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German Pages 424 Year 1892
DAS AUSLAND WOCHENSCHRIFT FÜR
ERD- UND VÖLKERKUNDE FÜNFUNDSECHZIGSTER JAHRGANG
HERAUSGEGEBEN VON
SIEGMUND GÜNTHER
1892
MDC
STUTTGART
VERLAG DER J. G. COTTA’SCHEN BUCHHANDLUNG NACHFOLGER
GTANPORD UNIVERSITY LIBRARIES STAOKS
SEP 2 9 1977
APRO AZA Vigs
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.
I n h alts - Verzeichnis. Jahrgang 1892 . [Die Rubrik »Geographische Mitteilungen, ist nicht besonders berücksichtigt , vielmehr sind die einzelnen Bestandteile derselben den betreffenden Fach-Kategorien direkt eingeordnet worden. Der Buchstabe G. bedeutet den Namen des Herausgebers.] Burmeister. 430. W. Wolkenhauer ( Bremen ). Die Strömungen in den Meeresstrassen . Ein Beitrag zur Ge schichte der Erdkunde. 449. 470. 487. 500. 518. 538. 554.
A. Geographie im allgemeinen. An den Leser.
1.
Onomatologisches .
S. Günther. III .
G.
565. Emil Wisotzki ( Stettin ).
Terra incognita. 119. Adolf Fleischmann (München ).
Der Antrag des Columbus bei der Venetianischen Republik. 469.
Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften . 198. J. J. Egli (Zürich) .
Eugen Gelcich (Lussin piccolo) .
Zur Guanahani-Frage. 511. H. Greffrath ( Dessau ).
Geographische Gesellschaften und Zeitschriften. 304. W. Wolken hauer (Bremen),
Die erste Anwendung der gnomonischen Kartenprojektion. 520.
Ritters Lexikon. 367. (Mitteilung von O. Wigand in Leipzig.)
Neues über Claus v . d . Deckens Tod. 524. Ph . Paulitschke ( Wien) .
Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie. 401. 417. J. Partsch ( Breslau ).
Erwiderung gegen Herrn J. Partsch. 480. G. Gerland (Strass burg). Columbus-Feier in Hamburg. 524. Bildnis von Tischler. 653. G.
G.
S. Günther.
Stairs. 542. W. Wolkenhauer (Bremen). Die Kompass-Sage in Europa (Flavio Gioja) , die ersten Er wähnungen desselben dortselbst und nationale Ansprüche an seine Erfindung. 551. 563. 586. 604.620. A. Schück (Hamburg ). Die Schiffe des Columbus.
Das Areal der Erde und seine Schwankungen . 785. 805. Alwin Oppel ( Bremen) .
558.
G.
Graf Hübner. 573. W. Wolkenhauer (Bremen) . Mästlin und das aschgraue Mondlicht.
573.
G.
Aus dem Leben eines deutschen Kolonisators und Naturforschers.
631.
B. Geschichte der Geographie (inkl. Biographie).
Friedrich Müller (Blumenau).
K. v. Spruner. 638. W. Wolkenhauer (Bremen). Zum 12. Oktober.
641.
Eugen Gelcich (Lussin piccolo).
Mathematische Geographie bei den Arabern. 651. G.
Die Briefe des Amerigo Vespucci . 14. G. Galileis Mathematische Geographie. 31. G.
Reise des Padre Manuel Godinho S. J. von Indien nach Portugal
im Jahre 1663. 657. 678. G. Th . Reichelt (Rheinfelden ).
Moltkes geographische Leistungen. 33. 52. 76. S. Günther.
Geschichte der Kander-Regulierung. 669.
Ein wichtiges Dokument zur Geschichte der Ethnologie . 47. G. Die Astronomie der alten Chaldäer. 59. 72. 87. 101 . Fritz Hommel (München). Quatrefages. 95. G. Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien
Brachelli. 700. W. Wolkenhauer (Bremen ).
von Europa erhalten ? 122. 141. 153. A. Schück (Hamburg). Adrian von Riedl , der vornehmste altbayerische Hydrograph. 129. Christian Gruber (München). Airy. 172. G. Pater Schynse . 172. G. Reminiscenz zur Geschichte der Methodologie.
173.
Zur mittelalterlichen Geographie und Ethnographie. Bates. 191. W. Wolkenhauer (Bremen ).
G.
228.
Die Globen Gerhard Kremers in Italien. 700. Eugen Gel. cich ( Lussin piccolo) . Arthur Breusing . 721. W. Wolken hauer (Bremen).
E. Kling. 749. W. Wolkenhauer (Bremen). Der tunesische Geograph Hadji Ahmed . 750. Eugen Gelcich ( Lussin piccolo) . Friedrich v . Hellwald . 753. M. Hoefler (Tölz). Beiträge zur Geschichte der oceanischen Schiffahrtregeln und Segelhandbücher. Ein Beitrag zur Geschichte der maritimen
Geographie. 769. 791. 809. 824. 835. Eugen Gelcich
177. G.
Reisebriefe von Charles Darwin. 193. 215. W. Preyer (Berlin ) . Grant . 222 , W. Wolkenhauer (Bremen) . Gretschel . 222 . W. Wolkenhauer (Bremen) . Wilhelm Junker. 225 . W. Wolkenhauer ( Bremen ). Sir Francis Drake auf dem Isthmus von Panamá.
G.
( Lussin piccolo) . Etymologie des Wortes » Calamita « .
785.
G.
Ein altes indisches und arabisches Instrument zum Bestimmen
der Polhöhe gewisser Orte . 814. A. Schück (Hamburg). Merkwürdige Polarfahrt. 846. A. Schück (Hamburg). Die portugiesischen Wappenpfeiler. 847. G.
Ed .
Hahn ( Berlin). Der angeblich älteste Stadtplan von Wien . 239. Rob. Sieger (Wien ).
C. Wirtschaftliche Geographie.
Comenius als Geograph und Naturforscher. 241. 260. S. Günther.
Zur Geographie der Schienenwege. 24. W. Goetz (München).
Drei Karten von Gerhard Mercator. 257. 275. Ernst Fischer (München).
Der Notstand in Russland. Ein Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart. 81. 97 . Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis. 91. Rudolf Fitzner (Sousse) . Die Agrarfrage in Japan. Teilweise nach Ota Nitobe und anderen . 138. 149. Wilhelm Krebs (Altona) . Zur Terminologie der Wirtschaftsformen der Erde. 157. Georg Wegener ( Berlin) . Afrikanische Eisenbahnen. 173. G.
Murray. 270. W. Wolkenhauer (Bremen) . Ewald. 303. G. Turazza. 317. G.
Zur Geschichte der barometrischen Höhenmessung. 335. G. Mombassa vor 400 Jahren.
335.
G.
Menke. 366. W. Wolkenhauer (Bremen). Duveyrier. 383. W. Wolkenhauer (Bremen). Küster. 397 . W. Wolken hauer (Bremen). H. Hoffmann .
413.
G.
Zur mittelalterlichen Ethnographie. 424. Fr. Guntram Schult heiss (München) .
Die Wald- und Forstkultur Serbiens.
188. Anton Schmitter
(Belgrad-München) . Tropische Agrikultur. 221 . W. Goetz (München) . Zinnbergbau im Fichtelgebirge . 223. G.
Inhalts -Verzeichnis.
IV
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumatras . 267. 284 . W. Danne (Deli). Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland . 300.
314. 331. 347. P. Seeberg (Stuttgart).. Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .
385 .
C. St. Jovanovič (Dresden ). Eine Eisenbahn durch die Sahara. 410. 420. Adolf Fleisch mann (München). Wald-, Heide- und Moorflächen der Niederlande. 436. W. Goetz (München). Klimatische Faktoren der Weltwirtschaft. Mit speciellem Hin
blick auf Japan und Deutsch -Ostafrika. 465. 482. Wilhelm Krebs (Berlin).
Nachträgliche Notiz zur Phänologie. 350. G. R. Falbs Wetterprognosen. 369. W. J. van Bebber (Hamburg ). Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande . 372. Adolf Forster (Wien ). Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. 379 . Otto Ankel ( Frankfurt a . M.) . Die Wärme des Mondes nochmals. 383. V. Freudenberg (Mödling) Interglacialzeiten . 398. G. Neue magnetische Aufnahme Oesterreichs. 398. G. Pechuël-Lösches Studien zur Morphologie der Wüstenlandschaft. 446. G. Die ersten Quellen brennbaren Gases im deutschen Sprach
Die Sakifabrikation in Japan . 696. Joseph Grunzel (Wien).
gebiete.
Die Schwammfischerei auf den Bahama-Inseln. 790. V. Freuden berg (Mödling).
Fischreste
Die höchste Bahnlinie der Erde. 797. J. Praun (München) .
Das Sinken des Wasserspiegels im Salzigen See bei Eisleben .
Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojektes. 13. H. Habenicht (Gotha). Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde. 48. G. G. 161 .
Rich . Lüddecke (Gotha) . Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie . 202 . Emanuel Czuber (Wien ). 1 :
II .
1 000 000 .
289.
Al
brecht Penck (Wien) .
Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt. 291. H. Habe. nicht (Gotha ). Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst . I. 292 . J. H. Graf ( Bern ). Ein neuer Projektionsglobus. 321. 337. 356. Franz Adami (Bayreuth) .
Das Panorama als Hilfsmittel der Geographie. 353. Johannes Frischauf (Graz).
Zur Aitowschen Projektion . 414. Johannes Frischauf Graz). Venus als Morgen- und Abendstern . ( Bayreuth ).
462 .
Franz
Adami
Schwankung der Erdachse. 542. G. Zur stereographischen Projektion . 590. G. Zur Projektion der Erdkarte in 1 : 1 000 000. 625. E. Hammer (Stuttgart). Ein für den Geographen nützliches geometrisches Instrument. 685. G.
E. Physikalische Erdkunde
(inkl. Biologische Geographie ). ' ) Eine Skizze über Witterung und Influenza. 49. 68 . C. Lang (München ) Die Wärmestrahlung des Mondes . 79. G. Ueber die Beziehungen weit entfernter Süsswasserfaunen . 79. G. Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die
Geiser
des Yellowstone - Parks .
silurischen
Erdschichten.
478.
G.
Die VI. Allgemeine Versammlung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft zu Braunschweig, 7.-9 . Juni 1892 . helm Krebs (Berlin ) .
581. Wil
Veränderung von Flussläufen in der Quartärzeit. 590.
G.
Gedanken über das Wesen des Vulkanismus . 609. S. Günther .
G.
Noch einmal die Erdkarte im Maasstabe 1 : 1 000 000.
Die Erdkarte im Maasstabe von
unteren
Die Schwerkraft in den Alpen. 523. G. Gletscherlawinen am Montblanc. 558. G. Bestandwechsel von Eruptivgesteinen. 573.
(inkl. Kartographie und Nautik).
94.
den
V. Freudenberg (Mödling). 493. W. Ule (Halle a. d. S.). Erdbebenprophezeiungen. 513. H. Habenicht (Gotha).
D. Mathematische Erdkunde
Entfernung der Sonne von der Erde. Das geometrische Nivellement. 127 .
455. F. v. Oefele (Neuenahr). in
132 .
A. Rothpletz
(München ) . Solare Veränderungen und magnetische Störungen . 143 Luftdruckschwankungen während einer Finsternis. 172 . G.
G.
Verschiebungen der Strandlinie in Schweden und Finnland . 183 .
St. Elmsfeuer . 651. Otto Ankel (Frankfurt a. M.) . Physikalische Untersuchung des Weissen Sees. 651. G. Gewitter in Bayern . 652 . G. Grundwasserstudien . 652. G. Tierphänologie . 701 . G. Die geographische Verbreitung der Säugetiere im östlichen
Russland und ihre Bedeutung für die mitteleuropäische Diluvial . fauna. 727. 742. A. Nehring (Berlin) . Zur meteorologischen Optik im Hochgebirge. 754. Eberhard Fugger (Salzburg) .
Die Sonnenfleckenperiode. 767. G. Die Schwerkraft in den Alpen . 774 .
Emanuel Czuber
(Wien) . Die Häufigkeit der Eisberge und Klimaschwankungen .
777
H. Habenicht (Gotha) . Leuchtende Wolken.
783.
G.
Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit von der Gesteinsart. 783. G. Der Komet Holmes . 796. G. Klassifizierung der Eruptivgesteine. 797. G.
F. Allgem. Ethnologie ; Anthropogeographie. Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft. 219 . Friedrich Müller (Wien ) . Erweitertes Museum für Völkerkunde zu Leipzig. 270. G. Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit. 367. G. Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit nochmals . 447. Otto Ankel ( Frankfurt a . M.). Geheimbünde und Pubertätsweihen iin Lichte der Ethnologie . 529. Th . Achelis ( Bremen ). Ueber Bogen von Afrika und Neu-Guinea . 689. J. D. E. Schmeltz (Leiden ). Das verschiedene Wachstum der Völker. Ein Beitrag zur Kritik
anthropogeographischer Grundbegriffe. 801. 821. 843. Fr. Guntram Schultheiss (München ). Das Ohr und sein Schmuck bei verschiedenen Völkern. Friedrich v. Hellwald (Tölz) .
833 .
Rob. Sieger ( Wien). Denudation in der Wüste. 206 . Neues Tiefenlot. 206. G.
G.
Die Eiszeiten in Finnland .
Rob. Sieger (Wien).
218 .
Verlegungen der Wasserscheide.
G. Europa . ) 222 .
I.
G.
G. Junge (Sondershausen ).
Der Regenfall auf Jamaika . 244. V. Freudenberg (Mödling ).
Erlebnisse in Russland.
Betrag der Denudation durch Niederschläge .
Eine Wanderung in der Auvergne. 39. 56. 65. 84. J. Partsch
286.
G.
Schema für phänologische Beobachtunge . 287. G.
Erdbebenbeobachtungen in verschiedenenn Tiefen . 303 . G. Eine diluviale Wald- und Sumpf- Flora aus der Gegend von Rotation der Sonne .
334.
318.
( Breslau) .
Der Bernstein in Oldenburg. 78. Wiepken (Oldenburg) . Topographie des Aetna. 79. G. Die Pelagosa -Gruppe.
Cottbus. 305: A. Nehring (Berlin). Die Wasserführung der Gebirgsbäche.
G.
G.
9. 26 .
127.
Das Gebiet der Niederelbe.
G. 128.
G.
Skizzen aus Portugal . 229. N. L. Ey (Hohenstein).
1) Je nachdem bei einer Arbeit das rein naturwissenschaftliche oder das geographische Moment vorzuwiegen schien , wurde dieselbe unter dieser
unter II die mebr das ethnographische Moment betonenden Abhandlungen
Kategorie oder aber bei dem betreffenden Erdteile registriert.
aufgeführt.
1) Unter I werden bei jedem Erdteile die mehr das geographische,
V Inhalts - Verzeichnis.
V
J. Afrika .
Neue hydrographische Karten von Süddeutschland. 433. Adolf E. Forster (Wien).
Winterkurorte an der Riviera . 452. 472. Elise Emmel (Rom ). Periodische Dürre in Russland . 479. R. v . Erckert (Berlin) . Der vergletscherte Pass von Grindelwald . 574. G. Antikritische Bemerkungen , die Halligen betreffend . 622. Eugen Traeger (Nürnberg ).
Vom Dachsteinplateau. 667. Albrecht Penck (Wien) . Die Seen des baltischen Höhenrückens. 673. 694. 710. W. Ule (Halle a . d . S. ) . Temperaturverteilung in Europa. 686. G. Die Karstlandschaft des Sees von Skutari . 701 . G. Von der Insel Samos . 830. L. Bürchner (Amberg) . II .
Beiträge zur Völkerkunde Russlands. (Berlin) .
R. v . Erckert
109.
Die Lippowaner. 166. Raimund Friedrich Kaindl (Czerno witz).
Forschungen über das deutsche Wohnhaus. 246. 294. 311. 328 . 344. Gustav Bancalari (Linz). Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens. 325. 340 . Rudolf Bergner (Hermannstadt-Linz).
1.
Wissenschaftliche Durchforschung
Deutsch - Südwestafrika .
von
15. G.
Niassa -Shirē.
113.
Oskar Lenz (Prag) .
Der » versteinerte Walda . Ein Reisebild aus der arabischen Wüste . 145 . Paul Pasig (Leipzig) . Tuat. 191. G.
Afrikanische Neuigkeiten . I. 209 . Brix Foerster (München ). Emins Reisen im Osten des Bahr-el-Djebel . 349. G.
Crampels fernster Punkt. 363.
Brix Foerster (München).
Zur Physiographie der unteren (Leipzig ). Zu den Reisen Emins. 384. G. Die Hungersnot in Abessinien . (Wien) .
Nilländer .
Paul
494 .
Paulitschke
Ph .
Pasig
Afrikanische Neuigkeiten. II. 497. 515. Brix Foerster (München ) . Klima des Kaplandes. 542. G. Eine deutsche Afrika-Zeitschrift.
607. G.
Reiseberichte von Emin Pascha. 607. G.
Kulturelle Bestrebungen im Kongo-Staate .
702. G.
Afrikanische Neuigkeiten. III. 723. Brix Foerster ( München). H. Asien .
Aufklärungen über Maschona-Land . 737 757. Brix Foerster (München). Der Mokattam . 787. Paul Pasig (Leipzig ).
I.
Forschungsreisen in Niederländisch-Ostindien. 1. 17. H. Zonder van (Bergen-op-zoom). Das grosse japanische Erdbeben .
G.
15.
Das Ussuri-Gebiet, nach den Forschungen von Elisséjeff. 46. R. v . Erckert (Berlin) . ten Kates Reise in der Sunda- See . Quer durch Tibet .
94.
G.
48.
G.
Geographische Koordinaten von Khotan . Klima und Bodenkultur in Afghanistan .
IIO.
III .
G. G.
II .
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika. 5. 21. 41. W. F. Andriessen (Amsterdam ). Bevölkerung von Madagaskar. 144. G. Kunstregungen bei den Buschmännern . 591. G. Die Juden in Nordafrika . 748. Karl Ochsenius (Mar burg i . H.) .
Zoogeographisches aus Sumátra. 158. A. Prell (Amsterdam ). Sibirische Universität. 271.
K. Australien und Polynesien .
G.
Die Insel Bogaslof. 303. H. Greffrath (Dessau ). Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . 364. 380. 394 . 407.
Eugen Oberhummer (München ).
Das kaukasische Museum in Tiflis . (Leipzig)
389.
Hermann Obst
Geologie von Cypern . 430. G. Eine Forschungsreise im centralen Asien . 463. H. Greffrath (Dessau ). Einige Bemerkungen über kaukasische Gletscher und Seen . 481 . C. Hahn (Tiflis).
ten Kates Reisen in der Südsee. 510. H. Zondervan (Bergen
I.
Geognosie von Australien . III . G. Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay. 273 . H. Greffrath (Dessau ). Inseln an der Küste Neu - Guineas .
558.
H. Greffrath
(Dessau). Die Strafkolonie Numea . 670. H. Greffrath ( Dessau ). Die Gilbert -Inseln . 813. H. Greffrath ( Dessau ) . Nachträgliche Notiz über die Gilbert- Inseln . 831. H. Greff. rath ( Dessau ).
op-zoom). 511 . H. Greffrath (Dessau ). Der frühere Lauf des Amu -Darjá. Nach den neuesten For schungen von A. Konschin . 545. R. v . Erckert (Berlin) . Die vulkanische Katastrophe auf den Sangir - Inseln. 561 .
II .
Aus Borneo .
H. Zondervan (Bergen-op-zoom ).
Die deutsche Auswanderung nach Australien.
635. O. Kalt.
Reuleaux (Giessen ). Ausdehnung des Mohammedanismus gegen Osten . Der König der Máoris.
702 .
653.
G.
G.
K. Martins Reisen im Hinterindischen Archipel. 638. H. Zonder van (Bergen-op-zoom) . Svensons Reise im Goldenen Chersonnes.
686. H. Greffrath
L. Nordamerika .
(Dessau ). Das alte Bett des Oxus . 705. W. Komischke (Berlin) . Ein Besuch an den Naphthaquellen auf Apscheron . 745 . Bernhard Stern ( Wien) .
713. 731 .
Die Steppe Mughan. 808. C. Hahn ( Tiflis). II . 106.
Friedrich v. Hell .
135. 165.
Bernhard Stern
Die Christensekte der Nestorianer.
wald ( Tölz), Die Trachten im Kaukasus. ( Wien ).
Lage und Höhe des Elias-Berges. 238. G. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Litt looet -Lake in Britisch-Columbia. 252. 264. 280. C. A. Pur pus (New Bremen ). Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia. 392. 403 . C. A. Purpus ( New Bremen) . Von den Bermudas. 652. H. Greffrath ( Dessau ) . Yale und die Goldwäschereien am Fraser-Fluss in Britisch -Co
lumbia .
Atjih und die Holländer. 232. A. Prell (Amsterdam ). Die chinesischen Religionsverhältnisse.
I.
238. G.
Astronomie und Zeitrechnung der Perser .
534 .
A. J. Ceyp
(Wien) .
676.
C. A. Purpus ( New Bremen ) . 765. C. A. Purpus (New
In den Bad Lands von Dokata . Bremen ).
Die Alkali-Lakes bei Spence's Bridge. ( New Bremen).
Nachrichten über die Tagalen aus dem 16. Jahrhundert. 542. G.
Die Sintflut-Sage bei den Haida-Indianern ( Königin Charlotte 577. 598. 616 ,
Die Weddahs auf Ceylon. 570. G. Buschan (Stettin). Das Malayische, die Handelssprache Ostindiens. 760. P. S. van Ronkel ( Leiden ).
C. A. Purpus
II .
Die Vorstellungen der Swaneten von dem Leben nach dem Tode. 571. C. Hahn (Tiflis) . Neue Beiträge zur Ethnographie von Nias. H. Sundermann (Mörs ).
780.
Insel). 170. 184. A. Jacobsen (Berlin) . Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.
199.
P. A smussen (Leck ).
Der Kosiyut- Bund der Bella-Coola- Indianer. 437. J. A. Jacobsen ( Berlin) .
Inhalts -Verzeichnis.
VÍ
M. Mittel- ?) und Südamerika.
Gerland , G., Atlas der Völkerkunde. 239. J. A. Jacobsen
I.
Nyland ,' Zendingskaart van Oost- en West-Indië. 240. H. Zon. dervan (Bergen -op -zoom ). Kiepert, Specialkarte des westlichen Kleinasien (3. Lieferung).
3
(Berlin ).
Der Nikaragua -Kanal. 287. G. Der Staat Santa Catharina in Südbrasilien . 427. 441. 458. 476 .
490. 504. C. Ballod ( Jena ). Reise nach Venezuela. 430. G. Neue Karte von Argentinien . 652. G. Die tertiären Primaten und der fossile Mensch Südamerikas . 698 .
255. Rob. Sieger ( Wien). Graf , Landesvermessung und Karten der Schweiz , ihrer Land striche und Kantone. 256. G. Schiffner , Die photographische Bildmesskunst oder Photo
grammetrie. 271. S. Finsterwalder (München).
Georg Buschan (Stettin ). Tektonik des Hochlandes von Mexiko.
767.
Kerner v. Marilaun , A. , Pflanzenleben . 272. Erich Goe
G.
bela (Potsdam ). II .
Das mexikanische Wurfbrett.
Jäger , Die Verwendbarkeit der afrikanischen Elephanten. 287 .
W. Götz (München ).
191. G.
Die Indianer Centralamerikas. 350. G. Die Handelsbeziehungen der Indianerstämme Guatemalas. Karl Sapper (Coban) .
Reicke - Schack , Die landeskundliche Litteratur der Provinzen 593
Ost- und Westpreussen. 288. G. Metzger , Europäische Ansiedler in Niederländisch -Ostindien . 288.
I.
Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland 31. G. Fischerei im nördlichen Eismeere .
523 .
Zur antarktischen Forschung . 606. A. Schück ( Hamburg ). II .
Grönland und der Eskimo. 647. 663. 681. Fridjof Nansen (Christiania).
Lehmann , F. W. P. , Das Königreich Rumänien .
G.
16.
Veröffentlichungen der Kommission zur Erforschung des östlichen G.
Det Norske geografiske Selskabs Årbog, I. II. 48. Rob. Sieger ( Wien ) .
Beiträge zur Geographie des festen Wassers . 63. Erich Goe beler (Potsdam).
Anales de Instituto fisico -geografico nacional, publicado bajo la direccion del Prof. Enrique Pittier .
80.
W.
Sievers
( Giessen) .
Dorn, Die Seehäfen des Weltverkehrs. 95. H. Lange ( Berlin ). Fritzsche, Carta generale della Sicilia. 96. H. Lange (Berlin). Voigtländer -Mehlis, Pfalzführer.
96.
G.
Juling , Taschenbuch der höheren Schulen Deutschlands für 1891/92. 96. G. Falb , Kalender der kritischen Tage 1892.
Die hygienischen Verhältnisse der grösseren Garnisonsorte der österreichisch -ungarischen Monarchie , IX .
320.
G.
Collignon , Projet d'entente internationale pour arrêter un pro gramme commun de recherches anthropologiques. 336. Georg Buschan (Stettin ). Reichard , Deutsch-Ostafrika. 350. Ph . Paulitschke (Wien) . Nerazzini , La conquista Mussulmana dell' Etiopia nel secolo XVI . 350. Ph . Paulitschke (Wien) . Guiral , Le Congo français du Gabon à Brazzaville. 351. Ph .
Paulitschke (Wien). Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen , XLVI. 351. Max Buchner (München ).
Bücherbesprechungen . Mittelmeeres . 32.
G.
Widmann , Spaziergänge in den Alpen . 304. G. Singer , Wolkentafeln . 304. G. Neumayer, Atlas des Erdmagnetismus. 318. F. Erk (München) .
N. Polarländer.
Verbeek , Oudheidenkundige Kaart van Java. 351. Max Buchner (München ).
Bydragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indië, V, 7. 351. Max Buchner (München ). Käsemacher , Die Volksdichte der Thüringischen Triasmulde. 351. Eugen Träger (Nürnberg) . Frisch auf, Aus den Schladminger Tauern . 352. G.
Lannoy de Bissey, Les possessions françaises de la Médi. terranée du Soudan (Niger). 367. Ph. Paulitschke (Wien). Lannoy de Bissey , Voyage du R. P. Mercui de Quilimané -au lac Nyassa et retour. 367. Ph. Paulitschke (Wien ). Kallenberg, Auf dem Kriegspfade gegen die Massai. 367 . W. Götz (München) .
Geistbeck , M., Geographische Landschafts- und Städtebilder 96.
G.
( 1. Lieferung ).
368.
O. Steinel ( Schweinfurt).
Wislicenus , Handbuch der geographischen Ortsbestimmungen
Brinton , Anthropology: as a Science bod as a Branch of Uni
auf Reisen . I12 S. Finsterwalder (München ). Annalen des k . k . Naturhistorischen Hofmuseums , VI , 3 und 4 .
versity Educations in the United Staates. 384. Georg Buschan (Stettin) . Falb , Das Wetter und der Mond . 384. G.
112.
G.
Evangelisches Missions-Magazin, XXXVI .
112 .
G.
Pfeiffer , R. , Ueber kritische Tage und Schlagwetter. 384. G.
Schneider , W. , Die Religion der afrikanischen Naturvölker.
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144 .
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1
ज
VII
Inhalts - Verzeichnis.
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Adami , Franz, k . Reallehrer , Bayreuth. Andriessen , W. F. , Amsterdam .
Ankel , Otto , Dr. phil . , Frankfurt a . M.
k. Militärbildungsanstalten u. Privatdocent | Partsch , J. , Dr. phil. , Professor der Geo der Geographie an der Technischen Hochschule, München .
graphie an der Universität Breslau .
Pasig, Paul, Professor, Leipzig.
Graf, J. H. , Dr. phil., Professor der Mathe. Paulitschke, Ph . , Dr. phil . , kais. Rat , Pro. fessor und Privatdocent der Geographie matik an der Universität Bern .
Asmussen, P., Leck in Schleswig-Holstein. Greffrath , H., Schriftsteller, Dessau.
an der Universität Wien .
Ballod , C. , Dr. phil . , Jena. Gruber , Christian , Dr. phil . , Hauptlehrer Penck , Albrecht , Dr. phil., Professor der Bancalari , Gustav, k . k . Oberst a . D. , Linz. an der Städt . Handelsschule, München . Geographie an der Universität Wien .
Bebber, W.J. van, Dr. phil., Professor und Grunzel, Joseph, Dr. phil., Wien.
Philippson, A. , Dr. phil., Privatdocent der
Geographie an der Universität Bonn . Abteilungsvorstand der Deutschen See. Habenicht, H. , Kartograph , Gotha. Hahn , C. , Professor und kais. russ. Staats. Praetorius, F. , Dr. phil . , Professor der orien warte, Hamburg rat, Tiflis . talischen Sprachen an der Universität Bergner, Rudolf, Schriftsteller, Linz ( früher Hermannstadt ). Breslau . Hahn , Ed . , Dr. phil . , Berlin .
Blumentritt, Ferd. , Professor, Leitmeritz Hammer, E., Professor der Geodäsie an der Praun ,J.,Dr.phil.,Gymnasiallehrer,München . (Böhmen).
Technischen Hochschule, Stuttgart .
Prell , A. , Schriftsteller, Amsterdam .
Buchner, Max , Dr. med ., Professor und Hellwald, Friedrich Heller v. , Schriftsteller, Preyer, W., Dr. phil . , Professor, Berlin . Konservator der ethnographischen Staats Tölz . † Purpus, C. A., New Bremen in Ohio (Nord amerika ). sammlungen , München. Hesseling, D. , Dr. phil., Leiden. Bürchner , L., Dr. phil. , k . Gymnasiallehrer, Hettner, A., Dr. phil. , Privatdocent der Geo Puschmann , Th . , Dr. med ., Professor der Amberg :
graphie an der Universität Leipzig.
Geschichte der Medizin und medizinischen
Buschan, Georg, Dr. med. u. phil. , Stettin. Hoefler, M. , Dr. med ., prakt. Arzt, Tölz. Geographie an der Universität Wien . Ceyp , A. J. , Wien . Hommel, Fritz , Dr. phil . , Professor der Regel, Fr. , Dr. phil. , Professor der Geo Czuber, Emanuel , Dr. phil . , Professor der
orientalischen Sprachen an der Universität
Mathematik an der Technischen HochMünchen . schule, Wien . Jacobsen , J. A. , Berlin .
graphie an der Universität Jena . Reichelt, G. Th . , Missionar, Rheinfelden . Ronkel , P. S. van , Leiden .
Rothpletz , A. , Dr. phil . , Privatdocent der Danne, W. , Deli auf Sumátra. Jovanovič, C. St. , Dresden. Geologie an der Universität München . Dingler, H. , Dr. med . , Professor der Botanik Junge, G. , Sondershausen . an der Centralforstlehranstalt, Aschaffen. Kaindl, Raimund Ferdinand, Professor, Wien Sapper, Karl , Dr. phil . , Coban in Guatemala. Sarghisean , Basilius, Pater , Mechitarist, ( früher Czernowitz ) . burg
Egli, J. J. , Dr. phil ., Professor an der Kan . Kalt-Reauleaux, D., Giessen. Venedig. tonschule, Zürich . Kirchhoff, A. , Dr. phil. , Professor der Geo Schmeltz, J. D. E. , Dr. phil . , Konservator Emmel , Elise , Bergamo ( früher Rom).
graphie an der Universität Halle a . d . S.
Erckert, R. v., kais, russ. General a. D. , Berlin. Krebs, Wilhelm , Leipzig (früher Altona und Erk , F. , Dr. phil . , Adjunkt der bayr. meteor.
Berlin).
des
Ethnographischen Reichsmuseums,
Leiden . Schmitter, Anton , Schriftsteller , München ( früher Belgrad ).
Centralstation und Privatdocent der Me. Komischke, W. , Dr. phil . , Berlin. teorologie an der Universität München . Lang , C. , Dr. phil., Direktor der bayr. Schück, A., Seeschiffer, Hamburg. Ey , Natalie L. , Hohenstein in MecklenburgStrelitz
meteorolog. Centralstation u. Privatdocent Schultheiss, Fr. Guntram , Dr. phil . , k. Real . lehrer a . D. , München. der Meteorologie an der Universität und Seeberg, Paul, Pastor, Stuttgart, Technischen Hochschule, München.
Finsterwalder, S., Dr. phil ., Professor der Mathematik an der Technischen Hoch- Lange , Henry, Professor, Berlin .
Sieger, Robert,Dr.phil. , Graz (früher Wien ).
schule, München.
Lenz, Oskar, Dr. phil . , Professor der Geo Sievers, W. , Dr. phil . , Professor der Geo graphie an der Universität Giessen . Fischer , Ernst , Professor des technischen graphie an der Universität Prag .
Zeichnens an der Technischen Hochschule , Lüddecke, Richard, Dr. phil . , Kartograph, Steinel , Oskar, k . Reallehrer, Schweinfurt. Steinhausen , Georg, Dr. phil . , Universitäts bibliothekar, Jena (früher Greifswald ). graphie an der Universität Marburg i . H. logisch- Ethnograph . Museums, Dresden . Stenin , Peter v ., St. Petersburg . Fitzner, Rudolf, Sousse in Tunisien . Müller, Friedrich , Dr. phil . , Professor der Stern, Bernhard, Schriftsteller, Wien . Fleischmann, Adolf, herz. sächs. JustizamtSprachwissenschaft an d .Universität Wien. Sundermann, H., Missionar, Mörs in Rheinpr. mann a . D. , München . Müller, Friedrich , Naturforscher, Blumenau Traeger, Eugen , Dr. phil., Assistent am Foerster, Brix , k. bayr. Oberstlieutenant a. D. , in Brasilien . Germanischen Nationalmuseum , Nürnberg. Ule, W. , Dr. phil . , Privatdocent der Geo Fridjof Nansen , Dr. phil., Christiania . München . Forster, Adolf E. , Assistent der geographi- Nehring, A. , Dr. phil. , Professor der Zoo- graphie an der Universität Halle a . S. München .
Gotha .
Fischer, Th., Dr. phil. , Professor der Geo- Meyer , A. B. , Dr. phil., Direktor des Zoo1
schen Lehrkanzel an der Universität Wien.
Freudenberg, V. , Schriftsteller, Mödling bei
logie an der Landwirtschaftlichen Hoch- Volz , B. , Dr. phil. , Gymnasialdirektor, schule, Berlin .
Potsdam .
Oberhummer, Eugen , Dr. phil . , Professor Wegener , Georg , Dr. phil . , Assistent der Frischauf, Johannes, Dr. phil ., Professor der der Geographie an d. Universität München . Geographischen Gesellschaft, Berlin. Obst , Hermann , Dr. med . , Direktor des Wiepken, Oldenburg. Mathematik an der Universität Graz . Völkermuseums, Leipzig. Wisotzki , Emil., Dr. phil . , Realschulober Fugger, Eberhard , Professor, Salzburg. lehrer, Stettin. Gelcich , Eugen , Professor und Direktor der Ochsenius , Karl , Konsul a . D., Marburg i . H. Wien .
1
k. k . Marineschule (Lussin piccolo im Oefele, Felix v., Dr. med. , Badearzt, Neuen. Wolkenhauer, W. , Dr. phil., Realschulober. lehrer, Bremen. ahr in Rheinpreussen . Oppel , Alwin , Dr. phil . , Gymnasialober. Zondervan, H., Bergen-op-zoom . Goetz , W. , Dr. phil., Professor an den lehrer, Bremen . österreich . Küstenland ). Goebeler , Erich , Dr. phil . , Potsdam .
1
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 2. Januar 1892.
Jahrgang 65, Nr. 1. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.-
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
In- und Auslandes und die Postämter.
MDCXT .
einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeiie in Petit .
Inhalt : 1. An die Leser ! S. 1. - 2. Forschungsreisen in Niederländisch -Ost- Indien . Von H. Zondervan (Bergen-op Zoom). S. 2 .
3. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen ( Amsterdam ). S. 5 .
4. Erlebnisse in Russland.
5. Vorschlag zur praktischen Vortrag, gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen . Von G. Junge (Sondershausen ). S. 9 . 6. Geographische Mit Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojekts. Von H. Habenicht (Gotha) . S. 13 .
teilungen . (Die Briefe des Amerigo Vespucci; Das grosse japanische Erdbeben ; Wissenschaftliche Durchforschung von Deutsch Südwestafrika .) S. 14.
7. Litteratur. ( F. W. P. Lehmann .) S. 16 .
An die Leser ! Mit dem Beginne des Jahres 1892 hat der Unterzeichnete die Herausgabe der Wochenschrift
»Ausland« übernommen . Von den Grundsätzen, welche ihn in dieser seiner Thätigkeit leiten werden, gedenkt er im folgenden mit aller Kürze Rechenschaft abzulegen.
Das » Ausland« ist gegründet zu dem ausgesprochenen Zwecke, die Erdkunde nach allen Seiten hin zu fördern, streng wissenschaftliche Darstellung aber mit Gemeinverständlichkeit zu verbinden . Unter der Leitung des unvergesslichen Oskar Peschel errang es sich rasch eine Führerstellung unter den Fach
zeitschriften , die es neben den glänzenden persönlichen Eigenschaften des Herausgebers allerdings auch dem Umstande zu verdanken hatte, dass die Anzahl der geographischen Organe in jener Zeit eine weit geringere, das Ringen im Wettbewerbe somit ein wesentlich leichteres war. Nur zu wohl fühlt der neue Herausgeber die Schwierigkeit, in die Nachfolge Peschels einzutreten, eines Mannes, dem die Gegenwart
vielleicht nicht durchweg so gerecht worden ist , wie sein Streben es verdiente, eines Mannes jedenfalls, ohne den die Geographie ihre Anerkennung als selbständige Wissenschaft nicht so rasch erreicht
· hätte, und für den , mag auch im einzelnen die Forschung manche seiner Ansichten berichtigt haben , doch im vollsten Maasse das Wort gilt : Wer den Besten seiner Zeit genug gethan , der hat gelebt für alle Zeiten . Für die nunmehr ihr Amt antretende Redaktion kann nur der tröstliche Gedanke maassgebend sein, dass grossen Aufgaben gegenüber schon der gute Wille wertvoll ist, falls die Kräfte zu einer Lösung, wie sie im Ideale vorschwebt, sich nicht als ausreichend erweisen. Jedenfalls soll der ernste Versuch
gemacht werden , im Geiste Peschels und nicht minder in demjenigen Friedrich Ratzels , welcher durch eine Reihe von Jahren an der Spitze des Blattes stand , die Wochenschrift weiterzuführen .
Dieselbe soll ein Centralorgan für die geographische Gesamt wissenschaft sein, im weitesten Sinne des Wortes, und ohne dass, wenigstens nach der Absicht des Leiters, irgend eine Seite
der Erdkunde neben einer anderen vernachlässigt würde. Auch die Völkerkunde, welche sich ja unter der bisherigen Leitung einer so liebevollen und sachkundigen Berücksichtigung zu erfreuen hatte, soll nicht
etwa in den Hintergrund treten , jedoch soll stets nur das eigentlich Geographische zur Geltung ge langen, während andere an sich wichtige, der Geographie als solcher jedoch ferner stehende Fragen besser anderen Journalen vorbehalten archäologische, rein geschichtliche, prähistorische, philosophische bleiben . Diesen Punkt möchte der Unterzeichnete besonders betonen , weil ihm in der so kurzen Zeit
seiner Wirksamkeit bereits mehrfach Abhandlungen zugesandt wurden, welche, in ihrer Art gewiss wert voll, doch zur Erdkunde kaum mehr noch in äusserlicher Beziehung standen . An sämtliche Vertreter und Freunde der geographischen Forschung richten die Verlagshandlung
wie der Herausgeber das Ersuchen , sie bei der Verwirklichung der Absichten, welche wir eben darlegten, thatkräftig unterstützen zu wollen. Die Originalaufsätze sollen selbstverständlich wie bisher den Kern der Zeitschrift bilden , allein daneben soll auch den litterarischen Besprechungen erhöhte Beachtung zu teil
werden, und unter dem Titel »Geographische Mitteilungen « wird eine Uebersicht über bemerkenswerte Erweiterungen des geographischen Horizontes, wie nicht minder über neue Resultate der wissenschaft lichen Erdkunde zu liefern beabsichtigt. Ausland 1892 Nr. 1 .
I
Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .
2
Hiermit sei das » Ausland« seinen Lesern bestens empfohlen. Möge es gelingen, ihm seine ge achtete Stellung zu erhalten und zu festigen , möge daraus, wie schon erwähnt, ein die verschiedenen Seiten der weitverzweigten Disziplin gleichmässig pflegendes geographisches Organ werden, welches, ohne sich allzusehr in spezialistische Einzelheiten zu verlieren , den Wünschen des Fachmannes gleicher
weise wie denjenigen des Freundes unserer Wissenschaft entgegenkommt! Siegmund Günther.
München , 1. Januar 1892 .
Forschungsreisen in Niederländisch-
Thätigkeit der Niederländer für die geographische
Ost-Indien .
und allgemein wissenschaftliche Erschliessung ihrer
Von H. Zondervan (Bergen -op -Zoom ).
ostindischen Kolonien hauptsächlich auf die topo
1.
graphischen und hydrographischen Aufnahmen des Generalstabes und der Marine, ?) auf die Unter
Einleitung
Es ist eine erfreuliche Erscheinung, dass die
suchungen der Minen -Ingenieure , welche manchen
Inselwelt, welche die Kontinente Asien und Austra
lien von einander trennt und zugleich mit einander
wichtigen Beitrag zur Geologie und Mineralogie geliefert haben, ?) und auf die Mitteilungen von
verknüpft, während der letzten zwei Dezennien ein
Regierungsbeamten, sei es, dass sie eine Beschreibung
stets wachsendes Interesse erregt hat und noch fort- ihres Verwaltungsbezirkes oder Erlebnisse aus ihren während erregt , und dass dies nicht allein vom Amtsreisen veröffentlichten. 3 ) Daneben werden Mutterlande, sondern von den Pflegern der Wissen- | zwar seit längerer Zeit an einer Anzahl Stationen
schaften aller Nationen gilt.
Die Ursache dieser regelmässige meteorologische Beobachtungen ,speziell
Erscheinung ist wohl darin zu suchen, dass auf die Niederschläge betreffend, angestellt; auch be diesem Gebiete , wie nur an wenig anderen Stellen
schäftigte man sich in den Niederlanden wohl eini
unseres Planeten, die Probleme der verschiedensten
germaassen mit den Sprachen und Altertümern In
Zweige der Wissenschaft zur Lösung gebracht wer- sulindes, und zudem hatte man auf linguistischem den können . Für die Geologie z . B. hat dies Pro- und ethnologischem Gebiete den Missionaren nicht
fessor F. von Richthofen schon 1861 zur Genüge wenig zu verdanken ; 4) aber die geographischen dargethan . ") Gross ist denn auch die Zahl der Kenntnisse waren und blieben bei alle dem sehr Forscher, welche sich einen kleinen oder grösseren mangelhaft. Es ist fast unglaublich , wie gross un Teil dieses Archipels als Studienfeld gewählt haben . sere Unkenntnis von manchem Teile dieser reizen Es seien hier nur die Namen Junghuhn , Studer, den Inselwelt ist , ja hier wird man fast an das
Beccari, d'Albertis, Forbes, Hickson , Boch, Graf Sokratische Wort erinnert: „ wir wissen nicht, wie Solms-Laubach,Goebel, Warburg, Little , Modigliano, wenig wir wissen .« Glücklicherweise ist nun Posewitz, Jacobsen und Kühn, Metzger, Sundermann, Grabowsky, Brau de Saint-Pol Lias, Piton und viele
auch in den Niederlanden ein stets lebhafteres Inter esse für die geographische Wissenschaft einerseits
andere aus der Reihe der Naturforscher und Geo-
und für die Kolonien andererseits wahrzunehmen ,
graphen erwähnt, welche während der letzt verflossenen 20 Jahre den Malaiischen Archipel be-
wodurch hoffentlich der Niederl . Geogr. Verein in stand gesetzt werden wird , die seit einigen Jahren
Es ist freilich auffallend , in dieser Reihe
nicht einem einzigen niederländischen Namen zu
wieder in Gang gebrachten Untersuchungen nicht allein fortzusetzen , sondern auch kräftiger, als es
begegnen . Ausschliesslich Fremde waren es bis vor
bisher der Fall war , zu betreiben .
kurzem , welche in den Niederl. Ost -Ind. Kolonien
ein bei seiner Gründung 1873 die » Unterstützung
traten .
Hatte dieser Ver
naturwissenschaftliche oder geographische Forschun- geographischer Forschungsreisen und -reisender, gen anstellten. Nur eine grosse Expedition in In- vornehmlich niederländischer Nationalität « in sein sulinde ging von Holland aus : die des Kön. Niederl . | Programm aufgenommen , und wurde von dem da Geogr. Vereins zur Erforschung des mittleren Teiles maligen Präsidenten, Prof. Veth, sofort auf die Ko von Sumatra ( 1877-79 ). Die Resultate dieser lonien als das zu erforschende Gebiet hingewiesen, grossartigen Forschungsreise wurden in dem Pracht- so hat derselbe auch fort während danach gestrebt, werk » Midden -Sumatra « niedergelegt, unter Auf sicht von Professor P. J. Veth von den Mitgliedern van Hasselt , D. D. Veth , Snelleman und Cornelissen
1888, Versl. en Aardr. Meded. S. 276 » De opnemingen in Ne derl. Indië gedurende de jaren 1885 en 1886 door F. de Bas ;
selbst verfasst. ?)
ferner die verschiedenen Jahrgänge des »Koloniaal Verslag « .
Ausserdem beschränkte sich die
1 ) Zeitschr. d . Deutschen Geologischen Gesellschaft, Bd . XIV , 1862 , S. 353 .
2) Midden -Sumatra, Reizen en onderzoekingen der Sumatraexpeditie , uitgerust door het Aardr. Gen. , 1877-79 . Leiden 1881 .
4 Bände.
Ueber diese Expedition : Peterm . Geogr. Mitt.
1881 , S. 1 , Proceedings of the Royal Geogr. Society London, 1879 , S. 759 , sowie auch D. D. Veth , A travers l'île de Suinatra , Paris 1880 .
1
) Vgl. z . B. Tijdschrift v . h . Kon . Ned. Aardr. Gen.
) In dem » Jaarboek van het Mijnwezen voor Ned . Oost Indië «, seit 1871 erscheinend. 3) Die meisten und wichtigsten dieser Beiträge sind in der » Tijdschr. v . h . Kon . Ned . Aardr. Gen. « und in den » Bijdragen
>>
van het Kon . Instituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van Ned . Oost- Indië « enthalten .
4) Man braucht nur die verschiedenen Jahrgänge der »Merledeelingen van het Nederl. Zendelinggenootschap « schlagen, um sich davon zu überzeugen .
aufzu
1
Forschungsreisen in Niederländisch -Ost - Indien .
nach Kräften seine Aufgabe zu erfüllen . Leider
3
rungen getroffen, um die Meteorologie nicht zu
hatte er dabei fortwährend mit Widerwärtigkeiten auch vernachlässigen. In Batavia wurde den Reisenden vom Direktor des berühmten botanischen Gar
aller Art zu kämpfen .
Nachdem die durch die Sumatra-Expedition
tens in Buitenzorg, Dr. Treub, ein inländischer Häupt
und die Veröffentlichung ihrer Resultate erschöpften
ling (Mantri), der daselbst der Botanik oblag, nebst
Geldmittel wieder ergänzt waren , dachte man an
seinem Burschen zur Erforschung der Flora beige
eine Expedition nach dem nördlichen Teile der Ost- geben, und ferner erhielt Meyjes den Steuermann Ueberdies sollten auch
küste Borneos , und es wurde die Regierung, für
Arie Buys als Gehilfen .
welche eine genauere Kenntnis ihrer Kolonien
ethnologische und zoologische Sammlungen angelegt
natürlich von unschätzbarem Werte ist, um materielle und moralische Unterstützung angegangen. Als die Regierung aber ihre Unterstützung verweigerte, weil
und photographische Abbildungen angefertigt werden . Da Meyjes erkrankte, reiste Herr Wertheim
sie das Unternehmen für zu gefährlich hielt, wurde
am 3. April das Dorf (Kampong) Toeal auf der
ihr der Vorschlag gemacht, eine Forschungsreise an
Insel Klein- Key , in welchem
Mitte März 1883 allein von Batavia ab und erreichte
Dorfe die Dampf
der Ostküste Borneos, speziell im südlichen Teile holzsägerei des Geschäftshauses Langen und Co. derselben, zu genehmigen. Auch diesmal erhielt eingerichtet ist, und wo sich die Mitglieder der Ex der Verein eine abschlägige Antwort. Ebenso wenig
pedition niederlassen sollten . Auf einem 20 m ho
gelang es ihm, die projektierte Expedition nach dem
hen Hügel wurde ein Observatoriuin für die meteo
niederländischen Teile Neu-Guineas zur Ausführung rologischen Beobachtungen errichtet, 6 m lang, zu bringen, und auch die darauf beantragten Erfor-
schungen der Aru-Inseln oder der Obi-Gruppe zerschlugen sich an der Weigerung der Regierung.
breit und hoch , in welchem der Observator auch wohnen konnte. Anfangs Juli nahmen die Auf
zeichnungen ihren Anfang und wurden, mit einigen Unterbrechungen während der letzten Monate des
Erst am Ende des Jahres 1887 kam es zwischen der Regierung und dem Vereine zu einer Verständi
Aufenthaltes der Expedition, regelmässig fortgesetzt .
gung über eine von ihm zu veranstaltende Erfor schung der Insel Flores, behufs welcher die Re-
Die erhaltenen Tabellen sind dem kön . Niederl . Meteorol. Institute zu Utrecht übersandt worden
gierung für die Jahre 1888 10000 Gulden beisteuern sollte.
und 1889 jährlich und harren noch der Veröffentlichung. Als man endlich
Da Herr
Meyjes nach Europa zurückkehren musste , wurde
nach jahrelangen , langwierigem Briefwechsel diese seine Stelle von dem Marinelieutenant H. O. W. Uebereinkunft traf, hatte der geographische Verein Planten eingenommen , der Anfangs Oktober 1888 schon eine andere Untersuchung in Gang gebracht , auf den Key -Inseln anlangte. Die eigentliche geologische Erforschung währte nämlich die Erforschung der Key -Inseln im östWir wollen hier über den
vom Oktober 1888 bis April 1889 , wonach Herr
Verlauf dieser beiden Forschungsreisen und die durch
lichen Teile Insulindes.
dieselben erzielten Resultate einiges mitteilen, soweit
Wertheim , da seine Aufgabe erledigt war, nach den Niederlanden zurückkehrte, wo er im Juli 1889
uns beide aus den bis jetzt eingegangenen Berichten
wohlbehalten eintraf.
bekannt sind .
Key -Gruppe wurden von ihm nacheinander besucht
Die verschiedenen Inseln der
II .
(manche zu wiederholten Malen ) und geologisch
Die Expedition nach den Key- Inseln .
studiert ; zu gleicher Zeit wurde auch für die 200
Im April des Jahres 1887 wurde dem Niederl. logischen Geogr. Verein von der Firma Langen und Co. in
- mittels eines auf der Insel Ambon
engagierten Jägers
und ethnologischen Samm
Köln , welche seit einigen Jahren auf den Key-In- lungen Sorge getragen. Die Erforschung umfasste seln eine Filiale besitzt, der Vorschlag gemacht,
nach einander die Inseln Doela, Moerse, Laag -Key,
diese Inseln wissenschaftlich zu erforschen und kar
Er, Tjando, Koor oder Koer, Oning, Hoog-Key,
tieren zu lassen, und es erklärte sich die eben ge-
welche Insel an mehr als zehn Stellen durchquert wurde,
nannte Firma zu einer kräftigen materiellen Unter
Poeloe Mas, Doela Laoet und die kleine Insel Oet.
stützung bereit. Der Verein ging auf den Vorschlag | Die Key -Tenimber Gruppe konnte man der un ein , und nachdem die Niederl.-Indische Regierung günstigen Witterung wegen nicht erreichen , be um ihren moralischen Beistand angegangen und dieser dem Unternehmen zugesagt worden war, reisten Anfang Februar 1888 der Marinelieutenant R. Posthumus Meyjes und der Mineningenieur Cl .
suchte dagegen aber noch die Inseln Naaf, Ney, Varkeloer, Oer und Manis. Da ein ausführlicher Reisebericht noch nicht erschienen ist , wurde uns
J. M. Wertheim im Auftrage des Niederl. Geograph.
von den Resultaten dieser Forschungen nur eini ges aus brieflichen Mitteilungen des Reisenden in
Vereines zur Erforschung der Key -Inseln von Marseille ab. Ersterem lagen die topographischen und hydrographischen Vermessungen , letzterem die geo-
während überdies Professor K. Martin in derselben einen Artikel veröffentlichte, welcher auf der von
der Zeitschrift des Niederl. Geogr. Vereines bekannt,
logische Erforschung ob . Obwohl nun die Topo - Herrn Wertheim angelegten und von der Geogr. graphie, Hydrographie und Geologie die hauptsäch -
Gesellschaft an das Reichsmuseum für Geologie in
liche Aufgabe bilden sollten, wurden doch Vorkeh- Leiden geschenkten Sammlung von Gesteinen der
Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .
4
Key -Inseln fusst . 1) Das Hauptresultat seiner For-
sehr zuträglich , da stets kräftige Seewinde die Insel
schungen ist, dass er » nirgends eine andere als die umwehen «, doch herrschten während des Aufenthaltes Korallenbildung gefunden hat, welche an den Küsten
von Planten daselbst ununterbrochen böse Fieber,
wahrscheinlich recent, im
miocän ist.«
unser Reisender nur Gutes zu berichten, da sie ihm
überall mit der grössten Freundlichkeit entgegen
da ältere Bildungen hervorzutreten scheinen . Die kam und sich stets als gutmütig, friedfertig, harmlos Quartärformation lässt sich noch in ältere , land- | und hilfreich erwies . ») ) Wenn wir vor einem Dorfe einwärts gelegene, und jüngere, an der Küste auf- die Anker auswarfen «, schreibt Planten, » wurden tretende Bildungen trennen . Die kleine Insel Kur wir von den Häuptlingen , die mit einem Boot und ist merkwürdig , weil hier die archäische Formations- mit Musik zu uns an Bord kamen, bewillkommnet.« gruppe an den Tag tritt , und zwar finden sich in der Wertheimschen Sammlung Handstücke von Glimmerschiefer, Quarzitschiefer und Augit- Andesit.
Während er in Toeal verweilte, erhielt Wertheim
Auch quartäre Korallenkalke sind auf Kur vertre-
oft Besuche von Eingebornen. „ Sie bleiben aber schrecklich lange und denken gar nicht daran weg zugehen . Einige Häuptlinge der Insel Tajando,
ten , während tertiäre Gesteine schon von früher
welche ihn eines Abends besuchten, »schienen sich
so gut amüsiert zu haben , dass sie am
her 3) hier bekannt sind . Auch Herr Planten hat noch keinen ausführ-
lichen Reisebericht veröffentlicht,
sondern
nur
nächsten
Morgen um 6 Uhr schon wieder vor mir standen Da habe ich mir aber die Freiheit erlaubt , den Be
während seines Aufenthaltes auf den Key- Inseln ,
such der Herren und Damen abzulehnen « . Nur auf
vom Oktober 1888 bis September 1889 , von Zeit
der Gruppe der Key - Tenimber hatte Wertheim mehr
zu Zeit briefliche Mitteilungen gemacht.
Der erste
Mühe, mit den Bewohnern zu verkehren . Die Leute
Eindruck , den er von diesem Archipel erhielt, war kein günstiger, denn da der Regen nicht zur ge-
hatten solche Furcht vor ihm , dass er Niemand sprechen , viel weniger Jemand in seinem Hause aufsuchen konnte . » Ich musste selber die Häupt linge bei ihren Kleidern aus dem Hause holen, um
wöhnlichen Zeit eintrat, war alles trocken und öde .
Wohl behauptet Berminghaus, welcher 18 Monate dort gelebt hat, dass »die Inseln wasserreich ge- mich nach diesem und jenem zu erkundigen .« Vor nannt werden können « *), und auch Martin weist allem bei seiner Abreise zeigte sich die Zuneigung darauf hin , dass, obwohl der Regen in dem zer- der Key -Bewohner. Während der letzten Tage klüfteten Kalkgesteine rasch versinkt, doch Bäche meines Aufenthaltes stimmte ein Jeder, der an in grösserer Zahl« vorhanden sind 5) ; wie Planten meinem Hause vorbeikam , Trauerlieder an. An aber schreibt, war im Anfange seines Aufenthaltes jedem Abend wurden vor meiner Thüre Tänze auf daselbst das Wasser so selten , dass nicht nur die geführt, und als ich von Toeal wegsegelte, gaben Vögel fortgezogen waren, sondern die wilden mir wohl zweihundert Leute das Geleite.« Die Schweine kamen bis an die Häuser heran , um zu Hauptbeschäftigung der Bewohner ist der Bootbau. versuchen , dort ihren Durst zu stillen « ). Bald Als Seefahrer und als Holzarbeiter sind die Leute auch erwies sich seine Meinung, dass das Klima in weitem Umkreise berühmt, und Planten sagt trotzdem » ausgezeichnet« sei , als irrig . Wohl heisst denn auch, dass die von ihnen angefertigten Nachen >
es bei Berminghaus: „ das Klima ist für Europäer
und Schiffchen veisenstark « sind, wovon er sich zu wiederholten Malen überzeugen konnte. Er verliess
1) Tijdschr. v. h . Kon . Ned. Aardr. Gen. 1890, S. 241 ff., Die Key- Inseln und ihr Verhältnis zur Australisch - Asiatischen Grenzlinie , zugleich ein Beitrag zur Geologie von Timor und Celebes, von K. Martin . 2) Ibid . 1889 , S. 87 .
3) Sammlungen des geolog . Reichsmuseums in Leiden , Ser. Bd . I , S. 71 .
4) Tijdschr. v . h . Kon . Ned . Aardr. Gen. 1888 , S. 256 . 5) Ibid . 1890, S. 257 . 6) Ibid . 1889 , S. 82 .
denn auch diese Inselwelt in einem
mit ihrer Hilfe
gebauten Boote von 13 " Meter Länge und er reichte über Banda, Ambon , Boeton , Boeloe Koempa
und Soemenap, nach einer Fahrt von circa 7 Wochen , wieder Soerabaya. Bei den Barometerbeobachtungen fiel es Planten auf , dass der Luftdruck stets sehr niedrig blieb, und das Barometer niemals höher als 751 mm kam . Indessen in Port Darwin,, etwa 7 Grad mehr
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .
5
südlich gelegen, hat man einige Jahre früher dieselbe Wahrnehmung gemacht ').
Die von Herrn Wertheim mitgebrachte Ge
den Key-Inseln ist, dass er die Küsten aller der zu der Gruppe gehörigen Inseln, mit einziger Ausnahme des sehr entfernt liegenden Inselchens Koor, aufgenommen und mappiert hat, dass er die meisten Gewässer zwischen den vielen Inselchen an sehr
dieser Inseln zu beseitigen und die Lösung der Frage nach der richtigen Grenzlinie zwischen den
steinsammlung hat Professor Martin in stand ge Das Hauptresultat von Plantens Aufenthalt auf setzt ), manche irrtümliche Vorstellung bezüglich
vielen Stellen sondiert, alle Küstendörfer verzeichnet
Weltteilen Asien und Australien , welche von A. R.
Wallace in seinem bekannten Werke „The Malay
Archipelago« ganz falsch angegeben wird, wiederum einen Schritt vorwärts zu bringen. Wie Martin in seinem schon früher genannten Beitrage näher be gründet, kennzeichnet sich Gross-Key in jeder Hin
und die Lage und Höhe aller Gipfel der Insel GrossKey bestimmt hat. Das Vorhaben , Klein -Key auch topographisch aufzunehmen , musste er später, fallen sicht » als ein Glied von Neu-Guinea und somit
lassen. Ein grosser Verlust ist dies wohl nicht, als Teil des australischen Erdteiles« , und endlich » denn,« sagt Planten, » ich weiss eigentlich nicht, was
kommt er zu der Schlussfolgerung : » Im Westen von
dort zu topographieren ist.« 2) Klein -Key ist nichts | Gross-Key und im Nordwesten von Timor liegt als Wald. » Bald ist das Terrain flach, bald hügelig .« Gross waren
die Beschwerden , mit denen
Planten zu kämpfen hatte . Während der ersten Monate wurden ihm die Küstenvermessungen durch anhaltende, sehr dichte Nebel unmöglich gemacht.
Tagelang musste er oft liegen , um einen hellen
somit eine natürliche, geognostisch wohlbegründete Trennungslinie zwischen den von dem asiatischen und australischen Weltteile abgegliederten Inseln . « Wir wollen übrigens hier nochmals auf den Auf
satz (in deutscher Sprache geschrieben ) selbst ver
Augenblick abzuwarten , während meist in 500 m
weisen, vornehmlich auch, weil der Verfasser die über die Key-Inseln vorhandene Litteratur vollständig
Entfernung das Land nicht sichtbar war.
anführt (a. a . O. S. 250 u . 251).
Auch
das Terrain bringt viele Beschwerden mit, da es
niedrig und dicht bewachsen ist . „ Wenn ich etwas sehen wollte, musste ich meistens auf einen ungefähr so m hohen Baum klettern und mich oben fest
binden lassen, wo ich dann wie ein Vogel auf einem Ast wiegend sass, um meine Winkel zu messen .« 3)
Weiter hatten die Reisenden sehr oft
(Schluss folgt . )
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika. Von W. F. Andriessen (Amsterdam).
Es gibt kein Land in der Welt, das sich jemals
während des Westmonsuns mit heftigen Winden lediglich mit seinen eigenen Erzeugnissen begnügt und gewaltigen Regenschauern zu kämpfen. » Tage hat, kein Volk, das all seine Bedürfnisse unab und Nächte hindurch waren wir nass,, konnten
hängig von Fremden befriedigen könnte.
wegen der heftigen Schwankung des Schiffchens
grosse klimatische Region hat ihre eigentümlichen
Jede
nicht schlafen, und da die Küste von Klein -Key
Produkte, und immer ist das Bestreben vorhanden
nicht einen einzigen Zufluchtsort bietet, fuhren wir oft
gewesen, einen Teil derselben gegen die Erzeugnisse
nach Gross-Key hinüber, um dort, hinter den Bergen
anderer Zonen zu vertauschen . Den Tauschhandel,
liegend, einige Ruhe zu geniessen . «
holten Malen waren Planten und sein Gehilfe Buys
d . h . also eine wechselseitige Ergänzung, findet man denn auch, wie Dr. Karl Andree sagt , von Anbeginn
auch der Gefahr des Ertrinkens nahe.
der Geschichte.
Zu wieder
Wie wichtig es ist, dass wir durch diese Ex
pedition endlich eine zuverlässige Karte des Key Archipels erhalten werden, wird Jedem einleuchten, der weiss, wie sehr die verschiedenen Karten - ob
wohl nicht von den Key- Inseln allein - von einander abweichen , und zwar in dem Maasse, dass man oft Mühe hat, dieselbe Inselgruppe darin wieder zu finden “). Eine der besten Karten , die wir davon besitzen , war die von A. Langen ).
Dieses gegenseitige Dienen , vorgeschrieben von wohlverstandenem Selbstinteresse, wird durch das Wort Verkehr ganz trefflich bezeichnet. Der Ver kehr vermittelt und regelt Erzeugung und Verbrauch , Bedürfnis und Ueberfluss, Angebot und Nachfrage. Er wirkt wie Wasser, das immer einen wagrechten Stand herzustellen trachtet und Lücken im Boden oder trockene Kanäle ausfüllt, sobald es sie erreichen
kann, er bringt den Menschen ihre wechselseitige Abhängigkeit voneinander zum Bewusstsein , wodurch
1 ) Meteorologische Zeitschrift, 1886 . 2) Tijdschr. v . h . Kon. Ned. Aardr. Gen. 1890, S. 868 .
3) Ibid. 1889, S. 502. 4) Dies wurde u . a . deutlich von Professor C. M. Kan
diese einander aufsuchen und die Kultur reichlich
Früchte erntet ?) Sobald der Verkehr sich über die allerniedrigste Stufe des Austausches erhebt , macht das Bedürfnis
auf einer von ihm veröffentlichten Karte illustriert, auf welcher einige Inseln und Inselgruppen der Molukken nach den besten Karten wiedergegeben waren. S. Tijdschr. 1888 , Nr. 3 u . 4 ,
eines Wertmessers (Standard) sich fühlbar. Sogar bei den niedrigst stehenden Völkern findet man
Karte Nr. 5.
5) Veröffentlicht in dem Artikel G. Langens : The Key or Ké Islands. Proceedings of the Roy. Geogr. Soc. London . Vol. X (1888), S. 764. Ausland 1892, Nr. 1 .
1 ) A. a. 0. S. 268 .
2) Dr. Karl Andree , Geographie des Welthandels, Bd . 1 . 1867 , S. 14 und 26 . 2
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.
6
denn auch schon Gegenstände, nach denen man den Wert anderer Dinge abschätzt . Voran steht unter diesen ein Gegenstand, der in allgemeinem Gebrauch ist, für welchen sich Nachfrage zeigt
buktu ungeprägtes reines Gold als Geld benutzt wurde '). Noch im Anfang dieses Jahrhunderts war Murzuk , die Hauptstadt von Fezzan , das Centrum des Handels zwischen der Nordküste und dem In
und den man hochbält, weil er nützliche Dienste
nern , wo der Goldstaub der Aschanti-Länder als
leistet, wie zum Beispiel das Kamel bei den Nomaden .
Münze benutzt wurde.
Aber manche Arten von Wertmessern haben nur
Tauschhandel mit Gold ist dagegen eine vielfach vorkommende Erscheinung in jenen afrikanischen
eine örtlich bedingte Geltung und sind nicht überall einem Wertmesser verlangt werden , der in aus-
Ländern , die südafrikanischen Buern- Republiken lassen wir hier ausser Acht — welche sich des Besitzes
gedehnten Kreisen, womöglich in der ganzen Welt,
dieses beliebten Artikels erfreuen . Die Bambarra
anerkannt, weil ihnen Eigenschaften fehlen, die von
im südlichen Teile Senegambiens werden durch muss bis in die kleinsten Bruchteile hinein zerlegbar jenes edle Metall in den Stand gesetzt, die Produkte sein, damit man Werte von jeder Abstufung für ihrer Nachbarn zu bekommen ?) ; nach Livingstone ihn eintauschen könne, er muss sich beliebig lange bringen die Eingeborenen an der Ostküste ihr Gold Zeit aufbewahren lassen, ohne dass er sich ver- nach Aztekischer Art in abgemessenen Federkielen als solcher anerkannt werden will .
Ein solcher
Das Land Ruma
schlechtert oder verdirbt, auch muss man ihn leicht
den Portugiesen zum Verkauf.
transportieren können, und deshalb darf er nicht zu massenhaft, schwer oder umfangreich sein .
südlich von Wadai heisst, nach Rohlfs , das Land
Endlich kommt es auch darauf an , dass sein Wert
oder doch den möglichst geringen sich gleich bleibe Schwankung en unterworfen sei . Alle diese Be
der Goldschmiede. Auf dem Markte in Timbuktu werden ansehnliche Goldmassen verhandelt, welche von Bambuck und Bure herstammen . Der grösste Teil dieses Goldes wird in Form von Ringen zum
dingungen erfüllt das Gold und das Silber in der Schmucke verwendet; der grössere Teil des Gold Gestalt von Barren oder ausgeprägten Münzen, und staubes geht dagegen nach Rhadames und Tripolis. deshalb sind diese edlen Metalle, im minderen Grade Die Einfuhr nach letzterer Gegend wird von Herrn auch Kupfer, schon in sehr frühen Zeiten als Wert- Testa, dem ehemaligen holländischen Generalkonsul messer aufgetreten und bei allen Völkern als solche in Tripolis, auf einen Wert von 240 000 Franks
anerkannt worden . Das Silber wurde als solcher eher benutzt als das Gold, wie die Geschichte der Phöniker uns belehrt . Goldmünzen liess erst der
geschätzt (Revue des deux mondes). Eigentümlich ist der sogenannte Mitkal "), ein von den Arabern als Einheit angenommenes Gewicht.
Es ist nur
persische König Darius, der Sohn des Hystaspes, Schade , dass dieses Gewicht an verschiedenen Orten prägen, und deshalb hiessen sie Dariken (Andree). schwankt; denjenigen von Agades finden wir als Erstaunen muss es bei
einigem
Nachdenken
erregen, dass es dem Golde, von welchem der
den kleinsten angegeben. Ganz deutlich geht in dessen aus diesen Thatsachen
das Bedürfnis an
afrikanische Boden Schätze birgt '), nie gelungen Geld hervor, wenn man auch nicht der Meinung ist, sich in Afrika zum Rang einer allgemeinen
derjenigen beistimmen kann , welche dem Mitkal
Münze emporzuheben . Bloss ausnahmsweise werden von Reisenden Märkte erwähnt, auf denen das
wirklich eine solche Bedeutung zu erkennen wollen 4). Das Eisen spielt im afrikanischen Leben eine
Gold
als
Wertmesser
dient .
Rohlfs behauptet wichtige Rolle : an manchen Orten ist es die meist
sogar, dass solches nie der Fall sei , und dass der Gold - geläufige Münze. Besonders ist solches der Fall staub, welcher auf den Markt gebracht wird, wie im Gebiete des Oberen Nils , wie Schweinfurth jede andere Ware für Geld verkauft werde ?). uns belehrt. Bei den Djur fand er als solche Münze Das stimmt jedoch nicht überein mit Barths Angabe, eine Lanzenspitze, welche meistens 60-70 cm lang Auch bei den Bongo findet dieselbe , unter ist . der in seinen » Reisen und Entdeckungen in Nord
und Centralafrika « angibt , dass an der GuineaKüste das Gold bestimmt die nämlichen Dienste
leistet , wie unser Geld .
Ehemals hat es nach
Herodot sogar ein Volk gegeben , das die Waren aus Karthago mit Gold bezahlte, und Leo Africanus, der etwa im Jahre 1500 den afrikanischen Weltteil durchschweifte , erzählt uns, dass damals in Tim1) Zur näheren Beleuchtung dieses Ausspruchs vergleiche man : H. Baudisch, Gold in Afrika (Aus allen Weltteilen 1886, S. 268, 290 u. ff.). Sich stützend auf Nachforschungen von Chevalier, Phillips, Suess u. a ., berechnet Dr. Adolf Soetbeer (Edelmetall-Produktion, Ergänzungsheft Nr. 57 zu Pet. Mitt.) , dass in Afrika von 1493 bis 1875 766000 kg Gold gewonnen wurden zum Wert von 6 500 000 000 Franks.
2) Gerh . Rohlfs, Geld in Afrika (Petermanns Mitteilungen , 1889, S. 188) .
1) Johann Leos, des Afrikaners, Beschreibung von Afrika . Herborn, 1803.
S. 485 .
2) G. Nachtigal, Handel im Sudân (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg , 1876–77 , S. 309 bis 310 ) . 3) Friedrich von Hellwald , Naturgeschichte des Menschen . (In der holländischen Bearbeitung des Doktor Paul Harting , Haarlem , 1885 , S 155. ) *) Nach Cadamosto ist das Gewicht eines Mitkals un geprägten Goldes ungefähr aequivalent mit dem eines venetia
nischen Thalers. Pik ( Effectenalmanak, 1878) sagt, man rechne
in Marokko nach Mitkals (Unzen) gleich 41/2 Musunen gleich 6 Quarten gleich 4 Flus gleich 4 Kirat , und ein Mitkal habe einen ungefähren Wert von 2 Mark . John E. Herz (Mit
teilungen der Geograph. Gesellschaft in Hamburg, 1880–81 , S. 19) berichtet, dass jeder Käufer gewohnt sei , auf dem Markte eine kleine Goldwage mit sich herumzutragen , welche noch für die kleinsten Quantitäten empfindlich ist.
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .
dem Namen Mähi, Anwendung ') ; dieses Volk ist obendrein noch im Besitz des Loggo -Kulluti , d. h . schwarzer oder roher Spaten, und des Loggo, d . h . fer-
7
des Metalles erregt immer eine auffallende Verwir rung, als ob einige bei diesem Wechsel gewännen, andre
W. B. Backie erzählt in seiner
verloren .
Handel längs
» Narrative of an exploring voyage« , dass es in
des Flusslaufes am oberen Nil eine sehr grosse Verbreitung gefunden . Der Loggo -Kulluti besteht aus einer flachen, kreisrunden und tellergrossen Eisenplatte von 0,25-0,30 Meter Durchmesser; an dem
Doma, einer am nördlichen Ufer des Benue gele genen Landschaft, eine merkwürdige Kurantmünze gebe, welche bis nach Katschine verbreitet ist. Sie
einen Rande ist ein kurzer Stiel , an dem anderen
an der einen Seite .
ein ankerförmiger Fortsatz angebracht ?). Eine nicht
ähnlichen Anzahl werden sie zu einem Bündel zu
tiger Spaten, wie sie als Melót im
ist wie eine Hacke geformt, mit einer langen Spitze In einem Dutzend oder einer
unwillkommene Stütze für jene Ethnographen, welche sammengebunden, und 36 sollen den ungefähren für die psychische Einheit des menschlichen Ge-
schlechtes eintreten , ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Thatsache, dass Hendrik P. N. Muller,
Wert eines Sklaven repräsentieren. Auch Robert Flegel 1) machte damit im nämlichen Gebiete Be kanntschaft; er sagt, dass jährlich von deutschen
der bekannte holländische wissenschaftliche Kauf-
Händlern beträchtliche Massen dieser Hacke nach
mann -Reisende, auch im Süden Afrikas dergleichen
Afrikas Westküste exportiert werden .
Spaten in Umlauf sah " ).
Von den Monbuttu,
anderen afrikanischen Orten ist eisernes Geld üblich .
deren Ruhm als Schmiede schon so manchmal ver-
So z. B. in jenen Gegenden am Gabun , wo die
Noch
in
kündet worden ist, sagt Schweinfurth , dass man als Mpongwe wohnen, und in den Congo -Gegenden
eine Art eisernes Geld die grossen halbkreisförmi- jenseits des Aruwimi , wo rohe Axtklingen die gen Barren betrachten könnte, welche sich im
gangbare Münze sind . Diese sogenannten Schokas,
Schatze des Königs vorfinden und in ihrer Gestalt erzeugt aus den massenhaft erbeuteten Eisenvor an die rohen Kupferringe erinnern, welche aus den räten , werden durch die Schmiede der Araber für
Gruben Darfurs in den Handel gebracht werden “).
Messingdrähte oder Zeug an den Chef der nächsten
Bei den Fan am Ogowe gilt ein Stückchen Eisen Station des Congostaates verkauft, so dass denn in Länge von 10-12 cm als Scheidemünze; bei auch , um diesen Zwischenhandel zu vermeiden, Bündeln zu 100 Stück ist diese Münze schon viel mehrmals die Rede davon gewesen ist , jene Schokas
leichter zu handhaben, als dies die Spaten und Lan-
in Europa zu erzeugen und nach den Stanley-Fällen
zen sind.
A. Woermann •) fügt noch hinzu, dass das Eisen jener Münzen von einer so trefflichen Qualität sei , dass sich in Deutschland bisher keine
zu transportieren. Beachtung verdient es , dass die Mashona, welche im Becken des Zambesi wohnhaft sind, ihre Steuern den Matabele mit von ihnen ge
auch nur annähernde Nachahmung herstellen liess.
gossenen und ausgeschmückten eisernen Gegenstän
Major Denham fand in Logon an den Ufern des Schari den bezahlen ?). im Jahre 1824 kleine Stücke Eisen als Geld ; heute
An einigen Stellen ist man in Afrika auch
sind diese jedoch daselbst nicht mehr in Umlauf gewohnt, sich bei seinen Bezahlungen des Kupfers nen hufeisenförmigen Stücken als Geld in Bulgua,
zu bedienen , wie z . B. nach den Mitteilungen Schweinfurthsbei den Njamnjam " ). Nach Barth war
Dieses Kleingeld
auch Bornu ehemals im Besitze kupfernen Geldes ;heute
( Andree ). Dagegen fand Rohlfs das Eisen in kleietwas westlich von Logon“ ).
bestand aus etwa i dem langen und i1 cm Durch- | wird es daselbst jedoch nicht mehr vorgefunden . messer haltenden runden Eisenstäbchen , deren Ende Einer brieflichen Mitteilung des Herrn H. P. N. abgerundec war ; 50—60 kamen auf einen Thaler. Muller verdanken wir die Nachricht, dass Kupfer Es war immer ein Feilschen und Handeln ohne Ende,
draht auch
und alle Tage schwankte der Kurs des Kleingeldes,
benutzt wird ; die Entfernung zwischen den Spitzen
wie das schon Denham erwähnt : » Ehe der Sultan
des so weit als möglich ausgespannten Daumens und des Zeigefingers gilt dort als Einheit. Wie Oskar Baumann erwähnt, ist ebenso in einigen Congo -Landstrichen einheimisches Kupfer in Form
seinen Tribut an Ochsen oder Indigo erhält, macht
der Delatoo gewöhnlich bekannt , dass die Münze unter Pari stehe; im Gegenteil, wenn er für seine Haushaltung Einkäufe zu machen hat, Vorbereitun-
im
Zambesi -Gebiete als Wertmesser
von kleinen Ringen , sogenannte Minkatas , gang
gen zu einem Feste , so steigt der Wert des Me- bar, und man hat diese sogar von europäischer talles jedesmal. Die Bekanntmachung des Wertes Seite aus minderwertigem Metall nachzuahmen ver sucht , um die Congodampfer damit zu versehen. 1) Schweinfurth, Im Herzen von Afrika. Leipzig und Lon don , 1874, Bd . I. , S. 224 . 2) Schweinfurth , Bd . I. , S. 306 .
3) Hendrik P. N. Muller, Herinnering uit de Transvaal. Fragment van een reisverhaal, (De Gids, 1888 , Bd . II. , S. 244. )
Auf Stanleys jüngster Afrikareise hatte ein Geschenk von kupfernen Barren wenigstens momentan den erwünschten Erfolg beim gefürchteten Mazamboni. Weit ausgedehnter ist jedoch das Gebiet, auf welchem
4) A. a . O. , Bd. II , S. 116 .
5) A. Woermann, Ueber Tauschhandel in Afrika (Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg , 1880 bis 1881 , S. 31 und 32). 6) Rohlfs, a. a. O. , S. 190.
1) Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Ham burg 1879 2) Hellwald, a . a . O. , S. 73 .
3) A. a. O., Bd. I. , S. 191 und 542 .
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.
8
das Messing die Stelle des Geldes vertritt . Sobald unweit des Stanley-Pool das Herannahen des cen-
an mehreren Orten tief in Afrikas Binnenland seren Wert als Gold ') . Uebrigens grösseren einen grös
tralafrikanischen Plateaulandes in der Terrainbildung
haben die Europäer in einem sehr grossen Teile
sich bemerkbar macht und der Reisende vom Bakon-
Afrikas dafür gesorgt , dass die Bewohner des dun
gostamme zu den Bateke gelangt , beherrscht ein
klen Weltteils nicht nur die Bekanntschaft mit dem
Artikel fast ausschliesslich die Märkte ; es ist dies der
edlen Metall machten , sondern auch dessen Wert genau schätzen lernten . Verschiedene Münzen sind
Messingdraht zu 55 Centimetern, sogenannte MitaBei den Bangala und Warronga im nämli-
kos.
chen Gebiete ist das ebenso der Fall . Darum hatte
nämlich bei den Afrikanern eingeführt, welche auch bei ihnen einem tief empfundenen Mangel abhelfen.
Stanley seine Nachhut in Yambuya, deren tragisches
Vor allem soll in dieser Beziehung der Maria
Ende bekannt ist, denn auch reichlich mit Mitakos
theresienthaler genannt werden , über welchen Rohlfs uns eingehend unterrichtet hat. Dieser Thaler gilt
versehen . Kommen wir an die Westküste Afrikas, so finden wir dort gebogene Messingspangen für
in ganz Afrika, wenn auch nicht überall als gesetz
den Hals, sowie Messing- und Kupferringe für Unter-
liches Zahlungsmittel. In Marokko so gut wie in
arme und Unterschenkel bis zur Dicke eines Blei-
stiftes als Münzwert, z . B. an der Loango-Küste -).
Aegypten , in Sansibar wie an der Westküste , in Bornu wie in Adamaua ist der Mariatheresienthaler
Dr. Oskar Lenz ) berichtet schliesslich , dass man
bei Bezahlungen willkommen. Derselbe hat in Afri
sich auch auf den Märkten am Gabun mit Erfolg
ka den Namen Abu Ter, d. h. Vater der Vögel,
messingener Gegenstände bedienen kann . Beiläufig sei hier bemerkt, dass in einigen Teilen
wozu der Adler auf der einen Seite veranlasst hat.
Afrikas ein hoher Wert solchen Erzeugnissen der
Im letzten Jahrhundert ist es dieser Münze gelun gen , sich das afrikanische Bürgerrecht zu erwerben. Auch auf den neugeprägten Münzen muss die Jah reszahl 1780 stehen , sonst werden sie unabänderlich von den Eingeborenen zurückgewiesen. Ausserdem
europäischen Metallindustrie beigelegt wird , von denen man dies am wenigsten erwarten würde. Englische Nadeln , welche ihrem runden Oehr den Namen » Fischauge« (ain el Haut) verdanken , stehen muss das Diadem auf der Schulter acht Punkte be in hohem Ansehen und haben die schrecklichen sitzen, die Krone auf dem Haupte der Kaiserin
Nürnberger Stopfnadeln , welche sich nach einigem sieben Punkte tragen . Rohlfs (a. a. O. , S. 188) vertieft sich in die Gebrauche regelmässig der Dienstverweigerung schul-
welchen Umständen der Mariatheresienthaler dig machten, zum grössten Teile verdrängt. Sehr Frage, seinen nun schon über hundert Jahre betragenden
beliebt sind auch österreichische Rasiermesser mit den
sonderbarsten Inschriften , wie » Vincenz Osterberger, Einfluss zu verdanken hat. Barth nimmt an, dass bürgerlicher Schermesserschmied zu Steyr , schlägt der bewusste Thaler minderwertiger sei als die übri das Zeichen W.« oder »Leopold Werndl, bürger- gen Thaler, welche in Afrika in Umlauf sind, licher Schermesserschmied zu Steyr , schlägt das doch Rohlfs weist diese Meinung zurück, denn eine
3 “ , welche in Fezzan ungefähr 15 Pf. chemische Untersuchung führte zu dem Ergebnis, Zeichen drei « pro Stück kosten und in Bornu fast das Doppelte
dass die Mariatheresienthaler sich durch einen gros
wert sind (Nachtigal ).
Umlaufe,
sen Feingehalt auszeichneten . Es ist aber kaum anzunehmen , dass dies die Eingeborenen bewogen
die in England verfertigt wurden . Es geschah natürlich nicht ohne Ursache, dass
haben sollte, sich der Herrschaft dieses Thalers so ausnahmslos zu unterwerfen . Der Wert des Maria
wir bei der Besprechung der verschiedenen Metalle
theresienthalers, der auch Levantiner Thaler genannt
noch nicht des Silbers erwähnt haben .. Das ist nur
wird, beträgt nach deutschem Gelde 4,2 M., ist aber, je nach der Nachfrage und dem Angebot, Schwankungen unterworfen ?). Hauptmärkte für
Am Bouny sah Adolf
Bastian als Geld bronzene Hufeisen im
geschehen , um uns mit demselben jetzt desto ausführlicher zu beschäftigen .
Wer Schweinfurths fesselnde Beschreibung sei-
diesen Thaler sind Triest, Alexandrien und Sansi
nes Einzugs in die Residenz des Königs Munsa / bar, doch kann man auch in Massaua und Tripolis und seines Empfangs am
Hofe gelesen hat, wird
sich erinnern , dass ein silberner Teller dem Beherr-
immer bedeutende Summen davon haben, mitunter auch in Malta. Natürlich hat zur Zeit nur Oester
scher der Monbuttu aus weissem Eisen geschmiedet reich das Recht, Mariatheresienthaler prägen zu zu sein schien. Auch anderswo in Afrika gibt es einige Gegenden, wo man das Silber nicht kennt oder,
lassen .
Auf die Dauer ist ein solches Verhältnis
unhaltbar : die anderen europäischen Grossmächte,
vielleicht richtiger , bis vor Kurzem damit unbe-
welche Interesse an der Erschliessung Afrikas haben ,
kannt
können auf eine solche Weise nicht
war .
Im sechzehnten
Jahrhundert
hatte
das Silber, wie Valentin Ferdinand uns belehrt, noch
von
einem
einzigen Lande abhängig bleiben . Als die Englän der ihre Expedition gegen den König Theodor
1) Güssfeldt- Falkenstein - Pechuel Loesche, Die Loango-Expe dition . Leipzig 1876 , Abteilung I. , S. 109 .
2) Oskar Lenz , Die Handelsverhältnisse im äquatorialen Theile Westafrikas (Deutsche geographische Blätter, II. Jahr. gang , S. 71 ).
1 ) A. Soetbeer, a. a. O. , S. 44 .
2) Nach Pik (a. a. O. , S. 114) hat der Mariatheresien. thaler in Abessinien einen ungefähren Wert von 3,3 Mark .
Erlebnisse in Russland.
9
unternahmen , mussten sie vorher in Wien für
dern werde mancherlei bescheidene Erfahrungen
mehrere Millionen Mariatheresienthaler prägen lassen . Die Italiener gleichfalls. Im Verlaufe des britischen Feldzuges hatten sich die Abessinier, als sie sahen, dass auch die Rupie gutes Silber sei , zwar daran
mitteilen , die ich auf der Reise und während meines
stillen Landaufenthaltes dort gesammelt habe. Gerade im kleinen bietet uns ein fremdes Land so manches,
das wir uns in der Ferne ganz anders vorgestellt
gewöhnt, auch diese zu nehmen, aber schon ein hatten , und wiederum ist so vieles gerade so wie Jahr nach dem Feldzuge verweigerten sie die An- bei uns, dass wir über die Einheit der menschlichen nahme derselben .
Auch den Italienern ist es bis
Natur staunen müssen .
Wie es in der Art meines
jetzt noch nicht gelungen, eine Aenderung in diesen Verhältnissen zuwege zu bringen ; jedenfalls wird
rungen nur über ein kleines Stückchen des weiten
diese aber einmal eintreten, und Italien wird , um
Zarenreiches, und ich bitte Sie, diesen Umstand bei
seine Herrschaft in kommerzieller Beziehung über
verallgemeinernden Schlüssen in Betracht zu ziehen .
Wirkungskreises lag, erstrecken sich meine Erfah
Abessinien dokumentieren zu können , daran denken
Ein Vorteil meines Aufenthaltsortes bestand einesteils
müssen, die Fünflire-Stücke dort einzubürgern (Rohlfs).
darin, dass jene Gegend im eigentlichen Grossruss
In den Haussa -Staaten ) hat sich der Wert
land liegt, ja als die Wiege des echten Slaventums
des Thalers seit dem Besuche Barths verdoppelt, angesehen wird und das ursprünglich -slavische Wesen ein Beispiel der obgenannten Kursvariation. Noch andere silberne Münzen sind oder waren
reiner hervortreten lässt als die vom Deutschtum
durchsetzten Ostseeprovinzen oder die asiatisch an
in Afrika gangbar. So schreibt v. Hellwald ), gehauchten Teile des Reiches ; andernteils liegt dass die Nuba durch den Verkehr mit Kordofan
jenes Gut ferne von den Grossstädten des Reiches,
den Wert des Geldes kennen und sich jetzt der
in denen in vielen Beziehungen die westeuropäische
türkischen Medschidie und des türkischen silbernen
Kultur ihre Einflüsse geltend gemacht hat.
Piasters bedienen gelernt haben , welche dort im Anfange des Jahres 1875 von katholischen Missionaren eingeführt wurden . Die spanischen Thaler, welche wegen der beiden darauf geprägten Herkulessäulen - die Araber meinten, es wären Kanonen "), Abu medfu , d . h . Vater der Kanonen, genannt wer-
Um von Deutschland nach meiner neuen Hei
mat zu kommen , musste ich zuerst nach St. Peters burg. Ich wählte den Seeweg von Lübeck aus. Ein strenger Winter hatte die russischen Häfen durch
Eis blockiert, und ich musste in Hamburg mehrere
Tage auf der Lauer liegen, um die telegraphische
den, sind fast gänzlich von den Abu Ter verdrängt.
Nachricht vom Freiwerden der Häfen in Reval und
Südlich von Fezzan und Tunis sieht man zwar noch
St. Petersburg zu erwarten . Trotz des herrlichsten
vereinzelt spanische Piaster, doch dieselben werden ungerne genommen ; dort sind die Fünffrankstücke viel mehr bevorzugt, welche überhaupt in diesem
Frühlingswetters, welches schon Wochen angedauert hatte, begegneten uns unterwegs noch mächtige Eis schollen, denen unser Schiff vorsichtig ausweichen Teile des Sudans sehr gangbar sind 4). Auch auf musste. Scharfer Nordost zwang uns, dicht an der Madagaskar sind dieselben in Umlauf : bei jeder schwedischen Küste vorbeizuhalten, um durch die Audienz, welche die Königin einem ihrer Untertha- vorliegenden Inseln Bornholm, Gothland u . s. w. ge nen oder einem Fremden gewährt, ist es Gewohn- deckt zu sein . Nach dreitägiger Fahrt kamen wir heit, Ihrer Majestät ein solches Geldstück zum Ge-
in der Bucht von Reval an .
schenke anzubieten ").
fernung von der Küste sieht man den 140 m hohen
Schon in weiter Ent
Olaiturm , einen der höchsten Kirchtürme der Welt.
(Fortsetzung folgt.)
Wenn man endlich selbst in die Bucht einbiegt, ist man überrascht von dem reizenden Bilde, welches Erlebnisse in Russland ). Vortrag,, gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen . Von G. Junge (Sondershausen ).
dieses » Neapel des Nordens« bietet. Mitten aus der Stadt mit ihren weissgetünchten Häusern erhebt sich
Meine » Erlebnisse« gründen sich aufmeinen mehr jährigen Aufenthalt als Hauslehrer auf einem Gute im Gouvernement Nowgorod ; dieses Gut liegt am
eine hohe, hellleuchtende Kalkwand, der Domberg
mit seinem Schlosse; an seinem steilen Abhange ziehen sich amphitheatralisch die schönen Häuser der
nördlichen Abhange des Waldai-Gebirges, ungefähr
Aristokratie hin und schauen auf die tiefer gelegene
58 ° n . B. und 32 ° ö. L. von Greenwich . Ich kann
Stadt, den Ort des eigentlichen bürgerlichen Lebens
Verkehrs, herab . Von der Höhe des Dombergs Ihnen keineswegs gewaltige Ereignisse schildern , son und hat man eine entzückende Aussicht auf das Meer. 1) P. Staudinger, Im Herzen der Haussa - Länder. Berlin , 1889 , S. 647
2) v. Hellwald , a. a. O., S. 219 . 3) Nachtigal, a. a. O., S. 312 .
