen Verbleibens auf solch einem das Uebrige .

Emigranten -Schiffe fühlen sich die Chinesen im all

Erwähnte »Brokers » sind die ins Asiatische über- | gemeinen schon im siebenten Himmel bei dem Ge

leben und gedeihen .

danken an die reichlichen Reisportionen der Menage denn in China ist Hunger und Armut zu Hause -, und wohlgemut legen sie sich auf den harten Planken mit wohlgefülltem Magen zur Ruhe, ganz hingenommen von dem Gedanken an den grossen

Augenblicklich sind diese Verhältnisse geregelt ; die Sumátrapflanzer haben ihre eigenen Kontore in

» Antong« (Glück) , der sie in Sumátra erwartet. Vorläufig haben sie freilich alle Zeit , sich die Zu

setzte Klasse von Menschen , die sich in verschiedenen Weltteilen verschieden nennen , Agenten, Kommissionäre, Vermittler, Werber u. s. w. –, aber überall mühelos von fremder menschlicher Arbeit

Hongkong, Swatow und Amoy, den hauptsächlichsten Ausfuhrplätzen in Süd- China. Die Agenten lassen gute und starke Feldarbeiter in den Dörfern selbst anwerben und nach den Hafenplätzen bringen . Wenn man die chinesischen Arbeiter fragt, wie sie dazu gekommen sind, Tabakpflanzer in Sumatra zu

kunft in den schönsten Farben auszumalen , da die

Ueberfahrt gewöhnlich acht Tage dauert.

Oft ge

schieht es auch, dass während der Fahrt wegen irgend einer Kleinigkeit ein kleiner Aufstand ausbricht. Ist z. B. der Reis zu hart oder weich gekocht,

dann finden sich stets einige Subjekte , die ihre

werden, dann ist auch heute noch sehr oft die Ant-

Kameraden zum Revoltieren aufhetzen . Wird es

wort, dass sie eigentlich ihren Eltern entlaufen sind

von seiten der Schiffsoffiziere rechtzeitig bemerkt,

aus Furcht vor Strafe, die ihnen , nachdem sie den

so schliesst man einfach die grossen Deckluken und mahnt die Leute zur Ruhe . Helfen Ueberredungs

Eltern Geld gestohlen und dieses in den berüchtigten chinesischen Hasardspielen verloren , gedroht künste nicht, dann thun einige Strahlen kalten hätte. Viele , sehr viele Arbeiter sogar sind in Wassers aus den Schiffspumpen geradezu Wunder ! China verheiratet und lassen dann die Frau im

Vor nichts nämlich hat der echte Chinese mehr

Stich , um sich in Sumátra Reichtum zu erwerben, da ihnen im Heimatland jede Aussicht dazu fehlt.

Wassers: er fürchtet sich auf echt chinesisch para

Sind diese Leute einmal ausgewandert , dann sieht

doxe Weise, dass der Kopf davon Läuse bekommt.

Angst, als vor der heilkräftigen Wirkung des kalten

man oft, dass ihnen der Gedanke, nachdem sie etwas

Uebrigens sind diese Art Aufstände gewöhnlich

erworben, zu ihrer besseren Hälfte zurückzukehren , nicht sehr verlockend erscheint, und dass sie vor-

sehr harmloser Natur , wenn ihnen nur mit Ruhe

und Entschiedenheit entgegengetreten wird .

Ohne

ziehen , irgend ein kleines Geschäft in den Hafen- Lärm und Streit fühlt sich der Chinese nun einmal plätzen Sumátras anzulegen. -

nicht behaglich.

Ist es dem erwähnten Kuli-Agenten in China In Singapore , ihrem vorläufigen Landungsplatz, gelungen , eine Anzahl von einigen hundert Leuten angekommen , werden die Kulis in den sogenannten zusammenzubekommen , dann wer den dieselben | Emigrantenhäusern untergebracht. werden

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.

269

jeden Komfort, gewöhnlich lange Holzschuppen mit einer Thür, damit die Kontrole über die Leute leichter ist. Denn jetzt ist der Kuli barer Geld-

» Sumátrans« . Der kleine Dampfer wird fortwährend von Seen überstürzt , und die armen Kulis , einge keilt zwischen Körben mit Schweinen , Zwiebeln und (o Ironie des Schicksals ! ) den feinsten Ananassen,

Hunderte von Privatspekulanten umlungern

werden ganz durchnässt, leiden sehr von der See

täglich die Häuser , um dem rechtmässigen Impor-

krankheit und kommen endlich mit bedeutend ver minderten Illusionen in Seelawan , dem Hafenplatze

Diese Gebäude sind natürlich ohne allen und

wert .

teur der lebenden Waare

dieselbe durch höhere

Geld- und Gewinnversprechungen abspenstig zu machen und zum Weglaufen zu bewegen.

Delis auf der Ostküste Sumátras, an .

Etwas anders gestaltet sich das Anwerben der

Während des Verbleibs in diesem Depot darf sogenannten » Lau-kehs«, wörtlich alten Leute, d. h . der angeworbene Arbeiter dasselbe nicht verlassen . Hier wird er auch vor den sogenannten » protector

derjenigen, die schon in Indien gearbeitet haben, sei es als Minenarbeiter oder Landbauer in den

of Chinese« geführt, einem englischen Beamten, der

Straits -Settlements. Es wird dann gewöhnlich ein

ihn pro forma ausfragt, ob er auch freiwillig sein

europäischer Assistent nach Singapore oder Penang

Land verliess, um nach Sumatra zu gehen . Die meisten Kulis stehen derart unter dem Einfluss des

geschickt, um mit Hilfe seiner eigenen chinesischen Aufseher die nötige Anzahl Leute zu engagieren .

Kuli- Brokers, dass sie diese Frage uniform mit pja «

Einen eigenartigen Eindruck gewährt das erste

beantworten, wenn auch gerade das Gegenteil der Erscheinen der meist schon lange ersehnten Kuli truppe vor dem Administrateurhause in Deli .

Fall ist .

Jedoch habe ich auch einen Fall erlebt , der

Es

ist ein grosser Unterschied zwischen dem Benehmen

für die Vortrefflichkeit dieser Einrichtung spricht. der » Sing-kehs«, der neuen Leute, und dem der Es handelte sich dabei um zwei Brüder ,, die wir zusammen mit einer grösseren Anzahl Arbeiter von Singapore erhielten. Eines Tages kam von dort ein Brief, worin wir ersucht wurden, die erwähnten zwei Kulis zurückzuschicken , da von China seitens der betreffenden Eltern Bericht gekommen sei , dass ihre Söhne nicht freiwillig mitgegangen wären. Die

» Lau -kels« . Erstere sind so verdutzt von dem neuen

Eindruck, den die fremde Umgebung auf sie macht, dass sie sich direkt auf ihre Kleidertonne setzen

und dabei absichtlich nonchalant den üblichen Fächer

in Bewegung setzen ; überall aber umherspähend und vor allem die » orang oppas«, Wachtleute, die jeder Administrateur hält, und die sich bei solcher

Leute mussten zurückgeschickt werden; der schul- | Gelegenheit sofort einfinden, mit grossem Respekt dige Broker aber wurde in Singapore gerichtlich

betrachtend, ohne zu ahnen , welche Unannehmlich

weiter verfolgt . Auch die Kontrakte mit den verschiedenen

keiten ihnen dieselben noch bereiten können . Jeder Kuli wird vom Administrateur mit seiner

Estaten werden in Singapore abgeschlossen. Jeder Personalbeschreibung und Photographie verglichen. Kuli wird photographiert, und es erfolgt eine sehr genaue Personalbeschreibung auf Länge in Centimetern , besondere Kennzeichen , Alter und Stamm . Der Protektor überzeugt sich ferner mit Hilfe eines Doktors, ob auch jeder einzelne Mann gesund und

Mann für Mann wird gefragt, ob er auch den üb lichen Vorschuss von 30 Dollar empfangen hat,

damit später , wenn der Kuli bei der Abrechnung belastet wird, keine Reklamationen eintreten können.

kräftig ist. Den stereotypen Ausdruck »fut for field work « erhalten aber leider auch Individuen , die so

ta

schwach -kränklich sind, dass sie bei Ankunft auf der

Estate direkt ins Hospitalaufgenommen werdenmüssen . Nachdem nun noch der Kuli-Broker den Leuten

gegen unmöglich hohe Preise kleine Tonnen ver

kauft hat, zum Aufbewahren ihrer Habseligkeiten, bestehend in einer kleinen Esschale nebst obligaten Esstäbchen , etwas Tabak von furchtbarem Geruch

und Geschmack nebst Pfeife, einer wollenen Decke und einem Fächer, versieht er sie auch mit einem neuen Anzug , Hose , Jacken und grossem Bambus hut. Von den 30 Dollar Vorschuss, die der Kuli beim Kontraktzeichnen erhielt, besitzt er noch wenig , das meiste wanderte für Ausrüstung in die Taschen

Grundriss chines. Arbeiterwohnungen ( Congsie -Häuser) am Pfanzwege . AA = Congsie - Häuser. B = Tandil -Haus. C - Küche mit Feuerstellen 2.

dddd - Brunnen . ei - eg = Schlafbänke.

F = Opfertische mit Götzenbild .

des hilfsbereiten Brokers , der jetzt , versehen mit

den registrierten Kontrakten und Photographien , die

Wenn jeder Kuli seine laufende Nummer , auf

Leute auf der Ueberfahrt nach Sumátra begleitet. einem Stück Kartonpapier oder Hölzchen – chine Ist die Strasse von Malakka ruhig , dann bedeuten Oft aber ist

sisch das »peikia « – erhalten hat, wird ein Auf seher benannt, und es steht dem Einzuge in die

schlechtes Wetter , und es wehen die sogenannten

sogenannten Congsiehäuser nichts mehr im Wege.

die 48 Stunden Seefahrt nicht viel .

270

Geographische Mitteilungen.

Neulinge, Sing -kehs, erhalten bei dieser ersten Musterung gewöhnlich kein Geld, nur in Ausnahmefällen , wenn geklagt wird , dass ihnen in Singapore bereits alles abgenommen , einen halben Dollar Vorschuss. Es ist jetzt beinahe auf allen Plantagen eingeführt,, dass

direkt an , so dass unten und oben ein Zwischenraum von 2' bleibt.

Ein unerlässliches Möbel in jeder chinesischen Wohnung bildet der „ Toapekong “ , ein Götzenbild, das, auf dickem chinesischem Papier gemalt, den Be sitzer und zweitobersten Gott der Menschheit darstellt,

in der ersten Zeit das Essen geliefert wird , sei es durch den betreffenden Aufseher, Tandil, sei es dass

umgeben von den Gestalten des guten und bösen

der Besitzer des chinesischen Kaufladens auf der

Geistes.

Estate damit beauftragt wird. – Aus verschiedenen Gründen hat diese Bestimmung sehr viel für sich . -

hält , ist nach chinesischen Vorschriften genau be stimmt. Die Hauptsache dabei ist, dass der » grosse

Ganz abgesehen davon , dass dadurch den Leuten das Weglaufen bedeutend erschwert wird , denn ohne Geld gelingt es dem Kuli nur selten , sich den

Der Platz, den dieses Bild im Hause er

Herr « nicht auf die Schlaf- und Wohnplätze sehen darf, wahrscheinlich in der ganz logischen Voraus setzung , dass ihm dann zu viel Aergernis geboten

in solchem Falle rasch veranstalteten Nachforschungen

und er bei eventuellen Nachforschungen in üble

zu entziehen , - ist schon der Umstand schwer-

Laune gerathen würde.

Gerade gegenüber dem

wiegend genug, dass die Sing -kehs, wenn sie selbst ihr Eingange erhebt sich die kleine Stellage, worauf Essen bereiten müssen , in der ihnen gewährten

das Bildnis prangt , umgeben von Opferstöckchen

Mittagspause von zwei Stunden nicht damit fertig und einigen kleinen Schüsseln mit Reis und Thee. — werden . Denn die Arbeitszeit wird streng einge halten ; sowie das Signal ertönt, muss jeder Arbeiter an seine Arbeit gehen – und mancher Sing -keh wohl mit leerein Magen ohne diese Einrichtung . Später , wenn der Neuling mit den Ortsverhält nissen bekannt ist und sich einzurichten weiss, ent fällt natürlich das sogenannte Congsie-Essen : dies der Name, den der Chinese der gemeinschaftlichen

Abfütterung gegeben hat. Congsie heisst Gemeinschaft , Bund, Abteilung und wird von den Pflanzern vielfach gebraucht, z. B. Congsiehäuser, wo eine bestimmte Anzahl Kulis unter je einem chinesischen Aufseher wohnt, ferner in dem direkten Sinn

für Abteilung, wie erste, zweite u . s. w . Congsie. — Die Congsiewohnungen sind meistens, wenig

(Schluss folgt.)

Geographische Mitteilungen . (Murray .) John Murray, Chef der bekannten Londoner Buchhändlerfirma gleichen Namens, ist am

2. April d. J., 84 Jahre alt, gestorben. Er war geboren am 16. April 1808, studierte auf der Universität Edin burgh und trat 1828 in das Geschäft seines Vaters. Durch die Herausgabe seiner » Handbooks for Travellers on the Continenta , deren erstes im Jahre 1836 für » Holland,

Belgium , Northern -Germany, Prussia (Rhine) « erschien , brachte er eine neue Richtung in die Bearbeitung der » Reisehandbücher«. In der Vorrede zur 3. Auflage des Führers durch Deutschland sagt Baedeker : » Als Grund lage hat beim ersten Erscheinen das vom Buchhändler

stens für die Feldarbeit, für 36-40 Arbeiter be- Murray zu London herausgegebene berühmte ,Hand book for Travellers in Northern- and Southern -Germany ,

rechnet und bestehen aus zwei parallel zu einander stehenden , getrennten Häusern für die Arbeiter, einem kleinen Tandilhaus und einer gemeinschaft-

das rote Buch der Engländer gedient , ohne welches keiner das Festland betritta . Band II von Murrays Handbook folgte 1837 für Bavaria , Austria, Tirol, Salz

lichen Küche. Bei der inneren Einrichtung wird

burg. Es kamen dann 1838 : Switzerland, Savoy, Pied

dafür gesorgt, dass die Kontrole übersichtlich ist und jeder Kuli seinen bestimmten Platz erhält. Viel-

mont; 1839: Danemark, Norway, Sweden, Russia. Heute ist die Reihe von » Murrays Handbooks« eine ausser

fach sind die sogenannten Schlaftafeln eingeführt :

ordentlich grosse ; das zuletzt mir bekannt gewordene

lange Tische von 7 ' Länge bei einer Breite von 312-4 . Es gibt selbst eine Holzsägerei in Deli , wo dieselben zu kaufen sind, sonst lässt man sie

ist » A Handbook for Travellers in Japan « . Darwins

von dem chinesischen Zimmermann , der auf jeder

Werke und Yules » Marco Polo « sind ebenfalls in

Murrays Verlage erschienen . Auch Bates' berühmtes Buch » The Naturalist on the River Amazonas « ( siehe

S. 191 d. Bl.) erschien 1863 in seinem Verlage , und

Estate zu finden ist , anfertigen . Die alte Sitte, es infolge Murrays warmer Empfehlung wurde Bates jedem Kuli zu überlassen, sich aus kleinen Stücken im Jahre 1864 zum Sekretär der Londoner Geogr. Ge und Baumrinde einen tampat tidor — Schlafplatz sellschaft gewählt, der er während 27jähriger Thätig selbst herzustellen , findet man nur auf Estates, keit hohe Dienste leisten sollte. (Mitteilung von Dr. die entweder infolge schlechter Geschäfte oder aus Wolkenhauer in Bremen .) (Erweitertes Museum für Völkerkunde in Konservativismus beim Althergebrachten stehen ge blieben sind. - Zu beiden Seiten des Raumes | Leipzig . ) Diese bekannte Anstalt, welche von einem stehen die Tafeln aufgereiht, ein breiter Gang in treuen Mitarbeiter dieser Zeitschrift, Herrn Dr. H. Obst, der Mitte dient zum Verkehr. Sechs grosse Luken geleitet wird, soll auf neuer Grundlage eine wesentliche ihres Wirkungskreises erfahren. Die beiden ermöglichen die gute Ventilation , für die ohnehin Erweiterung Forschungsreisenden Reis und Stübel nämlich, welche schon gesorgt ist , da Dächer und Wände dieser für die geographische Erschliessung ferner Länder -Gebäude nur mit dem sogenannten Athay, einem vorab Südamerikas - so Bedeutendes geleistet haben , Blatt-Produkt der Nipapalme, bekleidet sind. Die gehen mit der Absicht um , in der durch ihre centrale Wand schliesst sich weder an Fussboden noch Dach

Lage und durch ihre mannigfachen Hilfsmittel hiefür

Litteratur. 271

sich besonders eignenden Stadt Leipzig ein »Museum

sammengetragen und benutzt worden , und schon darum wird das

für Länder- und Völkerkunde « einzurichten, zu welchem

Buch , das zunächst zur Einführung in die Photogrammetrie be

die bereits vorhandenen, wie auch die von den genannten

stimmt ist , allen Interessenten von Nutzen sein .

Forschern mitgebrachten Sammlungen den Grundstock

ist in der photogrammetrischen Litteratur schon vor mehreren Jahren mit einer Methode der Küstenaufnahme und einem Per

bilden sollen. Man hofft, dass dann mit der Zeit auch von seiten anderer Reisender Beiträge geliefert werden ;

und insbesondere wird dahin gestrebt , dass die von

solchen geführten Tagebücher dem Museum übergeben werden möchten , um dieselben dort gut verwahrt und vor der Gefahr behütet zu wissen , dass deren Inhalt der

wissenschaftlichen Verwertung entgehe. Der einstweilen nur in seinen Grundzügen bekannt gewordene Gedanke ist jedenfalls richtig und verdient es, dass von beteiligter Seite für seine gedeihliche Verwirklichung das Mögliche

Der Verfasser

spektographen hervorgetreten und hat seitdem alle Erscheinungen auf diesem Gebiete mit Verständnis verfolgt. Zeugnis dafür ist das vorliegende Buch. Dass er der photogrammetrischen Praxis näher getreten wäre , lässt sich aus dem Geiste , in dem das Buch geschrieben ist , nicht schliessen . Der Verfasser spricht

von einer neuen Blüteperiode der Photogrammetrie in unserer Zeit . Für die Litteratur mag das gelten , ob für die Praxis , das ist sehr die Frage . Hier kommt es vor allem auf das Bedürfnis an . Wo das gegeben oder anerkannt ist , wird auch die Photo grammetrie benutzt , so z. B. bei den italienischen Alpenauf

nahmen durch Paganini , bei den preussischen Architektur

geschehe. (Leipz. Illustrierte Zeitung vom 16. April 1892. )

aufnahmen durch Meydenbauer, oder den Tracierungsstudien

(Sibirische Universität ) Mit dem Jahre 1887

von Pollack . Die Franzosen dagegen haben kein Bedürfnis, ihre miserablen Alpenkarten zu verbessern , und darum steht in Frankreich die photogrammetrische Terrainaufnahme heute noch auf dem Standpunkte von Laussedat. Ueberlegungen wie die

ist in Tomsk die viel genannte sibirische Hochschule, zu welcher Private ein Gründungskapital von 200 000 Ru beln zur Verfügung gestellt hatten, wirklich ins Leben getreten. Zunächst wurde nur diejenige Fakultät be gründet, welche sonst jungen Universitäten am längsten vorenthalten zu bleiben pflegt, die medizinische, und um derselben eine notdürftige Anzahl von Studierenden zu

des Verfassers : » Wie oft kommt inan nicht in die Lage , Formen und Grössenverhältnisse eines Gegenstandes bestimmen zu müssen,

ohne dass man an dem Gegenstand selbst Messungen vornimmt U. S. W.« können nur die Häufigkeit theoretischer Betrachtungen über die Photogrammetrie, nicht aber die Seltenheit ihrer An

sichern, mussten gewisse , das Studium erleichternde Ver fügungen getroffen werden, so z. B. die, dass auch von

wendung erklären , für letztere ist maassgebend : »Wie selten

den Seminarien aus unmittelbar an diese Universität über

so unbedingt nötig zu haben , dass man sich entschliesst, eigens

gegangen werden konnte. Gleichwohl erreichte die An zahl der Immatrikulierten im ersten Jahre nicht ganz

die Zahl 100 , und erst jetzt ist sie auf 262 angestiegen , von denen 90 dem asiatischen Russland angehören. Nur

kommt man in die Lage , unzugängliche Dimensionen u. s. w . dazu umständliche Konstruktionen zu studieren oder teure Ap

parate zu bauen «. Mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der photogrammetrischen Praxis könnte man die photogram metrischen Methoden füglich in drei Klassen einteilen : 1. in

durch die Gewährung beträchtlicher Stipendien, sowie dadurch, dass man relegierten und im Geruche nihilisti

solche, die genaue und relativ einfache Konstruktionen geben , aber nicht oder nur selten gebraucht werden , weil sie teure Apparate voraussetzen ; 2. in solche , welche einfache Apparate

scher Gesinnung stehenden Studenten hier eine Art

voraussetzen, aber keine Anwendung finden , weil die Konstruk

bereitete, vermochte man die Hörsäle notdürftig zu füllen ;

tionen ungenau und umständlich sind oder zu viel gegebene Stücke voraussetzen ; 3. in solche, die zumeist überhaupt noch

auch dürfte der äusserst billige Lebensunterhalt in Tomsk eine gewisse Anziehungskraft ausüben . Immerhin ist die neue Bildungsanstalt mit Hilfsmitteln in gar nicht zu

verachtender Weise ausgestattet: es gehören zu ihr ein anatomisches Theater, ein physikalisches und chemisches Laboratorium , ein pathologisches Institut, ein archäo logisches und ethnographisches Museum , sowie eine nicht unbedeutende Bibliothek. Von akademischen In stitutionen in unserem Sinne weiss der sibirische Stu

dierende freilich nicht viel , denn die in der kleinen Stadt

leicht

zu

handhabende

Aufsicht

ist

überaus

streng , und die russische Sitte , Personalkontrole über

den Vorlesungsbesuch durch regelmässiges Nachzählen

nicht probiert sind und vor deren Anwendung zumeist dringend Von letzteren , die in der photogram metrischen Litteratur vielfach einen breiten Raum einnehmen ,

gewarnt werden müsste.

finden sich , wie rühmend hervorgehoben werden soll , nur ver einzelte in Schiffners Buch . Zu ihnen gehört die Bildweite

bestimmung (S. 43 , 3 ) mit Hilfe von Sonnenaufnahmen und gleich zeitiger Markierung des Schattens eines Stabes in einer horizon talen Ebene. Dagegen dürfte die Bestimmung der Horizontal. linie mittels wiederholter photographischer Aufnahme der Sonne und ihres Spiegelbildes in einem Horizont sehr praktisch sein , sobald man den Rat des Verfassers nicht befolgt, den Horizont genau in die Höhe der Objektivmitte zu stellen. Ballonaufnahmen, die zu photogrammetrischen Konstruktionen benutzt werden kön

eine bekanntlich auch im Deutschen Reichs

nen , sind nach des Referenten Erfahrung noch aus 3500 m rela tiver Höhe möglich. Technisch schwierig und unpraktisch wäre es, dabei die Platte genau horizontal zu halten , da man selten

tage zur Verhütung ungültiger Abstimmungen beliebte Maassregel – wird mit grösserer Strenge geübt, als

gerade das senkrecht unter der Bahn des Ballons liegende Ge

auf den anderen russischen Universitäten . (Münchener Hochschulnachrichten .)

nützung der photographischen Magnetnadel als Orientierungs

der im Vorzimmer aufgehängten Hüte und Ueberzieher zu üben

lände aufzunelimen wünscht. Damit muss man auch auf die Be

element verzichten , welche nach des Referenten Meinung nur

bei Einrichtungen für photogrammetrische Wolkenbeobachtungen , die aber mangels eines dringenden Bedürfnisses bei uns nicht angestellt werden , am Platze wäre. Bezüglich der Panoramen apparate vertritt der Verfasser allzusehr den Standpunkt der

Litteratur. Die photographische Messkunst oder Photogram

metrie , Bildmesskunst , Phototopographie

von

Franz Schiffner. Halle a . S. 1892. Knapp. VII u. 134 S.

In drei Teilen ( I. Teil: Die Photogrammetrie für Anfänger; II . Teil : Geschichte der Bildmesskunst ; III . Teil : Die Photo .

betreffenden begeisterten Erfinder. Dem Referenten sind höchst anerkennenswerte Leistungen solcher Apparate zu Gesicht ge kommen, und trotzdem muss er gestehen , dass sie für die Photo grammetrie weder einen Gewinn in Bezug auf Genauigkeit, noch auf Vereinfachung der Konstruktion bedeuten .

grammetrie für Vorgebildete) wird eine recht vollständige Auf

Unsere Bemerkungen sollen nur zur kritischen Prüfung des

zählung der photogrammetrischen Methoden von den Anfängen

reichen Inhaltes von Schiffners Buch nach der instrumen

bis auf die jüngste Gegenwart gegeben. Mit grossem Fleisse ist

tellen und technischen Seite hin Anlass geben , keineswegs aber

die zerstreute, nicht immer bequem zugängliche Litteratur zu

von der Lektüre abschrecken . Im Gegenteil wird man nicht

Litteratur.

272

leicht gleich vollzählig und knapp alles Theoretische der Photo

Seiten hin biologische Anschauungen der Geographie dienstbar

grammetrie beisammen finden . Das Ueberwuchern der Theorie in der Bildmesskunst ist nur ein Beweis dafür, wie leicht es ist ,

gemacht worden, von Grisebach , Christ , Volkens , Schim per , von Kerner selbst und vielen anderen , aber noch nie mand hat jenen Standpunkt in gleichem Umfange und gleicher

für alle Fälle Methoden und Konstruktion ausfindig zu machen, während andererseits die Erfahrung lehrt , wie schwer es ist , auch nur die einfachsten davon in die Praxis überzuführen .

Hier

von aber hängt es ab , ob die neue » Blüteperiode« der Photo grammetrie auch Früchte tragen wird . München .

S. Finsterwalder.

Pflanzenleben . Von A. Kerner von Marilaun. 2 Bde. Leip zig und Wien, Bibliographisches Institut , 1890, 1891 . Eine Besprechung des obigen Werkes mag etwas ver spätet erscheinen , da dasselbe schon vor über zwei Jahren zu

erscheinen begonnen hat. Da indessen das ganze Werk erst seit einigen Monaten vollendet vorliegt , so sind wir erst jetzt im stande, dasselbe vollständig zu überblicken.

Die Verlagsbuchhandlung hat sich mit der Herausgabe jener Sammlung naturwissenschaftlich -geographischer Handbücher, denen Kerners Pflanzenleben angehört , grosse Verdienste erworben . Es sollte ursprünglich wohl nur das ältere, populärere Tier leben von Brehm auf anderen Gebieten fortgeführt werden. Die Namen der für das Unternehmen gewonnenen Autoren garan tierten von vornherein dafür, dass diese Fortsetzungen dem An

fangswerke ebenbürtig sein würden. Aber diese Erwartungen sind weit übertroffen worden . » Popularisierung der Wissenschaft «

ist eine jetzt viel gehörte Parole. Wissenschaftliche Ergebnisse und Probleme, besonders der Naturwissenschaften, sollen in weitem

Umfange zu Bestandteilen der allgemeinen Volksbildung gemacht werden, un die grossen Massen zu belehren, zu verziehen « und zu »veredeln « . Es liesse sich manches über solche Bestrebungen sagen , welche vielfach gut und edel gemeint sind, aber oft in den Händen Unberufener melir Missverständnis und Unheil als Nutzen stiften und damit zugleich die Wissenschaft selbst dis

kreditieren. Die Behandlung dieses Themas wäre sehr dankens wert , würde aber dem Urheber wenig Dank einbringen und ge hört im übrigen nicht hierher. Man kann unter Popularität noch einen anderen Begriff verstehen , nämlich das Bestreben , die Wissenschaft ihres strengen Gewandes soweit zu entkleiden , dass der allgemein Gebildete , der zum Nachdenken befähigte und geneigte Laie, befähigt und geneigt wird , den Ergebnissen und Hauptproblemen, der Denkweise und Methode der Wissen

schaft Interesse entgegenzubringen. Das ist jene Popularität , in welcher die Engländer unsere Meister sind , durch welche jen seit des Kanals so viele hervorragende, » dilettantische « Förderer der Wissenschaft entstanden sind . Von diesem Standpunkte aus müssen wirNeumayrs Erdgeschichte, Rankes Menschen , Ratzels Völkerkunde und Kerners Pflanzenleben als Werke bezeichnen ,

Vielseitigkeit auf alle Gebiete der Botanik angewendet. Aller dings soll das Werk in erster Linie ein botanisches , und nicht ein pflanzen -geographisches sein . Es sind daher nicht geogra

phische und physiognomische Momente , sondern botanische für die Anordnung des Stoffes maassgebend gewesen . Aber wenn auch infolgedessen das Studium des Werkes vom geographi schen Gesichtspunkte grössere Arbeit macht, so darf dieselbe uns

doch nicht verdriessen , da das Ergebnis reichlich lohnt. Ein ge naueres Eingehen würde eine besondere Abhandlung erfordern ; wir können hier nur auf das Werk selbst verweisen .

Nur eines

vermissen wir : die unendliche Fülle des Inhaltes, die erschöpſende

Bearbeitung des gesamten , zur Zeit vorhandenen Materials neben den eigenen Erfahrungen eines langen , wissenschaftlichen Lebens hätte wohl auch in einem » populären « Werke die Anführung anderer Forscher und der Quellenwerke wünschenswert gemacht. Der zweite Band, 842 Seiten stark , betitelt sich » Geschichte der Pflanzena . Wer darunter eine Entwickelungsgeschichte der Pfanzenstämme im Laufe der geologischen Zeitalter verstehen wollte , würde sich allerdings getäuscht sehen. Bislang , sagt

Kerner , ist diese njüngste der botanischen Disciplinen noch nicht zu einem befriedigenden Abschlusse gelangt« . » In einigen Decennien dürfte es vielleicht möglich sein , auf Grund des bis dahin gesichteten Urkundenmateriales aus alter und ältester Zeit eine sorgfältig ausgeführte Geschichte der Pflanzenwelt zu schrei ben , heute muss ich mich noch bescheiden , eine Skizze der in

der Pfanzenwelt sich vollziehenden Veränderungen in allgemeinen Umrissen und vielfach noch in verschwommenen Linien vorzu

führen . « (II, pag. 5. ) Den Ausgangspunkt bildet der erste Ab

schnitt des zweiten Bandes, » Die Entstehung der Nachkommen schaft « auf vegetativem und geschlechtlichem Wege. Der zweite Abschnitt, » Die Geschichte der Arten « , geht ein auf das Wesen

und die Formänderungen, Ursprung, Verbreitung und Aussterben derselben .

Auch hier finden überall die biologischen Verhält

nisse eine der Tendenz des Werkes entsprechende Würdigung. Den Angelpunkt des Ganzen bildet wohl die eigentümliche, vom

Verfasser vertretene Ansicht über die Umformung der Arten . » Die durch den Wechsel des Bodens und Klimas bewirkten

Veränderungen der Gestalt und Farbe « , heisst es, verhalten sich nicht in der Nachkommenschaft; die Merkmale, welche als Aus

druck dieser Veränderungen in Erscheinung treten , sind nicht beständig« . (II , pag. 507.) » Alle Veränderungen der Gestalt , welche sich in der Nachkommenschaft erhalten, kommen nur im

Gefolge eines Befruchtungsvorganges zu stande, d . h . neue Arten

welche dem Begriff edelster Popularität in unübertroffener Weise

können nur auf dem Wege der Befruchtung entstehen ; das

entsprechen . Es gehört dazu eine dem Gebildeten verständliche Darstellungsweise , aber auch ein gewisses Fingehen auf wissen

Blühen und die Befruchtung ermöglichen das Entstehen neuer Arten .« ( II , pag. 581.) Darum sind Anpassungs- und Vervoll kommnungstheorie hinfällig ; eine dritte Theorie, welche als „ Ver einfachungstheorie « bezeichnet werden kann , » stützt sich auf die

schaftliches Detail. Und so sind jene Werke nicht allein populäre Handbücher geworden , sondern können auch dem Wissenschaftler selbst als Kompendien vielfache Dienste leisten . Sie gehören und finden sich

nicht allein in Bibliotheken des Freundes der

Wissenschaft, sondern auch des Gelehrten , zumal des Geographen . Kerners Pfanzenleben stellt sich den genannten Werken

ebenbürtig zur Seite. Es zerfällt in zwei Bände, von denen der erste auf 734 Seiten nach kurzer historischer Einleitung die Ge stalt und das Leben der Pflanze behandelt , d. h. genauer die Zelle und Zellverbände, Ernährung und Stoffwechsel, das Wachs tum der Pflanze und die Morphologie der vegetativen Organe. Das scheinen alles Dinge zu sein, die nur den Botaniker inter

essieren ; aber durch den Standpunkt des Verfassers erhalten sie eine ganz andere Beleuchtung. Wir haben früher darauf hin gewiesen, wie sich während der letzten Jahrzehnte in der Botanik und Pflanzengeographie eine neue , eigentümliche Richtung ent wickelt hat, die biologische , welche bemüht ist , die Formen gestaltung des Pflanzenreiches in ihrer Abhängigkeit von den äusseren Lebensfaktoren zu beobachten und anatomisch-physio logisch , d . h. kausal zu erklären. Auch Kerner vertritt diese Richtung ; die biologische Betrachtungsweise bildet den Schwer

punkt seines ganzen Werkes. Schon vorher sind nach vielen

Erfahrungen, welche die Gegenwart an die Hand gibt , und lässt sich in dem Satze zusammenfassen , dass alle in der Nachkommen

schaft sich erhaltenden Veränderungen der Gestalt durch Kreu. zung , beziehentlich durch Vermischung zweier , ihrer Konsti tution nach verschiedener Protoplasten zu stande kommen « . (11 , pag. 586.) » Genau genommen ist es ja auch eine Umprägung, welche hierbei stattfand , nur erfolgte sie nicht unter dem unmittelbaren Einflusse des veränderten Klimas, wie es die Anpassungstheorie, und ebenso wenig durch ein den Arten inne wohnendes Vervoll kommnungsprinzip , wie es die Vervollkommnungstheorie an

nimmt, sondern durch die Veränderung der specifischen Kon stitution des Protoplasmas infolge der Kreuzung « . (II , pag: 587. )

Es ist hier nicht angebracht, auf ein solches biologisches Pro blem weiter einzugehen ; die Kernersche Theorie und die Kraft der zu Grunde liegenden Induktionen wird wohl mancherlei Dis kussion und Widerspruch hervorrufen . Potsdam.

Erich Goebeler.

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft e bendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 30. April 1892.

Jahrgang 65, Nr. 18.

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7 .-- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

MDCSL

In- und Auslandes und die Postämter .

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

2. Drei

Inhalt : 1. Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay. Von H. Greffrath (Dessau). S. 273.

Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München). (Schluss.) II. S. 275. – 3. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia . Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio). ( Schluss.) S. 280. 4. Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras. Von W. Danne (Deli auf Sumátra ). (Schluss.) S. 284. – 5. Geographische

Mitteilungen. (Betrag der Denudation durch Niederschläge; Schema für phänologische Beobachtungen ; Der Nicaragua -Kanal.) S. 286 .

6. Litteratur. ( Jäger ; Reicke -Schack ; Metzger.) S. 287 .

Die westaustralische Forschungsreise unter

man das in 26 ° 45 ' südl . Br. und 129 ° östl. L. von Gr. an der Grenze der Kolonie Westaustralien

David Lindsay .

gelegene Blyth Range passierte, bis zum 3. Oktober,

Von H. Greffrath (Dessau).

wo man das Fraser Range erreichte, also 2 12 Monate

Wir haben in Jahrgang 64 , Seite 598 , über den Anfang einer Expedition berichtet, welche der

einen Tropfen Wasser behelfen .

reiche Grosskaufmann und Squatter Sir Thomas

Queen Victoria Springs anlangte, hatte man auf der

lang, mussten sich die Kamele einmal 24 Tage ohne Als man bei den

Elder in Adelaide, Kolonie Südaustralien, auf seine Länge von 400 Miles (644 km ), die man in 35 Tagen Kosten ausgerüstet und unter der Leitung des

zurücklegte, kein Wasser gefunden, und da auch

Mr. David Lindsay zur Erforschung des noch

diese sog. Springs trockene waren, musste man noch weitere 150 Miles ( 240 km ) marschieren , bevor man welches fand. Am 14. Oktober traf man in der Esperance - Bai ein . Die Kamele , von denen unterwegs drei verloren gingen , waren so vollständig

unbekannten centralen und nördlichen Westaustralien

u . s. w . ausgesandt hatte.

Die Karawane bestand

aus 13 Personen und 42 Kamelen. Die grossen Erwartungen , welche man auf den Erfolg setzte,

haben sich nicht erfüllt. Mr. Lindsay sollte zu- erschöpft , dass eine Rast bis Ende Oktober ein nächst von dem Everard Range in 27 ° 9 ' südl. Br.

treten musste. Man reiste dann durch Eukalypten

und 132 ° 28 ' östl. L. von Gr. aus in westnord-

wald und strauchartige Eukalypten ( Mallee) mit

westlicher Richtung auf den oberen Lauf des in 27 ° 35 ' südl . Br. und 114 ° 4 ' östl. L. von Gr.

saltbush , Atripler vesicaria , und bluebush , Kochia sedifolia, nördlich in der Richtung auf die Hampton Plains in 30 ° 55 ' südl. Br. und 122 ° 25 ' östl. L.

0

mündenden Murchison R. , wo kürzlich durch Mr.

Macpherson Gold entdeckt wurde , reisen . Anstatt dessen lenkte er, nachdem er das Barrow Range in 26 ° südl . Br. und 127 ° 27 ' östl . L. von Gr. passiert hatte , auf einer schon bekannten Route die

von Gr. Man kam dabei an verschiedenen trockenen

Reise südwestlich auf die Queen Victoria Springs in

bush genährt hatten , aus Mangel an Wasser nicht mehr fressen und zeigten bedenkliche Schwäche. Da nun bei der entsetzlichen Hitze von 72 ° C. (?) im

30 ° 27 ' südl. Br. und 123 ° 24 ' östl . L. von Gr. und dann über das Fraser Range in 31 ° 55 ' südl . Br. und 122 ° 28 ' östl. L. von Gr. . nach der Espe0

Salzseen vorbei , aber geniessbares Wasser existierte nirgends. Am 9. November wollten die Kamele, welche sich bis dahin von dem halbtrockenen salt

Schatten nördlich von den Hampton Plains auf

rance-Bai an der südlichen Meeresküste in 33 ° 54'

Wasser höchst wahrscheinlich nicht zu rechnen war,

südl . Br. und 121 ° 45 ' östl . L. von Gr. Was ihn

weder bei Mount Ullaring in 29 ° 53' südl. Br. und

0

dazu trieb, war die entsetzlichste Hitze und Dürre,

der grösste Mangel an Wasser und an Futter für die Kamele , die anhaltenden Sandwüsten und der ge-

fürchtete Spinifex , Triodia irritans , durch welchen

0

I 20 ° 30 ' östl . L. von Gr., noch bei Mount Ida in 29 0° 8 ' südl. Br. und 120 ° 28 ' östl . L. von Gr. , wie die Reise verlaufen sollte , so blieb nichts anderes 0

man sich durchzuarbeiten hatte. Die Kamele wurden

übrig , als nach Westen abzulenken und die Reise route des Mr. Hunt im Jahre 1864 zu verfolgen.

immer schwächer , und es war zu befürchten , dass

Die Hoffnung, hier in den von letzterem dermalen

sie bei der Weiterreise durch derartiges Terrain bald dienstunfähig würden und die ganze Karawane verloren ginge. In der Zeit vom 18. Juli 1891 , wo

versagte, und erst als man weiter westlich in das vor etlichen Jahren entdeckte Yilgarn -Goldfeld in

Ausland 1892, Nr . 18 .

angelegten Tanks ( Bassins) Wasser vorzufinden, -

35

Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay.

274

31 ° südl . Br. und 119 ° 10 ' östl. L. von Gr. vor-

züge zur Auffindung von Wasser vorweg unter

gedrungen war, stiess man 40 Miles (65 km) süd- nommen werden und erst dann das Gros der Ex lich von dem Minenorte Southern Cross (264 Seelen ) pedition nachrücken , bis man wieder die von der in 31 ° 14 ' südl. Br. und 119 ° 19 ' östl . L. von Gr. auf das Wasserloch Karoling mit reichlichem Wasser und gutem Futter in der Umgebung. Man befand sich hier 150 Miles (240 km) westlich von der Grenze des noch unerforschten centralen Australien .

Die Karawane zog dann nach Southern Cross und

von da am 23. November nach dem 45 Miles

Cruickshanks - Station aus s60 km entfernte Stelle erreicht hatte, wo die Ablenkung nach Südwest auf die Victoria Springs und das Fraser Range statt gefunden. Man schien indes kein Vertrauen mehr in diese Expedition und deren Leitung zu haben,

der Vorschlag wurde zurückgewiesen. Sir Thomas Elder wollte sich auf keine weiteren pekuniären

(72 km) entfernten Golden Valley , einem kleinen Zuschüsse einlassen , und die Expedition, auf welche Minenorte am nördlichen Ende des Yilgarn -Gold- man die grössten Erwartungen gesetzt hatte, endete feldes in 30 ° 54 ' südl. Br. und 119 ° ſ ' östl. L. in der unrühmlichsten Weise. von Gr., wo man sich aus den von der südaustraliDas geographische Wissen ist durch diese Reise schen Regierung angelegten Tanks ebenfalls ge- so gut wie gar nicht bereichert worden, es sei denn , nügend Wasser verschaffen konnte. Hier erfuhr dass vier auffällige Berge Namen erhielten . Diese man , dass nördlich von den Hampton Plains , wie sind : » Mount Goolwa« , nach dem Geburtsorte des Mr. Lindsay vermutet hatte , die entsetzlichste Mr. Lindsay , » MountWatson« , nach dem Professor Dürre herrsche und nirgends, auch nicht bei Mount Watson an der Universität in Adelaide , Mount

Ullaring und Mount Ida , Wasser existiere , so dass

Elder« , nach Sir Thomas Elder in Adelaide , in

die Gesellschaft bei einem Vormarsche nach Norden sicher ihr Grab gefunden hätte. Mr. Lindsay sah

dem nach Sir Elders Wohnsitz benannten Birksgate Range, und endlich »Mount Gosse« im Blyth Range, nach dem verstorbenen südaustralischen Forschungs

sich nun gezwungen, den erschöpften Kamelen 13 waren nicht mehr dienstfähig bei Golden Valley eine längere Rast zu gönnen. Dann wollte

reisenden W. Gosse .

Der Misserfolg der Expedition war ganz gewiss

er in möglichster Nähe zur Westküste die Reise nicht die Folge der Nichtbefähigung des Herrn Lindsay nach dem Murchison R. fortsetzen . Wir werden ,

zur Leitung einer derartigen Expedition und eines

schreibt er, »nachdem wir Golden Valley verlassen ,

Mangels an Mut von seiner Seite zur Ueberwindung

nur noch 27 Miles (44 km ) nördlich von hier ein

von Hindernissen . Er hat sich durch seine früheren

Wasserloch antreffen, von da aber bis zum Murchi-

Forschungsreisen in den unerforschten Teilen der

son , ungefähr 200 Miles (322 km), wohl kein Wasser mehr. « Da brach die schon lange latente Unzu-

Pfadfinder bewährt .

friedenheit in der Reisegesellschaft aus — Mr.Lindsay,

pedition von solchem Umfange

von etwas heftigem Temperamente, konnte sich mit

und 42 Kamele – zur Erforschung eines grossen Gebietes auszusenden , wo , wie sich erwarten liess,

seinen Reisegefährten nicht recht stellen , und die begleitenden wissenschaftlichen Experten Dr. J. F.

Kolonie Südaustralien als ein umsichtiger und mutiger Es war ein Fehler , eine Ex - 13 Personen

bei Sandwüsten , Sandhügeln , Scrub und viel stache

Elliott , Mr. V. Streich , Mr. R. Helms , Mr. | ligem Spinifex der grösste Wassermangel herrschen

R. G. Ramsay und Mr. L. W. Leech (Zweiter

würde. Wie Lindsay aussagt , waren zur vollen

im Kommando) forderten ihre Entlassung und tra-

Befriedigung der Karawane zur Zeit 2000 Gallopen

ten aus .

Wasser nötig. Eine fliegende Kolonne , bestehend aus vier tüchtigen Bushmen und acht Kamelen , würde die Aufgabe besser gelöst haben . Ferner war das Personal kein gut gewähltes. Es befanden sich dabei zu viele, welche keine Kenntnis und kein

Die Weiterreise wurde indess nicht unterbrochen, und man traf um Mitte Dezember auf Mr. Cruickshanks Viehstation , 20 km südlich vom Murchison

R. , ein. Hier fand Mr. Lindsay eine telegraphische

Depesche der Royal Geographical Society in Adelaide

Verständnis vom Bush-Leben hatten , aber doch essen

vor mit der Ordre , schleunigst nach Adelaide zu-

wollten und Wasser verbrauchten.

Es waren die

rückzukehren , Rechenschaft über den bisherigen Gang

Drohnen der Gesellschaft. Lindsay musste auf

der Reise abzulegen und weitere Instruktionen ent-

diese offenbaren Fehler bei der Konstituierung der

gegenzunehmen . Das Lager wurde nun einstweilen unter Kommando des eingetroffenen Mr. George

Expedition hinweisen und auf Aenderung bestehen. Endlich hatte es in dem zu bereisenden Gebiete

Lindsay gestellt, während Mr. David Lindsay seit langer Zeit nicht geregnet, und durch die ent sich nach der noch 530 km entfernteu Hafenstadt Geraldton an der Westküste in 28 ° 47' südl. Br. und 114 ° 35 ' östl. v. Gr. begab und von da aus per Postdampfer am 31. Januar 1892 in Adelaide 0

setzlichste Hitze war das in Felsenlöchern ange

sammelte Regenwasser meist wieder eingetrocknet,

und wo man sonst bei 3–4 Fuss Tiefe sich hätte Wasser verschaffen können , musste man 15 Fuss

anlangte. Er schlug der Geogr. Society vor , die tief gehen , um wenige Quart davon zu erlangen. Erforschung des centralen Westaustralien in der vorgeschriebenen Richtung nunmehr vom Westen aus in Angriff zu nehmen . Es sollten fliegende Streif-

Zum Schlusse noch eine Bemerkung über die vor erwähnte Victoria Spring. Der Forschungsreisende Mr. Ernest Giles hatte sie auf seiner berühmten

Drei Karten von Gerhard Mercator .

275

Durchquerungsreise im Jahre 1875 entdeckt und , Cylinderprojektion , die eigentliche Schöpfung benannt. Sie liegt, 220 km nordöstlich vom Fraser Range , in einer 16 qkm umfassenden Oase mit reichem Tierleben und üppigem Graswuchs. Es ist aber keineswegs eine permanente Quelle, wie Mr. Giles

annahm , sondern vielmehr ein Sickerloch, in welchem sich das Schichtwasser der Umgebung ansammelt. Lindsay fand es trocken .

Mercators , hervor. Am besten macht man sich mit dieser Darstellung vertraut, wenn man Zöppritz' Entwickelung derselben folgt ?). Wir ziehen am

besten ein paar Worte bei diesem Schriftsteller aus (S. 77 ff.): »Mercators Projektion wird sehr viel benutzt und zwar a) für Karten , welche die Ver

breitung allgemeiner, namentlich physikalischer Ver hältnisse über die ganze bekannte Erdoberfläche dar stellen und mit einem Blick übersehen lassen sollen ;

Drei Karten von Gerhard Mercator.

b) für Seekarten über grössere und kleinere Teile des Meeres.

Von Ernst Fischer (München ).

Namentlich für letztere ist die Bei

setzung eines Maasstabes der wachsenden Breiten (Schluss.) II .

dringend nötig (s. Abbildung Fig . 65 bei Zöppritz). Die vorzügliche Eignung der Mercatorprojektion

Im Jahre 1564 übernahm Mercator , deres sonst stets verschmäht hat, andere als Originalarbeiten

treue mit der Geradlinigkeit des Netzes. Für den

für Seekarten beruht auf der Verbindung der Winkel

zu geben, auf die dringende Bitte eines in England

Seefahrer ist es die wichtigste Aufgabe, möglichst

lebenden Freundes, eine von diesem gezeichnete Karte Englands in Kupfer zu stechen ') .

rasch und sicher auf der Karte den Ort bezeichnen

zu können , wo er sich befindet. Er löst diese Auf

Diese Karte der Britischen Inseln , welche uns nunmehr in 8 Blättern vorliegt, umspannt einen

gabe , indem er von einem bekannten Ort aus gehend, den gesegelten Kurs in die Karte absetzt

Flächenraum von 1,3 m Breite und 0,9 m Höhe. Dieselbe trägt auf Blatt 3 eine prächtige Tafel mit

(d . h . einzeichnet). Das Schiff wird nach dem Kom pass gesteuert und seine Geschwindigkeit durch das Der Kompass lehrt die Richtung

der Inschrift: »Angliae , Scotiae et Hiberniae nova

Log gemessen .

descriptio«. Darunter zwei Wappen mit den eng-

kennen , welche der Kurs gegen den magnetischen

lischen Löwen und der französischen Lilie.

Meridian bildet , und , da dem

Ueber

Schiffer die Miss

die Projektion lässt sich hier nichts bemerken , da weder Längen- noch Breitengrade angegeben sind .

weisung der Magnetnadel bekannt ist , auch den Winkel des Kurses gegen den astronomischen Meri

Blatt i trägt in der Ecke rechts oben die beachtens-

dian .

werte Angabe : » Mit Genehmigung und Privilegium Ihrer Majestät der Königin in Brabant, in Flandern und im übrigen Niederdeutschland im 6. Jahre .« Eine Tafel in der Ecke links oben führt eine grosse Reihe

schneidet es alle Meridiane unter demselben Winkel. legt , nennt man eine Loxodrome ?). Auf der Kugel oberfläche hat diese Kurve einen spiralig dem Pol

der sämtlichen bischöflichen Diöcesen an . Eine Notiz

immer mehr sich nähernden , ihn nie erreichenden

am rechten Rande besagt : „ Die Alten haben diese Inseln die Britannischen genannt, und auch den für

Verlauf ). Da in der Mercatorkarte alle Meri diane parallele Geraden sind , so wird auch die Ab

So lange das Schiff denselben Kurs steuert ,

Die Linie, welche es auf der Erdoberfläche zurück

Irland gebräuchlichen Namen Hibernien gebraucht, bildung der Loxodrome eine Gerade4), weil wegen England aber zusammen mit Schottland nannten sie

Britannien und Albion « . Die Uebersetzung des schwer-

1) Leitfaden der Kartenentwurfslehre für Studierende der

fälligen Lateins schliessen wir hier, um so mehr, als

Erdkunde und deren Lehrer, bearbeitet von Dr. Karl Zöppritz, ord . Prof. d . Erdkunde a . d . Universität zu Königsberg i. Pr.

es uns in der Weltkarte noch häufig genug ent gegentritt. Auf Blatt 6 befindet sich ein Maasstab für eng

Leipzig, B. G. Teubner, 1884 .

lische Seemeilen , mit originell darüber geöffnetem Zirkel dargestellt. Da wir im übrigen hier doch nur den geschickten Graveur ( den Namen des Zeich ners , Käne , gibt Blatt 8 ) zu bewundern haben, so gehen wir nunmehr zur Betrachtung der Weltkarte

wegen verweisen müssen , weil in derselben die Bestrebungen zur

über .

Die Weltkarte Mercators zeigt den Forscher

2) Die Verdienste Mercators un die Loxodrome, die bei ihm eine gerade Linie wird, bespricht Günther im § 6 seiner » Geschichte der loxodromischen Kurver (Halle a. S., bei Nebert, 1879) , auf welche Schrift wir noch besonders des Förderung der nautischen Kenntnisse bis in die neuere Zeit ver folgt werden und deren Beziehung auch zu anderen Disci Auch darf hier nicht unerwähnt plinen dargelegt ist. bleiben , dass Frisch auf in seinen neuesten » Beiträgen zur Geschichte und Konstruktion der Kartenprojektionen « , Graz, Leuschner & Lübensky, 1891 , S. 7 , entwickelt, wie Lamberts

geist ihres Autors am deutlichsten und gibt uns ein Bild, wie weit derselbe seinen Zeitgenossen voraus

winkeltreue Kegelprojektion in die winkeltreue cylindrische Abbildung Mercators übergeht und um

geeilt war.

gekehrt.

Vor uns liegen die 18 Blätter der Reproduktion ,

3) Die Loxodrome auf der Kugel ist eben in ihrer

zusammen ein Tableau von 2,0 zu 1,5 m ergebend .

Art ganz dasselbe , was die Schraubenlinie auf dem Kreis.

Zunächst hebt sich in der Weltkarte die wahre

cylinder ist . 4) Und wickelt man die Karte als Cylinder auf , so stellt

sich die Kurve als eine gewöhnliche Schraubenlinie dar , deren 1 ) Breusing, S. 26 .

Horizontalprojektion der Aequator ist .

Drei Karten von Gerhard Mercator.

276

der Winkeltreue jeder Schnittwinkel in der Abbildung derselbe, wie auf der Kugel selbst sein muss und

Grade des Aequators, während dagegen die Breiten grade nur sehr wenig zunehmen ; aus diesem Grunde

eine Schar paralleler Geraden nur von einer Geraden unter einem und demselben Winkel geschnitten werDer Seefahrer kann also seinen Kurs

ist es notwendig, dort die Gestalten der Länder un gemein zu verzerren und entweder die Längen und Breiten oder die Richtungen und Abstände von der

als gerade Linie in die Karte eintragen , deren Winkel gegen die Meridiane ihm der Kompass angibt. Die in Meilen gemessene oder geschätzte Länge der zu-

Grunde gewaltige Fehler gemacht werden , ist das Ende davon , dass bei dem Eintragen dreier Orte

rückgelegten Strecke wird nach dem für den betreffenden Breitengrad gültigen Maasstab aufgetragen .«

einer Breite nach irgend einem trigonometrischen Gesetz es unmöglich ist , wenn der mittlere seiner

Diese klare Darstellung enthebt uns einer ganzen Reihe von Mitteilungen über Mercators eigenste

spricht, auch die beiden äusseren unter sich in Ein

den kann .

Wirklichkeit abweichen zu lassen .

Da aus diesem

wahren Lage den beiden anderen gegenüber ent

Studien zur Projektion. Zöppritz gibt noch in

klang zu bringen . Unter Berücksichtigung dessen

seiner Fig. 67, welche er in die Mitte zwischen der

verwandten isocylindrischen Projektion und der eben-

haben wir die Breitengrade gegen den Pol hin all mählich vergrössert , im Verhältnis des Zuwachses

falls verwandten Centralcylinderperspektive setzt

der Parallelkreise über das, welches sie zum Aequator

(S. 78) , ein vortreffliches Bild der Mercator-

haben ; dadurch sind wir zu dem Schluss gekommen,

projektion im Aequatorialmaasstab ( für alle drei rechtwinkeligen wahren Cylinderprojektionen von 1 : 111000000 !).

dass , wie einer auch zwei, drei oder mehrere Orte verzeichnen mag , wenn er nur von folgenden vier

In dem ermüdenden Latein jener Zeit spricht sich Mercator auf Blatt i der Karte wie folgt aus :

Dingen : Längenunterschied, Breitenunterschied, Ent fernung und Richtung , zwei Punkte einhält, dass sich dann alle gegenseitigen Lagenbeziehungen richtig verhalten , und es wird jeder Irrtum ausgeschlossen

»Dem geneigten Betrachter ! In dieser Weltkarte haben wir Dreierlei im

sein , der auf den gewöhnlichen Karten in vieler Hinsicht, besonders in den höheren Breiten, unver meidlich ist.

Auge gehabt. Erstens die Gestalt der Kugel so in die Ebene auszubreiten , dass die Lage der Punkte sowohl ihrer wirklichen Richtung und Entfernung nach , als auch ihrer geographischen Länge und Breite nach überall übereinstimme und das Aussehen

Der Schluss dieser Legende folgt auf dem unten anstossenden Blatt 7 :

»Die zweite Absicht, die wir gehabt haben, war die , die Lage , Grösse und Entfernung möglichst

des betreffenden Landes auf der Kugel wiedergebe. wahrheitsgemäss darzustellen. Grösste Sorgfalt ver wendeten wir darauf, die Karten der portugiesischen Damit diese möglichst gewahrt bleibe, war es nötig, Entdeckungen unter sich und mit vielen anderen

eine neue Art und Lage der Meridiane gegen die Parallelkreise zu haben ; denn die bisher von den

Geographen angewendete Verzeichnung der Meri diane ist wegen der Krümmung und der gegen

seitigen Konvergenz der Meridiane ungeeignet für Seereisen , besonders gegen die Pole zu , weil sie

Karten und Berichten von Seefahrern zu vergleichen . Aus diesen allen haben wir Grösse und Lage der Länder abgeglichen, gemäss dessen , was von Alters her auf uns gekommen ist, auf das Genaueste. Das Dritte , was wir zu behandeln unternahmen , ist zu >

die Geo Gestalt und Lage der Länder, wegen der schief- zeigen : die Darstellung der Länder, welche winkeligen Schnitte der Meridiane mit den Parallel.graphie der Alten kannte, damit auch dem Altertum kreisen so wunderlich verzerrt, dass man jene nicht

sein Recht werde. «

erkennt , noch weniger aber die Verhältnisse der Entfernungen bemessen kann. Auf den Seekarten nehmen die Längengrade durch alle Breiten hindurch gegen den Pol über das sphärische Verhältnis zu,

Lesern nicht vorenthalten . Ueber Blatt 1 und 2 zieht sich dann auch die >>Widmung« :

denn sie laufen immer in den Abständen , wie die

Diese Ansprache Mercators durften wir den

»Dem erlauchten und gnädigsten Fürsten und

Herrn Herzog von Jülich, Cleve und Berg, Grafen 1) Wir glauben dem Leser erwünscht entgegenzukommen, wenn wir den hier gegebenen Anlass der Erinnerung an den zu

von der Mark und von Ravensberg , Herrn von Ravenstein , unter dessen glücklichen Auspicien dies

früh geschiedenen Zöppritz benutzen, um den reichinhaltlichen

Werk begonnen und vollendet wurde von Gerhard

und doch kurz gefassten Nekrolog in der Beil . z . Allg. 2. 1885 ,

Crämer .

in grossem Maasstabe dargestellt - die Uebersetzung dieser » kurzen « Bemerkung umfasst vier eng ge schriebene Quartblätter! Wir teilen daher nur kurz

mit : der Apparat besteht aus zwei Metallquadranten, 1) 70. bis 90. Breitengrad ,

die sich an vertikale Säulen lehnen und einander

2) Koncentrische Kreise und Mittelpunkts- Strahlenbüschel.

3) Vier riesige Ströme ergiessen sich aus den Weltmeeren in die gewaltige, riesige Schlucht des Nordpoles. *) Die Sage vom »Målstrom « . 5) Man sehe über diese Windrosen (von welchen in Strahlenform die verschiedensten Richtungslinien durch die ganze

Karte gezogen sind und sich daher vielfach kreuzen , und an

denen, d. h . in der Seekarte, der Schiffer seine Bussole aufsetzt , u . s . w. ) die bereits citierte Schrift von S. Giinther : > Die Geschichte der loxodromischen Kurve « .

Drei Karten von Gerhard Mercator .

279

senkrecht durchschneiden ; im Mittelpunkte jedes dieser Viertelkreise ist ein Faden angebracht '), der

cen von der Insel St. Antonius entfernt ist, welche letztere die westlichste der Gorgaden ist« .

beim Gebrauche in die verschiedenen Winkelrich-

Auf Blatt 16 folgt eine höchst interessante Mit

tungen gezogen wird. Dabei muss selbstverständlich das ganze organum auf eine zweckmässig entworfene

teilung über die wahre Lage des Ganges und des Goldenen Chersoneses. Ebenso beschreibt

graphische Tafel, oder mit einem seiner Mittelpunkte Mercator auf diesem Blatte ausführlich die Mün auf eine Windrose gelegt werden , die , wie schon

dung des Nigir in den Nil ; dann die Gegend

bemerkt, wohl zahlreich in den Seekarten vorhanden, aber gegebenen Falles schnell als Achtstrahl graphisch dargestellt werden könnte. Der folgende kurze Satz

des Psittaciums (Papageienlandes), so von den Portu giesen genannt, die durch einen Sturm hierher ge

aus des Autors Beschreibung genügt, um

an den

wegen der dortigen unerhörten Menge dieser Vögel ;

Gebrauch des Apparates zu gemahnen : » Wenn man also von einem zweiten Ort den Unterschied der Länge und Breite im Verhältnis zum ersten kennt, so kann man seine Lage zum ersten und den Ab-

gefolgt waren , fanden sie dennoch kein Ende, wes halb es unzweifelhaft ist , dass sie den australischen

trieben wurden , als sie nach Calicut fahren wollten, als sie den Küsten dieses Landes bis auf 2000 Meilen

Kontinent erreicht hatten .

nautische Instrumentenkunde allein , sondern auch

Diese Legende ist geschmückt mit der wahr haft künstlerischen Zeichnung zweier Papageien. Dann : „Hier in einer Breite von 42 ', in einer Entfernung von 450 Leucen vom Kap der guten

was dessen Glas- und Holzgloben , sowie dessen

Hoffnung und 600 Leucen vom Vorgebirge des St.

stand davon berechnen « .

Es ist hier die geeignetste Stelle, um der Verdienste Mercators nicht nur in Bezug auf die

geodätische Instrumente betrifft, zu gedenken ; Breu -

Augustinus sind diese Berge aufgefunden worden :

sings bereits berührter Vortrag, sowie auch dessen

australische Länder, wie Martin Ferdinand Den

Aufsatz in der » Allg . Deutschen Biographie« ?)) geben ciso in seiner höheren (oder Gesamt-) Geographie hierüber Aufschluss .

bemerkt hat« .

Blatt 17 führt weiter an : » Durch das Privilegium

Die Bilder der Menschenfresser bei ihrer Arbeit

Sr. Majestät des Kaisers ist vorgesehen, dass niemand

Indigene passim per Indiam novam sunt antro

im Reiche oder in den Königtümern und dessen pophagi , sowie der schön gestalteten Riesen neben Erbprovinzen innerhalb 14 Jahren dieses Werk abdrucke oder anderswo als Abdruck einführe u . S. W.

u. S. W. Ausgeführt wurde dieses Werk zu Duisburg im Jahre 1569 « . Blatt 17 ferner : » Sehr stürmisch ist die Meeres-

Alut gegen Osten und Westen zwischen Madagaskar

Patagones dem normalen Menschen stehend gigantes - ad summum 13 spithames longi

auf Blatt 15 , mögen noch erwähnt werden , neben der Würdigung der ganzen künstlerischen Ausstat

tung der Weltkarte. Auch die topographische Kur sivschrift ist herrlich durchgeführt 1); Mercator

hier nach dort sehr schwierig ist . Nach dem Zeugnisse des Al . Polo Ven. Buch 3 , Kap. 40, weshalb diese (hier nämlich gezeichneten ) Küsten nicht weit von Madagaskar entfernt sein können , damit in dem engeren Bette das östliche Meer mit grosser Gewalt

haben wir bekanntlich auch die Verwerfung der Frakturschrift der Kartenzeichner zu verdanken. Aber nicht nur dem Autor gebührt unser Dank, in ebenso grossem Maasse haben wir alle diejenigen zu würdigen , die zur Ermöglichung und zur Aus führung einer so gediegenen Reproduktion mitge

in das westliche hin- und zurückströmes .

wirkt haben .

und den Ranerosinseln , so dass die Schiffahrt von

Auf Blatt 18 wird die Annäherung des südlichen

Kontinentes an

Möge unsere dem Chaos der Welt ähnliche

»Gross - Java«

und daher etwas chaotische Darstellung den Zweck gründlichst besprochen ; die Zeichnung des Insel- erfüllen , durch Hinweis auf den geographisch- und mathematisch -historischen Reichtum der drei neu reiches ist eine höchst originelle. Blatt 15 : » Als im Jahre 1493 der Eifer für die entdeckten Mercator karten , neue Freunde der Schiffahrt bei den Kastilianern und Portugiesen sehr Forschung gewonnen zu haben und auch Freunde gross geworden war, bestimmte Papst Alexander für unser Ideal : der Schaffung einer Weltkarte in

als Grenze einen Meridiankreis , der 100 Leu- Kegelzonenstreifen , die in Trapeze zerlegt, in einem cen ") vom Kap Verde und den Azoren entfernt sein sollte und bestimmte dadurch die westliche Hälfte

als Eigentum der Kastilianer, die östliche für die

Maasstabe von 1 : 25 000 die Horizontalkurven von 100 zu 100 m enthält; das Material hierzu ist in

Portugiesen . Infolge von Streitigkeiten wurde von

allen Kulturländern vorhanden , die Kräfte warten auf den Arbeitsbeginn, die Nachwelt wird ihnen

beiden diese Grenze 1524 aufgegeben und als ge-

dankbar sein !

meinsame Grenze ein Meridian bestimmt, der 370 Leu 1) Besonders klar ist die Zeichnung der Ziffern. 1) Der Autor drückt dies so

aus :

In der Mitte beider

Apparate hängt ein Faden herab .

2) Breusing a . a. ( ) . , 21. Bd ., 1885 , S. 385-397 . 3) Leuca, gallische Meile, 1500 römische Schritte.

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.

280

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake

unserer Tour , zu der wir zwei Tage gebraucht hatten .

Als wir den kleinen Bach , der sich durch das

in Britisch-Columbia .

Thal hindurchschlängelte , überschritten, bemerkten

Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio ).

wir die frischen Spuren eines Bären , welche unser

(Schluss.)

Indianer für die eines Grisly, den er Schuchschuch

zogen uns um die Porphyrmauer herum und ge-

nannte, erklärte. Am Rande eines Koniferenwaldes, welcher sich

langten nach etwa zweistündiger Wanderung auf

an dem

den Grat , welcher sich ziemlich steil in das Thal des Ste-in - Flusses hinabsenkte und von schönen

das Hochthal hindurchschlängelte, machten wir Halt. Nachdem wir unser Mittagsmahl, welches aus Wald

Weiden bedeckt war , auf denen Pinus albicaulis,

huhn und Reis bestand , verzehrt hatten , und wäh

Wir begannen um 7 Uhr den Weitermarsch ,

kleinen Bache hinabzog , der sich durch

Tsuga Pattoniana und Abies subalpina vereinzelt rend meine Begleiter damit beschäftigt waren das oder zu kleinen Gruppen vereinigt umherstanden . Lager herzurichten , wanderte ich sammelnd in das Der Wuchs der genannten Koniferen war wie überall | Thal hinein . Dasselbe wurde nach rechts von dem in diesen Regionen zu 6—7000 Fuss ein niedriger Grate , an dem wir hingestiegen waren , und nach und krüppelhafter, und Abies subalpina bildet oft links von der grünen Bergpyramide begrenzt. Den nur noch einen Busch von 3-4 Fuss Höhe . Dem Hintergrund bildete ein wild zerklüfteter und zer ziemlich gleichmässig hohen Grate entstiegen auf rissener Schneeberg von etwa 9–10 000 Fuss Höhe, seiner nordwestlichen Fortsetzung mehrere zerklüftete, dessen dunkle Hörner und Zacken sich wunderbar

n von der blendenden Weisse der Firn stark verwitterte Felsengipfel , die sich teils aus Por- abhobe er

phyr, teils aus Diorit , Syenit, Granit und verwandten

Gesteinsarten aufbauten , welche das Urgestein , aus

feld . In seinem unteren Teil war das Hochthal von

Thonschiefer bestehend, durchbrochen hatten . Wir einem Sumpfe bedeckt , welcher augenscheinlich die hielten kurze Rast und sahen die grüne Bergpyramide, Stelle eines kleinen Sees einnahm , der vor Zeiten welche unser Ziel war , in nicht allzugrosser Ent- das nicht sehr breite Thal ausfüllte. In seinem fernung von uns aufsteigen. Zu ihren Füssen lagerte oberen Teil dagegen von prächtigen Alpmatten , die sich ein prächtiges Hochthal, welches gegen Westen sich an den Hängen der Berge hinaufzogen und mit dem erwähnten , zerklüfteten Schneeberg ab- gegen Westen von einem kleinen Bestand alpiner schloss . Wir glaubten dieselbe längs des Grates Nadelhölzer abgeschlossen wurden, zu dessen Füssen erreichen zu können , sahen uns aber nach langem sich ein kleines Schneefeld ausbreitete , unter dem und mühseligem Marsche über steile Wände und der kleine Bach hervorkam . In dem Sumpfe und

schroffe Felsspitzen vor einem gähnenden Abgrund Da sich kein anderer Ausweg fand, so kehrten wir auf dem nämlichen Wege zurück und suchten nun

auf den grünen Matten entfaltete sich eine sehr interessante Alpenflora, welche grossenteils längst verblüht war und den Gattungen Empetrum , Bryan

längs der steilen , nördlichen Abhänge des Grates thus, Cassiope, Synthiris , Petasites , Epilobium , Sene cio , Arnica , Juncus, Carex , Erythronium , Aster vorzudringen . >

Das Dahinklettern an den steilen Hängen er-

wies sich als ziemlich beschwerlich , namentlich da wo dieselben mit dichtem Gebüsch , das aus Abies

subalpina, Tsuga Pattoniana, Larix Lyallii und Pinus

>

>

u . s. w . angehörte. Ich schritt langsam sammelnd thalaufwärts und

war gerade im Begriff das Schneefeld zu betreten , als ich aufschaute und zu meiner grössten Ueber raschung einen Bären etwa 30 Schritte und halb

albicaulis gebildet wurde , bewachsen oder von Geverdeckt durch mehrere Fuss hohe Stauden vor mir röllhalden unterbrochen waren. Die niedrigen , kaum 4 Fuss hohen Büsche stehen sah . waren noch teilweise mit Schnee bedeckt, der wenige Derselbe schaute unverwandt zu mir her und Tage vorher gefallen war. In dem Geröll fand schien jede meiner Bewegungen mit Aufmerksam ich schöne , säulenförmige Krystalle eines dunkel- keit zu verfolgen , etwa wie eine Katze die eine

grünen , halbdurchsichtigen Steines (Nephrit oder

Maus belauert.

Diopsid ?) . Nach Ueberschreitung mehrerer Mulden und Rinnen , welche das Wasser gerissen hatte und die teilweise mit Schnee ausgefüllt waren , stiegen wir in ein schönes , grünes Hochthal hinab , welches

Bären nicht vorbereitet und vollständig unbewaffnet

nach Westen mit einem kleinen Bestand von Abies

kommen .

subalpina und Picea Engelmanni abschloss .

schnellem Laufe das Lager zu erreichen , während der Bär schnaubend hinter mir nachstürzte.. Die

>

durchschritten den Wald und befanden

Wir

uns nach

Da ich auf den Ueberfall eines

war, so schrie ich, so laut ich es vermochte, nach Mr. Bell , welcher eine Winchesterbüchse besass.

In demselben Moment wo ich nach Bell rief, sah ich den Bären in weiten Sprüngen auf mich zu Ich machte sofort Kehrt und suchte in

halbstündigem Marsche gegen 2 Uhr nachmittags Entfernung zwischen mir und der schnaubenden in dem vom Grate aus gesehenen Hochthal am

Bestie verringerte sich immer mehr, da, als der Bär

Fusse der grünen Bergpyramide und somit am Ziele

mich beinahe erreicht hatte, kamen Skaggai und

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.

281

meine Begleiter aus dem Lager gestürzt und warfen

nennen wollen , da das Gestein , aus dem der Berg

sich zwischen mich und das Untier, welches , als

sich aufbaute, aus schwarzen Thonschiefer bestand . Derselbe fiel nach dieser Seite ziemlich steil in das

es der beiden Männer ansichtig wurde , langsam nach links umdrehte , gefolgt von dem Indianer,

Hochthal ab , und seine Hänge sind mit prächtigen grünen Matten bedeckt, welche sich bis beinahe zu Schuss, und ich sah den Bären stürzen und sich dem sich sanft zuspitzenden mit Felsen und Geröll wieder aufraffen , da noch einer und gleich darauf bedeckten , über 7000 Fuss hohen Gipfel hinauf ein zweiter. Und nun stürzte der Bär tödlich ge- zogen. Die Bewaldung war eine sehr spärliche und troffen hinter einer Tanne zusammen , schnaubend beschränkte sich auf vereinzelte oder in Gruppen mit der Büchse an der Backe . Plötzlich krachte ein

und wild um sich schlagend. Vorsichtig näherte beisammenstehende Abies subalpina, Tsuga Patto

sich Skaggai der Stelle, und schoss dem Bären, niana, Larix Lyallii und Pinus albicaulis, welche hinter der Tanne gedeckt, eine Kugel in den Schädel. bei etwa 6000 Fuss niedrige, krüppelhafte Bäume Wir sprangen hinzu und sahen die Bestie verendend und bei 7000 Fuss nur noch niedrige Büsche bil vor uns liegen . Es war , wie mir Bell sagte , ein deten , welche ein beliebter Aufenthalt der Berg etwa 3jähriges , etwa 312 Fuss hohes und 5 Fuss schafe und Bergziegen sind. Abies subalpina über langes und etwa 600 Pfund schweres, männliches schreitet auch hier sehr selten oder nur an geschützten Exemplar eines Grisly -Bären. Skaggai und Bell Lokalitäten die Baumgrenze, welche in diesen Bergen

el1LOzwischen 6—7000 Fuss liegen dürfte.

zogen das Fell ab, und dann kamen die Tatzen und

Ueberschreitet

der Kopf an die Reihe, da ich den Schädel präpa- sie jedoch diese Grenze, so bildet sie keinen Baum rieren wollte, und in fröhlicher Stimmung schritten mehr, sondern einen niedrigen , oft kaum 4 Fuss wir dem Lager zu. Ich habe niemals, weder vor- hohen Busch mit breiten , fast auf dem Boden lie her noch nachher, ein interessanteres und aufregen- genden Aesten , welche oft an Länge die Höhe des deres Jagdabenteuer in den Wildnissen des Nord- Busches übertreffen . Auf den Matten und den dic westens erlebt, wie dieses.

selben quer durchziehenden Felsenabsätzen , welche

Als der Abend hereinbrach und die Sonne sich

zum Untergang neigte, bemerkten wir an den gras . bedeckten Abhängen des Berges, an dessen Fuss wir kampierten , mehrere Bergziegen (Aploceros montanus) äsend herumsteigen. Bell machte sich so-

öfters von breiten , schneeweissen Quarzbändern

durchzogen waren , blühten noch einige wenige Alpen pflanzen, die den Gattungen Castilleia , Potentilla , Senecio , Arnica , Antennaria angehörten , während die Hauptmasse derselben längst verblüht und teil

fort auf , um womöglich eines der prächtigen Thiere weise auch verdorrt war. Ich bemerkte nur noch zu erlegen , während wir andere im Lager zurück- Erythronium , Erigeron, Solidago, Pentstemon, Peuce blieben . Er mochte eine Stunde weg sein, und die

danum , Artemisia, Astragalus, Hieracium , Troximon

Dämmerung war schon angebrochen , da fiel über

u . S. W.

Wir stiegen langsam und schweigend an den

uns ein Schuss und kurz darauf ein zweiter. Nach

etwa zweistündiger Abwesenheit kam unser Schott- steilen Abhängen des Berges hinan , Bell nach

Bergziegen ausschauend, ich sammelnd. Esmochte

länder ins Lager zurück und erzählte uns , dass er r die Bergziegen gesehen und nach ihnen geschossen

etwa 11 Uhr morgens sein , als wir die Spitze des

habe, da es jedoch zu dunkel war, so schoss er fehl

Berges erreichten und wir befanden uns nun in

Leider fing es

mitten einer Gebirgslandschaft , welche an Wild

und die Tiere suchten das Weite.

am Abend wieder an zu regnen und die Tempe - heit der Scenerie alles übertraf , was ich bis jetzt ratur sank bis + 10 ° Celsius herab .

Wir ver

brachten eine sehr unruhige Nacht , da wir fortwährend durch das Gebell unseres Hundes, den wir

gesehen hatte, und die noch nie von dem Fusse eines Weissen betreten worden ist . Die Fernsicht war sehr klar, da sich der Himmel unterdessen auf

von Lytton mitgenommen hatten, aus dem Schlafe

gehellt hatte. Nach Süden erblickte man mehrere

aufgeschreckt wurden .

Riesengipfel, um deren Hörner und Zacken sich

Da wir vermuteten , dass es ein Bär sein möchte,

mächtige Firnfelder herumzogen , welche in wild

erhob sich der Indianer und warf frisches Holz auf

zerklüftete, blauschimmernde Gletscher ausliefen .

das erlöschende Lagerfeuer, welches aufs neue auf- Gegen Westen sah man in ein wildes, mit Felsen be flackerte und die unheimliche Wildnis in weitem Umkreise erleuchtete.

Als der Morgen anbrach , zeigte sich uns ein grauer , von Wolken verhüllter Himmel, aus dem es ununterbrochen herabregnete.

Die Spitzen des Hochgebirges staken tief im Nebel , welcher erst gegen 9 Uhr zu weichen begann. Nach einer Regenpause begleitete ich Bell

auf einem Jagdausflug , welcher Bergziegen gelten und sich auf die grüne Bergpyramide erstrecken sollte , welche wir Schieferberg (Slate Mountain )

decktes , sparsam bewaldetes Hochthal hinab , das durch einen furchtbar zerklüfteten Schneeberg ab

geschlossen wurde . Bell sagte » This is the home of the Grizzly bear« , und in der That solche von keines Menschen Fuss betretene, unzugängliche Wild nisse liebt der König der Kaskaden und Rocky Mountains.

Nach Norden zu blickte man in ein

weniger wildes Hochthal hinab , das mit einem

mächtigen Schneeberg abschloss, der eine Höhe von 9

10 000 Fuss haben mochte. Die Firnfelder der

selben, wie die des obengenannten Schneegipfels schie

282

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch - Columbia .

nen auf der obengenannten Südseite nicht in Gletscher auszulaufen .

Dieses Hochthal war zum Teil

Gegen 3 Uhr nachmittags kamen wir ins Lager zurück und hatten zum Mittagessen Beefsteak von

mit grünen Matten bedeckt, welche in diesem Ge- Bergziegenfleisch, welches dem Rindfleisch ähnlich birge, wo man fast nichts sieht wie Felsen und

dunkle Koniferenwälder , das Auge angenehm be-

schmeckte.

Gegen Abend stellte sich wieder Regen ein ,

rührten. Die Schroffheit, mit welcher diese Berge welcher in kurzen Intervallen bis zum Einbruch emporstarren , scheint die Bildung von Alpmatten der Dämmerung anhielt, alsdann erhob sich ein nicht zu begünstigen , und Berge, wie der auf dem heftiger Sturm , die Temperatur fiel immer mehr wir standen , bilden eine Ausnahme, eine Art Oase

und der Regen verwandelte sich in Schnee, welcher

in einer Felsen- und Waldwildnis, die wenige ihresgleichen haben dürfte.

bald alles in ein weisses Gewand einhüllte. Schauer lich brüllte der Sturm die Nacht hindurch von den

Bell sagte »nothing than rocks«, und so ist es auch .

Nach Osten übersah man ein Meer von

schroffen , wildzerrissenen Bergen , welche nach dem Thale des Fraserflusses hin an Höhe immer mehr Sämtliche Thäler und Hochthäler

abnahmen .

Bergen herab, und ächzend bogen sich die Tannen Hätte unser Zelt nicht im Schutze der Tannen gestanden , so hätte es der Sturm mitgerissen. Das Toben des Sturmes und unter seiner Gewalt .

das Aechzen

und Rauschen der Tannen bildeten

von kleinen Bächen durchflossen , die den

eine schauerliche Musik, welche uns nicht an Schlaf

an unserem unteren Lagerplatz vorüberrauschenden Hauptbach bilden.

denken liess ; da es dabei furchtbar kalt war , so unterhielten wir unser Lagerfeuer bis zum anderen

Der Schieferberg fällt nach Norden sehr steil | Morgen . ab und seine Hänge sind mit stark verwitternden

Als die Sonne am

nächsten Morgen an dem

wieder vollständig klaren Himmel emporstieg , be verkrüppelten Koniferen bewachsen . In den Mul- leuchtete sie eine vollständige Winterlandschaft. Felsen und Geröll bedeckt und nur von ein paar

den und Einsenkungen lagen kleine Schneefelder, Die Temperatur war bis tief unter den Gefrierpunkt die sich bis zum Gipfel heraufzogen und in einer

herabgesunken und der kleine Bach mit einer zoll

grünen von Wald begrenzten Thalmulde verliefen .

dicken Eiskruste bedeckt .

Der Schnee war nicht von körniger Beschaffenheit

jedoch nur eine sehr dünne und wich an den süd

und lieferte den Beweis, dass der Berg die Schneegrenze nicht erreicht. Es herrschte eine feierliche

Stille ringsherum , nur zuweilen unterbrochen von

Die Schneedecke war

lichen Abhängen der Berge den warmen Strahlen

der Sonne, so dass der Schieferberg und seine Um gebung schon um Mittag wieder ihr grünes Ge

dem schrillen Pfiff eines Murmeltiers und nirgendswand angelegt hatten . Am Nachmittag fanden wir sahen wir ein lebendes Wesen .

das Lager des Bären , eine runde von ihm ausge >

Nach kurzem Aufenthalt stiegen wir längs eines nach Ost verlaufenden Grates , an dem

sich ein

scharrte Vertiefung , umgeben von grossen Haufen von Exkrementen.

Rings um das Lager war der

Schneefeld hinabzog , bergab , und bald sollte ich

Boden von den Bären durchwühlt nach Wurzeln,

ein neues Jagdabenteuer erleben , welches ich mit

welche, nebst saftigen Pflanzenstengeln , Beeren und

Recht hochinteressant nennen kann.

Bell winkte

den verschiedensten Tieren, die ihm in den Rachen

mir nämlich plötzlich , bat mich niederzuducken und flüsterte mir zu , dass er Bergziegen sehe. Ich

die Bären , und zwar sowohl der schwarze wie der

>

fallen, seine Nahrung bilden . Besonders gerne fressen

warf mich rasch auf den Boden und mein Begleiter Grisly (Ursus horribilis ), die Beeren des Vogelbeer

brachte die Büchse in Anschlag, gedeckt durch eine strauchs (Pirus sambucifolia). Ist der Strauch zu kleine Felsgruppe, die sich am Rande des jenseitigen

hoch , so dass sie ihn nicht zu erreichen vermögen,

Abhanges erhob. Nach etwa 4 Minuten fiel ein Schuss , ich springe auf und sehe eine mächtige

so stellen sie sich auf die Hinterbeine und biegen ihn um . Am nächsten Morgen war der Himmel wieder verschleiert. Da wir schlechtes Wetter befürchteten, so traten wir den Rückweg nach unserem alten Lagerplatz an . Derselbe wurde nach einer anderen

Bergziege tödlich getroffen emporschnellen und wie eine kleine Lawine über das Schneefeld hinabstürzen , während eine zweite mit wilden Sätzen

über den

Abhang hinabsprang. Wir kletterten so rasch wir

es vermochten über das Schneefeld hinab und fan- Richtung hin eingeschlagen, da wir hofften , auf den unten einen prachtvollen Bock mit schnee-

weissem Fliess , von der Grösse eines halbjährigen

ihm weniger Hindernisse zu begegnen. Leider sahen wir uns getäuscht, denn schon gleich anfangs, als

Rindes, verendend auf dem Schnee liegen .

Wäh-

wir in dem dichten Walde längs des kleinen Baches

rend sich Bell daran machte, das Tier abzuziehen,

hinabstiegen, türmten sich uns Hindernisse in den

stieg ich zu einem Grat hinauf, welcher uns von dem Kamp trennte und rief meine beiden Gefährten herbei . Alsdann wurde das Tier zerlegt, und ein jeder von uns belud sich mit Fleischstücken , während wir die Decke, welche etwa 50 Pfund wog,, zurück

Weg , von denen wir keine Ahnung hatten . Der

lassen mussten .

Wald war nämlich mit einer solchen Masse von

Unterholz bedeckt, zwischen welchem tausende von umgefallenen Stämmen über und durch einander auf dem Boden herumlagen , dass wir uns nur sehr schwierig hindurchzuarbeiten vermochten . Die halb

Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia .

283

vermoderten Stämme sind gewöhnlich mit dicken Moospolstern bedeckt . Zwischen diese Polster fallen

Erscheinung, die hauptsächlich den das Thal ab schliessenden , mit wuchtigen Firnfeldern und Glet

die Samen der Koniferen oder der verschiedenen

hier wachsenden Sträucher , sie keimen , und bald

schern bedeckten Gebirgsstöcken zuzuschreiben sein dürfte, durch deren abkühlenden Einfluss der Wasser

bedeckt ein Miniaturwald die vermodernden Riesen

dampfgehalt der Luft zu tropfbaren Niederschlägen

des Urwaldes.

Nachdem

wir uns glücklich und kondensiert wird. Im ganzen ist die Menge der nach vieler Mühe durch diese, wohl noch nie von Niederschläge im Sommer in diesem Teile des Ge

eines Menschen Fuss betretene Wildnis hindurch- birges eine ziemlich geringe , und Gewitter sind gearbeitet hatten , kamen wir in eine enge Thal- selten, desto reichlicher sind der Herbst und Winter schlucht, in welcher ein reissender Wildbach dahinbrauste , dessen Ufer von mächtigen Felsblöcken

eingefasst und von einem üppig wuchernden Dickicht von Koniferen und verschiedenen Sträuchern wie

Mentziesia, Fatsia horrida , Acer, Alnus viridis u . s . w . bewachsen waren . Der Wildbach wurde auf einer

umgehauenen Tanne überschritten und nachdem wir mit Mühe und Not die Wildnis durchbrochen hatten , stiegen wir langsam an den steilen Abhängen der Berge hinauf. Die Bewaldung der trockenen Hänge war zwar zuweilen eine ziemlich

spärliche und bestand zumeist aus Pinus Murrayana,

bedacht , und die Masse des Schnees ist oft eine so beträchtliche, dass kleinere Bäume manchmal bis

an den Gipfel darin begraben sind. Diese Schnee massen beginnen in den unteren Regionen der Berge erst im Mai , in den oberen aber erst im Juni

wegzuschmelzen. Wir hatten hier mehrfach Gelegenheit in den ausgedehnten Sümpfen , die wir passierten , äusserst kunstvoll erbaute, fast schnurgerade, von Bibern erbaute Dämme zu sehen , bei deren Betrachten man nicht >

weiss , ob man mehr die Geschicklichkeit oder die

Klugheit und Intelligenz der Baumeister bewundern

dafür war jedoch das Unterholz , welches haupt- soll. Auf diese Weise werden oft ausgedehnte sächlich aus Ceanothus velutinus und var. laevigatus Strecken , die vor Zeiten trocken waren, durch Ab gebildet wurde, um so dichter. Diese beiden Sträu- dämmen des Flusses in Sümpfe verwandelt . cher bilden da wo sie in Menge beisammen stehen , Auf der rechten Seite des Flusses erhoben sich ein Dickicht , durch welches man sich nur mit senkrechte Felswände , welche manchmal eine rot >

Mühe und Not hindurchzuschlingen vermag. Ver- gelbe Farbe hatten , wahrscheinlich von Eisengehalt ursacht wird diese Undurchdringlichkeit durch die

herrührend.

Wir versuchten diese merkwürdige

starren , sperrigen, sich über den Boden ausbreiten- Färbungnäher zu besichtigen, mussten diesesVor den Aeste der Sträucher. Nicht minder schwierig haben jedoch aufgeben , weil wir den Fluss nicht sind Dickichte von Alnus viridis, welche man öfters hier in grosser Anzahl beisammen wachsend antrifft.

zu überschreiten vermochten .

Da ein weiteres Vor

dringen thalaufwärts mit zu grossen Schwierigkeiten

Nach einem langen, sehr beschwerlichen Marsche

verknüpft war , zu deren Ueberwindung wir nicht ausgerüstet waren , so kehrten wir nach Mittag ins

über steile, felsige Abhänge , fast undurchdringliche Dickichte und reissende Wildbäche, kamen wir am

Lager zurück. Am nächsten Tage erfolgte unsere Rückkehr

Abend des 19. September nach unserem alten Lagerplatz zurück, nach welchem Skaggai vorausgegangen

nach Lytton. In den Bergen hatte es über Nacht aufs neue geschneit, und das Thermometer stand ,

>

war, um das Nachtessen zu bereiten , welches wir, als wir abmarschierten , unter dem Gefrierpunkt . Sämtliche Wasserlachen waren mit einer dünnen Der Himmel war am nächsten Tage mit Wol- Eiskruste bedeckt und dicker Reif bedeckte Sträucher

unserer wartend , vorfanden .

ken bedeckt , doch schien er uns mit Regen ver-

und Bäume, die Blätter fielen und der Winter hielt

schonen zu wollen. Wir konnten daher am nächst- seinen Einzug in das Hochgebirge. folgenden Tage eine neue Tour antreten , die sich bis etwa 10 Meilen in das Hauptthal hinein er-

uns ausruhend an einem Abhang niedergelassen ,

streckte. Je weiter wir thalaufwärts schritten , desto

liess sich plötzlich ein verdächtiges Rauschen und

üppiger und dichter wurden die Wälder und desto

Knacken unter uns im Walde vernehmen.

massenhafter der Baumwuchs. Ich sah die Riesenstämme von Abies Douglasii und Thuja gigantea,

Begleiter , in der Meinung, es breche ein Hirsch durch die Büsche, brachten ihre Büchsen in Anschlag,

wie ich sie im unteren Teile des Thales nicht ge-

da gewahrten wir auf einmal eine Squaw, welche

sehen hatte, und es war nichts Seltenes, Stämme zu finden , welche 6 Fuss im Durchmesser hatten .

scheinlich das Terrain überschauen und einen Aus

Grosse Massen von entwurzelten Stämmen bedeckten

weg aus der pfadlosen Wildnis suchen wollte. Un

weit und breit den Boden , überwuchert von üppigem Unterholz. Diese grosse Ueppigkeit der Wälder

ser Indianer rief ihr zu , und sie antwortete. Gleich

und die Massenhaftigkeit des Baumwuchses, ferner

Als wir am zweiten Tage unseres Abmarsches

Meine

einen Felsblock bestieg , von dem aus sie wahr

darauf sahen wir einen Trupp Indianer aus dem Walde hervorbrechen . Die Frauen schleppten mäch

das gänzliche Fehlen von Pinus ponderosa liess dar- tige Bündel auf ihrem Rücken , welche die wenigen auf schliessen , dass der obere Teil des Thales Kochgeräthe , Zelte , Decken und Zeltstangen ent an Niederschlägen reicher ist, wie der untere. Eine | hielten, während die Männer riesige Musketen von

284

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumatras .

uralter Konstruktion in den Händen hielten . Die Indianer hatten mit ihren Aexten die Wildnis etwas

gelichtet, so dass wir auf dem Rückweg nicht mehr mit so viel Hindernissen zu kämpfen hatten .

Wir passierten mehrmals die Lagerplätze der

der dieselben umgebenden kleinen Gräben zu sorgen . In einem Klima wie das tropische , kann nicht ge nug Sorgfalt auf Reinlichkeit der Wohnungen ver wendet werden, vor allem bei den Chinesen , denen

der Schmutz gewissermaassen sympathisch ist. Der

Indianer und fanden an den Bäumen um dieselben die Felle verschiedener Tiere zum Trocknen auf

gehängt; auch begegneten wir wieder mehrmals dem kanadischen Stachelschwein, welches ziemlich häufig in diesen Wäldern vorzukommen scheint. Am Abend des zweiten Tages unseres Ab marsches vom Lager überschritten wir den Fluss

000

an einer seichten , etwa 50-60 Schritt breiten und 3-4 Fuss tiefen Stelle.

Trotzdem der Fluss nicht

sehr rasch dahin floss , mussten wir uns langer Stangen bedienen , um nicht von dem Anprall der Wellen mitgerissen zu werden . Dass diese Gefahr

Congsiewohnungen mit zweijährigem Pflanzwege.

et

nahe lag , bewies der Umstand, dass eine Squaw kurz vorher fortgerissen worden war. Am nächsten Tage kamen wir zu einer Stromschnelle , an der es von Lachsen wimmelte.

Sie schwammen so

dicht, dass man sie mit den Händen greifen konnte, und man hätte Hunderte an einem Tage ohne Netz fangen können , falls die Fische weniger glatt und

grösseren Ausbreitung der Cholera und anderer epi demischer Krankheiten kann nur durch grosse Sauber keit entgegengearbeitet werden. Auch bei der An lage der Brunnen zeigt sich das Bestreben des Pfanzers, in jeder Hinsicht für das leibliche Wohl der Arbeiter , schon in seinem wohlverstandenen

schlüpfrig gewesen wären . Die Lachse schnellten Selbstinteresse, zu sorgen . Niemals darf das Trink fortwährend aus dem Wasser auf und suchten sich

wasser

über die Stromschnellen hinüberzuschwingen, was ihnen auch öfters ganz gut gelang , sehr oft fielen sie jedoch ins Wasser zurück , ohne ihren Zweck erreicht zu haben , und versuchten es dann aufs neue.

dem Bade brunnen ge

Ich konnte mich nur sehr schwer von diesem ebenso interessanten wie lehrreichen Bilde trennen ,

aus

holt werden .

Dieser wird

so angelegt, 6666AA

doch die Zeit drängte, da wir vor Abend in Lytton

dass bei dem dort übli

sein wollten.

chen Baden , Kulihaus mit entfernter Vorderwand und Mittelpfosten .

Meine Begleiter schossen mehrere der schmackhaften Fische, und bei unserem Mittagsmahl bildete Lachs den Hauptbestandteil . Wieder neigte sich die Sonne hinter die Gipfel

giessen mit

Ueber einem

aaaa oberer Luftdurchzug. bbbb unterer

klei

der Kaskaden, als wir in kleinem Kahne über den Fraser hinübersetzten , und am Abend des 22. September kamen wir auf staubigem Wege in Lytton

nen Schöpfer, das Wasser direkt in die Abzugs gräben fliesst und nicht den Trinkbrunnen ver unreinigen kann, der der grösseren Sicherheit wegen oberhalb des anderen liegt.

an .

Wir hatten im Hochgebirge den Winter verlassen und fanden hier den Sommer wieder , der

Eine Ausnahmestellung nehmen die Chinesen in Betreff der Lohnverhältnisse ein . Während andere

noch nicht daran dachte , sich von dem Tieflande

Arbeiter, wie Javanen oder Klings ( Inder vom Fest

zu verabschieden .

auf den Tabakpflanzungen Sumátras.

lande ), einen monatlichen Gehalt von 6-8 Dollar er halten , lebt der chinesische Tabakspflanzer das ganze Jahr auf Kredit . Er beginnt mit dem Vorschuss in seinem Heimatslande oder in Singapore ; dieses haben freilich die anderen Arbeiter mit ihm gemein . Bei

Von W. Danne (Deli auf Sumátra ).

ihrer Ankunft auf der Estate aber beziehen diese

(Schluss.)

ein festes Gehalt, der Chinese jedoch geniesst einen monatlichen Vorschuss von 4-5 Dollar und erhält

Arbeiterleben

Bei sehr grossen Gesellschaften , wie der » Deli ausserdem Gerätschaften auf spätere Abrechnung Maatschappy «, gebraucht man Planken für die Umwandungen der Kuli- und Tandilhäuser und errichtet sie 5-6 über dem Boden , welches in ge-

sundheitlicher Beziehung dem Bauen auf ebener Erde vorzuziehen ist .

Jeden Tag hat ein dazu ange-

beim Jahresschlusse. Würde man die Chinesen im Tagelohn arbeiten lassen , so wäre ein schlechtes Resultat zu erzielen . Gerade durch die Einrichtung, dass sein Produkt , die grüne Tabaksstaude , je nach der mehr oder weniger sorgfältigen Behand

wiesener Kuli für das Reinigen der Häuser und l lung , gleich nach der Ernte höher oder minder

Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.

285

wertig taxiert und ihm sozusagen abgekauft wird, | fauler Arbeiter , denen kein Feld zur Bearbeitung erhält der Chinese den ihm so nötigen Antrieb zur sorgfältigen Pflege des Tabaks, da das Taxieren der

anvertraut wird . Sie verrichten leichtere Hilfsarbei ten , unterstützen den starken Feldkuli und beziehen

gelieferten Pflanzen direkt auf seine Gewinnsucht dafür einen Monatslohn von 6 Dollar.. Man be zeichnet in Sumatra dieselben mit den Namen » Kuli

wirkt. — Er bemüht sich infolgedessen , durch gute,

gewissenhafte Arbeit den grösstmöglichen Preis für

Congsie«. Für jeden Assistenten aber bilden sie

seine Ernte zu erzielen .

eine ewige Quelle des Aergers durch ihre grenzen

Bei tropischen Arbeitern würde es ziemlich nutz-

lose Faulheit und Schlauheit , mit welcher sie sich

los sein , ein derartiges System einzuführen , weil

der regelmässigen Arbeitszeit zu entziehen ver

diesen die den Chinesen in hohem Maasse eigene Gewinnsucht beinahe gänzlich abgeht. Der indo-

stehen . -- Da die Plantagen oft stunden- ja tag weit von den grösseren Städten entfernt sind , be

lente Charakter des Tropenbewohners erklärt diese Erscheinung Wohl möchte man gerne Dollars

layische Kaufläden, die » Kadeys«.

besitzen , aber es darf keine besondere Mühe kosten ;

ist diese bei dem Unternehmen zu gewärtigen

finden sich auf allen Estates chinesische und ma

Ebenso primitiv wie die Kulihäuser gebaut, führen diese kleinen Läden nebst allen chinesischen

dann lieber aufDollars verzichten . So philosophieren die Malayen oder ihnen verwandte Stämme.