Die Stadt selbst ist winklig, eng und krumm ge baut und macht ganz den Eindruck eines alten deutschen Hansabafens.
Am Abend wurde die Fahrt bei völliger Wind
4) v. Hellwald , a. a. O. , S. 284 ff. 5) Ebenda, S. 326 .
stille und klarem Wetter durch den inselreichen
9) Obgleich mit den sehr optimistischen Anschauungen des Herrn Verf. nicht durchweg einverstanden , glaubten wir doch
Finnischen Busen fortgesetzt.
dem durch seine Frische und Unmittelbarkeit anziehenden Auf-
diger Fahrt kamen wir vor der finsteren Seefestung
satze vollinhaltlich Raum geben zu sollen .
Kronstadt an , dem eigentlichen Hafen von St. Peters
D. Red .
Nach achtzehnstün
10
Erlebnisse in Russland .
burg. Hier befinden sich die gewaltigen Schlacht-
rechts und links liegenden grösseren Städten zu
schiffe der russischen Ostseeflotte, welche nicht bis
bauen .
St. Petersburg hinauffahren können ; hier liegen auch
Klassen, welche ähnlich eingerichtet sind wie bei
Die russischen
Bahnen haben nur drei
die mächtigen Ozeandampfer, welche durch Lichter-
uns ; die Wagen sind um etwas breiter und alle
schiffe ihre Ladungen nach der Hauptstadt hinaufsenden . Hier ist auch das Hauptzollamt, bei dem alle von See kommenden Fahrzeuge anlegen müssen .
durchgehend. Auch während der Fahrt darf man sich, soweit der Platz reicht, auf der Plattform auf halten und frische Luft geniessen. Das ist häufig ein dringendes Bedürfnis. Denn die Züge sind be sonders bei Nacht gut besetzt, und fast alle Reisen
Auch wir mussten einige Stunden hier liegen, bis unsere Zoll- und Passfragen erledigt waren . Kleine
Dampfer tragen die Beamten mit grosser Geschwindigkeit von Schiff zu Schiff; die Beamten selbst aber
den , Männlein undmanch Weiblein , rauchen stark duftende » Papirossi «. Andere lagern auf den breiten
überstürzen sich nicht .
Polstern und schlafen und schnarchen . Zur Bequem
Bei Kronstadt vereinigt sich die Newa ohne
lichkeit führen die meisten ein Federkopfkissen und
deutliche Grenze mit dem Finnischen Busen . Die Newa ist ein ausserordentlich schöner Fluss. Obwohl
mancherlei Tücher und Pelze mit sich . Aehnlich wie unsere Reisenden Handtaschen und allerlei kleines
breit wie ein Meeresarm , ist sie doch zum Teil Gepäck tragen , sieht man an den russischen Bahn von bedeutender Tiefe, aber meist völlig klar und durchsichtig. Um eine möglichst gerade Fahrstrasse mit genügender und beständiger Tiefe herzustellen ,
mit grossen Kosten einen geradlinigen
hat man Kanal in die Newa zwischen St. Petersburg und Kronstadt gebaggert , aber nur halbe Arbeit fertig gebracht; denn für sehr tiefgehende Schiffe ist der Kanal nicht fahrbar.
Draussen vor Kronstadt vereinigen sich die zahlreichen Arme der Newa wieder , welche eine ganze Reihe von kleineren und grösseren Inseln
bilden. Auf diesem Delta ist St. Petersburg erbaut. aus den Fluten des breiten Stromes empor, überwogt von den golden und Plötzlich
taucht es
kupfern glänzenden Kuppeln der zahlreichen Kirchen mit ihren riesigen vergoldeten Kreuzen. Wir landen
höfen Männer und Frauen ihre Kissen schleppen . Denn auch in den russischen Gasthäusern braucht man die Kissen : dort wird einem wohl die Bett
stelle geliefert, aber für Bettwäsche, Decken und Kissen und für Handtücher hat der Reisende selbst
zu sorgen .
Der echte Russe scheut sich , andere
Wäsche als seine eigene zu benutzen. - Der Dienst der Beamten ist im ganzen derselbe wie bei uns , sogar des Bahnvorstehers rote Mütze sieht man leuchten .
Die Stationen der Nikolaibahn haben
hölzerne Gerüste mit Bretterdielung als Perrons, welche so hoch liegen , dass man unmittelbar die Wagen betreten kann. Es sind an jeder Station zwei solcher Bahnsteige vorhanden , für jede Rich tung einer, die sich gegenüberliegen . In den kleinen
Stationsgebäuden befinden sich Warteräume, dort
am Kai von Wassili Ostrow, einer Insel, welche hauptsächlich von deutschen Kaufleuten bewohnt
wird aber höchstens ein Glas Wasser verabfolgt. Anders an den grossen Stationen z. B. der War
wird. Ich wurde von einem Bekannten empfangen
schauer Bahn. Dort ist genügend langer Aufenthalt,
und mit Hilfe einer der kleinen Droschken , welche
um sich an den vorzüglich besetzten Buffets stärken zu können ; sauber gehaltene Toilettenräume geben
zahlreich am Landungsplatze standen , mit grosser
Geschwindigkeit an den Moskauer Bahnhof befördert.
Gelegenheit, sich durch Waschen, Rasieren u . dgl.
Ich hatte die Nikolai- Bahn zu benutzen , welche
zu erfrischen .
St. Petersburg und Moskau geradlinig verbindet.
schinen und Oefen nur mit Holz, es befinden sich
Die Nikolaibahn heizt ihre Ma
Diese 600 Werst oder 640 km lange Strecke hat die
daher an jeder Station gewaltige Holzhaufen, durch
Eigentümlichkeit, dass sie fast keine einzige Stadt berührt, sondern in völlig gerader Linie sich mit etwa einundzwanzig Stunden Fahrzeit durch Wald und
welche der Weg zum Bahnhofe führt, und die dem
Morast
hindurchzieht.
Selten
blickt
das
ganzen Bilde ein eigentümliches Gepräge geben . An meiner Station , die ich etwa nach sieben
Auge stündiger Fahrt erreichte, fand ich einen telegra
einmal auf eine menschliche Wohnung. An den Stationen haben sich mit der Zeit Beamte, Krämer
phisch bestellten Bauern mit seiner Tarantass vor, der mich zu meinem etwa 30 km entfernten Be
und Wirte angesiedelt , so dass dort kleine Dörfchen entstanden sind. Ueber die Veranlassung zu dieser
stimmungsorte bringen sollte. Die Tarantassist ein leichter vierräderiger Wagen ohne Federn, welche notdürftig durch zwei der Länge nach gelegte,
aussergewöhnlichen Bauart der Bahn erzählt man sich , dass Kaiser Nikolaus, um Bevorzugungen zu vermeiden , mit einem Lineale die Route auf der
parallele Stangen ersetzt werden , auf welchen der Oberteil des Fuhrwerks befestigt ist . Als Sitz dienen
Karte vorgezeichnet hatte. Dass mit dieser direkten Verbindung indessen grosse Nachteile verbunden wären, lässt sich nicht behaupten . Der Hauptver-
ruht. Die Tarantass wird von 2 oder 3 Pferden
kehr von Gütern und Reisenden bewegt sich von
Deichsel und einem
einem Endpunkte der Bahn zum anderen , und es
pferden, welche häufig galoppieren und dabei in
war deshalb durchaus zweckmässig , dieselbe nach Möglichkeit zu kürzen und Zweigbahnen nach den
merkwürdiger Art ihre Köpfe nach auswärts wenden. Die Spitzen der Deichsel werden von der „ Duga «
einige Heubündel , auf denen ein weiches Kissen gezogen, einem starken schnellen Traber in der oder zwei leichteren Seiten
Erlebnisse in Russland .
II
zusammengehalten, einem hufeisenförmigen Holz-
ist .
bogen , der hoch über den Hals des Mittelpferdes
einen Seite in den Wagen hinein und auf der
hervorragt. An das obere Ende der Duga wird der
anderen wieder hinausläuft, so hat der Reisende oft,
Zaumriemen befestigt, unter welchem eine grosse Glocke angebunden ist. Bevor der Kutscher seinen Sitz einnimmt, bekreuzigt er sich und empfiehlt sich
Stellungen einzunelimen. Besonders gefährlich sind die Wege beim Eintreten des Frühlings , wo alle
dem Schutze Gottes .
Seine kleine, dicke Peitsche
Da dann das Wasser aber zuweilen auf der
um nasse Füsse zu vermeiden , die merkwürdigsten Flüsse hoch angeschwollen sind und das umliegende Gelände überschwemmt haben . Es ist dann von
benutzt er meist nur, indem er sie horizontal in der Luft schwingt. Alle seine Aufmunterungen geschehen mündlich , er spricht mit den Tieren wie mit seines-
den Brücken so gut wie nichts zu sehen, sie liegen fast völlig unter Wasser, und man ist ganz der
gleichen. Einmal regt er sie durch liebkosende Schmeichelworte an , dann wieder stösst er unarti-
Es zeigt sich dann aber auch die ausserordentliche
Ortskenntnis des Kutschers in die Hand gegeben .
kulierte Laute oder Ausdrücke unwilliger Verachtung
Geschicklichkeit und Umsicht, mit der diese Bauern
gegen sie aus, aber fast immer befindet er sich in
zu fahren verstehen . – Zuweilen hat auf lange
Unterhaltung mit den Pferden. Auch hier zeigt
Strecken hin der ausgetretene Fluss den Fahrweg
sich das gutmütige liebenswürdige Wesen des Russen
unter Wasser gesetzt. Das, was sonst eine Land strasse war, erscheint dann an einigen Stellen ein Strombett, an anderen ein unpassierbarer Sumpf zu sein , und man muss sich dann seitwärts einen Weg
und namentlich seine Vorliebe für Verkleinerungs-
und Kosewörter. Es ist auffallend, was die häufig recht dürftig aussehenden Pferde leisten können. Bergauf, bergab geht es in beständigem Trabe vorwärts auf den häufig recht schlechten Wegen. Für die Aufbesserung der Strassen ist noch nicht viel gethan worden . Wege wie unsere Chausseen sind | ausserordentlich selten und nur die direkten Ver-
bindungen der allerwichtigsten Städte. Dann gibt es Kreiswege, d. h . solche, für welche der Kreis zu
sorgen hat, und die dazu dienen , die wichtigsten Orte mit der Kreishauptstadt zu verbinden . Sie sind auch nur gewöhnliche Sandwege, die vor ihren gemeinen Brüdern den Vorzug haben, dass sie an den Seiten mit Wassergräben versehen sind, und dass in ihnen von Kreiswegen zuweilen ein Loch wieder zugestopft wird. Die gewöhnlichen Wege sind »nicht-
suchen .
Das nördliche Russland besteht aber zum
grossen Teile aus Wald und Sumpf, Wasser ist in Form
von Flüssen , Seen und Mooren in Fülle vor
handen, und ich überlasse es einem jeden , sich selbst die Annehmlichkeiten und die Abwechselung auszu
malen, welche eine solche Reise bei recht feuchtem Frühlingswetter in den soeben aufgetauten Wäldern bietet . Bei gutem Sommerwetter brauchten wir von der Station zum Gute etwa drei Stunden : an einem Märztage waren für denselben Weg sieben Stunden nötig , und den Tag darauf , als die warme Sonne weiter ihre Schuldigkeit gethan hatte, zurück
sogar zwölf Stunden. – Wenn wir berücksichtigen, wie dünn das Land noch bevölkert ist , wie schwierig
gemachte Wege« . Die einzige Veränderung, die und zum Teil unmöglich es oft ist, gute, zum mit ihnen im Laufe der Zeiten vorgeht, besteht in dem Verschwinden der Wagenspuren. Wenn diese so tief geworden sind, dass die Vorderräder darin versinken, so wird es nötig, ein paar neue Geleise links oder rechts in Angriff zu nehmen. Wenn es stark geregnet hat, muss man den gewaltigen Pfützen ausweichen, die sich mitten auf dem Wege gebildet haben . Dann geht es häufig über grosse Steine, Granitblöcke oder grosse Baumstümpfe hinweg oder aber auch, wenn ein Ausweichen nicht möglich ist, mitten hindurch . Hochauf spritzt der Schmutz, durch Pferde und Räder entsteht eine förmliche Wolke , aber » nitschewo « ( macht nichts) ruft der Fuhrmann, und im Trabe geht's weiter. Häufig hat man kleine Brücken zu passieren . Im einfachsten,
Wegebau geeignete Steine zu beschaffen, und welchen verderblichen Einfluss das Klima auf die Wege aus
übt , wenn wir endlich die ausserordentliche Kost spieligkeit der Instandsetzung und -haltung der ge waltigen Längen in Betracht ziehen , so dürfen wir nicht allzu hochmütig auf diese Zustände herabsehen .
Alte Leute erzählen auch von unseren Wegen im Anfange dieses Jahrhunderts noch Schauerdinge. Am besten und schnellsten reist es sich im
Winter. Der ist der eigentliche grosse Wegever besserer, und die Frachtfahrten werden, wenn irgend möglich , auf seine Zeit verschoben. Alle Wege werden durch den Schnee geebnet, Schluchten schneien zu , Bäche und Flüsse bedecken sich mit
aber sehr häufigen Falle sind es neben und über
dickem Eis. Die zugefrorenen grossen Flüsse sind dann die Hauptverkehrsstrassen. Auf ihrer voll
einander gelegte Balken , ein sogenannter Knüppel-
ständig ebenen Bahn saust der Schlitten dahin, und
damm , welcher den Zweck einer Brücke erfüllen
es ist die einzige Sorge des Kutschers, offene Stellen
soll . Vorsichtig und sicher schreiten die Pferde darüber hinweg, aber der Wagen und seine Insassen bekommen gewaltige Stösse. Ueber breitere Schluchten oder bedeutendere Gewässer führen wirkliche Brücken , die aber häufig in so schlechtem Zustande sind, dass selbst der Fuhrmann dem Wasser den Vorzug gibt, wenn
zu
eine Furt in nicht zu grosser Entfernung vorhanden
vermeiden .
Bei starkem Schneegestöber, das
häufig so dicht ist, dass man kaum die Pferde vor dem
Schlitten sehen kann, ist daher eine Fluss
fabrt ziemlich gefährlich. Bei diesen Winterfahrten hat man
vor allem aber für warme Kleider zu
sorgen. So lange die Luft ganz ruhig ist, kann die Kälte sehr stark sein, ohne unangenehm zu werden ;
Erlebnisse in Russland. 12
wenn jedoch ein starker Wind dem Reisenden entgegenwelt und das Thermometer ausserdem auf
nicht drum. Das andere : » nitschewo« heisst eigent lich nichts, das schadet nichts , und endlich »wsjó
15—20 0° unter Null steht, so kann es leicht vor-
rawnó « , alles einerlei.
kommen, dass man Nasen und Wangen erfriert, ohne es bei der allgemeinen Unbehaglichkeit zu merken . Das erfrorene Glied zeigt infolge des Zu-
Wenn im Sommer Durst und Hunger den Rei senden plagen, so spricht er in irgend einem Bauern
rücktretens des Blutes eine auffallende Blässe. » Väter-
Will man übernachten , so wird einem auch das
chen, deine Nase !« erinnert der Vorüberkommende,
Nachtquartier gern gewährt.
und wenn man sie retten will , muss man sie unverzüglich mit Schnee kräftig abreiben . Mit den
von mir, ein Deutsch-Russe, und ich befanden uns auf einer mehrtägigen Fusstour. In einem besseren Bauernhofe kehrten wir ein, bekamen als Abend brot Eier, Milch , Kuchen und Thee und wurden dann gefragt, wo wir nächtigen wollten , in der
>
Augen hat man ebenfalls viel zu thun , da alle
Augenblicke die Lider zusammenfrieren.
Es ist
dann sehr angenehm , durch ein Dorf zu kommen .
Wirtshäuser freilich gibt's
da gewöhnlich nicht,
hause vor und bittet um etwas Milch und Brot .
Ein junger Freund
guten Stube oder auf dem Heuschober.
Da es im
Aber sie sind auch
Hause von Fliegen wimmelte und eine unerträgliche
nicht nötig, denn an welchem beliebigen Hause man die Bewohner entgegen, weisen einem den besten
Hitze darin herrschte, zogen wir den Heuboden vor, welcher ausserhalb des Dorfes lag. Für jeden wurde nun dort eine Lagerstatt bereitet. Ein weisses Laken als Unterlage , ein Kopfkissen und eine
Platz am warmen Ofen an , und sofort wird der
wollene Decke als Zudecke machten das Bett aus.
Samowar in Thätigkeit gesetzt, um Thee zu be-
Der junge Hausherr, ein riesiger Russe, schlief uns
Der Samo-
zur Gesellschaft mit dort. Wir schliefen prächtig. Am andern Morgen bekamen wir wieder Thee und
in die man einkehren könnte .
auch anhalten mag, immer ist man ein willkommener Gast. In der freundlichsten Weise kommen einem
reiten , wenn er nicht schon fertig ist.
war (Selbstkocher) ist ein grosser kupferner oder messingener Kessel, in dessen Innerem eine Metallröhre aufsteigt. Diese wird mit Holzkohlen gefüllt , welche dann in Brand gesetzt werden . Nach kurzer
Kuchen, sagten den Leuten unseren Dank »ssa chläp ssassol« ( für Brot und Salz) und gingen von dannen . Ein kräftiger Handschlag wie bei uns ist dort nicht
Zeit siedet das die Röhren umgebende Wasser, der Sitte, er wird durch eifriges Küssen ersetzt, worauf Samowar wird auf den Tisch gesetzt, und die Theebereitung kann von statten gehen . Sie ist Sache
wir aber verzichteten. Mittags kamen wir durch ein grösseres Dorf, in welchem sich ein Kabak, eine
des Hausherrn. Die Bauern vertilgen unglaubliche Schenke, befand. Nachdem wir von dem wohlge Mengen von Thee, er ist das Nationalgetränk imWinter und
Sommer .
Diese Gastfreundschaft
zeigt
so
recht die gutherzige Freundlichkeit des russischen Bauern. Aber auch liebenswürdige Toleranz zeichnet ihn aus. In jeder Stube in der Ecke, dem Eingange gegenüber,, hängt ein Heiligenbild über einem Brettchen. Sobald der Russe das Zimmer betritt, verneigt er sich dreimal vor demselben und bekreuzigt sich dabei. Dasselbe thut er vor und nach jeder Mahlzeit, und er würde es als eine grosse Sünde ansehen, wenn einer der Seinigen das unterliesse. Aber dennoch nimmt er es dem Fremden nicht im ge-
nährten, aber vom Podagra geplagten Wirte nach unserm Wer, Woher und Wohin ausgefragt waren, wurden wir an die Haushälterin gewiesen und be Zuerst ein Gläschen kamen unser Mittagbrot. Branntwein , dann die russischen Nationalgerichte
Buchweizengrütze und Kohlsuppe, gekochtes Fleisch und Brot und dazu Milch , so viel wir trinken wollten ,
endlich noch Kwas, ein Kofent ähnliches säuerliches
Getränk, das aus Brotrinden durch Gärung bereitet wird und im Sommer sehr erfrischend wirkt . Jeder Bauer braut es sich selber.
Wir assen mit Holz
löffeln zusammen aus einem Thongefäss der einfachsten
ringsten übel , wenn dieser alle diese Dinge völlig ausser
Art ; die Grütze wurde in einem ausgehöhlten Holz
acht lässt. » Er ist ein Njemez ( Ausländer, Deutscher ),
gefässe verabreicht. Man schnitzt oder dreht in
das entschuldigt alles. Der darf thun , was er will ,
Russland die Gefässe recht hübsch und bemalt sie
sich völlig frei und zwanglos bewegen , alles erträgt der Russe mit der Entschuldigung: Die sind nun
auch gut und dauerhaft ; sie kommen bei uns als chinesische Geschirre in den Handel.
Der Kwas
einmal so.
wurde in einer kupfernen Kasserolle kredenzt. Für
er Glück und Unglück über sich ergehen lässt, wie
die ganze Mahlzeit hatten wir 10 Kopeken , etwa 25 Pfennige, zu zahlen .
es der Himmel über ihn bestimmt hat. Seine Gleich
Auch in den höheren Gesellschaftskreisen Russ
Seine Toleranz hängt eng zusammen mit seiner ausserordentlichen Gemütsruhe, mit der
lands ist die Gastfreundschaft eine hervorragende bei ihm auch selten irgendwelche Sorge um die Tugend. Besondere Besuchszeiten gibt es nicht, Zukunft aufkommen. Es liegt nicht in seiner leicht- man darf kommen und gehen, wann man will . lebigen Natur , für künftige schlechtere Zeiten zu Kommt man zufällig zur Mittagszeit , so lässt die
giltigkeit gegen alles, was da kommen mag, lässt
arbeiten und zu sparen . Drei Lieblingswörter, die Hausfrau nicht etwa die Suppe kalt werden in der er jeden Augenblick gebraucht, kennzeichnen diese
unruhigen Erwartung, dass der Besucher recht bald
Seite seines Wesens auf das deutlichste .
wieder gehe , sondern der Gast setzt sich auf eine freundliche Einladung hin ohne Ziererei mit zu
Awoss
bedeutet : Mag kommen , was will , ich kümmere mich
Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Weltkartenprojektes.
Tische und isst mit, so viel er mag . Besondere
seinen Kolonien .
13
Diesem Bedürfnis wird auch vom
Umstände werden allerdings auch nicht gemacht, Staat und von Privaten Rechnung getragen , es er man muss mit dem vorlieb nehmen , was da ist. scheinen fortwährend neue Karten von allen Län Häufig wird bei Tische jetzt russischer Wein
dern in den verschiedensten Maassstäben und Stilen;
getrunken, der aus der Krim oder dem Kaukasus
sollte es nicht möglich sein, einen Teil der hierauf
stammt. Diese einheimischen Weine sind billig und Der gesellige Ton ist ungezwungen . Es ist z . B. nicht Sitte, die Menschen mit ihrem Amtstitel
verwendeten Kraft für ein nach grossen allgemei nen Gesichtspunkten, ein nach einheitlichem Plane angelegtes Werk zu gewinnen ? Die europäischen Staaten und viele ihrer Kolonien, wie Ost- Indien,
anzureden , wie wir ceremoniösen Deutschen zu thun
Algier , Senegambien , das Kapland, grosse Teile
pflegen , sondern man nennt sie beim Vornamen
von Australien und Canada, ferner die Vereinigten Staa . ten von Nordamerika, Japan u. s. w. sind schon jetzt reif für das Pencksche Projekt.
schmecken auch ganz gut.
und fügt den des Vaters hinzu . Wenn etwa der Anzuredende Feodor und sein Vater Iwan heisst, so wird er Feodor Iwanowitsch genannt. Seine
Das Unternehmen würde selbstverständlich viele
Schwester heisst vielleicht Mária Iwanowna. Die
Jahrzehnte bis zu seiner ersten Vollendung bean
Bauern haben überhaupt meist nur ihren Vornamen ; Familiennamen sind selten und gewöhnlich Spitznamen, die sich auf ihr Aussehen, ihre Beschäftigung oder
spruchen und auch dann fortgesetzt einer bedeuten den Anzahl von Mitarbeitern zu seiner Korrektur bedürfen . Es würde sich empfehlen, zunächst die
dgl. beziehen . Wenn der Vater Alexéj heisst, so heisst
jenigen Sektionen in Angriff zu nehmen, für welche
der Sohn Sergëj Alexejeff, der Enkel Peter Sergejeff. genügendes Material und Bedürfnis vorhanden Die Dörfer liegen nicht dicht bei einander und
ist . Die Bearbeitung der inner -afrikanischen und
machen alle nahezu denselben Eindruck. Zu jeder
-australischen Gebiete könnte man um Jahrzehnte
Seite des Hauptweges liegt eine lange Reihe von hinausschieben. Unumgänglich nötig aber erscheint abgesonderten Holzhäusern. Diese sind aus über- es mir, dass die Leiter der einzelnen Zeichner-Ab einandergelegten und an den vier Ecken ineinander- teilungen nach einheitlichem Muster, womöglich gefügten , roh behauenen runden Balken errichtet, durch persönlichen Unterricht, geschult würden .
deren Zwischenräume mit Moos verstopft werden . Meist enthalten sie zwei Stockwerke und sind mit
flachen Schindeln, seltener mit Stroh, gedeckt. (Fortsetzung folgt.)
Es müsste zunächst ein ausführlicher Plan von der Auswahl des in die Karte aufzunehmenden Stoffes,
der Art der wissenschaftlichen Redaktion und Bear
beitung bis zu jeder einzelnen anzuwendenden Sig
natur für Ortszeichen, Wege etc. ausgearbeitet wer den .
Vorschlag zur praktischen Durchführung und Erweiterung des Penckschen Welt kartenprojektes. Von H. Habenicht (Gotha ).
Für alles dies sehe ich aber keine unüber
windlichen Schwierigkeiten. Zur technischen Aus führung würde sich vielleicht Lithographie mit braunem Terraindruck empfehlen ; als Muster für Bearbeitung und Zeichenmanier könnten die Vogel schen 4 Blattkarten der europäischen Staaten in Stielers Handatlas gelten . Für uns Deutsche z. B.
Das Projekt des Herrn Prof. Penck in Wien zur Herstellung einer nach einheitlichem Plan zu bearbeitenden Weltkarte im Maassstab von 1 : 1000000 ,
deren Blätter oder Sektionen Trapezausschnitte von Längen- und Breitengraden darstellen sollen , ist
wären derartige Karten von unseren Kolonialländern sehr erwünscht.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir erlau ben , die Pencksche Idee gewissermaassen zu erwei tern , d . h . das Streben nach grösserer Einheit der
bekannt. Er hat es dem Internationalen Geogra- Maassstäbe und Stile aller Karten anzuregen. Wel phenkongress zu Bern im August 1891 unterbreitet. cher Kartograph hätte wohl nicht schon die Unan Die Idee ist entschieden schön, gut und zweckmässig, nehmlichkeit der grossen Verschiedenheiten im üb sie hat fast allenthalben Anklang gefunden. Nur rigen gleichartiger Karten in Bezug auf Maassstäbe
von einer einzigen Seite bisher ist sie angegriffen empfunden ? So gut wie betreffs geographischer worden , besonders mit Betonung ihrer praktischen Längen- und Höhenmaasse, des Anfangsmeridianes Undurchführbarkeit . Man wird zugeben , dass es
etc. , sollte man auch auf diesem Gebiete nach etwas
gegenwärtig an der genügenden Anzahl gut geschul-
mehr Einheitlichkeit streben . So halten z . B. die
ter Kräfte fehlt, um ein derartiges Werk gleich- Engländer immer noch, sowie an Meile und Zoll mässig gut zu bearbeiten und auf dem Laufenden zu erhalten . Auch sind grosse Teile der Erdober-
maass im Allgemeinen , an den Maassstabsverhält nissen zwischen Zoll und Meile auf Karten fest (z .
fäche noch lange nicht auf dem kartographischen B. 6 Meilen in der Natur gleich einem Zoll auf Standpunkt angelangt, wo eine so mühsame, zeit- der Karte), während alle anderen Nationen längst sie sind noch nicht reif dafür .
raubende und kostspielige Arbeit angebracht wäre, Aber jedes Kultur-
abgerundete Zahlen im Verhältnis zur natürlichen Länge angenommen haben . Aber man sollte noch
volk braucht Generalkarten von seinem Vaterland und
einen Schritt weiter gehen .
Bei den meisten Kar
Geographische Mitteilungen .
14
ten ist es von gar keinem Belang, ob sie in einem
lichen Zusammenwirkens den wissenschaftlichen Kar
etwas grösseren oder kleineren Maassstab ausge- tographen gegeben hat, nicht resultatlos verlaufen, führt werden , sie könnten unbeschadet ihrer Brauch-
barkeit ebensogut z. B. 45. oder kleiner als der gewählte Maassstab sein grösser und würden sich dann häufig dem Maassstab einer grossen Anzahl schon vorhandener Karten anschliessen , oder in ihrer stär-
ker abgerundeten Verhältniszahl zur Natur ein kommensurables
System
mit
dessel
Karten werken
ben Staates oder benachbarter Länder bilden .
sondern in der einen oder andern Richtung herr liche Früchte tragen : sie verdient Interesse, Beherzi lich
gung und werkthätige Unterstützung bei allen Fach genossen .
Ein grosser Nutzen, den die Ausführung des Penckschen Projektes zur Folge haben würde, wäre die einheitliche Schulung eines Teiles der Kartographen aller Länder !
Für Messtischblätter und topographische Spe zialkarten sollte man Maassstäbe wählen wie 1 : 25-,
50-, 100- und 200 -tausend, für topographische Ge neralkarten 1 : 500 000, für Landkarten 1 : 1. , 5.,
Geographische Mitteilungen.
3-, 5 , 10-, 20 ctc. Millionen . Auch in der Aus führung sollte sollte man man sich melir an vorhandene Musterarbeiten anschliessen . So für Routenkonstruk
( Die Briefe des Amerigo Vespucci.) Von den Briefen des grossen fiorentinischen Kosmographen, der ohne sein Mitwissen zum Namengeber für die
tionen an die von Dr. B. Hassenstein , für Land
karten an die von Dr. C. Vogel (das Terrain braun gedacht). Als Muster einer topographischen Gene-
ralkarte ist die neue Vogelsche Karte des Deutschen
Neue Welt geworden ist, würden, wenn echt, beson ders zwei von hohem Interesse sein, nämlich diejenigen
beiden, welche der Genannte unterm 8. (oder 18. ) Juli
Reichs in 1 : 500000 wie geschaffen . Was endlich
1500 und unterm 4. Juni 1501 an Lorenzo di Pier Francesco di Medici richtete ; der erste ist in Sevilla,
topographische Spezialkarten an'angt, so herrschen
der zweite am Grünen Vorgebirge geschrieben. Erst zu einer viel späteren Zeit veröffentlicht, sind beide
hier wohl die grössten Verschiedenheiten, die man Briefe von bedeutenden Historikern der Geographie, so sich denken kann. Als mustergiltig erscheinen uns von Navarrete, Santarem , Varnhagen für apokryph er hier die jüngst von dem Eidgenössischen topogra klärt worden . Gegen diese verbreitete Annahảe ist E. phischen Bureau in Bern herausgegebenen Probe Hugues, dem wir schon so manchen wertwollen Beitrag
überdrucke aus dem Siegfried-Atlas , das Prättigau
zur Entdeckungsgeschichte verdanken , in einer ausführ
betreffend. Die auf denselben angewandte Manier zur Darstellung der Unebenheiten des Bodens stellt
lichen Auseinandersetzung eingetreten , als deren Ergebnis wir eine Reihe von Wahrscheinlichkeitsgründen für die Echtheit jener Briefe betrachten dürfen. Wenn Santarem insbesondere dem Vespucci vorwirft, dass er sich ganz
das Vollkommenste dar, was man sich denken
kann.
Die in lichtem Braun eingedruckten Isoly
psen (äquidistante Horizontalen oder Linien gleicher diesen unberechtigt die Entdeckung von Brasilien anmaasse, resp. Vorwurf zum Anlasse nimmt, um die Authentizität Höhe über dem Meere) in Abständen von 30 zu 40 überhaupt anzuzweifeln, so wird daran erinnert, dass Meter, mit besonderer Signatur für die Linien von
Amerigo allerdings, als Mitglied der Expedition des
30 zu 40 Meter, werden durch einen zart geschum- Diego di Lepe, schon vor Cabral an dic brasilianische merten graulichen Ton , unter Anwendung schräger
Küste gelangt zu sein scheint, und dass eben damals
Beleuchtung, sowie durch zahlreiche Höhenquoten unterstützt.. Diese Manier ist gegenüber derjenigen
überhaupt der leidige Gebrauch bestand,'nur den eigenen, nicht aber auch die Namen der doch zuerst beteiligten
mit Schraffen (nach Lehmann u . a.) ein enormer
Schiffsführer zu nennen . Pigafetta und Martin Behaim
Fortschritt.
haben sich denselben Fehler zu schulden kommen
Sie bietet neben vollkommener, für
jedermann verständlicher Plastik bei allen Gebirgs- lassen, den man eben damals noch kaum als solchen arten , l'om Hügelland bis zum Hochgebirge, die empfand, und der, wie hinzugefügt werden kann, mit der äussersten Illoyalität im Citieren fremder Leistungen
genaue mathematische Grundlage zur Konstruktion
jedes beliebigen Profiles. Die Möglichkeit der Ab schätzung von Böschungswinkeln , sowie von absolu ter und relativer Höhe eines jeden Punktes ist bis auf
bei litterarischen Arbeiten Hand in Hand ging. Hugues führt zu gunsten seiner Ansicht, dass Amerigo wirklich den östlichsten Teil der Küste Südamerikas berührt
habe, cine Rechnung aus, deren Resultat wohl noch
einige Meter genau und lässt dabei doch Flüsse, beweiskräftiger erscheinen kann , als litterargeschicht Strassen, Signaturen, Schrift etc. vollkommen deutlich . Alle diese Vorzüge fehlen mehr oder weniger bei der Lehmannschen Schraffenmanier.
Es
kommt
geübter Topograph selbst ein selten vor, nichtKarten auf nach dass Lehmann einige Zeit studieren
liche Erörterungen. Der Florentiner gibt an , dass er von Cadiz bis zur ( Kanarien-) Insel Gomera einen Weg von 890, und von da bis zum Gestade der Neuen Welt einen solchen von 2490 Seemeilen (63 auf den Aequatorgrad) zurückgelegt habe. Bringt man die geographische Lage von Gomera in Rechnung und be
muss, um bei einer Bergform herauszufinden, wo
stimmt nach einer bekannten Formel der Nautik die Län
oben und wo unten ist; ein kegelförmiger Berg und
gendifferenz, welche der loxodromischen Distanz von
ein trichterförmiges Loch z . B. sind ohne weiteren
2490 Meilen (mit Gomera als Ausgangspunkt) ent spricht, so gelangt man zu einer Länge, welche mit
Anhalt nicht voneinander zu unterscheiden .
Hoffentlich wird die Anregung, welche Herr Prof. Penck im
Sinne des internationalen einheit-
einer für die Verhältnisse befriedigenden Genauigkeit als diejenige der Stadt Pará sich darstellt.
Diese An
Geographische Mitteilungen .
gaben dürfen mithin nicht , wie es teilweise geschah,
15
biet besitzt eine elliptische Gestalt mit angenähert ost
auf diejenige Reise bezogen werden, welche Vespucci | westlich gerichteter grosser Achse; es ist dicht bevölkert, in Gemeinschaft mit Alonso de Hojeda nach Amerika machte, sondern stimmen ganz gut zu der für unerweisbar gehaltenen Behauptung , dass Ersterer wirklich in Brasilien gewesen ist. Auch noch eine weitere Notiz zur Geschichte der mathematischen Geographie sei hervorgehoben. Die Längenbestimmung, welche Vespucci am 23. August 1499 nach den » Ephemeriden « des Re-
und da das Phänomen noch in der Zeit der Dunkelheit
sich ereignete, in den Wohnungen also noch allent halben die Nachtlampen brannten , so mussten die Folgen schreckliche sein : denn es sind weit mehr Menschen in den Flammen der anflodernden Häuser , als durch den
Zusammensturz dieser letzteren selbst ums Leben ge kommen. Wie gross die Totenliste ausfällt, lässt sich
giomontanus ausführte, wird gewöhnlich als Beispiel dafür angeführt, dass man dazumal das Prinzip der
gebäude aber beziffert eine vorläufige Schätzung der
Messung von Monddistanzen noch nicht mit einer den
Behörden
mässigsten Anforderungen entsprechenden Schärfe anzuwenden vermochte , ja man glaubte zu Ehren eines
Menschen mit einem Schlage ihrer Wohnungen beraubt worden sind. Die Obdachlosen verweilten aber auch
noch nicht berechnen ; die Anzahl der zerstörten Wohn auf 60000 , so
dass
mindestens
240000
anerkannt tüchtigen Astronomen die ganze Sache in
da noch lange Zeit auf dem freien Felde , wo sich
Wenn jedoch der Beobachtungsort, nach Hugues , nicht nahe der OrinokoMündung , wie man allgemein glaubt, sondern beim
ihnen anderwärts ein schützendes Asyl aufgethan hätte ;
Zweifel ziehen zu müssen .
Kap Vela (gegenüber von Curação) gelegen war , so vermindert sich der Fehler in der Längendifferenz (gegen Cadiz) auf 16 ° , und ein solcher kann in anbetracht der unvollkommenen Instrumente für um
so
denn die Bodenschwingungen kamen auch nach den schweren Stössen der ersten Zeit lange nicht zur Ruhe,
und so fürchtete man allseitig eine Wiederkehr der vernichtenden Stösse . Die Erscheinung darf zu den »Erd bebenschwärmen « gerechnet werden, indem Dr. Papellier selbst mehr als 500 einzelne Erschütterungen zählte,
entschuldbarer erachtet werden, als man die Parallaxe
welche fast eine Woche
des Mondes noch nicht zu berücksichtigen verstand ( Sopra due lettere di Amerigo Vespucci, Rom 1891 .
hart betroffene Landstrich hat seit 1855 kein grösseres Beben mehr erlebt, wie er denn auch von den auf der
Presso la Società Geografica Italiana. ) (Das grosse japanische Erdbebu : ,
Insel Hondo (Nippon) sonst gar nicht seltenen aktiven
anhielten .
Der diesmal SO
son
Vulkanen ganz frei ist und gewöhnlich nur von den
einem in Kobe wohnenden Arzte, dem durch ein geo-
graphisch anregendes Büchlein über den grossen ozeanischen Verkehr auch in weiteren Kreisen bekannt ge-
Ausläufern der seismischen Wellen berührt wurde, die im Centrum der Insel ausgelöst waren . Eine vulkanische Eruption hat diesmal, wie schon zum öfteren, die Erd
wordenen Dr. E. Papellier , liegt eine Mitteilung über
erschütterung nicht begleitet , wenigstens liegen über
diese furchtbare Katastrophe vor. Das Beben kam ganz unvermutet, nur die hohe Temperatur der un-
eine solche noch keine Berichte vor.
mittelbar vorhergehenden Tage hatte etwas Ungewöhnliches, und dem Erzähler, welcher in der Nacht vorher einen Gang zu Patienten zu machen hatte, kam es vor, als entströmten heisse Gase nicht , wie sonst wohl , feuchtwarme Dämpfe – dem Boden . Zwanzig Minuten vor 7 Uhr erfolgte der erste Stoss , in Kobe als der heftigste gefühlt ; er kam von Nordost und hielt 2 Min . 17 Sek. an . Die erwähnte, vom Epicentrum ziemlich
Von den Folge
erscheinungen ist insbesondere die Bildung zahlreicher
Erdspalten von meist nicht beträchtlicher Breite zu nennen ; auch beim Erdbeben von 1855 er eignete sich dergleichen, wie in Naumanns Schrift » Ueber Erdbeben
und Vulkanausbrüche in Japan « ( Yokohama 1878, S. 28) mitgeteilt wird . Letztere Schriſt dürfte überhaupt lehrreiche Fingerzeige auch für das Studium des hier in Rede stehenden Erdbebens enthalten , sicherlich des
grossartigsten und folgenreichsten Naturereignisses, wel
mit unerheblichen Häuser-
ches seit der Eruption des Krakatau - Vulkans zu Ende
Beschädigungen davon ; als aber der Berichterstatter
August 1883 zu verzeichnen gewesen ist . ( Fränkischer
darauf mit der nach Tokio führenden Eisenbahn in den
Kurier, Abendblatt vom 9. Dezember 1891.)
eigentlichen Schütterbezirk reiste , um
( Wissenschaftliche Durchforschung von Deutsch - Südwestafrika.) Von G. Gürich , dem
weit entfernte Stadt kam
sich dort als
Arzt nützlich zu machen , häuften sich ununterbrochen
die Anzeichen eines in dieser Schrecklichkeit selbst für Japan seltenen Ereignisses. Das Epicentrum , d . h . jener Punkt der Erdoberfläche, welcher ungefähr senkrecht über dem eigentlichen Sitze des Erdstosses in der Kruste ) sich befindet, lag in der Nähe des landschaft-
lich berühmten Biwa-Sees, eines Wasserbeckens, welches an Grösse ungefähr dem Genfer - See gleichkommt und
der japanischen Volksgeologie zufolge in dem Augenetwa drei Längengrade weiter östlich -- der Fuji - San emporgehoben wurde. Schon Osaka hatte bedeutend zu leiden, etwas weniger Kioto , aber seine ganze Furchtbarkeit entfaltete das Erdbeben am Ostufer des Sees , nahe bei Hikone und Nagoja . blicke entstand , als
wir den bemerkenswerten ersten Versuch einer Cha rakteristik der geologischen Struktur von Gesamt Afrika verdanken , ist eine eingehende Beschreibung
des deutschen Schutzgebietes im Südwesten von Afrika erschienen. Durchaus auf eigene Beobachtungen sich stützend, schildert der Reisende in objektivster Weise die Verhältnisse und klärt über den verhältnismässig so geringen Wert des Landes auf . Allerdings ist das Klima durchaus kein ungünstiges, im trockenen Inneren sogar sehr gesund und Lungenleidenden direkt zu em pfehlen , dagegen fehlt für ausgedehnteren Betrieb des Ackerbaus das unentbehrliche Wasser.
Einen grossen
Teil des Jahres hindurch liegen die Flussbetten trocken
Am schwersten wurde das etwa 10 000 Einwohner zäh-
da, und selbst der Grundwasserstrom versiegt dann
lende Ogaki heimgesucht, worin kein Haus unversehrt
mitunter so gänzlich, dass es tiefen Grabens bedarf, um
blieb , während, was sehr wohl zu beachten , das auf
nur das zum Tagesbedarf notwendige Getränk zu er
massiven Granit - Substruktionen sich erhebende, an
sich sehr leicht gebaute Kastell namhafte Verände-
langen. Die trüben Fluten, welche während der Regen zeit sich in den Gerinnen hinwälzen und oft genug ganz
rungen nicht aufzuweisen hatte. Das erschütterte Ge-
unerwartet eintreffen , gewähren keinen Ersatz für jenen
Litteratur .
16
Mangel. »Je weiter man nach Nordosten vordringt, desto günstiger gestalten sich allerdings die Ackerbau verhältnisse, es ist aber nicht zu vergessen , dass genau im gleichen Maasse die Gefahr des Klimafiebers für den deutschen Einwanderer zunimmt. Dass für die Vich
zucht die Bedingungen günstiger sind , steht ausser Zweifel, nur stehen dem Transporte und der Verwer tung der Erzeugnisse grosse Schwierigkeiten entgegen ,
und die bei der Begründung einer Exportschlächterei in Sandwichhafen begangenen Fehler dürfen sich nicht wiederholen . Was die Eingeborenen anlangt, so ist von ihnen wenig Gutes zu berichten. Hottentotten und Bastards, Herero, Nama und Bergdamara sind durchweg
Deutschland gar nicht von einander trennt, sondern das Terrain bild in seinen genetischen Grundzügen stets an die Spitze stellt , um demselben die anthropogeographischen Daten einzufügen , lässt
Lehmann zwischen den einzelnen Abteilungen eine scharfe Scheidung eintreten . Man kann darüber streiten , welches Ver fahren im einzelnen vorzuziehen sei ; für ein verhältnismässig so wenig bekanntes Land , wie es die Donaufürstentümer sind , scheint eine schematische Anordnung allerdings manches für sich zu haben . Von den drei Kapiteln ist das erste ' der physi
kalischen Geographie, das zweite der Ethnographie und Geschichte, das dritte endlich der Kulturgeographie gewidmet. Auch be züglich des Einflechtens der politischen Geschichte in eine Länderkunde können sich methodische Zweifel erheben , und im
allgemeinen würde der Berichterstatter einer solchen Erweiterung der rein geographischen Aufgabe nicht das Wort zu reden ge
unliebenswürdige Gesellen , deren ewige Fehden an und
neigt sein ; allein auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass bei
für sich schon auf den Ansiedler abschreckend wirken .
uns auch Leute von sonst gründlicher historischer Bildung der rumänischen Geschichte ganz fremd gegenüberstehen , und dass
Endlich hat Gürichs Reise die Hoffnungen auf den Fund von Edelmetallen auf ein Minimum herabgedrückt. Allerdings findet sich da und dort Gold sowohl mit Wismut als auch mit Kupfer vergesellschaftet vor,
allein durchweg nur nahe der Oberfläche, ohne die geringste Mächtigkeit, und auch das Auftreten von Edelsteinen - Beryllen, Topasen , Saphiren ist ein so sporadisches , dass ein weiteres Verfolgen dieser Einzelfunde nicht geraten erscheint.. Die geologische Beschaffenheit der goldreichen Transvaal -Republik ist
eben eine von derjenigen des deutschen Schutzgebietes durchaus verschiedene, und jene Schieferformation, in welcher Schenck goldreiche Eisenkiesgänge nachgewiesen,
die Schicksale des Landes, bunt und wechselvoll , wie sie waren ,
für die eigentümliche Völkermischung vom grössten Einflusse gewesen sind . Der fragliche Abschnitt ist zudem kurz gehalten und interessant geschrieben. Wenn man bedenkt, dass Rumänien nur zwei seit längerer
Zeit regelmässig arbeitende meteor ologische Stationen (Bukarest und Sulina) besitzt , so muss man dem Verfasser allen Dank
wissen für die abgerundete klimatologische Skizze des Landes, welche er uns bietet . Das Klima ist bekanntlich echt kontinental ;
in siebenundvierzig sich folgenden Jahren ist die Donau nur elfmal nicht zugefroren gewesen , und in Sulina fälli mitunter sogar noch im Mai Schnee , wogegen die Sommerhitze wieder so subtropisch wie möglich ist. Leichter als in klimatischer, war in geologischer
fehlt diesem ganz und gar. Allerdings wiegen kristal
Hinsicht ein Bild zu entwerfen ,
linische Gebirgsarten vor, und es ist ein Gneis- von
reichischerseits gründlich studiert sind , und weil die öster
weil die Karpathen öster
einem Schiefergebiete zu unterscheiden , aber die hier anstehenden Schiefer gehören zu den ältesten : Glimmer-, Chlorit- und phyllitähnlichen Thonschiefern. Dazwischen schieben sich vielfach Granitmassen ein . Das jüngere
reichischen Aufnahmegeologen ihre Untersuchungen vielfach auf das im Osten und Süden benachbarte Territorium ausgedehnt haben . Für die Dobrudscha ist mit Recht auch auf Moltkes reiz
Gebirge besteht grösstenteils aus Kalk , einer versteine
der Prüfung der Ursprungsfrage entscheidet sich der Verfasser
rungsarmen Masse, welche auf Grund seiner eigenartigen, auf organischen Ursprung hindeutenden Zusammen setzung fürs erste als kambrisch betrachtet wird . Quarz
gebliebenen Römern von Anfang an bestanden , dass sie mit
porphyr ist an verschiedenen Stellen durchgebrochen und hat eigentümliche Bergformen erzeugt . Die Schilde rung des Oberflächenreliefs, wie es sich zumal in der Steinwüste ( » Namiba) entwickelt findet, gewährt grosses Interesse ; die Worte des Erzählenden werden durch
gut ausgeführte Zeichnungen unterstützt. (Mitteil. d . Geogr. Gesellsch. zu Hamburg, 1891-92, Heft 1.)
Von F. W. Paul Leh
Leipzig -Prag, 1891. Freytag -Tempsky. 61 S. 3 Ab bildungen. Gr. 8º. Die vorliegende Schrift stellt sich dar als ein Bestandteil m ann .
jener grossen Länderkunde von Europa , welche unter der Lei . tung A. Kirchhoffs eben im Erscheinen begriffen ist .
dahin , dass die Rumänen aus roinanisierten Dakern und im Lande
ruhiger Ergebung, ohne dadurch in` ihrer nationalen Eigenart
wesentlich beeinträchtigt zu werden , alle möglichen Völkerwogen über sich weggehen liessen und nur von den Slaven , die zuletzt kamen , einige Elemente in sich aufnahmen . Die Röslersche Hypothese von der Einwanderung der heutigen Vlachen aus dem Süden lehnt der Verfasser ab .
Sehr ausführlich und belehrend
sind die Darlegungen über das wirtschaftliche Leben der Ru mänen , über das in der Entwicklung begriffene Verkehrswesen und über den Charakter der Städte . Verschwiegen darf nicht
werden , dass Herr Lehmann den oft angegriffenen National charakter der Rumänen gegen gewisse landläufige Vorwürfe in Schutz nimmt, und in der That muss man sich noch wundern , dass ein Volk, das im Laufe der Jahrhunderte so Entsetzliches
Litteratur. Das Königreich Rumänien.
volle » Reisebriefe « zurückgegriffen worden, deren Bedeutung für die Erdkunde eine noch nicht ausreichend gewürdigte ist. Bei
Für den
über sich ergehen lassen musste , sich so viele immerhin schätz bare Eigenschaften bewahren konnte. Die angenehme Lektüre des äusserlich , wie bekannt, elegant
ausgestatteten Buches wird einigermaassen erschwert durch die vom Verfasser angewandte Schreibart der rumänischen Eigen Da wir doch einmal Rom , Mailand, Lissabon, Athen
namen .
Bearbeiter der unteren Donaugebiete liegen die Verhältnisse
sagen, so sollten auch die uns geläufigen Namen Bukarest und
insofern ungünstig , als das wissenschaftliche Leben dortselbst
Jassy beibehalten und nicht durch Bukuresçi und Jaşi ersetzt werden. Unser Alphabet kann nun einmal selbst durch die
noch ein ziemlich junges, mit der geographischen Durchforschung des eigenen Landes nur erst ein Anfang gemacht ist . Gründ solchen Werkes eine weit mehr als in anderen Fällen unerläss
genauesten Transskriptionsregeln mit denen anderer Völker nicht zur Deckung gebracht werden , und an eine Einführung der landesüblichen Schreibweise in den geographischen Unterricht ist
liche Voraussetzung, und dieser Anforderung genügt Herr Leh
wohl auch nicht zu denken .
liche, autoptische Kenntnis war demnach für den Verfasser eines
S. Günther.
mann vollkommen , wie dies aus den verschiedensten Stellen seines Werkes hervorgeht. Was die Art der Darstellung und
der Gliederung des Stoffes anlangt , so ist den einzelnen Mit
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
arbeitern des Unternehmens freier Spielraun gelassen , und
in Stuttgart .
während z. B. Penck physische und politische Geographie von
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 2. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.
Stuttgart, 9. Januar 1892. M -DF XL
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
Inhalt :
i . Forschungsreisen in Niederländisch -Ost - Indien .
Von H. Zondervan ( Bergen -op Zoom ). (Schluss). S. 17.
2. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam). (Fortsetzung). S. 21.
3. Zur Geographie
4. Erlebnisse in Russland. Vortrag, gehalten im Geographischen Verein der Schienenwege. Von W. Götz (München ). S. 24. 5. Geographische Mitteilungen. (Galileis Mathematische zu Sondershausen. Von G. Junge (Sondershausen ). ( Schluss ). S. 26. 6. Litteratur. ( Veröffentlichungen der Kommission Geographie ; Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland ). S. 31 . für Erforschung des östlichen Mittelmeeres ). S. 32 .
Die Expedition nach der Insel Flores.
Insel Flores in die zu durchforschenden Gegenden aufzunehmen , während es weiter gelang, Dr. A. Wichmann , Professor der Geologie zu Utrecht, der einige Teile des indischen Archipels geologisch . untersuchen wollte, für die Expedition nach Flores zu gewinnen. Ferner trat man in Unterhandlung
Als die Regierung dem Niederländisch - Geographischen Verein 1887 eine nicht unbedeutende
mit dem niederländischen Ethnologen und Anthro pologen Dr. H. F. C. ten Kate, der damals als
Forschungsreisen in NiederländischOst- Indien . Von H. Zondervan (Bergen -op -Zoom ). ( Schluss.) II .
Subvention anbot, falls er eine wissenschaftliche Mitglied der bekannten »Hemenway Southwestern Erforschung einer der Inseln, welche sich im Osten Archaeological Expedition« in den Vereinigten Javas in westöstlicher Richtung ausdehnen und den Kollektivnamen » Kleine Sunda-Inseln« führen , unternehmen wollte, wurde vom Verein als Forschungs-
objekt die am wenigsten bekannte Insel »Flores«
Staaten Nord-Amerikas weilte, und später wollte man sich nach einem Botaniker umsehen .
Die geographische Untersuchung, welche, wie
gesagt, Hauptsache war , wurde dem Civil-Ingenieur
R. van den Broek aufgetragen. Letzterer reiste dem Verein zur Verfügung standen , und auch weil | Anfang November 1888 aus den Niederlanden ab
gewählt.
Mit Rücksicht auf die Mittel, welche
die Erfahrung gelehrt hatte, dass ein vollständiges
und langte Anfang März 1889 in Larantoeka
Zusammenwirken verschiedener Fachmänner sich
(O.-Flores (O. -Flores),),
dem
Ausgangspunkte seiner
topo
auf die Dauer nicht wohl durchführen lässt, da graphischen Aufnahme, an . Da der von ihm ver z. B. Geologen und Ethnographen bei ihren Nach- sprochene ausführliche Bericht nebst Karte bis jetzt forschungen weniger an eine und dieselbe Gegend noch nicht erschienen ist, sind wir vorläufig auf
gebunden scheinen, als dies bei Zoologen und seine sparsamen brieflichen Nachrichten, veröffent Botanikern der Fall ist, die Geographen dagegen licht in der Zeitschrift des Niederländisch Geo
sich noch länger an einem bestimmten Orte auf- graphischen Vereins, angewiesen. Daraus erhellt, halten müssen, wurde beschlossen, die rein geographische Erforschung in den Vordergrund zu setzen , dieselbe einer Person aufzutragen und, während der Geograph ununterbrochen weiterarbeiten
durch ungünstige Witterung, Terrainschwierigkeiten, Mangel an Trinkwasser und an Arbeitern. Auf den vielen Ausflügen , die er von Larantoeka aus
sollte, unterdessen nach einander verschiedene Fach-
in den östlichen Tei der Insel machte, lernte er
männer mit der geologischen, zoologischen , botanischen und ethnologischen Erforschung zu beauf-
sehr viele Fehler auf den vorhandenen Karten von
tragen. Da nun gleichzeitig der Amsterdamer Pro-
dass er in seiner Arbeit öfter gehemmt wurde
Auch teilt er einiges über die Mission auf dieser Insel mit und gibt eine Be Flores kennen .
fessor der Zoologie Max Weber im Begriffe stand, schreibung von seiner Besteigung des Berges Illiman auf eigene Kosten eine Forschungsreise nach Insulinde ) zu unternehmen , wusste der Vorstand des Geographischen Vereins ihn zu bestimmen , auch die
diri . Von seinen grösseren und kleineren Exkursionen wird die nach Sikha mit einiger Ausführlichkeit beschrieben . 1 ) Vor ihm war nur einmal eine
1) Als » Insulinde « bezeichnet der Holländer sein gesamtes
1) Bericht über eine im Jahre 1888–89 im Auftrage der Niederländischen Geographischen Gesellschaft ausgefithrte Reise
Kolonialgebiet in den südöstlichen Meeren. Ausland 1899 Nr. 2.
3
Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien.
18
Reise durch das Innere der Insel von Herrn Kleian
zur Stütze der Wohnungen bei den Vorfahren
unternommen , aber der Reisebericht Kleians ist
dienten .
Viel Einfluss übt in Sikha der römisch
niemals veröffentlicht worden . In Begleitung des katholische Geistliche Le Cocq d’Armanville aus, dortigen Regierungsbeamten , Herrn Worms, wollte über welchen zu berichten wir noch Gelegenheit van den Broek von Larantoeka aus längs der Haddie- | baben werden . Nach van den Broek ist derselbe Bai zur Nordküste und von da aus durch das Innere eher das regierende Haupt des Staates Sikha zu
nach Maumerie gelangen. Da aber von eigentlichen
nennen, als der ebenfalls dort sesshafte Radja. Das
Wegen nirgends die Rede sein konnte, und da die
Hauptprodukt dieser Gegend ist Tabak von aus
16 Träger (Kulis) sehr wenig Widerstandsfähigkeit zeigten, musste er auch an der Nordküste den Strand entlang marschieren . Eigentümlich ist, dass
gezeichneter Qualität. Das Vorhaben, von Maumerie aus
zu Boot nach Wailamo zu reisen und von
dort aus quer durch die Insel nach Conga zu
die Küste fortwährend von vorgestreckten Gebirgs- ziehen, musste man aufgeben , und die Rückreise rücken unterbrochen wird und also Buchten bildet, welche in der Mitte einen sandigen Strand haben. Jede dieser Strandpartien gehört nun einem be-
wurde mit dem Postdampfer vollbracht. In einem späteren Briefe teilte van den Broek
stimmten Eigentümer an , sei dieser eine Kampong oder ein reicher Eingeborner, der daselbst gewisse
dem Vorstande der Geographischen Gesellschaft mit, dass er am Ende des Jahres 1889 aus seiner Be ziehung zu dem Vereine treten wolle, während der
Rechte ausübt . Der Weg an der Haddie-Bai bleibt
crsten Monate des Jahres 1890 aber noch an der
» Bald « , sagt van der
Arbeit bleiben würde, um einige Lücken in der
Broek, » mussten wir eine Stunde lang über riesige
selben auszufüllen. Da nun die Regierung für 1890
Steinblöcke klettern , bald war der Strand mit einer
die Subvention von 10000 Gulden nicht bewilligt
dicken Schicht Geröll bedeckt. Eines Morgens mussten wir, um an einem Kap vorüber zu kommen,
Arbeit während einer kurzen Zeit durch einen Arbeit
fortwährend an der Küste.
mehr als vier Stunden durch das Wasser marschieren,
welches an einigen Stellen bis weit über die Kniee
hatte, und die Fortsetzung der topographischen andern als den , der sie angefangen hatte, wenig Nutzen gewährt haben würde, und da auch die in
reichte. Am meisten aber wurden wir im Anfang zwischen eingetretenen politischen Ereignisse auf Besser ist es in
Flores ein Vordringen in die West-Hälfte unmöglich
dieser Hinsicht mit der Nord- Küste bestellt, und
durch Wassermangel geplagt .«
machten , so ist die Erforschung von Flores nicht
während der östliche Teil der Insel nur eine ärm-
zum Abschluss gekommen , wie denn auch die
liche Vegetation besitzt,und der Ackerbau dortwenig Aussendung eines Botanikers unterbleiben musste, lohnend ist, findet man an der Nord-Küste in der Gegend von Tandjong Dara, in Kroë) ausgedehnte
Das Resultat der Thätigkeit van den Broeks wird also nichts weiter als eine verbesserte Karte
Wälder gutenwohnen Ackerboden. den Monate Inseln der Küsteund entlang Fischer, Auf die oft lang mit der ganzen Familie auf dem Wasser leben. Eine Reise von 7 Tagen brachte den Reisenden
des östlichen Teiles Gedanke der Insel sein. Es war darum ein glücklicher des Vorstandes der geographischen Gesellschaft, dem Professor Wich mann ausser seinen geologischen Untersuchungen
nach Maumerie, das, obwohl an der Nord-Küste auch eine » flying survey« von Flores aufzutragen, gelegen , doch dem Radja von Sikha an der SüdKüste gehört, wo die Insel nur eine Breite von 3 Stunden hat. Von hier aus machte van den Broek einen Ausflug nach Sikha und fand auch hier wieder die Wege erbärmlich schlecht. »Nimmt man den kürzesten Weg über Kotti, so muss man elfmal nach einander denselben Fluss überschreiten.«
Vorab der letzte Teil des Weges war nach ihm geradezu
» halsbrechend« .
Die Dörfer dagegen
wodurch wenigstens eine, wenn auch nicht ganz korrekte Karte der ganzen Insel ermöglicht wurde. Da Professor Wichmann einen ausführlichen
Bericht in deutscher Sprache) über seine Reise in Celebes und Flores veröffentlicht hat,-) wollen wir, indem wir auf denselben verweisen , hier nur
kurz bei ihm verweilen. Am 18. Juli 1888 von Marseille abfahrend, erreichte er am
20. August
Pr Batavia, wo wo erer Professor M. Weber und Frau fand, Batavia,
machen einen besseren Eindruck ; sie sind geräumig
mit ihnen einige Ausflüge auf Java machte, wie
und hübsch angelegt. Sikha (Hauptort des Staates
zum Vulkan Tangkoeban Praoe und zum Krater
gleichen Namens) z. B. nennt van den Broek »die
see Talaga Bodas, und dann in ihrer Gesellschaft nach
reinlichste und ordentlichste Kampong, die er jemals in Indien gesehen hat. Eigentümlich sind
Makassar abdampfte, dem eigentlichen Ausgangs punkte seiner Untersuchungen . Den Plan, zusammen
in manchen Dörfern die schön - verzierten und be-
die Insel Celebes quer zu durchstreifen , haben beide
arbeiteten Pfähle, die » pomali« (heilig, nicht zu
Forscher zur Ausführung gebracht. Am 6. Oktober
berühren) sind und früher oft für Opferpfähle ge-
1888 verliessen sie Makassar und
halten wurden , nach van den Broek aber einfach
7. die Pare-Pare-Bai . Von hier aus ging es einige Tage später nach Teteadji , dem Hauptort des Staates
nach dem Indischen Archipel, von Arthur Wichmann in Utrecht.
Sidenreng und weiter nach Tempe. Obwohlhier der
Erster Teil, mit 2 Tafeln, Nr. XI u. XII, Tijdschr. v. - h . Kon .
erreichten am
Ned. Aardr. Gen. , 1890 Nr. 5 , S. 907 ff.; Zweiter Teil, mit 9 Tafeln, Nr. III -XI , ibid . 1891 Nr. 2 , S. 188 ff.
2) Tijdschr. v . h . Kon. Ned . Aardr. Gen. , 1890 Nr . 2 , S. 454.
Forschungsreisen in Niederländisch-Ost-Indien .
Fürst von Wadjo residiert, war der Ort doch » ebenso schmutzig und so voll Ungeziefer wie alle übrigen von uns besuchten Kampongs.« Auf dem Tjenrana-
19
reise nach Maumeri angetreten, und hier trennten
sich die Reisenden : Professor M. Weber und Frau reisten am 7. Januar 1889 nach Makassar zurück,
um die Umgebung des noch wenig bekannten Meere nach Badjoa, dem Hafen des Reiches Boni. Golfes von Boni auf Celebes zu durchforschen , Ueber Balangnipa und Kadjang gelangte man an während Wichmann in einer Prau nach Hadding Fluss fuhr man nach Palima und darauf auf dem
>
die Südost-Spitze von Celebes,wo die » Totengrotte«
fuhr und von da aus zu Lande nach Larantoeka
in der Nachbarschaft Biras besucht wurde.
kam . Auch dort ist ein römisch -katholischer Missionar
Am
selben Tage traf man in Bonthain ein und besuchte angesiedelt, und man findet eine Schule mit circa von hier aus Loka am Fusse des Piks von Bonthain , » welcher ohne Zweifel ein echter Vulkan ist. « Nach
150 Schülern , sowie ein Nonnenkloster, wo gegen 150 Mädchen erzogen werden . Mit der Abreise
Bonthain zurückgekehrt, fuhren unsere Reisenden
von
Larantoeka
endet
der
Reisebericht
Wich
Aus seinen brieflichen Mitteilungen wissen
von dort mit Dampfer nach Makassar zurück , wo
manns .
sie am 4. November wieder anlangten. Einige Tage später wurde die Reise nach Flores angetreten.
wir aber, dass er Ende Januar, nachdem er auch den Inseln Adonara nnd Solor einen Besuch abge
Erst fuhr man nach Bima auf der Insel Sumbawa ,
stattet hatte, über Konga nach Kupang, dem Hauptort des holländischen Teiles der Insel Timor,
da der Sultan dieses Reiches auch über den west-
lichen, Mangerai genannten, Teil von Flores herrscht,
fuhr, und weil er zunächst keine Gelegenheit hatte,
um von ihm die Erlaubnis zu erlangen, West-Flores
während des herrschenden West-Monsuns wieder
besuchen zu dürfen . Dann ging die Fahrt über nach Flores zurückzukehren , entschloss er sich , die Bari , Reo und die kleine Insel Paloweh oder Roesa
ihm noch übrig bleibende Zeit einer Erforschung
Radja zur Bai von Maumerie, wo man am 29. No -
Timors, sowie einiger anderer Inseln zu widmen.
vember eintraf. Nachdem die Umgegend durch-
Nachdem Wichmann in Timor Ausflüge nach
Baoeng (in Amarassi), nach den Inseln Kambing Dezember forscht war, zogen die Reisenden am 7.Auch Herr und Samaoe, nach Atapoepoe und nach Foloemonoe
quer durch die Insel zur Südküste.
er am 18. März Wichmann klagt über die ausserordentlich schlechten (in Fialarang) gemacht hatte, setzte Hier gelang es ihm
Wege, den Mangel an Kulis und den fast voll-
ständigen Wassermangel . In Sikha wurden die
nach der Insel Rotti über. unter anderem , eine kleine Kollektion jurassischer
Reisenden auf die liebenswürdigste Weise von dem
Versteinerungen an den Böschungen des Schlamm
schon genannten Geistlichen Le Cocq d’Armanville empfangen , welcher sie während ihres Aufenthalts
vulkans Boeboe Sarlain zusammenzubringen . „ Es sind die ersten Fossilien , der Juraformation ange
in dieser Kampong » mit nie ermüdender Bereit- hörend, welche im Indischen Archipel gefunden willigkeit, man möchte geradezu sagen, mit Enthusias- wurden, und dies ist ohne Zweifel der meist inter mus « unterstützte. So stellte er ihnen auch sein eigenes Fahrzeug zur Verfügung , um die Fahrt nach Endeh
essante Fund meiner ganzen Reise. “ 1) Dann fuhr er über Savu, Sumba und Bima nach Makassar
zu unternehmen, wo die Gäste fünf Tage verweilten. zurück, wo er am 7. April anlangte. Nachdem er Von hier aus wurde eine, besonders von Frau
Weber in Anregung gebrachte, Fahrt nach dem Gebiete der Rokkasin West- Flores in einer für 25 Gulden gemieteten Prau unternommen . Man
kam aber nicht weiter als bis zum Dorfe Bombang, das allerdings schon im Rokka-Gebiete liegt. Die
von hier aus noch (vom 20. April bis 4. Mai) die Palos-Bai besucht hatte und quer durch Celebes zum Golf von Tomini an der Westküste vorgedrungen war, wobei der äusserst beschwerliche Weg über
hohe mit Urwäldern bedeckte Berge führte, sowie
, von an vielen Stellen welchen verbarrikadie Die durch rt wurden, BäumenFlussbetten, und Felsenstücke
ungünstige Witterung zwang die Reisenden, von
hier aus die Rückfahrt nach Endeh und Sikha anzutreten .
Hier wurde ihnen schon am Ufer die
traurige Kunde überbracht, dass eine Woche zuvor
kehrte er endlich hein und erreichte am
11. Juli
1889 wieder die Niederlande. Auch Professor Weber hat im vorigen Jahre
Le Cocq d’Armanville von einer Bande Bergbewohner angefangen, die Resultate seiner Reise zu veröffent plötzlich überfallen worden sei und nicht unerheb- lichen, “) hat aber diese Arbeit bis jetzt noch nicht
liche Verwundungen davongetragen habe.
Da
vollendet. Aus einem vor den Mitgliedern der
man in Ost -Flores ganz allgemein in dem Wahne Geographischen Gesellschaft in Amsterdam gehaltenen befangen ist, dass ein etwaiges Ausbleiben des Vortrage lernen wir überdies seine Erfahrungen Regens durch diesen oder jenen Mitbürger verursacht kennen, soweit sie die Bewohner von Flores und
werde, hatten bei der anhaltenden Dürre einige Central-Celebes betreffen .') Taugenichtse , welche den Geistlichen hassten , weil er ihrer Ungebundenheit und Raubsucht Einhalt
er
uns
1) Max Weber, Zoologische Ergebnisse einer Reise in Nie.
Leiden 1890. Ost-Indien. derländischArchiv gethan hatte, die Bergbewohner gegen ihn aufgehetzt, nationale für Ethnographie. indem sie ihn beschuldigten , er halte den heiss er sehnten Regen in einer Blechbüchse verschlossen . Von Sikha wurde einige Tage später die Rück-
Auch teilt
Siehe auch das
Inter
2) Tijdschr. v. h. Kon. Ned. Aardr. Gen., 1889 Nr. 8—10, S. 490.
) Tijdschr. v. h. Kon. Ned. Aardr. Gen., 1891 Nr. 5, S. 681
Forschungsreisen in Niederländisch -Ost-Indien .
20
darin mit, dass der Zweck seiner Reise war, zoolo- , Timors, zu besuchen. Auch bestieg er den Lakaän , gische Untersuchungen, sowohl systematische als der für den höchsten Berg von Holländisch - Timor auch vergleichend -anatomische , anzustellen . In gilt, und den er auf circa 2200 Meter schätzt.
Sumatra und Java beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Studium der Süsswasser-Fauna, welches ihn zu der Vermutung leitete, dass auf Sumatra die grossen Seen (Kraterseen) einst wahrscheinlich mit dem Meere in Verbindung standen, wie der Singhara- oder der Manindjoe-See, und dass ihre
Neben seinen anthropologisch - ethnologischen For schungen sammelte er auch geologische und zoo logische Gegenstände und versuchte eine »fying survey« der besuchten Landschaften zu machen. Von Atapoepoe fuhr er nach Neklioe in Ainfoang und reiste von hier aus zu Lande nach Pariti, um
Fauna also eine Relikten -Fauna ist. Die kleineren, dann zu Wasser nach Kupang zurückzukehren.. sehr hoch gelegenen Seen dagegen müssen auf eine andere Weise bevölkert worden sein, z. B. indem der Wind oder die Vögel die Keime einzelner Tiere
Am 1. April befand er sich wieder auf Flores und
dahin versetzt haben. Auf Celebes beschäftigte ihn
drang von Sikha aus mit Hilfe des Geistlichen Le Cocq, der ihn auf dieselbe zuvorkommende Weise unterstützte, wie früher die Herren Wich
auch die Wallacesche Scheidungslinie .
Was die
mann und Weber, in das Innere des Staates Lio
Bevölkerung von Flores betrifft, so wies er in seinem
und auch durch , wohin ausser Herrn Le Cocq dieser betrat ihn nur einmal - niemals ein Europäer
Vortrage auf den Unterschied hin zwischen den Bewohnern der Küste und denen des Innern .
Die
Ersteren sind eine Mischung von Eingebornen und Fremden , im Innern dagegen findet man die Urbevölkerung, welche in vieler Hinsicht mit den Bewohnern der Key- und Aru-Inseln übereinstimmt.
den Fuss gesetzt hatte. In dem fast unnahbaren Bergdorfe Hokor, nordöstlich von Sikha, fand er bis jetzt die reinsten Repräsentanten der Negroïden Auch ten Kate nennt die Wege » über alle Beschreibung schlecht« . Von Sikha reiste er
rasse .
Er glaubt denn auch, dass die Scheidungslinie
nach Koting und weiter nach Maumeri, von wo
zwischen West- und Ost-Malaien , welche Professor
aus er der Insel Gross- Bastaard einen Besuch ab
Gerland auf seiner Völkerkarte Insulindes im Osten
stattete, dann kehrte er nach Hadding zurück und reiste
von Celebes und Flores zieht, eher im
Westen
zu Lande nach Larantoeka.
Nachdem er die Inseln
der letztgenannten Insel zu suchen sei . Auch in Celebes, speziell in der Landschaft Loewoe am
Adonara und Solor besucht hatte, fuhr er
Golf von Boni, existiert wieder ein scharf ausge-
aber wenige Tage nachher wieder ab und erreichte über Roti, Savu und Endeh die Insel Sumba, wo er am 6. Juni in Waingapu an das Land stieg. Viel Mühe hatte er hier, die nötigen Tragpferde zu bekommen . Es gelang ihm aber, in der Um
prägter Gegensatz zwischen den Küstenbewohnern (den Toraweh ) und denen des Innern (den Toradjas) Schon waren Professor Wichmann und Pro-
von
neuem von Larantoeka aus nach Kupang, reiste
fessor Weber längst von ihrer Forschungsreise zu-
gegend dieser Kampong verschiedene Ausflüge zu rückgekehrt, als Dr. ten Kate in Indien eintraf, machen, wobei er sich nebenbei so viel wie möglich um dort ethnologische und anthropologische Unter- auch mit der Geologie und der Fauna beschäftigte. suchungen anzustellen . Wie wir aus seinen brief-
» Das Volk «, sagt er, » ist sehr verschieden von
lichen Nachrichten wissen, erreichte er am 14. Januar demjenigen der übrigen, mir bekannten Inseln dieses
1891 Makassar, wo es ihm gelang, eine gewisse Archipels. Diese Leute sind viel besser gebaut Zahl Makassaren und Boeginesen anthropologisch
und weniger belästigend. Es gibt unter den Sumba
zu untersuchen , um , wenn möglich, den Einfluss zu konstatieren, welchen diese Volksstämme vielleicht auf die Bewohner der kleinen Sunda-Inseln aus-
nesen einen Typus, der mich an die nordamerikani schen Indianer gemahnt. Auch die Landschaft hat in Sumba einen eigentümlichen Charakter. Der
geübt haben. Nachdem er einen Ausflug nach
Kalk, vor allem der Korallenkalk, ist überall über
dem Reiche von Goa in Celebes gemacht hatte,
wiegend, obwohl ten Kate in einem Flussbett auch
setzte er nach Flores über und landete in der Ipih-
Eruptivgesteine fand.
Bai, im Osten von Endeh .
Hier sowohl als in
» Die Terrainbeschwerden sind hier nicht zu beschreiben und machen diese
Endeh hesuchte er viele Kampongs und fand auch, Ausflüge sehr ermüdend, sowohl für die Menschen dass die Küstenbevölkerung stark gemischt ist. Am 1. Februar traf er in Kupang (Timor) ein und
sind in den Gebirgen ausserordentlich stark , das
machte erst eine Exkursion nach der Landschaft
Thermometer zeigte des Morgens früh immer
Amarassi, wo er 53 echte Timoresen anthropologisch
16,50—18,5 ° C., am Nachmittag (2 Uhr) 10-110
genau untersuchen konnte und auch der Gesichtsstärke, dem Farbensinne und den Volksnamen viel
mehr. Laut seinem letzten Briefe vom 24. Juni
Aufmerksamkeit schenkte.
Ost-Sumba zu ziehen und ungefähr um die Mitte
als auch für die Pferde.
4 I
I
I
1/2 Gallon Honig in der Wabe . i Sklave (Knabe zw. 10 u. 13 Jahr.) 16 I ) 50-80 ( Mädch . I 18 13 ) 80-200 ( I ) So - 130 (Weib 18 » 30 ور
Kuka war, bemerkte er, dass die Baumwollstreifen
2
Arbeit und kaum als Kleidung zu gebrauchen ; 2-5
zugleich einen Begriff vom relativen Wert einiger vielfach vorkommender Handelsartikel gibt : I Amer . Elfenbein, das Pfund 2 i Ziege
>
>
>>
währung fast vollständig von der Muschelwährung
>>
verdrängt war ; nur im Süden von Bornu wurde
noch nach Baumwollstreifen gehandelt . Man nahm dort die Spanne oder auch eine Elle , welche stets von der Spitze des längsten Fingers bis zum Ellbogenbug gerechnet wird , als Maass derart , dass ein Mann , mit Baumwollstreifen versehen, sich für eine Spanne oder drei Ellen Baumwollstreifen diesen oder jenen Gegenstand kaufte. Dass dies oft, wegen der Verschiedenheit der Länge einer Spanne oder einer Elle , zu langweiligen Erörterung: n , ja zu Streitereien führte, braucht kaum erwähnt zu werden .
I
(
I
(Knabe (Mann
30 , 50 13 " 18 18 50
در
) 10-40 ) 16-50
) 10-50 Kommen wir an den Gabun , so sind auch dort die aus europäischem Kattun gefertigten Stoffe in I
>
den verschiedensten Mustern von grossem Nutzen , um mittels Tauschhandels sich die Landesprodukte
zu erwerben (O. Lenz) ; an der Loangoküste in Angola und Benguela ist ein Stück Zeug, » long « genannt, das gangbarste Wertzeichen (Woermann ).
Diese Baumwollstreifen , die zum Anfertigen von
Aehnliche Thatsachen berichten verschiedene Rei
Toben, Hemden und Hosen dienen, haben in Bornu den
sende aus dem Congogebiete.
Namen Gabaga. Acht Kauris oder Kungena werden
Isangila erfreuen sich rote, baumwollene Taschen
Zwischen Vivi und
einer Spanne Baumwollstreifen gleich gerechnet, tücher, sowie gestreifte und karrierte Stoffe der all also einer Gábaga (Rohlfs). Am Senegal werden nach dem
Moniteur Belge
vom
16.
Dezember
gemeinen Beliebtheit ( Nipperdey).
Havenga , der
in allgemeinen Umrissen erwähnt, was von den
1879 jährlich grosse Mengen blauen Kattuns aus Eingebornen des Congostaates am meisten geschätzt Flandern , das sogenannte Guinée, eingeführt, welches wird, sagt, dass die meisten Kattunstoffe, haupt dort als Wertmesser üblich ist ”). Im Nilgebiet bei sächlich von den holländischen Faktoreien eingeführt, den Seriben werden Ballen von Baumwollstoff englischen Fabriken entstammen . (Schluss folgt.) eingeführt, und zwar alle drei von uns genannten Sorten ; hier sind sie jedoch nicht eigentlich Münz einheit ). In Nyangwe ist ausser Kauris, Perlen , Kupfer und Eisendraht auch ein Zeug von der Zur Geographie der Schienenwege. Raphia-Palme gangbares Zahlmittel . In allen jenen Von W. Götz (München ). Gegenden , die von der Ostküste *), von Sansibar und Umgegend versorgt werden, gilt ein Stück unge Die » Verkehrsgeographie«, wenn eine solche bleichtes Zeug als fester Tauschwert; dieses ist das wirklich als ein deutlich unterscheidbarer Zweig am
genannte Amerikani , 4 Ellen lang. Stanley gibt vielästigen Baume der Erdkunde wächst, wird sich sogar für das Jahr 1876 einen genauen Preiskourant des Marktes von Udjiji in Amerikani '); er lohnt 1) Reise nach Chartum durch Kordofan und Dorfus 1879. Tagebuchblätter von Dr. J. Zurbuchen (Petermanns Mitteilungen , 1884, S. 452 ).
2) Havenga, a. a. O. , S. 378. 8) Schweinfurth, Bd. II, S. 429. “) Nach Hendrik P. N. Muller ist der gewöhnliche Kattun in Ostafrika fast ausschliesslich Bombay -Fabrikat. Die Einheit ist am Sambesi und in ganz Muzambique mit Hinterland die
schwerlich mittels allgemeiner oder grosser Grund linien, wie solche die Kulturgeschichte in Zusammen hang mit einer mehr geistreichen als umsichtigen Beurteilung der Länderkarte veranlassen konnte, ihre Ausgestaltung erwirken . Alles , was in diesem Felde aprioristische Eigenart aufweist, wird dem
prüfenden Auge des Kenners sehr bald gekünstelte und unberechtigte Folgerungen oder Lehren erkennen lassen . Wir haben da einen zu realistischen Bereich
Spanne zwischen beiden Daumen, wenn die Arme ausgestreckt sind .
Das ist eine » braço « , Wert zwischen neun und zehn Mark . 5) Stanley, Through the Dark Continent . Hamburg, 1878,
Bd. II, S. 15 .
vor uns. In diesem vermag nur das achtsame Er kunden und Vergleichen kleiner Teilgebiete der Erde und zahlreicher Einzelplätze menschlicher
Zur Geographie der Schienenwege.
Wohnsitze , sowie die höchst prosaische Kenntnis-
25
welcher entsprechend er auch die einzelnen Teile
nahme von dem Entstehen und dem Erfolge der
seiner Zonen als bodengestaltlich abzugrenzende
einzelnen Verkehrswege und -mittel zu nutzbaren
Gebiete mit solchen Umrissformen behandelte. Ihnen
und verlässigen Erkenntnissen zu führen, aus welchen
entsprechend, lehrt er hierauf, gäbe es zwei Typen
dann wohl mit der Zeit eine wissenschaftlich auf-
von Bahnnetzen , oblonge und radiale. Die oblongen
gebaute Verkehrsgeographie werden kann . Zu derartigen Vorarbeiten wird man zweifellos so selbständige und anregende Studien zu rechnen
zeigen gewissermaassen eine Gitterform , wie dies
und zu verwerten haben, wie ihrer eine jüngst aus der Feder von J. Müller in Zweibrücken erschien , als
artig bestimmten Gebieten erweisen sich als die wich tigeren im Verkehr. Dies beruhe wesentlich auch
» Beitrag zur Verkehrsgeographie « bezeichnet.")
z. B. die Querbahnen der oberrheinischen Tiefebene deutlich darthun ; die radialen Netze in den rauten darauf , dass die Umwallung der sogen . Rauten an
Der Verfasser dieser Broschüre bringt eine Be-
zwei Seiten gleich hoch zu sein pflege, weshalb
trachtung der Anordnung, welche das Eisenbahnnetz
Süddeutschlands und des zwischen Alpen und Su-
die Wege schon durch die nach dem Schnittpunkt der Diagonalen konvergierenden Gewässer eine ra
deten gelegenen österreichischen Gebietes erhalten
diale Anordnung erhalten, und das Netz einen be
hat.
Eine Reihe von Lehren wird sodann aus der
Darlegung des Thatbestandes abgeleitet, welche ja nicht alle durch Neuheit oder ausnahmslose Allgemeingiltigkeit glänzen müssen, um doch als eine
in vorliegendem
herrschenden Mittelpunkt.
Selir interessant ist die
an den zwei Hauptbeispielen festgestellte Thatsache, dass die Winkel, unter welchen sich in radialen Netzen die Radien schneiden, wenn nicht bedeutende
Zusammenhang vollberechtigte Verkehrshindernisse ablenken , fast stets die gleichen
Schlussfolgerung Anerkennung zu verdienen . Da sich das Schriftchen fast nur mit der gegen-
seitigen Lage der Verkehrsmittelpunkte , besonders mit ihren Abständen befasst und mit ihrer Lage zu
einem geographischen Gebiet, welches durch bestimmte » Umrissformen « als ein selbständiges oder abgegrenztes gelten kann - so finden wir dementsprechend hinsichtlich solcher Plätze nur eine Aussage über ihre Entwicklung als Mittelpunkt eines
sind, nämlich solche von 450 und von 30 . Bei dem Beispiele des fränkischen Centrums Nürnberg wurde dies allerdings nur für Winkel von 60 ° durchgeführt. Die Zahl der Radien aber sei abhän
gig von der Bevölkerungsdichtigkeit des Netzgebietes, und die Länge derselben sei der Einwohnerzahl der Verkehrscentren proportional . Die letztgenannte Doppelfolgerung begibt sich einerseits bereits auf das rein volkswirtschaftliche
Bahnnetzes. Es ist die, dass bei mehreren einander Gebiet hinüber, andrerseits wird es stets unüber nahe liegenden grösseren Städten nicht die Bewohner - windliche Schwierigkeiten bieten , irgend ein grösseres zahl zu einem solchen Centrum erhebe, sondern die
Gesamtgebiet derartig in Teilgebiete mit bestimmten
Lage zu den Umrisslinien des betreffenden geogra-
Mittelpunkten zu zerlegen, dass man diesen radiale
phischen Gebietes . (Dadurch wirkt eine solche Stadt natürlich auch bestimmend auf die Anlage des Bahnnetzes .)
Verkehrswege mit einer zahlenmässig bestimmbaren Länge zuweisen könnte ?). Vielmehr wird eine an genommene Länge oft sehr ausgiebig zu kürzen
Als wesentlich erscheint freilich hierfürdie innere
sein , sobald der betreffende Schienenweg in seiner
Berechtigung der Aussage über die vom Verfasser sogenannte Umrissform der natürlichen Gebiete eines Landes, welch erstere sich entweder der geometrischen
äusseren Strecke auch als Radiusstrecke eines be nachbarten Verkehrscentrums betrachtet werden will .
Figur eines Rechtecks oder der einer Raute zu
Man versuche es z. B. mit der Linie Nürnberg Regensburg-Linz : welche Länge der Bahnstrecke
nähern pflege. Allerdings kann die voraufgegangene
soll man hier mit Recht als diejenige für Nürnberg,
Untersuchung hierfür eintreten, in welcher der Au-
welche als die des Regensburger und als jene des
tor zuerst vier Zonen südnördlich an den Alpen-
Linzer Radius präzisieren dürfen . Referentmöchte
gürtel sich anlegen lässt eine südliche mit den
daher auch hier für thunliche Einhaltung der Grenzen
Teilmittelpunkten Singen , München, Linz, Wien ; geographischer Betrachtung gegenüber anderen eine mittlere mit der danubischen Reihe : Ulm , Regensburg, Budweis, Brünn ; sowie mit der rhenanisch-
Wissensgebieten sich aussprechen. Damit ist na türlich jener Thatsache keineswegs etwas abgebrochen,
albingischen : Stuttgart, Nürnberg, Pilsen, Prag ; end- dass wir Verkehrsmittelpunkte als maassgebende lich eine nördliche Zone mit Würzburg und Eger), Kräfte für das Entstehen und die Einzelanordnung sodann an den speziell ausgeführten Beispielen Mittel- und Ostböhmens (mit Prag), der fränkischen Platte (mit Würzburg), der oberrheinischen Tiefebene und Lothringens (mit Saarbrücken) [?] be stimmtere Stützpunkte für seine Auffassung gewinnt,
von Bahnnetzen zu erkennen und ihnen einen deut lich bestimmbaren Umkreis zuzuweisen ein Recht haben .
1) Dass notwendig ein Uebergreifen der Begrenzungslinien
1) Die Lage der Verkehrsmittelpunkte Süddeutschlands und
der einzelnen Gebiete in das benachbarte Territoriumn sich ergibt, bekunden recht deutlich die von dem Herrn Berichterstatter
der Verlauf der Haupteisenbahnen dieses Gebietes von J. Müller,
seinem bekannten Werke » Die Verkehrswege im Dienste des
kgl . Reallehrer. Programm der kgl . Realschule Zwcibricken am Schlusse des Schuljahres 1890/91 . Zweibrücken , Reiselt , 1891 .
Welthandels « (Stuttgart 1888) beigegebenen Isohemerenkärtchen . Anmerkung d . Herausgebers .
Erlebnisse in Russland .
26
Hierdurch kommen wir allerdings nur teilweise zu dem Ergebnis bestimmter regelmässiger Formen des Bereiches für die Verkehrsmittelpunkte. Denn gerade die Eisenbahnen sind es, welche die natürlichen Grenzen, sobald diese schwächer auftreten,
fehlt den Dörfern an landschaftlichem Reize, da
wir die Bäume und Sträucher vermissen, welche unseren deutschen Dörfern ein so freundliches Aus
sehr fühlbar um ihren früheren scheidenden Einfluss
sehen verleihen . Diese lange Reihe von Häusern ohne Baum , ohne Strauch, ohne ein Gärtchen hat etwas Nüchternes, Kaltes. Das entspricht dem nur
brachten. Die Abhängigkeit des Schienenwegnetzes von den »Grenzen zwischen Hebungen und Senkungen
auf das Praktische gerichteten Sinne des russischen Bauern ; für die Annehmlichkeit des Lebens hat er
der Erdoberfläche«, nicht nur von den natürlichen
noch kein Verständnis. Die innere Einrichtung des
Bodenfurchen , ist ja wesentlich geringer als die- Hauses, der » Isba« , ist sehr einfach . Der untere jenige der reger benutzten Strassennetze, obwohl Stock wird vorzugsweise zu Wirtschaftsräumen Strassen viel leichter starke Steigungen überwinden . und Vorratskammern benutzt; ein grösserer Raum Für die vermehrte Unabhängigkeit der Bahnen von dient als Winterstube. Ueber dem Erdgeschosse
der Bodengestalt, sobald es sich nicht um steile befinden sich die eigentlichen Wohnräume für den Böschungen handelt, zeugen freilich
auch zwei
Sommer , wohin meist eine äussere Treppe unter
von Müller beleuchtete Beispiele, nämlich Pilsens
einem Vordache führt. Die Möbel sind einfach . Ein
und Würzburgs Schienennetz. Hier hat gewiss nicht
roher Tisch, an den Wänden breite Bänke, höchstens
die Boder gestalt das Anlegen einer so beträchtlichen
noch einige hölzerne Schemel --- das ist alles. Der
Anzahl von Radien begünstigt; sondern der Platz | Hauptgegenstand im Winterzimmer ist der kolossale, drängte dazu, letztere herzustellen , zum Teil ein Beleg für das vorgebrachte Gesetz der Verteilung
fast bis zur Decke reichende Back- und Kochofen,
den man aus Ziegeln oder Backsteinen hergestellt
von Verkehrsmittelpunkten in gewissen gleichen i hat. Zur Winterszeit spielt derselbe eine sehr wich Abständen . Aber wenn wir solche » Mittelpunkte«
tige Rolle. Der zwischen ihm und der Decke be
auf den deutlichsten natürlichen Grenzen antreffen, wie z . B. Ulm oder Linz, dann wird sich die Ueber-
zeugung von geometrisch bestimmbaren Umriss-
findliche Raum ist nicht nur eine beliebte Schlaf stelle, sondern zu jeder Zeit im Winter ein ange nehmes Ruhe- und Erholungsplätzchen. Wenige
formen natürlicher Verkehrsgebiete abschwächen.
Fuss unterhalb der Decke ist vom Ofen bis zur
Um den Schwierigkeiten der Lehre über die gegenüberliegenden Wand eine Art zweiten Stock Eisenbahncentren zu begegnen , wird man nicht ver
werkes oder vielmehr ein offener Bodenraum ange
kennen dürfen, dass zwischen Verkehrs- und zwischen
bracht. Hier ist die allgemeine Familienschlafstätte für Jung und Alt . Schafpelze, Kleider, Filzdecken ,
Eisenbahnmittelpunkt häufig zu unterscheiden sei . Bei letzterem ist es wiederum ein anderes, ob man
kleine Kopfkissen sind das einzige Bettzeug. Eigent nur Kreuzungsorte für Bahnlinien vor sich habe, liche Betten kennt der russische Bauer nicht . welchen durch die Bodengestalt der betreffende
Aus dem Hausflur gelangt man in den innern
Verlauf vorgezeichnet war, wie z. B. für Singen ,
Hofraum , der rings von einem überdachten , nach
für Eger, für Ansbach - oder ob die Bahnen nur
dem Hofe zu gewöhnlich offenen und auf Pfählen ruhenden Anbau überdeckt ist, welcher zur Bergung der Wirtschaftsgeräte u. s. w. dient. Hier befindet
zunächst einen Kreuzungspunkt hatten, welcher dadurch eine Anregung empfing, um sich zu einem Verkehrsplatz von mittlerem Range zu erheben , wie z. B. Linz oder Winterthur.
Aber abgesehen von solchen Einwendungen und Vervollstärdigungen würde uns eine Fortsetzung verkehrsgeographischer Analyse der Eisenbahnen Mitteleuropas in Müllers Weise zu beachtenswerten Lehren
über dieses spezielle Feld der Geographie weitere erwünschte Materialien und Folgerungen bringen können .
Erlebnisse in Russland .
Vortrag , gehalten im Geographischen Verein zu Sondershausen. Von G. Junge (Sondershausen ).
sich auch der Vieh- und Pferdestall.
Im Wohn
zimmer befindet sich längs der Decke häufig eine elastische starke Birkenstange, welche bis mitten in die Stube hineinragt. Von ihrem freien Ende hängt ein Seil herab und trägt einen kleinen Korb. Das ist die Wiege . Sie schwingt nach einem kleinen Zuge nach unten beständig auf und ab . Am Ende des Dorfes finden wir immer mehrere
Badestuben . Im einfachsten und häufigsten Falle zeigt ihr Inneres einen Haufen grosser Feldsteine, in welche ein Wasserkessel eingelassen ist. Darunter ist ein Feuerraum ; seitlich erhöht eine hölzerne Pritsche. Die glühenden Steine werden mit Wasser besprengt ,
Häufig findet sich auch ein architektonischer
so dass sich der ganze Raum mit heissem Dampf füllt. Beblättertes Birkenreisig, das im Frühjahr ge sammelt und zu besenartigen Bündeln zusammen
Schmuck an ihnen, in der Form rohen oder buntbemal-
geschnürt wurde, wird in das heisse Wasser getaucht
(Schluss.)
ten , durchbrochenen oder ausgezackten Holzwerkes an
und dient dann zum Auspeitschen der nackten Leiber.
Giebelsparren und den unteren
Die Birkenblätter verbreiten einen köstlichen Duft,
dem Firste, dem
Rändern des Daches.
Die einzelnen Häuser machen
häufig einen recht wohnlichen Eindruck, aber es
das Peitschen mit dem heissen
Wasser ruft ein
ausserordentlich angenehmes Hautgefühl hervor, und
Erlebnisse in Russland .
27
hat man sich an das Atmen der heissen Dämpfe , gebaut, welches ein langes Brett aufgehängt trägt : und die glühende Temperatur erst einigermaassen
auf diesem stehen die Schaukelnden .
gewöhnt, so wird auch uns Kulturmenschen das allsonnabendliche Bad zu einer sehr angenehmen
würdiges Spiel für Männer ist das Werfen mit starken Knütteln nach zahlreichen, regelrecht hinge
Gewohnheit. Vor jedem Sonn- und Festtage nimmt jeder Russe, Mann und Frau, ein solches Bad
stellten Kalbsfussknochen .
und wirft sich dann in reine Wäsche.
In dem Hause wohnen gewöhnlich zahlreiche Menschen , da häufig hier drei Generationen zu-
Ein merk
Ein besonders festlicher Tag für die Dorf bewohner ist der Jahrestag des Dortheiligen, der unserer Kirmes entspricht. Die ganze Umgegend versammelt sich im Festdorfe, in dem morgens in
sammenhausen , besonders Frauen und Kinder. Die Männer sind sehr häufig von Hause abwesend. Sie
der Kirche oder Kapelle Gottesdienst abgehalten
sind in den Städten als Arbeiter oder Hausierer
man auch Schwein und Kalb verkaufen musste, um etwas Geld für die Zuthaten in die Hände zu be kommen . So ärmlich man auch sonst sein Dasein
thätig , arbeiten im bringen das gefällte in die fernen Häfen .
Walde als Holzfäller oder Holz auf Flössen und Barken Der Frau liegt während der
wird. Man hat tüchtig Kuchen gebacken, wenn
fristet, heute muss der Tag durch üppiges Leben
Abwesenheit des Mannes ausser den häuslichen Be- gefeiert werden . sorgungen die ganze schwere Feldarbeit ob. Selbst
Jede der jungen Damen aus der Umgegend hat
da , wo der Mann zu Hause bleibt , ist das Los der Frau deshalb kein leichteres. Sie ist die Arbeiterin ,
einen Pack Kleider mitgebracht, und zwar den ganzen Inhalt ihres Kleiderschrankes. Hat sie ein
Sklavin , die für alles zu sorgen hat. Wie schnell vergeht daher bei ihr der Schmelz der Jugend,
Kleid ein paar Stunden getragen , so kleidet sie sich irgendwo um und setzt das so lange fort, bis sie
wie kurze Zeit ist sie jung ! Sie heiratet gewöhn-
ihren ganzen Vorrat hat bewundern lassen. Je öfter
lich mit 20 Jahren, und auch der Mann heiratet in
sie sich umkleiden kann, desto grösser ist die Ach
diesem Alter, um seinen Eltern recht bald eine
tung und Ehre. Die Kleider sind modern, häufig
Stütze ins Haus zu bringen . Im Sommer sieht man
aus Seide, aber in grellen Farben und mit schlechtem
die Frau hinter dem Pfluge und der Egge, sie be- Sitz . Ausser den Kleidern wird sämtlicher Schmuck sorgt alle Arbeiten , reitet wie ein Mann in den mitgebracht, der im Besitze der Familie ist. Lange Wald u . s. w .
Gibt's im Winter draussen wenig
zu thun, so sitzt sie entweder am Spinnrocken und
dreht fleissig die Spindel, oder sie arbeitet am Webstuhle ihr Leinen selbst und fertigt daraus Handtücher, Wäsche und Kleider. Die russischen Frauen sind überhaupt in jeder Art von weiblichen Handarbeiten sehr geschickt; sie nähen ihre Hemden ,
Perlenketten , weiss oder bunt, sind mehrfach um den Hals geschlungen ; sie sind wohl oft wertvoll, zumal die alten Erbstücke, die durch ihre beson
deren Formen auffallen.
Sehr eigentümlich sind
stricken und sticken mancherlei und sind in manchen
auch die Ohrringe, thalergrosse Räder aus Perlen , und der Kopfputz, Kakóschnik, ein mit Perlen dicht besetztes Diadem , welches ein Haarnetz zum Zu sammenhalten der Haare trägt. Dieser Perlenschmuck gehört zur eigentlichen, sehr kleidsamen National
Dörfern sogar des Spitzenklöppelns kundig . Vergnügungen gibt es für sie nicht mehr. Solange
schwunden ist, während sie von den Gebildeten
sie junge Mädchen sind , machen sie sich das Leben
neuerdings wieder aufgenommen wird. Die Mäd
Schürzen , Röcke mit bunten Farben sehr schön aus,
Sommertracht, die unter dem Volke leider fast ver
sehr angenehm . Wenn sie im Sommer die Tages- chen wandeln die Strasse aufundab und lassen sich von arbeit
hinter sich haben,
kommen
sie mit der Dort
anderen Jugend vor dem Dorfe zusammen .
wird dann gesungen , getanzt und gespielt.
Die
beste Sängerin singt einige Takte in einer melan-
cholischen , ziemlich eintönigen Melodie vor,, die übrigen fallen dann im Chor ein , und so werden sehr häufig 10--20 Strophen abgesungen. dann Die Lieder behandeln häufig sagenhafte Stoffe, oft sind es auch lyrische Gesänge von Liebe und Tod. Dann wird nach den Klängen einer Ziehharmo-
ihren Genossinnen und den jungen Burschen be wundern .
Die Mütter sitzen unterdessen an den
Ecken und bewachen die Kleidermagazine ihrer Töchter. Einige von den jungen Männern sorgen durch das Spielen der Ziehharmonika für musikalische Unterhaltung und Tanzmusik. Dann und wann kehren die Spazierenden bei einer gastfreundlichen Familie ein und stärken sich dort mit Thee und Kuchen . Oder sie erstehen sich an den zahlreichen
Zuckerbuden allerlei Leckereien . Die Russen naschen
nika und vielleicht eines Tamiam ein Tänzchen ge-
überhaupt sehr gern ; überall, im Theater, auf der
macht.
Die Tänze sind niemals Rundtänze wie bei
Strasse, in Gesellschaft sieht man sie sich an Zucker
uns, sondern entweder eine Art Kontretanz oder Lancier oder der Tanz von nur einem Paare, der sogen.
sind Sonnenblumenkerne, die sie in grossen Mengen
Kosák, ein sehr origineller und graziöser Tanz, der
vertilgen . - Die Tracht der jungen Burschen be
grosse Gewandtheit des Tänzers erfordert und eine
steht meist nur aus
mimische Darstellung des Liebeswerbens bedeutet.
Das beliebteste Spiel ist das Schaukeln . Vor vielen Dörfern ist ein grosses hölzernes Gerüst auf-
werk laben .
baumwollenen
Eine Lieblingsnäscherei der Bauern einem weiten leinenen oder Beinkleide, welches in langen ,
glänzenden Stiefeln mit Lackschäften steckt , und
| aus einem gestickten
blauen oder roten Hemde,
Erlebnisse in Russland.
28
welches über das Beinkleid hinabreicht und um die Hüften durch ein Band zusammengeschnürt wird.
und erhält nun drei Küsse links und rechts. Mit jedem Bekannten wird dieser Ostergruss ausgetauscht,
Häufig tragen die Männer darüber noch eine Weste,
und ausserdem wird ihm ein hartgekochtes,buntbemal
genau wie die unsrige, die älteren Leute auch noch
tes Hühnerei geschenkt, wofür man ein andres bekommt.
einen langschössigen Rock von blauem oder dunklem
Mit den Eiern werden in der Osterzeit mancherlei
Tuch , den Kaftan . Als Kopfbedeckung dient eine
Spielchen getrieben . Nach der Messe bringt jeder
breitdeckelige Mütze mit grossem Schild oder ein
an Speisen zur Kirche, soviel er tragen kann . Es wird geweiht, die Fasten sind damit gebrochen, und es beginnt nun ein grosses, tagelang anhaltendes
fesches Hütchen oder auch die unvermeidliche Pelzmütze .
Im Winter kommt der Schafpelz hinzu.
Statt der Stiefel, die sich im hartgefrorenen Schnee
Essen.
Die andern grossen Feste werden nicht ihrer
als unpraktisch erweisen , treten die Filzschuhe, Walinki, ein , welche aus Schafwolle in einem Stück
Bedeutung würdig gefeiert. In neuerer Zeit gewinnt
gewalkt sind und den nackten oder mit Lappen
allerdings die Weihnachtsfeier , wie sie bei uns in
umwickelten Fuss bis an die Kniee bedecken . Um
Deutschland üblich ist, immer mehr Anklang und
im Winter auf ungebahnten Wegen nicht zu tief Ausbreitung . Noch zahlreiche andre Festtage hat der recht
einzusinken , bedient man sich der Schneeschuhe,
etwa 6 Fuss langer, leichter , etwas mehr als stiefel- gläubige Russe einzuhalten ; wenigstens ein Drittel breiter Bretter mit aufwärts gebogener Spitze, mit
welchen man über den Schnee gleitet. Bei der Arbeit in Feld und Wald tragen Bauer und Bäuerin
aller Tage im Jahre sind Feiertage , an welchen gar nicht oder nur einen halben Tag gearbeitet wird. Welche Summe von Arbeitskraft geht da
Bastschuhe, Lápoti ; statt der Strümpfe dann leinene durch verloren ! Aber der Wert der Zeit ist den Russen noch nicht zum Bewusstsein gekommen . Es sich das auch in ihrem Arbeitsleben . Die Ernte zeigt Schuhe halten Lederr umwickelt werden ; lange iemen Diese Bastschuhe, aus Lindenmag noch so sehr drängen, sie lassen sich von Linde aus , Bastsc n huhe und Lappen fest. Diese bast geflochten , sind ein ausserordentlich leichtes ihrer Freizeit nichts abgehen . Ihre Beschäftigung
Fusslappen , mit denen die Beine bis zu den Knieen
und bequemes Fusszeug, das ich mit ganz besonderer
in meiner Gegend besteht einesteils im Ackerbau , der
Vorliebe auf der Jagd getragen habe. Die lustigste Zeit im ganzen Jahre ist die Woche vor den grossen Fasten bis zu Fastnacht, die sogen . Butterwoche, in welcher man in ganz
aber zum grossen Teile den Frauen überlassen wird,
In den
rung zugewendet sind , müssen wir auf die Zustände
Städten ist dann für allerhand Lustbarkeiten gesorgt; in St. Petersburg ist das Marsfeld , einer der grössten
vor der Aufhebung der Leibeigenschaft, also vor 1861 , zurückgehen. Das Land gehörte zu jener
Plätze der Welt, mit Schaubuden und allerlei Ge-
Zeit etwa zur Hälfte dem Staate , der übrige Teil den Adligen. Die staatlichen Leibeigenen , welche
Russland sich im Festestaumel befindet.
legenheit zu Belustigungen gefüllt: Schaukeln und Eisberge spielen die Hauptrolle. Auf dem Lande
andernteils im
Fällen
und Vertreiben des Holzes .
Um uns ein Bild von der Art des Ackerbaus
zu machen , dem etwa 4/5 der russischen Bevölke
muss
das staatliche Land bebauten , hatten keinen un mittelbaren Herrn , sondern wurden von einer be
eine Art Pfannkuchen aus Buch weizenmehl, die
sonderen Abteilung der kaiserlichen Regierung über wacht. Sie durften ihren vorgeschriebenen Wohn
man sich durch gutes Essen und Trinken schadlos halten . Die Hauptspeisen sind Fisch und „ Blini« , an denen sich die meisten überessen . Wenn dann die Fasten beginnen , lebt der echte Russe
sitz
ohne
Erlaubnis
nicht verlassen ,
aber
es
war erlaubt, dass sie sich gegen Erlegung einer
nur noch von Brot , Kartoffeln, Grütze, Gurken , kleinen entfernten Summe für einen Pass auf unbestimmte Zeit
Sauerkraut, Pilzen und vielum
Thee, aber ohne
Nach der sieben wöchentlichen Fastenzeit ist Ostern eine wahre Erlösung. Es ist für die Russen das grösste Fest im Jahre,, wichtiger als Weihnachten und Pfingsten . Gründonnerstag und Zucker.
. Sie mussten dann nur regel mässig ihre Steuern und Abgaben zahlen , waren davon
aber dennoch offiziell in ihren Heimatsdörfern ein
geschrieben. Die übrigen bebauten das Land und bezahlten dafür einen Pachtzins. Aehnlich war es aufden
Karfreitag werden merkwürdigerweise gar nicht Besitzungen der Adligen. Abgesehen von denjenigen gefeiert. Nachts 12 Uhr mit dem Ostersonntage Leibeigenen, die gewissermaassen zum persönlichen beginnt der Gottesdienst. Wem es nur nur irgend irgend möglich ist, der nimmt an demselben teil . Jeder Gläubige trägt mindestens ein Licht, die ganze Nacht wird gebetet und beständig mit den Glocken geläutet ; ein jeder hat in der Osterwoche das Recht, die Glocke zu ziehen . Sobald die Hauptmesse vor-
Dienst der Herren befohlen waren, lebten auch da die Leibeigenen in Dörfern , besassen eigene Häuser
und hatten Gemeindeland zur Nutzniessung, das sie nach eigenem Belieben unter sich verteilten. Sie hatten überhaupt einen gewissen Grad von Selbstverwaltung, der sich nach dem jeweiligen Ge schmacke des Herrn richtete. Als Gegenleistung
über und der Segen über die Gemeinde gesprochen ist, ruft ein jeder seinem Nachbar zu : » Christós für das vom Gutsherrn der Gemeinde zur freien woskréss (Christus ist erstanden ) !« Dieser antwortet : Nutzniessung überlassene Land verlangte er eine » Woistinno wóskress (er ist wahrhaftig auferstanden ),« | gewisse Menge von Arbeit und Abgaben .
Erlebnisse in Russland .
Die Menge der zu leistenden Arbeit wurde
29
Das Dorf ist eine der Bauernfamilie vom alten
Genossenschaft im grössern auf folgende Weise bestimmt. Die Arbeitseinheit Schlage ähnliche primitiveund Weideland gehört nicht
bestand aus einem Manne, seiner Frau und seinem
Pferde; jede solche Arbeitseinheit schuldete dem Gutsherrn vielleicht drei Tage Arbeit in der Woche. Enthielt ein Hauswesen zwei solcher Einheiten , so konnte die eine die ganze Woche für den Herrn arbeiten, während die andere beständig für den eigenen Haushalt schaffte. Die übrigen Abgaben bestanden in Naturalien und einer bestimmten Summe
Massstabe. Das Ackerden einzelnen Familien, sondern der Gemeinde, und alle Haushaltungen sind zusammen für die voll ständige Summe verantwortlich, welche die Gemeinde jährlich an den Staatsschatz zu entrichten hat. An der Spitze des Dorfes steht ein aus seiner Mitte
gewählter Dorfältester, der Stárosta ; alle für das Gemeinwohl wichtigen Entscheidungen werden von
Geldes, welches hauptsächlich von den nicht im der Gemeindeversammlung, dem Mā, getroffen, Dorfe arbeitenden Bauern aufgebracht wurde. Hier- welche sich aus den Familienhäuptern zusammensetzt. durch wird der grosse Vorteil der vereinigten Haus-
Durch die Beschlüsse des Mā werden die Dorfbe
wesen klar, wie ich schon erwähnt habe. Ein jedes Banernhaus beherbergte gewöhnlich drei Generationen ,
wohner in Fesseln gehalten, die bei uns völlig un bekannt sind. Die täglichen Beschäftigungen sogar
die in patriarchalischer Weise unter der Leitung und
werden durch die Gemeindebeschlüsse beeinflusst.
Aufsicht des
Die einzelnen können z . B. nicht anfangen, den
Hausherrn zusammenlebten .
Diese
wichtige Stellung wurde gewöhnlich vom Gross- Roggen zu schneiden oder die Heuernte zu beginnen, vater eingenommen , zuweilen auch von einem älteren
ehe der betreffende Vorschlag vom Mā angenommen
Bruder oder im Notfalle auch von einer Frau .
worden ist .
Das
Haus mit allen Nebengebäuden , Vieh, Ackergeräte, Getreide und Geld, kurz beinahe alles, was das Haus enthielt, war das gemeinschaftliche Eigentum der Familie. Die notwendigen Ausgaben wurden aus
Kein Bauer kann das Dorf verlassen
ohne die Zustimmung der Gemeinde, und diese Einwilligung wird nicht gegeben, wenn der Antrag steller nicht genügende Sicherheit für die Erfüllung
aller seiner PAichten gegen die Gemeinde leisten
der gemeinsamen Kasse bestritten . Arbeitete ein kann. Sohn ausserhalb des Dorfes, so war er verpflichtet, seinen ganzen Lohn mit Ausnahme der notwendigen
Um die Steuerkraft eines Dorfes festzustellen , nimmt die Regierung von Zeit zu Zeit eine Zählung
Ausgaben nach Hause zu bringen und an den ge-
aller lebenden männlichen Mitglieder der Gemeinde,
meinsamen Schatz abzuliefern . Die bäuerliche Haus-
die sogen. Revision , vor ; angenommen, es fänden
haltung war also eine primitive Arbeitsgenossenschaft,
sich 100 vor, so hat die Gemeinde bis zur nächsten
bei welcher die Mitglieder alles gemeinsam haben.
Revision jährlich für 100 Seelen Steuern zu zahlen .
Es leuchtet ein, dass der Wert der Familie mit der
Das Gemeindeland wird nun im Verhältnis zu den
Gemeindelasten in 100 Anteile geteilt ; denn die Hauses 18—20 Jahre alt, so bestimmte man ihmZahlung von Steuern ist untrennbar mit dem Be Arbeitskraft
wächst.
War
daher ein Sohn des
eine Frau. Sie bringt ausser ihrer Ausstattung
sitze von Grund und Boden verbunden. Das ur
keine Mitgift mit, aber sie besitzt ein paar gute bare Land ist in drei grosse Felder eingeteilt. Das starke Arme
und bereichert
damit die Familie.
erste Feld ist für Winterkorn bestimmt, das in der
Da unmöglich in solchen grossen Familien immer Form von Schwarzbrot die Hauptnahrung des Bauern Einigkeit herrschte, so haben sich sich nach nach der der Auf Aufhebung der Leibeigenschaft sehr viele Familien aufgelöst, und jeder verheiratete Bauer strebt jetzt nach einem eigenen Heim . Diese Zersplitterung hat dem materiellen Wohlergehen des Bauernstandes manchen
bildet. Auf dem zweiten werden Hafer, Buchweizen und Kartoffeln gezogen ; das dritte liegt brach und dient im Sommer als Viehweide. Meist gehört auch Wiesenland und ein Stück Wald zum Besitz. Jedes Feld wird in die sich aus der Revisionsliste ergebende
Schaden gethan . Viele grosse Familien haben sich
Anzahl langer schmaler Streifen eingeteilt . Jedes Haus
indessen bis in die Gegen wart erhalten .
wesen bekommt nun mindestens einen Streifen in
Als im Jahre 1861 die Leibeigenschaft durch Alexander II. aufgehoben wurde, ging das bis dahin den Dörfern pachtweise überlassene Gemeindeland in ihren Besitz über in der Weise, dass sie durch Steuern und Abgaben an den Staat allmählich
jedem Felde. Enthält es mehrere männliche Mit glieder, so bekommt es der Theorie nach ebenso
das Land ablösten , so dass es im Laufe von etwa 50 Jahren zum wirklichen Besitz wird.
tion. Ueberhaupt hat sich niemand ausserhalb der Dorfgemeinschaft in die Angelegenheiten derselben
Sehr vielen war rollendes Geld in grösseren Summen
die gegenseitigen Beziehungen zwischen Dorfältesten
Die Edelleute wurden vom Staate durch Geld entschädigt.
viele Anteile. Die Verteilung wird von der Gemeinde
versammlung besorgt, welche besondere Verhältnisse berücksichtigt, aber es gibt dagegen keine Appella zu mischen , und die Rechte und PAichten , sowie
etwas Neues, sie verstanden nicht damit umzugehen und Dorfversammlung regeln sich von selbst. Ein und verschleuderten es in kurzer Zeit. Der russische geschriebenes Recht ist den russischen Dorfgenossen niedere Adel ist auf diese Weise verarmt und hat
schaften gänzlich unbekannt.
zu einem sehr grossen Teile Unterkunft im niedern
Die landwirtschaftliche Kunst liegt noch in
Beamtenstande, unter den Tschinowniki, gefunden.
ihren Anfängen. Wie schon erwähnt, ist die Drei
Erlebnisse in Russland .
30
felderwirtschaft noch allgemein in Gebrauch. Die
fällt, die Kiefern und Fichten zu Balken zugehauen ,
landwirtschaftlichen Geräte sind noch meist von
die Birken meist zu Brennholz zerkleinert.
der einfachsten Art. Der russische Pflug, die Ssacha, besteht aus der Pflugschar" und einer einfachen
Schlittenfahrt möglich wurde, fuhren die Bauern das Holz an den Fluss, wo man mächtige Barken
Sobald
Vorrichtung, dieselbe durch ein Pferd vorwärts zu
baute. In dieselben wurde das Brennholz verladen ,
bewegen.
Die Plugschar ist ein starkes, ausge-
während die Balken zu starken Flössen zusammen
Birkenbrett , dessen unteres , schmales Ende, mit einem zugespitzten Eisen bewehrt, den
gekoppelt wurden . Wenn mit dem Eintritt des Tauwetters der Fluss anschwoll, wurde das sämt
schweiftes
Boden aufreisst. Der Bauer regelt mit der Hand
liche Holz nun abwärts getrieben . Es herrschte
den Tiefgang und die Richtung. Ein solcher leichter,
dann ein ausserordentlich reges Leben auf dem
schmaler Pfug ist notwendig, weil er häufig alten , im Wege stehenden Baumstümpfen oder grossen
an uns vorbei.
Granitblöcken ausweichen muss. Er reicht bei dem
see, durch einen Kanal ist aber der Msta vor seiner
Die Egge besteht meistens aus einigen zusammengebundenen starken
Mündung mit dem Ausflusse des Ilmen, dem breiten
meist leichten Sandboden aus .
Flusse. An manchem Tage kamen über 20 Barken Der Fluss führt sie an den Ilmen
Wolchow, verbunden , der sich in den Ladogasee Kieferästen mit recht zahlreichen Zweigen . Walzenergiesst. Auf der Newa geht's dann weiter bis
erinnere ich mich nicht gesehen zu haben. Es St. Petersburg und Kronstadt. Monate gebrauchen die ist keine Frage, dass diese einfache Art des Land-
Flösser , um bis dorthin zu kommen.
Zu der
baus allmählich von einem rationelleren Betriebe
wasserreichen Frühlingszeit, sowie im Spätsommer,
verdrängt werden wird, wie er im Süden Russlands, in den eigentlichen Getreidegegenden , schon Platz gegriffen hat. Einem raschen Fortschritte ist die
wenn bei Wichnij Wolotschók die Schleusen ge öffnet werden und der Fluss dadurch »grosses Wasser«
bekommt, verkehren auf ihm ausser dem Holze
Unsicherheit des Besitzes hinderlich , welche die von
zahlreiche andre Barken . Sie dienen Handelszwecken
Zeit zu Zeit erfolgende Wiederverteilung des Ge-
und sind mit allerlei Waren versehen , deren der
meindelandes mit sich bringt . Die allgemeine Gleichheit der Bauern an Besitz hat auch dadurch
Bauer zu seinem täglichen Leben bedarf: Töpfe, Holzgefässe, Rechen , Spaten , Beile, Löffel u . dgl .
einen Stoss bekommen , dass die zahlreichen Dorf-
Die Waren sind in verschiedenen Gouvernements
mitglieder, welche ausserhalb des Dorfes in Städten aufgekauft, von denen sich mehrere durch die über oderdurchHandelihren Verdienst gesucht haben , häufig
wiegende Produktion eines bes:immten Artikels
sich ein Vermögen erwerben konnten , das sie in
auszeichnen .
Mancherlei Gewerbe, die keine kom
stand setzte, verarmten Gutsbesitzern ihren Besitz plizierten Maschinen beanspruchen , werden in den abzukaufen , um dadurch Bauern und Gutsbesitzer
Dörfern von den Bauern und ihren Familien be
zugleich zu werden . Es kommt hinzu, dass infolge
trieben . Gewebte Waren , hölzerne Gefässe, Draht
von Konkurrenz die zahlreich entstandenen Fabriken arbeiten, Töpferwaren, Leder u. s. w. werden auf und industriellen Unternehmungen die grössten An- diese Weise in enormen Mengen angefertigt. In strengungen machen müssen , um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das wird aber nur durch ein ständiges Arbeiterpersonal möglich sein. Dann kann es demselben aber nicht mehr gestattet werden ,
der Provinz Wladimir erhält sich z. B. eine grosse Reihe von Dörfern durch das Malen von Heiligen bildern ; in einer andern Gegend unweit Nishnij
sich auf mehrere Wochen zur Heuernte oder zum
gung von Aexten ; um Pawlowo herum produzieren
Roggenschnitt in ihre oft weit entfernte Heimat żu begeben . Auch das moralische Bedürfnis der Arbeiter, mit Weib und Kind in gemütlicher Häuslichkeit zusammenzuleben , drängt zu einer Weiter-
80 Dörfer fast nur eiserne Kurzwaren , und im
entwicklung der bestehenden Verhältnisse. Ich habe schon erwähnt, dass ein grosser Teil
beschäftigen sich neunzehn Dörfer mit der Anferti Gouvernement Twer leben nicht weniger als 200 Dörfer von der Nagelfabrikation. Es ist erstaunlich , mit welch einfachen Mitteln die Russen ihre Waren
häufig zu stande bringen . Besonders habe ich ihr ausserordentliches Geschick in der Handhabung des
der Bauern jener Gegend sich mit dem Holzge- Beiles, des steten Begleiters des Bauern auf seinen schäfte abgibt. Es gibt noch weite Gebiete, welche
Arbeitswegen, immer bewundert. Aber auch diese
reich an dem trefflichsten Holzmaterial für allerhand Zwecke sind, deren Reichtum aber aus Mangel an Verkehrswegen noch nicht ausgenutzt werden konnte.
gewerblichen Beschäftigungen fangen an , infolge
des Einflusses von Kapital und Unternehmungsgeist,
Anders steht es mit denjenigen Wäldern, welche
zu geraten , und werden in nicht ferner Zeit ein anderes Aussehen annehmen müssen .
in der Nähe von Flüssen oder Eisenbahnen liegen .
von Maschinen und Verkehrsmitteln , ins Schwanken
Im Anschlusse an die Erweiterung des Bahn netzes hat sich auch das bei uns wichtigste Verkehrs mittel, die Post, dort immer weiter ausgebreitet . Herbst wurden in der Nähe unsres Gutes, das an Wir sind in Deutschland gewöhnt, hohe Ansprüche einem seiner Kanalverbindung wegen früher wich- an die Geschwindigkeit und Genauigkeit zu stellen , tigen Flusse, dem Msta, gelegen ist, die Bäume ge- i mit welcher die Post arbeitet. Aber ich habe mich
Diese gehen rasch ihrem Untergange entgegen ,
wenn sie nicht von einem verständigen , weitersehenden Manne bewirtschaftet werden . Im Sommer und
Geographische Mitteilungen .
31
gefreut, dass auch in Russland die postalischen , die unverbrüchliche Regel war, und wenn auch Galilei Einrichtungen hohen Ansprüchen bis zu einer ge- privatissime die Erscheinungen koppernikanisch erklärte; wissen Grenze genügen . Es ist während meines so hielt er sich doch, sobald es sich um die erste Ein ganzen dortigen Aufenthalts kein einziger Brief oder führung in diese Disziplin handelte, gewiss um so eher jenes Gesetz, als dasselbe ein pädagogisch ganz dgl. verloren gegangen, und auch keine einzige anvernünftiges ist und zum Teile noch heutebefolgt zu
Nummer der Berliner Zeitung, welche ich hielt, ist
werden verdient. Die Darstellung beginnt damit, dass
durch Verschulden der Post ausgeblieben . Die Num-
der Himmel rund sei und sich » kreisförmig « bewege,
mer, welche Dienstag in Berlin erschien , war schon Freitag Abend an der Bahnstation, Bahnstation , obwohl sie Censur erst die in St. Petersburg passieren musste.
dass Erde und Wasser zusammen eine kompakte Kugel
Weiter als bis zur Station übernimmt aber die Post
keine Verpflichtungen. Die Postsachen bleiben dort liegen, bis sie abgeholt werden . Jeden Sonnabend ging deshalb ein Bote von uns dorthin ; ebenso schickte die Kreisregierung regelmässig einen fahrenden Boten nach der Station, welcher dann den einzelnen Gerichtsdörfern die für sie bestimmten Sachen über
ausmachen (Nachklang der bekannten, von Dante be kämpften Excentricitätshypothese des Mittelalters), und dass die im Vergleiche mit der Himmelskugel ver schwindend kleine Erde sich im Mittelpunkte jener in vollkommener Ruhe befinde. Weltgegenden, Horizont,
merkwürdige Erdkreise, Zodiakus und Koluren werden definiert; alsdann wird der Unterschied zwischen »natür lichen « und » künstlichen « oder »bürgerlichen « Tagen definiert, welch letztere, dem Zeitgebrauche entsprechend , mit dem Aufgang der Sonne begannen und mit deren
Von seiten der' staatlichen Post aber ging
Untergang endeten ; auch des Unterschiedes zwischen
der Verkehr nur bis zur Bahnstation , und von
Stern- und Sonnenzeit wird gedacht. Der Klassifikation der Erdbewohner nach den Schattenverhältnissen reiht sich die Bestimmung der Länge und Breite, sowie die Ein
brachte.
Landbriefträgern war noch keine Rede. Es liegt dafür noch
kein Bedürfnis vor .
Aber auch hier
wird der Fortschritt der Zeit bald Wandel schaffen . teilung der Erdoberfläche in Klimate an ; was letztere
Mit der Ausbreitung der Schulen über das flache Land und mit der grösseren Freizügigkeit der Bauern wird das Bedürfnis für schriftlichen Verkehr der
anlangt, so gewährt es wohl ein gewisses Interesse zu sehen , wie sich im konkreten Falle diese jetzt ganz ausser
Uebung gekommene Anordnung gestaltete, und wir geben deshalb einen kleinen Teil von Galileis Tabellen wieder :
Getrennten wachsen und eine grössere Verzweigung Dauer
des Postnetzès erforderlich machen . Auf welches Gebiet des russischen Lebens wir
Parallelen .
Klimate .
20
auch hinblicken mögen , überall sehen wir es in der Entwicklung begriffen, überall entdecken wir die Keime
Anfang
21 IX .
Mitte
22
Ende
zum Fortschritt auf eine höhere Stufe der Kultur.
22
Anfang
23 X ,
Mitte Ende
Orts
des längsten Polhöhe. Ausdehnung . bezeichnung Tages. 0
Geographische Mitteilungen. (Galileis Mathematische Geographie.) Unter den zahlreichen Werken des grossen italienischen Naturforschers ist eines nur sehr wenig bekannt, der
» Trattato della sfera ovvero cosmografia«, welchen der Meister in der Absicht verfasste, ihu seinen Vor-
16 h 45 m 53 ° 17' 0
17 17 17
15
17
30
15
54 29 155 34
155 ° 34' | 56 37
2 ° 17 '
durch Rostock durch
20 o
Irland
und
Moskovien Den Beschluss des Büchleins macht die Lehre von
24
17
45
157 34
den Finsternissen , von den Mondphasen und von der
Fixsternsphäre. Wie sehr Galilei hier noch am Mittel alter haftet, geht besonders daraus hervor, dass er auch die » Trepidation« der achten Sphäre annimmt, was doch schon Koppernikus in seinem Schreiben an Wapowski bezweifelt hatte ; danach erfolgt die Prä
lesungen an der Universität Padua zu Grunde zu legen . Erst nach Galileis Tod gab ein gewisser Daviso diese Schrift ( 1656) zu Rom heraus, und da der Inhalt so gar nicht mit dem übereinstimmte, was man von ersterem meinte erwarten zu dürfen, so glaubten spätere Autoren an einen Betrug. Allein Favaro, der in seine neue, mit
sich auf kleinen Kugelkreisen zu bewegen gezwungen sind. ( Le opere di G. Galilei, ed . Favaro, Vol. II,
Unterstützung des Königs und Parlaments von Italien
Florenz 1891. S. 203-255 .)
erscheinende Galilei-Ausgabe alle nachweislich echten Reliquien aufnimmt, konnte nach den vier von dem Originale auf uns gekommenen Handschriften die Authentizität beweisen und die Gründe widerlegen , welche
( Die Forschungen E. v. Drygalskis in Westgrönland .) Die Expedition , welche von den Herren E. v. Drygalski, E. Vanhöffen und O. Baschin nach Grönland unternommen wurde, hauptsächlich , um
man gegen letztere geltend zu machen gesucht hatte. Auffallend mag es ja erscheinen , dass der Mann, welcher
daselbst die Bewegungsverhältnisse der Gletscher auf
der ptolemäischen Weltordnung den Todesstoss zu geben berufen war, in diesem kleinen, übrigens mit grossem Geschick den Bedürfnissen des Anfängers ange-
dieren, hat ihren Zweck teilweise erreicht, doch be trachtet der Erstgenannte diese Reise mehr nur als eine eine vorläufige Sondierung und gedenkt in diesem
passten Kompendium sich noch ganz auf den alther gebrachten Standpunkt stellt und kaum wesentlich über
Jahre (1892), nachdem er nun die für seine Zwecke geeignetsten Oertlichkeiten kennen gelernt hat, dorthin
die »Sphaera materialis « des Sacrobosco hinausgeht, der während dreier Jahrhunderte den Universitätsunter-
zurückzukehren . Es war vornehmlich der grosse Jakobs havner Gletscher , der die Aufmerksamkeit der Reisen den auf sich zog. Auch das Inlandeis selbst, als dessen Ausläufer die eigentlichen Gletscher betrachtet werden dürfen, wurde betreten ; es hatte dies des Zugangs wegen grosse Schwierigkeiten , und diese steigerten
richt in diesem Fache geradezu monopolisiert gehabt hatte. Allein man darf nicht vergessen, dass Festhalten an den Autoritäten
des Aristoteles und Ptolemäus
wenigstens für die öffentlichen Vorträge damals noch
zession nicht mit gleichförmiger Geschwindigkeit, da
die Durchschnittspunkte von Aequator und Ekliptik
einem
als klassisch zu bezeichnenden Terrain zu stu
Litteratur.
32
sich noch bei der Ersteigung eines » Nunataks«, von dessen Höhe aus sich übrigens die Grenzlinie zwischen
dem ruhigen Binneneise und dem sich bewegenden
Eisstrome ganz gut erkennen liess, während später, auf dem Eise selbst, diese Uebergangszone sich nicht mehr feststellen lassen wollte. Von grossem Interesse sind v . Drygalskis Bemerkungen über Verwitterung und Erosion in den dem Eise benachbarten Felsterritorien .
Jener Faktor, der in unseren Breiten als der mächtigste bei der Umgestaltung des Bodens anerkannt wird, die Korrasion (Zerstörungsarbeit des rinnenden Wassers) tritt im hohen Norden sehr zurück ; die Flächen, über welche das Schmelzwasser der Ferner strömen muss,
sind so glatt gefegt, dass sich nur ausnahmsweise jene Unebenheiten vorfinden, an denen die Erosion einsetzen muss, um tiefere Einschnitte zuwege zu bringen. Da gegen glaubt der Reisende der Energie der Sonnen
strahlung, die sich ja nach den Untersuchungen Walthers auch im Wüstenterrain so einflussreich erweist, auch für diese so weit entlegene Erdgegend eine bedeutende morphologische Einwirkung zuschreiben zu müssen , und zwar scheinen sich hier wie dort unter der Aktion der Insolation dünne Schalen des oberflächlichen Gesteins zu
Litteratur. Veröffentlichungen der Kommission für Erfor. schung des östlichen Mittelmeeres. Vorläufiger Bericht über Lotungen und physikalische Beobachtungen im Sommer 1891 von J. Luksch , Professor an der k. und k . Marine-Akademie in Fiume. Wien 1891. In Kommission bei F. Tempsky. 10 Seiten , 1 Tafel. Das Unternehmen , über dessen erste Stadien hier der Wiener Akademie Bericht erstattet wird , ist auf Anregung und mit Unterstützung dieser letzteren ins Leben gerufen worden, die
Ausführung liegt in den Händen des wohlbekannten Ozeano graphen Luksch, der in Verbindung mit seinem Kollegen Wolf
bereits eine Reihe wichtiger Arbeiten über die Adria aus Nunmehr werden die Untersuchungen über das Gebiet dieses Meeresteils hinaus ausgedehnt, und zwar wurde in neuester Zeit das Ionische Meer bis gegen den Westrand der Insel Kreta hin zum besondern Objekte der Forschung ge
geführt hat .
wählt .
Doch
verblieb es hiebei nicht, sondern es wurden
auch die Gewässer in der ganzen Umgebung der letzterwähnten Insel befahren ,
und
auch nach der nordafrikanischen
Küste
ward ein Vorstoss unternommen, welcher zur Aufklärung der ganzen
Küstenstrecke
Alexandria · Golf von
Solum
verhalf.
Endlich wurden bei Cerigo und auf der Linie, welche von da über Milo nach dem Piräus führt, Beobachtungsstationen
eingerichtet, um den Strömungsverhältnissen und insbesondere
bilden, welche sich mehr als die tieferen Schichten
dem Austausche der Gewässer zwischen dem Aegäischen und
ausdehnen, bersten und nachdem die Ueberbleibsel
dem centralen Mittelmeere besser auf die Spur zu kommen.
entfernt sind, eine neue Fläche für die Zermürbungs
und
Lotungen wurden auf dieser Fahrt 51 (in freier See) ausgeführt , einem Apparate , dessen Brauchbarkeit Ed. zwar mit
thätigkeit der Sonnenwärme blosslegen. Auch die glaziale
Richter in Graz bei seinen bekannten Studien in den Alpen
Erosion hat nach v. Drygalski erhebliches geleistet,
seen erprobt hatte. Die tiefste gemessene Stelle findet sich unter 35 ° 44' 48 “ n. Br. und 21 ° 45' 48 " ö . L., und zwar erreichte hier das Lot den Boden erst bei 4400 m . Ueber haupt erwies sich die Meerespartie südlich und südwestlich
freilich aber nicht in der Weise, wie es früher mehr fach angenommen und von anderer Seite bestritten worden war .
Vielmehr ist der Genannte unter dem
Eindrucke seiner Wahrnehmungen zu Anschauungen
gekommen, welche in der Hauptsache an diejenigen erinnern, die sich auf Grund von Experimenten und theoretischen Betrachtungen Finsterwalder und Blümcke gebildet haben , und zwar verdient bemerkt zu werden ,
vom Kap Matapan als diejenige, in welcher die grössten Tiefen zu finden sind. Von der Wassertemperatur wurde festgestellt, dass sie im allgemeinen in der Richtung von Westen nach
Osten steigt, wenn auch unmittelbar an der Oberfläche dieses Gesetz infolge der augenblicklichen meteorologischen Zustände Die niedrigste zur Beob zu erleiden scheint .
Ausnahmen
dass schon der Zeit nach die gegenseitige Unabhängig - achtung gekommene Temperatur war 13 °; der Ort der Mes keit eine vollkommene sein musste. Die vorläufigen
sung befand sich nahe der Strasse von Otranto in 760 m Tiefe.
Messungen der Geschwindigkeit des Itivdliarsuckgletschers
Die im centralen Gebiete des
mit einem neuen, von Doergens in Berlin angegebenen Instrumente bestätigten die Mitteilungen der norwegischen Geologen : diese Geschwindigkeit ist eine grosse und
machte Wahrnehmung, dass gegen den Grund hin der Salz gehalt eine Zunahme erfährt, hat anscheinend keine Giltigkeit
erreicht nahe der Mitte des Eisstromes einen Wert von
gesamte Wassermasse in vertikaler Richtung ziemlich gleich
16 m in 24 Stunden. Zu den auf das Arbeitsprogramm des Jahres 1892 gestellten Gegenständen gehört auch
mässig durchgesalzen zeigte. Dass die Durchsichtigkeit der südlichen Meere eine beträchtliche ist , fand unsere Expedition
das Studium der noch sehr kontroversen Frage, ob das
scheiben ermittelte „ Verschwindungstiefe « immerhin zwischen
Mittelländischen
Meeres ge
mehr im östlichen Teile dieses Beckens, wo sich vielmehr die
aufs neue bestätigt , doch wechselte die durch Versenkungs
sogenannte Kalben der Gletscher mehr eine Folge des
32 m und 54 m .
Zuges der Schwere oder des Auftriebs der Gewässer ist, in welche das Gletscherende sich langsam hineinschiebt. Die anthropogeographischen Erörterungen geben
thode kam aber auch die neuere photographische zur An wendung, wobei sich jedoch noch keine ganz sicheren Er
manchen Aufschluss über die grönländischen Eskimos,
Im ganzen brachte das für diese Forschungsreisen eingerichtete Schiff » Pola « 492 Beobachtungen über Seetemperatur, 372
sowie über die Grundsätze, nach welchen die dänische Regierung das dünn bevölkerte Land verwaltet. Ob
die Monopolisierung des Handels wirklich das geeignetste Mittel ist, um
die Selbständigkeit der Eingebornen
zu heben, steht uns allerdings nicht fest, denn wenn man erstere bloss als erziehliche Maassregel gelten lassen will, so hätte eine durch eineinhalb Jahrhunderte sich erstreckende Erziehungsthätigkeit doch schon bessere
Folgen erzielen müssen. Dafür ist aber das Sparkassen
Neben der soeben genannten älteren Me.
gebnisse verzeichnen liessen, indem der Hauptapparat verloren ging. Untersuchungen über spezifisches Gewicht, 65 Konstatierungen der Wasserfarbe , 40 mit der Scheibe und 9 mit der licht. empfindlichen Platte erhaltene Durchsichtigkeitsproben mit nach Hause. Dieses überaus reichhaltige Material wird jedoch
durch die weitere Expedition noch eine erhebliche Vermeh rung erfahren, und mit der Zeit dürfen wir wohl einer um fassenden, auf einer ganz neuen Grundlage errichteten phy. sikalischen Geographie des Mittelmeeres
aus der Feder
des
Verfassers entgegensehen. S. Günther .
system um so mehr zu loben, welches Dänemark ein
gerichtet hat, umsomehr, da die Verwaltung dieser Kassen in die Hände der Grönländer selbst gelegt
wurde. (Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 1891. Heft 7 und 8.)
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 16. Januar 1892.
Jahrgang 65, Nr. 3. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
MDCXL
In- und Auslandes und die Postämter.
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
1. Moltkes geographische Leistungen . Von S. Günther. S. 33 . 2. Eine Wanderung in der Auvergne . Von J. Partsch (Breslau ). S. 39. 3. Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam ). (Schluss). S. 41 . 4. Das Ussuri-Gebiet nach den Forschungen von Elisséjeff. Von R. v. Erckert. S. 46. 5. Geographische Mittei. Inhalt :
lungen. (Ein wichtiges Dokument zur Geschichte der Ethnologie ; ten Kates Reise in der Sunda-See ; Die Umdrehungsgeschwindig 6. Litteratur. (Det Norske geografiske Selskabs Aarbog.) S. 48 .
keit der Erde.) S. 47 .
Moltkes geographische Leistungen . ) Von S. Günther .
Die Thatsache, dass unser verstorbener grosser
Feldherr auch in geographischen Dingen trefflich
eine zusammenfassende Darstellung alles dessen, was man von Moltke dem Geographen sagen kann, gewiss keine nutzlose Arbeit sein, ja es ist gewisser maassen eine Ehrenpflicht, die wir dem Andenken des Verewigten schulden.
Bescheid wusste, kann als allgemein bekannt gelten, allein wie wenig im einzelnen die Leistungen des
Durch die jüngst erfolgte Veröffentlichung der
auf diesem Gebiete
Briefe Moltkes ') sind wir in den Stand gesetzt,
von der Mitwelt in früherer Zeit gewürdigt wurden,
dessen Entwicklungsgang klarer als bisher zu über
das erhellt schon aus dem
Umstande, dass seine
sehen . Wir erfahren, mit welchem Eifer er sich
älteren schriftstellerischen Versuche so gut wie
als junger Offizier gleichzeitig den fremden Sprachen ,
Grafen Helmuth v . Moltke
der Geschichte wie und erden gänzlich verschollen sind. Als dann vom Jahre zuwandte gelangte, auchmathematisc schon baldhendazuDisziplinen ,und 1866
an das früher so geräuschlose Wirken des genialen Mannes sich mehr und mehr auch in
sich als Lehrer zu üben .
der Oeffentlichkeit bethätigte und wesentlich dazu
wurde ihm , während er Premierlieutenant in Berlin war, der Unterricht im Zeichnen und Feldmessen
beitrug, der politischen Landkarte von Europa eine
An der Divisionsschule
veränderte Gestalt zu erteilen, da wurde wohl auch übertragen, und diese Thätigkeit wirkte so anregend
gelegentlich auf die Vergangenheit zurückgegriffen, auf ihn , dass er sich sogar zur Bearbeitung eines
und die Verdienste Moltkes um die Erschliessung Lehrbuches entschloss. »Während der letzten Monate« , Vorderasiens waren wenigstens in Fachkreisen kein
schreibt er am 25. März 1828,2) » habe ich ein
Geheimnis. Gleichwohl haben die zahlreichen Nekro- Kompendium für meine Schüler über die militärischen loge und Biographien , welche im Verlaufe der letzten dreiviertel Jahre ans Licht kamen, diese Seite im Leben Moltkes meist nur kurz berührt, und auch zu Lebzeiten desselben ist unseres Wissens
Aufnahmen ausgearbeitet, welches dieser Tage ge druckt werden wird . « Wahrscheinlich wurde nur, wie es das Dienstinteresse wünschenswert machte, eine kleine Anzahl von Abdrücken dieses Leitfadens
nur eine einzige Abhandlung erschienen, deren
gemacht, denn in den Buchhandel ist derselbe an
Inhalt mit demjenigen vorliegender Studie eine gewisse Verwandtschaft besitzt. :) So wird denn
scheinend nicht gekommen. Jedenfalls aber hatte Moltke durch diese Wirksamkeit die Augen seiner
1) Eine kürzere Skizze unter dem Titel „ Moltke als Geo-
genannten Zeitpunkte wurde er in das Topographische Bureau aufgenommen , und schon im Mai trat die Aufgabe an ihn heran, einen Bezirk von 4 12 Quadrat meilen nahe bei Frankfurt a. d . O. aufzunehmen . ")
Vorgesetzten auf sich gelenkt, denn bald nach dem graphe war vom Verfasser unlängst in der Wochenschrift „ Die
Nation « (Nr. 12 und 13 von Jahrgang IX) veröffentlicht worden .
Dort musste jedoch naturgemäss manches viel kürzer behandelt werden, als dies in einer geographischen Fachzeitschrift zu ge. schehen braucht ; insbesondere empfahl sich Sparsamkeit in den Citaten. In der hier gegebenen sehr erweiterten Behandlung des Gegenstandes wird dagegen überall nach Möglichkeit auf die Quellenschriften zurückgegangen. 2) Belger , Generalfeldmarschall Graf Moltkes Verdienste um die Kenntnis des Altertums. Preuss. Jahrbücher, 51. Band , S: 70 ff. Wir werden auf den von liebevoller Hingabe an sein Thema zeugenden Essay noch mehrfach hinzuweisen haben . Ausland 1892 Nr. 3 .
Damit war Moltke für die ausübende militärische
1) Briefe des Generalfeldmarschalls Grafen Helmuth v . Moltke an seine Mutter und an seine Brüder Adolf und Lud
wig, Berlin 1891. Künftig bloss : » Briefe« . 2) A. a . O. , S. 14 . 3) A. a . O., S. 16 ff. 1
5
Moltkes geographische Leistungen .
34
Geographie gewonnen, in welcher er es bald zu hoher Meisterschaft bringen sollte. Berlin war der Ort, in welchem in der That auch
Bestrebungen von der Art, wie sie Moltke zu den
nieder, 1) mit denen er während der Bereisung der Provinz Posen in Berührung getreten war. Zudem aber beschäftigte ihn Jahre hindurch die von ihm in kühnem Selbstvertrauen unternommene Gibbon
seinigen gemacht hatte, einen günstigen Nährboden | Uebersetzung. 2)
Und daneben ging eine Fülle
von Amtsgeschäften her, die freilich , da sie grossen Generalstab « der General Freiherr v . Müffling, teils auf praktische Terrainanschauung hinaus
fanden .
Von
1820-1832 leitete den
»Grossen
dessen die Kriegsgeschichte der Jahre 1813–15 | liefen, dem an seiner steten Fortbildung arbeitenden mit Ehren gedenkt, und der auch um das Ver- Topographen die vielseitigste Anregung gewähren messungswesen in seinen verschiedenen Teilen sich mussten . Teils zu Pferde, teils zu Fuss lernte er die
entschiedene Verdienste erworben hat. ') Wesentlich
Monarchie, zumal deren ostwärts gelegenen Teil,
auf seine Veranlassung hin erhielt Carl Ritter, der gründlich kennen, wie denn das schlesisch -böhmische 1820 von Frankfurt am Main nach Berlin Berufene, Grenzgebirge, in dessen Bereich er seine Ruhetage sofort auch eine Bestallung als Lehrer der Geographie zubringen sollte, von allem Anfang an Gegenstand an der Allgemeinen Kriegsschule. Dass die die ideale seiner Neigungen gewesen war.*) Auffassung, welche sich Ritter von Zweck und Immerhin kann es fraglich erscheinen, ob der Methode seiner Wissenschaft gebildet hatte, auf so vielfach in Anspruch genommene Offizier dazu
einen jungen Mann von derEmpfänglichkeit Moltkes gelangt wäre, die Erdkunde durch positive eigene eine gewaltige Einwirkung ausüben musste, ist leicht Leistungen zu fördern, wenn nicht ein Anstoss von einzusehen ; noch in späterer Zeit erfreute sich der
aussen ihn auf die richtige Bahn gebracht hätte.
inzwischen selbst weit gereiste Mann an der Lektüre
Dem
Ritterscher Schriften . )
verpflichtet, dass er diesen Anstoss gab. Nachdem
Bedenkt man , dass in
jener Zeit, da der junge Moltke zum Mann heran-
türkischen Sultan sind wir zu Dank dafür
die kluge Diplomatie v. Müfflings es dahin
reifte, auch A. v. Humboldt seinen Wohnsitz gebracht hatte, dass weder Russland noch die Türkei dauernd von Paris nach Berlin verlegte, so wird man aus dem Frieden von Adrianopel ( 1829 ) allzu sehr zugeben müssen , dass die richtige geistige Atmosphäre geschädigt hervorgegangen waren , stand der Name gegeben war, um das Talent erstarken zu lassen . Moltke muss in jenen Jahren, zumal nachdem
Preussen in hohem Ansehen bei den Osmanen ,
und den preussischen Offizieren , welche in den
er dem Grossen Generalstab zur Dienstleistung zu- dreissiger Jahren die Balkanhalbinsel aufsuchten , geteilt war, eine geradezu ungeheure Arbeitskraft öffneten sich alle Thüren. Unter ihnen war Moltke, besessen haben . Geschichtlich -geographische Studien der am 30. März 1835 zum Generalstabshaupt beschäftigten ihn aufs ernstlichste, und zwar entlehnte er den Stoff zu denselben den politischen Vorgängen seiner Zeit . In einer kleinen Schrift suchte er die Gründe darzulegen, welche zwei einander so nahe stehende Völker, wie Belgier und Holländer, in Rassenfeindschaft entzweiten . ") Bald darauf schrieb er seine Gedanken über die Polen
mann avancierte und bald nachher einen längeren Urlaub nahm , um den Kriegsschauplatz vom Jahre 1829-30 einer gründlichen Besichtigung zu unter werfen. Das ganze Wesen des in der Vollkraft des Lebens stehenden, in allen Sätteln gerechten Soldaten machte auf den Grossherrn und auch auf andere militärische Kreise Stambuls einen tiefen
Eindruck , und man wandte sich von dort mit der 1) Schon seit Anfang des Jahrhunderts war v. Müffling bei den Vermessungen in Westfalen und Sachsen beschäftigt gewesen ; später liess er in der Rheinebene eine grosse Trian-
gulation durch den Generalstab ausführen (Zeitschr. f. Astronomie u . verwandte Wissensch . , 5. Band ). Er war einer der ersten Geodäten , welcher
mutmaasslich unter dem Einflusse
Bitte nach Berlin , den Hauptmann V. Moltke für längere Zeit in der Türkei zu belassen, damit er den eben im Gange befindlichen Arbeiten zur >
") Auch diese Broschüre (Berlin 1832 , bei Fincke) ist dem
der von ihm während zweier Okkupationen angeknüpften Be-
Schreiber dieser Zeilen leider nicht zugänglich gewesen .
den von Kepler geziehungen zu französischen Gelehrten legentlich hingeworfenen Gedanken einer Längengradmessung wieder aufnalım und die Notwendigkeit schärferer Bestimmung solcher Anomalien der Erdgestalt hervorhob , welche bei den gewöhnlichen Messungen längs eines Meridianes sich nicht be-
ist dieselbe, ebenso wie die unter 3) I. Spalte genannte, soeben
merklich zu machen vermögen .
Auch über die Praxis der
Terrainzeichnung verbreitete sich v. Müffling in einer Note, welche der dritte Band der » Monatl . Korrespond. z. Beförd . d . Erd- u . Himmelskunde « gebracht hat.
2) Briefe etc., S. 285. » Ich lese jetzt in Ritters Erdkunde Palästina und speziell Jerusalem .
Es ist ein Lieblingsgedanke
Doch
unter dem Titel „ Verm . Schriften Moltkes « mit abgedruckt worden . 2) Die Uebersetzung von Gibbons »History of the De . cline and the Fall of the Roman Empire « hat Moltke von 1832 –35 mit rastlosem Fleisse gefördert, um schliesslich sich von seinem Verleger getäuscht und mit einer geringen Ab . schlagszahlung abgefunden zu sehen. Erst die Anrufung des Richters verhalf ihm sogar zu diesem Abkommen.
3) Schon als junger Lieutenant hatte Moltke, allein , ohne Führer, die Schneekoppe erstiegen , den höchsten Punkt Deutsch
lands, wie er sich ( Briefe etc. , S. 10 ff.) nicht ganz korrekt
von mir , einmal dorthin zu gehen und den Plan dieser inter-
ausdrückt .
essantesten Oertlichkeit aufzunehmen . «
genauigkeit, indem er die bekannte Ruine Oybin (Briefe etc.,
3) Unter der Aufschrift » Holland und Belgien « ist das
Auch sonst begegnet ihm einmal eine kleine Un
S. 79) » bei Zwickau an der böhmisch -sächsischen Grenze « ge
Schriftchen 1831 bei Mittler in Berlin erschienen ; der Autor erwähnt (Briefe etc. , S. 54) , dass dasselbe sechs Groschen koste
findliche Oybin liegt doch näher bei Zittau , als bei dem schon
und einen guten Absatz finde. Ob es vollständig aus verkauft
ein gutes Stück von der Grenze entfernten Zwickau, und ersteres
worden ist ?
ist der weitaus grössere Ort .
legen sein lässt .
Denn der noch auf sächsischem Gebiete be
Moltkes geographische Leistungen .
Reorganisation der Armee seine Unterstützung leihe. Nach dem Briefe vom 6. April 1836 zu schliessen , verhielt sich Moltke kühl gegen den ihm von der Pforte gemachten Antrag und stellte die Entscheidung
35
von Nisibis und Biradschik (s. o .) , das Schloss Said-Bey-Kalesi, Rum-Kaleh, die Ebene von Mesere,
sowie die Umgebungen der Städte Samsun, Mossul
So verblieb denn jener bis
und Urfa in Grund gelegt, 1) um dann später diese Pläne einem grösseren Publikum zugänglich zu machen ; 2) endlich enthält auch das oben
zu Ende 1839 in der Türkei, ohne ein bestimmtes
namhaft gemachte Geschichtswerk eine Menge von
seinem Chef anheim , der zu Gunsten des türkischen
Wunsches entschied .
Kommando und lediglich als militärischer Berater graphischen Darstellungen zur Versinnlichung mili verschiedener Paschas in allen möglichen Angelegen- tärischer Operationen von der eigenen Hand des heiten . Gerade durch diese Stellung kam er in die Lage, Landstriche zu durchwandern, welche vor ihm kaum eines Europäers Fuss betreten hatte, und
tümer gaben Moltke den Stoff zu mancher geo
Szenen mitzuerleben, die für sein ganzes späteres
graphischen Wahrnehmung. Das Bild , welches er
Leben eine wertvolle Erinnerung bleiben mussten .
von der Dobrudscha entwirft, ist so naturwahr, dass auch heute noch , mehr denn ein halbes Jahrhundert
Bekannt ist, dass Moltke auch am 24. Juni
Verfassers. Schon die rasch durchreisten Donaufürsten
1839 die Schlacht bei Nisibis mitgemacht hat,
später, sich nach Lehmanns Meinung 3) keine
welche die Türken gegen die Aegypter verloren ,
treffendere Charakteristik geben lässt .
Trotzdem
und dass die Entscheidungsschlacht einen ganz dass dieselbe so abstossend ausfiel, hat Moltke doch andern Ausgang genommen haben würde, wenn gerade in der Dobrudscha sich länger aufgehalten sich Hafiz Pascha hätte entschliessen können , den
und eine nicht unwichtige geographische Entdeckung
deutschen Offiziers Folge zu
dortselbst gemacht. Längs des alten Trajanswalles
Ratschlägen des
geben und sein Heer in der von Moltke mit zieht sich die Kette der versumpften Kara-suy-Seen gewohntem Geschick ausgesuchten Defensivstellung
hin , in denen man türkischerseits einen ehemaligen
von Biradschik (s. u .) zusammenzuziehen .
Donauarm zu erkennen glaubte, und da es begreif licherweise erwünscht sein musste, eine ausser dem Bereiche der russischen Geschütze gelegene Ver bindung der unteren Donau mit dem Pontus zu
Aus türkischen Landen richtete Moltke eine Reihe von Briefen nach der Heimat , welche nachmals in Buchform herauskamen ) und für die
bessere Kenntnis des Orients eine wahre Fund- erlangen, so hoffte man, die Lokaluntersuchung des grube darstellen . Daneben ist aber, wenigstens preussischen Offiziers werde ein dem Projekte soweit die europäische Türkei in Frage kommt, auch das erste kriegsgeschichtliche Werk ?) aus Moltkes Feder zu nennen , welches schon alleſ die Vorzüge besitzt , die wir an den später von ihm selbst oder unter seiner Aegide besorgten Veröffentlichungen bewundern . Ihm war nicht bloss
die keineswegs allzu häufige Gabe des geographi-
der Ablenkung günstiges Resultat ergeben .
Allein
Moltkes geschulter Blick liess ihn im Gegenteile erkennen , dass die Niveauverhältnisse mit der An nahme, die Donau sei dereinst direkt von Tscherna
woda nach Küstendsche geflossen , nicht im Einklang sind, und was er selbst bloss im allgemeinen fest
gestellt hatte, wurde nachher durch das von Haupt
Seite, alle Eindrücke durch die Karte dauernd fest-
v. Vincke ausgeführte Nivellement voll kommen bestätigt , so dass man den Gedanken , hier einen Kanal zu graben, endgültig fallen liess. Eine besondere Anziehungskraft konnte auf einen Beobachter, der das Terrain hauptsächlich
Eine Anzahl einfacher Instrumente be
unter dem militärischen Gesichtspunkte betrachtete,
schen Blickes verliehen, er konnte nicht bloss
mit Schnelligkeit das Terrainbild in sich aufnehmen und das Gesehene mit plastisch wirkender Treue schildern, sondern es stand ihm auch die Gabe zur zuhalten .
mann
gleitete unsern Reisenden auf allen seinen Fahrten. das Balkangebirge auszuüben nicht verfehlen . So Ein Schrittzähler lieferte ihm die ungefähr zurück . gehört denn seine Detailbeschreibung der sechs
gelegten Distanzen ,eine Bussole die Richtungswinkel, Wege, auf denen Truppenmassen von Bulgarien und so konnte die Tagesroute mit leidlicher Sicherheit verzeichnet werden ; ausserdem aber hatte Moltke seinen Messtisch bei sich, in dessen Hand-
habung er die höchste Geschicklichkeit besass, und so war er im stande, von allen ihn interessierenden
nach Rumelien vordringen können , zu dem besten , 1) Belger , a . a . O. , S. 114.
2) Diese Karten und Pläne kamen sämtlich bei Reimer in Berlin heraus.
3) P. Lehmann , Das Königreich Rumänien.
Prag-Leip
Gegenden Pläne aufzunehmen . Abgesehen von dem Plane von Konstantinopel hat Moltke noch den
zig 1891 , S. 29 .
nördlichen Teil des Bosporus, die Armeepositionen
Strauch ; die stark gewölbten Hügelrücken sind mit einem hohen ,
Moltkes eigene Worte lauten , wie folgt :
» So weit das Auge reicht , siehst Du nirgends einen Baum oder von der Sonne verbrannten Grase bedeckt. Ganze Stunden reitest Du
über diese einförmige Wüste, bevor Du ein elendes Dorf ohne 1) v. Moltke , Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei, Berlin-Posen-Bromberg 1841. Zu diesem Buche ,
Bäume und Gärten in irgend einem wasserlosen Thale entdeckst . «
welches wir künftig als »Reisebriefe « citieren werden , hatte C. Ritter eine Vorrede geschrieben . 2) v. Moltke, Der russisch -türkische Feldzug in der europäischen Türkei 1828 und 29 , Berlin 1845 .
henden Karstcharakter der Dobrudscha hat Moltke gut gekenn zeichnet, sowie nicht minder das plötzliche Auftreten des Ur gebirges in diesem entlegenen, nach Suess geologisch » ein ganz
Den mit der Wasserlosigkeit im engsten Zusammenhange ste
unaufgeklärtes Rätsel « darstellenden Erdenwinkel.
e
s phisch Moltke geogra
36
ngen
Leistu
.
was in dieser Hinsicht geleistet werden kann . ) ; türkischen Sultane befestigten, Konstantinopel mit Getreu seinem stets eingehaltenen Grundsatze, ferne den Mauern der griechischen Kaiser und dem Serail , Länder durch den Vergleich mit bekannten Gegenden dem geistigen Auge des Lesers näher zu bringen ,
welches die Stelle des alten Byzanz einnimmt, Pera und Galata , welches die Genuesen erbauten, Kadikjöi
zieht Moltke eine morphographische Parallele oder das alte Chalkedon, die Ebene von Daudpascha, zwischen dem östlichen Balkan und dem Thüringer wo sich die Janitscharen versammelten, und wo sie Wald ; nur die nördlichen Vorgebirge seien anders den Sandschak Scherif oder die Fahne des Propheten
gestaltet und ähnelten in etwas dem schlesischen empfingen, wenn sie gegen die Christen auszogen, Heuscheuergebirge. ) Die Unübersteigbarkeit des Balkans, von der so viel gesprochen werde, sei in
die Wasserleitungen des Kaisers Valens und des
Wirklichkeit nicht vorhanden , vielmehr sei es nur
Anfang der Bithynischen Kette . « Bemerkt sei noch , dass der Plan von Konstantinopel später in Berlin
Sultans Suleiman, das Ende des Balkans und den
die Häufung an sich kleiner Schwierigkeiten , mit welcher eine marschierende Truppe zu ringen habe, in Verbindung mit den allerdings sehr schlechten Wegen . Vortrefflich wird der klimatische Gegen-
gestochen wurde, wozu der König einen Beitrag leistete ; erschienen ist jener 1842 im Verlage der be kannten Landkartenhandlung Simon Schropp & Co.
satz zwischen dem Nord- und Südabhange des Balkans geschildert ; ein Kabinettstück feiner geographischer Federzeichnung ist ferner die Beschreibung der
Die Frage, ob der Schlüssel der Levante ein militärisch haltbarer Platz sei oder nicht,, wird von Moltke nach allen Seiten erwogen , und zwar
Rosenstadt Kasanlyk, ihres Wasserreichtums und spricht er sich dahin aus, dass unter gewissen der sie umgebenden üppigen Pflanzenpracht.") In Konstantinopel hat sich Moltke über ein
Voraussetzungen die Stadt als uneinnehmbar be Notwendig sei ein zeichnet werden müsse. )
Jahr aufgehalten, und während dieser Zeit suchte
ausreichender Schutz der beiden marinen Zufuhr
er die Stadt selbst, sowie deren nähere und weitere
strassen Bosporus und Hellespont durch Festungs
Umgebung gründlich kennen zu lernen .
werke und eine rationelle Wasserversorgung ; denn
Sultan
, auf bei der gegenwärtigen Lage der aus grosser Ferne Mahmud selbst regte die Idee in ihm an, Grund eigener Vermessungsarbeit einen Plan der in die Stadt hineingeführten Aquädukte sei eine türkischen Hauptstadt zu fertigen, der allen An- | vollständige Trinkwassersperre vom Feinde unschwer forderungen genüge, und so wurde dieses wahrlich
zu bewerkstelligen .
nicht kleine Werk in den Jahren 1836–37 glücklich
nellenstrasse unterzog Moltke gleichfalls seiner
zu Ende geführt. Geleitet von einem Kawassen , trug Moltke seine » Planchette« , wie er sich ge-
Prüfung und fand sie zweckdienlicher, als er ver mutet hatte; bei dieser Gelegenheit spricht er sich auch über die Luft- und Meeresströmungen der Meerenge aus. 2) Die Stätten, welche später durch
wöhnlich ausdrückt , auf alle die herrlichen Aus-
sichtspunkte, an denen das europäisch -asiatische
Die Fortifikation der Darda
Grenzland so reich ist, und obwohl er selbst Geld - Schliemanns Ausgrabungen eine so hohe Bedeutung opfer bringen musste, liess er doch von der Arbeit nicht ab, welche ihm die grösste innere Befriedigung gewährte. Unterm 6. Februar 1837 teilt er seiner Mutter die Ziele mit, welche ihm vorschwebten und dazumal bereits grossenteils erreicht waren . »Die Karte «, schreibt er, 4) » welche ich von der Gegend hier aufgenommen, kostet mir schon über
gewinnen sollten , beging Moltke mit dem Homer in der Hand; er hielt sich überzeugt, dass die Natur der Troas auch heutigen Tags noch ganz dieselbe sei, als welche sie der Dichter schildert, 3) und nur betreffs der Flüsse Simoeis und Skamandros
äussert er eine von der gewöhnlichen abweichende Ansicht.
Nicht minder eifrig studiert er auch die
100 Thaler, aber sie wird mir in Zukunft eines
Beschaffenheit des Bosporus, in welchem er eine
der angenehmsten Resultate meines Aufenthalts in
sonst wenig oder gar nicht beachtete, sehr merk
der Türkei sein . Sie umfasst gegenwärtig den ganzen Bosporus von der Mündung des Schwarzen
würdige Naturerscheinung entdeckte : den » Top Tasch « (zu deutsch Kanonenfelsen ).4)
Meeres bis fünf Meilen weit herunter nach dem Marmara-Meer und 1 bis 112 Meilen zu beiden Seiten ins Land hinein . Sie enthält Bujukdéré,
1) Dass aber Stambul noch öfter Feinde vor seinen Thoren sehen werde, hält Moltke für sehr wahrscheinlich, und
wo die Gesandten wohnen, Therapia, wo Medea ihre Zauberkräuter pflückte, die Cyanäen , welche die Argonauten umschifften , die Hissare, welche die
sich im Frühjahr 1878 thatsächlich ereigneten ( Der russisch türkische Krieg, S. 403 ). » Jedenfalls dürfte die letzte Ent
1) v . Moltke, Der russisch-türkische Krieg, S. 51 ff. 2) Das Heuscheuergebirge ist eine ungeheure Sandstein-
welche einst den Sturz des oströmischen Reiches um hundert Jahre verzögerten « . Der so schrieb, erlebte noch im rüstigen
masse in der Grafschaft Glatz,
bekannt wegen ihrer an die
mit fast prophetischem Geiste sagt er Dinge voraus, wie sie scheidung noch einmal unter jene alten Mauern gerückt werden, Greisenalter den Friedensschluss von St. Stefano (am Bosporus ).
Am
2) Mehrere Angaben Moltkes bestätigten später Calvert
nördlichen Abfalle der Heuscheuer ziehen sich die fast un-
und Virchow (Ueber die asiatische Küste des Hellespont , Zeit schrift für Ethnologie , 1879. S. 31 ff.; Die Küste der Troas,
Berge der Sächsischen Schweiz erinnernden Zerklüftung.
Beiläufig bemerken wir passierbaren »> Wilden Löcher « hin . noch , dass Moltke beim Anblicke der wasserreichen Ebene von Brussa sich an den Spreewald bei Lübbenau erinnert fühlt. 3) Reisebriefe , S. 138 ff.
4) Briefe, S. 104.
ebenda, S. 40 ff.).
3) Reisebriefe, S. 168 ff. 4) Wir geben zunächst die Originalbeschreibung (Reise briefe, S. 81 ) : » Dicht nördlich von dem Schlosse Karibsche
Moltkes geographische Leistungen .
Schon von Konstantinopel aus hatte Moltke kleinere Ausflüge auf asiatischen Boden unternommen ;-) im Sommer 1837 aber trat er eine grössere Wanderung dorthin an , indem er dem die Regierung der türkisch -persischen Grenzbezirke übernehmenden
Pascha attachiert wurde.
Zumal das
wilde, damals noch fast gänzlich unbekannte Land der Kurden ist von ihm geographisch durchforscht worden ; er begleitete seinen Pascha bei verschiedenen
37
überschritten, den Euphrat sogar auf einer ziemlich langen Laufstrecke befahren . Da nämlich Hafiz Pascha über die Möglichkeit der Befahrung dieses Stromes mit Dampfschiffen Klarheit zu erlangen wünschte, liess sich sein Begleiter bewegen , eine Fahrt auf einem der landesüblichen Fahrzeuge zu unter nehmen, d . h . auf einem von aufgeblasenen Ziegen häuten getragenen Flosse, 1) wie solche im grauen
Altertum bereits den Transportdienst auf diesen Flüssen
Expeditionen gegen die Zwingburgen der kurdischen ermöglichten .”) Die Fahrt war zugleich beschwer Stammeshäuptlinge und unterstützte die türkischen Truppen bei der Eroberung der schwer zugänglichen Bergschlösser, wobei er sich zwar vielen Ge-
fahren aussetzen musste, aber auch mit Land und Leuten aufs beste vertraut machte.
Für Kurdistan
brachte Moltke , der seine » Anabasis« gut im Kopfe hatte, eine besondere Teilnahme mit, und
lich und gefährlich, die Reisegesellschaft musste mehrere Tage auf die Annehmlichkeit trocke
ner Kleidung verzichten , und für das Dampf schiffprojekt fiel das Ergebnis der Untersuchung negativ aus, allein für die Geographie waren wich tige neue Thatsachen ermittelt. Der als » Wasser fall von Nuchar« bezeichnete Stromdurchbruch exi
häufig weist er auf den Zug der Zehntausend hin. stiert überhaupt nicht, wohl aber bildet der Euphrat, Seit zweitausend Jahren, so meint er, ?) habe sich solange er das Kurdische Hochland durchströmt,, in diesen Gegenden gar nichts geändert, weder hin- eine fortlaufende Felsenge, einen Canon , wie wir sichtlich der Natur, noch auch hinsichtlich
der
Menschen . Die »tagelange Einöde« , durch welche
uns wohl am bezeichnendsten ausdrücken könnten , der durch Stromschnellen und mehrfache Ver
Kyros vor der Schlacht von Kunaxa zu mar- muhrungen noch schwerer befahrbar wird, als er schieren hatte, zeichnet Moltke mit lebensvollen
Farben , und von den Kurden sagt er, sie stünden gegenwärtig dem Sultan genau in derselben Weise gegenüber, wie ihre Ahnen dem persischen Grosskönige. Vor allem fesselt den an historischen Er-
es an sich schon wäre.
Von Choris an tritt der
Strom in ein offenes Hügelland, ähnlich wie bei Frankfurt das Oderthal, und unterhalb Samosatas
nimmt die Steinwüste ihren Anfang.
innerungen so reichen Reisenden die berühmte,
In einer von Kiepert herausgegebenen Sammel schrift hat Moltke seine geographischen Ent
uralte Euphrat-Ueberfuhr bei Zeugma.
deckungen und Neubestimmungen in Asien, über
Aber er
schwärmt nicht lediglich in diesen Reminiszenzen, die in den »Reisebriefen« mehr nur aphoristisch sondern er zeichnet von der ganzen Gegend ein
tüchtiges Kroquis und berichtigt auf Grund desselben die vorhandenen, gerade an dieser Stelle unrichtigen
berichtet werden konnte, in systematischer Weise, gestützt auf seine genauen Itinerare,") zusammen gestellt gestellt.. t)) Wenn wir daraus wieder einen Aus
Die beiden mesoKarten des Euphratlaufes. ") potamischen Flüsse waren vielfach ziemlich aufs
zug zu geben versuchen, so können wir die Quint
Geratewohl in die Karten eingetragen, und hier
Weise in Worte fassen :
essenz von Moltkes Leistungen etwa in folgender
musste sonach Moltkes topographische Fertigkeit
Ihm ist die erste genaue Aufklärung des
der Erdkunde grosse und unmittelbare Vorteile zu-
Geländes zwischen den beiden Quellflüssen
wenden. Den Tigris hat er zu wiederholten Malen
des Euphrat, dem Furat und Murad, danken.
zu
Von diesem letzteren Flusse wurde
bildet das schwarze Gestein eine Kluft , die sich rückwärts
trichterförmig zu einer Höhle gestaltet , welche am Ende eine Oeffnung nach oben hat. Bei hoher See wälzen sich die Wogen in diesen Spalt hinein ; sie schiessen mit Ungestüm in den stets schmaler werdenden Raum vorwärts und spritzen mit lautem Getöse in einer wohl 20 Fuss hohen Dampfsäule aus der engen Oeffnung hervor.« Man hat es hier zweifellos mit demselben Phänomen
zu
thun ,
das
auch
anderwärts
an
zerklüf-
1) Die Tragfähigkeit dieser Flösse ist nach Moltke (Reisebriefe, S. 256) überraschend gross ; eines derselben , das
von vierzig Schläuchen gehalten wurde , führte ein schweres Geschütz nebst Bedienungsmannschaft über den Tigris. 2) Das Alter dieses Vehikels wird durch gewisse in Nini
veh aufgefundene Reliefs, wie auch durch eine Stelle bei Hero
teten, von starker Brandung heimgesuchten Meeresküsten zur
dot (I, 194) ausser Zweifel gesetzt .
Beobachtung gelangt, und für welches sogar auf den kanarischen Inseln eine besondere Bezeichnung ( » B ufaderos « ) gebräuch-
3) Astronomische Ortsfixierungen war Moltke , bei der Geringfügigkeit seiner instrumentellen Hilfsmittel, nicht zu lie
lich ist. Das Wesen dieser intermittierenden Ejektionen erklärt sich mit Hilfe des physikalischen Prinzips vom Sprungkegel; vgl. des Verfassers » Geophysikalische Betrachtungen über das
gewonnen , dass ein gutes mit Hodometer und Kompass zu stande gebrachtes Intinerar dem Kartographen ebenso willkommen sein
Stauphänomen und über intermittierende Naturfontänen , in der Zeitschrift „ Natur und Offenbarung « ( 1889). 1) Anlässlich eines solchen Abstechers beobachtete Moltke
( Reisebriefe, S. 73) die eigentümlichen Dämmerungserscheinungen an der Küste bei Smyrna.
2) Belger, S. 98 ; Goetz , Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels, Stuttgart 1888, S. 158. 3) Reisebriefe, S. 224 ff. Ausland 1892 , Nr . 3 .
fern in der Lage.
kann , wie
Allein man hat neuerdings die Ueberzeugung
ein Verzeichnis von Positionen .
Namentlich
die
Wegaufnahmen von H. Barth und Junker bieten sich in dieser Beziehung als Belege dar . 4) Memoire über die Konstruktion der Karte von Klein
Asien und Türkisch -Armenien in sechs Blatt von v. Vincke, Fischer , v. Moltke und Kiepert , Berlin 1844. Die Arbeit von Moltke über das östliche Kleinasien und das obere
Zweistromland nimmt in dieser Schrift den ersten Platz ein . 6
sche eistungen L .
Moltkes geographi
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festgestellt, dass er sich dem Tigris weit | persönlich kennen lernen und bediente sich zu dem mehr nähert, als angenommen worden war, dass beide Wasserläufe an einer Stelle nur durch eine Landschwelle von 1000 bis bis
1500 Schritt Breite von einander getrennt
Ende eines damals sehr gangbaren Werkes von Westphal, der eine Reihe von Orten astro nomisch festgelegt hatte; doch genügte dasselbe nicht allen Anforderungen , und so entschloss sich
sind. Der Lauf des Murad und des Euphrat Moltke zu einer eigentlichen Vermessung der selber bis Samsat und Biradschik konnte nunmehr zum erstenmale richtig gezeichnet, der Lauf der Flüsse Seyhun und Dschehun wesentlich rektifiziert werden . Endlich wurde durch Moltke aus den Karten Klein-
asiens ein ihnen allen gemeinsamer Fehler
Campagna. » Mein Messtisch ist angelangt “, so schreibt er am 2. April 1846 dem Bruder Ludwig,") » und ich bin mit der Aufnahme der Contorni di
Roma tüchtig im Gange. Fast zwei Quadratmeilen sind schon fertig, aber ich möchte neun solcher Blätter liefern und werde Jahr und Tag daran zu
beseitigt, darin bestehend, dass man das Zu-
arbeiten haben , umsomehr als die Sommerhitze diese
flussgebiet des Mittelmeeres im Osten viel zu beschränkt angenommen hatte, während es thatsächlich fast bis zum 40. Breitengrade hinaufreicht . ')
Arbeit unterbricht. Mit gewaltigen Stiefeln gegen
Solch grossen wissenschaftlichen Verdiensten gegenüber treten andere geographische Resultate dieser anstrengenden Forschungsreise in den Hintergrund, so ansprechend selbe auch für allein erscheinen mögen. Nur in einer Randnote´) machen wir deshalb noch auf einige dieser sekundären Be-
reicherungen unseres erdkundlichen Wissens auf merksam .
Dornen und Schlangen, nur von Schäferhunden und Büffelherden zuweilen angefochten, durchstreife ich Berg und Thal, bis zur Entfernung von bereits
einundeinhalb Meilen . Auf alte Mauerreste, Gräben und Basaltpflaster mache ich speziell Jagd und freue mich jedesmal, wenn ich so einen alten Namen ,
wie Fidenae, Autumnae, Villa Liviae , ad Gallinas und dergleichen eintragen kann. Und am 14. No berichtet Moltke, vember desselben Jahres ) berichtet
dass ein Wegweiser, nach Artdes Westphal schen , nur weniger trocken , zu liefern beabsichtigt sei ;
Nachdem Moltke die Türkei verlassen , trat er
die » geographisch -physikalische Einleitung« dazu
in sein früheres Dienstverhältnis zurück , wurde liege fertig vor. Doch ist das Buch selbst nicht zum Major befördert und verblieb eine Reihe von erschienen, obwohl das an A. v. Humboldt ge Jahren in Berlin . Erst im Jahre 1845 bot sich schickte und dabei anscheinend in Verlust geratene
ihm aufs neue die Möglichkeit, die Geographie durch
Manuskript später wieder zum Vorschein kam.
eigene Schöpfungen zu fördern . Er wurde nämlich
Aber die geographische Wissenschaft zog doch einen
als Adjutant dem Prinzen Heinrich von Preussen
wirklichen Vorteil aus der rastlosen Arbeit , denn
beigegeben, und dieser suchte seiner geschwächten
nachdem König Friedrich Wilhelm IV . einen
Gesundheit halber den Süden auf.
Zuschuss
Zwei Jahre hat
von
700 Thalern
geleistet
hatte, )
Moltke infolgedessen sich in Rom aufgehalten,
konnte die Karte des römischen Stadtgebietes von
und während dieser Zeit entstand sein berühmter
dem damals besonders angesehenen Kupferstecher Brose hergestellt und der Oeffentlichkeit über
Plan der Umgebung der ewigen Stadt .
Es scheint, dass archäologische Beweggründe
geben werden .“) Jedes der beiden Kartenblätter
in erster Linie für dieses Unternehmen maassgebend kam der Verlagshandlung auf 1500 Thaler zu gewesen sind . Moltke wollte die geschichtlich merk- stehen . Als Grundeinheit wählte Moltke die würdigen Punkte aus der Zeit der alten Republik rheinländische Rute = 120000 pr. Meile ; der Maass am
1) Am Fusse des Erdschias- und Hinsere Dagh fand Moltke (Reisebriefe , S. 330 ff.) den Ursprung einiger Flüsse , die sich schinale Durchbruchthäler durch den Antitaurus hin durch ausgehöhlt haben und in den Golf von Issus münden .
2) Wir rechnen hierher die Schilderungen des paradiesischen Sultan-suyy - Thales ( Reisebriefe, S. 299) , der Salzsteppe von Konieh
stab war gleich 1:25 000. Da der Konstrukteur, wie schon (s.o.) bei seiner vorderasiatischen Mappierung , hauptsächlich mit der Bussole gearbeitet hatte und nicht in der Lage war, die Missweisung genau zu ermitteln, so ist auf Moltkes Plan die Nordrichtung nicht die wahre, sondern die magnetische.5) (Fortsetzung folgt.)
mit der auf ihr nicht seltenen Fata Morgana (ebenda , S. 318 ff.), der
» Pylen von Adana « als der einzigen Verbindung zwischen Syrien und Kleinasien (ebenda, S. 322 ; vgl . auch Goetz , a . a . O., S. 168), zuletzt die Beschreibung des Doppellebens, das die Bewohner gewisser Teile Kleinasiens infolge ihres Klimas führen (Russischtürkischer Feldzug, S. 406 ff.), indem sie , wie auch die Etschländer in Südtirol, zur Sommerszeit zu tausenden aus der un-
1) Briefe, S. 271 . 2) Ebenda, S. 273 . 3) Ebenda, S. 281 .
1) Carta topografica di Roma e dei suoi contorni fino alla distanza di 10 miglie fuor le mure indicante tutti i siti ed edifizj moderni e di ruderi antichi ivi esistenti . Eseguita coll '
gesunden Niederung in die kühle Villeggiatur hinaufziehen . Bei
appoggio delle osservazioni astronomiche e per mezzo della
dem Dorfe Sürghi begegnete Moltke jener Karsterscheinung, für die Desor den Namen » Doue « in Vorschlag gebracht hat ; 21 starke Quellen sprudeln aus dem Kalkfels hervor, ver-
mensola , delineata sulla proporzione di 1 : 25 000 , dal Barone
einigen sich in einem weiten Bassin und bilden sofort einen
Fluss (Reisebriefe, S. 219 ff.).
» Offenbar tritt hier ein schon
ganz beträchtlicher Bach nach unterirdischem Laufe zu Tage « .
di Moltke, Ajutante di campo di S. A. Reale il Principe Enrico di Prussia a Roma. Berlin 1852 , Schropp & Co. 5) Es möchte sich für einen mit den Ortsverhältnissen ver trauten Geophysiker wohl verlohnen, Moltkes Orientierungen mit Rücksicht auf den Umstand nachzuprüfen, dass durch Ph .
Eine Wanderung in der Auvergne.
Eine Wanderung in der Auvergne. Von J. Partsch (Breslau) . I.
des ersten Eindrucks tragen , ist eine Quelle wahren geistigen Genusses. Wenn die Beobachtungen an diesen Vulkanen einen bedeutenden Anteil hatten
Den Kern Frankreichs bildet ein Hochland,
aufgebaut aus Gesteinen hohen Alters, zumeist aus Granit. Seine Oberfläche senkt sich von dem etwa 1400 m hohen Südostrande, der unter dem Namen der Cevennen steil gegen das Rhonethal und die Uferlandschaft des Mittelmeeres abbricht , sanft nach Norden .
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an der Entwicklung der Vulkantheorie Leopold v. Buchs, so war auch ihrem unermüdlichen Gegner Poulett Scrope die Bedeutung dieses Gebietes für
die Entscheidung der grossen Streitfrage unzweifel haft . Schon seine „ Considerations on Volcanos ( 1825 ) beruhten zum Teil auf den Ergebnissen einer
Das ist die Richtung, welcher die Ströme Bewanderung der Auvergne ( 1821). Später aber
des Landes folgen . Die Loire und der Allier entspringen nahe bei einander auf der menschenleeren, ihre Furchen einschneidend, über 30 Meilen weit
schritt er zu einer volleren monographischen Dar stellung dieses Gebietes in seinem meisterhaften Werke » Extinct Volcanos of Central France « (Lon don 1858) . Durch die knappe, den reichen Stoff wirklich beherrschende Zusammenfassung der wich
(250 km) nordwärts, um sich erst ausserhalb des
tigsten Thatsachen und durch die Ausstattung mit
Hochlands bei Nevers zu vereinen .
höchst charakteristischen , wissenschaftlich zuverläs
entwaldeten , von rauhen Winden bestrichenen Hochfläche der Cevennen und ziehen dann, immer tiefer
Schon ihre
Thäler, die sich mehrfach zu freundlichen Becken
sigen Abbildungen bleibt dieses Werk noch heute die
erweitern , unterbrechen wohlthuend die landschaft-
beste Einführung in das Studium dieser Vulkan
liche Einförmigkeit der Hochplatte. Noch wirksamer region , eine unvergleichlich bessere als das fünfbän geschieht dies durch unregelmässig verteilte Berg - dige schwerfällige Werk » Epoques géologiques de
gruppen, welche die vulkanische Thätigkeit aufge- l'Auvergne«, in welchem der genaueste Kenner des schüttet hat. Sie ist in der mittleren Tertiärzeit erwacht, in dem Zeitalter, das die Alpen zu ihrer
gewaltigen Höhe allmählich emporschwellen sah. Seit dieser Zeit grosser Bodenbewegungen haben die
Landes, H. Lecoq , 1868 die Menge seiner 1826 be gonnenen Einzelbeobachtungen mit den Ergebnissen fremder Forschung zu einem allzubreit sich ergiessen den Teig zusammenknetete. Als abschliessende Fest
vulkanischen Kräfte im centralen Frankreich nachstellung des geologischen Oberflächenbildes können wiederholten Unterbrechungen sich immer neu ge-
die 1882 und 1887 von Fouqué und Michel Lévy
regt bis an die Schwelle der geschichtlichen Epoche.
veröffentlichten Blätter Brioude und Clermont der
Der Mensch hat ihren Ausbrüchen noch beigewohnt , und ihre jüngsten Erzeugnisse, die Kraterränder und
Carte géologique détaillée de la France ( 1 : 80000) gelten. Unter der Ueberfülle der zusammenfassenden
die Lavaströme der Auvergne, sind so frisch er-
neueren Litteratur ragt ausser der oben erwähnten, sowohl geologisch wie petrographisch tiefgehenden Arbeit Michel Lévys hervor die Rede Fouqués :
halten , dass sie für die Begründung der Lehre vom Vulkanismus kaum minder wichtig geworden sind, als die noch thätigen Feuerberge Italiens. Seit Guettard 1752 zuerst mit voller Bestimmt-
heit die vulkanische Entstehung der Gipfel der Auvergne erkannte, haben sich eine Fülle bedeutender
Beobachter diesem dankbaren Arbeitsfelde zuge-
Le plateau central de la France (gelesen in der öffentlichen Jahressitzung der s Akademien am 25 . Oktober 1890). Das sind die Helden der Bühne, auf welcher das grossartige wissenschaftliche Schauspiel der Ent
wendet. Der litterarische Ueberblick an der Spitze
schleierung dieses Vulkangebiets sich
der neuesten Bearbeitung der Pays und des Mont
Ausser diesen Mitwirkenden
vollzieht.
hat auch manchmal
Dore-Gebirges, in welcher Michel Lévy bei Gelegen-
ein Zuschauer das Wort genommen . Wer könnte
heit der französischen Geologenversammlung zu Clermont die Ergebnisse seiner mehrjährigen For-
auch teilnahmlos stumm bleiben , wenn es ihm vergönnt war, von dem fernen Platze , den vergönnt
schungen zusammenfasste (Bull . Soc. géol.. Fr. [ 3] XVIII S. 673-844 mit 10 Tafeln. 1891 ), führt mehr als 250 geologische Arbeiten allein für dieses
er gewöhnlich einnimmt, einmal vorübergehend vorzudringen bis auf den Schauplatz selber und
Gebiet auf.