Produkten die grösste Auswahl in unseren euro päischen Lebensmitteln zum Vorteile der europäischen

Anders der Chinese.

Angestellten .

-

Auch er möchte am liebsten

mühelos erwerben ; geht das aber nicht, dann scheut er auch keine noch so schwere Arbeit, um das Ziel zu erreichen : denn sein Ideal ist »Geld « , das der Malayen dagegen »Bequemlichkeit« . Für 1000 Pflanzen erster Güte Hauptbe-

dingung dafür ist, dass die Blätter nicht von Raupen

Champagner, freilich sehr zweifelhafter Qualität, Austern , Hummer , Sardinen in Büchsen , kurz alle

denkbaren Delikatessen werden dort feilgeboten . Unser deutsches Bier ist auch in den verschiedensten

Marken vertreten. Letzteres , sowie Hummer und

wird überall der Preis von 8 Dollar bezahlt.

Sardinen , finden bei Chinesen und Malayen an Sonn- und Festtagen eifrige Abnehmer. Der chinesische Kadeyhalter hat nach unseren

Für die zweite Qualität 7 Dollar und so herunter bis i Dollar pro Tausend. Der betreffende Assistent,

Begriffen eigentümliche Ansichten von Ehrlichkeit, z . B. spricht er ganz offen darüber , dass er zum

zerfressen oder durch Unachtsamkeit zerrissen sind

führt wie zum Ver der gewöhnlich einen Pflanzweg mit drei Congsien Einkauf ein anderesesGewicht mit einem Scheinbeweise, in

unter Aufsicht hat , schreibt in einem sogenannten

kauf . Er motiviert

Taxierbuche jedem Kuli die gelieferte Anzahl Pflanzen mit dem gegebenen Preise zu Gute. Selbstverständlich entstehen öfters Differenzen über die ge-

dem er angibt , dass beim Abwiegen im Kleinver kauf etwas verloren geht. Dass aber die Einkaufs das preise andere sind als die Verkaufspreise ,

währten Preise , die , wenn der Assistent nicht im

stört die chinesische Krämerlogik nicht .

stande ist, die Sache zu beiderseitiger Zufriedenheit

Eigentümlicherweise findet auch der Käufer

zu regeln , dem Urteile des Administrateurs vorgelegt werden.

nichts Unpassendes in dem Gebrauche der doppelten

Gewichte. Opium und Spirituosen sind Monopole

In der Taxierzeit ist schon mancher Assistent

der holländischen Regierung. An jedem chinesi

ermordet worden, denn lässt auch der Chinese sich

schen Kadey findet man daher eine hölzerne Tafel

sonst alles gefallen ,

mit den Worten : »Verkoopplaats van Opium und sterke Dranken« , zum Zeichen , dass der Händler das Verkaufsrecht erworben hat vom betreffenden

in Geldpunkte darf man

ihm nicht zu nahe treten .

Es gehört eine grosse Kenntnis der Leute und Verhältnisse dazu, um sich den nötigen Respekt zu verschaffen , damit ein einmal gefälltes Urteil über

General-Pächter.

Leider ist das Opiumrauchen sehr verbreitet

den Wert der Pflanzen für unumstösslich gehalten

unter den chinesischen Arbeitern . Wenn auch ein

und zugleich als gerecht betrachtet wird . Morde, wie oben erwähnt, gehören durchaus nicht zu den

zelne Stämme dieser Leidenschaft weniger ergeben

Seltenheiten . Bedenkt man , dass oft ganz unerfahrene junge Leute, die niemals mit Arbeitern ver-

dass durchschnittlich zwei Drittel der Arbeiter dem

kehrten, ja selbst nicht wissen , was Arbeit bedeutet, plötzlich einer Bande von 100 Chinesen vorstehen ,

sind wie andere , so kann man doch annehmen , Opiumgenusse fröhnen. Bei guter Kost macht sich der schädliche Ein

Aluss des Giftes weniger bemerkbar.

Nur zu oft

sollen,dann ist es nur zu verwundern, dass nicht ist aberdieErnährung demOpiumraucherNeben: muss sogar zu dem Schlusse kommen , dass die

Chinesen eine grosse Portion unverständiger und schlechter Behandlung vertragen können , ehe sie sich dagegen auflehnen . Unter einer Truppe von einigen hundert Chi nesen gibt es immer eine Anzahl schwacher und

zum Opfer, und nach 6-8 Jahren ist aus dem guten , kräftigen Arbeiter ein kranker, unbrauchbarer

Mensch geworden , der zur Erlangung seines Ge nusses kein Verbrechen scheut, selbst einen Mord

für wenige Cents begeht. Nach meinem Dafür halten kann man den Opiumgebrauch mit dem

Geographische Mitteilungen .

286

Trunk nicht vergleichen.

Opiumgenuss führt bei

allen orientalischen Nationalitäten rekrutieren.

In

den niederen Klassen stets und sicher zu Siechtum

diesen Spielhöllen lässt der Kuli oft seinen eben

und moralischer Verkommenheit , auch wenn er im geringsten Maasse geübt und noch nicht zum Missbrauch selbst geworden ist. Unsere europäischen Arbeiter dagegen, vor allen die, welche ihre Beschäftigung in freier Luft ausüben , befinden sich bei mässigem Alkoholgebrauch stark und gesund. Nur

erhaltenen Vorschuss zurück , leiht sich vielleicht

bei Missbrauch tritt körperlicher und geistiger Ver-

noch Geld auf seine Ernte und verspielt dieselbe im Voraus. Die Folge davon ist natürlich ein grosser pekuniärer Schaden des Arbeitgebers ; denn der Chinese kommt entweder gar nicht in sein früheres Dienstverhältnis zurück , da er keinen Nutzen darin

sieht, eine Ernte, deren Ertrag seinem Gläubiger ge

dieser Unterschied zum

hört, abzuarbeiten, oder er kehrt zurück, und dann er

Teile auch darin seinen Grund, dass der durchweg

hält der Administrateur an ihm einen unzufriedenen

sehr theure Preis des Opiums dem Arbeiter nicht

und nachlässigen Arbeiter.

fall ein .

Vielleicht hat

Wie gross auch die

gestattet, für seine Ernährung genügend zu sorgen, Genügsamkeit des Chinesen ist , so verändert sich verhältnismässig billige Preis des während der verhältnismässig Schnapses dem Europäer die Anschaffung der nötigen

doch in dieser Beziehung sein Charakter , wenn es

ein Fest zu feiern gilt, wie Neujahr und die chine

Nahrungsmittel nebenbei erlaubt. DieHeilok -kongs, | nesischen Opferfeste. ein starker Arbeiterstamm aus Süd -China, sind dem

Eine Unzahl der kompli

Opiumgenusse am wenigsten ergeben und daher als

ziertesten Gerichte von Huhn , Ente, Schweinefleisch, frisch oder geräuchert, künstlich eingemachter Früchte

Plantagen - Arbeiter sehr gesucht. Dafür ist ihre Untugend die Streitsucht, und wenn viele dieses

der verhältnismässig hohen Stufe , auf welcher die

Stammes auf einer Plantage beschäftigt sind , gibt es beinahe täglich zu schlichten und zu beruhigen .

chinesische Kochkunst steht. Leider kann der an einfache Arbeiterkost gewöhnte Magen diesem Drange

Im allgemeinen sind die Chinesen sehr genügim Essen und Trinken . Ihre gewöhnliche

der Gerichte nicht widerstehen , chinesischer Arak und böhmisches » Pilsner« thun das Ihrige, und die

Mahlzeit besteht aus Reis, etwas Gemüse, in Wasser

Folgen dieser Festessen offenbaren sich dann in

sam

in den zierlichsten Formen legen Zeugnis ab von

abgekocht, und gesalzenem Fisch, wozu als einziges mehrtägiger Arbeitsunfähigkeit. Ricinusöl, glasweise Getränk nur Thee erscheint. Da sie ohne Frauen angewandt, beseitigt jedoch das Uebel in kurzer leben, muss jeder sein Essen selbst bereiten . Mor

Zeit , und vollständig befriedigt von den festlichen

gens um 4 Uhr werden die Leute durch Signale Genüssen geht der Kuli wieder an seine harte geweckt ; nach einem Bade im Freien bei den oben geschilderten Badebrunnen kocht sich jeder seinen Reis

Arbeit .

um 6 Uhr muss er seine erste Mahlzeit

eingenommen haben – und geht zur Arbeit. Von 11-1 Uhr ist Ruhezeit; der Arbeiter hat Gelegen heit zu einem Gange nach dem Kaufladen , zum

Geographische Mitteilungen. (Betrag der Denudation durch Nieder

benachbarten Arbeiterhause oder zu einem kleinen

schläge . ) G. Karsten in Kiel , einer jener nicht allzu zahlreichen Physiker, welche stets auch der ihrer Wissen

Mittagsschläfchen. Dann ertönt das Arbeitssignal, und bis Dunkelwerden, jedenfalls bis 6 Uhr, ist er wieder

schaft so nahe verwandten physikalischen Geographie lebhafte Teilnahme zugewendet haben, erörterte jüngst

In der Erntezeit aber hat

eine an sich sehr nahe liegende, gleichwohl aber noch

er kaum einige Stunden Nachtruhe, das Aufhängen

kaum je quantitativer Betrachtung unterstellte Frage,

und Ordnen der geschnittenen Tabaksbäume beschäftigt ihn oft bis nach Mitternacht. -

bewirkten oberflächlichen Ablation des Erdreiches in

im Feld bei der Arbeit .

Nur an den Bezahltagen , den Hari Besars

die nämlich, wie gross der Betrag der durch Regenfall einem bestimmten Zeitraume sei . Genaue Messungen lassen sich hierüber aus einleuchtenden Gründen nicht

(grossen Tagen ),lebt der Kuli seinen Vergnügen.Nach

auch sind sie entbehrlich, da eine Schätzung dem morgens die Pflanzenwege und Häuser gereinigt anstellen für die ;richtige Beurteilung dieses wichtigen morpho

sind, erfolgt um 9 Uhr gewöhnlich die Auszahlung logischen Faktors völlig ausreicht. Ein in die Erde ge des halbmonatlichen Vorschusses; einem guten Ar- pflanzter Baum ragt im allgemeinen aus jener als ein beiter gibt inan gewöhnlich 2 ", Dollar. Mit Körben

ziemlich regelrechter Cylinder hervor, und seine Wurzeln

und Tongstöcken ziehen hierauf die Kulis nach dem oft stundenweit entfernten Hauptplatze , um

sind unsichtbar ; wenn trotzdem die Wurzelansätze für

Dort herrscht an solchen

die von den Atmosphärilien bewirkte Auswaschung des Erdreiches die Schuld . Indem nun Karsten in einem unweit der genannten Universitätsstadt gelegenen Ge hölze jahraus jahrein den Fortschritt der Wurzel entblössung beobachtete , konnte er feststellen , dass im

Einkäufe zu machen .

Tagen ein grosser Verkehr, und Tausende von Menschen bewegen sich in der einzigen Hauptstrasse des kleinen Fleckens, sich drängend und stossend um die zur Schau gestellten Lebensmittel und Lust barkeiten . Vor allem sind die Spielhäuser an solchen Tagen im Belagerungszustande, und man kann dort interessante Studien machen in Bezug auf Physiognomien und Gebahren der Spieler , die sich aus

das Auge freigelegt worden sind , so trägt daran eben

Durchschnitte die Niveauerniedrigung schwach geneigten Terrains von sandig - erdiger Beschaffenheit an dieser Stelle i cm im Jahre beträgt. Kiel hat im Mittel jedes

Jahr 176 Tage mit Niederschlägen irgend welcher Art, die zusammen 670 mm Wasser liefern .

Rechnet man

Litteratur .

aus , wie viel auf den Regentag entfällt, so zeigt sich, dass 66 mm Niederschlagswasser ungefähr 1 mm Erde fortschwemmen – ein Ergebnis, welches gewiss nichts Befremdendes besitzt.

Man ersieht hieraus, dass ohne

jeden Eingriff ungewöhnlicher Agentien und einzig durch Kräfte, die unausgesetzt im gleichen Sinne wirken, im Laufe der Jahre sehr namhafte Veränderungen des Bodenreliefs , Abtragungen und Ausebnungen , herbei-

geführt werden müssen ; Karstens anspruchslose Darlegung gibt einen trefflichen Beleg für die Richtigkeit der Lyellschen Anschauungen. (Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereines für Schleswig - Holstein, IX . Band, S. 293 A.)

287

Wege entwässert, und vom Pacifischen Ufer trennt das selbe nur ein verhältnismässig schmaler Landstreifen. Das Bau - Konsortium , an dessen Spitze der frühere Senator W. Miller steht, hat bereits die stattliche Summe von 875 000 Dollars (etwa 3 ' , Mill . Mark) auf gewendet , um einstweilen eine Schiffseisenbahn her

zustellen , die denn auch auf eine Länge von 12 engl . Meilen fertig ist. Die erste Meile des eigentlichen Kanales ist gleichfalls in einer Tiefe von 17 Fuss und in beträchtlicher Breite ausgehoben , die Vermessungen im Westen sind beendet , und die dem Kongress in Washington eingereichte Denkschrift äussert sich sehr

hoffnungsfreudig über das Unternehmen.

(Schema für phänologische Beobachtungen .) Die Phänologie, jenes merkwürdige Grenzgebiet zwischen der Pflanzenkunde und der allgemeinen Klimatologie, hat in neuerer Zeit einen bedeutenden Aufschwung ge

Bestätigen

sich die Erwartungen der Gesellschaft, so kann künftig ein Schiff, das von S. Francisco abfährt, New York in 16,

Liverpool in 21 (! ) Tagen erreichen . Zeitung vom

(Frankfurter

18. April 1892. )

nommen , indem ihre Vertreter von theoretischer Speku lation möglichst Abstand zu nehmen und dafür die kartographische Fixierung der phänologischen Daten in erster Linie zu betonen pflegen . Dann aber bedarf es einfacher , guter Anweisungen zur Gewinnung dieser Daten, und eine solche ist unlängst von Ihne bekannt

Litteratur. Die Verwendbarkeit des afrikanischen Elefanten. Ein Beitrag zur Kolonisationstechnik von H. Jäger. Magde burg 1892.

Grundzinski.

gegeben worden . Im Gegensatze zu den älteren Fach männern (besonders zu Sendtner), welche durch das

dessen unersetzliche Bedeutung für die Civilisationsarbeit in

Uebermaass ihrer Forderungen der Sache nichts nützten,

diesem Erdteile hat sich Berichterstatter allerdings schon vor

nimmt Ihne in sein Schema nur ſünf Phasen auf, deren

einem Jahre eingehender im » Globus « ausgesprochen und für zweckdienlich erachtete positive Vorschläge gemacht. Eine neuer dings erschienene Broschüre von H. Jäger veranlasst uns aber um so mehr zu einer erneuten Behandlung dieser Angelegenheit,

Eintrittszeit aber auch mit grösstmöglicher Schärfe be stimmt werden soll . BO bedeutet, dass an mehreren

Stellen die ersten Blattoberflächen sichtbar sind (Laub entfaltung) ; b signalisiert die ersten offenen Blüten, f die ersten reifen Früchte , resp. das spontane Auf-

platzen der Kapseln , w den grünen Hochwald (allgemeine, d . h . über mehr als die Hälfte sämtlicher Blätter auf der Station sich erstreckende Belaubung ), LV die allgemeine Laubverfärbung, deren Kennzeichen

es ist, dass die grössere Hälſte aller Blätter, die schon abgefallenen natürlich mit eingerechnet, ihre grüne

Ceber die Nutzbarkeit des afrikanischen Elefanten und

weil uns ihre Tragweite weder in den deutschen noch in den auswärtigen Kreisen der Freunde afrikanischer Kultivation deut. lich genug erkannt scheint . Mit Recht weist auch Jäger darauf hin , dass vor allem

die Bestrebungen gegen die Sklavenjagden immerzu eitel sein müssen , so lange gleichzeitig der Elfenbeinhandel von Europa her aufgemuntert und belebt wird ; denn es ist ja der Haupt

beweggrund zum Sklavenjagen in der Beschaffung schwarzen

Farbe verloren hat . So sammeln sich etwa nachfolgende

Elfenbeins als Tauschware und in dem Bedürfnis nach Trägern gegeben. Als besonders beachtenswert müssen wir sodann des

Daten an :

Autors Hervorkehrung des Mangels an Arbeitskräften in Afrika

13. Februar. II . April. 19 .

>

Corylus Avellana, Hasel, b. Aesculus Hippocastanum , Rosskastanie, BO . Ribes aureum , gelbe Johannisbeere, b . Tilia parvifolia, Sommerlinde, b. Sorbus aucuparia, Vogelbeere, f.

28. Juni. 1. August. 14. Oktober. Betula alba, Gew . Birke, LV.

Wie wichtig zur Festlegung des meteorologischen Charakters eines bestimmten Jahrganges ein solcher Phasenkalender werden kann, ist leicht abzusehen. So

erklären , nachdem die zur Boden. und sonstigen Kultur brauch baren Kräfte in Afrika grösstenteils durch das Lastentragen des Handelsmannes, Eroberers und Forschers vorweg genommen wer

den. Die arbeitsfähigen Menschenarme und -hände wären un entbehrlich zur Behandlung des Bodens, zur Herstellung von Bewässerungsanlagen und Wegen : die Lastenbeförderung aber muss auch in Afrika auf tierische und auf mechanische Hilfs

mittel verwiesen werden; sonst kann von irgend welchem rascheren Vorrücken der Kultur ins Innere nicht die Rede sein . Da aber Eisenbahnen in sehr grossen Länderstrecken aus Mangel an Be . dürfnis und aus finanziellen Gründen nicht zu erstreben sind , auf

konnte z. B. Ihne den Nachweis führen, dass das Jahr

Strassenfuhrwerke teils infolge der Bodenverhältnisse und äusser

1892 dem vorhergehenden hinsichtlich der Pflanzenentwickelung um volle drei Wochen » voraus « ist. ( Die

ster Erschwerung der Erweiterung der Zugtierzone gleichfalls

Instruktion

ist

zu

beziehen

von Herrn Oberlehrer

Dr. Egon Ihne in Friedberg, Oberhessen .)

zumeist verzichtet werden muss, so werden wir naturgemäss nach Tragtieren uns umzusehen haben . Kamele bewähren sich im tropischen Afrika nur innerhalb enger Grenzen ; Esel , besonders

solche von Maskat , sind zwar im weiteren Bereich zu verwenden ,

( Der Nicaragua - Kanal.) Die Hoffnung , dass der Durchstich der Landenge von Panamá in absehbarer

aber erweisen sich doch auch , besonders in feuchten Gegenden ,

Zeit zur Thatsache werden könne, darf wohl endgültig

vier Trägerlasten. So haben wir doch wohl Unrecht, wenn wir den so hand .

aufgegeben werden , und da ist es denn nicht zu ver wundern , dass die praktischen Amerikaner eine Ge sellschaft begründet haben , um dafür jenes Projekt, welches auf die Verbindung des Nicaragua -Sees mit beiden Meeren abzielt , der Verwirklichung näher zu führen . Nach Osten wird das gewaltige , jetzt schon

zu wenig widerstandsfähig , und es befördert einer nur drei bis 5

greiflichen Wink der Natur und vielleicht auch der Geschichte missachten und das eminenteste Transporttier deshalb ausrotten

>

mit Dampfern befahrene Wasserbecken auf natürlichem

lassen, weil noch niemand in unseren Jahrzehnten einen ernsten

Versuch gemacht hat , es hinsichtlich seiner Zähinbarkeit in er wachsenem Zustande zu erproben . Und doch ist der Elefant zweifellos der unentbehrlichste » Kulturfaktor « für den grösseren Teil Innenafrikas südlich der Sudanstaaten .

Litteratur .

288

Die schon von anderen angestellten Berechnungen seiner

Tragleistung und seiner Unterhaltskosten im Gegensatz zu den Anforderungen der kulturfeindlichen jetzigen Karawanenmethode erhalten in der Jägerschen Broschüre eine wertvolle Bereiche rung. Sie können schon deshalb keines optimistisch gefärbten Verfahrens beschuldigt werden , weil in derselben zwei Vorzüge

des afrikanischen Elefanten gegenüber dem indischen nicht hin. hinreichend zur Geltung kommen, nämlich dessen überaus rasche Vorwärtsbewegung und die unendlich wertvolle Genügsamkeit, denn er ist eben nicht nur » Baumfresser « (S. 17) , sondern nimmt auch mit Savannengras vorlieb und verlangt nur je am zweiten Tage Wasser. Gleichwohl ergibt sich auch für Jäger , dass » der afrikanische Riese in der Tragfähigkeit 20 , einschliesslich

der Schnelligkeit 90 und einschliesslich des Preises sogar 450 Trägern gleichkommta . (Letzteres meint natürlich nicht den

der Königsberger Geographischen Gesellschaft. Heft I. Königs berg 1892. In Kommission bei Hübner & Matz . V. 71 S. 8º. Die bibliographischen Kataloge , welche auf Grund der

vom Geographentage in Halle a. S. gegebenen Anregung ins Leben treten, sind an sich ein sehr verdienstliches Unternehmen ,

und der vorliegende Beitrag , dessen Veröffentlichung Professor Hahn besorgt hat , erweist sich speziell als eine mit Sorgfalt und Sachkunde verfasste Uebersicht. „ Allgemeine Darstellungen und allgemeine Karten « sollten in dieser ersten Lieferung aus

schliesslich berücksichtigt werden , und so gliedert sich denn der Inhalt nach zehn Unterabteilungen . Zuerst werden die auf preus sischem Boden entstandenen Zeit- und Gesellschaftsschriften auf

geführt; daran reihen sich allgemeine Landes- und Reisebeschrei bungen , Studien iiber die Ostsee und über deren charakteristische

Küstenbildungen, sowie über die orographischen Verhältnisse des

Preis von Sklaven.) An verschiedenen Zügen , z . B. auch solchen

Binnenlandes. Sehr umfassend ist das Verzeichnis der auf Flüsse,

Stanleys und Wissmanns, wird dieser Vergleich rechnungs

Sümpfe, Moore und Binnenseen bezüglichen Litteraturprodukte.

mässig sorgfältig belegt, und wir können eine Uebertreibung nicht

Endlich werden die Karten , unter welchen den Seekarten eine

vorfinden .

besondere Rubrik eingeräuint ist , besprochen , wobei wir be.

Der Vorschlag sodann , einen regelmässigen Transport betrieb mit Elefanten einzurichten, wird von Jäger insbesondere

lichen Werken des Humanisten (und späteren Papstes) Enea

an Linien in Deutsch-Ostafrika mit Nebeneinanderstellung der

Silvio angetroffen wird . Die Namen der Bearbeiter, vor allem

Frachttarife unterstützt , welche einerseits bei Trägerdienst, an . dererseits bei Elefantenbenutzung sich ergeben. Wenn auch nach

der des Altmeisters Reicke , bürgen für die Vollständigkeit der

anderen Vorberechnungen eine Eisenbahn von Dar-es-Salaam nach

scheinend das „ Encomium Borussiae « des Wittenberger Astro

dem Tanganyika neunmal so billig transportieren würde als Ele

nomen Rheticus -- eine Frucht von dessen Reise zu Copper nicus – nicht aufgenommen ward . Wir sehen weiteren Heften ,

fanten ( letztere 4omal so billig als Träger) , so ist doch die Her stellung des Dampfverkehrs nach jenem weiten Ziele noch auf

lange hinaus fraglich, und alle Schienenwege und Chausseen, welche nicht einem Netzė angehören , sondern als Einzelrouten verlaufen , haben immer den Nachteil , dass sie die Transport mittel nur nach ihren Stationen auf einer nahezu geraden Linie benutzen lassen , nicht je nach Bedarf in allseitiger Weise nach beliebiger Richtung.

Die wahrhaft positive und praktische Seite der Jäger schen Schrift besteht aber darin , dass sie einerseits die Art der

merken , dass das älteste Kärtchen von Preussen in den säint .

mmenstellung; nur ist dem Referenten aufgefallen , dass an.

die hauptsächlich auch Geologie und Klimatologie berücksich tigen sollen , mit Vergnügen entgegen .

Europäische Ansiedler in Niederländisch Ost-Indien. Von Ingenieur Emil Metzger. Hamburg. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter). 1892. 26 S. 8º. Das in der bekannten Virchow - Holtzendorffschen

Sainmlung erschienene Schriſtchen des unlängst in Stuttgart ver. storbenen Metzger, der seiner Zeit Vermessungen in Insulinde leitete und unstreitig Land und Leute dortselbst sehr genau kannte ,

Zähmung des afrikanischen Elefanten , andererseits das Rentier liche einer solchen samt Transportbetrieb darlegt , um zur Grün dung einer Unternehmergesellschaft zu ermuntern . Was die Rat schläge zum Einfangen und Zähmen der Elefanten betrifft, so

gibt einen kurzen, nur die Hauptpunkte hervorhebenden Ueber blick über die Besiedelung der hinterindischen Inselwelt mit

finden wir freilich hier nur die ein wenig oder nicht veränderte An

der von Batavia, auf die Organisierung der Einwanderung, aber die » engherzige Monopolpolitika der Kompagnie trat diesen

wendung des Verfahrens auf Ceylon vor.

Aber es wird dieses

so einfach kaum sich übertragen lassen . Schon der häufige Mangel an grösseren Wäldern und die aus mehreren Gründen ungleich grössere Schwierigkeit, ausgedehnte Palissadenlinien aus Balken herzustellen , spricht dafür, dass man in Afrika sich auf eine geänderte Methode besinnen müsse. Ebenso ist das anstandslose Hinweggehen über die Frage, ob im Altertum die derzeitige afrikanische Rasse von den Piole

Europäern .

Im 17. Jahrhundert drang J. P. Coen , der Grün

Plänen hindernd in den Weg , und die » Freibürger« in Ceylon

und Java konnten es , trotz gelegentlicher Anstrengungen , nicht zu der ihnen gebührenden Stellung im Staatswesen bringen ; der Generalgouverneur v. Imhof suchte um 1740 in freierem Geiste holländischen Ansiedlern eine Stätte zu bereiten, allein wiederum traten Hindernisse aller Art ein , indem teils das Klima seine

mäern und Karthagern ( im Atlasgebirgsgebiet) gezähmt worden sei , doch nur eine subjektive Erleichterung der Vorbedingung

Opfer forderte, teils auch die schlechte Verwaltung der späteren Gouverneure Herr Metzger , der überhaupt von holländi schen Sympathien ganz frei war, teilt merkwürdige Belege mit

der Zähmbarkeit erwachsener afrikanischer Elefanten .

Es fehlt

die guten Absichten jenes einsichtsvollen Mannes vereitelte . Als

uns thatsächlich die Sicherheit darüber, ob jener nördliche Ele . fant mit dem des heutigen tropischen Afrika eine und dieselbe zoologische Gruppe bildete. Gleichwohl zweifelt Berichterstatter in keiner Weise an der Möglichkeit , auch den Afrikaner zu zähmen , obwohl er kräftiger und grösser ist , als sein indischer

rückgegeben wurden , tasteten die Behörden unsicher hin und her, und als im Jahre 1830 das nicht allzu vorteilhaft bekannte » System van den Bosch « die Herrschaft erhielt , hatte die

Verwandter (nicht umgekehrt, wie noch zumeist in Büchern zu

ist die Zulassung aller Fremden nicht so erleichtert, wie es im Interesse des Landes zu wünschen wäre, doch sind seit 1872 die

lesen). Es spricht jede Einzelschilderung von Beobachtungen des

Bedingungen der Aufnahme milder geworden, wie die bedeutende

1

im Jahre 1815 die Kolonien grossenteils an die Niederlande zu

Absperrungstheorie für längere Zeit gesiegt . Auch jetzt noch

1

afrikanischen Rüsseltieres zu Gunsten seiner Intelligenz und un bedingten Ebenbürtigkeit mit demjenigen Indiens. Daher unter. stützen wir aufs neue den Mahnruf Jägers , das weitaus beste Hilfsmittel zur Kultivation Afrikas , welches die Natur thatkräf

tigen civilisatorischen Händen bietet, nämlich die gewaltige Leistungsfähigkeit des dortigen Elefanten , ehest iglich zu der hohen moralischen Aufgabe Europas und seiner Kolonialmächte 1

heranzuziehen . München .

Ueber einzelne Punkte wäre eine etwas eingehendere Be .

lehrung wiinschenswert gewesen , vorab in geschichtlicher Hin . sicht . So ist mehrfach vom » Rat der Siebzehna die Rede, ohne dass der Leser erfährt, was es denn mit dieser Institution eigent >

lich für eine Bewandtnis hatte .

S. Günther, W. Götz .

Die landeskundliche Litteratur der Provinzen Ost . und Westpreussen. Unter wesentlicher Mitarbeit der

Herren Bibliothekar Dr. R. Reicke , Dr. E. Reicke und v. Schack gesammelt und herausgegeben von

Rittmeister

Anzahl von Deutschen auf Sumatra angelegter Tabakplantagen beweist .

Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 6. Mai 1892.

Jahrgang 65, Nr. 19. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der MDCXL

einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000. Von Albrecht Penck ( Wien). II . S. 289. 2. Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt . Von H. Habenicht (Gotha). S. 291 . - 3. Die Entwickelung der schweizerischen Panoramen . kunst.

Von J. H. Graf (Bern). I. S. 292. – 4. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari ( Linz).

5. Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart). S. 300.

(Fortsetzung .) S. 294 .

6. Die Insel Bogaslof. Von H. Greffrath (Dessau ). S. 303 . -- 7. Geographische Mitteilungen. (Ewald ; Erdbebenbeobachtungen in verschiedenen Tiefen ; Geographische Gesellschaften und Zeitschriften .) S. 303. 8. Litteratur. (Widmann; Singer.) S. 304. Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000000 . Von Albrecht Penck (Wien) . II .

von sehr namhaften Gebieten Karten dieses oder

grösseren Maasstabes vorliegen, und dies durch ein Beispiel erhärtet. Herr Lüddecke setzt sich hier über mit der Behauptung hinweg, dass sich solche

In der diesjährigen elften Nummer des » Aus- Karten nur auf einzelne Teile der Kontinente be lands« hat Herr Richard Lüddecke seine Polemik schränken . Die Unrichtigkeit dieser Behauptung gegen die Erdkarte im Maasstabe 1 : 1 000 000 fort- könnte durch Nennung des vorhandenen Karten gesetzt. Derjenige, welcher den Artikel » Noch ein- materials erwiesen werden , aber vor der Auffahrt mal zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000 «

flüchtig durchblättert , wird den Eindruck erhalten, als ob es sich um eine grosse wichtige Entdeckung >

handle , oder dass mindestens grobe Unkenntniss Herrn Lüddecke zu seinen Bemerkungen veranlasst hätte, die er selbst als fachmännische bezeich-

net .. Wer aber genauer zuschaut, und sich nicht blenden lässt durch die Behauptung Lüddeckes , im Recht zu sein , wird vielleicht zu einer anderen Anschauung gelangen , und die Empfindung teilen , als ob Herrn Lüddeckes Schreibweise der eines

dieses schweren Geschützes ist Herr Lüddecke ge sichert durch den Charakter dieser Zeitschrift; denn

es geht wohl nicht an , die Spalten des » Auslands« , welche bisher so bereitwillig der Diskussion über die Erdkarte zur Verfügung standen , mit einer Auf zählung von Kartentiteln jener weit mehr als 1000 Karten und Kartenwerke zu füllen , welche zur Kon

struktion der aussereuropäischen Erdteile für die Erd karte verwendet werden könnten . Es sei ferner nochmals daran erinnert, dass von Afrika eine Karte im Maasstabe von 1 : 2000000 bereits veröffentlicht

Feldherrn gleicht, welcher die Nachrichten gewal- ist, so dass gerade von dem Erdteile, dessen Erfor , tiger Siege verkündet,ohne sich darum zu kümmern , schung relativ am wenigsten weit gediehen ist, das ob denn der Gegner aus seiner Position verdrängt

ist. Eine solche Art der Polemik entspricht weder meinen Bedürfnissen , noch meinem Geschmacke,

und Herr Lüddecke gestattet mir wohl, dass ich ihm nicht in gleichem Tone antworte. Mir liegt eben weniger daran , unbedingt recht zu behalten , als an einer Klärung der Sache; ich darf mich wohl

begnügen, meine Gründe und Gegenworte aufzuführen, und das Urteil den einsichtigen Lesern des Auslandes zu überlassen .

Experiment einer einheitlichen Karte in einem Maas stabe gemacht ist , der nur halb so gross wie der der geplanten Erdkarte ist . Herrn Lüddeckes Be hauptung, dass für die Konstruktion einer einheit lichen Erdkarte im

Maasstabe 1 : 1 000 000 das er

forderliche Material nicht vorliege , steht nicht im Einklange mit dem gegenwärtigen Standpunkte der

Kartographie . Herr Lüddecke hält die für die Erdkarte vor

geschlagene Konstruktion für unpraktisch , in seinem

Die ersten Bemerkungen Herrn Lüddeckes

ersten Artikel hat er bezweifelt, dass sie eine Ueber

über den Plan der Erdkarte (Ausland 1891 , No. 46)

sicht irgend eines Erdteiles ermögliche. Ich habe

betrafen die Ausführbarkeit derselben in inhaltlicher

ihm darauf entgegnet, dass dies nicht der Zweck

und konstruktiver Hinsicht. Herr Lüddecke glaubt ,

der Karte sei . Nunmehr hat Herr Lüddecke seinen

dass das vorliegende Kartenmaterial noch nicht ge- Einwand stark eingeschränkt und gesagt : »Die vor nügt, um eine Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000000 zu schaffen. Ich habe daraufhin ( Ausland 1891 ,

No. 52) die Thatsache angeführt, dass gegenwärtig Ausland 1892, Nr. 19 .

geschlagene Erdkarte erfüllt einen ihrer vornehmsten

Zwecke in keiner Weise, wenn ihre Blätter nicht in beliebiger Anzahl zusammengesetzt werden können , 37

Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000.

290

und eine Zusammensetzbarkeit ist undenkbar, wenn

die Blätter als Fünfgradsektionen ausgeführt wer-

Diesem Satze kann ich beipflichten , sobald

den .

in ihm das Wort beliebig durch ein anderes ersetzt Karten in beliebiger Zahl zusammen an

wird .

legen, wird gewiss niemanden einfallen, denn daran ist man nicht bloss aus räumlichen Gründen gehindert, sondern man beraubt sich auch der Möglichkeit , wie ich in meinem ersten Artikel gezeigt habe, den Inhalt der Karte anerkennen .

Man wird

je mehr man sich dem Pole nähert, bis endlich das

letzte Trapez in ein Dreieck mit einem Winkel von 50 an der Spitze übergeht.

Neben dieser Ko

lumne von Trapezen zwischen Aequator und Pol seien nun die Trapeze der Nachbarkolumnen der maassen angebracht, dass an den Meridiangrenzen eines Trapezes die der benachbarten derselben Zone unmittelbar anstossen . Man erhält dann eine Ko lumne von Trapezen , an welchen die der beiden Nachbarkolumnen wie Flügel anhängen. Während

selten mehr Karten zusammenlegen , als die Fläche eines grossen Tisches decken , wenn man nicht ge-

nun aber die einzelnen Trapeze der Hauptkolumnen

rade das verlieren will, was man gewinnen möchte, nämlich den Ueberblick . Die Frage ist daher die,

unmittelbar aneinanderstossen , klaffen zwischen denen

Maasstabe von 1 : 1 000 000 zusammenlegen kann,

der beiden Nachbarkolumnen Fugen auf. Der Winkel dieser Fugen ist gleich der doppelten Differenz der Basiswinkel der angrenzenden Trapeze. Im Durch schnitte ergibt sich ein Wert von wenig mehr als

als man in zusammenhängender Fläche zu über-

1/4 ", und es treten die Trapeze um 4 % , ihrer

blicken vermag. Man stelle sich vor einen Tisch

Parallelgrenzlinien auseinander.

von gewöhnlicher Höhe, und schiebe auf denselben

I : 1000000 sind die letzteren Linien im Maximum nur 0,5565 m lang, und es wächst daher die Fugen

ob man so viele Fünfgradblätter einer Erdkarte im

ein Blatt des Stieler allmählich an sich heran , bis man , über den Tischrand gebeugt , die Ortsnamen lesen kann . Weitsichtige Leute werden in einer Entfernung von 80-85 cm vom Tischrande die >

Im Maasstabe von

breite auf durchschnittlich 2,2 mm , auf 4 mm im Setzt man neun Trapeze zusammen , so hat man im ganzen vier Fugen und das Aus Maximum .

kleine Schrift erkennen können . Die mittleren Par-

einanderklaffen beträgt auf jeder Seite im Mittel

tien eines quadratischen Tisches von 160-170 cm Seitenlänge sind also in äusserster Sehweite gelegen ,

4 mm .

Gegenüber diesen Fugen , welche nur auf einige

und Kartenflächen von 2,56—2,59qm sind die grössten , Tausendstel der Kantenlänge der Trapeze an welche noch gerade überblickbar sind. Solche Areale wachsen , steht die Kontraktion des Papieres, auf welchem die Karte gedruckt ist. Dieselbe beträgt 1 : 1000000 nur sehr unbeträchtlich gekrümmt er- gewöhnlich mehr als ein Hundertstel der Karten

aber würden auf einem Globus im Maasstab von

scheinen , bei einer Höhe ihrer Wölbung von nur

länge , und ist in den verschiedenen Richtungen des

6 cm würden sie im wesentlichen tischähnlich aussehen . Man kann sich diese Verhältnisse am besten

Blattes nicht gleich .

Mein Exemplar von Herrn

Lüddeckes schöner Sechs - Blattkarte von Afrika

an Pombas Relief von Italien veranschaulichen , besitzt z. B. keineswegs den im Titel angegebenen das im Maasstabe von 1 : 1000000 mit gekrümmter Oberfläche konstruiert ist. Fast neun Fünfgradtrapeze umfassend, gleicht es einer nur wenig gewölbten Tischfläche , und angesichts dieses schönen Reliefs

ungleichen , 1—2 % betragenden Papierkontraktion

erkannte ich zuerst die Möglichkeit , dass mehrere ,

der einzelnen Blätter ist der Umstand , dass die Blätter

Maasstab von 1 : 10000000 , sondern im Titelblatte einen solchen von 1 : 10200000 , sonst einen solchen von 1 : 10100000 und 1 : 10150000. Folge dieser

und zwar mindestens neun Fünfgradtrapeze im Maass- nicht gleich gross sind. Es beträgt die Höhe des stabe 1 : 1 000 000 auf ebener Fläche zusammenge

klebt werden könnten . Neun solcher Fünfgradtrapeze aber , und zwar die an den Aequator anstossenden, decken eine Fläche von 2,74 qm , also mehr als das äusserste Maass einer überblickbaren Horizontalfläche.

Kartenbildes der drei linken Blätter 970,2 mm , der drei daran anstossenden rechten Blätter 971,3 mm , so dass beim

Zusammenkleben Fugen entstehen ,

Die Blätter der Weltkarte im Maasstabe von

welche zusammen 1,1 mm Breite erhalten . Diese Fugen haben bisher nicht gehindert, dass Herrn Lüd deckes Karte zu einem Tableau vereinigt wird, und

I : 1000000 sind in dem Umfange zusammenlegbar , als dies durch den praktischen Gebrauch er-

ist daher kaum anzunehmen, dass die nur unwesent

heischt wird .

lich bedeutenderen Fugen, welche beim Zusammen

Diese allgemeine, bei einer Betrachtung von Pombas Relief sich aufdrängender Vorstellung wird durch Rechnungen sicher begründet. Man denke sich die einzelnen Blätter der Erdkarte 1 : 1 000 000

in einfachster Weise als Trapeze, deren Höhe dem Abstande der Grenzparallele von 5 zu s ', deren

ungleiche Seiten den letzteren proportional ist. Man

stören auf einem solchen nicht im

mindesten .

Es

kleben von neun Blättern der Weltkarte aufklaffen ,

die Verwendung eines Tableaus derselben hindern. Die konstruktiv entstehenden Fugen beim Zu sammenlegen mehrerer Weltkartenblätter , welche nur einige Promille der Kartenbreite betragen, liegen innerhalb jener Grenzen, durch welche das Karten bild durch die Kontraktion des Papieres deformiert

erhält dann vom Aequator nach den Polen hin fort wird , und ein geschickter Buchbinder wird die 20 schreitend eine Kolumne von übereinanderliegenden Blätter der Erdkarte, welche die westlichen Plateaus Trapezen, deren Seiten um so stärker konvergieren, / der Union umfassen, unschwer in einer Ebene auf

Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt .

291

zuziehen vermogen , ohne dass sehr störende Fugen

in meinem vorigen Artikel die Vorteile des Penck

aufklaffen werden . Wenn Herr Lüddecke die Zu-

schen Projektes nicht noch einmal vollständig auf

sammensetzbarkeit mehrerer Blätter der Erdkarte als gezählt, weil ich sie für genügend bekannt hielt, den Kernpunkt der Frage bezeichnet, so bin ich völlig darüber beruhigt, und Herr Lüddecke würde

will aber hier wenigstens die Punkte erwähnen, welche ich für die wichtigsten halte. In erste Linie

es auch sein , wenn er sich die geringe Mühe ge-

stelle ich die Vorteile, welche das Zusammenarbeiten

geben hätte, einmal zu berechnen , wie gross die Fugen sind, die beim Zusammenstossen der Karten-

von Kartographen aus allen Ländern nach einheit lichem Plan bietet . Es wird dabei viel gelernt, die

blätter entstehen. Anstatt eine solche Berechnung Ansichten klären sich, Vorurteile verschwinden, man anzustellen, hat sich Herr Lüddecke lediglich in allgemeinen Redensarten über Polyeder u . s. w . er-

lernt das Bessere herausfinden und nachahmen . Die einheitliche Erdkarte würde ferner wesentlich dazu

gangen. Gewiss hat er recht, dass theoretisch nur sehr kleine Teilchen einer Kugeloberfläche als Ebenen gelten dürfen , in der Praxis aber kann man , sobald es sich um Herstellung von Kartenbildern handelt,

beitragen , der allgemeinen Maassen , Einbeitsmeridian zug auf Schreibweise zum Karte würde sich nicht nur

Einführung von einerlei und Konsequenz in Be Sieg zu verhelfen. Die zu Längen- und Flächen

die beim Drucke deformiert werden , noch recht Vergleichungen und Berechnungen ,sondern überhaupt grosse Teile der Kugeloberfläche als Ebenen ansehen. Dies vermag Herr Lüddecke eben nicht zu erkennen, und überdies deutet er an , dass die vor-

geschlagene Entwurfsart nicht polyedrisch sei , denn bei einem Polyederentwurfe werde die Erdoberfläche als bestehend gedacht aus vielen Flächen . Herr Lüddecke scheint nicht zu erwägen , dass die Erd-

zum Dienst in der vergleichenden Erdkunde vor trefflich eignen . Es wird wohl der sehnliche Wunsch vieler Geographen sein , von recht vielen Ländern der Erde Landkarten im Stil der Vogelschen Vier blattkarten von den Staaten Europas in Stielers Handatlas zu besitzen. Ich meine, speciell die aka demisch gebildeten Geo- und Kartographen , wenn

karte nach der vorgeschlagenen Konstruktion 72 Kolumnen und 36 Zonen , im ganzen also 2592 Blatt umfassen würde,, wenn sie die gesamte Erdoberfläche

erwärmen .

darstellen sollte. Das aber sieht wohl jedermann

sie wenigstens ihre Schuldigkeit gethan.

ein, dass ein 2592- Flächner ein Polyeder ist, welcher der Kugel sehr nahe kommt.

Meine Besprechung der schönen Karte vom Prättigau gehörte in die Erweiterung des Penck

sie auf sachlichem

Boden stehen , sollten sich in

erster Linie für Durchführung des Penckschen Planes Scheiterte der Plan dennoch , so hätten

Herr Lüddecke hat sich die vorgeschlagene schen Projektes, welche ich mir vorzuschlagen er Entwurfsart sichtlich nicht ziffermässig vergegen- laubte, ich habe das ausdrücklich betont. Ich stellte wärtigt gehabt , als er seine Bemerkungen dagegen diese topographische Karte als Muster für topogra niederschrieb , ebenso wie er den Reichtum bereits i phische Specialkarten hin . Dagegen empfahl ich als ausgeführter Karten nicht vor Augen hatte, als er

sich gegen den vorgeschlagenen Maasstab wandte. Unter solchen Umständen erscheint es wohl

kaum als nötig, auf die Bemerkungen mehr nebensächlicher Natur zurückzukommen, welche Herr Lüd-

decke in seinem letzten Artikel gemacht hat. Es dürfte vollauf genügen, gezeigt zu haben , dass ich

solches für das Pencksche Projekt ausdrücklich die Vogelschen vier Blattkarten, vorausgesetzt, dass das Terrain braun gedruckt werde. Ich habe ein Missverständnis darüber für voll

kommen ausgeschlossen gehalten. An eine absicht

führbarkeit des dargelegten Planes durchaus bewusst

liche Missdeutung meiner Worte kann ich bei meinem Kollegen nicht glauben. Ich halte das Pencksche Projekt , wie ich be reits in meinem vorigen Artikel erwähnte, nur Schritt

war. Und da ich nach meinen bisherigen Erfahrungen auf eine schliessliche Uebereinstimmung mit

so geplanten Landkarten im Sinne Pencks auszu

mir der Tragweite meiner Forderung und der Aus-

Herrn Lüddecke nicht mehr zu hoffen vermag , so muss ich auch darauf verzichten , mich in weitere Erörterungen mit ihm einzulassen : ich betrachte die Dis-

kussion mit ihm über die Weltkarte als abgeschlossen .

für Schritt für durchführbar, indem vorläufig die so wie führen sein möchten . Den Punkt, auf welchen Herr

Dr. Lüddecke das Hauptgewicht legt, die Zusammen setzbarkeit einer grösseren Anzahl von Sektionen, halte ich für gar nicht in Betracht kommend. In den 33 Jahren meiner Thätigkeit als Kartenzeichner innerhalb der Perthes’schen Anstalt (davon 20 Jahre

Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkarten

unter Petermanns Leitung ) ist es mir nicht ein

projekt.

einziges Mal vorgekommen , dass eine Karte, in dem Maasstab und Stil des Penckschen Projektes , in

Von II . Habenicht (Gotha) .

mehr als höchstens vier Sektionen für den Ge

Die Entgegnung des Herrn Dr. R. Lüddecke in

brauch zusammengesetzt wurde, ich erinnere mich

Nr. II dieses Jahrganges des » Auslands« auf meine

nur, dass es zu Ausstellungszwecken geschehen ist .

in Nr. i ebenda erschienene Empfehlung des Penckschen Projektes veranlasst mich , noch einmal das

Was die Zeitdauer, die bis zur Vollendung der Penckschen Karte hingehen dürfte, anlangt, so halte

Wort in dieser Angelegenheit zu ergreifen. Ich habe

auch ich dafür, dass wir wenigstens eine Vollendung

292

Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst .

in gleichmässig durchgeführter Bearbeitung nicht

wieder geweckt und zur heutigen Entfaltung ge bracht werden konnte. In dieser Beziehung messe ich der Entwicke sehr grossen Werke, hat aber bisher weder den Wert lung der Panoramenkunst eine grosse Bedeutung zu . derselben , noch die Würdigung ihrer Schöpfer ver- Sie lehrte die Bergformen einzeln und naturgetreu ringert. abbilden , schärfte das Auge zur Auffassung der Warum sollte ein Werk über unseren Planeten ganzen Bodenentwickelung und wurde so zum wert weniger Opfer an Geld und Mühe wert sein , wie vollen Hilfsmittel in der Hand des Topographen . ein ähnliches vom Sternenhimmel, welches bekannt- Einer unserer besten Kenner der Alpen und selbst

erleben werden . Aber das ist eine ziemlich allgemein bekannte Eigentümlichkeit vieler, ja der meisten

lich schon seit einer Reihe von Jahren in Arbeit ist

hervorragend durch seine Leistungen im Panoramen

und wohl erst nach Jahrzehnten vollendet sein wird ?

der schweizerischen Panoramenkunst .

zeichnen, sagt 1) : » Die Aufgabe des Panoramas ist nicht künstlerischer, sondern rein geographischer Natur ; es soll gewissermaassen eine auf den Stand punkt bezogene Landkarte sein – es soll die Formen so wiedergeben, dass ich sie leicht erkenne und soll

Von J. H. Graf (Bern).

dabei die richtigen Namen führen, – mehr nicht«.

Die Entwickelung

I. Das 18. Jahrhundert. Die Schweiz stellt der kartographischen Darstellung vermöge ihrer verschiedenartigen Bodenformation und ihrer bedeutenden Höhenentwickelung

Diese Aufgabe des Panoramas ist denn auch von Saussure , Studer , Escher u . a. als richtig an erkannt worden . Es lohnt sich also gewiss , die

ganze Entwickelung , die dieser Zweig topographi scher Kunst genommen hat, kurz zu skizzieren . Der

grosse Schwierigkeiten entgegen. Die Anforderungen Anfang der Panoramenkunst lässt sich ziemlich genau feststellen . Wenn man auch versucht sein sollte, an das Auffassungsvermögen des Topographen sind feststellen. nicht gering und einer langen Spanne Zeit bedurfte schon in der Topographie von Matthäus Merian es, um den Standpunkt der Vollendung zu erreichen , auf welchem die schweizerische Kartographie heutzutage angelangt ist. In den ältesten Schweizer

Karten , z. B. derjenigen von Konrad Türst ( 1495

1642 panoramatische Darstellungen zu finden, so ist zu bemerken , dass jene Abbildungen nur Ansichten und

keineswegs das sind, was wir heutzutage unter einem Panorama verstehen. Der erste , der überhaupt

bis 1497), liegen die Berge noch ziegerstockartig, ein Panorama gezeichnet hat,, ist J. B. Mi ohne jeden Zusammenhang neben einander, der Be-

cheli du Crest aus Genf ( 1690 -- 1766) 2). Dieser

griff der Bergkette ist noch nicht zum Bewusstsein

merkwürdige Mann, ursprünglich Offizier in fran

des Darstellers gekommen ; die ersten Spuren hiervon, wenn auch noch etwas mangelhaft, zeigen sich

zösischen Diensten , wurde wegen freier politischer

bei Sebastian Münster und Aegidius Tschudi 1538. Münster übertrifft Tschudi an feinem Ver-

ständnis, da er schon einigermaassen die Höhendiffe-

Anschauungen von der Berner Regierung im Ein verständnis mit Zürich und Genf von 1746--1766

auf der Festung Aarburg eingesperrt. In der Be schäftigung mitden Wissenschaften fand er Erholung

renz der Alpen und des Jura wenigstens andeutungs- und Befriedigung. Wir haben an einem anderen weise durch Zeichnung markiert. Ueberall , auch bei vielen Nachfolgern,, fehlt aber eine vollständige

Ort ") seine Bedeutung für die schweizerische Geo däsie und sein Wirken als Physiker dargelegt. Zeigen

Auffassung der charakteristischen Bergformen . Alle überragt darin riesenhaft der geniale Hans Konrad Gyger , dessen Jugendleistung, eine Karte des Zürichschen Teiles des Thurgaues, 1620 schon den Meister ahnen lässt, dessen Hauptleistungen die Schweizer Karte von 1634 und die Karte des Zürich-

wir, wie Micheli du Crest auf die Idee gekom men ist , ein Alpenpanorama herzustellen , und wie er dasselbe zu stande gebracht hat. Im Jahre 1754 erhielt er Kenntnis von barometrischen Beobach

tungen , welche etwa 1730 Prof. J. J. Scheuchzer auf dem Gotthard und in Zürich hatte anstellen lassen .

gebietes von 1666 den Topographen in seinem vollen

Seine Resultate erregten aber bei Micheli grossen

und schönsten Glanze zeigen . Leider kam für die Allgemeinheit das typische Muster insofern nicht zum vollen Einfluss, als seine grosseWandkarte des Kantons

Zweifel darüber, ob die daraus berechnete Höhe des

Gotthards, »dieses höchsten Berges von Europa« , auch richtig sei, und um dieselben zu prüfen, entschloss sich

Zürich nie editiertwurde und überhaupt bald bei jenen Micheli zu folgenden originellen Operationen "): traurigen Zeitläuften in Vergessenheit geriet. Intuitiv hatte Gyger die Bergformen richtig aufgefasst und

1 ) Prof. Dr. A. Heim .

Jahrbuch des Schweizer. Alpen

klub, Bd. VIII .

richtig zur Darstellung gebracht; allen seinen Nach

2) Für das Leben dieses Mannes vgl. Wolf , Biogr. z.

folgern ging dies Vermögen mehr oder weniger wieder ab , und bis in den Anfang dieses Jahr-

Kulturgesch. d . Schweiz, I , S. 229–260 ; Wolf , Gesch . d . Ver.

hunderts generalisierte , schematisierte und er

messungen in d . Schweiz, S. 107-109 ; Graf , Gesch . d . Mathem . u . d . Naturw . in bern . Landen , III ?, S. 68—273 , auch separat er schienen .

fand man Berge und Bergformen ad libitum . Ge 3) Graf, Gesch . d. Mathem . u. s. w., III ?, S. 156—200 . wiss ist es daher wohl berechtigt, zu untersuchen , 4) Vgl. auch eine Notiz des Verf. im Jahrbuch des S. A. C. wie der Sinn für richtige Auffassung des Terrains ! (Schweizer. Alpenklub) pro 1892.

Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst.

293

Er verfertigte mittels eines kreisrunden Brettchens einen Quadranten von 14–15 " Radius und

noch oft Eiger und Mönch . Micheli hatte mit Energie seine Arbeit gefördert und sie mehrmals kor

auf demselben waren ein beweglicher und ein fester

rigiert. Eine seiner Vorarbeiten ist uns als wert

Zeiger angebracht. Den festen Zeiger stellte er in die Lage des Meridians von Aarburg, den er vorher schon bestimmt hatte, und so erhielt er mittels des

beweglichen Zeigers die Azimute der Visierlinien

volles Dokument bei der geographischen Ausstellung

in Bern 1891 in die Hände gefallen ; es ist dies ein der Bürgerbibliothek Luzern angehöriges Original

nach den einzelnen Gipfeln der Unter- und Berner Alpen .

panorama von Micheli du Crest aus dem Jahre 1754 , das vom Urirothstock bis zur Jungfrau geht und somit das älteste Originalpanorama sein wird,

Um nun die vertikale Erhebung der Bergspitzen

das wir in der Schweiz besitzen. Dimensionen Wir haben dasselbe an einem anderen

über den Horizont zu erhalten, nahm er eine 24 Pa-

19/65 cm .

riser Fuss lange Dachrinne , einen gewöhnlichen

Orte ') genau besprochen und ein Faksimile desselben

« dessen beide Enden er mit einem gegeben. Michelis Hauptpanorama erschien 1755 »Dachkännel«, hielt. An dem den Bergen zugekehrten Ende brachte er ein eingeteiltes verschiebbares Stäbchen an und

als Kupferstich unter dem Titel : » Prospect géométrique des Montagnes neigées dites Gletscher, telles qu'on les découvre en tems favorable depuis le château d'Aarbourg dans les territoires des Grisons , du

nun visierte er am anderen Ende und liess zugleich

Canton d'Ury et de l'Oberland du Canton de Berne.

das Stäbchen so nachrücken , bis sein oberes Ende mit der Bergspitze zur Deckung kam . Nun konnte

1755. Gravé par Tobias Conrad Lotter å Augsbourg «. Nach der geschilderten Entstehungs weise ist die Zeichnung eine Vertikalprojektion oder vielmehr die Projektion auf eine vertikale Cylinder fläche, in deren Achse das Auge zu bringen ist ; es

Brettchen abschloss und den er auf Böcke stellte und mit Wasser füllte , so dass er ein Niveau er-

er zwischen den vier Grössen a

Länge des Dachkännels,

b

Höhe des Stäbchens,

c = Entfernung des Berges,

ist also nicht eine eigentliche Rundansicht, wie die

In dieser Proportion waren ihm zwei Grössen schon bekannt ; es fehlte ihm bloss noch die dritte,

Panoramen heutzutage sind . Es ist begleitet einer vierseitigen Druckschrift : Mémoire pour plication du Prospect des Montagnes neigées l'on voit du château d'Aarbourg 1755. – Michelische Arbeit leidet unzweifelhaft an

aber auch die wichtigste, die Entfernung des Berges

deutender Ungenauigkeit , sowohl was Zeichnung,

von seinem Standort Aarburg. Wie half sich nun Micheli , um diese Strecke zu erhalten ? Gestützt

als was Rechnung anbetrifft. Aber hierin liegt nicht ihre Hauptbedeutung ! Michelis unbestreitbares

auf die damals beste Karte der Schweiz , auf die

Verdienst ist es, als Erster den Sinn für eine bessere

» Nova Helvetiae , Rhaetiae et Valesiae Tabula geo-

Darstellung des Terrains geweckt zu haben. Deshalb hat auch Saussure diese Kunst so sehr patronisiert.

x = vertikale Erhebung des Berges die Proportion aufstellen a : b = c : x.

graphica« von J. J. Scheuchzer 1712 bestimmte er die Entfernung des Objektes von Aarburg. Nach dieser Karte fand er die Entfernung Basel-Genf zu 120840 Toisen , nach der Messung von Cassini de Thury 1738 beträgt sie aber bloss 98000 Toi-

sen , daraus schloss Micheli, dass eben die Scheuchzerschen Distanzenangaben um zu gross seien . Wir sehen schon , dass ein solches

von l'ex que Die be

M. Th. Bourrit , Maler und Schriftsteller ( 1739 bis 1819), zeichnete in seinem Auftrag für den ersten Band der klassischen » Voyages dans les Alpesa , Neuchâtel

1779, eine „ Vue circulaire des montagnes qu'on dé couvre du sommet du Glacier de Buet 1776 «, und Saussure lobte ganz besonders die fast mathe matisch genaue Arbeit von Bourrit. Sicher hat

rohes Verfahren unmöglich zu genauen Resultaten

auch Generallieutenant F. L. Pfyffer, der Ver führen konnte.. Ausserdem negiert Micheli voll- fertiger des berühmten Reliefs, das man heute noch

ständig den Einfluss der Refraktion , betrachtet die Erde als vollständige Kugel , und so werden wir uns nicht wundern , wenn seine Höhenangaben alle zu gross sind und sie Differenzen gegen die Wirk-

im Gletschergarten in Luzern bewundert, vom Pan oramenzeichnen für seine Arbeit profitiert. Leider sind die meisten seiner Skizzen bis auf wenige Blätter ver

Ueberaus genau hat aber Micheli die Meereshöhe seines Standortes Aarburg , welche er dann

loren gegangen , jedoch befand sich gerade unter den noch erhaltenen das schon erwähnte Originalpanorama Michelis , das der letztere offenbar Pfyffer ge schenkt hatte. Ich füge hier bei , dass B. A. Dunker,

noch zur gefundenen Berghöhe addierte , auf 237 Toisen bestimmt, eine Angabe, die auch de Saus sure bestätigte. Grosse Schwierigkeiten hatte Mi-

Kupferstecher in Bern, 1777 nach der geometrischen Zeichnung Pfyffers für sein Relief einen „„ Plan perspectif d'une partie des Cantons de Lucerne,

Er

d'Uri etc. « gemalt und in den » Tableaux pittoresques«

lichkeit von 60-2000 m aufweisen .

cheli ferner mit der Benennung der Berge.

selbst konnte als Gefangener nicht persönlich nach- hat erscheinen lassen . Ein zweites Blatt von gleicher forschen , sodann war die Nomenklatur noch gar nicht fest, sagte man doch statt der Jungfrau bald

Blümlisalp , bald Geisshorn , und verwechselte man Ausland 1892 , Nr. 19

Grösse enthält bloss Konturen und Namen . ) Jahrbuch des S. A. C. pro 1892 . 38

Ch .

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

294

v. Mechel stach 1786 das Blatt nach und gab es

Tod hinweg. --- In Zürich ist Kunstmaler Heinrich

unter dem Titel „ Vue perspective de la partie la Fuessli ( 1755-1829 ) zu nennen , der eine Ge plus élevée du centre de la Suisse« heraus. Hierher birgsansicht von einem Gipfel der Alp Isleten bei gehört auch ein Blatt »Die Eisgebirge und Gletscher Interlaken 1790 gezeichnet hatte. des Strubels« , ein Stich von Zingg , schattiert und

In einem späteren Artikel wollen wir dann

koloriert und herausgegeben von Apotheker J. H. zeigen, welche Dimensionen das Panoramenzeichnen Koch in Thun ( 1706—1787). Bei Mechel erschien 1792 eine „ Vue perspective du Mont St. Gott hard« von Ch. Exchaquet , Direktor der fonderies à Servoz , was eigentlich ein Nachstich der von Dunker gestochenen und 1791 bei D. B. Rätzer in Bern erschienenen Ansicht ist. – Die Leistungen

in unserem Jahrhundert angenommen hat.

Forschungen über das deutscheWohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz).

des 18. Jahrhunderts schliessen mit einem Manne XIV.

ab , der die panoramatische Kunst zu hoher Voll endung bringen sollte ; es ist dies Samuel Gottlieb Studer von Bern ( 1761-1808). Sein Beruf als Notar und Landschreiber liess ihm Musse genug, von Bern , Interlaken , Stäffisburg und Langnau aus

Haustypen Oesterreichs ob der Enns und angrenzender Typenbereiche nördlich der Donau . (Fortsetzung.)

mehr als 100 Reisen in das Berner Oberland zu

machen , und so durchforschte er eifrig das Gebiet der Voralpen zwischen dem Brienzersee, dem Haslithal

Nach dem weit umgreifenden Versuche einer Darstellung der dem Vogelweidertypus angehörigen

Ueberall zeich

und entstammten Hausformen nördlich der Donau

nete er eifrig, und oft erfreute er in Sitzungen der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft, zu deren

und im Herzen des Landes südlich derselben , will ich,, der Ordnung meiner ersten Wanderung von

sechs Gründern er gehört, seine Freunde durch über

1891 nach, einiges bemerken.

und der Hauptkette der Jungfrau.

raschend ähnliche Panoramen .

Er soll ein solches

vom Faulhorn und vom Napf im Emmenthal ge zeichnet haben ; ein solches vom Brienzer Rothorn

und vom Niesen hat er nach dem Zeugnis seines Sohnes und geistigen Erben hinterlassen . Aus dem Jahre 1788 stammt eine Ansicht von der Egg aus 5

bei Thierachern in der Nähe von Thun , der zahl

/

3

reiche Bergbenennungen beigegeben sind, eine kolo

Fig . 95.

rierte Ansicht vom Stockhorn aus , datiert aus dem Jahre 1790. In meinem Besitze befindet sich eine Ansicht der Stockhornkette vom Männlichen aus mit

I

2. Bei Rosenau .

3. Gr . Eberhards bei Weidhofen a . Th. 4. Walterschlag südl . Gerungs.

104 Namen . Vom Niesenpanorama hat Dunker einen Teil in den » Vues remarquables des Alpes de la Suisse« 1789 durch Stich veröffentlicht. Studers Hauptwerk aber ist : » Chaine des Alpes vue de

puis les environs de Berne« , von Dunker gestochen ist das Es ist und von G. Lory 1788 koloriert. Es das

Liebenau, Liebenstein ( V. ob. M. B. ) .

5. An mehreren Orten (Einschnitt der Giebelbretter), z. B. Watzman ns u . S. W.

6. An neuen Gebäuden in ganz Oberösterreich sehr häufig

(Spenglerarbeit ; 1-5 Holz) .

Längst war mir in Oberösterreich , Salzburg, Steiermark u. s. w. ein Giebelornament aus Weiss

(Fig. 95,6) aufgefallen, dessen Erklärung mir älteste, formenrichtige Alpenpanorama blechWaldvi ertel überra entgeg schend

der Schweiz, ein Muster für alle Zeichner für immer 1),

im

und damit hat sich Studer ein förmliches Denk-

Liebenstein, östlich Weitersfeld, ist nämlich als Schopf

mal gesetzt . Im Beiblatt finden sich 124 Berg namen , die dem Publikum zum grösseren Teil un bekannt waren. Dasselbe ist in der verschiedensten

Weise nachgestochen und in kleinerem Format herausgegeben worden , so von Scheuermann . Studer lieferte auch die Nomenklatur zum Blatt 10

entrat.

In

zierde eines Giebeldaches ein hölzerner Kelch ver

wendet (Fig. 95 , 1 ) ') . Weiter gegen Rosenau fand ich denselben Kelch , aber mit einem lanzen Bei Eber ähnlichen Mittelstücke (Fig. 95 , 2). hards nahm das Ding die Form Fig 95 , 3 an. Bei Gross-Gerungs fand ich das Ornament durch

des Meyerschen Atlas , sowie zum Probeblatt des drei, oben eingeschlagene Nägel bereichert (Fig. 95 ; 4) und dort belehrte mich ein Schullehrer, dass dieser

letzteren , zur » Carte d'une partie très-intéressante de la Suisse« 1796. Als er mit einer Mono graphie über den Pilatus beschäftigt war und auch sicher da etwas Tüchtiges geleistet hätte, raffte ihn der

der Strohdächer des tschechischen Teiles von Böhmen gefunden

2) Vgl. H. Dübi , Jahrbuch des S. A. C. 1890, XXVI. Bd. 2) Wolf , Gesch. d . Vermessungen in d . Schweiz, S. 117.

und nebenbei kelchförmige Ausschnitte in den Giebelbrettern . Dr. Siegfried Kapper hat mich in Jungbunzlau darauf auf merksam gemacht und hat diese Dinge als hussitische Ueber. bleibsel , welche die Gegenreformation überdauert haben, erklärt .

1) Den hölzernen Kelch habe ich 1862 auf allen Giebeln

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

plumpe, hölzerne Zierat die Leidenswerkzeuge Christi bedeute.

Daneben tritt aber , wie in Böhmen , der

in die Giebelbretter geschnittene Kelch samt Hostie

295

richteter Herr, versicherte mir, dass die alten Zimmer leute dieses Ornament in der Gegend noch zuweilen anwenden und dass sie es »Rossgosch’n « (Gosche =

(Fig. 95 , 5 ) auf. – Im Flachlande und Hügellande

Maul) nennen . Ich zweifle nicht, dass wir hier das

südlich der Donau verschwindet der Holzkelch und

germanische oder altslavische Pferdkopfornament in

das erwähnte Blechornament ersetzt ihn .

sehr alter primitiver Form vor uns haben .

Erst in

Laaberg und anderen Ortschaften südlich Klaus, gegen Windischgarsten , Spital a. Pyrn , Stoder und

dann jenseits der steirischen Grenze tritt der Holzkelch wieder hervor und zwar ohne Lanzenspitze, in wuchtigen, gedrechselten Stücken, dann aber wieder nach Art der Fig. 94 , 2 und 3. – Noch öfter aber findet man das letztere Ornament , dem Umrisse nach aus einer Dachschindel geschnitten und diese schräge vom Schopfdache aus gegen das First ende genagelt. Ich sah diese Form südlich Klaus

Die Pferdeköpfe sind nicht etwa in Ortbretter, welche hier fehlen, ausgeschnitten , sondern an den oberen Enden von Balken , welche die Dachkanten an den Giebelseiten säumen , geschnitzt. Die Bie gung der Pferdehälse ist angedeutet, die » Rossgosch’n « selbst sind eingekerbt. >

' Stron )

und dann an mehreren Orten Obersteiermarks.

Vielleicht sehen wir da ein Denkmal der Gegen reformation . Es entspricht der Klugheit der Jesuiten, alte Gebräuche nicht zu brechen , sondern zu eska

motieren ; aus dem utraquistischen Parteizeichen un merklich und allmählich die Marterwerkzeuge Christi

Fig . 96 a.

harmloses Ornament mit Halbmond und Stern, wo

14.4 h

zu vielleicht die siegreichen Türkenkriege nach 1683 Anstoss gaben .

Die Leute denken heute an gar

nichts , wenn sie ihre Giebel mit dem einen oder anderen zieren .

Was das Baumaterial betrifft, findet, wie schon erwähnt, denn doch eine gewisse Beschrän kung der Granitmauerung statt. Nördlich der Donau sind fast alle

Küche

. Verschl

Aus diesen wurde endlich ein ganz Bretter ,

zu machen .

Stube Vor .

haus

Stall

Fig. 96 b. Hütte ( Blockbau) , Gross-Eberhards bei Heidenreichstein .

Stadel Ständerbau mit Brettwänden .

In Liebenstein indes fand ich im Gehöfte Fig. 81 eine

Scheuer aus drei Blockwürfeln von 14 Schritten 10,5 m Länge und Breite, also aus sehr langen Fichtenholzbalken zusammengesetzt. Auch bei Rosenau

So recht interessant wird die Sache durch ihre

Anwendung an Schopfdächern desselben Dorfes. Ein

finden sich Blockbaureste an verschiedenen Haus-

Haus (Vogelweider) hat vorne , auf dem Firstende des Schopfdachs ein Kelch- und Lanzen-Ornament. Am rückwärtigen Dachende, über einem senkrechten

elementen , auch an alten Stuben , und auch hier scheint somit dem allgemeinen Gebrauche der Mauerung

Brettergiebel, Randbalken mit Pferdeköpfen. Ein anderes Haus hat am Schopfdachende das Kelch

und des ökonomischeren Ständerbaus eine Blockbau-

ornament und kaum 40 cm dahinter liegen, parallel

epoche vorausgegangen zu sein .

Erst die Lichtung mit den Kanten des Schopfdachs, die Pferdekopf

der Wälder hat wahrscheinlich Wandel geschaffen . (Vergl . Ausland 1891 S. 610 ; 710.) Gegen Kloster

balken auf den beiden Dachflächen.

Zwettl hin sind Holzhäuser sehr selten ; aber in dem

alten heidnischen Dachzierden mit ins Land gebracht,

Dorfe Gross-Eberhards, östlich Heidenreichstein , sind

weniger wahrscheinlich die vorgefundenen slavischen

sie wieder vorhanden . Dieses, seitwärts der Strasse,

übernommen oder beibehalten, dann später mit dem

Vielleicht haben die deutschen Einwanderer ihre

in einer Bodenfalte versteckt liegende Gassendorf Schopfdache auch dessen typischen Firstzierat über ist mir merkwürdig geworden . Gleich beim Orts-

eingange stiess ich auf die Keusche (Fig. 96), welche ohne jedes Mauerwerk , aus drei Blockwürfeln und einem angelehnten Bretterverschlage besteht, dessen strohgedecktes Dach ( mit senkrechten , bret-

tervernagelten Giebeln ) Pferdkopfornamente

nommen, aber die alten Randbalken nebenbei, samt den Pferdeköpfen beibehalten und an gewohnter Stelle liegen lassen. Vielleicht darf man daraus folgern , dass die

Dachform Fig. 96 in dieser Gegend die ursprüng liche gewesen sei.

aufweist. Diese gekreuzten Pferdeköpfe hatte ich Der Grundriss der Eberhardser Keusche ist in bis dahin noch nirgends gesehen ; auch nicht in Süd- Oberösterreich sehr verbreitet. Die meisten Woh baiern , der Ostschweiz, Nord- und Südtirol und auch nungen der » Häusler« , das ist, der Arbeiterfamilien,

nicht in den bajuvarischen Sprachinseln Oberitaliens.

welche kleine Grundstücke besitzen, sind so gebaut.

Ein Bauer erklärte mir das Ding als » Katzenköpfe«, Dass sie fast durchwegs gemauert sind und an einem aber der Pfarrer von Heidenreichstein , ein sehr unter-

oder beiden Enden Schopfgiebeldächer haben, macht

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

296

sie im Ansehen , aber nicht im Wesen verschieden . | kleine Lücken im Dach (die Innenseite des Daches Hie und da stehen neben grösseren Gehöften solche ist über der Flur teilweise sichtbar ); er streicht bei »Häusl« , z . B. bei Wildberg nördlich Linz , in Auer, den zwei Kammerthüren des Bodenraums vorbei und dort trägt es die älteste Jahreszahl, welche ich und wohl auch durch die Fugen ein wenig in die in Oberösterreich an einem ländlichen Gebäude ge- Kammern. funden, nämlich 1573 . Fig. 98 zeigt eine Form des hängenden Kogels

Auch in Obersteiermark finden sich solche Gebäude und darunter befinden sich auch alte Rauch-

(hier auch »Kuttel« genannt) ; ich habe eine andere, stehende Art des Kogels im Kärntner -Rauchhause

häuser aus Blockwerk und mit dem Dache wie Fi

gur 96. Ich füge die betreffenden Beobachtungen aus meiner zweiten Wanderung 1891 vergleichs halber hier ein .

Fig. 97 stellt die (Vernehmen nach 200 Jahre

alte) »Reiterkeusche« bei Palfau im Salzathale, nord

„ Hogel " oder , Suttel ". Funkenfänger im „ Reiterhause". Bretler - Dach

a.Omflängstangen , 8 -Selchstangen oder Fleischspiesse +

+

17

an der Innenwölbung des Hogels. Fig . 98 .

Verzinkte Pfostenwände. a : Arkerfenster "

angetroffen (vergl. Ausland 1890. S. 468). Im In

Alle Lichtöffnungen verglast Rauch - Haus, ca 200 Jahre alt,

nern dieses mit Lehm auf Holzrahinen und Flecht

werk aufgepatzten Funkenfängers befindet sich die sehr einfache »Fleischselche« (Räuchervorrich

Fig . 97 a.

tung) , nämlich eine Reihe sog . „Fleischspiesse« .

Rumpel

| kammer

Küche

I Erdgeschoss Bell

Wohnung

L h =

Diese Kogelform zeigt weit deutlicher, als die Kärnt

ner, den Ursprung des späteren Kaminmantels, welcher

1h

ebenfalls beim Bauer noch »Kogel« heisst.

Fig. 99 stellt den Stubenofen , wie er in jener Gegend in Rauchhäusern und überhaupt ge bräuchlich ist , dar. Dieser , auf einer Steinplatte stehende, backofenförmige Thonofen, mit grün gla

Fig . 97 b. Herd ; o = Ofen .

I Bodenraum .. Kammer

Ein heix

ame

Kammer Fig . 99 .

Fig. 97 c. Ohne Firstzierde. Isoliertes kleines Futterhaus

(Blockstall mit angefügtem Bretterverschlag für Heu) . Rauchhaus »Reiters , Gemeinde Palfau, westl . Wildalpen , Obersteiermark .

Von aussen heizbarer Ofen im Rauchhause » Reiter und in der Brunnthaler Keusche.

cierten runden Kacheln gleichsam gespickt , ist mit dem offenen Herde der Flur in Verbindung , wird von dort geheizt, entsendet seinen Rauch , wenn der

Ofen nicht sorgfältig verschmiert ist , in die Stube, westlich von Wildalpen in Steiermark dar ; ein von einer Tischlerfamilie bewohntes Rauchhaus. In

sonst aber durch das Heizloch wieder in die Flur.

jener Gegend, welche erst vor 40 Jahren Strasse

und daher wohl auch früher, ehe der Rauchfang

und Postverbindung erhalten hat, sind Rauchhäuser

entwickelt war, gegeben hat.

nicht sehr selten .

Die Flur ist ungeteilt. Sie enthält den Herd und ist zugleich Küche. Der Rauch entweicht durch

Hier siehtman , dass es Oefen in Rauchhäusern gibt Nicht weit von der Reiterkeusche befindet sich

das sog. „ Weberhäusl« mit der Aufschrift 1654 H und dem Monogramm Christi .

Es hat einen Rauch

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

fang und gleicht äusserlich dem Kleinhäusl am Predil (vgl . Ausland 1890. S. 496 ). Auf dein Wege von Weichselboden über die Höll nach Wegscheid (südlich Mariazell) , steht die Fig. 100 abgebildete » Halterhütte «, d . i . Hütte eines

297

Formen auch im historischen Zusammenhange stehen , ist schwer zu entscheiden.

Fig. 101 zeigt eine von der staatlichen Forst h

Almenhirten , der nur Ochsen, Kälber und für seine

0

Küche.

eigene Milchnahrung ein paar Ziegen betraut. Wir sehen hier eine recht primitive Wohnung ohne Rauch fang, ohne Ofen , mit dem gemauerten Herde in mitten der einzigen Stube ; der Ziegenstall lehnt sich als zweiter Blockwürfel an den Hauptraum . Der geringe Futtervorrat (die Rinder übernachten im

Stube der

Familien

Solzknecbte .

Wohnstube.

h- gemeinsamer Serd der Knechte . o von außen beizbarer Ofen . ( - Leiter . Fig. 101 .

Holzknechthütte (Keusche) im Brunnthal (Obersteier) . Rauchhaus .

Bretterdach

verwaltung erbaute Holzknechthütte Obersteierınarks im Grundrisse. 521714

ste

Fig. 102 veranschaulicht eine Entwickelungsstufe des Schornsteins in derselben Gegend. Ein bretterner, viereckiger Rauchkanal führt vom Herd über das Dach.

Fig. 100 a . Gbellage

Bett .

herd

Wohnung

adamy

Oben schützt ein schiefes Brett das Innere vor Regen .

Siegen . Stall

1.

a Holbtbür.

6 Innere Ganx - Tsüz. 1 Leiter zum Dachraum

über WohnungSeulager) Verglaste Fensterchen .

Fig . 102 . Primitiver Holztafel-Rauchfang. Obersteiermark .

Erköltes Bett,(2 Etagen .) Fig. 100 b.

In jeder Fläche des vorragenden Schlotes fehlt ein Stück Brett. Weht der Wind von der einen oder ande

» Halterhütte« (Albhütte für männliches Vieh) in der » hinteren Hölle zwischen Weichselboden und Wegscheidt .

Freien) liegt auf den Deckbalken der Stube. Zum Heulager führt eine Leiter aus dem Ziegenstalle. Die Stube ist recht wohnlich mit erhöhtem

ren Seite, immer findet der Rauch einen ruhigen Ab zug und wird nicht ins Haus zurückgedrängt. XV .

Bette , Bank , Tisch , Geschirrstelle eingerichtet und Haustypen im westlichen Teile Oberöster der »Halter« versicherte mir , dass ihn der Rauch,

reichs, nördlich der Donau, im oberen

wenn er nur recht trockenes Holz nehme, nicht

Mühlkreise.

sonderlich belästige.

Meine dritte Wanderung 1891 (Linz-Kirchschlag, Die Thüre ist doppelt. Die äussere Halbthüre, Zwettl im Mühlviertel , Leonfelden , Helfenberg, wenn sie allein geschlossen wird , hält Vieh und Haslach , Rohrbach , Neufelden , Ottensheim , Linz) Hund ab , und lässt Licht ein . Die innere Ganz- sollte die östliche Grenze des Flachdachbezirkes, welche

thüre schliesst das Haus (vgl. Ausland 1891. S. 723 .

bekanntlich der baierischen Grenze in einem breiten

Alinea 2) .

Streifen vorliegt, genauer ermitteln . Im »Haselgraben « bis Wildberg wechseln In

-

Dass die Typen Fig. 96 , 97 und 100 der Form

nach zusammenhängen, ist auf den ersten Blick klar.dustriegebäude, Vogelweider (Lehentmairhof) und Vierkant (Speichmühle, Fig. 90). lich der Donau überall , südlich derselben dort , wo Bei Kirchschlag (894 m ) , wo seit 1700 eine Mauerwerk am primitiven Hause überhaupt verwendet indifferente Quelle zu Heilzwecken benutzt wird, Jene zahlreichen gemauerten Kleinhäusl, welche nörd-

wird , ebenfalls gefunden werden, gehören ohneZweifel | herrscht der Vogelweider allein . Ein solches Haus ebenfalls dazu . Ob aber alle diese weitverbreiteten

trägt die Jahreszahl 1784. Die Kirche ist von 1645 ,

Forschungen über das deutsche Wohnhaus .

298

eine Seelsorge seit 1450. Alle »Keuschen « sind Ein-

teile wie geduldet. So steht z . B. in Raiden , öst

heitshäuser.

lich von Haslach, ein Vogelweider mit entwickeltem

Nördlich von Kirchschlag liegt das Dorf, d . h . es liegen 8-10 zerstreute Einschichthöfe, welche

Thorgebäude (Fig. 84 zeigt diese abgeleitete Form ) ; dieses aber ist aus verzinkten Bohlen erbaut und trägt ein ein Speltendach Speltendach mit grossen Steinbrocken darauf.

zusammen den Namen Taffetschlag führen ),in

einer grossen, muldenförmigen Waldblösse. Einige Eine ähnliche Mischung ist am Scheiblhof, südlich Höfe zeigen Uebergänge zum Vierkant nach Art

Rohrbach, Fig. 103 zu beobachten. Dieses Gehöfte

der Fig. 89 und 91 . Bei Zwettl, welches eine spätgotische Kirche aus dem 15. Jahrhundert besitzt , ist unter veränderten Vogelweidern ein reiner Vierkant mit 96 Fenstern

müsste einen recht verwunderlichen Eindruck machen , Schindel

Stron

auf den drei Fronten und zwei Tennen auf der vierten . Strohdach . Weisse Wände.

Legschindel

Die beiden Dörfer Langenzwettl und Dittrich schlag bilden eine 3000 Schritt lange doppelte Hof reihe zu beiden Seiten der alten Poststrasse .

Eine

exquisite Waldhufe , an der noch die alten Wald wege kenntlich sind . Die Wälder sind freilich beider seits verschwunden . Die Bauern sind arm, ihre Höfe sind aber sehr ansehnlich , nett gehalten , alles reine Vogelweider mit Obergeschoss und meist Wohnräumen in

beiden Trakten .

Ueberall Stroh- und

Fig. 103 Scheiblhof südl. Rohrbach .

wenn man es sähe , ohne die westlich und östlich ver

laufenden Typenabstufungen zu kennen . In Fig. 104, Bauernhof in Gollner , ebenfalls südlich Rohrbach ,

ist ein Seitentrakt des Vogelweidtypus zu einem

Schopfdächer . Was ich auf den Strohdächern der Vicentiner Siebengemeinden überall und seither nir

Schindel

gends mehr fand , pinselartige Strohschöpfe auf den Firstenden , fand ich in Dittrichschlag wieder . Leonfelden , Marktflecken mit gotischer Kirche von 1481 , mit eigener Pfarre von 1292 ; von 1015 bis 1292 von Gramastetten aus versehen , war ein befestigter Zufluchtsort in der Hussitenzeit . Trotz der nur sechs Gehstunden entfernten Landeshaupt stadt ist hier noch eine Art Nationaltracht der be

nachbarten Bauern, welche auch an Feiertagen u . a. hellblaue Schürzen tragen . Dort findet sich noch der mit Federkiel gestickte , lederne Leibgurt , wie in Gmunden . In Zwettl und Leonfelden sollen sich

Legschindei

..6m .....4 m . x

Granir . Mauer gon

Wohnhaus

Ausgeding

12

Fig . 104 .

Mischtype in Gollner (südl . Rohrbach, Mühlkreis) , Teilweise abgesonderte Wirtschaftsgebäude.

» alpinen Hause « geworden, oder besser gesagt : flach eingedeckt. Das Stück Scheuer rückwärts im Flach

weist noch auf den ehemaligen Hütten noch ( ich hätte sie also übersehen ) einzelne »Spelten- dachhause charakter dieses Traktes hin. Die im Vogelweider

dächer«, d . i. Flachdächer mit grossen Spaltschindel brettern und Schwersteinen befinden. Aber in Ober

traberg, westlich Leonfelden , sah ich eines und die Specialkarte lässt vermuten , dass die gegenwärtige äusserste Ostgrenze dieser Dach- und Hausform in

der Linie Vorderweissenbach -Grosstraberg südwärts streicht , sich dann über Niederwaldkirchen west wärts an die Mühl und mit dieser südlich an die

Donau schliesst.

Wichtiger als die Kenntnis des

änderlichkeit. „Vor 60 Jahren gab es gegen Leon felden noch eine Menge kleiner Häusl mit Spelt dächern . Viele Kleinhäusl sind Gehöfte geworden und die Spelte Schopfdächer«.« So sagten mir alte, erfahrene Leute bei Traberg und Helfenberg über einstimmend .

Auf der gegenwärtigen Typengrenze sieht es selt-

720

genauen Verlaufs dieser Grenze ist jene ihrer Ver

Fig . 105 .

Aelteres Haus (Tirolertype) ; Hauptplatz, Rohrbach (Mühlkreis).

typische , abschliessende Scheuer steht abgesondert, und zwar aus örtlichen Gründen, und ist nicht mit

sam aus. Noch hat hier der Vogelweider das Ueber-

abgebildet.

gewicht und die Flachdachform darf gleichsam nur

Unmittelbar bei Haslach , seitwärts von der neuen Bahnhofstrasse , steht ein grosses »alpines«

mitthun.

Sie ist an dem einen und anderen Haus-

Haus; Untergeschoss gemauert, Eingang auf der west 1) Die Specialkarte hat den Namen » Davidsschlag« .

lichen Langseite. Im Markte Rohrbach aber sind

Forschungen über das deutsche Wohnhaus. nach manchen Bränden noch immer einzelne Ueber-

299

Teile des Hauses allgemein und gewiss seit recht

bleibsel des Flachdachtypus übrig geblieben. Das

langer Zeit gemauert werden . Sind ja doch auch

hübscheste dieser Häuser zeigt Fig. 105 ?). Fig. 106 , 107 , 108 , 109 zeigen die Form des

die Scheuern , wo ebenfalls Feldfrüchte aufbewahrt

Ventilation zulässt, als jede andere Konstruktion, nir gends ganz gemauert und fast überall ganz gezimmert .

Schindel

Broher Boden

Die » Kasten« des oberen Mühlviertels stammen wohl

Pradecembrado

Gallerie auf der Vorderseite,

Verzinkte

D.d . Black and

werden , um der Vorzüge des Holzmaterials willen und weil ein Ständerbau mit Brettwänden weit bessere

Stron

Praten

X

46

...- 4.5

>

Fig. 106 . Gollner südl . Rohrbach , Getreidekasten neben einem Bauernhof

Fig. 107 Heisshof südl . Neufelden . Getreidekasten ;

(Vogelweidtypus).

(Hinterseite .)

verzinkte Pfostenwände.

aus alter Zeit. Sie verschwinden , so bald man die Flachdachgegend ostwärts verlässt , tauchen aber an

der Schwelle der Alpen (Stoder , Windischgarten, Rossleithen u. s. w .) wieder, fast in derselben Form und Anordnung , auf und sind im obersteirischen Ennsthale , bei Lietzen , Admont u. s. w. , ein ge wöhnlicher Bestandteil der dortigen Haufenhöfe. Vielleicht waren sie einmal überall.

Getreidekastens im westlichen Mühlviertel. Sie

sind alle vom Hause getrennt, bestehen zumeist nur

aus einem Blockwürfel, welcher auf trockenem Mauer-

Vielleicht hat

sie der eingewanderte oder entwickelte Vogelweider und später der Vierkant , wo diese Formen jetzt herrschen, mit ihren reichlichen Bodenräumen ent behrlich gemacht und so verdrängt. Die Grundbesitzer der Städte und Märkte nörd lich der Donau haben ihre Scheuern fast alle ausser

Schind

Bloch wand

el

halb derselben . Es dürfte dies einer obrigkeitlichen Satzung entsprechen . Diese, meist hölzernen Scheuern sind etwa 20 Schritte = 15 m lang, 14 Schritte = -

12,5 m breit , meist mit steilen Schindeldächern, welche oft beiderseits Halbwalm haben , bedeckt ; ohne Ausnahme sind sie in Ständerbau mit Bretter Fig . 108 .

wänden errichtet , sehr selten untermauert und da

Maierhof bei Rohrbach . Getreidekasten .

sie oft abbrennen und im feuchten Klima rasch ver

(Vorderseite.)

morschen, sind sie grossenteils neu , aber von offen werk oder auch auf Steinblöcken aufsitzt. Hier und

bar alten Formen . In dem hohen Dache befindet

da steckt Dornengestrüpp zwischen Boden und Grund ,

sich ein Gerüst (bei Haslach und Rohrbach »Héobü «

wohl um die Feldmäuse abzuhalten . Holzbauten , als

Hochbühne genannt) für Heu.

Die untere

Einteilung (Tenn , Halbám oder »Ess«) ist , wie I

überall .

Auf dem Heimmarsche von Rohrbach nach

Rotteneck bei Ottensheim , auf einer Hochstrasse, Q

PH00121

6

von welcher die » buckliche Welt« des Mühlviertels,

die waldigen Furchen der grossen und kleinen Mühl, im Norden der Schlussrücken gegen Böhmen , im

II

fernen Süden die Alpenkette und ringsum , im Mittel 6

a

Fig. 109. 1. Erdgeschoss, II . Obergeschoss

eines Blockwand -Getreidekastens in Riedl zwischen Helfenberg und Haslach . a b Die mit Bretterwand verwehrte Wetterseite ( Hauptfront) , zugleich die Stiege und die obere Galerie enthaltend und abschliessend .

die trockensten , sind für Schüttböden so gut verwendbar , dass es nicht wunder nehmen kann , sie

grunde, in unendlichem Wechsel engbegrenzter und grossartiger Bilder das Gewirr von Wald, Feld , Ein schichten und gartenbuschigen Haufendörfern , Schlös sern , Kirchen und Kapellen sichtbar wird, auf diesem Wege also beobachtet man auch den interessanten

Prozess, wie der Flachdachtypus allmählich erlöscht. In Neindling ist fast in jedem Gehöfte noch ein Flachdach ; in Oberfeuchtenbach ?) ist es schon selten ; in und bei Neufelden ist seine ehemalige Existenz nur mehr an der sanfteren Rösche der gegenwärtigen

in einer Gegend zu treffen , wo die wichtigsten 1) Die auf Fig. 105 beim Nachbarhause sichtbare Steinbank und der Steintisch bilden eine Besonderheit der Märkte im Mühlviertler Weberbezirke . Dort übernahm der Leinwand-

1) In Oberfeuchtenbach nördl . Neufelden ist an dem kleinen Vogelweiderhofe eines „ Hofstätters « , d . i . eines Bauern von 30 Joch Grund , gegenüber einem mächtigen » Bauern « mit 50 Joch

Besitz, folgender Hausspruch : » Wenn das Leben wär zu kaufen,

händler die Ware ; dort zahlte er den Weblohn und gab Garn aus . Auch diese Spuren eines früheren regen Verkehrs ver-

Dass der Tod annimmt kein Geld.

schwinden allmählich .

erwählen , Den Armen für die Luck'n stellen.

Würden viel dem Tod entlaufen. Das ist 's Beste auf der Welt , Da würd der Reiche sich

Amen. «

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

300

Schopfdächer und an der grösseren Hausbreite kenntlich , und dann hört jede Spur auf.

Staunen und Verwunderung versetzt. Die verschieden

Mühlviertels habe ich gesucht, aber noch nicht ge-

sten Urteile sind darüber laut geworden . Man hat nicht recht daran glauben wollen . Hat es doch und sie wollten ernst nicht an Stimmen gefehlt genommen werden – die behaupteten,, das von der russischen Regierung erlassene Getreideausfuhrver

funden . Herr Pfarrer N. Hanrieder in Putzleins-

bot sei nichts als eine Antwort auf die Nichtbe

Ob die frühere Grenze des Flachdachs einstens noch weiter ostwärts und wie weit sie gegangen , kann ich nicht ausmachen . Alte Bilder des unteren

dorf sagt, dass bloss in jenem Teile Oberösterreichs,, teiligung der deutschen Börse an der letzten russi und ui bringen nach seiner sichtlich genauen Zeich-

schen Anleihe. Als ob es einer Regierung darum zu thun sein könnte , sich selbst aus blindem Hass gegen den Nachbar einer sehr wesentlichen, ja unter

nung Auf- und Grundriss eines Gehöftes, wie es in

den gegebenen Verhältnissen doppelt notwendigen

welcher einst zur Abtei und zum Bistum Passau

gehört habe, das Flachdach typisch sei . Fig. 110

Einnahme zu berauben ! Dergleichen Gerede erinnert

an die ähnliche Befangenheit oder Verblendung russi scher Blätter , die in den deutschen Getreidezöllen .

nur eine Chikane sehen , die man gegen Russland ausübe, um sich wegen der Erhöhung der russischen Importzölle zu rächen . Andererseits hat es nicht an Mauer

MUP

Beurteilern gemangelt , die schon an der Fähigkeit Russlands , seine Zinsen zu zahlen , zweifelten oder von einem Koloss auf thönernen Füssen sprachen.

Fig . 110.

Und das alles oft ohne eingehendere Kenntnis des á

Wohnhaus Us Cart

S. Sch

h Herd mit Kesseln -

dHáren

Spor Spind Mauerk

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Küchen

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Br . Brunnend ddd - Dachüberschuss 70

Landes, um welches es sich handelte ! Um zunächst die Umrisse des Landes von der

uns zugewandten Seite kennen zu lernen , wählen wir eine Seereise nach St. Petersburg. Brechen wir zu diesem Zweck von Memel auf, so sehen wir zu

unserer Rechten eine lang sich hinstreckende , ein förmige, meist niedrige Küste, glücklicherweise fast durchgehend von einem bewaldeten Dünenwall um säumt ; wir sagen glücklicherweise, denn wo dieser fehlt, da brechen die Weststürme unerbittlich in das

20

30

60,45 m

Land und richten Sandverwehungen an , die Aecker,

Wiesen und Wohnungen bedecken, und gegen welche

Fig . III .

man nur mühsam durch künstliche Vorrichtungen

Gehöfte bei Putzleinsdorf ( Mühlkreis, Oberösterreich ).

aufkommt. Und nicht ungefährlich ist diese Küste,

Nach Herrn Pfarrer N. Hanrieder.

nicht so sehr durch Klippen, als durch ihre Untiefen . Sie hat darin eine Aehnlichkeit mit einer anderen

seiner Pfarre nicht ausschliesslich , aber häufig auf tritt. Hier finden wir einen auffallenden, unmittel

Westküste , der von Jütland , die ja auch manches

baren in die Wohnstube, weil dieEingang typischevonFlurderalsGred Gesindestube verwendet

Kap Domesnes, die Nordspitze von Kurland, und

ist . Im Obergeschosse befinden sich Gastzimmer, »die schen ' Stube« , und wo kein besonderer Ge

treidekasten vorhanden ist , der Schüttboden. Die » Auszügler-Häusl « (Ausgeding) sind stets vom Haupt gebäude abgetrennt. sind bis oben gemauert, Ställe und Die Häuser Schupfen untermauert, die Scheunen ganz gezimmert . ( Fortsetzung folgt.)

wackere Schiff verschlungen hat. Namentlich sind weiterhin Hochland , eine Insel am Eingange des Finnischen Meerbusens , gefürchtete Stellen . Und nun erst die Schären , welche wie ein Stachelgürtel die Finnische Küste umsäumen , wohl 1000 an Zahl, teils unter dem Wasser verborgene , teils darüber hervorragende Granitklippen.. Welche Gefahr für den Schiffer, aber auch welche Schule für den See mann !

Sind doch auch darum die Finnen mit die

besten Matrosen der Welt. Aber selbst das ruhigere Wasser des Rigischen Meerbusens hat seine Tücken . Hab ich's doch erlebt, dass in einer stürmischen Herbst

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart).

Die Hungersnot, die in einem Teile Russlands

nacht auf eine Ausdehnung von etwa 25 km sieben Schiffe strandeten. Es hatte also jener Schiffskapitän, der manche Fahrt um Kap Hoorn vollendet, nicht so unrecht, wenn er gegen mich äusserte: » Nicht vor dem Ozean fürchte ich mich , aber vor diesem Enten

ausgebrochen ist, und namentlich die Ausdehnung teich , der Ostsee , wo man jeden Augenblick auf derselben hat das übrige Europa überrascht und in

rennt « .

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland.

301

Doch wir haben eine glückliche Fahrt , ideales | Alexander II. in Moskau errichtet wird , besteht

Wetter, einen starken Dampfer und einen kundigen

aus diesem Gestein . Ausserdem gibt es in Finnland

Steuermann . Schon stehen wir an der Einfahrt des

und im Gouvernement Olonetz jenseits des Ladoga sees recht schönen, verschiedenfarbigen Marmor. Er wurde zum Bau des Marmorpalais und der Isaaks

Finnischen Meerbusens, da bemerken wir an der

Küste rechts eine grosse Veränderung. Schroff und wild erhebt sich die Nordküste Esthlands vor un-

kathedrale in St. Petersburg verwendet. Doch lassen

seren Augen. Der Kalkstein , der , wie es scheint,

beide Steinarten sich wegen ihrer hygroskopischen

die tiefere Unterlage aller drei Ostseegouvernements Eigenschaft im Norden bei Gebäuden nur zu Funda bildet – denn er tritt fast in allen Flussbetten zu

menten oder als Verkleidung anbringen .