Mit Stolz erinnert sich der Deutsche
daran, dass nach den auf langer Bekanntschaft mit diesem Arbeitsfelde beruhenden Arbeiten von Desmar-
dort ---- nicht nur wie durch einen Spiegel – sondern von Angesicht zu Angesicht zu sehen, was jeden denkenden Geist in Bewegung setzen muss . Wie Carl Ritter, dessen Reisebriefe das äussere Gewand .
est, Montlosier, Dolomieu ein kurzer Besuch Leopolds der Landschaft um Clermont mit unübertroffener v. Buch ( 15. April bis 4. Mai 1802) eine Saat anregender, zu verschärfter Forschung treibender Gedanken ausstreute. Seine kraftvolle Schilderung des
Wärme und Anmut schildern, wird jeder Jünger der Erdkunde gern einmal zum Wanderstabe greifen, um an der Hand der berufensten sachkundigsten
Keller (Sulle rocche magnetiche di Rocca di Papa. Atti della R. Accademia dei Lincei, 1885 , S. 428 ff.) in dem an die Ebene
Wegweiser diesen klassischen Boden erfolgreicher Forschung zu betreten. Die grossartigsten Schauplätze der vulkanischen
direkt angrenzenden Albanergebirge lokalmagnetische Centren von
Thätigkeit liegen bekanntlich westlich vom Allier der
Gesehenen in den Briefen , welche die frische Farbe
teilweise bedeutender Einflusssphäre nachgewiesen worden sind , i artig verteilt , dass man von Süden nach Norden
Eine Wanderung in der Auvergne .
40
fortschreitend denselben Weg innehalten würde,
im Dep. Puy de Dôme 350 qkm . Gerade die Land
welchen einst die Bethätigung der vulkanischen Kräfte eingeschlagen hat. Man hat erkannt , dass in schroffer Böschung ansteigende Kegel des CantalGebirges fertig aufgebaut war. Er erhebt sich bei-
schaft um Clermont beherrscht er ganz unbedingt ; sie liefert einen starken Beitrag zu der Versorgung Nordfrankreichs. Die Hebung des Verkehrs hat natürlich nun den Wert des Erzeugnisses gesteigert. Die Zeit ist vorüber, in welcher die kräftigsten
nahe mitten zwischen Aequator und Pol zu 1858
Zecher in den Dorfkneipen 20 Centimes nicht etwa
am frühesten der mächtige, auf breiter Grundlage
Meter Meereshöhe. Bis in jüngere Zeit dauerten
für den Liter, sondern für die Stunde festen Trinkens
die Ausbrüche in dem nördlichen Mont Dore-Gebirge,
zahlten , und wo die Freiheitsbäume von 1848 — ohne
fort, das im Pic de Sancy ( 1886 m) den höchsten
freilich dadurch dauerhafter zu werden --- mit Wein
Gipfel des innern Frankreichs umschliesst. Der begossen wurden . Mehr noch als die Fülle der Gegenwart am nächsten steht die Bildung der meilenwenn auch ihre Höhe wesentlich hinter der des
Weingärten erhöht den Reiz der Landschaft der Reichtum an Bäumen . Nicht nur die Dörfer bergen sich im üppigen Grün der Obst- und Nussbäume, sondern
Cantal und Mont Dore zurücksteht, das lockendste
auf den Wiesen und den Saatfeldern sind zahlreich
lange Reihe der Puys bei Clermont. Deswegen sind sie,
Wanderziel für jeden, der nach dem Herzen Frank- Obstbäume und Maulbeerbäume verteilt, die derartig reichs sich auf den Weg macht, um in dem Bilde die freie Umsicht beschränken und das Einzelbild der Landschaft die Geschichte ihrer ereignisreichen Vergangenheit zu lesen .
beleben , dass man sich an die Lombardei erinnert Es ist ein herzerfreuender Anblick , von fühlt . einer Höhe dieses reiche schöne Land mit seinen sauberen, freundlichen Orten zu überschauen. Die
Der zweckmässigste Ausgangspunkt bei dem Besuch der Auvergne ist für jeden, der von Norden oder Osten kommt, ihre alte Hauptstadt Clermont. Perle in diesem lieblichen Thalring bleibt immer Sie hat sich in dem mildesten , fruchtbarsten Teile Clermont. Es liegt nicht in der Mitte des Thales, des Landes erhoben, in der Limagne. Das ist das
sondern in einer Bucht des westlichen Thalrandes
geräumigste der Becken, zu denen das Thal des Allier sich erweitert, etwa 8 Meilen lang und halb
auf einem sanft ansteigenden Hügel , dessen Spitze die gotische Kathedrale krönt . Die engen, krummen auf- und niedersteigenden Strassen, denen der dunkle,
so breit .
Zur Oligocänzeit bestand hier ein Seebecken . Ueber 200 m mächtig waren die Kalk steinschichten, die sich auf seinem Grunde anhäuften. Der Allier und seine Zuflüsse haben diese wenig
widerstandsfähige Gesteinsmasse grossenteils wieder Nur wo sich feste Lavadecken darüber gebreitet hatten , blieb sie erhalten, in steilwandigen
zerstört.
Tafelbergen oder in schlanken Kegeln , von deren Höhe die Burgen des Mittelalters beherrschend die
einem alten Lavastrome entnommene Baustein ein
besonders düsteres Aussehen gibt , bergen manches alte Bauwerk , kein schöneres als die romanische Kirche Notre Dame du Port. Sie war schon Zeuge der Ent
scheidung über den Beginn der Kreuzzüge. In noch ältere Vorzeit führt zurück ein Gang in das Museum . Seine archäologische Abteilung birgt die reiche Ausbeute der Funde der älteren
zu ihren Füssen ausgebreitete Thallandschaft über- stadt Gergovia , die kaum eine sahen. Die geringe Meereshöhe - nur etwa 350 Clermont die platte Oberfläche Meter hoch liegt hier das Bett des Allier – und | Tafelberges deckte. In seiner der schützende Rahmen der Granitplatte, in der dieses digung gegen Caesar leuchtete ganze Becken eingelassen ist, bedingen das freund- zum letzten Mal die Hoffnung
Arvernerhaupt
Meile südlich von eines steilwandigen siegreichen Vertei den alten Galliern auf die Bewahrung
liche Klima, und dieses, im Verein mit der Ergiebigkeit des Bodens, die überschwängliche Frucht-
der Freiheit auf. Um jede Erinnerung daran aus zulöschen, erzwangen die Römer die Räumung der
barkeit der Limagne.
alten Stadtlage, die Uebersiedlung der Bevölkerung
Mit Begeisterung schildert
sie im 5. Jahrhundert der Bischof Sidonius Apolli- nach Nemetum , dem heutigen Clermont, das nachher naris : »Wie anmutig ist dieses Land, dieses gefahrlose trotz vieler Wechselfälle des Schicksals die Haupt Meer wogender Aehrenfelder; des Wanderers Er- stadt der Auvergne geblieben ist. Es ist eine rege götzen, des Landmanns Schatz , des Jägers Lust. Stadt von 48000 Einwohnern ; 5000 davon wohnen Und darum legt sich der Gürtel der Berge mit in dem nahen Montferrand, einer stillen altersgrauen
Triften auf den Höhen und Weingärten am Hang, Stadt , die seit Ludwig XIII. mit der grössern mit Dörfern auf dem Erdreich und Schlössern auf nacktem Fels, mit dichten Hainen und offenem Ackerland, mit Quellen in sanften Thalmulden und Flüssen zwischen jähen Ufern . Das alles ist der Art, dass dem Fremden , der es einmal erblickt, darüber leicht die Sehnsucht nach der Heimat ver-
geht.“ Dieses Lob der Limagne ist wohl berechtigt, heute vielleicht in noch
erhöhtem
Grade.
Denn
die edelste Kulturart, der Weinbau, hat im Laufe der Jahrhunderte an Raum gewonnen . Er deckt
Schwester zu einem Gemeinwesen Clermont-Ferrand verbunden ist. Mit einer neuern Vorstadt streckt sich Clermont westwärts aus gegen die Berge, die lockend in seine Strassen und Plätze hineinschauen . Geschlossene städtische Häuserreihen begleiten die Gleise der elektrischen Bahn, welche durch den
Vorort Chamalières hinaus führt nach den Bädern von Royat. Mit Einverleibung all dieser Vororte bildet Clermont ein Bevölkerungscentrum von ctwa 53000 Seelen , weitaus das ansehnlichste des cen
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .
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tralen Frankreichs. Auch die ganze Umgebung ist von seinem nördlichen Nachbar, dem Petit Puy de dicht bevölkert . Die Limagne, mit Ausschluss der Dôme ging zweifellos der Lavastrom aus, den Hauptstadt, zählt 107 Bewohner auf i qkm , die wir von Royat aufwärts , auch unter der Wald unmittelbare Nachbarschaft Clermonts etwa 130. decke, immer wieder erkannt hatten . Durch die
Mehr noch als das muntere Leben in dem Brenn-
Verwitterung schon etwas zerstückelt , lässt er sich
punkte dieser gesegneten Landschaft mutet den doch in unverkennbarer Richtung verfolgen. Die fremden Besucher der lebhafte Eindruck an , dass Hochfläche machte einen entschieden trübseligen Clermont wirklich ein Sitz selbständigen geistigen Eindruck. Im Gegensatz zur Limagne war der Lebens
ist .
Die Summe der wissenschaftlichen
Leistungen, die auf ihrem die Arbeit , welche in
Boden erwuchsen , und
den schönen naturwissen-
schaftlichen und archäologischen Sammlungen eine bleibende Frucht
Klimawechsel schärfer, als ihn der Höhenunterschied
allein rechtfertigen konnte. Weizen gibt es hier oben schon nicht mehr. Auch der Roggen stand nicht erfreulich . Eben erst
es war am 21. August
stellen die wett-
begann die Ernte. Ein beträchtlicher Teil des
eifernden Bestrebungen weit volkreicherer Städte in
Landes liegt brach . Unland der schlimmsten Art sind die von dem Pflanzenwuchs noch nicht be
hinterliessen ,
den Schatten . Zu diesen Vorzügen gesellt sich auch eine gewisse Behaglichkeit des Lebens. Dennoch litt es uns nicht lange in Clermont. Schon auf der schönen Fahrt, die von Lyon aus Herrn Dr. Peucker und mich dahin versetzte , hatte
sich uns die lange Kette der Puys enthüllt, und so
unsicher die Witterungsaussichten waren ,
umso
dringender schien es geboten, keinen erträglichen Tag ungenutzt zu lassen . Wohl sah man am
zwungenen Lavafelder : die sogenannten Cheires, die in abschreckender Dürre mit ihrer natürlichen
dunklen Felsfarbe dem Auge entgegenstarren , wie wohl die Spende atmosphärischer Feuchtigkeit hier in der Nähe des Atlantischen Ozeans keineswegs kärglich ausfällt. Ihre poröse Oberfläche erleidet keine namhafte äussere Einwirkung durch Regen , denn sie verschluckt das Wasser und lässt es ver
ersten Morgen in Clermont den Puy de Dôme gar
borgen auf der Granitsohle abfliessen .
nicht; den Anblick des Fusses entzog uns uns der Sockel des Plateaus, auf welchem er sich, weit rück-
Rändern und namentlich an dem Ende des Lava stromes brechen oft kühle klare Quellen mit über
wärts vom Rande, erhebt ; den Gipfel bargen Wolken .
raschender Kraft hervor.
Dennoch ward der Puy de Dôme aufdieTagesordnung gesetzt. Die elektrische Eisenbahn führte uns hinaus nach dem entzückend gelegenen, aber nur mässig
spärlichen Siedelungen . An einer solchen Quelle, Font de l'arbre, führte unsere Strasse vorüber. Sie spendete uns noch einen Trunk vor der weiteren ,
besuchten Badeorte Royat. Kaum hatten wir den Wagen verlassen , so standen wir am Ende des ersten Lavastromes. Ihn hat der muntere Thalbach, um den sich die Häuser von Royat anmutig an stei-
etwas durstigen Wanderung.
der Lava fortfloss, hervor und schafft einen unver-
Um sie scharen sich die
Wir fassten den Puy de Dôme nicht, wie es
gewöhnlich geschieht, mit südlicher Umgehung von der Rückseite, sondern stiegen geradezu an seiner
len Berglehnen verteilen, in seiner ganzen Mächtig- steilen Ostfront empor. keit (21 m ) durchschnitten . Am hohen rechten Ufer öffnet sich zu Füssen einer kastellartigen romanischen Kirche eine Grotte. Mit sieben Strängen bricht in ihr die Fülle des Quellwassers, das unter
An den
Die
ärmlichen Buchen ,
die locker verstreut seinen Fuss bekleiden, nehmen bald ein Ende .
Heidekraut war die vorwaltende
Pflanze der steilen Lehne, an der wir aufwärts klommen . Das wurde leichter, als wir den vom Norden heraufkommenden Weg erreichten , der in
dient schönen Sammelplatz für die Wäscherinnen schraubenartiger Windung die oberste Spitze um des Ortes. Ohne bei diesem Heiligtum der Nymphen zieht. Schneller, als wir gehofft, standen wir vor von Royat zu verweilen, wanderten wir in dem Thale aufwärts , dessen ganzer Hintergrund erfüllt war
vom
frischesten
Baumwuchs.
Namentlich
die Kastanie , welche den Kalkboden der Limagne meidet,
entfaltet
das den Scheitel des Berges krönt. ( Fortsetzung folgt.)
hier wundervoll ihre Kronen .
Erst in unmittelbarer Nähe des Plateaurandes, in 800 m Höhe, begann ein Gürtel Nadelwaldes. Er war nur schmal.
dem bescheidenen Gipfelwirtshause und bald vor dem Turme des meteorologischen Observatoriums,
Denn sowie man hinter Fontanet
die Oberfläche des Granitplateaus erreicht, überblickt man sie frei; nur spärlich stehen kleine Baum-
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika . Von W. F. Andriessen (Amsterdam ). ( Schluss.)
Hendrik P. N. Muller versichert allerdings dass gruppen auf ihr verteilt. ein grosser Teil der Kattune in Twenthe (Holland) In voller Grösse erhob sich vor uns, noch angefertigt wird. Oestlich von Isangila kommt 3 km entfernt, der Gipfel des Puy de Dôme, ein man mit schlechten Zeugen, besonders Malenzu stattlicher Berg, der mit steiler, allseitig zwischen d . h . bunt bedruckten roten und blauen 35 ° und 38 ° bleibender Böschung auf seinem Granit- Taschentüchern --- am weitesten (Baumann ). Bei fundamente emporstrebt. Eben lüftete er seinen den Manjuëma ist Kattun ebenso sehr beliebt, so
Wolkenhut. Nicht von ihm , sondern augenscheinlich ' dass die unlängst von Stanley
mitgenommenen
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.
42
27262 Yards hier guten Absatz hatten. Oberhalb wo eine Mischbevölkerung
des Aequators ,
von
Bajansi und Inlandstämmen die Congo -Ufer bewohnt,
Das Salzbecken von Taudeni liegt 12 m
wurden. unter dem
Boden und besteht aus dicken Schichten .
Die grossen Salzklumpen werden in dünne Platten
viele
gesägt , nachher verpackt und versandt. Taudeni hat
Tauschwaren zu haben, und in Süd -Mupé konnte Stanley auf seiner jüngsten Reise quer durch Afrika
zu verdanken . Dort kommen die Karawanenstrassen
für blaue
sind
und rote Stoffe
ebenfalls
für bunte Taschentücher Lebensmittel bekommen.
Bei den Bangala hat europäisches Zeug auch noch hohen Wert, doch schon zu Ikenungu zieht man kleine weisse Perlen diesem vor, und oberhalb des
Stanley -Pools wird es überhaupt nicht mehr ge-
diesen Salzgruben hauptsächlich seine Wohlfahrt von Tafilelt, Mogador, Wadi Draa und Tuat im Süden Marokkos und Algeriens mit jenen von Tri polis und Rhadames zusammen . Von Taudeni, das mit vollkommenstem Recht ein grosser Stapelplatz genannt werden darf, wird das Salz nach Timbuktu ,
Auf dem be
nommen. Auch bei den Eingebornen an den Stan-
Djenne und weiter transportiert.
ley - Fällen wird europäisches Zeug verschmäht, in der
rühmten Markte Timbuktus bildet es einen Haupt
Umgegend des Viktoria-Nyanza wird es jedoch noch, eben nach Stanley wieder, gern genommen. Tippo
artikel und seit uralten Zeiten eines der Tausch mittel längs der beiden Ufer des Nigers. Für eine
Tips Leuten ist Amerikani (starkes weisses Baum-
Eine sonderbare Art Scheidemünze , welche
Platte werden 3000-6000 Kaurimuscheln bezahlt, im Frühling, wenn zahllose Fliegen das Ziehen der Karawanen belästigen, steigt der Preis jedoch hinauf . Bisweilen steigt derselbe ausserordentlich , und zwar
dennoch in Afrika mannigfach vorkommt, sind
dann, wenn Krieg zwischen verschiedenen Stäm
wollzeug), Kaniki (blaues Baumwollzeug ), Satini 11. s. w . recht willkommen .
Salzstücke,
die
ein
Gewicht
112
men das Reisen unmöglich macht. Zu den besuch
Pfund haben . Dieselben sind, obgleich Rohlfs das Gegenteil behauptet, verschieden von Form ; meistens sind sie ungefähr 3 dcm lang und 5 cm dick mit
testen salzreichen Orten der Sahara gehören die Gruben in Bilma, der südlichsten Provinz der
von
genau
ausgedehnten Oase Kauar ; die Hauptstadt Garu,
nach den beiden Enden etwas abgeflachter Form .
zugleich Residenz des Sultans, ist der Nähe der
Die nordafrikanische Wüste, von der Natur in
Salzlager wegen der Versammlungsort der grossen Karawanen , welche durch die Sahara ziehen und die Richtung von Tripolis und Murzuk zum Tsade- See
mancher Hinsicht stiefmütterlich behandelt, erfreut
sich dennoch einer Gabe , um welche sie die um-
liegenden Gegenden vielfach beneiden . Das Salz, einhalten. 7-10 m unter dem Boden findet man das die Sahara liefert, ist eines der wichtigsten in Bilma mit Wasser gefüllte Höhlen ; jenes Wasser
Produkte, mit welchen nach dem Sudán gehandelt hat einen sehr starken Salzgehalt, und bei Verdun wird, weil letzteres Land davon zwar nicht gänzlich stung bilden sich Krusten von der Dicke eines De entblösst ist, aber doch nicht genug erzeugt, um den Bedürfnissen seiner Bewohner zu genügen . ") Die am meisten östlich gelegenen Salzlager der Sahara sind diejenigen von Sebcha, einer ziemlich ausgedehnten Landschaft in Adrar, welche sechs Tagereisen von der Hauptstadt Shingki und acht
schichte des Menschen «.
von Wadai entfernt ist . Das Salz wird dort in Schichten
Steinsalzlagern herausgesägt und, mit Bast umwickelt,
angetroffen , welche nicht tiefer als 1 " , m unter der Oberfläche liegen ; ihre Dicke ist höchstens
amharischen Sprache den Namen Amole und be
8 cm .
Graue oder rote Lelmschichten wechseln
init denselben ab .
Unten ist das Salz gelb gefärbt
cimeters.
So berichtet v. Hellwald in seiner » Naturge
Rohlfs bringt noch an
dere interessante Mitteilungen.
In der bekannten
Ebene Taltal , östlich von der abessinischen Provinz Enderta, werden Salzstücke aus den dort befindlichen
auf den Markt gebracht. Dieselben führen in der zeichnen ganz bestimmte Werte, die sich aber je nach der Agiotage, sowie nach der Entfernung von
und für den Gebrauch geeignet, oben ist es dagegen
der ursprünglichen Fundstätte, sehr verschieden ge
unrein .
stalten .
Das Mineral wird hier in Stücke von i m
In Taltal selbst bekommt man z. B. für
Länge und 25 cm Breite geschnitten ; ein solches
einen Thaler 80-100 Amole, also eine reichliche
Stück ist die Einheitsmünze ; der siebente Teil des
Maultierladung, in Sokota 60-80 Stück , in Gondar
Gewinns kommt den Salzgräbern zu . Drei oder vier Salzplatten haben den mittlern Wert einer
in der Regel 20-30 , in Debra Tabor nur noch 15—20, und ganz im Süden , in Fadasi und Basi,
Drachme Gold , in Tisjit bezahlt man jedoch für
gibt es nur noch 4 Amole für einen Thaler, wie
El Djuf,
Matteuci erfahren hat. In Adua, der Hauptstadt von Tigre, konnte Rohlfs 48 Ainole für einen
einzelne 1-21
Drachmen .
Auch in
d. h . Körper der Wüste , in der westlichen . Sahara , gibt es wahrscheinlich mächtige Salzlager benachbarten Taudeni ausgedehnte Salz-
Thaler kaufen . Wünscht man einem grossen Markte
*) Ein genaues Verzeichnis der Salzgruben in der Sahara
beizuwohnen , so bietet Sokota dazu die beste Ge legenheit. Selbst an kleinen Markttagen sieht man dort grosse Züge von Pferden , Maultieren und Eseln anlangen und bald darauf schon bepackt wieder
findet man in : De Crozals, Le commerce du sel du Sahara au
abziehen . Man belädt sie, indem man die Amole über
Soudan Revue de Géographie, Paris, 1886, Bd. IX , S. 241 1. 326 ,
ihren Rücken wölbt, mit 2-3 Lagen über einander.
und im
gruben, welche schon im Jalıre 1596 von Negern , die im Dienste der Mauren standen, ausgebeutet
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .
43
Regnet es, dann pflegt man eine oder zwei ge- , stratiotes) gewonnen . Diese Pflanze wird erst an der trocknete Häute oder sonstige , das Wasser nicht Sonne getrocknet und dann verbrannt ; man sammeit leicht durchlassende Stoffe darüber zu legen . Aber alsdann die Asche in durchlöcherten Töpfen und wehe, wenn ein Lasttier während eines Flussdurch- giesst Wasser darauf. Das durchtröpfelnde Wasser gangs zu Fall kommt und die Ladung nass wird
gar auseinandergeht. Dann ist wenig mehr zu retten, jedenfalls tritt durch das Schmelzen eine oder
ist mit Salz gesättigt und hinterlässt beim Verdunsten die Salzkrystalle (Woermann ). Auch am Albert Nyanza begegnete Stanley auf seinem jüngsten
Gewichtsverminderung ein (Rohlfs). Geht der Zug Entsatzzuge solchen Salzmachern, die ihr Produkt jedoch ohne Missgeschick von statten , so wird die
für Waren verkauften.
Karawane in ihrem Herkunftsort mit Freude begrüsst. Dann herrscht überall Munterkeit, und dann wechselt der Tauschhandel mit Musik und Tanz. Wie wertvoll Salz im Innern Afrikas sein muss ,
Nachtigal schreibt, dass bei den Bideya im Sudân alle Verkehrsgegenstände nach einem be
sagt Karl Woermann , kann man schon daraus entnehmen, dass dieser Artikel , der sehr viel von Deutsch-
stimmten Maasse Salz taxiert werden , und Robert Flegel berichtet, dass kleine 9 cm hohe und 7 cm breite Körbchen ") voll Salz als die geringste Wert Einheit auf dem Markt von Kororofa gelten . Auch im
land aus (Steinsalz von Stassfurt) nach der West- i Ogowe -Gebiete soll das der Fall sein. küste geschickt wird, am Produktionsorte etwa 30 Man glaube nicht, dass von uns jetzt schon bis 35
Pfennige der Centner kostet, und an der Küste
alle Sachen aufgezählt seien , welche im afrikanischen
West-Afrikas durch die hohen Transportkosten be- Weltteil als Scheidemünze oder Einheitsmünze An reits etwa den zehnfachen Wert in unserem Gelde wendung finden. Bis jetzt schwiegen wir ja noch repräsentiert. Durch den Transport von der Küste bis ins Innre, sei es vermittelst Kanoes oder vermittelst von einzelnen Leuten getragener, etwa 25 kg enthaltender Körbe, wird das Salz natürlich weiter im Innern noch sehr verteuert. Die höchsten Preise
vom groben Papier, das bei den Mohammedanern des Sudâns und bei den Portugiesen von West Afrika als Kleingeld angenommen wird ( Nachtigal), falls es mit drei Erdkugeln und mit der Unterschrift tre
lune« als Wasserzeichen versehen ist . Auch
werden jedoch gerne bezahlt, denn in jenen Gegen-
brachten wir noch nicht die Tabakblätter zur Sprache,
den , in denen das Salz selten ist , gehört dieses Gewürz zu den grössten Leckerbissen . Die Neger
die besonders an der Westküste die bequemste und
zwischen Gambia und Niger saugten früher an Salzstückchen mit gleicher Begier, wie unsre Kinder
und von den Jyugo gleichfalls als Zahlungsmittel genommen werden (Stanley). Ebensowenig erwähnten wir das Gummi, das am Senegal eine gleiche Rolle spielt wie das Elfenbein , welches in Kuka , Udjiji und manchen Orten Central-Afrikas den ganzen Markt beherrscht. Aber auch damit ist der Reich
an Süssigkeiten .
Von reichen Leuten sagte man
dort, sie essen Salz zur Mahlzeit ') . Unter solchen Umständen liegt es auf der Hand, dass die Neger, wenn es auf Salzgewinn ankommt,
gangbarste Scheidemünze darstellen (K.Woermann )
ausnahmsweise den ihnen angeborenen Bequemlich- tum an Ersatzmitteln des Geldes noch gar nicht er keitssinn verleugnet und die Hand ans Werk ge- schöpft. Bedauernswert ist es, dass im afrikanischen legt haben.
So gewinnt man an der Westküste | Tauschverkehr auch noch immer der Sklave eine
zwischen Kinsembo und Ambrizette und in den Stelle, sogar eine wichtige ?) vertritt, und dass so sumpfigen , in der Nähe des Meeres belegenen
wenig Aussicht da ist , dass dieser Zustand binnen
Gegenden Benguelas, die geschätzte Spezerei, indem Frauen und Kinder im Mud durch Erdwälle sich ge-
kurzem der Vergangenheit angehören werde. Kommt man in die Gegend der sogenannten oil rivers
wissermaassen kleine Pfannen machen, in denen das 1 (Benin , Bonny, Old- und Neu -Calebar und Kamerun ), hineingelassene Seewasser an der Sonne verdunstet. In
so wird man erfahren , dass hier gemeinhin alles
Uvinza, in der Nähe des Tanganjika-Sees, ist der Boden auf Kroo, d . h . auf ein gewisses Quantum Palm sehr salzhaltig, und es wird, so erzählt Cameron, öl, das für jeden Ort verschieden ist, reduziert wird . durch Filtration der salzhaltigen Erde in Trögen mit durchlöchertem Boden Salz gewonnen. Dieses
In Salaga nördlich von Aschanti sind neben Gold staub und Kauris noch Goro- oder Kola -Nüsse (die
Salz ist besonders schön, und der ganze Distrikt,
Frucht der Sterculia acuminata ), welche wild
vom Viktoria -Nyanza bis weit südlich vom Tanganjika-See, soll mit Uvinza-Salz versorgt werden .
in den Wäldern von Aschanti wachsen und von den
In Udjiji wird Salz aus einer Sumpfpflanze (Pistia 1) Mungo Park, Reisen ins Innere Afrikas , Berlin 1799 . S. 250. Vgl . auch Oskar Peschels Völkerkunde, in meiner holländischen Bearbeitung (Gorinchem , 1886 ), S. 141. Vielleicht
Mohammedanern am Niger fast als heilige Frucht betrachtet und stark begehrt werden, als Zahlungs mittel gültig. Eine Last solcher Goronüsse (cirka 60 Pfund) gilt in Salaga etwa 15000 Kauris, und 1) Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Ham
ist es einigen unserer Leser auch nicht bekannt, dass bei den Römern die Provinzialbewohner den Prokonsuln und Proprätoren eine gewisse Menge Salz zu liefern hatten ; nachher verstand man unter dem Worte Salarium jede Steuer, welche die Provinzen der Obrigkeit schuldeten , und so bekam das Wort schliesslich
Autoren , auch in meinem Aufsatz über den Sklavenhandel in
die gleiche Bedeutung wie die unseres heutigen Salärs.
Afrika (De Tijdspiegel, 1889) .
burg, 1878-1879 , Tafel VIII . 2) Beispiele findet man bei Hellwald -Harting, S. 77 und 164 , Andree, S. 28 , Staudinger und bei manchen anderen
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika .
44
man kann dort für 3 bis 4 Last jener Nüsse, welche in Aschanti unschwer zu sammeln sind,
Laufes des Congo, von Banana bis Stanley -Falls, eine allgemein gültige Scheidemünze einzuführen ;
schon einen Sklaven kaufen (Hertz). Die Nüsse ähneln in reifem Zustande einer länglichen Rosskastanie, haben eine braunrote Haut und einen festen
doch zugleich wird es keinem rätselhaft erscheinen , dass dabei der Erfolg bisher noch nicht gross sein konnte. Nur eine Einrichtung erfreut sich der Zu
rosaroten oder weissen zwei- bis dreiteiligen Kern . Man kaut sie, nachdem man sie in Stücke geschnitten
stimmung bei den Negern überall da , wo sie schon seit längerer Zeit mit den Beamten des Freistaates
hat, wobei sich denn bald ein äusserst bitterer, dem
verkehren. Es sind dies die sogenannten »Mokan
Chinin ähnlicher Geschmack entwickelt, der sich
das « , d . h . Wechsel über eine bestimmte Summe,
jedoch allmählich verringert und einem süsslichen
zahlbar natürlich in der laufenden und gerade ge
Nachgeschmack weicht, den die Völker des Sudâns
bräuchlichen
Scheidemünze des Distrikts .
Es ist
sehr lieben ; ein Aufguss liefert ein ziemlich gutes i dies überaus bequem auf den Reisen am Congo, Ersatzmittel für Kaffee ! ) und Thee. In den HaussaStaaten und in Bornu ist man der Nuss so sehr ergeben , dass man sich seiner teuersten Besitzungen
dass man , anstatt seinen Proviant mit Waren zu
entäussert, sobald der Preis stark steigt , was bisweilen
Neger kommt dann bei Gelegenheit zur Station ,
zahlen , einfach ein Stück Papier, auf die Höhe des Betrages lautend, mit seinem Namen zeichnet. Der
bei Misswachs oder kriegerischen Verwicklungen
und der Wechsel wird eingelöst.
vorkommt, damit man doch den Kola- Saſt nur
ist die Zeit nicht mehr allzufern , wo diese Wechsel
Wahrscheinlich
nicht entbehre (Nachtigal). Schweinfurth erfuhr auch als Geldwert unter den Negern übertragbar vom König Munsa, dass die Kolanuss im Land der Monbuttu wild vorkomme, und dass es dort Ge wohnheit sei , solche Nüsse während des Rauchens
zu kauen ?) . Als der niederländische Afrika -Reisende van
werden (Nipperdey) . Wie ausserordentlich wichtig es ist, sich bei den Vorbereitungen für eine Reise in diesen oder jenen Teil Afrikas über die dort umlaufenden Tausch
mittel zu unterrichten , wird jedermann einsehen .
der Kellen in der Umgegend von Gambos war, fiel | Ja, es kommt uns vor, als ob diese Angelegenheit von
es ihm auf , dass Geld hier fast vollkommen fehle , | manchen Forschungsreisenden nicht gehörig beachtet Professor
worden sei , wodurch viele mit Not und Mangel in
P. J. Veth fügt in einer Fussnote bei , dass solches
den afrikanischen Wildnissen zu kämpfen hatten ,
und dass dafür mit Vieh bezahlt wurde.
bei primitiven gesellschaftlichen Zuständen vielfach und dem hätte vorgebeugt werden können , wenn vorkommt, und dass von pecus, d . h . Vieh, denn auch
das Geheimnis des Wesens der Tauschmittel, von
die lateinischen Wörter peculium , d. h. Eigentum ,
dem wir nur einen Teil erläutert haben, vor dem
und pecunia , d . h . Geld, abgeleitet sind"). Die
Anfang der Reise soviel wie nur möglich zu er
Eingebornen Angra Pequenas vertauschen ihr Vieh gründen versucht worden wäre.
Oskar Lenz er
gegen europäische Produktet); mit Besorgnis darf | fuhr bei seiner ersten Okande-Reise, dass er sehr man fragen , worauf das noch hinauslaufen wird. viel Mühe hatte , die von ihm mitgenommenen Bei den Baggara-Arabern am oberen Nil und bei kleinen weissen Glasperlen loszuwerden , und dass er
den Kaffern sind nach Andree Kuh und Ochse die allgemein getadelt wurde, dass er diese, nach Okande Stellvertreter unseres Geldes . Ueberhaupt hat das Begriffen unschönen Schmuckgegenständemitgebracht Vieh als Wertmesser wichtigen Einfluss auf die ganze Geschichte Südafrikas geübt, wie besonders Hendrik P. N. Muller in seiner Arbeit » Zuid -Afrika
hervorhebt. Schliesslich berichtet noch Baumann, dass im Stefanie - Thale in der Nähe Lukungas ge-
wöhnliche Tisch- und Brotmesser als Tauschartikel am beliebtesten sind ; auch in einigen anderen Gegenden ist dies der Fall .
hatte, wahrscheinlich weil diese bei der dunklen Haut der Neger nicht so gut wie rote und tief schwarze kleiden ; auf seinen späteren Reisen sorgte er wohl dafür, ein entsprechendes Warenmagazin mit sich zu führen ). Heinrich Barth entging im eigentlichen Bornu nur dadurch dem Verhungern , dass er sich mit Reis und Mhamsa versehen hatte ; auf dem Markte von Luschiri wollten die Leute
Bei dieser Unmasse von Produkten und Gegen- durchaus keine Kungena nehmen, sondern verlangten ständen, welche in Afrika als Geld Dienste leisten, Gabaga ( Rohlfs). Auch Stanley empfand auf seiner wird sich niemand wundern , dass die Regierung jüngsten Afrikareise, dass den Bwamburi nur Mes des Congo -Freistaates sich bestrebt, längs des ganzen singdraht willkommen war und Kauris sowie Glas 1) Nach Liebig enthält die Kolanuss mehr Koffein als die kräftigste Kaffeebohne.
2) Ausführliche Mitteilungen betreffs der Kolanuss findet man in : John E. Hertz , Die Kolanuss ( Mitteilungen der Geogra
phischen Gesellschaft in Hamburg, 1880–81 , S. 115-127 )
perlen in geringem Ansehen standen. Es sollte nicht länger geschehen dürfen , dass ein Stations chef über viele Lasten Glasperlen in einem Lande verfügt, wo dieselben völlig wertlos sind, während ihm die gangbarsten Artikel mangeln *) . Ein nicht genau
und in einem Aufsatze des Prof. Hugo de Vries in » Het Album der Natuur, 1886 .
3) Tijdschrift van het Nederlandsch Aardrijkskundig Ge. nootsch ., Verslagen en aardrijkskund. mededeelingen , 1888 , S.532 . 4) Tijdschrift van het Ned . Aardr. Genootschap, 1884 , S. 589 .
1 ) Dr. Oskar Lenz, Die Handelsverhältnisse im äquatorialen Teile Westafrikas (Deutsche Geographische Blätter, II . Jahrg ., S. 72 .
2) Revue coloniale, Bd. V, S. 233 . 1
Münzen und andere Tauschmittel in Afrika.
informierter Reisender, sagt Nipperdey , mag mit Ballen von Waren in dem einen Distrikt Hunger
leiden , wohingegen er für dieselben im andern Distrikt alles erstehen kann , was sein Herz begehrt.
45
jetzt auch noch ihre Moralität, kurz alles, was sie
|von
den Tieren trennt, verlieren müssen , damit
der Europäer sich etwas schneller bereichere. Wenn auch unschädlicher, scheint uns doch
Baumanns Worte, dass die Kenntnis der gangbarsten
die Einfuhr von Gewehren nicht in Uebereinstim
Tauschartikel für den europäischen Reisenden in
mung mit den Forderungen der Civilisation, und
Afrika eine wahre Lebensfrage sei , enthalten eine
obendrein setzt man dadurch den Eingebornen noch in die Lage, seinen Gegner mit dessen eigenen Waffen zu bekämpfen . Ein beliebter Gegenstand
gar treffliche Wahrheit. Zwar wollen wir Dr. Nachtigal beistimmen , wenn er sagt , dass es sehr
schwierig sei , die Verbreitungsbezirke der jedesmaligen
sind Gewehre, wie leicht verständlich ist , in allen
Warc im einzelnen zu studieren, weil dieselben in einigen Stunden Entfernung oft gänzlich von ein ander verschieden sind , jedenfalls ist es doch besser,
Gegenden , wo man einmal damit Bekanntschaft ge
sich mit einer Anzahl verschiedener Wertsachen zu versehen , als bloss aufs Geratewohl ins Binnenland
macht hat.
Als Schweinfurth ins Gebiet der Se
riben reiste , war die bei den Gellaba abgesetzte Menge Perkussionsgewehre sehr gross ; gewöhnlich
sind es ordinäre Doppelflinten belgischen Ursprungs Werte von
10–20 Thalern das Stück.
hineinzuziehen .
im
Manche Händler sind auch nach Afrika gegangen mit Gewehren, Munition und Branntwein , weil es
Gabun sind billigere Gewehre zu haben , welche dort von den Europäern importiert werden (Ernst
Am
ihnen nicht unbekannt war, dass sie die Eingebor-
Hartert). Alte Gewehre, sagt Havenga, werden in
nen damit an ihrer schwachen Seite fassten . Heute
bilden jene Artikel denn auch schon wichtige Tausch-
Lüttich für Feuersteine hergerichtet und dann in den Congo -Staat gesandt. Andere Gewehresind den Ein
mittel, welche dem Europäer recht willkommen
gebornen zu teuer, und obendrein ist es für sie oft
sind, ginge auch die afrikanische Rasse dabei zu Grunde. Besonders die Leute, welche täglich eu ropäische Faktoreien besuchen können , wie die
sehr schwierig, die erforderliche Munition zu be kommen , wogegen sie die Feuersteine immer finden
Schwarzen im
wird zum Congo in Barrels von 3 , 4 und 6 engl.
Mündungsgebiete des Congo und
bis gegen Isangila am Nordufer und Congodialemba am Südufer, also die sogenannten Mussimbomas, sind sehr an Branntwein gewöhnt, und mit dem ge wöhnlichen Handelsschnaps wird man bei ihnen auch am billigsten einkaufen (Baumann ). Rum , Gin und Liköre werden
am Gabun in nicht unansehnlichen
und Pulver und Blei erkaufen können . Das Pulver
Pfunden geschickt.
Der Afrikaner hat, wie dies
vielfach auch europäischer Brauch ist , die Gewohnheit, bei allen Vorkommnissen, sowohl bei Betrübnis als bei Freude, Gewehre abzufeuern . Bei der Beerdi gung eines Kindes brennt man fünf Schüsse los , bei der eines Weibes zehn, und bei der eines Mannes
Mengen für die Landesprodukte umgewechselt (o.zwanzig , und bei der Bestattung eines Häuptlings Lenz). Nipperdey schreibt sogar, dass in der Nähe
ist die Zahl der Salven gar so gross, dass man dafür
der Küste wie in Boma, Kissenge, Ponta da Fehna
manchmal 10-12 Fässchen Pulver braucht. Der Nachteil der Einfuhr von Gewehren macht sich
und Banana Rum münze bilden .
und Gin mitunter die Scheide
Im deutschen Schutzgebiete an der jetzt schon bemerkbar, denn die Eingebornen be
Sklavenküste verkaufen die Negerweiber ihre ölge
dienen sich derselben bei Uneinigkeiten unter ein
füllten , weithergeschleppten Kalebassen für Gewehre,
ander. Van der Kellen war allerdings Augenzeuge
Pulver, Blei und Rum ') . Ohne Gin , sagt der Oberstlieutenant Havenga , kommt am Congo kein einziges Handelsgeschäft zu Stande; eine oder zwei
eines Negergefechts, wobei der Lärm nicht fehlte, und wo doch sehr schlecht geschossen wurde es ist jedoch bloss eine Zeitfrage, dass auch die
Flaschen sind bei jedem Kauf der unausbleibliche Neger geschickte Schützen werden . Eine ganz ver Zusatz. Nach Oskar Baumarn erreicht das Gebiet
nünftige Maassregeldes französischen Gouvernements
des Feuerwassers, » eine der Segnungen der Civili sation « , am Congo schon am Stanley - Pool seine
am Ogowe ist es denn auch gewesen , nur den Verkauf von Steinschlossgewehren an Schwarze zu erlauben und denjenigen von gezogenen Büchsen zu verbieten . Veranlassung dazu gab das sich
östlichste Verbreitungsgrenze, und dasjenige des Schiesspulvers und der Steinschlossgewehre endet bei Ikenungu. Ernst Hartert tadelt diejenigen, welche sich zum Humanitätsapostel berufen achten und die Einfuhr der Spirituosen in Afrika zu wehren ver suchen . Uns scheint es viel mehr, dass einem solchen
Bestreben Lob gebührt, sobald man die Sache wenig
immer drohender gestaltende Auftreten der Fan, die schon kaum eine Tagereise weit von den Woh nungen der Europäer ihre Wohnplätze errichtet haben. Die Boern in Südafrika sorgen gleichfalls
grundsätzlich dafür, dass den Eingebornen kein Ge
stens nicht vom menschenfeindlichen Standpunkt wehr in die Hände kommt, weil diese sonst ihre aus betrachtet, demzufolge die Eingebornen, welche physische Majorität bald zeigen würden. Dieses
ihr Land schon dem fremden Eindringling geopfert, Prinzip liegt der bekannten Sandriver-Konven tion vom 17. Januar 1852 zu Grunde, wo es im 1) Alfred Kirchhoff, Das deutsche Schutzgebiet an der Sklavenküste (Revue colon . intern., Bd . III, S. 28) .
Artikel s heisst: » Beiderseitig ist man übereinge kommen , jeden Handel in Kriegsmaterial mit den
ri ebiet -G .
Das Ussu
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Eingebornen zu verbieten , sowohl von der britischen
schurei , und besonders auf dem Chingang -Gebirge,
Regierung als von den Boern , diesseit und jenseit
sind die Tiger am zahlreichsten . Es gibt nicht sehr
des Vaal-Flusses.« Dennoch erlaubten die Engländer
weit
von
Wladiwostok
eine
Poststation ,
die
diesen Handel für den Bereich der Diamantfelder, nachdem diese britisch geworden waren , und so
Tigrowa Ortschaften « heisst. Im aufsidussurischen er, »mehrere bezügliche den Tiger Gebiete,wo Namen tragen, wird er dennoch bei weitem nicht
wurde innerhalb fünf Jahren eine Viertel Million Gewehre in Südafrika importiert. General Cunyng-
so gefürchtet, wie in Hindostan .
ham , 1874-1877 Gouverneur der Kap-Kolonie,
zweien , von einem Hunde begleitet und mit einem
scheute sich sogar nicht, rund heraus zu erklären : » Während meiner Verwaltung sind , meine ich, 400000 Gewehre den Eingebornen verkauft worden « ?). Und in der gleichen Zeit herrschte in England die
bewohner dem Tiger in der Wildnis nach , wie der Jäger irgend einem andern Wild ; ja es kommt vor, dass es zu einem unmittelbaren Kampf zwischen
Einzeln oder zu
nicht besondern Gewehre versehen, geht der Land
wegen der der »» Sklaverei«, Sklaverei«, die die i Jäger und Tiger kommt, wie auch der Bär lebhafteste Entrüstung wegen den Negern von Seiten der Boern zu Teil wurde. für kein gefährliches Tier angesehen wird. In etwa zesten Farben geschildert, als ob der Vorwurf der
zehn Jahren dürfte es in dieser Gegend überhaupt keine Tiger mehr geben . Der Tiger weicht vor
Treulosigkeit nicht Albion, sondern den Süd -Afrikanern hätte gemacht werden können .
einer höheren Civilisation nicht zurück , entweicht auch nicht, wie der Löwe, vor dem Menschen
Das Ussuri-Gebiet nach den Forschungen von Elisséjeff.
weiter fort in die Einöde; nein , er kämpft mit dem Menschen ums Dasein , selbst in der Vereinzelung; sein Erscheinen ganz in der Nähe der menschlichen Wohnungen selbst liefert durchaus keinen Beweis
Die » verräterischen « Boern wurden mit den schwar-
Von R. v . Erckert .
für sein zahlreiches Vorkommen .
Das ganze Ussuri-Gebiet, reich an Vierfüsslern und Vögeln der verschiedensten Arten , stellt ein wirkliches Eldorado für den Jäger dar ; daher ist
es verständlich, dass sich fast jeder Einwanderer aus den übrigen Gebieten des russischen Reiches, der von der Regierung mit Gewehr und Patronen ver sehen wird, mehr oder weniger zum Jäger ausbildet , selbst wenn er in seiner Heimat nie ein
Gewehr in der Hand gehabt hat. Dies geht leider oft so weit , dass die Jagdleidenschaft die Haupt-
beschäftigung, den Ackerbau, vergessen macht. Frei
Schneller als die Tiger sind die chinesischen
Räuber, Chunchusen genannt, verschwunden , von denen noch Prshewalski berichtet hat. Die vermehrte russische Kolonisation hat die herumschweifenden
Manse verscheucht, und längs der Grenze selbst chinesische gibt es nur noch -- freilich verdächtige Herumtreiber. Das süd -ussurische Gebiet weist, besonders in
seinen fruchtbarsten Gegenden , zahlreiche Spuren früherer Civilisation auf . Reste und Zeugen einer alten Vergangenheit zeigen sich bis ins Steinzeitalter
lich ist der Jagderlös sehr oft weit einträglicher zurück, freilich eine Periode, die hier nicht besonders Obwohl ebensogut Tiger, alt ist, gleich wie für die benachbarten Orotschonen ,
als die Landwirtschaft.
wie Fasanen und Haselhühner geschossen werden ,
Golden und zum
Teil selbst Mandschuren . Wir
7. Jahrhundert unserer
so besteht doch der Hauptertrag der Jagd im Zobel ,
wissen , dass bereits im
der vorläufig noch am meisten von Chinesen in eigens dazu gebauten grossen Fallen erbeutet wird ,
Zeitrechnung das ganze Ussuri-Gebiet den Chinesen gehörte,, die es von den eingebornen Ilëu erobert hatten , an welche, wie es scheint, die Reste des
im Cervus elaphus oder im roten Hirsch (Axis ma culata ).
Der Tiger, welcher noch vor kurzem der ge fährlichste Feind und Schrecken der Bewohner des
Steinzeitalters erinnern, die Busse, Jankowski, Margarit und Elisséjeff gefunden haben. Im 12. Jahr hundert wurden unter der Dynastie Tschinn alle staatlichen Einrichtungen Chinas eingeführt, die bis
südussurischen Gebietes war, zieht sich immer mehr in die entlegneren Wildnisse zurück . Sein auf
zum 17. Jahrhundert bestanden, als der Einfall der
fallendes Verschwinden ist sowohl die Folge der
Mandschuren alle frühere Civilisation spurlos ver
massenhaften Jagderfolge als der eigentümlichen
wischte. In völliger Zerstörung und Verödung
Erscheinung, dass der Tiger periodisch seinen
blieb das Land bis zum Jahre 1861 , wo es unter russische Herrschaft kam .
Aufenthaltsort ändert.
Im Winter 1888-1889 gab
es sehr viele Tiger, besonders in Daubicheh und in der
benachbarten Wildnis,
Was
Aus den
Resten früherer Kultur ist ausser
die Tigerfänger Steingeräten, Thonscherben, Knochengeräten her
mit dessen Uebersiedlung vom Chingan erklärten . In anderen Gegenden verschwindet der Tiger öfter,
vorzuheben, dass die Zeichnungen derselben an arktische Kultur erinnern , wie sie im nördlichen
um
Skandinavien und Russland gefunden worden sind.
dann in vermehrter Zahl zurückzukehren , ja
oft trifft man seine Pfade ganz in der Nähe be-
Besonders interessant dürften thönere runde Stückchen
wohnter Ortschaften .
sein, welche von vielen zur Beschwerung dienend
In der chinesischen Mand
gehalten werden , die aber v . Polakoff für die Auf ) Hendrik P. N. Muller, In het Zuidwesten der Transvaal
Eigen Haard, 1858 , S. 20 des Separat-Abzugs
wicklung von Fäden bestimmt erachtet;
damit
Geographische Mitteilungen.
47
stimmt auch überein, dass man dergleichen auch
aussen hin bis vor kurzem gesetzlich versperrt, und
bei Troja und in Ilion selbst gefunden hat. Auch gab
so kommt es, dass die chinesischen Auszügler nach
es an einem Orte neben Feuersteinen, die an Stein-
den Grenzen des Reiches
ihre Weiber aus den
messer erinnern , den Typus von St. Achell. dortigen Eingeborenen oder aus der Nachbarschaft Zu den deutlichen Spuren des Steinzeitalters nahmen . Das Wort »Mansa « ist eine populäre müssen auch die Gruben gerechnet werden, die Bezeichnung für chinesische Einwanderer, welches den damaligen Bewohnern als Wohnstätten dienten , von den Mongolen und Mandschuren gebraucht sowie einige Höhlenwohnungen bei der Station wird . Lorenz. Die Erdlöcher finden sich im Lande zahlDie Durchschnittsgrösse der Gemessenen be
trug 1620 cm ; der Längen -Breiten -Index des Kopfes Flusse Lefu, und noch zahlreicher im Nord Ussuri- 82,2, der Gesichtsindex 75,3 . reicher als die eigentlichen Höhlen, besonders am
Am Flusse Ossinowka Die Koreaner wiesen entsprechend diesen An iegen die Erdlöcher in Erdlöcher regelmässigen Reihen ; gaben 1612, 82,3 und 76,1 auf. jedes hat eine konische Form und ist 2-4 m tief; Gebiet und auf Sachalin .
dabei sind sie nur 2-3 m von einander entfernt. In einer Grube waren die Seitenflächen mit Steinen
Geographische Mitteilungen. (Ein wichtiges Dokument zur Geschichte
ausgelegt . Der Boden war glatt. Das Volk der Ilëu soll als in Erdlöchern wohnend gegolten , und die Tiefe der Behausung in Beziehung zum Ansehen des Bewohners gestanden haben .
teils in den Händen französischer Seefahrer, und man
Das Bronze-Zeitalter scheint nicht vorhanden gewesen zu sein , da sich gar keine Spuren davon
ethnographisch bedeutsames Material in grösserer Menge
vorfinden ; erklärlich scheint dies ,
da das Volk
noch zur Zeit des Steinzeitalters von einem Kultur-
volk unterworfen wurde. Im Thale des Lefu finden sich Eisen - Geräte ; hier ist wohl ein dauernder Zusammenstoss
von
Nomaden
und
ansässigen
Stämmen erfolgt. Einflusse einer
Unter dem
höheren Kultur
Die Erforschung der Südsee lag in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts grossen
der Ethnologie.)
durfte erwarten , dass von ihren Expeditionen auch mitgebracht worden sei .
Allein trotzdem
vermochte
E. T. Hamy, der sich die Zusammenstellung und Sich tung eben dieses Materials zur besonderen Aufgabe gestellt hatte , nur ziemlich wenig im
Marine -Depot,
sowie im Naturhistorischen Museum wirklich aufzufinden. Einige undFahrt Schädel des Museumszurückführen von Havre, liessen Waffen sich auf die von Labillardiere , und auch von den Sammlungen der beiden Entdeckungs schiffe » Géographe« und » Naturaliste « fanden sich in
nahmen gewiss die Bewohner des Ussuri-Gebietes
Paris etliche Stücke vor.
vielfach sesshaftes Leben an , dessen Sitz vorzugs-
sich auf einem dicser Schiffe cin gewisser Petit als Zeichner befunden und auch wirklich eine sehr grosse Zahl von Aufnahmen nach der Natur gemacht hatte,
weise in den Thälern Ssejfun, Lefu, Daubicheh und Ulacheh lag . Hier wurden infolge chinesischer Kultur Städte und Befestigungen angel gt , von Wällen verschiedener Höhe umgeben und mit vor springenden Teilen versehen , um zur Flanken -Ver teidigung zu dienen. Thore und Gräben wurden besonders gut befestigt. Vor dem eigentlichen Wall lag ein kleiner Graben mit Brustwehr davor, um den Hauptgraben wirksamer zu verteidigen. Einige solcher kleinen Befestigungen finden sich in Trümmern im
Thale des Ulacheh , das in
alter Zeit wahrscheinlich dicht bevölkert war, gegen
wärtig aber nur von einigen Fan und Chinesen bewohnt wird .
Im
Thale des Ssutschan und Lefu
Nun wusste man aber , dass
denn am 16. Mai 1804 war eben dieser Petit dem Pro
fessorenkollegium vorgestellt worden und hatte , laut Protokoll, eine Mappe mit Skizzen von Bewohnern der Insel Timor , Neuhollands und des Kaps der Guten
Hofinung der Versammlung vorgelegt, worauf die An nahme des Geschenks ausgesprochen und für dessen Aufbewahrung Sorge getragen wurde. Wie es kam , dass die Mappe gleichwohl dem Museum wieder ent fremdet wurde, das lässt sich heute nicht mehr fest stellen. Jedenfalls fand Hamy die Papiere nicht mehr
an dem Orte auf, an dem sie sich befinden sollten, und begann nun eine förmliche Jagd nach denselben , die nach mehrfachen Misserfolgen endlich zur Auffindung
des Vermissten führte . Lennier , der Vorstand des finden sich ähnliche , zum Teil ausgedehntere naturgeschich tlichen Museums in Havre, hatte die aus Trümmer .
Aber auch Spuren früherer Wegstrassen finden
dem Nachlasse Lesueurs, des wissenschaftlichen Be gleiters des » Géographe«, verschleuderten Sachen bei
sich , welche die Ortschaften unter einander ver-
einem
banden , ja sogar Gebietsbezirke, welche durch Fluss-
Summe erworben .
läufe nicht getrennt waren .
übergeben, die fast ausschliesslich von Petit, zu gerin
Aus der geringen Ausbeute an anthropologischem
Bücherhändler entdeckt und für eine kleine
Hamy wurden 163 Darstellungen
gem Teile auch von Lesueur und Milbert herrühren und
verschiedenst Sepia Feder,Volks mit Bleistift, en Weise, sind. Material ist hervorzuheben , dass von Herrn Elissėjeff inundderWasserfarben Sie stellen , ausgeführt
nur 13 lebende männliche Einwohner gemessen wurden . Obwohl die Mansen, oder richtiger ge schrieben Manzs'en, Auswanderer aus China und nicht aus der Mandschurei sind, so ist ihr Blut doch meist nicht rein chinesisch . Dem chinesischen
Weibe war die Grenze des eigentlichen China nach
typen und auch andere merkwürdige Gegenstände, Waffen , Geräte und Wohnungen, dar. Australien wieg bedeutend vor, und zwar hat sich der Zeichner mit Vor liebe Tasmanien zum Objekte auserwählt ; da seitdem die Australneger von dieser Insel vollkommen ver schwunden sind, so muss es grosses Interesse gewähren ,
Litteratur.
zwischen ihnen und den Bewohnern des Festlandes Ver- | gangsepochen mit der Erfahrung nicht so gut über gleiche anstellen zu können, da Petits Skizzen , die von
einstimmten, als dies ohne Berücksichtigung des frag
Hamy im Einzelnen beschrieben werden , sehr naturgetreu gewesen zu sein scheinen . [L’Anthropologie, 1891.
lichen Gliedes der Fall war.
Vol. II. S. 601 ff. ]
Daraus muss man also
schliessen, dass die verzögernde Wirkung der Flutwelle sich völlig kompensiert mit der beschleunigenden Wir kung , welche aus der progressiven Abkühlung und Volumverminderung des Erdkörpers resultiert : der Stern
(ten Kates Reise in der Sunda- Se e.) Herr Zondervan in Bergen -op - Zoom macht zu einem Aufsatze, gestützt auf neuerlich eingelaufene Nachrichten
tag aber darf nach wie vor als unveränderlich und als
von ten Kate , die folgenden Mitteilungen : Einem am
das natürliche Maass der Zeit angesehen werden . [Nature,
18. August 1891 geschriebenen Briefe zufolge zog der
Vol . 45. Nr. 1154.]
niederländische Reisende am 30. Juni von Waingapoe aus nach dem Osten Sumbas, wo er zuerst die Land schaften Melolo, Rendeh , Menjili und Wajeloe besuchte und darauf erst in südwestlicher, dann in nordwest-
licher Richtung eine bisher durchaus unbekannte Gegend durchkreuzte, deren Bewohner noch niemals
einen Europäer gesehen hatten. Diese Gegend ist nach
Litteratur. Det Norske geografiske Selskabs Aarbog. I. 1889 -90 und II. 1890-91 .
Kristiania 1891. gr. 80. 2 Bde .
Die Erforschung des eigenen Landes galt der skandinavischen Naturwissenschaft von jeher als Hauptaufgabe. Selbständige geographische Gesellschaften und Zeitschriften , die sich vor wiegend der Landeskunde des Nordens widmen , sind jedoch noch
ten Kate sehr gebirgig und waldreich, enthält aber auch fruchtbare Ebenen . Kalkgestein herrscht überall vor ;
nicht alt .
zwischen Tawoei und Waha gibt es indessen auch viele Eruptiv-, hauptsächlich Granitgesteine. Den Vulkan
schaft für Anthropologie und Geographie mit der Zeitschrift » Ymer « in Stockholm erstanden in der zweiten Hälfte der 70er
Tarimbang aber, welcher auf vielen Karten angegeben wird , konnte ten Kate nicht ausfindig machen. Die Temperatur unterliegt hier grossen Schwankungen . Am 23. Juli nach Waingapoe zurückgekehrt, machte ten Katc noch einige Ausflüge in West -Sumba, wollte am 25. August nach der Insel Savoe überschiffen und
Jahre ; die beiden Gesellschaften in Finland , das kulturell noch zu Skandinavien gehört , begannen vor ein paar Jahren
nach dortigem kurzen Aufenthalte weiter nach Rotti
segeln , um mit der Untersuchung dieser kleinen Insel
Die geographische Gesellschaft in Kopenhagen und
ihre » Geografisk Tidskrift « , sowie die wenig jüngere Gesell
ihre rührige Thätigkeit. Die norwegische Gesellschaft endlich , deren Publikationen uns nunmehr als Neuheit vorliegen , erstand
1889 anlässlich der Feier von Fridtjof Nansens glücklicher Heimkehr aus dem grönländischen Eise. Mit Recht steht daher der Vortrag des kühnen Reisenden über seine Grönland Fahrt an der Spitze des ersten Bandes des neuen »Jahrbuches« , und sein bekanntes Projekt einer neuen Polarexpedition
seine Forschungsreise zu beschliessen . Ende September
bildet wohl den interessantesten Abschnitt desselben Bandes.
189 : hoffte er in östlicher Richtung, durch den Stillen Ozean hindurch , die Rückreise nach den Niederlanden
Mit den Polargebieten beschäftigt sich ferner ein Aufsatz von
antreten zu können.
(Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde.)
Ein leider vor kurzem von uns abberufener
Collett über Tiere aus Ost - Grönland, während die auf Skandinavien selbst bezüglichen Aufsätze historisch -geographischer und ethnographischer Art sind. Yngoar Nielsen , der eigent liche Gründer der Gesellschaft, behandelt im ersten Bande des Jahrbuchs die eigentümliche Thatsache eines südlichen Vor .
Astronom , Schoenfeld in Bonn, hat vor einiger Zeit im
» Ausland « ( 1879 S. 181 ff.) die Frage erörtert , ob die Erde mit absolut gleichförmiger Geschwindigkeit um ihre Achse rotiere , oder ob sich periodische Ungleich heiten von allerdings äusserst geringfügigem Betrage nachweisen liessen. Neuerdings schien für eine fortschreitende Verminderung der Umdrehungsgeschwindig-
rückens der lappischen Bevölkerung in gewissen Teilen Norwegens ; im 2. Band bespricht A. M. Hansen , bekannt als Verfasser der jüngsten umfassenden Arbeit über Strandlinien, die » Einwanderung in Skandinavien «, ausgehend von den neuesten Anschauungen über die Ausdehnung der diluvialen
Gletscher, ein Aufsatz, der besondere Besprechung verdiente. Ueber die vieluinstrittenen Reisen der Gebrüder Zen i Ende des
keit eine von G. H. Darwin über den Einfluss der
14. Jahrhunderts im Nordatlantischen Meere handelt mit kritischer
Flutreibung angestellte Untersuchung zu sprechen , indem
Ausführlichkeit Dr. G. Storm und schliesst sich den Gegnern
erstere ja theoretisch als ein retardierender Faktor auf-
der Echtheit von Karte und Reiseberichten an.. Zwei weitere Aufsätze behandeln Reisen skandinavischer Männer im Orient :
gefasst werden muss. Allein da sich jede solche Ver zögerung auch in gewissen astronomischen Verände rungen wiederspiegeln müsste , so ist die Möglichkeit an die Hand gegeben , rechnerisch den allfallsigen Ein
es sind dies eine kurze Notiz über Kaukasuswanderungen von 0. Lange und ein Bericht des energischen jungen Schweden
Sven Hedin über eine Reise von Teheran nach Kaschgar , die als Vorexpedition einer geplanten grossen centralasiatischen
Huss der vermuteten Verlängerung des Sterntages zu
Reise aufzufassen ist .
prüfen. Dies hat Tisserand gethan , und zwar hat er untersucht, ob sich in der Bewegung des Planeten Merkur irgendwelche Beschleunigung erkennen lasse, wie sie eben , wenn die Prämisse zuträfe, sich notwendig
als Vorträge in den Versammlungen der Gesellschaft gehalten
einstellen müsste.
Seit mehr als zweihundert Jahren
sind die Vorübergänge des Merkur vor der Sonnen
scheibe mit verhältnismässig grosser Genauigkeit be
Die
Reihe der Aufsätze , die sämtlich
wurden , schliessen Mitteilungen über die Teilung Afrikas und iiber die Palau - Inseln ab . Wir finden also in den beiden dünnen
Bändchen die verschiedensten Richtungen der Geographie ver treten und namentlich in Bezug auf die nordischen Länder recht viel des Positiven geboten . Man darf der jungen Gesellschaft in Christiania von Herzen zu ihrer Thätigkeit Glück wünschen
obachtet worden, und man hat so ein sehr gutes Hilfs
und die Hoffnung hegen, dass von ihr reichliche Anregung aus geht zur Betreibung des geographischen Studiums, das in Nor
mittel, um sich über die vermutete Geschwindigkeits
wegen, ebenso wie in Schweden und Finland , noch nicht zu den
zunahme in der Bewegung des genannten Planeten zu unterrichten. Indem jedoch der französische Astronom in seine Rechnung jenes dem Quadrate der Zeit propor tionale Glied aufnahm , welches nach Laplaces » Mechanik des Himmels« der fraglichen Beschleunigung entspricht,
offiziellen Lehrgegenständen der Hochschule zählt. Wien. Rob . Sieger.
fand er, dass die auf solche Weise berechneten Durch-
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 4.
Stuttgart, 23. Januar 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXLI
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
2. Moltkes geographische Inhalt : 1. Eine Skizze über Witterung und Influenza. Von C. Lang (München ). S. 49. Leistungen. Von S. Günther. (Fortsetzung.) S. 52. -- 3. Eine Wanderung in der Auvergne. Von J. Partsch ( Breslau ). (Fort 4. Die Astronomie der alten Chaldäer. setzung . ) S. 56 . zur Geographie des festen Wassers . ) S. 63 .
Von Fritz Hommel (München ). S. 59 .
5. Litteratur.
( Beiträge
Eine Skizze über Witterung und Influenza .
sation eine grosse Menge dieser feinsten Staubteile
Von C. Larg (München ).
an die Wasserbläschen der Wolke oder des Nebels
Die ursprünglich, gebunden sind. aber bekanntermaassen mit Unrecht so optimistisch In diesem Gebundensein ist ihre Bedenklich betrachtete Influenza war bei uns noch in vollem keit noch keineswegs beseitigt ; denn bei nebliger Gange, ja sie hatte erst da die Mortalität in Mün- Luft atmet man ja mit dem zum Teile konden chen durch das Gefolge entzündlicher Krankheiten sierten und an sich ganz harmlosen Wasserdampf zu einem beträchtlichen Maximum erhoben , als auch den von ihm gebundenen Staub samt den Es war im
Januar 1890.
bereits in der Zeitschrift » Das Wetter« von Assmann ungefährlichen und gefährlichen Mikroorganismen , in Berlin ein Aufsatz » Klimatologische Betrachtungen über die jetzt herrschende Influenza -Epidemie «
also den Krankheits-Erregern , ein . Eine Zunahme der Luftfeuchtigkeit und mit ihr der Beginn der
erschien .
Kondensation
Assmann, der gewandte und produktive Forscher, war in seiner Doppeleigenschaft als Meteoro-
Schutz gewähren .
log und als Arzt zu einer derartigen Studie gewiss besonders berufen , und seine Abhandlung, die indessen bei der Kürze der Zeit noch nicht viel
ziffermässiges Material erbringen konnte, aber An-
kann
uns also auch
noch keinen
Ein solcher wird erst dann, wenigstens bis zu einem gewissen Grade geboten, wenn diese Par tikeln durch den Niederschlag, also durch Regen oder Schnee, in welchem sie gebunden waren , oder durch dessen Fallen sie mitgenommen wurden, zum Boden
regung zu einschlägigen Arbeiten bot, hat anerken- gelangen. Damit, also durch dieses Auswaschen der nende Aufnahme gefunden .
Luft werden diese kleinsten Körper von unseren
Auch ich folge dieser Anregung und halte Luftwegen, welche hauptsächlich das Eingangs mich rücksichtlich der einleitenden epidemiologi- thor für die Krankheitserreger bilden , entfernt und schen Fragen dem Gedankengange nach an Assmann. Sehen wir von den Schwankungen des Luftder ,
gelangen zur Erde. Dort werden dieselben , so lange sie noch an Wasser, Schnee oder Eis gebun
trage unmittelbar von
Trinkwasser gelangen, aber auch dann ist die Gefährdung durch sie nicht mehr so gross , weil die Infektion ihren Weg nur in selteneren Fällen durch den Magen als durch die Lunge zu nehmen
den sind, nur dann bedenklich werden können, wenn sie etwa auf solchem Wege oder Umwege
Temperaturab, welche dem beide auch bei grossem Bewe Menschen leicht und zum
ohne Nachteil ertragen werden , so wird die Witterung am einzelnen Punkte je nach den Feuchtigkeitsverhältnissen der Luft an sich schon auf die Gesundheitsverhältnisse einen Einfluss ausüben , sie
wird dies aber um so mehr thun, als die Vorgänge in der Luft wieder auf deren accessorische und in ihr
suspendierte Bestandteile einwirken werden. Der Wasserdampf scheint sich bei seiner Kondensation wesentlich an die in der Luft befindlichen Staub-
partikeln , unter welchen sich natürlich auch die mehr oder minder bedenklichen Mikroorganismen befinden, anzulehnen , so dass nach vollendeter KondenAusland 1892 Nr. 4 .
scheint. Die Gefahr durch diese Partikeln wird also erst dann wieder neu und drohend, wenn das Wasser,
welches sie zum Boden begleitet hat, verdunstet ist, und wenn sie dann, also frei geworden, durch den Wind wieder in die Luftbahn gelangen. Der Wind seinerseits wird diese molekularen Teilchen von dem
Orte ihrer Ablagerung wegführen ; er wird im all gemeinen, nämlich durch seine ventilatorische, also 7
Eine Skizze über Witterung und Influenza.
50
verdünnende Wirkung zu unsern Gunsten arbeiten , zumal dann , wenn er von nennenswerter Stärke ist und dabei nicht etwa von Orten herkommt, an welchen eben gerade eine Anhäufung solcher Stoffe
wir an der sanitären Bedenklichkeit suspendierter Atome , also der Unreinheit der Luft überhaupt fest
besteht.
zur Zeit der Herrschaft einer Anticyklone entschie
Zusammenfassend wird also das Wetter , wie es im Bereiche einer ausgedehnteren und stationären Anticyklone oder, was dasselbe ist, eines barometri-
halten dürfen, die Gefährdung, vorausgesetzt dass schon Krankheitsbildner an Ort und Stelle vorhanden sind ,
den als eine grössere betrachten können . Wie waren nun die Witterungsverhältnisse bei uns in München selbst vor und bei Beginn der
schen Maximums besteht, für Infektionskrankheiten | Influenza-Epidemie während des Winters 1889/90 ? durch die Luftwege günstiger sein als jepes, welches Zur Beantwortung dieser Frage wird es, bei der im Gefolge einer Depression steht, oder gar als bei
anscheinend sehr kurzen Inkubationsdauer der Krank
heit, genügen , den November nach seinen Mittel
raschem Wechsel von Depressionen .
werten zu betrachten , und nur dem Dezember und Januar ins einzelne gehend unsere Aufmerksamkeit
Allgemeine Verlahat 1Promille - 1cm Influenza Morhidität 50 Erkrankungsfalle - 1cm
Stand an hfluenza -Krankenin beiden áronkenhäuser 50 kranke tem .
zuzuwenden . Der November war bei zu hohem
- Tempenalurmillet Centralstation 1 % .Icm . Grundmassastond ( inys Inst ) Icmelem Höheder Schneedecke Icm .Icm NiederschlagsmengeImmImm .
Barometer
stande sehr ruhig ; es kamen zahlreiche Windstillen zur Aufzeichnung, kein Tag bestand, an welchem die Windstärke den Grad 4
10
crit
Januar
Dezember 15
20
30 31
25
1:16
15
5
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1 25
20
30
܀- ؛1 : .1 ܀-::: ܆ ܀܃ ܃
der
Beaufort -Skala
über
stiegen hätte, und die mitt
lere Windgeschwindigkeit betrug nur 3/4 Meter per Sekunde .
Zur
Nebelbil
dung kam es an 16 Tagen, wie überhaupt die Luft feuchtigkeit eine beträcht liche gewesen ist. Die Temperatur war nach ihrem Mittelwerte und nach ihrem
zeitlichen
Verlaufe
voll
kommen normal, ebenso auch die Häufigkeit und Menge der Niederschläge . Letztere waren allerdings Im Bereiche des Maximums fehlen ja die Be-
dingungen stärkerer Ventilation , Niederschläge treten nicht oder nur spärlich auf , dagegen sind in einem winterlichen Maximum die Nebel häufig, also alles Voraussetzungen, welche einem Anhäufen von
zeitlich nicht gleichmässig verteilt, sondern sie traten der Hauptsache nach bis zum II ., und Schlusse
des
Monats
vom
26.
Der
von messbaren Niederschlägen fast
bis
zum
auf. freie
vierzehntägige Zeitraum vom II . bis 26. konnte
Staub Ausbildung in der Luft förderlich sind . Allerdings geht aber nicht zur Staubbildung Anlass geben ; denn von der
winterlichen
einem Austrocknen oder auch nur Abtrocknen des
Barometermaximums zumeist Schneefall voraus , und das Maximum wird zumal dann recht anhaltend
stand im Monatsmittel nur um 16 cmn , und während
eines
intensiven
und intensiv , in seinen Aeusserungen also auch
Bodens ist kaum zu sprechen. Das Grundwasser
besonders charakteristisch, wenn es sich über dem mit einer Schneedecke versehenen Boden lagert ,
der ebenbesagten niederschlagsfreien Periode , der jedoch eine lang andauernde feuchte vorangegan gen war, nur um 19 cm tiefer als im Durchschnitte
welche letztere dann wieder eine Art von Schutz bieten würde .
des ganzen Jahres 1889. Ueberdies schloss sich an die vorausgegangenen regnerischen Tage bei
Umgekehrt muss aber natürlich nicht jedes regelmässigem Nachtfroste alsbald Nebel mit Reif, barometrische Maximum, auch wenn es vielleicht
Rauhfrost und Glatteisbildung an , also Umstände ,
mangels einer Schneedecke zur Bildung von Staub
die einem Abtrocknen des Bodens energisch entge
Anlass gibt, eo ipso schon bedenklich erscheinen,
genarbeiteten . Ausserdem fiel auf diesen feuchten
und wir werden von vornherein die Ursache einer und gegen Ende des Monats vollkommen gefrore Krankheitsbildung in einem Maximalgebiet des Luft- nen Boden vom 26. an Schnee bis zu einer Mäch druckes weder suchen noch auch wahrscheinlichtigkeit von 16 cm (vgl. Fig. 1 ). finden , und es wird ausserdem der Staub gewiss Zu Beginn des Dezembers sich allmählich
auch nicht immer von Krankheitserregern in grösse-
setzend , hat die Schneehülle den Boden lücken
rer Menge begleitet sein . Wir werden aber, wenn
frei bis zum 23. Dezember bedeckt . Die Temperatur
.
Eine Skizze über Witterung und Influenza .
hält sich, mit der einzigen Unterbrechung am
II .
und 12. , bis zum 21. unter dem Gefrierpunkte,zum Teile sogar recht beträchtlich. Bei schwachen fast
SI
gehend westlicher Luftströmung gewichen waren , begannen mit leichter bis mässiger Stärke wieder einzusetzen. Sie waren nebst Windstillen bei viel
ausschliesslich nördlichen und östlichen Winden fach, wenigstens am Morgen, nebligem Wetter, fällt zu Anfang des Monats
fast jeden Tag noch leichter trockener Schnee, später mit Regen gemischt in erheblicher Menge ; trotzdem sinkt das Grundwasser, in allerdings sehr langsamem Tempo, weiter, der ursprünglich durchfeuchtete Boden ist ja
jetzt schon besonders hinweisen möchte, und die für den Gesamt- Zeitraum vom 4. Dezember bis 9. Januar bestand . Mit dem 9. Januar trat nun ein wesentlich
gefroren , also undurchlässig. Der Boden an Ort und Stelle , überdies noch
anderes, ja, nach den Luftdruckbedingungen zu ur teilen , gerade entgegengesetztes Witterungs-Regime
mit einer Schneeschicht bedeckt , kann nach all
ein . Mässige bis frische westliche und südwestliche Vinde, mildes , feuchtes, niederschlagreiches Wetter
dem Gesagten entfernt nicht zur Staubbildung Anlass gegeben haben , und hätte angesichts dessen , was eingangs
weitaus vorherrschend, eine Herrschaft , auf die ich
kam nun an die Reihe
und
man
erörtert
1.5
wurde, kaum
an eine Gefahr denken Da trat die sollen .
Influenza, zu deren gra
phischer Darstellung ich die Zahlen der Tages
hielt bis gegen
den Schluss des Januars
25
an .
Min
Es waren damit also die einer Infektion un
Stand derDonau
günstigsten Witterungs Verhältnisse geboten,
in Ingolstadt.
und thatsächlich nahm
Erkrankungen aus dem
nun die Krankheit ab .
amtlichen Berichte des städtischen statistischen
Wenn ich es auch nicht
Amtes entnahm, und zu
wage, hierfür das » post hoc ergo propter hoca
besserer Uebersichtlich
Mitelemperatur in Anspruch zu neh in München
1 jan 11
keit nach
der Formel Mai 1782.
a + 2b
+ c
men ,
So
kann
DieInfluenza begaxr doch wenigstens
Ordi- M
um die Mittedes Monats Thatsache
4
man
die
feststellen ,
nate von b abrundete, um die Mitte des Mo
dass beim Erlöschen der
nats energisch auf und
rungs - Verhältnisse be
gewann , rasch anstei
standen, welche, wie man
gend, epidemischen Cha rakter . Die Zunahme der Epidemie bis zur Maxi-
Krankheit jene Witte annehmen könnte , der
Existenz oder Weiterausbreitung einer Infektions
malzahl von 1672 Erkrankungen pro Tag hielt bis krankheit ungünstig sind,wogegen die dem Auf zum 2. Januar an, worauf dieselbe anfänglich lang- treten der Epidemie vorangegangenen und dieselbe sam, vom 7. bis 14. sehr rasch und dann wieder Die Witterungsverhältnisse bis zuin Aus-
begleitenden örtlichen Witterungs - Verhältnisse nicht derart waren , dass sie dem epidemischen Aus
bruche der Epidemie haben wir bereits geschil dert und mussten dabei erklären, dass sie für den Ausbruch einer Epidemie, soweit sie mehr örtlich sind, also Temperatur und Niederschlag samt
wären . in München ist mir durch die meteorologischen Ephemeriden der bayerischen Akademie der Wissen
Grundwasser, wohl kaum eine greifbare Handhabe für die Begünstigung der Infektion geboten haben
schaften in München auf das Jahr 1782 zur Kenntnis gelangt. In diesem Bande der Ephemeriden , deren
dürften .
erste sechs Jahrgänge neben den klimatologischen
in verzögertem Tempo abnahm . !
Die Schneeschicht, welche 27 Tage lang ohne
bruch einer Infektionskrankheit förderlich gewesen Ein anderer Fall von Auftreten der Influenza
Daten und neben wackern Erstlingsarbeiten der
Pause den Boden bedeckt hatte, verschwand nach meteorologischen Forschung auch regelmässig Be Eintritt von Tauwetter am 23. Hiermit stieg das Grundwasser natürlich rasch an,und dies um so mehr, als gleichzeitig, d. h . vom 23. bis 26. , bei zeitweilig frischem Winde, starke Niederschläge fielen. Trotzdem stieg die Krankheit noch erheblich an. Während die Epidemie auf ihrer Maximalhöhe stand , herrschte wieder Frostwetter, zeitweise mit leichtem Schneefall , sowie mit Nebel , und die Ost-
winde, welche zwischen dem 22. und 25. vorüber-
richte über den Stand der Erkrankung und Sterb lichkeit Münchens und anderer altbayerischer Orte
enthalten, sagt der Herausgeber Fr. X. Epp, nach dem er über ein unechtes Fleckfieber zumal bei
Kindern« berichtet hatte, folgendes: » Diese Epidemie grassierte bis über die Hälfte des Mais fort, wo sie mit einer anderen verwechselt wurde, nämlich
mit dem epidemischen Katarrh, der sich von Russ land beinahe über ganz Europa verbreitete und
Moltkes geographische Leistungen .
52
auch in unserer Gegend einige, die ohnehin nicht
liche Luftströmung vorhanden. Die absoluten Stände
zu fest auf der Brust waren , früher in das Grab
der Temperatur waren im Mai 1782 , dessen Mittel uni etwas mehr als 1 ° unter dem zwölfjährigen Durchschnitt 1781/92 lag, natürlich total andere als im Dezember und Januar 1889/90; aber es ist im zeitlichen Verlaufe der Temperatur und jenem der
beförderte, wie durch die grössere Anzahl der Verstorbenen , sowohl Erwachsener als Kinder, in den Monaten Mai und Juni zu sehen ist. « Wir können das Auftreten der Krankheit vor 110 Jahren nicht in so ausführlicher Weise behandeln wie die Ver-
hältnisse der jüngsten Epidemie, einerseits weil uns, ausser dem soeben Mitgeteilten , ziffermässige An-
haltspunkte für das Eintreten und Fortschreiten der
Krankheit vollständig fehlen : wir kennen ja nur
Krankheit eine gewisse Aehnlichkeit vorhanden . Gerade so nämlich , wie 1889/90 der höchste Stand der Erkrankungen mit einem intensiveren Temperatur gefälle zeitlich zusammentrifft, ist auch das Auftreten der Krankheit im Mai 1782 mit einem länger
beiläufig die Eintrittszeit . Ausserdem sind die meteorologischen Beobachtungen jener Tage nicht so
dauernden Kälterückfall gleichzeitig. Trotzdem wird
vollständig wie heute, und da auch , abgesehen von
Temperaturrückgänge für das Auftreten der Krank
man sich indessen kaum entschliessen können , diese
den veralteten , eine Reduktion erfordernden Maassen ,
heit verantwortlich machen zu wollen, zumal ja
keine Tagesmittel gebildet sind , so ist die Benutzung
die neuere Epidemie schon vor dem Sinken der
der Aufzeichnungen eine umständlichere und weit mühevollere ( vgl . Fig . 2).
Temperatur auf beträchtlichem Niveau stand.
Da
gegen mag es ja sein , dass durch diese Temperatur
Das für unseren Fall wohl wichtigste Element,
rückgänge zahlreichere Erkältungen stattgefunden
nämlich die tägliche Niederschlagsmenge, ist in
haben, welche dieWiderstandsfähigkeitherabminderten oder die Disposition zur Erkrankung erhöhten .
München damals nicht beobachtet worden , ebenfalls
nicht der Stand des Grundwassers, und auch die
Das bisher Gesagte zusammenfassend, wird man
nur qualitative Zählung der Niederschlagshäufigkeit
nun kaum in der Lage sein , das Örtliche Verhalten
scheint sich in München auf die Tage mit aus- der Witterung zur Erklärung des Auftretens der giebigeren Niederschlägen beschränkt ጊ u haben . Influenza, also der Entstehung der Krankheit Letzteres schliesse ich aus dem Umstande, dass am Orte selbst, als genügend zu betrachten . Aller
Ingolstadt im
Jahre 1782, entgegengesetzt dem
dings sind es auch nur zwei Fälle, über die wir
hierauf bezüglichen Verhalten der Gegenwart, eine hier verfügen , und darunter noch dazu einer mit wesentlich grössere Niederschlagshäufigkeit als mangelhaftem Material . München gehabt hätte, was durchaus unwahrEs wäre also gewiss wünschenswert, für eine scheinlich ist . Es dürften also die in München Anzahl von Influenza -Epidemien Münchens die be notierten Regentage mindestens um jene zu ver- gleitenden örtlichen Witterungs-Erscheinungen in mehren sein , um welche sie in Ingolstadt zahl- ähnlicher Weise zu diskutieren . Dies wäre auch, reicher waren . mit zum Teil mangelhafterem Material, für den
Aber selbst wenn wir uns das nicht getrauen ,
Zeitraum 1781-92 und 1825 - 37 durchführbar,
und wenn wir bei den in München selbst notierten
mit vollkommen hinreichendem
Niederschlagstagen verharren wollen , so sind diese
lässigem Material hingegen von 1842 bis zur Gegenwart. Für die andere Seite der Untersuchung
über den Monat so gleichmässig verteilt, dass, wenn die betreffenden Niederschlagsmengen nicht sehr geringe gewesen wären , eine intensivere Austrock nung des Bodens, also erhebliche Staubbildung, nicht eingetreten sein kann . Dass aber thatsächlich diese
und ebenso zuver
jedoch, über welche wir jetzt gleich zu sprechen haben werden , würde das meteorologische Material vor 1881 oder wenigstens vor 1876 ein sehr dürftiges und äusserst mühsam zu verwertendes sein .
Niederschlagsmengen nicht gar gering gewesen sind , möchte daraus hervorgehen , dass fast auf
jeden in München aufgezählten Niederschlagstag
Moltkes geographische Leistungen .
( welchem , wie die meteorologische Statistik der Gegenwart lehrt, auch ein solcher des Alpenvor
Von S. Günther.
landes überhaupt entspricht) ziemlich bald ein Steigen
Jene allgemeingeographische Einführung in seinen Romführer, von welcher Moltke (s. o. ) sprach , ist zum Glück auf uns gekommen , und zwar als Be standteil eines Werkchens , welches später G. V. Bunsen unter den Auspizien des Generalfeldmar
der Donau in Ingolstadt nachfolgt. Da wir ferner
den Pegelstand der Donau als integrierenden Regenmesser des Alpenlandes und von dessen Vorland ansehen dürfen, der Pegelstand der Donau im Mai
aber durchschnitt
lich südlichen Flussgebiet
(Fortsetzung .)
war, so müssen im schalls herausgegeben hat ). Der betreffende Ab ein hoher das nördliche ist ja über- schnitt ist eine Morphologie der latinischen
nicht unerhebliche kann also nicht Boden der , Niederschläge gefallen
haupt minder wasserreich
stark ausgetrocknet gewesen sein . Aehnlich dem Dezember 1889 war auch im
Mai 1782 nur eine geringe, damals aber meist west-
Ebene, und er beweist , dass in der zwischen der asiatischen und der römischen Periode gelegenen Zeit Moltke sehr eifrig auch geologischen Studien ) v . Moltke , Wanderbuch, Berlin 1879 .
1
Moltkes geographische Leistungen.
53
obgelegen sein muss, denn auf einschlägige Fragen des Flachlandes grossenteils aus Stoffen vulkanischen wird diesmal viel genauer eingegangen , als in den
Ursprungs zusammengesetzt, und dazwischen kämen
» Reisebriefen .
ältere Gesteinsüberreste nur vereinzelt vor.
Dass zwischen der Römerzeit und
der Gegenwart das Bodenrelief keine sehr tief gehenden Wandlungen mehr erfahren habe, stehe ausser Frage. Alle die grossen Veränderungen, welche sich
Lava,
Peperin und Tuff'werden speziell unterschieden und mit Bezug auf ihr örtliches Auftreten gekennzeich net . 1) Die Lava steht nur an wenigen Stellen an und wird zumeist vom Tuff überdeckt, dessen parallel
hier abspielten, seien in der vorgeschichtlichen Zeit eingetreten ; auf diese seine Annahme gestützt, ent- epipedische Schichtung, auf Niederschlag im Wasser wirft Moltke mit grossen Zügen ein Gemälde der
hindeutend, Moltke nicht entgangen ist. Der mit
Metamorphosen, welchen die Campagna im Laufe der
Bimsstein
Jahrtausende ausgesetzt gewesen ist. In der Tertiärperiode war die Campagna noch vom Meere überflutet, wie die am Monte Mario, 440 Fuss über
Ackerkrume der Campagna, und Tuffziegel sind es,
dem Meeresspiegel , aufgefundenen Fossilien darthun . )
In dieses Meer mündeten Tiber und Te-
verone, und zwar ersterer ungefähr bei Narni , letzterer bei Tivoli; aus dem Wasser stieg der Soracte als hohe Felsinsel empor. Das Gestein, aus welchem die damals schon existierenden Gebirge bestanden, ist mesozoischer, versteinerungsarmer Kalkstein , aber dieser ist mehrfach von jungvulkanischen Ausbrüchen durchsetzt, zumal von Trachyt. Die sanften Formen des vulkanischen Albanergebirges stellt Moltke mit Bedacht dem abwechslungsreicheren , zerrissenen Re-
die zu
vermischte
Tuff bildet
die fruchtbare
den verschiedenen Stadtmauern
vornehm
lich das Baumaterial geliefert haben . Nicht bloss jedoch die feurigen Gesteinsbildungen , sondern auch die wässrigen haben die Aufmerksam keit des Forschers auf sich gezogen . )
An der
Spitze dieser Bildungen steht der Travertin , ein Ge stein aus kohlensaurem Kalk , dessen Sedimentation so ungemein rasch vor sich gehen soll, dass der » See der schwimmenden Inseln «, der durch einen Kanal mit dem
Tiber verbunden ist , des regel
mässigen Abflusses entbehren würde, wenn man nicht unausgesetzt bemüht wäre, die Travertinab sätze zu entfernen .
Für die Kunstbauten Roms
lief der Kalklandschaft gegenüber. Ueberaus be- haben die alten Baumeister mit Vorliebe Travertin merkenswert ist , dass ein in der Ueberlieferung der zur Anwendung gebracht , daneben allerdings auch Berliner Geologenschule erzogener, von den Anschauungen eines A. v. Humboldt und L. v . Buch
durchdrungener Mann sich von diesen so vollständig emanzipieren konnte. ) Das Wesen der Stratovulkane wurde ihm beim Betrachten der ausgebrannten Feuerberge Latiums vollständig klar , und die Profilkurve solcher geschichteter Vulkane er-
die verhärteten Süsswasserniederschläge des Tiber
(» flavus Tiberis« ), die man selbst auf den Gipfeln der sieben Hügel vorfindet. Auch den Versumpfungs prozess, diese Landplage des Römergebietes, ver folgt Moltke und erklärt ilin sich in der Weise, dass, während die vom Gebirge kommenden Flüsse dem
Meere zustrebten , das von ihnen bewässerte
kannte er richtig in ihrer mechanischen Eigentüm- | Terrain sich in unregelmässigen Pulsationen aus dem lichkeit. 9) Er nennt diese Linie » durch den natürlichen Schüttungswinkel von Sand , Asche
Moltke ihren Lauf in geschichtlicher Zeit mehrfach
und Gerölle charakterisiert« und spricht damit
geändert, ja es lässt sich ihm zufolge die heutige
eine Wahrheit von fundamentaler Bedeutung, man könnte sagen , in völliger Harmlosigkeit aus. Moltke erachtet es für wahrscheinlich , dass erst
Oberflächengestalt der erwähnten sieben Hügel durch
durch die tertiären Eruptionen das Land dem Meere abgerungen worden sei, denn , wenn man von den pontinischen Sümpfen absehe , sei die Oberfläche
Wasser hob.
Die italischen Ströme haben nach
Aufstauungen und Durchbrüche des Tiber erklären. Auch müssten ehedem die Ueberschwemmungen des Tiber ungleich grossartigere Dimensionen als gegen
wärtig angenommen haben , denn die Umstände hätten sich seitdem geändert.
Zum ersten habe
der Oberlauf des Flusses ein geringeres Gefälle er ? ) Wanderbuch , S. 31 ff.
2) Die Erhebungstheorie glaubte alle Vulkanformen ,
SO
mannigfaltig dieselben auch sind, auf das Emporsteigen feurig.
Müssiger Materie aus Erdspalten erklären zu können ; vgl . Ewalds treffliche Darstellung der Humboldtschen Vulkantheorien in der von Bruhns herausgegebenen Humboldt- Biographie (3. Bd ., Leipzig, 1872. S. 146 ff.). Man darf Moltke, was bislang
litten, zum zweiten seien die Zuflüsse früher wasser reicher gewesen " ), und zum dritten endlich habe das Niveau der Stadt durch Schutt- und Trümmer 2 ) Die Ausführungen Moltkes ergeben eine wertvolle Er gänzung zu den von Nissen ( Italische Landeskunde, Berlin 1883 ,
noch nirgendwo betont worden zu sein scheint , zu den Ersten zählen , welche auf die Entstehung von Vulkanen durch Selbstaufschüttung den Nachdruck gelegt haben . 3) Man hat neuerdings den Versuch gemacht, die Natur
a . v . St. ) über das Vorkommen der verschiedenen vulkanischen Auswürflinge gegebenen Nachweisungen . 2) Wanderbuch , S. 48 ff.
des Vulkanprofiles aprioristisch abzuleiten , indem man sich an
3) Moltke gibt hier einer Annahme Ausdruck, von der man wohl sagen kann, dass sie in den weitesten Kreisen geteilt
den hier formulierten Satz hielt, dass die an der Oberfläche
befindlichen Teilchen, unter dem gemeinsamen Einflusse von
wird .
Reibung, Kohäsion und Schwere , im Gleichgewichte bleiben
an denen die alten Griechen und Römer sich ergingen , wirklich mehr Wasser geführt haben , als gegenwärtig, noch lange nicht
müssen .
Messungen, die man in Japan an den schön ge-
Gleichwohl ist in der alten Streitfrage, ob die Flüsse,
schwungenen Linien anstellte, in welchen sich dortselbst mächtige
das letzte Wort gesprochen .
Vulkane vom blauen Himmel abheben, dienen der Theorie im ganzen zur Bestätigung.
führung der griechischen Ströme z . B. lässt sich (Neumannn Partsch , Physikalische Geographie von Griechenland mit be
Aus der
wechselnden Wasser .
8
Ausland 1892, No. 4 .
Moltkes geographische Leistungen.