Tage - erhebt sich hier zu einer mächtigen grauen Wand, die sich bis an die Grenze von Ingermannland,

Der Kalkunterlage der Ostseeprovinzen ver danken wir auch zwei überaus heilkräftige Bäder.

allmählich sich abflachend , bis nach Narwa fort-

Der schwefelsaure Kalk (Gips) nämlich , der sich

zieht. Es ist dieselbe Gesteinsformation (Silur), die wir

zwischen den kohlensauren geschoben hat, schuf das

noch in der schwedischen Insel Gotland wieder-

sehr starke Schwefelbad Kemmern in nächster Nähe

Das Hinterland der baltischen Küste , ob-

des Rigischen Meerbusens und wahrscheinlich auch den schwefelhaltigen Schlamm , der die Bucht von Hapsal und die See bei Arensburg erfüllt. Doch es ist Zeit , dass wir an unser Ziel , die

finden .

gleich überall Tiefland und Flachland, muss man sich übrigens nicht so reizlos denken , wie manche Sandstrecke in der Mark Brandenburg oder wie die Torfmoore im Oldenburgischen. Es gibt ja auch solche Gegenden ; aber vorwiegend bilden weite fruchtbare Getreidefelder, hier von einem Edelhof,

stolze Metropole des Nordens , gelangen . An der gewaltigen Festung von Kronstadt , welche Lord Napier im Krimkriege zum Frühstück nehmen

dort von einer Kirche oder von einem einzelnen wollte, um zu Mittag in St. Petersburg zu sein, und Bauernhof, in Esthland und nach dem Inneren zu auch von Dörfern belebt, den Charakter des Landes.

die er auch zu Abend nicht nahm und jetzt wohl noch weniger nehmen würde, vorbei , fahren wir in

Fast überall begrenzen Waldungen den Horizont. den Seekanal oder , wenn unser Dampfer nicht zu Es gibt auch viel wellige Bodengestaltung. Nament- tief geht, direkt in die Newa , und sind alsbald in lich aber bilden die Oberläufe der Flüsse weite und St. Petersburg. Schon lange vorher sahen wir die

tiefe, meist schön bewaldete Thäler, hie und da noch

goldene Kuppel der Isaakskirche, dann die anderen

mit einer Burgruine gekrönt . Freilich ist der Name

Kirchen und unter ihnen die schlanke goldene Nadel der Festungskirche, der Grabstätte der russischen

» Livländische Schweiza oder ähnliche, wie der Lokal-

patriotismus sie solchen Gegenden zu geben pflegt,

Kaiser , am Horizonte auftauchen , jetzt steht das

allzu volltönend. Auch die inneren Gouvernements, namentlich die Ausläufer der Waldaihöhen bieten hübsche Seen und Thäler. Nur dass hier die Höhen

alles vor uns, dazu die lange Reihe von Palästen

Für diese ver-

und Regierungsgebäuden ; doch von allen diesen Herrlichkeiten gestattet mir mein Thema eben so wenig zu sagen, wie von den schönen Newa-Inseln,, die teils ganze Stadtteile bilden , teils von den reizend

stehen die Russen auch sonst mit feinem Sinn die

sten Parks und anmutigen Landhäusern eingenommen

malerischesten Punkte zu wählen ; ich erinnere z. B.

sind . Der Seekanal, erst vor einigen Jahren ange

nicht von Burgen , sondern von russischen Kirchen oder Klöstern eingenommen sind.

an das Kloster auf einer Insel des Waldai-Sees oder legt , ist von grosser Bedeutung für den Handel. das Kloster Walaam im Ladoga-See. Noch rauher und wilder erheben sich Esthland gegenüber die Granitmassen von Finnland, und auf

diesen Kalk- und Granitfelsen thronen, stolz genug , hier Reval , dort Helsingfors . Stein reich sind beide Landstriche, womit ich nicht sagen will, dass beide

dadurch stein reich geworden wären . Doch kann man auch aus Steinen Geld machen ; das zeigen uns die Kalk- und Zementfabriken auf der einen Seite, während Finnland nicht bloss den Granit zu den

Monumenten in St. Petersburg und zu den Quadern geliefert hat, welche dort dieNewa und ihre Kanäle einfassen , sondern auch ferner gelegene Städte, wie 2. B. jüngst Libau , mit Pflastersteinen versieht. Der Granit, meist rötlich oder grau, weist an dem Orte

Die Newamündungen leiden nämlich an Versan dungen , zu denen die Westwinde und die Pflaster arbeiten in der grossen Stadt das meiste beitragen , denn der obere Fluss ist tief und mächtig . Dies war's, was für grössere Schiffe früher eine Umladung bei Kronstadt nötig machte '). Die Lichterfahrzeuge , diesen Dienst besorgten , machten dabei so gute Geschäfte, dass ein solches, dessen Bau etwa 900 bis

1000 Rubel gekostet hatte, in einer Saison 700 Rubel einbrachte. Das hat sich jetzt geändert. Der See kanal , dessen Anlage , wenn ich nicht irre , etwa 24 Millionen Mark gekostet hat , setzt die Schiffe direkt mit der oberen Newa, der Stadt, der Moskauer

Eisenbahn u. s. w. in Verbindung , und die Fluss mündungen mit ihren stets sich erneuenden Ver

sandungen bleiben bei Seite ; 3/5 der eingehenden eine fast noch schönere Politur , als Marmor, an- Schiffe löschen nicht mehr in Kronstadt ?).

Sserdoból eine Abart auf, die beinahe schwarz ist,

nimmt und wegen ihrer Unzerstörbarkeit besonders zu Grabmonumenten verwendet wird .

Auch das

grossartige Monument, das Sr. Majestät dem Kaiser

1) Die Verluste , die der Handel St. Petersburgs dadurch erlitt , wurden auf 12 Millionen Mark berechnet .

2) Um dies ganz zu beseitigen, ist von einem Neubau des

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

302

Ehe wir aber den Fuss ans Land setzen , ist es

durchschnitten werden . Ein altes Lastschiff hat dort

wohl recht und billig , dass wir uns fragen , was denn die Ostsee, soweit sie Russland angehört, abgesehen davon, dass sie seine grösste Handelsstrasse und die Uebungsstätte seiner Flotte ist, diesem Lande bietet. Nun, Austern haben wir nicht. Man spricht wohl in St. Petersburg von » Flensburger Austern « ,

seinen Rumpf opfern müssen , um einen Behälter

aber diese kommen alle von der Westküste Holsteins;

für lebende Fische herzugeben , während die oberen Räume an beiden Enden des Schiffes dazu einge

richtet sind , die verschiedensten Sorten gefrorener Fische, sauber zwischen Eis gelagert, zu bewahren . Gross wie der Reichtum an Fischen ist, man denke nur daran , dass der Ladoga-See an Grösse fast ganz

die Ostsee hat keine Austern . Und daran ist nicht | Württemberg gleichkommt (der Onega-See ist halb das Klima schuld, sondern einzig der Sund und der so gross), dann noch der Peipus, der Ilmen -See, da grosse und der kleine Belt ; sie lassen so wenig

zu Ströme , wie der Wolchow , die Dwina , Newa

Salzwasser durch , dass der Salzgehalt der Ostsee nur 0,66 Proz . ist , während die Nordsee 3,35 Proz .

(von der Wolga und ihren Nebenflüssen ganz ab gesehen ), der Saima-, der Päijane- und die tausend

Salz hat, also fünfmal salziger ist. Darum mussten

anderen Seen Finnlands, die mehr als tausend des

die Versuche eines passionierten Austernverehrers,

Gouvernements Olonetz u . S. W. ,

gross , wie der

eine Austernbank bei Libau anzulegen , jämmerlich

Reichtum an Fischen ist, erweist sich auch das Be

fehlschlagen . Aber auch den Stockfisch oder Kabeljau

dürfnis ?). Schon die dreimal im Jahre wieder

haben wir nicht.

kehrenden Fasten sorgen dafür; es wird im ganzen

Doch holt ihn Russland von der

Murmanküste. (Es ist dies die nördliche Küste der ein Vierteljahr gefastet. Und dabei geht es nicht Halbinsel Kola , die unmittelbare Fortsetzung der

her, wie der Schelm Reineke von den schönen

norwegischen Nordküste.) Der Ertrag an Fischen

Fischen in Schwaben erzählt :

und Thran erreicht etwa 200,000 Zentner ). Doch beschweren sich die Russen , dass die Norweger, die dort in elf Gesellschaften dem Fisch- und Walfang

obliegen , ihnen stets zuvorkämen , weil das Weisse Meer zu spät eisfrei werde. Sie haben deswegen im vorigen Herbst beschlossen , ihre Schiffe in Baltisch port, einem kleinen Hafen der Ostsee, der fast das ganze Jahr offen ist, überwintern zu lassen, um im nächsten Jahre früher auf dem Platze zu sein . Ob die Norweger nicht am Ende doch noch früher auf stehen werden , muss die Zukunft lehren %) . Dass

» Heissen pullus und anas und anser

(d. h. Hähnchen und Ente und Gans) Als ich Klausner war, ass ich immer dergleichen .«

Nein , das russische Volk nimmt es ernst mit den Vorschriften seiner Kirche. Kein Fleisch , keine Milch , keine Butter , kein Ei kommt in dieser Zeit >

om

auf den Tisch . Da bilden dann Fische in jeder Gestalt , Kraut , Pilze , Brot und Brei die Nahrung des Volkes. Aber auch in Finnland ?), das fast aus

die Ostsee aber sonst nicht arm an Fischen ist, da

Verbrauch von Fischen ein ganz enormer . Um so

schliesslich von Lutheranern bewohnt wird, ist der

von haben wir selbst in Süddeutschland Beweise.

mehr war es wünschenswert, dass ein weises Fischerei

Ich brauche nur die Kieler Sprotten zu nennen , die Schollen u. dgl. Ja , selbst die kleinste und zarteste Abart des Sprottengeschlechtes kommt hier unter dem

gesetz die unverständige Schädigung dieses Produk tionszweiges hinderte. Jahrelang hatte sich Riga um ein solches vergeblich bemüht. Die Regierung wollte ein allgemeines, für das ganze Reich geltendes aus

Namen » Russische Kronsardinen « zum Verkauf . Sie russische Ostsee werden bei Reval gefangen . Die Die russische Ostsee

gibt vielen Tausenden von Menschen ihr täglich Brot und versorgt das Hinterland mit reichlicher Fischnahrung. Ein gleiches thut das Weisse Meer und teilweise das Eismeer.

Um

einen Ueberblick

des Reichtums an See- und Süsswasserfischen zu ge winnen , dessen sich das nördliche Russland erfreut,

könnte ich meinen Lesern nichts besseres vorschlagen , als eine jener zahlreichen Fischbuden , wie sie die Märkte St. Petersburgs darbieten ,, oder eines jener grossen Fischmagazine zu betreten , wie sie in den breiten Kanälen stehen , von denen die Newainseln St. Petersburger Kanal-Hafens die Rede , der mit Lagerplätzen für Holz u . s. w . versehen werden soll . Denn durch Umladung er

fertigen lassen , und das war allerdings, wenn man % des Erdbodens sein nennt, keine schnell zu be endende Arbeit . In diesem Jahre ( 1891 ) ist man

endlich zum Abschluss derselben gelangt ; jetzt han delt es sich nur noch um strenge Handhabung des selben . Gewässer wie der Ladoga-See sind freilich nicht so bald auszufischen, aber andere haben unter der bisherigen Schutzlosigkeit sichtbar gelitten . Es hatten sich arge Missbräuche eingeschlichen , Netze

mit zu engen Maschen u . dgl .

Vor mehr als

20 Jahren spielte sich eine in dieser Beziehung in teressante Debatte in den russischen Zeitungen ab . Man hatte bemerkt, dass eine grosse Droguenhand lung etwa i Zentner Kokkelskörner verkauft hatte, einen betäubenden Stoff, der in der Medizin kaum

leidet der Handel noch immer fast 6 Millionen Mark Verlust .

noch zur Anwendung kommt; doch wusste man,

1) 1891 wurden 139000 Zentner nach St. Petersburg ge . bracht, der Rest nach den Häfen des Weissen Meeres.

dass gewissenlose Fischer ihn anwandten , um ihn

2) Den Walfang scheinen die Russen in diesem Meere ganz aufgeben zu wollen . Sie bedürfen desselben auch wenig ,

1) Der Umsatz in Fischen auf dem Jahrmarkt zu Nishnij. Nowgorod betrug 1890 mehr als 12 Millionen Mark. Astrachan

da sie ihn ohne jede Konkurrenz im Ochotskischen Meere be-

setzte 6 Millionen Zentner Fische um .

treiben ,

2) Finnland exportiert jährlich für 2 Millionen Mark Fische.

Die Insel Bogaslof.

in Brocken den Fischen vorzuwerfen und diese zu betäuben . Andererseits verbreitete sich das Gerücht, dass gewissenlose Brauer ihr Bier für ihre Kunden in dieser Weise verstärkt hätten .

Denn der Russe

aus dem Volk liebt es , auch wenn er Bier trinkt, bald » fertig « zu sein . Aber wo man auch hinfragte, die Fischer beteuerten , die Unschuld selbst zu sein , und die Brauer antworteten : Das weiss

jedermann, dass alles, was um und an uns ist, einzig aus Hopfen und Malz besteht. Der Droguist aber, zur Rede gestellt , gab zur Antwort : Ja , wie soll ich das wissen , ob einer ein Fischer ist oder ein Brauer ?

Es duftet schon mancher nach Bier und

ist doch nur ein Fischer.

Und so blieb die Sache

im Dunkeln. Aber wir begreifen, warum es in dem alten schwedischen Gesetze hiess: Kein russisches

303

Züngelten Schwefelflammen hervor. Ein neuester Bericht besagt , dass dieser Vulkan im Jahre 1891 noch in stetiger Aktion war , sich aber um 30 m in die See gesenkt hatte. Auch der Isthmus war verschwunden und mit Wasser bis zu einer Tiefe von 12 m bedeckt .

Geographische Mitteilungen. (Ewald. )

Mit dem am

II . Dezember 1891 zu

Berlin verstorbenen Geologen Julius Wilhelm Ewald schied einer der letzten Träger der Traditionen der Humboldt - Buchschen Schule aus einer reich ge

segneten Wirksamkeit. Er war selbst ein Berliner, ge boren am 3. Dezember 1808 , so dass ihm noch die Feier des 80. Geburtstages ermöglicht war. Ein Staats amt hat Ewald niemals angenommen , sondern, be günstigt durch äussere Verhältnisse, lebte er einzig der

Netz soll über einen livländischen See gehen .

Wissenschaft, welche ihm für grosse Förderung Dank

( Fortsetzung folgt.)

schuldet. Er war es, der in Verbindung mit Beyrich die Deutsche Geologische Gesellschaft ins Leben rief ( 1848 ), deren Vorstand er seitdem dauernd als Mitglied

Die Insel Bogaslof.

angehörte. Den treuen Schüler v. Buchs wählte die k . preussische Akademie der Wissenschaften auch zu

Von H. Greffrath (Dessau).

Sechs Seemeilen nördlich von der zu den Aleuten

gehörigen Insel Umuak im Beringsmeere liegt iso liert die kleine Insel Bogaslof (Gotteswort), welche ein besonderes wissenschaftliches Interesse hat. Als

der bekannte russische Seefahrer Bering das nach ihm benannte Meer zum erstenmale durchfuhr, be-

dessen Nachfolger ( 1853 ). Ursprünglich von dem

berühmten Mineralogen

C. L. Weiss stark beeinflusst, promovierte Ewald auch ( 1837) mit einer krystallographischen Abhandlung, aber nachher wandte er sich mehr und mehr der Geologie und zwar deren mit der Erdkunde überhaupt in engster

Rauchmassen und Flammen ausstossenden feurigen

Fühlung stehenden Zweigen zu . Sein Verdienst ist es, in Preussen mit der Anfertigung gründlicher geognosti scher Karten vorgegangen zu sein, die dann wieder für

Berg

die Bodenkunde sich als

schrieb er das von ihm entdeckte Bogaslof als einen Spätere Berichte besagen , dass die See um

wertvoll erwiesen .

Seine

durch unterirdische Feuer erhitzt

Uebersichtskarte der Provinz Sachsen hat dem Kohlen

war, und dass durch den anhaltenden Auswurf von

bergbau neue Wege gewiesen , und ebenso datiert von ihrem Erscheinen Aufschwung der grosse welchen die Gewinnung Lagern ,von Stassfurt, der Kalisalze in den

die Insel herum

Gestein und Lava sich für die Schiffahrt gefährliche Felsen gebildet hatten .

Die

vulkanische Aktion

wurde dann allmählich schwächer , bis sie vor un

Leopoldshall u. s. w. genommen hat. Treue Pietät beseelte den verewigten Forscher, als er in Verbindung

gefähr 40 Jahren gänzlich aufhörte und Bogaslofmit J. Roth, Eck und Dames die grosse vierbändige nichts weiter war als eine 120 m hohe Masse zer-

Gesamtausgabe aller Werke v . Buchs begann, zu deren

zauster graufarbiger Felsen. Als Alaska von Russ-

Fertigstellung nicht weniger als 17 Jahre ( 1867—84)

land an die Vereinigten Staaten von Nordamerika

erfordert wurden , die nun aber auch eines der Funda mentalwerke im Gebiete der Geologie und physikali schen Geographie geworden ist. In dem Essay über

abgetreten und eine Anzahl von Faktoreien an ver schiedenen Punkten der Aleuten angelegt wurde, wuchs das Interesse für die Insel. Es zeigte sich, dass die Wasserstrasse, welche sie von Umuak trennte , von Felsen frei und bei einer beträchtlichen Tiefe

ohne die geringste Gefahr schiffbar war.

Moltke (diese Zeitschrift, 1892 , Nr. 4) wurde besonders auf die treffliche Skizze hingewiesen , die Ewald über

A. v. Humboldt als Geologen der Bruhnsschen Biographie einverleibt hatte ; wenn diesem Lebensbilde

Man

nachgesagt werden darf, dass es mit besonderer Treue

landete und fand die Insel mit vielen Seelöwen und zahllosen dort nistenden Seevögeln besetzt. Ein-

gezeichnet ist, weil eben der Autor, wie kaum ein Fach mann der Neuzeit , von den Humboldt - Buchschen

geborene der benachbarten Inseln holten sich die

Anschauungen durchdrungen war, so liegt darin natür lich nicht etwa der Vorwurf eines unberechtigten Kon servativismus, sondern lediglich die Konstatierung der Thatsache,, dass Ewald wie kein anderer geeignetwar, in seiner Person die lebendige Vermittelung zwischen

Felle getöteter Seelöwen, sowie ganze Kahnladungen von Vogeleiern.

So verblieb es bis zum Jahre 1882 , als plötzlich wieder Rauchwolken aufstiegen . Im Sep tember 1885 erhob sich eine halbe Seemeile nörd lich von Bogaslof, aber durch einen aus Sand und oolithischem Gestein bestehenden , 100 m breiten Isthmus damit verbunden , ein neuer, 117 m hoher

einem älteren und dem neuesten Entwickelungsstadium

seinerWissenschaftherzustellen . (Leopoldina, Heft XXVIII, Nr. 5-6 . )

vulkanischer Berg aus dem Meere , dichte Rauch -

(Erdbebenbeobachtungen in verschiedenen Tiefen .) Mehr oder weniger unkontrollierbare Mit teilungen, die in sämtlichen Lehrbüchern zu finden sind,

wolken stiegen , auf, und aus den Spalten des Kraters

besagen , dass man oft in Bergwerken von Erdbeben,

Litteratur.

304

welche an der Oberfläche grossen Schrecken erregten, gar nichts wahrgenommen habe, und umgekehrt . Nach-

dem Milne diese Erscheinung, wenigstens bei heftigeren Erdstössen, bestätigt gefunden hatte, unternahmen zwei

jüngere japanische Gelehrte, Sekija und Omori , eine gründliche Prüfung der Frage , und von ihren Ergebnissen hat neuerdings die japanische Universitätszeitschrift Bericht erstattet .

Sie wählten als Schacht einen etwas

über s m tiefen Brunnen, der sich in hartem Alluvialboden befand und dessen Boden mit Ziegeln ausgekleidet war ; als Beobachtungsinstrument diente der überaus empfindliche, nach dem Hengler - Zöllnerschen Prin-

4 auf Australien und 2 auf Afrika. Von den europäi schen Staaten haben Frankreich und das Deutsche Reich

die meisten geographischen Gesellschaften, das erstere nämlich 30 , das letztere 23. – Die diesjährige Liste der geographischen Zeitschriften führt nicht weniger als

146 periodische Publikationen auf, von denen 118 scheinen 52 in französischer, 43 in deutscher , 12 in englischer, 8 in russischer, 8 in italienischer, 6 in spani scher , 5 in portugiesischer, 3 in holländischer , 2 in Gesellschaftsschriften sind. Von der Gesamtzahl er

>

dänischer, je i in schwedischer, ungarischer, rumänischer

zipe des Horizontalpendels konstruierte Seismograph von

und japanischer, endlich 3 in verschiedenen Sprachen. Die geringste Zahl von Zeitschriften, nur 2, erscheinen

Ewing. Nicht weniger als 30, meist natürlich schwache Erdbeben wurden so untersucht. Da zeigte sich nun ,

und 119 in Europa. (Mitteilung von Dr. Wolken

dass , solange die Erschütterung nicht sehr heftig ist, die Intensität der Schwankung und die Geschwindigkeit der Wellenfortpflanzung in verschiedenen Tiefen so ziemlich die gleiche bleibt, und dass auch bei heftigen

in Afrika , 4 in Australien , 8 in Asien , 13 in Amerika hauer in Bremen .)

Litteratur.

Spaziergänge in den Alpen. Wanderstudien und Plau

Stössen der Unterschied zwischen oben und unten nicht

dereien von J. V. Widmann .

beträchtlich ausfällt, wenigstens soweit es sich um die

Frauenfeld . J. Huber. 1892. VII . 312 S. 8 °.

Zweite vermehrte Auflage .

grossen Bodenschwankungen handelt. Ganz anders be

Hohe wissenschaftliche Zwecke verfolgt der durch seine

züglich der das Beben begleitenden kleinen Erzitte

gesunde, lebensvolle Schilderungsgabe bekannte Schweizer Publi

rungen , welche sich beim Abrollen der seismographi schen Kurven als kleine Ausbuchtungen an den grösseren Wellen bemerklich machen. Gerade diese sekundären Oscillationen tragen aber anscheinend wesentlich zu den zerstörenden Wirkungen eines Erdstosses bei , und so

Freunden der Alpenwelt, die nicht bloss der unbelebten Natur ihre Aufmerksamkeit widmen , anzuempfehlen. Feine Beobach

cist mit diesem Werkchen nicht , wohl aber ist dasselbe allen

tung des Volksgeistes zeichnet den Verfasser aus ; man vergleiche

nur seine Bemerkungen über die so enge benachbarten deutschen Berner und französischen Freiburger. Die Gegenden , welche er Greyerz und das Saane-Thal ,

wäre, wenn sich dieselben in der Tiefe mehr und mehr

besucht und beschrieben hat

verwischen, wohl begreiflich , warum in tiefen Gruben die Zerstörung geringer ausfällt als an der Aussenseite. Experimente in anderen Bodenarten werden von den genannten Forschern in Aussicht gestellt. (Gaea, XXVIII. Jahrgang, S. 299 ff.) (Geographische Gesellschaften und Zeitschriften.) Nach H. Wichmanns neuestem Bericht

das Oberwallis, die piemontesischen Thäler von Courmayeur und

in Wagners »Geographischem Jahrbuch « (XIV . Bd ., 1890/91 ) beträgt nach 70jährigem Bestehen der geo

graphischen Gesellschaften (im Jahre 1821 wurde be kanntlich die Société de Géographie in Paris ins Leben gerufen) die gegenwärtige Zahl derselben 113 mit 43 Zweigvereinen (gegen 101 im Jahre 1887), welche sich auf 24 Staaten und 147 Städte verteilen . Die Gesamtzahl der wirklichen Mitglieder beläuft sich auf

Aosta - , liegen grossenteils vom Bette des Touristenstromes weit ab und bieten deshalb viele interessante Einzelheiten .

Sehr

merkwürdig war uns die Beschreibung der » Bergkrankheite der Hunde , die beweist, dass man es bei diesem pathologischen Zu stande doch nicht bloss , wie man früher teilweise glaubte , mit einer nervös- subjektiven Erscheinung zu thun hat. Les formes des nuages . Wolkentafeln . Cloud Forms. Zwölf Bilder in Kupferlichtdruck , in Verbindung mit mehreren Fachmännern herausgegeben von Dr. Karl Singer. München. Th . Ackermann. 1892. 4º.

Der Herausgeber dieses kleinen Atlas hat durch seineVeröffent. lichung den Freunden der Meteorologie einen grossen Dienst erwiesen. Unter dem Einflusse der Arbeiten von Ley, Hilde brandsson , Riggenbach u. a . war bekanntlich in Fach kreisen die Ueberzeugung mehr und mehr durchgedrungen , dass man mit der alten Wolkennomenklatur von Luke Howard

52 800 (gegen 50 500 im Jahre 1887) ; das Jahresbudget

nicht mehr auszureichen vermöge, und so entschloss sich die im

dieser Gesellschaften erreicht etwa 1 228 500 Mark Ein

September 1891 in München zusammengetretene Meteorologen

nahmen und 224 800 Mark an Subventionen .

Da nach

konferenz , über welche das » Ausland« hoffentlich bald einen

einer früheren Zusammenstellung des » Geogr. Jahrbuchs « im Jahre 1880 die Zahl der geographischen Gesell

Höhenverhältnissen und Luftbewegungen Rechnung tragende Einteilung der Wolken durchzuführen. Um den Be.

schaften 60 , mit Hinzurechnung der Zweigvereine 90 betrug, die sich damals auf 82 Städte mit etwa 30000

Mitgliedern und einer Jahreseinnahme von ungefähr 850 000 Mark verteilten , so hat das letzte Jahrzehnt immerhin einen erfreulichen Fortschritt in der Entwickelung der geographischen Vereine gebracht, wenn auch

infolge der Kolonialbewegung das Wachstum und die Vermehrung derselben in den letzten Jahren sichtlich beeinträchtigt ist. Von den europäischen Gross- und Mittelstaaten entbehren heute nur noch Griechenland ,

Bericht zu bringen in der Lage sein wird , eine neue , den

obachtern einen Anhalt zu geben , teilt Herr Singer auf Grund

gewisser , aus einer Fülle solcher Photogramme ausgewählter Vorlagen die Bilder folgender Typen mit : Cirrus, Cirrocumulus, Cirrostratus , Altocumulus, Altostratus ( 1 und 2) , Stratocumulus ( 1 und 2) , Cumulus, Cumulonimbus, Nimbus und Stratus. Die von verschiedenen Fachleuten angefertigten Lichtbilder sind treff lich wiedergegeben , die (dreisprachige) Charakteristik der Norinal typen ist so deutlich , als dies eine kurze Skizze nur immer sein Bemerken müssen wir , dass unserer Ansicht nach das,

kann .

was man jetzt als » Stratus« bezeichnet, mit dem , was bislang

diesen Namen trug, sich nicht vollständig deckt , und so viel

die Türkei und Serbien einer geographischen Gesell-

wir wissen , ist dies auch die Meinung von Meteorologen , denen

schaft ; unter den neugegründeten Gesellschaften erwähnen wir die Norske Geogr. Selskab in Christiania und die beiden finnischen in Helsingfors. Von den 121

in dieser Frage eine weit umfassendere Erfahrung eignet.

bestehenden Gesellschaften kommen 87 auf Europa, 9 auf Südamerika , 6 auf Nordamerika , s auf Asien,

S. Günther.

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 20.

Stuttgart, 14. Mai 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7 :- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXL

GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

Inhalt : 1. Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus. Von A. Nehring (Berlin). S. 305 . :

2. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Fortsetzung.) S. 311 .

3. Kultur- und Wirt

schaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart). (Fortsetzung. ) S. 314. 4. Geographische Mitteilungen. ( Turazza; Die Wasserführung der Gebirgsbäche.) S. 317 . 5. Litteratur. (Berghaus -Neumayer ; Hygienische Garnisonsverhält nisse Oesterreich -Ungarns, IX .)

S. 318 .

Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus. :) Von A. Nehring (Berlin) .

Bei dem Dorfe Klinge , welches im Süden der

Provinz Brandenburg zwischen den Städten Cottbus (an der Spree) und Forst (an der Neisse) ge legen ist , werden drei grosse Ziegeleien betrieben, die ihr Material an Thon den unmittelbar neben

4. Graugelber , plastischer, feingeschlämmter, kalkreicher Thon , im allgemeinen steinfrei, 2 m

(wird zur Ziegelfabrikation verwendet). s . Thon mit kohlig- torfigen Streifen , 12 m.

6. Kohlig-torfigSe chicht (»unteres Kohlen Aöz« ), mit zahlreichen, sehr wohlerhaltenen, meist horizontal gelagerten Pflanzenresten , 2 m. Die Hauptfundschicht für Pflanzenreste . 7. Harte , scherbig -blätterige, teilweise eisen

ihnen gelegenen Thongruben entnehmen . Betritt schüssige , kohlig -thonige Schicht, sog. Lebertorf, man diese Thongruben , so sieht man an den steil abgeschnittenen Wänden derselben eine Anzahl von Schichten über einander abgelagert, welche sich teils

ca. 1/2 m.

8. Grünlich-grauer, plastischer, sehr feiner, kalk reicher Thon, im trockenen Zustande hellgrau aus

in einer horizontalen , teils in einer welligen Lage sehend, im allgemeinen steinfrei, doch hier und da befinden . Unter ihnen treten zwei dunkel (fast schwarz) gefärbte Schichten deutlich hervor ; die-

rundliche Steine von der Grösse eines Kinderkopfes enthaltend, 2-4 m (wird zur Ziegelfabrikation ver

selben werden von den Arbeitern als oberes und

wendet).

unteres » Kohlenflöz « bezeichnet, haben aber that-

Unter dieser Thonschicht hat man früher bei

sächlich einen mehr oder weniger torfigen Charakter.

einer Bohrung angeblich eine sehr wasserhaltige

Die Reihenfolge der einzelnen Schichten ist in

Kies- uud Sandablagerung gefunden ; Näheres ist mir

den drei genannten Thongruben dieselbe ; ihre Mächtigkeit unterliegt gewissen Modifikationen . Am

über dieselbe bisher nicht bekannt geworden . Der nächste Fluss ist die Malxe, ein Zufluss der

genauesten bekannt sind mir die Ablagerungsver-

Spree ; erstere ist ungefähr 4 km , letztere etwa 12 km

hältnisse der in der Schulzschen Thongrube auf-

von den betreffenden Thongruben entfernt . Ziemlich

geschlossenen Schichten ; man sieht hier folgendes nahe liegt ein kleiner See , wie Kiesslings grosse Profil von oben nach unten :

1. Humoser Sand, ca. 1/2 m .

2. Gelblicher, geschichteter Sand ?), 2 m.

Karte der Provinz Brandenburg zeigt. Das Terrain, welches die Thongruben umgibt , ist grösstenteils mit Kiefernwald bewachsen. Der Bahnhof Klinge,

3. Kohlig -thonige Schicht, mit undeutlichen Pflanzenresten (» oberes Kohlenflöz« ), ca. I m . Diese

mit welchem die genannten Ziegeleien ungefähr

Schicht fehlt stellenweise.

mittleren Wasserspiegel der Spree bei Cottbus ge

auf gleicher Höhe liegen, ist ca. so Fuss über dem legen. Heutzutage bemerkt man in der Nähe der

1) Eine kurze vorläufige Mitteilung über dasselbe Thema

Thongruben nichts von einem Moor oder Sumpf ;

ist bereits in der »Naturwissensch . Wochenschrift « , herausg. von

im Gegenteil macht das umgebende Terrain mit seinem sandigen , kieferntragenden Boden einen

Potonié , 1892 , Nr. 4 veröffentlicht worden . 2) Dieser Sand hat in der unmittelbar angrenzenden erwiesen , wie mir Herr Ziegelei-Verwalter Schmidt in einem

trockenen Eindruck. In den Thongruben selbst hat man allerdings viel mit dem Grundwasser zu schaffen,

ausführlichen Briefe mitgeteilt hat.

welches sich über den schon erwähnten

Dominial-Ziegelei sich reich an Blöcken und rundlichen Steinen Ausland 1892 , Nr . 20.

39

Thon

Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus .

306

schichten , namentlich über der unteren Schicht, als besondere Rasse unter dem Namen Cervus >

aufstaut und in der Tiefe der Gruben sammelt.

megaceros var. Ruffii beschrieben worden ist. Näheres

Während eines gewissen Abschnittes der Vorzeit , nämlich während derjenigen Zeit , in welcher die kohlig -torfige Schicht (Nr. 6 des oben aufgeführten Profils) gebildet worden ist, muss an der

siehe im Sitzungsb. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu

Stelle der heutigen Thongruben ein teilweise mit Bäumen bewachsener Sumpf existiert haben ; dieses

(Rhinoceros sp. , Cervus alces , Cervus sp.) in dem oberen Teile der unteren Thonschicht (Nr. 8) in

wird durch die zahlreichen , wohlerhaltenen Pflanzen-

der Dominial-Ziegelei gefunden worden . Die Schulz sche Ziegelei lieferte aus derselben Schicht zwei

reste bewiesen , welche in jener Schicht eingebettet liegen. Es sprechen mehrere Umstände für die Ansicht, dass jene kohlig-torfige Schicht während der sog. Interglacial - Periode gebildet |

worden ist und ein Aequivalent der interglacialen

Berlin v. 20. Okt. 1891 , wo sich auch eine Ab

bildung des betreffenden Geweihs findet). Dieses Stück ist nebst einer Anzahl sonstiger Tierreste

Unterkiefer einer kleinen Fuchs -Art, welche von dem

gemeinen Fuchse abweicht und vielleicht mit dem Eisfuchse identisch ist . — Es ist zu hoffen , dass

demnächst beim Ziegeleibetriebe neue Funde fossiler

» Schieferkohlen « von Dürnten und Utznach in der

Knochen und Geweihe zum Vorschein kommen

Schweiz darstellt .

und der wissenschaftlichen Untersuchung zugeführt

Allerdings bedarf es zunächst noch genauerer

werden .

Feststellungen über das geologische Alter der überFür unsere vorliegenden Betrachtungen sind vor lagernden Schichten, namentlich des Sandes (Nr. 2), allem die Schichten 6 und 7 von Bedeutung. Beide um mit Sicherheit festzustellen, ob die Schicht Nr. 6

wirklich als interglacial bezeichnet werden darf, und es ist ein sorgfältiges geologisches Studium der hier in Betracht kommenden Ablagerungen von seiten mehrerer Geologen für den bevorstehenden Frühling

haben offenbar ursprünglich eine grössere Mächtig keit gehabt, als heutzutage; sie sind durch den be deutenden Druck der über ihnen abgelagerten Schich ten stark zusammengepresst worden .

Was zunächst die kohlig - torfige Schicht

in Aussicht genommen ; aber auch vor einer solchen ( Nr. 6) anbetrifft, so sind gewisse Unterschiede definitiven Feststellung des geologischen Alters der

innerhalb derselben zu bemerken . Die tiefsten Lagen

einzelnen Schichten darf man wohl mit Sicherheit

sind dicht, schwarz und schwer ; in ihnen finden

behaupten , dass die kohlig -torfige Schicht (Nr. 6)

sich vorzugsweise die Früchte von Ceratophyllum

einem weit zurück liegenden Abschnitte der Vorzeit submersum, Cerat. demersum , Potamogeton sp. und entstammt , und dass die in ihr eingebettete Flora Für

Carpinus Betulus, sowie auch die unten noch genauer zu erwähnenden samenähnlichen Gebilde (bzw. Gal

alluvial kann ich sie nicht halten ; ich habe sie

len). Andere Lagen bestehen wesentlich aus Hypnum

von hohem wissenschaftlichem

Interesse ist .

daher in der Ueberschrift als diluvial bezeichnet, (nach Warnstorf: H. Auitans und H. aduncum ); indem ich es vorläufig dahingestellt sein lasse, welchem Abschnitte der Diluvial- oder Quartär-

sie sind leicht und filzig. In einer anderen (dünnen ) Lage findet man hauptsächlich die wohlerhaltenen

Periode sie angehört. Wenn die zahlreichen Fossilreste grosser Säugetiere , welche vor mehreren Jahren in der Thongrube der Dominial - Ziegelei zu Tage gefördert

Reste von Sphagnum cymbifolium (von Warnstorf bestimmt ) ; andere Schichten bestehen zum grossen hölzern.

worden sind , aufbewahrt und der wissenschaftlichen

erhaltene und zum Teil recht ansehnliche Stücke der

Untersuchung zugänglich gemacht wären , so würde es wahrscheinlich nicht schwer sein, ein bestimmtes Urteil über das geologische Alter der betreffenden Fundschichten abzugeben . Leider aber sind jene

Stämme und Aeste von Fichten , Kiefern und Birken .

Fossilreste aus Unkenntnis der finder als wertlos

Teile aus Blättern und Rindenstücken von Laub

An gewissen Stellen findet man wohl

Die Stämme haben nach den Beobachtungen des Herrn Ziegelmeisters Kayser , des Verwalters der Schulzschen Ziegelei, meistens eine aufrechte oder annähernd aufrechte Stellung; doch habe ich schwache

fortgeworfen oder an den Knochenhändler für wenige

Stämmchen mitsamt den Wurzeln auch in horizon

Groschen verkauft worden . Was neuerdings (d. h . in den letzten zwei Jahren ) an Fossilresten von

Säugetieren gefunden worden ist , befindet sich

taler Lage vorgefunden . Manche der horizontal ab gelagerten Aeste sind ganz plattgedrückt , andere haben ihre ursprüngliche Form beibehalten .

grösstenteils in meinen Händen , bzw. in der mir unterstellten Sammlung; und zwar verdanke ich die

Die Beschaffenheit dieser Baumreste, welche meistens noch die Rinde nebst dem Bast tragen , so

betreffenden Reste der Güte des Herrn Stadtrat Ruff in Cottbus , der sie am Fundorte erworben und sie

wie überhaupt die durchweg vorzügliche Erhaltung der sonstigen Pflanzenreste beweisen , dass die zu gehörige Flora an Ort und Stelle ihren Standort gehabt hat. An ein Herbeischwemmen aus weiterer

demnächst auf meine Bitte der mir unterstellten Sammlung geschenkt hat.

Das hervorragendste Stück darunter ist die ab- | Entfernung ist gar nicht zu denken . Wenn man geworfene Geweihstange eines Riesenhirsches, welcher von dem typischen Riesenhirsche in manchen wesentlichen Punkten abweicht und deshalb von mir

2) Uebrigens vergleiche man noch den Sitzungsbericht der. selben Gesellschaft vom 19. Januar 1892 , S. 3 ff.

Eine diluviale Wald. und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus. die Pflanzenreste am Fundorte selbst aus der frisch

307

8. Corylus avellana L. Der Haselnuss-Strauch

angeschnittenen Torfschicht blosslegt , so ist man erstaunt über die meist prachtvolle Erhaltung der-

wird durch vier wohlerhaltene Nüsse vertreten.

selben ; man darf annehmen , dass der dichte Ab-

her nur durch eine wohlerhaltene Steinfrucht an

schluss, welchen die obere und die untere Thonoben und unten darbieten , zu dieser guten Konser

gedeutet. 10. Picea excelsa Lk. Von der Fichte liegen zahlreiche wohlerhaltene Stücke von Stämmen ,

vierung wesentlich beigetragen hat. Die Blätter,

Aesten , Wurzeln vor ; ferner ein Zapfen mit wohl

Früchte, Samen u . S. w . liegen durchweg horizontal auf den Schichtflächen, welche die Torfstücke zeigen ;

erhaltenen Samen , eine Anzahl von Samenflügeln u . s. w . Besonders merkwürdig erscheint ein etwa

manche Früchte und Samen sind plattgedrückt, an-

20 cm langes Stück eines schwachen Stämmchens,

schicht für die kohlig-torfige Schicht (Nr. 6) nach

9. Ilex aquifolium L. Die Stechpalme ist bis

dere und zwar die konsistenteren zeigen die ursprüng- welches sauber geschält und mit scheinbaren Schnitt liche Form .

spuren in dem Torfe vorgefunden wurde; dasselbe

Die Bestimmungen der Pflanzenreste sind teils durch meinen Kollegen , Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Wittmack , teils und hauptsächlich durch Herrn Dr. C. Weber in Hohenwestedt (Holstein ) , teils durch Herrn C. Warnstorf in Neuruppin ausgeführt

ist wahrscheinlich von einem

Biber in diesen Zu

stand gebracht worden , wenngleich auf den ersten

Blick manches auf menschliche Einwirkung hinzu deuten scheint ?).

II . Pinus sp. (wahrscheinlich P. sylvestris L.).

worden . Auch Herr Prof. Dr. Nobbe in Tharandt,

Die Kiefer ist durch mehrere Aststücke, sowie durch

Herr Hennings und Herr Dr. C. Müller in Berlin

Borke vertreten . Das eine Stück zeigt sehr kräftige

waren so freundlich, ihr Urteil über einige Objekte | Jahresringe. Auch ein Samen gehört nach Nobbe Ausserdem sind zahlreiche Pinuspollen

abzugeben .

zu Pinus.

Ich betone, dass das bisher untersuchte Quantum von Torf aus Schicht 6 relativ unbedeutend

Lebertorf in dem Siehe unten .

durch Dr. Früh beobachtet.

war ; manche Stücke sind aber so reich an erkenn-

Neben den obigen elf Holzgewächsen ) sind

baren Einschlüssen , namentlich an Früchten und Samen , dass bereits eine verhältnismässig grosse

eine Anzahl von Wasser- und Sumpfpflanzen nach weisbar, nämlich :

Zahl von Arten festgestellt werden konnte. Ich gebe nachstehend eine Liste derselben nebst einigen

Wasserlilie ist durch ziemlich zahlreiche Samen an

12. Nymphaea alba f. microsperma. Die weisse

zugehörigen Bemerkungen ; ich stelle die Bäume gedeutet , welche relativ klein erscheinen ; sie sind voran .

1. Carpinus Betulus L. Die Hainbuche ist durch sehr zahlreiche, wohlerhaltene Früchte vertreten . In

meistens plait gedrückt. 13. Nuphar luteum Sm . Die gelbe Seerose hat ebenfalls eine ansehnliche Zahl von Samen hinter

manchen Torfstücken sind dieselben so häufig, dass lassen ; dieselben zeigen eine glänzende, gelbliche man kaum ein Stück zerbröckeln kann, ohne mehrere

Oberfläche und sind mehr oder weniger platt ge

dieser Früchte zu finden.

drückt, unter Bildung von Runzeln und Falten.

Im allgemeinen sind sie

etwas kleiner und ihre Rippen weniger ausgeprägt , als ich es bei den von mir verglichenen recenten

14. Cratopleura helvetica f.Nehringi C. Weber . Besonders interessant erscheinen die relativ zahlreichen

Exemplaren gefunden habe ') ; doch ist Herr Prof. Nobbe der Meinung, dass ein wesentlicher Unter-

Samen einer (wie es scheint) ausgestorbenen Nym

schied zwischen den fossilen und den recenten Früchten nicht zu erkennen sei.

übersandten Torfstücken entdeckt und sodann von

phaeacee, welche von Weber in einigen von mir mir in mehreren anderen Stücken zahlreich gefunden

2. Betula sp .(wahrscheinlich B.verrucosa Ehrh .). wurde. (Die Gesamtzahl der bisher in den Torf Die Birke ist durch eine Anzahl wohlerhaltener Ast-, proben von Klinge gefundenen Samenkörner beträgt Stamm- und Wurzelstücke , sowie durch Blätter,

etwa 90 ; davon kamen etwa 40 in einem etwa hand

grossen Stücke zum Vorschein .) Weber hat die und Stammstücke frisch aus dem feuchten Torfe Gattung Cratopleura 1891 zunächst nach zahlreicher heraus nimmt, zeigt sich die zarte Oberfläche der Samen , die er in dem (nach seiner Ansicht inter

Früchte und Pollen vertreten . Wenn man die Ast-

>

Rinde völlig unversehrt . 3. Salix aurita L. 4. Salix repens L.

Zahlreiche Blätter. Mehrere Blätter.

glacialen) Torfe von Gr. Bornholt in Holstein ent deckte, aufgestellt; er gab der betreffenden Art den Namen Cratopleura holsatica :) und wird bald eine

5. Salix sp. (cinerea ?). Zwei Blätter. 6. Salix sp. (Caprea ?) Fragmente von Blättern . 7. Populus tremula L. (?) Ein Blattfragment

und einige Zweigstücke gehören nach Weber sehr wahrscheinlich zu dieser Art .

1) Ganz ähnliche Stücke sind bekanntlich in den inter

glacialen Schieferkohlen der Schweiz gefunden und als Beweise für die gleichzeitige Existenz des Menschen betrachtet worden ; f.

Steenstrup hält sie aber für » Biberstöcke . Anthropologie, 1875 und 1876 .

Siehe Arch .

2) Zu ihnen kommt wahrscheinlich noch eine Quercus

1) Es gibt auch verhältnismässig viele verkrüppelte Exemplare unter den fossilen Früchten .

Species, welche durch ein Blatt-Fragment angedeutet ist.

3) N. Jahrb. f. Mineral., 1891 , Bd. II , S. 81 .

Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus .

308

ausführliche Abhandlung über dieselbe veröffentlichen. keineswegs die von Caspary behauptete Ueberein Soviel ich seinen brieflichen Andeutungen entnehmen stimmung zeigen . Auch die äussere Form der Crato kann, unterscheidet er zwei Arten von Cratopleura, pleura-Samen von Klinge weicht von derjenigen der nämlich : 1. Cratopleura helvetica aus der interglacialen Holopleurasamen, welche Caspary in seiner Original Schieferkohle von Dürnten in der Schweiz ), und arbeit ?) abgebildet hat, einigermaassen ab. Die Cra 2. Cratopl. holsatica von Gr. Bornholt.

topleura -Samen von Klinge sind durchschnittlich etwas

Die Cratopleura von Klinge steht nach Weber stärker und rundlicher als die Holopleura-Samen aus derjenigen von Dürnten nahe; doch sind gewisse dem Oligocän der Wetterau. Letztere haben nach Unterschiede vorhanden , auf Grund deren der ge- Caspary eine Länge von 2,7-2,9 mm , eine Breite nannte Autor sie als Crat. helvetica f. Nehringi bezeichnet hat. Nach Hennings und Wittmack

von 1,7-1,9 mm ; erstere zeigen eine Länge von 2,8-3,2 mm und eine Breite (Querdurchmesser)

zeigen die Cratopleura -Samen eine überraschende

von 2,1--2,7 mm . Ausserdem finde ich das » Deckel

äussere Aehnlichkeit mit denen der Brasenia peltata

chen « bei meinen Exemplaren anders gebildet, wie

Pursh (Br. purpurea Casp.) ; bei genauerer anatomischer bei Holopleura ; auch vermisse ich die deutlich ent Untersuchung der Samenschale, welche Wittmack ausführte, haben sich aber immerhin solche Differenzen ergeben, dass eine Identificierung der Weberschen Gattung Cratopleura mit der Gattung Brasenia nicht ratsam erscheint, wenngleich eine nahe Verwandtschaft beiderGattungen vorliegen dürfte. Jedenfalls ist die Beziehung der fossilen Gattung Cratopleura zu Brasenia viel einleuchtender, als die von Caspary und nach ihm von Heer betonte Beziehung der angeblichen Holopleura Victoria von Dürnten zu der Victoria regia Lindl. des tropischen Südamerikas.

wickelte » raphe enfoncé« , welche Caspary angibt und abbildet, ich finde höchstens eine Andeutung derselben bei einigen meiner Exemplare. Das Verhältnis der Cratopleura -Samen zu denen von Brasenia wird C. Weber in seiner oben an

gekündigten Arbeit näher beleuchten . Die heutige Verbreitung der Gattung Brasenia (mit der einzigen

Art : Bras. peltata Pursh ) erscheint sehr eigentümlich und lässt darauf schliessen , dass dieselbe einst in der Vorzeit viel weiter auf der Erdoberfläche verbreitet

gewesen ist. Nach Bentham and Hooker , Genera Plantarum , Bd. I, London 1867 , p. 46 kommt Bra

Uebrigens hat bereits Schenk in dem Hand-

senia peltata Pursh heutzutage in Nordamerika, Ost

buch der Paläontologie von Zittel , II. Abteilung :

indien und Australien vor. Diese eigentümliche geo

Paläophytologie, München u . Leipzig 1890, S. 836 f. | graphische Verbreitung 2) lässt sich wohlnur erklären, seinen Zweifel an der Zugehörigkeit der Samen von Dürnten zu Holopleura Casp. ausgedrückt . Er sagt darüber : »Holopleura Caspary ist ein mit den Samen

wenn man annimmt, dass die genannte Nymphaeacee einst weiter verbreitet war und in den zwischen

von Victoria Lindl. verwandter Same aus der Wetterau ;

liegenden Gebieten ausgestorben ist. Vielleicht tragen die oben angedeuteten Beobachtungen über das fos

die Gattung , in Südamerika vorkommend , kam in

sile Vorkommen der nahe verwandten Gattung Crato

jener Periode in der Wetterau vor und mag , insoferne der dürftige Rest eine Folgerung erlaubt , die Tertiärform die Stammart der heutigen sein . Ob

pleura in Deutschland und der Schweiz dazu bei,

die heutige geographische Verbreitung der Gattung Brasenia aufzuklären .

Was den Erhaltungszustand anbetrifft, so be merke ich , dass die von mir gesammelten zahl gehören , sei dahin gestellt ; die klimatischen Ver - reichen Cratopleura-Samen von Klinge sämtlich sehr

die von Heer erwähnten, von Caspary bestimmten

Samen aus den Schieferkohlen von Dürnten hierher

hältnisse der interglacialen Zeit stimmen nicht mit

wohlerhalten sind und zum Teil noch ihr » Deckel

jenen , welchen die recente Art unterliegt , überein ,

chen « besitzen "); infolge der auffallenden Stärke

es muss also für die interglaciale Art ein anderes

ihrer Wandung sind die Samen völlig unverdrückt

Lebensbedürfnis vorausgesetzt werden. Uebrigens mache ich darauf aufmerksam , dass ungeachtet der

und ihr anatomischer Bau lässt sich mit grösster Sicherheit studieren .

übereinstimmenden Struktur und Form diese Samen

doch einer anderen Gattung als Victoria ver-

15. Ceratophyllum submersum L. Ist durch zahlreiche, wohlerhaltene Früchte vertreten , welche

wandt sein können , die Samen aus dem Oligocän

namentlich in den tieferen Schichten des Torflagers

und aus der interglacialen Zeit nicht unbedingt iden- (nahe über dem Lebertorfe) vorkommen. tisch sein müssen. Ausgestorben ist jedoch diese Nymphaeaceenform in Europa« . Der in obigen Worten angedeutete Zweifel Schenks hat sich nunmehr durch Webers Unter

suchungen als begründet erwiesen , zumal da die anatomischen Strukturverhältnisse der Samenschalen

16. Ceratophyllum demersum L. Diese Art ist 1) Rob. Caspary , Les Nymphéacées Fossiles , in den Annales des Sciences Naturelles, IV. Serie , Botanique, Bd . 6, Paris 1856 , p. 216—222 nebst Tafel 12 .

2) Vgl . auch Staub , Die Vergangenheit und Gegenwart der Seerosen, im Beiblatt zu den » Botan. Jahrbüchern « (herausg . Uebrigens findet sich v. Engler) , Bd. 14 , Heft 3 , S. 2 f. Bras. peltata auch in Japan und Westafrika .

1) Diese Art ist identisch mit derjenigen , welche Heer

3) Vgl. Heer , Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., S. 522, Fig.

als Holopleura Victoria Casp. von Dürnten bezeichnet. Siehe Heer , Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., S. 526.

391 , a --d , wo die Samen der sogenannten Holopleura Victoria von Dürnten dargestellt sind.

Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus.

309

seltener, doch habe ich immerhin eine Anzahl wohl- | Deckelchen und die feste Samenschale abweichen, erhaltener Früchte derselben in Händen .

17. Najas sp. Durch mehrere Früchte vertreten .

18. Galium (palustre ?). Einige Früchte. 19. Echinodorus ranunculoides Engelm. (?) Frucht.

20. Scirpus lacustris L. Einige Früchte. 21. Carex sp. ( gracilis? ). Einige Früchte. 22 . (Goodenoughii ?). Einige Früchte. 23 . (panicea ?). Einige Früchte. 24 . (vesicaria ?). Eine Frucht.

so ist erstere Angabe nicht ganz richtig ; denn die betreffenden Samen weichen auch in der Form schon ziemlich stark von denen unserer weissen Seerose

ab . Wer beide neben einander hält, wird die wesent lichen Unterschiede auch im Aeusseren bald erkennen ; dass sehr bedeutende Verschiedenheiten in dem ana

tomischen Bau der Samenschalen vorhanden sind,

darüber kann gar kein Zweifel herrschen .

Abgesehen von jener interessanten Nymphaeacee

und von einigen bisher nicht bestimmbaren Species , Ausserdem Rhizome und Blätter, welche wahr- kommen die übrigen Pflanzenarten noch jetzt in scheinlich den vorgenannten Carexarten angehören. Deutschland vor.. Trotzdem erscheinen dieselben 25. Polystichum Thelypteris Rth . Blätter, Sporen- | interessant, weil sie uns einen Einblick in die Zu sammensetzung der damaligen Flora gewähren. Unter kapseln, Sporen . 26. Hypnum fluitans L. Zahlreiche wohlerhaltene den Bäumen , welche unmittelbar am Ufer des Sumpfes Reste. wuchsen , spielen Birke, Fichte ( Rottanne) und 27. Hypnum aduncum Ehrh . Zahlreiche Reste. Weiden die Hauptrolle. Die Kiefer trat mehr zu

28. Sphagnum cymbifolium L. Zahlreiche, wohl-

rück, soweit man nach den bisher vorliegenden Fund

crhaltene Reste , welche hauptsächlich in einer be- objekten urteilen darf. In einiger Entfernung vom stimmten Schicht des Torflagers vorkommen . Wasser scheint die Hainbuche zahlreich vorhanden Ausser den oben aufgezählten Arten sind noch

gewesen zu sein, da ihre Früchte, wie oben erwähnt

einige andere teils durch Blattfragmente, teils durch

wurde, in dem Torfe ausserordentlich häufig vor

Samen und samenähnliche Gebilde angedeutet. Unter kommen und vermutlich durch den Wind in das den ersteren befindet sich die untere Hälfte eines Blattes , welches mir von einer Eiche herzurühren scheint.

Unter den samenähnlichen Gebilden sind

Wasser des torfbildenden Sumpfes getragen wor den sind .

In den Schieferkohlen von Utznach und Dürnten

besonders merkwürdig diejenigen, welche eine läng- | ist die Hainbuche (nach Heers Angaben zu

liche , sozusagen » wurstförmige« Gestalt haben ; sie

schliessen ) nicht beobachtet worden ; dagegen kennt

sind etwa 8 mm lang, 2—214 mm dick , auf der

man sie schon von Belzig, Soltau, Gr. Bornholt und

einen Längsseite gekielt, auf der Aussenfläche mit feiner, meist punktartiger Skulptur , innen glänzend

Lauenburg aus frühdiluvialen bzw. interglacialen Ab lagerungen '). Prof. v . Fischer -Benzon betont

glatt .

mit Recht, dass sie zu unseren ältesten Waldbäumen

Ob es sich hier um wirkliche Samen oder

Gallen handelt, konnte bisher nicht mit Sicherheit gehört. Wenigstens dürfte dieses für Mitteleuropa festgestellt werden, obgleich mehrere namhafte Bo- gelten ; in Grossbritannien scheint die Hainbuche

taniker sich mit dieser Frage eingehend beschäftigt

innerhalb der diluvialen (pleistocänen) Ablagerungen

und eine Anzahl jener wohlerhaltenen Gebilde makroskopisch und mikroskopisch untersucht haben. Vor-

noch nicht beobachtet zu sein ).

läufig erscheinen sie rätselhaft .

bar auch der Haselnuss - Strauch ; seine Nüsse sind

Wenn wir die oben aufgezählten Pflanzenarten überblicken , so sehen wir, dass die durch sie repräsentierte Flora von Klinge eine grosse Aehnlichkeit mit derjenigen der interglacialen Schieferkohlen von

an vielen Fundorten mit Sicherheit festgestellt wor

Ein sehr altes Mitglied unserer Flora ist offen

» Urwelt der Schweiz « bekannt ist. Besonders wichtig erscheint der Umstand, dass sowohl bei Dürnten,

den , abgesehen von Holz- und Blattresten. Nach Clement Reid kommen Haselnüsse in prä-, inter und postglacialen Ablagerungen Grossbritanniens vor ; aus Deutschland kennt man sie von Beldorf, Lauen burg, Soltau, aus der Schweiz von Utznach, Dürnten , Mörschweil u . s . W. Auch in den Ablagerunge

als auch bei Klinge die Samen einer ausgestorbenen

von Troizkoje bei Moskau , welche N. Krischta

Utznach und Dürnten aufweist , wie sie aus Heers

Nymphaeacee, der Cratopleura helvetica, vorkommen . fowitsch für interglacial hält "), kommt die Hasel Heer sagt über diese von ihm als Holopleura auf geführte Pflanze a. a . O., 2. Aufl . , S. 526 : » Die ?) Siehe Keilhack , Veber präglaciale Süsswasserbildungen einzige Blütenpflanze, welche einer noch jetzt lebenden nicht zugezählt werden kann , ist eine Seerose, die in der Bildung der allein uns erhaltenen Samen so bedeutend von unseren Seerosen abweicht , dass

Caspary daraus eine besondere Gattung (Holopleura) gebildet hat« . Wenn Heer in der hinzugefügten Fussnote die Bemerkung macht, dass die betreffenden Samen » die Grösse und Form derjenigen unserer weissen Seerose « haben , aber durch ihr Ausland 1892 , Nr . 20.

im Diluvium Norddeutschlands, im Jahrb. d . k . preuss . Geolog. Landesanstalt für 1882 , Berlin 1883 , S. 143. R. v . Fischer

Benzon, Die Moore der Provinz Schleswig -Holstein, Hamburg 1891 , S. 56 .

2) Clement Reid , Notes on the geological history of the recent flora of Britain , in den Annals of Botany , Vol. II , August 1888 .

3) N. Krischtafowitsch , Anzeichen einer interglaciären Epoche in Central-Russland , im Bull . Natural . Moscou , 1891 .

Die betreffende Ablagerung enthielt auch das Skelett eines Mammuts. 40

Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus.

310

nuss vor. Von den vier in meinen Händen befind- | Thone gefundenen tierischen Reste scheinen dieser lichen Nüssen aus dem Torf von Klinge haben die länglich -ovale Form , die vierte ist kürzer von unregelmässiger Gestalt . Letztere habe selbst aus kohligen Thonproben , welche

drei und ich dem

Annahme nicht zu widersprechen ^).

Was die harte , scherbig-blätterige Lebertorf schicht anbetrifft, welche in dem Profil mit Nr. 7 bezeichnet ist , so bildet sie den unteren Teil bzw.

untersten Teile des Torflagers entstammten , heraus- die Basis der kohlig -torfigen Schicht und ist nach geholt. Bemerkenswert erscheint das Vorkommen einer

Steinfrucht von Ilex aquifolium ; Weber hat sie in den von mir übersandten Torfproben aus Klinge entdeckt und durch genaue Untersuchung bestimmt'.). Heutzutage kommt die Stechpalme als wildwachsende

Weber und Früh ein echter, typischer » Lebertorf« . Herr Dr. J. Früh in Zürich, der sich bekanntlich gerade mit Torfstudien sehr eingehend befasst hat, war so freundlich, einige von mir übersandte Proben

des Klingener Lebertorfes genauer zu untersuchen . Ich teile aus seinem Briefe, welcher ein Urteil über

Pflanze in der Gegend von Klinge nicht mehr vor;

zwei der übersandten Probestücke enthält, folgen

sie findet sich nur noch im nordwestlichen Deutsch-

des mit :

land, d . h . ihre südöstliche Verbreitungsgrenze zieht

bei uns von der Rheinprovinz durch Westfalen, Han-

1. Probe : »Ein papierdünn - geschichteter, leicht spaltbarer, feucht schwarz , trocken graubraun aus

nover , die nördlichen Teile des Herzogtums Braun-

sehender Torf. Er besteht vorherrschend aus faserig

schweig, die Priegnitz,, Mecklenburg , Neuvorpom - körnig macerierten Pflanzenresten , die recht innig mern und Rügen . Wenngleich man bei einer ein-

zelnen Steinfrucht auch an Verschleppung durch Vögel denken darf ), so spricht doch der Umstand,

verfilzt sind , und unter welchen man selten die Konturen von unbestimmbarem Zellgewebe höherer Pflanzen erkennen kann . Ich erkannte einmal eine

dass Keilhack auch bei Belzig in den von ihm Spaltöffnung mit Grenzzellen, dann ringförmige, aber beschriebenen präglacialen (bzw. altdiluvialen ) Ab- aufgerollte Verdickungen , wie sie in Ringgefässen lagerungen Reste von Ilex aquifolium gefunden hat "),

von Gramineen vorkommen .

für die Annahme, dass diese interessante Species

viel Pollenkörner von Pinus, eine Sphagnumspore,

einst in Deutschland weiter östlich als heute verbreitet war ).

sehr viele Spiculae verschiedenster Form von Spon gilla , viel Chitinreste von Wassermilben , Insekten

Ferner fand ich sehr >

Ich gehe auf die übrigen Pflanzen von Klinge | larven , Rotatorien . Dazu kommen viel Aggregate nicht näher ein und verzichte auch auf eingehendere von Doppelschwefeleisen , ferner Kieselscheibchen, wie ich sie in meiner Abhandlung » Kritische Bei Charakter der bis jetzt von dort nachgewiesenen träge zur Kenntnis des Torfes « (Jahrb. d. k . k. Flora folgern kann . Ich möchte nur ganz kurz geolog . Reichsanstalt in Wien , Bd . 35 , 1885 , Taf. XII, Fig. 1 ) abgebildet habe. Bemerkenswert erscheinen einige Hauptpunkte hervorheben :

Erörterungen über das Klima, welches man aus dem

auch Gruppen kugeliger Aggregate von microcystis 1. Glaciale oder arktisch-alpine Pflanzen sind ähnlichen Algen , wie sie 1. c. Fig. 9 dargestellt

der kohlig - torfigen Ablagerung von Klinge ( Schicht 6 des Profils) bisher nicht festgestellt

sind. Diatomeen fand ich in den benutzten Präpa

worden .

raten nicht. Ohne Zweifel würde eine eingehendere

in

2. Der Charakter der bisher nachweisbaren Untersuchung noch manches Interessante zu tage Flora aus jener Ablagerung harmoniert gut mit dem- fördern. – Der Torf brennt für sich mit Flamme,

jenigen anderer Ablagerungen Mitteleuropas, welche wenig ( gelbliche) Asche zurücklassend . Nachdem für interglacial gehalten werden ; namentlich ist eine grosse Aehnlichkeit mit der Flora der Schiefer-

ich ein Stück des Torfes zerkleinert und während

24 Stunden in absolutem Alkohol in Dunkeln ge kohlen von Dürnten und Utznach vorhanden . lassen hatte, bekam ich eine schöne bräunlich-grüne 3. Die Profilverhältnisse, welche in den Thon- | Lösung, welche im Lichtkegel einer Sammellinse

gruben von Klinge sich beobachten lassen, sprechen deutlich rot fluoresciert. Ich zweifle nicht daran, nicht gegen die Annahme, dass jene kohlig-torfige | dass eine spektroskopische Prüfung das Absorptions Schicht der Interglacialzeit entstammt.

4. Auch die bisher in dem

unterliegenden

spektrum des Chlorophylls ergeben würde, wie ich es für andere, Algen enthaltende Torfe (1. c. S. 703 ff. )

nachgewiesen habe. 1) Diese Bestimmung ist nachträglich auch noch durch Wittmack und Nobbe bestätigt worden .

2) Manche Vogelarten fressen die Beeren der Stechpalme.

Auch wird dieser schiefrige

Torf, in Wasser gelegt , nach einigen Tagen etwas aufquellen . « » Fassen wir diese Befunde zusammen , so ergibt

Inzwischen habe ich noch drei sicher bestimmbare Steinfrüchte

und ein Blatt von Ilex bei Klinge gefunden , so dass die Zu

sich der vorliegende dünnblätterige Torf als ein Ab

gehörigkeit der Stechpalme zu der diluvialen Flora von Klinge

satz vorherrschend organischen » Planktons « in einem

nunmehr feststeht.

3) Siehe Keilhack , Botan . Centralblatt , 1886 , Bd . 26 , S. 54 :

1) Auch die in der Torfschicht vorkommenden zahlreichen Käferreste, über welche E. Schäff kürzlich ( Sitzgsb. Ges . nat .

4) Ueber die Verbreitung der Stechpalme in Kleinasien und Transkaukasien siehe Koeppen , Geograph. Verbreitung

gut mit dem , was Heer über die Käfer aus den Schieferkohlen

der Holzgewächse u. s. w., I , S. 566 ff.

der Schweiz angibt.

Fr. Berl. , 1892 , Nr. 1 ) einiges mitgeteilt hat, harmonieren recht

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

ruhigen , stillstehenden Gewässer mit weichem Wasser, eingerahmt von Pinusbeständen oder wenigstens in

311

Herr Gutsbesitzer und Maler Theodor von Preen hat ein älteres Gebäude aus Ranshofen bei

der Nähe von solchen . Der Torf ist in allen Teilen

» Braunau am Inn, welches den ältesten der Gegend aus

ein typischer Lebertorf, wie er in fast allen heutigen baltischen Mooren an der Basis getroffen

» dem 17. Jahrhunderte ziemlich ähnlich ist und

wird und sich ohne Zweifel auf dem Grunde der Seen heute noch fortwährend hier und dort als be sondere Facies entwickelt.«

»höfe bietet

2. Probe : » Mehr kompakt, etwas eisenschüssig , hart, ebenfalls ein Lebertorf, wahrscheinlich zum Teil mit mehr erhaltenen Resten höherer Gewächse

und vielleicht mit mehr Mineralstoffen gemengt; ich

bemerkte Pinuspollen , Spongilla, viel Doppelschwefel

» gleichzeitig ein Bild der hier gewöhnlichen Bauern dargestellt ; (Grundriss Fig. 112). Wohnhaus Erdgeschoss S

Kuchel

Milchhamer

he 10

Br: Brunnen h - Hühner o . ofen

6. Bachofen

s . Speise v . Vórhaus, Plerde

he . Herd

eisen u . S. W. (

Wenn Herr Dr. Früh im obigen sagt , dass die Bildung des Lebertorfes noch jetzt stattfinde, so will er damit keineswegs das diluviale Alter des Klin gener Lebertorfes anzweifeln , wie sich aus unserer sonstigen Korrespondenz ergibt. Es liegt ja auf der Hand , dass an der Basis eines diluvialen (wahrschein lich interglacialen) Torflagers sich ebenso gut eine Lebertorfschicht bilden konnte , wie es nach Früh noch heute bei vielen baltischen Torfmooren ge schieht . Nach den Lagerungsverhältnissen , welche die Thongruben von Klinge zeigen , kann es nicht zweifelhaft sein, dass der dortige Lebertorf diluvialen

Schweine

Schafe

Dünger:

Kühe

Holz Kälber

Steuer

Wagen : Schupfen

mit

Penn

(pleistocänen) Alters ist. Ziehen wir zum Schluss das Facit aus unseren

obigen Mitteilungen, so dürfen wir wohl sagen , dass

20

- 15 m

Fig. 112 .

stellungen über die Ablagerungen der Thongruben

Type der Bauernhöfe zwischen Inn und Salzach und im Innviertel (Oberösterreich ).

von Klinge und namentlich über die mit Pfanzen resten erfüllte Torfschicht (Nr. 6 ) schon viele interessante Ergebnisse geliefert haben , und wir dürfen

X

10

die bisher vorliegenden Beobachtungen und Fest

Nach Aufnahmen des Herrn Th. v. Preen (Ranshofen bei Braunau) .

die berechtigte Hoffnung hegen, dass im Laufe dieses Jahres noch manches wichtige Ergebnis dazu kommen

gänzlich ab, wie in Putzleinsdorf.

wird.

der Menschenwohnung auch den Pferdestall .

Was Utznach und Dürnten für die Schweiz

Auch hier schliesst das Wohnhaus eine Gehöftseite

Es enthält ausser

Dies

sind, das kann Klinge für die Provinz Brandenburg wiederholt sich auch in der östlich angrenzenden Vierkant-Gegend und deutet wohl auf die Vorliebe

werden !

1. Stock

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

Neben

stube Menscher

Vorrat

Stube.

Knechte

Von Gustav Bancalari (Linz) . (Fortsetzung .) XVI.

Haustypen Oesterreichs ob der Enns südlich der Donau , gegen die bayerische Grenze. Auch südlich der Donau, im Bezirke Schärding, Braunau , dann Vöklabruck , ostwärts bis gegen Neu markt , südwärts aber bis an den Bereich des salz

burgischen Flachgau-Hauses (vgl . Prinzinger , Ges.

Schroll 200 : 15 m

Fig. 113

für das Pferd .

Der Innkreis und auch Teile des

Hausruckkreises züchten edle Gebrauchspferde. Im Hausruck-

und

Innkreise

sind

Trabrennen

im

für Landeskunde Salzburg XXV . 1885 ) herrscht

eine , dem Putzleinsdorfer ähnliche Haus- und Gehöftsform . ) Dieser Bereich setzt sich über Inn und

Salzach nach Südbayern fort.

Schwange. Mit dem Haider und Liebensteiner Typus (Fig.

80, 81 ) ist eine gewisse Uebereinstimmung, wenig stens in der Hauptsache.

1) Diesen Landesteil habe ich noch nicht durchwandert , verdanke die vier Typenbeispiele desselben der Güte des Herrn

ihm gesammelten Bilder zur Verfügung gestellt hat .

Prof. Bez.- Schulinspektors Hans Commenda , der mir die von

ihm und den Herren Einsendern höflichsten Dank .

Ich sag

Forschungen über das deutsche Wohnhaus. 312

Fig. 115 zeigt die , dem Hofe zugewendete,, haus anschliessende Einfahrtsschupfen erinnert an 17 m lange Hauptfront des Wohnhauses ; Fig. 113 das Obergeschoss, Fig. 114 den Dachraum im GrundDie Sitte , den Brunnenauslauf in die Wohn Schüttboden

riss.

Fig. 84 . Am Henharter Hause ist alles Holz , weil in

stube zu verlegen , ist auffallend. Wahrscheinlich HERB

Dachraum L : Lege

Rumpel

dächer

Dunger

Kammer

EL

Nageldach

Oberer Schroti. Fig . 114 .

Fig . 117 Gehöfte bei Henhart (Innkreis , Oberösterreich ) . Nach einer Skizze von Prof. Ferd. Weiss .

gibt es aber noch einen im Bereiche der Ställe ,

welchen Herrn v. Preen nicht besonders angemerkt jener Gegend viel Wald und gar kein Baustein zur hat.

Fig . 116 zeigt , nach einer Skizze desselben

Verfügung steht. Das Hügelgelände östlich des Inn

Herrn, die Art der Ornamentierung eines mit 1758 Ochsen

KK

Schupien

HH

Holzlage Schupfen

V Sireu 4

Gred

Laerat Hühner

Dünger Schwei

Fig . 115

Gred

૬ ૨ ૨ ૪ LEE

Kühe ESS

Ochsen Kühe

૬ ૧ ૧ ૨ ? ૬





Ess

Halber



bezeichneten Thores der Gegend von Gilgenberg,

10

54

Herr Prof. F. Weiss hat ein Gehöfte von

se

Jo

20

14 km südl. von Braunau .

Henhart, ( 14 km östl. Mauerkirchen , 14 km südöstl .

Teune

22

Mist

: 40.5m

Fig. 118 .

Gehöfte bei Henhart. (Grundriss.) 1 : 750. ( 1 mm = 1 Schritt

= 75 cm .

Bienenstand , Br = Brunnen , m = Milchkammer , K = Kammer , 6 Schrott samt Stiege, E = Eingangsthürl, G = Gartenthürl . sch

Abiblrill

besteht aus »Schlier« , d. i . einer lössähnlichen For mation. Darum ist im Innkreise ein grosser Raum , ca 30 ' - 22.5 "

Sch

Thor

Tenne

S

Schweine

>

Streu

Pferde Ochsen

Puer

Thor

Mauer

Bru

W :Sch Mise

Küha

Fig. 116 .

ammort Küche Kammer

h

2

Typus der Thorverzierung nach Th . v. Preen an den Gehöften zwischen Inn und Salzach .

Oschall stube

|Kammer

I

‫اہل‬

Altheim) gezeichnet.

Fig. 117 bringt eine sehr

klare Vogelschau desselben , Fig. 118 den Grund riss.

Fig . 119 .

Bauernhof bei Gmunden (Oberösterreich) .

Auch hier wird man an Fig . 80, 81 erinnert ; Nach Dr. Ferd . Krakowitzer .

nur wird die Südseite des Gehöftes nicht bloss durch 0 = Ofen, h = Herd, k = Kellerstiege, H = Hausthüre, a = Auszugstübl .

den »Stadl « , sondern auch noch ein Stück Rinderstall abgeschlossen und dieser Hen harter Bauer hat offen-

wo der Blockbau ohne jedes Mauerwerk un

bar keine Pferde. Dafür stellt er seine Zugochsen

umschränkt herrscht. Nur der „Stadl « ist dort

in einen Teil des Wohnhauses. Der an das Wohn-

Ständerbau mit Brettern .

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

Der Gmundner - Bauernhof, Fig. 119 , auf-

satz .

313

Das auf der Gassenfront durch eine Mauer

genommen von Herrn Dr. F. Krakowitzer ; das abgeschlossene hufeisenförmige Gehöfte habe ich in Gehöft bei Völklabruck Fig. 120 , 121 , aufge- Oberösterreich südlich der Donau bis nun nirgends nommen durch Herrn Realschullehrer J. Forsthuber und der Hof in Unterhabach , Ortschaft Knie-

gefunden. Wenn nun jemand behauptete, der südbayerisch

innviertlersche Typus habe sich nordostwärts ver breitet ; irgend ein slawisch- fränkischer ( eben der Schindel

Vogelweider-) Typus sei von Nordosten her dem ersteren entgegengerückt; beide bätten dann mit einander den Centralvierkant kombinierend erzeugt, So wäre dies eine recht anmutende Theorie. Ob

Stron

sie aber richtig ist, das weiss kein Mensch, und da

her muss man sie verwerfen . ') XVII . Fig. 120.

Haustypen im südlichen Teile Oberöster was südlich Klaus , Fig . 122 ; - alle sind in der Haupteinteilung und im Grundrisse des Wohntrakts

reichs und jenseits der Grenze von Ober

unter sich ziemlich ähnlich. Sieht man vom Flach

Meine zweite Wanderung 1891 galt den Haus formen der oberösterreichischen , alpinen Zone gegen

steiermark

die Steiermark hin .

Schuppen

Sie führte mich

von Klaus

Irohn

Scheuer



Tenne

?

Getreide Kasten

,Stod na ge Wech

haus R

1

&

e

e Stadt oben Scheuer

Stalle

oben Scheuern

77

Abtritt

Zeug

Tennen Thor Ausladungd Dachs

Stall

m

kammer

Brunnen

2 .

Brunnen

schupin

Fig . 121 .

2

Holzlage

Garten

u Vorhaus

Mayr in Schalkham bei Völklabruck (Oberösterreich ) . Nach Herrn Realschullehrer J. Forsthuber.

Datler

2 m

D



2

2

Sch

und Steildache , sowie vom Mauerwerk und Holz

bau ab , so sind überhaupt unter den bis nun dargestellten Höfen südlich der Donau (die

Strasse

Tenne

Getreide Barren

Küche

Zaur m Mauerwerk

]

Mietwohnung e

Sch - Schlaf: rimmer

W: Sin

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..

2

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obstgarten

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h : Holzbau

40 : 30 m

word

Wohnhaus

2

2

2

2



Stall 10

20

30

ON

* : 1 Schritt 75 cm Brunnen

TTC süd

1 .

Fig . 123 .

Wohn .

„ Sturmhof« des Leop. Kletzmayr , oberhalb Mitterstoder .

haus

sa

Fig . 122 .

Gehöfte in Kniewas südl. Klaus (Oberösterreich ), » Unter-Habacher -Hof« .

( südlich Kirchdorf) über Hinterstoder, Vorderstoder, Windischgarsten nach Spital am Pyhrn ; und weil gewisse Typen im Lande selbst keine Erklärung

h = Herd , s = Schornstein , v = Vorhaus mit Esstisch . »Heubirl « ober den Ställen ,

Wohnhaus mit Schindeln , Stadi« mit Stroh gedeckt, Erdgeschoss Mauer.

Vierkante bei Seite gelassen) keine wesentlichen Gegensätze. Dafür besteht zwischen dem

Putzlein

storfer , dem Innviertler , Gmundner und Völklabruckertypus einerseits und anderer

seits dem reinen Vogelweider des Wald- und östlichen Mühlviertels allerdings ein Gegen

1) Das in diesem Aufsatze gebrachte Material muss noch durch Forschungen in Südböhmen , im östlichen Bayern , be sonders aber im oberösterreichischen Innviertel , von wo ich nur einige Beispiele von Höfen , aber keine Kenntnis der sehr wich tigen Neben- , Zwischen- und Uebergangsformen besitze , vermehrt werden , ehe man an die Deutung geht. Jede Wanderung bringt unerwartete Aufschlüsse, jede erklärende Auskunft wirbelt aber

auch neue Fragen auf, und die Kunde der oberdeutschen Typen ist noch lange nicht so gefestigt und durch Beobachtungsmaterial gestützt , dass sie schon sichere Schritte in der wissenschaftlichen Verwertung gestattete . Besonders die Frage der Umbildung,

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

314

fanden, nach Lietzen , und von da durch das Gesäuse nach Hieflau , Palfau , Wildalpen , Weichselboden , Wegscheid, Mariazell und über Lilienfeld nach Linz zurück.

Bei Klaus (Ende der Kremsthalbahn ) fällt sofort auf, dass sich die Bestandteile der Ge-

höfte bei jedem Anlasse aus dem engeren Verbande lösen .

So führt z . B. die Strasse bei

kannte Blechornament, sonst gar keine Zierde, glatte, flache Wände , keine Fensterladen und lauter ver glaste Fenster. Es ist von reichlichem , reinem , nüchternem Ansehen . Es ist von jenem Typus, welcher eigentlich in den Märkten und kleinen Städten

Oberösterreichs (vgl. Figur 105 , sichtbarer Teil der Nachbarhäuser) vorherrscht. Das grosse, im Winkel gebrochene Wirtschafts

mehreren Gehöften zwischen Wohnhaus und Wirt-

gebäude , Fig . 124 , mutet an , wie ein böhmischer

schaftsgebäuden hindurch .

Herrschaftsmeierhof.

Ein solches Verhalten

Von den anderen Gebäuden dieses Gruppen- oder Haufenhofes hebe ich bloss den

Kasten

hervor

Schindel

(vgl. oben ). Die Unregelmässigkeit der Hofanlage,

289 from

der

Platz hätte auch jede andere, selbst jene eines grossen 11500

Schuppen Tenne Stall mit Oberboden Fig . 124 Gehöfte Sturm- ober Mitterstoder .

Fruchtspeicher , Stall- und Schupfen -Gebäude mit weit ausladendem Dache auf der Hofseite . 1868, 81 , 83 renoviert. Oberboden teilweise mit Holzgitter -Verschluss .

Vierkants zugelassen -- wobei ein grosser, unregel mässiger , unbebauter Raum , mit dem Brunnen in

mitten, frei bleibt, hat mich, als etwas ganz Neues, in Verwunderung gesetzt. Auch hier ist mir wieder

der Wert der Methode, jede Type durch die Nach bartypen zu erklären, deutlich geworden .

Ich fand

zwei Tage später südlich des Pyhrnpasses, bei Lietzen und Admont, die ärmlichen, bis zur Bettelhaftigkeit

zerzausten Vorbilder des Sturmhoftypus, und fand ist im nördlichen Oberösterreich nirgends zu be

dann diese Haufenhöfe, teilweise in feinerem Ge

merken . Allmählich versteht man es. Von Stufe wande, beim Westeingange des Gesäuses, bei Hieflau zu Stufe leitet es zu dem sehr ansehnlichen Sturm

u . s. w . und vermute nach den Hauszeichen der

hoftypus , wovon Fig. 123 den Grundriss des Specialkarte , dass der Haufenhoftypus auch in Gehöfts, Fig. 124 das perspektivische Bild des Stall- den Thälern der oberösterreichischen Voralpen an und Scheunengebäudes darstellt.

der und westlich von der Enns herrschend sei. Dass

Der Sturmhof (jetziger Besitzer Leopold Kletz- aber der Sturmhoftypus damit übereinstimmt, unter mayr), 200 m über dem Thale von Mitterstoder liegt keinem Zweifel. ( 585 m) , auf einer fruchtbaren Bergstuſe , von ge >

( Fortsetzung folgt.)

pflegten Obstgärten umgeben , ist eine prächtige Wohnstätte. Unvergleichlich ist der Ausblick auf

die gegenüberliegende Prielgruppe, unvergleichlich aber auch das Gehöfte selbst , welches sich durch

Zweckmässigkeit und überaus nette Haltung aller

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland.

Gebäude, der Zäune, der Gärten und durch die sorg

Von P. Seeberg (Stuttgart) .

fältige Bestellung der Grundstücke vor tausend an deren auszeichnet. Dieses ziemlich neue Gehöft, anfangs wie die Erfindung eines einzelnen , gebil

( Fortsetzung .)

Sehr erfreulich ist daher die Gründung eines russischen Fischerei- und Fischzuchtvereins, der

deten Oekonomen anmutend, zeigte doch nachträg- jüngst bei seiner Ausstellung zu St. Petersburg eine

lich seinen typischen Charakter, denn seine Formen Probe seiner Thätigkeit gegeben hat. Bei dieser hat sich der Präsident des deutschen (wenn auch nicht dieselbe Nettigkeit) fanden sich Gelegenheit später im Vorderstoder (808 m) , bei Schoiswohl, bei Rossleithen, am Kleinker See, bei Windisch- Vereins , Frhr. v. Behr, sehr anerkennend ausge sprochen. Es ist zu hoffen , dass dieser Austausch garsten und Spital am Pyhrn und waren nur hier und vonmit Nutzen dem sein Ge da durch einen zugewanderten Vierkant verdrängt von wird.Erfahrungen Frhr. Teile So geht z. fürB. beide v. Behr Das gemauerte , geweisste Wohnhaus mit Erd und Obergeschoss und Dachraum , steilem Schindel

danken um , die grösste Delikatesse der Wolga und der sibirischen Flüsse , den Sterlet , in die deutschen

dache und Halbwalmen an beiden Giebelseiten , kehrt

Flüsse zu verpflanzen. Auch andere Fischereivereine, seine Hauptfront gegen das Thal (nach Westen ) , hat einen Schlot, eine vordere und eine Garten thüre, vorne eine Hausbank , auf dem Firste das be sowie der geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung der Unterarten des oberdeutschen Hauses ist noch nicht spruch

reif, wenn man auch meine Darlegungen über die Herkunft des oberdeutschen Gesamttypus ( Ausland 1891 ) gelten lassen will.

wie z . B. der dänische, sind mit dem russischen in bleibende Verbindung getreten .

Doch nur zu lange habe ich bei diesem Thema verweilt . Wir schicken uns an , die Fischhalle, in der wir diese Betrachtungen anstellten, zu verlassen, da streift unser Blick die herrliche Fläche der blauen Newa, die diesen Ruhm mit viel grösserem Rechte

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

verdient, als die oft trüb genug aussehende Donau . Langsam zieht ein Schiff mit Getreide den mäch-

tigen, hier 1 km breiten Strom hinunter, und während wir ihm nachschauen , da lenkt schon ein neues

Fahrzeug unsere Blicke auf sich .

Es ist eine jener

grossen Barken mit Heu , welcher wichtige Verbrauchsartikel, in Gestalt eines Hauses aufgetürmt, eine weite Fahrt hinter sich hat, denn er stammt aus den Niederungen am Ilmen -See und ist durch

den Wolchow und den Ladoga -Kanal hierher geschwommen .

Der Bedarf an Heu ist auch in St.

Petersburg ein sehr grosser. In keiner Stadt der Welt wird so viel gefahren , wie hier. Schon die

riesigen Entfernungen und das Klima bringen das mit sich , mehr noch die Gewohnheit. Wir brauchen bloss an die mehr als 15 000 Droschken zu denken (London , fünfmal grösser als St. Petersburg , hat nur 19000) , die paar Tausend Kutschen , die zahllosen Lastwagen , die Trams, die Omnibusse , die

315

keit des Bodens den Samen ohne jede Nachhilfe zum Keimen bringt. Von einem geordneten Be trieb ist , abgesehen von den Ostseeprovinzen , fast nur in den Staatsforsten die Rede, die glücklicher weise etwa 80 Proz, des ganzen Waldareals aus machen . Die Privatbesitzer von Forsten haben , von

Not gedrängt, nur zu oft ihre Waldungen ver schleudert und ruiniert. Der Anblick der russischen Wälder steht freilich hinter dem der deutschen zu rück . Die Buche kommt im nördlichen Russland

nicht mehr vor ; sie hört an der preussischen Grenze auf . Eichenwälder gibt es nur noch vereinzelt in Kurland oder in Landstrichen , die unter demselben

oder einem südlicheren Breitengrade liegen ; Eschen, Ulmen, Ahorn kommen nur sporadisch vor; somit blei ben nur Kiefern , Fichten, Birken , Erlen nach ; im Nord osten noch Lärchenbäume und, dem mittleren Russ

land zu , Linden in ganzen Wäldern . Die günstigen Wasserverbindungen St. Peters

unzähligen Privatequipagen und nun noch die Ka- burgs gestatten , dass fast alles zum Verbrauch und vallerie und Artillerie dazu. Kaum ist diese Barke

zur Ausfuhr bestimmte Holz auf Jem Wasserwege

verschwunden , so zieht eine andere, schwer mit

ankommt. Von den mehr als 14000 Fahrzeugen,

Birkenholz beladen , den Strom herunter und biegt in unseren Kanal ein ; denn jedermann will seinen

die im

Holzbedarf für den Winter haben.

Holz beladen , und zwar betrug das Brennholz allein 28 Millionen Zentner, das Bauholz 1372 Millionen .

Von den un-

geheueren Massen an Holz, die das nördliche Russ-

vorigen Jahre in der Newa oder ihren

Kanälen anlegten , waren mehr als die Hälfte mit

daran , dass mit Ausnahme einiger Oertlichkeiten in

Ausserdem führen Narwa, Reval, Riga und Windau Holz aus. Die grossen Waldungen bringen übrigens der Regierung nur 32 Millionen Mark, obgleich an

den Ostseeprovinzen alle Dörfer, ja fast alle kleineren

Bauholz allein für 70 Millionen Mark ausgeführt

nördlichen und mittleren Russland aus

wird und mehr als eine Million Bretter allein über

land liefert und verbraucht, kann man sich kaum eine Vorstellung machen . Erinnern wir uns nur

Städte im

Holz gebaut sind , die Dörfer auch durchweg mit

St. Petersburg ins Ausland gingen ( 1890 ).

Holz gedeckt , dass alle Wohnungen in Stadt und Land den langen russischen Winter hindurch mit Holz geheizt werden und zwar alle Räume im Hause,

einen Einblick in dessen kolossalen Export von

ungeheizte Zimmer zwischen den geheizten duldet man nicht - , ferner dass die Moskauer und Warschauer Bahn Jahrzehnte hindurch ihre Lokomotiven nur mit Holz heizten und erst in letzter Zeit zur Kohlen-

heizung gezwungen worden sind, so fragt man sich, wie das alles aufgebracht werden konnte , und das trotz der alljährlich durch diese oder jene Unvor-

sichtigkeit oder Böswilligkeit ausbrechenden Waldbrände , die durchschnittlich 18000 qkm Wald zerstören , d . h . einen Flächenraum fast so gross wie Württemberg! Unermesslich gross sind freilich die Waldungen des nördlichen Russlands, wo oft 19 ha Wald auf einen Bewohner kommen , darunter wahre Urwälder , wo auf den modernden Baumriesen, die gefallen sind und von niemand beachtet werden, ein

Nehmen wir nun noch Finnland hinzu.

Um

Holz zu gewinnen , ist eine Fahrt auf dem Saima Kanal sehr zu empfehlen. Ein bequem eingerich tetes Dampfschiff nimmt uns bei Wiborg auf und führt uns bis zur ersten Schleuse. Die mächtigen Thore des Docks schliessen sich hinter uns, das von

oben zuströmende Wasser steigt in dem also ge bildeten Bassin , bis es mit dem höher gelegenen See gleich steht; jetzt fährt das Schiff weiter , bis es die nächste Schleuse erreicht, wo sich die Sache wiederholt, und so fort, wenn ich nicht irre, zwölf

mal. Die Fahrt ist sehr anmutig , denn wie Kou lissen schieben sich die stets wechselnden Scenen

an uns vorüber, jetzt eine Insel, dann eine Fels

partie, dort dunkler Fichtenwald, hier ein reizendes Landhaus, dort eine Gruppe Birken im ersten, zarten Frühlingsschmuck.

Links ab führt uns gar eine

neuer Anwuchs hervorsprosst. Von einer Wald- Chaussee in kurzer Zeit zu dem berühmten Imatra pflege, von Ansaat ist, abgesehen von einigen Unter- Fall, wo der Wuoxen wohl 34 km weit schäu 1

nehmungen dieser Art auf den Staatsdomänen, natürlich keine Rede ; nur ganz vereinzelt kommt diese letztere in Kurland oder einigen anderen Stellen der Ostseeprovinzen vor. Es bedarf derselben auch im

mend und tosend durch eine grosse Granitmulde herabstürzt. Die Wassermasse mag vielleicht grösser

sein, als die des Rheinfalles, aber das Wasser schat tiert sich erstlich nicht wie bei diesem

in Grün ,

sondern in Braun , zweitens ist er mehr eine ge samens, den sie alljährlich ausstreut, die abgeholzten waltige Stromschnelle, als ein Fall, und drittens Stellen von selbst bestellt und die reichliche Feuchtig- / lässt er sich gar nicht mit dem Rheinfall bei Schaff Norden kaum , da die Natur mit der Fülle des Baum-

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

316

hausen vergleichen, denn wir sehen ausser dem Hotel nichts als Wald , endlosen, aussichtslosen Wald .

nicht zu den angenehmen Erinnerungen ; aber es ist kein Vergleich zwischen ihnen und jener Nordlands

Der Saima-Kanal ist sehr belebt ; Schiff auf Schiff | plage. În vielen Gegenden des Nowgorodschen kommt auf demselben Wege, wie wir hinauf, den

Gouvernements u . a. kann man kein Buch lesen ,

Kanal herab, meistens mit Holz, Brettern, Teer

keinen Brief schreiben , ohne eine Kohlenpfanne

und Kohlen beladen . Wir wundern uns nicht, wenn

wir hören , dass der Wert der jährlichen Holzaus-

neben sich zu baben , in die man Tannenzapfen wirft, um die Mücken zu verscheuchen, ja die russi

fuhr aus Finnland sich auf 53 Millionen finnische

schen Bauern können in diesen Waldgegenden

Mark beläuft = 42 Millionen Reichsmark. Finnlands

an der Meeresküste ist es besser – ihren Schlaf nur

Kanäle wurden 1890 von 12945 Fahrzeugen be-

finden, indem sie sich rings mit dichten Vorhängen

fahren , und brachten eine Einnahme von 334 868

umgeben.

finnischen Mark.

Vom

Wer ein Interesse an dem Volk hat, freut sich

auch der fröhlichen finnischen Knaben, die, aufebenso munteren Pferden sitzend, die rückkehrenden Last-

schiffe von Schleuse zu Schleuse ziehen . Ja , das finnische Pferd selbst verdient unsere Aufmerksam-

Indem

Wald zum

Wilde ist nur ein Schritt.

ich diesen thue, hätten meine Leser ein

Recht, von mir zu erwarten , dass ich ihnen die Freuden einer nordischen Jagd schildere : wie das Wild aus dem Dickicht hervorbricht, das vielleicht in vielen Jabren kein menschlicher Fuss betreten ,

keit ; nicht gross, aber mit edelgeformtem Kopf, wie die Hunde den Meister Petz stellen, wie der grossen Augen und einem Fusswerk, wie es kein Jäger seinen Schuss abgibt, und, wenn er nicht sehr

anderes Pferd aufzuweisen hat; man sieht, es ist | kaltblütig und sicher war, noch einen Kampf zu er auf Granitfelsen herangewachsen . Nie bremst der Finne , wenn er einen Berg hinunterfährt; er jagt vielmehr in rasendem Trabe hinunter, um noch mit Schwung die nächste Anhöhe zu erreichen. Man glaubt, sein leichter, zweiräderiger Karren müsse in tausend Stücke fliegen und er selbst sich das Ge-

warten hat, bei dem der Bär zeigt , dass er noch ganz der alte ist, wie ihn unsere Urväter kannten , — oder wie man dem Wolf auflauert, oder was es noch dergleichen gibt. Aber das, hoffe ich, erlässt man mir; habe ich doch in meinem ganzen Leben

nick brechen , wenn das Pferd einen Fehltritt tbut;

Nutzbares Wild ist im Norden eigentlich recht

nicht einmal einer Krähe etwas zuleide gethan .

aber das geschieht eben nicht. Wegen ihrer Schnellig- spärlich vertreten . Hirsche gibt es überhaupt nicht; keit und Unverwüstlichkeit werden die Tiere auch

das Reh ist nur in Kurland und anderen ebenso

in St. Petersburg mit 800 bis 1000 Mark bezahlt.

milden Landstrichen zu finden , und es wird leider

Peter der Grosse, der die Vorzüge dieser Rasse er- von berechtigten und unberechtigten Nimroden nur kannte, die er auch in Esthland, wenn auch weniger rein , vorfand, verpflanzte sie ins Gouvernement Wjätka und hat dadurch einen ganz ausgezeichneten Pferdeschlag erzielt . Auch die finnische Kuh ist bemerkenswert. Von früh auf genötigt, zwischen

zu sehr dezimiert.

Man kauft oft auf dem Markt

ein ganzes ganzes Reh für 10 Mark Mark.. Es zu hegen , fällt ein nur hier und da einem Grossgrundbesitzer ein . Auch das Elen , früher zahlreich vertreten , wird immer

mehr in grosse und unwegsame Forste zurück

den wilden Felsen ihr spärliches Futter zu suchen , gedrängt. Ein eben erlassenes strengeres Jagdgesetz hat sie etwas von der Natur der Ziege angenommen ; sie ist flink , aber auch wehrhaft; ein Fremder soll

wird hoffentlich der rücksichtslosen Ausrottung nutz baren Wildes Einhalt thun . Der Hase wird in Kur

sich hüten , ihr in den Weg zu kommen . Sie ist land auf den weiten Kleefeldern gross und fett, in in ihrer Beweglichkeit das rechte Gegenbild der an- Livland merklich magerer, weiter hinauf nach Nor deren , schwerfälligen Nordlandskuh , die Russland den weiss , klein und fast wertlos. An Füchsen ist gleichfalls dem Scharfblick Peters des Grossen ver- kein Mangel. Noch viel schlimmer aber ist die dankt. Er verpflanzte nämlich holländisches Vieh Wolfsplage im nördlichen Russland. In Kurland ist in die Niederungen von Cholmogori im Archangel- man mit den Wölfen fertig und auch in Livland schen Gouvernement . Die Nachkommen bilden noch hat man durch regelmässig angeordnete Jagden sie jetzt eine der am weitesten verbreiteten und milch- sehr vermindert. In Nowgorodschen aber sind sie noch so arg , dass , wie ich selbst erlebt habe, im

reichsten Rassen des nördlichen Russlands.

Finnland hat unstreitig manche landschaftlichen Reize und wird darum

von Petersburger Sommer-

frischlern mit Liebe aufgesucht, vollends wer den Sport des Angelns liebt , findet dort die beste Ge-

legenheit.

Nur eins ist in stande, ihm die ganze

erste Hälfte des an sich kurzen Sommers zu

ver

Juli am hellen lichten Tage aus einem Dorf vor den Augen des Vaters ein zweijähriges Kind vom Wolf weggeholt wurde und nicht gerettet werden konnte. Finnland gibt etwa 40000 finnische Mark jährlich an Prämien für Vertilgung der Raubtiere aus und hat damit erreicht, dass im Jahre 1887 nur

leiden, – das sind die Mücken . Von dieser Qual, noch 78 Bären, 145 Wölfe und 325 Luchse erlegt wie sie allen nordischen Wald- und Sumpfgegenden wurden, während es 1880 fast die doppelte Zahl war. eigen ist , kann man sich kaum eine Vorstellung machen . Man hat ja auch hier » Neckar- und Rhein-

Ueberaus zahlreich ist in den grossen Wäldern

des Nordens und Ostens das Flugwild. Wenn meine

schnaken «, und die Bekanntschaft mit ihnen gehört | geehrten Leserinnen mit mir auf den Petersburger

Geographische Mitteilungen.

317

Wildmarkt gehen wollten , so würden sie staunen ,

dort sehen, kommen nicht mehr aus der Umgegend

wie dort Schlitten an Schlitten sich reiht, alle mit

von St. Petersburg, sondern aus Wladimir , jenseits

Auerhühnern , Birkhühnern , Haselhühnern u . dergl. beladen. Kiste auf Kiste wird dort verpackt und

Moskau ,, die Gravensteiner , die Reinetten, die der Herbst in die Fruchthalle bringt, stammen aus Kur land oder noch weiter südwestlich , und jene Trauben aus der Krim oder Astrachan ; sie sind kaum teurer als hier in Stuttgart . Kurz , man ist gar nicht so arm im Norden ; was uns fehlt, das holen wir uns.

nach Westen versendet, nicht bloss bis Berlin, nein,

selbst nach Paris. Sie würden dort übrigens auch einen Braten zu sehen bekommen , den man hier nie gesehen hat, ich meine den Renntierbraten . Er

gleicht etwa dem Damwild . Wie das Meer den Fischern , so geben die endlosen Wälder des Nordens den dortigen Bauern eine nie versiegende Erwerbsquelle. Viele leben ganz von der Jagd, namentlich von der auf Flugwild. Auch ein Gang auf einen

Doch eins hätte ich beinahe vergessen , was in keiner russischen Fruchtbude fehlt , die Kiewer Marmeladen ,

die sogar nach Deutschland ausgeführt werden . (Fortsetzung folgt.)

der grossen Märkte wäre lohnend. Da sehen wir im Winter endlose Reihen von Schlitten mit ge

schlachteten Schweinen , Gänsen u . s. w . , denn die Schlittenbahn ist für Russland noch wichtiger, als alle Eisenbahnen ; sie allein ermöglicht es , die Er-

liens , dessen Name auch bei uns bekannter zu werden

zeugnisse der abgelegenen Landstriche auf den Markt

verdiente , als er es thatsächlich ist , hat sein Kollege,

Geographische Mitteilungen. (Turazza.) Einem hervorragenden Gelehrten Ita

zu bringen. Petersburg verzehrt mehr als 2 Zentner

Professor Antonio Favaro in Padua , jüngst in aus

Fleisch pro Kopf und Jahr. Das beste Ochsenfleisch (Tscherkasski) gehört der südrussischen Steppenrasse

führlicher Gedächtnisrede ein ehrendes Denkmal ge

an, die nur als Zug- und Schlachtvieh Wert hat. Es

wird gegen anderes Fleisch um 15 teurer bezahlt, aber doch nicht über 45 Pfennig das deutsche Pfund. Da wir einmal auf dem Markte sind . wäre es

uns sehr gelegen , von der „ Wildreihe « in die an-

setzt .

Geboren am 30. Juli 1813 in dem lieblichen

Malcesine am Gardasee , erhielt Domenico Turazza

seine Erziehung im benachbarten Verona, seine höhere Bildung an der Hochschule, deren Zierde er später wer den sollte . Zuerst Lyzealprofessor in Vicenza , erhielt er 1812 die Lehrkanzel der Geodäsie und Hydrometrie an der Universität Padua, und in dieser Stellung ist er volle

stossende » Fruchtreihe « einzubiegen, ein grosses,, mit fünfzig Jahre verblieben . Während seine älteren Ar Glas überdachtes Gebäude , in welchem Laden an

beiten grossenteils der Analysis und theoretischen Me

Laden stösst , die uns je nach der Jahreszeit die herrlichsten Früchte anbieten ; im Frühling schon

mehr der Hydraulik zu und behandelte Probleme, welchen

die unabsehbare Menge von Orangen , die mit den

recht eigentlich ein geographisches Interesse zukommt. Die

chanik angehörten , wendete er sich später mehr und

ersten Schiffen ankommen und die ganze Umgegend physikalische Erdkunde war lange gewohnt,Fragen dieser Art ganz mit ihrem Duft erfüllen , später Gemüse aller Art, teils unter Glas, teils im freien Lande gezogen, denn

der Ingenieurwissenschaft zu überlassen und nur die von dieser gewonnenen Resultate für ihre Zwecke

in beidem sind die Russen Meister . Versicherte mir

scher Seite, wie die Studien von Blink , Penck , Ule u . a. darthun können, ein aktiveres Interesse, und eben darum muss auch Turazzas Thätigkeit auf diesem Ge biete mehr ins Licht gerückt werden . Derselbe verstarb

doch ein bayerischer Veterinär, den ich in Kissingen traf seine Regierung hatte ihn zum Studium der sibirischen Pest nach Russland geschickt -, - dass

zu verwerten , aber neuerdings regt sich auch auf geographi

er nirgends in der Welt so schöne Krautköpfe gesehen , wie im Ladogaschen Kreise , und da nicht

am 12. Januar dieses Jahres.

bloss wir unser Filderkraut lieben, sondern auch die

der >>» Trattato d'idrometria ad uso degli ingegneri « (Pa

Bayern zu ihren Würsteln und ihrem Bier ein gutes

dua 1845 ) ; die 1862 ebenda erschienene zweite Auf

Sein bedeutendstes hierher gehöriges Werk war

Kraut zu schätzen wissen , so darf ich annehmen , lage ist » Trattato d'idrometria o d'idraulica pratica« dass er von der Sache etwas verstand . Daneben -betitelt, die dritte ( 1880) bloss » Trattato d'idraulica pratica . « Kutters Formeln für die Bewegung des gibt es ganze Gurken felder, denn die Gurke und Wassers in Flüssen wurden von Turraza einer ein neben ihr die Arbuse (Wassermelone) sind dem gehenden Prüfung unterzogen ; auch beschäftigte er sich Volke nicht blosse Zukost, sondern wirkliche Nah- viel mit der Regulierung der Wasserläufe und den für rung . Auch der Anbau von Gartenerdbeeren , oder Italien so wichtigen Vorkehrungen gegen Ueberschwem wie man sie hier nennt , Prestlingen, nimmt viele mungen . Ueber den Tiber, Bachiglione, die Brenta und Hektaren ein . Ausserdem sind die Himbeeren neben

den Heidel- und Preisselbeeren zu nennen , auch manche andere Waldbeere , die hier fast unbekannt ist , so die rote Moosbeere und die aromatische

andere Flüsse hat er nach dieser Richtung hin Mono graphien veröffentlicht . Von anderen Abhandlungen aus

seiner Feder , welche grossenteils in den Denkschriften der » Accademia di Padova « und des » Istituto Veneto «

1) Dass die unermesslichen Wälder auch viele Pilze liefern,

abgedruckt wurden, nennen wir je eine über die Küsten strömungen des Adriatischen Meeres und über die tech nische Nutzbarmachung der Gezeitenbewegung, vor allem

brauche ich kaum zu sagen. Sie sind ein wichtiger Teil der Volksnahrung , und das Sammeln derselben ist ein Vergnügen für Jung und Alt.

Entwaldung der Gebirge auf den Wasserreichtum der Ströme ausübt ( vgl. auch » Nuovo Cimento «, 13. Band).

Schellbeere ) .

Aber freilich die Kirschen , die wir

aber seine Untersuchung des Einflusses, welchen die

Litteratur .

318

Angesichts der Wichtigkeit, welchen dieser so viel um strittene Gegenstand neuerdings erlangt hat, möchte es sich empfehlen , die Ergebnisse eines so tüchtigen For

schers wieder aus der Vergessenheit zu ziehen. (Favaro, Della vita e delle opere del Senatore Dom . Turazza, G. B. Randi , 1892. )

Es dürfte wohl nicht zu viel gesagt sein , wenn wir be haupten , dass der physikalische Atlas von Berghaus als Zu sammenfassung des kartographisch darstellbaren Wissens von der Erde nicht bloss für die geographische Litteratur der deut schen Zunge , sondern geradezu der ganzen gebildeten Welt eine Epoche bedeutet . Als 1845 dieser Atlas in seiner ersten Auf lage vollendet war , sprachen deutsche und ausländische Fach

(Die Wasserführung der Gebirgsbäche.)

zeitschriften dieses Urteil einstimmig aus , und heute , wo die

Unterstützt durch die von der Vorstandschaft des Deutsch-

zweite Auflage als der Ausdruck unserer jetzigen Kenntnisse von dem berühmten geographischen Institute von Perthes hin

Oesterreichischen Alpenvereines zur Verfügung gestellten Mittel hat Professor Finsterwalder (München ) in Verbindung mit Dr. Blümcke (Nürnberg ) vor einiger Zeit Pegelstationen sowohl im Venter Thale als auch bei Sulden im Ortlergebiete eingerichtet, und die am letztgenannten Orte ausgeführten Messungen haben bereits die Möglichkeit an die Hand gegeben, einige inter-

essante Schlüsse zu ziehen . Neben der jeweiligen Tiefe des Gebirgsbaches wurde auch dessen Geschwindigkeit an der Oberfläche (im Stromstriche) mittels eingestreuter

Schwimmkörper bestimmt; dabei ergab sich , dass die Geschwindigkeit v mit dem Inhalte g9 des Profilquer

ausgegeben ist , können wir von allen Seiten wieder diesen gleichen einmütigen Beifall vernehmen. Wir wollen uns heute mit der Abteilung IV dieses gross

artigen Werkes , mit dem von Gg. Neumayer bearbeiteten Atlas des Erdmagnetismus, beschäftigen. Kein Zweig der geophysikalischen Forschung hat mit so

grossen Schwierigkeiten zu kämpfen, als gerade das Studium des Erdmagnetismus. Ist doch schon von vornherein das Wesen des selben in ein auch heute noch unentschleiertes Dunkel gehüllt .

Die Beobachtungen stellen an die Beobachtungsinstrumente als solche, an deren von Lokaleinflüssen geschützte Aufstellung, so

wie an die Intelligenz und Sorgfalt des Beobachters die höchsten

schnittes und dem benetzten Teile u des Profilumfanges durch die ziemlich genaue Relation v ? k (9 : u) zu-

Anforderungen. Ausgedehnte, für die meisten Fragen Jahrzehnte umfassende Beobachtungen sind notwendig, um nur für einen ein

sammenhing, wo k eine für den jeweiligen Platz em-

Wie wir sehen werden , zeigt die geographische Verteilung der

pirisch zu ermittelnde Konstante bedeutet. Als mittlere

Beobachtungsdaten Lücken, welche es für den ersten Blick über haupt fraglich erscheinen lassen möchten , ob aus diesem Materiale eine die ganze Erdoberfläche umspannende Darstellung kombi

Geschwindigkeit nahm man ? /3 dieser Maximalgeschwindigkeit , und damit war die Berechnung der Wasser

führung , d. h . desjenigen Wasserquantums gegeben,

zelnen Ort die wichtigsten Perioden der Erscheinungen festzustellen.

niert werden kann .

welches in der Zeiteinheit das betreffende Profil passiert.

Das Beobachtungsmaterial ist zu allem Ueberflusse, wenig.

Verglich man die für die Wasserführung erhaltenen

stens in den früheren Zeiten , in keineswegs homogener Weise veröffentlicht worden, und manche langjährige Beobachtungsreihe

Zahlen mit den ombrometrischen Angaben, welche allerdings grossenteils auf interpolatorischem Wege herge-

harrt heute einer systematischen Durcharbeitung und Zusammen. fassung ihrer Einzelbeobachtungen.

leitet werden mussten , so stellte sich eine Nichtüber-

Schliesslich unterliegen die fraglichen Erscheinungen selbst säkularen Aenderungen, deren Gesetze uns noch keineswegs ge

1

einstimmung heraus, die sich nur durch die — allerdings an sich wahrscheinliche – Hypothese heben lässt,

dass mit der Höhe, wenigstens anfänglich , die Nieder schlagsmengen zunehmen. Letzteres wird durch die

nau bekannt sind . Diese Aenderungen gehen an verschiedenen Orten in verschiedenem , ja vielfach in entgegengesetztem Sinne vor sich . Unter diesen Umständen können zwei gute, aber durch

Beobachtungen auf dem Hohen Sonnblick bestätigt.

eine zeitliche Unterbrechung getrennte Beobachtungsreihen selbst

Schon lässt sich fernerhin eine Thatsache übersehen, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist, da die Sul dener und die mehr als zwei Jahre umfassenden Oetz-

vom gleichen Orte nur unter Anwendung eines äusserst sorg fältigen Kalkuls mit einander in Verbindung gebracht werden, und die Vebertragung der Resultate von einer Station auf eine andere stösst begreiflicherweise auf noch viel grössere Schwierig.

thaler Aufzeichnungen ganz das Gleiche ergeben. Die

keiten .

Winterwasser sind annähernd konstant in der Zeit von

Es ist daher begreiflich , dass Bearbeitungen der magne

Mitte November bis Mitte April, einerlei, wie sich wäh-

tischen Verhältnisse der gesamten Erdoberfläche nicht zu oft

rend dieses Zeitraumes die meteorologischen Prozesse

wiederholt werden .

sonst abspielen. Es scheint sogar , als ob diese Kon stanz auch von Jahr zu Jahr erhalten bliebe. Finster

auch nur in flüchtigen Zügen auf die wichtigsten Arbeiten , welche auf dem Gebiete der allgemeinen erdmagnetischen Forschung

Es würde uns zu weit führen , wollten wir

früher erschienen sind , hinweisen .

3

Diejenigen unserer Leser,

walder ist der Ansicht, dass die Winterwasser wesentlich

denen neben der neuen Ausgabe des Berghausschen Atlas auch

durch den Grad der Vergletscherung des Einzugs gebietes, d. h . jenes Bezirkes bedingt seien, dessen sämtliche Gewässer sich in dem fraglichen Bache zusammen-

wir einladen , diese beiden Kartenwerke Blatt für Blatt mit ein

finden . An beiden Beobachtungsstationen bemerkte man, dass in der genannten Frist nur die eigentlichen Glet scherbäche flossen , alle übrigen Wasserläufe dagegen nach Eintritt dauernden Frostes ausblieben . (Mitteilungen des Deutsch -Oesterr. Alpenvereines, 1892, Nr. 8. )

jene ältere (vollendet im Jahre 1845) zugänglich ist , möchten ander zu vergleichen und sich zu überzeugen , wie seit jenen Tagen das Studium des Erdmagnetismus nicht nur eine wesent liche äussere Verbreiterung, sondern auch eine bedeutende innere Vertiefung erfahren hat. Der Atlas des Erdmagnetismus von Neumayer ist das Endresultat einer ganz ausserordentlich umfangreichen Unter suchung , welche in vielen Zwischenstufen die Hilfe der mathe

matischen Analyse und der kartographischen Darstellung und Interpolation beigezogen hat. Bei einem Reichtume des Inhaltes, der den jeder früheren magnetischen Kartensammlung weit über.

Litteratur . Atlas des Erdmagnetismus Berghaus' Physikalischer Atlas, Abteilung IV ). 5 kolorierte Karten in Kupferstich mit

20 Darstellungen. Bearbeitet von Dr. Georg Neumayer, Direktor der Deutschen Seewarte in Hamburg. Gotha , Justus Perthes, 1891. ( 18 Folioseiten erläuternder Text und 5 Atlasblätter .)

trifft, wird uns das ganze Material in einer möglichst homogenen

Weise und vorzüglichster graphischer Ausführung geboten. Wir finden folgende Darstellungen :

Blatt I. Linien gleicher magnetischer Deklination für 1885.0 (die Hauptkarte in Mercators Projektion , die Polar gebiete in Nebenkarten ). Kleinere Nebenkarten enthalten ferner noch : a) tägliche Variation der magnetischen Deklination ; b) Sä

Litteratur.

kularänderungen der magnetischen Deklination für die Epoche 1870-1890.

319

kiiste und etwas weiter landeinwärts und die Beobachtungen der Observatorien in S. Paolo de Loanda und in Mauritius. Ver hältnismässig eingehend sind die erdmagnetischen Verhältnisse

Blatt II . Magnetische Meridiankurven und Gleichgewichts in C. G. S. für 1885.0 (Mercators Projektion ). R

während in der überhaupt so wenig bekannten Antarktis auch

Hierzu in Nebenkarten : a) magnetische Gleichgewichtslinien

bezüglich der magnetischen Verhältnisse die Bestimmungen wesent

linien

der arktischen Zone studiert ( in mancher Hinsicht sehr genau ), lich unsicherer sind .

fiir 1830 nach Gauss und Weber (Mercators Projek

tion ); b) Isodynamen für 1885.0 (Mercators Projektion nebst

Es ist klar, dass bei dieser Sachlage, ganz abgesehen von den Schranken , welche der Maasstab der Karten auferlegt, die

den zugehörigen Polarkarten ). Blatt III. Isoklinen für 1885.0 (Hauptblatt in Mercators Projektion, Polargebiete in Nebenkarten ). Dazu noch als Neben

grossen und ganzen darstellen kann , ohne auf die Einzelheiten einzugehen , die in einigen wenigen Gebieten durch Specialunter

karten Isoklinen für 1700, bzw. 1600 und für 1780 nach Han.

suchungen bekannt geworden sind. Die Ausdehnung dieser ein

steen (Mercators Projektion ).

gehend durchforschten Gebiete ist gegen das Ganze so gering,

Zeichnung der magnetischen Kurven nur die Verhältnisse im

Linien gleicher magnetischer Horizontalinten

dass es sich schon aus diesem Grunde nicht lohnen würde, hier

sität für 1885.0 (in Mercators Projektion mit den Polargebieten

die Kurven genauer als wie in der Allgemeinheit zu behandeln. Als Grundlage und Einleitung der Verarbeitung wurden zunächst für alle Gebiete , bezw. soweit dies überhaupt möglich ist, für die ganze Erde die Säkularänderungen der einzelnen Ele

Blatt IV.

in Nebenkarten ). Dazu in Reproduktion Sabines' Isodynamen für alle Beobachtungen bis 1838 und jene für die Epoche 1840 bis 1845 .

Blatt V bringt schliesslich die Aenderungen der magne. tischen Deklination seit 1600 zur Darstellung , indem

hier Iso

gonen für 1600 nach Hansteen , für 1700 nach Halley , für 1800 nach Hansteen , für 1858 nach der Britischen Admiralität geboten werden . Das reiche Kartenmaterial wird von einem erläuternden

Texte begleitet , dessen eingehendes Studium uns einerseits die

Schwierigkeiten erkennen lässt , welche auch in unseren Tagen der Herstellung eines solchen Werkes gegenüberstanden , und

andererseits uns die Ueberzeugung aufdrängt, dass die hier vor. liegende Arbeit mit grösster Kritik und Sorgfalt durchgeführt

ist und sich auf ein Beobachtungsmaterial stützt, das in gleicher Ausdehnung und Güte früher nicht gesammelt war. In den » Vorbemerkungen « des Textes weist zunächst Herr Neumayer darauf hin , dass die für 1885.0 konstruierten Karten vor allen ihren Vorläuferinnen den grossen Vorzug haben , dass

sie sich innerhalb des grössten Teiles ihres Umfanges auf Be . obachtungen jüngeren , dieser Epoche naheliegenden Datums stützen können . Die Weltreisen des » Challenger « und der „ Ga .

mente studiert. Hierfür lagen zwei Wege vor , nämlich Ver gleichung der magnetischen Kurven , die für ein und dasselbe

Gebiet, bezogen auf verschiedene Zeiten, vorliegen, oder Unter suchung längerer Beobachtungsreihen an einer und derselben magnetischen Warte. Durch eine umfangreiche rechnerische Ver arbeitung wurde das ganze Material dann auf die Epoche 1870 bis 1890 durchgehends reduziert und erst in grösserem , dann in kleinerem Maasstab kartographisch verwendet . In kurzen Zügen wird der Zusammenhang zwischen den einzelnen Grössen , durch welche wir die erdmagnetische Kraft

darzustellen gewohnt sind, erläutert. Eine Reduktionstabelle gibt die Reduktionen zwischen den meist gebräuchlichen Maassein heiten , nämlich der Gaussschen Einheit (G. E.) , der elektrischen Einheit (C. G. S.) und der englischen Einheit (E. E.). Alle Karten in dem Atlas sind in elektrischer Einheit gegeben , mit Ausnahme der aus älteren Werken zum Vergleiche reproduzierten Darstellungen. Von grossem Interesse dürften gerade fiir solche geogra

zelle « lieferten in hervorragender Weise Material für die Karten,

phische Kreise , welche sich nicht speciell mit dem Studium des Erdmagnetismus beschäftigen können , die auf klärenden Worte sein,

und nur in einzelnen Gebieten , zumal in der Antarktis, musste

durch welche Neumayer den Standpunkt unserer Kenntnis der

man auf frühere Beobachtungen zurückgreifen. Von maritimen Expeditionen , welche wesentliche Beiträge lieferten , sind beson

Säkularvariationen des Erdmagnetismus zeichnet. Die Schwierig. keiten , welche hier bestehen , sind weit grösser , und die bis heute im allgemeinen erzielten Resultate weit geringer , als

ders zu erwähnen die Fahrt der » Vega« unter Nordenskiöld , die norwegische Expedition unter Wille und Mohn in den Ge wässern zwischen Island, Norwegen und Spitzbergen , die Reise des holländischen Schiffes » Willem Barents « zwischen Finnmarken , Nowaja-Semlja und Franz-Josephs-Land. Die Verteilung des magne tischen Beobachtungsmateriales ist auf dem Lande eine sehr ver schiedenartige.

Wir finden eine Reihe von neueren magneti

vielleicht mancher Fernstehende glaubt. Wir können natürlich an dieser Stelle nicht auf die Einzelheiten der vor allem auch an sorgfältigen Litteraturnachweisen reichen Darstellung Neu may ers eingehen . Die Säkularvariationen sind für alle Ele. mente besprochen . Das reichste Material liegt selbstverständlich für die Aenderungen der Deklination vor, während unsere Kennt .

schen Vermessungen angeführt, welche für die Konstruktion der

nisse in dieser Hinsicht bei der Inklination und noch mehr bei

Karten noch verwendet werden konnten .

der Horizontal-, bzw. Totalintensität wesentlich geringer sind . Einen allgemeinen Ueberblick über die grossen Aenderungen , welche

Rühmlichst hervorzu

heben sind zunächst die ausgedehnten magnetischen Vermessungen in Nordamerika , welche von der Coast und Geodetic Survey ausgeführt worden sind und noch fortgesetzt werden . Aus Süd

die Deklination seit 1600 erfahren hat , erhalten wir durch das

Blatt V unseres Atlanten, welches Isogonen für 1600, 1700 , 1800 und 1858 bringt , mit denen wir dann noch Blatt I zu vergleichen

amerika liegen Beobachtungen vor von Dr. v. Rijkevorsel in der Nordostecke von Brasilien , sowie die Aufnahmen des Expe. ditionsschiffes » Romanche « an der Südspitze von Amerika und

haben .

von Feuerland während der internationalen Polarforschung 1882

stellungen jüngeren und jüngsten Datums. Wir sind heute noch

bis 1883. Dazu kommen noch vereinzelte Beobachtungen an

nicht im stande, Linien gleicher Werte der Säkularänderung für eine gewisse Epoche und ein ausgedehntes Gebiet zu zeichnen . Einen derartigen Versuch für Osteuropa und Westasien nach

verschiedenen Punkten.

Im europäisch -asiatischen Kontinente

sehen wir zunächst ausgedehnte magnetische Untersuchungen innerhalb der Grenzen des russischen Reiches , ferner solche in

Frankreich, Ungarn , England, Italien, dann in Deutschland längs des ganzen Küstengebietes und in Südskandinavien. Vorderindien, der asiatische Archipel und Japan können, wenigstens nach Aus führung einer ziemlich sicheren Reduktion, als bekannt betrachtet werden . Das Gleiche gilt vom Südosten Australiens , während

vom übrigen Kontinent oder gar vom australischen Archipel nichts vorliegt .

Die Karten der früheren Zeiten stützen sich begreif

licherweise auf ein viel beschränkteres Material als die Dar.

Tillo enthält der kleine Nebenkarton auf Blatt I , der auch sonst noch einige ähnliche Darstellungen zu bringen versucht. In dem erläuternden Texte hat Herr Neumayer zunächst für die Deklination und später für die anderen Elemente das zu verlässigste Zahlenmaterial, welches aus langjährigen Beobach

tungen magnetischer Werte abgeleitet werden kann , zusammen gestellt .

Von Afrika sind nur die Mittelmeergestade

Bezüglich der Inklination ist die Bestimmung der Säkular

einigermaassen genauer untersucht , sonst aber sind nur von ganz vereinzelten Punkten sichere Werte vorhanden , nämlich einige

variation wesentlich schwieriger . Zunächst sei auf das Blatt III des Atlanten hingewiesen , welches Isoklinen für 1885.0 bringt ,

Reisebeobachtungen von Capello und Ivens an der Loanda

sowie in Nebenkartons nach Hansteen solche für 1700 (nebst

Litteratur .

320 einzelnen Linien für 1600 ) und für 1780.

Charakteristisch ist

Mit Recht widmet Neumayer den magnetischen Landes

die Wanderung des magnetischen Aequators (der Linie mit der Inklination Null) und seiner Schnittpunkte mit dem terrestrischen

aufnahmen einige Worte und erläutert durch Text , Zahlenangaben

Aequator, der sog. Knotenpunkte. Am schlimmsten steht es bezüglich unserer Kenntnisse Säkularänderungen der Horizontal., bzw. Totalintensität. Die obachtungsreihen sind hier viel zu kurz , um ein definitives sultat liefern zu können , und überdies ist die Benutzung

der Be Re der

und das Beispiel der magnetischen Karte der Britischen Inseln

die Unterschiede zwischen den ( ausgeglichenen ) terrestrischen (und den detaillierten) wahren magnetischen Linien . Zu ersteren zählen jene des vorliegenden Kartenwerkes, während eine specielle

meisten Reihen durch den Mangel der Einheitlichkeit der zur

magnetische Landesaufnahme durch die letzteren die sogenannten Lokal- und besonders die Distrikts -Störungen zur Darstellung bringt. Die wichtigsten Störungsgebiete der Erde und die

Anwendung gebrachten Maasse sehr erschwert . Blatt IV enthält zwei Nebenkarten , beide nach Sabine , welche die Totalinten sität darstellen , und zwar sind in dem einen die Isodynamen ver

aufgeführt. Zum Schlusse teilt Neumayer noch die Gausssche

zeichnet, welche sich aus allen Beobachtungen ergaben , die vor

Theorie des Erdmagnetismus, angewendet auf die magnetischen

dem Jahre 1838 gemacht worden sind , während das zweite Kärt

Elemente für 1885.0, mit und gibt das magnetische Moment der

wesentlichsten Theorien über den Einfluss des Bodenreliefs werden

chen Linien gleicher Totalintensität für die Epoche 1840—45

Erde und die Lage der magnetischen Achse. Mit der Frage,

enthält.

inwieweit sich die Gausssche Theorie den Beobachtungen an.

Rücksichten auf den verfügbaren Raum zwangen leider dazu, die Isodynamen für 1885.0 auf einem anderen Blatte , näm lich auf Blatt II , unterzubringen , wo neben der Weltkarte in

Mercators Projektion auch die Polargebiete die entsprechende Darstellung fanden . Für die nördliche Polarkarte lag wesentlich neues Material vor. Die Sammelpunkte der magnetischen Kraft äusserung treten weniger bestimmt und klar hervor , als man früher glaubte , und wir sehen an ihrer Stelle mehr oder minder

ausgebreitete Gebiete. Die Linie, welche die Punkte geringster Totalintensität auf

jedem Meridiane verbindet , wird als dynamisch - magnetischer

zuschmiegen vermag , hat sich bekanntlich Neumayer schon des öfteren in eingehendster Weise beschäftigt und in mehreren höchst bedeutenden Vorträgen seine Erfahrungen den wissen schaftlichen Kreisen mitgeteilt. Besonders ist hier sein Vortrag vom VIII . Geographentag in Berlin hervorzuheben , wo höchst

interessante kartographische Darstellungen der (natürlich nur vor läufigen) Differenzen zwischen den nach der Gaussschen Theorie berechneten und den beobachteten Werten der agnetischen Elemente vorgelegt waren. Ein Auszug aus diesem Vortrage ist am Schlusse des erläuternden Textes gegeben in der Absicht, zu neuen Studien in dieser Richtung anzuregen .

Die älteren Karten von Sabine konnten

Die Uebereinstimmung zwischen Berechnung und Beob.

in vieler Hinsicht nur schematisch sein , und die Unsicherheit

achtung hat nämlich noch nicht den wünschenswerten Grad er reicht . In der That sind auch schon mehrfache Vorschläge zu

Aequator bezeichnet .

derselben verhindert uns , Schlüsse über Verschiebungen dieses Aequators oder auch der Punkte grösster Totalintensität zu ziehen .

Diese grossen Perioden der Säkularschwankungen gestatten in dem erläuternden Texte einen natürlichen Vebergang zu den

kleineren , periodischen und aperiodischen Schwankungen der erdmagnetischen Elemente. Auch in dieser Hinsicht sind eigent lich unsere Kenntnisse noch recht gering. Am meisten wissen wir verhältnismässig von der Tagesperiode der Deklination. Neumayer hat das während der internationalen Polarforschung

Veränderungen und Verbesserungen dieser Berechnung gemacht worden, so besonders von Adolph Schmidt in Gotha. Sehr wichtig sind die Vorschläge, welche für die Berechnung des magnetischen Potentiales Fr. Neumann schon vor vielen Jahren

inachte. Merkwürdigerweise wurde diese Anregung bis in die letzte Zeit nicht weiter beachtet. Heute hat dieselbe neuerdings an Bedeutung gewonnen, seit der Direktor der Münchener Stern warte , Professor Dr. H. Seeliger , ungemein bequeme Tafeln

1882/83 gesammelte Material benutzt , um zum erstenmal auf

zur Ausführung solcher und ähnlicher Berechnungen entworfen

Grund synoptischer , also wirklich vergleichbarer Beobachtung diese Periode in eigentümlicher und interessanter Weise durch

hat "). Wie wir hören , sollen diese verschiedenen Anregungen auch von Herrn Neumayer bei bereits begonnenen Neuberech

ein Nebenkärtchen zu Blatt I darzustellen . Auf diese specielle Behandlung möge ausdrücklich hingewiesen sein , da erst eine aufmerksame Betrachtung die volle Bedeutung dieses Kärtchens erkennen lässt, dessen Prinzip sich für manche andere Aufgabe

nungen verwertet werden .

3

gleichfalls empfehlen würde. Bei der Besprechung der aperio. dischen Störungen sind die Kurven , welche an einem Termin tage ( 15. November 1882) an den verschiedenen Stationen von den magnetischen Instrumenten registriert wurden , mit einigen ,

durch den Maasstab der Abbildung bedingten Vereinfachungen reproduziert. Dieselben bieten ein anschauliches Bild der Schwan kungen während einer grösseren magnetischen Störung. Wir haben zunächst noch die in Blatt II dargestellten Meridian

kurven und die Gleichgewichtslinien oder Linien gleichen magne V

tischen Potentials R

. für 1885.0 zu erwähnen.

Die Meridian

Der Erdmagnetismus bildet heutzutage noch eines der schwierigsten Kapitel der geophysikalischen Forschung, und sein eigenstes, innerstes Wesen wie sein Zusammenhang mit anderen

Erscheinungen der Natur ist trotz aller Bemühungen und grossen Fortschritte noch lange nicht aufgeklärt. Doppelt müssen wir daher eine so bedeutende litterarische Erscheinung wie Neu mayers Atlas begrüssen, welche eine Zusammenfassung unseres heutigen Wissens gibt. F. Erk .

München .

Die hygienischen Verhältnisse der grösseren Gar nisonsorte der Oesterreichisch -ungarischen Mon archie. IX . Szegedin. Mit einer Umgebungskarte und 15 graphischen Beilagen. Wien , 1892. Aus der k . k. Hof und Staatsdruckerei . IV und 51 S.

kurven sind durch Konstruktion aus den Isogonen entstanden,

während die Gleichgewichtslinien nach der Gaussschen Theorie durch Rechnung abgeleitet sind. In dem Nebenkärtchen ist eine

8º.

Das neunte Heftchen dieser für Geognosie , Klimatologie und lokale Landeskunde überhaupt interessanten Beiträge, welche die Militärbehörde des gemeinsamen Heeres herausgibt, behandelt

V

Reproduktion der Gaussschen Karte der Linien ( ) gegeben.

eine der wichtigsten Provinzialstädte Ungarns. Dem Hydro graphen werden die Nachrichten über das nur zu bekannte In

Schon Gauss wies darauf hin , dass die hier dicht ge

undationsgebiet und über die Grundwasserstände erwünscht sein.

R

drängten Kurven gewissermaassen eine Schattierung erzeugen,

S. Günther,

welche ein vorzügliches Bild der Verteilung des magnetischen Potentiales gibt .

früher gelegentlich besprochen , und Blatt IV bringt die Linien

1 ) Ueber die interpolatorische Darstellung einer Funktion durch eine nach Kugelfunktionen fortschreitende Reihe , Sitzungsber. der bayer. Akad .

gleicher magnetischer Horizontalintensität, deren Verteilung in einem interessanten Zusammenhange zum Gradienten im Systeme

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

Den Inhalt von Blatt III (Isoklinen) haben wir bereits

der Linien

©

steht .

Auch Blatt V haben wir an passender

Stelle bereits namhaft gemacht.

d . Wissensch ., 1890.

in Stuttgart .

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Stuttgart, 21. Mai 1892.

Jahrgang 65 , Nr. 21. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart .

Quartal M. 7.-

Preis pro

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der

einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

In- und Auslandes und die Postämter.

MDGXL

GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt : 1. Ein neuer Projektionsglobus. Von Franz Adami ( Bayreuth ). S. 321 . 2. Zur Topographie und Ethno logie Siebenbiirgens. Von Rudolf Bergner ( Hermannstadt- Linz). S. 325. — 3. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Fortsetzung.) S. 328. — 4. Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. See. berg (Stuttgart) . (Fortsetzung .) S. 331 . 5. Geographische Mitteilungen. (Rotation der Sonne ; Zur Geschichte der barometri schen Höhenmessung ; Mombassa vor vierhundert Jahren.) S. 334. 6. Litteratur. (Collignon.) S. 336.

Ein neuer Projektionsglobus.

die Erde wirklich eine kugelförmige Gestalt hat, und

Von Franz Adami (Bayreuth) .

die Annahme der Alten, dass die Erde eine Scheibe

sei, ist dem rohen Anblick ja auch vollkommen ent

Die Schwierigkeiten , sich in den verschiedenen räumlichen Bewegungen der Himmelskörper zurecht

sprechend.. Man muss staunen vor dem Genie des

zu finden und dieselben mit dem geistigen Auge zu erfassen und festzuhalten , sind wohl allgemein be-

der Erde hinweg zu versetzen und in Widerspruch mit dem Augenschein zu bringen durch die Behauptung,

Mannes, der es zuerst verstand, sich gleichsam von

kannt. Hatte ja die geniale Denkkraft eines Copperni-

die Erde sei eine allseitig gekrümmte Fläche, um so mehr

cus mehr als vierzig Jahre zu arbeiten, um ein System zu ersinnen , welches vor dem strengen Forum der Wissenschaft die Probe in jeder Beziehung bestehen

als diese Behauptung zu einer Zeit aufgestellt wurde, in der noch nicht ausgedehnte Reisen oder Beobachtungen an vielen Punkten der Erde die Richtigkeit einer solchen

konnte. Doch wird selbst heutzutage, abgesehen von

Annahme durch Thatsachen unterstützen konnten .

Dass es trotzdem möglich ist, die Richtigkeit des sich nur einmal der Mühe unterzogen hat, die copper- coppernicanischen Systemes augenscheinlich nachzu den astronomisch geschulten Fachleuten , jeder , der nicanische Lehre mit der Anschauung in Einklang zu bringen , vielfach auf Hindernisse stossen , und

weisen und die Erscheinungen , welche die Bewe gungen der Himmelskörper darbieten, mit dem cop

so hat denn die coppernicanische Lehre im Laufe pernicanischen Systeme so in Einklang zu bringen, der Zeit einen mehr oder weniger dogmatischen Charakter angenommen . Man begnügt sich einfach mit

Wahrheit eben dieser Lehre zu erkennen vermag,

der Thatsache, die coppernicanische Lehre zu kennen,

ist die Aufgabe des vom Schreiber dieser Zeilen

dass auch das physische Auge in kurzer Zeit die

und nimmt dieselbe aufGrund des Autoritätsglaubens

konstruierten Projektionsglobus, dessen nähere

als wahr an . Die Ursache , weshalb es nicht ganz leicht ist, die heliocentrische Weltordnung der Praxis anzupassen, ist unschwer einzusehen . Einmal sind die Dimensionen unseres Erdkörpers viel zu gewaltig im

Beschreibung hier erfolgen und dessen mannigfache Verwendbarkeit dargethan werden soll . Vgl. die

Vergleich zu dem menschlichen Fassungsvermögen,

1. Beschreibung des Projektionsglobus.

als dass man dieselben ohne weiteres vernachlässigen könnte , und zweitens gehen die Bewegungen der Himmelskörper trotz ihrer für irdische Verhältnisse ganz erstaunlichen Geschwindigkeiten doch so lang-

In der Mitte des kugelförmigen Apparates von ungefähr 2 m 50 cm Durchmesser ist eine elek

sam vor sich , dass schon eine ziemliche Ausdauer

dazu gehört , um durch selbst angestellte Beobachtungen greifbare Resultate zu erzielen . Schliesslich sind die Ausdehnungen des Weltalls so unermesslich , dass selbst die Dimensionen unseres gewaltigen Erdkörpers gegen die ersteren vollständig verschwinden . So kommt es nur einem verschwindenden Bruchteil

der Menschheit zum thatsächlichen Bewusstsein , dass Ausland 1892 , Nr . 21 .

Zeichnung

trische Glühlampe mit einer Leuchtkraft von 50 N.K., welche die wirkliche Sonne vorstellen soll , in kar danischer Weise doppelt aufgehängt . Die kardanische Aufhängung ist an einem Kreise befestigt, welcher die Bahn des Planeten » Venus

vorstellt und eine

Einteilung trägt , welche die Länge des von der Venus in einem Monat zurückgelegten Weges er kennen lässt.

Die Venusbahn ist von einem Kreise

umgeben , der die wirkliche Bahn der Erde vorstellt und eine Einteilung besitzt , aus der die Länge des 41

Ein neuer Projektionsglobus.

322

von der Erde in jedem Monat zurückgelegten Weges ersehen werden kann .

Die Ebene der Venusbahn

kann gegen die Ebene der Erdbahn unter einem Winkel von 3 12 ° geneigt werden, wie es annähernd der Wirklichkeit entspricht , und man erkennt an der Venusbahn die Länge des aufsteigenden Knotens 2 (d. h. desjenigen Punktes, in welchem sich die Venusbahn über die Ebene der Erdbahn erhebt) bei 75 ° und die Länge des absteigenden Knotens 1 (d. h . desjenigen Punktes der Venusbahn, in welchem sie unter die Ebene der Erdbahn hinabsteigt) bei

gelegte Weg ist. ) Man sieht an der Marsbahn die Länge des 2 R = 48 ° 24' und die Länge des 2 228 ° 24'.

Die Ebene der Marsbahn kann gegen

die Ebene der Erdbahn unter einem Winkel von

Iºsi ' geneigt werden , entsprechend der Wirklich keit . Eine Kugel von 13 mm Durchmesser lässt sich auf der Marsbahn verschieben , wodurch alle

Stellungen , welche der Mars in Wirklichkeit an nimmt, nachgeahmt werden können . Die Verhältnisse der Durchmesser der einzelnen

Bahnen sind der Wirklichkeit entsprechend nach

255 '. Auf der Venusbahn lässt sich eine Kugel gebildet , ebenso die Verhältnisse der Durchmesser von 24 mm Durchmesser leicht verschieben , um alle möglichen wirklichen Stellungen der Venus nach-

der Himmelskörper Erde, Venus und Mars.

ahmen zu können. Hierbei ist die Achse der Venus

stäben an einem 2 m im Durchmesser haltenden

senkrecht zu ihrer Bahnebene zu stellen, und zu beachten, dass die Umdrehungszeit der Venus um ihre

Kreise angeschraubt, so dass die Ebenen beider Kreise in eine einzige zusammenfallen . Dieser letztere grosse Kreis ist in 360 abwechselnd schwarz und weisse

Achse mit ihrer Umlaufszeit um die Sonne zusammen-

fällt. In gleicher Weise lässt sich auf dem Kreise, der die Erdbahn vorstellt, ein kleiner Erdglobus von 25 mm Durchmesser , dessen Achse mit der Ebene der Erdbahn einen Winkel von 66 1/2 0° bildet , ver-

schieben, um dem kleinen Erdglobus für jeden Tag die der Wirklichkeit entsprechende Stellung zur Sonne

geben zu können. Der Erdglobus trägt einen geschlitzten beweglichen Meridian und einen auf demselben verschiebbaren beweglichen Horizont mit einem Zenithzeiger. Der Erdglobus kann um seine Achse gedreht werden, entweder allein , oder in Ver-

Die Ebene der Erdbahn ist mittels vier Stahl

Grade eingeteilt und stellt die Ekliptik am Himmels gewölbe vor. Auf dem Erdglobus ist der Erdäquator durch eine rote Linie kenntlich gemacht. Die Er weiterung des Erdäquators ist ein 2 m im Durch messer haltender, in 360 abwechselnd blau und weisse

Grade geteilter Kreis oder der Himmelsäquator . Die Ekliptik am Himmelsgewölbe und der Himmels äquator sind an einem Kreise festgeschraubt, der den Namen Solstitialkolur trägt und die beiden erstge

nannten Kreise bei 90 ° und 270 ° schneidet.

Auf

dem Kolur sind noch drei weitere zum Himmels

bindung mit dem Meridian und Horizont. Auf der äquator parallele Kreise aufgeschraubt und zwar verlängerten Erdachse ist ein Zifferblatt aufgeschraubt, auf der einen Seite des Himmelsäquators zwei , von 0

über welchem sich ein Zeiger bewegt, um die Auf-

denen der eine 80 ° und der andere 45 ° vom Himmels

und Untergangszeit der Sonne für die verschiedenen Punkte des Erdglobus ablesen zu können . Der Erd-

äquator entfernt ist, auf der anderen Seite des Him melsäquators einer , der um 60 ° von letzterem ab

globus ist mittels einer in Grade geteilten Grundplatte so zu stellen , dass die Lage seiner Achse in

steht.

Diese beiden letzten Kreise sind in 360 ab

wechselnd blau und weisse Grade eingeteilt. Der

jedem Punkt der Bahn sich selbst parallel bleibt,

Kolur selbst ist mittels zweier Verbindungsstücke

wie dies der Wirklichkeit entspricht.

drehbar an zwei Achsenstücken befestigt; die ge

Unter der

Grundplatte des Erdglobus sind zwei Stäbe einge-

rade Linie , durch welche die beiden Achsenstücke

schraubt, welche zwei Halbkreise zu tragen bestimmt

verbunden gedacht werden können, stellt die Welt achse vor ; dieselbe ist parallel der Achse des Erd

sind.

Diese zwei Halbkreise bilden zusammenge-

steckt einen Kreis, der die Mondbahn vorstellt. Auf globus. Die Achsenstücke bilden Teile des grossen dieser Mondbahn kann eine kleine den Mond dar- | Führungsdoppelkreises, welcher aus zwei parallel stellende Kugel von 15 mm Durchmesser verschoben und hochkantig gestellten eisernen Kreisen besteht werden . Die Mondbahn besitzt eine Einteilung, welche und auf einem eisernen Fussgestell mittels fünf Rollen den von dem Monde im Laufe eines Tages zurückgelegten Weg erkennen lässt. Die Mondbahn lässt

leicht in einer Vertikalebene herumgedreht werden

kann . Die eine Hälfte der einen Seite des Führungs

sich unter der Grundplatte des Erdglobus drehen,

doppelkreises ist in zweimal 90 abwechselnd schwarz

wodurch die Rückläufigkeit der Knotenlinien der

und weisse Grade eingeteilt.

Die

Ein in 360 abwechselnd rot und weisse Grade

Mondbahnebene kann gegen die Erdbahnebene unter einem Winkel geneigt werden , der in Wirklichkeit 5 ° 9' beträgt , an dem Apparat jedoch wegen der

eingeteilter Kreis umschliesst Kolur, Himmelsäquator und die Ekliptik am Himmelsgewölbe . Derselbe

Mondbahn zur Darstellung gebracht wird.

Starrheit des Erdbahnkreises in den meisten Fällen grösser ist.

stellt den Schnitt des erweiterten natürlichen Hori zontes mit der Himmelskugel vor. Mit dem

Die Erdbahn ist von einem Kreise umgeben, der die Bahn des Planeten » Mars

vorstellt.

Der

1) Die Teile der Venus- und Marsbahn sind nicht einfache Bruchteile der auf der Erdbahn angebrachten Teilung. Deshalb

selbe trägt eine Einteilung , welche angibt , wie

sind die beiden letzten Teile der Venus- und Marsbahn den

gross der von dem Mars in jedem Monat zurück

übrigen nicht gleich, sondern kleiner.

Ein neuer Projektionsglobus .

323

selben senkrecht verbunden ist ein gleich grosser | fertigten Sterne kann man elektrische Glühlampen Kreis, der durch die Grade o und 180 geht und

verwenden, und sind zu diesem Zwecke die Achsen

den Schnitt des erweiterten Erdmeridians mit dem

stücke des Führungsdoppelkreises hohl , um die

Himmelsgewölbe oder den Himmelsmeridian vorstellt. Leitungsdrähte einführen zu können . Eine mittels

Der Himmelsmeridian ist ebenso wie der Solstitial- Spannschlössern regulierbare Vorrichtung verhindert kolur an den beiden Achsenstücken des Führungsdoppelkreises drehbar befestigt. Ein mit dem Himmelsäquator konzentrischer Kreis von etwas grösserem Durchmesser dient als

die störenden Einflüsse der Anziehungskraft der Erde bei der Drehung des Himmelsgewölbes. Das ge samte Material ist Messing, teils in röhrenförmigem , teils in massivem Zustande ; das Gestell und der

Führungskreis bei der Drehung des Horizontes und Führungsdoppelkreis besteht aus Schmiedeeisen. des Himmelsmeridians um die Weltachse.

Auf dem Horizont ist ein in 90 abwechselnd rot und weisse Grade eingeteilter Quadrant leicht verschiebbar und in jeder Lage festzuschrauben . Derselbe ist oben am Zenith drehbar befestigt und steht auf dem Horizont senkrecht. Auf dem Himmels

äquator lässt sich ein in zweimal 90 abwechselnd blau und weisse Grade eingeteilter Halbkreis rechtwink lig verschieben und in jedem beliebigen Punkt des Himmelsäquators festklemmen . Dieser Halbkreis ist mit seinen beiden Enden an den Achsenstücken des

2. Fehler des Apparates . Die Entfernung der Erde von der Sonne ist 596 000 000 000 mal zu klein.

Der Erdglobusradius ist 509 253 520 mal zu klein . Die Sonnenparallaxe, d. h. der Winkel, unter dem vom Sonnenmittelpunkt aus gesehen , der Halb messer der wirklichen Erde erscheint, wenn die

Sonne im Horizont steht, beträgt thatsächlich 8,848

Bogensekunden und ist bei dem Apparate 1165 mal zu gross ; oder mit anderen Worten : der kleine Erd

Führungsdoppelkreises , welche die PoledesHimmels - globus müsste von der elektrischen Glühlampe eine tik des Himmelsgewölbes lässt sich ein in zweimal parallaxe an dem Apparat ebenfalls 8,848 Bogen

äquators vorstellen, drehbar befestigt. Auf der Eklip. | Entfernung von 291 m besitzen , wenn die Sonnen 90 abwechselnd schwarz und weisse Grade einge-

sekunden betragen sollte. Die Sonnenparallaxe von

teilter Halbkreis rechtwinklig verschieben und in

jedem beliebigen Punkt der Ekliptik festklemmen.

Venus und Mars sind ebenso 1165 mal zu klein. Diese kurzen Andeutungen lassen schon er

Dieser Halbkreis ist mit seinen beiden Enden an

kennen , welche gewaltigen Räume unser Sonnen

zwei Punkten des Kolurs , welche von den Polen des Himmelsäquators um 231/2 ° abstehen und die Pole der Ekliptik genannt werden , drehbar be festigt.

system erfüllt. Denn um das Sonnensystem selbst mit einem so ausserordentlich kleinen Erdglobus von 25 mm Durchmesser der Wirklichkeit ent sprechend nachzubilden , müsste man schon eine Kugel von von nahezu 600 m Durchmesser konstruieren. nahezu 600 Kugel Die Parallaxe des Mondes, d. h . der Winkel, unter

Der zum Himmelsäquator in einer Entfernung von 80 ° aufgesteckte Parallelkreis dient als Träger der Sterne des Sternbildes » kleiner Bär « .

welchem vom Mondmittelpunkt aus gesehen der

Der entsprechende Parallelkreis in einer Ent fernung von 45º trägt folgende Sternbilder und

Halbmesser der Erdkugel erscheint, wenn der Mond im Horizonte steht, ist an dem Apparat 10 mal zu gross ; d. h. die kleine Mondkugel müsste 10 mal weiter von dem Mittelpunkte des Erdglobus enfernt

Sterne : 1. Cassiopeia ; 2. grosser Bär ; 3. Zwillinge ; 4. Deneb ; 5. Capella ; 6. Wega. Der Himmelsäquator dient als Träger für fol gende Sternbilder und Sterne : 1. Orion ; 2. Alde baran ; 3. Prokyon ; 4. Regulus ; 5. Arcturus ; 6. Atair ; 7. Sirius ; 8. Spica ; 9. Antares ; 10. Fomahant. Der in einer Entfernung von 60 Grad auf der

sein, als es bei dem Apparat der Fall ist, wenn die

Wirklichkeit richtig nachgebildet sein soll . Der Durchmesser der Mondkugel ist im Vergleiche zur Wirklichkeit in Bezug auf den Durchmesser des Erd

globus zweimal zu gross. Die Parallaxe eines Fix

anderen Seite parallel zum Himmelsäquator aufgesterns, d. hh. der Winkel, unter welchem von dem steckte Kreis trägt folgende Sternbilder und Sterne : I. südliches Kreuz ; 2. a . Eridani ; 3. Canopus ; 4. a .

und B Centauri. Wie man ersieht, sind auf dem Projektionsglobus sämtliche von der Erde aus sicht baren Sterne erster Grösse dargestellt . Auf der Ekliptik des Himmelsgewölbes kann eine versilberte Scheibe verschoben werden, welche die scheinbare Sonne vorstellt ; ebenso lässt sich der Mond durch eine Scheibe, sowie die Planeten Venus und Mars durch Metallsterne auf dieser Ekliptik ihrer jeweiligen Stellung bei dem Umlauf um die Sonne entsprechend festschrauben , wobei die drei letzten bald oberhalb , bald unterhalb der Ekliptik An Stelle der aus Metall ge zu stehen kommen. An

Fixstern aus gesehen , der Halbmesser der Erdbahn oder eine Strecke von 150 000 000 km erscheint, beträgt thatsächlich zwischen 0,3 und 0,5 Bogen sekunden und ist an dem Projektionsglobus über 51300 mal zu gross . Der Durchmesser des Himmels gewölbes müsste also an dem Apparat über 102 km

oder die Entfernung zwischen Dresden und Leipzig ?) betragen, wenn die Parallaxe eines Fixsterns den Be 1) Oder München -Reichenhall, oder Stuttgart-Strassburg, 1 )

-Innsbruck,

-Kempten, -Memmingen,

-Regensburg,

Zürich - Bern , London -Dover, Paris- Rouen, -Orleans .

324

Ein neuer Projektionsglobus.

trag von 1/2 Bogensekunde erreichen sollte.

Man

Azimut 90 ° oder den Westpunkt ; wo der Himmels

wird von gerechtem Staunen erfüllt, wenn man be- äquator den Horizont zum zweitenmale schneidet, denkt, welche Dimensionen der Apparat haben müsste, um der Wirklichkeit zu entsprechen ; um wie viel

zeigt sich der Ostpunkt mit dem Azimut 270 ° ; wo

mehr muss sich aber unsere Bewunderung steigern,

det , erkennt man den Nordpunkt mit dem Azimut

der Meridian den Horizont zum zweitenmale schnei

wenn wir hören , dass der Halbmesser der Erdbahn

180 °. Die rot und weissen Grade auf dem Qua

nicht 25 cm , sondern 150 000 000 km beträgt, und dass diese für menschliche Begriffe unfassbare Strecke

dranten heissen Höhengrade und geben an , wie

von einem Fixsterne aus gesehen unter einem Winkel erscheint, unter welchem der Halbmesser der

Die blau und weissen Grade des Himmelsäquators

hoch sich ein Gestirn über dem Horizont befindet.

heissen Rektascensionsgrade . Ihre Numerierung

Erdbahn des Apparates von Dresden aus gesehen

läuft der des Horizontes entgegen , aus Gründen,

erscheinen würde , wenn der Apparat in der Mitte zwischen Leipzig und Dresden aufgestellt wäre.

welche später erläutert werden .

3. Studien an dem ruhenden Apparate. Wird der Projektionsglobus so aufgestellt, dass das Fussgestell in die Ebene des astronomischen

Der Nullpunkt dieser Teilung liegt da, wo die Ekliptik den Himmels äquator schneidet. (Auf der Abbildung rechts un ten etwas oberhalb des Fussgestelles.) Dieser Punkt heisst der Frühlingspunkt, weil, wenn sich die Sonne scheinbar in diesem Punkt befindet, der astro

Meridians zu stehen kommt , der rot und weissenomische Frühling beginnt. Die blau und weissen Kreis horizontal steht und der Solstitialkolur mit dem

Grade des Halbkreises, der auf dem Himmelsäquator

Himmelsmeridian eine einzige Ebene bildet , so hat senkrecht steht , heissen Deklinationsgrade und man sich zunächst mit den technischen Ausdrücken

geben an , wie weit ein Gestirn von dem Himmels

vertraut zu machen, wie sie in der Astronomie gebräuchlich sind. Dieselben sind jedoch wegen der

äquator entfernt ist ; dieselben werden vom Aequator nach oben und nach unten gezählt bis zu den Polen

verschiedenen Farben, womit die einzelnen Teilungen des Aequators, welche die Deklination 90 ° besitzen . ') ausgeführt sind, sofort in die Augen springend und leicht zu merken. Die rot und weissen Grade auf

Der Winkel , welchen dieser Deklinationszeiger mit dem Himmelsmeridian bildet , heisst der Stunden

dem Horizont heissen Azimut.

Dieselben wer-

winkel und wird auf dem Himmelsäquator in der

den von dem Meridian aus auf dem Horizont in der Richtung West-Nord-Ost-Süd um den ganzen Kreis

Richtung der Azimutteilung mit dem Himmelsmeri dian beginnend auf dem ganzen Himmelsäquator herumgezählt. Die schwarz und weissen Grade der Ekliptik heissen Längengrade. Die Teilung be ginnt in demselben Punkte und verläuft in derselben Richtung wie beim Himmelsäquator. Die schwarz und weissen Grade des Halbkreises, der auf der

Ekliptik senkrecht steht, heissen Breitengrade und lassen erkennen, wie weit ein Gestirn von der Eklip tik entfernt ist. Dieselben werden von der Ekliptik aus nach oben und nach unten gezählt bis zu den Polen der Ekliptik , welche die Breiten 90 ° haben.

Stellt man den Höhenzeiger, den Deklinationszeiger, sowie den Breitenzeiger auf ein und dasselbe Ge stirn des Apparates ein , so kann man für diesen Stern ablesen : 1. Azimut und Höhe, 2. Rektascen

sion und Deklination , 3. Länge und Breite. Diese verschiedenen Ablesungen bezeichnet man mit dem Namen Koordinatentransformation, weil Azimut und

Höhe die Koordinaten oder Bestimmungsstücke eines Gestirns in Bezug auf den Horizont , Rektascension und Deklination die Koordinaten in Bezug auf den

Himmelsäquator , und Länge und Breite die Koor dinaten in Bezug auf die Ekliptik heissen. Stellt man nun den kleinen Erdglobus durch Drehen um seine Achse so, dass der auf einen be

stimmten Ort , z. B. Berlin eingestellte natürliche herumgezählt. Der Schnittpunkt des Horizontes mit dem Meridian, der gegen Süden liegt, hat das Azi mut oº und heisst der Südpunkt. Wo der Himmels äquator den Horizont schneidet , erblickt man das

1) Die Unterscheidung zwischen Nordpol und Südpol ist unterblieben, weil der Apparat , für jeden Ort der Erde einstell bar , bald den Nord- , bald den Südpol je nach der geographi schen Breite über oder unter dem Horizont zeigt.

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

325

Horizont eine wagrechte Lage einnimmt, so zeigt | inmitten einer rein romänischen Bevölkerung das der Zenithzeiger nach dem Zenith am Himmelsgewölbe, und der Bogen , auf dem geschlitzten Meridian von der rot gezeichneten Erdäquatorlinie bis zum Fuss-

Ohr ! Oder sind sie etwa nicht slawisch ? Bedeutet Seliste vielleicht etwas anderes als Grossdorf, er innert Orlat nicht an Orlea cetate und an die Orla

punkt des Zenithzeigers gemessen , gibt die geogra- ves und Orle in slawischen Ländern, was mit Adler phische Breite des Ortes, z . B. von Berlin an. Nun sieht man sofort an dem Apparat , dass die Ebene

sitz wiederzugeben ist , ermahnt Poplaka nicht an laka Wiese , Galisch an Halicz und Galizien , be

des Erdäquators mit der Ebene des Himmelsäqua-

zeichnet Tihan nicht den Ruhigen,, Erhabenen , Cerna

tors zusammenfällt, und dass die geographische Breite des Ortes , am Himmelsge-

Wer dächte dabei nicht an Schandau , dasselbe von

woda das Schwarzwasser ?

Und endlich Schanta !

wölbe abgelesen , die Deklination des Zeniths Schandava ableitend, wie man Passau von Passava, ist. Die Einteilung am Führungsdoppelkreis zeigt aber , dass diese letztere in unseren Breiten gleich

Moldau von Moldava herführen darf ?

Verfolgen wir den betretenen Pfad weiter , in

ist der Höhe des Nordpols über dem Horizont, wo-

dem wir im Geist den Blick über das herrliche Berg

raus sich durch blosse Anschauung die wichtige

land Siebenbürgen schweifen lassen . Hermannstadt

Thatsache ergibt : Die geographische Breite eines Ortes ist gleich seiner Polhöhe.

erscheint erst 1223 als villa Hermanni , in den älte sten Urkunden heisst es Cibinium . Das Wort hängt von dem slawischen Flussnamen Cibin ab , obgleich Hunfalvy gelehrt hat, die magyarische Bezeichnung Szeben sei die ursprüngliche, und Reissenberger

(Schluss folgt.)

Zur Topographie und Ethnologie Sieben

meint, die Stadt sei von einem Deutschen Namens

Hermann begründet worden.

Im

Osten treffen

bürgens. wir das Burzenland mit dem Burzen und der Stadt Von Rudolf Bergner ( Hermannstadt-Linz ).

Südlich von Hermannstadt zieht sich in maje

Brassovia, seit 1355 urkundlich Kronstadt.

Burzen

und Brassovia sind slawisch . Den späteren Namen

stätischer Schönheit die Kette der transsylvanischen

des eine Krone als Wappen zeigenden Ortes wollen

Alpen entlang.

einige von dem slawischen » Koruna na brad tsop «,

Unter den menschlichen Nieder-

lassungen am Fusse des Gebirges ist Reschinar eine

d . i . die Krone auf dem abgehackten Baumstamme,

der grössten . Mit Ausnahme eines den klassischen

andere von »ad retinendam coronam « ableiten . Die

Namen Kant führenden Deutschen und einiger Zu-

wanderer der jüngsten Tage birgt es ausschliesslich

Deutung eines gewissen Fritz Teutsch , der Name komme von den Kronawitten (Wachholderbeeren )

Romänen .

Ein Teil der Ortschaft reicht in ein Ge-

her, lehnen wir als allzu naiv ab . Das dritte Sachsen

birgsthal hinein , bei dessem Verfolg wir in die nur mit Sägewerken und Waldhegerhäuschen durchsetzte Einsamkeit gelangen . Auf schwankem Baumstamme

emporium im Lande ist Mediasch, früher Medwisch, das vierte Bistritz. Slawische Orte Medwesch , auf Medved Bär deutend, gibt es allerorts , und Bistritz

passieren wir oftmals den wilden Bach, den die von kleinen Gebirgspferden gezogenen primitiven Gepäckwagen durchmessen . Nach einer halbtägigen

klingt ebenso unverkennbar slawisch wie die meisten topographischen Zeichen des ganzen von Romänen bewohnten Gebietes Siebenbürgens. Von Osten nach

Wanderung erreichen wir die Schanta, eine anmutige Waldlichtung. Hier über der Grenze des Buchen-

Westen und von Süden nach Norden schreitend,

standes und des Nadelholzreviers haben die Hermann-

treffen wir in ihm auf Hunderte von Slawismen . In den flachen Landesteilen fehlt das Romänische

städter einige Blockbäuser errichtet, wo man , der Hitze

fast vollkommen , in den gebirgigen tritt es uns in

der Cibinebene entrückt, den Sommer verbringen

der kleineren Zahl der Ansiedelungen , bei Höhen und kleineren Bächen entgegen . Allerorts stossen wir auf Vervu (Gipfel), Stina (Wand ),, Bran, Izvor, Laz ; 97mal entdeckt man Magura (Berg ), ebenso oft

kann. Wir wandeln durch den stillen Wald, besuchen

die Hirten hoch oben auf den Stinen (Sennhütten ), stossen aufWildschwein-und Bärenspuren und blicken

von einigen hochragenden Gipfeln weit hinaus ins Poiana, sehr häufig Presaka und Prislop . Die Flüsse Strel , Körös (Kris) sind slawisch , desgleichen die Städte Belgrad , jetzt Karlsburg, Deva und Brad ; in Orlat, den westlichen Bergen gelangen wir über Lupsa, Poplaka, folgen liegen , ihm Reschinar muss

Land. Ortschaften erreicht das Auge wenige , sie schmiegen sich gar dicht an das Gebirge an . Dort Kakova, dazwischen der Cibinfluss, Secel, der Cerna-

Bistra und Zalatna zum slawischen Bihar.

In man

chen Gegenden ist alles slawisch , höchstens ein ro reiche Seliste , Galisch , Tiliska . Noch weiter immänischer Name eingeschoben. So liegt zwischen Westen liegt versteckt Poiana , dort sind die Ge- Reschinar - Recina existiert in slawischen Ländern birgswässer Dobra und Seliste, sowie die ärarischen - und Tiliska das romänische Gurariului (Mund wodabach , das an Volk und schönen Frauen so

Kolonien Bistra und Dusch , hier grüsst der hohe des Flusses ). Makusev hat berechnet, dass von und schöne Ghihan oher Tihan , nur besucht von

Hirten , Jägern und Holzfällern . romänischen Wie seltsam berühren doch all ’ diese Namen Ausland 1892 , Nr . 21 .

den 1539 Ortschaften des gegenwärtigen Epirus nicht weniger als 717 slawisches Gepräge tragen . Für

das von Romänen bewohnte Siebenbürgen ergibt 42

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

326

sich ein ähnliches Resultat, nur muss man , um derartiges bestätigt zu sehen , nicht die Listen aus der

Kanzlei eines magyarischen Stuhlrichters, sondern Verzeichnisse mit kyrillischen Lettern , wie sie die Landeskunde von Bielz 1857 bietet , zur Hand neh-

Mit einer derartigen Deutung begnüge sich in Zukunft, wem es beliebt , Tendenzgeschichte zu schreiben. Vielleicht rühren aber die heutigen Namen

nicht von den alten Bewohnern , sondern von den Einwanderern selbst her ? Vom Rheine stainmen sie

men , auch darf man sich nicht durch verunglückte

nicht, und eben so wenig haben die alten Sachsen

Germanisierungsbestrebungen beirren lassen.

Slawen auf ihrem Zuge aufgegriffen und mitgebracht,

Ver-

gangene Generationen wollten Reschinar durch Städterdorf, Poplaka durch Gunzendorf , Boitza durch Ochsen-

sovia zu entlehnen .

dorf, die Gegenwart will Schanta durch Rehwiese ersetzen . Solche Bemühungen sind ebenso verwerf-

hin – entgegen der herkömmlichen Annahme und den aus Urkunden abgeleiteten Lehrsätzen im

lich wie es das Ausmerzen der Slawismen aus dem Romänischen war und ist , sie erschweren wissen-

um von ihnen die Worte Cibin , Burzen und Bras Die Einwanderer fanden mit

Lande Menschen, welche die Slawismen ihnen über

schaftliche Forschungen aller Art.

tragen konnten , und zwar sassen diese Menschen in zahlreichen Ortschaften . Einzelne herumstreifende

Nach all ’ dem Gesagten müssen wir erwarten , in dem Lande jenseits des Waldes eine bedeutende

Hirten und Abenteurer vermögen nicht zu genügen , von solchen Leuten erkunden zuwandernde Volks

slawische Bevölkerung zu entdecken . Allein wir

haufen niemals die Namen der hier vordem ge

suchen sie vergebens. Weder die Statistik , noch

standenen Ortschaften , um damit froh und dankbar

die Reisenden wissen davon zu erzählen .

ihre eigenen Gründungen zu belegen .

Da die

So haben

Slawen offenbar dagewesen sind, erübrigt uns bloss

die deutschen Ackerbauer in Südrussland es vor

die Annahme eines gänzlichen Verschwindens, und dies führt uns jetzt zur Aufwerfung einer Frage,

gezogen , ihre Dorfschaften Schaffhausen , Zürich,

welche den Kern der heutigen Abhandlung bildet,

zu taufen , anstatt sich von herumziehenden russi

Heilbrunn , Solothurn , Teplitz , Leipzig und Kulm

und, obgleich sie naheliegend erscheint, niemals schen Hirten Wörter zu leihen . Und deshalb wer den die deutschen und ungarischen Historiker sich

klar und energisch ausgesprochen worden ist. Sie lautet:

Wer hat die slawische Nomenklatur

bequemen müssen , das althergebrachte Evangelium von der von Pflug und Grabscheit unberührten

Siebenbürgens aufunsere Tage gebracht, und

transsylvanischen Oede aufzugeben. Wer in Zukunft

auf welche Weise konnte es geschehen ? Die Geschichtschreibung ist verpflichtet , uns

bei dem alten Satze verharrt, der vermehrt die Zahl der Tendenzlügen der Geschichte. Wir wollen nicht allzuweit gehen, um die An sicht auszusprechen , der Ausdruck desertum stamme aus der päpstlichen Kanzlei und bezeichne eine dem

darüber Aufschluss zu erteilen .

Die deutsche und

magyarische hat uns bis auf den heutigen Tag die Geschicke Siebenbürgens bis zum 13. Jahrhundert

ziemlich übereinstimmend berichtet. Nach der Räu- | Papste nicht unterthänige Landschaft, wir beschränken mung des Landes seitens der Römer , erzählt sie,

uns auf den Hinweis, die Oede sei auf einzelne

bildete Transsylvanien jahrhundertelang einen Tum- weniger stark bewohnte, vielleicht auch gar nicht melplaz der wilden hunnischen und germanischen benutzte kleinere Landesteile zu beziehen, in denen Stämme, welche im Besitze später von Avaren und Slawen abgelöst wurden. Als die Vorfahren der

sich die neuen Ansiedler unbeengt niederliessen. Solche Gebiete mögen der heutige Sachsen- und der

heutigen Siebenbürger Sachsen und Szekler ins Land | Szeklerboden gewesen sein , sie besitzen auch weit kamen , war dasselbe eine menschenleere Oede , ab weniger slawische Bezeichnungen als die von Ro und zu durchzogen von herumschweifenden Kumanenund Walachenhorden .

Die Romänen

strömten in

grösserer Anzahl, und um sesshaft zu werden, erst

mänen occupierten gebirgigen Landesteile. Was dort an vereinzelten ansässigen Volksgruppen bestand , das zog , weil die Gäste« nicht zusagten , nach

im 13. Jahrhundert aus den Donauländern herüber.

einiger Zeit ab , oder es ging in ihnen auf. Spricht

Die althergebrachte Version lässt die Slawen

man den Bewohnern des Königreiches Sachsen und der Mark Brandenburg, wie Gustav Freytag meint,

vor dem Einzuge der Magyaren und Deutschen ver-

schwinden. Nach ihr gestaltet sich die Beantwor-

»geringe Beimischung von Slawenblut« zu , so könnte

tung unserer Frage sehr einfach und allseits ver-

man dasselbe bei den alten Sachsen thun , wäre die

ständlich wie folgt: Damit die Nomenklatur der

Vermischung hier nicht offenbar eine allzu unbe deutende gewesen. Eingehendere Behandlung er

Slawen erhalten bleibe , schrieben die alten Slawen des Landes die Namen ihrer Flüsse in die Luft, die

ihrer Berge in die Felsen , und bei ihren Dörfern

heischt das Thema der überraschend grossen Slawen nomenklatur auf Romänenboden .

stellten sie buntfarbige Pfähle auf: „ Wir Slawen

Als J. Ph . Fallmerayer, der besten unter den

thun kund und zu wissen zu jedermanns Frommen,

deutschen klassischen Schriftstellern einer, Mitte un

dass dieser Ort Seliste hiess und fürderhin heissen

seres Jahrhunderts die gelehrte Welt durch seine

soll.« Dazu fein säuberlich Angabe des Regierungs-

Slawentheorie Griechenlands in Aufregung versetzte

bezirkes und der Provinz. Sich selbst vergruben sie

und behauptete, Griechenland sei eine zeitlang rein slawisch gewesen, später jedoch regräcisiert worden ,

in die Erde.

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

327

da wusste man von der grossen Slawenüberschwem-

frei bielten und erst in den darauffolgenden Jahr mung, welche vom 6. -- 10. Jahrhundert die Balkan- hunderten den Avarenchanen teilweise erlagen . Als halbinsel in ihrer ganzen Ausdehnung getroffen, seh : lehrreich erweisen sich bei diesem Geschichtskapitel wenig. Heute ist es durch Autoritäten und treffliche die Berichte über die Heereszüge der Romäer, laut Schriften klar erwiesen, dass in dem genannten Zeit- welchen in einer Schlacht 3000 Avaren , 8000 Sla raum

ein ununterbrochenes Herüberströmen slawi-

wen und 6200 andere Barbaren , wahrscheinlich

scher Stämme über die Donau und ein Besiedeln

Gepiden und andere Germanen, gefangen genommen

weiter Gebiete des romäischen Reiches stattgefun-

wurden .

den hat. Der Strom ging vom Norden des heutigen

das relative Verhältnis der Bevölkerungsmengen in

Das sind Zahlen, aus denen Roesler auf

Russlands aus und bewegte sich nach Südwesten.

dem Avarenreiche schliesst. Die Slawen der Moldau

Das Hochland Siebenbürgen erlebte den Durchzug,

und der Walachei blieben wahrscheinlich frei.

es diente als Ausfallscitadelle gegen die Balkanhalb-

Karl der Grosse bereitete bekanntlich der Avarenmacht ein Ende und schob die Grenzen seines

insel.

An Sprache und Sitte waren die Slawenstämme,

Reiches bis zur Fruška -Gora (Francochorion ) vor.

wenn auch nicht, wie sich Chalcocondylas ( 1450)

Hier stiessen sie mit dem Bereiche des ersten Bulgaren

geäussert, ganz gleich , so doch nur wenig verschieden , dasselbe gilt von ihrem Geschicke. In einigen

staates zusammen . Die Bulgaren, gleich allen vor genannten mongolischen Völkern beinahe rätselhaften

der unbesetzten Länder gelang es ihnen, Staatswesen

Schrecken und deshalb rätselhafte Macht ausübend,

zu begründen, in den meisten mangelte es ihnen an einheitlicher Organisation, und sie erlagen nach geraumer Zeit den verdrängten oder später kommenden Völkern . Hervorragende Kriegsherren fehlten den alten Slawen , obwohl sie mit dem Schwerte eben so gut wie mit dem Pfluge umzugehen ver-

was wir ihrer Kampfart, ihrem Ungestüm und ihrem Aeusseren weit mehr als ihrer Volkszahl zuschreiben

möchten, unterjochten , wie zu allgemeiner Belehrung schon oftmals dargethan worden ist, die Slawen des alten Moesiens und gingen in ihnen auf . Gleich einer

Windsbraut durchflogen sie die Balkanhalbinsel, Beute

standen . Das Dorfleben zogen sie dem Gedrängt-

machend und Gefangene fortschleppend; ihr Chan

sitzen in befestigten , volksreichen Plätzen allezeit

Krum war eine Erobererpatur par excellence.

Ueber den Umfang des ersten Bulgarenreiches

vor, Ausübung der Viehzucht, der Gastfreundschaft

und des Saitenspieles , Volksfeste und Pflege des Bienenkorbes waren , wie Fallmerayer richtig be-

Klarheit.

merkt , ihre Lieblingsbeschäftigungen.

Sämtliche

tätsprofessor Roesler hat in seinem epochemachen

Ueberlieferungen bezeichnen sie als fleissige und geduldige Leute , denen gesunder Menschenverstand

den Buche » Romänische Studien « eine Ausdehnung auf dem linken Donauufer bezweifelt, eine Beherr

fehlt

nach

wie vor

die wünschenswerte völlige

Der 1874 verstorbene Grazer Universi

eigen. So gelangte 867 ein gewisser Basilios auf schung der Karpathen und des Banates geleugnet,

den Kaiserthron von Konstantinopel; einer seiner jedoch erklärt, in dem heutigen Pest eine bulgarische Nachkommen ist der gelehrte Kaiser Konstantin Porphyrogenitus, dem wir äusserst wertvolle Schriften verdanken .

Gründung anerkennen zu müssen .. Fallmerayer

und Roesler , zwei um die Kenntnis osteuropäischer Geschichte hochverdiente Männer, haben etwas mit

Die Slawen Siebenbürgens sind am ehesten ihrer

einander gemein : bei aller Trefflichkeit gingen sie

Selbständigkeit und ihrer Blüte verlustig gegangen .

hie und da über das Ziel hinaus.

Wenn man die Völkerwanderung mit dem Einbruche der Hunnen 375 beginnen lässt, so ist dies wohl richtig , keineswegs aber , wenn man sie mit der Gründung des Longobardenreiches in Italien 568 abschliesst . Auf die Wanderungen der ger-

in dem heutigen Pest eine bulgarische Gründung

Roesler bekennt

manischen Völker folgten die der Slawen, ihnen die der Avaren , Bulgaren , Magyaren , Petschenegen ,

geschah zu einer Zeit, in welcher nach dem Prager

vor sich zu haben , Serbien gehörte zum Bulgaren reiche, ein bulgarisches Heer fuhr 827 auf Schiffen die Drau aufwärts und setzte über die pannoni

schen Slawen bulgarische Obrigkeit.

Dies alles

Universitätsprofessor Konstantin Jos. Jireček , in dessen Buche » Geschichte der Bulgaren « wir eines das Ende des Mittelalters erlischt die grosse Woge, der gediegensten und sachkundigsten Werke über welche in den zuletzt genannten sieben Völkern Osteuropa besitzen , der Schwerpunkt des Bulgaren Menschen der mongolischen Rasse, und zwar mit reiches im Osten des heutigen Bulgarien lag ! Eine Ausnahme der Mongolen selbst , sowie Angehörige Nichtbesetzung der viel näher liegenden heute von

Kumanen , Mongolen und Osmanen.

Erst gegen

der finnischen Völker nach Europa geworfen hat. Alle anderen Abstammungstheorien -- noch versucht man

Romänen bewohnten Länder hätte bei einem so unter

Sie beherrschten seit etwa 590 die ungarische Tiefebene und die Slawen Pannoniens,

nehmungslustigen Volke wirklich Wunder erregen müssen , da diese Gebiete nach Niederwerfung der Avaren herrenlos geworden waren . Jireček hat die Möglichkeit eines norddanubischen Bulgaren reiches gestreift und zugegeben, J. L. Pič in dem Buche » Ueber die Abstammung der Romänen « ein

während sich die Slawen Siebenbürgens längere Zeit

gehend behandelt und die Wahrscheinlichkeit mit

hier und da die alten Bulgaren zu den Slawen zu

werfen -- müssen zurückgewiesen werden. Von den nachslawischen Völkern kamen die Avaren zuerst .

gen

Forschun

328

s über das deutsche Wohnhau .

Glück verteidigt. Nähere Ausführungen würden über den Rahmen unserer Abhandlung hinausgehen , zudem nehmen wir für unseren Teil nur eine schwache Besetzung norddanubischer Gebiete und ein Herüber-

Fig. 125 , 127 und vom Wohnhause des Heindl hofes östlich Admont , Fig. 130 , ganz nahe ver wandt. Hier , wie dort und in der ganzen Nord >

reichen bis zur Theiss an .

steiermark ist die Hausflur auffallend breit – min destens sechs Schritt überall findet man 4,5 m

Die Slawen Siebenbürgens standen lose unter bulgarischer Oberhoheit und ertrugen sie aus mehr-

in derselben Bank und Tisch in einer Ecke , weil die Leute im Sommer dort ihre Mahlzeiten halten

fachen Gründen ebenso willig , wie die Herrschaft

(vgl . Ausland 1891 , S. 723 ) . Man sieht hierin wohl die Spur eines älteren Zustandes, als noch der Herd

von etwaigen anderen Barbarenresten geduldet wurde. Sie hatten sich durch die Avaren mit dem Gedanken einer Beherrschung vertraut machen müssen , ferner hin dürfen wir uns in den siebenbürgischen Slawen

inmitten der Flur stand und die Stuben noch nicht

Brett

schin

des 9. Jahrhunderts nicht die kühnsten der bis zum

Taygetus stürmenden Eroberer , sondern weit eher Nachzügler denken , denen ein Verharren an halb wegs sicherem Orte angenehmer däuchte als ein ge fahrvolles Wandern . Zudem , und das bleibt die Hauptsache, waren sie die Brüder der die Bulgaren aufsaugenden Slawen , das wissen wir aus Miklo

del

Wohnhaus

Mouer Kasten

2 stock.Wirtschafisraum . Fig . 125 . Gehöfte bei Frauenberg westl . Admont.

sich, » Altslowenische Formenlehre in Paradigmen «.

ihre heutige Bedeutung hatten . Steile Schindeldächer

Es heisst da : » Die bulgarischen Slawen gehören ,

herrschen vor, Halbwalm ist , wie in Kärnten , die

wie die dakischen , deren letzter Rest sich in der Regel ; das Flachdach ist im südöstlichen Oberöster jüngsten Zeit unter den Romanen Siebenbürgensreich ebenso wie in Obersteiermark zwischen Lietzen verloren hat , sowie die pannonischen und karanta nischen dem

slowenischen Stamme an .

Sie sind

alle Nachkommen jenes slawischen Volkes, das die

Byzantiner unter dem Namen Sclaveni kennen, und 7enne

dessen Name endlich auf alle Slawenvölker über Honnhaus

tragen worden ist « .

4

/ ‫محم‬ stel!

Ausguding

Der Einfall der Magyaren durch das Donau thal unterbrach wohl für einige Zeit die Verbindung der rechtsseitigen Donauländer mit den schwach besetzten Karpathengebieten. Dagegen ist keines wegs unwiderruflich dargethan worden , ob die dem Magyarenlande Atelkuzu angesessenen in

und Wegscheid unbekannt. Strohdächer sind, wo Getreide gebaut wird, nicht selten .

Petschenegen bis zum heutigen Silistria oder weiter

Blockwände kommen nördlich des Pyhrn nur an Getreidekasten vor und die Scheuern , welche

westlich reichten , ja die Angaben des Constan

Fig . 126 .

Gehöfte Gruppe südl . des Pyhrnpasses, nördl. von Lietzen (Obersteier) .

tin Porphyrogenitus berechtigen uns zu der Meinung, die Petschenegen , deren Hauptwohnsitze unstreitig am Schwarzen Meere lagen , hätten ihre äussersten Posten nicht weiter westlich als bis Sili

stria vorgeschoben . Die Magyaren sassen damals östlich bis an die Flüsse Theiss, Temes und Körös

und stiessen an der Donau mit den Bulgaren zu Eine dauernde Unterbindung eines jeden freien Verkehrs zwischen Bulgarien und Siebenbürgen kann demnach auch für diese Epoche nicht behauptet

sammen .

werden.

( Fortsetzung folgt . )

Schindel

Mauer Srall

Gemauertes

Wohnhaus,

TO Getreide Speicher

Fig . 127 Karlbauer bei Palſau , Salzathal, westl . Wildalpen ( Steiermark ).

auch die Ställe enthalten , sind dort nach Art der Fig . 124 in scheinbar moderner Weise aus Mauer werk und Brettern errichtet.

Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz ).

XVII .

Haustypen im südlichen Teile Oberöster reichs und jenseits der Grenze von Ober steiermark . (Fortsetzung .)

Vor allem ist die Form des Sturm - Wohnhauses, abgesehen vom Baumaterial, jener von

Der Pyhrnpass scheidet die Bauweise bezüglich des Materials. Die Fig. 125 , 126, 127, 128 zeigen Ansichten obersteirischer, sehr primitiver Haufen höfe. Man sieht da vor allem recht viel Blockbau ; hie und da nach der Kärntnerart untermauert und init Gallerien versehen , aber von der Kärntnerart

wieder insofern abweichend, dass in Obersteier kein Einheitshaus besteht.

Ich habe da nir

gends im Wohnhause etwas anderes als Stuben und Kammern, ich habe sogar bei ganz ärmlichen Keu

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

329

schen (vgl. Fig . 97) Stall und Scheuer ebenso in

Die Stallscheuern Fig. 125 und 128 , so un

einem abgetrennten Hüttchen gefunden, wie dies im grossen Maasstabe im Sturmhofe stattfindet. Die

ähnlich sie auch auf den ersten Blick der Sturmhof

scheuer (Fig. 124) scheinen mögen , sind doch mit

derselben vom gleichen System . Alle werden cha rakterisiert durch die enge Verbindung von Stall und Scheuer ; indem diese Bestandteile, wie in Fig. 124 , 125 , 127 , 128, 132 , 134 , 136 über einander Sperrier

angebracht werden ; nur in seltenen Fällen (Fig. 133 ) findet man Abweichungen von dieser Gewohnheit.

Stall

isonnhaus

Fig. 128 . Gehöfte bei Ardning, Ennsthal , östl. Lietzen .

Stellung der Gehöftelemente ist ganz ohne System , als hätte der Zufall entschieden.

Bei Fig. 125 steht Fig . 132 a .

krippe

krippe

a = erhöhtes Terrain .

4

Fig . 129

Heuhütten im Ennsthale ( « Heustadle ) bei Lietzen und Adinont . Brettdach . Giebel beiderseits Halbwalm, offen ; beiderseits je ein Gesperre g. Form . Die neueren sind bretterhütten -ähnlicher Form .

Aeltere Schu:

Haus und Stallscheuer gleichlaufend ; bei Fig. 128 steht ein Haus in der Verlängerung der Scheuer ; bei

Fig. 132 b .

Untergeschoss, Ställe .

Erdgeschoss 70 m

--- 19 m ---X

A u Keller Bell

Vor : haus

Bell

Bedechier

Wagensland Küche , gewolbt ,

herd

Getreide Barren .

mit Schornsteinen bei a und b .

I a

A.

10

Tenne Strasse I

Z

Siali

Barren Fig . 130. Grundriss des Wohnhauses.

Schw !!

Fig . 132 C.

Schmiede

Ausgeding

Schungen

Obergeschoss , Tenne und Scheuer . Scheuer des Haindlhofs , Westeingang des Gesäuses .

Wohn . haus

Sidlle, oben

Tenne Scheuer

Sirasse ins Gesäuse..4444 Stall Stall.

In Fig. 134 und 132 ist sogar die Anfügung von Schupfen ähnlich wie bei der Sturmhofscheuer.

Fig. 129 zeigt eine der Heuhütten , welche zu Hunderten über die Ennswiesen bei Lietzen zerstreut

Fig . 131 . Gruppierung der Gehöft - Elemente . Gehöfte » Haindl

2) Die Sekunden sind der Einfachheit halber weggelassen, weshalb die Resultate bis auf eine Minute differieren .

Ein neuer Projektionsglobus.

339

Sonne in ihrer Bahn nicht ganz gleich schnell das

Der Punkt des Himmelsäquators , der zur Zeit

ganze Jahr hindurch , sondern im Winter schneller

der oberen Kulmination der Sonne in der Mitte des

>

als im Sommer, und zweitens, selbst wenn die Be- | Doppelführungskreises abgelesen werden kann, zeigt

wegung der Sonne in der Ekliptik das ganze Jahr

die Rektascension der Sonne zur Zeit ihrer oberen

hindurch gleichmässig vor sich ginge, würden doch

Kulmination, und diese ist jedesmal gleich der Stern

die Projektionen der täglichen Sonnenbahn auf den Himmelsäquator nicht gleich sein , sondern dieselben

zeit im wahren Mittag. So zeigt sich am 1. Juni

sind zur Zeit der Aequinoktien kleiner als zur Zeit

Sonne 70420 = 282 Minuten oder 4 " 42 m* Sternzeit.

der Solstitien .

Man nimmt deshalb an , es existiere

eine fingierte Sonne, die sich mit vollständig gleich bleibender Geschwindigkeit während eines Jahres im Himmelsäquator bewegt , und nennt die Zeit , die zwischen zwei unmittelbar auf einander folgenden Durchgängen dieser fingierten Sonne durch den Me-

für den Münchner Meridian als Rektascension der m

Da nun sämtliche Sterne in der ihnen

ent

sprechenden Rektascension und Deklination aufge steckt sind, so lässt sich die Sternzeit für jeden Stern zur Zeit seiner oberen Kulmination direkt an

dem Apparat ablesen.

Die Sternzeit lässt sich je

doch auch sehr leicht in wahre Sonnenzeit verwan

ridian verfliesst, einen mittleren Sonnentag. Die deln , wie in nachfolgendem Beispiel gezeigt wer Differenz nun , welche man zu der wahren Sonnen-

den soll.

zeit addieren muss, um die mittlere Zeit zu erhalten, heisst man die Zeitgleichung, und dieselbe beträgt für den obengenannten 7. Februar + 14 Minuten, d. h . wenn die Sonne am 7. Februar im Meridian steht, zeigt eine nach mittlerer Zeit gehende Uhr schon 12 h 14 ", also ist der Vormittag 4 Stunden 51 Minuten lang und der Nachmittag 4 Stunden 52 Minuten, wie es den wahren Vorgängen entspricht. Man liess nun den Anfang des mittleren Sonnen-

Um wieviel Uhr wahrer Sonnenzeit geht am 1. Juni Arkturus durch den Meridian ? Antwort : Um 212 ° oder 14 h 8 m Sternzeit. Bei Sonnenuntergang

m

m

oder um 8h om wahrer Sonnenzeit steht der Ost

punkt des Horizontes bei 279 °, und wenn Arkturus im Meridian steht, bei 303 ', mithin sind 24 ° an

dem Ostpunkt vorübergegangen, oder das Himmel gewölbe hat sich um 24 ° gedreht; dazu ist eine Zeit von 24 X 4 = 96 m oder i1 Stunde 36 Minuten

tages mit dem Anfang des wahren Sonnentages in

erforderlich , also kulminiert Arkturus am 1. Juni

dem Moment zusammenfallen, in welchem die Sonne ihre Bewegung am meisten beschleunigt , nämlich am 24. Dezember, und deshalb hört man im Januar und Februar häufig die Bemerkung, dass man die

um 9h 36m wahrer Sonnenzeit?).

Zunahme des Tages in den Morgenstunden nicht

selbe, nämlich 7h 6m . Am 13. November geht jedoch die Sonne

schon um 4h 23m , am 18. Februar dagegen erst um 5h 23m unter, so dass hier die Differenz eine volle Stunde beträgt, während

eine oberflächliche Betrachtung eigentlich ergibt , dass , wenn die Sonne für einen und denselben Ort an zwei Tagen um die.

wahrnehme, wohl aber in den Abendstunden. Bedenkt man jedoch , dass unsere Uhren um diese Zeit

selbe Zeit aufgeht, sie auch zur gleichen Zeit untergehen sollte .

im Vergleiche zur wahren Sonnenzeit bis zu 15 Mi

die Rechnung so : der 13. November liegt 38 Tage vor, dagegen

nuten zu früh gehen , so wird sich dieser schein bare Widerspruch sehr leicht erklären lassen. Wenn nämlich die Sonne um 7h 23 m aufgeht, zeigen unm

sere Uhren schon 7h 37 m , und wenn die Sonne an 7

demselben Tage um sh 6 m untergeht, zeigen un sere Uhren bereits 5 h 20 m. Deshalb kann man in den Morgenstunden die Zunahme des Tages nicht, wohl aber in den Abendstunden erkennen .

Im No-

Mit Zugrundelegung der Zeitgleichung verhält sich jedoch der 18. Februar 59 Tage nach dem Wintersolstitium ; daher weilt am 18. Februar die Sonne eine Stunde länger über dem Horizont als am 13. November.

Am 18. Februar beträgt die Zeitgleichung (mit Vernach lässigung der Sekunden ) + 14 Minuten , also dauert der Vor mittag 5 Stunden 8 Minuten und der Nachmittag 5 Stunden 9 Minuten . Am 13. November beträgt die Zeitgleichung (mit Vernachlässigung der Sekunden) – 16 Minuten, also dauert der Vormittag 4 Stunden 38 Minuten und der Nachmittag 4 Stunden 39 Minuten .

vember ist der Fall gerade umgekehrt. Unsere Uhren

Der Vormittag am 18. Februar ist daher 30 Minuten

gehen hier bis zu 16 Minuten zu spät , so dass,

länger als der Vormittag am 13. November, der Nachmittag am

wenn die Sonne am 4. November um 6h 51m aufgeht, unsere Uhren erst 6h 35 m zeigen , deshalb ist es im November schon um 6h 35m Tag , während beim Untergang der Sonne um 4h 35 m unsere Uhren erst 4 hh 19 m zeigen , so dass es also schon um 4h 19 m zu dunkeln beginnt. Durch die am 1. April einm

m

geführte Mitteleuropäische Zeit werden sich künftig diese scheinbaren Unregelmässigkeiten in erhöhtem Maasse geltend machen ; da jetzt unsere Uhren schon

18. Februar ist gleichfalls 30 Minuten länger als der Nachmittag am 13. November ; daher ganzer Zeitunterschied für die beiden Tage = 1 Stunde , Am 18. Februar würde eine nach wahrer Sonnenzeit gehende

Uhr zur Zeit des Sonnenaufganges zeigen : 6h 52 m, und zur Zeit des Sonnenunterganges 5h 9m. Am 13. November würde eine nach wahrer Sonnenzeit

gehende Uhr zur Zeit des Sonnenaufganges zeigen : 7h 22 m, und zur Zeit des Sonnenunterganges 4h 39 m.

Man sieht nun auch aus dieser letzteren Darstellung , dass 3

der Zeitunterschied an genannten beiden Tagen beim Sonnen

das ganze Jahr hindurch um 13 Minuten ( für den

aufgang 30 Minuten und ebenso beim Sonnenuntergang 30 Minuten

Münchener Meridian ) zu früh gehen ').

beträgt , folglich für die ganze Tagesdauer i Stunde ausmacht.

1) Die an dem Himmelsäquator abgelesenen Grade mit 4 1) Eine noch auffallendere Erscheinung bringt die Zeit-

gleichung für die Tage 13. November und 18. Februar zuwege. Die Zeit des Sonnenaufganges ist für beide Tage ein und die-

multipliziert geben Sternzeit an und müssten erst in Sonnenzeit umgerechnet werden . Der leichteren Uebersicht halber ist diese

Rechnung unterblieben. Mit ihrer Berücksichtigung ergibt sich 9h 36m 16s statt 9h 36 m .

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

340

In ähnlicher Weise lässt sich diese Betrachtung , die Donau vor. Das jenseitige Gebiet kümmerte die für den Frühlingspunkt , sowie für die Planeten Romäer wenig, sie hatten Mühe, das innerlich morsche

Mars und Venus , wenn die letzteren nach ihrer

Staatsgebäude zu stützen und bekamen überdies mit

Rektascension und Deklination oder nach ihrer Länge

den Petschenegen zu thun . Fast fünf Jahrzehnte währte das Ringen mit den bald hier , bald dort angesiedelten Petschenegen, 1089 wurde Konstanti

>

und Breite entsprechend aufgesteckt sind , durchführen. Man erhält dafür folgende unmittelbar von dem Apparat abgelesene Resultate : Frühlingspunkt kulminiert am 1. Juni um 7 h 8 mml).

nopel bedroht, und erst 1091 gelang es den Romäern

Venus geht am 1. Juni auf um 7h 8 m vorm. ,

mit Hilfe der herbeigerufenen Kumanen oder Uzen , die Petschenegen samt Weib und Kind bis auf ge

kulminiert um 3 " , geht unter um 10h 52 m'm nachts.

ringe Reste an der Maritza zu vernichten . Die Kuma

>

Mars geht am 2. Juni auf um oh 4m nachts, nen wurden die Erben der Petschenegensitze längs kulminiert um 4 h 32 m morg ., geht unter um 9 h vorm . der Küste des Schwarzen Meeres, sie streiften nach m

wahrer Sonnenzeit.

Siebenbürgen hinein und kämpften daselbst mit

Das Wesen der Zirkumpolarsterne erklärt ein Blick auf den Projektionsglobus .

Magyaren und Deutschen . Ob die Machtsphäre der im 13. Jahrhundert vermutlich vor den Mongolen

Die Sonne legt scheinbar am Himmelsgewölbe täglich im Durchschnitt annähernd einen Grad, ge-

nach Ungarn gezogenen, dort in der Mitte des Landes angesiedelten und heute mit dem Magyarentum gänz

nauer 59'8'4" zurück , folglich geht die Sonne an jedem Tag 4 m (genauer 3 m 56,55 ) später durch den Meridian als ein Stern , der mit ihr tags zuvor den

lich verschmolzenen Kumanenhorden über den Alt

m

Meridian gegangen war.

oder bis zu diesem Flusse gereicht, ist wiederum noch unentschieden. Die Bulgaren blieben vom

Daher rührt der Unter-

Jahre 1018 an den Romäern unterthan , 1186 erhoben

schied zwischen Sonnentag und Sterntag. Der Stern-

sie sich und begründeten das zweite Bulgarenreich

tag wird in Wirklichkeit dadurch hervorgebracht, ( 1186—1375 ). dass sich die Erde um ihre Achse dreht, wodurch der auf einem bestimmten Punkt der Erde fest-

stehende Beobachter nach und nach alle Sterne des Himmels erblickt , soweit dies für die betreffende geographische Breite möglich ist. Der Unterschied zwischen Sterntag und Sonnentag rührt in Wirk-

Wir ziehen nun das Ergebnis unserer Slawen skizze zusammen und sagen : Siebenbürgen war lange Zeit , wenn auch mit Unterbrechungen ein Teil des slawobulgarischen Staates , es wurde von Slowenen und Slawobulgaren be wohnt. Wir sind dank dem gelehrten , jetzt zu

lichkeit davon her, dass die Erde während der Zeiteiner

wenig beachteten Grafen Kemeny in der Lage,

einmaligen Achsendrehung einen Weg von rund

einen urkundlichen Beleg dafür zu erbringen . Die

548000 km oder in Bogenmaass ausgedrückt 59'81/4 "

betreffende Urkunde stammt aus dem Jahre 1231

zurückgelegt hat, folglich muss sich die Erde noch um 59' 81/4" drehen, bis die Sonne wieder im Meridian erscheint, und dazu braucht sie eine Zeit von 3m 56,5 s. Der Apparat zeigt auf die geographische Breite o eingestellt die Thatsache , dass von einem Orte des Erdäquators aus sämtliche von der Erde aus sichtbaren Sterne wahrgenommen werden können,

und rührt vom transsylvanischen Kapitel her. Darin heisst es : » quod terram Boje, terra Zumbuthel con terminam , et nunc in ipsa terra Blacorum existen tem . :: qualiter eadem terra , a tempore humanam memoriam transeunte . ...“ , ferner : » quibus ipsa terra Blacorum , terra Bulgarorum exstitisse fertur u . S. W. « Pič benutzt das Schriftstück zur Bekräftigung seiner auf Grund päpstlicher Bullen ausgeführten Ansicht,

0

sowie dass sämtliche Sterne zugleich auf- und unter - Bulgarien und Vlachien, worunter er sich Teile der heutigen Walachei denkt, seien zwei besondere Ge

gehen (sphaera recta) ; auf die geographische Breite 90 ° (sphaera parallela) eingestellt, zeigt der Apparat nur die Sterne mit einer Deklination grösser als oº über dem Horizont , sowie dass alle Sterne

biete des ersten Bułgarenreiches gewesen, zu denen selbst die Fogarascher Landschaft, in welcher Sam bata ( Zumbuthel) liegt, gehört habe. Wir möchten

sich in zum Horizont parallelen Kreisen bewegen . daraus nur auf die Anwesenheit von Romänen in (Schluss folgt.)

der heutigen Walachei schliessen und auf eine ehe malige Zugehörigkeit der in Rede stehenden Kar pathengaue zum ersten Bulgarenreiche. Was aber

Zur Topographie und Ethnologie Sieben-

jene wichtige Urkunde deutlich besagt, ist zweierlei:

bürgens.

im Jahre 1231 wohnten in jener Gegend Romänen ; seit Menschengedenken gab es daselbst keine Bul

Von Rudolf Bergner (Hermannstadt-Linz) . ( Fortsetzung .)

garen mehr. Ob dieselben getötet , aufgesogen oder verdrängt worden sind , bleibt ungewiss. Wieviel

Der erst nach verzweifelten, langjährigen Käm- Jahrzehnte unter Menschengedenken anzunehmen pfen erfolgende Zusammenbruch des ersten Bulgaren

ist, steht füglich in jedermanns Ermessen, allein wir

reiches schob die Grenzen des Romäerstaates bis an

meinen dann doch, dass man auf 80 Jahre zu schliessen berechtigt sei, und würden somit die Zeit von 1150

1) Mit derselben Berücksichtigung 7 h 20 m 38 s.

als die des bulgarischen Verschwindens und des

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens. 341

ausschliesslich romänischen Wohnens in Zumbuthel anzunehmen haben.

Ansiedler wanderten Ende des 17. Jahrhunderts in folge der Türkendrangsal ein und wurden hie und

Dass die alten Slawen Siebenbürgens Bulgaren da angesiedelt, andere kamen im 14. Jahrhundert. gewesen , wird jetzt vielfach angenommen , auch in

1803 traf man noch slawische Laute an, 1842 ver

Bielz und Michaelis »Erdbeschreibung von Ungarn nahm Nadeždin nur noch von alten Leuten , die und Siebenbürgen « bekannt , indessen man könnte leicht Roesler anführen , der da meint, die ältesten

slawisch gesprochen . Und so sind wir gezwungen , an ein Vorhandensein einer alten Bulgarenbevölke

Urkunden des Landes verkündeten deutsche , unga-

rung, deren Sesshaftigkeit in den romänischen Teilen

rische und ruthenische Namen, und fragen, ob denn

Siebenbürgens und deren frühes Verschwinden zu

die alten Slawen Siebenbürgens nicht etwa Ruthenen glauben, sowie zu bekennen , dass einzig und allein gewesen seien ? Eine Berechtigung zu dieser An- die heutigen Romänen die grosse Slawennomenklatur nahme bietet die Topographie. Da trifft man auf des Gebirges überbracht haben . Weiteres Forschen die Ortschaften : Oroszfaja, Oroszfalu , Oroszfalva, führt uns zu einem eingehenderen Studium des ro

Oroszhegy , Orosz-Idecs, Reussmarkt , Reussdörfel,

mänischen Volkes.

Reussdorf.