54
anhäufung eine beträchtliche Aufdämmung erfahren, welche es der Flutwelle erschwere, bis in die Strassen
Niederganges einer volkreichen Stadt , und er weist auf andere antike Städte – Paestum, Nicaea , An
selbst einzudringen. Auch von der Tibermündung glaubt unser Gewährsmann , dass sie seit der Kaiser-
tiochia — als auf Belege seiner Meinung hin . Eine Neubelebung der Ackerbauthätigkeit würde, dies ist
zeit sich in das Meer hinein vorgeschoben habe, und dass frühere Hafenplätze jetzt vom Ufer ent-
auch die Ueberzeugung vieler italienischer Patrioten der Gegenwart, gegen die Malaria vorteilhaft wirken .
fernt lägen .
Wenn man bedenkt , wie leicht Trümmerstätten, aus denen das Regenwasser keinen rechten Ausweg
In vielen Dingen ist eben das moderne
Rom ein anderes geworden , als das antike, ja selbst der Pflanzencharakter soll teilweise ein anderer ge-
findet, in Miasmen aushauchende Sümpfe sich ver
worden sein . )
wandeln können , wird man den Zusammenhang,
Einen besonderen Abschnitt bildet die Besprechung der gesundheitlichen Verhältnisse Roms. Aller-
der zwischen Bevölkerungsabnahme und Klimaver schlechterung obwaltet , nicht in Abrede stellen
dings meint Moltke , dessen eherne Gesundheit ihn können . ja bis ins höchste Alter begleitete, dass ein Fremder Bei seiner Durchstreifung der Gegend kann nicht selten der » aria cattiva « mehr Widerstand | Moltke natürlich auch den Soldaten nicht ver zu leisten vermöge, als ein Einheimischer, aber an leugnen , und die Oertlichkeiten , auf denen sich der Schädlichkeit dieses Klimas im allgemeinen lasse grosse Ereignisse der römischen Geschichte abge sich doch nicht zweifeln , und es könne höchstens spielt haben sollen , geben seinem fachmännischen die Frage aufgeworfen werden , ob auch von jeher Scharfblick manche Gelegenheit, sich zu bethätigen .. die Dinge so gelagert waren . Er selbst ist geneigt , So gibt er uns 1) eine eindringende militärgeogra >
die Frage zu verneinen ; das Altertum habe sich phische Analyse der Entscheidungsschlacht zwischen günstigerer sanitärer Zustände zu erfreuen gehabt, Maxentius und Constantinus ( »in hoc signo und es komme mithin auf die ungefähre Bestim - vinces«) und zeigt , dass das bekannte Bild Raf mung des Zeitpunktes an, in welchem der Umschwung faels im Vatikan, seines Kunstwertes unbeschadet, eingetreten sei . 2) Einen solchen braucht man sich
den Gang des Kampfes ganz falsch zur Anschauung
ja natürlich, wie wir hinzufügen möchten , nicht als
bringt. Nicht minder beschäftigt ihn der bekannte
einen plötzlichen und radikalen vorzustellen , denn »Untergang der Fabier« , den er an einen anderen aus den Gedichten des Hora z erhellt ja zur Genüge,
Ort verlegt, als an den von der gewöhnlichen Ueber
dass auch im augusteischen Zeitalter Rom ein Fieber-
lieferung bezeichneten ).
nest gewesen ist, 3) immerhin aber scheint der Moltkeschen These ein sehr berechtigter Kern zu-
gestanden werden zu müssen. Gregorovius' Stadtgeschichte war noch nicht geschrieben , aber bei A. v. Reumont konnte sich Moltke für seine
Wir nehmen damit, ohne den Stoff vollkommen
erschöpft zu haben, von dem formell wie inhaltlich >
gleich anziehenden » Wanderbuche« Abschied . Denn wenn auch in demselben noch einige an sich sehr angenehm zu lesende spanische und französische
Zwecke Rats erholen , und da fand er denn , dass
Reiseerinnerungen enthalten sind, so ergibt sich
die Klagen über ein mörderisches Klima Roms vom
doch keine eigentlich geographische Ausbeute. Vorab die Pyrenäische Halbinsel war Moltke im Fluge
10. Jahrhundert ab sich zu erheben oder doch leb-
hafter zu werden beginnen. Dies war die furcht-
zu durchwandern genötigt, so dass sich eigene Studien
bare Periode des Verfalls, während welcher auch
Moltke meint nun , gesundheitliche Ver-
für ihn ganz von selber verboten . Dagegen ermöglichten sich solche wiederum bei der in das Jahr 1859 fallenden russischen Reise,
schlechterung sei der unzertrennliche Begleiter des
über deren Einzelheiten wir durch briefliche Mit
die Bevölkerungsziffer um ein bedeutendes herab-
ging.
teilungen ) unterrichtet sind. So viel Zeit auch offizielle Pflichten beanspruchten , weiss Moltke sonderer Rücksicht auf das Altertum , Breslau 1885 , S. 86 ff.) ein irgend sicherer Schluss auf namhafte Klimaschwankungen
doch unter dem verwirrenden Geräusche der Hoffeste
nicht ziehen .
und Revuen die Zeit zu erübrigen , uin Land und lernen .
Die beiden russischen
1 ) Wanderbuch , S. 66 .
Leute kennen
2) Ebenda , S. 72 ff.
Hauptstädte vergleicht er mit einander in höchst treffender Weise ). Moskaus eigenartige geo
3) Dass die Römer der vermögenderen Stände die heute
noch als besonders gefährlich zu betrachtenden Spätsommer monate auf dem Lande ,
zu
unter dem kühleren Hauche des graphische Stellung im Centrum der ungeheuren
albanisch -sabinischen Berglandes, zuzubringen liebten, ist bekannt. Seinem Freunde Postu mus ruft Horaz in der 14. Ode des zweiten Buches (vgl . Proschberger , Fünf Oden des Horaz
in moderner deutscher Uebertragung, Stadtamhof, 1886. S. 7) die melancholischen Worte zu : » Denn umsonst ist alles unser Trachten , Fern zu bleiben mörderischen Schlachten
Und der sturmbewegten Meeresflut. Auch den Südwind meidest Du vergebens , Der im Herbst, am Marke unsres Lebens Zehrend , weht mit unheilvoller Glut.«
sarmatischen Ebene erkennt er als eine hervorragende an , welche diesem Platze eine natürliche Führer
stellung sichere, dagegen erscheintihmSt. Petersburg nur als das, was es auch ist, nämlich als das Produkt 1) Wanderbuch, S. 115 ff. 2) Vgl. auch Belger ,
S. 108 ,
und
eine
Note
(Hermes, 1882 , S. 425 ff.). 0. Richter 3 v. Moltke , Briefe aus Russland , Berlin 1877 . 4) Ebenda , S. 39 ff. S. 94 ff.
von
55
Moltkes geographische Leistungen.
der Laune eines absolutistischen Herrschers .
Eine
Stadt von geschichtlicher Entwicklung « , so urteilt er, » würde nie an dieser schutzlosen Stelle erwachsen
eben deshalb, wie der Briefsteller meint '), härtere Felsart .
Ganz besonders bemerkenswert erscheint,
alle späteren Generationen die Konsequenzen hinnehmen .« Wie könne man eine Weltstadt an der
auch unter dem strengeren Gesichtspunkte der wissen schaftlichen Erdkunde, eine Andeutung , welche Moltke betreffs der Abhängigkeit der Fär bung fliessenden Wassers von der Be
Spitze eines sich trichterförmig gegen die Mün -
schaffenheit der Gesteinsformation am Ur
sein . Aber der eiserne Zar wollte es , und so mussten
dung des einströmenden Flusses verengernden Meer-
sprungsorte macht ?). Es fällt ihm auf, dass die busens erbauen , wo jeder Westwind die Gewässer St. Petersburg durchströmende Newa so gänzlich klar aufstauen , sie zum Rückwärtsfliessen bringen und und farblos ist. Erstere Eigenschaft findet allerdings fast regelmässig eine Ueberflutung bewirken müsse ! leicht eine Erklärung, denn der Fluss stammt ja aus dem
Auf der Eisenbahnfahrt nach Moskau , die für
Ladoga -See, in welchem , als in einem riesigen Läute
jeden anderen Sterblichen so langweilig wird , stellt rungsbecken, der gewissermaassen als Anfang der Moltke gar manche Betrachtungen an ') ; er tadelt
Newa anzusehende Swir alle etwa mitgeführten Sink
die Anlage der Nikolai-Bahn und die überflüssigen stoffe abgelagert hat . Schwieriger ist die Deutung Viadukte, wundert sich aber, dass die Waldai-Höhe
der Farblosigkeit , allein hier scheint Moltke eine
doch einen gebirgsmässigeren Eindruck mache, als allgemeinere Gesetzmässigkeit in Mitte zu liegen. Das russische Volk ist dem Reisen
Alle im Granit entspringenden Quellen , denkt er
den nicht unsympathisch, und dessen Nationaltracht
sich, sind völlig farblos (» wasserhell« ), alle im Schiefer
er erwartet habe.
findet erder Natur des Landes durchaus entsprechend. gebirge entspringenden grau , alle im Kalkgebirge Dabei fällt eine Bemerkung, welche, wie vorhin
entspringenden grün . Dass es sich in aller Strenge
schon einmal, den prophetischen Blick dieses seltenen Mannes bekundet. Er glaubt nämlich voraussagen
so verhalte, ist wohl nicht anzunehmen , allein bei einem Manne von der geistigen Bedeutung Moltkes sind selbst die gelegentlichen Aperçus vollster Be achtung würdig, und so verdient , nachdem einmal der Fingerzeig gegeben ist, der Beziehung zwischen
zu dürfen , dass mit der Zeit die russische Armee
ihre steifen Uniformen ablegen und sich zur Annahme der Volkstracht bequemen werde , wie dies denn bekanntlich unter dem jetzt herrschenden der Wasserfarbe und der Beschaffenheit des an der Kaiser auch zur That geworden ist. VolkswirtVolkswirt Quelle anstehenden Gesteines jedenfalls weiter nach
schaftliche Beobachtungen werden häufig eingeflochten, so über das Platingeld ") , von dessen Einführung
geforscht zu werden . Seit seiner Rückkehr von dem
russischen Aus
die russischen Machthaber sich viel versprachen, je- Auge wird Moltke von den sich vergrössernden doch ganz mit Unrecht. Aber auch Geologie und
Plichten seines Amtes mehr und mehr absorbiert ; es
physikalische Geographie, für welcheWissenszweige naht die Zeit , in welcher der grosse Stratege von ja Moltke, wie uns das „ Wanderbuch « verriet, seinen Studien auf der grossen Bühne der Weltge stets so viele Teilnahme empfand, gehen nicht leer aus . schichte Rechenschaft ablegen sollte. Als selbständiger Bei der Besichtigung der Festungswerke von Schriftsteller ist er seitdem nicht mehr hervorgetreten , Kronstadt fällt es Moltkes Spürauge auf, dass das Urgestein , aus welchem sie bestehen , ein etwas anderes ist als dasjenige, aus welchem die Prachtbauten St. Petersburgs aufgeführt sind . Letztere sind durchgängig finnischer Granit , während das Material für die Kronstadter Mauern der Granit vom
und auch Briefe von seiner Hand konnten aus dem
einfachen Grunde nicht veröffentlicht werden , weil
es ihm an Zeit gebrach, solche zu schreiben. Aber indirekt ist die ganze militärische Litteratur der beiden nächsten Jahrzehnte von ihm beeinflusst ; vor anderem gilt dies für die geschichtlichen Darstel
Onega-See geliefert hat, eine glimmerärmere und | lungen, welche der preussische Generalstab von den 1 ) Ebenda , S. 76 ff. )2) In echt geographischer Denkart setzt sich Moltke über die Eintönigkeit der Reise durch die aufmerksame Be.
trachtung der von der Waldai-Höhe ausgehenden Wasserläufe hinweg. Der Gedanke, dass nunmehr, nach Ueberschreitung der Wasserscheide , jeder Bach dem Gebiete des Kaspischen
Meeres angehöre, beschäftigt ihn angelegentlich und lässt ihn vergessen ,
dass
die
Bahnlinie
der
landschaftlichen
Reize
3) Nähere Nachrichten über die schliesslich misslungenen Versuche, das Platin zur Münzausprägung in grösserem Maassstabe zu verwenden , erteilt () . Peschel in der oben genannten 210 ff .) ; Humboldt war Humboldt- Biographie (3. Band, Cancrin um ein Gutachten an .
gegangen worden, und dieses fiel negativ aus, da weder die bergınännische Ausbeute des Metalles eine gesicherte , noch auch das äussere Aussehen desselben mit dem von Gold oder Silber zu
vergleichen sei .
1866 und 1870171 herausgegeben hat. Wer Moltke als strategischen Geographen kennen lernen will , wird zunächst nach diesen Werken greifen"). Das 11 Briefe aus Russland, S. 35 .
2) Fbenda, S. 50 ff. 3) Diese Reinheit der Newa fällt , wie man hört und liest ,
allen Ankömmlingen besonders auf, im Gegensatze zu den meist
ganz und gar ermangelt .
vom Finanzminister Grafen
vier Feldzügen der Jahre 1859 (in Italien ), 1864 ,
Ohne wohl von Humboldts Urteil zu wissen ,
fiel dasjenige Moltkes (a.a. O., S. 63) ganz übereinstimmend aus,
trüben Fluten , welche sie in den Betten ihrer Heimatströme dahinziehen zu sehen gewohnt sind . Kohl, der Biograph der russischen
Kaiserstadt,
schildert in seiner bekannten
Schrift
» St. Petersburg in Worten und Skizzen « ( Dresden -Leipzig 1846)
zu wiederholten malen und mit glänzenden Farben die Krystall. klarheit dieses Flusses und des auf ihm gebildeten Eises, welches
alljährlich in 500 000 Wagenladungen durch die Keller der Metropole verteilt wird, und erinnert auch an die Hofsage, dass sich Kaiser Alexander I. auf seinen Reisen stets habe Newa
wasser, in Flaschen gefüllt , nachsenden lassen ,
Eine Wanderung in der Auvergne .
56
vollste Interesse hat sich der vielbeschäftigte Mann aber auch später für alle wissenschaftlich -geographischen
ihm ist nahezu wörtlich eine Denkschrift einver
leibt, welche der Grosse Generalstab schon im Winter
Fragen bewahrt; ihm ist grossenteils die so gelungene
1868/69, nachdem eben die Luxemburger Verwick
Kartierung einer Reihe griechischer Landschaften
lung gedroht hatte, für den möglichen Fall eines
zu danken, ' ) und selbst bei an sich unwichtigen
Krieges mit dem westlichen Nachbar ausarbeitete.
Gelegenheiten begegnet man in seinem späteren Briefwechsel überraschenden Bemerkungen . 2) Die früher (bereits) erwähnte Absicht, eine zweite Reise nach der Levante zu machen, konnte leider, wie wir wis-
Diese Denkschrift rührt zweifellos von Moltke
sen, nicht verwirklicht werden .
Es wird Billigung finden , wenn wir unsere kriegsgeographischen Darlegungen auf den wichtigsten der von Moltke geleiteten Kriege , auf denjenigen gegen Frankreich , beschränken, auf den >
» Krieg der Wissenschaft gegen den Heroismus«, wie sich Drapeyron in nach deutschen Begriffen etwas
selbst her und trägt auch bis in die Einzelheiten hinein den Stempel seines Geistes. Die Entschlüsse, welche der Feind vernünftigerweise fassen kann, werden vorurteilslos erwogen , und auf jede solche Möglichkeit bereitet sich der deutsche Feldherr vor,
indem er die geographischen Bedingungen der Durch führung feststellt. (Schluss folgt.)
unzutreffender Weise ausdrückt, ") da doch wohl
Eine Wanderung in der Auvergne.
auch in der Tapferkeit beide kämpfende Heere ein
Von J. Partsch (Breslau ).
ander nichts vorzuwerfen hatten .
( Fortsetzung. )
Das sogenannte
Der Puy de Dôme ( 1468 m ) überragt alle be Generalstabswerk « ist auch für den Geographen nachbarten Höhen so gewaltig , dass sich ihm die eine Fundgrube; wer es an der Hand der Spezial Ehrfurcht und die Zuneigung der Umwohner
in wei
karte studiert, findet sich durch die überaus scharfen
und charaktervollen Schilderungen des Kriegsschau
tem Umkreise zu allen Zeiten zugewendet hat. Wie
platzes, mag man dieses Wort nun auf das Feindes
sich der Mensch vielfach auf hohen Bergesscheiteln
land selbst oder auf den Ort einzelner Schlachten
den überirdischen Mächten näher fühlt , hatten die
anwenden, reich belohnt für die Mühen, welche die alten Kelten auf dem Gipfel des Puy de Dôme Heiligtum eines Nationalgottes errichtet, der Lektüre der taktischen Operationen verursacht. ^) ein dem römischen Merkur entsprach, eines Gottes der Zumal der erste Band kommt für uns in Frage, denn Landstrassen und des Handels, des friedlichen Ge 1) Wie Belger (a. a. O., S. 84 ) anführt, wäre Moltke winns und jeglicher Kunstfertigkeit. Wie geeignet am liebsten selbst mit Curtius nach Attika und Olympia ge . gerade dieser Berg für die Stätte der Verehrung Da ihm dies die Verhältnisse nicht verstatteten , so des Gottes der Wege war , entgeht nicht leicht gangen . sorgte er wenigstens dafür, dass tüchtige, im Messgeschäfte er einem , der selbst auf dem Plateau der Auvergne fahrene Offiziere seines Dienstzweiges den archäologischen Ex peditionen beigegeben wurden. So entstammen die schönen querfeldein gewandert ist . So oft man aus einer
engen Thalsohle heraufsteigt auf die Hochfläche, . . gewinnt man sofort den Anblick dieses unverkenn Topo hellenische über Wädig v. Hülsen, v. Gäde, Wolff, graphie der Initiative des Generalstabschefs.
Arbeiten von Steffen , v. Alten , Siemens, Steinmetz ,
baren Gipfels, der als eine unvergleichliche Land
2) Seinem Bruder von den Gasteiner Kurerfolgen berich. tend, gibt Moltke die hohe Wärme der dortigen Thermen an
marke allenthalben die Orientierung gibt.
( Briefe, S. 292 ) und berechnet auf grund dessen, was man da
Heiligtum des Merkur auf dieser Höhe mit einem
Das
mals von der Zunahme der Erdtemperatur mit der Annäherung an den Erdmittelpunkt wusste, die Tiefe , aus welcher die Quellen stammen, auf mindestens 3200 Fuss. 3. Einer der hervorragendsten unter den modernen geo graphischen Schriftstellern Frankreichs, Ludovic Drapeyron,
berühmten Kolossalstandbild des Gottes hat durch
hat in der von ihm geleiteten » Revue de géographie « (14. Jahr
die ganze Kaiserzeit bestanden bis in die Völker wanderung. Die Ausgrabungen haben nicht nur seinen Grundriss , sondern auch umfängliche Reste blossgelegt, welche ein Urteil über die grossartige
gang, S. 421 ) ff.) einen Aufsatz »Lagéographie et la topographie erscheinen
Auch Inschriften wurden gefunden .
au service
du
Feld -Maréchal
de
Moltke «
lassen .
Anlage und ihre prächtige Bauausführung gestatten . Ein
Votiv
welcher speziell diese für einen Franzosen freilich nächstliegende Seite seines Lebens und Wirkens zu würdigen bestimmt ist .
täfelchen » Mercurio Dumiati« gab nicht nur
Auf das rein Geographische wird wenig eingegangen, vielmehr
den Namen des Gottes , sondern auch den vom
begnügt sich der Verfasser mit der Wiedergabe einiger Stellen der Orientbriefe und findet in diesen ausreichende Beweiskraft
Berge hergeleiteten Beinamen . Der Name Dôme ent
stammt also dem Keltischen und hat mit unserm
für seine Behauptung , que M. de Moltke était géographe «, Sodann verbreitet sich Drapeyron über die strategischen Theorien des Generals v . Clausewitz , deren eifrigster Be folger Moltke gewesen sei , und sucht dann init einer für seine
nichts zu
Abstamınung anerkennenswerten Unparteilichkeit sich zum rich-
sie ist wieder in Trümmer gesunken.
tigen Verständnis des feindlichen Feldherrn zu erheben .
Die
Zwecke allerdings, um welche es uns in dieser Skizze zu thun
ist, haben durch die erwähnte Abhandlung nicht die Förderung erfahren, wie man beim Lesen der Titelworte vermuten möchte . 4, Hirschfeld erzählt in seiner am 10. April 1885 in
der Königsberger Geographischen Gesellschaft auf K. Zoeppritz gehaltenen Gedächtnisrede ,
dass das Studium
kriegs-
Worte Dom (cópos, .wp.m., domus) vielleicht gar schaffen . Die Nachfolge des antiken Tempels übernahm eine christliche Kapelle. Auch Nur dem
Volksglauben war der Gipfel noch eine mit ehr fürchtiger Scheu betrachtete Stätte . Man kennt die geschichtlicher Werke, mit steter Durcharbeitung der bei. gegebenen Karten und Pläne, für letzteren eine sehr nützliche Vorbereitung auf das künſtige Lehramt gebildet habe.
Eine Wanderung in der Auvergne.
Geschichte eines Mütterleins, dem man mit der Folter zu Leibe ging, weil sie im Verdacht stand, an den
Generalversammlungen älterer zauberkräftiger Damen auf diesem arvernischen Blocksberg teil genommen zu haben . Jetzt erhebt sich auf dem Puy de Dôme eine Werkstätte wissenschaftlicher Arbeit.
: 57
Maximum weist auf dem Berge der Dezember auf (101 % ). Es vollzieht sich im ganzen also eine ähnliche Verschiebung, wie man sie an den
Mittelgebirgsstationen Deutschlands im Vergleich mit benachbarten Ebenen wahrnehmen kann . Aber
die starke Benetzung des Jahresschlusses erinnert
Der Name des Puy de Dôme wird in der Ge-
kräftig an die Nähe des Ozeans. Die letzten vier
schichte der Wissenschaften nicht leicht vergessen
werden . An ibn knüpft sich die erste experimen-
Monate des Jahres (55,3 cm ) sind sämtlich regen reicher als die vier Sommermonate (48 cm ). Im
telle Begründung der Verwertbarkeit des Barometers
ganzen ist das Klima der Bergeshöhe recht un
für Höhenmessungen . Am 19. September 1647 bestieg ihn Pascals Schwager Perier, um für verschiedene Höhenlagen die Höhe der Quecksilbersäule
freundlich für diese geographische Breite (45 ° 7 ' ), und die Unbilden der Winterwitterung machen den Beruf des Beobachters zu einem recht entsagungs vollen. Oft kann er Tage lang nur durch den
zu bestimmen , welche dem Luftdruck das Gleich-
gewicht hält. Das war der Ausgangspunkt der barometrischen Höhenmessungen . Auch in deren
unterirdischen Gang die Verbindung seines Wohn
hauses mit dem Beobachtungsturme unterhalten.
weiterer Entwicklung gebührt demselben Berge
Im Verein mit den Hochwarten auf dem Pic du
An ihm und in
Midi de Bigorre (2877 m) , auf dem Mont Ventoux
noch ein beachtenswerter Platz.
( 1912 m ), dem Mont Pilat ( 1434 m ) und der im m) Bau begriffenen Station auf dem Aigoual ( 1567 ) Vollendung . Das Beste, was der hochverdiente Er- in den Cevennen wird der Puy de Dôme immer ein forscher der Pyrenäen nach dieser Richtung ge- wichtiger Vertreter Frankreichs auf dem Arbeitsfelde
seiner Umgebung erreichten die trefflichen hypsometrischen Arbeiten Ramonds den Höhepunkt ihrer
leistet hat, ist sein thatsächlich noch heute unentbehrliches Nivellement des Monts
Dores et des
Monts Domes (Mém . de l’Inst. 1815 ).
Seit
1867 hat sich dann der Gedanke geregt, auf dem Gipfel im Interesse des Fortschritts der Meteorologie ein Höhenobservatorium
zu errichten .
Un-
der Meteorologie der höheren Luftschichten bleiben . Aber fesselnder als alle geschichtlichen Erinne
rungen und alle Fortschritte der Wissenschaft vom Luftmeer, an denen dieser Berg beteiligt ist, bleibt er selbst und der in Europa ganz einzige Ausblick , der sich von seinem Gipfel eröffnet. Man müsste
mittelbar nach dem Kriege wurden 1871 die Mittel Ausführung des dazu bereit gestellt. Ueber die Au Baus und die Einrichtung spricht sich näher aus
nach Java oder nach Mittelamerika gehen , um einen
G. Hellmann (Zeitschr. d . Pr. Stat. Bureaus, 1878).
reihe zu gewinnen. Man steht hier initten in der
in der Anordnung gleich vollkommenen, in den Dimensionen grossartigeren Anblick einer Vulkan
Nunmehr liegen bereits längere Beobachtungen 4 Meilen langen Reihe der Puys und übersieht aus vor ( 1879—1888, Met. Ztschr. 1890 ), welche durch | überlegener Höhe südwärts 25 , nordwärts 39 wunder den Vergleich mit der Fusspunkt-Station Clermont bar frisch erhaltene vulkanische Kegel . Da alle (388 m ) eine Würdigung des Klimas des Berges einzelnen um 2-300 m hinter der Höhe des Puy de
ermöglichen . Seine Temperatur bleibt im Jahres- Dôme zurückbleiben und ihre Anordnung sich nicht mittel ( 3,7 ") um 6,5 ° C. , im Januar nur 7,9 , im
April 8,5 hinter der von Clermont zurück .
streng an eine Linie, sondern an ein nur im ganzen dem Meridian folgendes System schwach diver
Der jährliche Wärmegang verrät die Neigung, seinen gierender Spalten bindet ( vgl . die Kartenskizze Höhepunkt im Gegensatz zu Clermont aus dem Juli nach dem August zu verlegen. Die Niederschläge sind in der Höhe natürlich wesentlich zahlreicher und ausgiebiger. Den 128 Regentagen Clermonts stellt der Berg 197 gegenüber, den 64 cm jährlicher Regenhöhe nicht weniger als 150. Auch die Periode der Niederschlagsverteilung verschiebt sich . Ihr Maximum fällt für Clermont ent-
schieden in den Sommer. Der Juniempfängt 15 12 ° sämtlicher Niederschläge, und wenn man das Jahr derartig in drei Teile teilt , dass die Monate Mai
bis September als Soinmer , November bis Februar
bei Michel Lévy a. a . O. 700), lässt die Vollkommen heit der Uebersicht kaum etwas zu wünschen übrig .
Die überraschende Wirkung und die unmittelbar zum Nachdenken zwingende Bedeutung dieses ab sonderlichen Anblicks ist zweifellos.
Ueber die
Schönheit wird man weniger einig sein . Chateau briand, ein begeisterter Verehrer der Landschaft um Clermont, fühlte sich auf dem Gipfel des Puy de Dôme enttäuscht. Die Vogelperspektive, in der man die ganze Landschaft hier wie eine Karte unter sich sehe, verflache - so meinte er -- das Bild und lasse alle Gegenstände einschrumpfen. Darin liegt etwas
als Winter , und die übrigen vier als Uebergangs - Wahres. Aber wenn irgendwo, hat hier die Ansicht monate zusammengefasst werden , entfallen auf der Berge von oben ihren augenfälligen Wert. diese 3 Abschnitte des Jahres 43'2 , 23 , 33'2 % . Man bemerkt sofort, dass nicht alle die einzelnen
Auf dem Puy de Dôme werden die einzelnen Jahres- Berghäupter dieser unruhigen Landschaft gleiche zeiten viel gleichmässiger mit Regen bedacht. Die Gipfelbildung zeigen . Weitaus die meisten haben vier Sommermonate erhalten 32 % , die vier Winter-
deutliche Krater , teils rings geschlossene regel
monate 3312 , die Uebergangsmonate 34 " . Das ' mässige Trichter, teils einseitig geöffnete , so dass
Eine Wanderung in der Auvergne .
58
sie einem Armstuhl gleichen und den Namen ver-
ein Haufwerk loser Auswürflinge. Dann stechen
dienen , den einer der nördlicheren wirklich trägt. Der
von ihnen besonders auffallend ab die geschlossenen
1
Puy de Louchadière heisst im ortsüblichen Dialekt Wölbungen der kraterlosen Berge vom Typus des (hier stehen wir schon auf südfranzösischem Sprachgebiete) lo chadeïro (d . i . kathedra). Aus solchen
Puy de Dôme. Sie bestehen aus einem festen
ströme thalwärts ziehen . Die wichtigsten des ganzen
Gestein von lichtgrauer oder weisser Farbe, in dessen Grundmasse glasige Feldspatkrystalle und namentlich schwarze Glimmerplättchen ausgesondert
Gebietes sindallerdings von hier aus nicht sichtbar. Es
liegen. Man hat dieses Gestein nach Leopold von
Breschen der Kraterränder sieht man vielfach Lava-
1
sind die beiden zusammen 24 qkm deckenden Ströme, | Buchs Vorgang Domit genannt. Schwerer konnte man über die Entstehungsweise dieser sich
welche der Puy de Côme ( 1255 m ) nordwestwärts
gegen Mazaye und Pontgibaud in das Thal der Berge einigen . Der Umstand, dass an mehreren Sioule niedersendete. Sie verriegelten das Thal und Stellen, am auffallendsten am Puy de Chopine, stauten seinen Wasserlauf zu Seen auf, deren Ent-
grosse Schollen von Granit und Glimmerschiefer
einen Fall einfach durch die
auf dem Domit ruhten , bereitete ernste Schwierig keiten. Heute ist man einig darüber, für diese
>
leerung nur in dem
Zerschneidung des Lavadammes kraft der Erosions-
arbeit des Abflusses erfolgte, während es bei dem
glockenförmigen Domit-Berge ein ruhiges Empor
anderen zu einer dauernden Ablenkung des Fluss-
quellen zähflüssiger, geschmolzener Gesteinsmassen
laufes kam . Diese beiden Lavaströme, namentlich der
anzunehmen . Jedenfalls sind sie
südlichere, die Cheire de l'Aumône sollen am frische-
den Lagerungsverhältnissen erkennt – älter als die
sten den abschreckenden Charakter dürrer kahler
basaltischen Kraterberge, die mit ihnen so eng ver eint sind ; vielleicht waren sie schon Zeitgenossen der Bildung des Mont Dore-Gebirges . Der Versuch einer Entstehungsgeschichte der Puys würde aus
Lavawüsten zeigen . Auch der grosse Lavastrom , der vom Puy de Nugere nordostwärts niederzieht und von den ungeheuern Steinbrüchen von Volvic
wie man aus
allmählich aufgezehrt wird, ist vom Puy de Dôme gehen müssen von dieser Scheidung zwischen der aus nicht zu übersehen . Dagegen erkennt man vortrefflich den Verlauf der Lavafluten des kleinen Puy de Dôme und des Puy de Pariou. Als wüste
ältesten Reihe domitischer Massenergüsse und den jüngeren Stratovulkanen , die teils unmittelbar sich auf halb zerstörten domitischen Fundamenten auf
Streifen ziehen sie in düsterer Färbung zwischen den
bauten , teils wie jüngere Trabanten zwischen und
Saatfeldern der Hochfläche dahin und ergiessen sich gleich Bächen der Bodenneigung folgend in die Thalschluchten, welche den Ostrand des Granit-
um die alten Domitkuppen sich anordneten , zumal um den Puy de Dôme, der immer die beherrschende Gestalt dieses Vulkangebietes blieb. Mit dem mannig fachen Bilde der bewegten Linien dieser Feuerberge
--
massivs einkerbend gliedern. Wie man in den Hoch-
alpen beim Eindringen in ein Thal der Hauptkette stehen in merkwürdigem Gegensatz die einförmige, immer darauf rechnen kann , im Hintergrunde auf ärmliche Hochplatte, aufder sie fussen , und andererscits >
einen Gletscher zu stossen, so erwartet den Wanderer, der aus dem Allier- Thale gegen die Puys ansteigt, - er mag diese oder jene Thalnische zum Anstieg wählen - fast immer in ihr der Anblick eines Lavastromes .
das Fruchtgefilde der Limagne samt Clermont. Den Horizont umsäumen im Osten die sanften, aus
druckslosen Umrisse der Höhen des Forez , im Südwesten die Berge des Mont Dore, von deren >
geschlossenem , nur in den Gipfelzinnen sich gliedern
Mit der überwiegenden Menge von Bergen, die ihre Gipfel in Kraterschlünden öffnen undlange Lava-
dem Aufbau die näherliegende Banne d'Ordanche mit
ströme entlassen, stehen nun in auffallendem Gegensatz
Der Abstieg über die sehr steile Nordseite des
wenige durchaus anders gestaltete : so der Puy de Chopine, der Puy de Sarcouy und namentlich der
Puy de Dôme führt sofort zu den jüngeren Strato vulkanen , zunächst zu dem Hennennest (Nid de la
einseitigem Steilabfalle sich ablöst.
Puy de Dôme selbst. An ihnen ist nicht die Spur poule), dem durch diesen Namen entsprechend eines Kraters wahrzunehmen . Sie sehen , wie die Hirten dieses Berglandes sagen, aus wie umgestürzte, mit dem Boden nach oben gekehrte Kessel. Ihnen fehlen
charakterisierten Krater des kleinen Puy de Dôme.
Lockere Schlackenmassen , die bisweilen noch die Spuren der Rotation tragen, mit der sie im weichen Zustande dem Krater entstiegen, bilden ansehnliche
ferner Lavaströme durchaus. Auch ihr Gestein ist völlig verschieden von dem der Kraterberge. Diese Halden . Weiterhin spannt eine Rasendecke sich sind aufgebaut aus einer Reihe engverwandter Erup- über die einzelnen Gipfel. Ein übergraster Buckel tivgesteine: Basalt, Labradorit, Andesit. Lévy fand, reiht sich an den anderen . Nur sehr wenige nörd dass die westlich gerichteten Lavaströme fast durch- lichere Gipfel haben noch Reste ihrer Waldung be weg labradoritisch sind, von den östlichen nur wenige. wahrt, während jenseits des Puy de Dôme die Die nordöstlichen , der von Volvic und der des Pa-
riou, bestehen aus einer porösen , grauen, auffallend leichten Andesitlava. Der bei Royat endende Strom besteht wie viele andere aus Basalt.
In den Vulkan-
kegeln selbst treten diese Gesteine vielfach auf als
Südhälfte der ganzen Reihe noch ziemlich gut bewaldet erscheint. Die Waldverwüstung an den Puys mag alt sein . Schon Sidonius spricht nicht von den Wäldern , sondern von den Triften dieser Berge. Das lohnende Ziel der leichten Wanderung
1
Die Astronomie der alten Chaldäer.
59
über diese Hochweiden war der Puy de Pariou Scheitel eines schroffen Burgberges, des Mont Rog ( 1210 m ) , den die grossartigste Kraterbildung aus- non (573 m). Sein schmaler Scheitel wird von zeichnet, ein wunderbar regelmässig, wie auf der Drehbank, ausgehöhlter Trichter von 93 m Tiefe.
In dem alten Feuerschlunde graste friedlich eine Rinderherde. Diesem vollkommensten Beispiel eines Kraterberges ist unmittelbar benachbart und von ihm aus sehr schön übersehbar der reinste
Typus eines homogenen, massigen, kraterlosen Vulkanes : der berühmte Puy de Sarcouy, dessen vollendete Kuppelform die Geologen so viel beschäftigt hat. Der Rückweg vom Pariou gegen die Stadt führte uns überraschend in ein kleines, zu Schiess : übungen bestimmtes militärisches Lager, das wir eilends durchschritten . Erst jenseit seiner Schanz-
dem Rest einer alten , ehemals weit ausgebreiteten Basaltdecke gebildet. Der kecke, spitze Berg ist dem Bau nach ganz verwandt mit dem breit ausge
spannten , nahe gegenüberliegenden Plateau
von
Gergovia, dessen Tertiärschichten schützend einge deckt sind von einer widerstandsfähigen Basaltplatte. Die auf ihr einst thronende Keltenstadt ( 744 m ) ward durch die Steilheit der allseitig schroff ab setzenden Wände des Massivs eine grosse natürliche Feste. Mehr daran als an der Kriegsmacht der Kelten scheiterte hier Caesars Kriegsglück . Selten
lassen geschichtliche Erinnerungen sich so genau wie hier mit örtlichem
Verständnis beleben .
Aber
uns beschäftigten – es sei ehrlich gestanden -, als
gräben auf freier Landstrasse ( route de Limoges) konnten wir uns wieder unbeschränkter umsehen.
wir von dem steilen Abstieg durch unwegsame Weinbergterrassen uns im » Café Vercingetorix « zu
Die Strasse führte durch die Cheire, das Lavafeld des Pariou . Ein Dorf Orcines einen Granithügel, an dem sich die Lavaflut Brandung staut. Bald teilt sie sich bei dem
Romagnat bei einer Flasche Landwein erholten , weniger die Schatten der vor dieser riesigen Basalt bastion niedergesunkenen Legionare, als vielmehr die Pläne für den folgenden Tag : für den Ausflug nach
grosse krönt wie in Weiler
La Barraque, um ihre Endzungen in zwei hier sich scheidenden Thälern des Plateaurandes hinabzusenden .
dem Mont Dore. (Schluss folgt.)
Am Ende jeder sprudeln kräftige Quellen . Wir schlugen die südlichere Bahn ein längs einer alten Römerstrasse, die bei Villars den Plateaurand erstieg,
Die Astronomie der alten Chaldäer. ' )
und empfingen , im Thalgrund durch einen prächtigen
Von Fritz Hommel (München .
Kastanienhain schreitend, recht lebhaft den Eindruck der langen Dauer der vulkanischen Ausbrüche. Die
Lava unter unseren Füssen war ein junges Produkt ; ihr Fluss hatte schon diesen Thalgrund vorgefunden und ihn als Bett gewählt. Fünfzig Meter über uns
III. Die übrigen Sterne. a) Nordpolarstern ; Bahnen des Anu, Bel und Ea ; der Sibzianna- und der Wagenstern. Um das Jahr 3000 v. Chr. Geburt und noch
aber fanden die Wände des Thales ihren Abschluss
in einer mächtigen, in kleine Säulen gegliederten geraume Zeit nachherbefand sich der Nordpol gerade Basaltdecke weit höheren Alters.
Sie war offenbar
älter als das Thal, dessen Aushöhlung ihren Zu
sammenhang unterbrochen hatte (Abbildung bei Poullet-Scrope 105). Je offener das Thal nach ab wärts wurde, desto freier erschloss sich der Blick
zwischen dem grossen und kleinen Bären . Wenn man vom Stern a . des grossen Bären durch den Stern ß des kleinen Bären eine Linie zieht und
diese dann nach dem Wega (masc., d. i. dem »fallenden« , scil. Adler) zu verlängert, so befindet sich da, wo diese Linie den Drachen schneidet
auf die der Umgebung von Clermont. Bald tratWeingärten andie Stelleihres entzückenden Gesamt: (etwa zwischen 5 und êò Draconis ),das Centrum bildes die Beschränkung des Umblicks zwischen
oder der Nordpol der Ekliptik . Zieht man von letzterem als Mittelpunkt aus einen Kreis, dessen
den hohen Gartenmauern . Diesem unerwünschten druck entrückte uns schnell die elektrische Peripherie die Sterne 0. des kleinen Bären (unsern Vorstadtein
Bahn nach der freundlichen Stadt. Clermont und Nordpolarstern) und .. Draconis (den Nordpolar stern um 3000 v. Chr. Geburt) berührt, so hat seine Umgebung boten noch viel Lockendes. Aber
man zugleich die Bahn, innerhalb deren alle 26 000
uns winkten noch fernere Reiseziele . So wid meten wir der anziehenden Stadt und ihren Samm
Jahre der Nordpol des Aequators (oder schlechthin
lungen nur den nächsten Morgen. Der Nach
Nordpol) wieder die gleiche Stelle einnimmt. Denn des Aequators bewegt sich um den Pol
der Pol mittag gebührte unvermeidlich dem alten Gergovia . der Ekliptik, wenn auch unmerklich langsam , aber Der Weg (route de Bordeaux) durch das herrlichste doch immerhin so, dass er in 5000 Jahren einen Rebland der Limagne kreuzte zwei Lavaströme,die Bogen von a Draconisbis a.des kleinen Bären durch vom Puy de Gravenoire , einem jungen Vulkan am vordersten Plateaurand, niederziehen und ihren
Verwitterungsschutt zu glücklicher Mischung mit dem Süsswasserkalk des Tertiärbeckens darbieten
als Grundlage ertragreichen Weinbaus. lich übersehen
wir dieses
Vortreff
fruchtbare Land
vom
laufen hat. Mit dieser Veränderung des Nordpols hängt dann auch die Veränderung des Frühlingspunktes im 1) Die beiden ersten Mitteilungen des Autors über diesen Gegenstand sind im Jahrgang 1891 des » Auslanda (Nr. 12 f. u . 20 f.) erschienen .
Anm . d . Red .
60
Die Astronomie der alten Chaldäer .
.
Tierkreis zusammen ; vor 5000 Jahren stand die | nannt) ; in der ägyptischen Mythologie entspricht Sonne am 21. März in der Nähe der Plejaden , um Chr. Geburt im Widder, und heute bereits in den Fischen .
Das Verdienst, in dem
babylonischen Stern-
ihm der Gestalt wie dem Namen nach der oberste
der grossen Neun -Götter, Nu oder Nun .
Es ist
also ganz klar und begreiflich, dass der Punkt, um welchen sich der ganze Himmel dreht, der Nordpol
namen Musir-sar-da (sprich Musir-sadda) oder, wie (das »festgebundene Joch « oder die » Königskrone«, ihn die babylonischen Gelehrten später lasen,
wie das oben erwähnte Musir - sadda von den baby
Musir-kisda, dem »Grossen Gott Anu des Himmels,«
lonischen Gelehrten glossiert ward), mit dem
beziehungsweise dem » Joch des Himmels « , den Nordpol (und zwar den der Zeit cirka 3000 v. Chr., a draconis) erkannt zu haben, gebührt A. H. Sayce
Gotte Anu, dem Himmel selbst , identifiziert wird.
Der Gott Bel (d . i . » Herr«, hebr. ba'al), oder, wie er auf sumerisch heisst, In -lilla, d. i. » Herr der
(Babylonian Mythology, p . 291 1. Anm . 1 ). Sayce
Luft « ,') ist der Sohn des Anu ; er ist der Gott
sagt unter anderem daselbst : » der Himmel wurde
des sichtbaren Himmelsraumes, über welchem
von den Babyloniern als ein zweites chaldäisches
Sterne thronen, wird aber deshalb oft geradezu mit
Tiefland betrachtet, über welches die Sonne ihre Bahn längs der Ekliptik, der » Furche des Himmels,« pflügte. Der Polstern war ihr Joch (dazu die An-
merkung auf S. 291 , wo die betreffenden Stellen
die
Anu, dem Himmelsozean, verwechselt, so dass er
in gewissem Sinn als ein Doppelgänger desselben aufzufassen ist . In der ägyptischen Mythologie entspricht ihm der Gott Schu, der Sohn des Nun
der keilschriftlichen Litteratur angeführt werden ),
und die zweite der neun Hauptgottheiten , die ganz
und Juppiter, der nächste der Planeten an der Ekliptik,
die gleichen Funktionen hat. Bels Gemahlin ist
war bekannt als Lubat-Gudibir, d . i . der Widder
Nin -lilla (Herrin der Luft) oder Ba’u (Himmels
oder Planet des Lichtstieres (das ist eben der Sonne]. ozean , Urwasser, hebr. Bohu ), die Göttin der himm Der Lichtstier (Gud -bir) war also selbst der Pfüger der himmlischen Gefilde, der Sonnengott, der seine stetige
lischen Wasser über dem Luftkreis, die Tet -nut der Aegypter. Ea endlich , ursprünglich In -ki » Herr
Bahn durch die Himmelszeichen dahinschritt, gleich
der Erde« (und der unterirdischen Gewässer, zugleich
dem geduldigen Ochsen , der den Plug durch die aber auch Felder hier unten auf Erden zieht.
Unter diesem
des Teils des himmlischen Ozeans,
welcher sich unter dem Horizonte befindet ), auch
speziellen Namen war Merodach, wie versichert Dugga (auf neusumerisch Zibba oder Sibba ), der wird, eben als der Sonnengott in seiner Bewegung durch die zwölf Tierkreiszeichen des Jahres bekannt .
Sancy, unsere Richtung schnurgerade, ohne Weg und Steg, auf den lac Pavinzu, niedersteigend über
so erschliesst sich eines der schönsten Bilder dieses
die ziemlich ärmlichen Weidegründe der sanft ge-
Berglandes : im Vordergrunde der See, dahinter das
kleinen Berges hinaufgestiegen auf seinen Scheitel,
neigten Lehne. Die Wanderung führte vorüber an Mont Dore-Gebirge, malerisch um den Hintergrund einem »buron « , einer unsagbar armseligen , aus
des Thales Chaudefour aufsteigend zu den beherr
Steinen roh aufgesetzten , mit Rasen gedeckten und, schenden Gipfeln . Am nördlichen Thalrande über wo Mauerritzen klafften, auch seitlich mit Rasenpolstern
dem See enthüllt eine jäh abbrechende Wand, » der
verschlossenen Hirtenhütte. Fast zwei Stunde Stundenn ver verrannen, ehe wir vom hohen Thalrand der Couze
Jungfernsprung« (le saut de la pucelle), eines der
den jenseits dieses Baches in die Flanke eines Vul-
Folge der Ereignisse ablesen, welche die Massen
interessantesten Profile.
Kann man an ihm
die
kanes eingelassenen See in geringer Entfernung über- | eruptiver Stoffe häuften, in denen nachher das sahen . Wie ein tief unter buschigen Brauen liegen- Flussthal ausgegraben wurde, so gibt über die des, schwarzblaues Auge war sein nahezu kreisrunder
jugendliche Entstehung des Vulkans, der das Thal
Spiegel umfangen von dem Rahmen des Gehängessperrte, die Menge von Pflanzenresten Auskunft, des Puy de Montchal.
Aber nicht nur aus den
welche an der Sohle des Vulkans unter seinen Aus
sanft geneigten Basaltdecken dieses Vulkanes ist der
würflingen in thonigen Schichten sich vorfindet.
Hohlraum des Beckens scharf herausgeschnitten , An einem Kreuzwege, in geringer Entfernung west sondern der grösste Teil seiner ansehnlichen Tiefe
lich vom Dorfe Murols, sammelten wir in kaum
(95m ) sitzt bereits im Gneis, der unmittelbar am einstündigem Suchen eine Mengevortrefflich er Seeufer ansteht . Der düstere, von ernsten Sagen haltener Abdrücke von Baumblättern, meist von umwobene See mit seiner steilen waldigen Umwallung ist ein überaus eindrucksvolles, zum Ver-
Buchen, aber auch Eichen und anderen Holzpflanzen ,
weilen ladendesLandschaftsbild, ein Explosionskrater von typischer Bildung (vgl. Vimont. Annales du Cl .
Reste der Waldung, welche vor dem Vulkanausbruch dieses Thal erfüllt hatte. Andererseits lehnen sich Spuren einer · vorgeschichtlichen Ansiedlung bei
Alp. Fr. I. 1874). Der Montchal hat in das Thal der
Neschers derartig an den Rand des Lavastromes
Couze einen mächtigen Lavastrom ergossen, der
des Tartaret, dass sie seine Existenz schon zur
eine Strecke weit in voller Geschlossenheit erhalten
Voraussetzung haben .
Ausland 1892 , Nr . 6.
Von der Höhe des noch I2
86
Eine Wanderung in der Auvergne.
in Ruinen grossartigen Schlosses Murols (929 m ) warfen wir gegen Mittag noch einen Scheideblick auf dieses fesselnde Vulkangebiet, dem die Morgen-
wanderung gegolten hatte, ehe wir hinabstiegen nach dem überaus anmutig in der Krümmung eines
Thalgrundes eingenisteten Dorf S. Nectaire. Seine spärlich besuchten Heilquellen, seine viertürmige romanische Kirche auf dem steilen Thalrande, den
am Ostende unter der Blockschüttung des Lava dammes, der steile und doch mit lockerem Grus
bedeckte Berg im Westen (Puy de la Rodde) – Alles wird so anschaulich und sinnig beschrieben, dass man jeden Zug der Schilderung wiederfindet und auch ohne den Namensanklang (Avitacum = Aydac, so früher statt Aydat) gern die Gleichsetzung dieses Sees mit dem von Sidonius gepriesenen annehmen -
ein Haus so wunderlich überkleidet, dass das vierte würde. Nur in einem Punkte besteht eine kleine Stockwerk seiner Front dem Parterre der Rückseite entspricht, und als Zeuge der vorgeschichtlichen Be-
Schwierigkeit, über welche der neueste Vertreter dieser Ansicht, der Abbé Régis Crégut, etwas zu
siedlung ein grosser Dolmen waren den kleinen
leichtfüssig hinwegschlüpft. Sidonius gibt seinem
Abstecher wert.
See eine Länge von 17 nautischen Stadien . Crégut
Nur hatte er uns etwas unzweck-
mässig abgelenkt vom besten Wege nach unserem
findet
nächsten Ziele .
Stadium messe 162 m , und eine genaue Aufnahme
das vollkommen
treffend.
Das
nautische
Wir wünschten noch das Südende der Kette
einer Uferlinie mit allen Biegungen führe wirklich
der Puys mit dem grossen Lavafelde, das den lac
auf nahezu 3 km . So einfach erledigt sich die
d'Aydat aufstaut, kennen zu lernen.
Sache nicht .
Das
wäre
Es kann keinem Zweifel unterliegen
von Murols aus recht leicht erreichbar gewesen. (Hultsch , Metrologie , 2. A. , S. 82) , dass dies Eine gute Strasse umgeht oder kreuzt dort ohne nautische Stadium dasselbe ist, welches das Itinerarium Beschwerde die Wurzeln zweier Thäler, deren auf Maritimum für Seewege anwendet. Es ist, ganz 100—150 m vertiefte Rinnen wir nun in wieder wie es sonst die Römer messen , der achte Teil ihrer holtem Auf- und Abstieg auf dem ungewöhnlichen Meile, also das attische Stadium von 185 m . Eine
Gange von S. Nectaire nach Aydat zu queren Längenangabe von 17 Stadien = 3145 m passt dann hatten. Die Sonne hatte kräftig gebrannt. Wir waren recht froh , als wir endlich , auf der letzten Schwelle des Plateaus angelangt, das schöne Becken
auf den lac d’Aydat durchaus nicht. Er misst von West nach Ost nur 1400 m und kann, auch wenn wir ihm für die Zeit des Sidonius eine grössere
des lac d'Aydat zu Füssen liegen sahen in einem Ausdehnung bis ans Dorf Aydat zugestehen wollten , breiten freundlichen Thale, dessen jenseitigen Rand
nicht länger gewesen sein als 1700 m . Das Fehlende
die waldigen Höhen der südlichsten Puys krönten. Die Sonne war schon gesunken, als die kühlen Fluten des Sees uns den Staub der Wanderung von
aus den Einbuchtungen und Vorsprüngen der Ufer linie herauszuschlagen, um auf Sidonius' Ziffer zu kommen , ist nicht nur unstatthaft, sondern auch ,
den Gliedern spülten. Der lac d'Aydat (60,3 ha,
wenn man es versucht, unmöglich.
825 m) ist der grösste der 15 Seen der Auvergne. Er liegt etwas tiefer als die meisten anderen . Auch
scheint jeder Zweifel an der Identität von Avitacum und Aydat ausgeschlossen, und an der richtigen
Dennoch er
die geschützte Thallagebegünstigt eine frische Ueberlieferung der in Worten ausgeschriebenen Entwicklung der Laubwäldchen , ein frohes Ge-
Zahl in
deihen der Saatfelder, die seine Ufer säumen .
nicht leichthin zweifeln .
Nur
den
Sidoniushandschriften
möchte
ich
Ueberlese ich noch einmal
den Lavadamm am unteren Ende deckt dürftiger
die Worte : » ipse autem (lacus) secundum mensuras quas ferunt nauticas in decem et septem stadia pro der Ufer erinöglicht eine leichte Ausnützung des cedit«, so scheint eine andere Möglichkeit nahe zu ansehnlichen Fischereiertrages (2500 kg im Jahr). liegen . Die Ausmaasse des Sees wären mit 10 Stadien Etwas abgelegen von den belebteren Strassen ist für die Länge und 7 für die Breite annähernd richtig das Ufer dieses Sees eine unübertreffliche Sommer- angegeben. Die Worte sind zweideutig gewählt. Man frische, wie geschaffen zu behaglicher und doch könnte sagen : absichtlich , wenn der Schreiber nicht nicht gedankenloser Ruhe nach ernster Arbeit. ein Heiliger wäre. Wunderbarerweise ist erst ganz neuerdings am Anziehend wäre es gewesen, dem Abflusse des schönsten Platze des Nordufers in Sauteyras ein Sees zu folgen, zu sehen, wie er, von den durch kleines, nettes Hotel errichtet worden . Das Altertum höhlten Lavamassen aufgesogen , ganz verschwindet Kieferwald .
Das vorherrschend sanfte Einschiessen
verstand besser die landschaftlichen Reize dieses
und dann in einer Menge kräftiger Quellen eine
Sees zu würdigen . Zu den anmutigsten Landschafts- Wiedergeburt erfährt. Aber unser Ziel war Clermont. schilderungen , die
uns hinterlassen , gehört
Auf einer neuen Strassenanlage durchschnitten wir
das Gemälde einer Villa am See von Avitacum in
in 1600 m Breite die Cheire, den riesigen Lava
einem Briefe des Sidonius Apollinaris (II, 2). Der
strom , welchen die südlichen Puys, namentlich
es
muntere Bach, der ihm zuströmt, der sumpfige der Puy de Lassolas und der Puy de la Vache Grund am oberen Seeende, die bald sanft, bald mit
ergossen
haben .
Nur
langsam
bewältigt
malerischen Steilrändern zum See abfallenden Ufer, erobernd vordringende Vegetation die die die aus festen Gesteinsblöcken aufgebaute Insel in Mitte seiner Wasserfläche, der verborgene Abfluss
die
nackten
schwarzen Lavahaufen , die bald in wirrer Vereini
gung weite Flächen decken , bald übersichtlich sich
Die Astronomie der alten Chaldäer .
87
gliedern in lange Wälle , zwischen denen ebene, | kudurrî-uçur II. (2,36 und 3,21 ) erwähnt)? Auch dem Gras- und Baumwuchs zugänglichere Mulden
liegen. Die Karte zeigt, wie dieses 8-9 qkm grosse
ein früherer König, Kassu -nadin -achi (c . 1060) scheint 4,46 genannt zu sein . Die Bilder, und auf diese
Lavafeld das Wassernetz des Landes teils verändert,
kommt es
teils wenigstens verdeckt . Die Lavaflut folgte einem vorgefundenen Thale, dessen Wasserlauf (von NW) mit der Veyre , dem Bache von Aydat ,
gleichen wie auf B (Caillou de Michaux ), nur dass
(aus SW ) unter rechtem Winkel sich vereinigte. Sobald der Lavastrom die Stelle des Wasserlaufes
eingenommen hatte , dämmte er die Seitenbäche , den von Randanne, den von La Cassière, schliesslich selbst die Veyre auf zu Seebildungen , deren Wasser er langsam aufsaugend verborgen abfliessen liess. Nur der lac d'Aydat ist ein beständiger See. Die beiden kleineren weiter nordwärts füllen sich nur im Herbst zur Zeit der stärksten Niederschläge
und entleeren sich dann allgemach durch die unterirdischen Abflüsse.
uns ja am
meisten
an , sind ganz die
wie auf A und D statt der Fischschwanzziege die Schildkröte erscheint. 9. Tafel des Berliner Museums, datiert aus dem 28. Jahre des Königs Nabu -pal-idinâ (c . 870 bis 830, also c . 832 v . Chr.) und dem 11. Jahre seines Nachfolgers Marduk -shum - idinâ ( c . 819), also 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts ; danach ist also die Zeitangabe in Artikel II ( 1891 , Nr. 20 ) zu
korrigieren . Siehe die Beschreibung der Bilder ebenda S. 405 .
10. Der sogenannte Sargonstein des Berl . Mus ., datiert aus dem 2. Jahre seines Vorgängers Salman asser IV. (725 v . Chr.) und dem 11. Jahre Sargons
Vor La Cassière betritt man wieder den Granit. (70 v. Chr.); siehe Art . II (Nr. 20 ), S. 404. Aber noch mehrfach sahen wir ihn auf der weiteren
Wanderung von neuem verschwinden unter Lavadecken .
Am Rande einer solchen brechen die
kalten Quellen von Fontfreide hervor, in dessen Nähe ein der pierre de Volvic völlig ähnliches Gestein , eine gut zu bearbeitende Andesit-Lava gewonnen wird . Vom Weiler Pardon, der nahezu 1000 m
II . Der schon oben zu Nr. 3 erwähnte Ber liner Merodach baladan -Stein ; siehe Art. II (Nr. 20), S. 404. Endlich 12. das Fragment der Berliner Museen ( VA. 211 ), ebenda (S. 404, Anm . 1 ) erwähnt und chronologisch noch unbestimmt.
Zu der Auseinandersetzung über die Saat- und
hoch liegt, senkte sich dann der Weg beständig Erntezeiten in Babylonien (Schluss von Art. 1 , in bis an den gegen die Limagne abbrechenden Rand Nr. 14, S. 271 ) ist nachzutragen , dass die auf die des grossen Plateaus. Wir erreichten ihn am Puy erste Aussaat (Dez.) folgende erste Ernte nach de Gravenoire. Von seinen Flanken , die in einem Oppert ( siehe Jensen , Kosmol., S. 500) Februar grossen Aufschluss eine ungeheuere Anhäufung braunroter Lapilli entblössen , übersieht man das
März (Adar) stattfand, wodurch also der Name dieses Monats ( » Erntemonat«) seine genügende Er
schöne Gefilde, in das einst seine Lavaströme niedergingen . Sie liegen heute geborgen unter den
klärung findet . Dagegen behält der von mir aus den Namen für Tammuz (Aussaat-Monat) und Elul
Rebstöcken, die den ganzen Abhang gegen Clermont ( »Aehre der Göttin Istar« ) gezogene
Schluss,
wonach diese Namen nur für eine Zeit, da die
in dichten Reihen überkleiden . An einem schattigen Platze, der dieses gesegnete Land schön übersehen
Sonne am
liess, sättigten wir uns noch einmal an dem Ge-
seine volle Giltigkeit, und ich möchte im Zusammen
1. Nisan im Zeichen des Krebses stand ,
samteindrucke dieses Gartens des Arvernerlandes, hang damit noch darauf hinweisen , dass die ägyp ehe wir in die Gassen seiner Hauptstadt nieder-
tischen Dekanlisten stets mit dem Zeichen des Krebses,
stiegen , um von diesem Stück französischer Erde
nicht etwa mit den Plejaden , beginnen, worin eine
Abschied zu nehmen.
uralte aus der babylonischen Heimat der Aegypter herübergebrachte Erinnerung erhalten zu sein scheint. Wir hätten damit die sumerische Kultur bis c. 7000
Die Astronomie der alten Chaldäer . Von Fritz Hommel (München ).
v. Chr. zurückverfolgt. b) Die lumashi- und tikpi-Sterne. ( Fortsetzung .) Die astronomischen Listen der Babylonier ent 5. Brit . Mus. Nr. 106 ( vielleicht auch Nebukadrezar I.) der in Art . I sub Lit. D beschrie- halten unter anderem zwei Verzeichnisse von je bene Stein . sieben ( einzeln auch sonst in den Texten begeg 6. Caillou de Michaux in Paris, (wahrscheinlich nenden) Fixsternen , welche sie die lu -ma - shi Anfang der Regierung Marduk -nadin -achis), der Sterne (worin vielleicht lu unausgesprochenes in Art. I sub Lit. B beschriebene Stein .
7. Brit . Mus. Nr. 105 ( 10 -Jahr Marduk-nadinachis, c . 1117 v. Chr.), Lit. C. in Art. I. 8. Brit. Mus. Nr. 102 (5. und 22. Jahr des Nabuukin-apli, um 1000 v. v Chr., also etwa Ende, des
beiden Namen » Nabu-ukîn-apli und Nindar-kudurrî-uçur, König«
11. Jahrhunderts); auf dem gleichen Stein wird auch das 2. Regierungsjahr seines Nachfolgers Nindar-
annehmen dürfen , dass auch der Sohn und Nachfolger Nabu ukîn -aplis Nindar-kudurrî- uçur geheissen hat .
1) Auch der dritte Vorgänger des Nabu -ukîn -apli hiess Nindar-kudurrî-uçur; doch da 4,42 von einem » Nindar-kudurrî.
uçur, Sohn des Königs « die Rede ist und der Stein mit den
(in dieser Folge, nicht etwa umgekehrt) schliesst , so wird man
Die Astronomie der alten Chaldäer.
88
Determinativ ist) und die tikri-Sterne nennen . Wir
ständlicher Weise auf den Orion für dieses Gestirn
sahen schon oben , dass in dem Teil des Welt- hinweist ; es heisst nämlich 3. Rawl . 53 , Nr. 1 , schöpfungsepos, welcher von der Erschaffung der 2. 71 : »der Stern der schwangeren Frau, welcher Gestirne handelt, zuerst von diesen lumashi- Sternen zwischen dem shibu -Stern (das ist aber die semitische die Rede ist, dann erst von den 36 Dekanen , den Uebersetzung des sumerischen shugi) und dem eigentlichen Ekliptikalsternen.. » Schön machte er Anu-Stern steht«, wozu die Glosse gefügt ist : » der die Standorte der grossen Götter (am Himmel), das Anu- Stern ist hier der Widder « . Dass hier unter heisst: des Anu, Bel und Ea , Sterne gleich wie sie, der schwangeren Frau nur die dem Widder nächst die lumashi, setzte er ein ; er kennzeichnete das benachbarten Plejaden, dann aber selbstverständlich Jahr mit allen Bildern, die er machte, ( für die) zwölf unter dem Scheich (denn das ist die Bedeutung Monate Sterne, (je) drei an Zahl, setzte er eina , von shugi und shibu ) nur der Orion gemeint sein so beginnt die fünfte Tafel. Die Namen der sieben kann , leuchtet ein . Auch die übrigen dort folgenden
lumashi, die an zwei verschiedenen Stellen der Zeilen sind von Interesse : » die Zwillingssterne, die astronomischen Texte immer unmittelbar nach den sieben tikpi -Sternen aufgeführt werden , sind nun folgende: 1. Kakkab ') shu -gi (d. i. » Alter, Scheich « ).
2. Kakkab ud -ka-gab-n (d. i . »maulaufsperrende Bestie« ). 3. Kakkab sib -zi- anna (d. i . »treuer Hüter des Himmels « ).
vor dem Gott Anu stehen , hier ist Anu der Stern
Allul ( sonst Delphin ); der Stern der schwangeren Frau, der vor dem Gotte Bel nach Osten zu gelegen
ist (?) , entspricht dem Shugi-Stern; der Stern , der hinter ihm steht, ist der In -tinnina -bar-shigga (wozu als Glosse : der Stern J. der Stern Allul) « . Dazu ist folgendes zu bemerken : mit den Zwillingen vor Anu waren wahrscheinlich die beiden helleren Sterne
4. Kakkab kak -si -di (d . i . » nördliche Waffe« ). des Kleinen Bären (die » zwei Kälbchen « der Araber) 5. Kakkab in - timinna -bar-shigga (d.i. »Schwanzstern « ?), auf semitisch chabaçirânu genannt .
6. Kakkabia-chu (d. i. ia-Vogel, Adler, semit. irù ). 7. Kakkab pab-bil-sag. Von diesen Sternen waren bisher nur der Sib-zi-anna durch Epping als in nächster Nähe von der Zwillinge, wenn nicht gar mit diesem
vor dem Nordpol (Anu) gemeint, und nur der Glossator hat dieser Stelle durch seine Bemerkung » Anu hier = Allul« eine andere, uns noch unver
ständliche Deutung gegeben ; dagegen ist das fol gende klar, wenn wir annehmen, dass es noch einen anderen Stern der schwangeren Frau gab , die
identisch, bekannt, und etwa noch der Adlerstern ,
Wega, der, wenn er aufgeht, östlich vom Nordpol der Ekliptik steht, hinter dem der Deneb sich be
falls man, was von vornherein wahrscheinlich , diesen
findet, und dessen Gegengestirn auf der andern
letzteren mit dem schon von Griechen und Arabern
Hälfte des Himmels in der That der Orion ist .
» der fliegende Adler « (daher unser Atair, arab. at-
Das Wort, das ich mit »entsprechen
tâir » fliegend« , im Sternbild des Adlers) genannten
habe, wird öfter vom » entsprechen eines Gegen
Stern identifizierte. Weiter unten werde ich zeigen, dass Shugi (auch semitisch Shîbu » Scheich «, wörtl . » Greis« ) der Orion, Kak - sidi ( semit. k. mishrû d . i . » nördlicher« Stern) der Prokyon , und In-timin -bar-
gestirnes« gebraucht. Aber noch eine andere Bestätigung für Shugi
shigga (auch En -te-na-mash-lum nach allzu mechani-
scher Transskription) der Deneb (arab. dhanab
übersetzt
= Orion gibt es jetzt in einem kürzlich von Pater
Strassmaier (Zeitschr. f. Assyr. 6, 241 ) edierten Täfelchen aus dem Jahr 138 v. Chr. Dort heisst es nämlich von den Sternen Shugi und Kak-ban
» Schwanz«) ist. Da wir dadurch eine fortlaufende (letzterer, der Bogenstern , nach Eppings Berechnung der Sirius !), dass der erstere am 4. Kislev unter und am 24. Ijar aufgeht, während der letztere (der 3. y der Zwillinge, 4. Prokyon, 5. Deneb, 6. Adler, :) | Sirius) am 19. Arachsamna (Marcheschwan ) unter
Reihe bei wenigstens fünfen von den sieben lumashiSternen gewonnen haben , nämlich I. Orion, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass auch die
und am 12. Sivan aufgehe. In diesem interessanten
Nummern 2 und 7 innerhalb dieser Reihe stehen, also Ud -ka -gab-a irgendwie zwischen Orion und
Text, der zuerst von den Feiern des längsten Tages (11. Tammuz) und der längsten Nacht (3. Kislev)
y der Zwillinge und Pa-bil-sag östlich vom Adler (mit andern Worten irgendwo zwischen Adler und Orion), und dass die Anordnung der ganzen Liste
eines Elulschaltjahres in den beiden grossen Tempeln
keine zufällige, sondern eine nach der Folge der
klagen um den Gott Tammuz (Adonis) im Monat
betreffenden Sterne am Himmel längs der Ekliptik ist .
Tammuz und um den Gott In -mi-sharra (= Nergal,
Was nun zunächst den Shugi-Stern anlangt,
den Gott des Totenreiches und des Pflanzenwachs
so gibt es eine Stelle, welche uns in unmissver-
tums ! ) im Monat Tebet 1) spricht, werden von allen Sternen gerade nur der Shugi und der Sirius, offenbar als zwei von ganz besonderer Bedeutung,
1) Babyl. kakkabu (arab . kaukab, hebr. kokabh) heisst » Stern « und wird künftig nur durch k . abgekürzt werden.
2) Man beachte, dass der Deneb eher als der Adler aufgeht, also auch vor diesem bei einer Aufzählung genannt werden musste .
von Babel und Borsippa, I- sagilla und I-zidda, handelt, im weiteren Verlauf auch von den Toten
1) Wenn kein zweiter Elul eingeschaltet wird , dann ent spricht dem längsten Tag (21. Juni) Anfang Tammuz, und der längsten Nacht (21. Dez.) Anfang, bzw. Mitte Tebet.
Die Astronomie der alten Chaldäer.
89
erwähnt und dabei der heliakische Auf- und Unter- » wildes Tier, Drache « vorliegt , wie ja überhaupt gang mitgeteilt. Nehmen wir den 24. Ijar als Anfang Juni, so ist der 4. Kislev, falls kein zweiter Elul eingeschaltet wurde, ungefähr Anfang Dezember, der 12. Sivan ungefähr Mitte Juni, und der 19. Arachsamna ungefähr 21. November. Also :
die Drachen und ähnliche Ungetüme verschiedenster Art im Tierkreis eine so grosse Rolle spielen. Das Wort îmu selbst hat seine Aequivalente im arabischen ajim ( für awim ) und aim » Schlange«, dem hebr. êm » schrecklich « (dann auch Bezeichnung für
»Götze « ) und dem südarabischen Götternamen Anfang Juni: Aufgang des Shugi ( 24. Ijar) . Aum (beziehungsweise Awîm ). Der gleiche Name c. 20. Juni: Aufgang des Sirius ( 12. Sivan ). Udka-gaba (»schnappender oder brüllender ümna) c . 21. Nov .: Untergang des Sirius ( 19. Marche kehrt noch einmal als Gegengestirn unseres zweiten
schwan ).
lumashi-Sternes wieder (im Sternbild des Ophiuchus),
c . 6. Dez.: Untergang des Shugi (4. Kislev) .
gerade wie andererseits das im Ophiuchus lokalisierte
Welches ist nun der Stern, der 2-3 Wochen
» Schlangengestirn « in der Reihe der »zwölf Sterne
vor Sirius autgeht, um aber erst cirka 14 Tage nach des Westlands« statt unseres Ud-ka-gabagleich dem Orion erscheint, oder wie die Tierkreis nach ihm unterzugehen ? Selbstverständlich nur ein
nicht weit von ihm , aber nördlicher und näher an
ungeheuer des Weltschöpfungsepos sowohl an vierter
der Ekliptik gelegenes Gestirn, das ist aber einzig Stelle einen » grossen imu«, als auch unter Nr. 7-9 und allein der Orion ! Hier sei auch noch erwähnt, (zwischen Ophiuchus und Fischen ) drei » aufeinander
dass wie bei den Babyloniern nach obigem Texte
folgende ümu« (von denen einer sicher die mit
gerade Orion und Sirius eine ganz besondere Be Drachenleib abgebildete Fischziege ist) aufweisen .
deutung hatten,, dies in gleichem Maasse mit den- Ueberhaupt können wir des öfteren in der Ge selben beiden Sternen bei den alten Aegyptern der
schichte der Sternnamen konstatieren ,
Fall gewesen ist. Ja sogar die ägyptischen Namen
gleiche Name ausser
an
dass der
seiner ursprünglichen
Stelle auch noch auf der genau gegenüberliegenden indem ägypt. sech » Orion « nichts anderes als shugi Seite des Himmels wiederkehrt; so entspricht dem scheinen auf babylonischen Ursprung hinzuweisen,
sein wird, ägypt. sopd Sirius (vgl. ped »Bogen«) arabischen simâk (Spica in der Jungfrau ) der samak nur eine Uebersetzung von babyl. Kak -ban »Bogen
(Sternbild der Fische), dem babylonischen Schakal
stern « darstellen dürfte.
stern im Stier ( Aldebaran) ein Schakal (lig-badda, jüngere Form von lig -barra ) im Skorpion (Antares,
Es gibt eine Liste der » zwölf Sterne des West
wahrscheinlich weil beide durch ihre rote Farbe an
landes« , welche mit dem ash -kar- oder Ziegenstern , die graurötliche Färbung der Wüstenschakale er
das ist der Capella , beginnt, dann den Shugi (Orion) | innerten ) etc. etc. nennt, dann den Schlangenstern, den Kak-sidi ( Prokyon ), die » grossen Zwillinge (Kastor und
Wo nun genauer die Stelle des » rachenauf
Pollux) und den bir -Stern (wahrscheinlich die
sperrenden ümu« am Himmel war, ist schwer an
» Wage« ). Die Erwähnung des „ Schlangensternes« unmittelbar nach dem Orion und vor dem Prokyon
zugeben ; entweder da, wo unser Hase (südlich vom Orion)) sich befindet, oder vielleicht besser an Stelle
(über welchen ausführlich nachher) führt uns zu
des Einhorns mitten zwischen Orion , Sirius, Prokyon
dem ihm in der Liste der lumashi-Sterne (zu denen
und , der Zwillinge.
wir nun zurückkehren ) offenbar entsprechenden Ud -ka - gaba oder »der den Rachen öffnenden Bestie . Die semitische Uebersetzung des sumeri-
oder der treue Hüter des Himmels .
>
Der dritte lumashi- Stern ist der Sib -si- anna Ent
weder ist dadurch y der Zwillinge gemeint, da
schen Namens würde etwa lauten : îmu (d . i. »Tag« , nach Epping die » Zwillinge der Gegend des Sib aber auch „Bestie« , » Drache« ), sha (welcher) på zi -anna« bei y gemin. standen (also wohl po und ny (den Mund) ipáti (öffnet ). Wer erinnert sich hier der Zwillinge ), oder aber Beteigeuze , der rote nicht sofort an den löwenköpfigen , den Rachen
Stern erster Grösse im Orion .
aufsperrenden Drachen der altbabylonischen Grenzsteine, der dort mit der sogenannten Geierschlange
Es wäre dann ur
( wahrscheinlich Hydra) zwischen Stier und Hund
sprünglich Sib- si-anna blos ein Teil von Shugi, der aber im Lauf der Zeit auch (mit seinen Zwillingen ) als einzelnes Bild aufgefasst wurde. Jedenfalls
(unserm Löwen ) im Tierkreis erscheint ? Ich bin
muss dieser Stern eine hervorragendere Bedeutung
bei Besprechung der Zodiakalausdrücke des Welt-
gehabt haben , wie nicht blos der Name » treuer
schöpfungsepos am Schluss von Artikel II (oben Hüter des Himmels «, sondern auch der Umstand S. 406 in Nr. 21 ) von der irrigen Ansicht ausgegangen , als sei ûmu in »grosser ûmu « und in »die aufeinanderfolgenden ümu«, wie auch in unserm
lehrt, dass an ihn zugleich mit dem Kak -sidi(Prokyon ) Gebete gerichtet wurden . Wenn es , trotz der etwas
»den Rachen öffnender îmu « das Wort für » Tag “,
sterne bei q gemin. mit dem hellglänzenden Sirius in engere Beziehung zu setzen – bei den Chinesen
weshalb ich auch fragend dort » den Tag eröffnend « übersetzte , habe mich aber indes überzeugt , dass in all diesen Ausdrücken das andre Wort imu
weiteren Entfernung , gestattet wäre, die Zwillings zum Beispiel ist der Sirius ein Paranatellon der Mond
station y der Zwillinge - , so würde ich am liebsten >
Die Astronomie der alten Chaldäer.
90
Sib - si-anna für ein einfaches Synonymum von Kak- men , das erste (von ihm durch Kälte übersetzte ) ban » Bogenstern « (Sirius) halten ; doch ist dies bis Wort heisse wirklich Kälte, das dritte Wort shuripu von einem Zeitwort sharâpu » brennen «, kann also jetzt nicht direkt erweisbar. ?) Der vierte lumashi - Stern ist der Kak-sidi, unmöglich » Schnee « bedeuten, zweitens deutet der
» nördliche Waffe« , auch geradezu
Ausdruck » wie Kupfer glühen« auf eine intensiv
»Lanzenstern « genannt. Jensen hat mit allen
weisse (bzw. gelbe) Farbe, nicht auf eine rote, da von dem bekannten Weissglühen dieses Metalles die Rede ist und endlich, was das entscheidende, wird der Kak -sidi-Stern durch andre, speziell astro
das
ist
möglichen Gründen zu beweisen versucht, dass dieser Stern der Antares im Zeichen des Skorpions sei ; vom Jahre 1886-1890 hat er an den verschiedensten
Orten diese Ansicht verfochten und zuletzt (Kosmol.
nomischen Texten entnommene Stellen endgiltig
S. 49) triumphierend ausgerufen : » dann ist der Kak-sidi der Antares und wird der Antares bleiben . « Anlass gab die schon vielfach übersetzte Stelle eines Jagdberichtes des Assyrerkönigs Tiglatpilesers I.
als der Prokyon bestimmt. Vor allem ist es folgende, auch von Jensen citierte, aber ihrem
(c. 1100 v. Chr .), wo es heisst : » In den Tagen des Föhnwinds (?), des Regens (?), und des Sonnenbrandes, in den Tagen , da der
klaren astronomischen Sinn nach nicht verstandene
Stelle (3. Rawl. 53 , 62) : » im Monat Tammuz holten der Kak -sidi und die Zwillinge den Merkur
ein « , das heisst der Planet ging zwischen den beiden genannten Fixsternen , von denen der zweite in der
Kak-sidi-Stern aufgeht, der (weiss) wie Kupfer glüht Ekliptik liegt, durch , wonach also der Kak-sidi nicht ( fing er auf böcke etc.)«
den
armenischen Bergen
Stein-
Diese Stelle, in welcher bis heute die beiden ersten Genitive noch nicht abschliessend erklärt
blos in nächster Nähe der Ekliptik (wie schon Jen sen richtig erkannte), sondern vor allem in nächster Nähe der Zwillinge (denn diese, a. und ß gem ., sind stets , wenn kein weiterer Zusatz dabei steht, ge meint) sich befinden muss. Dass es aber gerade der Prokyon ist , lehrt die Zusammenstellung des Kak-sidi mit dem Kak -ban -Stern , das ist dem Sirius, in einem lexikalischen Texte der Babylonier. Kak ban heisst wörtlich „» Waffe des Bogens«, Kak
sind, hat schon die abenteuerlichsten Deutungen sich gefallen lassen müssen . Am richtigsten noch hat Sayce schon 1874 übersetzt : » in the days of variable storms (and) heat, in the days of the rising ( like bronze, he hunted «, of Kak- sidi, which (is) wo eigentlich nur Bronze durch Kupfer und ver sidi » Waffe des Nordens« . Dadurch sind also jagte « durch » (welcher) glänzte« (wie letzteres beide Sterne in engsten Zusammenhang gebracht, Jensen scharfsinnig begründet hat) zu ersetzen ist. gerade so , wie die Araber den Sirius den süd Ganz unmöglich dagegen ist die Uebersetzung, lichen Shirâ « und den Prokyon den » nördlichen welche Oppert 1880 in seinem in weiten Kreisen Shi'râ « nennen . Nun geht in der That der Prokyon mit Aufmerksamkeit gelesenen Aufsatze über den
zu allem Ueberfluss mitten in der Sommersglut auf,
Bernstein bei den Assyrern gegeben hat : » in den Meeren des Sturmes (d . i . in der Ostsee) fischten seine Händler Perlen (und) in den Meeren, wo
also ganz in Uebereinstimmung mit der Angabe gesprochenen Worte: » der erste Fixstern wäre somit
der Nordpolarstern hochsteht, was wie Kupfer aussieht (d. i . eben Bernstein )«. Dem hat Jensen
durch Rechnung und auf logisch -mathematischem Wege bestimmt« und die weiteren vom Jahre 1890,
1886 die Uebersetzung (mit eingehender philologischer, teils treffender, teils aber auch verfehlter
Kak -sidi vist der Antares und wird der Antares
des Assyrerkönigs . Jensens 1886 im Triumph aus
bleiben
wirken nun in der Sicherheit, mit der sie
Begründung) entgegen gestellt : » in den Tagen der ausgesprochen sind und die leider viele verblüfft hat, Kälte, des Hagels (?) und des Schnees, in den Tagen , doppelt naiv und charakterisieren hinlänglich die wo der Kak-sidi wieder (am Morgenhimmel) sicht- zahlreichen Trugschlüsse auf mythologischem wie bar wird, welcher (rötlichweiss) wie Kupfer glühte«, astronomischem Gebiete in seiner »Kosmologie der und daraus des weiteren die ganz irrige (weil auf Babylonier«. Darüber kann sich jetzt jeder, der nur falscher Voraussetzung beruhende) Folgerung ge- einigermassen von populärer Astronomie etwas ver zogen , dass ein rötlichweiss glühender c. 900 ( bzw. steht , ein genügendes Urteil bilden . auch 1100) v. Chr. in den assyrischen Gebirgen Der fünfte lumashi- Stern unserer Liste ist der im Winter heliakisch aufgehender Stern nur der
von mir In -tinnina -bar-shigga transskribierte Stern ,
damals und daselbst im ersten Drittel des November früh am Horizont sich erhebende Antares sein
den schon Sayce auf Grund lexikalischer Angaben des babylonischen Gelehrten als „ Schwanzstern «
könne. Nun kommt aber einmal, auch angenom - gedeutet hat, eine Deutung, die ich noch näher ') Wenn man die babyl. Erklärung von S. als „ der mit der Waffe (kakki) durchbohrt « mit Sayce durch » he who fights with arrows« deuten dürfte, dann läge allerdings die Identifikation mit dem Bogenstern sehr nahe. Jedenfalls scheint die eben an
zu begründen im stande bin , deren Ausführung aber in eine assyriologische Fachzeitschrift gehört. Nun gibt es zwei bekannte Schwanzsterne, einmal den Schwanz des Löwen « , Denebola (d . i . arab.
geführte Erklärung auf eine nahe Beziehung des S. zu einem der
Deneb-ol-asad), und den schlechthin Deneb (arab.
beiden „ Waffensterne «, Prokyon oder Sirius (kak-sidi oder kak
dhanab oder deneb »Schwanz « ) genannten Haupt stern des Schwan. An Stellen , wo von einem Ein
ban ) hinzudeuten.
Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis.
91
gehen der Sonne in die Station des In-timinna-bar- neues Licht auf die schon früher besprochene Partie shigga die Rede ist, wird der Denebola gemeint der babylonischen Mondstationentafel; es sind die sein, da der Deneb dazu doch zu weit von der Ekliptik abliegt. Aber an der oben beim ShugiStern angeführten Stelle ist ebenso gewiss vom Deneb die Rede.
Zeilen 11 – 16 , ganz in Bestätigung dessen , was ich oben mehr vermutungsweise über sie ausgesprochen, also zu kommentieren :
Zeile 12 : » Stern mu -sir -sadda ( Nordpolarstern)
Da nun die lumashi- Sterne im
Gegensatz zu den sieben tikpi-Sternen eher hell-
Gott Anu « .
(Schluss folgt.)
glänzende Sterne in der Nähe der Ekliptik (wie
z. B. Orion , Prokyon , Adler) als solche innerhalb
Der Olivenbaum und seine Industrie in der
der Ekliptik selbst vorstellen und ausserdem , wenn hier der Denebola gemeint wäre, für die zweite Hälfte der Ekliptik gar nur zwei Sterne ( gegenüber fünfen der ersten Hälfte) vertreten wären, so halte
Von Rudolf Fitzner (Sousse in Tunisien). Im alten Athen wurde am Panathenäenfeste von
ich es für wahrscheinlicher, dass hier der Deneb in Aussicht genommen ist .
einem weissgekleideten Jüngling mit goldener Sichel ein grünes Reis vom heiligen Olivenbaume auf der
Regentschaft Tunis.
Der sechste lumashi-Stern ist der Adler-Stern , Akropolis geschnitten, ein Zeichen des Friedens und über dessen Identität mit unserm Adler ( spezieller
der Keuschheit, und der Göttin für die Gabe , die
vielleicht seinen Hauptstern , Atair) wohl kein Zweifel
Attika Wohlstand und Ansehen verliehen , ein inniges
sein kann. Sein Gegengestirn ist der kleine Hund mit dem Prokyon, weshalb beide, Adler-Stern und Kak-sidi , gelegentlich zusammen ( bzw. nacheinander)
Dankgebet dargebracht. Vom Jonierlande fand der aus Asien eingeführte Olivenbaum eine rasche Ver
Der siebente luinashi - Stern endlich ist der
breitung über das gesamte Mittelmeergebiet und bildet hier seit mehr als zwei Jahrtausenden einen der hervorragendsten wirtschaftlichen Faktoren. Wie
Pa - bil-sag, den ich südlich der Ea-Abteilung der
unsere Geldstücke oft mit einem Eichenkranz ge
Ekliptik suchen möchte. Es gibt nämlich einen
schmückt sind , so umranken die Münzen Italiens,
Gott Pa-bil-sag , der wahrscheinlich mit dem Gott der untern Ea-Region des Himmels, Nusku, identisch ist ; andrerseits existiert auch ein Gott Pa-sag,
Griechenlands, Tunisiens und anderer Mittelmeer staaten die Zweige des Olivenbaumes.
genannt werden.
welchen man unbedenklich dem Pa-bil-sag gleich
Als der Eroberungssturm der hilalischen Araber in der Mitte des 11. Jahrhunderts über Nordafrika
setzen darf, wie verschiedene Anzeichen ( welche
hinbrauste und die reichen Kulturen blühender Pro
beide Gottheiten mit der Strasse der unterirdischen
vinzen in blinder Zerstörungswut mit Feuer und
Himmelswölbung und dem Feuer, das dort den Weg zeigen muss , verbinden) klar darthun. Da
Schwert vernichtete, da schreckten die wilden Mord brenner vor den Olivenhainen zurück , und diese
nun auch der Gott Pa-bil-sag der »Richter« ge
blieben den verödeten und seiner herrlichen Gärten
nannt wird, gerade wie der » Sohn der erhabenen Wohnung« ?), den wir oben als Stern im Schützen am Anfang der Ea - Region der Ekliptik kennen
und Bergwaldungen beraubten Ländern als einziger
gelernt
haben ,
andrerseits
der
Feuerstern
vor
dem Sterngott In -mi-sharra « (= Nusku ), der mit dem vorigen Stern von den Babyloniern gern verbunden wird, so scheint es, als ob dieser Gott
Schmuck erhalten . Trotz der grossen Indolenz der
Moslemîn ist die Pflege dieser Nutzpflanze bis auf unsere Tage nicht in Vergessenheit geraten und bildet immer noch die vornehmste Einnahmequelle
der angesessenen Bevölkerung. Wenn ich in Nachstehendem besonders die Ver
sag, Pa-sag , Pa ) an zwei Orten des Himmels,
hältnisse in der Regentschaft Tunis , welche ich während eines mehr denn dreijährigen Aufenthaltes
nämlich am Anfang sowohl, wie am Ende der Ea-
eingehender kennen zu lernen Gelegenheit hatte,
in seinen verschiedenen Namensvarianten
(Pa-bil-
Ich werde das an
vor Augen habe , so hat doch meine Darstellung
andrer Stelle zur Gewissheit erheben und es ist nun
auch für die übrigen Provinzen Nordafrikas Giltig keit, da die Unterschiede derselben in Boden , Klima
Strasse, lokalisiert worden sei .
nur die Frage, ob unser Pa -bil -sag - Stern , der den Abschluss der sieben lumashi bildet, etwa mit Mira
und Lebensweise ihrer Bewohner nur recht geringe
ceti im Walfisch oder aber mit einem zwischen
sind.
Ophiuchi und + des Schützen zu suchenden Stern zu identifizieren ist . Da die Stellung nach dem Adler für das erstere spricht, so werden wir unbedenklich den Pa-bil -sag-Stern am Schluss der EaRegion suchen dürfen . Damit fällt nun auch ein 1) Dieser Gott wird auch schlechthin » Sohn der Wohnung (mâr bîti) , d . i . wohl Ea's, genannt und mit Tammûz identifiziert .
Der kosmische Ort, der als sein Wohnsitz angegeben wird, war die Stadt Maliki (Variante Malaki) d . i . Ort der » Entscheidung « (Hades ), der babylonische Scheol .
Der
Olivenbaum ,
welcher der
Familie der
Oleaceen angehört, hat, wie die meisten strauch und baumartigen Gewächse der Mediterranflora, immergrüne, lederartige Blätter, welche eine gewisse Aehnlichkeit mit denen der Weide besitzen, jedoch wesentlich kleiner sind, und treibt im Mai zierliche,
weisslichgrüne, vierfach gezackte Blütenkelche, die einen leisen , kaum wahrnehmbaren Wohlgeruch be sitzen .
Die kleinen Steinfrüchte, welche sich nach
der Blüte bilden , reifen den Sommer hindurch lang
Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis .
92
sam aus, werden schliesslich dunkelblau und können
nischen Zwecken verwendet, dagegen auch von der
je nach den Witterungsverhältnissen vom November ärmeren, einheimischen Bevölkerung, welche gegen an abgenommen werden. Die Stämme stehen in lichten Hainen je etwa zehn Meter von einander entfernt und sind in un-
in der Küche benutzt .
regelmässigen Gruppen über die ganze Regentschaft verteilt .
den diesem Oel anhaftenden , bitterlich ranzigen Geschmack ganz . empfindungslos zu sein scheint,
Der Gesamtbestand beziffert sich auf ca.
Die Haupternte findet in den Monaten Dezember bis Februar statt und zieht sich in kühleren Jahren
8095 800 Stämme; hiervon entfallen ca. 3278950 auf das reichgesegnete und wegen der Vorzüglichkeit seines Oeles berühmte Ssahelgebiet der Ostküste, ca. 1687200 auf die Halbinsel Dachela, welche das Kap Bon nach Sicilien hin vorschiebt , ca. 1000000 auf die Umgebung von Sfax, ca. 652 500 auf die
manchmal bis in den März hinein .
Die Oliven
werden in ziemlich roher Weise von den Besitzern
und ihren Söhnen mit langen , derben Knütteln von den Zweigen geschlagen und in grossen, unter dem Baume ausgebreiteten Tüchern von den Frauen aufgefangen . Dann werden die Früchte von den mit
von betriebsamen Berbern bewohnte Insel Djerba,
ihnen zugleich abgeschlagenen Blättern in ähnlicher
ca. 452 840 auf die fruchtbaren Thäler um die
Landeshauptstadt und der Rest auf die übrigen
Weise , wie das Getreide auf der Wurftenne, ge reinigt und in die Oelmühle übergeführt. Während
Kantone.
der Erntezeit bleiben die Familien meist den ganzen
Der Olivenbaum liebt hügeliges Land und Tag über in den von ihren Wohnungen oft weit folgt vorzüglich der Meeresküste , an der wir die grössten und am besten entwickelten Kulturen
entfernten Olivenpflanzungen und nähren sich fast ausschliesslich von Brot und gerösteten Saubohnen,
finden , während er im Binnenlande nur sporadisch welche letztere von ambulanten Händlern den Ar auftritt.
Es sind vielfach alte, ehrwürdige Stämme, deren
Wipfel in der frischen Seeluft rauschen und welche immer noch einen reichen Fruchtsegen auf die
beitern zugetragen werden . Die Verarbeitung des Ernteertrages fand bisher in recht primitiver Weise ausschliesslich in arabi schen Oelmühlen statt, welche ein dem europäischen
Der
Geschmack wenig zusagendes Produkt lieferten,
Stamm teilt sich gewöhnlich in einem Meter Höhe
und erst seit der französischen Occupation hat die
Enkelkinder ihrer
Besitzer herniedersenden .