Bei der Beleuchtung der Frage, auf welche Weise die Romänen den alten topographischen Charakter des Landes bewahrt haben mögen, wäre es unend

Sämmtliche Wörter bedeuten bekannt-

lich Niederlassungen, in denen einst Russen gewohnt haben .

Doch nein , J. Wolff belehrt uns , wie

Reussdörfel von Rus reissend komme, rühre Reussdorf lich bequem, wenn die Uransässigkeit der Romänen, vom altdeutschen Ruodo, Rodi, Rod her. Also, so

d. h . ihr Entstehen aus den römischen Kolonisten

wird man folgern , kommt Reussmarkt gleichfalls Siebenbürgens und ihre ununterbrochene Sesshaſtig von reissenden Bächen oder Tieren , also hat es bei den Sachsen niemals Slawismen , sondern nur

keit daselbst über jeden Zweifel erhaben wäre. Das Thema von der Herkunft der Romänen hat eine

altdeutsche Namen gegeben, mithin ist die grosse umfangreiche eigene Litteratur erzeugt, aus der man Slawennomenklatur des Gebirges von einem altdeutschen Vereine zur Hebung des Fremdenverkehrs erfunden worden, und damit ist alles Gesagte überflüssig.

alles andere als Unparteilichkeit und Gerechtigkeit herauslesen kann. Die Romänen haben geglaubt , ihre vielhundertjährige Unterdrückung als ungerecht

Bevor man sich noch nicht in ähnlicher Weise ge- bezeichnen zu können , sobald sie sich als die ur äussert hat, wollen wir uns auf Prof. Bidermann ,

sprünglichen Herren des Landes hinstellen , die Ma

einen der besten Kenner der ungarischen Ruthenen , gyaren und Deutschen haben dem widersprochen, berufen. Er zeigt uns, wie die Ruthenen Galiziens durch den Mongolensturm gelitten und viele von ihnen anlässlich dieses düsteren Ereignisses nach Siebenbürgen gezogen , wo sie sich zwischen den - 17 . vorhandenen Nationen niederliessen . Vom 13.Jahrhundert werden die Ruthenen öfters, besonders gelegentlich der Berufung des Landtages ewähnt,, noch in einem Ständebeschluss vom 9. April 1628

und so ist aus einem seiner Natur nach rein wissen

schaftlichen Streite ein politischer geworden . Wir haben einerseits keinen Romänen getroffen, der die Kontinuität seines Volkes bezweifelt, andererseits

į keinen Gegner gefunden, der nicht allzu grosse Sym pathie für die eigene Nation zu erkennen gegeben

hätte. In unseren Tagen ist ein solches Verhalten zu verwerfen. Heutigentages sollten die Völker nicht

Ebenso handelt von

mehr nach dem Grundsatze » wer warst Du« , son

ihnen eine Kanonisationsbulle des griechisch-unierten Fogarascher Bistums aus dem Jahre 1721. Gegen

dern nach den Worten » wie bist Du« gewogen werden. Die Gesetze der Humanität erheischen un

wärtig sucht man die Ruthenen vergebens, sie sind in den übrigen Nationen aufgegangen. Aelter als das 13. Jahrhundert sind ihre siebenbürgischen Kolo nien nicht, selbst in dem erwähnten Jahrhundert gab

beirrt um das angeblich historische Recht gleiches Recht und gleiche Liebe für alle Volksstämme ein und desselben Staates. Leider spricht das, was man in den Ländern der ungarischen Krone den Staats

heisst es : Valachi et Rutheni.

es nachweisbar längs der ganzen Karpathenkette in gedanken zu nennen beliebt, aller Gleichberechti Ungarn nur wenige Ruthenen , welche als Hirten

gung Hohn, die Romänen und mit ihnen ihre frü

umherschweiften oder die Burgen hüteten . In der

heren Widersacher, die Sachsen , werden , wenn sie

Marmaros sind viele Ortschaften nicht älter als

die Magyarisierung nicht willig über sich ergehen

150-200 Jahre, die Erinnerung an ihre Gründung lassen, als Verräter und Verschwörer hingestellt und lebt thatsächlich , wie wir uns selbst überzeugten, dementsprechend behandelt. in einzelnen Familien fort, und bei den Huzulen soll

Die Romänen gehen von der Ansicht aus, ihre

sich dunkel und sagenhaft der Bericht von dem Ruthenenzug infolge des Mongolensturmes erhalten

Vorfahren seien dakisch -römischen Ursprungs und bei der Räumung der römischen Provinz im Lande verblieben . Roesler, so oft er in unwichtigen

haben .

Gab es aber nicht zahlreiche Bulgarenfamilien Sachen gefehlt hat, und der Magyarone Hunfalvy, so in Kronstadt , Alvincz , Karlsburg , Hermannstadt, Deva, in Bongard und in Cserged ? Vielleicht haben wir da den Rest der einstigen grossen Bulgaren-

einseitig er auf magyarischem Standpunkt verharrt , haben doch zur Genüge dargethan , dass die Romänen

als grosse Volksgruppe ihren Ursprung nicht auf dem

familie entdeckt ! Mit nichten , die meisten dieser | Karpathenkamme genommen , und dass die Eigen Ausland 1892, Nr. 22 .

44

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

342

tümlichkeiten der Sprache , dieses lebendigsten und beredtesten Buches der Geschichte , auf eine Ent-

Kolonisten der unteren Donauländer, besonders der

wickelung auf der Balkanhalbinselverweisen. Momm -

Das . Anstürmen der germanischen Völker verwüstete das

sen und H. Kiepert vermögen mit ihren nicht immer starken Argumenten nicht dagegen aufzukommen .

alte Moesien , es drängte existenzfähige Elemente in die Gebirge , wo dieselben ein rauhes, aber kräfti

Die historische und linguistische Seite des Themas zu erörtern, wäre überflüssig, sie kann als endgültig

gendes Dasein führten . Der Hämus war unbedingt Hauptsitz , was keineswegs einen zweiten Sitz in

erledigt betrachtet werden . Wir unsererseits stützen uns auf die Topographie und fragen : wie kommt es denn , dass sich bei dem angeblich ungestörten

einem südlicheren Gebirgsteile, aus dem die Macedo walachen hervorgegangen sein können, ausschliesst .

Weiterexistieren einer zahlreichen römischen Kolo-

Nestors seien auch die Brüder Peter und Asan

nistenschaft keine römischen Ortsnamen entdecken

keine Romänen . In ihnen hätten wir Bulgaren vor uns , sie selbst hätten sich als Nachkommen der

lassen ? Dieselben Romänen , die uns seit tausend

Rustikalen der rechtsseitigen Donaugebiete.

Man hat zuweilen betont , wie die Walachen des

Jahren so auffallend treu eine slawische Topographie alten Bulgarenzaren bezeichnet. Allein jenes Kimpo bewahrt haben , müssten uns doch sicherlich manchen römischen Ortsnamen vorführen können .

Die An-

nahme einer Kontinuität römischer Wohnsitze und

lung ,, welches der Bulgarenherrscher Samuel im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts gegen den Romäer Basilios II. befestigen liess, ist eine unver

romanischen Volkstums widerspricht schon aus die-

fälscht romänische Niederlassung, es waren mithin

sem Grunde dem , was wir menschliche Logik zu

im

nennen pflegen.

Bulgaren aus und spielten sie sich auf die Nach

Hämus Romänen .

Gaben sich die Brüder für

Romänischerseits wird vielfach die Hypothese kommen der alten Bulgarenzaren hinaus, so würde >

aufgestellt, unmöglich seien alle Kolonisten der römischen Provinz geflohen , wer nichts zu verlieren >

sich das recht wohl mit einem

Walachentum ver

einen lassen. In den walachischen gebirgigen Ge

gehabt, wie der Hirt, der Jäger und der Holzfäller, genden konnten die Aufstände gegen die Romäer der habe im Gebirge einen Schlupfwinkel gesucht . Aus solch kleiner Gruppe sei das heutige Romänenvolk hervorgegangen. Wenn aber wirklich vereinzelte Gruppen bestanden, weshalb finden wir dann nicht wenigstens einen Namen echt römischer Herkunft?

zuerst losbrechen und auf diese Weise die Brüder

die Leiter derselben werden . Das grosse Bulgaren volk einmal hinter sich , zogen sie es klugerweise

vor, sich als dessen Angehörige zu bekennen. Ana logien dazu sind in der Geschichte nicht selten . Für

Wurde der Ort zerstört, so hätte die Bewohnerschaft,

die siebenbürgische Geschichtsschreibung bleibt es

wenn sie nicht selbst dabei zu Grunde ging , den gleichnamigen Ort wieder am alten Platze , vielleicht auch anderswo errichtet , denn der Mensch hängt gar sehr am Altvererbten . Allein kein einziger Römernamen ist uns ad oculos geworden ! Das lange verteidigte Ompoly ist magyarisch , eben so gut wie

übrigens ziemlich gleichgültig , ob in den Adern Peters und Asans bulgarisches oder romänisches Blut floss.

Viel zu wenig Gewicht hat man dagegen auf die Hirten- und Wanderschaft der mittelalterlichen

Romänen gelegt .. Das früheste Auftreten der Ro

Ipoly und ähnliche Flussbezeichnungen , und die Ent- mänen in der Geschichte zeigt sie uns als Hirten deckungen dakischer Ortsnamen sind gleichfalls vergezogen , so hätte ihn die Hunnenflut oder das Wogen der germanischen Stämme hinweggefegt. Er wäre entweder im Laufe von 300 Jahren , wir sagen dreihundert Jahren , von einer Katastrophe ereilt wor-

und Wanderer. Kurz nach 976 wurde der Bulgaren führer David , ein Sprössling eines vornehmen Ge schlechtes, bei den » schönen Eichen « in Makedonien durch einige walachische Wanderer , wahrscheinlich Hirten , erschlagen ; 1027 folgten Walachen dem Heerbanne des griechischen Kaisers gegen Sizilien

den oder in den anderssprachigen Massen spurlos

und 1082 gegen die Normannen; 1164 ergriffen

sunken .

Wäre der Kolonistenrest von Ort zu Ort

aufgegangen. Alle jene mächtigen Völker wurden spurlos verweht, und ein Haufe von einigen tausend Menschen hätte sich unter jenen auf die Gegenwart bringen sollen und noch dazu ohne von ihnen etwas in seiner Sprache aufzuweisen ? Man spricht von einem unentdeckten Schlupfwinkel und vergisst dabei eins : entlegene Plätze können bei schnell vorüberbrausenden Sturmeswehen unentdeckt bleiben, wäh-

rend einer dreihundertjährigen Periode werden sie aufgespürt und zerstört. Wer dies aber zu ver neinen wagt , der mag das Weiterexistieren eines

Walachen , ob ansässige oder wandernde bleibt un

gewiss, an der galizischen Grenze den flüchtigen Statt halter von Braničewo und Nisch . Von wandernden romänischen Hirten rührten die isolierten Romänen

inseln von Sovig in Bosnien , Altvlachien zwischen Ibar und Drina in Serbien , die Kolonien in der Pozegaer Gespanschaft Slawoniens, in der mährischen Walachei und die Romänengruppen von Istrien her. Die Tschitschen und Valdarsaner von Istrien nannten sich einstens Rumeri und sind bis auf kümmerliche Reste verkommene, in Slawen und Italienern auf

Häufleins von Kolonisten immerhin annehmen , es gegangene Romänen . In der Mitte der Balkanhalb lässt sich mit der Ansicht, welche wir jetzt darzu- insel erfreuten sich einstens die Romänen lange Zeit der grössten Verbreitung. Das östliche Epirus wurde legen gedenken, vereinigen . Die Romänen sind die Nachkommen römischer

als Ober - Vlachien, ein Teil Alt-Aetoliens als Klein

Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.

343

Vlachien, Thessalien als Gross-Vlachien bezeichnet. Und wenn sich einige geäussert , das romänische Volk Siebenbürgens sei gegenwärtig vollkommen sesshaft, die Makedowalachen dagegen nach wie vor

Kolonien in Istrien und anderswo erhielten keinen Nachschub, sie mussten verkümmern . Die Makedo

zur Hälfte herumziehende Hirten, was auf eine Ur-

walachen vermehrten sich anfangs, später trat ein

welche nur in ihrem letzten Teile den Osmanen

sturm als treibende Kraft gehabt haben kann . Die

ansässigkeit der siebenbürgischen Romänen deute, so Stillstand ein . Die Ursache ihres Nichtgedeihens beweist dies ein nicht genügendes Vertrautsein mit liegt auf der Hand: die Türkenherrschaft der ver den socialen Verhältnissen Transsylvaniens . Noch gangenen Jahrhunderte erdrückte alles fremde Volks heute wogen alljährlich 20000 Romänen von dem

tum , die Faust der Osmanensultane lag schwerer

Hochlande Siebenbürgens nach den Donauebenen hinüber , fast die gleiche Zahl zurück , noch heute beschäftigt die Weidezucht Tausende und Abertausende auf den transsylvanischen Alpen, noch heute

als die Hand slawischer Häuptlinge auf anders gearteten Volkselementen , sie war sogar dem lebens kräftigen , zähen, geduldigen Romänenvolke zu schwer. » In der Nähe türkischer Städte «, urteilt Fallme

halten viele Romänen bedeutende Herden in der

rayer , »verliert selbst die Luft ihre Milde und der

Dobrogea und den angrenzenden Gegenden . Das Boden seine Fruchtbarkeit «. sich beständig vermindernde Weidegebiet, die poliDie Romänen sind nun nicht allerorts so un tischen und handelspolitischen Verhältnisse der Neu - verträglich und gewaltthätig aufgetreten, wie sie der zeit haben viel Abbruch gethan , trotz alledem

ist

der siebenbürgische Gebirgsromäne als Mokane ein stehender Typus geblieben und eine Erinnerung an

gute Rabbi Benjamin von Tudela in Thessalien und bei Zeitun gefunden haben will und in seinem he bräischen Tagebuche beschreibt. Wandernde Hirten

die Mitte des Jahrhunderts, wo oft ein einziger der sind wohl ein rauhes Geschlecht, und die wandern Vorfahren in den Donauebenen zehntausend Schafe den Romänen mussten es sein, sie hätten sonst unter

und Hunderte von Pferden besass und auf seinen Petschenegen, Kumanen und Slawobulgaren nicht Wanderungen Makedonien und Griechenland er-

aufkommen können .

reichte.

dessen auch auf Verträglichkeit und Biegsamkeit an

Wandernde Hirten sind in

Kamen die Romänen als Wanderer im Jahre 976 gewiesen , weil sie sonst Gefahr laufen , zurück in Makedonien vor, so werden sie sicherlich daselbst gedrängt und bekämpft zu werden . Das gewalt auch schon im 8. und 9. Jahrhundert aufgetauchtthätige Vorgehen bei den » schönen Eichen « und an sein. Niemand wird Neigung zu der Behauptung der galizischen Grenze sind Ausnahmen , sie betrafen verspüren , eigens um den Bojarensohn David er-

schlagen zu können, seien die Romänen zum ersten-

einzelne Personen, keineswegs ganze Volksgruppen. Verträglichkeit und Biegsamkeit wurde von den alten

mal in Makedonien gewesen, zudem ruhen die Tage-

Romänen am rechten Orte sehr wohl geübt, darauf

bücher und Lebensbeschreibungen jener Leute nicht

deutet das Vorhandensein der zahlreichen albanesi

in unseren Stadt- und Staatsbibliotheken . Wir unserer-

schen und griechischen Bestandteile im Romänischen hin , aus denen Hunfalvy u. a. mit vollem Recht auf langdauernde und späte Verbindung mit den Völkern der Balkanhalbinsel geschlossen haben. Dank den erwähnten Eigenschaften vermochten die Ro mänen zu den Kumanen zu fliehen und bei denselben freundliche Aufnahme, Unterstützung und Waffen brüderschaft zu finden . Konnten aber die Romänen

seits meinen , wäre der Getötete nicht eine vor-

nehme Persönlichkeit gewesen , hätten wir selbst im Jahre 976 nichts von Romänen vernommen , und umgekehrt, wir wüssten von romänischen Wanderern bereits im 8. Jahrhundert , falls sie damals einen

Kaisersohn angegriffen .

Schweiften die Romänen

im 8. und 9. Jahrhundert auf der Balkanhalbinsel herum , zogen sogar kleinere Partien von ihnen nach Serbien , Slawonien und Istrien, dann streiften

zu den Kumanen füchten und sich an die Slawo

bulgaren so eng anschliessen , dass sich die Asanen

sie gewiss in derselben Zeit nach den Karpathen.

für Slawobulgaren ausgeben durften , so waren ihnen

Die Karpathen lagen ihnen viel näher, als jene Gegenden , ausserdem waren sie von befreundeten

diese Völker nicht nur sympathisch , sondern auch

Völkern besetzt ! Wie wir gesehen , gehörte Sieben

Siebenbürgens waren nicht unfreundlicher als Ku

bürgen eine Zeitlang den Slawen und den Bulgaroslawen , denselben Volksstämmen , mit denen die

manen und Bulgaroslawen, sie trafen sicherlich mit

nicht mehr neu und nicht unvertraut .

Die Slawen

Walachen das Romäerreich bekriegten und ein

den romänischen Hirten ein Abkommen und dul deten sie neben sich. Und das konnte um so eher

Und wie leicht

geschehen, als ja, wie wir gesehen haben , die Slo

zweites Bulgarenreich gründeten .

konnte sich ein Hinüberwandern nach den Karpathen wenen Siebenbürgens zum ersten Bulgarenreiche ge hörten . Ein Hinüberströmen der Romänen vor dem vollziehen ! Da die Karpathen nicht wie Istrien und | ho die mährische Walachei weit entlegen waren , ge Sturze des Avarenreiches ist sehr leicht möglich, statteten sie, abgesehen von kriegerischen Zwischen-

fällen , eine stete Verbindung. Die Zufuhr frischer

Volkskräfte vollzog sich jahrhundertelang , bis end lich die grosse Verschiebung vom Hämus nach der Walachei und Siebenbürgen vor sich gegangen,

nach dem Sturze desselben höchst wahrscheinlich . (Schluss folgt.)

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

344

Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Schluss.) XVIII .

Haustypen im südwestlichen Oberösterreich.

Das Mondseer Einheitshaus.

Meine lezte Wanderung 1891 führte mich von

beiderseits der Flur verteilt, in jedem Stockwerke ; die Tenne, ein grosser Stall und über diesen beiden der Speicher , und darüber noch im Dachraume Rumpelkammern und Futtergerüste u . s. w. Das Haus bildet ein wuchtiges Parallelepiped von 23,3 m und 30 m Breite und Länge und von 5,5 m Höhe bis unter die Dachbasis. Ein zierlicher » Hausgang “, eine Gallerie, säumt den Dachboden auf der Giebel

Gmunden über Ebensee, Weissenbach am Attersee,

seite ein . Eine kleine Holzlage , ein Backofen und

Unterach, Mondsee nach Salzburg.

der Brunnen stehen allein ausserhalb des Hauses. Beim Anblicke dieses Steinkolosses musste mir

Der Gmundner -Bauernhof vgl. Fig. 119 .

Am

Traunsee gibt es aber solche Gehöfte nicht .

Bei genagelt

Traunkirchen herrschen kleine Einheitshäuschen

es

Schindel

dach .

In Altınünster , dessen gotische Kirche einen Tauf stein mit altchristlichen Ornamenten birgt , stehen Häuser , welche ihre wuchtigen Schopfdächer wie

eine unpassende Kopfbedeckung tragen. Es kann

TE

sein, dass hier das Flachdach vor nicht gar zu langer Zeit verdrängt worden ist. – Von Ebensee bis Weissenbach ist nicht viel Typisches zu sehen . Hier

Btall

-

aber blüht das Touristenhaus und der

Schweizer

stil« . Das heisst, ein untypisches, schwächliches

Fig. 138 .

Ortschaft Orth « am Mondsee (Oberösterreich) . Holzlage, Backofen und Brunnen abseits des Hauptgebäudes.

das » rätische« Haus beifallen , welches

Schi

ndel

sich

als

»grosser, schwerer, viereckiger, mehrstöckiger Stein » bau , mit flachem

Schindeldach ; im Inneren mit

» zahlreichen , wie in der Stadt von Treppenfluren » aus zugänglichen und verschieden gruppierten Wohn » räumen und Kammern, darstellt ; ein Haus, welches »in Tirol und den rätischen Alpen sehr verbreitet vist , auch in Savoyen vorkommt , in der Schweiz Heidenhaus Fig. 137 Bürgerhaus ( 1730) in Unterach ( Attersee, Oberösterreich ).

heisst und sich durch Ober- und

»Niederbayern bis in den Böhmerwald zieht, wo er »noch um Cham das herrschende ist. « (Dr. August

Meitzen Beobacht. über Besiedlung, Hausbau u.s.w. )

Schubläden .

Wenn überhaupt eines , so müsste das Orther Flachdach beginnt wieder am Attersee auf Neubauten das Schopfdach zu verdrängen. Man erkennt es augenblicklich als modernen Kunstbau. – Unterach ist offenbar, wie Altmünster, umgestaltet worden . Fig. 137 zeigt ein Haus dieses Marktes , an dessen

kunstvollem Mittelfenstergitter » 1730“ angebracht

ein solches »Heidenhaus

sein .

Meine Ausführungen über die Herkunft aller oberdeutschen Typen (Ausland 1891 ) kennzeichnen auch meine Ansichten über den Einfluss des Bau

materials auf die Typenbildung . Ich kann nicht beistimmen, wenn eine Form , weil sie verquetscht

ist. Ich vermute auch hier, allerdings ohne triftigen und vermauert ist , als ein besonderer Typus, seinen Grund , bloss dem Eindrucke nach , ein früheres

intakten Blockhausverwandten gegenübergestellt wird.

Flachdach .

Für mich besteht kein prinzipieller Gegensatz zwi schen den oberitalienischen, vermauerten Hausformen und dem Wohntrakte des Henharter- (Fig. 117) oder Ranshofnerhofes (Fig. 115) und zwischen dem Achen see- und dem Ortherhause. Das Achenseehaus vgl . Ausland 1891 ; S. 699).

Auf dem Wege vom Atter- zum Mondsee kreuzt man bei Au die heutige Flachdachgrenze und man trifft da sofort ein mächtiges Einheitshaus, mit zwei Eingängen in der Giebelseite ; mit weit ausladendem Flachdache ohne Schwersteine. Mir kam dies unerwartet . Es war das erste Einheits-

haus, welches ich im ganzen beobachteten Rayon, vor allem in ganz Oberösterreich gefunden hatte, natürlich von den » Kleinhäusln « abgesehen .

Fig. 138 stellt ein sehr ansehnliches, grösstenteils gemauertes Einheitshaus des Ortes » Orth « , nahe beim

Ostende des Mondsees, dar.

Alles ist unter

dem einen Dache vereint : ein Wohntrakt mit Flur

Noch deutlicher wird der nicht »rätische« Cha

rakter des Ortherhauses, welches ich » südbayeri sches Einheitshaus, Achenseer Type« oder Nordtirolerhaus nennen möchte , wenn man es mit seiner nächsten Umgebung vergleicht. Auf dem nördlichen Mondseeufer steht eine Menge von klei neren Holzhäusern ohne jedes Mauerwerk , welche sozusagen mathematisch genaue Reduktionen des

und zwei grossen Zimmern und einer Kammer, 1 Ortherhauses sind, aber auch, da der sinnliche Ein

Forschungen über das deutsche Wohnhaus.

345

Mauerwerks wegfällt,

man den Namen der Scheidewand auf den getrennten

ohne weiteres das Achenseehaus in die Erinnerung

Raum aus. Man sagt, den Teil fürs Ganze setzend ,

rufen .

in einer Synekdoche »Ein Troadbarren voller Troad«« . - Nördlich der Donau, im östlichen Mühl Troad viertel und im Waldviertel heissen die Scheuerfächer

druck

des

massenhaften

Am Mondsee gibt es keine Gehöfte , sondern bloss Einheitshäuser. Der Markt Mondsee trägt » alpines « Gepräge, etwa wie Radstadt oder Mauterndorf ( Kärnten ).

Den Zusammenhang des Mondseerhauses mit

» Halb : m « . Eine Bäuerin in Gr.- Eberhards belehrte mich : » Mir brauch'n oan Kornhalbám , oån Hafer

halbám , oàn Grumethalbám

und oàn Streuhalbám ,

seinen Verwandten ; die Grenzen und Uebergänge

also vieri.« – Ein Bauer in Dimmling westlich

dieser Typeninsel gegen das Innviertler Gehöft und

Waidhofen a. Th. meinte auf meine Frage , » die

im Süden gegen die steierischen und salzburgischen

Halbám « sind durch » Halbám -Bámmeln « ( = Bäume,

Hausformen u . s. w. sind noch zu erforschen . Ich

Balken ) geteilt. « - In diesem Falle ist ersichtlich,

begnüge mich, vorerst festzusetzen : Vom Attersee dass der Grundbegriff vergessen und das Wort zer westwäris bis zur salzburgischen Grenze er- quetscht worden ist . Die Nordslawen jener Gegen streckt sich ein Typengebiet, in welchem den mögen , bevor sie germanisiert waren , durch nicht bloss die Kleinhäusel, sondern auch | Radebrechen hierzu mitgewirkt haben . grosse Bauernhöfe flachdachige EinheitsIm westlichen Mühlviertel, bei Linz, wahrschein häuser des Achensee- (oder nordtirolischen ) lich im ganzen Innviertel und Hausruckviertel heissen Typus sind

die Scheunenfächer » Ess« und in S.-Veitsdorf nörd XIX .

Uebersicht der ermittelten Benennungen im oberösterreichischen, im Waldviertler- und im

obersteirischen Hause.

Unter den gemeinsamen Namen führe ich

lich Linz hat mir eine intelligente Bäuerin klar ge sagt : » Die Halbám begrenzen die Ess. « Die Ständer in den Scheuern , welche das Dach tragen und ausserdem die Scheidewände der Fächer festhalten , heissen „ Säulen « ; bei Heidenreichstein

an : Stube ; Stüberl oder Kammer ; der Tenn ; der

aber „ Stadelhölzer« . Sie tragen auch das obere, mit Brettern belegte Gerüst, welches bei Klaus und

Stadel (Scheuer); der First ( auch » Firth « ); Rauch-

Stoder »Heubirlo , im

oberen Mühlviertel » Büh «

fang ; die Einheitz; Herd ; Fenster ; Thor; Thür; (Bühn '); in Gr.-Eberhards und bei Wildberg »Futter Ofenbänk ( für »Bank « ) u . s. w .

Verschiedene Benennungen herrschen bei folgenden Gegenständen :

a) Die Flur heisst zumeist »Vorha u s« , sehr

gerüst « ; bei Rohrbach »Héo -Büh « (Hochbühne ?) genannt wird .

e) Getreidespeicher heissen überall , wo sie sind, » Kasten «. In Stoder fand ich dafür auch

Mondseer Einheitshause heisst sie wechselnd Haus

„» Troad -Ackels « , wofür ich in Buck ,, Flurnamen buch, und in Schöpf, Idiotikon, keine Erklärung fand.

und Vorhaus . Letztere Benennung überwiegt , erstere

In grossen Vierkanten schüttet man das Getreide in

oft und an vielen Orten schlechtweg »Haus« . Im scheint zu schwinden .

einen der vielen Räume des Obergeschosses und

b) Die Remise , d . i . ein gedeckter Raum mit oder ohne Seitenwände, zur trockenen Aufbewahrung von Wagen, Geräte, Holz, Streu u . drgl . heisst

nennt diesen » Oberkasten « .

f) Im östlichen Mühlviertel und im Waldviertel,

fast allgemein »die Schupfn '« In Stoder zerfällt

wie es scheint in einem beschränkten Raum fand ich den Namen »Luederkammer« für eine kleine

die Schupfen in eine » Streulabn '« (Laube ?) , eine » Wagenlabn '«. Bei Gmünd in Unterösterreich ,

futter, neben dem Stalle.

gegen die böhmische Grenze kommt der Name

Futterkammer für Häcksel und frisch gemähtes Grün g) Die Dachfenster heissen im östlichen Mühl

» Inter da Otter « klang die Phrase, viertel, wie in Kärnten : Arcker ; in Obersteiermark welche mir ein Bauer übersetzte »Unter der Schupfen «, » Arker« oder »Kotfenster« (mhd. Kotte = Hütte ; ohne mir das Wort seiner Herkunft nach Schöpf, tir. Idiotikon) ; was zu gewagten Folgerungen » Otter « vor .

(manchmal) – aber er sage gewöhnlich » Schupf’n .«

über ein ehemaliges Oberlicht im Hüttenraum gerade zu einladen könnte ; am Traunsee bei Altmünster

c) Die Gred d. i . der gepflasterte Weg an

» Korfenster « (Kor, Körl = Erker. Schöpf, Idtk .).

zu erklären .

Er höre das Wort » irblá á mal «

Haus und Stall zur Scheuer, welcher die Jauchengrube und den Misthaufen umzieht. Sie fehlt in einigen Dörfern des Waldviertels, wie z . B. in Gehöften von Gross-Eberhards ; die Besitzer derselben wussten den Namen nicht.

d) Die Scheuereinrichtung bietet verschiedene Namen .

Die Holzwände zwischen Tenn '

und Scheuerräumen heissen in Obersteier » Barrena

h ) Der Balkon oder die lange Gallerie heisst

fast durchwegs » Schrott «, oder eigentlich » Schréot « ; im östlichen Mühlviertel, wo Gallerien nur an und über den Schupfen in der Fussbodenhöhe des »Hütten

boden« vorkommen : Gang; das Mondseer Einheits haus hat keinen Schrott, sondern einen Gang . i) Der Funkenfänger ober dem Herde des Rauchhauses bei Palfau in Obersteier heisst Kogel ,

, oder »Hallbarren « ; ebenso habe ich sie beiWildberg oder auch »Kuttel « (von Kutte = Hütte ; Buck,

nördl . von Linz nennen gehört. In Stoder dehnt | Flurnamenbuch ).

gen ber as eutsche ohnhaus ü d d W ,

Forschun

346 XX .

zwischen Isper und Rodel wirklich vor allen anderen

Uebersicht der Haustypen Oberösterreichs.

Slawen gerodet aber gerade der nördlich der Donau von Isper bis zur Rodel herrschende Vogel

Dem , in den Abschnitten XIV–XIX Gesagten weiderhof, die Type 1 , passt von allen oberöster gemäss, kenne ich bis nun folgende Typen des länd lichen Wohnhauses in Oesterreich ob der Enns :

reichischen Behausungen allein auf den von Fach gelehrten aufgestellten fränkischen Hofty pus.

1. Den Waldviertler Vogelweider des östlichen

Er ist allerdings auch den Spreewaldgehöften (M.

Mühlkreises. 2. Den Putzleinstorfer und Innviertler Hof mit Flachdach auf allen oder einzelnen Gehöfts

Müschner, Verh. d. Ges. f. Ethnographie Berlin 1887, S. 98 ff.) ziemlich ähnlich ; und diese sind ja von Slawen bewohnt, und ihre Bestandteile tragen

elementen .

slawische Namen . Nur steht die der österreichischen

3. Den obersteierischen Haufenhof von Stoder

und Windischgarsten und von dort vermutlich ostwärts bis an die Enns .

4. Das Einheitshaus des Achensee -Typus bei Mondsee .

5. Den Vierkant mit Varianten der inneren Ein-

teilung inmitten der Typen 1 , 2, 3 und in den Bereich derselben strahlenartig

ein-

dringend. 6. Die primitive Hüttenform von Gross-Eber-

ganz gleiche »brożna« (Scheuer) abseits im Garten des Gehöftes, welches jenem von Fig. 84 am näch sten verwandt scheint, nur dass es des rückwärtigen

Querabschlusses entbehrt. Natürlich will dies noch nicht sagen , dass in unserer Type i slawische Bau weise bemerkbar sei , sondern eher, dass im Spree walde Gehöfte mit gewissen Abänderungen gebaut worden sind , welche man u . a. auch in Franken findet.

Die Type 2 verstehe ich noch nicht. Vielleicht

steier (Reiter-Keusche, Rauchhaus), welche,

enthüllt sich ein Zusammenhang, wenn seine west lichen Nachbarn in Ostbayern gründlich untersucht

wie schon erwähnt, an den Sölden , Keuschen

werden.

oder Kleinhäuseln des ganzen Landes Oberösterreich mit kleinen Abänderungen des

wie die Type 4 nach Mondsee kam. Ich will eine

hards im Waldviertel und von Palfau in Ober-

Dann wird auch vielleicht klar werden ,

Meinung verschiedener Kenner des Innviertels nicht

Daches und aus verschiedenem Material im- verschweigen . Diese nehmen an , es sei dort eigent mer wieder erscheint und auch überall (nur lich die Type 4 (Mondseer-Einheitshaus) vorherr im Typenbereich 3 nicht) als kleines Einheits- schend; bestehe in der Innviertler Waldzone an zahl haus auftritt.

So weit reichen die unmittelbar wahrgenommenen , greifbaren Thatsachen .

Mittelbar , weil nur durch Vergleichung und Schlüsse, sind folgende Sätze gewonnen worden :

reichen Kleinhäusern in Hüttenform und habe sich

dann nach Art der Fig. 103 und 104 dem von anders woher eingedrungenen Hofsysteme anbequemt und beigesellt. Ich habe vorerst keine Meinung hierüber. Unsere Type 6, die primitivste Hüttenform , zu

a) Der Vierkant hat die Neigung , sich auf gleich die einzige , welche fast überall , wenn auch Kosten seiner Nachbarn auszubreiten , seine Repräsen - modifiziert, erscheint, könnte zu der Annahme ver tanten zu vermehren.

b) Der Vierkant ist in nicht sehr entfernter Zeit aus einzelnen der Typen 1 und 2 (ich weiss

nicht, ob, und glaube nicht, dass auch aus Type 3 ) zusammengeflossen; vgl . Fig. 82-85 und Fig. 88-90. c) Der Putzleinstorfer und der Vogelweider

leiten , dass sie einmal die herrschende gewesen sei im ganzen Lande oder im grössten Teile desselben. Die a . a . O. erwähnte Auskunft » vor 60 Jahren

babe es im Mühlviertel noch eine Menge kleiner Häusel mit Flachdächern gegeben ; jene aber seien zu Gehöften , diese zu Schopfdächern geworden «,

Hof haben Mischformen gebildet. Vgl. Fig. 103 , 104. | gibt allerdings dem Gedanken Raum , dass einstens Wenn man die sechs Typen so nebeneinander die Gehöfteformen überhaupt nicht so stark obge sieht, stellt sich augenblicklich das Gelüste ein, wie herrscht haben, wie heute, dass daher die Gehöfte erwähnt , sie mit gewissen Stämmen oder Völkern bildungen in manchen Gegenden einer relativ jün geren Zeit angehören. Der grösste Teil des hiesigen in Verbindung und Beziehung zu setzen. Von südslawischen Beziehungen war schon die Kulturlandes ist erst nach dem Jahre 1000 n . Chr. Rede. Nicht die Hausform , aber die Gehöfte- aus dem Walde herausgebauen worden . Der »Nord gruppierung der Type 3 kann einer slowenischen wald« war zu lichten ; im Südwesten zeigen heute der Lachforst , der Weilhardtsforst, der Hausruck Eigenart entsprechen .

Das Waldviertler Haus, ( Type 1 ) steht aller-

wald , der Kobernauserwald noch gewaltige Reste

dings dort in vollster Blüte, wo vor mehreren Jahrhunderten Nordslawen vielleicht ausschliesslich und

einer einst viel mächtigeren Bewaldung. Kolonisten , welche Wald roden , beginnen aber mit Hütten und

später in starken Minoritäten gewohnt haben. Vor

nicht mit Höfen. Im Bereiche des Typus 3 , im

den Slawen waren dort die Rugier und Langobarden Südosten des Landes und in Obersteier , wo der und vor allem – ein ungeheurer Wald , der in Ur- Wald noch am wenigsten gerodet ist und wo seine kunden

des späteren Mittelalters noch erwähnte

Rodung, der Terraingestaltung nach , nur wenig und

»Nordwald « gewesen . Wahrscheinlich haben dort geringwertigen Kulturboden ergeben kann, ist ja auch

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

die Gehöftebildung scheinbar auf einer niederen Stufe stehen geblieben , hat bis jetzt nur ärmliche Haufenhöfe geliefert, welche allerdings im frucht-

347

Menschheit anpreisen und auf alle Einwände ant worten : » Mais l'égalité!« »Oui , messieurs , hat man ihnen erwidert, » c'est l'égalité, mais l'égalité de

baren Stoder- und Windischgarstnerthale zu schöner

la misère ! « 1 )

Entwickelung gekommen sind. Vielleicht kann uns das heutige Nebeneinan-

égalité nicht einmal weit her. Es lässt sich doch nicht hindern , dass einer oder der andere , und sollte es

Und in Wirklichkeit ist es mit der

der in Oberösterreich einen Begriff vom Nach-

auch fern von seinem Dorfe sein, 100 oder 200 Rubel

einander geben . Vielleicht hat der heute bemerk-

erwirbt ; am leichtesten hat es hierin der Schenkwirt.

bare einfachste Kleinhäusel- oder Hüttten -Typus in

Mit diesem Gelde ist er nun Herr im Dorf. Er fängt

verschiedenen Landesteilen , durch spätere Kolonisten- an zu wuchern; bald muss ihm dieser , bald jener nachschübe

aus

mehreren Teilen

des südlichen

Deutschland verschieden beeinflusst, auch jene ver-

schiedenen Gestaltungen angenommen , welche uns nun rätselhaft vor Augen liegen .

seinen Ernteertrag verschreiben und bald ist das halbe Dorf in seiner Tasche. Solche Kulaki, Dorfwucherer,

wörtlich » Fäuste« , stellen sich überall auch ohne semitische Zuthat ein und ziehen trotz gemeinsamer Abstammung und Religion ihren Brüdern das Fell über die Ohren . So sieht es im Paradiese des Ge meindebesitzes aus.

Man sollte unsere deutschen

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland . Von P. Seeberg (Stuttgart).

Socialdemokraten zu einem praktischen Lernkursus überzeugt,

(Schluss.) ')

mancher Socialdemokrat würde, nachdem er diese Verhältnisse kennen gelernt, ganz anders über seine theoretischen Ansichten zu denken beginnen . Ich

Diesen Gemeindebesitz nannte man das slawische

auf ein russisches Dorf schicken ; ich bin

bin der Ueberzeugung, dass der Gemeindebesitz so

Prinzip und blickte mit Hohn auf Westeuropa hin , wo infolge des Einzelbesitzes Reiche und Arme neben einander seien, ohne zu bedenken , dass alle halbbarbarischen Völker den Gemeindebesitz und periodische Umteilungen gehabt haben, auch die Germanen, und heute

oder anders wenigstens einer auf 25 oder noch mehr Jahre bemessenen Teilungsperiode Raum machen muss , wenn überhaupt eine Verbesserung der öko nomischen Lage im nördlichen Russland eintreten

noch die Eingeborenen in Java, die Indianer in Arizona,

soll. Auch Wallace und selbst der vorsichtig ur

und ganz natürlich, wenn noch keine intensive Arbeit auf Bodenverbesserung aufgewendet wird, son

teilende Leroy Beaulieu ?) sehen in ihm nur eine

dern Land nur Land ist.

Uebergangsstufe. — Ist der Bauer bei diesem System

Und nun die Folgen ? schlecht gefahren , so schlecht, dass viele, um nur

Natürlich verlor der einzelne jedes Interesse an

seinem, noch an fünf oder zehn Stellen aus einander geworfenen Landstück , da er nicht wusste, ob es übers Jahr nicht schon in andere Hände käme. Wie

hätte er eine Verbesserung aufwenden können, wenn er nicht gewiss war, ihre Früchte zu ernten ! Jetzt kommt die Pacht- oder die Steuerzahlung an die Regierung. Da muss wieder der Fleissige für den

dem Gemeindejoch zu entfliehen , nach Sibirien aus wandern und sich dort selbständig ansiedeln ") , so sind die Grossgrundbesitzer erst recht schlecht daran . Sie hatten keine Arbeiter ; nur wenn man diesen 1/3 ihres Lohnes vorausbezahlte, fanden sich einige

Bauernburschen ein, die dies Geld an die Gemeinde abzugeben hatten , damit die Steuern bezahlt werden könnten. Man kann sich denken , wie sie für den

Faulen eintreten . Ich erzähle aus dem Leben . Ein

Gutsbesitzer arbeiteten. Diese Art der Bodenbearbei

fleissiger Bauer hat sich acht Kühe erzogen . Der

tung musste bald aufgegeben werden 4). So blieb

Steuereinnehmer kommt und sagt : »Mein Freund, auf die Loskaufung schuldet eure Gemeinde noch 110 Rubel für diesen Termin ; ich muss auf deine Kühe Beschlag legen ; sie müssen zur Tilgung der Schuld versteigert werden « . »Herr« , sagt der Bauer, vich habe meine Kühe selbst erzogen ; ich möchte

denn nichts übrig , als das Land zu verpachten,

sie auch behalten . Hier habt Ihr das Geld « . Jetzt kommt der Herbst und die Sache ist dieselbe.

einen Wagen und ziehen durchs Land ; in einer anderen Wolost sogar 52 % .

»Nehmet meine Kühe « , sagt jetzt der Bauer , » aber ich habe einen Fluch darauf gesetzt, dass weder ich

2) » Le système d'allotissement aujourdhui en vigueur ajoute les defauts de l'individualisme , qui morcelle la terre à l'excès,

noch meine vier Söhne je mehr als eine Kuh be sitzen sollen ; die könnt Ihr mir nach dem Gesetz nicht nehmen « . Es gibt noch immer einige sla-

aux defauts du communisme, qui diminue l'attachement au sol et l'energie du travail . « Leroy Beaulieu , La Russie, I, p . 512 . » Ces parcelles emmelées manquent de libre issue. ... Par là les cultivateurs se tiennent mutuellement dans une dépendence fatale à toute initiative individuelle. « Daselbst, I, p . 513 . 3) Veber Tjumen allein im Jahre 1890 : 36 000 .

wische Schwärmer, die dies Prinzip als das Heil der 1) Vgl. zu dieser Schlussabteilung den lehrreichen Artikel Ballods in Nr. 6 und 7 des gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift,

Die Red .

meist für die Hälfte des Ertrages, und wie viel diese betrug, kann man sich vorstellen, wenn man erfährt , 1) Im Gouvernement Pensa betteln (1890 ) 47 % in einer

»Wolost« (Dorfgemeinschaft unter einem Oberschulzen [Starast]), schliessen ihre Häuser ab, setzen einen Greis oder ein Kind auf

4) Im Gouvernement Twer ging die Zahl der Grossgrund besitzer, die ihre Güter in Selbstbewirtschaftung hatten, von 2860 auf 1802 herunter . leren Gouvernements .

Aehnlich in anderen nördlichen und mitt.

Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .

348

dass der Durchschnittsertrag dieser Gouvernements nur 3 oder 3 2 Korn über die Saat ausmacht. Doch ist es nicht Land oder Klima, dem die Geringfügig-

»Aber es wird euch leid thun . Andere werden kommen und es nehmen . «

Lasst andere es nehmen« , schlossen sie ; denn

keit dieses Ertrages schuld zu geben ist. Ich habe

diese Bauern leben überhaupt gar nicht mehr von

mich überzeugt , dass das Land bei guter Bearbeitung

ihrer Hände Arbeit , sondern nur vom Rupfen der

gar wohl 10 Korn und darüberträgt. Von einer

Sommerfrischler , wozu reichliche Gelegenheit sich

von Futterkräutern

Wechselwirtschaft mit Anbau

findet .

konnte bei dem bisherigen Betrieb der russischen

Und die anderen , d . h . deutsche Kolonisten ,

so erfreulicher

kamen aus der benachbarten Kolonie an der Newa .

ist es , dass sie in jüngster Zeit wenigstens auf

In drei Jahren war das Moor- und Waldland ent

Bauern nicht die Rede sein ; um

den Kartoffelbau ihre Aufmerksamkeit gerichtet wässert, urbar gemacht , in regelrechte Aecker ver haben.

Dass es nur das falsche Agrarprincip ist , das hier so traurige Ergebnisse herbeigeführt hat, ist

wandelt und mit netten Häusern besetzt , welche die Kolonisten im Sommer vermieten , und alles ge deiht auf das trefflichste. Ich will nicht sagen , dass

daraus zu ersehen , dass nicht nur der russische Bauer,

sie nicht auch die Petersburger Luftbedürftigen rupfen.

sondern auch die deutschen Kolonisten an der Wolga, der Verarmung entgegengehen " ) . Aber auch das

Das Rupfen kann ja nun einmal niemand je ganz verhindern ; aber sie arbeiten auch daneben ernst und gründlich. Die russischen Zeitungen aber

entgegengesetzte System , das den Grundbesitz jeder

schreien : Seht diese Deutschen ! Vor unseren Augen

anderen Ware gleichstellt und den moralischen Wert

nehmen sie unseren Bauern das Land weg ! Wie

der Sesshaftigkeit und vieles andere ganz übersieht,

lange soll man das dulden ?

die dies Prinzip angenommen haben , unaufhaltsam

dürfte schwerlich das richtige sein . Ist es doch unter

demselben in Oesterreich so weit gekommen , dass jährlich 11000 Landwirtschaften unter den Hammer

Die zweite Scene ist in der nördlichen Krim.

Ein russischer Admiral hat sie mir erzählt.

Ein

dortiger Gutsbesitzer, der aus den angegebenen Ur

gebracht werden , und die Verschuldung des Grund- sachen mit seinem Lande nichts anfangen konnte, besitzes in 20 Jahren von 1 ', Milliarden Gulden hatte dasselbe schliesslich den Mennoniten zur Pacht 2

auf 2 %; Milliarden gestiegen ist . Das ist doch auch ein Stück Sklaverei unter dem Namen der Freiheit. Doch es kann nicht meine Aufgabe sein , die so hoch wichtige Frage hier lösen zu wollen . Vielleicht aber liegt den Lesern eine andere näher, um so mehr, als die russische Presse nur zu

oft dazu Anlass gibt : die Stellung und die Zukunft der deutschen Kolonisten in Russland.

Statt jeder Erörterung möchte ich hier nur zwei charakteristische Scenen vorführen , eine aus dem Norden , die andere aus dem Süden . Der Graf Schuwalow hat eine anmutige Be-

sitzung, Pargalowo, 16 km von St. Petersburg. Sie

wird viel von Luftschnappern der Residenz aufgesucht . Als nun das russische Dorf daselbst bei Ge-

angeboten. Der Kontrakt wurde abgeschlossen und zugleich der Preis bestimmt, für den das Land nach Ablauf der Pachtjahre gekauft werden könnte. Dar

auf machten sich die Leute an die Arbeit ; jedem wurde sein Teil zugemessen , ein Haus gebaut, und sogar gleich aus Stein , mitten im Acker aber ein Stück zurückbehalten , das gemeinschaftlich bearbeitet wurde ; der Ertrag desselben wurde abgelegt, um nach zwölf Jahren die Kaufsumme herzugeben . » Siehst du ,« sagte der Admiral zu einem be nachbarten russischen Bauern , » siehst du , was die Deutschen da machen ?

»Natürlich sehe ich das ; unsereins kann das nicht . «

» Wie ? Seid ihr denn dümmer, als jene ?«

legenheit der Freilassung der Bauern seinen Anteil

»Das nun gerade nicht.

fast gleichlautende Beschreibung eines türkischen Geographen , Hadschi Chalfa, auch Katib

bracht hat, und bildet insbesondere für Cypern und Tschelebi genannt (* 1658), nach Norbergs das südöstliche Kleinasien eine höchst schätzens- Uebersetzung *) hierher: » Ibique, quae res homines werte Quelle. Die uns hier zunächst interessierende ingenii simplicis fefellit, in sacello, quod ex scopulo Stelle lautet (S. 59 der deutschen Uebers .) : » Von

Lamezim (d. i. Limassol) aus bestiegen wir den Berg des Heiligen Kreuzes , der über alle Berge

cavatum fuit, conspicua est crux lignea , Salbut ?) vocata, sed ab utraque sui extremitate ferro auroque

obducta : quae magnete hinc, inde posito , pendens

(Fortsetzung folgt.) von Cypern emporragt. Auf dem Gipfel des in aëre, praeceps non cadita , selben liegt ein kleines Kloster. Der Lebenswandel der Mönche entspricht, das müssen sie mir zu sagen Geographische Mitteilungen. erlauben , ihrem Stande sehr wenig. Im Kloster ist eine kleine Kapelle , in welcher jenes hochwürdige (Menke.) Am 14. Mai d . J. starb in Gotha im Kreuz mit grosser Ehrfurcht bewahrt wird . Das- 73. Lebensjahre Dr. phil. Theodor Menke, in weiten

selbe soll ohne einigen Anhalt in der Luft hängen Kreisen bekannt durch seine hervorragenden kartogra und hin und her schweben , was man jedoch nicht leicht zu sehen bekommt.

Dies Kreuz kam

dahin

? ) A. a . O., S. 393—410. 2) Itinéraires russes, S. 218 f. 3) Ebenda, S. 168 .

phisch - historischen Arbeiten . Geboren am 24. Mai 1819 in Bremen, studierte er Philologie und später Jus, pro movierte 1843 in Halle mit einer Dissertation über Lydien und war dann eine kurze Zeit als Lehrer an der Haupt schule , darauf als Advokat in seiner Vaterstadt und in

Vegesack thätig. Im September 1864 siedelte Dr. Menke

4) Αlex . ΙΧ , 2 : το επί θάτερα προσεχώρησεν όρει εις τον

επ' ονόματι του τιμίου σταυρου ανεγερθέντα πάλαι νεών προς πεφευγών. 5) Wilbrands von Oldenburg Reise nach Palästina und Kleinasien , lateinisch und deutsch , herausg. v. J. C. M. Laurent, Progr. d . Johanneums in Hamburg , 1859 . Der lateinische Text auch in Peregrinatores medii aevi quatuor rec . J. C. M. Laurent, Lips. 1864.

1) Manuel de la cosmographie, traduit par A. F. Mchren, Copenhague 1874 , S. 116 .

23)

Ar. Andó Kreuz, úló kreuzigen .

3) Gihan Numa, Geographia orientalis , ex Turcico in Latinum versa a Matth . Norberg. Lond . Goth . 1818. Vgl .

meine Bemerkungen in Ztschr. d. Ges. f. Erdk., 1890, S. 158 f.

Litteratur.

als Mitarbeiter an Justus Perthes' geographischer An stalt nach Gotha über. Seine drei Hauptwerke sind : I. der in vielen Auflagen verbreitete » Orbis antiqui

descriptio. In usum scholarum « , 2. die von ihm neu bearbeitete dritte Auflage von Spruners » Atlas An

tiquus « ( 31 kolorierte Karten, Gotha 1865 ) und 3. der

367

Voyage du R. P. Mercui de Quilimané au lac Nyassa et retour. 1889-1890 . Von Demselben . Epinal, 1892. 8 ° 25 S. Mit Karte . Seit der französische Geniekommandant De Lannoy zum

Truppendienst einberufen wurde, macht er auf uns den Eindruck des Pegasus im Joche. Der meisterhaft geführte, der afrikanischen Kartographie mit so grossem Erfolg gewidmete Griſfel mag nim

» Handatlas für die Geschichte des Mittelalters und der

mer der Hand entsinken . Zeugnis geben davon das trotz aller

neueren Zeit « (Dritte Auflage , Gotha 1879 ; 90 kolo

erdenklichen Last von Berufsgeschäften wackere Fortschreiten

rierte Karten in Kupferstich ), der nicht allein von der

der grossen Afrikakarte , aber auch die vorliegenden zwei sorg fältigen Broschüren, in deren einer er in Bezug auf die Errich

Kritik einstimmig als für die geschichtliche Wissenschaft

von höchster Bedeutung bezeichnet, sondern geradezu

tung und Diskussion der Sahara -Bahn dafür plädiert, » que l'on

als ein Denkmal deutscher Gelehrsamkeit und deutscher

ne devra confier les constructions de ces voies ferrées qu'à l'arınée aidée par des auxiliaires indigènes«, in deren anderer er

Kartographie hingestellt wurde.

(Mitteilung von Dr.

die afrikanische Topographie zwischen dem Indischen Ocean und

Wolkenhauer in Bremen .)

dem Nyassa -See um die Darstellung einer neuen Route längs des

(Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit.) Eine interessante Frage hat unlängst F. Rosenberger,

der bekannte Verfasser einer sehr verdienstlichen » Ge schichte der Physik «, in Anregung gebracht. Bekannt lich wirkt die Erdumdrehung auf jeden horizontal be wegten Körper in der Weise ein , dass derselbe auf der Nordhalbkugel eine Ablenkung nach rechts, auf der Süd

An Wissenschaft und

Luala- und Mungo- Flusses bereichert.

strenger Kritik hat es De Lannoy nie gemangelt. Wien .

Ph . Paulitschke.

Auf dem Kriegspfad gegen die Massai. Eine Frühlings fahrt nach Deutsch -Ostafrika. Von Friedrich Kallenberg. Mit 86 Bildern und einer Karte . München , C. H. Beck , 1892 . 200 S.

halbkugel eine solche nach links erfährt; mit dieser

Man müsste sehr genügsam sein, wenn man durch die vor

Thatsache wird der aus inneren anatomischen Gründen

handenen Reiseberichte und Darstellungen von Forschern über Deutsch -Ostafrika sich hinsichtlich der Belehrung über alle Teile des dortigen Gebietes bereits befriedigt ſúhlte. Zwar ist es

absolut nicht erklärbare Umstand in Verbindung ge bracht, dass bei den Kulturvölkern ausnahmslos die

rechte Hand einen so entschiedenen Vorzug vor der

nicht an dem , dass jede Darstellung jener Länder und Volks

linken geniesst. Dass es schon im grauesten Altertum sich so verhielt, beweist unwiderleglich eine hier zu

stämme durch Augenzeugen uns zusagen könnte; vielmehr sehen wir es als eine Pflicht der Kritik an , sich ablehnend gegen solche Bücher zu verhalten , welche in der Weise einer vor wenigen

citierende Stelle des Alten Testamentes (Buch der Richter, Kap. III , Vers 15 ff.). Auf die auf die Natur unseres

Monaten erschienenen grösseren Arbeit über Ostafrika den An forderungen an geistige Schulung deutscher Autoren sehr wenig

räumlichen Erkennens näher eingehenden Betrachtungen

nachkommen . Eine grosse Anzahl von Abbildungen und ein reichliches Vielerlei reicht zu einer empfehlenswerten Landes

kann hier nur verwiesen werden ; uns berührt am näch sten der von Rosenberger gemachte Vorschlag , bei den Naturvölkern der südlichen Hemisphäre nachzu

beschreibung keineswegs aus.

forschen, ob nicht dort die Präponderanz der Hand eine umgekehrte ist. Wir möchten alle Freunde der

Wenn aber viele und ebenso originale als lehrreiche Bilder und ein tichtiger Text, sei es auch nur in Bezug auf einen be scheidenen Umkreis von Gebiet, uns Neues und Ergänzendes bringen , wie das Kallenbergsche Buch, dann haben wir wohl

Ethnographie zur Uebermittlung

dankbar

bezüglicher Wahr

einen

anerkennenswerten Fortschritt

zu

begrüssen.

nehmungen an die Redaktion dieser Zeitschrift ersuchen ,

Kallenbergs » Frühlingsfahrt«, in verständiger Kürze das weiter

machen aber zugleich darauf aufmerksam , dass an und für sich nur bei solchen Stämmen der Lage der Sache

ausgreifende Bereich seiner Reise gleichfalls skizzierend , empfiehlt sich auch dem Beleseneren infolge der Achtsamkeit , mit wel .

nach auf Erfolg zu rechnen wäre, deren Wohnsitz vom Aequator genügend weit entfernt ist . ( Berichte des

cher der Autor die Natur beobachtete, und durch die wahrheits

beflissene Berichterstattung über die Art und Weise, in welcher der Europäer dort seine Ziele verfolgt, sowie durch die Mannig

Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. M., 1892, Heft 2. ) (Ritters Lexikon .) Bei der alten Beliebtheit und

dass diesem Werkchen jedenfalls eine ehrenvolle Stelle in der Afrikalitteratur gesichert bleibt. Dies um so mehr, als der Ver

der praktischen Bedeutung von » Ritters geographisch

fasser der erste Künstler von Beruf ist , welcher als Augenzeuge

wird es weitere Leserkreise inter

durch Aufnahinen der verschiedensten Objekte teils bestätigend , teils neu veranschaulichend unser Wissen über das so wichtige

statistischem Lexikon

essieren , dass die Redaktion gegenwärtig mit Supple mentierung und Nachträgen beschäftigt ist, und wie früher schon verschiedene , den Inhalt des Werkes be

treffende Mitteilungen aus dem Publikum teils ergänzend,

faltigkeit der Schicksale seines Massaizuges ausreichend genug ,

Zwischengebiet zwischen der Küste und dem Kilimandscharo vorwärts führt.

Wir erfahren von ihm , dass das küstennahe 1

Land Bondei keineswegs den Ruf der Fruchtbarkeit in dem Umfange verdient, wie er bisher feststand , während umgekehrt das mehr binnen gelegene , gebirgige Pare trotz spärlicher Wasser läufe viel besser ausgestattet sei , als bis jetzt anerkannt war . Der so oft betonte Reichtum an Jagdwild wird von ihm in dem 3

teils berichtigend sich als sehr schätzenswert erwiesen haben , so wird auch ferner jede derartige Nachricht sehr willkommen sein. Auch Wünsche von Kommunen

und Privaten (Bäder, Kurorte, grosse industrielle Etablissements) werden gerne berücksichtigt. Alle Zu schriften sind an die Expedition des Lexikons, Verlags buchhandlung von Otto Wigand in Leipzig , Ross platz 3 , zu richten. (Mitteilung der Verlagsbuchhandlung.)

durchzogenen Gebiete nicht so vorgefunden , wie er auf Grund

früherer Darstellungen zu erwarten war. Leberhaupt werden durch Kallenberg bei aller Sympathie für die koloniale Ent wickelung doch enttäuschende Vorstellungen thunlichst hintan gehalten ; dies auch dadurch , dass er begründete Anstände, welche

von europäischen Stationsoberen verursacht werden, deutlich zum

Litteratur. Les possessions françaises de la Méditerranée du Soudan (Niger ). Von R. de Lannoy de Bissey. Lyon, 1891. 8 ° 35 S. Mit Karte.

Ausdruck bringt. Um so erfreulicher wirkt seine Ueberzeugung von der Tüchtigkeit, welche die verschiedenen init Militärgewalt

ausgestatteten Führer allenthalben bewähren . Die verderbliche (? Die Red .) Wirkung des englisch-deutschen Abkommens auf die dortige innere Entwickelung wird in verschiedenem Zusammenhange klargestellt .

Eine erwünschte Festigung des Urteils über die

Litteratur .

368

Massai, gegen welche die Expedition mehrere Kämpfe zu führen hatte , erhalten wir insofern, als Kallenberg die Darstellung, welche dieses Volk durch Dr. Peters erfuhr , völlig bestätigt , wie auch seine Kampfbilder diejenigen Tiedemanns in Peters'

Buch als ganz zutreffend erscheinen lassen. Ueberall ist Frische

Texte werden topographische Skizzen , Schichtenkarten u . s. w. beigegeben. Der Cyklus wird nach dem Plane des Verfassers folgende 25 Bilder umfassen :

A) Süddeutschland und Alpengebiet. 1. Das Wettersteingebirge, Typus der nördlichen Kalkalpen,

und Fortschritt in seiner Schreibweise ; die Naturschilderungen

Ketten- oder Faltengebirge.

wirken mit vorzüglicher Anschaulichkeit; eine selbständige Ge

2. Aus der Berninagruppe , Typus der Centralalpen , das

sinnung durchweht das Ganze, wie er z. B. auch der fast zur

Gletscherphänomen . 3. Der Rosengarten, Typus der südtiroler Dolomiten . 4. Der Königssee , Typus eines Hochgebirgssees. 5. Der Bodensee, Typus eines mit reichem Kulturleben aus gestatteten kandsees .

Mode gewordenen Zurücksetzung der deutschen protestantischen Mission trotz überwallender Begeisterung für Wissmann einen gerechten Widerspruch entgegensetzt .

Nach dem allem kann

sich diese Erstlingsarbeit eines deutschgesinnten und sachlichen Kolonialschriftstellers und gewissenhaften Künstlers die freund lichste Aufnahme in der Leserwelt versprechen. München .

W. Götz .

Dr. A. Geistbecks Geographische Landschafts . und Städtebilder von Deutschland und Europa. Bamberg, C. C. Buchner.

I. Lieferung .

6. München , Typus einer Residenz- und Kunststadt . 7. Die rauhe Alb, Typus eines Plattengebirges . 8. Stuttgart .

9. Der Schwarzwald , Typus des oberrheinischen Gebirgs systemes.

10. Mannheim -Ludwigshafen, Typus einer modernen Handels

Von allen Disciplinen , die an unseren Unterrichtsanstalten betrieben werden , ist , was Anschauungsmittel anlangt, die Geo.

graphie bislang am schlimmsten daran gewesen. Es ist deshalb

und Fabrikdoppelstadt, Panoramabild der Rheinebene mit

den Randgebirgen . B) Mittel- und Norddeutschland. 11. Der Rheindurchbruch bei Bingen und der Rheingau.

freudig zu begrüssen, dass ein Unternehmen ein buchhändle risches Wagestück ist es freilich Bilder in erforderlicher

12. Der Thüringerwald mit der Wartburg , deutsche Mittel

Grösse und in genügender künstlerischer Ausstattung der Schule zur Verfügung stellt, welche bei der Verwendung im Unterricht den Lehrer zwingen , das vielfach in kleinliche Systematik und

gebirgslandschaft. 13. Der Harz, Typus eines sogen. Massengebirges. 14. Das Elbsandsteingebirge, Typus eines Erosionsplateaus.

Nomenklatur ausartende Buch wissen über die Erde zu Gunsten

einer anschaulichen Kenntnis von der Beschaffenheit der

15. Norddeutsche Moorlandschaft aus dem Emsgebiete. 16. Rügen , Typus einer Steilküste.

Erdoberfläche einzuschränken . Ein buchhändlerisches Wagestück

17. Deutsche Nordseeküste , Typus einer Flachküste , Dünen

ist es insoferne, als es sich darum handelte, die Bilder zu einem

küste .

Preise zu beschaffen , dass auch minder bemittelte Schulen sie

18. Hamburg , Typus eines Flusshafens und einer Welthandels

anschaffen könnten ; nur dann war ja auf eine allgemeine An wendung zu hoffen . Mit einer allgemeinen Benutzung aber musste man rechnen , wenn man wirklich Gediegenes bieten wollte, weil sonst gewiss die Herstellungskosten nicht gedeckt

19. Kiel , deutsche Föhrdenküste, Kriegshafen . C) Ausserdeutsche Landschaften.

Nun steht der Schule thatsächlich um den

werden konnten .

stadt.

20. Norwegische Fjordlandschaft . 21. Die Steilküste von Südengland .

Preis von zwei Mark ein solches Bild zur Verfügung in der Grösse von 110 cin Länge und 84 cm Breite, ein guter, klarer Farbendruck ! Die zwei bis jetzt erschienenen Blätter , » Das

Wettersteingebirge « und » Aus der Berninagruppe« , sind Hilfs mittel für den Unterricht, wie sie sich der Lehrer nur wünschen kann . Es steht zu hoffen , dass auch die folgenden – auf 25 Nummern ist zunächst das Unternehmen ausgedehnt worden gleiche Vorzüge aufweisen . Es ist gar keine Frage, dass solche

22. Der Golf von Neapel mit dem Vesuv. 23. Athen mit der Akropolis, historische Landschaft. 24. Die Gartenlandschaft von Valencia oder Murcia, Vege tationsbild .

25. Nizza , südfranzösische Landschaft.

Möge das Werk glücklich durchgeführt werden ! Dann wird es ebenso in der Volksschule wie in

den Mittelschulen

die ganze

nützen . Ja auch der Lehrer der Hochschule wird mit Freuden

Lehrmethode unändern, den erziehlichen Wert des Geographie

von dem trefflichen Veranschaulichungsmittel Gebrauch machen

Hilfsmittel, wenn sie im Unterrichte benutzt werden , 1

lernens heben müssen .

Für manchen Schüler ist der Name

können .

Schweinfurt .

» Alpena ein recht vager Begriff ! Vielleicht taucht bei den vielen Bergnamen , mit denen ihn sein Geographiebuch bekannt

O. Steinel .

7

macht, ein Seitenstück zu dem nächsten Berge seiner Heimat ich habe lange Zeit noch in der Mittelschule damit die Vorstellung eines grossen Waldes ver

Berichtigung

in seiner Phantasie auf

In Nr. 22 (Seite 347 , Zeile 3 v, u .) ist durch Auslassen zweier Manu skript -Zeilen eine totale Veränderung des Sinnes herbeigeführt worden . Es

bunden , das weiss ich mich noch gut zu erinnern -- ; aber darf

sollte heissen : » Vgl . zu dieser Schlussabteilung den lehrreichen Artikel von in Nr. 6 und 7 des gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift, sowie den auf gewisse Analogien hinweisenden Aufsatz Ballods über Südbrasilien ,

er nun die beiden Geistbeckschen Bilder sehen , so ist wirk . liches Wissen von den Dingen , nicht nur von den Namen für die Dinge gewonnen . Und wäre der Lehrer auch noch so un geschickt , da schöpft der Knabe ja selbst aus der Anschauung ; totes Wissen , wie es zur Zeit noch vielfach die Frucht des

welcher demnächst erscheinen wird ,

An die Mitarbeiter !

Geographieunterrichtes ist , kann bei Benutzung solcher Hilfsmittel nicht mehr oder doch nur bei ganz stumpfsinnigen Schülern vor

Der Herausgeber sieht sich genötigt, die Erklärung abzu geben, dass das » Ausland « für eine lange Zeit mit Material ver

kommen . Versteht aber der Lehrer, solche Bilder noch durch sein Wort zu beleben , so wird das Interesse und mit diesem das Verständnis für die Geographie in der denkbar giinstigsten Weise gefördert. Wie sollen Begriffe wie Gletscher , Moräne und ähnliche ohne Bild genügend einem Schüler erklärt werden !

sorgt ist , so dass Manuskripte , welche gegenwärtig eingehen,

Wie leicht hinwiederum ist an einem guten Bilde das Verständ nis hierfür zu erzielen !

Dr. Geistbeck ist bekannt durch

verschiedene geographische Arbeiten ; seine Bemühungen um den Geographieunterricht erfreuen sich allgemeiner Würdigung , so darf man sich mit Zuversicht eine weitere treffliche Unterstützung

kaum mehr Aussicht haben , noch im Laufe dieses Jahres

zur Veröffentlichung zu gelangen. Es wollen daher auch die. jenigen Autoren , deren Beiträge, den Absichten des Herausgebers

entgegen, noch nicht gedruckt werden konnten, die für alle Teile unerfreuliche Verzögerung mit der stofflichen Ueberfüllung der Zeitschrift entschuldigen !

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

beim Gebrauche der Landschafts- und Städtebilder « in dem

in Stuttgart.

Texte versprechen, den er zu den Bildern schreiben wird ; diesem

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 24 .

Stuttgart, 11. Juni 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.—

Zu beziehen durch die Buchhandlungen des

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .

einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND

MDCXL

In- und Auslandes und die Postämter.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

Inhalt : 1. R. Falbs Wetterprognosen. Von W. J. van Bebber (Hamburg). S. 369. 2. Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande. Von Adolf Forster (Wien ). S. 372. - 3. Zur Physiographie der unteren Nilländer. Von Paul Pasig (Leipzig ). S. 374 . 4. Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. Von Otto Ankel (Frankfurt a. M.). S. 379. 5. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. Von Eugen Oberhummer (München ). (Fortsetzung.) S. 380. 6. Geographische Mitteilungen. (Duveyrier ; Die Wärıne des Mondes nochmals ; Zu den Reisen Emins.) S. 383. – 7. Litteratur. (Brinton ; Falb ; Pfeiffer; Timm .) S. 384.

R. Falbs Wetterprognosen .

Im Altertum wurden die Beziehungen des Mon des zum Wetter in Poesie und Prosa zusammen

Von W. J. van Bebber (Hamburg ).

getragen und hiernach die Arbeiten und überhaupt

Der Gedanke , die Witterungserscheinungen

die vorzunehmenden Geschäfte eingerichtet. Diese

unserer Erde , deren periodischer Verlauf innerhalb Wetterregeln, welche alle nach flüchtigem Eindrucke des Jahres so sehr hervorsticht, mit den Bewegungen am Himmel zu verknüpfen, liegt so ausserordentlich nahe , dass schon im grauesten Altertum die un-

und grillenhafter Willkür aufgestellt sind und der sicheren Grundlage der Erfahrung entbehren, haben sich nicht allein durch das Altertum

und Mittelalter

mittelbare Abhängigkeit dieser beiderlei Erscheinungen fortgepflanzt, sondern sie haben sich grossenteils, bis als

als etwas Feststehendes angenommen wurde.

Mit

Recht wurde in erster Linie die Sonne als die Ur-

in unser helles Jahrhundert hinein forterhalten Monumente einer überaus kindlichen Naturanschau

dieser unzweifelhafte Einfluss auf unser Wetter durch

ung , welche nicht der Erfahrung, sondern einer zügellosen Phantasie entsprang. In diese Klasse ge hören die Prophezeihungen eines hundertjährigen

Analogieschlüsse auch auf die übrigen Himmelskörper

Kalenders, die Bauernregeln , sowie alle die auf den

übertragen , und zwar um so mehr, als die ausser-

Einfluss des Mondes und der übrigen Gestirne ge stellten Wetterprognosen. Allerdings ist dieser Wetter

sache der jährlichen Periode der Witterungserscheinungen , insbesondere der Wärme angesehen und

ordentliche Mannigfaltigkeit der Bewegungen und Stellungen der Himmelskörper willkommene Erklä-

aberglaube , soweit er sich auf die Planeten und

rungsmomente abgaben für die ungewöhnlichen

Fixsterne bezieht , in der Jetztzeit nur auf das un

Witterungserscheinungen , welche den periodischen

gebildete Publikum beschränkt , aber der an Mond

und aus den einfachen

einflüsse geknüpfte Aberglaube wuchert in der Gegen wart bei einer nicht geringen Zahl von Gebildeten

Verlauf derselben

störten

Bewegungen der Sonne allein nicht zu erklären waren .

Insbesondere musste auch der Mond , das

noch unverändert fort.

Wenn auch dieser Aber

selnden Phasen den launenhaften Charakter des Wet-

glaube in ein wissenschaftliches Gewand eingehüllt ist, so bleibt die Grundlage doch nicht minder trügerisch als im grauesten Altertume. Jedenfalls haben wir es hier mit einem Aberglauben zu thun , so krass

Wie leicht

und so weit verbreitet , wie wir Gleiches in der

erschien es nicht, aus seinen verschiedenen Phasen und Stellungen ein System von Wettervorhersagen

Gegenwart nicht finden . Aber am auffallendsten ist dabei die Thatsache, dass die von der Wissen

nächstgrösste Gestirn nach der Sonne, offenbar einen sehr entschiedenen Einfluss auf unsere Witterungs-

erscheinungen haben ; stellte er doch in seinen wechters gewissermaassen symbolisch dar.

zusammenzustellen, welches sich durch eine Reihe der

schaft beigebrachten Beweise, welche die Unhaltbar

Erfahrung entnommener Einzelfälle nach und nach so einrichten lässt , dass dasselbe mit den nachfolgenden Thatbeständen in allen Fällen zur Zufrieden-

keit derartiger Anschauungen und Theorien unwider

heit ausfällt, wenn man die Kontrolle dem System

zu bannen oder zu beschränken .

zu liebe nur nicht so genau nimmt, und auf diese

leglich darthun , kaum eine Beachtung finden . So schwer ist es, einen einmal bestehenden Aberglauben Man sollte zwar glauben , dass derartige Vor

Weise lässt sich alles, auch das Widersprechendste,

gehen , auf Mondeinflüsse gestützt die Witterung

mit der Theorie vereinigen.

für beliebige Zeit voraus vorherzusagen , nach

Ausland 1892 , Nr. 24 .

47

R. Falbs Wetterprognosen .

370

und nach im Sande verlaufen müssten , wie es ja

mit den Wetterprognosen von Overzier , dessen

Den grössten theoretischen Wert haben nach Falb die Syzygien, also Neu- und Vollmond, aber

geräuschvolles Auftreten noch in frischer Erinnerung unserer Leser sein wird , der Fall war , aber

dieser Wert wechselt nach den einzelnen schwan

immer wieder erheben sich Männer, welche behaupten , das Geheimnis des Propheten zu besitzen und

gegenseitigen Gruppierungen, und hieraus entstehen kritische Tage erster, zweiter und dritter Ordnung.

vorgeben , auf Grund der vermeintlichen MondeinAlüsse Wetterprognosen aufstellen zu können , von denen sie einen verblüffenden Erfolg versprechen.

Was die Form anlangt, in welcher sich an solchen Tagen die atmosphärische Hochflut äussert

In der neuesten Zeit machen die auf Mondeinfluss

den kann, so ergaben sich aus vieljährigen Beobach

beruhenden Wetterprognosen des Herrn Falb nicht allein beim grossen Publikum, sondern auch bei einem

tungen folgende Erscheinungen :

kenden Stellungen und je nach dem Wechsel in den

und die als Charakteristik derselben betrachtet wer

» . Häufung der barometrischen Minima oder

nicht geringen Teil der Unterrichteten grosses Auf- Depressionen , Wirbelstürme und vermehrte Nieder sehen ,, und da dieselben durch die Zeitungen eine schläge im allgemeinen . ausserordentlich grosse Verbreitung gefunden haben 2. Gewitter im Winter oder zu Tageszeiten , in und ganz geeignet sind , die allgemeine Meinung über welchen sie an sich selten sind ( nachts, morgens). das Wesen und den Wert oder Unwert der Wetter3. Schneefälle im Sommer (im Hochgebirge) oder prognosen überhaupt irre zu leiten; so dürfte es sich in Gegenden, wo sie sehr selten auftreten (Unter

lohnen , dieselben hier etwas näher zu besprechen, italien, Südfrankreich, Nordafrika, Küste von Klein um so mehr, als sie eine treffliche Illustration zu

dem bekannten Erfahrungsgesetze bieten , dass der

asien ).

4. Gewitter gleichzeitig mit Schneegestöber an

Drang nach Wissen und Erkennen des Zukünftigen in der Regel stärker ist, als die Frage, woher dieses Wissen stammt, und dass diese Thatsache stets und

demselben Orte .

überall eine bedeutende Mehrheit der Menschen zur

6. Einbruch eines mit Wasserdampf gesättigten Südstromes in grossen Höhen , der sich entweder

Selbsttäuschung in diesen Dingen führt.

5. Die ersten Gewitter im Frühjahre und der erste Schnee im Herbste.

Es erscheint zweckentsprechend, zunächst einen

durch plötzliches Tauwetter oder durch einen tief

Einblick in das Falbsche System zu nehmen , wozu wir hauptsächlich die Ausführungen benutzen wollen,

blauen Himmel bei auffallend grosser Durchsichtig

mit welchen Falb seinen » Kalender der kritischen

keit der Atmosphäre verrät. 7. Kampf desselben mit einem sich entgegen

Tage « begleitet.

stellenden Nordstrome, charakterisiert durch Cirrus

Bekanntlich hat Laplace den anziehenden Ein- wölkchen oder überhaupt durch Wolken , die eine fluss des Mondes und der Sonne auf unsere Luft- grosse Neigung zur Bildung paralleler Streifen ver hülle rechnerisch untersucht und einen ganz mini-

raten , groben flockigen Lämmerwolken gleichen und

malen Betrag gefunden, der nur erst in der zweiten häufig eine gleichfalls parallele Querdurchfurchung Decimale eines Millimeters Barometerstand seinen aufweisen.. Regenbögen, Strichregen und häufiger Wechsel von Regen und Sonnenschein , ein soge Grösse findet Falb hinreichend genug , gewaltige nanntes ,Aprilwetter', erscheinen durch diese Cha Hochfluten in unserem Luftmeer zu erzeugen, welche rakteristik bedingt.« Bezüglich der Zeit, in welcher diese kritischen unter Umständen grosse atmosphärische Störungen Ausdruck findet , und diese verschwindend kleine

an jenen Tagen hervorbringen , an welchen Mond

Erscheinungen in Rücksicht auf die atmosphärische

und Sonne vermöge ihrer Stellung die grösste An-

Hochflut eintreten sollen , bemerkt Falb : dass eine

ziehung in Bezug aufunsere Lufthülle ausüben. Diese

Verfrühung von zwei Tagen vor dem berechneten

Tage, an welchen das Gleichgewicht der Atmosphäre kritischen Tage nahezu die Regel bildet. Dieses durch die verstärkte Flutkraft gestört ist, bezeichnet Falb als kritisch « .

» Die einzelnen Mondkonstellationen «, so bemerkt

gilt von den theoretisch stärksten Flutwerten, wäh rend die schwächeren eine Verspätung von zwei bis drei Tagen aufweisen .« So wörtlich Falb .

Falb , » deren jede für sich eine Verstärkung dieser

Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich , dass

Kraft bewirkt , sind nach der mathematischen Flut-

die » kritischen « Erscheinungen gar nicht so sehr selten sind , so dass wohl kein Tag vorkommen

theorie :

1. 2. 3. 4.

Die Der Die Der

Erdnähe des Mondes ( Perigaeum ). Aequatorstand des Mondes. Erdnähe der Sonne (Perihel). Aequatorstand der Sonne.

dürfte , an welchem

nicht die eine oder die andere

kritische Erscheinung in Europa oder in anderen Erdteilen , denn auch auf diese beruft sich Falb ,

vorkäme.

Dieser Umstand führt zu der wichtigen

5. Die Syzygien (Neu- und Vollmond), denen

Frage, wie sich die kritischen Erscheinungen auf

wir , mit Bezug auf die grösste Wirksamkeit des

die ganze Periode ohne Rücksicht auf die kritischen

letzteren Faktors ,

Tage verteilen. Gerade diese Frage ist ein wich tiges Moment, welches vom Publikum vollständig ausser Acht gelassen wird . Die Wetterprophezei

6. noch die Finsternisse der Sonne und des Mondes beiſügen müssen « .

R. Falbs Wetterprognosen.

371

ungen Falbs werden nur für die kritischen Tage

letzteren Falle als durchaus haltlos bezeichnet wer

gegeben , und nur auf diese richtet sich die Auf merksamkeit des Publikums, während die übrigen Tage , welche ausserhalb dieser kritischen Zeit liegen , keine oder doch nicht die gehörige Beachtung fin-

den muss.

Um diese eben ausgesprochene Frage zu ent scheiden , hat Professor Pernter in Insbruck eine sehr mühevolle, aber verdienstliche Untersuchung an

den . Wollen wir ein gegründetes Urteil über den gestellt , indem er den dreijährigen Zeitraum 1888 bis 1890 in Bezug auf die kritischen Erscheinungen ,, wozu er als Material die täglichen Wetter untersuchte

Wert der Falb schen Wetterprognosen uns ver-

schaffen , so muss notwendig untersucht werden , ob die kritischen Erscheinungen nur den kritischen Tagen eigen sind, oder doch sich vorzugsweise um die

berichte der Wiener meteorologischen Centralanstalt,

kritische Zeit schaaren, oder aber von der anderen

gaben der Münchener » Allgemeinen Zeitung« be

Seite, ob die kritischen Erscheinungen über die ganze Periode, also auch über die antikritische Zeit mehr oder weniger sich gleichmässig verteilen. Im ersteren Falle kann der Falbschen Theorie eine reelle Grund-

nutzte .

für die aussergewöhnlichen Erscheinungen die An

Einige Hauptergebnisse aus dieser interes

santen Arbeit wollen wir hier wiedergeben ?) , in dem wir die Durchsicht der vollständigen Abhand lung empfehlen.

lage nicht abgesprochen werden , wogegen sie im TABELLE I.

Witterungserscheinungen an kritischen und nicht kritischen Tagen . Kritische Tage

Antikritische Tage 6

1

8

11

1

2

3

Depressionen

6.8

6.0

6.7

7.0

6.9

7.2

6.9

6.8

6.5 6.5 6.8 6.8 7.3

Stürme

7.1 7.1

6.9

5.7

6. I

5.7

6.0

5.7

5.6

7.4 8.2 5.8

6.6

7.2

6.8

6.6

6.8

Ueberschwemmungen

I 2

13

6.8

6.9

6.8

5.5

6.3

9.0 10.1

7.9

9.0

6.8 6.4 6.4

6.1

5.8

5.8

7.0 11.I

6.2 5.7

6.4

Ganze Erde, alle Erscheinungen, Summe :

26

31

31

II

IO

3

8.1

6.6 | 6.9 6.5 | 5.8 7

10

6.9 6.4 7.0 6.5

Ungewöhnliche Erscheinungen

> )

9

6.3 7.2 7.3 6.1 7.2 8.5 5.6 4.5 10.1

Alle Erscheinungen, Mittel Finsternisse, alle Erscheinungen Desgl . bei Finsternissen

7

6.9

5.2 6.8

7.0

5.2

7.1

7.1

6.7 3.5 6.1

7.3

5.5

7.3

7.2

6.5

6.3

8.4

29

32

24

30

23

II

II

30 13

I2

8

II

10

6.4

8.1

7.1 7.6

7.3

5.8 8.0 6.4 28

22

13

8

29 6

6.7

29

6.8 6.4 7.1 | 6.9 5.8 9.0 6.7 3.4

Niederschlagshäufigkeit Niederschlagsmenge

5

4

6.4 5.8

14

15

6.8 (4.9) 9.0 (6.9) 6.8 (4.9)

/ )

19

7.8 (5.8) 7.9 (2.3) 7.6 (6.4) 7.5 (5.2) 9,0 7.6 (5.8) % 30 ( 19) 10 (6) )

1

15

TABELLE II . Antikritische

Kritische Hälfte

Depressionen Stürme

Niederschlagshäufigkeit Niederschlagsmenge

Hälfte

Anzahl der Fälle

%

%

49.9

49.9

I

46.5

53.3

1 099

50.4 51.5

49.4

21 IOO

48.5 50.6

150806 89

1817

Ueberschwemmungen

49.4

Ungewöhnliche Erscheinungen Alle Erscheinungen Finsternisse, alle Erscheinungen

55.5

44.5

72

50.7

49.4

174983

48.4

51.7

Ganze Erde, alle Erscheinungen

Summe : 206

Summe : 208 78 19

Desgl. bei Finsternissen

93

69

Mit Ausnahme der Punkte 6 und 7 , welche ist der 11. jedesmal der kritische Tag, den von die » zu vag und zu weitgehend und auch für die Praxis sem am weitesten abstehenden Tag, den 4. können belanglos« erschienen , untersuchte Pernter die wir als antikritischen « bezeichnen . Wir können übrigen Punkte in Bezug auf die ganze Periode. hiernach die Pentade vom 9. bis zum 13. als die Unsere Tabelle veranschaulicht einige Hauptergebnisse kritische , und diejenige vom 2. bis zum 6. als die dieser Untersuchung. Was die Einrichtung dieser antikritische , ebenso die Zeit vom 8. bis zum 14 . Tabelle anbelangt, so sind die Häufigkeiten der kri- als die kritische Hälfte und die vom 1. bis zum 7 . tischen Erscheinungen für jeden Tag der ungefähr als die antikritische Hälfte auffassen. Es sei noch 15 Tage umfassenden Periode angegeben. Der Ab 1) » Falbs kritische Tage « in Sammlung populärer Schriften stand zweier kritischer Tage beträgt näinlich nahezu herausgegeben der Gesellschaft » Urania « zu Berlin, Heft 10. 15 Tage, manchmal 14, manchmal 16 Tage, so dass Wir ermangelnvonnicht, auf diese interessante Broschüre , sowie die unter 15 stehenden Zahlen mit den übrigen auf die anderen sehr gediegenen Schriften dieser Sammlung ganz nicht ohne weiteres vergleichbar sind. In der Tabelle besonders aufmerksam zu machen . )

Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande.

372

bemerkt, dass die ersten 8 Horizontalreihen sich auf | H. Meyer , Sohncke , Leyst u. a. beruft, so hat Europa beziehen und in Prozenten angegeben sind, dieses keinerlei Bedeutung , denn ich bin fest über während die beiden letzten Horizontalreihen für die zeugt, dass alle diese Herren sich dagegen verwahren, ganze Erde gelten und einfach die Summe bedeuten. wenn ihnen vorgeworfen würde, dass sie dem Falb Eine auch nur oberflächliche Betrachtung unserer schen Vorgehen in irgend einer Weise Vorschub Tabelle zeigt keineswegs eine Bevorzugung der kri- geleistet hätten . tischen Tage vor den antikritischen , vielmehr sind Die vorstehenden Darlegungen dürften auch das die Häufigkeitszahlen über die ganze Periode auf- grosse Publikum in stand setzen , ein gegründetes fallend gleichmässig verteilt ; die geringen Schwan- Urteil über den Wert oder Unwert der Falbschen kungen , welche sich hier und dort zeigen , sind Wetterprognosen sich zu verschaffen , und wir müssen offenbar dem Zufall zu danken . Die mit fettem es ihm anheimstellen , die bisherige Ansicht beizu Drucke hervorgehobenen Zahlen veranschaulichen behalten oder nicht. Wir können nur dem Aus die Maxima der Häufigkeit der kritischen Erschei- spruche Pernters beipflichten . Wenn Falb , statt

nungen. Auch diese zeigen eine sehr unregelmässige Neumond und Vollmond, einen beliebigen anderen Verteilung, so dass auch hier nicht von einer Be-

Tag zwischen diesen beiden als kritischen bezeichnet hätte, so hätte er damit ziemlich die gleichen Er Die zweite, kleinere Tabelle vergleicht die kri- folge erzielt , wie mit seinen jetzigen kritischen tische Hälfte mit der antikritischen . Als kritische Tagen . Hälfte wurde der Zeitraum vom 8. bis zum 14 . Wir haben es also hier, wie wir im Eingange be jedes Monats gerechnet , als antikritische derjenige merkten , mit einem Aberglauben zu thun, so krass >

vorzugung der kritischen Tage die Rede sein kann .

vom 1. bis zum 7. , während die kritischen Erschei-

und so weit verbreitet, dass wir in der Jetztzeit kein

nungen des 15. Tages zur Hälfte zu den kritischen, Analogon hierfür finden, und so erscheint es uns zur Hälfte zu den antikritischen gerechnet wurden . Hiernach fällt die grösste Häufigkeit der kritischen Erscheinungen mit geringem Ueberschuss, der für die Wetterprognosen gar nicht in Betracht kommen

gewissermaassen als Pflicht, ihn zu bekämpfen und ihn nach Kräften einzuschränken . Und hier könnte

die Schule ausserordentlich viel mithelfen, indem den Kindern öfters gesagt und erklärt würde , dass der

kann , bald nach dieser , bald nach der anderen

Mond auf unsere Witterungserscheinungen keinen

Seite.

merklichen Einfluss ausübt . Schon die Aufnahme eines

Wenn sich Falb zu Gunsten seiner Theorie

solchen einfachen Satzes in die Lesefibel würde

auf die Arbeiten der Herren Köppen , Seemann , 1 jedenfalls ungemein wirkungsvoll sein.

Ueber den Zusammenhang der Klarheit

des Flusswassers mit dem Wasserstande ').

schwindet. Die Entfernung der Messingplatte von der Oberfläche des Wassers in Centimetern gibt den Klarheitsgrad. Die Monatsmittel dieser Beobach

Von Adolf Forster (Wien).

tungen werden für die Zeit vom 1. April 1883 bis Seit April 1883 werden vom städtischen Wasser-

werke zu Breslau Beobachtungen über den Klar-

Ende März 1888 vom Direktor des Wasserwerkes Herrn V. Schneider in der Schrift: »Die Wasser

heitsgrad des Oderwassers , das zur Wasserver-

versorgung von Breslau früher und jetzt« 1) mitge

sorgung der Stadt verwendet wird, mittels des sehr teilt . Dieselben zeigen einen regelmässigen jährlichen einfachen Apparates von Arnold Samuelson angestellt. Eine 25 bis 30 mm weite Glasröhre , die an einem Ende geschlossen , wird mit dem zu untersuchenden Wasser gefüllt und in dieses eine Messingplatte so tief hinabgelassen , bis sie dem Auge entKlarheitsgrad in

Jan.

Febr.

Centimeter

52.1

46.6

Gang des Klarheitsgrades mit dem Maximum des selben in den Wintermonaten und dem Minimum in den Sommermonaten .

April

Mai

Juni

33.6

31.1

28.8

20.2

tember bis Februar über demselben.

Berechnen wir

Mittel der fünf Be

Gang:

März

Danach fällt das Maximum des Klarheitsgrades oder die grösste Klarheit des Oderwassers in den Januar, das Minimum oder die grösste Trübung des Oderwassers in den Juli. Von März bis August sind die Monatsmittel unter dem Jahresmittel, vom Sep

Im

obachtungsjahre erhalten wir folgenden jährlichen Juli 18.9 *

Aug.

Sept.

Okt.

Nov.

Dez.

Jahr

25.9

40.3

42.3

44.9

39. I

35.5

für das Sommerhalbjahr einen Klarheitsgrad von 27.5 cm Winter

Jahr

۱۱

‫ܙܙ‬

11

1

43. I

71

10

35.3 »

1

also ein Ergebnis , wie es schon oben mitgeteilt wurde .

Es lag nahe, diese Erscheinung mit dem gleich

aus den mitgeteilten Werten die Mittel für das Som- zeitigen Wasserstand der Oder zu vergleichen. Da

mer- und Winterhalbjahr, also April bis September,, mir aber die entsprechenden Pegelbeobachtungen an bzw. Oktober bis März, so erhalten wir : 1) Nach fünfjährigen Beobachtungen an der Oder zu Breslau.

1) Im Anhang der » Festschrift zur Feier der XXIX. Ver sammlung des Vereins deutscher Ingenieure am 20. August 1888 in Breslaua . Herausgegeben vom Magistrat.

Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande.

der Oder zu Breslau nicht zur Verfügung standen ,

Entsprechend der Natur eines Mittelgebirgs flusses hat die Oder ihr Hochwasser im Frühjahr (März und April) infolge der Schneeschmelze, ihr Niederwasser im Herbst. Die fünfjährigen Monats

so behalf ich mich mit den in der Statistik des

Deutschen Reiches ) enthaltenen Monatsmitteln des Wasserstandes

Unterwassers der Oder

des

373

am

Pegel der Tiergartenschleuse bei Ohlau. Da die Oder auf der 30 km langen Strecke zwischen

mittel des Wasserstandes der Oder zu Ohlau der

Ohlau und Breslau keinen nennenswerten Zu-

Periode 1. April 1883 bis Ende März 1888 zeigen in Uebereinstimmung mit den 25jährigen Monats

fluss erhält , so kann wegen Verwendung dieser

mitteln der Periode 1863-1887 ganz deutlich diesen

Werte kein Bedenken erhoben werden .

Gang.

Wasserstand der Oder zu Ohlau in Meter : Jan.

Mittel aus der Zeit

vom 1./IV . 1883 bis 31./III . 1888 von 1863 bis 1887

1.39 1.45

Febr.

März

1.52 1.74

2.08

April 1.84 2.01

2.01

Mai 1.54 1.54

Juni 1.58

Juli

Aug.

Nov.

Dez.

Jahr

1.04

Sept. 0.68 *

Okt.

1.42

0.99

0.96

1.38

1.24

0.96

0.98

0.69 *

0.75

0.94

1.47 1.28

1.30

Berechnen wir auch hieraus die Mittel für | Klarheitsgrades gegenüber, so zeigt sich nicht die wir : so erhaltenPeriode Sommer- und Winterhalbjahr,Periode 1883 --1888

1863-1887

( m)

(m )

1.40 1.35

1.30

zu erwartende Uebereinstimmung, dass den Monats mitteln kleinsten Wasserstandes solche der grössten Klarheit und umgekehrt den Monatsmitteln grössten

Es sind also innerhalb der zur Untersuchung

Wasserstandes solche der geringsten Klarheit bzw. der grössten Trübung gegenüberstehen. Und doch herrscht eine Beziehung zwischen Wasserstand und

verwendeten Perioden die Wasserstände des Sommerund Winterhalbjahrs im Mittel einander nahezu gleich. Halten wir die Resultate aus den Wasserstandsbeobachtungen jenen aus den Beobachtungen des

Klarheitsgrad. Dieselbe zeigt sich bei einer Ver gleichung der grössten Monatsmittel des Klarheits grades mit den absolut höchsten Wasserständen, wie folgende Gegenüberstellung lehrt.

für das Sommerhalbjahr Winter

1.24

Es trat ein

die grösste Trübung

in der Zeit vom

in den Monaten

1./IV. 1883 bis 31./III . 1884 1884 1885

Juni, Juli

1885

Juli Juli

1886

27

1886

1887

1887

1888

1

April , Juni , Juli , März Juni, Juli , März

Vergleichen wir auch die kleinsten Monatsmittel des Klarheitsgrades mit den kleinsten Monatsmitteln des Wasserstandes.

Danach hatten wir die geringste Trübung

in der Zeit vom

NiederWasser

der Oder in den Monaten

1./IV . 1883 bis 31., III. 1884 1884 1885 1886

1887

Oktober, November

91

19

19

)

1887

Januar Januar Februar

97

1888

Januar

1885 1886

der höchste absolute Wasserstand der Oder zu Breslau zu Ohlau am in den Monaten

Oktober September September September September

24. Juni

Juni, Juli Juli Mai , Juli , März April, Juni, März

31. März

März

14. März

25. Juni

1. April

Monaten am stärksten . Diese plötzlichen und starken Sommerregen bewirken die grösste Abspülung und den stärksten Transport des abgespülten Materiales. Da die Hochwasser, die durch diese Regengüsse her vorgerufen werden , meist ebenso schnell sich ver laufen , als sie eintreten , so brauchen sie sich eventuell

gar nicht in den Monatsmitteln des Wasserstandes zu äussern , zumal wenn bald darauf Niederwasser

eintritt. In deutlicher Weise werden jedoch diese Monatsmittel von den Frühlingshochwassern beein flusst .

Aus diesen Gegenüberstellungen ergibt sich nun

Geht die Schneeschmelze, mit der letztere aufs

folgendes : die geringste Klarheit zeigt die Oder in

innigste zusammenhängen , im oberen Odergebiete

den Sommermonaten . Es sind für die Klarheit die infolge der zunehmenden Intensität der Sonnen kurzen Sommerhochwasser von grossem Einfluss, strahlung allmählich von statten , so ist mit den die ihre Entstehung plötzlichen und starken Nieder Frühlingshochwassern eine nicht allzu starke Trü schlägen verdanken. Nach den Untersuchungen von

bung des Oderwassers verbunden . Vollzieht sich

van Bebber, Hann und Kolbenheyer fällt das jedoch die Schneeschmelze dortselbst durch den Ein Maximum der Niederschläge im oberen Oder tritt starker und warmer Frühlingsregen sehr rasch, gebiete in den Sommermonaten , insbesondere Juni wie im März 1887 und 1888,, so sind die Frühlings und Juli, und auch die Regenintensität ist in diesen wasser in Bezug auf die Trübung des Oderwassers von derselben Wirksamkeit, wie die Sommerhoch 1 ) Dritte Abteilung der jährlich erscheinenden Nachweise über den » Verkehr auf den Deutschen Wasserstrassen «, nämlich :

Nachweisung der an einer Anzahl Pegeln der deutschen Wasser strassen beobachteten Wasserstände, nebst Bemerkungen über die

Schiffahrtszeit. Von 1872 ab .

Dieselben bringen ausser den

Monatsmitteln auch die monatlichen Extreme des Wasserstandes. Ausland 1892 , Nr . 21

wasser .

Es findet dann ebenfalls eine starke Ab

spülung und ein starker Transport des abgespülten Materiales statt .

Die grösste Klarheit zeigt die Oder nicht zur Zeit ihres Niederwassers im September, sondern im 48

Zur Physiographie der unteren Nilländer.

374

Winter. Dies hängt gleichfalls mit den Niederschlags- | Zur Physiographie der unteren Nilländer. verhältnissen innig zusammen. Im September können Von Paul Pasig (Leipzig ). noch kurze Sommerhochwasser die oben besprochene

Wirkung hervorbringen . In den Wintermonaten aber

Wenn die schlanken Dattelpalmen dicht unter

fällt im oberen Odergebiet der Niederschlag meist in fester Form , der Fluss wird hauptsächlich durch

ihren schöngeformten Kronen ihre gelblichen Blüten kolben hervortreiben ; wenn die im frischen , hell

Quellen und Grundwassermassen , die sich bei Hoch-

glänzenden Blätterschmucke prangenden Orangen

wasser in seinen Alluvien angesammelt haben , gebäume weit umher ihre süssen, berauschenden Düfte speist

, weshalb er zu dieser Jahreszeit die grösste verstreuen ; wenn die fast schmarotzerartig wuchern

Klarheit zeigt.

den baumähnlichen Oleandersträucher ihre bald im

Treten aber ausnahmsweise im Winter starke glühendsten Rot, bald im blendendsten Weiss leuch Regen ein , so wird sofort der Klarheitsgrad er- tenden vollwichtigen Blütenbüschel tief zur Erde

niedrigt, wie es ein Beispiel deutlich zeigt. Im neigen : dann schwelgt das ehrwürdige Pharaonen Dezember 1886 fielen im linksseitigen oberen Oder-

land im Genusse seiner leider nur allzu kurz be

gebiete grosse Niederschläge, in Zusammenhang da- messenen wonnevollen Frühlingszeit, und es mutet mit steht auch eine starke Trübung der Oder zu Breslau , wie dies aus folgenden Zahlen sich ergibt : November

Klarheitsgrad : cm 52.5

Dezember 28.0

Januar 56.0

den nordischen Fremdling an , als wehe ein Hauch aus dem verlorenen Paradiese über die sonnenbe

glänzten Gefilde dieses bevorzugten Erdenstriches. Zwar pflegt die Wissenschaft weder von einem ägyp tischen Herbste noch von einem solchen Frühlinge

Leider stehen mir nicht die täglichen Ergeb-

zu reden und beschränkt den für das Gedeihen und

nisse der Beobachtungen über den Klarheitsgrad

die Physiognomie eines Landes ebenso notwendigen

zu Gebot . Dieselben würden interessante Aufschlüsse

als wohlthuenden Wechsel der Jahreszeiten unter

über den grössten und geringsten Betrag des Klar-

subtropischem Himmel auf einen etwa drei Monate

heitsgrades, sowie nicht minder interessante über die Aenderung desselben von Tag zu Tag , ins-

(Dezember bis Februar) währenden sogenannten

besondere bei Hochwasser geben können. Bezüglich

»Winter« und die heisse Jahreszeit, die als Sommer den übrigen Teil des Jahres ausfüllt. Einem auf

des kleinsten Klarheitsgrades ist in der angeführten

merksamen Beobachter indessen kann es nicht ent

Schrift bemerkt , dass bei Hochwasser bereits bei

gehen , dass diese hergebrachte Auffassung wenig

5 cm Tiefe die Messingplatte im Apparat dem Auge

stens für Mittel- und Unterägypten durchaus irrtüm lich ist . Denn der Uebergang von der herkömm

entschwindet, während sie in filtriertem Wasser bis in eine Tiefe von 105 cm sichtbar bleibt .