über dem Boden drei- oder vierfach, und die sich
europäische Unternehmung den reichen Erträgen
in phantastischen Formen windenden und krümmenden Aeste gabeln sich wieder mehrfach in kleinere, das Blattwerk tragende Zweige , welche eine abgerundete, der unserer Kopfweiden nicht unähnliche
der tunisischen Olivenpflanzungen ihr Interesse zuge wendet und gewinnt durch rationelle Behandlung der Frucht in grossen , mit allen Vervollkommnungen der Jetztzeit eingerichteten Fabriken ein ausgezeich
Baumkrone bilden . Die Pflege, welche die Einge-
netes Oel.
borenen ihren Olivenkulturen angedeihen lassen , ist
Die gewöhnliche arabische Oelmühle (mâçera)
eine im Verhältnis recht geringe. Zweimal im Jahr
ist ein niedriges, gewölbtes und fensterloses Ge
nach Eintritt der ersten Winterregen im Herbst und dann nach der Ernte im Erühjahr wird der Boden um die Stämme leicht umgepflügt, und die überflüssigen Aeste werden ausgeschnitten. Das auf diese Weise gewonnene Holz findet eine vielfache Verwendung zur Anfertigung von Acker- und Handwerksgeräten, zum Bau der Häuser, besonders zur Herstellung der Zimmerdecken und zum Kochen.
bäude , in dessen Mitte sich ein etwa einen Meter hohoher l gemauerter, runder Aufbau befindet, auf
Die Spazierstöcke, welche so oft in Europa als
welchem der breite und schwere Mühlstein läuft ; derselbe wird durch ein mit einem Kamel oder
Maultier, dem die Augen verbunden sind , be spanntes Göpelwerk in Bewegung versetzt und
die Frucht aufgeschüttet.
Durch den Druck des
Mühlsteines werden Fleisch und Steine der Oliven
zerquetscht und in eine breiartige Masse verwandelt ,
afrikanische Olive in den Handel kommen , ent-
welche in eine breite, um den ganzen Aufbau laufende
stammen nicht dem angebauten Fruchtbaume, dessen
Rinne sickert.
stark gekrümmte Zweige zu diesem Zwecke durchaus untauglich wären , sondern dem wilden Olivenbaume, welcher in den Bergthälern des Inneren und
fläche absetzende Oel abgeschöpft, und die zurück bleibenden Treber, welche noch sehr ölhaltig sind,
Hier wird das sich auf der Ober
werden zum zweiten- und drittenmal auf den Mahlgang
vornehmlich im Nordwesten der Regentschaft in
gebracht. Das so gewonnene Oel heisst sít màçeri
der Umgebung von Ghardimâu anzutreffen ist .
und dient , wie schon oben erwähnt, den ärmeren
Unter normalen Witterungsverhältnissen beginnt die Ernte der Olive Mitte November und
nimmt
damit ihren Anfang, dass die durch Wind oder Wurmstich abgefallenen Früchte von Frauen und Kindern , denen diese Arbeit obliegt , vom Boden
aufgelesen werden. Das aus dieser ersten Auflese gewonnene Oel ist von sehr geringer Güte und wird , wenn es zur Ausfuhr kommt , nur zu tech-
Klassen zu Speisezwecken , in der Industrie als Schmieröl und zur Seifenfabrikation. Das für den Genuss der wohlhabenderen Kreise
bestimmte Oel wird , nachdem die Früchte in der
Mühle zerquetscht sind, in gemauerte Bassins über führt und durch Aufgiessen von Wasser und Treten mit nackten Füssen von den Trebern befreit (sît darb el mä). Durch diesen Prozess wird der nuss
Der Olivenbaum und seine Industrie in der Regentschaft Tunis.
artige Wohlgeschmack des Oeles fast rein erhalten
93
Zeiten ist der Zollsatz etwas erniedrigt worden, be
und erreicht bei sorgfältiger Behandlung oft den
trägt aber immerhin noch 20 Piaster 10 Charruben
des in europäischen Fabriken erzeugten Oeles.
(etwa 10,30 Mark) für netto 100 Kilo Oel. Die Olivenkampagne des letzten Winters, welche
In einzelnen älteren , arabischen Mühlen wird das Oel einem umständlichen Filtrierprozess unter-
zogen . Der Ausfluss des Mahlganges führt in einen
im Laufe des Monat März ihr Ende nahm , lieferte 27 228 913 Liter Oel . Es ergibt sich für die einzelnen
durchlöcherten und zum Teil mit Strauchwerk und Kantone folgende Produktion : Lehmsand angefüllten Krug, durch welchen das Oel Tunis 1 680 000 L. I Maktar Kairuan mit Hinterlassung aller Unreinlichkeiten in einen Saghuân 59712 700 185 Sousse Bizerte ebenso hergerichteten Krug sickert und schliesslich وز
in einem weiteren Gefässe aufgefangen wird. Es Medjez.El-Bâb.50750 ,
21751 L. 41 000
1 3 000 000 4 500 000 »
ist natürlich, dass bei einem solchen Verfahren sehr
Beja
Mehudia Sfax
viel Oel durch Aufsaugung in der porösen Lehm-
Ssûk . El- Arba.
Gabes
4 500000 > 310000 ,
erde verloren geht , und der Wohlgeschmack des
Nabel
Toser
1 30000 is
1 000 000
150000 »
Djerba
filtrierten Oeles, das so allerdings rein und klar wird,
Kef
teuer erkauft wird .
Hierzu treten noch etwa 2 200000 Liter Sulphur
1 600 000
Der Transport des in der mâçera gewonnenen olivenöl, welche im Laufe des Sommers in Sousse Oeles erfolgt in Schläuchen aus Ziegenleder , in welchen die Flüssigkeiten bereits im Altertum mit
durch Extraktion aus den Grignons gewonnen wurden, so dass sich der Gesamtertrag der Regentschaft
Kleinere Mengen von
Tunis für den Winter 1890/91 auf 29 428 913 Liter
Vorliebe versandt wurden .
Oel werden im Hause in grossen , hohen Standge-
stellte.
fässen aus Thon (djarra), die ungefähr so bis 80 Liter
Der grösste Teil der Produktion wird jetzt
Rauminhalt haben , aufbewahrt , grössere , für den
nach Marseille ausgeführt, wo die besseren , tuni sischen Marken gerne gekauft und zur Vermischung
Handel bestimmte Partien dagegen in Cisternen gefüllt, deren Wände mit glasierten Kacheln ausgemauert sind .
Der Inhalt derselben beträgt etwa
100 bis 150 Hektoliter.
Die zahlreichen, in den verschiedenen Produktionsgebieten erbauten Oelfabriken sind vollständig nach französischem oder italienischem Muster mit
mit sogenanntem Provenceröl benutzt werden , die
alten Handelsverbindungen mit Italien dagegen gehen von Jahr zu Jahr zurück und auch die übrigen ausländischen Käufer (Malta,Griechenland, Türkeiu. a.) werden nach und nach von den französischen Händ ern vom Markte verdrängt.
hydraulischen Pressen , sparsamen Filterpressen, Klär-
Da das Oel in Nordafrika, wie auch schon in
bassins u. s. w . eingerichtet und werden von Europäern geleitet. Kleinere Einrichtungen haben sich noch mit Handpressen begnügt und setzen den
Südeuropa , fast der einzige Fettkörper ist , welcher zur Bereitung der Speisen Verwendung findet, so hat sich zwischen den olivenreichen und den in dieser
Mahlgang, wie die Eingeborenen, durch ein Göpel- Hinsicht weniger begünstigten Gebieten ein lebhafter werk in Bewegung, während die grösseren , in den Handelsverkehr entwickelt , der von eingebornen Küstenstädten gelegenen Fabriken allgemein die Kaufleuten teils der Küste entlang in kleinen , flachgehenden Segelschiffen , teils zu Lande durch
Dampfkraft für den Betrieb benutzen .
Die bei der Oelgewinnung verbleibenden Rück- Kamelkarawanen , die oft weit in das Innere des stände, die ausgepressten Treber, hier Grignons genannt, enthalten noch etwa 10 % Oel und wurden
Ghadâmess vordringen , betrieben wird. Bei diesem
früher meist nach Marseille oder nach
Landes und tief in den Süden bis nach Ghât und
Italien aus-
Binnenhandel wird das Oel nicht nach dem Gewicht,
geführt. Seit einigen Jahren ist nunmehr auch in
sondern nachMaassverkauft.Dasselbe führt in der ganzen
Sousse in einer der bedeutendsten Fabriken des
Regentschaft den gleichen Namen metarund zerfällt in
olivenreichen Ssabelgebietes eine Einrichtung zur 2 Kullas oder 16 Ssaas, wechselt jedoch seinem Raum Bearbeitung der Grignons mit Schwefelkohlenstoff | inhalte nach fast auf allen bedeutenden Marktplätzen. getroffen worden , in welcher das auch in der deut-
Während das metar z . B. in Tunis etwa 20 Liter hält ,
schen Seifensiederei oft verwendete , dunkelgrüne fasst es in Sfax fast 30 Liter und in El-Djem sogar Sulphurolivenöl hergestellt wird . Eine so reiche Einnahmequelle des Landes
unmöglicherweise den Argusaugen
37 Liter. Die Händler, welche sich diesem Geschäfts
zweige widmen, müssen daher genau über die ver
der
schiedenen Platzverhältnisse unterrichtet sein , wenn
tunisischen Finanzverwaltung entgehen ; dieselbe be-
sie sich vor der aus den überall variierenden Maassen
legte nicht nur jeden Olivenstamm mit einer Abgabe
entstehenden Gefahr eines Verlustes wahren wollen .
konnte
(Kanún), die je nach der Grösse und dem Ertrag
Im Anschluss an die Oelerzeugung entwickelte
desselben zwischen 3 und 12 Charruben (9-36 Pf.)
sich in der Regentschaft und besonders an der Ost
wechselt, sondern forderte auch einen sehr hohen Ausgangszoll für Oel , welche Massregel für die Entwickelung des tunisischen Ausfuhrhandels zu
Dieselbe befindet sich meist in den Händen der ein gebornen Juden und wird nach einem überaus ein
einem schweren Hemmschuh wurde. Im Laufe der
fachen Rezepte, welches sich schon seit Jahrhunderten
>
küste auch die Seifenfabrikation schon frühzeitig .
Geographische Mitteilungen.
94
vererbt hat, ausgeführt. Die tunisische Olivenölseife | besonnenen Regierung wieder zu dem im Altertume wird , wenige Fälle in der Neuzeit ausgenommen , hochgerühmten klassischen Oellande wird . nicht gefällt und besteht nur aus Oel und Lauge. Zur Herstellung derselben wird eine Pottasche be
nutzt, welche aus den um die Salzlagunen wachsen
Geographische Mitteilungen. ( Entfernung der Sonne von der Erde.) Zur schärferen Bestimmung dieser Fundamentaleinheit der
den Pflanzen (Salsolaceen) in der Umgebung von
kosmischen Maasse dienen bekanntlich in erster Linie
Sfax und Kairuân gebrannt und von den Arabern
die Vorübergänge des Planeten Venus vor der Sonnen
resúll genannt wird. Mit dieser unreinen Pottasche kann nur eine Lauge von 16-17 ° Baumé hergestellt
scheibe, sie liefern uns die Sonnenparallaxe, den Winkel , unter welchem ein Beobachter auf der Sonne den Erd
werden, denn höher lässt sich dieselbe nicht sättigen.
halbmesser erblicken würde , und aus dieser Winkel
Zur Verseifung von 100 Kilo Olivenöl sind etwa
grösse wird jene Länge trigonometrisch berechnet. In
75 Kilo Lauge erforderlich , welche zusammen nach
den Jahren 1874 und 1882 entsandte, wie dies von fast
und nach in den Kessel gethan und zum Sieden
allen Kulturvölkern geschah , auch das Deutsche Reich
gebracht werden. Ist die Lauge versotten, welcher Expeditionen nach weit auseinanderliegenden Punkten Zustand sich dadurch kennzeichnet , dass die Seife
unserer Erde, um die erwähnte Erscheinung unter mög
sich am Kesselrande anzusetzen beginnt, so wird der Sud aus dem Kessel geschöpft und in etwa handhohe, flache Formen gegossen , in welchen er
und da die rechnerische Bearbeitung solcher Beobach tungen stets Jahre in Anspruch nimmt, so konnte Ber berich erst in jüngster Zeit einen zusammenfassenden
im Verlaufe einer halben Stunde erstarrt .
Bericht über die Ergebnisse dieser Arbeiten bekannt geben . A uwers findet für die Sonnenparallaxe den
Das Er-
gebnis ist bei einem Verfahren, nach welchem fast die ganze Lauge ausgesotten wird , natürlich nur ein sehr geringes, und man erhält aus 109 Kilo Oel selten mehr, als 110 bis 115 Kilo Seife. Nach Europa kommt ein solches Fabrikat selbst
lichst günstigen Voraussetzungen beobachten zu lassen,
Winkel 1 = 8,88 “ , und dieser Wert ist grösser, als bis her angenommen worden war. Aus nochmaliger Ueber arbeitung der bei den analogen Phänomenen von 1761 und 1769 erzielten Resultate hatte nämlich Newcomb
- = 8,79" Aufnahmen erhalten , wogegen allerdings derdieAmerikaner photogra , deren Reduktion redend nicht zur Ausfuhr, dasselbe wird hauptsäch-phischen
lich von der einheimischen Bevölkerung verbraucht, dannaber auch nach Tripolis,Algerien und Malta Harkness in die Hand genommen hatte,wiederetwas
grössere Zahlen, nämlich 8,84" bis 8,86 “ , geliefert verhandelt.
hatten. Berberich selbst ist der Ansicht , dass man
In Sousse und Monastir sind in letzterer Zeit
für die Parallaxe wohl am besten bei der älteren New
zwei grössere Seifensiedereien mit Dampfbetrieb im Anschluss an bereits bestehende Oelfabriken einge richtet worden , welche nach europäischem Muster mit
combschen Zahl 8,848" stehen bleibe , denn ebenso, wie durch die vorerwähnten Daten eine Vergrösserung
derselben angedeutet werde, folge bei der Anwendung
gewisser anderer Methoden, die von den parallaktischen recht gutem Erfolge teils für das Binnengeschäft, Verschiebungen anderer bewegter Himmelskörper Ge teils für den Ausfuhrhandel arbeiten , wiewohl der
letztere durch einen Ausgangszoll von 8 Piastern 10 Charruben (etwa 4,30 Mark ) für 100 Kilo er schwert wird .
brauch machen , ein entschieden kleinerer Wert. Die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde beträgt dann 148 ?: Mill. km = 20,04 Mill. geographische Meilen ;
Der Gleichmut und die Schlaffheit der moslemi-
nach Auwers wäre diese Distanz um eine halbe Mill . Kilometer kleiner. Ebenfalls diesem letzteren Astro
nischen Bevölkerung hat wenig daran gedacht, die so einträglichen und geringe Pflege erfordernden
nomen zufolge kann der Durchmesser der Sonnenkugel gleich 1383 500 km = 186 440 geographischenMeilen ge
Olivenpflanzungen durch Anlage neuer Kulturen zu
setzt werden . (Naturwissensch. Rundschau , VII. Jahr
vergrössern; dies blieb dem Unternehmungsgeiste gang, Nr.1.) der europäischen Kolonisten vorbehalten, welche jetzt mit rüstigem Eifer ausser dem sich schnell ent
(Quer durch Tibet.) Eines der für europäische Reisende schwerst zugänglichen Länder Asiens ist un
wickelnden Weinbau auch die Aufzucht des Oliven
Dieselbe
dehnung nach , von Nordwesten nach Südosten , durch wandert worden . G. Bonvalot und der Prinz Hein
ist eine recht dankbare und im Verhältnis mühelose, da
rich v. Orleans hatten sich zu dieser gefahrvollen
baumes auf ihren Besitzungen betreiben .
längst von französischen Reisenden seiner grössten Aus
die in die Erde eingesetzten und gegen das Benagen
Unternehmung vereinigt ; letzterer ist der Verfasser des
durch Ziegen mit Dorngestrüpp umhegten Schöss-
linge weiter keine Pflege, als eine genügende Be-
von der Geographischen Gesellschaft in Paris mit der goldenen Medaille ausgezeichneten Reiseberichtes. Ausser
wässerung erfordern .
dem schloss sich der mit der chinesischen Sprache ver
Der Olivenbaum
verlangt durchaus keinen
traute Missionar P. Dedéken der Reisegesellschaft an, und auch mehrere andere Dolmetscher und Diener
schweren Boden , sondern begnügt sich oft mit wenig
Erdreich auf steinigem Grunde. Die weiten hüge ligen Gebiete , welche an der Nord- und Ostküste
sich vom Meere zum Berglande des Tell hinziehen, eignen sich fast durchgängig zur Anpflanzung des Olivenbaumes , und vielleicht liegt die Zeit nicht mehr so ferne, dass das Karthagerland unter einer
wurden mitgenommen. Man durchreiste auf der Trojka Russland und das westliche Sibirien , und am 7. Sep tember 1889 wurde Kuldscha erreicht, der letzte Ort, wo sich ein russisches Konsulat befand, und wo also die
Schwierigkeiten erst ihren Anfang nahmen. Dieselben erwiesen sich immerhin nicht so bedenklich , als man
wohl hätte erwarten dürfen ; nur gleich im Anfang, in
Litteratur. 95
der Dsungaren-Stadt Korla, hegte der chinesische Gouverneur Bedenken, die Europäer weiterreisen zu lassen.
Ursprung Hölder allerdings viel nüchterner deuten zu sollen glaubte -- von einer Granate im »» Jardin des
Man entzog sich der Machtvollkommenheit des Man-
plantes « zerschmettert ward , liess sich der begeisterte
darins durch die Flucht und begann nun die Ueber-
Patriot dazu hinreissen ,
schreitung der hohen , teilweise bereits von Prschewalski bereisten Bergketten, welche die Reisenden von
eine orace prussiennea zu erfinden, die nicht germanisch , sondern slavisch -finisch sein und erst durch die französischen Refugiés des
ihrem Ziele, dem französischen Indo - China, trennten .
XVII . Jahrhunderts ihre höhere Kultur erhalten haben
Die grösste erreichte Höhe wird auf 5000 m geschätzt;
sollte. In der hieran sich anschliessenden Polemik holte
der tiefste Stand des Minimumthermometers während der Nacht war -- 33° C. Die Hauptstadt L'Hassa selbst konnten die Franzosen nicht betreten , vielmehr musste nach langen diplomatischen Verhandlungen mit den
sich Quatrefages von Virchow und anderen deut schen Gelehrten verdiente Zurückweisungen, doch hatte der Streit wenigstens das Gute, jene bekannte Statistik der Kopfform , der Haar- und Augenfarbe ins Leben zu rufen , welche über ganz Deutschland ausgedehnt wurde und den sicheren Nachweis dafür ermöglichte ,
Sendlingen des Dalai-Lama und des chinesischen Resi-
denten die Reise in östlicher Richtung fortgesetzt werden . Am 5. Juni 1890 kam die Gesellschaft in Batang an, welche Stadt an dem berühmten Blauen Flusse oder , wie er hier in seinem Oberlaufe noch heisst, am Kin - cha -kiang
gelegen ist, und am 21. September stand man am Ufer des Roten Flusses, welcher gleich südlich von der Grenzstadt Mang-Hai in das Gebiet von Tongkin übertritt. Von den merkwürdigen Einzelheiten , mit denen diese Traversierung eines so gut wie ganz unbekannten Terri-
toriums dessen Geographie bereicherte , heben wir die Entdeckung des niemals gefrierenden Montcalm-Sees unter 35 ° geographischer Breite, 87 " östlicher Länge von Paris hervor , an dessen Südrande sich die angeblich 8000 m hohen Dupleix -Berge hinziehen. (Bulletin de la société de géographie, 7. sér., tome XII . S. 328 ff.)
dass altgermanische Reminiszenzen, soweit es sich blos
um das somatische Element handelt, im Norden unseres Vaterlandes häufiger als im Süden sind. Wir möchten noch daran erinnern , dass dem Geographen in dem kleinen , als Bestandteil der „ Bibliothèque scienti
fique contemporaine« erschienenen Buche »Les Pyg mées« ( Paris 1887) von Quatrefages eine wert volle Gabe dargeboten worden ist , denn es wird darin
alles , was man damals über die verschiedenen Zwerg völker auf der Erde wusste, sehr übersichtlich zusammen gestellt und diese Uebersicht behält ihren Wert, wenn auch durch neuere Studien über die Akka, Batua u. S. W.
das empirische Material sich seitdem beträchtlich ver mehrt hat. - Quatrefages starb am 12. Januar. Die
(Quatrefag es.) Dem unlängst verstorbenen fran- | Nation, 9. Jahrgang, Nr. 17.) zösischen Ethnologen hat sein grosser Gegner , Rud.
Virchow , einen beide Teile ehrenden Nachruf ge
Litteratur
widmet, welcher die Eigenart des bedeutenden Mannes in vortrefflicher Weise
kennzeichnet.
Armand de
Quatrefages de Bréau , geboren zu Berthezème im Gard-Département am 10. Februar 1810 , stammte aus einer alten südfranzösischen Hugenottenfamilie und studierte in Strassburg Medizin. Er hat auch längere
Zeit praktiziert , da aber seine litterarische Thätigkeit ihn rasch bekannter machte , so wurde er 1852 Mit glied der Akademie und drei Jahre später Professor der Anatomie und Ethnologie, welche beide Fächer später in
das Fach Anthropologie zusammengezogen wurden . Von Quatrefages' zahlreichen Arbeiten über niedere Tiere
Die Seehäfen des Weltverkehrs, dargestellt von Josef von Lehnert, k. k. Linienschiffskapitän, Johann Holeczek , k. k. Fregattenkapitän , Dr. Karl Zehden, Pro
Ritter
fessor an der Wiener Handels-Akademie, u , v . a. unter Redaktion von Alexander Dorn. I. Band : Häfen Europas sowie der asiati schen und afrikanischen Küsten des Mittelmeerbeckens. Mit 98 Illustrationen und 137 Plänen . II . Band mit 75 Illustrationen
und 79 Plänen . Wien , Volkswirtschaftlicher Verlag (Alex. Dorn). Der zweite Band , mit dem das vorgenannte , lobenswerte Werk nun vollendet abschliesst, beschreibt die Häfen der Atlantischen Küste von Amerika , der Atlantischen
Küste von Afrika , des Grossen Ozeans , des Indi
u. s. w . sehen wir hier ab und betrachten ihn ledig-
schen Ozeans und der australischen Gewässer.
lich als Vertreter der durch ihn selbst inaugurierten
Jetzt erst , nachdem das ganze Werk vorliegt , übersieht
Richtung in der Völkerkunde. Gegner Darwins , er-
man den reichen Inhalt , der eine wahre Fundgrube des Wissens
klärte er sich dagegen mit aller Entschiedenheit für
wertesten bildet nicht nur für den Kaufmann , dem der Welt
den einheitlichen Ursprung des Menschengeschlechtes, dessen Wiege er zeitlich in die Tertiärperiode , räum lich in das nördliche Asien verlegte , während er die auf ein Land » Lemurien « bezügliche Hypothese nicht anerkennen wollte. Vor allem beschäftigte ihn die
verkehr in erster Linie zu dienen hat, sondern auch für den
wichtige Frage nach der Herkunft und nach den Wande rungen der polynesischen Stämme; Virchow meint
Industriellen , für den Statistiker, Volkswirt, Geographen, ja für jeden Gebildeten überhaupt . Der Aufwand an Mühe und Arbeit , mit welchem die Herren Verfasser den umfangreichen Stoff zusammen getragen haben, ver dient die vollste Anerkennung .
allerdings, dass die Forschungsreise, der er sich hingab,
Dem Leser wird hier eine lange Reihe von Monographien geliefert; jeder Hafen bildet ein abgerundetes Gemälde. In allen den einzelnen Häfen gewidmeten Abschnitten werden
zu sehr ein synthetisches, philosophisch konstruierendes Gepräge getragen habe und von den analytischen Methoden der modernen Anthropologie zu wenig berührt worden sei . Hauptsächlicher Träger dieser letzteren
Merkwürdigkeiten geschildert, eine kurze Skizze ihrer histori schen und kommerziellen Entwicklung gegeben , Handel und Verkehr unter gleichzeitiger Berücksichtigung der wichtigsten
war Broca , und zwischen ihm und seinem berühmten
Industriezweige des Ortes nach ihren massgebenden Eigen
die Situation, die topographische Lage der Stadt und ihre
tümlichkeiten
erörtert
und durch die neuesten
statistischen
Kollegen bildete sich allmählich ein gewisser Gegensatz
Daten illustriert; ausserdem ist auf die Charakterisierung der
heraus. Nach dem grossen Kriege von 1870 , der für Quatrefag es noch den besonderen Nachteil gebracht haben soll, dass ein von ihm als Rassentypus hoch ge schätzter Schädel — der » Schädel von Cannstatt«, dessen
ziehungen der einzelnen (nahe an dreihundert) Häfen untereinander
betreffenden Küstenstriche und Meeresteile sowie auch auf die Be
im Texte Rücksicht genommen. Der reiche und belehrende Text wird noch unterstützt durch zahlreiche Illustrationen ,
Litteratur .
96
Bilder Karten und Pläne von den beschriebenen Welthäfen .
Auflage des handlichen Büchleins, änderte Unvollkommenes ab
Monographieartig werden dem Plane des Werkes nach nur die grossen und wichtigen Seehäfen des Weltverkehrs behandelt,
und fügte eine Anzahl neuer Touren hinzu , die von festen Standorten aus gemacht werden können.
kleinere Häfen werden nur so nebenher mit angeführt. An der brasilianischen Küste vermissen wir unter den im Handel wenig
Sowohl der Fussreisende, als auch derjenige, welcher mit der Eisenbahn nur gewisse ausgezeichnete Punkte der Pfalz be
hervortretenden, aber sonst doch beachtenswerten Hafen von
suchen will , wird in diesem „ Führer « einen wirklich zuver
S. Francisco , an der Küste des Staates Santa Catharina unter 26 ° 14' 15 " südlicher Breite gelegen . Dieser Hafen ist aner kannt einer der besten von Südbrasilien, er bildet den Zugang
lässigen Begleiter finden , der ihn auf alles Sehens- und Wissens würdige aufmerksam macht. Dass das Wort Pfalz nicht im
zu der von einer HamburgerKolonisationsgesellschaft gegründeten deutschen Kolonie Dona Francisca . Der Hafenplatz liegt auf der Insel São Francisco. Der Hafen hat 15 m Wasser und nahe der Landungsbrücke immer noch 9 m . Als der Verkehr zwischen Hamburg und der Kolonie noch ein lebhafterer war
als gegenwärtig, gingen die Hamburger Dampfer direkt hierher. Auch der Hafen von Itajahy, an der Mündung des Itajahy, das Wasserthor für die blühende ehemalige deutsche Kolonie
Blumenau, würden wir der zweiten Auflage einzufügen die Bitte aussprechen. Der Inhalt dieses Werkes liefert mehr, als das Inhalts-Ver zeichnis erraten lässt, daruin dürfte ein Namenverzeichnis eine angenehme Beigabe bilden. Diese Wünsche sollen keinen Tadel aussprechen, wir
engen Sinne von heute aufgefasst, sondern dass die Schilderung auch über die bayerischen Grenzen hinaus , auf hessisches, badisches, rheinpreussisches, reichsländisches Gebiet ausgedehnt worden ist , wird sicher Billigung finden. Den historischen Rückblicken, die ja in einem so viel umstrittenen Grenzlande wichtiger als anderwärts sind , wurde reichlich Beachtung zu teil ,
und auch die Veberreste altersgrauer Vorzeit haben entsprechende Berücksichtigung gefunden. Gelegentlich wurde auch den geo logischen Verhältnissen Rechnung getragen, wie z . B. den gross artigen Porphyrbildungen des Falkensteiner Thales , doch wäre zu wünschen, dass der Herausgeber, der ja in diesen Dingen kein Fremdling ist , bei noch mehr Gelegenheiten dieser gerade auf pfälzer Boden vielfach interessanten Vorkommnisse gedenken möchte. Dabei sei vorübergehend erwähnt , dass ein » aus Ter .
tiärkalk bestehender Tunnel « (S. 170) wohl nicht möglich ist,
schenken der mühevollen Arbeit volle Anerkennung und wünschen
denn durch einen solchen könnte man nicht hindurchfahren.
ihr recht bald eine zweite Auflage.
Die beigegebenen Karten und das Ortsregister tragen das ihrige bei , sich im Buche und an dessen Hənd im Terrain
Carta generale della Sicilia secondo i nuovi rilievi del
R. Stato Maggiore con speciale indicazione dell' altimetria, delle reti stradali e delle circoscrizioni amministrative ed
elettorali disegnata da G. E.Fritzsche pubblicata dall'Istituto
leicht zu orientieren . Wir wünschen im Interesse aller Freunde eines der schönsten Teile unseres Vaterlandes, dass dieses prak tische Reisehandbuch sich einen immer wachsenden Kreis von
cartografico Italiano. Das Istituto cartografico Italiano in Rom unter der Leitung des Herrn G. E. Fritzsche, eines Deutschen, hat sich in der kurzen Zeit seit seiner Begründung im Jahre 1884 einen über
Lesern und Benützern erwerben möge.
die Grenzen Italiens gehenden Ruf erworben. Die vorgenannte
2. Teil , 136 S. Kl . 8º. Ein Taschenbuch dieser Art ist für jeden Schulmann von Wert, zumal da der geringe Preis von Mk. 1.50 für beide Teile
Karte erbringt den Beweis für die Leistungsfähigkeit der Anstalt. Der Massstab der Karte 1 : 500 000 gestattet schon eine aus
führliche Behandlung, und trotz der detaillierten Terrainzeichnung und der rot eingedruckten Grenzlinien der Provinzen, Kreise und Wahlbezirke gibt die Karte ein klares, plastisches Bild der schönen Insel. Durch Blaudruck sind die Flüsse und Bäche, die Küstenlinien und wenigen Seen leicht erkennbar. Die Schriften, Eisenbahnen , Strassen und Ortszeichen sind in Schwarz ausgeführt, die Wohnplätze wurden durch sechs verschiedene Zeichen unterschieden und zwar nach der Grösse der Volkszahl von 25 000, 10000, 5000, 2000 , weniger als 2 000 und Einzelgehöfte. Die Strassen sind durch 5 verschiedene Signaturen gekenn zeichnet : Eisenbahnen im Betrieb, Eisenbahnen im Bau, National
strassen (Chausseen ), Provinzialstrassen, Kommunalwege. Das Ter rain ist in Schraffen ausgeführt und braun gedruckt, die Flächen bis 100 m Höhe sind mit einem grüngrauen Ton bedruckt, die Flächen bis 300 m gehen in einen hellgrünen Ton über , die
höheren Stufen des Bodens sind durch gelbbraunen Flächendruck
hervorgehoben . Auch die Dampfschiff-Verbindungen von Ort zu Ort, sowie die Entfernungen von Ort zu Ort sind angegeben .
Taschenbuch der höheren Schulen Deutschlands
1891/92 . Von Prorektor Dr. Juling (Schönberg-Mecklenburg).
Selbstverlag des Verf. (Ed. Kummer, Leipzig). 1. Teil, 159 S.
der erste enthält die preussischen Anstalten, der zweite die der übrigen deutschen Bundesstaaten die Anschaffung erleich tert. Berücksichtigt sind nur die höheren Lehranstalten. So weit sich Referent durch Stichproben über die Zuverlässigkeit der die bayerischen Gymnasien und Realschulen betreffenden Angaben ein Urteil bilden konnte , war er befriedigt , obwohl
auf die durch die neueste Schulreform bedingte Veränderung mancher Verhältnisse noch keine Rücksicht genommen wurde .
Falbs Kalender der kritischen Tage 1892 mit Bezug auf Witterungserscheinungen, Erdbeben und Schlagwetter in den Bergwerken. Wien- Pest-Leipzig. A. Hartlebens Verlag. XVI . 164 S. Kl . 8º.
Wer die älteren Veröffentlichungen von R. Falb über den Vulkanismus kennt, welche gewiss nicht ohne Hinneigung zu vorgefassten Meinungen, doch aber mit entschiedenem wissen schaftlichem Streben geschrieben waren, wird diesen » Kalender « nur mit einem Gefühle des Bedauerns zur Hand nehmen .
Dass
Die Karte stützt sich auf die neue und schöne Karte des
durch die von Falb gegebene Statistik alles und jedes bewiesen
italienischen Generalstabes. Als Reisekarte wüssten wir gegen wärtig keine bessere zu empfehlen . Berlin. H. Lange.
Siebente umgearbeitete Auflage,
werden kann, beweist die der Aufzählung der » kritischen Tage erster, zweiter und dritter Ordnung« folgende Witterungs charakteristik des Jahres 1889/90 , denn dass an jedem Tage des Jahres irgendwo auf der grossen Erde Ereignisse eintreten können, die einen ungewöhnlichen Charakter tragen, ist nicht
herausgegeben von Dr. C. Mehlis. Mit vier Kärtchen . Neu stadt a . d . H. Gottschick-Witters Verlag. 1891. X. 268. Kl . 8º.
zu verwundern , und doch soll jede derartige oft rein örtliche Katastrophe einen Beweis für die Hypothese liefern . Der
Voigtländers Pfalzführer. Wegweiser für die Rheinpfalz und deren Nachbarstädte.
Berichterstatter hofft, auf diese letztere im
Die Rheinpfalz ist eines jener schönen und an Belehrungen der verschiedensten Art reichen Mittelgebirgsländer, denen sich der Strom der Touristen im allgemeinen nicht so intensiv zuwendet , wie es an sich zu wünschen wäre.
Dass immerhin im Lande selbst
viel gereist wird , beweist das Erscheinen der siebenten Auflage
>>
Ausland « einmal
gründlicher eingehen zu können , selbst auf die Gefahr hin ,
einer so muskulösen Philippika sich auszusetzen, wie sie im vorliegenden Bändchen die Herren Hoernes und Tarnuzzer über sich ergehen lassen mussten. München .
S. Günther.
des von dem wackeren ( 1887 verstorbenen ) Voigtländer be arbeiteten » Pfalzführers «, und auch diese Ausgabe wird, wie man vernimmt, in Bälde vergriffen sein. Herr Mehlis, dessen
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
prähistorische Untersuchungen seinen Namen in weiteren Kreisen
in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
bekannt gemacht haben , bearbeitete die sechste und siebente
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 13. Februar 1892.
Jahrgang 65, Nr. 7.
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.
einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND
MDCXL
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Der Notstand in Russland . Eın Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart. Von *** (Schluss.) S. 97 . 2. Die Astronomie der alten Chaldäer. Von Fritz Hommel (München) . (Schluss.) S. 101 . 3. Die Christensekte der Nestorianer. Von Friedrich v. Hellwald (Tölz) . S. 106. 4. Beiträge zur Völkerkunde Russlands. Von R. v . Erckert ( Berlin ). S. 109. – 5. Geo graphische Mitteilungen. (Geographische Koordinaten von Khotan ; Klima und Bodenkultur in Afghanistan ; Geognosie von Australien ; Onomatologisches .) S. 110. 6. Litteratur. (Wislicenus ; v. Hauer ; Evangelisches Missions-Magazin.) S. 112. Der Notstand in Russland .
haltige Steppen. Das Schlimmste aber ist , dass die
Ein Beitrag zur Kulturgeographie der Gegenwart .
am Kaukasus lagernden Getreidemassen nicht ein
Von
**
* *
mal vollständig ins Innere geschafft werden können . Die einzige vorhandene Eisenbahn , die eingleisig
(Schluss.)
mit Ausweichestellen von je 25 Kilometer Entfer
Dass bis jetzt ein eigentliches Massensterben noch nicht vorgekommen ist, rührt daher, dass die
nung angelegt ist, konnte bis Mitte Dezember nur
150 Waggons täglich befördern ; durch energische Bauern ja noch Vieh hatten, das sie teils zu einem Maassregeln hat man es jetzt zu 300 Waggons Schleuderpreise verkauften, um Brot zu erhalten , teils (à 610 Pud = 10000 Kilo) täglich gebracht. Immer schlachteten und verzehrten , ) zumal sie , wegen Mangels an Heu und Stroh, so wie so wenig Aussicht
T
.
hatten , es bis zum Frühjahr durchzubringen. Wie aber im Frühjahr die Wirtschaft anfangen , wenn
hin könnten dann , den Brotverbrauch zu i Pfund
russisch (= 410 Gramm ) per Kopf gerechnet, ca.
8 Millionen Menschen mit den Zufuhren aus dem Kaukasus am Leben erhalten werden .
kein Vieh mehr da ist , womit pflügen , wenn die Pferde fehlen ? Die 10000 von der Regierung für die Notstandsdistrikte gekauften Pferde sind kaum
das Getreide zur See nach Odessa und von da ins
von Belang , wenn man bedenkt , dass daselbst
Innere
Wegen der geringen Leistungsfähigkeit der kaukasischen Eisenbahn hat man Versuche gemacht,
zu schicken , wodurch sich jedoch der
6—8 Millionen Pferde vorhanden waren, von denen | Transport übermässig teuer stellt und um einen jetzt ein guter Teil wegen Nahrungsmangels sein
Monat verspätet. Die Eisenbahnen aus den not
Leben lassen wird. Mit den 16 Mill. Pud Hafer,
leidenden Gegenden an der Wolga sind eigentüm
die in den Ostseehäfen unbenutzt liegen, liessen sich licherweise so angelegt, dass sie nach den baltischen 1 Million Pferde den Winter über erhalten ; so
grosse Mittel will man aber noch nicht opfern. Zur Ernährung der Notstandsdistrikte ist man hauptsächlich auf die Zufuhren vom nördlichen Kaukasus angewiesen, wo infolge einer ausserordent lich guten Ernte Getreideüberfluss herrscht. Ueber
Häfen direkte Verbindungen haben , von den viel näher gelegenen Häfen am Asowschen oder am Schwarzen Meere jedoch nur auf einem weiten Um wege zu erreichen sind. Dabei wird das Getreide
im Sommer doch nicht per Eisenbahn nach den baltischen Häfen befördert, sondern wählt den viel
die Ausdehnung des dortigen Ackerlandes sowie die billigeren Fussweg die Wolga hinauf bis Rybinsk, letzte Ernte liegen jedoch absolut keine Daten vor. Einige Zeitungskorrespondenten haben den Getreide
von wo es per Eisenbahn weitergeführt wird . Diese
überschuss wohl etwas zu hoch auf 100 Mill. Pud
besonders jetzt fühlbar, wo die Wolgagegenden vom
verkehrte Anlage der Eisenbahnen macht sich aber
(20 Mill . hl) geschätzt. Der nördliche Kaukasus
Kaukasus und den südlichen in
hat zwar eine Ausdehnung von über 4000 geogr.
Schwarzen Meeres gelegenen Gegenden mit Getreide
Meilen bei 2 + 2 Mill. Bewohnern ; fruchtbar und für den Weizenbau geeignet sind aber nur die Schwemm
versorgt werden müssen .
der Nähe des
Wie viel überflüssiges
Getreide in den in der Nähe des Schwarzen Meeres
gebiete des Kuban und Terek, die nördlich davon belegenen Gouv. Cherson , Taurien , Bessarabien , gelegenen Gebiete sind sandige oder thonige salz 1) Ausgenommen Pferde ; deren Fleisch wird ein russischer Bauer fast nie anrühren ; Tataren, Kirgisen etc. thun es freilich. Ausland 1892 Nr. 7 .
sowie in den westlichsten Schwarzerde- Bezirken Kijew und Podolien , wo es eine gute Ernte gegeben hat , noch vorhanden ist , entzieht sich der Berechnung ; 13
and
Der Notst
98
and
in Russl
.
da jedoch diese Gegenden fast den ganzen letzt- | Mirojed) zurückzukaufen : da er nun in der Regel im
jährigen Weizenexport vom August bis zum 23. No-
Frühjahr kein Geld hat , so ist er gezwungen , Ge
vember (über i Mill. Tons) geliefert haben , so
treide leihweise zu entnehmen und es im Herbste
werden schwerlich noch sehr bedeutende Massen
mit hohen Wucherprozenten zurückzuerstatten. Ge
vorhanden sein ; sicher weiss man nur, dass es Ende Dezember 7 Mill. Pud ( 114000 Tons) Weizen in Odessa gab. Es ist daher wohl nicht zu bezweifeln ,
meindemagazine, aus denen die Bauern im Frühjahr
dass , wenn man die Sommersaat beschaffen und Millionen von Menschen nicht umkommen lassen
Getreide leihweise entnehmen können , um es im
Herbste gegen einen geringen Prozentsatz zurück zuerstatten , gibt es nur in den Ostseeprovinzen, und eben darin besteht ihr Segen , dass der Bauer in
will , Russland im nächsten Frühjahr beträchtliche gewöhnlichen Jahren bei etwaigem Mangel nicht Getreidemassen einführen muss. Rechnet man , dass die 15 centralen industriellen und nördlichen Gou-
gezwungen ist, sich an Wucherer zu wenden, auch etwaige günstige Preiskonjunkturen ausnutzen kann,
vernements , die auch bei einer vorherrschend guten Ernte , wie im letzten Jahre, Getreide einführen
da er sicher ist , wenn er etwa mehr Getreide verkauft hat, als er konnte, wenn er das für seinen
müssen , mit den vorhandenen Ueberschüssen der
eigenen Bedarf nötige Getreide nicht behalten hat,
südwestlichen 5-6
können , so müssten doch die Notstandsdistrikte vom
dieses dann von den Magazinen im Frühjahr erhalten zu können . Zur Abwendung eines Notstandes bei Miss
Kaukasus allein mit Getreide versorgt werden, was eben nicht angeht. Der geringe Ueberschuss der weissrussischen, der litauischen und der Ostsee-
zine war, kommen sie übrigens nur äusserst selten in Betracht , weil in den Ostseeprovinzen so totale
Gouvernements auskommen
ernten, was die eigentliche Bestimmung der Maga
provinzen an Roggen ist wohl noch vor dem Aus- Missernten , wie im südöstlichen Russland , kaum je fuhrverbote zum grössten Teil ins Ausland abgeführt worden .
vorkommen. Um auf die eigentlichen Ursachen , auch des
muss man weiter Wie konnten sich nun so trostlose Zustände jetzigen Notstandes, zu kommen ,tragen 1 ) der fort Wie konnte es kommen , dass ein zurückgreifen. Die Hauptschuld
entwickeln ?
Reich, das in den letzten Jahrzehnten stets ungeheure gesetzte Raubbau , das Aussaugen der schwarzen Erde, Getreidemassen exportierte, durch eine einzige Miss- wodurch die Ackerböden verschlechtert, die Erträge ernte auf den Hunger - Etat gesetzt werden konnte ? vermindert, die Missernten immer häufiger werden ;
Eine Missernte wie die letztjährige ist allerdings seit 60 Jahren nicht vorgekommen , die Hauptur-
2) die durch fortgesetzte Abholzung der Wälder immer unregelmässiger fallenden Regenniederschläge.
sache ist aber, dass man keine alten Vorräte besass .
Meistens wird nun die Regierung dafür verantwortlich gemacht, dass sie in den guten Jahren zu
Bekanntlich ist Russland ein ungeheures Flach land , von nur mässigen flachwelligen Bodenerhebungen durchsetzt; selbst der Uralstock steigt ungemein sanft
strenge die Steuern und namentlich die Rückstände
und allmählich auf, und die Bedeutung der Wälder
die Unmög- für Wolkenbildung und Regenfall ist daher bedeutend und im Vertrauen auf eintreiben liesstotalen Missernte in einem so ausge- stärker als im westlichen Europa , wo die viel be lichkeit einer dehnten Reiche es unterliess, für Vorräte zu sorgen . Man musste jedoch jetzt erfahren , dass schon eine
trächtlicheren Bergzüge und Gebirge die Wolken an
partielle Missernte , wenn sie wie die letztjährige
kannt, dass in den letzten Jahrzehnten die Wald verwüstung in bedenklicher Weise fortgeschritten
den sonst fruchtbarsten , Getreide ausführenden Teil des Reiches betraf, zur schwersten Kalamität
sammeln und Niederschläge veranlassen . Es ist be
ist. Die südrussischen Steppen sind ursprünglich von Natur durchaus nicht so vollständig waldlos ge wesen , wie man es sich vorstellt , und an den
Es ist bekannt , dass namentlich eifrige Gouverneure und Polizeibeamte, die Karriere machen wollten, sich dadurch hervorzuthun suchten,
Flüssen und in den Thalschluchten hat es fast
dass sie möglichst rücksichtslos die Steuern eintrieben und nun nachweisen konnten , dass es in
man könnte sagen »Galeriewälder«« , gegeben. Solange
werden konnte.
überall mehr oder minder ausgedehnte Holzbestände,
ihren Bezirken die geringsten Rückstände gebe.
nun Südrussland von Nomadenvölkern (Hunnen ,
Dann hat man den Grund suchen wollen in den
Magyaren , Polowzen , Petschenegen , Tataren) be
zu geringen Landanteilen eines grossen Teiles der
wohnt war , wurden die Holzbestände nicht ange
Bauern, wodurch dieselben gezwungen sind , selbst
rührt, die Nomaden wohnten in Zelten und brauchten
in guten Jahren mehr Getreide zu verkaufen , als sie eigentlich könnten , und dann selbst anderweitigen Verdienst , namentlich in den Städten, suchen zu müssen ; auch wird hervorgehoben, dass die Steuern
nur wenig Holz ; anders wurde es, sobald der rus
gerade zu einer Zeit erhoben werden , in welcher der
Bauer für sein Getreide den geringsten Preis erhält, im Herbste , während er dagegen im Frühjahr oft gezwungen ist, Getreide für den 3– 4fachen Preis von den
sische Bauer anfing, diese Gegenden zu besiedeln ; er brauchte Holz zum Hausbau, zur Feuerung, und endlich war er dahinter gekommen, dass das Land in den Flussthälern den reichsten Ertrag lieferte. So sind die Wälder hinter der Wolga in den Gouv. Ssamara und Orenburg, wo noch vor wenigen Jahr zehnten fast alle Flussläufe mit mehr oder minder
Kornwucherern (hauptsächlich dem Gemeindefresser, I mächtigen Galeriewäldern besetzt waren , verschwun
99
Der Notstand in Russland .
den, es gibt daselbst nur an wenigen, sterilen, steinigen Stellen am Ural Wälder (8-12 % der Gesamtober-
lange Zeiträume beanspruchte. Die Mächtigkeit der schwarzen Erde beträgt im Norden 1/2 -1 Meter,
fläche). Die Holzbestände in den am Schwarzen
im Süden findet sie sich namentlich in den Fluss
Meere sich hinziehenden Steppen sind schon früher
niederungen in 6 , ja selbst 15 Metern Mächtigkeit,
der Axt des russischen Bauern zum Opfer gefallen . Gegenwärtig schreitet die Waldverwüstung immer
was indessen wohl auf Anschwemmungen aus den
nördlichen , höher gelegenen Teilen zurückzufüh
weiter nach Norden vor, volkreiche Gouvernements
ren ist.
wie Orel, Kursk , Woronesch , Kleinrussland, ursprüng-
Den wertvollsten Teil der russischen Schwarz
lich fast ein einziger Wald , besitzen nur noch geringe erde bilden Kleinrussland und Podolien , da diese Holzbestände (etwa 10-15 % der Gesamtoberfläche ). westlicheren Gegenden mit dem reichlichsten Regen fall (5—600 Millimeter) bedacht sind und ein mil
Die Folgen sind immer intensiver auftretende Dürren , namentlich in den südöstlichen Wolgagegenden , die zudem einen nur etwa 500 Millimeter jährlich
deres Klima haben . Südlich von der schwarzen Erde erstrecken sich nach dem Schwarzen und Asow
betragenden Regenfall haben . Der immer unregel- schen Meere zu thonige oder Sandige , teilweise werdende Regenfall veranlasst immer salzhaltige, wenig fruchtbare Steppen , wo man den häufigere Missernten, in Ssamara waren die 3 letzten Boden nach einmaliger Bebauung mehrere Jahre >
mässiger
Ernten ungenügend. Das Regenwasser wird nicht
lang ruhen lassen muss . Das nördlich vom Kaspischen
mehr durch die an den Flussläufen sich hinziehen-
See sich erstreckende Gouv. Astrachan ist durch
den Holzbestände, deren Boden weich und daher auf-
weg unfruchtbarer, salzhaltiger, ehemaliger Seeboden .
saugungsfähig war, aufgehalten, sondern stürzt reissend schnell über den steinartig ausgedörrten Steppenboden
krümeligen Beschaffenheit ungemein leicht zu be
hinweg, die Humusbestandteile mit sich fortführend .
arbeiten : der russische Bauer kennt nur ein ein
Die Klage über das Seichterwerden der Flüsse im
maliges Pflügen bei ebenso oberflächlichem Eggen.
Die schwarze Erde ist bei ihrer lockeren , fein
Sommer nehmen immer mehr zu, mit einem Wort,
Abgesehen von einigen wenigen Gütern , ist noch
die centralasiatische Wüste schreitet gegen
die
überall die Dreifelderwirtschaft (Winterung, Somme
Schwarzerde , zunächst der östlich von der Wolga gelegenen Gegenden , vor. Erhaltung der bisherigen Holzbestände und Wiederbewaldung der Flussläufe
rung, Brache) üblich . Gedüngt wird fast nirgends im Schwarzerdedistrikt, der Mist wird gewöhnlich
und geschützten Stellen ( Thalschluchten etc.) , die sicher von Erfolg begleitet wäre , ist dringend geboten .
Keine andere Gegend der Welt besitzt eine so ausgedehnte , zusammenhängende Fläche frucht-
verbrannt, auch wo man billiges Holz oder Kohlen (wie im Donezbassin ) erhalten kann . Durch fort gesetzten Körneranbau ohne jegliche Düngung hat man denn auch diese von der Natur zu den fruchtbarsten Bodenarten zu zählende schwarze Erde
liche Russland in einer Ausdehnung von 950000
derart ermüdet , dass die Erträge nur noch als » schlecht « bezeichnet werden müssen ; beträgt doch der mittlere Ertrag in der schwarzen Erde an Roggen und Weizen kaum das 6—7 . Korn , ja in
Kilometern, also Oesterreich -Ungarn und Italien zu-
den dichter bevölkerten und daher am meisten aus
baren Bodens , wie Russland in seiner Schwarzerde. Dieselbe erstreckt sich über das mittlere und süd-
sammengenommen . Das Vorkommen der schwarzen gebauten Gouvernements wie Orel , Woronesch wird Erde ist nicht an eine einheitliche geologische For-
kaum das 4-5. Korn erzielt. Diese geringen Er
mation geknüpft, hauptsächlich findet man sie auf träge machen denn allerdings die Klagen über Land Kreide und Alttertiär aufgelagert, doch findet sie sich mangel, ungenügende Grösse der Bauernlandanteile auch auf Perm und auf der Kohlenformation.
Voll-
verständlich , auch erschweren sie den Bauern die
ständig waldlose Steppe ist bloss der südlichste Streifen der Schwarzerde, doch geht die Entwaldung
Steuerzahlung.. Die mittlere Grösse der Bauernanteile betrug zur Zeit der Aufhebung der Leibeigenschaft
im mittleren und nördlichen Teil sehr stark vor sich ; man will eben das Holz verwerten und Acker-
boden gewinnen . Die schwarze Erde ist ein teilweise lehmiger, 6-10 % Humus enthaltender, feiner
3,5 Dessätinen 1) pro männliche Seele im centralen , 2,85 Dessätinen im westlichen Schwarzerdedistrikte (in Kleinrussland ) , in den östlichen Schwarzerde
gouvernements dagegen 5-10 und mehr Dessä
Sand , reich an wertvollen mineralischen Bestand-
tinen . Im Laufe der Zeit hat sich nun die Bevölke
teilen wie Phosphorsäure und Kali. Sie kann nicht aus Meeresschlamm oder Absetzung eines Süsswasserbeckens entstanden sein, da man in ihr keine
rung um 30-40 % vermehrt, die Anteile sind also
um diesen Betrag kleiner geworden ; immerhin ent fallen noch selbst in Kleinrussland 2 Dess . (2,2 Hektar)
Muscheln , Conchylien etc. gefunden , ebenso wenig auf den einzelnen Mann . Das Schlimme ist aber, dass wahrscheinlich ist ihr Entstehen aus Torf ; dann müsste der Humusgehalt höher sein . Am wahrscheinlichsten ist wohl die Annahme, dass sie aus
einem lössartig verwehten Sande besteht, der durch die Verwesungsprodukte der Grasnarbe eine ungemeine Bereicherung an Humus erfahren , was natürlich
die Landanteile durchaus nicht gleich sind, sondern neben grossen und ausreichenden gibt es zu kleine Anteile , die ihre Inhaber durchaus nicht ernähren
können ; etwa 600000 Bauern (männl. Geschlechts) 1) i Dessätine
1,0925 Hektar .
Der Notstand in Russland .
100
im Schwarzerdedistrikte besitzen sogar überhaupt kein , gehalt der Rüben z. B. ist seit Beginn des Anbaues Etwa 14-18 aller Bauern können wegen
von 14 auf 11 ° zurückgegangen, die Erträge sind
zu kleiner Landanteile kein Spannvieh (Pferde, bloss im südlichsten Russland zum Teile Ochsen) halten,
noch stärker gesunken . Dennoch sind auch da noch
Land .
sondern müssen ihre Anteile verpachten oder mit gemietetem Spannvieh bearbeiten . Am wenigsten
auf Gütern , welche die Dampfkultur eingeführt haben, sehr hohe Erträge erzielt worden. Es ist sicher, dass man durch Tiefkultur, verbunden mit einer auch nur
Land besitzen die ehemaligen gutsherrlichen Bauern,
mässigen Düngung, in der schwarzen Erde doppelt
da man bei der Aufhebung der Leibeigenschaft dafür sorgte, dass die Gutsbesitzer mindestens 1/3 - 1/2
so hohe Durchschnittserträge gewinnen kann , als
des ganzen besessenen Landes als Gutsanteil be-
die jetzigen ; anstatt Durchschnittserträgen von 12 bis 13 Hektolitern liessen sich solche von 25-30 Hekto
hielten , wobei die Bauern gewöhnlich mit gering - litern gewinnen, wie sie auch bei der jetzigen Raub wertigerem Lande bedacht wurden ; namentlich wur-
wirtschaft in guten Jahren noch oft vorkommen ,
den die Waldungen von den Besitzern behalten. Bedeutend besser gestellt sind die auf Staatsländereien
denen dann freilich hinwiederum nicht selten totaler
ansässigen sogen . Kronsbauern ; während der mittlere
Gouvernements Podolien und Bessarabien ausgedehnte
Landanteil derselben 7 Dessätinen pro männliche
Phosphoritlager, könnte also leicht Kunstdünger er zeugen , um damit den Abgang der Phosphorsäure,
Seele betrug , erhielten die gutsherrlichen Bauern bloss 3 Dessätinen. Auch die Ablösungszahlungen sind noch jetzt , nachdem die Höhe der Zahlungen der ehemaligen gutsherrlichen Bauern 1882 um 20 bis 30 % herabgesetzt wurde, weil man eingesehen
hatte, dass sie zum Ruin der Bauern führten , bei den Kronsbauern noch um 25-30 % niedriger, als
Misswachs folgt. Russland besitzt selbst in den
der durch den Getreideexport entsteht, auszugleichen ; allein wer denkt da an künstliche Düngung, wo man noch den Stalldünger unbenutzt lässt oder verbrennt? Der russische Bauer, der in seiner Heimat den Boden
ausgebaut hat, lässt ihn liegen und zieht weiter nach Osten , in die schwach 'bevölkerten Gouvernements
bei den gutsherrlichen Bauern . Die letzteren zahlen | jenseit der Wolga , und wenn es ihm auch da zu im Schwarzerdedistrikt jetzt 1 /2—2 Rubel (3-4 Mark) enge wird, so zieht er nach Sibirien , immer auf der per Dessätine jährlich an Ablösungsgeldern. Die ehe-
Suche nach jungfräulichem , ohne Dünger reiche Er
maligen gutsherrlichen Bauern (es gibt ungefähr eben - träge lieferndem Boden . Die sibirische Schwarzerde soviel ehemalige gutsherrliche wie Kronsbauern) sind ist jedoch bedeutend weniger mächtig und auch nicht natürlich grösstenteils gezwungen , Land von den
so ausgedehnt, wie die des europäischen Russlands,
Gutsbesitzern hinzuzupachten oder sich als Ar-
besitzt auch nicht deren anhaltende Fruchtbarkeit
beiter zu verdingen . Etwa 43 von allen Bauern
und wird daher bedeutend schneller, oft schon nach
könnten jedoch bei einer vernünftigen Bewirtschaf- 4--5 Jahren , ausgebaut. Der Bauer sucht dann immer tung sehr gut von ihrem Lande existieren , das ist
wieder neue Wohnplätze, er flüchtet sich , wie ein
es aber, woran es fehlt. An und für sich genommen , sind die russischen Bauern , was Landbesitz , Höhe
russischer Reisender sich treffend ausdrückt , vor dem
Elend , der Not immer weiter nach Osten und be
der Ablösungsgelder und Steuern betrifft, günstiger merkt dabei nicht, dass das Elend, die Not in ihm gestellt als die französischen , von englischen und italienischen gar nicht zu reden . Selbst in dem ver-
hältnismässig dicht bevölkerten Kleinrussland , wo jetzt durchschnittlich 4-6 Dessätinen pro Bauern-
selber sitzt , in seiner fahrlässigen Art , den Boden zu bearbeiten , in seinem Unvermögen, sich zu einem
rationellen Betriebe aufzuraffen . Dieser Mangel an Initiative, diese Lässigkeit ist freilich noch ein Erb
familie (wenn man sie zu 2-3 männlichen Seelen stück aus den Zeiten der Leibeigenschaft , der Bauer man
war eben nicht gewohnt; selbst zu denken und für sich zu sorgen , er wurde zu unvermittelt in die Freiheit übergeführt. Die von Dr. Meyer für die
Bei einem Vergleich mit
deutschen Landwirte (die doch weit fortgeschrittener
annimmt) entfallen , wäre es nicht allzu schwer, die
8-12 Rubel ( 16—24 Mark) Abgaben zu bezahlen und den Lebensunterhalt zu gewinnen , wenn rationell wirtschaftete.
westeuropäischen Verhältnissen ist allerdings zu be- sind) vorgeschlagene Kontrolle desWirtschaftssystems rücksichtigen , dass Getreide in Russland zwei- bis dreimal niedriger im Preise steht, als in Deutschland oder Frankreich .
Mit einer Umkehr zu einer
seitens des Staates, Vorschriften über Fruchtwechsel,
Düngung, wären für Russland viel notwendiger, und zwar hätte der Staat gleich nach Aufhebung der
rationellen Bewirtschaftung stände es durchaus nicht Leibeigenschaft den Bauern Vorschriften über die so schwierig, die schwarze Erde ist ja ungemein tief- Wirtschaftsweise machen sollen ; denn von selbst gründig (nirgends unter 1/2 Meter) , und ausgebaut
waren dieselben viel zu indolent, und an den Guts
ist ja eigentlich nur die oberste Schicht derselben; besitzern hatten sie mit wenigen Ausnahmen auch der russische Bauer pflügt in der Regel nicht tiefer als 5-6 Zoll, weshalb natürlich anhaltende Dürren
keine Vorbilder.
um so eher eine Missernte veranlassen können . In
wohnten extensiven Wirtschaft belassen , so hätte
Kleinrussland , wo namentlich auf Gütern der Zuckerrübenbau eingeführt ist, wird tiefer gepflügt; freilich ist da der Boden auch stärker ausgebaut, der Zucker-
man den landlosen und zu wenig Land besitzen den gutsherrlichen Bauern genügende Ländereien überweisen und die Besitzer entschädigen sollen ;
Wollte man aber die Bauern
bei der
ge
Die Astronomie der alten Chaldäer.
IOI
sehr viele der letzteren verstanden doch nicht ra- | zubringen , so ist doch sicher, dass es in Russland tionell zu wirtschaften und richteten sich nach Auf- noch bedeutende private Kapitalien gibt , die man hebung der Leibeigenschaft bald zu grunde; nach
für eine innere Anleihe erhalten könnte. Auch die
Tausenden zählen die Schulden wegen verkaufter Schätze der russischen Kirchen und Klöster, die sich Güter. Die Veberweisung zu geringer Landanteile an eine grosse Zahl von Bauern hatte Elend, Steuer-
rückstände, Auswanderung u.s. w. zur Folge. Späterhin sah sich die Regierung denn doch veranlasst,
vielleicht auf einige Hundert Millionen belaufen und noch vollständig unberührt sind , könnten zur Linde
rung der gegenwärtigen Not herangezogen werden . Nur darf man nicht hoffen , mit den bisherigen halben
ihren anfänglichen Fehler einzugestehen und den gar
Maassnahmen den Notstand zu beheben ; jeder Ge
kein oder zu wenig Land besitzenden Bauern durch
bildete in Russland fühlt es , dass die besten und
die Gründung der Bauernbank 1884 Gelegenheit zu geben, genügende Ländereien hinzuzukaufen . Von
tüchtigsten Kräfte herangezogen und einschneidende
dieser Bank versprach man sich zugleich als Mittel
man grundlegender wirtschaftlicher Reformen be
gegen die von den Nihilisten unter dem Volke,
darf, um die gegenwärtige Krisis zu überwinden.
Maassregeln vorgenommen werden müssen , dass
namentlich dem ärmeren Teile desselben , geschürte
Unzufriedenheit grosse Erfolge. Da von dieser Bank jedoch für landwirtschaftliche Verhältnisse viel zu hohe Zinsen festgesetzt wurden (mit Amortisation 712 - 8 "/ % , wogegen die Adelsbank Gutsbesitzern zu 5 °/4 °% [mit Amortisation] Geld lieh ), da ausserdem die Bank kein Recht hatte, selbst Güter zu kaufen , sondern bloss den Vermittler zwischen Guts besitzern und Bauern spielen durfte , so hatten die Bauern ausser hohen Anzahlungen, die sie sich meistens von Wucherern gegen hohe Prozente ver-
Die Astronomie der alten Chaldäer. Von Fritz Hommel (München ). (Schluss.)
3
Nun im Gegensatz dazu die beiden folgenden den Anfang und Schluss der Ea -Bahn bezeichnenden Sterne :
Zeile 13 :
»Stern des Sohnes der erhabenen
Wohnung, Gott Dikud« (= Richter, nämlich des Hades), zwischen Fischziege und Schütze, vielleicht
schaffen mussten , durchschnittlich für das mit Hilfe
sogar $ Ophiuchi selbst, der nach Epping Ka-sil-Pa
der Bank gekaufte Land drei- bis viermal höhere
oder genauer ka-sil- Sigga, da Pa in der hier vor
Zahlungen zu leisten, wie für ihre Anteilsländereien,,
liegenden Bedeutung »unter dem Horizont liegende
deren Ablösungssumme man doch bereits 1882 batte Himmelswölbung “«, babylonisch kummu, die Lesung herabsetzen müssen . Sehr viele der mit Hilfe der sig erfordert, das ist » Anfang der Strasse der
Bauernbank gekauften Ländereien sind wenige Jahre
untern Himmelswölbung« heisst ; syn . damit ist der
später unter dem Hammer verkauft worden ; es wird
Wollte man ernstlich dem ärmeren Teile der Bauern
Gott Pa-sagga (oder besser Sig-sagga) . Zeile 14 : » Stern des feurigen Glanzes, der vor dem (Stern ) In -mi-sharra steht, Gott Nusku «, das ist Mira Ceti, im Walfisch, südlich vom Widder ;
aufhelfen, so brauchte die Regierung bloss die nach
als Stern auch Pab-il-sag (oder besser Sig -bil-sagga ),
Tausenden zählenden , von der Adelsbank rückstän
zu verteilen . Ob es zu so weit ausschauenden Maass
durch das eingesetzte Wort bil » Feuer « von seinem ursprünglich mit ihm identischen Namensbruder Pa -sagga im Schützen unterschieden .") Diese beiden zusammen werden nun rekapitu
regeln kommen wird, ist allerdings eine Frage. Hat
lierend bezeichnet in
jetzt fast von allen Einsichtigen zugestanden , dass die Bank bisher mehr Schaden als Nutzen gestiftet.
diger Darlehenszinsen wegen ausgebotenen Güter zu übernehmen und sie unter die bedürftigsten Bauern man doch im Herbste noch die Ausfuhr gestattet,
Zeile 15 als die Stationen bildenden ( nämlich
als man bereits wusste , wenigstens wissen konnte,
als Ekliptikalsterne im Gegensatz zum Nordpol) der Region I- gurra's (hier = Ea-Region ), Gott Sin
dass es im eigenen Lande zu einer Hungersnot kom-
men würde, hat mandoch die Verproviantierungder am (Mond) und Nirgal«,, weil letztere beiden Götter in schlimmsten betroffenen Gegenden verpasst, so lange besonderem Sinne mit der unteren Himmelsregion noch im Herbste die Schiffahrt auf der Wolga offen und dem dort zu suchenden Hades (vgl. z . B. meine stand ; jetzt ist auch mit den grössten Opfern nicht Geschichte Babyloniens, S. 401 f.) verknüpft wurden. zu vermeiden , dass in den entlegensten Gegenden
Nun schliesst sich noch mehr als Glosse und auf
ein Massensterben eintritt, was nach den letzten
Zeile 12 zurückgreifend an :
Nachrichten bereits thatsächlich in einigen Bezirken des Gouvernements Ssamara der Fall sein soll .
Mit
am Hungertyphus Erkrankten sind bereits in den meisten östlichen Gouvernements die Spitäler über
Zeile 16 » (dagegen) die ruhenden (im Nordpol zu suchenden ) Götter der Region I -gurra (hier = der oberen Himmelsozean -Region ): Anu und Bel « .
füllt. Indessen muss man sich doch nicht die Lage
gelingen sollte, eine grössere, speziell zur Bekämpfung
1) Man hat dann allerdings oft nicht mehr an diesen Unter schied gedacht, und die beiden , Pa -bil-sag und Pa-sag, mit einander verwechselt. Auch la -sag (bezw. Sig-sagga) hiess wohl urspriinglich (gleich ka -sil-sigga) » sig-haupta d . h . » Haupt
des Notstandes bestimmte Anleihe im Auslande unter-
( oder Anfang ) der unteren Himmelswölbung «.
als gänzlich aussichtsslos vorstellen , wenn grössere Anstrengungen gemacht werden . Wenn es auch nicht
Ausland 1892, Nr . 7 .
14
Die Astronomie der alten Chaldäer.
102
c) Die tikpi-Sterne.
Schwalbe « .
12. » Stern des Fuchses« .
Was diese
Wir kommen nun zu den tikpi-Sternen, drei letzten Sterne anlangt, so stand der »Fuchs besonders
sieben
besonders hervorragenden
(vgl. syrisch
stern « (k. Iul-a) in der Nähe des Fischsternes
tekaph » stark, mächtig seino ) Sternen der Anu- und
(3. Rawl. 53 , 66, wo es heisst : »der Fischstern
Bel-Region der Ekliptik.
und der Fuchsstern erreichen , oder holen ein , den
Auch hier ist eine An
ordnung nach der Lage am Himmel ( von West
Saturn « ), also wohl irgendwo im Wassermann oder
nach Ost) zweifellos. Die Namen lauten :
in den Fischen , da die Stelle des einen Fisches
1. »Stern gam (oder sub)«, das ist wie die Mondstationenliste lehrt, Waffe des Merodach , nämlich
(statt unserer beiden Fische) am babylonischen Himmel bis jetzt noch nicht genauer zu präzisieren
die Hörner des Stieres, ß und 5 tauri .
ist ; Allul ( auch bloss Lulla genannt) und die Schwalbe
2. »Stern des Königs«, dasist Regulus im Löwen. dagegen befanden sich, wie andere Stellen lehren, 3. »Stern Vogel sirinnu « , das ist der Rabe südlich der Jungfrau, der auch bei den Indiern und Chinesen zu den Mondstationen gehörte ; ohne Zweifelder auf der Stange sitzende Vogel der
in der Nähe der Fischziege und des Adler. »Die Schwalbe bildet mit dem Stern der in Sippar ver ehrten Göttin Anunit zusammen die 15. Mondstation ,
etwa zwischen dem Schwanze des Skorpions und dem
babylonischen Grenzsteine, nach den Beschreibungen
Adler, da,wo die Milchstrasse in zwei Arme geteilt ist ,
der Keilschrifttextes aber eher eine kleinere Raub-
weshalb » Anunit und Schwalbe« auch » Tigris und Euphrat« genannt werden . Andererseits wird Allul
vogelart als eine Rabe.
4. » Stern ka-çir- ( oder gu -mush-?) -ni-naji« (worin das zweite Element ni-naji, geschrieben
in einem von Brünnow herausgegebenen Hymnus an Merodach (Zeitschr. f. Assyr., 5 , 58) in engster
vorherEdera)genannt Anunit(und dass Verbindung ein Pfanzennam ni nag-i,»trinkende heisst),Spicasonst(Kornähre), zusammenhängt, o dere, womit auch mit Allul-Stern,
daher wahrscheinlich
Jungfrau. 5. »Stern des li -Instrumentes , das ist wahr-
scheinlich des Joches (bzw. der Wage) .
Stern von Sippar (der berühmten am Euphrat nörd lich von Babel gelegenen Stadt) heisst. Ich möchte deshalb den Allul (Bedeutung unsicher, vielleicht
6. „ Stern der Schlange« , das ist´a serpentis shittu = Netz ?. oder gar = Schildkröte?, da die Grenz Schildkröte neben und an Stelle der
(oberhalb zwischen Wage und Skorpion) . 7. »Stern ni-dar« , das ist der Stern des Gottes
steine eine
Ni-dar, der an anderer Stelle (3. Rawl . 53 , 28) geradezu dem Skorpion (hier genauer ß undò scorp ., nicht Antares) gleichgesetzt wird.
Delphin identifizieren .
Oben, am Schlusse der Auseinandersetzung über
Fischziege aufweisen ) am liebsten mit unserem d) Die Mond- und Planetenstationen. Was endlich die Mond- und Planetenstationen
den Shugi = Orion , habe ich die erste , bis Wage
bei den Babyloniern anlangt, so habe ich von der Liste
gehende Hälfte der »zwölf Sterne des Westlandes
der Mondstationen, die ich in dem Sternverzeichnis
mitgeteilt. Die zweite (beim Skorpion beginnend)
mag sich am besten hier anschliessen : 7. » Stern
5 Rawl . 46 zu erkennen das Glück hatte, schon oben (siehe vorige Nummer) im allgemeinen ge
der erhabenen Herrin « (Nin -mach ), nach einem un-
handelt, wo ich auch die Einteilung der Tafel
edirten, von Jensen, Kosm. S. 71, citierten Texte „Stern des Skorpions«. Die verhabene Herrin« ist
( bzw. ihre Unterbrechung durch die Namen des Nordpol und verschiedener Sterne der zum Nordpol
dieselbe Göttin, deren Sohn (auch „ Sohn des er-
in Gegensatz stehenden Ea-Region, Z. 12—26)
habenen Hauses« genannt) gleich beim Skorpion, skizzierte. Mit dieser Entdeckung, dass hier (wie 8. » Stern des Königs«, hier nicht
in kleineren Listen , so der der » zwölf Sterne des Westlandes« , der sieben tikpi und der sieben lumashi)
der Regulus, der auch von den Babyloniern zugleich
eine wirkliche, nicht zufällige Anordnung vorliege,
mit dem „ Grossen Hund« ( lig -gu -la, d. i . eben Löwe, 3 Rawl. 57, Nr. 8 und 59 , Nr. 13 ) genannt wird, sondern irgendwo im Schützen , in der Nähe des Pa- oder Sigga -Sternes, mit dem zusammen er auch an zwei anderen Stellen vorkommt. 9. »Stern Zalbadânu «, sonst Planet Saturn , hier aber ein Fixstern und zwar wie eine von Sayce edierte Beischrift eines Planisphärenausschnittes zum Monat Kislev (Schütze) beweist, ebenfalls in der Nähe des
war zugleich der Schlüssel zu einer ganzen Reihe von bisher ungelösten Fragen gegeben, so dass es
nämlich im Schützen , zu suchen ist, wie oben ge-
zeigt wurde .
Schützen . )
mir dadurch wie durch die schon vorher von mir
gewonnenen festen Punkte nun gelungen ist, von den c. 90-100 aus den astronomischen Texten und Listen bekannten Fixstern-Namen über 85 (also etwa neun Zehntel !) entweder bis auf den einzelnen Stern ( bzw. Sternbild) hinaus oder wenigstens der
ungefähren Lage nach zu bestimmen.
Bevor ich
der
nun die 16 Sterne (d . i . die ersten zwei Drittel
1) Für den Monat Arach -samna (Skorpion) steht daselbst am inneren Rande (also mehr nach dem Pol zu) Girtab (Skorpion), 70 Grad , am äusseren Lig-bad (Schakal) , 140 Grad ; für den Monat Kislev (Schütze) am inneren Rand Ud-ka-gab-a ( siehe
der 24 Mondstationen) , welche die genannte Liste enthält, kurz aufzähle, sei kurz der 36 Dekane oder Planetenstationen gedacht, welche sich, ohne dass dies bis jetzt jemand bemerkt hat, grösstenteils in den 28 (richtiger 30) Konstellationen , die Epping
10.
„ Stern
Allula .
II .
»Stern
2
oben), 60 Grad , und am äusseren Zalbadânu, 120 Grad .
Die Astronomie der alten Chaldäer.
103
Planeten-
Damit soll übrigens nicht gesagt sein, dass
ephemeriden der Arsacidenzeit errechnet hat, ') wieder finden . Es ist nämlich zufällig aus den betreffenden Tafeln für den Raum zwischen àò capri und nท piscium keine Planeten - Station angegeben, so dass also
man erst in der Arsacidenzeit oder kurz vorher es unternommen hätte, den Tierkreis für Planeten
für Mars und Venusaus chaldäischen
beobachtungen in noch kleinere Abschnitte als 24 , nämlich 36, zu teilen . Die 36 Dekane der alten
4-5 Dekane fehlen ; rechnet man nun dazu die Ägypter, von denen wir schon aus der Zeit Setis I. fortlaufende Reihe der 30 aus den Tafeln für y piscium bis ò capri gewonnenen Stationen , so haben wir zusammen schon 34-35 , die sich , wenn man in betracht zieht, dass in Eppings Konstellation Nr. 25 Ka -sil-pa ( it im Ophinchus) wahrscheinlich 2-3
( 14. Jahrhundert v . Chr. !) Verzeichnisse besitzen , und die sicher in die älteste Periode der ägyptischen Kultur zurückgehen , und weiter die 24 sogenannten
.
Stunden-Sterne, 1) deren Listen aus der Zeit 20. Dynastie
(c. 1200 v. Chr.) stammen , beweisen, dass man
Dekane zu einer einzigen Nummer zusammengefasst auf die Idee der Erweiterung des Tierkreises von sind, 2) selbstverständlich zu nichts anderem als den
12 au 24 und ferner auf 36 schon in uralter Zeit
durch Diodor für die Chaldaer ausdrücklich be-
kam , und zwar in Babylonien , wo ja auch die
zeugten 36 Dekanen vervollständigen . Aeusserst lehrreich ist eine Vergleichung der ara-
Wurzeln der ägyptischen Astronomie ( wie überhaupt der ganzen ägyptischen Kultur) liegen. Nur hat im
bischen 28 Mondstationen mit diesen babylonischen
Lauf der Zeit in Babylonien die Nomenclatur (und
36 Planetenstationen der Arsacidenzeit und anderer-
wohl auch die Lokalisierung einzelner Stationen)
seits mit den 24 (bzw. 16 von den 24 ) Mondstationen
sich geändert, so dass die Dekanliste, die wir aus den Planetenephemeriden des 2. Jahrhunderts v . Chr.
der Liste. Auch der arabischen ( ebenso indischen und
chinesischen ) Mondstationen waren es ursprünglich nur 24, und sind erst im Lauf der Zeit zu 28 erweitert worden ; nun sollte man erwarten , dass sie sich am nächsten mit den babylonischen 24 Mond-
nun herstellen können , ein in mancher Hinsicht anderes Aussehen bekommen hat als die etwa des
stationen (von denen uns jetzt 16 der Reihe nach
zwölfgeteilte Tierkreis allein der älteren Zeit be
bekannt sind) berühren, in der That aber schliessen sie sich viel enger an die 36 Dekane der Arsacidenzeit (2. Jahrhundert v . Chr.) an. Das erklärt sich lonische Mondstationenliste geht ihrer Vorlage nach wahrscheinlich in die altbabylonische Periode zurück
deutende Schwankungen und Varianten, wie das eine Vergleichung des Systemes der Grenzsteine ( 12. Jahrhundert v. Chr) mit der allerdings wohl noch viel, viel älteren Liste des Weltschöpfungsepos oder mit dem der Zwölfteilung des Nimrodepos zu grunde liegenden Tierkreise lehrt.
oder wenn nicht, dann doch wohl noch ins Ende
Trotzdem die Planetenstationen der Arsaciden
jedenfalls aus der verschiedenen Zeit.
Die baby-
2. vorchristlichen Jahrtausends, wofern wir eine solche noch besässen. Zeigt ja doch schon der
des 2. Jahrtausends, die 36 Dekane der Arsacidenzeit zeit aus Eppings Buch jedem , der sich näher dafür dagegen , die schon durch ihre zum Teil den alten Texten fremder Namen die spätere Entwicklung
interessiert, bekannt sind, so ist eine kurze An
verraten , stehen zeitlich der Epoche, in der die
kommen, zumal die Namen bei Epping nicht überall
Araber mit dem System der Mondstationen bekannt
richtig transskribiert sind.
wurden , näher.
Ausserdem setzen auch die Dekane
führung derselben vielleicht doch manchen will
1.
Mul (so ist Eppings te auszusprechen)
deutlich die Entstehung aus dem 24teiligen Tier-
Plejaden .
kreis (eben den Mondstationen, wie ihrerseits diese aus dem zwölfgeteilten) voraus, indem sie nur eine Erweiterung desselben darstellen ; so wurde z. B.
schon Artikel I), Aldebaran .
eine ursprünglich nur eine einzige Nummer bildende
nördlicher und südlicher.
Station , wenn sie zufällig aus zwei besonders in
die Augen fallenden Sternen bestand , durch die Unterscheidung eines vorderen und hinteren dieser beiden Sterne zu zwei Nummern erweitert.
In der
That kommen , wenn man die Dekane der Arsa-
cidenzeit auf diese Weise reduziert (also statt vorderer
und hinterer der Zwillinge nur einfach Zwillinge setzt), gerade 24 statt 36 Nummern heraus, die aber
sich nicht
immer mit
den Stationen
der
aus älterer Zeit stammenden » Liste« (5. Rawl . 46) decken .
2.
Pidnu (geschrieben gish -da) » Furche « ( siehe
3. 4 .
5. 6.
» Stier des Wagens« (B und § tauri), »Mund (d . i. Anfang der Zwillinge«
(4 und gem .), vorderer und hinterer.
7. » Zwillinge des Hirten« ( d. i. des » treuen Hirten des Himmels«, oder des Sib -si-anna -Sternes siehe schon oben )
8. 9.
gemin .
» Zwillinge« ( 9. und
gem ., Castor und
Pollux), vorderer und hinterer. 10. II . » Spindel«, pulukku (7 und ò im Krebs), vorderer und hinterer.
12. 13. 14 :
» Kopf des Löwen « (e leonis) . „ König «, Regulus . »Vierter Sohn hinter dem König« (pleonis) .
*) Epping, Astronomisches aus Babylon, S. 117--133 (wohl der wichtigste Abschnitt dieses bedeutsamen Buches). 2) Dieser Konstellation ( zwischen Antares und 4. Capri ) ent-
sprechen allein 3 von den 28 (statt 36) der arabischen Mond-
1) Dass es ursprünglich 24 waren , hat kürzlich G. Bil . finger (Die Sterntafeln von Biban -el-Moluk ) überzeugend nach
stationen !
gewiesen,
Die Astronomie der alten Chaldäer .
104
15.
» Schwanz des Löwen « , Denebola.
( gir und gir- tab ), » Schütze « ( pa, bzw. sig, Ab
» Hinterer Fuss des Löwen « (s virginis). kürzung für ka-sil-sigga, siehe oben ), » Ziege« (gus), 17. » Rind der Vorderseite der Jungfrau« gu (unser Wassermann ),) » Fisch « (nunu, daneben 11 virginis), wozu man die auf der Kuh stehende auch zib, was eine Abkürzung vielleicht für sibbatu Aehre der Grenzsteine vergleiche.
» Schwanz« scil. des gu, sein könnte). Dass ku
18. » Herold (?) der Jungfrau«, Spica (a virginis). Widder und a Löwe ist, steht schon bei Epping ; 19. 20.
„ Wage« (o und ß librae ), südlich und
nördlich .
21. 22. »Kopf des Skorpions« (ô und ß scorp.), oben und Mitte.
dass aber in diesen Bezeichnungen Abkürzungen für die babylonischen Wörter kusarikku » Widder «
und arů »Löwe« stecken, hat dann Jensen erkannt , ebenso, dass in den Zeichen für unseren Krebs
23. chabrud (Bedeutung unsicher), Antares. 24. (bzw. 24–26) »Gegend der Mündung
( zwischen Zwillingen und Löwe) und für den Caper die Ideogramme für pulukku (nach mir = Spindel ,
der Strasse des Sigga« (ka -sil -sig, siehe oben) $ im vgl. die Grenzsteine) und für »Ziege« vorliegen . Ophiuchus. Dagegen ist es ein wenig übertrieben , wenn er 25. (bzw. 27) »Horn der Ziege « (n. oder i sich in seiner Besprechung von Eppings Buche rühmt , capri) .
in seinem Werke über die Kosmologie unabhängig
26. 27. (bezw. 28. 29.) » Fischschwanz der Ziege« ( und ò capri), vorderer und hinterer. (bzw. zwei Namen ).
von Epping eine ganze Reihe der Tierkreisbilder aus den älteren Texten richtig eruirt zu haben .
» Hinterer Fuss des gu « (x aquarii ) , Epping
entspricht, hatte schon Sayce gesagt, ebenso dass eines der drei Zwillingspaare des babylonischen
(zwei Namen , bzw. auch nur
Himmels den Zwillingen des Tierkreises entspricht; auch der Skorpion -Stern war schon längst für den Skorpion des Tierkreises erklärt worden . Die »ganze
S. 134 .
einer). 34.
» Band des Fisches« .
35. 36.
»Kopf des Widders « (3 und o arietis),
Dass der „ Fisch des Ea « dem Fisch des Tierkreises
Reihe« Jensens reduziert sich lediglich darauf, dass er den Widder und den Stier in gegenseitigem Zu
vorderer und hinterer.
Bemerkenswert ist der kaum anders als oben
sammenhang nachgewiesen (Kosmologie, S. 60 ff.
geschehen zu übersetzendeNamedes 3. und 4. Dekans nebst der, eine der besten Partien seines Buches ( »Stier des Wagens« ). Die Beziehung auf den Wagen wird verständlich , wenn man sich erinnert, dass im Stier sowohl als im Nordpol (Bär) der Gott Anu lokalisiert ist, ähnlich wie auch der Gott In -mi- sharra (a ceti südl. vom Widder) nach Jensen
bildenden scharfsinnigen Auseinandersetzung S.91-93) und weiter die Zwillinge in Zusammenhang mit dem Stier (S. 64 f.), und endlich, dass er für das schon von Lenormant auf babylonischen Siegel zylindern nachgewiesene Bild der Ziege mit dem
mit dem Stern Durruna ( d. i. aber nur ein anderer Fischschwanz (= unserem Caper) den entsprechenden Ausdruck für Nordpol als der „ Ruhende « ) durch ein » Band « verknüpft erscheint. Was für ein
Ausdruck (Ziege = Kopf des Ziegenfisches) keilin schriftlich eruirt hat ; auch gehört noch Jensens
schönes poctisches Bild, der Himmelswagen in der Entdeckung der Identität des Sternnamens sibanîtu Nähe des Nordpoles, vor ihm als Lenker der Fuhr- | (was aber „ Wage« und nicht » Skorpionscheren « mann (denn auch der Name dieses Sternbildes bedeutet, wie ich in Artikel I gezeigt habe) mit geht wohl auf babylonischen Ursprung zurück, ja der arabischen Mondstation as -subânâ (2 und 3 wird jetzt erst verständlich), der mit straffem Zügel librae), nicht aber (wie ich früher, Jensen folgend,
zugleich dem » Band, das Himmel (Nordpol) und Erde (Horizont) verbindet «
glaubte), dass der gu-la -Stern der Schütze sei, hierher.
die an den Wagen | Dass die Ehre, den babylonischen Ursprung des
geschirrten Sonnenstiere hält . Zum Fuhrmann (darin
Tierkreises aufgezeigt zu haben, schon Jensens Vor
der ash -kar - Stern das ist das „ weibliche Zickchen «
gängern angehört, wurde bereits in Artikel I ausge
Capella) bemerke ich , dass der Kopf des gam
führt.
Sternes (B und § tauri) das »Lämmchen « (oder
für die Arsacidenzeit durch astronomische Rechnung (also mit mathematischer Sicherheit !) festgestellt zu haben, ist Eppings rühmliches Verdienst. Zuerst
Zickchen ), kirru, heisst.
Da, wo in diesen Ephemeridentafeln die heliaki-
Alle Bilder in zusammenhängender Reihe
schen Auf- und Untergänge der inneren Planeten den vollständigen Tierkreis in seiner Zwölf- wie Merkur und Venus näher bezeichnet werden, geschieht | Vierundzwanzig - Teilung auch für die ältere Zeit
dies nur durch die allgemeine Angabe einer der zwölf nachgewiesen und ausserdem fast allen übrigen Stern Wir bekommen so die Reihe :
namen ihren richtigen Platz am Himmel gegeben
» Widder« (ku, Abkürzung für kuçarikku), » Stier«
zu haben , das darf nun wohl der Verfasser dieser Artikel über die Astronomie der alten Chaldäer
Tierkreisstationen !
(mul, das gleiche Ideogramm wie oben bei den
Dekanen , Nr. 1 ), »Zwillinge« (mash ), » Spindel« als den redlichen Gewinn seiner im Februar 1891 ( pulukku ), »Löwe« ( a, Abkürzung für arů), » Jung- begonnenen Arbeit beanspruchen. frau « (ki, Abkürzung für ki-gulla, eigentlich die Nun aber nach dieser notwendigen Ab Reine, d. i . die Jungfrau), „ Wage« (bir), „ Skorpion « schweifung noch kurz zu der Mondstationenliste >
Die Astronomie der alten Chaldäer.
5. Rawl . 46.
Verschiedenes, was hier nicht mehr
IOS
und 2. 25 die Waffe des Ea, ' ) das ist wahrscheinlich
gesagt oder wenigstens des Raumes halber nicht die Cassiopeia (vgl . den Zusatz »mitten im Ocean «, näher begründet werden kann , finden die, welche womit hier die Milchstrasse gemeint sein wird ) sich genauer informieren wollen, in meiner Ende Juli aufgezählt worden waren . Mit diesen chaldäischen Mond- und Planeten abgeschlossenen Abhandlung über die arabischen stimmen nun , wie schon angedeutet wurde, stationen erscheidemnächst Orte anderem an die Sternnamen, nen wird. Ich teile deshalb hier nur in aller Kürze die im grossen und ganzen die arabischen Mondstationen
Namen (mit Weglassung des teilweise schon bespro-
in oft überraschender Weise überein ; die wieder
chenen Exkurses Z. 12-26) und ihre Identifikation
mit den arabischen auf eine babylonische Quelle
mit, indem ich auch die für die Bedeutung der Sterne
zurückgehenden Mondstationen ( Nakshatra, Sieou) der Inder und Chinesen zeigen jedoch die bemerkens
oft sehr wichtigen Namen der Götter, welche diesen Sternen beigegeben wurden , weglasse : I. Stern der » Grundlage « , Plejaden. 2. » Schakal« (lig-barra), Aldebaran . 3. gam (oder sub) das ist Wafte der Hände Merodachs, ß und &. 4. » Die grossen Zwillinge «, Castor und Pollux. s . » Die kleinen Zwillinge «, Asellus borealis u. austr. (1 und 9 im
Krebs) .
6. »Königstern «, Regulus (griech. Basiliskos von der unter dem Löwen liegenden Hydra, daher unser Basilisk), a leonis.
7. Chegalai (Fruchtbarkeitstern ), wahrscheinlich Denebola ( 3 leonis ). Oder ( wie bei den Chinesen)
werte Abweichung, dass sie an zwei gegenüber
liegenden Stellen der Ekliptik nach dem (damaligen ) Aequator hin abschwenken , nämlich einerseits nach
den Bildern der Hydra (südlich vom Löwen ) und des Raben (bei den Chinesen auch noch des Krater oder Bechers ), andererseits denen des Adlers und Delphins. Auch das geht auf die Babylonier (man vergleiche nur die Hydra und den auf der Stange sitzenden sirinnu--Vogel der Grenzsteine), aber aufeine ältere Epoche, zurück . Dass auch das wenige, was wir von den astronomischen Vorstellungen der alten Hebräer wissen, nach Babylonien weist, sei hier nur kurz berührt.
Wenn es im Buch Job
8. Bal-ur -a (Wachstumstern ?), 1 (oder ") der
heisst (38, 31 f.): »Kannst du die Bande der Kîmah . (d . i. der Plejaden) oder die Fesseln des Kesil
Jungfrau ? 9. » Glanzstern « ( šu -pa, semitisch namru ) Spica,
(Orion, so doch wohl besser als Ophiuchus, dessen Gegengestirn der Orion ist) lösen ? kannst du
0. virginis . )
herausführen die Maszaroth zu seiner Zeit und die
9. im Becher ? oder ß virginis ?
Nach der Unterbrechung (2. 12—26 ), von der ajish (Bärin ) samt ihren Jungen (letztere e, “ und schon gehandelt wurde, beginnt der Verfasser der Liste aufs neue, weshalb er nochmals die Spica , nur unter anderem Namen, wiederholt:
9. Stern Dar -lugalla (d . i. der Mondgott, als Vater der Istar, der göttlichen » Jungfrau« ). 10. » Totenstern «, x der Jungfrau (arab . Mondstation ghufr » Decke« als Leichentuch ?)