Beobachtungen dieser Art an anderen Flussläufen werden ein ähnliches Verhalten ergeben . Die während des Jahres 1890 von Boné Ba ëff an der Arve zu Genf ') täglich regelmässig vorgenommenen hydrologischen Untersuchungen weisen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Wasserstand und Geschwin-

digkeit einerseits und Klarheitsgrad und Menge des

lich als » Winter« bezeichneten kühleren Periode,

die in der That wie bei uns zugleich eine Zeit teil

weiser und augenscheinlicher Säftestockung und Ruhe für die Pflanzenwelt ist, zur heissen Jahreszeit, d . h .

dem Sommer , vollzieht sich in so auffälliger und charakteristischer Weise, dass derselbe mit vollstem Rechte als Frühling bezeichnet werden muss .

suspendierten Materiales andererseits auf . Als ein anderes Beispiel kann die Donau angeführt werden . ) Dieselbe zeigt bei Wien im Sommer , wo sie der Schneeschmelze im Hochgebirge und starken Sommerregen der Niederungen ihr Hochwasser verdankt, eine schmutzig- gelbe Farbe, während sie im Winter,

Andererseits aber ist der sogenannte „Winter« nichts als ein milder, segenspendender Herbst , der sicher lich die Bezeichnung als Winter nur ganz entfernt rechtfertigt. Wir treffen daher unzweifelhaft das Rechte, wenn wir statt von zwei von drei Jahres zeiten in Mittel- und Unterägypten reden : dem etwa sieben Monate andauernden heissen Sommer (Mitte

wo sie hauptsächlich nur durch Quellen und Grundwasser gespeist wird , zu der im Lied gefeierten

April bis Mitte November ), dem drei Monate wäh renden kühleren Herbste (Mitte November bis Mitte

» schönen blauen Donau « wird .

Februar ) und dem leider nur zwei Monate das Land beglückenden , in seiner ersten Hälfte ungleich an 1) Boné Baëff, Les eaux de l'Arve. Genève 1891. Uni- genehmeren Frühling (Mitte Februar bis Mitte versité de Genève. Ich werde an anderer Stelle die darin mitApril). geteilten sehr interessanten, jedoch nicht ganz verarbeiteten Be. obachtungen eingehend besprechen.

2) Penck , Die Donau . Schriften des Vereines zur Ver breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien . XXXI . Bd . S. 18. Auch in Separatausgabe erschienen . Wien, Hölzel, 1891 .

Um zunächst ein kurzes Wort über die als

» Herbst« bezeichnete Jahreszeit vorauszuschicken , so hat dieselbe wenigstens teilweise mit dem nor dischen Herbste das Gemeinsame, dass sie mannig

fache Unannehmlichkeiten in ihrem

Gefolge hat.

Wir meinen darunter in erster Linie jene dichten

Morgen nebel, die nicht selten so intensiv auf treten , dass erst die Strahlen der Mittagssonne sie

Zur Physiographie der unteren Nilländer.

zu scheuchen vermögen. Dass der erhöhte Feuchtigkeitsgehalt der Luft in jener Zeit, der zum guten

Teile auf Rechnung der vorangegangenen Nilüberschwemmung zu setzen ist und 60-70 % beträgt,

375

Vorzug , dass während dieser ganzen Zeit Fluren und Felder im

üppigsten Grün prangen , und die

meisten Bäume und Sträucher das Auge noch durch ihren frischgrünen Blätterschmuck erfreuen . Ja, selbst

zugleich eine mässige und im allgemeinen sehr wohl- an Blüten ist der ägyptische Herbst nicht arm, und thuende Temperaturerniedrigung verursacht, ist weisse und rote Rosen blühen und duften weiter, einleuchtend. Das Mittel mag etwa + 15 ° C. be- unbekümmert um die dicht vermummten Einge tragen. Erst gegen Ende dieser herbstlichen Jahres - borenen, die fröstelnd und die » Königin der Blumen « zeit, Ende Januar und Anfang Februar, erreicht das keines Blickes würdigend vorüberhuschen . Trotz alledem lässt sich nicht verkennen , dass Thermometer seinen tiefsten Stand, d . h . + 2 ° bis in der ägyptischen Pflanzenwelt um diese Zeit auch vor kurz 4 ° C. , ja, Eispunkt am Rande der Wüste, Sonnenaufgang, und Tagesmittel von 10 ° C. ge- eine Säftestockung eingetreten ist, die sich teils in bei hören dann keineswegs zu den Seltenheiten . Das weitem vermindertem Wachstum , teils in vollstän bedeutet aber für Einheimische so gut wie für Fremde digem Stillstande desselben äussert, soweit nicht ge eine recht empfindliche Kälte.. Denn wir wollen rade, wie oben erwähnt, Cerealien und Futterkräuter nicht vergessen , dass im beständig warmen Klima in Betracht kommen , die auf den durch den fetten

bei weitem reizbarerist, als Nilschlamm aufs neue befruchteten Aeckern in ganz an sich schon die unterHaut wechselnden Temperaturverhältnissen. Dann unglaublicher Weise wuchern . Dagegen beginnen aber ist die Bauart der Häuser im Oriente selbst

in den europäischen Quartieren eine derartige, dass sie wohl den Bedürfnissen einer längeren Wärmeperiode, nicht aber vorübergehender kühlerer Zeiten entspricht. Oefen und Kamine fehlen natürlich gänz-

namentlich Bäume und Sträucher europäischen Ur sprunges, sowie die zahlreichen Akazienarten, Wei den und Pappeln allmählich ihren Blätterschmuck zu verlieren , und selbst die majestätische Banane, bekanntlich eine Musa , treibt sparsamer ihre hoch

lich , und der Verschluss an Fenstern und Thürenragenden Blätter , die nach und nach , jammervoll ist ein höchst mangelhafter. Ausserdem sind sämt- zerzaust, ein Bild kümmerlichen Daseins bieten . liche Räume von übermässiger Höhe, und die FussDie ersten Spuren des nahenden Lenzes machen böden fast durchgängig mit Steinplatten belegt. Am sich an den zahlreichen , zum guten Teile wild unerquicklichsten geberdet sich indessen der sub- wachsenden Pfirsich- und Aprikosenbäumen (Misch

tropische Herbst, wenn der zeitweilig wolkenver- misch) bemerkbar. Ihre kahlen , blätterlosen Kronen hangene Himmel als Ersatz für die fehlenden perio-

erscheinen in den ersten Februartagen nicht selten

dischen Regengüsse vorübergehend einige Tropfen wie über Nacht mit Blütenschnee überschüttet, und seines für andere Zonen unentbehrlichen Nasses

es gewährt dann einen eigenartigen Anblick, inmitten

spendet , was nur während der Monate Dezember bis März der Fall ist. Zwar beträgt die Zahl der in

der subtropischen Palmenflora solch ein Bild gemäs

diese Zeit fallenden Regentage durchschnittlich etwa zehn bis zwölf, und die Regenmenge ist eine verhältnismässig überaus bescheidene , da andauernde Regengüsse nur äusserst selten vorkommen . Gleich

wohl genügt ein kaum stundenlanger Regenschauer vollkommen, um binnen kurzem Weg und Steg in ein Kotmeer zu verwandeln und oft auf Tage unpassierbar zu machen . Der ägyptische Herbst ähnelt im ferneren auch darin dem unserigen, dass er einige der für das Land wichtigsten Ernten in seinem Gefolge hat. Wir meinen in erster Linie die Dattelernte (November bis Dezember) , Orangen- und

sigter und nördlicher Breiten vor Augen zu sehen . Etwas später , Anfang März , folgen die Orangen bäume und mit ihnen eine Unzahl von einheimi

schen Bäumen und Sträuchern, deren Blüten gleich der Orangenblüte berauschend süsse Düfte verbreiten . Ein Spaziergang am Spätabend, wenn am tiefblauen Firmament Millionen Sterne in magischem Glanze leuchten und der Mond wie ein silberner Nachen

im unergründlichen Himmelsozeane schwimmt, ge

währt dann einen einzigartigen Genuss und ruft un willkürlich Bilder aus der duftumwobenen Zauber und Märchenwelt von Tausend und einer Nacht

wach .

Denn von allen Seiten hauchen Balsam

und

Mandarinenernte (Dezember bis Januar), die Zucker-

Würze, kosen milde Zephyre , leuchten buntfarbige

rohrernte u. a. m . Freilich eine Erntezeit im ausschliesslichen Sinne ist auch dieser Herbst nicht.

Blütenkelche , lacht weit und breit die unbeschreib liche Pracht und der uralte und doch ewig junge,

Denn in Aegypten wird im Grunde genommen

Herz und Sinn bestrickende Zauber des orientalischen Wesens. Die Zahl der namentlich zu Hecken und

ausser während der Nilüberschwemmung das ganze Jahr hindurch geerntet , und jeder Monat hat seine besonders in ihm reifende Fruchtgattung . Was aber den ägyptischen Herbst prinzipiell von dem nordischen unterscheidet, das ist einerseits die Reinheit

Zäunen verwendeten Sträucher und Schlinggewächse ist ebenso mannigfaltig wie das Kolorit und die Formen ihrer oft wundersam gestalteten Blütenkelche.

und Klarheit der Luft, die namentlich im Dezember

und sternförmigen Gebilde vor.

Doch herrschen unter letzteren offenbar die trichter Als interessanteste

und Januar den Anblick des nächtlichen Sternhim - Spezialität der hier heimischen Heckenpflanzen sei mels zu einem geradezu zauberhaften Phänomen ge- die edle Passionsblume (Passiflora) erwähnt, die staltet, andererseits der gewiss nicht zu unterschätzende

etwa Anfang April ihre umfangreiche, zartviolette >

Zur Physiographie der unteren Nilländer .

376

Sternblüte erschliesst , in welcher sinnige Deutung

wohl dürfen wir an dieser Stelle dieses interessante

die Marterwerkzeuge des Erlösers (Dornenkrone,

Gebiet um so weniger ganz vernachlässigen, als sich

Nägel , Kreuz, Schwamm ) entdeckt hat.

aus derselben wenigstens zum Teile eine auffällige

Um diese Zeit steht der ägyptische Frühling

Erscheinung erklärt, die nach mehrjährigen Erfah Wir meinen

auf dem Gipfel seiner Entfaltung. Denn nun haben mit einigen wenigen Ausnahmen sämtliche Bäume

rungen im Delta beobachtet wurde .

und Sträucher , die ihres Blätterschmuckes verlustig

und die, namentlich was die Anzahl der Tage, an

gegangen waren , ihr neues, duftiges Gewand ange-

denen solche stattfinden, betrifft, sich gegen früher

die Niederschläge , von denen eben die Rede war

legt und prangen in verjüngter Pracht. Diese Meta - verdoppelt, ja verdreifacht haben. Denn Mittel- und morphose vollzieht sich meist in unglaublich kurzer

Unterägypten gehören zur sogenannten regenfreien

Zeit, und es gehört keineswegs zu den Seltenheiten,

Zone. Gleichwohl zählte ich während meines letzten

dass gewisse Bäume, wie z . B. die bekannte Leb-

Aufenthaltes in Aegypten fünfzehn Regentage, von

bachakazie (Albizzia Lebbek) , der Promenadenbaum des Nillandes, innerhalb einer einzigen Woche

denen drei in den Monat Dezember , sechs in den Januar, drei in den Februar, zwei in den März und

ihr Laubgewand wechseln. Auch die Trauerweide

einer in den April fielen. Den Grund dieser merk

(Salix babylonica ), die übrigens nirgends in tadel- würdigen meteorologischen Veränderung glaubt man zum Teile in der reichen Bepflanzung zu erkennen , die namentlich seit der Berufung des Gartendirektors neue ihre dünnen , tief zur Erde herabhängenden Barillet aus Paris durch Ismail im Jahre 1869 zum ist. Zu den hervorragendsten Ruten mit dem zartesten Hellgrün zu verhüllen. System geworden . Der Anblick schwellender,, buntgeschmückterWiesen- Schöpfungen dieses verdienstvollen Gelehrten , der

loseren , formenschöneren Exemplaren gedeihen kann, bedarf kaum

mehr als weniger Wochen , um aufs

teppiche freilich ist unseren sonst verwöhnten Augen versagt. Trotz wiederholter und sehr sorg-

leider bereits im Jahre 1874 verstorben ist , gehört ausser der schattigen Allee nach den grossen Pyra

fältiger Akklimatisationsversuche will es nicht gelingen, das anspruchslose Gras auf weiteren Flächen

miden bei Gizeh und den Promenaden wegen bei Gezireh der einzig in seiner Art dastehende Ezbekiye

einzubürgern, und es scheint, als ob die ergiebigste

garten mitten im Centrum der europäischen Quar

künstliche Bewässerung keinen genügenden Ersatz für die mangelnde natürliche Bodenfeuchtigkeit darböte. Auch unsere nordischen Frühlingsboten , das

tiere der

Kalifenstadt.

Ehedem ein schmutziger,

fieberatmender Sumpf, darf der 81/4 ha umfassende, in Form eines Achteckes angelegte parkähnliche

nicht unzutreffend als ein botanischer Garten liebliche Schneeglöckchen (Leucojum Vernum) Garten für tropische Gewächse bezeichnet werden, zumal seit

und die freundliche Anemone ( Anemona nemorosa) , wollen sich nicht mit der heissen Sonne

die meist der Ostindischen und südamerikanischen Flora

Afrikas befreunden . Hingegen haben Kulturversuche

angehörigen Pflanzen durch Täfelchen wissenschaftlich

mit unseren Veilchen ( Viola odorata) bisher einen

genau bezeichnet sind . Aber auch für den, welcher

guten Erfolg gehabt. So mag es uns nicht wunder lediglich der Erholung nachgeht, bietet der Garten nehmen , dass bei aller Pracht der subtropischen Flora

mancherlei Abwechselung. Seine vielverschlungenen

laden zum Lustwandeln ein , und die Zahl der in ihrer Anspruchslosigkeit doppelt Promenadenwege Plätzchen findet der müde Wanderer reizend erscheinenden eigentlichen Gartenblumen eine sehr beschränkte ist, und Teppichbeete gehören selbst in den Prunkgärten der Vornehmen , in denen Kunst

und Natur sich die Hände reichen , um ein irdisches Paradies aus dem Erdboden hervorzuzaubern , zu den

grössten Seltenheiten . Nur die mannigfachen Ge-

an lauschigen komfortable Ruhebänke.

Selbst für materielle Ge

nüsse sorgen verschiedene gut geführte Restaurants (besonders Santi) , und damit die Kunst nicht zu kurz komme, spielen abwechselnd während der einen Hälfte des Jahres am Spätnachmittage die

raniumarten ((Storchschnabel)mit ihrer unerschöpf- ägyptische, vom 1. Mai ab die englische Regiments lichen Blütenfülle scheinen bevorzugte Schosskinder kapelle ihre meist modern europäischen Weisen , unter den Gartenblumen des Nillandes zu sein . Mit dem Eintritte der Palmblüte (Ende März)

während für Kenner ein griechisches Sommertheater seine geweihten Pforten öffnet. Um auf die wun

neigt sich der ägyptische Lenz seinem Ende zu .

derbare Flora des Gartens zurückzukommen , so

Mit ihr Hand in Hand pflegt die Blüte der Wein- birgt derselbe allein gegen 20 Ficusarten. Unter rebe zu gehen , die freilich nicht so häufig , wie man erwartet , gefunden wird. Ehedem war ihre >

Kultur namentlich für Kelterzwecke eine bei weitem

diesen erregt der Ficus benghalensis, ein wahr haft königlicher Baum , berechtigtes Aufsehen . Wirkt schon das dunkelschattige, sich weithin verzweigende

ausgedehntere. Heute gibt es keine eigentlichen Laubdach imponierend , so setzen uns die zahlreichen, Weingärten im Nillande, und die edle Rebe dient

teilweise zu ansehnlichen Stämmen erstarkten Luft

in den meisten Fällen zur Bedachung von Vor-

wurzeln geradezu in Erstaunen, denn sie geben dem

lauben und Veranden am Eingange der Häuser. Es mangelt uns an Raum , des Näheren auf die Wechselwirkung von Klima und Vegetation gerade in den unteren Nilländern einzugehen. Gleich-

majestätischen Baume den Anschein , als ob er auf

Säulen ruhe.

Ein anderer Baum dürfte gerade in

der Gegenwart auch unsere Hausfrauen interessieren .

Wir meinen die Kigelia pinnata , welche nament

Zur Physiographie der unteren Nilländer.

377

lich während der kühleren Jahreszeit durch ihre an langen Ranken wie Kronleuchter herabhängenden ,

den als wir beabsichtigten. Indessen mag schon das Gesagte genügen, um zu zeigen , von welchem

aussen gelb, im Inneren rotbraun gefärbten Blüten die Aufmerksamkeit erregt , und deren gurkenähnliche Früchte gegenwärtig auch bei uns ein vielgesuchter

Erfolge die Bemühungen namentlich des erwähnten Gartendirektors sowie der ägyptischen Regierung über haupt um die Flora des Landes gewesen sind. Hier

Inneren derselben be-

nach lässt sich in der That beurteilen , inwieweit

Artikel sind .

Denn das im

findliche kürbisartige Netzgewebe wird , nachdem es

eine derartige Vermehrung des Baumwuchses von

sorgfältig gereinigt und getrocknet ist , als Lufah

Einfluss auf die klimatischen , namentlich aber die

oder Lofah in den Handel gebracht und zu allerlei

meteorologischen Verhältnisse Unterägyptens sein

Reinigungs- und solchen sanitären Zwecken verwandt, bei denen es auf eine durch Reibung erzeugte Wärme-

konnte, wenn uns die in einigen ärztlichen Kreisen Kairos ziemlich verbreitete weitere Behauptung, dass

entwickelung ankommt. Die in ihrer südamerikani-

der vermehrte Feuchtigkeitsgehalt der Luft unaus

schen Heimat wegen ihres duftigen Holzes hochgeschätzte Jacaranda mimosifolia bürgert sich in

bleiblich auch das wachsende Auftreten gefährlicher Fieber (Malaria) zur Folge haben müsse, unbegründet

den Ziergärten des Nillandes mehr und mehr ein . Und in der That , es gibt kaum einen entzückenderen Anblick, als wenn Ende März die noch blatt-

erscheint. Wenigstens hat sich bis heute noch keine erhöhte Morbidität

und Mortalität aus letzterem

Grunde gezeigt.

lose Krone des stattlichen Baumes sich in einen

Das Ende des Frühlings und der Beginn der

dichten Flor lieblicher blauer Lippenblüten von an-

heissen Jahreszeit (Mitte April) dürfte in keinem

sehnlicher Grösse hüllt.

anderen Lande auch äusserlich so scharf markiert

Als Eigenarten der ägyptischen Flora sei es

sein wie in Aegypten. Wohl kann, wie angedeutet,

gestattet noch drei Species namhaft zu machen, die

die Palm- und Rebenblüte als Merkmal des schei

zugleich als Beispiel für die im Haushalte der Natur denden Lenzes gelten. gelten. Auch die ganz rapid stei waltende Weisheit gelten dürfen . Es sind dies Pflanzen , deren Blüten zu ihrer Befruchtung ge-

eindringlich an das Nahen des subtropischen Som

wisser Insekten bedürfen, die den Samenstaub weitertragen . Nun aber besitzen diese Pflanzen so winzige

mers erinnern. Das untrügliche Vorzeichen indessen, dass die » schönen Tage« vorüber, die » schlimmen «

gende Temperatur um jene Zeit mag zuweilen recht

und unscheinbare Blüten , dass die Insekten , deren

aber im Anzuge sind , ist der häufiger und immer

Organe namentlich für Farben und Düfte ungemein

intensiver wehende Chamsin . Der Name dieses

empfindlich sind , unmöglich jenen ihre Aufmerk- südlichen Glutwindes bedeutet bekanntlich » fünfzig « samkeit schenken würden , wenn die Natur nicht zu

und ist daraus zu erklären , dass die Chamsinperiode

einem – man verzeihe den scherzweise gewählten

in der Regel die fünfzig Tage vor dem Sommer

Ausdruck

hätte. Sie verlieh nämlich den in unmittelbarster

solstitium umfasst. Damit soll indessen nicht ge sagt sein , dass nicht bereits auch früher der Chamsin

Nähe der unscheinbaren Blüte befindlichen , sonst

sich bemerklich macht.

grünen Blättern eine so intensive Färbung, dass Un-

der Monate Dezember bis März zeitweilig Chamsin

Betruge als Aushilfsmittel gegriffen

Ich habe bereits während

kundige diese Blätter selbst für Blütenblätter, tage zu verzeichnen gehabt, wenngleich zu dieser die eigentlichen Blüten aber nur für Bestandteile derselben (Staubfäden u. a. m .) halten . Die eine

dieser Wunderpflanzen kennt jeder, der im Novem-

Zeit aus den oben dargelegten Gründen die Tempe ratur weit hinter derjenigen der eigentlichen Chamsin periode zurückbleibt und selten + 25 ° C. (im Schat

ber das Nilland besucht. Sie heisst Poinsettia pulcherrima und findet sich neuerdings auch in unseren Blumenläden vielfach . Die sternförmig um

liegt indessen keineswegs das Unangenehme eines Chamsintages, wenngleich + 45 0° C. , wie sie ge

die winzige Blüte sich gruppierenden , lanzettförmigen

legentlich eines solchen im April und Mai vorkom

ten) übersteigt. In der erhöhten Temperatur allein

men, eine recht anständige Wärme bedeuten . Allein rot, und der Unerfahrene wird unbedingt das ganze während an den übrigen Tagen hohe Temperaturen prangende Gebilde für eine Sternblüte halten. Aehn- keineswegs so lästig sind wie in unseren Breiten lich verhält es sich mit der als Schling- und Kletter- eine Temperatur von etwa + 20 bis + 25 ° C. , Blätter, meist fünf, leuchten im intensivsten Ziegel-

pflanze häufig vorkommenden Bougainvillea weil die Trockenheit der ägyptischen Luft es zu spectabilis , die namentlich während des Frühsommers den Balkonen , Veranden u.s. w. einen zauberhaften Anblick durch ihre unglaublich reiche rötlich violette Pseudoblüte verleiht.

Ein stattlicher

Baum hingegen ist die Terminalia Brownii, die aus Abessinien stammt, und deren kleine, ovale Blätter von rotbrauner Färbung in der Nähe der kaum erkennbaren Blüte eine solche selbst heucheln .

Wir sind bei Erwähnung einiger besonders

keiner ergiebigen Transpiration des Körpers kommen lässt , trägt die erhöhte Temperatur eines echten Chamsintages einen durchaus erschlaffenden Charak

ter , der zum guten Teile darin begründet ist , dass sie sich fast konstant gleich bleibt und selbst wäh rend der Nachtzeit, in der unter normalen Verhält nissen eine Wärmeabnahme von oft 20 und mehr

Graden stattfindet , kaum merklich sich verändert.

Nicht immer ist am Chamsintage die Luft bewegt

charakteristischen Pflanzentypen ausführlicher gewor- und herrschen eigentliche Winde. Gleichwohl ist

378

Zur Physiographie der unteren Nilländer .

die Luft häufig mit unendlich feinem Staube und Flug- | schiede, dass sie im Mai und Juni bei weitem weniger sande angefüllt , welcher der ganzen Atmosphäre empfindlich ist als im August. Letzterer Monat etwas Nebelhaftes und eine rotgelbe Färbung ver- kann daher als der für den Fremden unangenehmste leiht, so dass das leuchtende Tagesgestirn bisweilen bezeichnet werden. Denn der Feuchtigkeitsgehalt der gar nicht oder doch nur als mattgelbe Scheibe Luft ist um diese Zeit ein derartig bedeutender, dass sichtbar ist . Staub chamsine gehören zu den unan- die Hitze infolge der nun mit ihr Hand in Hand genehmsten Erscheinungen der Nilländer. Jeder gehenden Transpiration geradezu erschlaffend auf den sucht ihnen zu entfliehen , aber vergeblich . Denn menschlichen Organismus wirkt und allerlei ent

der wolkenähnliche Flugsand , der selbst unter das

sprechende Krankheiten , auch unter den Eingebo

Glas der in der Kleidung verborgenen Taschenuhr seinen Weg findet, dringt durch alle Ritzen und Spalten der keineswegs hermetisch schliessenden

renen , verursacht.

Fenster und Thüren ein, und ein Archimedes würde

kommen zu heissen . Von ihr hängt Leben und Ge

Gleichwohl hat alt und jung alle Ursache , ge rade diese zweite Periode der heissen Jahreszeit will

mühelos seine geometrischen Figuren auf den Fuss-

deihen des wunderbaren Landes ab .

boden seines Studierstübchens zeichnen können . Es

des Tropfens « (Lélet en -Nukta ), d. h. die dem

ist übrigens ein Glück , dass diese eigentlichen Staub-

17. Juni vorangehende Nacht gilt als der heilige

Die Nacht

chamsine immerhin nicht allzu häufig wiederkehren . Zeitpunkt , an dem das geheimnisvolle Steigen des Nils beginnt , welches nach uraltem Volksglauben te hte , durch die Thränen verursacht wurde , die Isis , die bis Ende Mai seiner Zeit in Kairo beobac sin ham ubc e be- Gebärerin alles Lebens , das Symbol Aegyptens , ihrem können nur drei als Tag mit Sta zeichnet werden . Ferner ist zu beachten , dass der der Rache Typhons, der den heissen Glutwind Cham Chamsin nur alle zehn bis vierzehn Tage sich ein- sin darstellt , zum Opfer gefallenen Garten Osiris zustellen pflegt und auch selbst während der Zeit weinte . Der Segen der Isisthränen ist die Nil

Von den dreissig Chamsintagen , die ich vom Februar

seines unbestrittenen Regiments (März bis Juni) selten

überschwemmung und in der Folge das erneute

länger als drei Tage anhält. Markiert also , wie wir sahen , der Eintritt der

Wachstum und Gedeihen des Landes. Wenn der uralte Nilmesser auf der Insel Rhoda bei Kairo das

Chamsinperiode den Beginn der heissen , trockenen » Wefa en -Nil« d. h. die Erfüllung des Nils , die Jahreszeit, die freilich wegen der in sie fallenden zum Durchstich der Dämme erforderliche Höhe des Nilüberschwemmung für das Land von unberechen- Stromes von 16 Ellen ( 1 arabische Elle = 0,540 m) barem Nutzen ist , so sucht der Eingeborene dieses anzeigt, dann darf der » Munâdi en-Nil« (Nilrufer), Ereignis, das für ihn den Abschied von den milden,

der täglich mehrmals das zollweise Anwachsen des

freundlichen Tagen des kurzen Lenzes bedeutet,

segenspendenden Wassers verkündet , sein Amt für

durch ein eigenartiges Naturfest, Cham - el Nessim

erledigt betrachten , und nun vollziehen sich, in der

genannt, zu feiern , an dem es gilt, noch einmal im Regel in der zweiten Augusthälfte, auf der Insel Genusse der in vollster Pracht prangenden Natur zu schwelgen , ehe dies die nun herannahende Zeit

Rhoda in Verbindung mit dem »Nilschnitte « d. h. der Durchstechung des Dammes jene volkstümlichen

sommerlicher Glühhitze verbietet. An diesem Tage, Ende März bis Anfang April , feiern die Geschäfte,

Feierlichkeiten, deren Mittelpunkt bis zur Eroberung Aegyptens durch Omar (642 n. Chr.) die Opferung

und alt und jung begibt sich hinaus aufs Land , während die Landbewohner in Festkleidung in den

der » Nilbraut« , die dem Flussgotte übergeben wurde, bildete , die sich aber zur Zeit auf einen rein zere

Strassen der Stadt , namentlich im Ezbekiyegarten,

moniellen Akt und die üblichen Volksbelustigungen

sich ein harmloses Stelldichein geben. Das nennt unter dem Donner der Kanonen und ausgelassenster der Araber eine » Fantasia «, ein zweckloses Herum- | Heiterkeit , zu der allerlei materielle Genüsse das flanieren, um das dolce far niente je nach Belieben Ihrige beitragen, beschränken . und Herzenslust geniessen zu können , wobei übrigens im Interesse der Wahrheit bemerkt sein mag , dass

Ende Oktober ist der Strom wieder in sein

Bett zurückgekehrt, und nun beginnt die Aussaat

rohe Ausschreitungen und Gewaltthätigkeiten infolge der Feldfrüchte , die in unglaublich kurzer Zeit ein übermässigen Genusses spirituoser Getränke unter

für unsere Begriffe geradezu phänomenales Wachs

den Eingeborenen zu den allerseltensten Ausnahmen gehören.

tum entwickeln . Meterhoher weissblühender Klee, die

fast ausschliessliche Futterpflanze für die Haustiere

Die heisse Jahreszeit zerfällt in zwei Perio-

( Pferde, Kameele , Esel u. a.) , und ährenschwere

den : die erste erstreckt sich bis Ende Juni und kann

Getreidearten , die ihrer Ernte Anfang März ent

als absolut trockene bezeichnet werden, während die

gegenharren, erfreuen das Auge des Fremden , wenn

zweite , die bis Mitte November währt, zwar nicht

er im November und Dezember den Boden des Nil

infolge der Niederschläge, die , wie wir sahen , zu

landes betritt, um , entflohen dem nordischen Winter,

dieser Zeit gänzlich fehlen , wohl aber infolge der wenigstens einen milden Herbst und einen duftbe Nilüberschwemmung den Namen der feuchten verdient. Die Hitze erreicht nun mit + 400 und mehr Celsiusgraden ihren Höhepunkt, nur mit dem Unter

rauschten Lenz an den sagenumwobenen Gestaden des heiligen Stromes zu verleben .

Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther.

Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. Von Otto Ankel ( Frankfurt a. M.) ')

379

völlig oder beinahe völlig von Pflanzen entblössten Boden « . Für die Wüsten von Utah gilt der Aus spruch nicht. „Wohin mein Auge sah , erblickte

ich gelbblühende Halophyten, silbergraue Artemisien Nachdem Professor Walther im Frühjahr 1887 gebüsche und stachelige Kakteen. Zwischen kriechen das sinaitisch -ägyptische Wüstengebiet durchforscht , Aegypten zum zweitenmal besucht, auch

den Opuntien sah ich einige kleine Moospolster, und am Fusse der Granithügel standen 2 m hohe Juni

die nordindische Wüste gestreift hatte, wandte er

perusbäume mit fussdicken Stämmen .

Es ist in

anlässlich der an den 5. Internationalen Geologen- erster Linie der durchaus anders geartete Vege kongress zu Washington im Herbst vergangenentationscharakter, der die grosse Salzwüste so sehr Jahres sich anschliessenden geologischen Exkursion von den ägyptischen Wüsten unterscheidet '). Wäh seine Aufmerksamkeit den nordamerikanischen rend hier nur die Oasen und Wadis als grünende Steppen und Wüsten zu. Für die Leser dieser Zeit- Flecken und Bänder von der öden Umgebung sich schrift dürfte es vielleicht von einigem Interesse sein, abheben , hat die Wüste von Utah durchaus Wadi

wenn ich die Hauptergebnisse der vergleichenden

charakter, insoweit der zunehmende Salzgehalt des

Studien Walthers im folgenden kurz wiedergebe ?). Bodens den Pflanzenwuchs nicht gänzlich unmög Schon die Fahrt durch das westliche Prärien-

gebiet bot Gelegenheit, Wüstentypen kennen zu lernen .

lich macht. Gleiche Verhältnisse fand Walther in

der Mohave-, Gila- und Van Horn -Wüste.

Die

So die charakteristischen Zeugenberge, Höhenlage kann nicht die Ursache des Vegetations

von den Amerikanern recht bezeichnend » Sentinel

reichtums dieser Gebiete sein .

Buttes « genannt, und Mesas ?), sowie die sackgassen-

Colorado, Utah und Texas liegen über 1500 m hoch,

Die Wüsten von

artigen , steilwandigen Wadis , von den Cowboys die von Südkalifornien und Arizona dagegen bilden mit dem Namen » Rimerocks« belegt und als natür- Depressionen von mässiger Meereshöhe: trotzdem Aehnliche ZeugenlandZeugenland zeigt die Vegetation nur geringe Unterschiede ?). liche Viehhürden benutzt. Aehnliche schaften sah Walther in Colorado , Utah und Ari-

Entweder muss also die mittlere Niederschlagsmenge

zona .

in den amerikanischen Wüsten eine grössere sein,

Von Ogden, einer fruchtbaren Berieselungsoase oder die Organisation der Wüstenpflanzen trägt in am Nordostende des grossen Salzsees , aus stieg Walther gemeinsam mit Professor Krasnoff aus Charkow den Westabhang des Wahsatchgebirges

Amerika der Trockenheit der Luft besser Rechnung als in Afrika %) . Jedenfalls erreichen die Pflanzen der nordamerikanischen Wüsten eine ansehnliche

„ Helianthusfelder bedeckten die Ebene, nied-

Grösse : in Südarizona sah Walther Säulenkaktus

hinan.

riges Eichengebüsch wuchs an den Granitbergen,

von 12 m Durchmesser und 7 m Höhe ; die Sal

vereinzelte Opuntien und Artemisien sprachen für

sulaceen und Artemisien bilden meterhohe Büsche und armdicke Aeste . Neben diesen Unterschieden im Pflanzenkleid

die Trockenheit des Klimas. “

Der Salzsee selbst ist

der kümmerliche Rest des alten »Lake Bonneville « .

Ehedem erfüllte ein 300 m tiefer See das 4500 qkm zeigen die Wüsten von Amerika und Afrika , bil grosse Thalbecken , die jetzige Salzseewüste. Die dungsgeschichtlich betrachtet , gemeinsame Züge. alten Strandlinien ziehen bis zu einer Höhe von

So in der Mohave -Wüste.

300 m an den Flanken der umliegenden Berge als deutlich erkennbare, parallel verlaufende Horizontal

Bahnlinie erstreckte sich eine fast horizontale Ebene, die schwach gegen die Granit- und vulkanischen

Auf beiden Seiten der

streifen hin . Seit der Diluvialzeit hat hier die Wüsten - Gebirge anstieg. ... Alle Berge, vulkanische Strom bildung Platz gegriffen. enden , Gangergüsse und Aschenhügel erheben sich Terrace , westlich vom Salzsee , war der Aus- inselgleich aus dem ebenen Wüstenland. Die hori gangspunkt einer Wüstenwanderung. Krasnoff fand allenthalben die charakteristischen Züge der inner-

zontale Ebene und die steilen Berggehänge wurden durch keine schuttbedeckte Fusslehne vermittelt, son

asiatischen Steppen wieder , Walther dagegen bot

dern ohne jeden Uebergang stiessen Ebene und Berg abhang an einander. ... Diese Erscheinung ist fast

sich ein von der arabischen Wüste ganz verschiedenes Bild .

sagt Peschel

allen Wüsten ... charakteristisch . Gerade so insel

vist ursprünglich ein

gleich steigen die Granitgebirge des Sinai oder des

» Das Wort Wüste «

in den Neuen Problemen -

pflanzengeographischer Begriff und bezeichnet einen 1) Obwohl der Herausgeber auf die Forschungen Walthers bereits im Ausland « (Nr. 13) hingewiesen hat, hält er es bei >>

der Wichtigkeit derselben doch für angezeigt , der vorliegenden ausführlicheren Darstellung einen Platz einzuräumen .

2) Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin , XIX . Band ( 1892 ) , Heft 1 .

3) Mesa besonders im spanischen Südamerika für einen abgestumpften Bergkegel gebräuchlich ; die Araber der algerischen Sahara haben für die gleiche Bergform denselben Ausdruck : el meida

Tisch .

1 ) Der Unterschied ist um so auffallender, als Walther die ägyptischen Wüsten im Frühjahr, die amerikanischen im Herbst besuchte .

2) Für die Mohave- und Gilawüste dürfte die grössere Nähe des Ozeans die Funktion übernehmen, welche am Salz

see die Höhenlage erfüllt. 3) Jedenfalls dürfen bei der Beurteilung der Frage geo graphische Breite, Lage zum Meere, orographische Verhältnisse, Pflanzengeschichte u. s. w. nicht ausser Acht gelassen werden . Verschiedene Gründe sprechen für grössere Regenmengen in den amerikanischen Steppengebieten.

380

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern.

Gharib in imponierender Mächtigkeit aus der Schuttebene empor « . Aehnlich so in der Sierra del Diablo

rinde durch herabrieselndes Regenwasser, weiterhin der Verwitterung. Auch Pilzfelsen , Sandschliffe

in Texas .

und andere Wüstenbildungen beobachtete Walther

Zweierlei charakterisiert also die Steppen- und Wüstengebiete : die Horizontalität der Denu-

in Amerika genau so wie in Aegypten . Aus dem Gesagten ergibt sich , dass

dationsflächen und das Fehlen von lokalen

sehen von pflanzengeographischen Verschiedenheiten

Anhäufungen der Denudationsprodukte beides Erscheinungen von sedimentologischer und

teristischen Punkten mit den afrikanischen überein

orographischer Bedeutung 1). Die Denudation äussert sich in doppelter Hin-

abge

die nordamerikanischen Wüsten in den charak

stimmen. »Gemeinsam ist der topographische Cha rakter : das Vorherrschen horizontaler Ebenen mit

sicht: zerstörend (aufbereitend) und transpor-

inselgleich daraus hervortretenden Bergen ; die Häufig

tierend .

Bei uns gebührt dabei der chemischen

keit von isolierten Zeugen oder Inselbergen , von

und mechanischen Thätigkeit des Wassers die erste

Amphitheatern in den Thälern ; die intensive Wir

Stelle; in den regenarmen Wüsten Nordamerikas kung der Insolation , welche Felsblöcke und Kiesel dagegen , wo reichlich 300 Tage im Jahre die Niederschläge fehlen , treten andere Faktoren dafür ein : Temperaturextreme lockern den Zusam-

zersprengt, welche polychrome Granite zu lockerem Grus zerfallen lässt ; das Auftreten von Pilzfelsen und Säulengängen und die weite Verbreitung der

menhang der mineralogischen Bestandteile , hohe

braunen Rinde oder des Wüstenlackes , einer Er

Hitzegrade zersprengen Steine und Blöcke; der scheinung, welche als specifische Wirkung trockenen Wind trägt in mächtigen Staubsäulen das gelockerte Material über die Ebenen dahin . Kann auch die Denudation durch Wind oder die Deflation

( »trockene Denudation « ) sich mit derjenigen durch Wasser, der Erosion , nicht messen ; ihr Endziel —

Verwischung aller Höhenunterschiede und Herstellung einer Denudationsebene – erreicht sie langsam , aber sicher ?). Auch die braune Schutzrinde (»Wüsten-

Klimas und der Regenarmut betrachtet werden muss .« Wie in Afrika kann man auch in Nordamerika

vier sedimentologisch und landschaftlich verschiedene Wüstentypen unterscheiden : Kieslager , Sand Wüstentypen dünen , Lehmregionen und Salz absätze. Diese übereinstimmenden Züge in den geogra

phisch so weit getrennten Wüsten von Nordafrika und Nordamerika berechtigen uns , »das Phänomen der Wüstenbildung als einen tellurischen Vor

lack « ), eine oberflächliche Färbung und Verhärtung gang zu betrachten , der ebenso gesetzmässig ver der Gesteine, ist in den amerikanischen Wüsten eine

bekannte Erscheinung. Es gelang Walther, das

läuft, wie die Glacialerscheinungen der Polarzone oder die kumulative Verwitterung im Tropenland « .

Problem ihrer Entstehung der Lösung näher zu führen . So viel ist sicher , dass die Schutzrinde nicht unter Mitwirkung von Wasser entsteht, dass Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . mehrchemische sie im Gegenteil durch die – wohl wohl mehr chemische De als mechanische

Thätigkeit des Wassers beseitigt

wird .

Von Eugen Oberhummer (München ). ( Fortsetzung .)

Auf dieser letzteren Thatsache beruht die merk

würdige Bildung der Säulengänge: Felswände sind von reihenweise angeordneten , durch Säulen getrennten Fenstern von 10--100 cm Höhe und 5 bis

Unter den Pilgerberichten des 14. Jahrhunderts über unseren Berg ist derjenige des wackeren Lu dolf von Sudheim ), welcher 1336-41 im Orient

so cm Breite durchbrochen, während sich im Inneren

reiste , durch selbständige Bemerkungen ausgezeich

der Felswand ein oft mannshoher, tunnelartiger Gang hinzieht. Die Säulen verdanken ihr Dasein der Erhaltung, die Nischen der Entfernung der Schutz-

net 2) : » In dieser Diocese (Limassol) liegt auch ab gesondert ein sehr hoher Berg, dem Berge Tabor sehr ähnlich ; auf seinem Gipfel steht ein schönes Kloster, in welchem Brüder vom Orden des heiligen

>

1) Nach Walther ist die Mehrzahl der Depressionen in den

Benediktus sind . In diesem Kloster befindet sich

Wüstengebieten zu suchen . Die Ergebnisse der Verschiebungen

das ganze Kreuz, an welchem der Räuber zur Rechten Christi hing; dasselbe wurde durch die heilige Helena dorthin gebracht, von welcher auch dieses Kloster erbaut und ausgestattet worden ist. Dieses Kreuz wird von allen auf dem Meere Fahrenden , wenn sie sich dem Berge nähern , andächtig gegrüsst,

in der festen Erdrinde und die der oberflächlichen Denudation

müssen aber streng auseinander gehalten werden . Das Tote Meer

z. B. ist eine Grabenversenkung wie das Rheinthal von Basel bis Bingen und hat mit Wüstenbildung nichts zu thun. 2) Mit Recht weist Walther (S. 14) auf die Notwendigkeit hin, der geologischen Wirkung des Windes auch in anderen als regenarmen Gebieten grössere Aufmerksamkeit zu schenken. An

wie auch auf demselben Berge wegen der Verehrung,

unseren Küsten ist seine Thätigkeit ja in die Augen springend , Aber auch

im

Binnenlande kann man dieselbe wahrnehmen .

Welche Thätigkeit der Wind entfalten kann , wenn ihm ge nügendes Material zur Verfügung steht , zeigen die Schnee verwehungen im Winter. Für die kombinierte Wirkung von Erosion und Deflation lieferte der Canon des Colorado Walther ein lehrreiches Beispiel .

1) Dorf nördlich von Göttingen , bei Northeim .

2) Ludolphi de itinere terrae sanctae liber. Herausg. v. F. Deycks. Tübingen 1851. (Bibl. d . Lit. Ver. XXV.) S. 32 . Vgl. über Ludolf R. Röhricht, Deutsche Pilgerreisen, S. 102 f., und Bibl. geogr. Pal . , S. 76—79.

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

welche das genannte Kreuz geniesst, Gott viele Wun-

381

fyte of the Offrynge, thei seye, that it is the Cros

der wirkt. Von dort aus ist das Libanongebirge of oure Lord Jesu Crist« . Aehnlich S. 28 :: » In immer deutlich sichtbar« . Letztere Bemerkung Cipre is the Hill of the Holy Cros ; and there is schränkt Nikolaus von Hude ), welcher die Reise-

an abbey of Monkis blake ; and there is the Cros

beschreibung Ludolfs in einen Auszug gebracht

of Dysmas the gode Theef, as I have seyd before.

hat ( 1348) , mit Recht dahin ein , dass der Kamm

And summe Men trowen , that there is half the

( juga) des Libanon »»morgens vor Sonnenaufgang« Crosse of our Lord : but it is not so : and thei don sichtbar sei ?). Weit kürzer als Ludolf ist Wil.cvylle, that make Men to beleeve so « . Wir sehen helm von Boldensele ) (reiste 1332) , von dem also hieraus, wie sehr sich bereits nach den Kreuz jener sonst vieles entlehnt hat; seine Nachricht vom zügen die geschäftsmässige Spekulation des Volks

Kreuzberge ist hauptsächlich deshalb bemerkenswert, weil er , soweit ich bis jetzt sehen kann , der erste

glaubens bemächtigte; ein noch schlagenderes Bei spiel wird uns in späterer Zeit begegnen ?).

ist, welcher das Kreuz ausdrücklich als dasjenige des

Der » schwarzen Mönche« gedenkt auch der Bericht des Jakob von Bern (Jacobus Veronen

guten Schächers bezeichnet und der Benediktiner-

mönche erwähnt ). Gleichzeitig taucht jedoch auch sis), nach Röhricht ? ) aus dem Jahre 1346, welcher schon eine andere Meinung auf, nach welcher das Kreuz Christi selbst in jenem Kloster verehrt

u. a. , wie auch schon Ludolf (s. o.), die Wichtig keit des Kreuzberges für die Seefahrer aus

wurde. Hierüber belehrt uns der berüchtigte Jo- | drücklich bezeugt : » In derselben innsel Cypern ist gar ein hocher

hann von Mande

ville ( 1330-40 ) "),

pergkch , den sicht

33 ° 30 .

350

33 °

welcher während seines Aufenthaltes

man verr auf dem

olymbia Alambra

am ägyptischen Hofe über Cypern

mer und dar auf

ein erberg closter des heiligen chrewtz

Psevda OH Anna

olythrodonda

okalochorio

Pyrga

manches in

wohl

Erfahrung bringen

Vas

konnte , was er in den zahlreichen von

LARNAKA SCALA

Starusa

pot

und in der chirchen

Klavdia

ASTAVROVUNI

am

oLefkara)

zwischen zwayer

be Alethriko

pfeiler hangt das chrewtz des heiligen

akili

ihm ausgebeuteten

oxophina

Cap Miti

Werken nicht fand . Moroto

Er sagt

nämlich

Togni

(S. 10 , Hall.) 6) : » And

some

schwartzer munich ,

SALINA )

Ah Barbara

ilo

Men

Perunda

mer varnt und in

sorgen sint, rüffent

Maroni H Georgios.

S

0

Kilometer

Marino

trowen , that half

the Cros, that Crist

schachers Auch die auf dem

1 : 500.000

Mittellaendischels Meer

an das heilig chrewtz von Cypern «.

was don on, be in

Am ausführlich

Cipres, in an Abbey

sten handelt im 14.

of Monkes, that Men callen the Hille of the Holy | Jahrhundert der französische Ritter Ogier , Herr von Cros ; but it is not so : For that Cros , that is Anglure *), " von dem wunderbaren Kreuz (1395 ) ') : in Cypre, is the Cros, in the wiche Dysmas ) the

» Sachiés que icelle saincte croix en laquelle le bon

gode Theef was honged onne. But alle Men knowen Larron fut pendus, madame saincte Helene, mere de not that ; and that is evylle y don . For for pro- Constantin , apporta et mist en la plus haulte mon taigne de tout le royaume de Chippre, laquelle mon taigne pour verité est moult haulte et penable a 1) Dorf östlich von Oldenburg. 2) Vgl. G. A. Neumann , Ludolphus de Sudheim in Archives de l'Orient Latin II , S. 336 .

3) Jetzt Gross- und Klein - Bollensen bei Uelzen in Hannover .

4) Itinerarius Guilielmi de Boldensele, herausg. v. C. L. Grotefend in der Ztschr. d . Histor . Ver. f. Niedersachsen 1852 , S. 241. Boldensele spricht auch , wie Daniel , von einem Nagel Christi.

5) Vgl . über ihn jetzt A. Bovenschen in d. Ztschr. d. Ges. f. Erdk . 1888 , S. 177-306 (Cypern S. 218-20) , und Röhricht , Bibl . Geogr. Pal ., S. 79-85 .

6) The Voiage and Travaile of Sir John Maundeville

monter. Au plus haut d'icelledicte montaigne a une belle eglise et belles demorances entour. En celle eglise a deux aultelz, c'est assavoir le grant autel

de l'eglise et ung autre autel en une chappelle qui 1) Man beachte, dass Daniel nur von einem durch Helena errichteten Kreuze überhaupt spricht, Wilbrand es zwar bereits aus Jerusalem mitgebracht sein lässt , aber über die Herkunft

nichts Direktes aussagt. Erst Boldensele weist es bestimmt dem einen Schächer zu, und bei Maundeville taucht daneben

by J. O. Halliwell. London 1839 (nach der Ausg. von 1725 ) .

zuerst das Kreuzholz Christi auf.

Eine kritische Bearbeitung des Textes, als dessen Original nach Bovenschen (S. 181 ) die französische Fassung zu betrachten

2) R. Röhricht und H. Meisner , Deutsche Pilgerreisen , S. 45 und 53 3) Im Département Marne, an der Aube.

ist, existiert derzeit noch nicht .

7 Dysmas ist nach den apokryphen Evangelien der Name des guten Schächers ; s. Kaulen im Freiburger Kirchenlex . III 2 1829 .

Näheres hierüber s. u .

4) Le Saint Voyage de Iherusalem du Seigneur d'Anglure, publié par F. Bonnardot et A. Longnon. Paris 1878. S. 81-4. Vgl . auch Mas Latrie , Hist. de l'île de Chypre, II, 430 f.

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

382

est darrier le grant autel . Illec ou cuer d'icelle ! entstehen konnte, dass das Kreuz Christi selbst in

eglise nous fut monstrez ung des clos dont Nostre Cypern verehrt werde. Einen wertvollen Finger Seigneur Jhesu Crist fut cloffichez en la vraye zeig erhalten wir ferner in dem Namen Olympia, Croix . Darrier ladicte chappelle a une aultre pe-

tite chappelle, en laquelle est la dicte saincte

in welchem der antike Olympos (s . o.) fortzu leben scheint, ebenso wie in dem noch jetzt be

croix du bon Larron . Et sachiés que c'est grant merveille que de veoir icelle saincte croix , car

stehenden Dorſe Lymbia nördlich vom Kreuzberg: -)

elle est grande et grosse et si se soustient en l'air,

chaeras ist eine arabische Quelle , welche eine höchst wertvolle Nachricht enthält, nämlich der

sans que l'en puisse apparcevoir que aucune chose la soustienne, et quant l'en y touche elle bransle fort. C'est merveilleux chose et belle a veoir« . Auf

Etwa gleichzeitig mit der Chronik des Ma

Bericht , welchen Chalil Dhaheri, Vezier des Sultans Bursbey von Aegypten, über die Raubzüge

diese Schilderung, welche für die Kenntnis der da- dieses Mameluckenfürsten gegen Cypern in den maligen baulichen Anlagen auf dem Berge von Jahren 1424-26 erstattet hat. Dieser im Jahre 1428

Wichtigkeit ist , folgt noch eine längere Wundergeschichte von einem französischen Ritter Durant, welcher ein Stück des Kreuzes entwendet hatte, aber durch Seestürme wiederholt zur Rückkehr und Rück-

abgefasste Bericht, von welchem ausser dem Originale auch eine alte französische Uebersetzung (von Ven ture de Paradis , 18. Jahrh. ?) in der Pariser National bibliothek handschriftlich aufbewahrt wird , erzählt

erstattung gezwungen wurde, worauf der König von

zum Jahre 14262) : » Le général Tangrivirdi , après

Cypern das Kreuz mit einem

eisernen Gitter um-

cette victoire "»), expédia un corps de troupes au

geben liess. Wenig später als dieser Bericht fällt die erste

Mont de la Croix, distant de [4 lieues] , pour y détruire une église , qui était en grande vénération chez les Chrétiens, et pour y piller les trésors, qu'elle possédait. Elles revinrent avec un butin

von

einem

Einheimischen stammende Nachricht,

welche für uns um so wertvoller ist, als sie offen-

bar auf weit genauerer Kenntnis der lokalen Ueber-

immense, parmi lequel était une croix d'or massif,

lieferung beruht als die gewöhnlichen Pilgerberichte. Leontios Machaeras ) erzählt im einleitenden

qui était un vrai chef-d'oeuvre. Elle était faite avec tant d'art , que par le moyen de certains ressorts

Teile seiner bis zum Jahre 1432 reichenden Chro- intérieurs, elle était toujours en jeu, sans que personne la touchât. Es ist wohl als sicher an

nik 2) die Auffindung des Kreuzes Christi durch die Kaiserin Helena und berichtet weiter , wie das

zunehmen , dass das kostbare goldene Kreuz, welches

Kreuz des guten Schächers, als die Kaiserin beim Flusse Vasilopotamo ') auf Cypern gelandet war,

Machaeras noch gesehen haben musste, nie mehr

durch ein Wunder auf den Berg versetzt wurde, »welcher Olympia genannt wird wegen des Kreuzes

nach Cypern zurückkehrte. Das hölzerne wird wohl an Ort und Stelle geblieben sein ; wenigstens er wähnt schon im Jahre 1436 der Nürnberger Georg

des Olympatos (?) – so hiess der gute Schächer +); Pfintzing wieder das „ Krewcz , an dem der sie erbaute nun eine Kirche des heiligen Kreuzes und legte in das Innere desselben ein Stückchen von dem

Schacher zu der rechten hant gehangen ist« ^ ), und bald darauf fand die Pilgerfahrt Stephans

heiligen Holze 5)« . Weiterhin erbaute nach Leon- von Gumppenberg und seiner Genossen statt, tios Helena infolge einer zweiten Wundererschei- deren Reisebeschreibung (er selbst starb 1449 in

nung noch eine andere Kirche zu Togni (unweit Jerusalem) wir folgendes entnehmen "): »Da ritten des Vasilopotamo) , worauf die mehr als 30jährige Dürre auf der Insel ein Ende nahm ).

Bei Leon-

tios erscheint zuerst das Kreuz auf dem Berge zum

Kreuzholz Christi in das richtige Verhältnis gebracht, und es erklärt sich nunmehr auch, wie die Annahme 1) Chronique de Chypre par Léonce Machéras. Par

wir zu Nicosi auss in willens zu dem Creütz , und ritten also biss auff den Mittag , da kamen wir vnden an den Berg da der Abt die Behausung hat “), da ritten wir hinauff, da wir halb hinauff kamen , da war der Berg so sticklet und böss , das wir mussten absteigen vnd zu fuss hinauff vollets gehen , wie wir hinauff kamen da was gar vil volcks droben,

E. Miller et C. Sathas. Paris 1881/2. (Public. de l'École d. langues orientales viv. , II , S. V. 2 und 3.) Die Chronik reicht bis 1432. Vgl . K. Krumbacher , Gesch d . byzant . Lit., S. 477 f.

2) S. ff. der franz. Uebersetzung . 3) An der Südküste, zwischen Limassol und Larnaka ; vgl . meine » Studien « a. a . O. , S. 91 f., und die Kartenskizze .

4) Και ευρέθην εις το βουνόν το λεγόμενον Ολυμπία , διά τον σταυρόν το Ολυμπάτο, όνομα του καλού ληστού. 5) D. h . sie liess das Kreuz des Schächers auf dem Berge zurück und fügte in dasselbe ein Stück vom Kreuze Christi ein .

6) Die Sage von dieser 36jährigen Dürre (usporia) findet

1) Machaeras erwähnt des Kreuzes noch an zwei Stellen , S. 24 d . griech. Τ .: ο σταυρός του Λύμπα, und S. 38 : ο σταυ pós tūv Aupitiwy. Es ist hiernach kaum ein Zweifel, dass der Name des Dorfes Lymbia hiermit in Zusammenhang steht. 2) Abgedruckt bei Mas Latrie II , 512.

S. über Chalil

Dhaheri auch Silv. de Sacy , Chrestomathie arabe II ?, S. 1–70. 3) Bei Chirokitia, 13 km SW vom Kreuzberg, wo 7. Juli 1426 das cyprische Heer völlig geschlagen und König Janus selbst gefangen wurde .

4) Bei Röhricht -Meisner, S. 69.

sich bei vielen neuen Schriftstellern iiber Cypern, die ihre Kennt .

5) Warhafftige beschreybung der Meerfart u. s. w . Franck

nis hiervon direkt oder indirekt aus Lusignan (Chorografia de Cipro, Bol . 1573) geschöpft haben , welcher sie seinerseits den griechischen Chroniken entnahm (Fol . 28 verso).

furt am Meyn. 1561. Fol . 38 f. 6) Wahrscheinlich ist das Kloster der heil . Barbara am Nordfusse des Berges gemeint.

Geographische Mitteilungen .

das die Kirch aller voll lag, da liessen wir den Abt bitten daz er vns das Heyligthumb liess sehen das Helena darbracht hett, da schloss er ein Laden auff

383

daille der Pariser Geographischen Gesellschaft ein. Der

Krieg von 1870 brachte Duveyrier auf einige Zeit als Kriegsgefangenen nach Neisse . Für die » Annales des voyageursa , die Revue algérienne et coloniale « und

vnd liess vns sehen S. Anna arm vnd handt, ein

für das Bulletin der Pariser Geographischen Gesellschaft

Rib des Ritters S. Jorgen , ein Stein damit S. Steffan in Kopff ist geworffen worden , vnd des Nagels ein forder stuck gegen der spitz, das ist wol eines fingers lang. Auch ein stuck von des guten Schechers Creütz , vnd dess heyligen Creützs zwen Spän , die gab ein Ritter dar, darzu S. Katharina grab ein stuck , vnd S. Blasy Arm « . Man sieht, dass seitens

der Mönche nichts versäumt wurde, um den Pilgern möglichst viel Interessantes zu bieten , wenn auch nicht alles so leicht zu beschaffen war, wie der » Stein damit S. Steffan in Kopff ist geworffen wor den «. Im übrigen erzählt Gumppenbergs »Meer fart « die uns bereits bekannte Geschichte von der

Gründung des Klosters durch Helena, welche » liess

lieferte er wertvolle Beiträge. Im Jahre 1878 war Duvey rier zur sojährigen Jubelfeier der Gesellschaft für Erd

kunde in Berlin als Vertreter der älteren Pariser Schwester gesellschaft gesandt; seine Begrüssungsrede bei dieser Gelegenheit fand , besonders auch bei dem anwesenden Kronprinzen Friedrich , solchen Beifall, dass der fran zösische Gesandte in Berlin den Präsidenten der Pariser

Geographischen Gesellschaft zu der Sendung Duveyriers beglückwünschte. ( Mitteilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .)

(Die Wärme des Mondes nochmals; s. S. 79.)

Herr F. H. Very hat eine Abhandlung über die Verteilung der Wärme im Mond und deren Veränderung mit jeder Mondphase geschrieben, welche bei der durch die Utrechter Gesellschaft der Künste und Wissenschaften ausgeschrie

den Felss oben hinweg hauwen, vnd eben machen,

benen Preisbewerbung den Sieg davon getragen hat.

hiess ein Closter dar bauwen , nemlich S. Basilier

Bei der Untersuchung bediente sich der Genannte eines Bolometers im Verein mit einem sehr empfindlichen

Orden «. Letzterem , welcher in der griechischen Kirche ungefähr dieselbe Rolle spielte, wie die Bene

Galvanometer und beabsichtigte, mittels eines konkaven

diktiner im Abendlande, wird das Kloster auch sonst

Spiegels ein beiläufig 3 cm im Durchmesser habendes

zugeschrieben , nur dass während der lateinischen

Bild des Mondes zu projicieren. Nicht die Wärme vom

Herrschaft die Basilianer eben durch Benediktiner

Ganzen dieses Bildes , sondern nur eines begrenzten

Teiles desselben , nämlich von 1—25 bis 1–30 des ersetzt wurden (s. o .) ). Das Kreuz selbst beschreibt die »Meerfart« folgendermaassen : »Das heylig Creütz ist mitten in das Creütz gemacht, vnnd der Span von dem Creütz hangt noch an dem Creütz in dem

Flächeninhaltes der Mondscheibe , wollte der Genannte

Seckel, das Creütz ist breyt vnd dünn wie man die alten Creutz in vnsern landen macht, vnd hat ein

genommene Messungen haben dargethan , dass der öst

ziemliche manns lenge, gehet mit beyden seyten in die maur, vnnd wann einer daran küsst, so weycht

als der westliche war ; aber bei einer einen Tag nach Vollmond gemachten Beobachtung zeigte sich dieses

es hinder sich, ob es oben etwar anheng oder nicht,

Uebermaass am östlichen Rand noch weit grösser. Von

das weyss ich nicht«.

stellte sich eine regelmässige Wärmeabnahme heraus, und aus den entsprechenden gemachten Beobachtungen scheint

(Fortsetzung folgt.)

Geographische Mitteilungen . ( Duveyrier.)

Am 26. April d . J. starb der be

kannte französische Afrikareisende Henri Duveyrier

in Sèvres bei Paris eines freiwilligen Todes ; im sinn erschoss er sich .

Trüb

messen , während die Beobachtungen bei verschiedenen

Mondphasen und an verschiedenen Punkten gemacht werden sollten .

Sechs Stunden nach Vollmond vor

liche Rand in dem Verhältnis von 92.2 zu 88.9 wärmer,

den höheren Breiten zu den niedereren übergehend,

hervorzugehen, dass die Wärme sich nach vielen Tagen kontinuierlichen Sonnenscheins auf dem Monde ansam melt. Die Wärme in der Peripheriezone des Vollmondes weicht von jener des Centrums um etwa 20 Procent ab , daher in dieser Hinsicht das jeweilige Bild des

Geboren am 28. Februar 1840

in Paris, besuchte er eine Zeitlang die Handelsschule in Leipzig , lernte hier auch bei Professor Fleischer im

Privatunterricht Arabisch, genoss in London einige Zeit den Umgang von Heinrich Barth , der damals sein Reisewerk ausarbeitete, und trat dann im jugendlichen

Alter, doch nach vielen Seiten gut vorbereitet, im Jahre 1859 eine mehrjährige Reise nach Nordafrika an , die auch für die Kenntnis der westlichen Sahara , nament

lich für die Grenzgebiete von Algier, Tunis und Tripolis von grosser Wichtigkeit wurde. Seine Berichte in deut

scher Sprache enthalten » Petermanns Mitteilungen « von 1859 , 1860, 1861 und 1863 ; sein Hauptwerk » Explo ration du Sahara « (Bd. I : » Les Touaregs du Nord , 1864 ) trug ihm im Jahre 1864 die grosse goldene Me 1) Zur Charakteristik der geschichtlichen Glaubwürdigkeit einer Gründung des Klosters durch die Kaiserin Helena mag die Thatsache dienen , dass die Reise derselben nach Jerusalem

( traditionell) im Jahre 326 (jedenfalls vor 335) stattfand , der Basilianerorden aber erst um 360 entstand .

Mondes zugleich maassgebend für dessen Wärme ist. Es scheint erwiesen zu sein , dass helle Mondregionen in der Mitte eines Mondtages etwas stärker ausstrahlen , als dunkle was aber , wie gesagt, noch der Bestäti gung bedarf -, - während bei niedrigem Sonnenstande

der Effekt umgekehrt ist . Ein Vergleich der von Zöll ner gezogenen Kurve fürs Mondlicht mit jener, die sich aus Verys Beobachtungen herausstellt, zeigt, dass leuch tende Strahlen an der totalen Ausstrahlung bei Vollmond einen weit grösseren Anteil haben , resp. weit stärker

vertreten sind, als bei den anderen Mondphasen, indem das Maximum bezüglich des Lichtes viel prononcierter ist , als jenes in Betreff der Hitze. Die Abnahme der Wärme vom Vollmond zum letzten Viertel erweist sich

als langsamer denn die Zunahme vom ersten Viertel bis zum Vollmond. Das Resultat stimmt mit jenem überein , zu welchem man auf Lord Rosses Observato rium gelangte, und zeugt entschieden für das Aufspeichern von Wärme durch die Felsen auf dem Monde. (Mit teilung von V. Freudenberg in Mödling bei Wien.)

Litteratur .

384

(Zu den Reisen Emins.) Wir überzeugen uns

genügende Behandlung erfahren hat, während ebenso hervor.

nachgerade , dass die in den » Mitteil . der Nachtigal Gesellschaft « abgedruckten Berichte, deren wir S. 349 ff.

Teilen von Falbs Lehre übten , welche man im Sinne De Rossis

gedachten , bereits wesentlich bekannt sind . In dem trefflichen von Prof. Fr. Ratzel in Gemeinschaft mit

als » zur endogenen Meteorologie « gehörig bezeichnen könnte. Wir denken dabei hauptsächlich an die von Richter ( Zeitschr.

Dr. Schweinfurth 1888 bei Brockhaus herausgegebe nen Werke ist auch der von uns wiedergegebene In

spektionsbericht des Paschas enthalten , und es scheint nicht, dass gegenwärtig noch ungedrucktes handschrift liches Material aus Emins Feder vorhanden ist.

ragende Montanisten eine eindringende Kritik an denjenigen

f. Berg : Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Jahrgang 1888) und von Jičinsky (Oesterreich . Zeitschr. f. Berg- und Hütten wesen , Jahrgang 1889) veröffentlichten Arbeiten , welche dem Berichterstatter erst jetzt bekannt geworden sind , sowie an die erwähnte, inhaltsreiche Monographie des Herrn Pfeiffer. Die zweite Auflage des bekannten Buches von Falb unter

Litteratur.

scheidet sich nicht wesentlich von ihrer Vorgängerin ; gegen die theoretischen Anschauungen , wie gegen die Art und Weise der Prognosenprüfung lassen sich die sattsam bekannten Bedenken

Daniel G. Brinton , Anthropology : as a Science

geltend machen. Am wenigsten verstehen wir , wieso aus der

bod as a Branch of University Educations in the United States . Philadelphia 1892 .

bekannten geistvollen Theorie , welche Sohncke für die Ent stehung der Gewitterelektrizität aufgestellt hat , eine Bestätigung

Das Studium der Anthropologie soll obligatorischer Lehr gegenstand werden. Das ist das Postulat, mit dem der ameri

der Theorie vom Mondeinfluss soll hergeleitet werden können. Eine nach Form und Inhalt mustergültige , wegen der streng

kanische Anthropologe in diesem Schriſtchen vor die Behörden der Universitäten und Hochschulen der Vereinigten Staaten tritt . Zu diesem Zwecke verlangt er die Gründung ordentlicher Pro .

empfehlende Streitschrift ist diejenige von Pfeiffer. In griind licher Analyse der einzelnen Katastrophen, welche durch Gruben

fessuren resp. Docenturen, Laboratorien, Museen und reichhaltiger

gasexplosionen herbeigeführt worden sind , wird der ganz über

Fachbibliotheken .

zeugende Nachweis erbracht, dass fast jedesmal Unvorsichtigkeit und sogar Bosheit für diese Ereignisse verantwortlich gemacht

Um auch den Laien über den Begriff dieser neuen Wissen schaft, » the crown ond completion of all others sciencesa , wie sie Brinton nennt , aufzuklären , erläutert der Verfasser in wenigen,

aber sehr verständlichen Worten : » wath anthropology is , the volue of anthropology, societies bod schools for ste study of anthropology , sotdivisions of anthropology und means of prac tical instruction. — Daran schliesst er ein » general scheme for

Sachlichen P'olemik als ein wahres Muster für solche Fälle zu

werden müssen , und dass nur ein ganz geringes Residuum von

Unglücksfällen übrig bleibt, denen gegenüber man die Erklärung schuldig bleiben muss .

Aber dabei lässt es der Verfasser nicht

bewenden , sondern zeigt weiter, dass ein Zusammenhang zwischen den atmosphärischen Veränderungen und dem von Falb ange nommenen » Aufgerütteltwerden der feinsten Partikelchen des

instruction in anthropologya : Vorschläge für die verschiedenen

Staubes « gar nicht existiert . Dass die Schlagwetterstatistik nicht

Gebiete, auf denen sich anthropologische Vorlesungen zu be

entfernt in dem Maasse ausgearbeitet ist , wie es notwendig wäre, wenn sich nur mit einiger Sicherheit eine Verwertung im Sinne Falbs daran knüpfen liesse, das sei nur nebenbei bemerkt. Aus

wegen hätten. Von den vier Fächern , in welche der Verfasser die Gesamtanthropologie teilt , Somatologie , Ethnologie , Ethno

graphie und Archäologie , interessieren uns hier das zweite und dritte. Zu diesen macht Brinton folgende Vorschläge für Themata : II. Ethnologie : A. Definitionen und Methoden . Völkerpsychologie . B. Sociologie : a) Regierung ; b ) Heirat , Stellung des Weibes ; c) Gesetze.

C. Technologie : a) nützliche Künste ; b) schöne Künste .

D. Religion : a) Psychologischer Ursprung der Religionen ;

Pfeiffers sachlicher Darlegung, welche auch auf die Erdbeben und auf die mikroseismischen Bodenbewegungen Bezug nimmt,

geht unwiderleglich hervor, dass Jicinsky recht hatte mit dem Ausspruche: Fir den Bergmann gibt es 365 » kritische Tage « in jedem Jahre, im Schaltjahr aber 366 .

Wie gestaltet sich das Wetter ? Eine praktische An leitung zur Vorherbestimmung der Witterung von H. Timm . Mit 74 Abbildungen . Wien, Pest, Leipzig. 1892. A. Hart

b ) Mythologie ; c) Symbolismus und religiöse Kunste ; d ) Reli

gionslehrer und Lehren ; e) Analyse der Specialreligionen. E. Linguistik : a) Gesten- und Zeichensprache; b) ge sprochene Sprache; c) Inschriftensprache; d ) Ausdrucksformen . F. Folklore .

III . Ethnographie. A. Ursprung und Einteilung der Rassen.

lebens Verlag. VIII . 175 S. 89. Das Schriftchen stellt sich dar als ein populärer Lehr

begriff der gesamten Meteorologie , mit besonderer Berücksichti gung der Prognose. Gegen die verschiedenen Formen des land

läufigen Wetteraberglaubens wird mit erfreulicher Entschieden heit Stellung genommen , und dankenswert ist es , dass die Theorien des

Verlagshandlung gleichzeitig mit den Falbschen Publikationen

Monogonismus und Polygonismus. Wanderungen. a) Eurafri

auch eine Schrift erscheinen lässt , in welcher ( S. 154 ff.) die

kanische Rasse ; b) Austafrikanische Rasse ; c) Asiatische Rasse ;

Behauptung, der Mond übe eine namhafte Einwirkung auf das

d) Amerikanische Rasse ; e) Insulaner und Litoralvölker.

Wetter aus, mit Gründen widerlegt wird . Sachkunde lässt sich überhaupt dem Verfasser keineswegs absprechen , wennschon einiges zu beanstanden sein möchte. So darf man doch jetzt

Den Schluss bilden Vorschläge für die Arbeitsverteilung in den Laboratorien, eine Anleitung für die Einteilung der Biblio theken , sowie für anthropologische Arbeiten im Freien (Field Work) , und eine Zusammenstellung der gangbarsten amerikani schen und ausländischen Lehrbücher über Anthropologie. Stettin .

G. Buschan .

Das Wetter und der Mond . Eine meteorologische Studie von Rudolf Falb. Zweite, vermehrte Auflage . Wien , Pest,

Leipzig. 1892. A. Hartlebens Verlag. 131 S. 8º.

L'eber kritische Tage und Schlagwetter. Von Rudolf Pfeiffer , k . k . Oberbergrat. Mit 3 Holzschnitten. Wien . 1891. Manzsche Hof- Verlags- und Universitäts -Buchhandlung. 1891. 58 S. 8º. Die vom Unterzeichneten in Nr. 7 dieser Zeitschrift aus

gesprochene Absicht, die Falb schen Ansichten einer ausführ lichen Erörterung im »Ausland « zu unterwerfen, wird sich nicht

nicht mehr die alte Howardsche Wolkennomenklatur ohne Zu

sätze reproducieren , und wie der Verfasser dazu kommt , die Linien der Gewitterfront, die Iso . oder besser Homobronten, als » Isochromen « zu bezeichnen , ist nicht recht einzusehen . Ein

>

Druckfehler liegt nicht vor , denn das Wort kommt S. VI und S. 102 vor .

Die Ausstattung ist die bekannte vorzügliche. Doch ist wirklich in artistischer Hinsicht des Guten zu viel gethan ; bei Abbildungen z. B. , wie wir sie S. 34 , S. 46, S. 47 , S. 54 und S. 151 finden , weiss man wirklich nicht , was sie in einem Buche von der Tendenz des vorliegenden sollen . Als Vorlage für kunst

gewerbliche Arbeiten würden sie ja recht gut am Platze sein . S. Günther.

verwirklichen lassen , da durch die Arbeiten von Pernter und

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger

van Bebber (an der Spitze dieser Nummer) die meteorologisch

in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

astronomische Seite dieser Frage eine gewiss allen Anforderungen

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 25.

Stuttgart, 18. Juni 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXL

GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .

Inhalt: 1. Eine geographisch-wirtschaftliche Studie über Serbien . Von C. St. Jovanovič (Dresden ). S. 385 .

- 2. Das

3. Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch - Columbia . Kaukasische Museum in Tiflis. Von Hermann Obst ( Leipzig). S. 389 . Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio ). S. 392 . - 4. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . Von Eugen Oberhummer

(München). (Fortsetzung .) S. 394 . Oesterreichs .) S. 397 .

5. Geographische Mitteilungen . (Küster ; Interglacialzeiten ; Neue magnetische Aufnahme

Litteratur . (Brinton ; Kiepert ; Brockhaus ; Die Entscheidungskämpfe im chilenischen Bürgerkriege 1891 ;

v. Tschudi .) S. 398.

Eine geographisch - wirtschaftliche Studie | Lande, wo nach dem ganzen Zustand der Bevölke rung die Kirche nicht bloss religiöse, sondern auch über Serbien. hohe kulturelle Auſgaben zu erfüllen bat, billig Von C. St. Jovanovič (Dresden ).

Wunder nehmen muss , kann hier nicht näher ein

Man macht sich in Deutschland gewöhnlich nur sehr unklare Vorstellungen von Serbien und

gegangen werden. Die alte Form des Familienlebens in Serbien hat

den Serben. Das ganze Wissen, selbst bei geistig bis tief in dies Jahrhundert bestanden, und ihre letzten Hochstehenden, beschränkt sich in den meisten Fällen

Reste verschwinden erst jetzt allmählich . Sie heisst

auf einige verworrene Nachrichten über den König

Zadruga und besteht gleichsam in einer Monarchie

Milan und die Königin Natalie, über die Radikalen ,

en miniature, und in wirtschaftlicher Beziehung ist

über die politische Stellung zu den Nachbarstaaten sie, wie sich Schäffle ausdrückt, » eine wahre Be fruchtungs- und Bildungszelle« , welche nicht nur allen Gliedern materielle Befriedigung brachte, son Nachbarstaaten vielleicht noch einmal dazu berufen , dern auch starke Charaktere und ein gutes sittliches eine grössere Rolle in dem Wirtschaftsleben Deutsch- Leben ausbildete. Darum hat sie auch viel zur Ab u . S. W.

Und doch ist Serbien zusammen mit seinen

lands zu spielen, als gegenwärtig die meisten Staaten werfung des türkischen Joches beigetragen , das im Europas.

Es ist daher gewiss nicht uninteressant,

ganzen fast fünf Jahrhunderte auf dem Lande ge

von einem Serben selbst einiges Näheres über dieses

lastet hat.

Land der Zukunft zu hören .

Serbien teilt sich politisch in 15 Departements

nur Eltern und Kinder, sondern einen viel weiteren Kreis von Blutsverwandten , manchmal bis zu 80 Glie

mit ebensovielen Hauptstädten ; die Landeshauptstadt

dern , und noch vor nicht langer Zeit kam es vor,

Belgrad zählt gegen 60 000 Einwohner, das ganze Land 2 1/2 Millionen . Die Grösse des Landes beträgt 48 586 qkm , etwa so viel wie Baden, Württemberg und Elsass -Lothringen zusammen . Serbien ist konstitutionelles Königreich. Die Staatseinnahmen betrugen im Jahre 1889 36,04 Millionen ; sie balanzerfallen die Einwohner in 985.5o Angehörige der

dass aus einer solchen » Familienkommune « acht junge Leute auf einmal in die Armee eingereiht wurden . Dieser ganze Kreis produzierte und konsumierte ge meinsam . Er stand unter der Leitung eines Mannes , der als der Begabteste zum Häuptling gewählt wurde, und zwar war es gewöhnlich ein jüngeres Mitglied der Familie, welches diese Würde erlangte. Dieser Leiter besorgte die Arbeitsverteilung, kaufte und ver

griechischen Kirche, 7,6 °/00 Mohammedaner, 4,3 % ,

kaufte, führte Rechnung und war der Vertreter der

cierten mit den Ausgaben. Der Konfession nach

- Eine solche Familie umschloss nicht

>

Römisch -Katholische, 2,200 Juden und 0,4 " Pro- Familienkommune vor der Gemeinde. Die Entscheidung in allen Heiratsangelegen testanten . Der Nationalität nach sind 89 " Serben, 7,9 % Romänen , 1,8 % Tschechen , 0,2 % Judenheiten stand jedoch nicht ihm , sondern den ältesten und 1,1 % Deutsche. männlichen Mitgliedern der Familienkommune zu ,

Bei der grossen Masse der Bevölkerung sowohl auf dem Lande wie in den Städten ist die Kirche

deren Willen streng befolgt werden musste. Nicht selten kam es und kommt es auch noch heute beim

mehr gehasst und verspottet als geliebt und verehrt.

Bauernstande vor, dass die Mädchen gestohlen wer

Auf eine Erklärung dieser Thatsache, die in einem ' den, sei es, dass der betreffende zukünftige Ehemann Ausland 1892 , Nr. 25

49

Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .

386

das Mädchen mit Gewalt in sein Haus führt, sei es,

Bekanntwerden mit zahlreichen neuen Bedürfnissen

dass es im Einverständnis mit ihm freiwillig zu ihm kommt. Die so vollzogene Thatsache wird dann

u. S. W.; vor allem aber die erbitterten inneren

durch Pistolenschiessen

den

Nachbarn

politischen Kämpfe, welche mehr als acht Jahre das

und aller

Land durchwühlt haben und noch durchwühlen .

Welt kundgethan. Den Eltern steht es dann frei, die Tochter zurückzufordern ; in den meisten Fällen ist jedoch eine solche Forderung erfolglos und die

Die Regierung König Milans (ob sie allein ? Die Red.) und seiner Kreaturen , die nur darauf bedacht

Eltern müssen sich damit zufrieden geben , die üb-

zupressen, brachte eine geradezu unglaubliche Kor ruption über das Land. Der Hader der Parteien pflanzte sich in die Familien fort, und die Erbitterung war so gross , dass nicht der Familienfrieden über

liche Anzahl Kühe, Schafe u . s. w ., die der junge Ehemann den Eltern der Frau zu geben pflegt, anzunehmen .

Daran , anders als in einer solchen Familien-

kommune zu leben , dachte früher niemand; jeder erstrebte in ihr die Grundlage seines Glückes und Gedeihens. Dabei stand die Sittlichkeit im allgemeinen hoch , wie denn in der ganzen Familienkommune die Sitte die herrschende Gewalt war.

Diebstahl und Nichtbefolgung des Willens der Alten

waren, möglichst viel Geld aus dem Lande heraus

die politische Stellung , sondern diese über den den obsiegte. Der Bruder , der zu der Familienfrie Familienfrieden einen politischen Partei gehörte, mochte nicht mehr mit dem der anderen Partei angehörenden Bruder zusammenleben . Wie gross die politische Erbitte rung gewesen , kann man daraus entnehmen , dass die vom Land sich nach der Hauptstadt begebenden

kamen kaum vor. Noch Fürst Milosch verurteilte Abgeordneten nicht sicher waren , unterwegs von jemand, der etwa drei Kilo Zucker gestohlen hatte, politischen Gegnern ermordet zu werden,, damit sie zum Tode und wegen einer ähnlichen Kleinigkeit ihr Amt als Volksvertreter nicht ausüben könnten . erschoss er einen anderen eigenhändig.

Im Laufe der neuesten wirtschaftlich -politischen Entwickelung Serbiens hat nun eine bedauerliche Zerstörung der Familienkommunen stattgefunden .

Um diesen Fährlichkeiten zu entgehen, ver

steckte sich sogar einmal ein Abgeordneter , wie wei land Gustav Wasa, in einem Heuwagen und ge langte so nach der Stadt.

Von den theoretischen Werken , die diese Ver hältnisse behandeln , ist das bedeutendste das des dern mit erreichter Volljährigkeit ihren Vermögens- Dr. Dragischa Stanojewitsch . Es führt den anteil verlangten und Einzelwirtschaften gründeten, Titel „ Die Interessen des Serbentums« und enthält so dass heute nur in einigen entlegenen Landesteilen am Schlusse einen Entwurf, wie die Neubegründung noch eine Anzahl Familienkommunen existieren . Es der Familienkommunen vor sich gehen solle. Dr. Mehr und mehr wurde es Sitte, dass die Söhne nicht mehr mit den Eltern zusammen wirtschafteten , son-

ist eine Thatsache, dass damit eine tiefe Armut über

Stanojewitsch will die gemeinsame Arbeit nicht auf die Blutsverwandtschaft gründen, sondern er alte genossenschaftliche Form der Arbeit gewöhnt, blickt das Heil in der Produktivassociation freier Bauer , an die das Land gekommen ist. Denn der Bauer,

versteht nicht als einzelner mit- Erfolg zu wirt- | Arbeiter. Jedes Jahr soll der Staat eine Anzahl schaften.

Ueberdies fehlen ihm die konzentrierten

solcher Gemeinschaften errichten , für die Industrie

Kapital- und Arbeitskräfte, über welche die Familien-

sowohl , wie für den Ackerbau . Der einzelne , der

kommune gebietet. Diese hat Mittel genug, landwirtschaftliche Maschinen anzuschaffen , die nötigen Ankäufe zur Begründung eines grossen Viehstandes zu machen , eine Missernte zu überdauern u . s. w . , während dies alles dem einzelnen fehlt. Die wenigen noch vorhan-

in eine solche Gemeinschaft eintritt , verkauft ihr

gleichsam sein Vermögen . Der Staat soll das ganze Kredit wesen des Landes in die Hände nehmen und im Verkehr der Kommunen mit Privaten und mit

dem Auslande sollen gewisse Mindestpreise herrschen, unter welche nicht herabgegangen werden darf

denen Familienkommunen befinden sich meist in man sieht: Pläne , die von denen Lassalles gar einer sehr glücklichen wirtschaftlichen Lage , wo- nicht so sehr abweichen . Indes haben diese Pläne den einen grossen gegen die Einzelbauern in Armut und Elend verkommen. Ein grosser Teil der Bauern schläft Som- Fehler, dass sie mit der Mitte und nicht mit dem mers wie Winters auf der Erde, nur im Winter Anfang beginnen , dass sie nicht genügend auf dem etwas näher am Herde. Sein Feuer dient dem Bauer | Boden der realen Verhältnisse fussen . Was Dr. zugleich als Beleuchtung, und all sein Hausrat ist völlig Stanojewitsch erstrebt , ist nicht viel anderes, als schmucklos. Fast alles, was er braucht, erzeugt er was von vielen Seiten in Mitteleuropa erstrebt wird, selber im Hause: Hemden , Kleider, Schuhe 11. S. W. wo die Geldwirtschaft herrscht und das Fabriksystem Mancherlei lässt sich als Ursache dieses un-

und die Maschinenarbeit voll ausgebildet sind. In

glücklichen Zerfalles anführen . Das Eindringen der Geldwirtschaft und des Tauschverkehrs, welche dem

einem Volke aber, das zu 95 % aus Leuten besteht, die eine Fülle eigenen Grund und Bodens haben

einzelnen die Möglichkeit gab, für die Hingabe seines überkommenen Vermögens die Mittel zur augen-

so niedrigen Stufe stehen , ist vor allem mit der

und in dem

Kultur und Sittlichkeit noch auf einer

blicklichen Befriedigung aller möglichen Wünsche

Organisation der natürlichen Kommune, der Familie,

zu erlangen ; das im Zusammenhange hiermit stehende

anzufangen.

Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien.

Folgende Maassregeln vor allem dürften in Anbetracht des gegenwärtigen Zustandes zu einer Besserung der Verhältnisse notwendig sein : 1. Verbot der Zergliederung des Familienver-

387

hieran . So konnte es geschehen, das sich im Jahre 1890 etwa 200 montenegrinische Familien im süd lichen Serbien ansiedelten . Einige Gegenden zeichnen sich

durch eine starke Viehzucht und dem

ent

mögens durch die Abzweigung der mündigen Glieder sprechende Produktion von Schinken und Käse aus.. der Familie.

Die Hauptprodukte des Bodens sind Weizen, Mais,

2. Strenge Strafgesetze, vor allem gegen den Raub

Hafer und Gerste.

Das Brot des Bauernstandes

und dann auch gegen die Verspottung der Religion. wird fast ausschliesslich aus Mais gebacken. Auch (Was nützten dieselben anderwärts ? Die Red .) 3. Schenkung von technischen Wirtschaftsmitteln

getrocknete Pflaumen und Wein haben eine grosse

Bedeutung für das Volk ; sie bilden mit Rindern und

an die Familien und Prämien für besonderen Fleiss. Schweinen zusammen die hauptsächlichen Export 4. Gründung landwirtschaftlicher Schulen ; gegenwärtig gibt es nur eine solche. 5. Einrichtung von Trockenschuppen für den Export von Pflaumen und Ankauf notwendiger landwirtschaftlicher Maschinen - beides entweder durch den Staat oder durch die Gemeinde.

6. Begründung der Kreditinstitute für Bodenkultur. Freilich wollen einige ohne Leiter in den Himmel steigen ; sie verlangen das Fabriksystem , Märkte u.s. W., ohne zu bedenken, dass der Boden bierfür erst vorbereitet werden muss. Bei der gegenwärtigen Lage

güter. Für die Verbesserung der Pflaumenbewirt schaftung arbeitete König Milan persönlich, indem er auf seine Kosten einen modernen Trockenschuppen nach englischem Muster errichten liess ; derselbe steht jetzt aber ungebraucht da. Was den Wein anbelangt, so gibt es in Serbien wenige Gegenden , wo derselbe nicht gedeiht. Er ist in grosser Masse und guter Qualität vorhanden

und bildet ein allgemeines Volksgetränk.

Er ist

sogar fast billiger, als in Deutschland das gewöhn liche Bier .

Manche Bauern besitzen von einer Sorte

vieren, und nur auf der Grundlage ihres Gedeihens

bis zu 120 000 Liter. ) Um die Verarbeitung des Fleisches im Lande

kann auch die Industrie sich in Serbien entwickeln .

zu ermöglichen und so diesem

So viel ist sicher, dass die serbische Staatswirtschaft

teren Absatzmarkt zu eröffnen , wurden im Jahre 1890 zwei Gesellschaften gegründet . Die Schweine

des Landes ist die Landwirtschaft zuerst zu kulti-

gegenwärtig einiges sehr Bedenkliches an sich hat.

Produkt einen wei

,, fleischverarbeitung wurde einer englischen Gesell Man erblickt das Heil viel zu sehr in Schutzzöllen von denen man fälschlicherweise annimmt, sie würschaft übertragen, die sich verpflichtet hat, 40000 Stück den die Industrie in dem Lande erzeugen . Wegen Schweine jährlich zu schlachten .”) Den nächsten seiner schutzzöllnerischen Ansichten hat man sogar Anlass zur Gründung dieser Gesellschaft gab die den letzten Finanzminister einen » Descendenten « von Österreichische Handelspolitik. Es war , wie viel Friedrich List genannt. Auch andere als Industrie- leicht noch erinnerlich sein wird , infolge allerlei erzeugnisse sind vor hohen Zöllen nicht sicher. Noch

Differenzen zwischen Oesterreich und Serbien zu

vor kurzer Zeit hat die Skuptschina auf Kaffee, Zucker, Oel u . a . einen maskierten Zoll in Gestalt

einer Art Zollkrieg gekommen und die ungarische Regierung verbot jede Schweine- Einfuhr von Serbien .

einer indirekten Abgabe gelegt , der 3 Fr. auf ein

Viele Kaufleute haben damals ihr Kapital verloren . Der

Kilo beträgt. Und ähnlich noch mit vielen anderen Produkten . Für die Bildung, die Entwickelung der Arbeitsfähigkeit und das geistig -sittliche Leben der

österreichisch -ungarische Gesandte protestierte sogar gegen die Konzessionierung der englischen Gesellschaft. Der durchschnittliche Preis der genannten Landes

Bevölkerung wird viel zu wenig gethan. Bildung produkte war im Jahre 1888 nach statistischen Er und Arbeitsmethode des Bauern , der , wie gesagt, gebnissen folgender : 95 % der ganzen Bevölkerung bildet, sind trotz der grossen Aufgaben, die ihm die neuere wirtschaftlichpolitische Entwickelung gestellt hat, dieselben geblieben , wie bei seinen Vorfahren . Seine Wagen, seine Arbeitsmittel haben wenig mit wirklich modernen Arbeitsmitteln gemein ; sein Haus und sein ganzes Leben befinden sich im ärgsten Rückstande. Der Boden wird in allen

Teilen des Landes

100 kg Weizen 10,73 Fr. , Mais : 9,25 , Weizen mehl 13,68, Wein 18,26 , getrocknete Pflaumen 21,22, 1 kg Brot 0,16 , 1 Stück Ochsen 95,40 und 1 Stück Schwein 28,32 , im Jahre 1889 ist eine kleine Ver

besserung der Preise eingetreten, so z . B. kostete i 1 Wein durchschnittlich 0,23 , also um 5 Cent. mehr, und ebenso bei Weizen ; noch immer aber zeigt der

Preis eine verhältnismässige Billigkeit. – Der Tage

zur Erzeugung der verschiedensten Produkte benutzt lohn betrug im Jahre 1889 1,19 -1,22 Fr. – Die und durchgehends herrscht eine reiche natürliche Preise des Bodens und der Liegenschaften zeigen Fruchtbarkeit, wie Serbien überhaupt von Natur deutlich die Entwertung derselben . So sagt Herr eines der gesegnetsten Länder Europas ist. Bewässe- Dr. Wuič , dass die statistischen Erforschungen ge rung des Bodens und sonstige Meliorationen fehlen

allerdings fast ganz , und man findet noch viele Grundstücke, die brach liegen. Die Auflösung der Gemeinschaften , die geringe Zahl der Bevölkerung und ihre technische Unfähigkeit tragen die Schuld

1) Veber den Weinbau in Serbien wird das » Ausland « seinerzeit eine besondere Studie bringen .

Die Red .

2) Uebrigens eine merkwürdige Erscheinung, dass sich der Erfüllung des Vertrages seitens der Gesellschaft unüberwindbare

Schwierigkeiten in den Weg stellen.

Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .

388

zeigt haben, dass sich der Wert des unbeweglichen , mit der Türkei bildete einen dringenden Wunsch Vermögens des Landes vom Jahre 1846 --- 63 um 4 Mill . oder 48 Mill. Fr. vermindert hat.

Die Ausfuhr im Jahre 1888 betrug an getrockneten Pflaumen 41 300000 kg, an Wein 2400000 1, an Schweinen 216000 Stück . Grössere Kapitalunter-

Bevölkerung, denn sie ist von ganz besonderer 1 derWichtigkeit für den serbischen Export , da sie ihm auch den Seeweg eröffnet. Ohne sie gab es für Serbien nur die ungarischen Märkte und einige wenige österreichische, und damit war das Land wirtschaft

nehmungen existieren wenig im Lande. Erst vor

lich auf Gnade und Ungnade der österreichischen

3-4 Jahren begann eine etwas regere Thätigkeit auf diesem Gebiete. In dieser Zeit wurden einige

Oberherrschaft ausgeliefert. Seit der Zeit der gegen wärtigen Regierung sieht man einige handelspoli

Kreditinstitute in der Form von Aktiengesellschaften gegründet. Zu gleicher Zeit aber lässt sich ein

tische Fortschritte. So hat der Staat vor etwas mehr als zwei Jahren eine Handelsagentur nach Salonichi

rapider Verfall des handwerksmässigen Gewerbes

errichtet, die auch mit Marseille in Verbindung steht.

bemerken , das noch ganz in den Formen der alten

Im Jahre 1890 wurde bereits ein grosses Quan

Zunft steckt. Von Fabriken sind zu erwähnen eine

tum Weizen nach Salonichi ausgeführt ; die Handels

Tuch-, eine Glas- und eine Zündholzfabrik , ferner eine im Jahre 1890 gegründete Fabrik von Marmor-

beziehungen mit dieser Stadt wachsen stetig. Die Eisenbahn war bis zum Jahre 1889 in den

waren und eine grosse Anzahl von Dampfmühlen, Händen von Privatgesellschaften, da benutzte der deren es fast in jeder Stadt und in vielen Dörfern eine gibt. Dass sich das Fabriksystem schwer ent-

neue Finanzminister, Herr Dr. Wuic , die Unsoli dität dieser Gesellschaften als Grund , um die be

wickelt , ist sehr erklärlich.

stehenden Kontrakte zu lösen und den Staat zum

Denn mit der rechten

Produktionsfähigkeit fehlt es der landwirtschaftlichen alleinigen Herrn der Bahnen zu machen . Der Staat Bevölkerung natürlich auch an der rechten Konsum- besitzt auch auf der Donau einen Dampfer und fünf tionsfähigkeit. Grosse Bedeutung für das Land haben

Schleppschiffe und erst im vorigen Jahre ist eine ser

auch eine Quecksilber- und zwei Steinkohlengruben ;

bische Dampfschiffahrtsgesellschaft gegründet worden.

die erstere, die nicht weit von Belgrad in einer an Das Bankwesen ist nicht zum Besten geordnet. Quecksilber ungemein reichen Gegend liegt, ist an eine Ein grosser Teil der serbischen Banken verdient englische Gesellschaft verpachtet worden ; die letzteren mehr den Namen eines wirtschaftlichen Krebses, als sind in Händen des Staates ; man deckt aus ihnen nur den wohlthätiger Institute. Jede Stadt hat ihre Bank den Bedarf der Eisenbahnen , denn im übrigen bildet oder Sparkasse ; aber dieselbe dient, veranlasst durch das Holz im ganzen Lande das Heizmaterial. ( Vgl . hiezu mancherlei Umstände, ausschliesslich den Offizieren,

» Ausland « 1892, Nr. 12.) Der Staatist auch Eigentümer

Beamten , Kaufleuten u . s. w. , während es für den

eines grossen Teiles des Grund und Bodens und vor

werten liesse, als zur Heizung. Wie wertvoll dieser

Bauer , der doch die eigentliche Masse und Kraft des Volkes bildet , kein einziges Kreditinstitut gibt ; für ihn ist der Wucherer der einzige Kreditor, wie dies ja bei niedrigen sittlichen Zuständen überall der Fall ist . Das Verbot der privaten , nicht bankmässig betriebenen Kreditgeschäfte dürfte eine unbedingte Not wendigkeit sein, und auch die Abführung des Rein gewinnes der Bankgeschäfte, der über einen gewissen

Waldbestand vielfach ist, mag man daraus ersehen, dass vor drei Jahren ein Bauer die Hälfte seines

Prozentsatz hinausgeht, an den Staat dürfte sich em pfehlen . Der Zinsfuss für gewöhnlicheDarlehen u.s.w.

allein des Waldes . Dieser dient den armen Klassen der

Bevölkerung als Hilfsquelle ; es besteht keine strenge Kontrolle gegen den Raub der Bäume aus den Staatswaldungen . Der Bauer hackt die Bäume in seinem wie in dem Staatswalde ohne Schonung nieder, trotzdem das Holz sich vielfach noch viel besser ver-

Forstes an ein ausländisches Haus um nicht weniger ist jetzt ein ungemein hoher; er beträgt 10-12 % . als 60000 Fr. verkaufte; Herr Dr. Wuič beklagt

Seit einigen Jahren besteht die allgemeine Schul

die Unrationalität der Bauernwirtschaft in dieser wie

pflicht in Serbien , allein die Erfüllung derselben

in anderer Hinsicht tief. »Zwei Hauptelemente des Landesvermögens,« sagt er, » vernichtet unser Volk : das Vieh und den Wald (Forst) ! « 1) Der Staat

lässt noch viel zu wünschen übrig , da die Anzahl der Schulen nicht genügt. Es gab im Jahre 1886 544 Schulen im

Lande und auf 1000 Einwohner

besitzt auch zwei landwirtschaftliche Güter ; auf kamen 244 Elementarschüler. Im Jahre 1884 waren denselben arbeiten die Verbrecher.

von 1000 Einwohnern 916 Analphabeten . Die Dorf Die natürlichen Hauptverkehrsstrassen Serbiensschüler, in deren Dorf es keine Schule gibt, bleiben sind die Donau und die Sawa , die vier Städte be- meist den ganzen Winter von der Schule weg. Vielfach hilft man sich damit, dass die Schüler rühren . Die Eisenbahn verbindet Serbien mit Ungarn, Bulgarien und der Türkei; ausserdem existieren noch in einem Zimmer des Schulgebäudes schlafen und zwei Linien im Inneren des Landes und eine dritte, nur Sonnabends nach Hause gehen . Zum Schlusse noch einige statistische Angaben . nach einer Kohlengrube, wird bald an die Hauptlinie geknüpft werden. Die gesamte Länge der Serbien hat im Frieden 20 242 Soldaten ; im Krieg

Eisenbahnen beträgt 526 km . Die Balinverbindung 1 ) » Unsere wirtschaftliche Politik «, zwei öffentl. Vorträge

von Dr. Michailo W. Wuič . Belgrad 1883 .

soll sein Heer 265000 Mann betragen . Die Staats schuld beträgt 206700000 Fr.