11. » Schlangenstern «, fl oder 0. Serpentis (in gleicher Länge wie die Wage). 12. »Skorpion « , ò und 3 scorp . 13. » Schakal«, Antares (a scorp .). 14. und 15. » Anunit« (Istar) und » Schwalbe« , 1 und 2 scorp . oder in der Nähe dieser beiden . 16. » Diadem des Meeres « (mu-sir -a -baba ) oder
des grossen Bären) leiten ? « und in demselben Buche 9,9 oder die 'âsh (Bärin ), den Kesîl und die Kimah (also Orion und Plejaden) schafft, und die Kammern (bzw. Stationen , Sonnenhäuser) des Südens «, so sind an ersterer Stelle die Sonnen
stationen mit ganz dem gleichen Namen genannt wie bei den Babyloniern (massartu, mazsaltu, daher auch hebr. massaloth neben mazsaróth, ursprünglich mansastu , mansartu , mancaltu , von letzterem arab.
inanzil ), während an der zweiten Stelle die Stationen
der südlichen oder Ea - Abteilung der Ekliptik dem Nordpol und dem Anfang der Ekliptik (Plejaden , Orion) gegenübergestellt sind . Dass die mascaróth wirklich die Tierkreisstationen sind, lehrt auch die
Stelle 2. (4.) Könige 23,5 , wo Sonne, Mond und Mazzaloth gerade so zusammen genannt sind wie Milchder Rand am Schützen des >>Stadt« ?) bei Die Liste bricht nun ab mit strasse . in Josephıs Traum ( 1. Mose 37,9) Sonne, Mond 17. » Ziege« oder »Kopf der Fischziege« q . capri, und die elf (mit Josephs Stern zwölf) Sterne . der ersten Station der Ea -Abteilung der Ekliptik , In obigem nicht erwähnt wurden die Sterne » Stern von Eridu «
(arab. Mondstation balia d. i .
nachdem schon in dem sich an den Nordpol (Z. 12) gu -la (vollere Form für gu) = 3 aquarii (nördlich anschliessenden Exkurse einige wichtige Sterne der- vom Caper, später hiess dann das ganze Bild des selben, so Z. 14 der Feuerstern, Mira ceti , (2. 20
Aquarius gu ), im -shu -niginna (d . i . » Kohlenbecken «,
der Pegasus, Z. 21 der Widder, Z. 24 der Deneb
der » Schmelztiegel« der Grenzsteine) und Zamama (sonst = Gott Nindar oder Mars, aber auch ein Sternbild ebenfalls in der Nähe des Steinbockes) und
1) Die Bemerkung zu No. 9 auf Z. II „ Bel Bestimmer des Schicksalsa und auf Z. 27 » Monat Tishrî « deutet auf ein zweites Neujahrstest zu Anfang des Tishrî (statt Nisan ), wie es ja die Juden als alleiniges Neujahrsfest haben , hin , des Tishrî = » Anfang« ), in dem der betreffende Stern heliakisch auf-
1) Die nächste Zeile (26) ist als Glosse dazu zu betrach ten : der Stern mulla dagegen (ß und “ tauri, siehe oben No. 3 und vgl . den Namen mul des Stieres (wie speziell der Plejaden)
gieng.
in der Arsacidenzeit) ist die Waffe der Hände des Merodach « .
>
Die Christensekte der Nestorianer .
106
noch einige Sterne der älteren Texte, welche mir zu identifizieren noch nicht gelungen ist , so die
neueste Zeit herein gewaltsamen Plünderungen unter worfen sind. Diese Christen sind die Nestorianer,
Sterne Tir-anna (Aehrenwald ? nach Sayce Nordpol), und mitten in tiefen Thälern, die von fast ungang numushda (dem Gotte Rammân oder Wettergott,
baren Bergen umschlossen sind, liegt Dschulamerk,
ciner Erscheinungsform des Bel , geweiht ), arùa (auch gish-a-ru, was auf einen Waffennamen hindeutet) und wenige andere. Da es auffallend ist, dass von den Sternen erster Grösse der rotglänzende
die Hauptstadt und der Wohnsitz ihres Patriarchen .
(von den Arabern in enge Beziehung zur Spica gesetzte) Arkturus (arab. » der lanzenbewaffnete
dehnt sich südwärts längs des Tigris im Westen un gefähr ebensoweit aus , indem es die assyrischen
simâk, während die Spica der » waffenlose simâku
heisst) noch unter den bisher identifizierbaren Sternen
Berge und Ebenen bis nach Mossul oder dem alten Niniveh im Südwesten umfasst, im Osten aber
fehlt , so ist es nicht unmöglich, dass er in einem
schliesst es mehrere der schönsten und fruchtbarsten
Ihr Land , genauer gesprochen , erstreckt sich vom Tigrisstrome, längs der südlichen Grenze von Arme nien , ins nördliche Persien mehr als 460 km , und
>
der beiden letztgenannten , wahrscheinlich in dempersischen Ebenen ein. Den Namen Nestorianer, a -ru ( oder a -ri) heissenden Sterne, zu suchen sein
welchen wir ihnen gewöhnlich beilegen, lieben sie
wird, zumal sowohl die Jungfrau als der a-ru-Stern
selbst nicht, sondern nennen sich Nisrani und
von den Babyloniern mit der Göttin Istar identifi-
sind unter diesem Namen ihren Nachbarn bekannt.
ziert wurden .
Nasrani ist eben das Wort , das im Arabischen
Blicken wir nun zum Schlusse zurück, so hat gewöhnlich gebraucht wird, um alle Christen zu be sich uns in der Astronomie der alten Chaldäerzeichnen , und wird im allgemeinen als gleichbe eine
wunderbare
Kettenreihe
von
Beziehungen deutend mit Nazarener betrachtet.
entrollt, die in ältesten Tagen an den Ufern des Euphrat beginnen und von dort weithin über
Raum und Zeit bis zu uns spätgeborenen Kindern des fernen Westens sich erstrecken . in sternen hellen Nächten staunend
Wenn wir und
vom
Schauer der Unendlichkeit durchdrungen gen Himmel blicken und die ihre stillen Bahnen dahinziehenden Bilder bei Namen nennen , wenn wir so den
»Wagen « , die »Milchstrasse «, den „Stier« , die » Zwillinge« und wie sie alle heissen, die leuchtenden
Kinder der Nacht, verfolgen , so reden wir damit
In der That
scheinen sie zu fühlen , dass es ein genereller Aus druck ist , und fügen zuweilen »Siriany « bei , um damit ihre Sekte zu bezeichnen , so dass sie sich also >
» syrische Christen « nennen . Der Ursprung der christlichen Sekte der Nesto rianer ist vollkommen klar und deutlich. Ein gebor ner Chaldäer, Nestorius , der Presbyter in Antiochia gewesen , wurde im Jahre 428 zum Patriarchen von Konstantinopel erhoben. Um diese Zeit bewegte die christliche Welt der Streit um
die Einführung
der bis dahin völlig unbekannten Marienverehrung.
in einer uralten, längst erloschenen Sprache, deren Das alte Christentum wusste noch nichts von einer Worte wir zwar noch verstehen , deren ursprüng- » Mutter Gottes , und auch Nestorius verweigerte
licher Sinn uns aber für immer abhanden gekommen
der Jungfrau Maria diesen Titel ; er lehrte, das Gött
wäre, wenn nicht die babylonische Litteratur in
liche und Menschliche in Jesus habe auch nach der
unseren Tagen ihre Auferstehung gefeiert hätte. Vereinigung zu einer Person sein eigentümliches Es ist so gelungen, die früheste Geschichte der Astronomie, dieser ältesten aller Wissenschaften, zu entschleiern denn in eine Zeit, wo man noch
Wesen bewahrt , und man dürfe daher Maria nicht als Gottesgebärerin , sondern nur als Christus gebärerin bezeichnen. Dies machte man ihm zum
nicht an Philologie und Rechtslehre dachte, wo die
Vorwurf, der Patriarch Cyrillus von Alexandrien
Medizin noch in den Händen von Zauberpriestern
klagte ihn an , dass er die beiden Naturen in
lag und nur erst in abergläubischen Besprechungen
Christus zu zwei Personen mache, und das dritte
bestand, wo es noch keine theologischen und philo- | allgemeine Konzil zu Ephesos 431 verdammte des
sophischen Systeme gab, gehen die Anfänge der Nestorius Ansichten . Er selbst wurde abgesetzt und Beobachtung des gestirnten Himmels und seines von Ort zu Ort geschleppt , bis er ums Jahr 450 Laufes zurück – und damit eines der ersten Kapitel i eines kläglichen Todes starb. Aber noch länger als der Kulturgeschichte der Menschheit zu schreiben . zwei Jahrhunderte dauerte der Streit, wozu er An lass gegeben . Die seit 435 in Syrien konstituierte
Partei der Nestorianer flüchtete später vor den Ver
Die Christensekte der Nestorianer. Von Friedrich v. Hellwald (Tölz) .
folgungen der Reichskirche nach Osten, wo sie sehr
Kurdistân ist ein ungemein wildes , gebirgiges
Ktesiphon ward ihr Hauptsitz, und die Nestorianer,
Land und wird von zahlreichen Stämmen eines noch
welche nacheinander diesen Stuhl einnahmen , wur den als Patriarchen des Ostens « bezeichnet. Dass
wilderen Volkes , der Kurden bewohnt, die mohammedanischen Glaubens sind , unter denen und in
beträchtliche Ausdehnung gewann .
Seleukia oder
diese Kirche grosse Lebenskraft besass, ergibt sich aus
deren Nähe jedoch viele Christen ihre Wohnsitze
der Ausbreitung ihrer Missionsthätigkeit. Ausser dass
haben, wo sie freilich von Seiten dieser furchtbaren Nachbarn gesetzlosen Erpressungen und bis in die
sie, fast bis zur Ausschliessung aller anderen Christen , den ganzen Landstrich einnahm , welcher das neuere
Die Christensekte der Nestorianer.
Königreich Persien bildet, war sie einerseits zahlreich in Mesopotamien und Arabien, hatte ihre Metropolitane in Syrien und auf Cypern , und einen Bischof selbst auf der Insel Sokotra am afrikanischen
Osthorne. Andererseits waren syrische Christen von Malabar in Hindostan Nestorianer und erhielten ihren Bischof aus Seleukia . Nestorianische Kirchen bestan-
107
Natur ihrer rauhen Umgebung sich angepasst hat. Sie wurden wild und misstrauisch , argwöhnisch
und rachsüchtig, kaum minder roh als ihre isla mitischen Nachbarn , wenngleich ihre Wildheit von den ihnen feindlich gesinnten Mohammedanern stark übertrieben wird . Dem Stamme der Tijari sollen freilich Räubereien noch mehr Vergnügen machen, als selbst den Kurden. Im allgemeinen werden sie jedoch bloss als ein thatkräftiges, freiheitsliebendes und streitbares Volk geschildert, bei dem allerdings
den in Transoxanien bis gegen Norden im chinesischen Ostturkestan, und in den entlegenen Regionen der Mongolei nahm der Grosschan der Tataren den Rang eines Presbyters in der nestorianischen Kirche Blutrache herrscht, das sich aber sonst durch freieren ein . Insbesondere ward auch das weite chinesische Umgang und anständige Sitten auszeichnet . Von Reich durch den Eifer und den Fleiss der Nesto- den Kurden in ihren Bergfesten angegriffen und zu rianer erleuchtet. Von den sassanidischen und ara- Tausenden unbarmherzig niedergemetzelt, erwachte bischen Dynastien Asiens wurden sie im Ganzen der Unwille der christlichen Regierungen Europas geschützt , und nestorianische Christen wurden zu bei den Gräueln , die verübt worden waren , und die vielen Vertrauensämtern zugelassen . Als die Mon- Pforte wurde genötigt, einzuschreiten . Ein in diese golen jedoch Moslemin wurden , lernten sie das wilden Grenzgegenden gesandtes Heer brach die nestorianische Christentum verfolgen. Timur ver- Macht der Kurden und begründete die regelmässigere bannte es aus Transoxanien, und indem er es in der
und minder ungerechte Regierung des Sultans durch
Mongolei vertilgte oder wirksam zurückdrängte, verfolgte er Massen von Nestorianern Persiens bis zum
das ganze kurdische Gebirgsland hindurch. So be sitzen jetzt die Gebirgsnestorianer unter einer regel
Tode. So war deren Zustand, als die Missionen der
mässigen türkischen Regierung mehr, als sie in
römischen Kirche sie in ihrer Abgeschiedenheit in
ihrer früheren unverantwortlichen und zweifelhaften
je hätten besitzen können. Bergen Kurdistâns ausfindig machten und ihrem Unabhängigkeit den Minder günstig ist der Zustand dieses Zwecke zu unterwerfen versuchten . Schon unter
Volkes
Alexander III. , Innocenz IV . und Nikolaus IV. be-
in Persien ; ja man kann ihn dort verkommen ,
gannen die Unionsversuche mit der römischen Kirche,
jämmerlich und sklavisch nennen , denn die Nesto
infolge welcher die Nestorianer im Jahre 1551 über
rianer werden von den Moslemin heftig unterdrückt und verfolgt. Ihre Frauen, Schwestern und Töchter werden ihnen entrissen, manche von ihnen werden getötet, andere kommen um durch Gewalıthaten
die Wahl eines neuen Bischofs unter sich zerfielen und ein Schisma entstand.
Ein Teil trat zur rö-
mischen Kirche über und bildete die sogenannten
unierten Nestorianer, die man jetzt gewöhnlich
und Hungertod, wieder andere vermögen sich nur
Sie zählen etwa
durch Flucht vor dem Feinde zu retten . Ein grosser Teil des Druckes wird verursacht durch die Agas
chaldäische Christen nennt .
20000 Köpfe, erkennen den päpstlichen Primas an und beobachten den Ritus der griechischen Kirche;
oder Gutsbesitzer. Auch wenn keine weiteren An
an sie gemacht werden , so ist doch der ihr Patriarch hat seinen Sitz in Diarbekr und wird sprüche vom Papste ernannt. Die nichtunierten Nesto- Gewinn der Bauern aus ihren Feldern sehr gering. rianer hausen in den angegebenen Sitzen in Mesopotamien , Persien und Syrien , die Bergnestorianer
Die Felderzeugnisse werden in drei Teile geteilt : zwei Teile erhält der Aga kraft seines gutsherrlichen
hauptsächlich in den unzugänglichen, wasserreichen
Rechtes, mit dem übrigen dritten Teile muss der
Thälern zu beiden Seiten des grossen Zab in der Landschaft Tijari, wo ihre Steinhütten zerstreut unter gewaltigen Nussbäumen liegen . Man findet sie
Bauer nicht nur sich und seine Familie ernähren ,
-
sondern auch alle die zufälligen Ausgaben bestreiten, welche durch den Betrieb des Gutes und die vielen
durch das ganze Gebiet des Kurdenstammes der
zufälligen Forderungen des Agas veranlasst werden .
Hakkiari, über die Hochebene Albagh hinüber bis Mitten in diesen
Und solche Forderungen werden bei jedem un bedeutenden Anlass erhoben . Das persische Gesetz
tiefen Thälern, von Schneegipfeln umschlossen , liegt
nimmt nur sehr geringe Rücksicht auf die Christen,
unfern von Dschulamerk der Wohnsitz des Patri-
ausser wo es Abgaben betrifft, welche recht eigent
archen zu Kotschhannes, mitten im Herzen Kur-
lich deren Knechtung und Unterdrückung herbei
an den Urumiahsee in Persien .
distâns. Dieser übt nicht bloss geistliche, sondern auch
führen sollen .
weltliche Oberherrschaft und soll im Notfalle ein
er zwölf Jahre alt ist, und jede Haushaltung eine
ziemlich beträchtliches Heer ins Feld führen können .
jährliche Abgabe bezahlen, daher die Familien nur
So muss jeder Christenknabe, wenn
Haushaltungen bilden , wenn die In diese entlegenen Hochthäler, auf diese grossartigen dann besondere Notwendigkeit sie dazu zwingt. Die Ab
Alpentriften , wo der Steinbock weilt und der Bär in den einsamen Gehöften täglicher Gast ist, wagten
äusserste
sich in früheren Tagen nicht einmal die raublustigen
und Grausamkeit und oft vor der Zeit abgefordert;
Kurden . In unseren Tagen drangen indes öfters Besuche zu diesen Bergnestorianern, deren Charakter der
die ungerechte Handhabung des Gesetzes zu leiden .
gaben werden von den Soldaten mit vieler Gewalt am meisten hat aber das nestorianische Volk durch
Die Christenschte der Nestorianer.
108
So ist es schwer, vor einem mohammedanischen Ge-
etwas verstanden.
Sie besitzen in dieser veralteten
richtshofe den giltigen Beweis zu führen , dass ein Sprache fast die ganze heilige Schrift, jedoch in Moslem einen Christen getötet hat, denn die Christen können vor dem Gerichte kein gesetzliches Zeugnis geben . Sie dürfen auch nicht ihr eigenes Vieh töten , sondern müssen hierzu einen Muselman an-
sehr seltenen Abschriften . Die einfachen Vorschriften der zehn Gebote - die
gegen Lüge und Verletzung des Sabbats besonders
wurden von ihnen freilich leichtsinnig und fast all
stellen, denn die Haut des Tieres bildet einen Teil gemein gebrochen. Man pflegte allerdings am Sab der mohammedanischen Kleidung, welche unrein
bate nicht zu arbeiten, allein man besuchte Festlich
werden würde , falls das Tier von einem Christen geschlachtet worden wäre. Und da man die Christen für unrein erachtet , so sind sie auch von den
keiten , trieb Handel und machte an diesem ge heiligten Tage andere Geschäfte in weit grösserem Umfange, als an den anderen Tagen der Woche.
Märkten ausgeschlossen und können also auch den geringen Anteil ihrer Erzeugnisse , der ihnen noch gelassen ist , nicht mit Vorteil verkaufen. Der Hass und die Verachtung, welche sie von den Moslemin erleiden , stellt sich deutlich heraus, so oft sie
Falschheit schien unter allen Klassen viel gewöhn
ihnen begegnen. Die traurige Notwendigkeit ihrer
Versuchung zu diesem Laster ist gross, da das frucht bare Land gleichsam ein grosser Weingarten ist
Lage zwingt sie, einem Mohammedaner den Friedensgruss zu geben , der aber stets in höhnischer Weise aufgenommen wird . Allerdings hat sich seit der Ankunft
von
amerikanischen Glaubensboten
das
geistige Leben und die Wissenschaft unter den Nestorianern sehr gehoben, aber ihre Schulen und
licher zu sein als Wahrheitsliebe , auch wenn nicht
der geringste Grund vorhanden war, die Lüge der Wahrheit
vorzuziehen .
Ueberdies herrschte Un
mässigkeit in einem furchtbaren Grade vor.
Die
und den Wein fast ebenso wohlfeil liefert, wie der Brunnen das Wasser. Wenn man diese Leute
an die Sünde und die Unverträglichkeit dieser Laster
mit
dem
christlichen Namen
erinnerte,
so pflegten sie das Unrecht anzuerkennen , ent
der Fortschritt im Wissen haben die Eifersucht ihrer
schuldigten sich aber gleichzeitig mit ihrem ge
Feinde nur gereizt.
drückten politischen Zustande , in dem das Lügen, wie sie sagten, oft unumgänglich sei, um sich gegen Uebervorteilung und Unterdrückung ihrer moham
Die Nestorianer erkennen bloss zwei Sakra-
mente an : Taufe und Abendmahl; sie verehren keine
Heiligen und üben die Priesterehe, die sich jedoch medanischen Herren zu schützen. Diese Zustände nicht auf die höheren Grade erstreckt . Zumal der Patriarch oder »Melek « in der Volkssprache Marschum « genannt darf nicht heiraten und
auch keine tierische Speise geniessen. Unter ihm gibt es Priester oder Presbyter, genannt » Kaschischa «
haben eine Besserung erfahren , seitdem die Nesto rianer zum erstenmale von den protestantischen Mis
sionaren Smith und Dwight besucht wurden, die
ihrer Kirche, die fast eine protestantische Einfach-
auf eine Forschungsreise unter die armenischen Christen gesendet waren . Von Mar Johanan , einem der nestorianischen Bischöfe, willkommen geheissen , beschlossen sie eine Mission unter ihnen zu begründen,
und Diakonen oder » Schamchona .
An den Formen
heit haben , bängen die Nestorianer mit ausserordent-
und Dr. Perkins ward als erster Missionar ange
licher Zähigkeit und würden viel lieber sterben , als sich z. B. eine Verletzung ihrer periodischen Fasten
stellt.. Er erreichte die Nestorianer im Jahre 1834
zu schulden kommen lassen .
Allein bei all der
vinz geführt, wo er überall herzlich bewillkommt
strengen Pünktlichkeit, womit sie an dem Buchstaben der Formen ihrer Religion hängen, sind die Nesto-
wurde die Presse in Thätigkeit gesetzt, bis 1846
rianer, als solche, tot. Leben und Macht des Christen-
eine Ausgabe des Neuen Testamentes, sechs Jahre
und ward durch einen beträchtlichen Teil der Pro
wurde.
Man begründete eine Schule , und 1840
tums sind von ihnen gewichen. Von Sinn fürRe- später aber die ganze Bibel im Druck und in einer generation schien selbst in ihren einsichtsvollsten Geistlichen keine Spur vorhanden zu sein , und ihre
Sprache, welche das Volk verstehen konnte, vollendet war. Auch dem Predigen wurde ausgedehnte Auf
Werke wurden nicht vollkommen gefunden vor
merksamkeit geschenkt in den Missionsgebäuden
Gott. Von einigen Lastern indes waren die Nestorianer, als Volk, im allgemeinen frei.. Das siebente
und den Dorfschulen ; bald war das Volk nicht
mehr zufrieden, wenn es in seinen Kirchen keine Jetzt haben die Missionare
Gebot wurde vergleichsweise nur wenig unter ihnen
Predigt hören konnte.
übertreten, was um so merkwürdiger und interessanter ist, wenn man ihre Lage inmitten der verdorbenen Mohammedaner berücksichtigt. Mit der
ihre Bergstation in dem Dorfe Memikan , auf der weiten Ebene von Gawar, die von Gebirgsreihen umringt ist ; und in einigen der vielversprechenden Aussenstationen wohnen verheiratete Helfer, gebil
Erziehung stand es fast ebenso schlecht, wie mit der
Religion . Bloss ihre Geistlichen konnten lesen, aber
dete junge Männer und Frauen, erzogen im Seminar
nur sehr wenige konnten mehr thun, als ihre An-
zu Urumiah, welche freudig die Behaglichkeiten der
dacht in einer ihnen unbekannten Sprache, dem
milden Ebene Persiens aufgaben und die Selbst
Syrischen, von welchem ihre eigene freilich eine moderne Mundart ist, abzusingen , so dass weder die Geistlichen noch ihre Zuhörer von dem Gesange
verläugnung und Mühsale eines Wohnsitzes in diesen fernen Bergen übernahmen .
Ich kann diese Mitteilungen nicht schliessen ,
Beiträge zur Völkerkunde Russlands.
109
ohne noch einiges über die äussere Erscheinung der Nestorianer sowie eine seltsame Einrichtung bei
Ablauf ihres zeitweiligen Ehevertrags, falls derselbe
ihnen mitzuteilen .
Freier unter ihren eigenen Glaubensgenossen und
Die Männer tragen weite Röcke
nicht verlängert wird, um
so rascher einen neuen
aus schwarzem Manteltuch mit kurzem »Entari « von
Landsleuten finden , als sie demselben eine hübsche
schlechtem Shawlstoff darunter und auf dem Kopfe, von dem das Haupthaar in einem Zopfe zum Nacken
Barschaft mitbringen, während sonst umgekehrt er die Frau ihren Angehörigen abkaufen müsste. Die
fällt, einen Filzfes mit schwarzen Tüchern umschlungen
Sprösslinge dieser Ehen gehen fast immer in den
oder eine Kugelkappe aus weissem Filz . Die Reise-
Besitz der Mutter über, welche ihnen die zärtlichste Liebe bewahrt, aber auch der nestorianische Stief
schuhe sind aus Gemshaut mit einem
Geflecht von
aus Filz.
Stricken umsponnen , die gewöhnlichen gleichfalls Die Weiber kleiden sich in Scharlach oder rotgestreiftes , schönes und festes Wollenzeug .
vater erfüllt stets aufs gewissenhafteste seine Pflichten gegen dieselben .
Reinlich , bescheiden und ohne falsche Scham , von
Christen sind nicht bloss eine Religionssekte , sondern
Noch eine Bemerkung.
Diese nestorianischen
dem Umgange mit Männern sich keineswegs zurück- stellen zugleich ein von ihren Nachbarn völlig ver ist ihr Auftreten und Erscheinen ein schiedenes Volkstum dar. Die Sprache, ich wiederhole
ziehend ,
günstiges . Zwar speisen sie nicht gleichzeitig mit den Männern und werden auch , was sie selbst ganz natürlich finden , um einen Kaufpreis vom Vater
es, welche sie mitten unter Persern und Kurden
zur Ehe erstanden , im allgemeinen aber mit weit
alte Handschriften -- Druckwerke besitzen sie nicht
mehr Achtung als bei anderen Asiaten behandelt .
die im Altsyrischen abgefasst sind, einer Sprache,
reden , ist semitisch , ein modernes Syrisch , das nie mals geschrieben worden ist . Doch gibt es einige
Auch die Familie der Kulturnationen Europas | welche die Nestorianer zu Nachkommen der alten hat in ihrer Geschichte dermaleinst, in der patri- Chaldäer stempelt. Sehr wahrscheinlich sind die archalischen Zeit, die Kaufehe ) gekannt, welche bei selben ein assyrischer Völkerrest. niedrigeren Völkern und besonders im ganzen Be reiche des Islams noch in die Gegenwart hineinragt. Wir haben diese Stufe längst überwunden ; wie
Beiträge zur Völkerkunde Russlands.
festgewurzelt diese Sitte aber bei den doch christ
Von R. v . Erckert ( Berlin ).
lichen Nestorianern noch ist , beweisen in Azerbeid
I.
schân die allgemein üblichen Zeitehen zwischen nestorianischen Mädchen und dort weilenden Euro
Ueber das Nomadentum im russischen Reiche.
päern . Ich kann nicht sagen, ob die Sitte heute noch in vollem Schwunge ist, habe aber keinen
Schon seit Jahrzehnten wird in Russland über das Nomadentum der sogenannten Steppen
Grund daran zu zweifeln, denn vor wenigen Jahr- völker geschrieben und gestritten ; der strittige Punkt zehnten nur wurden ganz allgemein die Töchter
dieser verschiedenen Anschauungen lag und liegt
vertragsmässig für eine bestimmte Anzahl Jahre
noch heute darin, ob die Nomaden zu dem Ueber
oder Monate und gegen eine festgesetzte Summe an Fremde zur Ehe hinweggegeben . Dieses Geschäft ward gewöhnlich mit aller Regelmässigkeit und Feierlichkeit, stets in Gegenwart der Eltern
gehen zum Ackerbau anzuleiten und ihnen dadurch
oder der nächsten Verwandten der Braut, manchmal sogar im Beisein eines nestorianischen Priesters, vollzogen. Sobald man sich über die Dauer eines solchen
Nutzen zu belassen sind, zumal sie eine unüber Leben in festen Häusern haben sollen .
» Matrimonio alla carta « , wie sie dort nach fremdem
liches Nomadentum besteht im grossen Ganzen auch
Kultur- und materielle Fortschritte zu bieten sind,
oder ob sie auch wegen der klimatischen und Boden verhältnisse bei dem Nomadentum zu ihrem
eigenen
windbare Abneigung gegen Ansiedlung und das Ausschliess
Sprachgebrauche zuweilen genannt werden , dann nirgends, weil das Ansammeln von Futtervorräten über den Kaufpreis geeinigt hat, wird das Mäd- und Feuerung für die kalte Jahreszeit immer be chen dem Bräutigam in aller Form zugeführt. stimmten Winteraufenthalt mit sich bringt, weil die Gewöhnlich zieht sogar ihre ganze elterliche Fa- Futterkräuter und Schilf zu jenem dienen, und weil dazu milie in das Haus des Gemahls, der sie natürlich auf seine Kosten erhalten muss , und nicht selten
wird dies zur ausdrücklichen Bedingung bei Abschluss des Bündnisses gemacht. Diese nach unseren Begriffen sehr befremdliche Sitte ist in Persien und namentlich in Azerbeidschấn so alt und allgemein , dass niemand daran den geringsten Anstoss nimmt. Eheliche Treue und zärtliche Pflege der Kinder werden diesen nestorianischen Frauen nachgerühmt, welche nach
die besseren, günstigeren Gegenden gewählt werden, während die warme Jahreszeit zum Herumziehen benutzt wird, wobei für die Stämme und deren
Unterabteilungen , vorzugsweise in der Kirgisen steppe, eine bis ins kleinste gehende , musterhafte Ordnung und Regelmässigkeit herrscht. Die Nomaden gewinnen aber selbst am meisten durch zweckmässige Maassregeln für ihre feste An siedlung; die Handelsbeziehungen mit Nomaden sind die allerunbedeutendsten und können es auch
1) Im Persischen als » Institution der Muhutis« bezeichnet. Die Redaktion .
nur sein . Das Steppengebiet der Nomaden in Russ land ist so gross wie ganz Westeuropa ; der Handels
Geographische Mitteilungen.
IIO
verkehr aber mit denselben ist, dem Preiswerte nach , gelblich-weiss. Die Augen sind rundlich und tief geringer als der Bezug von Kohlen für St. Petersburg liegend mit geradem Durchschnitt ; bei den Weibern die so wenig zahlreichen Kalmücken allein ein Gebiet
aus England (21 Millionen Zentner). Dabei nehmen
mehr schmal. Die Farbe der Augen ist meist braun und grau-blau . Die Haare werden kurz geschoren
von 8 Millionen Hektaren ein .
oder rasiert, ihre Farbe ist dunkel, wo nicht schwarz.
Durch die Lebensweise der Nomaden ist zwar
Die Nase ist gerade, manchmal gebogen , breit. Die
einerseits der Reichtum an Vieh gestiegen , allein
Zähne sind gerade, weiss, gesund. Das Gesicht ist
harte Winter haben den Viehstand erheblich ge | länglich -oval mit nicht sehr starken Backen schädigt; und auch der Boden verarmt, weil Wald und knochen , vom mongolischen Typus wohl unter Busch verschwunden sind und Sandwehen unge-
hindert den Boden überschütten. Frühere Verkehrs-
schieden . Die Meschtscheräken sind kräftig, ge wandt, ausdauernd und arbeitsam .
wege sind zum Teil ganz verschwunden (wie z. B.
Krankheiten sind verbreitet, die Sterblichkeit ist
aus China nach Khotan ), ganze Städte und Dörfer sind verschüttet worden ; diese Sandwellen dringen bereits nach Buchara vor (s. 0. S. 99). Die Gebiete zwischen dem Amu-Darja und China waren früher
gross. Rheumatismus, Schwindsucht und Syphilis sind am häufigsten. Augenkrankheiten sind ebenfalls nicht selten. Durchschnittlich sterben 40 Personen von 1000 ( 51,8 Prozent Männer, 48,2 Prozent Weiber). Die
blühend ; woher hätten auch sonst die Mongolen-
grösste Sterblichkeit herrscht bis zum fünften Lebens
Kriegerscharen kommen sollen ? Das südlichste euro-
jahre ( 55,6 Prozent ), bis zu einem Jahr starben 28,9 Prozent, vom ersten bis fünften Jahr 26,5 Prozent, vom 20. -60. Jahr 19,1 Prozent. -- Im Sommer ist die Sterblichkeit am grössten . Die Meschtscheräken wohnen in grösseren Ort schaften . Die Häuser erinnern vielfach an russische, sie sind aber ziemlich reinlich gehalten , besonders
päische Russland bildet den besten Beweis der Fähigkeit des Nomaden für Ansiedlung ; der Nomade braucht besseres Land als der Ackerbauer , er braucht sogar
mehr Wasser, und dies findet sich in der Steppe meist in sehr geringer Tiefe. Wenn von Zaritzin am Wolgaknie bis Taschkent,
von Omsk bis zum Jaxartes das Land, welches jetzt im Vergleich mit denen der Baschkiren. Das Innere Nomaden einnehmen, mit Ortschaften bedeckt, wenn
derselben erinnert aber an die Wohnungen der Basch
das orenburgische Land mit Wernoje , Taschkent,
kiren und Tataren . Feldbau ist fast die einzige Be
Ssamarkand, Tschardshuj und dem Murghab-Flusseschäftigung. In der freien Zeit wird Arbeit in den durch eine Kette von Ortschaften verbunden würde, Städten gesucht. Alle Meschtscheräken sind Mo weisen !! | hammedaner. Ihre Mollahs stehen höher , als dies welches ganz andere Bild würde Russland aufweisen
Der gemeinschaftliche Landbesitz und die gegen
bei den Baschkiren der Fall ist.
Schulunterricht ist
die dem Ackerbau sich Zuwendenden gehegte Ab- allgemein verbreitet. Die Kleidung nähert sich jener neigung bilden die Hauptschwierigkeiten, den No- der Baschkiren . Der Schmuck der Weiber ist reich . maden fest anzusiedeln . Das Vermögen der No- | Thee , Milch und eine Art Bier bilden die Haupt
maden müsste auf ihrem territorialen Besitze beruhen, getränke. Kumyss wird gerne getrunken, aber von nach welchem sich die Zahl der verschiedenen Vieh-
den Meschtscheräken selbst nicht bereitet.
arten leicht berechnen lässt, während jetzt die unkon-
Der Vater ist das Haupt der Familie ; nach
trollierbaren Angaben des Viehstandes von Seite des
seinem Tode die Mutter oder der älteste Sohn .
Stammes-Aeltesten die einzige Handhabe bieten.
Die häusliche Wirtschaft ruht ganz in den Händen der Frau . Vielweiberei ist stark im Abnehmen . Die
II .
Die Meschtscheräken im Gouvernement Perm . (Nach D. P. Nikolski .)
Art der Brautwerbung und die Abmachungen dabei sind die allgemein im
mohammedanischen Orient
Unter den Verbrechen kommt Pferdediebstahl am häufigsten vor.
Die Meschtscheräken sind ein sogenanntes uralo altaisches, spezieller finisch - tatarisches Volk oder Mischvolk , in dessen Zügen sich beide genannten Typen ausdrücken ; ähnliches bieten die nahe ver
gebräuchlichen .
wandten Baschkiren und Tschuwaschen .
(Geographische Koordinaten von Khotan .) Für eine der wichtigsten Städte Centralasiens ist nun mehr eine einigermaassen gesicherte Position erhalten
I:n
Gouvernement Perm
bewohnen
sie
den
Jekaterineburger, Schadriner und Krasnufiener Kreis . Sie gelten hier als Auswanderer aus der Krim und Zur Zeit des Aufstandes des Kosaken
aus Kasan .
Pugatscheff, in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, wohnten sie bereits hier. >
Geographische Mitteilungen.
worden.
Dutreuil de Rhino hat sich in Khotan ,
welches im chinesischen Turkestan, am Nordabhange des Küenlün -Gebirges, gelegen ist, einen ganzen Winter hindurch aufgehalten, nachdem er von Kaschgar aus,
ung des Thian - Schan , dorthin gelangt Die physischen Kennzeichen der Meschtsche mit Ueberschreit Die geographische Breite Khotans fand er gleich war .
räken sind : starker, knochiger Körperbau , mit ent
wickelter Muskelbildung. Die Körpergrösse ist über dem Mittelmaass, etwa 165,6 cm durchschnittlich.
Der Brustumfang ist grösser als die halbe Höhe des Körpers. Die Gesichtsfarbe ist gelblich -braun oder
37 ° 6 35" 11., die geographischeLänge gleich 77 ° 55'14 " Ö . , und zwar stützt sich diese letztere Bestimmung auf die Berechnung von 126 Verfinsterungsbeobachtungen der
Jupitertrabanten. Die Meereshöhe wird zu 4639 feet = fast 1414 m angegeben.
Diese lineare Koordinate
Geographische Mitteilungen .
war bisher zu gering geschätzt worden ; bei Andree
( 1881 ) finden sich 1368 m , bei Sydow -Wagner ( 1888 )
III
Flüssigkeit besser vor der unter diesem Himmelsstriche sehr intensiven Verdunstung geschützt wird. Da sehr
finden sich ( abgerundet) 1370 m verzeichnet. (Pro- viele Quellen in den Detritusmassen versickern, ohne ceedings of the Royal Geogr. Society, Vol . XIII., S. 725.)
überhaupt zu Tage zu gelangen, so hat sich der Af
(Klima und Bodenkultur in Afghanistan .) | ghane durch lange Uebung ein gewisses Geschick im Ueber die klimatischen Verhältnisse des merkwürdigen Quellenfinden angeeignet, und wenn er einen Wasser
Stückes Erde, welches bei der dereinstigen Aufrollung der orientalischen Frage eine bedeutende Rolle zu spielen
strang entdeckt hat, so täuft er Brunnenschachte nach demselben ab. Diese Bewässerungsanlagen, an denen
berufen scheint, gibt eine » Afghanistan in seiner Be-
das ganze Volk eines bestimmten Territoriums nach
deutung für den Völkerverkehr « ausführlich kennzeichMonsunwirkungen ist das Gebirgsland vollkommen ent-
einem gewissen socialistischen Systeme – ähnlich wie am Amu- und Syr-Darja Anteil hat, trugen viel zur Entstehung kleiner, in sich abgeschlossener Stammes
rückt; selbst in dem der indischen Grenze doch ganz nahe gelegenen Kandahar versichert Elphinstone
gemeinschaften bei, und so ist der Umstand, dass die Afghanen allein in Asien kleine, unter sich so gut wie
keinerlei Spuren des Monsuns mehr bemerkt zu haben . Ob man den im Becken von Kabul zur Sommerszeit regelmässig wehenden Ostwind noch mit dem Monsun in Verbindung zu bringen habe, lassen wir vorläufig
unabhängige Republiken gebildet haben, wesentlich auf
nende Abhandlung von Harnisch näheren Aufschluss.
die klimatisch -orographische Beschaffenheit des Landes zurückzuführen. Diese Eigentümlichkeit ist auch , trotz
dem die Emire der grösseren Bezirke Feudalstaaten zu
Afghanistan kann als der äusserste öst-
gründen sich bestrebten , noch keineswegs geschwunden,
liche Ausläufer der subtropischen Mittelmeerregion gelten, doch wirken natürlich die durchweg bedeutende Höhe
da sie zu sehr mit der Notwendigkeit, den Boden kultur
über dem Meere , sowie die kontinentale Lage stark verändernd ein . Dem Einflusse des Meeres ist das ganze iranische Plateau fast total entrückt, und so sind Regenmangel und starke Temperaturextreme in den verschie-
Geographie, VIII. Band, S. 344 ff. ) (Geognosie von Australien.) Die allge meine Vorstellung, dass Afrika wie Australien hinsicht
dahingestellt .
fähig zu machen, zusammenhängt. ( Zeitschr. f. wissensch.
lich ihrer geologischen Beschaffenheit von erdrückender
denen Jahreszeiten für das ganze Land charakteristisch.
Einförmigkeit seien, erweist sich bei näherer Bekannt
Jährliche Niederschlagsmengen von 250 mm sind schon äusserst selten ; thermisch liegt Afghanistan im Januar
schaft mit dem Inneren nicht als durchaus stichhaltig.
zwischen den Isothermen von 50 und 10 ', während im
primäre Gesteine kommen nach Woodwards For
Juli die Isotherme von 30 °, von den Wüstengebieten Asiens her durchgehend, die Verbindung mit Arabien und Nordafrika herstellt. Des ungemein ausgiebigen Schneefalles erwähnt schon die Geschichtschreibung des
schungen nicht bloss im Südwesten des australischen
Gneis, verschiedene Schiefer, Granitoide und sonstige Kontinents vor , sondern auch im Inneren sind ganze
Berge aus ihnen aufgebaut, wenn sich auch über ihnen
Alexanderzuges, und in der That bleibt das Hochplateau
häufig noch eine dünne Decke aus Wüstensandstein ausbreitet . Mit den archäischen Bildungen vergesell
zwischen den Quellen des Kabul- und des GhasninAussesvolle sechs Monate mit Schnee bedeckt . Die
schaftet treten auch jüngere Schiefer- und Kalksteine, sowie Konglomerate auf, welche einstweilen als silu
Volkssage erzählt von der Stadt Ghasnin , dieselbe sei bereits zweimal vom Schnee vollständig verschüttet worden, wobei sämtliche Einwohner ihren Tod gefunden hätten . Als unlängst Afghanistan durch die bekannte
risch betrachtet werden. Ueber ihnen liegen Sedimente, die den Lagerungsverhältnissen zufolge für devonisch gehalten werden , aber erst in den darauf nach oben folgenden Lagen finden sich einzelne Versteinerungen vor, die als karbonisch zu deuten sind. Von Trias ist
Grenzregulierungskommission bereist ward , ergab sich für deren Mitglieder eine gute Gelegenheit , Schnee-
bis jetzt keine Spur nachgewiesen worden, wohl aber
studien zu machen. Im September und Oktober fand man die Tage sehr heiss, die Nächte bereits fast un-
steht im Westen unterer und oberer Lias an , und die
erträglich kalt. Am 8. November sank das Thermo-
einer mächtigen Kalkmasse, welche sich der Grossen
Kreide besitzt sogar eine grossartige Entwicklung. Von
meter nachts in Karis-Dascht (südlich von Herat) auf
Australischen Bucht in einer Breite von 240 km entlang
— 23,9 ° C., im Thale des Heri-Rud , wo überhaupt stets eisige Nordwinde wehten, sogar auf — 28,9º. Die Vege-
zieht, ist es noch nicht ausgemacht, ob man sie noch
tationsarmut des Landes ist die einfache Folge eines solch excessiven Klimas. Kahle Hochebenen, die den
Altes und junges Tertiär findet sich nur in örtlicher Beschränkung , mittleres vorderhand gar nicht. Die grossen Sandebenen Westaustraliens sind quartären Ur sprungs, durch die Zersetzung des Wüstensandsteins entstanden. Granit und Diorit sind häufig und treten als eigentliche Bergbildner hier und da auf, während jungvulkanisches Gestein bisher nur an zwei Stellen,
Charakter der Steppe, teils aber auch schon den der eigentlichen Sandwüste tragen, geben der Landschaft ihren Typus, wie denn im Ab - Istádab -Becken streckenweise nicht einmal ein Grashalm zu erblicken ist. Die
sonst blühende nächste Umgebung von Herat entbehrt ganz des Brennmaterials, weil an den die Mulde ringseinschliessenden Berg wänden weder Baum noch
Strauch gedeiht. Nur das Becken von Kabul macht
der Kreide oder bereits dem Eozän zuzurechnen habe.
im Kimberley -Distrikte und bei Kap Beaufort, mit wirk licher Sicherheit erkannt worden ist. Ausser Blei und Kupfer birgt der Staat Westaustralien auch reiche Schätze
auch in dieser Beziehung eine Ausnahme. Hier , wie in den Landstrichen südlich vom Aral- See, wird dem-
an Gold und Eisen (Magnetit und Hämatit ), während
gemäss auf künstliche Bewässerung der höchste Wert gelegt, und wo sich ein kleiner Wasserfaden zeigt,
genden Resultaten geführt hat. ( Petermanns Geograph. Mitteilungen , XXXVII. Band, Litteraturbericht, S. 89) .
spaltet man ihn in zahlreiche, Berieselungszwecken
das Schürfen auf Kohle noch zu keinen ganz befriedi (Onomatologisches.)
Von Prof. Dr. Egli
dienende Adern (» Kul « ), wenn man nicht sogar unter-
( Zürich) erhalten wir die erfreuliche Mitteilung, dass
irdische Kanäle ( »Karisa) anlegt , durch welche die
von dem wohlbekannten Werke dieses Begründers der
1 12
Litteratur .
geographischen Namenkunde , den » Nomina Geo graphica «, bald eine zweite Ausgabe erscheinen wird. Die selbe , mit deren Druck bereits begonnen ward , wird keinen weiteren Text enthalten , dagegen eine geradezu erstaunliche Vermehrung des Materiales bringen. Die Zahl erklärter Namen ist von 17000 auf 42 000 ( !) ge bracht worden, und der ganze gewaltige Stoff hat, mit Ausscheidung manches Veralteten , eine neue, gründliche Durcharbeitung erfahren. Die neue Auflage wird un gefähr 60 Bogen stark sein .
Litteratur. Handbuch der geographischen Ortsbestimmungen auf Reisen . Zum Gebrauche für Geographen und For schungsreisende von Dr. W. Wislicenus. IX und 269 S. Leipzig, W. Engelmann, 1891. gr. 8º. Wer in Erinnerung an die überaus zahlreiche Litteratur
über geographische Orisbestimmung die Nützlichkeit des Er scheinens vorliegenden Handbuchs trotz der eingehenden Moti vierung in der Vorrede noch bezweifelt, der möge es ruhig mit dem Studium des Inhalts versuchen und er wird wie der Re
ferent zur Ueberzeugung gelangen , dass das Werk durchaus am Platze ist und volle Beachtung verdient . Von einem Handbuche zum Gebrauche auf Reisen wird niemand feine Theorien , lange
Entwicklungen oder systematische Genauigkeitsbetrachtungen ver langen , wohl aber Uebersichtlichkeit , leichte Verständlichkeit, Winke für die Praxis und vor allem unbedingte Verlässlichkeit . In allen diesen Beziehungen verdient das vorliegende Werk volles Lob.
Der erste Teil enthält eine klare Uebersicht der Grund
begriffe der sphärischen Astronomie, bespricht den Gebrauch der Ephemeriden , die Interpolationsrechnungen und die Kor rektionen bezüglich Refraktion und Parallaxe, alles mit sorgfältig ausgeführten Beispielen illustriert. Der zweite Teil handelt von den Instrumenten und ihrem Gebrauch . Ausführlich genug werden
Uhren und Winkelmessinstrumente beschrieben , die Ermittlung ihrer Fehler gelehrt und häufig nützliche Ratschläge für Beob
Der bekannte Zoolog Steindachner steht an der Spitze mit einer Untersuchung über die Reptilien und Batrachier der kanarischen Inseln ; das Material dazu war grossenteils durch eine Studienreise geliefert worden, welche Prof. Dr. O. Simony , der Sohn des Geographen , ') nach dieser Inselgruppe unter nommen
hatte. Zumal für die mit der Entwicklungstheorie
nahe verwandten Fragen , inwieweit die Besonderheiten der geo
graphischen Verbreitung die Varietätenbildung beeinflussen, konnte manch merkwürdiger Beleg erhalten werden : so erreicht die unter normalen Verhältnissen nur mittelgrosse Lacerta Galloti in den höheren Vulkanregionen , wo sie den Nachstellungen des Menschen, wie des kanarischen Turmfalken gleicherweise entrückt ist , ganz ungeheure Dimensionen ; ein Gleiches gilt für die auf fast unzugänglichen Felsriſſen wohnende Lacerta Simonyi . – Die durch Beck v. Mannagetta bearbeitete » Flora von Südbosnien und der angrenzenden Herzegowina « stellt sich als ein für den Fachmann sehr beachtenswerter Beitrag zur Pflanzengeographie der Balkanhalbinsel dar.
In der wesentlich anatomischen
Studie Rosas über die exotischen Terricolen interessieren den Geographen vornehmlich die mehrfach gegebenen Nachweise über das Einschleppen niederer Tiere, die so auf Inseln , welche ursprünglich nichts von solchen Bewohnern wussten, heimisch Für die Geologie der österreichisch -bayeri werden konnten .
schen Ebene bedeutsam sind F. E. Suess' Forschungen über die dortigen » Schlier « -Ablagerungen , mit denen sich neuerdings
neben Ed. Suess besonders W. v . Gümbel beschäftigt hatte . Diese Miozänbildung ist in Oberösterreich und dem bayerischen Inngebiete weit verbreitet und ruht nach den vom Verfasser er teilten Aufschlüssen durchaus auf marinem Sande, während sie
selbst die Onkophora- Schichten unterteuft.
Endlich sei noch
der umfassenden Zusammenstellung nordwestböhmischer Kreide versteinerungen durch J. Jahn Erwähnung gethan. Auch die besonders paginierten » Notizen « sind sehr reichhaltig. Einen Nekrolog des auch den Geographen durch seine Thätigkeit in Persien bekannten Arztes Polak gibt v . Hauer ; ebenso wid. men Brezina dem jung verstorbenen Mineralogen P. Hart mann , und Kohl dem Altmeister der Ornithologie, A. v. Pelzeln ,
ehrende Nachrufe. M. Hoernes beschreibt ergebnisreiche Aus
Die beigefügten
grabungen in Bosnien , F. Heger ebensolche im Kaukasus , wo
Zeichnungen sind in einer dem Referenten sympathischen Art
er besonders die Gräberfelder von Kobas im Ossetenlande auf
in richtigen Verhältnissen mit sauberen Strichen ohne Schatten ausgeführt. Der dritte und wichtigste Teil , die Methoden der
suchte. Von Handlirsch wird eine in der Hauptsache zoo logischen Zwecken gewidmete Reise nach Nordafrika kurz skizziert ,
geographischen Ortsbestimmungen, überrascht durch seine Knapp
und endlich entwirft Haberlandt (»Musealstudien« ) ein an sprechendes Bild von seiner Durchwanderung der ethnologischen
achtung und Transport derselben gegeben.
heit und Vollständigkeit. Auf 120 Seiten sind 27 Methoden, die sich auf die Bestimmung des Uhrganges, bzw. -standes, der
Sammlungen zu München , London , Leiden , Delft und Rotterdam .
Länge und Breite und des Azimuts terrestrischer Gegenstände
In ihrer Vielseitigkeit gewähren gerade diese kurzen Aufsätze
verteilen , aufgeführt . Formeln sind allerdings nicht abgeleitet, dagegen vollständig angeführt und ihr Gebrauch durch gelungene
des Anhangs die vielfachste Anregung und einen guten Veber blick über die rege Geistesarbeit, welche sich in den herrlichen
Rechenbeispiele, die durchweg der Praxis entnommen sind , er
Räumen des Hofmuseums konzentriert .
läutert. Mit Rücksicht auf die genauen Citationen der Ableitung in grösseren Werken, wie Brúnnow, Chauvenet, Sawitsch, ist das gewiss ebenso sicher zu rechtfertigen, als es bedenklich wäre,
Evangelisches Missions - Magazin , XXXVI . Jahrgang,
nungen auszuschliessen . Zum Schlusse sei noch der durchaus solide Charakter des ganzen Werkes betont, dessen Hauptvor
Neue Folge , Januar 1892. Probeheft. Basel , Verlag der Missionsbuchhandlung. Dieses Probeheft der von Herrn Steiner im Auftrage des Basler Missions- Komitees herausgegebenen Zeitschrift bestätigt die alte Erfahrung, dass die Geographie den Glaubensboten aller
züge auf Rechnung der Erfahrung, Gewissenhaftigkeit und weisen
Konfessionen zu Dank verpflichtet ist . Als spannend geschrieben
sich bloss auf die Beobachtungen zu beschränken und die Rech
und manch' Neues darbietend heben wir die Reiseeindrücke her
Mässigung des Verfassers zu setzen sind . München .
S. Finsterwalder.
Annalen des k . k. Naturhistorischen Hofmuseums, redigiert von Dr. Franz Ritter v . Hauer. Band VI, No. 3 und 4. Wien 1891 , Alfred Hölder. XII und 340 S. gr. 8º.
Mit sieben Tafeln und sechs Textabbildungen, sowie General register zu den Bänden I - VI. Der vorliegende Halbband schliesst eine erste Serie der
Veröffentlichungen des k. k . Naturhistorischen Hofa :useums in Wien ab, und wie auf die Anstalt selbst , so darf auch auf diese Zeitschrift derselben der gemeinsame Leiter, der wohlbekannte, vor kurzem 70 Jahre alt gewordene Geolog v . Hauer , mit Ge. nugthuung zurückblicken. Von den hier publizierten Arbeiten steht die Mehrzahl in einer gewissen Beziehung zur Erdkunde, und daraus leiten wir unsere Berechtigung her, dem Werke an dieser Stelle einige Worte zu widmen .
vor, welche der Missionar Schmolck auf der Insel Ceylon, so wie an der Küste von Malabar gesammelt hat . Was er von dem Vorhandensein zweier räumlich nächst benachbarten Juden -Kolo nien in der Stadt Kotschin , einer solchen von weisser und einer von dunkler Hautfarbe, mitteilt, welche aber jeden Verkehr unter einander strenge meiden, das verdient von Historikern und Ethno graphen gewiss vollauf beachtet zu werden . München .
S. Günther.
1 ) Einer Zusicherung des Herrn Prof. Simon y zufolge wird das ÞAus land « später über diese höchst interessante Reise näheren Bericht zu bringen in der Lage sein . Die Redaktion .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Stuttgart, 20. Februar 1892.
Jahrgang 65, Nr. 8. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro
Quartal M. 7.-
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des MDCXXI
In- und Auslandes und die Postämter .
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Nyassa -Shirē. Von Oskar Lenz (Prag ). S. 113 . (München) .
2. Terra incognita . Von Adolf Fleischmann 3. Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Litterarisch
S. 119 .
sachliche Studie. Von A. Schück (Hamburg ). S. 122 . Die Pelagosa- Gruppe ; Das Gebiet der Niederelbe.)
4. Geographische Mitteilungen . (Das geometrische Nivellement ;
S. 127 .
5. Litteratur. (W. Schneider.) S. 128.
Nyassa -Shirē.
brochenen ) Abfluss, den Lukuga, zu dem westwärts,
Von Oskar Lenz (Prag) .
dem Atlantischen Ozean zueilenden Lualaba-Congo,
und dem Nyassa entströmt südlich der Shirē, der Wenn man das äquatoriale Afrika in eine (grössere) West- und eine (kleinere) Osthälfte trennen wollte, so würde die Grenze wohl am
nach kurzem Lauf sich mit dem Zambesi vereinigt.
An der Ostseite dieser genannten Seen aber, zwischen dem Meer und den letzteren , findet man
besten markiert werden durch jene gewaltige Dis
eine auf weite Strecken sich verteilende Kette von
lokationslinie, die vom Süden des abessynischen kleineren abflusslosen Salzwasserbecken , die zwar Hochlandes ausgehend sich fast bis zu dem Zam besi erstreckt und auf welcher eine ganze Reihe zum Teil
sehr bedeutender Wasserbecken
sich
finden . Diese letzteren sind freilich in bezug auf
Form und Anlage von einander verschieden : die einen, wie zum Beispiel der Viktoria -Nyanza,, haben einen mehr weniger kreisförmigen Umfang mit vorherrschend Aachen Ufern,dieandernsindschmal
im allgemeinen eine Nordsüdrichtung einhalten , deren Längenachse aber doch stellenweise geknickt erscheint, geradeso wie auch die Hauptachse der
grösseren abflussgebenden Seen mehrfach geknickt ist. Südöstlich vom Nyassa Nyassa und liegt Tanganyika der abflusslose Shirwasee der , zwischen
gleichfalls abflusslose Leopoldsee (Rikwa)undweiter nördlich , etwa vom 4 ° südl . Br. an , zieht vom
und langgestreckt (Tanganyika und Nyassa) und an
Manjarasee an Seen eine inKette abflussloser, teilweise meridionaler Richtung zu ihren felsigen Ufern fehlt vielfachder kleine Raum, natronhaltiger
um ein Dorf anzulegen ; die eine Gruppe dieser Seen
hat einen Abfluss, die anderen dagegen ( Leopoldsee, Shirwasee vor allen aber die Seenreihe von Manjara bis über den Rudolfsee hinaus) sind abflusslos und führen salziges Wasser. Die schmalen, meridional sich erstreckenden ,
nächst bis zu dem
von Höhnel beschriebenen
Rudolfsee und von da längs des östlichen Abbruches
des abessynischen Hochlandes bis ans Rote Meer. Auch diese Strecke vom Manjara bis zum Nordende des Rudolfsecs, also auf etwa 1o Breitengrade , trägt
eines Zone grossendieEinbruches, und es und Einsenkungen im krystallinischen Schiefergestein | die bildetKennzeichen diese abflusslose östliche Wasser
bildenden Wasserbecken liegen in Gräben, ähnlich dem Toten Meere, wie denn auch neuestens Suess
scheide des Nil (Suess I. c . ).
die tektonischen Verhältnisse
westwärts gelegenen Tanganyikabecken von vul
dieses Teiles von
Afrika mit weitfassenden Blicken in Beziehung ge bracht
hat
zu ähnlichen Senkungserscheinungen
weiter im Norden , über den Graben des Roten Meeres und des Toten Meeres hinaus, bis nach
Während an dem
kanischen Gesteinen bisher nichts beobachtet wurde, be undvom des Nyassa und Ostseite der Nordtreten verlaufenden Spalte sondersanlängs der nordwärts
Manjarasee über den Rudolfsee hinaus bis ans Rote Meer vielfach vulkanische Bildungen auf ; nicht nur
Syrien hinein . ) Eigentümlich sind auch die Ver aus Trachyt, Basalt, Eruptivmass vulkanischemen jüngeren Schutt u . s. w.vonbestehenden hältnisse der Wasserscheiden . Viktoria Nyanza , Anhäufungen Albert Nyanza, Muta Nsige und einige kleinere Seen geben ihre Wässer dem nordwärts fliessenden Nil ; der Tanganyika hat einen (periodisch wohl unter ) Cf. Suess , Beitr. 2. geolog . Kenntn. d . östl . Afrika IV, Abhandl. d . kais. Akad . d . Wissensch . in Wien . 1891. S. 155 ff. Ausland 1892 Nr. 8 .
finden sich längs dieser Dislokationszone, sondern selbst thätige Vulkane und wohl erhaltene Krater berge mit Aschenkegeln , die offenbar von jungem Alter sind.
Von diesen vulkanischen Bildungen
glaubt man ältere und jüngere unterscheiden zu 15
114
Nyassa -Shire.
müssen : erstere bestehend aus vulkanischen Ergüssen mit Breccien- und Aschenbildungen , welche die grossen Tafelberge zusammensetzen, während die
etwas Ungewöhnliches sind.
Kurze Zeit nach
meinem Aufenthalt an diesem interessanten Punkte
war Drummond in der Lage, grössere Aufsamm
jüngeren Ausbrüche als vereinzelte Kraterberge mit lungen vorzunehmen ; die Fischreste wurden Acro kleinen Lavaströmen am Fusse der Tafelberge oder auf diesen aufgesetzt erscheinen ; Suess erkennt aber hierin nur die Mannigfaltigkeit der tektonischen Vorgänge, welche die Geschichte dieser Gebiete aufweist. (1. c . p. 558.) Das gesamte afrikanische Tafelland erscheint
als ein Becken, das im Westen und Osten von Steilrändern begrenzt wird , auf denen stellenweise beträchtliche Erhebungen sich finden ; inmitten des
Beckens finden sich nun jene zahlreichen Seen und Sümpfe, die vom Zambesi bis Abessynien reichen . In geognostischer Beziehung herrscht aber eine im
lepis Drummondi und Acrolepis Africanus genannt, während
die
undeutlichen
Reste
der
Lamelli
branchiaten als zu den Telliniden gehörig erkannt wurden , eine Familie, die noch jetzt in den tropischen
Meeren vertreten ist und bis in die Juraformation zurückreicht. )
Die vulkanischen Bildungen, welche Thomson und Drummond erwähnen, sind nicht bei Karongas, sondern am nordöstlichsten Teile des Nyassa ; die vielberufenen Kohlenflöze aber, die Drummond ') als ziemlich wertlos schildert, sind ein Teil jener kohlenführenden , die archäischen Bildungen bedecken
Verhältnis zur Grösse des Areals beträchtliche Ein-
den Schichten, die etwa von Tete an (am Zambesi)
förmigkeit vor ; denn die verschiedenen Formen der krystallinischen Schiefer sind das herrschende Gestein ; Petrefakten führende sedimentäre Bildungen
sich nördlich und nordöstlich bis in die Nähe der
vulkanische Ausbrüche von grösseren tektonischen
Mitte des Westufers des Nyassa zu erstrecken scheinen . Immerhin ist das Auftreten eines kohlen führenden Formationsgliedes hier in Südostafrika von Interesse, wenn sich auch die Hoffnungen auf
Störungen in früherer Zeit . Noch grösser ist freilich
praktische Verwertung dieser Funde nicht in der
diese Monotonie des geognostischen Aufbaues jenseits
Gänze zu erfüllen scheinen.
treten selten auf und nur an den Bruchspalten zeugen
des westlichen Steilrandes nach den innerafrikani-
Tanganyika und Nyassa haben in bezug auf
schen Hochflächen zu , die vom weitverzweigten Stromsystem des Congo durchfurcht werden ; hier
Gestalt eine merkwürdige Aehnlichkeit; auffallend schmal im Verhältnis zur Länge erstrecken sich
bestehen Landstriche von enormer Ausdehnung aus
beide mit ihrer Hauptachse nicht rein meridional,
horizontal liegenden Sandsteinschichten ; und diese
sondern weichen etwas nach Nord-Nord-West ab ;
petrographische Monotonie spiegelt sich auch wieder in der überaus weiten, horizontalen Verbreitung
verhältnismässig arm an Inseln zeigen sie in der Bildung von Halbinseln grosse Analogien ; die Süd
derselben Tier- und Pflanzenformen . Erst am West- spitze des Tanganyika ist nur etwa 40 Breitenminuten rand des Kontinentes, wo stark gefaltete krystallinische vom Nordende des Nyassa entfernt, letzterer er Schiefergesteine auftreten, ist auch die Bodengestaltung scheint dagegen um mehr als 212 Längengrade eine mannigfaltigere. ostwärts gerückt. Der Nyassa ist etwa soo km Wandert man vom Südufer des Tanganyika lang und nirgends über 80-90 km breit, bei einer aus in südöstlicher Richtung, so bewegt man sich , gegenwärtigen Meereshöhe von 480 m ; die Wasser stetig ansteigend, beständig im Gebiete der Schiefer- fläche bedeckt etwa 27000 km ( Tanganyik gegen gesteine. Auf dem halbinselartigen Vorsprung 40000) und man nimmt eine mittlere Tiefe von zwischen der Niamkolobucht und der Rhodesbucht
200 m
für dieses Wasserbecken an .
Das Wasser
(Einschnitten der grossen Hore-Bay), wo aufkleinen, des Nyassa gilt als süsses Wasser und auch vom klippenartigen Inseln ein scheues, vielfachen Ver- Tanganyika wird dasselbe angegeben ; bei letzterem folgungen ausgesetztes Ichthyophagen - Völkchen muss aber bemerkt werden, dass dasselbe sich im wohnt , findet sich zwar noch roter Sandstein Geschmack vom Nyassawasser unterscheidet; die
sowie schöner Porphyr; dann kommen violette
Eingebornen bei Ujiji bezeichnen es direkt als salzig
Schiefer, Gneise , grüne Schiefer, Glimmerschiefer und quarzitische Gesteine, dazwischen Granite, die bis an den Nordwestrand des Nyassa reichen , wo
lösche nicht den Durst« .
stark ausgesüsstes Wasser, lässt aber den marinen
in der Landschaft Nkonde bis vor kurzer Zeit die
Ursprung nicht verkennen.
blühende Handelsniederlassung Karongas der britischen Lakes-Company bestand . Ehe man aber den steilen Abhang von den Höhen in das Thal des Rukura hinabsteigt, stösst man plötzlich auf eine ziemlich mächtige Ablagerung lichter Mergel, Kalke
und Sandsteine in schwach geneigter Lage mit undeutlichen Abdrücken von Bivalven und Fischen, Ablagerungen, die mesozoischen Usprunges sind
und behaupten vom Wasser des Tanganyika, pes Es ist zweifellos ein
Der Tanganyikasee sowohl wie auch der Nyassa sind besonders in der trockenen Zeit ausserordentlich
heftigen Südwinden ausgesetzt, die besonders tags über wehen ; das Wasser wird stark bewegt und die Fahrt auf den schlechten Segelbooten der Araber
gehört zu den höchst unangenehmen und gefähr lichen Unternehmungen. Diese Schiffe bestehen aus sehr grossen, von Eingebornen gebauten Kanoes ,
und die um so mehr in die Augen fallen , als in
1) Henry Drummond, Inner -Afrika. Gotha 1890. S. 185 .
diesen Teilen Afrikas derartige Sedimentbildungen
2) Ebenda , S. 181 .
Nyassa - Shire.
IIS
welch letztere durch Anfügung von Brettern und Pfosten zu einem ziemlich grossen Kutter erhöht werden , der dann mit einem Mast und einem sehr grossen Segel versehen wird : bei Windstille werden diese unförmlichen Schiffe gerudert. Die Dauer einer Fahrt von einem Punkte zum anderen ist völlig unberechenbar und hängt ausschliesslich
und Konquista des afrikanischen Kontinentes mit grossem Eifer durchgeführt wurde , erinnerten sich
von den Windverhältnissen ab ; einmal kam ich von
der Insel Kavala ( am Westufer des Tanganyika, wo der hochverdiente Mr. Hore seit vielen Jahren lebt) nach Ujiji in 22 Stunden , ein andermal brauchte ich genau dreimal so viel Zeit. Auch der Nyassa
einer Reihe kleinerer und grösserer Bantustämme, von denen einige schon seit langem dort sesshaft sind , während andere und zwar kräftigere und ak tiver auftretende erst in den letzten Dezennien dort hin einwanderten. einwanderten . Von diesen letzteren sind be
ist nicht leicht zu befahren ; die Stürme und die
sonders die am
Wellenbewegung sind überaus heftig und es ist im
die Portugiesen auch dieses Hinterlandes. Ein müh
sam hergestellter Vertrag hat bekanntlich vorläufig die Grenzen der beiderseitigen Interessensphären ge regelt.
Die Bevölkerung am Nyassa- Shirē besteht aus
Shire wohnenden Makololo von
Unglück geschieht; wahrscheinlich erfährt man die
Bedeutung, die , dem Betschuanenvolk angehörig, sich vom Hauptstamm loslösten und nordwärts ziehend sich neue Wohnsitze erobert haben ; und
meisten Unfälle gar nicht. Es ist eine bekannte Thatsache, dass sowohl der
scheinlich identisch mit den auf den Karten ange
Tanganyika als auch der Nyassa im Laufe der letzten
gebenen Masita) , die besonders vom westlichen
Dezennien an Wassermasse verloren haben , dass sich ihr Spiegel gesenkt hat. Am Tanganyika ist
Nyassaufer aus ihre Raubzüge unternehmen und ein
allgemeinen nur zum Verwundern, dass nicht mehr
dann die zu den Sulu gehörigen Mangoni (wahr
Schrecken für die schwache, wehrlose Uferbevölke
es besonders deutlich bemerkbar bei der Stadt Ujiji,
rung sind; letztere haben sich stellenweise im Nyassa
deren erste Häuser jetzt eine beträchtliche Strecke
selbst echte Pfahlbauniederlassungen errichtet, da dies die einzige Möglichkeit ist , um sich vor den das Wasser fürchtenden und mit der Schiffahrt nicht vertrauten Mangoni, die sich in den höher gelegenen Regionen festgesetzt haben, zu schützen. Das Wort Mangoni erregt hier überall Furcht und Schrecken und thatsächlich morden diese Sulu alles, was ihnen
vom See entfernt liegen ; zwischen diesen und dem Wasser breitet sich eine sehr flach ansteigende sandige öde Fläche aus, die ehemals von Wasser bedeckt war ; Mr. Hore schätzt die Senkung des Seespiegels auf mindestens 12 Fuss , und zwar trat dieses Fallen 1878 ein , als der bis dahin verstopfte Lukuga wieder offen wurde und einen Teil des Seewassers in heftiger Strömung dem Kongo zuführte.
in die Hände fällt , aus blosser Freude am Morden ,
ohne Sklaven zu rauben , deren es ja bei den Kafirn
Als ich dort weilte ( 1886) war nach Hores Mei- (im allgemeinen wenigstens) überhaupt nicht gibt. das Gleichgewicht hergestellt und die Strömung Aber auch die Makololo sind ein schöner , kriege im Lukuga ruhiger geworden . Aber auch der rischer Stamm , der den Engländern und Portugiesen Nyassasee befindet sich in einem Zustand langsamen schon viel zu schaffen gemacht hat, um so mehr als nung
Austrocknens ; besonders zeigt sich das am südlichen sie alle mit guten Gewehren ausgerüstet sind -- eine Ufer, beim Ausfluss des Shirē und an dem jetzt | Folge der Gewinnsucht und des Schachergeistes der schon schwer zu passierenden Pamalombwesee, einer europäischen Händler, während es die tapferen Man
seeartigen Erweiterung des Shirē, die wohl ursprüng-
goni verschmähen , Feuerwaffen zu benutzen; sie
lich mit dem Hauptsee verbunden war und jetzt kämpfen nur mit Assagai , Speer und Keule und bereits ziemlich seicht ist.
Eine Fahrt den Nyassa und Shire abwärts bis
haben als Schutz den Schild.
Andererseits lieben
die Makololo den Handel, und durch geschicktes
zur Vereinigung mit dem Zambesi ist bei alledem Verhalten ist es den Portugiesen und besonders den interessant und führt durch selten besuchte Gebiete, | Engländern schon seit langem gelungen, stellenweise die erst in der letzten Zeit, anlässlich des englisch- Handelsniederlassungen im Makolololand zu gründen ; portugiesischen Grenzstreites, für einige Zeit in den
Elfenbein, Hippopotamuszähne, Häute von Antilopen ,
Vordergrund getreten sind . Es mag hierzu nur be-
Zebras u. s. w . , sowie Erdnüsse , Sesam und ver
merkt werden , dass die Portugiesen, als Inhaber der
schiedene Droguen sind die wichtigsten einheimi
Eingangspforte in jene Regionen , der Zambesimündung , auch das Hinterland als ihr Eigentum be-
schen Produkte; stellenweise haben die Engländer auch Kaffeeplantagen angelegt.
trachteten , ohne aber jemals in irgend einer Form ,
Neuerdings, d . h . seit etwa sechs Jahren, treten
am Nyassa wenigstens, diese Anrechte markiert zu
nun aber auch bereits am Nyassa die arabischen
haben .
Elfenbein- und Sklavenhändler auf.
Dafür hat die schottische Handels- und
Missionsgesellschaft »African Lakes Company« seit vielen Jahren diese Gebiete erschlossen und ausge-
Sie kommen
aus Tabora , beziehen ihre Waren von Zanzibar und statt nun das Elfenbein auch an die ihnen Kredit
beutet, wobei die portugiesische Herrschaft insofern gebenden indischen Kaufleute an der Ostküste ab stets anerkannt wurde, als in Quilimane die üblichen zuliefern , zogen sie es vor, dieses wertvolle Produkt portugiesischen Ein- und Ausfuhrzölle bezahlt wor- direkt an die Agenten der schottischen Lakes -Com
den sind. Als nun in der letzten Zeit die Teilung | pany zu verkaufen . Auf diese Weise hatte sich
116
Nyassa-Shire.
schon 1886 Karongas am Nordwestufer des Sees zu
kräftigen Eingeborenen , die fast völlig nackt einher
einem blühenden Handelsplatz gestaltet, bis Streitig- gehen, sind ein brauchbares Element; es war den
keiten zwischen Engländern und Arabern ausbrachen, Händlern und Missionaren bereits gelungen , diese wahrscheinlich wegen des Sklavenhandels ; Karongas wurde zerstört, die Araber drangen weiter südwärts
wilden Naturburschen zu nützlichen Arbeitern in den Faktoreien heranzuziehen . Der Platz scheint relativ
vor und in den ersten Tagen dieses Jahres haben
gesund zu sein , und er bietet hinreichend Nahrungs
bereits heftige Kämpfe zwischen beiden Parteien
mittel, zwei Umstände, die in dem tropischen Afrika
stattgefunden , wobei die Engländer wieder eine
nicht häufig sind . Ausser zahlreichen Schafen, Zie gen und Hühnern sah ich Rinder , und zwar kurz
Schlappe erlitten . Diese letzten Kämpfe fanden schon am Südostufer des Sees, in Makandjiras Reich, statt,
hörnige Buckelrinder, während in Ujiji am Tangan
was wieder für ein weiteres Vordringen der Araber
yika grosshörniges Vieh gehalten wird. Die Agenten
spricht. Die Portugiesen würden zweifellos viel leich-
der Lakes-Company haben eine Doppelstellung , da
ter einen modus vivendi mit den Arabern finden, sie gleichzeitig Händler und Missionare sein müssen . als die in jeder Beziehung schroffer und rücksichtsloser auftretenden Engländer.
Die Fahrt von Karongas südwärts geht in der Regel längs des Westufers und wird häufig unter
Während auf dem Tanganyika durch die in Ujiji
brochen , bald wegen hohen Seeganges , bald muss
ansässigen Araber eine wenn auch primitive Segelschiffahrt eingeführt ist, so dass man den See nach allen Richtungen hin befahren kann , existiert auf dem stürmischen Nyassa etwas Derartiges nicht. Die Ein-
gehalten werden , um Feuerholz zu schlagen und ein zunehmen . Schon wenige Meilen südlich von Karon gas bemerkt man einige kleine klippenartige Felsen inseln, die ganz bedeckt sind mit auf Pfäblen stehen
geborenen sind nicht im stande in ihren kleinen
den Hütten der Eingeborenen .Diese Küstenbevölkerung
Kanoes den See zu überfahren, ja es existiert kaum ein Bootsverkehr längs der Küste. Dagegen besitzt die
zwischen der Marungabai und dem Mount Bungura
wiederholt erwähnte schottische Lakes -Company einen
vor den aus den Bergen kommenden Mangoni auf
kleinen , recht wenig seetüchtigen und auch schon sehr abgenutzten Dampfer, die » Ilala « (genannt nach dem Sterbeorte Livingstones), und auch die Univer-
diese Inselchen zu retten , wobei sie sorgfältig ihre
führt den Namen Ma-Dambuka und ist gewohnt sich
kleinen Kanoes mitnehmen und verbergen , damit die Räuber nicht in die Lage kommen , auch hier auf
sity Mission besitzt zu ihrem Gebrauch ein kleines
dieser Zufluchtsstätte die schwächliche Bevölkerung
Dampfschiff; neuerdings, insbesondere nach dem Konflikt mit Portugal, haben die Engländer noch einige Schiffe dort zusammensetzen lassen, mit denen nun
zu ermorden .
der gesamte Nyassa und der Shirē bis Matope (wo Stromschnellen auftreten ) befahren werden kann . Die Fahrt ist aber bei dem hohen Seegang gefährlich ,
die Ankerplätze sind im allgemeinen ungünstig und es wird auch immer schwieriger , das zum Heizen der Maschinen nötige trockene Brennholz sich zu verschaffen ; es wäre wohl von grosser Bedeutung,
Die Ufer hier sind ziemlich steil , die einfachen
Strohhütten der Eingeborenen liegen terrassenartig übereinander auf den schroffen, aus stark zerklüfteten schiefrigen Gesteinen bestehenden und ganz entwal deten Gehängen . Bald aber verflachen sich die Ufer des Sees, und man erreicht den Hauptsitz der schotti schen Missionare am Nyassasee, den Ort Bandawe, der von dem verdienstvollen Dr. Laws gegründet
wenn brauchbare Kohlenfelder sich in jenen Gegen-
worden ist , wie mir scheint, in ungünstiger Lage. Der Ankerplatz ist sehr schlecht und den dem Lande
den fänden . Die im Nordwesten des Sees in der Landschaft
zuwehenden Winden ausgesetzt, die Gegend hässlich , ohne jeden Reiz, der aus zersetztem Granit und Gneis
hieretwa Nkonde gelegeneStation Karongas (d. h.Karonga's günstigsten bestehendeBodenunfruchtbar.Der See istsind Plätze am ganzen See, und besonders dadurch wich-
bar und scheinen am Ostufer hier vulkanische Ge
tig, da hier die Karawanenroute zwischen Tanganyika und Nyassa endet. Von hier aus wurden auch die Versuche gemacht, eine fahrbare Strasse zwischen beiden Seen anzulegen (der vielgenannte Stevenson-
steine aufzutreten, da mir das Vorkommen von war men Quellen daselbst von allen Seiten bestätigt wurde. Auch befinden sich gegenüber Bandawe einige grös sere Inseln , auf denen englische Missionare ( von der
road), und es ist erstaunlich zu sehen, welche Schwie rigkeiten bei Anlegung der in Serpentinen gebauten denen der kleine Dampfer CharlesJansen zur Verfügung Strasse über das hohe Randgebirge von den eng-
steht. Dr. Laws und seine wenigen Genossen haben
lischen Ingenieuren überwunden worden sind. Nach-
mit unendlicher Mühe grosse Wohnhäuser aus ge
dem man Tausende von Pfd. Sterling verwendet hatte,
brannten Ziegeln gebaut ; den Lehm nahmen sie von den zahlreichen und grossen Termitenhügeln , die am
blieb das Werk doch unvollendet, und da der Weg
nicht erhalten wird, verfällt natürlich das ganze kost- Nyassa allerwärts vorkommen. Der Platz leidet oder spielige Bauwerk. Die Engländer müssen alles daran litt wenigstens früher viel unter den Einbrüchen der setzen, um diesen von den Arabern zerstörten Platz | Mangoni, die zwar die Europäer verschonen , aber wieder herzurichten ; es ist ein wichtiger Handelsplatz und die ungewöhnlich schön gewachsenen ,
sonst alles niedermachen . Weiter südwärts verbreitert sich der See west
Nyassa -Shirë.
117
wärts und bildet eine flache Bai, um aber bald wie- | vögeln bedeckt , unter denen besonders Reiher und der in fast meridionaler Richtung zu verlaufen , und bei Kotakota war 1886 die erste feste arabische
Pelikane hervorragen .
Niederlassung. Von hier bis nach der am Südufer des Sees gelegenen Station Livingstonia verläuft das Ufer auf etwa 100 km ziemlich einförmig. Die Lage dieser ältesten Gründung der schottischen Missionare ist eine sehr hübsche . Die Häuschen liegen am Fusse
ziemlich tiefe Wasserrinne des Shirē abwärts , bis sich der Fluss wieder zu einem sehr weiten , aber
Man fährt nur wenige Meilen die schmale aber ebenso flachen Seebecken erweitert, das den Namen Pamalombwe führt.
Die Durchschnittstiefe dieses
ausgedehnten Beckens ist kaum 44 Fuss, in der Trocken
eines mächtig aufragenden , oben bewaldeten Granit- zeit noch weniger, so dass zu gewissen Jahreszeiten berges; ein nett gehaltener Garten machte einen
selbst die kleinen flachgehenden Dampfer dieses Wasserbecken nicht passieren können . Es kann ja Wohnhaus, die Schule, die Kirche, die Schmiede, keine Frage sein , dass dieses letztere , sowie der kurze alles ist leer und unbewohnt und nur ein Schwarzer | Shirēarm einst mit dem Nyassa zusammenhingen und hütete zu jener Zeit diese hübschen Anlagen . Der den Südrand desselben bildeten ; das Becken reicht Platz nämlich , er hiess Livingstonia Manse (manse weit nach Westen bis an den Fuss des sog. Kirk ist schottisch und bedeutet Pfarrwohnung ), ist glühend | gebirges. Es liegen noch zu wenig Detailforschungen heiss und im höchsten Grade ungesund; fast alle über diese Gegenden vor, um mit Sicherheit die Ur hierher stationierten Missionare sind dem Fieber er- sachen des Sinkens des Nyassaspiegels angeben zu legen und so musste man diesen hübsch und auch können ; ein Umstand, wie der Lukugodurchbruch wichtig gelegenen Platz völlig aufgeben. Man be- am Tanganyika fällt hier weg, und man kann diese nutzt den Ort nur noch als eine Station für Feuer- Erscheinung wohl nur damit in Verbindung setzen , holz, welches hier von den Dampfern eingenommen dass man nachzuweisen versucht hat : überall auf wird. Ich reiste in Begleitung des Dr. Laws und der Erde sei eine Schwankung des Seespiegels zu dieser liess es sich nicht nehmen , die in den um- bemerken . Es gibt vielleicht auch lokale Ursachen, liegenden kleinen Dörfern wohnenden Kinder , die welche auf Aenderungen in den jährlichen Nieder freundlichen Eindruck , aber all die Häuser: das
früher in der Mission waren, zusammenzurufen , um
schlagsmengen zurückzuführen sind, die selbst wie
ihnen eine Predigt in ihrer Sprache, dem Ki- nanka, der ihre letzten Ursachen in den Vegetationsver zu halten ; dieser Dialekt des Bantu reicht etwa von hältnissen finden .
Bandawa bis zur Meeresküste hinab ; wenn es auch
nur für einen kleinen Distrikt die eigentliche Landessprache ist, so wird es doch bis zum Zambesi hinab überall verstanden . Es ist schade, dass diese schöne
Nachdem man in verschiedenen Windungen , stets tieferes Wasser suchend , den Pamalombwesee
in nordsüdlicher Richtung durchfahren hat, verengt sich die Wassermasse wieder zu einem
Fluss, der
Niederlassung verfallen muss ; aber ich fand es wähim allgemeinen wenig breit, doch durchschnittlich rend des kurzen zweitägigen Aufenthaltes doch auch ganz ungewöhnlich heiss und unbehaglich. Die dicht ans Wasser tretenden Felsen strahlen eine enorme
Hitze aus und dabei ist die Lage des Ortes so, dass die kühlenden Seewinde abgehalten sind.
Aehnlich wie an der Südspitze des Tanganyika
springt auch am Südufer des Nyassa eine Halbinsel ziemlich weit nach Norden vor, wodurch eine west-
6-10 Fuss tiefes Wasser führt und als Shirē in
meridionaler Richtung dem Zambesi zuströmt . An beiden Seiten des Flusses , besonders aber an der rechten , dehnen sich flache Alluviallandschaften bis
an den Fuss der Gebirge aus , reichlich mit Gras bewachsen und mit zahlreichen Herden wilder Tiere belebt . Dieses rechte Shirēufer zwischen diesem Fluss und dem Zambesi ist thatsächlich eines von den er
liche und eine östliche Bucht gebildet werden ; in giebigsten Jagdrevieren Ostafrikas. Herden von Ze der letzteren, schmäleren, findet sich dann der Ab - bras, von Wasserböcken und anderen Antilopenarten fluss des Sees unter dem Namen Shirē.
Die Ufer
verflachen sich südlich von Livingstonia immer mehr, besonders an der Westseite, während im Osten noch immer beträchtliche Erhebungen verlaufen . Die Verengerung des Sees zu einem Flusse beginnt bei dem Dorfkomplex M’pondo ; diese Dörfer liegen am rech-
sind häufig , Löwen nicht selten und ebenso findet sich noch vielfach der vielbegehrte Elefant . Der Fluss aber enthält ausser Krokodilen vor allem un gemein viele Flusspferde. Von den zahlreichen grossen Strömen Afrikas, die ich zu sehen Gelegen
ten flachen Ufer; gegenüber befindet sich ein schmales,
heit hatte, ist mir nie einer vorgekommen , der so reich an Hippopotamus ist, wie der verhältnismässig
mit Papyrus bedecktes Vorland, hinter welchem sich
kleine schmale Shirē. Man sieht diese Tiere häufig
die erwähnten Höhenzüge des Ostens erheben . Das
in Herden von 8-12 Stück auf einer Sandbank
Land ist hier sehr flach, nur wenig Fuss über dem
liegen und erst kurz vor Ankunft des Bootes ver
Wasserspiegel erhoben, mit zahllosen Borassuspalmen
schwinden. In den Berglandschaften ostwärts aber,
bedeckt , dazwischen vereinzelte Baobabbäume ; der
nach dem Shirwasee zu , findet sich das seltene und
Shirë selbst hier enorm reich an Fischen ; ferner treten Flusspferde vielfach auf und ebenso gibt es
schwer zu erlegende Gnu . Die Strömung des Flusses, der zahlreiche scharfe Windungen durch das aus
eine Art Otter in diesen Gewässern ; die Niede-
Lehm bestehende Flachland bildet , ist ziemlich stark
rungen aber sind mit zahllosen Wasser- und Sumpf- | und es ist grosse Vorsicht nötig für die Schiffer. Ausland 1892 No. 8 .
16
Nyassa -Shiro .
US
Die Schiffbarkeit hat aber schon mehrere Meilen
unterhalb des Painalombwesees ihr Ende ; denn hier
treten von beiden Seiten die krystallinischen Gesteine bis dicht an den Fluss; letzterer hat sich sein Bett durcharbeiten müssen und bildet die von Livingstone benannten Murchisonfälle. Ein wenig ober-
Meilen gelangt man zu dem sog. Elefant -marsh , einer weiten versumpften Niederung , die offenbar ehemals eine ähnliche seeartige Erweiterung des Flusses war , wie der Pamalombwesee, jetzt aber
teilweise ausgetrocknet ist und eine Sumpflandschaft darstellt mit zahlreichen kleineren und grösseren
halb derselben hat die Lakes-Company die Handels- | Wasserpfützen. Dieses Gebiet ist ungewöhnlich reich niederlassung Matope errichtet, von wo ein guter Weg , aufwärts steigend zu den grossen Zentralen dieses schottischen Handelsunternehmens, nach Blan-
an Krokodilen und Flusspferden, ebenso finden sich , wie der Name schon sagt , stets Elefanten daselbst .
tyre und Mandala führt. Es ist dies wohl eine der
grosse Herde (50—60 Stück) dieser in der Natur sehr behenden und gar nicht unbehilflichen Tiere. Trotz des flachen sumpfigen Terrains hat der Shirē hier bei seinem Weg durch den Elefant-marsh eine ungemein heftige Strömung und bildet zahlreiche
schönsten Handels- und Missionsstationen in Afrika
Wir selbst sahen auch vom Boot aus eine ziemlich
überhaupt, sowohl in bezug auf die Lage, als auch hinsichtlich der Einrichtung und Ausstattung, und es ist begreiflich, dass die Engländer anlässlich des Konfliktes mit Portugal alles daran setzten , um diese schöne und gesunde Berglandschaft mit trefflichem
Buschwerk und Gras bedeckt , dazwischen einzelne
kühlem Quellwasser, mit fruchtbarem Boden und
Borassuspalmen ; in der Regenzeit ist ein grosser
einer wohlhabenden Bevölkerung für sich zu be-
Teil überschwemmt. Nach Passierung dieses wild reichen Sumpfes gelangt man an die Mündung des
halten .
kurze Windungen. Die Niederung selbst ist mit
von Osten kommenden Ruaflusses, der als politische
Ein zweiter , in Zickzacklinien erbauter Weg, eine wahre Kunststrasse , führt dann von Blantyre (so genannt nach dem Geburtsorte Livingstones in
Grenze zwischen den englischen und portugiesischen
ist dann der Fluss wieder schiffbar bis zur Ver-
Streifen Landes östlich des Shirē bis zu dem
Interessensphären angenommen worden ist ; von hier Schottland) wieder bergab zum Shirē, so dass die abwärts bis zum Meere ist also portugiesisches Ter Murchisonfälle auf diese Weise umgangen werden, rain , ebenso westwärts den Zambesi aufwärts bis und von der Station Katungas an (in Makolololande) Sumbo , während nördlich vom Rua ein schmaler früher
einigung mit dem Zambesi. Die Berge bei Blantyre
erwähnten Orte Makandjila am Südostufer des Nyassa
bestehen aus Granit und Dioriten , stellenweise aus
unter britischem Schutze steht. Auf diese Weise ist
krystallinischen Schiefern, in welchem Kalkstein auf-
das Gebiet des Shirwasees, ferner die schon lange von
tritt , der zum Brennen verwendet wird. Die Ent-
Engländern besetzten Orte Katungas, Blantyre, Man dala , Zombe , Matope am Shirē, dann das ganze
fernung von Matope nach Blantyre beträgt 34 englische Meilen , von da nach Katungas 26 englische Meilen . Zur Verbesserung einiger versumpfter Stellen
Westufer des Nyassa mit Livingstonia , Bandawe und Katungas bei England geblieben ; die Nordspitze
bei Blantyre hat man schon seit langem Eucalyptus-
aber des Sees, sowie die kleinere, nördliche Hälfte
bäume mit Erfolg angebaut; die Kaffeeplantagen des Ostufers gehört der deutschen Interessen geben ziemlich gute Ernte und ausser verschiedenen
sphäre an .
Gemüsesorten haben die Engländer auch die Cape-
Auf der ganzen Strecke den Shire abwärts fand ich überall , dass die Eingeborenen einen recht ge
Gooseberry (Granatillas), eine wohlschmeckende, grosse Stachelbeerart, von Natal aus eingeführt. >
Wilder Indigo findet sich in den Wäldern, aber die Versuche einer wirklichen Indigokultur ergaben keine günstigen Resultate. Für diese ganze Region war schon 1886 von Seite Englands ein Konsul angestellt, damals in Person des Mr. Hawis, der früher in Japan war. Während meines Aufenthaltes brach zwischen
ringen Respekt vor den Weissen haben , ganz ver schieden von den Verhältnissen anderwärts , ins
besondere auch dort , wo Araber den massgebenden Einfluss haben . Der Jahrhunderte lang währende
Verkehr der Portugiesen mit den Schwarzen scheint nicht besonders vorteilhaft auf die letzteren gewirkt zu haben , ähnlich wie es auch in den portugiesischen Kolonien der Westküste Afrikas der Fall ist , wo
zwei Makololohäuptlingen ein Krieg aus, der einige die Eingeborenen einen Unterschied zwischen einem Zeit andauerte und mich zu einem unfreiwilligen Portugiesen und einem whiteman zu machen pflegen. Aufenthalte in Katungas zwang; denn auch die
Von der Konfluenz des Rua mit dem Shirē abwärts
Weissen waren in diese Affaire verwickelt, und die Verbindung mit dem Zambesi war unterbrochen ; die Veranlassung war die einige Zeit vor meiner An-
wird letzterer breiter und wasserreicher , vereinzelte Dörfer zeigen sich , in denen einsam ein weisser oder farbiger Händler sitzt ; auch Holländer fand
kunft erfolgte Ermordung eines österreichischen
ich hier, meist solche, die schon früher in den hol
Kaufmannes Namens Hinkelmann .
ländischen Niederlassungen am Kongo thätig waren . Man hat auf diesem Teile des Weges die imposante und pittoreske Kette der Monambala- (Morumbala-)
Von Katongas an nach Süden zu bildet der
Fluss wieder zahlreiche Windungen , ist auch reich an Sandbänken, die in der trockenen Zeit über das Niveau des Wassers
hervortreten .
Berge vor sich, die westwärts des Zambesi aufwärts
Nach einigen | streichen .
Diese, sowie die Maganje- und die Cla
Terra incognita.
119
ringtonberge bestehen allerdings grösstenteils aus
darf nicht der kleinste Teil desselben unbekannt sein .
Granit, Gneis und Glimmerschiefer, aber schon aus
Wäre die Kenntnis unserer Erde eine abgeschlossene,
der Konfiguration der einzelnen Gipfel, aus den typischen Domformen muss man schliessen , dass auch Eruptivgesteine auftreten . Dolerit wird bereits
so würden auch andere damit in Verbindung stehende Wissenschaften , z . B. die Meteorologie und Klima tologie , grössere und sicherere Resultate zu ver
von Drummond erwähnt ; ich erfuhr, dass sich ost-
zeichnen haben, als dies bis jetzt der Fall ist . Aber
wärts vom Shirë Schwefellager, sowie heisse Quellen befinden ; eine genauere Untersuchung würde viel
dass die Kenntnis unseres Planeten jemals eine ab geschlossene sein könnte, lässt sich nur insofern
leicht alte Krater konstatieren .