Das Kaukasische Museum in Tiflis.

Das Kaukasische Museum in Tiflis. Von Hermann Obst (Leipzig ).

389

die Umgegend des Baikal-Sees, das russische Daurien , das Amurgebiet und den östlichen Teil des Sajani schen Gebirges fünf Jahre lang bereist und zwei

Einen Januskopf trägt das heutige Tiflis , die Jahre später , 1862 , Karl Ernst von Baer nach Hauptstadt Transkaukasiens, zur Schau. Wer ihn | Südrussland begleitet hatte, von Sr. kais. Hoheit dem von der einen Seite betrachtet, der erblickt rein orientalische Züge, während dem Beschauer der anderen Seite ein ganz europäisches Antlitz sich zeigt.

Der Riesenwall, welcher vom Schwarzen zum Kaspischen Meere sich binziehend hier Europa von Asien trennt, ist nicht nur eine Länderscheide, sondern

auch ein gewaltiges Bollwerk , an dem sich Jahrtausende hindurch die Völker gestaut haben . Wie

in einer schützenden Festung haben sie sich hier

Grossfürsten -Statthalter des Kaukasus, Michail Niko

lajewitsch , beauftragt wurde, die Kaukasusländer in biologisch -geographischer Beziehung zu erforschen .

Es galt hier, Tiere und Pflanzen mit Rücksicht auf die physikalischen Bedingungen, auf die Beziehungen zum Boden und zum Klima, unter denen ihr Leben

stattfindet, zu untersuchen . Wie die Kette des Grossen Kaukasus Europa von Asien trennt, wie sie eine geographische,

gegen die Belagerer gehalten und ihre Eigenart bewahrt , bis auch ihre Stunde geschlagen hatte und

bildet sie auch eine biologische Scheidewand . In

die Russen nach zahlreichen erbitterten Kämpfen,

Niveau des Meeres gelegenen pontisch-kaspischen Tiefländern und den armenisch -persischen Hoch

nach manchen vergeblichen Versuchen Bresche in die Festung geschossen hatten und als Sieger in die transkaukasischen Lande einzogen. Aber erst ein

dem

hier eine scharfe Greuzlinie zwischen den im

ländern gezogen ist , treten mit den extremen Ter raindifferenzen , welche nördlich und südlich vom

sojähriger Kampf, der mit der Unterwerfung auch | Hochgebirge vorhanden sind, auch auffallende Gegen der Bergvölker durch den Fürsten Barjatinskij im Jahre 1859 endete , machte die Russen zu unum-

sätze in den biologischen Verhältnissen von Cis- und

schränkten Herren des kaukasischen Isthmus.

gelangen , schlug Radde vor , die Untersuchungen

Dem gewaltigen Werke der endlichen Unter-

werfung des Kaukasus folgte nun ein zweites und ein drittes, nicht minder wichtig, nicht minder bedeutungsvoll, denn das erste. An Stelle der kriege-

Transkaukasien auf.

Um zur Erkenntnis dieser zu

nach den vier Hauptströmen anzubahnen. „ Wir sagt Radde in seinem ersten Berichte – setzen » der Kura den Terek gegenüber. Inwiefern bieten

rischen Arbeit traten nunmehr die Bestrebungen des

die Länder beider Stromgebiete Gleiches, Verwandtes oder Verschiedenartiges und welche Gründe bedingen

Friedens und , indem sie eine Wandlung in den

die Identität oder Differenz ? Wir setzen ferner dem

socialen Verhältnissen hervorbrachten , ebneten sie

Kuban den Rion gegenüber und stellen uns die

gleichzeitig der wissenschaftlichen Erforschung des selben Fragen. Ganz von selbst treten dann andere Landes die Wege. Wenn wir nun heute jenen Vergleichungspunkte auf . Wie verhalten sich die Januskopf vor uns haben, so ist er die Folge jener östlichen Abflüsse des Kaukasus zu den westlichen unausgesetzt friedlichen Arbeit, die natürlich in der

Hauptstadt des Landes, in Tiflis, sich am entschiedensten bemerklich macht, wo auch die Gegensätze zwischen Orient und Occident einander am schroff-

sten gegenübertreten . Von allen asiatischen , dem russischen Scepter unterworfenen Gebieten hat sich

und welche Verwandtschaften bietet das Kaspische und das Schwarze Meer ? Eine eigene, ganz unab hängige Untersuchung erfordern die Quellthäler, so weit sie auf russischem Boden liegen, dieser Ströme. Hier ist notgedrungen die Kura ausgeschlossen . Die anderen drei Ströme führen uns in eine eigene gross

keines so schnell und so auffallend im Sinne euro-

artige Welt. Wir treten mit ihren Quellgebieten

päischer Kultur entwickelt, wie der Kaukasus, in

in die gletschergekrönte kaukasische Centralkette.

keinem ist die wissenschaftliche Erforschung so thätig gewesen, hat so erfolgreich gewirkt, so Bedeutendes

Das Hochgebirge ist unerschöpflich für den Be obachter. Wurden früher die biologisch -geographi

geleistet, wie gerade hier.

schen Untersuchungen namentlich auf die Horizontal

Wenn wir heute den Namen Gustav Radde, der zu den besten zählt, die sich um die Erforschung des Kaukasus verdient gemacht haben, besonders

ebene bezogen, so müssen wir nun, im Hochgebirge, die Vertikalebene zur Basis aller Forschungen machen. Gletscher, Schnee- und Baumgrenze bilden hier in

hervorheben , so hat dies seinen Grund darin, dass er untrennbar mit einem wissenschaftlichen Institute

den hochalpinen Revieren die Fundamente der Unter suchungen; in den breiten Rahmen , den sie um die

verbunden ist , dem die folgenden Zeilen gewidmet | Alpenwelt schliessen, trägt man sorgsam die sub ordinierten Beobachtungen ein. So die specielle Ver

sein sollen , dem „ Kaukasischen Museum « in Tiflis, das jüngst den Tag gefeiert hat, an dem es auf ein Vierteljahrhundert rühmlichen Bestehens zu-

wächse, die letzten Spuren minimalen Lebens auf

rückblicken kann.

den Eismeeren , die zeitweise, unwillkürliche Ueber

Zu Anfang des Jahres 1864 war es , dass Radde, der zuvor drei Jahre lang, von 1852 an , die Krim , dann 1855 als Teilnehmer der von der Petersburger

führung leichter Tiere aus niederen Regionen in die höheren durch den aufsteigenden Luftstrom , endlich die regulären und zufälligen Wanderungen gewisser

breitung der phanerogamen und kryptogamen Ge

Geographischen Gesellschaft ausgerüsteten Expedition | Tiere« . Dazu sollte auch noch den ethnographischen Ausland 1892, Nr. 25.

50

390

Das Kaukasische Museum in Tiflis.

Verhältnissen, wie der wechselvollen geschichtlichen

und Erfolge erzielt hat , die in ihrer Art unüber

Entwickelung der Bewohner des Kaukasus Rechnung troffen dastehen. getragen werden , und endlich sollten auch Aufgaben, Die Museumsangelegenheit wurde zuerst im die einen praktischen , wirtschaftlichen Wert besitzen, | Jahre 1852 in einer Komiteesitzung der kaukasi erledigt werden . schen Zweigabteilung der Kaiserlich Russischen Geo

Die Ausbeute der Reisen , die Ergebnisse der

graphischen Gesellschaft durch den Grafen Wladi

Forschung sollten in einem allgemeinen Kaukasischen Museum niedergelegt werden , die Idee eines solchen , das bestimmt sein sollte , nicht allein die Natur-

mir Alexandrowitsch Sollogub in Anregung gebracht und darauf der erste Schritt zur Verwirk lichung der Idee gethan. Anfangs mit Eifer be

erzeugnisse des Kaukasus , sondern auch die ethno-

trieben , versumpfte das Unternehmen später doch

graphischen Objekte der Vergangenheit und Gegen- wieder , so dass das Museumsdirektorium im Jahre wart dieses grossen hochinteressanten Gebirgslandes, namentlich auch die so wichtigen archäologischen

1860 sich auflöste. Erst als Radde im Beginn des Jahres 1864 der Auftrag erteilt wurde, die Kaukasus

länder in biologisch -geographischer Hinsicht zu unter Radde her. Sie gehört bereits der Periode an , in suchen und er seine so erfolgreiche Thätigkeit be

Funde aufzunehmen , stammt bereits aus der Zeit vor welcher Fürst Woronzow der Statthalterschaft im südlichen Russland vorstand. - » Doch hatte die Aus-

gann , die bis auf den heutigen Tag gewährt hat,

führung derselben , sich der Zeit und den Umständen anpassend ,« wie Radde in einer zur Feier des 25jährigen Bestehens des Kaukasischen Museums veröffentlichten Schrift bemerkt — »» nicht nicht immer immer eine eine gleichmässige und nachhaltende Anregung gefunden

Sammlungen mit aufgenommen, welche das Material zu einer allmählichen systematischen Bearbeitung der

wurde in dem Plane die Anlegung naturhistorischer Flora und Fauna des erwähnten Gebietes enthalten

sollten . Bereits die erste Reise Raddes , die sich die Aufgabe gestellt hatte, die colchischen Längen

und je nachdem einflussreiche Männer mit Interesse hochthäler eingehender zu erforschen , war so er für die Sache kamen und schieden , nahmen die progebnisreich, dass, um das massenhaft sich aufhäufende jektierten Pläne eines kaukasischen Museums bald Material unterzubringen , wieder an den Gedanken einen erfreulichen Fortschritt , bald auch verhüllten der Gründung eines » Kaukasischen Museums« heran sie sich wieder unter dem Schleier allgemeiner Gleich- getreten werden musste. Die Verhältnisse des Lan gültigkeit und das bereits Angestrebte fiel für längere des selbst waren der Ausführung dieser Idee jetzt Zeit dem Vergessen anheim . Ein solches Wanken günstiger. Die Unterwerfung des westlichen Kau und Schwanken in der Ausführung einer an und kasus hatte der bis dahin vorwaltend kriegerischen

schuldigen, wenn in Erwägung der allgemeinen Zu-

Thätigkeit im Kaukasus ein Ende gemacht. Nachdem der Etat des Kaukasischen Museums auf Vorlage

stände der Kaukasusländer in jenen erwähnten Zeiten , sich nicht manches Moment hervorheben würde, welches überhaupt jeder Blüte geistigen , friedlichen

des Barons A. P. von Nicolai von Sr. kais. Hoheit dem Grossfürsten -Statthalter am 2. Juni 1865 be stätigt worden war, konnte das Museum in Angriff

Lebens die Existenz erschwerte , oder sie ganz und

genommen werden.

gar verhinderte. Es musste jederzeit zunächst die

zusammengebrachten reichen Sammlungen, zu welchen auch noch die zoologischen Ergebnisse einer Reise nach Talysch im Jahre 1866 gekommen waren ,

für sich so trefflichen Idee liesse sich kaum ent-

Frage aufgeworfen und erörtert werden , ob in einem

Lande, dessen Boden damals noch beständig durch das Blut seiner Krieger gefärbt wurde, dessen augen-

Mit den von Radde bereits

wurde das noch vorhandene Material aus dem ersten

blickliche Bedürfnisse vor allem anderen fast beständig

missglückten Versuche der kaukasischen Abteilung

ausschliesslich der Erstrebung von Ruhe nach Aussen und Innen zugekehrt waren , dessen zeitgemässe Anforderungen, mit einem Worte, in einer unzähligen

der Kaiserlich Russischen Geographischen Gesell schaft in Tiflis vereinigt , so dass das von Radde nun ins Leben gerufene » Kaukasische Museum « am

Menge von fundamentalen administrativen Maass-

2./14. Januar 1867 eröffnet werden konnte. Sehr bald waren aber die dem Museum ange

regeln bestanden , die mitten im Kriegslärm und Schlachtgetümmel Asiens Gewohnheitsrechte beseitigen und europäisches Gesetz geltend machen konnten ,

es musste die Frage aufgeworfen werden ,

ob in einem solchen Lande überhaupt der Wissenschaft ein Platz angewiesen werden konnte , oder ob sie nicht, durch die Unzahl schreiender sonstiger

wiesenen Räumlichkeiten zu klein geworden ; das Material häufte sich unter Raddes energischer und

einsichtiger Thätigkeit in überraschender Weise. Einem glücklichen Zufalle war es da zu danken , dass sich vorteilhafte Verhältnisse darboten, um dem dringenden Bedürfnisse abhelfen zu können . Ein

Tagesbedürfnisse verdrängt, fürs erste von diesem

monumentaler Museumsbau konnte im schönsten

Schauplatze sich fern zu halten habe.«« Die Zeit hat die Zweifel verscheucht und die Frage im günstigen Sinne gelöst. Ganz besonders ist es aber Radde

Teile der Stadt gegenüber dem Palaste des Gross fürsten-Statthalters errichtet werden, der am 1. Sep tember 1870 seiner Bestimmung übergeben wurde.

gewesen, der zu ihrer Lösung ganz wesentlich mit Aber auch dieser Neubau sollte nicht allzulange aus beigetragen , der ihr ein ganzes Menschenleben mit reichen . Im Jahre 1878 begann Radde den Auf Eifer, seltenem Geschick und Vermögen gewidmet | bau eines zweiten Stockes auf das Museum zu be

Das Kaukasische Museum in Tiflis .

treiben und trat zugleich in Unterhandlungen mit

Periode im

Museum

391

vortrefflich

vertreten.

Des

der damals bestehenden Archäologischen Gesellschaft gleichen treffen wir auch die gegenwärtig den Kau wegen der Uebernahme ihrer Sammlung, aber erst

kasus bewohnenden Völker und ihre Erzeugnisse an .

1880 konnte die beabsichtigte Erweiterung des Museums in Angriff genommen werden , die dann

kaukasischen Hochgebirges eigenartige ethnogra

Von alters her haben sich bei den Bewohnern des

so gefördert wurde, dass sie zu dem im September phische Gegenstände erhalten, Hausmeubles, musi des Jahres 1881 abgehaltenen Archäologischen Kon- kalische Instrumente und anderes . Wie überhaupt gress in Tiflis fertig gestellt war, wodurch das Museum seine gegenwärtigen Räumlichkeiten und sein heutiges Aussehen erhalten hat. Im Verlaufe von 15 Jahren hatte es sich reichlich um das zwanzigfache vergrössert , sowohl was den Inhalt, als auch den Umfang anbelangte. Der Archäologische Kongress war auch Veranlassung zu einer ganz beson-

die der Hauptkette des Kaukasus zunächst wohnen den Bergvölker in jeder Hinsicht sich dem Einflusse der Türkei und Persiens, Grusiens und Armeniens

entzogen und somit samt ihrer früher meistenteils bewahrten politischen Selbständigkeit, auch in allen ihren Gebräuchen , in ihrem Gesamtsein eine gewisse feste Norm

und nicht leicht zu beeinflussende Un

deren Bereicherung der archäologischen Abteilung abänderlichkeit behauptet haben , so hat sich auch des Museums, indem diesem alles , was an Aus-

bei ihnen gerade, trotz Armut und Roheit, manches

grabungen von 1879 bis 1887 durch das vorbereitende

Besondere erhalten , was die Aufmerksamkeit des

Komitee des Kongresses zusammengebracht worden

Reisenden besonders in Anspruch nehmen muss.

war , einverleibt wurde.

Die Harfen und Meubles der Ossen und Swanen

Zur Zeit des erwähnten Archäologischen Kon- sind solche Gegenstände, Schneeschuhe und Waffen gresses hatten wir Gelegenheit, das Kaukasische dieser Völker gleichfalls. In richtiger Erkenntnis Museum aus eigener Anschauung kennen zu lernen . der Bedeutung dieser Gegenstände für den Kultur Es ist nicht nur eine Schausammlung zur Befriedi- gedanken hat ihnen Radde bei seinen Reisen auch

gung der Neugierde , so glänzend und ansprechend eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und ihnen auch die Aufstellung ist , sondern auch und ganz

den Platz im Museum angewiesen , der ihnen bei

besonders eine Sammlung , welche selbst den höchst ihrer Wichtigkeit zukommt. gespanntesten wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Dafür spricht nicht nur die wissenschaftliche Bedeutung ihres Schöpfers, sondern auch die Unter-

Reich ist auch die Sammlung an Schmuck stücken , namentlich der tatarischen Völkerstämme; viele haben von ihnen neben dem Werte als Gegen

stützung, deren er sich bei seinem Werke von einer

stände der Kleinkunst oft noch bedeutenden Metall

grossen Reihe namhafter Gelehrter zu erfreuen ge- wert . Die Waffensammlung schliesst besonders wert habt hat, Gelehrter, welche Autoritäten ersten Ranges volle persische Musterstücke in sich und besitzt ausser auf ihrem Forschungsgebiete sind.. Das Kaukasische dem eine grosse Auswahl meistens alter Rüstungen Museum ist ein Musterinstitut , wie es in gleicher und Helme mit reichen Ornamenten und verschiede

Reichhaltigkeit und in gleicher Vollendung keine

nen Inschriften .

andere Provinz des russischen Reiches aufzuweisen

Ein grosses Feld bilden die Erzeugnisse der

Wer systematischen Studien über Flora und

Hausindustrie der zahlreichen Völkerschaften des

Fauna des Kaukasus, über die mineralogischen und geologischen Verhältnisse dieses Gebietes obliegen

Kaukasus, hier finden sich ebenso interessante, wie schöne und wertvolle Gegenstände, namentlich sind

will, findet hier ein Material , wie er es sich reicher

es Gewebe und Metallarbeiten, welche die Aufmerk

hat .

und zuverlässiger nicht denken kann, dazu Vor- samkeit auf sich lenken, aber auch die Keramik ist arbeiten, welche die Benutzung der Sammlungen im sehr beachtenswert und könnten unsere Töpfer, die höchsten Grade erleichtern.

Das Museum zerfällt in fünf Abteilungen , in

heute an Geschmacklosigkeit das Menschenmöglichste

leisten, von den kaukasischen ungemein viel lernen ,

die geologisch-paläontologische, in die zoologische, die es verstehen , selbst dem gewöhnlichsten Ge botanische, ethnographische und archäologische. Wir schaffenheit des Kaukasus, wie des pflanzlichen und

brauchsgegenstande eine gefällige Form zu geben, die meist auf antiken Anschauungen beruht. Mehr.um die Schaulust zu befriedigen , denn

tierischen Lebens, das sich hier entwickelt hat, des-

wissenschaftlichen Zwecken zu dienen , sind die

erhalten hier ein anschauliches Bild der Bodenbe-

gleichen der Bewohner, und zwar von den frühesten

Figuren und Gruppen kaukasischer Völkerstämme

Zeiten bis zur Gegenwart, von den ältesten Spuren,

da, die aber in ihren malerischen Kostümen eine

die bis in die Steinzeit reichen , und des heutigen

grosse Anziehung ausüben. Ebenso dienen die Ge

bunten Völkergewimmels. Reich vertreten ist dabei das Zeitalter der Bronce , teils in Schmuck, teils

mälde des Malers Simm (in Rom ) im Treppenhause des Museums, in Temperatechnik ausgeführt, nur

auch in Waffenstücken ; von besonderem Interesse

ornamentalem Zweck .

sind ferner die figürlichen Broncefunde, welche aber zumeist der Eisenperiode angehören. Auch aus althistorischer Zeit ist ein reiches

Auf die naturhistorischen Sammlungen hier näher einzugehen , ist bei der Fülle des Materiales ganz un möglich . In ihnen liegt vor allen Dingen der

Material vorhanden . So ist die scythisch -hellenische

wissenschaftliche Schwerpunkt des Museums und

Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch -Columbia.

392

ein Hauptteil der Lebensaufgabe und erfolgreichen Thätigkeit Raddes. Sie sind meisterhaft geordnet , so dass der Reichtum nie verwirrend ist ;

wachsene pittoreske Felsgruppe aus dem Strome, von seinen donnernden Wogen umbrandet.

Zu

weilen erweitert sich das Thal und es schieben sich

wer sie benutzt , wird seine Freude daran haben

schmale Ebenen zwischen die Berge , die teils von

und ihrem Schöpfer und Organisator Dank und Anerkennung für das Geleistete nicht versagen.

Rasen , teils von Wald bedeckt sind , welche einer

Fast ein Menschenalter hat Radde der Erforschung

dianern und Chinesen Raum

des Kaukasus gewidmet, sie ist seine Lebensaufgabe

decken dichte Tannenwälder die Abhänge der Berge

gewesen .

kleinen Ansiedelung oder ein paar Hütten von In bieten .

Ueberall be

Nicht minder haben jene Arbeiten die und überall schiesst eine üppige Vegetation auf, ge

physischen wie geistigen Kräfte dieses seltenen Mannes in Anspruch genommen , der als Gelehrter, wie als Forschungsreisender und Schriftsteller gleich hoch dasteht. Was er hier oft mit grossen Anstrengungen

nährt von der von den Bergen herabrinnenden Feuch tigkeit. Nach und nach lichten sich die Wälder, die üppig wuchernden Farnkräuter , Stauden und Sträucher werden spärlicher, und nachdem man Lytton

und unter den schwierigsten Verhältnissen geleistet

erreicht, hat sich das Bild vollständig geändert. Lyt

hat , davon legen seine zahlreichen grossen Werke wie kleineren Schriften beredtes Zeugnis ab , nicht

ton liegt auf einer steilen , in ein kahles, trockenes

minder aber das Kaukasische Museum , in dem

des Fraser- und Thompson -River. Dasselbe ist gegen Westen begrenzt von der Hauptkette der Kaskaden ,

er sich an dem Orte seines Wirkens ein Denkmal

gesetzt hat, aere perennius .

Plateau auslaufenden Uferterrasse am Zusammenfluss

welche sich über dem rechten Ufer des Flusses in

Si -ine Rij v

er

mächtigen , breiten Bergpyramiden in die Wolken Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch Columbia . Fraser. River

Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio ).

An einem trüben, regnerischen Tage Ende der zweiten Hälfte des Juni 1887 verliess ich Yale am unteren Fraser-River, um nach Lytton überzusiedeln, von wo aus ich eine Tour ins Gebirge unternehmen wollte.

Die Fahrt von Yale den Fraser -Fluss ent

lang ist ziemlich kurz, aber sehr reich an grossartigen , wildromantischen Gebirgsscenerien . Der zur Zeit durch die Schneeschmelze im Hochgebirge mächtig

an Frase

r . Riveri

Granitberge

Lyllon

Tho x Pretanie lake

mps

on : River

und Umgebung

angeschwollene Fluss durchbricht hier das Kaskaden

Gebirge , in schmalem Felsenbette dahinströmend, und seine grauen Fluten donnernd und brausend dem Stillen Meere entgegenwälzend . Zu beiden Seiten des Flusses erheben sich abwechselnd mit

tannengrünen Wäldern und Matten bedeckte terassenartige Bänke , welche von steilen Bergen und riesigen Felswänden aus krystallinischen Gesteinsarten

erheben, gegen Osten von dürren Hügeln , hinter welchen schroffe, dünnbewaldete Berge emporstreben , die von mässiger Höhe sind und die Kette der Kas kaden nach dem trockenen Hochplateau im Inneren Britisch - Columbias fortsetzen .

Der kleine Ort,

welcher in drei Abteilungen zerfällt, die von Weissen,

gebildet und bis hoch hinauf mit Tannen bewachsen, Indianern und Chinesen bewohnt sind, befindet sich überragt werden . Wundervolle Wasserfälle donnern

auf der Grenze der trockenen Region und des feuch

von den Felswänden herab und wildschäumende

ten Küstengebiets . Die mit Wasserdampf geschwän gerten, vom Stillen Ozean über das Kaskaden-Gebirge

Gebirgsbäche , umrahmt von einer üppig wuchernden Vegetation , gebildet aus saftig grünen Farn-

hinwehenden Winde haben ihren hohen Feuchtig

kräutern , der breitblätterigen stachelbewehrten Fatsia keitsgehalt noch nicht vollständig eingebüsst und horrida, Rubus Nutkanus , Rubus spectabilis , Acer

schlagen noch einen Teil an den Abhängen der sich

glabrum, Betula papyracea u. s. w . , brechen aus den gegen Osten erhebenden Berge nieder ; derselbe reicht tiefen Schluchten der Berge hervor und eilen , von Fels | jedoch nicht mehr hin, um jene üppige Vegetation

zu Fels stürzend , dem Flusse zu , überspannt von kühn geschwungenen Brücken, über welche die Bahn dahinbraust . Manchmal steigt die nackte Felswand unmittelbar aus dem Strom empor und dann musste

hervorzurufen , wie sie uns am unteren Laufe des Fraser- Flusses entgegentritt . Die Umgebung von Lytton partizipiert daher noch etwas an dem feuch teren ozeanischen Klima der Küste, während weiter nach Osten mit allmählicher Abnahme der Nieder

die Bahn durch die Felsen gebrochen oder über Brücken gelegt werden , die längs der Felswände schläge ein extremes Steppenklima zur Herrschaft dahinführen und unter welchen der Fluss brausend gelangt, welches sich durch heisse , trockene Sommer vorü berschiesst. Ab und zu erhebt sich eine mit Tannen be-

und kalte, schneearme Winter charakterisiert.

Während die Flora um Lytton fast nahezu die

Der Pretannie Lake bei Lytton in Britisch - Columbia .

selbe ist , wie diejenige des trockenen Gebietes, stimmt die der Berge und feuchteren Thäler mit derjenigen der Kaskaden westlich des Fraser über-

393

Kurz nachdem wir an den Augsandbedeckten Uferbänken der beiden Flüsse hinaufgestiegen waren , kamen wir zu einer altindianischen Begräbnisstätte,

ein , ohne jedoch die Veppigkeit wie dort zu er- bedeckt mit Flugsand und überragt von einer ein reichen. Hier wie in der trockenen Region bedecken samen Kiefer. Dieselbe war ganz durchwühlt von Artemisien ( Artemisia tridentata und trifida) und Bigelovien (Bigelovia graveolens var. hololeuca und B. Douglasii) die dürren und trockenen Kiesbänke und Hügel auf dem linken Ufer des Flusses. Man findet ferner hier das auch im Inneren Britisch -Co-

lumbias nicht seltene Eriogonum heracleoides, welches für das trockene Hochplateau sehr charakteristisch

Antiquitätensammlern, und überall lagen Schädel und Knochenteile umher, ein trauriges Bild irdischer Ver gänglichkeit . Unter den umhergestreuten Knochen fand ich ein paar plattgedrückte Kupferstücke, be deckt mit Grünspan, und ein spitzes Instrument aus Knochen , dessen sich die Indianer noch jetzt zur Verfertigung ihrer kunstvollen Körbe aus dem Bast

ist, und daneben verschiedene Euphorbien (Euphorbia der roten Ceder ( Thuja gigantea) bedienen. glyptosperma u. s. w.), Polygonum tenue, Plantago

Eine kurze Strecke hinter der Begräbnisstätte

Patagonica var. gnaphalioides, Pectocarya penicillata , ging es im Zickzack an einem steilen , spärlich be Comandra pallida, Calochortus, Gaillardia , Chaenactis

waldeten Hügel hinauf. Derselbe bildet den südlichen

Den Charakterbaum dieses Gebietes bildet Pinus ponderosa. Derselbe bedeckt die Abhänge der Hügel und der Berge in der unteren Region und

Ausläufer einer steilen, zackigen Bergkette , die aus Granit besteht und sich längs des linken Ufers des Fraser - Flusses hinzieht. Derselbe ist spärlich be waldet und zwar mit Abies (Pseudotsuga) Douglasii

U. S. W.

bildet eine nur parkartige Bewaldung, welche von

spärlichem Unterholz, repräsentiert durch Shepherdia und Pinus ponderosa, verflacht sich nach oben etwas canadensis, verschiedenen Rosen , Spiraeen , Symphori- und senkt sich allmählich in ein schönes breites carpus und Weiden, durchzogen ist. Dieser schönen Kiefer schliesst sich Abies ( Pseudotsuga) Douglasii an , welche mehr die weniger trockenen Nord- oder Westabhänge der Berge einnimmt, aber hier nicht entfernt den stolzen, majestätischen Wuchs erreicht,

Thal hinab.

Dasselbe ist umsäumt von niedrigen,

vollständig bewaldeten Bergketten und teils mit Wald, teils mit Wiesen bedeckt und an seinem Eingang breiten sich mehrere kleine Farmen aus, die von

Weissen bewohnt sind. Ein Bach , der aus einem

der ihr in den feuchten Wäldern der Küste eigen ist.

kleinen Gebirgssee, » Pretannie -Lake « genannt, hervor

Wenn man eine der Anhöhen um Lytton be-

kommt, welcher das Ziel unserer Wanderung war,

steigt , so erblickt man gegen Norden eine Kette

schlängelt sich hindurch . Nachdem wir die erste

etwa 5-6000 Fuss hoher Berge , welche bis zur Spitze mit lachend grünen Alpweiden bedeckt sind ,

Ansiedelung hinter uns hatten, führte der Pfad längere Zeit durch hochstämmigen Nadelholzwald, gebildet aus Abies (Pseudotsuga) Douglasii und Pinus pon

zwischen welche sich Bestände dunkler Tannen halb-

inselartig hineinschieben. Mit Vergnügen ruht das derosa , auf welchen eine mit dünnem Graswuchs Auge auf dieser in saftig grünem Kleide prangen- bedeckte hügelige Wiesenfläche folgte.. An einem den Gebirgskette, die einen angenehmen Kontrast Abhang sprudelte eine sehr stark schwefelwasserstoff bildet mit der dürren Ebene bei Lytton und den dunklen Koniferenwäldern , welche die Kaskaden berge über dem Fraser bis hoch hinauf bedecken. Als ich diese wundervollen Berge einige Tage nach unserer Ankunft in Lytton erblickte, hatten sie mir es sofort angethan und ich beschloss , alsbald eine

haltige Quelle hervor. Dieselbe ist insofern merk würdig, als das Wasser die dasselbe trinkenden Tiere

Tour dahin zu unternehmen .

und verbreitet einen

tötet , eine Thatsache, welche durch die um die Quelle

herumliegenden Skelette bewiesen wird. Dieselbe ist daher von einem Pallisadenzaun umgeben.

Das

Wasser schmeckt ekelhaft bitter und schwefelartig sehr starken

Geruch nach

Es war ein prächtiger Sommermorgen am 4. Juli Schwefelwasserstoff, aus dessen Gehalt sich die Giftig 1887, als ich mit meinem Begleiter und einem In-

keit des Wassers namentlich für Tiere, die grössere

dianer und zwei Ponnies, die unsere Sachen und den

Mengen zu sich nehmen , erklärt.

nötigen Proviant trugen , dahin aufbrach .

Majestä-

Ab und zu begegnete uns ein Trupp berittener

tisch stieg die Sonne hinter den Bergen im Süd- Indianer, Männer, Frauen und Kinder. Die meisten osten empor und überstrahlte mit rotem Schein die teilweise noch mit Schnee bedeckten Gipfel der Kas-

bewillkommten uns freundlich und schüttelten uns die Hände. Man konnte sich keinen interessanteren

kaden über dem rechten Ufer des Flusses. Wir über-

und malerischeren Anblick denken , wie diese auf ihren

schritten den Thompson -River auf einer schönen

kleinen Ponnies stolz einhergaloppierenden Indianer

Brücke, unter welcher der Fluss seine hellbraunen

mit ihren lang herabwallenden Haaren , geschmückt

Wogen in tiefem Felsenbette brausend dahinwälzt,

mit bunten Tüchern und Teppichen und ihren grossen ,

um sich kurz darauf in den Fraser - Fluss zu ergiessen. Man sieht eine gute Strecke die beiden Flüsse neben

altertümlichen Musketen , die sie vor sich auf den Pferden liegen hatten. Einen sehr interessanten An

einander dahinströmen. Hier die blauen Wogen des Thompson- und dort die schmutzig- grauen des Fraser-

blick boten namentlich die Frauen, dieselben waren

Flusses .

sie seidene Tücher in den schreiendsten Farben ge

sämtlich sehr bunt gekleidet und um den Kopf hatten

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

394

bunden , die nach hinten geknüpft waren. Gewöhn- derselbe bereits auf seiner ersten, eiligen Reise ( 1480) lich hatten sie ihre Kinder vor oder hinter sich auf Cypern berührt , zum Besuch des Kreuzberges aber den Ponnies sitzen , während sie die Säuglinge in

keine Zeit gefunden hatte '), benutzte er seinen zweiten

Wiegen , die wie kleine Kanoes aussahen und ge wöhnlich aus der Rinde der Papierbirke und dem

einen Ausflug auf den bei allen Pilgern berühmten

Aufenthalt auf der Insel, um mit mehreren Gefährten

Baste der roten Ceder (Thuja gigantea) verfertigt | Berg zu unternehmen , dessen Schilderung wir hier werden, auf dem Rücken hängen hatten. Ein pos-

teils auszugsweise , teils in wörtlicher Uebersetzung

sierlicher Anblick war es, wenn die kleinen Papoosen zu schreien anfingen , dann schüttelten die Squaws die Wiegen so lange, bis der Insasse sich wieder

des lateinischen Originales ?) folgen lassen . Als die Pilger am 25. Juni 1483 abends vor Salina , der jetzigen Marina von Larnaka, vor Anker gegangen

beruhigt hatte. Einen noch possierlicheren Anblick boten ein paar Männer. Diesen war nämlich die Aufgabe zugefallen, die Haushühner zu tragen , welche die Indianer hier auf ihren Wanderzügen in die

waren und der Schiffspatron sich zum Besuch seiner Frau , welche Kammerzofe der Königin zu Nikosia war, an Land begeben hatte, » standen wir Pilger« , berichtet Fabri , » auf der Galee nach dem Lande

Berge mitzunehmen pflegen. Dieselben waren in

hin blickend , und ich stand bei ihnen und redete zu den anderen von der Oede jenes Hafens und dem

eine Art Käfig eingeschlossen, welchen die Männer auf dem Rücken trugen und aus welchem die Hühner gackernd ihre Hälse hervorstreckten. Das Bild erinnerte mich lebhaft an unsere Geflügelhändler in

Zustande jener Gegend, weil ich auf meiner früheren Pilgerfahrt viele Tage dort gewesen war. Ich zeigte

den Herren Pilgern auch die Oertlichkeiten des Süddeutschland, welche mit einem ähnlichen Behälter Landes , welche ich wusste ; und u. a. zeigte ich auf dem Rücken von Dorf zu Dorf ziehen und das

ihnen den Berg des heiligen Kreuzes , welcher der

gekaufte Federvieh darin unterbringen. Ein jeder höchste Berg des ganzen Königreiches Cypern ist , Indianer trieb zwei oder drei Ponnies vor sich her,

welche teils mit dem Hausrat, teils mit Körben , mit Wurzeln gefüllt, beladen waren , welche die Frauen in den Bergen gegraben hatten . Dieses Wurzelgraben und das Suchen von Beeren ist im Sommer

und auf seinem Gipfel ist eine Kirche, in welcher das Kreuz des mit Christus gekreuzigten rechten Schächers hängt , und ich sagte den Herren , was man von jenem Kreuze erzählt , wie sich zeigen wird . Und als meine Herren ) und die anderen

die vornehmste Beschäftigung der Indianerfrauen Pilger standen und sich über jenes Kreuz verwun dieser Gegend, während die Männer der Jagd oder

dem Fischfang in den Bergen obliegen. Im Juni, wenn der Schnee geschmolzen ist und die Berge ihr

Frühlingsgewand angelegt haben , dann duldet es den hiesigen Indianer nicht mehr in seiner engen

Behausung . Er packt seine Habseligkeiten zusammen und zieht mit Weib und Kind und unter Mitnahme

seiner Ponnies in die Berge, wo er den grössten

Teil des Sommers zubringt. Die uns begegnenden Indianer kommen vom Pretannie - Lake -- der Name

ist indianischen Ursprungs -- in dessen Umgebung sie ihre Lagerplätze aufgeschlagen hatten. Immer neue Trupps von Indianern kamen aus dem Walde hervor und zogen grüssend in fröhlicher Stimmung an uns vorüber , je mehr wir uns dem kleinen See näherten . (Schluss folgt.)

derten , und auf den Berg sahen , welcher fünf deutsche Meilen von uns entfernt war , sagte ich zu ihnen : „Seht, meine lieben Gefährten , unser Patron ist nach Nikosia gegangen und wird frühestens morgen Abend zurückkommen , vor seiner Rückkehr können wir aber nicht weiterfahren , und wir werden morgen einen überaus langen und verdriesslichen Tag haben ; wenn also jetzt einer mit mir zum heiligen Berge wandern

will, so komme er aufs Hinterdeck, und wir werden das heilige Kreuz besuchen und morgen rechtzeitig zurück sein“'. Mit diesen Worten ging ich aufs Hinter deck , und viele Edle folgten mir, indem sie glaubten, dass ich Scherz machte. Ich mietete also dort einen

Diener, welchein der Weg zum heiligen Kreuz be kannt war, indem ich ihm i marcello 4) von jedem ,

der mit mir ginge , versprach , und mietete auch einen Barkenführer, um uns ans Land zu bringen . Als aber die Edelleute sahen, dass es sich um keinen Scherz handle, kehrten alle von meiner Gesellschaft

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . Von Eugen Oberhummer (Miinchen). (Fortsetzung.) Die weitaus ausführlichste Nachricht über den

Kreuzberg finden wir in der umfänglichsten aller Reisebeschreibungen des Mittelalters, welche wir dem wackeren Felix Fabri , Lesemeister des Dominikaner klosters zu Ulm († 1502 ), verdanken ') . Nachdem 1) Vgl . über Fabri Escher in der Allg. Encykl . I , 40 , 2 , S. 13 f. bis 18o .

R. Röhricht , Deutsche Pilgerreisen ( 1889) , S. 177

um . Doch blieben einige Pilger bei mir *). - Wir acht stiegen nun von der Galee in die Barke hinab, 1) Fratris Felicis Fabri evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem , ed. C. D. Hassler. Vol . I.

Stuttg. 1843 (Bibl. d. Lit. Ver. , Bd . 2), S. 43 . 2) Evagatorium I, 171–7 .

3) Truchsess Johann v. Waldburg , Werner v. Zim mern u . s. w., als deren Begleiter Fabri reiste.

4) Zufällig finde ich in einer Schrift des 16. Jahrh. (s. Jahrb. f. d . Gesch d . Juden II , 12) den Wert von i marcello 2 bajocchi und 10 '/3 marcelli Silber := I ducatone venez . (letz terer galt 4,77 M.) angegeben.

5) Die Namen lasse ich als nebensächlich hier weg.

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern.

395

und ans Land gebracht besprachen wir uns über

Als wir nun den Gipfel erreicht hatten, warfen wir

unsere Fahrt. Es war aber spät , die Sonne war untergegangen und es dunkelte. Unser Diener und

uns vor der Kirche betend zu Boden , und setzten uns im Freien nieder, ehe wir die Kirche betraten,

Führer also führte uns so in der Dunkelheit nach

um Atem zu schöpfen , den Schweiss , dessen wir

einem Dorfe, welches Ornyka !) heisst, eine Meile

voll waren , abzuwischen und unsere Hitze zu kühlen.

vom Meere entfernt, und weckte dort einen Bauer,

Hierauf machte ich mich , wie es schicklich war,

den er zufällig kannte.

schneller fertig und betrat die Kirche , wo ich an der dort hängenden Glocke läutete, damit der Messner

Der Bauer brachte aber Brot , Wein und Käse und wir assen und tranken .

Wir mieteten auch in dem Dorfe acht Maultiere, käme. Sogleich kam ein des Lateinischen unkun

die bestiegen wir und ritten jubelnd dahin. In- diger Geistlicher und brachte uralte lateinische Bücher zwischen war der Mond aufgegangen , und erfreute uns mit seinem Licht; es waren nämlich unser

mit anderen Messgeräten . Nachdem Fabri nun Messe gelesen und an seine Gefährten eine Ansprache

acht auserwählte Genossen , das Wetter schön , das gehalten hatte, begab man sich zur Besichtigung des Land vortrefflich , der Weg gut, und dabei verbrei-

Kreuzes, das sich , wie aus dem folgenden hervor

teten die Gesträucher jenes Landes einen überaus

geht, in einem dunklen Raume befand. » Ich nahm

lieblichen Duft , da beinahe alle Kräuter der Insel hierauf eine brennende Kerze in die Hand und be wohlriechende von verschiedener Art sind , und begab mich an den Ort des Kreuzes, und meine Reise sonders zur Nachtzeit besser riechen , wenn sie vom Thau befeuchtet werden . Wir setzten aber unsere

gefährten folgten mir ; auch der Kapellan begleitete mich. Als wir aber an den Ort gekommen waren ,

Reise bis zum Aufgang des Morgensternes fort, und

öffnete der Kapellan, so dass wir das heilige Kreuz

kamen in ein Dorf, welches das Dorfdes heiligen

im Anblick vor

Kreuzes heisst , dort banden wir unsere Tiere an , zündeten ein Licht an , und meine Gefährten tranken ; ich aber betete die Matutin und enthielt mich , da

hinzu , küsste es, und betrachtete es sorgfältig vorne

uns hatten .

Ich trat also zuerst

und rückwärts. Dann traten auch meine Gefährten

heran und erwiesen ihre Ehrenbezeugung, wobei

ich mir vorgenommen hatte, auf dem heiligen Berge einer nach dem anderen es sorgfältig betrachtete. Wir legten uns auch etwas

Es ist ein ziemlich grosses Kreuz , an der Vorder

zur Ruhe und schliefen bis zum hellen Tage, neben unseren Tieren am Boden liegend . Als wir aufgestanden waren , baten wir jenen Griechen , vor dessen Haus wir geruht hatten , uns für ein gutes

seite mit vergoldetem Silberblech überzogen, auf der

die Messe zu lesen .

Frühstück zu sorgen , da wir nüchtern vom Berge zu ihm zurückkehren wollten .

Wir bestiegen also

>

Seite gegen die Mauer zu aber unbedeckt, von schönem und gesundem Holze , wie wenn es Cypressenholz wäre.

Nun erwähnt.Fabri ziemlich kurz die Grün

dung des Klosters durch Helena (er kennt auch den Namen des linken Schächers, Gesmas), und fügt hinzu ,

unsere Tiere und ritten weiter , den heiligen Berg vor Augen , vor dessen Höhe wir uns schier entsetzten . Am Fusse des Berges aber kamen wir in

nen von Grund aus zerstört und die Mönche vom

ein köstliches Thal, durch welches mitten durch ein

zerstreut wurden . Sodann ist die Lage oder Aufstellung

klares , süsses und munteres Wasser läuft, dessen

dieses Kreuzes an seinem Orte wunderbar. Es steht

Bett von den schönsten uns unbekannten Blumen und wohlriechenden Sträuchern voll war. Auch stan-

nämlich in einer undurchsichtigen Oeffnung 1), und beide Arme sind in Löcher in der Mauer eingelassen ,

den dort viele Bäume voll Karruben , welche die

der Fuss des Kreuzes aber in ein Loch im Boden .

Weltlichen Johannisbrot nennen . Durch dieses Thal stiegen wir in grosser Kühle hinan , da die Sonne,

Es sind jedoch die Löcher für die Arme und den Fuss unverhältnismässig gross, und doch berührt es nicht die Mauer, sondern ist frei und losgelöst von

obwohl sie durch ihre Strahlen schon die Berge im Umkreis erwärmte , uns dennoch im Thale noch nicht erreichen konnte.

Endlich kamen wir an den

Steilabhang des Berges , den wir nicht hinanreiten konnten ; deshalb banden wir die Tiere an Bäume

dass »das Kloster selbst längst von Türken und Saraze Orden des heiligen Benedikt , die Pfleger des Ortes,

jeder Berührung mit derselben ; und dies ist das Wunderbare, was von diesem Kreuze berichtet wird , dass es ohne Stütze in der Luft schwebt und trotz

dem so fest steht, als ob es mit den stärksten Nägeln und stiegen zu Fuss und mit grosser Mühe und angeheftet oder mit der Mauer verbunden wäre, was vielem Schweisse empor. Denn der Berg ist hoch jedoch nicht der Fall ist ; denn alle drei Löcher sind und hat eine steile Böschung, und soll in jeder Hin-

gross, so dass ein Mensch seine Hand hineinstecken

sicht dem Berge Thabor ?) im heiligen Lande ähn-

und sich durch die Berührung überzeugen kann, dass dort keine Verbindung ist , weder hinter noch

lich sein , auf welchem der Herr verklärt worden ist ; dies hörte ich von einem , der beide bestiegen .

über dem Kreuze.

Ich hätte das zwar noch sorg

fältiger untersuchen können , als ich gethan habe, aber ich fürchtete Gott, und durfte selbst nicht thun , >

1) Es ist dies die älteste Erwähnung von Larnaka bei einem Reiseschriftsteller , die mir bis jetzt bekannt ist ; früher findet sich der Name nur bei Macha eras. Vgl . meine Be

merkungen in Zeitschr. d. Ges. f. Erdk. 1890, S. 196, 237. 2) Mit dem Tabor wird der Kreuzberg auch sonst

glichen, s. o. Ludolf v. Sudheim (S. 380) .

ver

1) D. h . wohl in einer Mauernische.

Hassler

inter

pungiert zwar : Stat enim in fenestra, non perspicua ipsa crux ; aber perspicua kann doch wohl nur zu fenestra gehören.

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

396

um ein Wunder zu erproben oder Gott zu versuchen .

die Luft von übergrosser Hitze trübe und dunstig war , konnten wir das heilige Land nicht sehen, auch nicht die Berge von Armenien , Cappadocien,

Damit aber dieses Kreuz noch ehrwürdiger sei, hat

Coelesyrien und Galiläa , welche wir alle gesehen

was ich anderen verwies.

Denn ich habe diesen

Berg bestiegen , um das Kreuz zu verehren , nicht

hätten , wenn wir reine Luft gehabt hätten . Nach beigefügt«. Hierauf erörtert Fabri die Gründe, i diesem betraten wir die Kirche, verehrten und küssten warum Helena auf diesem Berge das Kreuz auf- das heilige Kreuz und stiegen dann eilig den Berg man ihm ein Stückchen vom wahren Kreuze Christi

gestellt habe ), und führt als ersten die Zerstörung

hinab bis zu unseren Tieren, ritten in das Dorf vom

heidnischer Kulte an . „ Denn auf diesem Berge stand

heiligen Kreuz, wo wir das Frühstück bereitet fan

ein Tempel der Venus , welcher auch die ganze

den, und assen unter Danksagung. Nunmehr konnten

Insel geweiht war « . Diesen Tempel zerstörte Helena und » änderte auch den Namen des Berges, welcher

wir aber nicht sogleich von dem Ort aufbrechen, da es sehr heiss geworden war und die Sonne wie

früher Y dolius genannt wurde, jetzt aber Berg des heiligen Kreuzes heisst «. Er fügt weiter bei , dass

Feuer brannte. Wir begaben uns also in eine Kirche

nach den Alten Perseus von hier zur Befreiung Andromedas, sowie zum Kampfe mit Gorgo ausgezogen sei , und bestätigt ferner den schon durch Wilbrand bezeugten Volksglauben von dämonischen Vorgängen bei dem Berge , indem er sagt :

in derselben nach dem Gebet ein wenig im Schatten zu ruhen . Während wir dort sassen , kam ein Geist

»An einer Stelle desselben ist ein Erdspalt ( hiatus), aus welchem man unter Austritt der Luft (agente spiritu ) Geräusch und Murmeln hervordringen hörte, und man sagte, dass dort der Eingang zur Unter-

der Griechen , welche nahe bei dem Hause war, um

licher und sagte zu uns in lateinischer Sprache : ,Was thut ihr hier in der griechischen Kirche ? Hier nahebei ist eine andere, lateinische Kirche von eurem

Ritus, in welcher ihr beten und ausruhen sollt“. Wir standen also auf und begaben uns mit ihm in die lateinische Kirche. Er brachte aber aus dem Archiv

welt sei , weshalb sich die Cyprier noch mehr vor derselben fürchteten , indem sie sahen , dass der Ein-

der Kirche einen Arm der heiligen Anna, der Mutter der seligen Jungfrau Maria , hervor , welcher ehr furchtsvollerweise in Silber gefasst war, ferner einen

gang dazu bei ihnen sei« . Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Anschauung auf die Wirkung

ähnlich in Silber gefassten Nagel , von dem er uns sagte, dass es einer der Nägel Christi sei, mit denen

eines der zahlreichen Erdbeben zurückgeht, welche

er ans Kreuz geheftet war. Diese Reliquien küssten

die Insel verheerten , wobei auch Begräbnisplätze

wir und berührten sie mit unseren Kleinodien . Ich

in Mitleidenschaft gezogen worden sein können erfuhr aber , dass jener Geistliche ein Mönch war, (vgl . unten ). Ob sich jetzt in der Nähe des was man freilich an seiner Tracht nicht erkennen Kreuzberges noch ein Erdspalt nachweisen lässt, konnte, da er ein Kleid aus Kamelott ( toga de

welcher zu der Sage vom Eingang zur Unterwelt

schamlotta ) 1) trug, und war beider Kirchen Pfarrer

Anlass gegeben haben könnte, ist mir nicht bekannt. Nachdem Fabri in seiner Betrachtung über die Stiftung Helenas noch bemerkt hat, dass man am Kreuzberge » bei reiner Luft das heilige Land (d . h .

( plebanus), der griechischen und der lateinischen, und richtete sich in allem nach dem beiderseitigen Ritus. Denn an den Sonntagen las er zuerst die Messe in der lateinischen Kirche und konsekrierte

natürlich den Libanon) erblicke« , fährt er fort: » Als (conficiebat) nach abendländischer Sitte in unge wir nun in der Kirche fertig waren , traten wir hinaus und betraten die Wohnung des Kapellans , in-

säuertem Brote. Nach Vollendung dieses Gottes dienstes pflegte er zur griechischen Kirche zu gehen

dem wir hofften, dort etwas zu unserer Stärkung

und nach morgenländischer Sitte in gesäuertem Brote

zu finden. Aber jene Wohnung war verlassen und

zu konsekrieren .

leer , und es fand sich dort weder frisches Wasser,

und ich hielt jenen Priester für einen Ketzer schlimm

noch Zwieback 2) ; auch konnte er mit uns nicht reden, da er ein reiner Grieche war ; lateinisch war deutsch und deutsch ihn barbarisch, italienisch arabisch und für tartarisch. So gingen wir ohne Tröstung hinaus und spazierten auf der Höhe des Berges, wobei wir die alten , festgefügten ( spissas) Mauerreste sahen , welche vom Venustempel übrig waren . Auch blickten wir in der ganzen Gegend umher und sahen

ster Art, der das Volk hier und dort verführte. Denn

Dies missfiel mir aufs äusserste,

jene beiden Riten sind unvereinbar in einer Person und vertragen sich kaum in demselben Gemein wesen , wegen ihrer Verschiedenheit in vielen wich

tigen Punkten . « Folgen noch einige Betrachtungen über die Unverträglichkeit des lateinischen und griechi schen Ritus, dann beschreibt Fabri seine Rückkehr

zur Salina: »Als nun die Sonnenhitze nachgelassen

weithin über die Insel und das Meer. Aber weil | hatte , bestiegen wir nachmittags unsere Tiere und ritten gegen das Meer hinab zur Kirche des heiligen 1) Fabri , wie auch Wilbrand (S. 366) scheinen von der wunderbaren Versetzung des Kreuzes auf den Berg, von welcher Machaeras berichtet, nichts gewusst zu haben . 2) Paximacius. Fabri erklärt dieses Wort selbst treffend in seiner Hist. Suev. c. 8 : » non solum

usualem panem

sed paximacios vel bis coctos pro cibo marino vel bellico etc. « (Ducange s. v.).

Lazarus ?), welche an der Meeresküste steht ; unsere 1) Cypern war damals ein Mittelpunkt der Kamelottindu strie ; s . die Nachweise bei Heyd , Gesch. d . Levantehandels II , 693 ff.

2) Noch jetzt die Hauptkirche der Marina von Larnaka.

Geographische Mitteilungen .

Galee aber lag gegenüber weit draussen im Meere. Dort übergaben wir die Tiere ihren Eigentümern .

Es war aber an der Küste grosser Markt und ein Zusammenlauf vieler Menschen wegen unserer Galee, aus welcher unsere Schiffsleute Waren hervorbrach-

ten und mit den Cyprioten handelten. So geschah es an jedem Ort, wo wir landeten. Und nachdem wir den Markt besichtigt hatten , kehrten wir auf unsere Galee zurück zu den Herren und unseren

Mitbrüdern, die ärgerlich waren und murrten , weil der Patron noch nicht gekommen war , und sich an diesem Tage überaus gelangweilt hatten , und alle Pilger versammelten sich um uns, um zu hören , was wir gesehen hätten. Als sie solches vernommen , priesen sie uns glücklich, und bedauerten, nicht mit uns gegangen zu sein . «

Nur kurz erwähnt das Kreuz des rechten Schächers » auff dem

allerhöchsten Berg« der

Insel Fabris Reisegefährte, Bernhard von Breitenbach ?) , ebenso der Kartläuserprior Georg von

Gaming ) ( 1508) : » In conspectu Salaminae ) est mons quidam altissimus aut editissimus est enim ibi crux quaedam lignea ad formam et quantitatem crucis Dominicae formata etc. « Ausführlichere Mitteilungen finden wir dann wieder bei dem

kurfürstlich sächsischen Kämmerer Bernhard

397

uns durch folgende Bemerkung von Interesse : „Es waren auch auff dem Berg , da wir waren , viel starcke un dicke mauren hin und wider, als ob vor

zeyten ein Schloss da gestanden were , darbey wir wol gesehen , das ein fürtreffentlich Ding allda ge wesen ist , dann auch da von alter her ein Kloster gestanden ist, bey der Kirchen , das ganz die Sara cenen vor vil jharen zerstöhrt« . Man könnte glauben , dass es sich hier um die von Fabri (s. o. S. 396 a ) erwähnten Reste eines angeblichen Venustempels handle; indes belehrt uns der kurze , aber wichtige Bericht des Pfalzgrafen Ottheinrich ( 1521 ), dessen Reiseaufzeichnungen nach dem Tagebuch im k . bayer.

Hausarchiv R. Röhricht herausgegeben hat '), dass damals auf dem Kreuzberg eine Kapelle an Stelle einer durch Erdbeben zerstörten grösseren Kirche

stand, deren Ruinen offenbar Tschudi a. aa. O. im Auge bat. Ganz im Gegensatz zu den sonstigen Uebertreibungen von der Schwierigkeit und Gefähr lichkeit des Anstieges, bestieg der Pfalzgraf, wie er sagt, » ungefehrlich denn hechsten berg diesser Insel, genant der Creutzberg, darauff an dem höchsten ort

steet ein Capell, ist etwann ein gross schön Kirch gewessen , ist durch Erdbodem zerstöret. Kirch

In diesse

bat Sanct Helena des rechten Schächers

Creutz sambt ein Stücklin dess heyligen † bracht,

von Hirschfeld 4 ) ( 1517), nach welchem der Berg dass wir sahen , unndt blieben in diesser Cappellen »einer meyl weges hoch « ist und »der allerhöchste

bey einer Grichischen unndt einer Lateinischen Rö

Bergk in der Inssell sein soll« ; die Stiftung des

mischen ordtnung Meessa .

(Schluss folgt.)

Kreuzes durch Helena bringt er wie Machaeras mit

der langjährigen Dürre in Verbindung (s. o. S. 382). Hatten wir bisher den Kreuzberg nur als einen » sehr hohen « bezw. » den höchsten Berg « der Insel

Geographische Mitteilungen . (Küster.) Nach einem Telegramme des Reichs

kommissars von Togoland, Grafen Pfeil , an das Aus

kennen gelernt, so wächst seine fabelhafte Höhe

wärtige Amt ist dort der junge deutsche Geograph

noch im 16. Jahrhundert. Der französische Rechts-

Dr. E. Küster in Akroso am 24. April einem Fieber anfall erlegen. Dr. Küster war ein sehr hoffnungs

gelehrte Barthélemy de Salignac5) ( 1518 ?) ver voller junger Gelehrter, der seine Studien in Marburg sichert, der mons Crucis sei , allerdings » ut incolae asserunt, omnibus terrae montibus altior «, auch » accessu difficilis« . Ueber das Kreuz findet sich bei

unter Prof. Fischers Leitung gemacht, dort die Staats prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte und auf Grund einer von ihm gelösten geographischen Preis

ihm die Variante, dass es ursprünglich für Christus aufgabe (»Ueber die deutschen Buntsandsteingebiete «) bestimmt , aber beim Auflegen des Körpers als zu

klein befunden worden sei (!) , auch führt er ein

promoviert worden war. Nachdem er zu dem Ent schlusse gekommen war , sich später in Marburg der akademischen Lehrthätigkeit zu widmen , setzte er seine

Beispiel einer durch die Wunderkraft des Kreuzes geheilten vornehmen Dame an . Der Schweizer Lud- Studien in Berlin unter F. v. Richthofen fort und wig Tschudi “) ( 1519) , welcher den Kreuzberg bereitete sich auf eine Forschungsreise in Marokko vor. für den Olymp gehalten zu haben scheint ?) , ist Da sich der Ausführung derselben Schwierigkeiten ent gegenstellten , so nahm er es überaus freudig auf, als 1) Im » Reyssbuch des heyligen Landes « (Frankfurt 1584) Fol. 56 verso .

2) Georg .Gemnic.ephem . in B.Pez , Thes. anecd. III 3 col. 614. 3) Vielmehr Salinae, d. i, die spätere Marina von Larnaka , auch sonst mit Salamis verwechselt, s. Ztschr. Ges. Erdk. 1890, S. 195 , A. 4 .

) Wallfahrt zum heiligen Grabe, herausg . v. A. v. Minck witz in Mitteil . d . deutsch . Ges. z . Erforsch. vaterl . Sprache u. Altert . in Leipz ., I ( 1856), S. 88 .

er auf eine Empfehlung von Prof. Fischer hin vom Auswärtigen Amte nach Togoland geschickt wurde , um von der Station Bismarckburg aus der Erforschung

des Landes obzuliegen.

Im Oktober 1891 dort an

gekommen , wurde er zunächst der deutsch - englischen Kommission zugeteilt, die dort mit der Regelung der Grenze beschäftigt ist. Es fielen ihm die topographi schen und astronomischen Arbeiten zu , mit denen sich

5) Itinerarium Hierosol . IV, 4 (Magdeburg 1587).

vertraut zu machen ihm nicht schwer fiel , da er als

6) Reyss und Bilgerfahrt zum Heyligen Grab , Rorschach

tüchtiger Mathematiker ein Jahr lang Privatassistent des

1606, S. 348 f.

*) Nach S. 94 kommt der Zufluss des Salzsees bei Larnaka » vom Berg Olympo herab, welcher Berg noch den alten Namen behalt . «

verstorbenen Prof. Benno Klein in Marburg gewesen 1) Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande, herausg. v. R. Röhricht u. H. Meisner ( 1880), S. 382 .

Litteratur .

398

war. Seine Briefe zeugten von dem grossen Eifer, mit dem er sich seiner Aufgabe widmete , und von seiner

welche amerikanische Gelehrte an den alten Strandlinien des Great Bassin (im westlichen Nordamerika ) angestellt

Noch am 22. März schrieb

haben , sprechen dafür, dass mehrfach , in den Alpen

er an Prof. Fischer einen langen, inhaltsreichen Brief

dreimal, die Gletscher eine über ihren gewöhnlichen Stand weit hinausgehende Vergrösserung erfuhren , um sich alsdann wieder in der Interglacialperiode zurückzu

guten Beobachtungsgabe. aus Peki im

besten Wohlsein.

Um so schmerzlicher

traf die bald darauf folgende Nachricht von seinem scheinbar plötzlich eingetretenen Tode, denn nach dem 22. März hat er , offenbar mit der Kommission , längs der Volta noch einen etwa 150 km langen Weg landeinwärts bis Akroso zurückgelegt. – Ausser der oben crwähnten grösseren Arbeit hat Dr. Küster noch mehrere kleine Aufsätze, über Volksdichtekarten z. B., und Kritiken, meist im Ausland « , veröffentlicht; die Vorstudien zu seiner marokkanischen Reise dürſten auch wissen-

zichen. (Himmel und Erde, IV . Jahrgang, 1. , 2. und 3. Heſt.) (Neue magnetische Aufnahme Oesterreichs .)

Der vorliegende dritte Bericht über die Vornahme geo

magnetischer Messungen im Kaiserstaate erstreckt sich der Zeit nach auf das Jahr 1891, territorial auf die Kronländer Galizien ( 19 Stationen ) und Bukowina ( 3 Stationen ). Liznar, der mit der mühsamen Arbeit betraut ist , richtete es so ein , dass er fast an jedem

schaftlich Wertvolles enthalten . Seine Freunde in Mar-

dieser Orte 2 mal die Zeit, 2 mal das Azimut, s mal die

burg und Berlin beklagen den wegen seiner Biederkeit

Deklination , 10 mal die Inklination und Horizontal

und der Geradheit seines Charakters, wegen seiner

intensität bestimmte. Leider liess es sich nicht machen,

warmen Vaterlandsliebe allgemein beliebten jungen

die Beobachtungsplätze mit denen , welche Kreil vor

Forscher aufs tiefste. (Nach einer Mitteilung von Prof. Theob. Fischer in Marburg i . H.)

40-50 Jahren für seine Beobachtungen gewählt hatte, in völligen Einklang zu bringen ; im Interesse der Aus mittelung lokaler Unregelmässigkeiten , wie sie in dei

( Interglacialzeiten .) Für die Lehre, dass die Eiszeit keine einheitliche, sondern cinc durch längere Zeiträume

Karpathenregion als sicher angenommen werden dürfen ,

wie er in den seitdem verflossenen zehn Jahren den Gegenstand nicht aus den Augen liess , so ist er un-

wäre eine solche Uebereinstimmung recht wünschens wert gewesen , aber es stellte sich überhaupt heraus, dass Kreils Bestimmungen nicht so scharf waren , wie man glaubte und wie es auch bei dem damaligen Zu stande der Technik wohl erreichbar gewesen sein möchte . Immerhin ist durch die Vergleichung von

längst wieder in einer umfänglicheren Darlegung darauf

Liznar bereits die beachtenswerte Thatsache ermittelt

zurückgekommen und hat namentlich die sozusagen klassische Oertlichkeit , welche der erwähnten Theorie zu einer der hauptsächlichsten Stützen dient, genau gekennzeichnet. Es ist die nördlich von Inns-

worden, dass im östlichen Galizien ein Störungscentrum von ziemlicher Intensität existiert ; während zwischen

vonmehrnormalem klimatischem Charakter unterbrochene gewesen sei , hat A. Penck bereits in seinem wohl

bekannten Werke ( Die Vergletscherung der Deutschen

Alpen , Leipzig 1882) triſtige Belege beigebracht, und

bruck, dieser Stadt sehr nahe gelegene Höttinger Breccie.

Wieliczka und Przemysl auf einen Längenunterschied von 2 ° 42 ' eine Deklinationsänderung von 1 ° 56 ' (2 ° 8 ' nach Kreil) entfällt, weist die letztgenannte Stadt gegen 0

Ueber dem Abhange des Mittelgebirges,

Czernowitz, das doch um 3 ° 10 ' östlicher gelegen ist,

welches als eine alte Thalterrasse des Innstromes auf-

nur den minimalen Deklinationsunterschied von 0 ° 18 '

zufassen ist , breitet sich eine Ablagerung von fest mit

auf. Hier muss also der Erdmagnetismus durch eine

einander verkitteten Trümmern aus ; dieselbe wird von Moränen überdeckt und liegt selbst auf Moränen , so

in der Lithosphäre befindliche Kraft teilweise paralysiert werden . ( Sitzungsber. d . kais. Akad . d . Wissensch , in Wien , Mathem.-Naturw . Klasse , Bd. C , Abteil . II , a.)

dass also notwendig vermutet werden muss, erstere seien jünger und letztere älter als die zwischen ihnen eingelagerte Schutthalde. Die Breccie ist mithin inter

glacial , und ihre bedeutende Mächtigkeit spricht dafür,

Litteratur.

dass der Zeitraum zwischen den zwei konsekutiven Vergletscherungsperioden kein sehr kurzer gewesen

Daniel G. Brinton , Studies in South American

sein kann.

Die Breccie enthält auch fossile Pflanzen, die man zuerst für tertiär hielt, die aber, neueren Untersuchungen

v. Ettingshausens und v. Wettsteins zufolge , ein entschieden diluviales Gepräge tragen, und zwar ge hören diese Pflanzen, von denen man bisher an so Arten zu unterscheiden vermochte , nicht jenen Gattungen an , welche gegenwärtig in Nordtirol heimisch sind, sondern

Native Languages. From Mss. and rare printed sources . Philadelphia, 1892. 8 °. 67 11. 20 pag . (Separat abdruck aus den Proceedings of the American Philosophical Society . Vol . XXX .) Die Sprachen keines Teiles der Erde sind weniger bekannt, als jene Südamerikas. Nur allmählich und langsam sind die Be mühungen der Reisenden und Sprachforscher im stande , das über

diesem Erdteile lagernde Dunkel zu erhellen . Erst in der neuesten Zeit ist es gelungen, grössere und weit verbreitete Sprachstämme auf dem Boden Südamerikas nachzuweisen , so z . B. den kara

sie stimmen mit solchen überein , welche man in der

ibischen , den arowak -maypurischen , den Pano -Sprachstamm .

Umgebung des Schwarzen Meeres findet. Es muss also damals , als jene Vegetation gedieh , sehr warm im Innthale gewesen sein , die Interglacialzeit hatte alle klimatischen Spuren der Eisepoche, auf welche

Manche der Sprachen müssen mangels der Kenntnis näherer Verwandten für isoliert gelten , von manchen Sprachen haben wir ausser dem Nainen der sie redenden Stämme keine nähere Kunde.

Es ist daher eine Arbeit , für die dem Prof. Brinton

sie folgte, abgestreift, ja noch mehr, die alpine Ver-

nicht genug gedankt werden kann , welche in dem oben ange

gletscherung kann dortselbst nicht cinmal den Umfang von heute besessen , sie muss sich auf die höchsten Gebirgspartien beschränkt haben . Uebrigens ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bloss eine einmalige Interglacialzeit vorhanden , sondern die in den Ostalpen erhaltenen Auſschlüsse wie diejenigen Beobachtungen,

führten Büchlein vorliegt . Der Verfasser teilt darin aus Manu skripten teils europäischer, teils amerikanischer Bibliotheken und

seltenen Büchern Aufzeichnungen über mehrere südamerikanische Sprachen mit , welche bisher entweder gar nicht oder bloss

mangelhaft bekannt geworden waren. Der erste Abschnitt umfasst eine Skizze der Tacana-Sprache, deren verschiedene Dialekte am östlichen Abhange der Cordil.

Litteratur.

leren , an den Wasserläufen des Flusses Beni und an dessen bei

den Ufern zwischen dem 12. und 15.0 s. Br. gesprochen werden. Der Verfasser fügt dabei den bereits als zur Tacana-Gruppe ge hörend erkannten Stämmen die Namen einer Reihe von Völkern bei, die grösstenteils auf onas ausgehen , was in der Tacana Sprache » Fluss « (manu) bedeutet. Die Sprache wurde einer seits durch das Aymara, andererseits durch das Pano influenciert, indem sie Wörter aus diesen Sprachen auſnahm ; sie weicht aber

399

welche Frage bekanntlich durch Max Uhle mit dem Nachweise des Zusammenhanges der Chibcha -Sprache mit den Idiomen Costa

Ricas der Grund gelegt worden ist . Brinton verwirft die An sicht von A. Ernst in Caracas , welcher die Sprache der Ti

motes (in den Cordilleren , im Distrikt von Merida wohnend ) mit den Idiomen Costa Ricas und dem Chibcha in Verbindung bringt , da die Beweise dafür hinfällig sind , weist aber dafür

einen Zusammenhang der Sprachen Costa Ricas mit der Sprache

von ihnen ganz ab und ist als ein selbständiges Idiom zu be

der Mazateken im Staate von Oaxaca in Mexiko nach .

trachten. Interessant sind die Zahlenausdrücke. Eins und zwei zeigen eine Aehnlichkeit mit den Pano-Ausdrücken ; sechs, sieben und acht sind dem Spanischen, die übrigen Zahlenausdrücke dem Aymara entlehnt. Der zweite Abschnitt handelt über die Sprache der Jivaros. Der Stamm der Jivaros findet sich am östlichen Abhange der Cordilleren , an den Quellen der Flüsse Paute, Morona, Santiago und anderen Zutlüssen des Marañon , zwischen 20 und 4 ° 30 '

letztere Sprache gehört ihrem Grundstocke nach zum chiapa

Die

nekischen Sprachkreise, ist aber mit Elementen des Guaymi, eines Idioms Costa Ricas, stark infiltriert. Der zehnte Abschnitt handelt über die Sprache der Be

toyas. Vater hatte behauptet, die Sprache der Betoi am Rio Casanare sei mit der Sprache der Yaruros so verwandt wie das Französische mit dem Italienischen und Spanischen.

Dies hat

sich als ganz unrichtig herausgestellt, und man hat daraufhin

s. Br. Ueber diese Sprache war bisher absolut nichts Näheres bekannt , daher ist die aus den beiden Manuskripten des British

das Betoi für ein isoliertes Idiom gehalten . Brinton weist nun nach , dass diese Sprache über ein ziemlich grosses Gebiet an

Museum , einem Vokabular und einer Graminatık der Lengua

den Flüssen Napo, Putumayo, Coqueta, Vaupe, Negro, Meta und Apure verbreitet war und dass auch die Sprache der Tucanos am Rio Negro und oberen Amazonas dazu gehört , welche man

Chebera geschöpfte Skizze besonders dankenswert.

Aeusserst

interessant ist das alte Zahlensystem der Jivaros. Man zählte bis fünf = einer Hand und ging dann vom Daumen aus auf die zweite Hand über . In dem jetzigen Zahlensystem sind die Zahlen von sechs an dem

Ketschua entlehnt.

Der dritte Abschnitt handelt über die Cholona -Sprache, ein Idiom , das bisher ganz unbekannt war und wahrscheinlich als isoliert zu betrachten ist .

Die Cholonas wohnen am linken

Ufer des Huallaga zwischen 8 ° und 9 ° 30' s. Br.

Der vierte Abschnitt umfasst die Leca-Sprache am Flusse

entweder gar nicht unterzubringen wusste oder irrtümlicherweise dem Tapuya beizählte. Der 20 Seiten umfassende Anhang bringt » Observations on the Chinantec Language of Mexico ; and on the Mazatec Lan

guages and its affinities « . Die letztere Abhandlung ist eine weitere Ausführung des oben im neunten Abschnitte berührten Themas, wobei nach handschriftlichen Quellen die Skizze einer Gram matik , Vokabularien und Texte gegeben werden ; in der ersteren

Beni . Diese Sprache wurde früher irrtümlich von d’Orbigny

Abhandlung finden sich Mitteilungen über die wahrscheinlich

und Brinton selbst der Tacana-Gruppe zugezählt.

isoliert dastehende Sprache der Chinanteken, welche in den ge birgigen Teilen des östlichen Teiles des mexikanischen Staates

Brinton

berichtigt nun seinen Irrtum nach Weddells Voyage dans le Nord de la Bolivie (Paris 1859) und hält die Leca-Sprache für ein isoliertes Idiom. Der fünfte Abschnitt bringt Texte der Sprache der Manaos, eines am

unteren Rio Negro wohnenden Stammes , der zur

arowak -maypurischen Familie zu rechnen ist. Im sechsten Abschnitt wird über die Sprache der nun aus

gestorbenen Bonari (am Flusse Uatuma, einem Nebenflusse des Amazonas) gehandelt, welche als ein karaibischer Dialekt sich erweist .

Der siebente Abschnitt ist eine instruktive Untersuchung der Dialekte Patagoniens nach den verschiedenen Berichterstattern. Im achten Abschnitt bringt der Verfasser die Frage über

die Dialekte der Ketschua-Sprache zur Erörterung. Wie man weiss, wurde das Ketschua, die officielle Sprache des alten Inka Reiches , vom Rio Ancasmayu in Ecuador bis zum Rio Maule in Chili ( von 3 ° n . Br. bis 35 ° s. Br.) gesprochen. Sie zerfiel

Oaxaca wohnten .

Pimentel hat in seinem Cuadro descriptivo

y comparativo de las leaguas indigenas de Mexico diese Sprache nicht verzeichnet, und darum müssen wir dem Verfasser für die wenn auch kurzen Mitteilungen über dieselbe besonders dank bar sein . Wien .

Friedrich Müller.

H. Kiepert , Carte générale des provinces Euro péennes et Asiatiques de l'Empire Ottoman . Deuxième édition. Reimer. 1892 .

4. Bl .

1 : 3000000.

Berlin ,

Dietrich

Die Ergebnisse einer Anzahl neuerer Reisen und insbesondere die neuen Hilfsmittel, welche Kiepert anlässlich seiner Karte des westlichen Kleinasien gewann , haben das Kartenbild so be 1

deutend ergänzt und verändert, dass der Verfasser mit Recht auch seine Uebersichtskarte der Türkei mit Ausschluss

infolge dieser weiten Verbreitung in Dialekte, von denen der inn

Arabiens und der afrikanischen Vasallenländer einer Neubearbeitung für bedürftig erachtete. Diese Uinarbeitung stellt

vorigen Jahrhundert in Peru lebende Jesuit Pater Camaño , der Verfasser einer bisher nicht gedruckten Ketschua -Grammatik , fünf

zugleich die 4. Auflage seiner älteren » Carte générale de l'Em pire Ottoman en Europe et en Asie « dar. Konnte man Kie

angibt, nämlich i . das Chinchasuyo, die Sprache der Diöcese von Lima, 2. clas Lamano , die Sprache der Diöcese von Truxillo, 3. das Quiteño , die Sprache von Quito , 4. das Calchaqui oder Tucumano, die Sprache der Provinz Tucuman , 5. das Cuzcuano,

perts letzte grosse Kartenwerke über die asiatische Türkei und Kleinasien als wissenschaftliche Forschungen ersten Ranges be zeichnen , so dient die vorliegende Karte, welche die daraus ab geleiteten allgemeinen Resultate veranschaulicht, in erster Linie

die Sprache von Cuzco , jene Sprache, die wir vorwiegend als

praktischen Zwecken. Sie soll als Uebersichtskarte dienen

Mustersprache aus den Werken der Missionare und dem Drama Ollanta kennen gelernt haben . Von diesen Dialekten wurde jener von Tucuman , der jetzt ganz ausgestorben ist , von J. v.

und lässt infolge ihrer zweckmässigen Ausrüstung zugleich die

Tschudi mit dem gegenwärtigen Atacameño , der sog. Lengua

Verwendung als Wandkarte zu wofür allerdings die Zeich nung kaum derb genug ist . Sie ist ferner von einem 40 Seiten starken alphabetischen Index begleitet und ermöglicht es

Cunza, für identisch gehalten , da der genannte Reisende die Be wohner der Wüste Atacama als ſüchtige Calchaquis betrachtete.

infolge ihrer Einteilung in (mit Buchstaben und Ziffern bezeich nete) Gradtrapeze , alle wichtigen Orte oder geographischen

Florentino Ameghino hält das Calchaqui für einen Dia lekt des Aymara, H. v. Ihering für ein vom Ketschura und Aymara ganz verschiedenes Idiom und Lafone Quevedo für eine aus dem Ketschua , dem Guarani und dem Abiponischen zusammengeschweisste Mischsprache. Brinton weist nun nach,

Objekte sofort auſzufinden . Da bei der Auswahl der aufzu . nehmenden Namen keineswegs engherzig vorgegangen wurde, so wird wenigstens der asiatische Teil der Karte den Bedürfnissen eines weiteren Publikums mehr als genügen während aller dings für Gebiete wie Griechenland selbst der einfache Zeitungs

dass das Calchaqui wirklich ein Ketschua -Dialekt war , der in der jetzigen Sprache Tucumans seine Spuren zurückgelassen hat. Der neunte Abschnitt behandelt die Frage des Zusammen

ziehen müssen .

hanges der Sprachen Südamerikas mit jenen Nordamerikas, für

leser gelegentlich eine Karte grösseren Maasstabes wird zu Rate Obwohl die Karte wesentlich topographisch

politische Zwecke verfolgt und daher die administrative Einteilung der Türkei, sowie die Staatsgrenzen besonders augenfällig be

Litteratur.

400

zeichnet sind, so treten doch die grossen Züge der Bodenplastik deutlich hervor . Die Gebirge sind in Schraſſenmanier braun gezeichnet, während die dünnen schwarzen Flusslinien sich aller dings nicht immer deutlich genug von Strassen und Verkehrs linien abheben . In Bezug auf die letzteren ist für den Prak

tiker besonders die Einzeichnung der kleinasiatischen Bahnen und der in Ausführung begriffenen Projekte hervorzuheben. Mit vollem Recht bricht diese Uebersichtskarte nicht init den Grenzen der Türkei ab , sondern erstreckt sich soweit, dass

dem Benutzer keine wichtige Beziehung zu den Nachbarland schaften unklar bleiben kann . Sie gewährt uns z . B. vollen Ein blick in die Umwallung und den Aufbau des westlichen Iran

und indem sie die Gesamtküsten des Kaspischen Sees und des Schwarzen Meeres, sowie der Adria , ferner Kaukasien und Süd

russland bis Kiew (Kiepert schreibt » Kiyev « ) gegen Norden , ganz Ungarn und einen grossen Teil Italiens umfasst, ferner nach Süden bis zur Spitze der Sinai-Halbinsel reicht, vermag sie die

sich tiber irgend eine in sein Arbeitsgebiet einschlagende, dem Gedächtnis aber augenblicklich entschwundene Frage zu belehren .

Und bei dem Werke, welches uns zu dieser Betrachtung anregte, wird er auch stets finden, was er sucht.

Gerade die geographischen Artikel der beiden uns vorliegenden ersten Bände sind dazu geeignet, einen vortrefflichen Eindruck hervorzurufen . Wir nennen nur die folgenden : Afgha

nistan, Afrika, Aegypten, Alexandria, Algerien, Alpen mit Appen dices (Alpenpflanzen , Alpenstrassen u. s. w.) , Amerika, Annam , Antillen , Armillarsphäre, Asien, Atlantischer Ozean , Atmosphäre, Australien, Baden , Bahia, Balkan, Bayern, Belgien, Berlin, Bihar gebirge. Sowohl nach der naturwissenschaftlichen wie nach der

historisch -statistischen Seite hin wird die Darstellung allen An forderungen entsprechend befunden werden , welche überhaupt an solche kleine Monographien gestellt werden können , und hin sichtlich des Zahlenmateriales scheinen , soweit Stichproben ein Urteil ermöglichen, die neuesten und zuverlässigsten Quellen be

wichtigsten Handelswege nach und durch die Türkei dem Auge

nützt

zu veranschaulichen . Die Nomenklatur bringt einiges Ungewohnte. So .er scheinen die Namen Svischtov , Roussé , Djourdjou , Silistra für

vollständig, und die ethnographischen Bilder in diese ersten Bände fallen, weil das Alphabet es so fordert, die Völkertypen aller Kontinente ausser Europa

die dem Laien nur unter den Namen Sistova , Rustschuk, Giur

mit sachlicher Treue ausgeführt . Als einen besonders empfehlens

gewo und Silistria bekannten Donaustädte. Auch die Bezeich nung »M. Schar « für den Schar Dagh und ähnliches dürfte sich

graphien auch verdiente Geographen selbst dann noch zu ihrer

zu sein.

Die beigegebenen Karten erfüllen ihren Zweck

sind künstlerisch schön und

werten Umstand heben wir endlich den hervor, dass in den Bio

trotz des am Kartenrande gegebenen Synonymenverzeichnisses in

Fhre gelangen, wenn sie noch nicht von dieser Erde abgerufen

einem für weitere Kreise bestimmten Werke nicht empfehlen . Befremdend erscheinen endlich die ungarischen , kroatischen u . S. w. Namen in der von Kiepert auch diesmal angewendeten wesent

sind . Lebensabrisse von Anghiera , Antinori , Avé-Lalle mend , v. Baeyer, Bastian u. v. a. wird man nicht überall antreffen .

lich französischen Transskription umsomehr, als dieselbe nicht einmal durchgehends angewendet ist. Wir finden so neben ein

seine volle Zufriedenheit mit diesem guten alten Bekannten in

Alles in allem hat mithin gerade der Geograph Ursache,

ander Namen wie Ketchkemet, Czegled , Mischkoltz , Szolnok ,

neuer Gestalt auszusprechen. Wir werden uns freuen , an den

Debretzin .

folgenden Bänden die gleichen Eigenschaften wiedererkennen zu

Diese Bemerkungen beziehen sich indes, wie alles , was

können.

an diesen Blättern noch etwa ausgestellt werden könnte, durchaus auf Nebensächliches . Die Hauptsache bei einem Karten werke , die unbedingte Verlässlichkeit , ist hier erreicht, so weit dies irgend möglich ist . Selbst bei dieser Uebersichts karte sucht der Verfasser, wie er es sonst gewohnt ist , Un . sicheres als solches erkenntlich zu inachen und den falschen Schein der Genauigkeit für zweifelhafte Angaben zu vermeiden . Daher sind die Höhen nur in Dekametern gegeben und schätzungsweise Angaben in Klammern gesetzt . Die Karte stellt , wie man wohl sagen darf, einen kom . pendiösen und knappen Auszug aus Arbeiten dar, die Heinrich

Die Entscheidungskämpfe im chilenischen Bürger kriege 1891. Nach den aintlichen Berichten mit einem ein begleitenden Vorworte. Wien 1892. Verlagsanstalt »Reichs

Kiepert durch Jahrzehnte beschäftigt haben . Kartenwerke solcher

ginalmeldungen und wörtlich mitgeteilten Befehlen beruhende

Art , seine zahlreichen Hand- und Schulkarten aber sind es ge rade gewesen , die den Namen des Verfassers zu einem der be

Darstellung des blutigen Kampfes empfehlend hinweisen . Eine kurze geographische Einleitung geht der Schilderung zuvor ; eine

kanntesten in Deutschland gemacht haben, während seine eigent

Karte wäre freilich noch erwünschter.

liche wissenschaftliche Lebensarbeit noch immer nicht bei allen

Der Tourist in der Schweiz und dem angrenzenden

sonst

Fachgenossen die verdiente Anerkennung findet.

So kann man

wehr « . XIV . 98 S. kl . 8º. Das Interesse, welches dieses Schriftchen zu erwecken wohl

geeignet scheint, ist mehr ein zeitgeschichtliches als ein geo graphisches. Doch kann auch diese Zeitschrift, nachdem durch den letzten Aufstand die politischen Verhältnisse des für uns Deutsche wohl am meisten sympathischen südamerikanischen Freistaates eine grundstürzende Umgestaltung erfahren haben ,

bereitwillig auf die anscheinend sehr zuverlässige, weil auf Ori

Karte, die den Bedürfnissen weiter Kreise entgegenkommt, eine

Süddeutschland, Oberitalien und Savoyen . Reise taschenbuch von Iwan v. Tschudi. Zweiunddreissigste, neu bearbeitete Auflage. Mit vielen Karten , Gebirgsprofilen und

wollverdiente freundliche Auſnahme und Verbreitung finden wird .

Stadtplänen.

auch daran nicht zweifeln , dass diese bequeme und zuverlässige Wien .

Rob . Sieger.

Brockhaus' Konversationslexikon . Vierzehnte, voll ständig umgearbeitete Auflage.

In 16 Bänden. F. A. Brock

haus in Leipzig, Berlin und Wien. Erster Band ( A bis Astra bad ). 1020 S. Zweiter Band (Astrachan bis Bilk ). 1020 S. gr. 89.

Fissli.

Zürich 1892.

XXXIV.

660 S.

Verlag des Art . Instituts Orell kl . 8º.

An einer 32. Auflage eines von wohlbewährter Hand ge schriebenen Buches eingehende kritik üben zu wollen , wäre eine

Ein solches Werk spricht für sich selbst. Nur das möchte der Berichterstatter bezeugen, dass der Bearbeiter dieser ncuen Ausgabe seine PAicht nicht leicht ge

sehr undankbare Aufgabe.

sationslexikons-Gelehrsamkeite sind in unseren Tagen geschwun

nominen , sondern sich redlich bemüht hat, das Buch in jeder Hinsichi zeiigemäss auszugestalten . Soweit eigenes Urteil zu

den. Sie mochten vor 60 Jahren noch einen kleinen Kern von

diesem Ausspruche berechtigt, sind die Angaben durchaus kor

Die sehr unberechtigten Vorurteile gegen die »Konver Berechtigung haben, da ein gewisses polyhistorisches Wissen da mals noch nicht zu den vollen Unmöglichkeiten gehörte; gegen wärtig würde uns selbst der leise Tadel, den A. v . Humboldt

gegen den jungen Agassiz richtete (vgl . Bruhns' Humboldt Biographie, 2. Band, S. 211 ), unverständlich vorkommen . Denn diese Sammelwerke des thatsächlich -modernen Wissens sind nicht nur für den nach allgemeiner Bildung Strebenden unentbehrliclı, sondern nachdem sich die Sitte eingebürgert hat, den ungeheuren Stoff unter lauter tüchtige Fachmänner zu verteilen, nimmt auch der Gelehrte gern einen der stattlichen Bände zur Iland , um

rekt , das Buch und seine Karten , die Panoramen nicht zu ver

gessen , ein treuer Begleiter des Reisenden . Auch der Druck mit seinen zalıllosen Eigennamen lässt kaum etwas zu wünschen übrig ; höchstens den italienischen Worten (veccio , antechita u . s. w .) wird die nächste Auflage noch einige Aufmerksamkeit zuzuwenden haben .

S , Günther.

Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .

Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.

DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von

SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 26.

Stuttgart, 25. Juni 1892.

Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro

Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des MDCXL

In- und Auslandes und die Postämter.

Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.

Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.

Inhalt : 1. Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie. Von J. Partsch (Breslau). 1. S. 401 . 2. Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch-Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Schluss.) S. 403. 3. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. Von Eugen Oberhummer (München). (Schluss.) S. 407 . 4. Eine Eisenbahn durch die Sahara. Von Adolf Fleischmann (München). S. 410. 5. Geographische Mit teilungen. (H. Hoffmann ; Zur Aitowschen Projektion .) S. 413. – 6. Litteratur. (Schuler ; Beiträge zur Namenverbesserung der Karten des Deutschen Reiches . )

S. 414 .

Die Entwickelung der historischen Länder kunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie . 1) Von J. Partsch (Breslau) . I.

der Biographie den Text an Umfang übertreffen . In einer Anmerkung ( 17 , 6, mit etlichen 70 Nach weisungen) ist die Arbeit eines Tages niedergelegt ! Wer es sich mit Quellenangaben so redlich sauer werden lässt, hat wohl ein Recht zu fragen , worauf sich obiges Kompliment gründet. Es knüpft sich

Vor Jahresfrist erschien meine kleine Schrift

an die schwer zu erklärende« Thatsache, dass ich

» Philipp Clüver , der Begründer der historischen Länderkunde« (Geogr. Abhandl., herausgeg. von

Heinsius' Rede auf Clüver nach der ersten Aus

A. Penck , V, 2). Sie ist von der Kritik freundlich

Introductio , nicht nach der Redensammlung des

aufgenommen worden . Neuerdings widerfuhr ihr die Ehre einer eingehenderen Besprechung (G. Ger-

weit der Kritiker sich äussert

gabe ( 1624), in der sie vorliegt, citiere, nach Clüvers Heinsius. Die einzige weitere Stütze liegt SO darin , dass ich in

land , Gött. Gel. Anz. 1892 , 337–355), die auf der Analyse von Clüvers ,Germania antiqua' mich eigenem Studium der Werke Clüvers beruht. Ger- gelegentlich , statt die Seitenzahl zu geben, mit der

land erkennt die Ergebnisse an , welche für eine als Kapitelüberschrift leicht auffindbaren Wendung zusammenhängende , verständliche Darstellung des Lebensganges Clüvers gewonnen wurden. Er erinnert mit Recht an das vom Verfasser nicht be-

sonders erwähnte Bild Clüvers. Im übrigen findet er an der Biographie , abgesehen von den immer

» In der Betrachtung der Körperbeschaffenheit der alten Germanen « begnügt habe.

Auch mit dem Kapitel über Clüvers Werke ist Gerland im wesentlichen einverstanden. Aber hier leuchtet schon vielfach seine Auffassung dieser

noch zu beschränkten, aber vorläufig unüberschreit- ganzen historischen Studie hindurch . Er hält sie baren Grenzen unseres Wissens , nur bedauerlich für eine Tendenzschrift, die ihren Zweck und Plan

» eine gewisse Zurückhaltung im Angeben der Quellen ;

» unter einem Titel doch wohl absichtlich versteckt ,

der Autor teilt sie mit anderen modernen Geo-

der etwas anderes verheisst. «

graphen .

In der Tendenz , in

Diese Bemerkung wird nur bei denen

der die ganze Schrift » gipfele« , liegt für Gerland

Eindruck machen, die nie eine Zeile von mir gelesen

die Erklärung, » warum Clüver nicht so ausführlich

haben. Den Fachgenossen ist es genügend bekannt, behandelt ist, wie der Stoff es zuliess, warum man dass ich ganz besonders in diesem

Punkte den

ches Erwähnenswerte nicht erwähnt ist, warum die

Arbeitsgewohnheiten der philologischen Schule, durch Besprechung der Werke von der Biographie losge die ich hindurchgegangen, treu geblieben bin. Prof.

löst ist.«

Penck bekam einen gelinden Schrecken , als er die dicht gescharten Citate sah, die in manchen Teilen

hiess , habe ich geboten : ein Lebensbild Clüvers

Das ist alles völlig irrig. Was ich ver

und einen Abriss seines Wirkens.

Das bleibt der

Kern und die Hauptsache der kleinen Arbeit. 1) Wir können mitteilen, dass auch Herr Prof. Gerland (Strassburg) Veranlassung nehmen wird , die zwischen ihm und Herrn Prof. Partsch obwaltende Meinungsverschiedenheit in einem ausführlichen Artikel methodologischen Inhaltes zu be leuchten , welchen er dem „ Ausland « schon vor einiger Zeit zu gesagt hat . Ausland 1892, Nr. 26 .

Die Red .

Ist

dabei wesentliches übergangen oder in der Anord

nung ein Fehlgriff gemacht,

noch sehe ich das

nicht ein , aber der Leser hat hierüber das berufenere Urteil ! - dann ist es geschehen durch Versehen

oder Ungeschick des Autors; eine Tendenz war da 51

402

Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie.

bei nicht im Spiele , am allerwenigsten eine »versteckte «. Gerland meint ja diese Tendenz im Titel selbst zu finden : »Clüver , der Begründer der histo-

Tage genommen hat. Dass dieser Satz, ein » exor dium e contrario« für meine historische Darlegung,

einer Missdeutung unterliegen könnte, hätte ich nicht rischen Länderkunde. Im Juli 1891 wusste Ger- geglaubt. Nach einigen mir nicht ganz verständ land , dass diese Bezeichnung von Bursian (Allg. lichen Sätzen kommt Gerland in gesperrten deutsche Biogr. Clüver) zuerst gebraucht worden

Lettern zu dem niederschmetternden Schluss, dieser

ist ; er hatte sogar den Eindruck, nun sei die Berechtigung dieser Bezeichnung erwiesen. Im Mai

Satz, der in Wirklichkeit das moralische Gebiet nicht im entferntesten streift, »vatme moralische Verdächti

1892 erinnert er sich daran nicht mehr, sondern gibt sie als eine Münze meiner Prägung aus und zwar

gungen « , – ich weiss nicht gegen wen.. Diesen Vorwurf zurückzugeben , wäre nicht geschmackvoll,

als eine Münze , deren Umlauf man Einhalt thun

ihn ausführlich zu widerlegen ist nicht nötig. Aber

müsse. Damit ist er bei dem von meinem Schluss-

verschwiegen kann nicht werden , dass es einige

kapitel erörterten Entwickelungsgange der histori- Ueberwindung kostet, auf eine Kritik, die zu solchen schen Geographie angelangt und bei deren Stellung zum Gesamtgebiete der Erdkunde. Darüber möchte

Wendungen greift, überhaupt zu antworten .

ich hier einige Bemerkungen niederlegen , um den

rischen Länderkunde « ist unerlässliche Vorbedingung die Verständigung über den Begriff. Gerland be

Lesern , die daran Interesse nehmen , doch etwas

Für den Versuch einer Geschichte der » histo

positiv Förderndes zu bieten , ihnen nicht lediglich | klagt, dass ich eine Vermengung oder Vertauschung der Begriffe »historische« und »antike« Länderkunde

einen Weg durch die unfruchtbaren Dornenhecken einer mehr nötigen als nützlichen Polemik zuzu-

mir zu Schulden kommen liesse .

muten .

wäre gerechtfertigt, wenn ich unter » historischer

Der Anlass, meiner Biographie Clüvers einen kleinen Abriss der Geschichte des von ihm gepflegten

Länderkunde« das verstünde , was er mit diesem Namen zu bezeichnen scheint : die Länderkunde der

Dieser Vorwurf

Wissenszweiges folgen zu lassen , lag in der Sache

Gegenwart, beleuchtet durch historische Erwägungen.

selbst . Je eindringender man alle Einzelheiten der

Was mir schon eine selbstverständliche Forderung der »Länderkunde« an und für sich ist , das wird

Lebensschicksale , alle bemerkenswerten Eigentümlichkeiten der Werke eines bedeutenden Mannes mustert, desto fühlbarer ist am Schluss die Notwen-

für den Geophysiker schon ein Kennzeichen »histo rischer Länderkunde. « Dass dies nicht mein Stand

digkeit , von dem gewonnenen Bilde einen Schritt punkt ist , lassen alle Teile meines Schlusskapitels, zurückzutreten, in freierem Umblick sich zu fragen,

namentlich Anfang und Ende unmittelbar erkennen .

was das Wirken dieser Persönlichkeit zu bedeuten

Der historischen Länderkunde fällt – um meine Worte zu wiederholen die Aufgabe zu , vim

e ganzen Verlaufe verwandter Bestrebungen . hab Nur imim Vergleich mit dem, was voranging, und dem, was folgt, ist eine gerechte objektive Würdigung der Leistungen des einzelnen möglich. Denkbar wäre ja auch eine subjektive Wertschätzung am Maassstab der Anschauungen des Urteilenden über Ziele und Methoden der Wissenschaft, auf deren Boden ein Forscher gearbeitet hat . Zu einer solchen sub-

Gegensatz zu dem gegenwärtigen der unmittelbaren Beobachtung unterliegenden Zustande eines Landes nach geschichtlichen Quellen ein älteres Bild seiner Oberfläche und ihres Kulturlebens zu entwerfen .

Ob diese Aufgabe für das Altertum durch die » an tike Länderkunde « , oder für das Mittelalter durch

Werke wie Longnon , Géographie de la Gaule au

jektiven Betrachtung Clüvers fühlte ich mich im

VI. Siècle (Paris 1878) in Angriff genommen wird ,

vorliegenden Falle nicht berufen : ich lehnte sie ab mit folgenden Worten. »Mancher mag eine lockende Wirksamkeit darin

das bleibt für den Charakter der Forschung und die

Methode der Darstellung völlig gleichgültig.

In

beiden Fällen handelt es sich nur um verschiedene

finden , aus der Tiefe des eigenen Urteils eine Be- Bethätigungen eines und desselben wissenschaftlichen grenzung der Aufgaben und eine Gliederung des

Strebens.

Stoffes der geographischen Wissenschaft zu schöpfen

erst in der Anwendung auf das klassische Altertum begründet wurde, ergab sich durch den natürlichen

und von dem aus eigener Machtvollkommenheit auf-

gepflanzten Richterstuhl herab den Arbeitern , die jemals in das Feld der Erdkunde ihren Spaten eingeschlagen , ein Zeugnis auszustellen,, ob sie in glücklicher Vorahnung im Sinne ihres Epigonen thätig gewesen sind , oder ihre Aufgabe in abweichendem Sinne erfasst haben . Dies Amt mag denen überlassen bleiben , die sich dazu berufen fühlen . An

Dass die historische Länderkunde« zu

Lauf der Dinge.

Wer die antike Länderkunde « »

begründete, begründete damit die »historische Länder

kunde« überhaupt.

So brauche ich den Namen

» historische Länderkunde« im selben Sinne, wie v. Spruner seinen »historisch -geographischen Atlas« überschrieb. Für Gerlands » historische Länderkunde

wäre jeder topographische Atlas das kartographische

dieser Stelle soll nur für Clüvers Würdigung die Aequivalent, weil er in den politischen Grenzen , den thatsächliche Grundlage geboten werden durch einen

Ortschaften , den Namen Ergebnisse historischer Ent

kurzen Ueberblick über die Entwickelung , welche der Zweig geographischen Forschens, dem er sich

wickelungen enthält, die im Interesse der Landeskunde zum Gegenstand historischerForschung und historischer

ergeben, seit seinen frühesten Anfängen bis in unsere

Folgerungen gemacht werden können und müssen .

Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch-Columbia .

403

Aber auch bei der von mir vorausgesetzten Be-

schichte dieses Wissenszweiges an widerspruchsvollen

griffsbestimmung der »historischen Länderkunde«

Auffassungen leide , vermag ich nicht zuzugeben .

ist die Frage nicht von vornherein und unabänder-

Höchst eigenartig ist der Weg , auf welchem Ger

lich entschieden, welchem Wissenschaftsgebiete die land zu diesem Urteil gelangt. Er stösst in meiner »historische Länderkunde « sich einfügt oder an-

Einführung in die ältesten Anfänge historischer Län

schliesst. Das wird immer abhängen von der Art,

derkunde auf den Satz : » Nicht nur in der Aus

wie sie betrieben wird. Diese hat im Lauf der Jahr- wahl ihres Stoffes, sondern auch in den Mitteln hunderte mehrfach gewechselt. Ich unterscheide und der Methode ihrer Arbeit erweist sich die histo drei Perioden : rische Länderkunde ursprünglich als ein Teil, 1. Die unselbständigen Anfänge histori- nicht nur als eine Hilfswissenschaft der Geschichte ; scher Länderkunde im Altertum , so fest eingefügt sie ist zunächst ein vollkommenes Gegenstück der

in philologische und archäologische Arbeit , dass Chronologie. Demgemäss macht sie auch alle Front die historische Länderkunde nichts ist als ein Teil

veränderungen der Altertumsforschung mit und be

der Altertumskunde (Erläuterungen des homeri- teiligt sich bald an der philologischen Arbeit der schen Schiffskatalogs und archäologische Periegesen).

Erklärung alter Schriftwerke , bald an der archäo

2. Zum Range einer eigenen Disciplin und logischen Aufsuchung und Würdigung alter Kunst zwar zu einer Hilfswissenschaft der Geschichte

denkmäler. Auf diesen Seitenpfaden des historischen

wird die historische Länderkunde erhoben durch Philipp Clüvers grosse Werke ,Germania“, „Sicilia' und Italia antiqua'. » Geographisch war die Begren-

Studienweges begegnen wir den ältesten grösseren Leistungen historisch -chorographischer Forschung, den Erläuterungen des homerischen Schiffskatalogs

zung, die Anlage, der Inhalt seiner Werke, historisch die Methode der Gewinnung und Verwertung seines

und den archäologischen Periegesen. Gerland hatte die dankenswerte Freundlich

Stoffes. Clüver selbst hat sich immer als einen Geo- keit , diejenigen Worte ganz treffend sperren zu graphen betrachtet, welcher in den Dienst der Alter- | lassen , welche jeden Zweifel ausschliessen , dass es tumsforschung trat. Das Wort ,Geographia historiae lumen' war die Devise seiner Lebensarbeit.> Streichen wir aus jenem Satz die Worte, welche

kritisch -historische Begründung zu geben für die Zeichnung der antiken Karte, sondern sich die Auf-

ihn als einfachen objektiven Bericht über eine

gabe stellen , das Natur- und Kulturbild eines Landes

Thatsache in der Geschichte der Wissenschaft kenn

für eine Epoche seiner Vergangenheit in so festem

zeichnen und verwandeln wir dadurch diesen Bericht

inneren Zusammenhange , in derselben lebendigen

in eine subjektive Aeusserung des Verfassers, dann

Wechselwirkung zwischen Land und Leuten darzu - gelingt es diesen in Widerspruch mit sich selber zu stellen, wie es verlangt wird von einer wissenschaftlichen Länderkunde der Gegenwart .« (Curtius , Pelo-

bringen . « Wer ein solches Kunststück der Erklärung leistet ,

ponnesos, Nissen, Italische Landeskunde ). Erst dem wird man mit Spannung folgen, wenn er sich in dieser Durchgestaltung wird die historische Länder- zur Behandlung methodischer Probleme wendet . Da kunde ein integrierender Teil der wissenschaft- zu findet Gerland Gelegenheit in der Kritik der letzten anderthalb Seiten meiner Schrift . lichen Geographie. In eingehenderer Darstellung dieses Entwicke

lungsganges versuchte ich die an der Spitze meines

Schlusskapitels aufgeworfene Frage zu beantworten, Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch » inwieweit Clüver Anspruch hat als Begründer der historischen Länderkunde zu gelten . Man sieht,

schon diese Frage und noch mehr ihre Beantwor tung läuft auf eine Beschränkung der Geltung

Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Schluss.)

der Bursian schen Bezeichnung für Clüver hinaus.

Je weiter wir thalaufwärts schritten, desto mehr

Es ist mir nicht in den Sinn gekommen , Clüvers Bedeutung tendenziös zu überschrauben . Vielmehr

bestanden nicht mehr ausschliesslich aus Abies (Pseudo

nahm die Dichtigkeit der Wälder zu , und dieselben

bemühte ich mich sie in schärferer Begrenzung zu

tsuga) Douglasii und Pinus ponderosa, sondern es

zeigen . Dass das » überflüssig « gewesen , kann ich nicht finden . Auch dass meine Darlegung der Ge-

mischten sich auch noch andere Nadelhölzer dar

unter , welche vornehmlich durch Thuja gigantea,

Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch - Columbia .

404

Pinus monticola, Pinus Murrayana , Tsuga Merten-

Geschmack dieser Pflanze hat Aehnlichkeit mit dem

siana, Picea Engelmanni repräsentiert wurden. Diejenigen einer Trigonella. Beim Essen zeigte es sich Wälder waren zum Teil mit einem dichten Unter-

dann auch , dass meine Mutmaassung von dem ge

holz durchzogen, unter welchem ich auch die schöne waltigen Appetit unserer Rothaut sehr wohl be Fatsia horrida bemerkte, welche in den Bergen östlich der Hauptkette der Kaskaden nicht häufig vor-

angst geworden wäre für unsere Vorräte , falls der

kommt.

Indianer uns nicht nach dem Essen verlassen hätte.

Der Pfad wand sich längere Zeit durch eine reizende Wildnis dahin, nirgends versperrte uns ein

Doch endlich schien er gesättigt, denn als ich ihm

gründet war.

Sie hieb so tüchtig ein , dass es mir

noch einmal seinen Teller füllen wollte , wehrte er

Hindernis in Gestalt eines entwurzelten Stammes

ab und sagte : gebitt ! gebítt !, was in Deutsch » genug «

oder dichten Buschwerks den Weg, was eine Tour

bedeutet. Wie die meisten Indianer Nordwest-Ame

in den westlichen Kaskaden so äusserst beschwerlich macht. Plötzlich that sich der Wald auf, wir be-

rikas sprach er ausser der Sprache seines Stammes

traten eine herrlich grüne, von Blumen durchwirkte

welches die verschiedenen Stämme mit einander in Verkehr treten, verstand aber kein Englisch. Nach dem Essen ritt unsere Rothaut nach Lyt

Matte, auf welche wieder ein kleines Stück Wald

folgte und nachdem wir dieses durchschritten hatten, sahen wir uns an dem wunderschönen, dunkelgrünen Pretannie -See. Der kleine See, welcher einen Um-

fang von 11/2—2 Meilen hat und eine Tiefe, welche 30-40 Fuss nicht viel überschreitet , liegt in einer Höhe , die zwischen 2—3000 Fuss über Meer beträgt. Seine grüne Flut ist belebt von einer sehr

» Chinook « das Handelsidiom der Indianer , durch

ton zurück , während wir uns an die Herrichtung

des Lagers machten . Unterdessen war es beinahe Abend geworden . Die Sonne begann hinter den

Granitbergen im Westen hinabzutauchen. Ab und zu passierten ein paar Indianer unseren Lagerplatz und verschwanden im Walde. Nach und nach senkte

Am jenseitigen Abhang schmackhaften Forellenart,welche in allen Gebirgs- sich die Dämmerung herab. Trommeln eines Wald

seen und -Bächen Britisch-Columbias gefunden wird . Wir machten Halt auf einer Erhöhung, von wo aus

liess sich hin und wieder das

wir den See überblicken konnten, welcher, umgeben

welcher die feierliche Stille der idyllischen Gebirgs

huhns vernehmen und dies war der einzige Laut,

von herrlich grünen Wiesen , unterbrochen von dun- landschaft unterbrach . Auf den heissen Tag folgte eine herrliche, kühle keln Nadelholzwäldern und einem Kranz von Bergen , Ein sanfter, milder Wind wehte vom Thale Nacht. deren Kuppen, mit Alpmatten durchzogen, von kleinen

Nadelholzbeständen bedeckt sind, ein unbeschreiblich herauf, gewürzt mit Tannenduft, und stärkte Körper schönes Bild idyllischer Ruhe und Gebirgseinsamkeit darbot.

Rechts von unserem Lagerplatz zog sich ein mit herrlichen Weiden bedeckter Abhang hinauf und

links stieg ein bewaldeter Bergrücken unmittelbar aus dem See empor, durchzogen von dunkeln Fels-

und Geist. Am dunkelblauen Himmel funkelten die Sterne und spiegelten sich in der dunkeln Flut des Sees, der still und lautlos zu unseren Füssen ruhte. Wir sassen noch ein paar Stunden am hellflackern den Lagerfeuer und zogen uns dann ins Zelt zu rück .

Als der Himmel sich im Osten rötete und die

massen .

Gegen Norden dehnten sich blumige Wiesen,

Sonne eben anfing, die Spitzen der Bergkuppen mit rotem Schein zu übergiessen, befanden wir uns auf Abies (Pseudotsuga) Douglasii und Picea Engelmanni, dem Wege nach dem lang gestreckten Bergrücken, und überragt von einem langgestreckten Bergrücken, der sich nördlich vom See erhebt. Der Pfad führte dessen Abhänge bis zur Spitze mit grünen Alpmatten, uns um den See herum über blumenbedeckte Weiden durchzogen von dunkeln Felsgruppen und kleinen zu einem niedrigen Bergrücken , der sich in einem begrenzt von dunkeln Tannenbeständen, gebildet aus

Koniferenbeständen , bedeckt waren .

Die dunkeln

dicht bewaldeten Abhang in ein schattiges , von

Felsen bildeten einen merkwürdigen Kontrast mit

einem silberklaren Bache durchflossenes Thal hinab

dem lieblichen Grün der Weiden , die sie umgaben.

senkte. Am Wege blühten prachtvolle, grossblumige

Wir hatten den Weg von Lytton nach dem Pretannie, der 15-20 Meilen beträgt, ziemlich langsam zurückgelegt , da wir uns unterwegs öfters durch Sammeln von Insekten und Pflanzen aufhielten ,, und so war es schon 3 Uhr nachmittags, als wir hier anlangten. Da wir ziemlich Hunger verspürten , so war es meine erste Sorge, rasch ein frugales Mittagessen zu bereiten, wobei mich unser Indianer unterstützte, der mir einen wahren Heisshunger zu haben

Rosen , Rosa Nutkana und Californica und an dem schattigen Abhang wucherten üppige Farnkräuter, der Gattungen Aspidium und Blechnum angehörend, und auf den mit Moos bedeckten verfaulten Stämmen des Urwaldes blühte Calypso borealis in lieblicher und bogen dann rechts ab in einen Indianerpfad, welcher an den blumigen Hängen des Berges im

schien, denn er verzehrte mit wahrer Gier das Kraut und die Wurzeln einer Umbellifere (Peucedanum

Zickzack hinaufführte. Nach Passierung eines kleinen Tannenbestandes kamen wir zu einem verlassenen

ambiguum ), welche im Westen auch von den Weissen

Indianerlager und gleich darauf zu einigen Zelten , deren Bewohner sich wahrscheinlich auf der Jagd

vielfach als Gewürz an Saucen verwendet wird. Der

Schönheit. Wir schritten eine kleine Strecke thalaufwärts

Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia.

405

aus Melaphyr auf, welcher häufig in Diorit und ver standen nur aus in Dachform ausgespannten Tüchern , wandte Gesteine übergeht. Seine sanft gewölbte waren vorn und hinten offen und gewährten daher Spitze, die etwa 5400 Fuss Seehöhe hat, ist bedeckt nur Schutz gegen Regen oder den Tau der Nacht. mit herrlichen Alpmatten , welche von kleinen Be Der Boden war mit Fellen belegt und darüber Tep- ständen alpiner Koniferen durchzogen sind, die aus piche und Matten gebreitet, welche die Indianer aus Abies subalpina und Pinus albicaulis gebildet werden . den schwertförmigen Blättern des Rohrkolben ( Typha An seinen südlichen Abhängen ziehen sich herr oder beim Wurzelgraben befanden.

Die Zelte be-

latifolia ) herstellen . Um die Zelte hingen lange Kränze liche Weiden hin , über welche Abies subalpina und mit Schnüren gereihter Wurzeln , welche die Indianer

Pinus flexilis, Pinus albicaulis teils zu kleinen Be

für den Winter trocknen , um sie dann zu verspeisen. ständen , teils zu Gruppen vereinigt und teils ver Es waren hauptsächlich die süsslich schmeckenden Zwiebeln von Erythronium grandiflorum , Camassia esculenta und die kleinen Knöllchen von Claytonia lanceolata . Der Pfad lief abwechselnd durch kleine

einzelt zerstreut sind. Neben diesen fast ausschliess

lich in der subalpinen und alpinen Region dieser Berge vorkommenden Koniferen traf ich auch die alpine Form von Abies Douglasii in einzelnen Exem

Waldbestände und über kleine Rasenpartien und plaren, etwa 2—300 Fuss unter dem Gipfel, über ging dann über blumige Alpmatten , durchzogen von dunkeln Felsgruppen , steil bergan. Die grünen Wei-

die Hänge zerstreut. Dieselbe hat zuweilen ganz den Wuchs unserer sog. Wettertannen in den Alpen,

den , geschmückt mit einer wundervollen subalpinen Flora,boten einen herrlichen Anblick . Dieselbe wurde hauptsächlich aus Cartilleia miniata, Delphinium Menziesii, Aquilegia canadensis, Thalictrum cornuti, Erythronium grandiflorum , Camassia esculenta, Zyga-

ihre Aeste hängen bis auf den Boden herab und ihre Höhe beträgt kaum 30-40 Fuss. Zuweilen bildet sie jedoch nur noch ein kleines Bäumchen mit nieder liegendem Stamme und von krüppelhaftem Wuchse, weiches scheinbar nichts gemein hat mit den Riesen

denus paniculatus, Pentstemon confertus, Brodiaea, Echinospermum , Peucedanum , Phacelia u . s. w . gebildet . Die Felsgruppen waren bedeckt mit dem prächtigen , halbstrauchigen Pentstemon Menziesii var. Scouleri. Um die Blumen gaukelten schöne Gebirgschmetterlinge, zu den Gattungen Argynnis, Doritis , Colias, Eurebis gehörend. Nach etwa zweistündigem Steigen hatten wir die sanft gerundete

stämmen der Tanne, welche in den feuchten Thälern der West- Kaskaden gleich mächtigen Säulen aus der

Spitze erreicht , von der sich eine herrliche Fern-

sicht über dunkel bewaldete Bergkuppen, saftig grüne Alpmatten und den tief unter uns ruhenden Pre-

sie umgebenden Wildnis emporstreben. Auf den grünen, von kleinen Felspartien durchzogenen Matten

entfaltete sich eine reizvolle alpine Flora , welche aus der schönen , ganz mit rosenroten, dunkelrot ge streiften Blumen bedeckten Claytonia megarrhiza, der mit hell rosenrot angehauchten Blüten übersäten Phlox Douglasii, der reizenden Dodecatheon Meadia var . latilobum , verschiedenen Potentilla, Astragalus,

tannie-See erschloss. Während die westlichen Kaskaden in schroffen

Ranunculus Castilleia , Arenaria , Erigeron - Arten u. s. w . gebildet wurde. Nachdem wir etwa eine Stunde auf dem Gipfel

und steilen Gipfeln weit über die Grenze des ewigen

verweilt hatten, setzten wir unsere Wanderung nach

Schnees emporstreben und in riesigen , wildzerklüf-

Nordwest fort, bald kleine Koniferenbestände , balo

teten Felswänden in tiefe, unzugängliche, schluchtenartige Thäler und Schluchten abstürzen und wegen

herrliche Alpweiden durchquerend und erreichten um Mittag eine zweite Bergkuppe, welche den erst be

der Schroffheit und Steilheit ihrer Hänge nur aus-

stiegenen Berg um etwa 4-500 Fuss überragt und mit diesem durch eine Reihe niedriger Erhebungen,

nahmsweise die Bildung von Alpmatten begünstigen,

erheben sich diese Berge meist in sanft gewölbten

welche durch Wälder und Einsenkungen von ge

Kuppen und langgezogenen Rücken zu einer Höhe, welche die Schneegrenze nicht erreicht, und sind bis

ringer Tiefe unterbrochen werden , getrennt ist. Von der Spitze dieses Berges sah man auf einen zweiten

zur Spitze mit herrlichen Alpmatten bedeckt, welche

kleinen See hinab , welcher fast ganz von dunkeln

von kleinen Beständen alpiner Koniferen durchzogen

Tannenwäldern umgeben war.

werden .

Rasenpartien , welche im Wechsel mit alpinen Wald beständen die Gipfel bedeckten, fand ich ausser den

Dieselben gehören zumeist in die Reiche der eruptiven Bildungen , welche etwa 15-20 Meilen

Auf den kleinen

breit sind, in der Mitte von sedimentären Erhebungen

schon erwähnten Alpenpflanzen Polemonium con fertum , Hydrophyllum capitatum , Geum . spec. Ane

durchzogen und weiter östlich durch die von vulka-

mone occidentalis, Sibbaldia procumbens u . s. w .

nischen Gesteinsarten ( Basalt) gebildeten Berge und

Wie der vordere Berggipfel, so bestand auch dieser

Hügel des trockenen Landes unterbrochen werden, aus Melaphyr. Derselbe fiel nach Westen in einer während die westlichen Kaskaden fast ausschliesslich ziemlich steilen , stark verwitterten Felswand.in das sich aus Urgestein (Gneis, Glimmer-und Thonschiefer ) Thal hinab , auf dessen Grunde der kleine Bergsee aufbauen , welches oft von eruptiven Gesteinsarten, ruhte. Nach etwa einstündigem Aufenthalt stiegen wir Granit, Diorit, Syenit, Porphyr, durchbrochen wird. Wie die meisten dieser schönen Bergkuppen an dem südlichen , mit Alpmatten bedeckten Abhang baut sich auch der Berg, auf dem wir uns befanden, bergab , welcher sich ziemlich steil in eine Mulde Ausland 1892 , Nr . 26 .

52

Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia .

406

hinabsenkt, wandten uns dann um die Spitze herum und befanden uns nach einer Stunde an dem kleinen ,

von Tannen umgrenzten See. Von hier wanderten

wir auf einem

Engelmanni, Abies subalpina, Larix occidentalis und Pinus flexilis gebildet , welche eine ebene , sich bis zum Fusse der Granitberge erstreckende Fläche be

schönen Indianerpfad thalabwärts,

deckten und von kleinen Torfmoorsümpfen unter

bald über Wiesen , bald durch Wald und mehrere

brochen wurden, welche mit verschiedenen Ericaceen

Lagerplätze von Indianern passierend, bis wir an

durch Bryanthus empetriformis , Bryanthus glan duliflorus , Kalmia glauca var. microphylla reprä

dem Abhang anlangten , an dem wir am Morgen hinabgestiegen waren , von wo wir in kurzer Zeit bei unserem Lagerplatz ankamen . Gegen Abend bewölkte sich der Himmel und es

Rasen bedeckte Lichtung und sahen plötzlich einen

fielen ein paar Regentropfen. Die Nacht war wieder

prächtigen Hirsch vor uns , der unser Näherkommen

aussergewöhnlich warm , und ihr folgte ein herrlicher

nicht bemerkt hatte. Mein Begleiter gab einen Schuss auf ihn ab , traf ihn jedoch nicht. Das Tier,

Morgen bei vollständiger Klarheit des Himmels. Bevor noch die Sonne am Horizont empor-

stieg, stiegen wir aufs neue in die Berge. Ich hatte

sentiert, bewachsen waren. Beim Weiterschreiten kamen wir auf eine mit

>

welches durch den Knall erschreckt worden war,

kam direkt auf uns zu , rannte aber , ehe mein Be

die Absicht, einen der Gipfel der Granitbergkette zu gleiter zu einem neuen Schuss kam, sobald es unserer besuchen , welche sich westlich vom Pretannie in einer Anzahl von zackigen Spitzen bis über 6000 Fuss Seehöhe erhebt und sich längs des linken Ufers des Fraser-Flusses von Norden nach Süden erstreckt.

ansichtig wurde in den Wald hinein und war kurz darauf unseren Blicken entschwunden . Der Wald fing an sich nach und nach zu lichten, und nach einem Marsche von einer Stunde

Unser Weg führte uns an dem hinter unserem Lager- stiegen wir an den steilen Hängen eines der höheren

platz emporsteigenden, teils mit kleinen Waldbestän- Gipfel der Granitbergkette hinauf. Bald durch lichte den, teils mit prächtigen Weiden bedeckten Abhang

Waldbestände von Pinus Murrayana , bald durch

bergauf. Nach etwa anderhalbstündigem Bergauf solche von Abies subalpina, Picea Engelmanni und steigen erreichten wir einen sanft ansteigenden Berg-

rücken , dessen südlicher Abhang mit prächtigen, von Blumen durchstickten Alpweiden bedeckt war

Pinus flexilis und bald über schöne Alpmatten ,

welche jedoch nicht die Ausdehnung besassen, wie

und in eine enge , von einem kleinen Bache durch-

diejenige der Melaphyrberge. Die Weiden , welche in einer Höhe von 5000

Ueber den Abhang

Fuss anfingen und untermischt mit kleinen Bestän

flossene Thalschlucht abfiel.

zogen sich kleine Bestände von Koniferen hin , den den von von Nadelhölzern Nadelhölzern aus Pinus albicaulis und welche in einer Höhe von 3-4000 Fuss von Abies Abies subalpina bis zu dem etwa 5-6000 Fuss ( Pseudotsuga ) Douglasii gebildet wurden . Dazwischen hohen Gipfel hinaufzogen , waren bewachsen mit

standen etwa ein Dutzend verkrüppelter Exemplare von Pinus ponderosa var. scopulorum . Die präch -

prächtigen Zwergweiden und einer sehr interessanten Alpenflora, die sich von der der Melaphyrberge unter

tige Kiefer, welche an günstigen Stellen 80-100 Fussschied. Dieselbe bestand aus einer reizenden, weiss blühenden Anemone, einem gelbblühenden Ranuncu hoch . Die etwa 1—2 Fuss im Umfang messenden lus, verschiedenen Arenarien , Antennarien, Gnapha erreicht, wird hier in ihrer Varietät kaum 20 Fuss

Stämmchen waren von einwärts gekrümmtem Wuchse lium , Potentilla fruticosa, Bryanthus empetriformis, und ihre Aeste hingen fast bis auf den Boden herab . Die Weiden waren mit Blumen übersät und ge-

var. intermedius, Cassiope tetragona, Senecio u . S. W. Gegen Mittag erreichten wir langsam bergauf

währten einen unvergleichlich schönen Anblick. Namentlich zahlreich waren Zwiebelpflanzen, welche

steigend die Spitze des Berges, von welcher sich eine grossartige Aussicht erschloss über die zahllosen,

durch verschiedene Alliumarten , Fritillaria lanceolata, zum Teile mit Schnee bedeckten Gipfel der Kas Zygadenus paniculatus, Erythronium grandiflorum ,, kaden , welche in Hörnern , Zacken , Pyramiden und Lilium columbianum , Brodiaea congesta , Camassia wild zerrissenen Felsengraten in den blauen Aether esculenta u . . w . vertreten wurden . emporstiegen. Zu ihren Füssen wälzte der Fraser Bei etwa 4000 Fuss Meereshöhe traten kleine fluss seine grünen Fluten dem Pacifischen Ozean

Bestände von Abies subalpina und Picea Engel- zu, umrahmt von dürren Hügeln und steilen Ufer bänken . Gegen Osten schweifte der Blick über ein

manni , auch untermischt mit Pinus flexilis, auf.

Dazwischen fanden sich Gruppen hübscher, Meer von niedrigen Bergen und Hügeln , bis zu die subalpine Region bewohnender Sträucher, welche durch Shepherdia canadensis, Alnus viridis , Ribes irriguum, Rhododendron albiflorum , Ceanothus velutinus, var. laevigatus, verschiedenen Vaccinium , Arctostaphylos Uva ursi vertreten waren . Nachdem

wir den höchsten Punkt des Berg-

den verblauenden Höhenzügen des trockenen Inneren von Britisch -Columbia. Nach etwa zweistündigem

Aufenthalt traten wir den Abstieg an und befanden uns, bevor noch die Sonne hinter den Bergen ver

schwand , in unserem Lager.

Aufenthalt nach Spences

rückens , welcher 4--5000 Fuss hoch sein mochte,

hier nach zweitägigem

erreicht hatten , ging es ein Stück bergab und bald

Bridge am Thompson -River.

darauf folgten schöne Waldbestände aus Picea

Am folgenden Tage

kehrten wir nach Lytton zurück und reisten von

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

407

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. | Auszuge vorliegt ?). Beachtenswert ist dagegen, was der Leipziger Bürger Johannes Helffrich ( 1565 ) 2) Von Eugen Oberhummer (München ). (Schluss.)

Das Erdbeben , von welchem der Pfalzgrafspricht ,

sagt : » Dieser Berg wirdt von den Historienschreibern genannt Olympus, die Innwohner aber nennen jn den Creutzberg« . Soantiken erwünscht es wäre, hier eine ung des Ueberliefer Namens so zu finden, >

kann kaum ein anderes sein als jene Folge gewaltiger zeigtdochderfolgende Satz , dass wir es hier nur Erschütterungen am 25. April und 1. Mai 1491 ,

mit einer ziemlich konfusen Gelehrsamkeit zu thun

deren verheerende Wirkung in den cyprischen Städten

haben : » Auss diesem Berg fliessen zwey Wasser,

uns Dietrich von Schachten , der Begleiter des

das eine so gegen Mittag fleusst , wirt genannt in

Landgrafen Wilhelm d. Aelt. von Hessen ?), als Augenzeuge schildert.

Lateinischer Sprach Licus, das ander aber gegen

Nur zwei Jahre nach Ottheinrich ( 1523 ) be suchte der elsässische (?) Pilger Philipp Hagen ) den Berg , » der heist der critzberg ; den Eren die

Mitternacht Lapetus«; man vergleiche hierzu , was

schifflit fast (d . i. sehr) uff dem mer mit irem gebett « . Er hörte die gewöhnlichen Fabeln von dem Kreuze, das » solt in lufften schweben unnd nieman mochtes erreichen oder sehen woran es

hinge«. Als er aber auf den Berg kam , » do zeigt man unsz daz critz und es bing nit in lifften, sun Von dem Weg uff die gestelfindet was Berg der »daz.u . s.es wist. « ein ruwer boser er, erd auf den

ich in meinen » Studien « S. 95 über diese beiden Flüsse festgestellt habe. Im übrigen bietet Helff richs Bericht nichts Originelles , ebensowenig die

kurze Notiz bei Christoph Fürer von Haimen dorff (1566 ) '), dem letzten Pilger, der uns vor der türkischen Invasion vom Kreuzberg erzählt. Wichtiger als alle diese bei einem flüchtigen Besuch der Insel erhaschten Pilgernachrichten ist das , was uns der bedeutendste unter allen älteren

Historiographen Cyperns , Stephan Lusignan , in seinem zur Zeit der türkischen Eroberung ( 157071)

weg , bisz man den berg uffen kumpt, und man als Eingeborener by der nacht riten, sunst im day zu riten abgefassten Werke mitteilt. Er, der musz die Insel wohl in allen ihren Teilen aus eigener mag mans kumerlichen der grossen hitz halb % )«. Anschauung kannte, ist der erste , der den Kreuz Aus der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts berg nicht nur als Kuriosität , sondern in seinem liegen zahlreiche Zeugnisse vor, ohne dass sie wesent

Zusammenhang dem Haupt gebirge betrachtete lich neues beibrächten .So erwähnen den Kreuzberg geographischen Cy . Er fasst denmitGebirgsbau

Daniel Ecklin von Aarau (1553) '), welcher zu erst einen leisen Zweifel an der Echtheit des Kreuzes

äussert, und gleichzeitig der Engländer John Locke :), der allerdings den Berg nicht selbst bestieg ; aber er hörte auch von einem Erdbeben , durch welches

perns kurz und treffend in folgende Worte zu sammen * ): » Das Gebirge dieser Insel zerfällt in zwei Teile. Der eine beginnt am Kap Kormachiti und streicht gerade wie eine gereihte Schnur (come una

) bis zum Kap S. Andreas ; diese Berge sind » the crosse and the chappell it hung in , were over filsa nach Norden an dieser ganzen Küste (costiera ) ent throwen , so that never since it would hang again

in the aire« . Dass aber im grossen Kreuz ein kleines lang vom Meere etwa eine Meile (lega) und stellen Kreuz vom Kreuzholz Christi enthalten sei , » you

weise 1 , Meile entfernt; diese Strecke ist eben und

must (if you will) beleeve it is so , for see it you

das Meer bildet sozusagen überall einen Strand 5). Der andere Teil des Gebirges beginnt bei der alten Stadt Solia , ungefähr sechs Meilen von Kormachiti,

Man geht wohl nicht fehl , wenn man die sich hier regende Zweifelsucht auf die Einwir

cannot « ,

zwar zieht sich derselbe mitten durch Insel kung der Reformation zurückführt. Nur beiläufig und bis zum Berge des Kreuzes (monte della dieCroce ),

gedenkt des Berges der Schlesier Melchior von Seydlitz ( 1556) ") , während der Reisebericht Alexanders von Pappenheim ( 1563 ) erst im 1) Seine Reisebeschreibung wurde ebenfalls erst durch Röhricht a . a . 0. bekannt gemacht; s. über das Erdbeben S. 187 und 210 ff., ferner den Bericht Herzogs Alexander,

welcher dem Kap Masotto entspricht “ ). Dort nähern sich die Berge der Küste und begleiten sie bis Baffo, wo sie sich nach der anderen Seite (d . h . nach Nor den ) wenden und stets der Küste entlang bis Solia ziehen ). Inmitten dieser Berge befindet sich der Berg Olymp, welcher auf griechisch Trohodos )

Pfalzgrafen bei Rhein ( 1495) , im Reyssbuch , Fol. 38 , Claes van Dusen (Augenzeuge) bei L. Conrady, Vier rheinische Palästinapilgerschriften (Wiesbaden 1882) , S. 205 , und Steff.

2) Im Reyssbuch , Fol. 377 verso .

Lusignano, Chorograffia di Cipro (Bol. 1573 ), Fol. 84, welcher

3) Reisbeschreibung, Nürnberg 1646 , S. 298.

es jedoch irrig in das Jahr 1492 verlegt. 2) Conrady , a. a . O. , S. 248 . 3) Es war allerdings Anfang August .

5

4) Reyssbuch, Fol . 401. (Röhricht, Bibl. 192 , führt als

1) Bei Röhricht -Meisner, S. 426. 4) Fol. 4 verso (s . 0. A. 1 ).

5) » Quale è pianura, e la marina è quasi spiaggia da per tutto .

6) Landspitze Petunda der englischen Karte.

ersten Druck den von Basel 1576 an ; doch fand ich auf der

?) Man erkennt leicht, dass Lusignan nicht, wie bei der

Münchener Staatsbibliothek einen solchen von » Freyburch 1575 « ). 5) Bei Hakluyt , The Principal Navigations etc. , Vol. II (London 1599), S. 109 f. 6) Im Reyssbuch, Fol. 252.

Nordkette, die Streichlinie, sondern den Rand des Gebirges be schreibt .

9) Die älteste mir bekannte Erwähnung des Namens des höchsten Berges der Insel .

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

408

heisst und überaus hoch ist u. S. W. ( An einer Zahl derer , welche Cypern besuchten , recht ver anderen Stelle 1) behandelt Lusignan die Sage von einzelt aus . So ist mir aus dem 17. Jahrhundert, Helena und dem Kreuzholz , wobei er, im Gegen- das allerdings seit dem Mittelalter das ärmste an satz zu den Pilgerschriften , seine genaue Lokalkennt- Reiseberichten über Cypern ist, nur die Schilderung nis verrät . Hiernach landete Helena am Vasilo- des holländischen Malers Cornelis de Bruyn ( Le

potamo ( s. o. S. 382) beim Kloster des heiligen

Brun ) vom Jahre 1681 bekannt ?), wonach damals

Georg unterhalb Marin ; beim nachmaligen casal Toghni (s. 0. S. 382) , wohin das heilige Kreuz

in der Regel 20 griechische Mönche im Kloster waren ; er hat es übrigens nicht selbst besucht und

(Christi ) wunderbarerweise versetzt worden war, er-

erzählt nur nach anderen die bekannte Fabel vom

baute sie eine Kapelle , in der sie ein kleines Stück vom Kreuzholz hinterlegte . Auch an anderen Orten der Insel hinterliess sie Teile des Holzes , » und be-

frei schwebenden Kreuz und dem eingelassenen Stück des echten Kreuzholzes, das i Fuss lang sei und die Dicke eines Ducatone (vgl . o. S. 394) habe,

sonders auf dem Berge , welcher jetzt der Berg des

gedenkt auch der grossen Tavirupes am 14. Sep

Kreuzes heisst. Auf seinem Gipfel stand ein Tem- tember. Das 18. Jahrhundert bringt uns die erste natur pel , wo die Teufel wohnten ; als aber das kostbare

Holz dort niedergelegt wurde , wurde es infolge der wissenschaftliche Beschreibung durch den schwedi frommen Verehrung und der Wunder ein Tempelschen Naturforscher Fredric Hasselquist (1751) ), Gottes und der Engel . Im Dorf Lefkara , in der

einen eifrigen Schüler des grossen Linné . Merk

Hauptkirche der Griechen, befinden sich zwei Stücke ,

würdigerweise konnte sich dieser treffliche Beobachter

jedes vier Finger breit und acht hoch . Diese sollen

von dem alten Irrtum nicht frei machen , dass der

vom Kreuzholz des guten Schächers sein ; aber die

Berg der höchste der Insel sei , obwohl ihn der

Priester sagen , es sei von dem Schemel , den unser

Augenschein vom Gegenteil überzeugen musste und

Herr unter den Füssen hatte, als er am Kreuze hing

Lusignan schon längst das Richtige erkannt hatte.

und worauf er die Füsse ruhen liess . Sei dies nun

Bemerkenswert ist seine geologische Schilderung:

wie immer, auf der ganzen Insel steht es (das Holz ) | » Der Berg besteht aus einem schwärzlichen Kalk in grosser Verehrung und ist wunderthätig «. Wir steine , mit Vitriol saturiert. In den Thälern fand werden später sehen , wie erfolgreich die Mönche sich ein grauer Kalkstein , der rein und unvermischt von Lefkara dem Kreuzberge Konkurrenz zu machen

war ; besonders war er bei ausgetrockneten Bächen

wussten . Von Interesse ist endlich eine spätere Be-

häufig zu sehen . In den Bergrissen sah man an ver

merkung Lusignans (Fol. 82), wonach die Vene-

schiedenen Orten Bleiglanz , Kupferkies und viele

zianer auf dem Kreuzberge, il quale guarda il mare kleine Bergkrystalle «. Auch an botanischen Beobach di mezo giorno , einen Wachtdienst eingerichtet hatten .

tungen fehlt es nicht. » Myrten , orientalische Tannen ,

Gegenüber den Mitteilungen eines Lusignan, mit CistusRhododaphne Ladanifera undBurzelbaum ( Andrachne) waren oder Oleander (Nerium ) unter

die , wie man sieht, zum Teil mit dem Chronisten

Machaeras (s. 0. S. 382) übereinstimmen, ist es mengt, welches itzt %) blühte. Von Naturalien fand nur von geringer Bedeutung, was die letzten Nach- ich auf diesem Hügel nichts als Steinflechten ( Lichen zügler des mittelalterlichen Pilgertums über den imbricat), wovon ich in der ganzen Levante nicht Kreuzberg zu sagen wissen, so die Schweizer Mel- so viele Gattungen oder in solcher Menge gesehen

chior Lussy ?) und Johann von Lauffen ") ( 1583 ), die Niederländer Johann Zuallart (1586) 1) und Johann van Kootwyck ( 1596) "), von denen der

hatte « . Er übernachtete in einem Dorf unweit des Berges (Pyrga ?), kam dann an einer kleinen griechi schen Kirche, offenbar H. Barbara , vorbei und er

letztere den angeblichen antiken Tempel dem Jupiter

reichte von dort den Gipfel, ohne abzusteigen , in 1/2 Stunde. Oben traf er nur einen Mönch . Der

zuweist .

Gegenüber dem lebhaften Interesse , welches die Pilger vom 13. bis zum 16. Jahrhundert dem Kreuzberge zuwenden und welches im 15. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreicht, nehmen sich die Mitteilungen neuerer Reisender unter der grossen

Aufenthalt daselbst erschien ihm wegen der Aus sicht und der reinen, kühlen Luft äusserst angenehm ,

und vergeblich suchte er die in Larnaka ansässigen Europäer zu bereden , sich hier eine Sommerfrische einzurichten .

Wenig später ( 1760) kam der Florentiner Giov . 1) Fol . 9 verso

IO recto .

Mariti nach Cypern , dessen ausführliche Schilde

2) Reissbuch gen Hierusalem , Freyburg 1590, S. 65. Nach ihm gehört der Ruhm des Berges , den er natürlich wieder für den höchsten der Insel erklärt, bereits der Vergangenheit an . Das Kreuz wurde seit der türkischen Eroberung in einer Nebenkapelle auf bewahrt.

3) Im Auszug bei R. Röhricht , Deutsche Pilgerreisen (Gotha 1889) , S. 281 .

1) Giov. Zuallardo , Viaggio di Gierusalemme , Roma 1595 , S. 95 .

5) Itinerarium Hierosolymitanum et Syriacum auctore Joanne Cotovico, Antverp. 1619, S. 103 .

Voyage au Levant, Paris 1714 , S. 383.

Ueber den

Verf. s. Weise in der Allg. Encykl . I , 13 , S. 258 ; Walcke. naer in der Biogr . Univ . N. éd . VI, 75 f.; über die Ausgaben

seines (ursprünglich holländischen) Reisewerkes Röhricht, Bibl. Pal . , S. 277 f.

3) Reise nach Palästina in den Jahren 1749–52 . Herausg . v . Karl Linnä us.

Aus dem Schwedischen .

Rostock 1762 .

S. 195 ff. Vgl. Allg. Encykl. II , 3, S. 98. 3) 9. Juni. Diese Angabe bezieht sich übrigens auf die Reise bis zum Berge , nicht auf letzteren selbst .

Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .

409

rung der Insel 1") weitaus den ersten Rang unter den

zurückgelegten Weg von Larnaka über die Dörfer

älteren Reisewerken über dieselbe behauptet. Bei ihm finden wir die Bedeutung des Kreuzberges für die Seefahrer, welche schon von Schriftstellern des Mittelalters hervorgehoben wurde, am eingehendsten begründet. » Er dient den Seeleuten, um die Küste

Kalochorio , H. Anna und Psevda , dann die Gipfel des Berges, in dem er den alten Olympus sieht; der Anstieg von H. Barbara aus dauerte 3/4 Stunden. Am Rückweg nennt er bei dem letzt

Klöster H. Thekla ! ) und H. Barbara bis auf den

von Larnaka zu erkennen ; und wenn sie sich genau

erwähnten Kloster das Dorf des Kreuzes (Stav

gegenüber diesem Berge befinden, werfen sie Anker,

ros), welches uns schon aus Fabri bekannt ist ; in

da sie alsdann sicher sind, sich in der Wahl eines

dessen kennt weder die Karte ein solches, noch er innere ich mich, davon gehört zu haben . Im Jahre 1845 zog der deutsche Archäologe

guten Platzes nicht zu täuschen . Dieses Kennzeichen trügt sie niemals, wenn sie mit ihren Schiffen des

Tages ankommen . Aber auch wenn Nebel in der Ludwig Ross ?) am Fusse des tappó; Jeozpép.astos Ebene und um den Berg liegen , so bleibt er doch niemals so bedeckt, um ihn aus den Augen zu verlieren ; während hingegen jeder andere Teildes Olymp

vorüber und auch der Begründer unserer geologi schen Kenntnis von Cypern , Albert Gaudry :) ( 1853 ) , erwähnt den Kreuzberg , dem er ( ziemlich

und der benachbarten Berge sich bei der geringsten richtig) 700 m gibt , nur ganz kurz, und gibt eine Trübung über dem Lande aus dem Gesicht verliert ).« Ein charakteristisches Beispiel von Reliquienschwindel

sehr unbefriedigende Zeichnung davon . F. Unger und Th. Kotschy in ihrem vor trefflichen Buche 1) bestimmen die Höhe zu 709 m ,

liefert folgende köstliche Geschichte, die sich kurz vor Maritis Ankunft zutrug. Einige griechische beschränken sich aber im übrigen darauf, die Ge Priester von Lefkara (s. 0. S. 408), in der Absicht, schichte von der Kreuzpartikel nach Mariti , aber die Kirche (des Kreuzberges) einer so hervorragen- ohne Angabe der Quelle, wieder zu erzählen. Unter den Reliquie zu berauben , um ihrem eigenen Dorfe Ansehen zu verschaffen, verfielen auf den Kniff, zu

den zahlreichen Werken, welche nach der englischen

behaupten, es sei ihrer Kirche kürzlich ein ähnliches Stück des echten Kreuzholzes geschenkt worden und

Besitzergreifung über Cypern erschienen, ist mir kein einziges bekannt, das von dem einst so weitberühmten Berge Nachricht gäbe ; erst der Botaniker Paul Sin

sie wollten dasselbe nun mit jenem vom Berge vergleichen , von dem sie wussten , dass es von un-

endet gebliebenen Reiseberichten ausführlich eine

zweifelhafter Echtheit sei , indem es aus den Händen der heiligen Helena selbst stammte. Als die schlauen Lefkarioten hierzu die Erlaubnis erhalten hatten , be-

tenis (1880 ) schildert uns in seinen leider unvoll Exkursion auf denselben "), den er sonderbarerweise » Mt. Croix« nennt , mit zahlreichen Notizen über

Der Weg führte von Larnaka über gaben sie sich auf den Berg samt ihrer Reliquie, Klavdia , Pyrga, H. Barbara , zurück über Pyrga, welche sie aus falschem Holze vorsätzlich ganz ähn- Psevda Psevda,, Kalochorio. Kalochorio . Die Beschreibung der Aus die Flora.

lich gemacht hatten ; während nun die beiden Stücke sicht ist die vollständigste, welche mir aus der verglichen wurden, begannen sie das eine mit dem

. Litteratur bekannt ist.

anderen zu vertauschen und kamen mit der anderen

bert Biddulph , der ehemalige Gouverneur der

Partei in Streit , so dass schliesslich niemand mehr

Insel, in seinem vor der Londoner Geographischen

wusste, welches das echte Stück war, und die einen

Gesellschaft gehaltenen Vortrage “) wieder die alte Vermutung von einem heidnischen Tempel hervor gezogen , worauf auch die unteren Mauerteile des

wie die anderen den Ruhm beanspruchten , es bei sich zu haben . Das Volk fuhr zwar fort, zu dem am Berge mehr Vertrauen zu haben , aber es verfehlt nicht, auch zum anderen Feste zusammen zu

strömen , das sie in Lefkara feiern , da die Meinungen geteilt sind , und bis heute ist dies ein Gegenstand des Streites und der Gehässigkeit zwischen den Mönchen beider Kirchen . (

Neuerdings hat Sir Ro

Klosters schliessen lassen sollen.

Verfasser kann mit Bezug hierauf nur versichern , dass er bei seinem flüchtigen Besuche des Berges

(29. Mai 1887) kein Stück Mauerwerk sah , dem mit einiger Wahrscheinlichkeit antiker Ursprung zu gewiesen werden könnte. Damit ist natürlich nicht

In unserem Jahrhundert eröffnen die Engländer

ausgeschlossen , dass im Altertum hier thatsächlich

Henry Light (1814 ) ”) und William Turner

eine Kultusstätte bestand ; im Gegenteil weisen die

( 1815 ) ) die touristischen Beschreibungen. Ersterer Tradition des Mittelalters, der Dämonenglaube , in gab eine Ansicht des Berges vom Salzsee von Larnaka, letzterer schildert ziemlich umständlich den 1) Viaggi per l'isola di Cipro e per la Soría e Palestina , T. I , Lucca 1769 , S. 209–12 . 2) Gegenüber der Wichtigkeit, welche die ältere Schiffahrt dem Kreuzberge beilegte , ist bemerkenswert, dass der »Medi terranean Pilot « II ? , 289 , denselben nur ganz beiläufig als Richt punkt für aus Osten kommende Schiffe erwähnt.

dem sich das Zurück weichen des heidnischen Kultus

vor dem christlichen ausdrückt , und die Ehrfurcht, 1) Auf der englischen Karte nicht verzeichnet. Turners

Schilderung der Lage dieses Klosters erinnert auffallend an das von Fabri (o. , S. 395 ) beschriebene Thal am Fusse des Berges. 2 ) Reisen nach Kos u . s . w. , Halle 1852 , S. 205 .

3) Mém . de la soc. géol. de France , II , S. VII ( 1863), S. 157 , 184 , T. XXXIX , F. 73 .

3) Travels in Egypt etc. , London 1818, S. 248 f.

4) Die Insel Cypern, Wien 1865 , S. 65 , 506 f.

4) Journal of a Tour in the Levant , Vol . II , London 1820 ,

5) Oest . bot . Ztschr. 1881 , S. 225— 32 .

S. 529–34 .

6) Proc. R. Geog. Soc. , 1889, S. 717 .

Eine Eisenbahn durch die Sahara .

410

welche der Berg von alters her bei den Schiffern , schwer, ihn unter dem Mikroskop als solchen wie

genoss, mit Bestimmtheit auf einen antiken Kultus,

der zu erkennen . Andesite treten auf bis gegen

in dem man bei der Nähe von Kition , dem Mittel- | Pyrga. Hat man hinter Pyrga einen kleinen Hügel punkt des phönizischen Elementes auf Cypern , wohl überschritten, so erblickt man jenseits eines mit dor

einen altsemitischen Höhenkult wird vermuten dürfen.

nigem Gestrüpp bewachsenen Thales die isolierte

Leider gestattete mir auf meiner zweiten Reise im vorigen Jahre die Zeit nicht mehr, meinen Besuch

dunkle Kuppe des Stavrovuni , auf dessen Gipfel

zu wiederholen und manches zu untersuchen , wor-

deutlich erkennt; ein anderes Kloster , H. Barbara ,

man jetzt das kühn in die Felsen gemauerte Kloster

auf ich erst durch das Studium der mittelalterlichen | liegt am nordwestlichen Hange des Berges. Statt Litteratur aufmerksam gemacht worden Ich

der Andesite bemerkt man jetzt das Auftreten von

hatte bei meinem ersten Besuch den Kreuzberg von

ausserordentlich zersetzten Diabasen , die teilweise

Norden her (Alambra) über H. Barbara (von hier in reichlich 3/4 Stunden) erreicht. Die Aussicht erstreckte sich über Larnaka, das deutlich erkennbar

sehr viel Quarz und Epidote als Zersetzungsprodukte enthalten ; über H. Barbara steht Epidotfels an. Zu erwähnen ist noch das Vorkommen von Kupfer schlacken zwischen Pyrga und H. Barbara ; wie auch

war.

war, im Osten bis zum tafelförmigen C. Greco, der äussersten Südostspitze der Insel (4 Uhr nachmittags). | anderorts habe ich hier vergeblich nach Kupfererzen Die Weiterreise ging über Pyrga an einer schönen gesucht. Oberhalb H. Barbara folgt, scheinbar un

Ruine vorüber, die aus der Entfernung den Eindruck einer gotischen Kirche machte ) , nach Klavdia

vermittelt, auf den Epidotfels ein Gestein ganz eigen

und Larnak a .

Müssen sich so meine eigenen Mitteilungen wesentlich auf die Ergebnisse litterarischer Forschung

übrigen Gesteinen der Umgebung ich nicht ins reine kommen konnte. Es ist lebhaft graugrün und be steht der Hauptsache nach aus Chlorit , zwischen

beschränken , so gereicht es mir um so mehr zur

dessen Blättchen sich unter dem Mikroskop die Reste

tümlicher Art , über dessen Beziehungen zu den

Freude, die Aufzeichnungen meines Freundes, Herrn eines Plagioklas erkennen lassen. Bei der Verwitte Dr. A. Bergeat (vgl. o . S. 365 ), welcher die Insel im Jahre 1890 als Geologe bereiste, hier anschliessen zu können. Derselbe bemerkt in seinen mir freundlichst zur Verfügung gestellten Tagebuchnotizen folgendes : »Auf dem Wege von Larnaka nach Kalochorio reitet man lange, fast bis an letzteres Dorf, · über quartäre Gebilde , auf welche miocane Gypse

rung zerfällt es zu lehmigen Massen, die infolge des ausserordentlichen Reichtums des Gesteins an Eisen

glanz tief rotbraun gefärbt sind. Sehr oft sind die Gesteinsblöcke aus dem gleichen Grunde von einer lebhaft irisierenden Schicht, die von der Verwitte rung des Eisenglanzes herrührt, überzogen. Der Eisenglanz enthält nebst Quarz häufig Drusen im

folgen. Hinter Kalochorio führt die Strasse durch Gestein. Wie die Diabase,so zeigt auch dieses chlo die Oede der weissen, fast gänzlich fossillosen miocänen Kalke - ein trostloser Ritt , insbesondere wenn die Sonne auf die blendenden Kalkfelsen her-

ritische Gestein eine deutliche Bankung und zwar in vertikaler Richtung. Auf dem Südabhang des Berges trifft man auf dem Weg nach Anklisides

nieder brennt. Von Interesse sind in der Nähe des

wieder Diabase, die stellen weise Malachit enthalten . «

-

Dorfes H. Anna verschiedene Schichtenstörungen ),

die ich mit der Nähe der eruptiven Massen in Zu sammenhang bringen möchte , die bei jenem Dorfe aufgeschlossen sind. Ohne Untersuchung an Ort und Stelle ist es kaum möglich, die Grenze zwischen >

Eine Eisenbahn durch die Sahara .

Von Adolf Fleischmann (München).

sedimentären und eruptiven Bildungen bestimmt anzugeben "), wiewohl die rotbraune Färbung letzterer

Geographie streng von denen der Politik zu trennen.

lebhaft von dem Weiss der miocänen Kalke ab-

Wenn ein Kulturvolk in dem Bestreben , seinen Be

Es ist nicht immer möglich , Erörterungen der

sticht; meist liegt nämlich zwischen den Eruptiv - sitz an Land und Leuten und seine Handelsbezie massen und den Kalkbänken Mergel von grauer

hungen und Handelswege auszudehnen, sich anschickt,

oder rötlicher Farbe , deren Auftreten wohl mit

bestehende Landesgrenzen zu überschreiten und na

einer metamorphischen Thätigkeit der massigen Gesteine in Beziehung zu bringen sein dürfte. Diese Mergel , deren Farbe unmerklich in die der letzteren übergeht, enthalten oft kleine, rundliche Trümmer

mentlich im Auslande weite Strecken seiner Macht

zu unterwerfen , so greifen wir nach der Karte, um den Wegen, die man betreten, und den Zielen , die man sich gesteckt hat , nachzugehen . Sind es aber

von Braunstein . Das Eruptivgestein ist ein ausser- gar unsere bedenklichen Nachbarn im Westen , welche ordentlich verwitterter Andesitmandelstein , es hält 1 ) Stazusa der Karte.

Es ist offenbar dieselbe Ruine,

welche auch Sintenis , S. 227 , erwähnt. 2) Sie fielen auch Sintenis auf (S. 232). Anm . d. Verf. 3) Vom Gipfel des Berges aus vermochte ich die Grenze beider Formationen ziemlich gut zu unterscheiden , besonders im Süden und Osten .

Anm . d. Verf.

in ihrer Politik jene Plane in Afrika verfolgen , so fühlen wir uns doppelt zur Aufmerksamkeit veran lasst , teils weil uns überhaupt jede Machterweiterung derselben nicht gleichgültig sein kann, teils und ins besondere , weil sie gerade in Afrika zu unseren kolonialpolitischen Konkurrenten gehören. Wir suchen uns daher auf der Karte zu orientieren , sowohl um

Eine Eisenbahn durch die Sahara .

Wert und Gewicht jener Machterweiterung zu erkennen , als auch um daran die Schwierigkeiten zu messen , mit denen sie zu kämpfen haben werden und die auf Gelingen oder Scheitern ihrer Unternehmungen schliessen lassen . In Nr. 7 der »Grenz>

411

3000 km beträgt.

Der Ausgangspunkt der west

lichen ist Oran ; man will über Tuat Timbuktu ge winnen . Die mittlere Linie geht von Algier aus, soll El Goleah berühren und ebenfalls nach Tim

buktu gehen . Der Ausgangspunkt der dritten , der boten« d. J. sind nicht neue, aber neu aufgenommene östlichen , wird in Constantine geplant. Ihre Rich Pläne der Franzosen in Bezug auf Afrika eingehend tung soll über Tugurt, Wargla, längs des Wadi Ighar

entwickelt, und wir müssen die Geographie zu Hilfe

gar nach Amgid und über Air Asben nach dem Tsad

nehmen , teils um

laufen. Die französische Regierung hat Gutachten eingefordert, die sich für dieses dritte Projekt ent schieden haben , die Bahn nach dem Tsad- See für dringend, diejenige nach Timbuktu für aufschiebbar erklären . Von dieser Bahn dritter Richtung sind

die französische Politik zu ver-

stehen , teils um uns die eben erwähnte Erkenntnis zu verschaffen. Dies ist die Aufgabe der folgenden Zeilen , und deshalb ist es notwendig, über diese Politik selbst kurz einige Worte vorauszuschicken,

bevor wir den Schauplatz derselben geographisch be- sogar schon 230 km, freilich eine sehr kurze Strecke, trachten .

Dabei beschränken wir uns auf die fran-

im Betrieb .

Nach jenem Artikel der Grenzboten

zösischen Pläne an sich und lassen die konkurrieren- zweigt sich die fertige Linie bei El Guerrah, 37 km den Interessen Englands und Spaniens ausser Betracht, um uns nicht mehr als unbedingt nötig, mit Politik

südlich von Constantine, von der Linie Philippoville Constantine-Satif ab und geht von da in südwest

zu befassen . Es handelt sich zunächst um Marokko und um

licher Richtung durch weite Steppengebiete, die mit

die Besitzergreifung dieses Landes seitens der Fran-

sich von Batna an in grossen Bogen durch das rot

mehreren Salzseen besetzt sind .

Dann windet sie

zosen , wenn der nahe bevorstehende Tod des Sultans

braune, zerrissene und kahle Felsgebirge des Aurès,

Muley Hassan eingetreten sein wird. Das Land

um dann durch den Foum as Sahara , den Mund der Wüste , in die Schlucht des Ud al Kantara einzu treten . Die Eisenbahnzüge gehen dermalen bis Bis krah, zur » Perle der Wüste « , von Oase zu Oase an

ist wegen seiner Ausdehnung und als Grenzland

Algiers, vor dem es in Bezug auf Wasserreichtum und Fruchbarkeit grosse Vorzüge hat, an sich schon Sein Allein-

den letzten Ausläufern jenes Gebirges und an dem

besitz mit Ausschluss aller Einflüsse der Engländer und Spanier würde Frankreich vielleicht in den Stand setzen , seinen Plan zu verwirklichen, nämlich

Col de Sfar vorbei zwischen Quitten-,, Aprikosen und Orangenbäumen hindurch, wo schon die Häuser europäischer Kolonisten hindurchschauen .

das Ziel der französischen Wünsche.

Verbindungen seiner sämtlichen Kolonien in Afrika, in Algerien, Senegambien , Guinea und Gabun durch Eisenbahnen herzustellen, vorausgesetzt, dass die Be schaffenheit des Landes solche Anlagen nicht verbietet oder wenigstens ihnen nicht unüberwindliche

Biskrah liegt an einem Nebenflusse des mäch

tigen Stromes Wed-Djeddi, südlich vom Atlas, aber nördlich von diesem Gewässer.

Erst wenn dieses

überbrückt sein würde , könnte Tuggurt erreicht

werden . Von hier durch Biled-ul-Djerid hindurch bis

pekuniäre Hindernisse in den Weg legt. Zunächst

zur eigentlichen Sahara ist noch eine Entfernung

kommen die Tuat-Oasen , bisher Gegenstand des Streites zwischen Marokko und Frankreich , in Be-

von 2—2 2 Breitengraden in gerader Richtung, also

tracht und nicht weniger die Landstrecken um den

gegen 40 Meilen . Die Stadt liegt unter dem 35. ", der Tsad-See unter dem 12. bis 15. Breitengrad , eine

Tsad-See und dieser selbst. Weder Algerien, noch Entfernung etwa von Neapel bis Hamburg. Man Marokko haben nach Süden hin bestimmte Grenzen .

würde sehr fehl gehen , wenn man bei der Frage,

Beide gehen eben südlich in die Wüste über , und

ob und unter welchen Verhältnissen eine Eisenbahn

dort begegnen sich ihre politischen und religiös- von der Ausdehnung der in Rede stehenden über fanatischen Interessen zunächst in Tuat. Die französischen Zeitungen sprechen davon, die Tuareg zu unterwerfen, Ghadames zu nehmen , Air Salah zu besetzen , am Tsad zu herrschen und auf Tripolitanien und Marokko zu drücken, ihre Besitzungen in Dahomeh mit dem Sudân zu vereinigen und zu verhindern, dass die Deutschen Herren von Togo und Um-

haupt hergestellt werden könnte, etwa sagen wollte : wenn es möglich war , eine Bahn wie die Pacific

Bahn durch die Breite Nordamerikas zu bauen , so wird auch ein Schienenweg von Constantine durch die Sahara bis zum Tsad-See ausführbar sein .

Denn

wir brauchen nicht auszuführen, dass zwischen hier und dort ganz bedeutende Verschiedenheiten in den

gegend werden , wodurch sich ihr Gebiet zwischen

Verhältnissen des Landes , als Grund und Boden ,

die französischen Kolonien im Sudân und Dahomeh

des Klimas, der Menschen und der Dichtigkeit ihres

hinein erstrecken würde. Der Tsad soll von Norden

Zusammen wohnens,des wirtschaftlichen Lebens u . a.m.

her gewonnen und zu diesem Zwecke eine grosse transsa harische Bahn gebaut werden . Der Plan ist schon in den dreissiger Jahren gefasst wor-

obwalten .

den ; man hielt ihn aber damals für unausführbar.

sollen, so kann man dem Projekt nicht vorwerfen, dass

Jetzt sind nicht weniger wie drei Eisenbahnlinien durch die Wüste projektiert , deren Länge je etwa

es in jeder Hinsicht ein Sprung ins Dunkle sei. Die dortige Welt und die Sahara sind uns ziemlich bekannt.

Wenn der Tsad-See und die ihn umgebenden Länder das Ziel der französischen Eisenbahn sein

Eine Eisenbahn durch die Sahara .

412

Natürlich haben sich jene Verhältnisse in Weståfrika nicht geändert, seitdem Dr. G. Nachtigal auf seiner grossen , sechsjährigen Reise sie erforscht und uns

die immer bald im Steigen , bald im Fallen begriffenen Wassermassen des Sees den Hügel verschlungen oder

fortgespült haben möchten. Während der gewöhn

darüber belehrthat. Der Unterschied zwischen damals gefährden lich im DezembereintretendenUeberschwemmungen Unmassen bösartiger Fliegen die Last

und jetzt liegt nur darin , dass wir im Laufe der letzten

Jahre noch genauer über Land und Leute unterrichtet worden sind . Der Sprung ins Dunkle dürfte mehr darin liegen, dass man bei aller Kenntnis jener geographischen und ethnologisch -wirtschaftlichen Verhältnisse dennoch keinen klaren Einblick in die Grösse und Vielseitigkeit der Hindernisse haben kann , die sich dem Unternehmen entgegenstellen dürften , so dass eine irgend zuverlässige Vorausberechnung nach

und Reittiere. Die Temperatur beträgt dann oft nur

16 ° C. , ein Wärmegrad, unter dessen Wirkungen die Eingeborenen wimmern und klagen , so dass sie sich fast am Feuer rösten ?). Mit den Ueberschwem mungen wechseln die entgegengesetzten Erscheinungen ab . In der trockenen Jahreszeit schwindet das Wasser

wie gesagt, der Tsad -See und seine Umgebungen das Ziel der Eisenbahn sind , so fangen wir damit an ,

so sehr, dass die in der nächsten Nähe der Ufer ge legenen kleinen Inseln aufhören, Inseln zu sein , weil sie mit dem Festlande vereinigt erscheinen . Das Wasser ist sumpfig und süss, während die nördlich gelegene Seegruppe Salzseen sind ; es ist sehr fisch

unseren Lesern zunächst ihre Kenntnisse über dieses

reich und üppig bedeckt mit Wasserpflanzen. Nur

interessante Gewässer einigermaassen, soweit es der

an der Mündung des Schari-Stromes ist es hell und klar. Die Uferlande sind sumpfig und mit Wald, mit Papyrusstauden und Schilfrohr bedeckt. Daher kommt es , dass Musquitosfliegen , Ameisen , Skor pione, Kröten und Eidechsen in ungeheuren Schwär

jeder Richtung hin eine Unmöglichkeit ist. Da nun,

Raum erlaubt , ins Gedächtnis zurückzurufen , denn

jede Unternehmung wird nach ihrem Wert oder Unwert durch das Ziel beurteilt werden müssen , welches

es erstrebt und verfolgt. Der See nimmt verschiedene bedeutende Flüsse

auf, deren Quellen noch unentdeckt in den südlich von West nach Ost sich lagernden Gebirgszügen werden gesucht werden müssen. Der grösste ist der Schari. Vor seiner Mündung in den See teilt

er sich in viele Arme und bildet ein mächtiges Delta.

Von Westen her strömt dem See der Koma-

men und Massen vorkommen .

Auch Krokodile,

Büffel, Wildschweine, Elephanten sind nicht selten . Da der See nur Zuflüsse und keine Abflüsse hat, so kann sich die Wassermasse nur durch Verdunstung und unterirdische Kanäle verringern , wenn er, statt

über die Ufer zu treten , teilweise schwindet. Der Verdunstungsprozess muss durch die hohe Tempe

dugu zu. Vom östlichen und nördlichen Steppen-

ratur begünstigt werden.. Dies würde aber , da er

lande kommt nicht ein einziger Zufluss , wohl aber

nur 250 m über der Meeresfläche liegt und bekannt

liegt nördlich ganz nahe eine Anzahl viel kleinerer Seen , ebenso im Südosten, so dass die ganze Gruppe der Gewässer um so mehr, analog dem Begriffe des

lich nur eine erheblich höhere Lage die Verdunstung begünstigen könnte, nicht ausreichen , um jenes zeit

Flussgebietes , ein Seegebiet zu nennen sein dürfte,

klären, so dass nur die Annahme unterirdischer Ab

als die kleinen Seen mit dem Hauptsee in einer unterirdischen Verbindung zu stehen scheinen . Trotz oder vielleicht wegen der grossen Ausdehnung des letzteren von 27000 qkm (etwa der 15. Teil des Schwarzen Meeres) bei geringer Tiefe von 2,5 m

flüsse und Versickerungen übrig bleibt, worauf auch der sumpfige Charakter der ganzen Umgegend hin

ist die Wassermasse so wechselnd, dass häufig Ueber-

schwemmungen eintreten , welche die umliegenden Ansiedelungen der Eingeborenen unter Wasser setzen

und letztere in die Flucht treiben .

weise beträchtliche Sinken des Wasserstandes zu er

weist .

Die Zuflüsse sind sehr wasserreich und wer

den in der Regenzeit breite gewaltige Ströme. Kie pert nennt auf seinem Atlas den See » Sumpfsee «. Die Folgen der Stagnation der Gewässer des Haupt sees und der kleineren um ihn herumliegenden sind die vielen Opfer, die das Sumpffieber von Gesund

Nachtigal

heit und Leben der Menschen fordert. Zugleich

erzählt, dass sie die Gefahr , welche ihnen seitens des Sees schon oft gedroht habe , nicht vergessen können , weshalb der Gedanke entstand, in der Nähe von Kuka, der Hauptstadt des Bornu -Reiches, nahe,

aber wird ihnen die reiche Vegetation in Wald und Wiesenland zu verdanken sein , welche nicht nur den horizontlosen Ansichten des Sees zum Schmuck ,

aber nicht einmal dicht am westlichen Ufer zwischen

jenen beiden grossen Flüssen erbaut, auf einem höher gelegenen Punkte für alle Fälle eine sichere Zuflucht-

sondern auch der Viehhaltung der Uferbewohner zum Nutzen dient . Prächtige Rinder weiden in grossen Herden auf den lichten Waldumgebungen, ebenso Esel, Schafe und Ziegen ; im Schilfe flattern

stätte zu gründen. Schon viel früher war ein Sand- zahllose Wasservögel , fremdartige Störche, Reiher, hügel in etwa 1 1/2stündiger Entfernung ausersehen , um eine Stadt, »die Hauptstadt«, nämlich Kuka, dort zu gründen , was nachher eben das jetzige Kuka würde, und jener Plan war deshalb unausgeführt geblieben , weil man den Sandhügel nach einiger Zeit nicht wieder fand . Diese Erscheinung wurde mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf zurückgeführt, dass

Enten, Pelikane, dunkelfarbige Gänse, und am Rande steht der Elephant und löscht seinen Durst. Der See gehört zum Reiche Bornu , welches sich westlich ausdehnt.

Da aber auch die Reiche

1) Dr. G. Nachtigal , Sahara und Sudân, herausgegeben von E. Groddey 1889 , Leipzig, bei Brockhaus, III , S. 17 11. 18 .

Geographische Mitteilungen .

413

Kanem im Nordosten und Baghirmi im Südosten , legen werden . Seit geraumer Zeit gehen wir da an den See grenzen , so fehlt es nicht an Hoheits-

mit um , auf dem Viktoria-Njanza eine Dampfschiff

streitigkeiten im Sinne der dortigen Völker. Die

fahrt einzurichten .

kriegerische Macht des Landes Bornu liegt in den Händen von Sklaven des Herrschers , wenigstens werden aus ihnen die Kriegshauptleute genommen ,

Scheitern dieser Wissmann schen See-Expedition kein Zweifel mehr zu bestehen. Selbst dieser an Grösse und Wasserreichtum dem Tsad weit überlegene See

welche auch Sitz und Stimme in der Ratsversamm-

scheint eine geordnete und wirtschaftlich wertvolle Beschiffung nicht zuzulassen, weil der Tiefgang der

lung (Nôkena) haben. Bei grösseren Kriegen ziehen sich die verschiedenen Stämme der Bevölkerung zu-

sammen, um die Landesverteidigung zu führen . Die gesamte sehr verschieden bewaffnete Kriegsmacht beläuft sich auf etwa 7000 Mann, meist Reiter, mit

Leider scheint aber über das

Dampfschiffe es unmöglich macht, an viele Häfen des Sees anlaufen zu können, abgesehen davon, dass der Transport eines Dampfschiffes bis zum See an sich schon schwer zu bewerkstelligen ist und man die

Metall- und Wattepanzern versehen . Indessen ist Anlage einer Eisenbahn für einen abenteuerlichen kriegerischer Sinn dieser Armee nicht eigen , aber Nachtigal meint ?), dass es einer intelligenten, sittenstrengen und thatkräftigen Regierung bei dem na-

Gedanken hält. Selbst Flachboote können nur höchstens bis 200 m zur Küste heran . Der Tsad

hat , wie oben ebenfalls bemerkt wurde, eine sehr

türlichen Reichtume des Landes und der Lenk- und geringe Tiefe bei stets wechselndem , oft bis zur Regsamkeit der Hauptbestandteile der Bevölkerung Trockenlegung ganzer Strecken sich steigerndem leicht sein werde , Bornu die erste Rolle unter den

Wasserstande, und ähnlich verhält es sich mit seinen

Sudânreichen zu sichern. Gegenwärtig ist der geringe grösseren Zuflüssen. Die Ufer sind meist ganz flach, Grad kriegerischen Sinnes der Bevölkerung bei der

und von Häfen und vorteilhaften Landungsplätzen

Energielosigkeit und Genusssucht am Hofe des Herr- für Dampfschiffe kann wohl keine Rede sein. Ueber schers und mit dem sinkenden Wohlstand vollends haupt zeigt die Oberfläche des Sees bei weitem nicht geschwunden. Bevor wir den Tsad-See verlassen , seien noch

zwei Punkte von besonderem Interesse hier nach-

überall offenes Wasser , sondern besteht ungefähr zum dritten Teile aus einem von zahlreichen be wohnten Inseln und Inselchen gebildeten Archipel.

je gelingen können , den Tsad zu einem geholt , ein naturwissenschaftlicher und ein wirt- Sollte es alsoGewässer zu machen ?

schaftlicher, nämlich die Süsswassereigenschaft des Sees und die Schiffbarkeitsfrage desselben und seiner Zuflüsse. Jene Eigenschaft ist so feststehend , dass alle Reisenden , welche von dem Wasser getrunken haben, versichern, es sei so süss , wie Wasser über

schiffbaren

(Schluss folgt.)

Geographische Mitteilungen . ( H. Hoffmann .) Mit dem am 26. Oktober 1891

haupt sein könne. Auffallend und erklärungsbedürftig dahingeschiedenen Botaniker Hermann Hoffmann, nunmehr treuer Schüler und Mitarbeiter Egon ist dies deshalb , weil , wie wir oben schon andeu

teten , alle kleineren den Tsad umgebenden Seen Salzwasser haben .

Auch der Boden der ganzen

sein dem Ihne einen warm empfundenen Nekrolog gewidmet hat, ist ein um die biologische Geographie hochverdienter

Gelehrter seinem gesegneten Arbeitsfelde entrissen wor Gegend ist reich an Salzen. Selbst die Ufer und die Inseln des Tsad sind reich an Natron, welches

den. Geboren am 22. April 1819 zu Rödelheim , ge dachte er ursprünglich Mediziner zu werden , aber von

aus dem Boden gewonnen wird und den Gegen -

1843 an wirkte er als akademischer Lehrer der Botanik ,

stand eines lebhaften Handels nach Westen bildet. Wohl alle Flüsse der Erde führen dem Meere und, wo sie in Binnengewässer münden, auch diesen Salze zu und machen die letzteren zu Salzseen . Der grosse Binnen

zuerst als Privatdozent, seit 1848 als ausserordentlicher,

Giessen. Seine wissenschaftliche Thätigkeit bezog sich in der ersten Zeit hauptsächlich auf Pflanzenphysiologie

see , das Kaspische Meer, hat nur in seinem nörd

und Pilzkunde, aber mehr und mehr wendete er sich

seit 1853 als ordentlicher Professor an der Universität

lichen Teile zur Not trinkbares Wasser ; nach Süden

nachgerade der Phänologie zu , als deren erste Auto rität er rückhaltslos von allen Seiten anerkannt war.

zu nimmt der Salzgehalt immer mehr zu . Vielleicht ist eine Erklärung des Süsswassers im Tsad-See durch die Thatsache zu versuchen , dass die Zuflüsse des

von der geographischen Verteilung der Gewächse; wir

Daneben bearbeitete er aber auch mit Eifer die Lehre

stellen die Titel einiger seiner hierauf bezüglichen Ar

Sees gerade aus den salzärmsten Gegenden kommen .

beiten nachstehend zusammen .

Von grösserer Bedeutung, namentlich für gegenwärtige Unterhaltung, ist die Frage der Schiffbarkeit des Sees und seiner grösseren Zuflüsse , wenn

geographisch - botanische Skizze , Deutsches Museum ,

man erwägt, welches Gewicht auf Schiffbarkeit der

Binnengewässer von allen Kolonialpolitikern und auch von der deutschen Kolonialpolitik gelegt wird, und welches wohl auch die Franzosen bezüglich ihres Planes , Tuat und den Tsad zu gewinnen , darauf 1) A. a. O. , S. 728 , I.

( Der Vogelsberg , eine

1851 ; Pfanzenverbreitung und Pflanzenwanderung,Darm stadt , Jonghans, 1852 ; Pflanzenleben am Ufer der lom

bardischen Seen , Reclams Kosmos, 1858 ; Die geogra phische Verbreitung unserer wichtigsten Waldbäume, Allg. Forst- und Jagdzeitung, 1867 ; Ueber den Einfluss der Binnengewässer auf die Vegetation des Ufergeländes, Oest. landw . Wochenblatt, 1875. ) Wesentlich solche Studien waren es auch , deren >

Ergebnisse er in dem Werke » Witterung und Wachs tum oder Grundzüge der Pflanzenklimatologie « (Leipzig,

Litteratur.

414

Förstner, 1857) niederlegte. Die Einflüsse der einzelnen Witterungsfaktoren , insonderheit der Wärme, des Lichtes

setzt werden. Beide Operationen lassen sich getrennt

und der Feuchtigkeit, auf die Entwickelung der Pflanzen

klar ; dass für den Ansatz der n - fachen Längenzahlen

betrachtete er hier gesondert und in ihrem Zusammenhange. Für Giessen rief er jene systematischen Beobachtungen ins Leben, von denen in den letzten Num-

die Flächentreue erhalten bleibt , geht daraus hervor,

Koordinaten-Achsen, dem Parallel y und dem Meridian i.

ausführen , für erstere ist die Erhaltung der Flächentreue dass während in der Projektion I die zwischen den

mern dieser Wochenschrift schon mehrfach die Rede

enthaltene Fläche der entsprechenden Fläche auf der

war; gewisse charakteristische Phasen des Pflanzenlebens

Kugel gleich ist, für die Projektion II die entsprechende

werden Jahr für Jahr in ihrem zeitlichen Erscheinen

Fläche auf der Kugel das n - fache beträgt. Das Flächen

vermerkt, und der Vergleich mit dem meteorologischen Charakter des betreffenden Jahres führt dann zu den

verhältnis der Projektion II zur Kugel ist daher cos a :n. Zur Vermeidung von zu starken Verzerrungen wird

interessantesten Wahrnehmungen. Auch regte er in anderen Städten und Ländern zur Anstellung ähnlicher

man cosa = 1 : n wählen , dann beträgt der Maasstab im Mittelpunkte der Karte für die Projektion II 1 : n der

Beobachtungen an , und wer Ihnes inhaltreiche Schrift

Projektion I.

» Geschichte der phänologischen Beobachtungen « ( 1884)

Für alle Projektionen (wie z. B. die Mollweidesche) ,

zu Rate zieht, wird immer und immer wieder den Spuren Hoffmanns begegnen. Er war ein überzeugter Anhänger der Theorie von den konstanten Wärme-

bei denen die Ordinate nur von der Breite abhängt, die

summen , über deren grundsätzliche Berechtigung allerdings die Ansichten aus einander gehen, deren endgültige

Abscisse aber das Produkt einer Funktion der Breite

mit der Länge ist , wird die Projektion II nur eine Reduktion der Projektion 1 auf 1 : n darstellen . (Mit

teilung von Prof. Frischauf in Graz. )

Beurteilung jedoch sicher nur an der Hand der Hoff

mannschen Arbeiten gelingen kann. Unabhängig da von war die von ihm zuerst mit Erfolg durchgeführte

Konstruktion phänologischer Karten , deren hohe Bedeutung für die klimatologische Forschung auch von denjenigen unbedingt zugegeben wird (z. B. von W. Köppen), welche der rechnenden Phänologie als solcher

Litteratur. Dislokationskarte der indo-britischen Streitkräfte in Ostindien und der russischen Streitkräfte in

Asien. Bearbeitet von Hauptmann Eugen Schuler. Wien , Artaria, 1892 . Zum erstenmale , soviel mir bekannt , wird hier eine gra

skeptisch gegenüberstehen . Man ist seitdem auch auf diesem Gebiete weiter fortgeschritten ; Ihne hat die Bevorzugung eines Normalortes, zu dem Hoffmann natürlich sein Giessen auserwählt hatte , fallen lassen und dadurch die kartographische Darstellung beträcht lich homogener und übersichtlicher gestaltet , aber das

lischen im Golf von Aden .

Verdienst, solchen Bestrebungen überhaupt die Bahn

Waffengattungen verschieden eingezeichnet ; bei der indischen

gebrochen zu haben, muss Hoffmann unbestritten ver

Armee ausserdem die englischen von den eingeborenen Truppen

bleiben . Die letzte zusammenfassende Arbeit des Mei sters waren seine » Phänologischen Untersuchungen (Giessener Universitätsprogramm für 1887) . Es finden sich darin auch bemerkenswerte Andeutungen über Tier-

phische Darstellung der Dislokation der russischen Armee im Kaukasus und in Turkestan und der englischen Truppen in Indien

gegeben und zwar im Maasstabe von 1 : 7500000. Beigefügt ist eine Uebersichtskarte ( 1 : 20 000000 ); ferner die Aufstellung der russischen Truppen im Amur- Gebiet (Wladiwostok) und der eng Die Truppenteile sind nach den

durch verschiedene Farben unterschieden .

Bei Dislokations

karten kommen zwei Erfordernisse hauptsächlich in Betracht : Uebersichtlichkeit und Richtigkeit. In beiden Beziehungen hat Herr Hauptmann Schuler Vorzügliches geleistet. Ein Blick

phänologie. ( XXIX . Bericht der Oberhessischen Ge-

auf die Karte , und man erkennt sofort , wo die entscheidenden

sellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen.)

Verteidigungsregionen der Engländer liegen und wo die Russen

(Zur Aitowschen Projektion.) Die Projektion Aitows ') besteht darin, dass eine Projektion der halben

sorgfältig durchgearbeitet die Engländer ihren Operationsplan auf die Verteidigung der einzig möglichen Einbruchstellen , am

Kugelfläche auf eine Ebene , in welcher das Bild des Aequators und Null -Meridians die Koordinaten -Achsen

Chaibar- und Bholan-Pass , aufgebaut haben , wie sie durch ein allen Eventualitäten entsprechendes Eisenbahnnetz die sichere

ihre Kräfte zum Angriff sammeln . Man sieht , wie überlegt und

darstellen, auf eine durch das Aequator -Bild unter dem

und rasche Beförderung ihrer Truppen nach den ernstlich be

Winkel 60 ' gelegte Ebene orthogonal projiciert wird, und dass in dieser Projektion die Meridiane mit doppelten

drohten Punkten scharf ins Auge gefasst haben .

Längenzahlen angesetzt werden.

Letzteres Bild der

und die verhältnismässig schwache Besetzung von Turkestan und

- Kugelfläche ist die Aitowsche Projektion. Hammer ?) wendet diese Methode auf Lamberts zenitale flächentreue Projektion an und erhält aus der

ihre lockere und ungenügende Verbindung mit den übrigen Teilen des Reiches zu sehr interessanten politischen und stra

ursprünglichen Projektion der Halbkugel eine flächen treue Projektion der ganzen Kugelfläche.

Engländer und von der unheimlich anschwellenden Macht und der nach allen Richtungen hin lauernden Bereitschaft der Russen

Es dürfte die Bemerkung interessieren, dass man für

reden ! Zum eingehenden Verständnis der Aufstellung der beiden Armeen nördlich und südlich vom Pamir - Plateau gehört die Kenntnis der Lage von den fast unübersteiglichen Gebirgszügen

das obige Achsensystem aus einer flächentrenen Projektion I auch dann noch eine flächentreue Projektion II erhält , wenn die Projektion I auf einer durch das Bild des Aequators unter einem beliebigen Winkel ( geneigte

Ebene orthogonal projiciert wird, und wenn die n -fachen (wo n eine reelle Zahl bedeutet) Längenzahlen ange 1 ) Angewandt in Schraders » Atlas de géographie moderne « .

2) Petermanns Geograph. Mitteilungen, 38. Bd . , S. 85 ff,

Andererseits

regt die kolossale Anhäufung russischer Streitkräfte im Kaukasus

tegischen Erwägungen an . Kein Buch kann deutlicher als diese Karte von der zielbewussten Offenheit und Entschlossenheit der

des Karakorum und Hindukusch .

Trotzdem hat der Herr Ver

fasser auf die Darstellung der orographischen Verhältnisse ver zichtet ; nach meiner Ansicht mit Recht : denn die Deutlichkeit

der Truppeneinzeichnung (was hier ja die Hauptsache) hätte un bedingt darunter leiden müssen. Ein Vergleich mit den neuesten officiellen Zusammen stellungen der Truppenverteilung hat mich überzeugt, dass die

Dislokationen mit der grössten Sorgfalt und bis ins einzelne richtig eingetragen sind ,

Litteratur.

415

Sehr wertvoll und neu in ihrer Art ist eine Beilage zur Karte, eine Art Legende. Wir erhalten hier nicht nur die Namen

K. Kugler , in seinen >Ortsnamen der Altmülalp « , 1873 , und

und die Stärke der einzelnen Truppenkörper und in besonderer

dann Vater Ludw . Steub , in der Orthographie der Alpen.

Gruppierung ihre Verteilung auf geschlossene politische Bezirke,

karten «, 1877 , und wieder » Ueber die Rechtschreibung der Orts namena, 1880, haben die Konsequenzen, welche die Namen forschung der orthographischen Reform bringen sollte , zum Gegenstand ihrer Anregungen gemacht.

sondern auch eine äusserst übersichtliche und knappe Darstellung des Ueberganges der Armee vom Friedensstand auf den Kriegsfuss. Für das Studium der militärischen Situation der Engländer und Russen in Asien dient die vorliegende Karte als ein neues, zuverlässiges und unentbehrliches Hilfsmittel . Brix Förster .

München .

Beiträge zur Namenverbesserung der Karten des Deutschen Reiches von A. Wessinger, H. Witte und H. Herbers

herausgegeben im Auftrag der Centralkom

mission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland und mit einem Schlusswort versehen von Alfred Kirchhoff.

90 Seiten in kl . 8 °.

Leipzig, Verlag von Gustav Uhl , 1892 .

Ein schöner Traum , der schon vor 140 Jahren einen er. leuchteten deutschen Geographen beschäftigte, scheint seiner Er füllung entgegen zu gehen.

Für den Landesatlas, den damals die berühmte Nürnberger Firma der Homannischen Erben plante, sprach der schwäbische Kartograph Joh. Michael Franz ) die Forderung aus , man müsse die richtige Schreibweise der Oerter aus den amtlichen Erlassen und, wo diese unzugänglich, aus den Hebe- und Steuer registern zu ermitteln suchen . Ja , den geplanten Vermessungen vorgängig, müssten Verzeichnisse der urkundlichen Namensformen erstellt werden . Aus der Namenforschung sei viel Nutzen zu

scher lange Zeit als etwas Aeusserliches abseits zu stehen. Erst

So fallen denn , soweit unsere Kenntnis reicht , die ersten amtlichen Versuche, die Schreibweise bestimmter deutschsprachiger

Gebiete nach den Anforderungen der heutigen Namenforschung zu bereinigen , nicht früher als in das Jahr 1882. Diese Ver suche geschahen im Zusammenhang mit den Reformbestrebungen, welche damals auf orthographischem Felde überhaupt zum Durch bruch gelangten ; sie gingen von den Regierungen der schweize rischen Kantone Zürich und St. Gallen aus und sind beide ge scheitert . Der Hergang ist in meiner » Geschichte der geogra phischen Namenkundea (pp. 1 , 360 ) kurz geschildert . Dagegen hat das Unternehmen des Eidg. Topographischen Bureaus, die in den Blättern des Siegfried - Atlas vorkommende Nomenklatur

einer durchgängigen Bereinigung zu unterwerfen, seit 1871 seinen stillen Fortgang bis auf den heutigen Tag genommen. Diesen privaten Bestrebungen ist nämlich von amtlicher Seite

ein Anfang parallel gegangen , und zwar geschahen diese ersten Versuche in der Schweiz. Als nämlich, auf Grund der eidgenössi

schen Landesvermessung unter General Dufour , in den Jahren 1842 - 1864 die Dufour - Karte , 25 Blatt auf den Maasstab 1 : 100 000 reduciert , erschienen war , beschloss die Bundesver

ziehen ; » die grössten Männer haben sie niemals verachtet , son dern , wenn es auf Erläuterungen der Geschichte angekommen,

sammlung im Jalıre 1868, die Messtischblätter im ursprünglichen Maasstabe 1 : 25 000, im Hochgebirge 1 : 5000o, herauszugeben. Diese Arbeit des topographischen Bureaus, welches damals unter

solche glücklich angebracht«.

der Leitung von Dufours Amtsnachfolger , des Obersten Her

Für den hohen Geistesflug des merkwürdigen Mannes gibt

mann Siegfried , stand, erhielt 546 Blätter und gab das Relief

es kein beredteres Zeugnis , als die lange , an den Kaiserschlaf des Kyffhäuser gemahnende Totenstille, welche dem Traume ge

nicht wie die Dufour - Karte in Schraffenmanier, sondern durch Niveaukurven von 10 resp . 30 m Aequidistanz; sie ist ihrer Voll endung nahe gekommen und wird als „ Siegfried - Atlasa be zeichnet . Hand in Hand mit dieser neuen Bearbeitung sollte nun

folgt ist. Alles , was in der Orthographie der Ortsnamen auf tauchte, beschränkt sich auf wenige Einzelheiten, wie 1785 Joh. v. Müllers Vorschlag zur Ausscheidung der Formen Schwyz und Schweiz, welcher erst 1815 amtlich zum Durchbruch ge langt ist , und 1817 J. G. Radlofs Versuch , die Schreibung Teutsch wieder herzustellen, noch 1846 erneuert von Heinr, Hattemer. Noch 1856 stand Fr. K. Wex , der die Schreibung

auch die Bereinigung der Nomenklatur gehen . Zu diesem Zwecke richtete 1871 das Eidg. topographische Bureau ein Cirkular, be gleitet von vollständigen Namenlisten , je für eine Sektion jedes Blattes, an die sämtlichen Kantonsregierungen und bezeichnete als Zweck dieser Revisionsarbeit :

Mecklenburg, mit ck , motivierte, auf deutschem Gebiet ver

a) Richtigkeit der Namen an sich ,

zu einer Zeit , wo in Dänemark schon E. Madsens treffliche Erörterung » Om retskrivning af stedsnavne « erschien und das niederländische Ministerium eine allgemeine und wissen

b) Durchführung einer bestimmten Schreibart.

einzelt

schaftliche Bereinigung der Namen der Landeskarte anbahnte . Möglich , dass da oder dort , auch auf deutschsprachigem Boden , noch ein Mehreres geschah ; allein diese Bestrebungen sind unvermerkt vorüber gegangen . Ein Vorgang dieser Art

ist mir aus meiner ersten Schulzeit in Erinnerung. Es war in den 30er Jahren, dass bei uns die Volksschule reorganisiert und allgemein verbindlich wurde.

Damals lernten wir die Misch

form Regen Sperg , Regen Storf , Wäden Schweil ... durch ein etymologisch richtigeres Regensberg , Regensdorf, Wädenswyl ersetzen .

In der That, jene Missbildungen , die

vor 60 Jahren noch allgemein üblich waren , sind längst aus dem Gebrauche verschwunden, und ihr Wiederauftauchen würde heute von Jedermann mit Lächeln aufgenommen werden . Was in meinem

Für diese Untersuchung werden seit einiger Zeit Sach

kundige konsultiert – in der richtigen Erkenntnis , dass , wie ich in meiner > Geschichte der geographischen Namenkunde « p. 360 hervorgehoben habe , in solcher Materie der amtliche >>

Entscheid der Staatskanzleien nicht genüge .

Im Gegensatz zu diesem eidgenössischen Unternehmen, das noch immer seinen stillen Fortgang nimmt , sind die Versuche, welche die Regierungen der Kantone Zürich und St. Gallen , im Zusammenhang mit der Regelung der allgemeinen deutschen Orthographie, auf die Rechtschreibung der Ortsnamen ihres Ge bietes richteten , rasch gescheitert . Wie oben erwähnt, hat der

Berichterstatter in seinem Werke eine aktenmässige Darstellung jener Bestrebungen gegeben .

Während dieser Vorgänge blieb es, soweit dem Referenten

der methodischen Namenforschung , und zwar als eine ihrer Allein auch die Namenforschung zögerte

merkwürdig bekannt, noch immer still im Deutschen Reiche für ein Land , welches sich nicht bloss rühmen darf, seit 1859 resp . 1871 in Förstemanns » Altdeutschem Namenbuche ein Meisterwerk deutscher Namenforschung zu besitzen , sondern auch seit einem halben Jahrhundert eine von Jahr zu Jahr anschwel lende und sich veredelnde , kaum mehr übersehbare toponymische Litteratur hervorgebracht zu haben . Wenn wir einzelne Regungen , welche in Grenzländern , wo die deutsche Sprache im Kampf

damit Jahrzehnte lang.

Gesichtskreise sich vollzogen, ist vielleicht auch anderwärts vor gekommen , und es wäre wohl der Untersuchung wert , was die verallgemeinerte Volksbildung still und unbemerkt zur Entfernung auffälliger Missformen beigetragen hat. Ein Aufblühen der orthographischen Reform war erst von Früchte, zu erwarten .

1

Ihre nächste Sorge war gerichtet auf

mit anderen Zungen liegt, in Schleswig, in Westpreussen, Posen,

die Herstellung und Sammlung der urkundlichen Formen und auf die Erschliessung des Sinnes der Ortsnamen ; die Schreib

waren '), als durch die besonderen Verhältnisse bedingt bei Seite

weise, nur das Kleid dieser Gebilde betreffend, schien dem For

lassen, so gebührt das Verdienst , die öffentliche Aufmerksamkeit

1) Kosmographische Nachrichten und Sammlungen etc. , Wien und Nürnberg , 1750.

buch 12 , 59

Elsass-Lothringen , auf Verdeutschung der Ortsnamen gerichtet

1) Geschichte der geogr. Namenkunde 119, 238 ; Geographisches Jahr.

ur Litterat .

416

auf die orthographische Reform der deutschen Karten gelenkt

und ich hätte sicherlich einen gut bayerischen Namenforscher

zu haben , dem Breslauer Geographen J. Partsch , init seinem

anregenden Aufsatz: » Eine Aufgabe der Kartographie im Riesen

auf meiner Seite. „ Ein gesinnungstüchtiger Onomatologe, « sagt L. Steub ' ) , » lässt sich von sämtlichen königl . bayerischen Be

gebirge « ') . Offenbar geschah es unter dem Eindruck dieser Anregung , dass die Angelegenheit auf dem 8. Deutschen Geo.

zirksämtern nicht belehren, dass er Kreith oder Biehel schreiben müsse , wenn er nach seiner Ueberzeugung Greut und Bühel

graphentag, im April 1889 zu Berlin abgehalten, zur Sprache besten Karten des Deutschen Reiches die Namenschreibung mit

für richtig hält « . Und mit dem ihm eigenen köstlichen Humor fügt er bei : » Man kann sich leicht denken , wie es einem ge wissenhaften Bezirksamtmann zu Mute gewesen , wenn er sich für

unter ungenau oder geradezu unrichtig sei , ja , dass es für diese

die eine oder andere Schreibung, Biehl oder Biehel , ent

wichtige Frage überhaupt noch an der Vereinbarung einer grund

scheiden musste « .

kam. Es wurde » widerspruchslos anerkannt, dass selbst auf den

Und un oun , zu Handen der

Wahrlich , in einer Sache , wo das Temperament so leicht

Reichsbehörden , dieser Feststellung die erforderlichen Unter

sich einmischt, wird vier eine und andere Gedanke des Verfassers

lagen schaffen zu helfen , setzte die Centralkommission für wissen schaftliche Landeskunde von Deutschland , laut Ausschreiben vom

auf Widerspruch stossen ; aber die Hauptsache liegt nicht in dem einzelnen Fall , sondern darin , dass hier einmal greifbare und

1. Mai 1889, » einen Preis von 400 Mark aus für die genaueste

zwar in der grossen Mehrzahl einleuchtende und annehmbare

und umfassendste Nachweisung einschlägiger Irrtümer unserer Generalstabskarten , sowie für die gründlichste, orts- und sprach kundige Berichtigung derselbene. Die Eingaben waren bis

als eine erste Grundlage , die in der obschwebenden Frage ge

sätzlichen Richtschnur fehle « .

1. Mai 1890 an Professor A. Kirchhoff in Halle a . S. einzu senden .

So war denn der erste grosse Schritt geschehen. Man durfte auf den Erfolg gespannt sein. Das Unternehmen , so be scheiden gegenüber den weltumspannenden Unifikationsträumen, die eine Flut insbesondere französischer Kundgebungen hervor. gerufen hatten ?) , konnte nur dem Fernstehenden ein leichtes scheinen. Je sorgfältiger man sich in alle die Seiten dieser

Frage vertieft, desto zahlreicher und mannigfaltiger wachsen die Schwierigkeiten vor uns auf. Und siehe! unter den eingesandten Bearbeitungen erschienen drei des Druckes würdig ; sie sind in der oben angezeigten Druckschrift enthalten . Ueber die Preis zuteilung ist uns keine Kunde zugekommen .

Die erste und umfangreichste dieser Arbeiten ist betitelt :

Vorschläge vorliegen . Wir betrachten die Wessingersche Studie boten ist .

Von eigentümlichem Interesse ist der zweite Beitrag , be

titelt „ Zur Bedeutung der Ortsnamen Deutsch -Lothringens«, von Dr. Hans Witte in Strassburg (p. 54-73), schon durch seinen historischen Teil , der die mancherlei Wandlungen in den Orts namen dieses Landesteiles vorführt. Die Vorschläge des Ver fassers gehen , unter Verwerfung der mundartlichen , wie der fran

zösischen Formen , auf eine vorsichtige Wiederherstellung der verschollenen deutschen Namen, wenigstens in denjenigen Gegen den , die der deutschen Zunge angehört haben . Der Verfasser will das Bestreben der deutschen Generalstabskarte , diese alten . deutschen Namen wieder zu beleben, durch seine Arbeit fördern , und zwar in zwei Richtungen :

a) untersuchen, ob die wieder eingeführten Formen die rich tigen sind ,

Die Rechtschreibung der deutschen Ortsnamen , begutachtet auf Grund der südbayerischen Ortsnamen , von Ober- Amtsrichter

b ) der Regierung weitere Materialien zur Verfügung stellen . Der dritte Beitrag, » Nachweisung einiger unrichtiger Namen

Anton Wessinger in Miesbach (p. 1–53). Der Verfasser bespricht nach einer Orientierung über die Namenkunde über.

angaben auf den Messtischblättern des mittleren Deutschlands «

1

haupt, sowie über den Zweck seiner Arbeit zunächst die Grund

sätze der heutigen Namenforschung, und zwar genau in der Fas sung , wie sie in meiner »Geschichte der geogr. Namenkunde« (p. 203—207) aufgestellt und erörtert sind , und beleuchtet sie mit guten Beispielen aus seinem Gebiete. Hierauf zeigt er an einer alphabetisch geordneten Auswahl von 100 Ortsnamen, wie sehr die heutigen Formen von den ursprünglichen abweichen , und hierauf, wie dasselbe Grundwort selbst in Südbayern, einer

mundartlich so einheitlichen Landesgegend , eine verschiedene Formn in den Ortsnamen hat erhalten können. Nach einem Rück

blick auf » die bisherigen Anläufe zur Rechtschreibung der Orts namen« folgen nun des Verfassers eigene Vorschläge , zunächst im allgemeinen und hierauf im besonderen , auf die einzelnen Namen und Namenbestandteile angewandt . Hier also liegt der

eigentliche Kern der Wessing erschen Arbeit , und wenn sich der Verfasser schon vorher als kundigen Namenforscher erwiesen

von H. Herbers , Katasterkontroleur a. D. in Merseburg (p. 74 f.), enthält in tabellarischer Zusammenstellung 27 Ortsnamen in der unrichtigen und richtigen Schreibung . In dem Schlusswort erörtert der Herausgeber, nach welchen Richtungen und mit welchen Mitteln eine zielgerechte Namen verbesserung durchführbar wäre . Er fasst diese Erörterung in folgende Sätze zusammen : 1. Schreib- und Stichfehler sind strenger als bisher zu ver meiden ; 2. die Namen müssen in möglichster Vollzahl aufgenommen und stets genau an die Stätte ihrer Oertlichkeit gesetzt werden ;

3. die Rechtschreibung vielfach wiederkehrender appellativi

scher Namenendungen , sowie der phonetische Wert der Buchstaben ist gleichmässig festzusetzen ;

4. die Namenformen sind dem heutigen Sprachgebrauch an zupassen unter Berücksichtigung der Dialektfärbung und

hat 3), so lernen wir hier, auf einem vielfach schlüpferigen Pfade, seinen klaren, nüchternen und vorsichtigen Sinn achten. Ueberall in seinen Vorschlägen tritt das Bestreben zu Tage , die ortho .

ihrer geschichtlichen Entstehung ; 5. in den gemischtsprachigen Grenzgebieten des Reiches ist die Verdeutschung der Namen maassvoll und nach ein

graphische Reinigung auf Grund der Etymologie aufzubauen, heitlichen Grundsätzen anzubahnen ;

aber dabei nicht die Grenzen des Möglichen und Praktischen zu überschreiten .

Wenn ein Beispiel besonders geeignet ist , diese Vorsicht zu illustrieren , so ist dies ohne Zweifel die Schonung , die der Verfasser den dialektischen Formen für Bühl , als Biehel ,

Biehl, Piehel , Piehl , Piel , Biel u. s. w. angedeihen lässt, wenn er p. 46 bemerkt: » Biehl ist mundartliche Eigentümlich keit « , unzweifelhaft in dem Sinne, dass sie darum geschont wer den möge. Ich gestehe, dass meine Milde nicht so weit ginge, 1) Wanderer im Riesengebirge, Hirschberg, 1887.

6. Staat und Wissenschaft sind berufen , die Berichtigung der Namen in Gemeinschaft zu erwirken .

Dieses Schlusswort, in seiner Fülle praktischer Gedanken, zeigt dem Leser , in welch trefflichen Händen die Leitung des weit aussehenden und schwierigen Unternehmens liegt. Wir be trachten es als ein sicheres Pfand , dass das begonnene Werk in frischem , freiem Sinne fortgeführt und zu gedeihlicher Vollendung gelangen wird . Oberstrass - Zürich . J. J. Egli . 1 ) Zur Namen- und Landeskunde der deutschen Alpen , p . 87 f.

2) Geschichte der geogr. Namenkunde, 370 ff ., 396 ff. 3) Schade , dass in den Namen der Autoren mehrere Versehen sich

eingeschlichen haben : Th. v. Grienberger ist konsequent (pp . 24 , 28 , 36) in Grieninger verwandelt ; es steht p . 17 H , Mayr für Meyer ; p . 40 Ferdinand Staub für Friedrich Staub und Paul Schweitzer für Schweizer .

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.