Nachrichten Diese Nachrichten Diese
denken , als wir hoffen dürfen, es werde irgend ein
erfuhr ich im Orte Monambala selbst , wo damals ein Agent der Lakes-Company stationiert war, eine überaus heisse, ungesunde Gegend, in deren Nähe auch das Grab des am Fieber gestorbenen englischen
mal eine Zeit kommen , wo uns keine Quadratmeile der Erde mehr unbekannt sein wird, d . h . eine Zeit , wo wir den Bestand der Erdoberfläche an Land und Wasser gleichsam mit Sicherheit inventarisieren
Bischofs Mackenzie sich befindet.
schen Gesteine, mit angeblich sehr heissen Quellen ,
können . Und selbst wenn diese Zeit gekommen sein wird, müsste, um bei unserem Bilde zu bleiben ,
treten am Nordfuss des Monambalagebirges auf; Ge-
das Inventar evident gehalten, die Messungen , die
rölle von Quarzit und krystallinischen Schiefern von diesem Gebirge reichen bis an den Fluss herab.
wir über den Umfang von Erde und Wasser ge macht haben , müssten revidiert werden , denn sie können , selbst ihre absolute Richtigkeit an sich vor
Die vulkani-
Uebrigens geht vom Orte Monambala westwärts ein zeitweilig fahrbarer natürlicher Kanal durch das flache lehmige Land zum Zambesi . Es folgt nun
ausgesetzt , nicht für immer den wahren Bestand
nachweisen ; die heutigen Zustände sind gewor
bald der Zusammenfluss des Shirē mit dem hier
dene und nicht von Anfang an feststehende, also
sehr breiten aber flachen Zambesi, der ausgedehnte Sandbänke bildet , die nur in der Regenzeit vom
veränderliche. Die Naturkräfte lassen Landstrecken verschwinden und entstehen , Gewässer zurücktreten und ansteigen . So müssen wir uns also bewusst
Wasser bedeckt sind.
Die Landschaft ist ,, soweit
das Auge reicht, flach ; die Ufer ragen nur wenig über das Niveau empor und sind mit Gras bedeckt ; weiterhin erblickt man grössere Gruppen von Bo rassuspalmen, auch wohl einen vereinzelten Boabab . Ein paar Häuserruinen zeigen , dass auch hier einst
bleiben, dass das Antlitz unseres Erdkörpers, welches der darstellende Geograph uns jetzt entwirft, nichts anderes darstellen kann, als einen vergänglichen von äusserst kurzer Dauer sogar im Vergleich zur Länge der Zeiten , welche die Um
Zustand
. Niederlassungen waren ; die eine war ein portu- bildungen nachweisbar erfordert haben '). giesisches Zollhaus, wo die Portugiesen einmal ver-
Die Erkenntnis jener Organisation ist aber nicht
sucht haben , den Shirēhandel zu kontrollieren, das
nur von dem oben bildlich erwähnten Inventar ab
andere ist der Rest einer früheren französischen Fak - hängig, sondern auch von Hilfswissenschaften . Keine torei. Der Handel der Portugiesen hat sich niemals auf den Shirē erstreckt, sie sind immer den Zambesi
Wissenschaft ist mehr als die Erdkunde von ihrem
hinaufgefahren, wo sie dann auch in Orten wie Tete
Universalität. Die Welt der Menschen , der Tiere und der Pflanzen gehört zum Organismus der Erde , in vieler Beziehung wie Ursache und Wirkung. Der leblose Stoff und seine Kräfte gewinnen an Interesse, weil ja von seinen Gestaltungen und ihren Ge setzen die Verbreitung der lebenden Wesen über
und Sumbo eine Scheinherrschaft über diese Gebiete
ausgeübt haben. Das ist der Verlauf einer Reise vom Nordende
des Nyassasees bis zur Vereinigung seines Abflusses mit dem Zambesi, ein Gebiet, das zu den abwechs-
Beistande abhängig und keine kommt ihr gleich an
lungsreichsten, auch ethnographisch und politisch
haupt, ja der Entwicklungsgang der Völker und
interessantesten Teilen des östlichen Afrikas gehört und das bei den Expansionsbestrebungen der euro
unseres ganzen Geschlechtes abhängen . So liessen sich noch mehr Probleme nennen , die mit der
päischen Kolonialmächte immer eine gewisse Be-
Idee des Organismus der Erde in Verbindung und
deutung behalten wird.
mit dem
Terra incognita . Von Adolf Fleischmann (München ). Wenn die Erde nach Carl Ritters Anschauung
ein einheitlicher lebendiger Organismus ist, eine Anschauung, zu welcher die wissenschaftliche Erdkunde immer von neuem wieder hinstrebt, so kommt alles
darauf an , den Gegenstand dieser Wissenschaft, die Erde, und was sie trägt, birgt und erzeugt, voll ständig zu kennen. Auch dem Arzte, der den Or ganismus des menschlichen Körpers erkennen will,
Bestande unserer Kenntnis der Erde im
Zusammenhange stehen . Je weiter man sie aber in diesem Sinne verfolgen wollte , desto unabseh barer würde ihr Gebiet sich ausdehnen und uns
vom Organismus unserer Erde zu demjenigen des ganzen Weltsystemes führen. Deshalb müssen wir uns für unseren augenblicklichen Zweck Schranken ziehen , insofern, als wir bei unserer Erde verbleiben .
Aber auch hier ist , um ihren Organismus zu be greifen , z . B. zu wissen nötig , wie es mit unserer 1) Abhandlung zur Erd- und Völkerkunde v. Oskar Peschel. Herausgegeben von J. Löwenberg. Leipzig, bei Duncker und Humblot.
1877. S. 255 .
Terra incognita.
I 20
Witterungsstatistik steht , wir müssen zu Vorstel- ; die Karte des Abr. Ortelius von 1586, jenes ellipsen lungen gelangen über die Verteilung des Regens förmige Planiglob, » typus orbis terrarum « , mit seinen auf der Erde, sowie zu der Erkenntnis der Gesetze
phantastischen Grenzen nach den Polen hin .
dieser Verteilung, deren Ermittlung allein uns die Ursachen enthüllen kann , warum gewisse Erdräume vor anderen begünstigt erscheinen . Wir müssen die Luftumhüllung der Erde kennen , die so bedeutsam
deuten Land an , von dem wir heute wissen , dass es nicht existiert und die der Kartograph aufrichtig bezeichnet : „ Terra septemtrionalis incognita« und » Terra australis nondum cognita «. Wir kennen
ist durch ihre örtlich wechselnde Verschiedenheit,
ferner die planiglobische Karte des Joh. Bapt. Ho
>
Sie
sowie durch die beständige, gesetzmässige Verände- mann von 1619 , die sich schon nach den Polen hin rung der verschiedenen Luftschichten , welche Strö- klärt, zwar jene Bezeichnungen beibehält, aber wenig mungen in der Gashülle unseres Planeten erzeugt. stens den leeren Raum nicht mit Phantasiebildern Wir müssen unterrichtet sein über die ungleiche cingebildeten Landes anfüllt. Endlich besitzen wir
Verteilung der Sonnenwärme auf unserem Erd- aus neuester Zeit die Karte von Alwin Oppel , körper und ihre vornehmsten Ursachen u . a. m . ). welche die stufenweise Entwicklung des allgemeinen Die Bedingung all dieses Erkennens und Wissens Erdbildes, je verschieden gefärbt, vom Altertume an ist aber die Kenntnis unserer Erde nach allen Rich-
tungen , geradeso wie wir sie vorhin vom Arzte in bezug auf den Organismus des menschlichen Körpers verlangten . Thatsächlich ist diese Kenntnis noch lückenhaft, denn es gibt noch terra incognita
bis auf die Gegenwart veranschaulicht. Wo haben wir nun hiernach die terra incognita zu suchen ? Was das Land betrifft, von dessen Da sein wir überhaupt noch nichts wissen, so beschränkt
es sich auf die Polargegenden im Norden und Süden .
und zwar in zweifachem Sinne. Es kann einerseits
Die Linie, welche sich im Norden ziehen lässt, um
kaum zweifelhaft sein , dass es noch » unentdecktes « Land gibt, und es gibtandererseits thatsächlich noch viel
die Grenze des Bekannten und Nichtbekannten fest
zustellen , nähert sich dem Pole bis auf etwa 6, die
mehr zwar entdecktes, aber seiner Individualität nach
grösste Polferne beträgt etwa 19 Breitengrade. Im
nicht oder nur wenig erschlossenes Land. Die grossen
Süden liegt die Grenze des gegenwärtigen Welt bildes am Südpolarkreise. Es ist nun wissenschaftlich
Entdeckungen haben nur die Grenzen der bekannten
und unbekannten Erdräume festgestellt, die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter zurückgeschoben worden sind, aber geschwunden sind sie bis heute noch nicht ganz . Die Forschungsreisen , Missionen u. dergl . in den entdeckten Erdräumen haben uns
berechnet worden , wie viele Quadratmeilen das Areal unserer Erdoberfläche einnimmt, von welchem wir noch nicht wissen , ob sich in demselben wirklich
mehr und mehr mit ihrer Individualität bekannt ge-
ausgefüllt ist. Aug. Petermann hat es 1868
macht, aber ein fertiges Bild , ganz abgesehen von seinem vorhin erwähnten Wandel und Wechsel, haben wir noch lange nicht gewonnen . Die Ver-
auf 140000 Quadratmeilen berechnet = 7750000 qkm . Im Jahre 1891 hat Alwin Oppel für diesen Raum
>
Land, sei es bewohntes oder unbewohntes, befindet, oder ob es nur mit Eis des ewig gefrorenen Meeres
die Zahl 5519730 qkm gefunden. In der Zwischen
dienste um beides, um Entdeckung und Erforschung zeit ist also im ganzen das müssen wir wenigstens beiläufig bemerken gebühren am wenigsten uns Deutschen. Zur Herr-
hier mehr, dort weniger
die Forschung um 2230000 qkm vorgerückt. Peter manns Berechnung des unbekannten Südpolarraumes
schaft auf dem Gebiete der Erdkunde gelangten die ergibt 21 780 000 qkm , Nord und Süd zusammen deutschen Leistungen erst durch A. v. Humboldt
und Leopold v. Buch, und ihre Forschungen sind pfadfindend geworden für das unbekannte Land im zweiten soeben bezeichneten Sinne.
Jede Wissenschaft hat – bildlich gesprochen solch unbekanntes Land. Aber ein so in die Augen
fallendes Bild, wie man es sich von demjenigen der Erdkunde machen kann , ist bei allen übrigen ein
also 27016793 qkm, d . h. den 20. Teil der ganzen Erdoberfläche ). Eine Betrachtung der terra incognita in dem anderen , vorhin besprochenen Sinne, nämlich in bezug auf unsere Kenntnis der Individualität ihrem Dasein nach bekannter Länder , führt uns naturge >
mäss durch die einzelnen Erdteile und wir sehen ,
dass in Europa dieser Begriff des unbekannten Lan
Ding der Unmöglichkeit. Die Karten verschiedener
des seit dem Ende des 16. Jabrhunderts verschwun
Zeitalter entrollen unserem sinnlichen Auge jenes
den ist. Die Kartographie gibt uns schon in dieser
Bild und die sichtbaren Grenzen der jeweiligen
Zeit ein vollständiges Bild der Oberfläche unseres
Kenntnis. Hier die Karte des Ptolemäus von 1490 . Ein Blick auf dieselbe belehrt uns einerseits, wie
Erdteiles.
weit seine Kenntnis vom Dasein der Länder reichte,
Nachdem in den letzten Jahrzehnten das Stromnetz und die Gebirge Asiens unserer Erkenntnis vielfach
und andererseits, wie sehr in seiner Kenntnis vom
Dasein der Länder Wahrheit im heutigen Sinne und nach dem Ergebnis späterer Forschung und Phantasie ineinander verschwammen .
Weiter liegt vor uns
In Asien findet sich wenig ganz unbekanntesLand .
1 ) Terra incognita . Eine kurz gefasste Darstellung der stufenweisen Entwicklung der Erdkenntnis vom Ausgange des
Mittelalters bis zur Gegenwart und der derzeitigen Ausdehnung 1 ) Peschel, a . a . 0 .
der unerforschten Gebiete . Von Dr. Alwin Oppel. Bremen, Röslers Verlag, 1891 , S. 31. 32 .
Terra incognita .
I 21
erschlossen worden sind, bleiben nur kleine Strecken | diesen beträgt Länderstrecken nur (nach Oppel) 1 260000 qkm weniger . Aber von wissen
des östlichen Persiens, das Innere der Insel Borneo
wir viel
, als
und Hinterindiens, sowie Nordostsibiriens, hauptsäch-
von denjenigen Südamerikas, die wir soeben als un
lich aber die Wüsten Nordtibets und des inneren
bekannt bezeichneten. Sie liegen im höchsten Nor
Asiens als ziemlich unerforschtes Land übrig , was
den .
auf 1140000 qkm Flächengehalt, etwa die doppelte
den Küsten , zwischen dem Kupferflusse und dem
Grösse des Deutschen Reiches, geschätzt wird. Rechnet man die Wüsten Arabiens, so weit sie unerforscht sind, hinzu , so dürfte sich ein unbekannter
grossen Fischflusse, zwischen der Hudsonbai und der Ungavabai harrt sogar zum grössten Teile noch der ersten Erschliessung , ebenso gilt dies für
Das Land zwischen dem Yukon - Tanana und
Flächengehalt von 3000000 qkm ,d . i . sieben Hundert-
die grösseren Inseln am Nordende der Hudsonbai,
teile der Gesamtfläche Asiens, ergeben . Das unbekannte Land Afrikas umfasst noch
Southampton und Nord -Southampton.
weitere Flächen , obgleich es in der neuesten Zeit Gegenstand der eingehendsten Forschungen gewor-
dem oben angeführten Buche Oppels entnommen ,
den ist . Diese Strecken unerforschten Landes liegen in der Wüste Sahara, im Sudan und an der Somali-
mehr hinweisen zu sollen glauben, als es nicht nur die Geschichte der Forschungen , als auch den je
Wir haben diese thatsächlichen Feststellungen auf welches wir die Leser des » Auslandes « um so
küste bis fast zum Babr el Dschebel, denn wenn
weiligen Stand der Kartographie im Verhältnis zu
auch Routenaufnahmen in vielfacher Richtung dort
dem kleinen Raume, den es einnimmt, mit grosser
stattgefunden haben und Linien gezogen worden
Uebersichtlichkeit und Klarheit veranschaulicht. Hier
sind, welche auf unseren Karten sich eingetragen finden, so sind dies eben doch nur Linien und das
über nähere Mitteilungen zu machen , haben wir in Rücksicht auf den verfügbaren Raum und auf die Tendenz der Zeitschrift , als eines rein geo
zwischen ihnen liegende Land ist fast unberührt
geblieben.
Oppel berechnet diese Flächen auf graphischen Organes, unterlassen und müssen uns
7000000 qkm , denen 23000000 qkm bekannten damit begnügen, die Resultate der gelehrten For Landes gegenüberstehen. Die Insel Madagaskar ist in ihrem Süden noch sehr wenig bekannt . Oppel
schungen den Freunden der Wissenschaft zu über mitteln, denen die Bücher der Fachmänner weniger
berechnet diese Teile auf 150 000 qkm ; etwa ein
bekannt sind .
Viertel des Gesamtareales der Insel. Aehnlich wie in Afrika bilden auch in Austra-
lehren uns aber, dass mit der fortschreitenden Kul
Jene geschichtlichen Mitteilungen
lien die Durchquerungen des Inneren ein Liniennetz, zwischen welchem viel unbekanntes Land liegt,
tur und mit der Vervollkommnung der Verkehrs mittel und Verkehrswege sowohl die Entdeckung ganz unbekannten Landes, als auch das tiefere Ein
und wir würden von diesem Innern noch weniger
dringen in diese erst aufgefundenen Strecken immer
wissen , wenn nicht in der allerneuesten Zeit die
Hand in Hand gegangen ist , dass wir also hoffen
Edelmetallfunde Miner und Digger dahin gezogen hätten, die nicht wenig zur Aufklärung des Landes beigetragen haben. Die Kolonien Viktoria und Neusüdwales sind verhältnismässig die aufgeschlossensten ;
dürfen, in absehbarer Zeit den Begriff der terra in
über Westaustralien ist noch am
wenigsten Licht
cognita mit der vorhin erwähnten Einschränkung aus der Wissenschaft der Erdkunde verschwinden
zu sehen. Im Laufe der Jahrhunderte, seit der Zeit der grossen Entdeckungen , hat sich die Kette , als welche wir uns den einheitlichen Organismus un
verbreitet . Oppel berechnet das unerforschte Gebiet auf 3 400000 qkm . Unter den grösseren Südsee- serer Erde denken können , Glied für Glied immer Inseln ist von Neuguinea wohl nur der vierte Teil | mehr geschlossen, und das Ziel der Erkenntnis dieses
als ergründet zu betrachten , und rund 600 000 gkm
Organismus rückt sichtlich näher. Zu letzterem hat
harren noch der Aufschliessung . auch die Meteorologie und Klimatologie einen er Die Durchforschung Südamerikas hat viel heblichen Beitrag zu leisten , aber gerade diese
früher begonnen und vielvollständigere Ergebnisse ge - Wissenszweige finden darin , dass es noch »unbe liefert, als diejenige Nordamerikas . In Südamerika gibt es sehr wenig unbekanntes Land; es beschränkt
kanntes Land « gibt, sei es noch gar nicht entdeckt , sei es nur unvollständig erschlossen , ein wesentliches
sich auf Teile des Netzes des Amazonenstromes und
Hindernis in ihrem Fortschreiten, denn beide Wissen
Paraná und auf Patagonien . Auch die orographische schaften sind auf die Kenntnis der Polargegenden Gliederung der grossen Gebirge ist noch wenig voll- und der Gebirgs- und Wasserkunde des übrigen Fest ständig. Oppel berechnet das unbekannte Land Süd- landes zum grössten Teile mit angewiesen . Man kann sagen , dass dem unbekannten Lande amerikas auf 3 800 000 qkm , wovon er mehr als die Hälfte auf das Stromgebiet des Amazonas rechnet auch der Begriff des unbekannten Menschen ent etwa 21 Hundertteile des gesamten Areales von spricht. Das Ziel der neueren Richtung der wissen 17700000 qkm . Auch Zentralamerika und West- schaftlichen Erdkunde, der anthropogeographischen ,
indien können durchweg als bekanntes Land gelten
liegt aber in der Erkenntnis des Zusammenhanges
mit einziger Ausnahme des Inneren der Halbinsel
des Landes und des Menschen nach seiner vielge
Yucatan . – Die räumliche Ausdehnung des unbe-
staltigen physischen Natur, die sich eben nach dem
kannten Landes Nordamerikas ist zwar geringer, sie | Lande richtet, welches er bewohnt. Erscheinungen
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
I 22
nicht gefunden , wer diese Ansicht zuerst ausge vorkommen, finden sich niemals bei den Bewohnern sprochen hat. Vielleicht stützte man sich anfäng südlicher Zonen . Die Ernährung in kalten Klimaten lich auf die Mitteilung Vasco da Gamas, seiner Be erschwert das gesellige Zusammenschliessen der Men- gleiter und anderer Reisenden : Die Mauren des in dieser Natur, wie sie bei den arktischen Völkern
schen. Diese sind auf Jagd und Fischfang angewiesen,
Ostens bezw. ostindische Seefahrer benutzen den
weil keine Brotfrüchte wachsen und keine Vieh- | Kompass, dann auf das Bekanntwerden der ersten zucht gedeiht. Deshalb verzehren z . B. nordische Erwähnung seiner ältesten Form durch einen Mau Völker viele Fettstoffe, denn letztere dienen zu ihrer ren , ferner auf die Verwechslung Jaques de Vitry's inneren Erwärmung und sind gleichsam die Heiz- von diamant und aimant, woran sich die Verwirrung adamas und magnes anschloss ; auch die apparate des Körpers. Wenn die Tungusen es da- zwischen zwi hin bringen , bis zu 40 Pfund zerlassener Butter zu Folgerung ( weil er schrieb , den Diamant findet trinken , oder wenn die Kinder der Grönländer Klum- man in Indien ), die Kenntnis der Bussole sei aus pen rohen Wallrossfettes verschlingen, so befriedigen Indien gekommen (Libri , Histoire des sciences ma >
beide nur gebieterische Bedürfnisse, die ihnen ihr Land diktiert. Für die Gesittung können solche
thématiques en Italie, TomeII, Paris 1838. S. 61); end
Völker nichts fördern. Die Menschen des noch un-
nus ( Graf von Bollstädt) gegebenen Worte Zoron und Aphron , von denen man annahm , sie müssten aus einer arabischen Uebersetzung des fälschlich dem
entdeckten und des zwar entdeckten , aber nur wenig durchforschten Landes, also der terra incognita in
lich auf die von Vincenz de Beauvais und Albertus Mag
beiderlei Sinne, kennen wir gar nicht, oder nur sehr
Aristoteles zugeschriebenen Buches » De lapidibus
unvollkommen . Der Dunbekannte Mensch « stellt aber ebenso wie das » unbekannte Land " eine Lücke,
entlehnt sein .
fehlende Glieder in jener Kette dar, deren Bild wir
Die älteste Mitteilung über die Verwendung der Richtkraft des Magneten in den von Mauren
in der einheitlichen Organisation der Erde zu er- und Arabern befahrenen Meeren ist die bekannte kennen haben, denn das Land bedingt die physische des Mauren Bailak aus Kibdschak v . J. 1242 (Klap und deshalb auch mehr oder weniger die psychische roth, Clement Mullet, Wittstein). „ Die Steuerleute Natur des Menschen .
des syrischen Meeres . . . . . nehmen ein mit Wasser
Ein Anreiz zur energischen Fortsetzung der der
gefülltes Gefäss , das sie zum Schutz gegen Wind
terra incognita zu widmenden Forschungen liegt vielleicht in der Erinnerung an das Jahr 1492 , im
im Inneren des Schiffes aufstellen ; sie stecken eine Nadel quer durch einen Holzpflock oder Halm
400jährigen Jubiläum zum Andenken an die epoche-
(Span , Rohr ), so dass beide ein Kreuz bilden ;
machende Entdeckung Amerikas , zu dessen Feier dann legen sie die Nadel auf die Oberfläche des man sich in Spanien jetzt schon zu rüsten beginnt; | Wassers in jenem Gefässe, wo dieselbe obenauf aber die weltbewegenden Folgen der damaligen Ent- schwimmen wird. Sodann nehmen sie ein , ihre deckung der ungeahnten grössten terra incognita des
Handfläche ausfüllendes, oder etwas kleineres Stück
Erdballes werden in allen Kulturländern und nament- Magneteisenstein , nähern es der Wasseroberfläche lich in Amerika selbst an Vorbereitungen zu einer
und beschreiben mit der Hand eine Drehung nach
würdigen Gedenkfeier der grossen That des Ge-
rechts , infolgedessen die Nadel auch eine Kreisbe
nuesers mahnen . Die Entdeckungen , die unserer Zeit noch vorbehalten sind, werden sich mit jenen in keiner Beziehung vergleichen lassen. Was wir
und unversehens ihre Hand zurück , und wahrlich !
wegung ausführen wird.
Alsdann ziehen sie rasch
die Nadel ist nach beiden Punkten , Nord und Süd ,
noch zu thun haben, wird nur der Wissenschaft,
gerichtet. Ich habe diese Operation während unserer
aber nicht der ganzen Welt zu gut kommen, und es ist keine unrichtige Bezeichnung, wenn O. Peschel unsere Zeit in dieser Beziehung » das Zeitalter der Messungen « nennt. Aber erschöpfend sind auch diese nicht, denn , wie wir gesehen haben , gibt es sehr
Seereise von Tripolis in Syrien nach Alexandrien
wahrscheinlich an den Polen noch Land, welches
aus Eisen bedienen, den sie so herzustellen wissen , dass er , wenn man ihn auf eine Wasseroberfläche
wir erst finden müssen , ehe wir es messen , d . h . nach allen Richtungen durchforschen und erschliessen können .
Hat Europa den Kompass über Arabien
oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Litterarisch - sachliche Studie. Von A. Schück ') (Hamburg ).
i. J. 640 (Moh . Ztrchng.) mit eigenen Augen ge Von den Seeleuten , welche das Indische Meer befahren, erzählt man , dass sie sich statt Na del und Holzpflock einer Art kleinen , hohlen Fisches sehen .
legt , oben schwimmt und mit seinem Kopfe und Schwanze nach den beiden Richtungen , nach Süd und Nord, zeigt.«
Abgesehen von ein paar technischen Ungenauig
keiten dieses Berichtes , sagt der Barnabit Timoteo besonderen Studium erwählt, wie mehrere von ihm in der » Hansa « ,
Es wird angenommen , Europa erhielt den Kompass über Indien und Arabien ; bis jetzt habe ich
der » Natur: und der » Zentralzeitung für Optik und Mechanika
1) Herr A. Schück , Seeschiffer in Hamburg , hat Geschichte, Konstruktion und Theorie des Seekompasses zu seinem
nautischen Geographie bedeutsamste Frage einer neuen Unter. suchung unterzogen zu sehen.
veröffentlichte Abhandlungen bekunden . Dem Herausgeber ge reicht es zur Freude, hier gerade die für die Geschichte der
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
123
Bertelli in seiner bewunderungswürdigen Arbeit : Muselmännern bestanden ; aber man erkennt daraus Memoria sulla Epistola di Pietro Peregrino di Mari- | nicht, zu welcher bestimmten Zeit man die Eigen court ( Bull . di Bibliogr. e di Storia delli Scienze schaft eines mit dem Magnet bestrichenen Stück
Matemat. e Fisiche. B. Boncompagni, Roma 1868, S. 188 Anm. 3) »Michele Pacifico , Mitglied der Akademie dei Cinesi , versicherte mir , dass nach
Eisens, sich nach Norden zu richten, entdeckte ; noch weniger ersieht man das Land , in dem diese Er findung stattfand« .
Stil und Form der eben wiedergegebene Abschnitt
Reinaud erwähnt auch der Bekanntschaft der
aus Bailaks Werk nicht mit Sicherheit arabischen
Mauren des Mittelalters mit dem Namen »Kompass « ungefähr hundert Jahre nach Baïlak . » Ibn Khaldun, der in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts schrieb,
Ursprungs ist , sondern eher eine arabische Ueberdie ich die Obwohl setzung aus dem Lateinischen «.
denen sich auch kenntnisreichere Personen befan-
Windrichtungen Namen annahmen , die sie am Mittelmeer hörten . » Unabhängig von diesen Be
den, mussten sehr bald bekannt werden lassen , ob
nennungen sind einige vorhanden, welche die Ara
Mauren bezw. Ost-Araber ein derartiges Hilfsmittel bei
ber an den Küsten des Mittelmeeres im
ihren Seereisen hatten . Da von anderen Erfindungen
fanden , zur Zeit als sie zuerst über ihre Wüsten
her entronnenen oder losgekauften Europäer, unter
Gebrauche
der Asiaten, die wir auf diesem oder ähnlichem
schiluk -- Scirokko oder sind schiluk Dies sind hinauskamen . Dies
Wege erhalten haben , nachweisbar ist , wann und wie es geschah , so wäre es sonderbar, wenn dies vom Kompass bezw. der Schwimmbussole nicht erwähnt wäre. - Schon Reinaud (Géogr. d'Aboulféda, Introd. Paris 1848) , welcher den Bericht
SE, libesch =- Libeccio oder SW , das vom griechi
Baïlaks ebenfalls als das älteste Schriftstück kennt,
los aus boreas, ich erinnere daran , dass der NE Sturm , der im östlichen Mittelmeer, im Aegäischen
>
in dem Benutzung der Richtkraft des Magneten zur
entstanden ist , und schirsch schen l circius oder NW , circius der Römer. Es gibt auch die
Benennung borrany um die NE zu bezeichnen , des sen Ursprung mir unbekannt ist .« ( Entstand zweifel
ist , verbindet ihn mit den Angaben Jaques de Vi-
Meer und in der Adria zuweilen plötzlich einsetzt und dichten weissen Dunst erzeugt – daher für
trys und Hugue de Bercis (von ihm auch fälschlich
jene der Name: Weisses Meer —· borra , auch bora
Schiffahrt seitens der Mauren und Ost-Araber erwähnt
Da die Araber ( ebenso die Guyot de Provins genannt) und sagt, dadurch sei bewie- genannt wird ')? . Insulaner) Karolinen Beginn im und 1 2.Jahrhunderts des Ende sen, dass gegen ) für Windrichtungen andere des 13. die Magnetnadel benutzt wurde, gleichzeitig Namen haben , als für die Kompasskurse, darf
im Morgen- und Abendlande, was sich leicht erklärt durch die friedlichen und kriegerischen Beziehungen , welche damals zwischen Christen und
jedoch der Gebrauch europäischer Benennungen für jene nicht als ein Beweis angewendet werden , 1) Doch wohlkaum ; » Bora « ist ein slavisches Wort. Die Red .
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
I 24
sie hätten die Benutzung der Richtkraft des Mag-
neten von den Europäern erhalten .
sung muss in früheren Zeiten grösser gewesen sein, und so könnte man die Zeit , vielleicht auch die
Fernão Lopez de Castanheda wurde von Pre- | Gegend bestimmen , wo sie einem Kompassstrich vost in bezug auf die portugiesischen Thaten für den zuverlässigsten der Schriftsteller jener Zeit ge halten ; er schrieb seine » Historia de discubrimiento
oder 11 ° 15' gleich war (aber nach E von N !), – d . h . an dem Tage, an dem die jetzt noch unvoll kommenen Theorien des Erdmagnetismus gestatten,
e conquista da India pelos Portuguezes« Jahrzehnte mit Sicherheit in die Vergangenheit zurückzugehen «. nach den Reisen Vascos : mir liegen nur vor die | » Sicherheit« ist nicht erreichbar, höchstens An ). spanische Uebersetzung, Antwerpen 1554 und die näherung Da zur Zeit Vasco da Gamas im Mittelmeer die erneuerte Ausgabe von Francisco Jose dos Santos
Marrocos , Lissabon 1797 ; in beiden heisst es von den nach Mozambique fahrenden bezw. dort an
Magnetnadel E-wärts von E zeigte, d . h . die Miss weisung E-lich und abnehmend war , so könnten
sässigen , seefahrenden Mauren, » einige gebrauchen genuesische Kompasse umsoviel vor seiner Zeit in Besitz von Arabern gekommen sein , wie damals Magnet Kompasse genuesische der Jahre vergangen waren , seitdem man in Genua die wird hiermit fast stetsgenommen , aber« (genau nadeln, agulhas
Missweisung gleich einem Kompassstrich E von N
Kompass bezw . die Kompassrose bezeichnet ) ; d . h . nach den Castanheda gewordenen Mitteilungenirgend beobachtet hatte. Solche oder so eingerichtete Kom eines damals noch lebenden Seemannes der Flotte
passe könnten noch jetzt dort im Gebrauch sein,
Vascos oder nach den Kompassen , die er selbst in jedoch d'Abbadie sagt , ausserhalb der Strasse (Bab ?) ?) auf der Reise nach Bombay benutzte en elmanMandeb Kompasse, deren Nadeln unter der Nord -Süd
Indien bezw . Mozambique sah , hatten die von den maurischen Schiffsführern benutzten Kompasse die selben Eigentümlichkeiten, wie die, welche zu jener Zeit in Genua oder für die nach genuesischen An
Linie lagen . Es mögen nicht alle arabischen Schiffe, auf denen man zur Zeit Vascos Kompasse sah,
leitungen Navigierenden gefertigt wurden . Wahr-
Bombay-Fahrer gewesen sein, unmöglich ist es nicht,
scheinlich bezieht sich dies auf die Zeichnung des Rosenblattes (z . B. als Merkmal für Osten das
dass man damals jenen Unterschied nicht machte,
genuesische Kreuz , möglicherweise auch auf die Befestigung der Magnetnadel unter dem Rosen >
blatt, die man damals - wenn nicht immer, doch sehr häufig nicht unter der Nord-Südlinie an brachte, sondern die man mit dieser Linie den Winkel
aber da diese Unterscheidung , wenn auch erst in unserem Jahrhundert , nachgewiesen ist , so halte ich es nicht für richtig zu sagen, die Bezeichnung »agul has genuiscas wird sich sowohl auf das Rosenblatt,
als auch auf die Stellung der Magnetnadel unter demselben bezogen haben ; ich muss mich begnügen,
bilden liess , den zu einer Zeit , als man die Ab- jene Bezeichnung nur auf das Rosenblatt zu be weichung der Nadel vom wahren Meridian beob
ziehen . - Bei den kurzen Entfernungen , welche
achtet hatte , die Nadel mit dem Meridian bildete.
die Araber im Roten Meer nach dem Kompass steuern und bei der schlechten Beschaffenheit, in
Gegen letzteres möchte ein Teil des folgenden
der ihre Kompasse überhaupt sein mögen, darf man
Sprechen
sich nicht wundern , wenn sie sich mit dem grossen
A. d'Abbadie berichtet über den Kompass der in der Missweisung stillschweigend ab Araber ( Nouveau Journal asiatique III. Serie T.XI1841. Unterschied zufinden wissen . Lettre de M. A. d'Abbadie à M. Gardin de Tassy
Wenn man meine Vermutung oder Ansicht d. d. Kairo 1840 Okt. 12. S. 589) und sagt dabei : zulässt , agulhas genuiscas habe die erwähnte Be »Ferner könnte man ersehen, wo die Araber die deutung, so liegt es allerdings Vielen näher, zu glau >
Deklination (Missweisung ) der Magnetnadel beob achtet haben . Thatsächlich benutzen sie zwei Kom
ben, die Mauren hätten angekaufte italienische Kom passe gehabt, als zu glauben, Italien habe die Kennt
passe , der eine heisst » deirah dschahié « und ist un serem ähnlich , indem die Magnetnadel unter der bei dem anderen , Nord -Südlinie angebracht ist,
nis des Kompasses von den Mauren erhalten. Peschel citiert die Stelle aus Paesi nuovi retrov .,
1507 , Kap. nach dem israelitischen »deirah farkadie« genannt, hat man die Missweisung Vicenza Nautiker Gaspar , derLXI, mit Vasco da Gama nach
annähernd berichtigt , indem man die Nadel in der Europa zurückfuhr, » levantinische Kompasse« ; man Richtung 4 ) زرقNzE ) und عددبار-SzW ) ) befe
inag dabei an kleinasiatische oder arabische cher mag aber der Portugiese, Spanier , Kompasse denken,
stigte ; dies ist ein ähnliches Verfahren, wie das im Mittelmeer gebräuchliche..... 1832 betrug die Miss- Franzose, Italiener, der levantinisch « schrieb bezw . weisung der Magnetnadel bei Ras Mohammed 9 ° 48' W und in Mokha 6 ° 30ʻ ; hieraus ersieht man , dass sie nach SE hin abnimmt. schen
Schiffsführer
benutzen
Die arabi-
ausschliesslich den ausschliesslich
das im Originale stehende Wort so übersetzte , kann es nur im selben Sinne gebraucht haben , wie man
Levante im Gegensatz zu Ponente gebraucht findet ; jenes die Küsten Spaniens, Frankreichs u . s. w .
im
Kompass farkadié im Roten Meere und den dschahié,
Mittelmeer, -- dieses die Küste Portugals, Spaniens,
sobald sie die Strasse (Bab el Mandeb ?) passiert haben , um nach Bombay zu fahren . Diese Misswei-
Frankreichs am Atlantischen Ozean bezeichnend; höchstens konnte es sich beziehen auf Italien , das
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
125
Adriagebiet und die östlicheren Länder, im Gegen-
Stein Kopf und Schwanz hat , muss man darauf
satz zu Frankreich und zur iberischen Halbinsel. Nach der Historia della vita ... dell ... D.
achten, dass man (die Nadel) mit dem Kopf streicht. Es ist sicher , dass jeder Magnetstein die Welt
Cristoforo Colombo von Fernando Colon , übersetzt (d. h . den Gesichtskreis) in vier Teile zerlegt. von Ulloa , Venedig 1865 , mögen genuesische und
Wenn man
flandrische Kompasse seiner Zeit gebräuchliche Han-
streicht, wird sie nach dem Südpol zeigen , wenn
delsartikel gewesen sein , da sie als von Columbus benutzt angegeben sind ; naturgemäss konnten erstere häufiger als letztere Eigentum von Afrikanern und
man mit dem rechten Arm
v Asiaten werden . – Nebenbei bemerkt irrte A. v.
Humboldt, als er schrieb (Examen critique de l'hi-
daher die Nadel mit dem
Schwanz
oder der rechten Seite
streicht, wird sie nach Osten zeigen , wenn mit der linken Seite , wird sie nach Westen zeigen « . Diese Ansicht ist viel älter, sie beruht wahrschein lich darauf , dass man damals gleichschenklig drei
stoire de la Géographie du nouveau continent u . S. W.
eckige Plättchen von geringer Höhe und schief
Paris 1837. T. III, S. 56) : » Der Admiral, nachdem
wirklig viereckige zu Kompassmagneten verwandte ;
er bemerkt hatte, dass die Nadeln verschie-
man kann sie so magnetisieren , dass die Höhe oder
dener Härtung und Herstellungsweise die längste Diagonale nach Norden , Osten , Süden nicht mehr den gleichen Betrag der Missweisung oder Westen zeigt . — Wenn dann in der » Vita« weiter angaben « ; der Satz (Vita u . s. w. cap . 63 ) : »attribuisce la cagione alla differenze della Calamita,
gesagt ist , » die Verfertiger der (Magnet-) Nadeln bedecken daher den Magnetstein mit einem Tuch
con che si temperano le aguglie ,« ist doch zu übersetzen »er schrieb die Schuld dem Unterschiede des
derart, dass nur der nördliche Teil frei bleibt, d . h . derjenige, welcher die Eigenschaft hat, den Stahl zu
Magnetsteins zu , mit dem man die Nadeln richtet
veranlassen , nach Norden zu zeigen (wörtlich den
(d . h. durch Bestreichen sich nach Norden richten macht )«. Libri in Histoire u . s . w . T. II , S. 221 gibt die Verse aus der Sfera des Goro Dati , geschrieben in Florenz gegen Ende des 14. oder An-
Nordstern [ Tramontana] zu treffen )«, so kann auch
fang des 15. Jahrhunderts , gedruckt daselbst 1482
der Admiral einen jener Ansicht entsprechenden Gebrauch beschrieben haben. Das Wenige über die Schiffahrt der Araber von Calicut aus Mitgeteilte ist unklar , vereinzelt
und 1513 , Venedig 1534, in denen temperare eben-
sich widersprechend.
so gebraucht ist :
nicht vor ; Fischer und Kunstmann haben darauf hingewiesen , dass der » durchaus verlässliche und umsichtige« italienische Reisende Nicolo Conti im
» Vanno per mare mercanti et pirati Col bossol de la stella temperata Di calamita verso tramontana «
Kaufleute und Seeräuber, fahren über das Meer
Originalwerke liegen mir
ersten Drittel des 15. Jahrhunderts ausdrücklich be merkt : » Die Inder führen ihre Schiffe über das
mit dem Stern-Büchslein (d . h . mit dem wie ein Meer , vornehmlich nach den Sternen beider Pole, Stern gezeichneten ), das mittelst des Magnetsteins
da sie die Sternbilder beider Bären selten erblicken ;
nach Norden gerichtet wird . – Den alten deutschen Schriften entsprechend habe ich bossol mit
den Gebrauch des Magneten kennen sie nicht,
Büchslein übersetzt; doch bin ich überzeugt , dass
sternes messen sie die Richtungen und die Entfer
nach oberer und unterer Kulmination des Polar
hier die Kompassrose gemeint ist , an der (da- nung der Orte , hiernach wissen sie , in welcher mals vielleicht auf der) die Magnetnadel befestigt
Gegend sie sich befinden « (Navigunt ut plurimum
ist. Die Thatsache, dass bossol bezw . bossola ohne
Indi ad stellas alterius poli , ut raro arctum conspi
Unterschied für Kompass im Ganzen, Kompassdose ciant; magnetis usu carent, elevatione et depressione und Kompassrose gebraucht wurde, ja noch gebraucht
poli cursus locorumque distantiam metiuntur; quo
wird , mag schon viel Verwirrung angerichtet haben .---
que in loco sunt norunt hac dimensione. Th. Fischer,
Die Unterschiede in der Kraft des Magnetsteins
Sammlung mittelalterlicher Welt- und Seekarten ita
>
wurden noch ein paar Jahrhunderte später über-
lienischen Ursprungs u . s. w . Venedig 1886, S. 57 ;
Ebenso mag A. v. Humboldt unrichtig
Kunstmann, Kenntnis Indiens im 15. Jahrhundert,
urteilen , wenn er den geringen nautischen und
S. 55. Verhandl. Königl. Bair . Akad . Wissensch .).
astronomischen Kenntnissen
Das Messen der Richtungen und der Entfernungen
schätzt .
des Fernando Colon
die Stelle zuschreibt vich glaube, der (Polar-) Stern
u. s . w. bedeutet , dass sie nach der Polarsternhöhe
hat die Eigenschaft der vier Himmelsrichtungen,
(die geographische Breite bestimmend) und dem
wie sie auch der Magnetstein hat , der, wenn man mit seinem Osten berührt (d. h . die Magnetnadel bestreicht) , nach Osten zeigen wird (d . h . die Nadel nach Osten zeigen machen wird), ebenso Westen
gesteuerten Kurse schätzen , sowohl wie weit sie
oder Norden oder Südena . Aehnlich schreibt noch
hat man wohl einzuschalten : bei ihrem niedrigsten Stande -, denn Ort des Auf- und Unterganges von
Alexio Venegas in » Primera parte de las differencias
vom Abfahrts- und Bestimmungsorte entfernt , als auch in welcher Gegend sie sind . Zwischen : weil sie die Sternbilder beider Bären selten erblicken -
de libros que ay enl universo « ( 1. Ausgabe Toledo ? | gewissen Sternen der Bären wurde jedenfalls be 1539 oder 1540) 1545 , 1569 und 1583 in bezug nutzt. – Falls Conti selbst schrieb : magnetis usu auf den Kompass gleichlautend : » Denn weil der | carent, falls nicht etwa ein Kopier- oder Uebersetzungs
126
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
fehler bezw. eine Einschiebung vorliegt , so ist es allerdings nicht unmöglich , dass damals das indische
Kompass , nur nach dem hölzernen Quadranten ; ( weiter : dies scheint eine über die Maassen schwie
Meer noch ohne Kompass befahren wurde, aber es
rige Sache, besonders wenn der Himmel mit Wol
wäre zu weit gegangen , zu behaupten , es sei ein unumstösslicher Beweis, die Schiffsführer, mit denen Conti fuhr oder die er kennen lernte , hätten die
ken bedeckt ist, so dass man die Sterne nicht sehen
Magnetnadel überhaupt nicht gebraucht. Zunächst
steuern , dann als Steuermann und Schiffsführer das
bedeutet dies nur : Conti bemerkte nicht oder er-
Steuern zu überwachen hatte, begreift dies nicht, sondern fragt : wonach steuerte man bei Tage ? Ferner sagen diejenigen, welche die Monsune Indiens nicht nur nach dem kennen, was von oberflächlichen
fuhr nicht , dass jene Schiffsführer während der Reise die Magnetnadel mit einem Magnetstein bestrichen , um ihre magnetische Kraft zu verstärken,
kanu .
Das Nähere über diese Quadranten ersuche ich
nachzusehen in meinem Aufsatz : » Der Jakobsstab bei den Arabern « in der » Natura, Juli 1891. Sicher
ist es bei Seegang und schief liegendem Schiffe auch schwierig , ohne andere Marken nach einer Bussole (d . h . Magnetnadel ohne Rosenblatt und Gehänge) zu steuern. Wahrscheinlich haben die Araber Küstenfahrt in grösserem Masstabe be
trieben , sich häufig, besonders bei Nacht aus
9
kleinen Fahrt geschieht. Cana kannte vielleicht den Kompass nicht (?). Wie dem aber auch sei, keinen der angeführten Berichte kann ich als Beweis dafür anerkennen, dass die Araber den Kompass von uns erhalten haben .
(Fortsetzung folgt.)
十
(bei Venedig )
2
5 8
( bei Ancona
Mittelmeer (bei Livorno)
6
( bei Genua ) ( bei Nizza) Atlantischer Ozean ( bei Brest
5 6
+
2
C11
79
ני
( bei St. Jean de Luz ) + 15
Kanal (bei Cherbourg)
.
+
( bei Havre
16
( bei Vlissingen ) >
5 I
Nordsee ( bei Ostende )
Furcht vor Feinden oder Seeräubern und vor Stran
dung, weiter vom Lande gehalten ; auch konnten sie, da man damals dort keine nächtlichen Leuchtfeuer hatte, keine Landmarken sehen ; jedenfalls steuerten sie den Bestimmungsort oder besondere den Kurs bestimmende Landmarken » nach der geographischen Breite « an , wie es noch jetzt in der sogenannten
>>
( bei Helder) ( bei Harlingen )
(bei Cuxhafen ) Zuydersee (bei Elburg )
(bei Amsterdam )
Ostsee (bei Travemünde )
7 4
+
I
3
+
7 I
9
( bei Warnemünde) ( bei Swinemünde
2
Hiernach muss also stets eine Höhenkote, wenn sie für ein bestimmtes Niveau angegeben ist, mit einer ge wissen additiven oder subtraktiven Konstante versehen werden , um für ein anderes Niveau gültig zu sein . (Technische Blätter , XXIII. Jahrgang, Heft 2 und 3. )
(Die Pelagosa - Gruppe.) Nachdem unlängst im italienischen Parlamente von radikaler Seite lebhafte
Geographische Mitteilungen . ( Das geometrische Nivellement.) Von allen Methoden der Höhenbestimmung terrestrischer Objekte kann nur eine den Anspruch auf ein sehr hohes Maass
Interpellationen an die Regierung gerichtet wurden , wie es denn mit den Besitzrechten bezüglich der im
Adriatischen Meere gelegenen Pelagosa -Inseln stehe, ist eine authentische Aufklärung über diese Felseilande von Wert, welche wir dem wohlbekannten Geographen G. Marinelli ( Padua) verdanken. Es besteht die
von Genauigkeit erheben, diejenige des Nivellierens.
Gruppe zunächst aus den beiden grösseren Inseln Pela
Man hielt dasselbe , wie sich E. Czuber in einer sehr anregenden Studie über die mit dem Wesen dieser
gosa Grande und Pelagosa Piccola, welche " , km Ab stand haben , und sodann aus einer Reihe diesen Kern umgebender Klippen und » Scoglien « . Die Hauptinsel hat 1200 m in Länge , 200 in Breite , steigt aber zu
Operation neuestens vorgegangene Veränderung ausdrückt , für ein rein geometrisches Verfahren , dessen Resultate einzig und allein von den störenden Einflüssen
der Strahlenbrechung zu befreien seien . Nunmehr aber weiss man , dass Veränderungen in der Grösse und
namhafter Höhe aus den Fluten auf, so dass der von
den Oesterreichern auf dem höchsten Punkte aufge führte Leuchtturm auf so km in der Runde gesehen
Richtung der Schwerkraft die Richtigkeit eines im übrigen
wird . Nur am Ufersaume findet sich ein klein wenig kulti
noch so gründlich ausgeführten Präzisionsnivellements beeinflussen müssen , und dass das Durchnivellieren einer sogenannten „ Schleife « nicht notwendig eine Höhen-
vierter Boden , und so ist denn auch heute die Insel, welche nach verschiedenen Anzeichen vor alters stärker
differenz Null ergibt, wenn man zum ersten Eckpunkte des Polygones zurückgekehrt ist. Die an sich schwierige
Leuchtfeuers bewohnt.
Aufgabe, mit dem eigentlichen Nivellieren stets auch physikalische Beobachtungen zu verbinden, ist wesentlich erleichtert worden durch den Apparat für relative Pendelschwerebestimmungen, welchen Oberstlieutenant
53,5 km von Pelagosa entfernt; das Meer zwischen der Gruppe und dem italienischen Festlande ist seicht, jeden
besiedelt war , ausschliesslich von den Wächtern des Noch unbedeutender sind die
übrigen Inselchen . Die Küste am Monte Gargano ist falls minder tief als zwischen ersterer und der dalma
tinischen Küste. Während der Miozänzeit dürfte, wenn
v. Sterneck in Wien angegeben und den Mitgliedern
Suess , Neumayr und Tellini im Rechte sind, aus
des 9. Deutschen Geographentages in zuvorkommendster
dem Meere ein Isthmus aufgeragt haben, der zwischen
128
Litteratur.
Apulien und dem Westen der Balkanhalbinsel eine Land brücke darstellte , und als dessen spärliche Trümmer Pelagosa ebenso wie die näher an Italien gelegenen
Kenntnis der einschlägigen Litteratur zuerkannt werden , wie 661 Citate beweisen. Bei einer wissenschaftlichen Sammelarbeit, wie der vorliegenden, ist die Kritik der Quellen die Hauptsache.
Inseln Pianosa , Cazziola, Tremiti u . s. w. anzusehen
Unverkennbar hat nun der Verfasser jenen Autoren am meisten zugestimmt und geglaubt, welche seine a priori bestandene Auf fassung von der Religiosität unterstützen. Die Zeugnisse , die
sind . ( Bullettino della Società Geografica Italiana, Ser. 3 , Vol . IV , Fasc . 12. )
( Das Gebiet der Niederelbe. )
Bei der Er
örterung von Fragen der hamburgischen Landeskunde war im Schosse des Naturw . Vereines zu Altona auch
die Aufgabe gestellt worden , das Gebiet, innerhalb dessen die landeskundliche Untersuchung sich zu be wegen hätte , genau abzugrenzen. A. Schück unter nahm es, dies zu thun , nachdem der Verein im allge meinen die Strecke von Helgoland bis Lauenburg mit
dagegen sprechen, führt er zwar an, verwirſt sie aber ohne stich haltige Begründung. So kommt es , dass er nur denjenigen Autoren völlige Berechtigung zuerkennt, die mit den Missionaren gleiche oder ähnliche Anschauungen teilen . Man kann die Thätigkeit der Missionare sehr hoch schätzen, dennoch wird man ihnen wissenschaftlichen Skeptizismus vielfach absprechen müssen ,
und gerade dieser ist bei Behandlung eines so äusserst komplizier ten Themas von ausschlaggebender Bedeutung. Uebrigens möchte ich einen Gelehrten ganz besonders in Schutz nehmen, den der Verfasser mit Vorliebe als seinen Gewährsmann citiert : das ist
den dazu gehörenden Nebenflüssen der Elbe und den
Friedrich Ratzel. Man braucht nur das Kapitel » Religion « in
einmündenden Bächen bis zur Wasserscheide bei den betreffenden Quellen « als seine Domäne bezeichnet hatte. Lauenburg ward als Grenzpunkt deshalb gewählt, weil
seiner » Völkerkunde« ( I. Teil ) zur Hand zu nehmen , und man sichtig zum Positiven fortschreitenden Denk- und Darstellungs
der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser so gar noch etwas oberhalb dieser Stadt sich bemerklich
ders sehr deutlich wahrnehmen .
wird den Unterschied zwischen seiner scharf abwägenden , vor.
weise und zwischen den orthodox-gläubigen Behauptungen Schnei
macht, das Aestuarium der Elbe mithin jedenfalls so
Sobald der Verfasser den Boden tendenziös-theologischer
Es handelte sich also darum ,
Untersuchungen verlässt , aus welchem Fragen auftauchen , die wegen Unkenntnis der Negersprachen oder wegen Nichtverständ nis ihrer Ausdrucksweise vorläufig unlösbar erscheinen, und so bald er das Gebiet exakter und positiver ethnographischer Be obachtungen betritt, bietet er uns, wie in den Abschnitten über
weit auszudehnen ist .
nicht , wie sonst wohl , das Bewässerungsgebiet eines ganzen Stromes, sondern nur eines bestimmten Teiles
desselben zu fixieren, und dies war deshalb nicht ganz leicht, weil im Lauenburger Seenterritorium die Quell
Fetischismus und Hexenwahn , massenhaft gesamıneltes und gut
bezirke der zur Ostsee fliessenden Gewässer mit denen
der Elbe sich innig verschlingen , wie auch die Grenz
gesichtetes Material; wir erhalten in diesen Abhandlungen einen scharf gezeichneten Ueberblick von hohem Interesse , und wir
linie zwischen den Becken der Weser und Unterelbe
müssen nur bedauern , dass die übrigen Kapitel nicht mit der
eine recht gewundene ist. Einfacher lassen sich im
selben wissenschaftlichen Objektivität bearbeitet worden sind .
ganzen Elbe und Eider von einander scheiden .
Ich bin der Meinung, der Verfasser hätte sich ein grosses Verdienst erworben und eine längst empfundene Lücke in der Völkerkunde ausgefüllt, wenn er den von ihm gewaltig ange
Im
Meere folgt die Umgrenzungslinie grossenteils der Iso bathe von 20 m , doch fällt auch der 40 m tiefe Riff grund südlich von Helgoland und die sogenannte Loreley Bank noch in » hamburgisches « Gebiet . ( Verhandl. d .
Ver. f. naturw . Unterhaltung zu Altona, VII . Band, 1891 .
häuften Stoff zu einer erschöpfenden Gesamtdarstellung des re ligiösen Lebens der einzelnen Völker verwendet hätte . Die meiste Teilnahme bringen doch nur diejenigen Leser dem vor
liegenden Buche entgegen, die sich ein in sich abgeschlossenes Bild dem geistigen Zustande jedes einzelnen grösseren von
Hamburg, L. Friederichsen.)
Stamines verschaffen wollen. Sie können das ohne Zweifel aber
nur dadurch, dass sie nach dem Register aus den verschiedenen
Litteratur.
Kapiteln den gewünschten Volksstamm herausschälen und das über ihn Mitgeteilte zusammenstellen ,
Die Religion der afrikanischen Naturvölker . Von Prof. Dr. Wilhelm Schneider. Münster 1891.
gr. 8 '.
baren Mangel an Vollständigkeit und Richtigkeit in seinen Dar
283 S.
Der Verfasser betont in der Einleitung , dass er die » Re
ligion
Hätte diese Arbeit der
Verfasser selbst übernommen , so hätte er den nicht selten fühl .
stellungen wahrgenommen und sicherlich verbessert. Ich greife 2. B. die Waganda heraus. Man bekommt nach Schneider
und nicht die „ Religionen « der Afrikaner behandeln >>
wolle . Er will viel mehr den Nachweis der Religiosität bei den
Naturvölkern liefern , als eine eingehende Schilderung von reli giösen Vorstellungen und Gebräuchen. Man erhält also nicht ein abgerundetes Bild von den Religionen der einzelnen Stämme,
sondern eine Darstellung von der Wiederspiegelung höchster inetaphysischer Begriffe in den Anschauungen der Schwarzen. Demnach teilt der Verfasser sein Werk ein : I. Gottesbewusstsein ;
II. Spiritistische Naturauffassung ; V. Unsterblichkeitsglaube. Die Abschnitte III und IV : Fetischismus und Hexenwahn , dienen zur ur Vervollständigung, zur spezifischen Illustrierung des afrikani schen religiösen Denkens. Das ganze Buch ist durchhaucht von
einer siegesbewussten Kampflust gegen den herrschenden Dar winismus und Materialismus, wie das sehr deutlich aus dem weg werfenden Tone zu erkennen ist , womit die wissenschaftlichen Vertreter jener Richtung behandelt werden. Hier im Auslanda ist nicht der Ort, theologisch -philosophische Fragen zu erörtern ; ich kann mich auch nicht entschliessen , auseinander zu setzen ,
nicht die Ueberzeugung , dass man es hier mit einer stark ver geistigten Religion zu thun hat , woraus sich ja auch zum Teil
die massenhafte Bekehrung zum Christentum erklärt ; es wird nicht der höchst auffallende Umstand hervorgehoben , dass die Waganda keine Art von Götzenbildern besitzen . Der Verfasser scheint das Buch Ashes » Two Kings of Uganda « nicht zu kennen , sonst müsst er die interessante Notiz (S. 316) betont haben, dass die Waganda an keine Unsterblichkeit der Seele der ge
wöhnlichen Menschen glauben. Bei eingehender, getrennter Be handlung der einzelnen Völkerstämme würden auch verschiedene Ungenauigkeiten vermieden worden sein , wie z . B. S. 85 , dass Uganda sich Unioro , Usagara und Ukedi tributpflichtig gemacht, oder wie S. 157 , wo zu den Bantustämmen des Kilimandscharo
die Wateita , Wagueno, Wakahe und Wakamba gezählt werden. Obwohl das vorliegende Buch sehr viel Lesenswertes und Gutdurchdachtes enthält , so kann man es doch nicht als ein
wissenschaftliches Quellenwerk empfehlen, auf das man sich mit vollkommener Sicherheit berufen dürfte.
weshalb nach meiner , freilich sehr persönlichen Meinung dem Autor es nicht gelungen ist, den objektiven Leser von der tiefen Religiosität aller Afrikaner zu überzeugen. Aber eines darf und muss hier besprochen werden , das ist die Benutzung und Verwertung von Reise und Missionsberichten und von ethno graphischen Werken . Dem Verfasser muss eine umfassende
Brix Förster .
München .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 9.
Stuttgart, 27. Februar 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
CEL
In- und Auslandes und die Postämter .
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Adrian von Riedl, der vornehmste altbayerische Hydrograph. Von Christian Gruber (München ). S. 129. 2. Veber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks. Vortrag, gehalten in der Botanischen Gesellschaft zu München. Von A. Rothpletz (München ). S. 132. 3. Die Trachten im Kaukasus. Von Bernhard Stern (Wien ). S. 135. 4. Die Agrarfrage in Japan . Teilweise nach Ota -Nitobe und anderen. Von Wilhelm Krebs (Altona). S. 138. – 5. Hat Europa den Kom
pass iiber Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? Von A. Schück (Hamburg). (Fortsetzung.) S. 141 .
6. Geographische
Mitteilungen. (Solare Veränderungen und magnetische Störungen ; Bevölkerung von Madagaskar.) S. 143 . - 7. Litteratur. (S. Ruge.) S. 144. Adrian von Riedl ,
der vornehmste altbayerische Hydrograph.
deshalb sorgte er nicht nur für die Ableitung des übergrossen Wasserreichtums im Inneren des Moores,
den rückgestautes und durchsickerndes Flusswasser bei geringer Neigung der Thalsohle erzeugte , son
Von Christian Gruber (München ).
Für die Geschichte der Landeskultur in Alt dern suchte zugleich die vielfachen Quellergüsse an bayern besitzen die beiden jüngst verflossenen Jahre seiner Umrahmung unschädlich zu machen. Auch hervortretende Bedeutung. Ist doch nunmehr gerade die Anlage des notwendigen Strassen- und Weg
ein Säkulum vorübergegangen , seit mit der Aus
netzes wurde keineswegs aus dem Auge verloren,
trocknung und Besiedelung jener weitausgespannten überhaupt so gründlich zu Werk gegangen , dass Gebiete zwischen unterem Lech und Paar, welche parteiische Stimmen schon 1792 meinten, man hätte in der heimischen Geographie als Donaumoos be kannt sind , begonnen wurde. Drei der thatkräf tigsten , erfahrensten und einflussreichsten Vaterlands
freunde jener Zeit haben die Melioration dieses kran ken Landstriches so andauernd und nachdrücklich
das Moor nicht in so starkem Maasse austrocknen,
die Kanäle weniger kostspielig und dauerhaft anlegen sollen ?). Es ist durchaus nicht v. Riedls Schuld,
dass das grossartig gedachte Werk nicht in einem stetigen , frischen Zuge zur Ausführung gelangte,
gefördert, dass bereits zu Beginn des Jahres 1791
vielmehr, wie ich früher ausführlich nachweisen
der Grund zur ersten Kolonie (Karlskron ) gelegt konnte, den Charakter eines mehrmals aufgegriffenen,
werden, vier Jahre später aber die Entwässerung des agrikulturellen Experiments annahm .. Das Donau
gesamten staatlichen Anteiles am Moore im wesent
moos behielt den Ruf, ein Stiefkind der Natur zu
lichen als vollendet gelten konnte. Es waren Georg sein, nach wie vor. Seine Urbarmachung ging nur von Aretin , Adrian von Riedl und später Ste phan von Stengel. Unter ihnen stand v . Riedl durch
Sach
kenntnis und technische Schulung voran . Nachdem er in der Vollkraft der Jahre. - er ward 1748 zu München geboren die Leitung des bayerischen
Strassen- und Flussbauwesens übertragen erhalten hatte, bot sich ihm die unmittelbare Gelegenheit,
bruchstückweise und schwerfällig vorwärts, seine Kolonisierung aber litt trotz der Freigebigkeit des Staates schwer unter dem Umstande, dass man den Einwandernden die Bodenanteile zu kärglich zumaass und dadurch der Massenarmut die Thüre öffnete.
Wenn bei der Melioration des Donaumooses der
Erfolg den Vorarbeiten v . Riedls nicht entsprach , so war dies um so mehr bei seinen gleichfalls von
beim Entwurf der Pläne zur Kultivation des Donau- praktischen Gedanken getragenen Leistungen auf
mooses derart mitzuhelfen und einzugreifen, dass kartographischem und hydrographischem Gebiete der dieselben wesentlich als sein Werk anzusehen sind . Diese geistige That allein erfordert , dass v. Riedls
Fall . Sie stellen dessen Namen in die Reihe der bedeutendsten landeskundlichen Forscher überhaupt
Name jenem litterarischen Denkmal eingefügt werde,
und lassen ihn unmittelbar neben demjenigen eines Ph. A pian erglänzen . 1796 erschien auf v. Riedls
welches den Erforschern des altbayerischen Landes und Volkes noch zu errichten ist . Denn seine Pläne
eigene Kosten der Reiseatlas von Bajern , oder
sind mit praktischem Scharfsinn allenthalben auf die Natur des zu verbessernden Moorlandes gegründet. 1 ) Aretin , G.v., » AktenmässigeDonaumoorkulturgeschichte «, Er erkannte die Grundursachen der Moorbildung im Mannheim 1795 ; und > Vier wichtige Aktenstücke zur Kultur Donauthale einzeln und in ihrem Zusammenwirken ; I geschichte des Donaumoores«, 1796 . Ausland 1892 Nr . 9 .
17
Adrian von Riedl, der vornehmste altbayerische Hydrograph.
130
geographisch - geometrische Darstellung aller bajrischen Haupt- und Landstrassen mit den daranliegenden Ortschaften und Gegenden , nebst kurzen Be-
wert wurzelt aber in der Bedeutung , welche sie, wie auch der sogleich ausführlicher zu betrachtende >>Stromatlas« für die Geschichte der Terraindarstellung
schreibungen alles dessen , was auf und an einer
überhaupt beanspruchen kann. Beide Werke stehen
jeden der gezeichneten Strassen für den Reisenden merkwürdig seyn kann « . Text und Karten bilden zwei mächtige Folianten. Jener bietet freilich ungleich weniger eine Uebersicht über das Relief Alt-
auf der Grenzmarke, wo die Kartographie in Bayern, bisher wesentlich nur Kunst, endlich zur Wissen
schaft wird . Die Darstellung der plastischen Eigen tümlichkeit der einzelnen Gebiete war bis v. Riedl im
bayerns , als eine Reihe allgemein - geographischer allgemeinen eine perspektivisch-schematische. Man Betrachtungen im Sinne der landeskundlichen Real- begnügte sich damit, sie in der Art des Landschafts lexiken des vorigen Jahrhunderts und eine Summe geschichtlicher und statistischer Mitteilungen , welche heute grossenteils nur noch antiquarischen Wert be-
zeichners anzudeuten . Der ästhetische Genuss am Karten werke suchte den wissenschaftlichen Gewinn
Dazu mangelt dem weitschichtigen Werke
fierung zur Veranschaulichung der Bodenformen . Und
jede höhere methodische Einheitlichkeit. Die Stoff-
zwar durchaus konsequenter und auch glücklicher,
fülle ist nach rein äusserlichen Gesichtspunkten (dem Verlaufe der Landstrassen ) zerpflückt und auch nicht in der spekulativen Weise verarbeitet, wie dies später
wie es bei den Karten » Aegyptus hodierna « (nach 1716 ), » Duc. Wurtembergicus«e ( 1710) und » Provincia Brisgoia « ( 1718) des Homannschen Verlags geschieht, wo unter Anwendung der seitlichen Beleuchtung eine
sitzen .
Weiss ( » Südbayerns Oberfläche nach ihrer äusseren
Gestalt« ) und Walther ( » Topische Geographie von Bayern « ) thaten . A. v. Riedl wollte aber auch nichts anderes geben , vals einen Leitfaden , an dem man durch
meist zu überbieten . v. Riedl nun benützt die Schraf
priinitive Strichmanier zur Geltung kommen soll . In Wahrheit konnte Heinrich Lutz ') behaupten, dass wir schon auf v . Riedls Karten die Regel für die Rich .
Und in der
tung der Striche und das Gesetz : » Ebene Stellen er
That ist sein Reiseatlas ein » Führer « edelster Art,
scheinen weiss ; je höher die Böschung, desto dunkler
das ganze Land sicher reisen könne « .
wie er seither wohl nie mehr für ein ganzes Land
die Fläche « in den allgemeinsten Zügen befolgt geschrieben wurde. Man erstaunt, dass sich der sehen. Unser altbayerischer Topograph muss sohin Staub der Vergesslichkeit so rasch auf ein landes- als ein unmittelbarer Vorläufer Joh . Georg Leh kundliches Werk von einem solchen Umfange legenmanns, dessen Schrift über die „Darstellung einer konnte, dass so überaus selten aus einer Quelle ge- neuen Theorie zur Bezeichnung der schiefen Flächen « schöpft wird , welche immer noch kräftig genug bekanntlich 1799 erschienen ist, anerkannt werden . fliesst, um vielseitig zu befruchten . So wird uns Der ausschlaggebende Unterschied zwischen beiden be
dert , nach seiner Lage, seinem Ursprung und da-
ruht nur darin , dass v. Riedl die Schraffenskala nicht in der eingehenden Weise systematisch durchgeführt
maligen Aussehen bis herab zur Bewegung seiner
hat, wie Lehmann, und stellen weise auch die kreuz
München auf nicht weniger als 10 Blättern geschil-
Bevölkerung am Ende des vorigen Jahrhunderts, weise Strichelung verwendet. Mit welchem Geschick seinen Wasserleitungen, seiner Strassenpolizei , der sich v. Riedl übrigens der Schraffen bediente, beweist Kultur seiner Umgebung, seinem Boten- und Postwagenverkehr nach aussen . Welches andere Werk zur Geographie Bayerns widmet Landshut 14, Reichenhall 8 , Freising 4 Folioseiten ? Und nicht nur, dass historische Nachrichten aufgehäuft sind , die auch sonst mühelos nachgeschlagen werden können. Nie-
weniger sein »Geographischer Konspekt der baierisch und oberpfälzischen Chausseen « vom Jahre 1805
mand wird z . B. den Abschnitt über die Soolen-
mit der v . Riedl nicht selten unscheinbare Einzelheiten
oder der Plan der Schlacht bei Hohenlinden in seiner
rauhen , schematisierten Ausführung ( am Ende des 1. Textbandes), als die Darstellung kleinerer Land partien. Dort macht sich auch die Sorgfalt geltend,
leitung von Reichenhall nach Traunstein auch gegen- im Terrainbild hervorhebt. Ein Musterbeispiel hier wärtig noch ohne Nutzen lesen , ebenso die leider
für ist Blatt 30 des Reiseatlasses ( Chaussee München
nur allzuspärlichen Nachrichten über die Ansied-
Landshut-Deggendorf, Tab . C, Mündungsgebiet der
Isar) . Dass zahlreiche Karten und besonders die südlichen Dachauer Moos . Der Strassenatlas allein umfasst 66 Blätter '). | jenigen, welche die launisch gestaltete Moränenland
lungen im
Ihm fehlt allerdings die absolute geometrische Richtig-
schaft des Alpenvorlandes und den Anteil Nieder
keit der einzelnen Ortspositionen , welche die amtlich veröffentlichten Karten seit Durchführung der
Unklarheit nicht frei sind, sollte v . Riedl bei der grossen
bayerns am Böhmerwald berühren, von Willkür und
Vermessungsarbeiten für eine bayerische Grundsteuer- Ausdehnung der veranschaulichten Gebiete und dem karte auszeichnet. Doch entbehrt selbstredend die
Mangel entsprechender Vorarbeiten nicht allzuhoch
Arbeit keineswegs, wie Waltenberger übertreibend
angerechnet werden. Endlich sei noch auf den sauber
meint, jeder mathematischen Grundlage ?). IhrHaupt-
und gewandt ausgeführten Stich , sowie die ge
schmackvolle Kolorierung fast aller Blätter im Reise 1) Zweite , erweiterte Auflage, teilweise Neubearbeitung.
atlas hingewiesen.
Es zeigt sich darin ein will
München 1834 , Franz.
2) Zusammenstellung der bayerischen Karten . Jahresbericht der Münchener Geogr. Ges., 1882 83 .
1) Zur Geschichte der Kartographie in Bayern. Jahres bericht der Münchener Geogr. Ges. , 1886 .
Adrian von Riedl , der vornehmste altbayerische Hydrograph.
131
kommenes Erbstück der Kartographie des 17. und Geschwindigkeit zu keiner individuellen Unterschei 18. Jahrhunderts, und manche Zeichnung v. Riedlsdung der einzelnen Adern. Am gründlichsten wurde könnte nach dieser Richtung hin für gegenwärtige noch der Centralfluss Altbayerns, die Isar , berück Erzeugnisse gleicher Art vorbildlich sein .
sichtigt. Hier zeigt sich denn auch in den Bemer
Von sehr viel höherem wissenschaftlichen Werte als der Reiseatlas ist der » Stromatlas von Bayern « '),
kungen über die riffige Flussenge des Falls , die Hochwasserverhältnisse unterhalb Plattlings, die ältere
24 Blätter mit Textband in deutscher und französi-
Flossfahrt, sowie in den tabellarischen Zusammen
scher Sprache (München , Lentner, 1806 ). Schonstellungen über das Gefälle und ganz besonders in
Philipp Apian schloss bekanntlich seine Mappierung den zahlreichen Hinweisen auf die Anlage und Ver Altbayerns an den Lauf der Flüsse an. Er nahm besserung von Brücken- und Wehrbauten, welch dabei auf die Darstellung auch unscheinbarer Gewässer so eingehend Rücksicht, dass mit Hilfe seiner die Originalholzstöcke hierzu entriss übriKarte
offenes Auge v . Riedl für jede praktisch wichtige Erscheinung hatte. Wer ein Bild von der Sorgfalt gewinnen will ,
gens gleichfalls Adrian v . Riedl der Vergessenheit --
mit welcher unser Forscher am
mancherlei Vergleiche über die Wandlungen möglich
arbeitete , der betrachte etwa die Darstellung des
Stromatlas selbst
sind , welche die Wasserbedeckung des Alpenvor- Soiernkessels auf dem ersten Blatt des Stromatlasses landes überhaupt und die Profile der unruhigen oder die Zerfaserung , welche das Einmünden der nordalpinen Flussadern insbesondere seither trafen . Die 250 Jahre zwischen Apian und v. Riedl
träge dahinschleichenden Loisach auf die eilig vor wärts drängende Isar ausübt, die Fülle der zur Dar
brachten nur hydrologische Spezialarbeiten ,deren beste einzelne Abschnitte des Donaulaufes zum Vorwurfe
stellung gebrachten Grundwasserbäche im Erdinger Moos, die charakteristische Betonung des hydro
haben. Erst v. Riedl verfolgt in seinem durchaus selb - graphischen Elementes im Loisachgebiete, die ver ständigen Stromatlas die altbayerischen Hauptflüsse
ständige Andeutungder Moränenlandschaft bei Pöcking
im einzelnen und lückenlos von den Quellen herab bis zur Mündung. Nach seinen eigenen , in der
und Aufkirchen am Würmsee im Gegensatze zum
Vorrede zum Textbande niedergelegten bescheidenen Worten will er nur jene Aufschlüsse mitteilen, die
Ache auf dem Blatte Chiemsee u . a. m .
»Reiseatlas« ), die Vorführung des Deltas der Tiroler Auch die
Donau samt ihren Zweiggewässern ist derart all
er während 40 Jahren im Dienste des Wasserbaues seitig wiedergegeben, dass eine monographische zu sammeln und mit eigenen Beobachtungen zu mehren Gelegenheit hatte. »» Alle Strom- und Fluss karten « , fährt er fort , » sind von mir oder unter meiner Leitung in einer Reihe von mehreren Jahren
Studie über diesen Strom , soweit er Bayern zuge
geodätisch aufgenommen worden ..... Die hydrotech-
so viel Licht auch mancher tiefe Schatten ist .
nische Karte (4 Blätter) aber ist nicht nach Will-
kommt dadurch , dass v. Riedl den kontinuierlichen
kür aus schon vorhandenen Karten genommen , son-
Kammverlauf zu Gunsten der einzelnen Gipfel
dern nach astronomischen und trigonometrischen
häupter in seiner Darstellung des Karwendelgebirges
hört, ohne Verwertung von v . Riedls Karten jeden falls lückenhaft ausfallen müsste.
Es wäre indes unehrlich , zu verhehlen , dass bei So
Bestimmungen, dann echten geodätischen Vermes- | zurückdrängt, die Eigenart dieser Berglandschaft nicht sungen von mir ganz neu entworfen « . Diese Selbstbeschränkung v. Riedls auf eigene Autopsie und eigene Aufnahmen, sowie der Umstand, dass derselbe
Direktorialmitglied und sodann bis zu seinem 1809 erfolgten Tode Leiter des neu errichteten topographischen Bureaus in Bayern war, haben vor allem dazu beigetragen , dass sein Stromatlas samt Erläuterungen thatsächlich zu einer Folge zuverlässiger Mono-
graphien über die Donau, das Isarsystem , den Lech, Inn und die wichtigeren bayerischen Seen heranwuchs, wie sie vorher kaum in den Umrissen bestand. Zu
beklagen ist dabei nur , dass der Forscher die peripherischen Flüsse seiner Heimat, sowie die stehen-
zur Anschauung. Ebenso erscheint die Umrahmung des Tegern- und Schliersees durchaus nicht klar und plastisch genug. Am wenigsten aber tritt v. Riedls Kunst der kartographischen Darstellung unter an
derem auch in der schematisierten Andeutung der Bergflanken des Kramers und seiner Umgebung bei Garmisch hervor.
Derartige, heute doppelt stark auffallende Mängel in der Terraindarstellung vergessen sich aber rasch, wenn man bedenkt, was Adrian von Riedl auch für die Erweiterung unserer Kunde von den südbayeri schen Seen geleistet hat. Nicht nur, dass er die Umrisslinien der wichtigsten unter ihnen geometrisch
den Wasserflächen nur kartographisch behandelte. annähernd richtig festlegte; er suchte auch deren v . Riedl fasst die hydrographischen Probleme beAllerdings geht er bei der Einzelbetrachtung der
Tiefenverhältnisse, allerdings hauptsächlich nur an den Randpartien, zu ergründen . Zu diesem Zwecke machte er im Würmsee 14 Lotungen (einseitig von
Flussläufe nur rein beschreibend vor und gelangt bei der Knappheit seiner Erörterungen und dem
ebenso viele im Walchensee, 5 im Kochelsee und
reits im Sinne unserer Zeit theoretisch -praktisch auf.
Mangel jeglicher Messungen über Wasserabfuhr und 1) In zweiter , ergänzter Auflage 1831 erschienen . chen, Geographisches Depot.
Mün
Osten her bis gegen die Mitte der Wasserfläche ), 16 im Chiemsee. Wenn nun auch die geringe Anzahl jener allzu fragmentarisch ausgeführten Lo tungen bei weitem nicht hinreicht, um die Becken
132
Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone -Parks .
formen der untersuchten Seen im ganzen wie im einzelnen zu fixieren , so erfüllt es doch mit Ach-
verkieseln. Das heisse überfliessende Wasser dieser Quellen tötet zuerst den Baum und steigt dann
tung vor unseres Forschers Streben und Erfolgen, durch die Holzzellen in dem der Blätter und Rinde wenn wir die von ihm gefundenen Tiefen mit jenen Alois Geistbecks vergleichen und dabei -- mit Aus-
beraubten Stamme kapillarisch auf und erfüllt an der Aussenseite des Baumes, wo seine Verdunstung
nahme des Chiemsees, den v. Riedl doppelt so tief am stärksten ist , die Zellen mit amorpher Kiesel Uebereinstimmung beider erkennen . So fand v. Riedl
Diese Verkieselung schreitet von aussen nach innen vorwärts, bis der Stamm ganz verkieselt
als Maximaltiefe im Würmsee 116 , Ammersee 86,
ist .
annahm , als er wirklich ist - eine überraschende
Walchensee 194, Kochelsee 73,5 ; Geistbeck an den gleichen Orten 114 , 78 , 196 , 66 m . Auf Grund dieser Ergebnisse lässt sich jedenfalls die erst jüngst noch von Em . Bayberger ausgesprochene Behauptung anzweifeln, dass man » in Bezug auf die Tiefe
säure .
Fällt der tote Stamm vorher schon um , so
hört der Verkieselungsprozess auf , und der noch nicht versteinerte Teil verwest.
Wo immer verkieselte Baumstämme vorkommen ,
müssen deshalb auch Geiser gewesen sein , denen sie ihre Verkieselung verdanken , die Fälle natürlich
der bayerischen Seen (den Chiemsee ausgeschlossen) ausgenommen , wo sich solches Holz nur in ein bis zum Erscheinen der Geistbeckschen Arbeit meist
zelnen Bruchstücken auf sekundärer Lagerstätte be
auf Schätzungen und übertriebene Angaben der See umwohner angewiesen war « . Auch nach dieser,
findet.
Obwohl in dieser Erklärung Kuntzes meh
allerdings ungehörig lange vernachlässigten Rich- reres enthalten ist , was unbedingt zurückgewiesen tung hat A. v. Riedls vielseitige Thätigkeit auf- werden muss , wie z . B. das kapillare Aufsteigen klärend gewirkt. Mochte die wissenschaftliche Be- des Wassers in dem toten Holze oder die gewalt antwortung der vornehmsten hydrologischen Fragen auch erst den jüngsten Jahrzehnten vorbehalten ge-
same Einzwängung aller Verkieselungen von Hölzern in das Schema einer auf einen einzigen Fall ge
wesen sein, er hat ihrer Lösung vorgearbeitet, wie gründeten Auffassung, so war doch wenigstens die kein anderer. Und nur derjenige wird ihm volle Würdigung zu teil werden lassen, der erwägen will , in welche politisch bewegte Zeit seine Thätigkeit
Richtigkeit eben dieses einzigen Falles wirklich vor sich gehender Verkieselung so lange nicht anzu zweifeln ,als keine widersprechenden Angaben darüber
fiel, und mit welch einfachen Mitteln der Messkunst
vorlagen .
Der Redner hat anlässlich seines diesjährigen Be suches des Yellowstone -Parkes sein Augenmerk beson Eigenschaft eines jeden litterarischen Werkes ansehe, ders auf diesen Gegenstand gelenkt, um die Thatsache habe ich mir zum Hauptaugenmerk und zur einzigen der Verkieselung auf ihre Richtigkeit zu prüfen ,
er den Satz zu erfüllen sich bestrebte : » Wahrheit, die ich über alles hochschätze und als die erste
Richtschnur gemacht« .
wobei ihm neben den eigenen Beobachtungen wäh
Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellow
rend 8 Tagen die vortreffliche Führung der besten Kenner dieser Gegend, der Herren Arnold Hague , J. Iddings und W. Weed , von ganz besonderer
stone - Parks ). Von A. Rothpletz (München ). Vortrag , gehalten in der Botanischen Gesellschaft zu München .
Redner hob zunächst die Wichtigkeit hervor, welche die verkieselten Hölzer und Pflanzen
über
haupt für den Geologen und Botaniker haben, und setzte dann die Bedeutung auseinander, welche den Geisern
Hilfe war .
Redner gibt hier eine kurze Schilderung der geologischen Verhältnisse des Yellowstone - Parkes und seiner Geiser , aus der hier nur folgendes als besonders wichtig hervorgehoben werden soll : Die Geiser liegen auf einem Gebiete besonders starker
vulkanischer Thätigkeit, welche sich durch die ganze
stehung der verkieselten Hölzer in neuerer Zeit durch
Tertiärzeit hindurch nachweisen lässt , jetzt aber nahezu erloschen zu sein scheint, d . h . in den Solfa tarenzustand getreten ist. In der ältesten Periode
O. Kuntze “) beigelegt wurde, und die auch in den
dieser Thätigkeit erfolgten hauptsächlich Andesit
des Yellowstone-Parks in Nordamerika für die Ent
Kreisen der Botaniker und Geologen hie und da ausbrüche, denen dann jene mächtigen Rhyolith
gläubige Aufnahme gefunden hat. Diese Bedeutung Ergüsse folgten ,, welche fast überall im Park den soll darin bestehen , dass nach O. Kuntze Baum stämme niemals anders als neben
heissen Geiser
Untergrund des Bodens bis in beträchtliche Tiefen bilden . Zuletzt folgte die Periode der vorherrschenden
quellen und in ihrer ursprünglich aufrechten Stellung Basalteruptionen. Diese so aufgehäuften vulkanischen Tuffe und Laven haben teils die aus aufgerichteten 1! ) Der Redaktion gereicht es zur Befriedigung , nachdem eine gewisse Theorie zuerst im Auslandu entwickelt war, in ebendieser Zeitschrift auch die auf neueren Studien beruhende Wider
legung jener Lehre bringen zu können .
2) O. Kuntze , Veber Geiser und nebenan entstehende verkieselte Bäume. Ausland 1880 , S. 669 und 684 , und in Phytogeogenesis, Leipzig 1884 , S. 195.
paläozoischen und mesozoischen Schichtgesteinen aufgebauten älteren Gebirgsketten überschüttel , teils und insbesondere die Niederungen zwischen den selben ausgefüllt und erhöht, so dass sie jetzt ein plateauähnliches Land mit einer durchschnittlichen
Meereshöhe von 2400 Metern bilden , dem noch
Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks.
Ausscheidungen von Kieselsinter im Rhyolith
einzelne Vulkanberge aufgesetzt sind , deren Höhe teilweise 3000 Meter überschreitet.
Das Wasser wird den heissen Quellen von oben
zugeführt und stammt von den atmosphärischen Niederschlägen, an denen dieses Gebiet nicht arm ist. Von unten , d . hh. aus den Tiefen des vulkanischen Herdes, stammen die aufsteigenden heissen Gase, welche die niedersteigenden Quellwasser erhitzen
133
selbst, etwa als Umkleidung der aufsteigenden heissen Quellen , sind in den tiefen natürlichen Einschnitten bisher nie beobachtet worden .
So beschaffen also ist das Feld , wo die Ver
kieselung der noch aufrecht stehenden Bäume vor sich gehen soll. Und wirklich umstehen gewöhn lich
die Geiser eine Reihe kahler Kiefernbäume
und sich mit ihnen vermischen. Zusammen lösen (Pinus Murrayana Balfour), welche der Blätter sie das Gestein auf, welches sie jetzt in auf-
wärts gerichteter Bewegung durchdringen, und von
und Rinde entbehren , mit ihren toten Aesten nackt in die Luftragen , und von denen die
dem sie Bestandteile in Lösung mit an die Erd- dem Geiser zunächststehenden von einem weissen oberfläche heraufbringen.
Wo dieses Gestein vor-
wiegend Kalkstein ist , führen die Quellen besonders viel kohlensauren Kalk in Lösung, den sie
als Travertin oben absetzen ( Mammoth hot springs),
Kieselsinterüberzuge
bedeckt
sind.
Auch
noch
lebende Bäume zeigen ähnliche Ueberzüge , wenn ihnen ein Geiser zu nahe getreten ist , und es sind
dann auch die grünen Nadeln und die Zapfen
es aber feldspatreiche Eruptivgesteine sind ,
von
Sinterkrusten verhüllt ,
enthalten die heissen Quellen keinen oder doch nur
dem
Geiser zugewandten Seite , welche von dem
WO
besonders
auf der
wenig Kalk, hingegen sehr viel Kieselsäure, und um- fein zerstäubten Wasser zumeist bespritzt wird . geben sich an ihrem Ausfluss mit Krusten von Kieselsinter ,, dem sog. Geiserit . Die Kieselsäure entstammt den Eruptivgesteinen , insbesondere den mächtigen Rhyolithen , deren Feldspathe überall,
wo heisse Wasser oder Dämpfe durch dies Gestein gehen, in Kaolin umgewandelt sind , wobei zugleich das Gestein zersetzt , gelb und rot gefärbt und weich geworden ist , wie man dies sowohl in dem 1000 ' tiefen Einschnitt des Gran Canon des Yellow-
stone River als auch am Monarch im Norris-Bassin , der infolge einer heftigen Gas-Eruption grosse Massen des anstehenden Rhyolithes in die Luft gesprengt hat,
ausgezeichnet sehen kann. Unter besonders günstigen
Nimmt diese Bestäubung zu , so leidet der Baum darunter und stirbt mit der Zeit wohl ab .
Wenig
stens konnte ich zwischen den ganz grünen und den abgestorbenen Bäumen auch solche bemerken, die den Uebergang vom Leben in den Tod deut
lich zur Schau trugen.
Bei
den
lebenden
noch
Bäumen ist die Inkrustation eine rein äusserliche,
bei den toten , rindenlosen geht die Weissfärbung oft 1 bis 2 mm in den allerdings stets schon ober flächlich aufgelockerten und zerfransten Stamm hin ein .
Schneidet man mit einem
Messer tiefer ins
Holz oder bricht man einen Ast ab , so trifft man
Umständen wird die Gesteinsmasse sogar zu einer
sofort auf braune unveränderte Holzfaser. Nie ist es mir gelungen, durchaus versinterte Stämme auf
vollständig weichen, schlammigen Kaolinmasse um-
zufinden , und wenn auch die äussere versinterte
gewandelt, in welcher die Gase blasenartig auf- Zone unter besonders günstigen Verhältnissen viel steigen und auf deren Oberfläche sie unter Empor- leicht eine grössere Breite als 1--2 mm erlangt, schleudern der weichen Masse explodieren (Schlamm- so ist dies doch jedenfalls eine Seltenheit. Vor allem vulkane und Paint Pots ).
aber muss festgestellt werden , dass diese Versinte
Die Kieselsäure, mit welcher diese heissen Quel- rung nur im Bereiche des Geiserregens vorkommt, len beladen sind, scheidet sich als amorpher Kiesel- soweit also als die durch die Gasexplosionen zer sinter erst an der Oberfläche aus , nachdem sich spritzten und vom Wind verwehten Wassermassen das Wasser abgekühlt hat oder verdunstet ist . Diese die Luft erfüllen und als Regen zu Boden fallen . Ausscheidung wird nach den wichtigen und erfolg- | Das rasch abgekühlte Wasser des Geiserstrahles reichen Untersuchungen der amerikanischen Geo- benetzt so die nächste Umgebung und scheidet logen besonders durch zwei Umstände sehr be- überall die Kieselsäure als eine Sinterkruste ab, günstigt und gefördert: erstens durch die Winter- welche den Boden , das Gras und die Bäume in kälte und den Schnee , welche einen schneeartig gleicher Weise überzieht. An den lebenden Bäumen
lockeren Niederschlag der Kieselsäure bewirken, und
kann das Wasser nicht in das Gewebe eindringen,
zweitens durch die Algen , welche fast überall in
daher ist dort die Kruste ganz äusserlich, das Holz
der toten Stämme aber wird angenässt, und soweit in Temperaturen bis zu 85 ° C. (wobei 929 Siede- diese Annässung in den Stamm eindringt, soweit punkt ist) wachsen. Sie werden am Rand der dringt auch der Absatz von Sinter in dasselbe ein . Becken und Bächlein von Kieselsinter vollständig Tiefer im Inneren ist das Holz ganz trocken , wie inkrustiert, und weitaus der grösste Teil der unge- man sich leicht überzeugen kann, und es ist deshalb heuren Kieselsintermassen , welche im Yellowstone- die Zuhilfenahme kapillarisch aufsteigender Wasser, Park vorkommen , zeigt die charakteristische poröse wie es Kuntze will, ausgeschlossen . Struktur dieser Inkrustationen , geradeso wie dies Will man die versinterte Zone mikroskopisch ja auch von dem Kalksinter mancher heissen Kalk- untersuchen , so fällt schon beim Schneiden der quellen Europas schon lange bekannt ist . Präparate mit dem Messer die geringe Härte der den heissen Geiserbecken und in deren Abflüssen 0
Ausland 1892, Nr . 9 .
18
134
Ueber die Verkieselung aufrecht stehender Baumstämme durch die Geiser des Yellowstone-Parks.
selben auf .
Die Zellhäute des Holzes sind voll-
kommen erhalten und polarisieren das Licht noch ebenso lebhaft wie die des lebenden Holzes. Etwas Kieselsinter hat sich in das zerfranste Gewebe und
willen sehr unwahrscheinlich, weil damals dem Parkge biete noch die gewaltigen Eruptivmassen fehlten , aus deren Zersetzung die Geiser ihre Kieselsäure beziehen . Es ist dem Vortragenden im eigentlichen Geiser
sehr wenig auch in die Zell-Lumina eingelegt. Ingebiet nur einmal wirklich verkieseltes Holz zu Gesicht
der Hauptsache sind letztere noch ganz von Luft gekommen, es war dies aber kein aufrecht stehender, erfüllt.
Wenn Kuntze sagt (S. 687 ) : » Was nun
die Ausscheidung der Kieselsäure in den Zellen be-
sondern ein horizontal in dem Sinterkegel des Fountain -Geisers begrabener Stamm , welcher zu
trifft, so findet nach Imprägnation der Zellwände
fällig bei Anlage eines Weges blossgelegt und von
eine konzentrisch schalige Ausfüllung innerhalb der
Prof. Andreae zuerst beobachtet wurde. Man kann
Zelle jedenfalls um einen Zellkern statt « , so haben
nicht daran zweifeln , dass solche verkieselte Stämme
wir es da offenbar nicht mit einer wirklichen mikro-
häufig in den Sinterkrusten und -kegeln vorkommen,
skopischen Beobachtung, sondern nur mit einer recht
Diese äussere Versinterungszone der aufrecht
aber das fast gänzliche Fehlen künstlicher Auf schlüsse entzieht sie der Beobachtung. . Dieser Stamm zeigt die Holzstruktur noch sehr deutlich, aber er
stehenden toten Bäume kann , wenn man will , als
ist zu hart, als dass man mit dem Messer Schnitte
eine Art von Versteinerung aufgefasst werden , aber
für das Mikroskop machen könnte. Leichter schabt
unglücklichen Spekulation des Verfassers zu thun.
jedenfalls als eine sehr unvollkommene, die von man mit dem Messer und erhält dann dünne, spröde der so häufig beobachteten Verkieselung recht ver- Fasern , die sich unter dem Mikroskop als einzelne, schieden ist , wo die Zell -Lumina vollständig mit krystallinischer oder amorpher Kieselsäure (nicht
voneinander losgelöste Tracheïden erkennen lassen .
» amorphem Quarz« , wie Kuntze versichert, was ein Unding ist !) erfüllt sind, und wo die Zellhäute entweder noch vorhanden oder aufgelöst und durch
mehr so lebhaft, als diejenige des lebenden Holzes.
Luft oder mineralische Substanzen ersetzt worden sind. Dächte man sich in unserem Falle die Zell-
grösstenteils aber sind sie mit amorpher Kieselsäure
membranen alle aufgelöst, so würde der wenige
auch die Kanäle und Höfe der Tüpfel ausfüllt. Hier
Kieselsinter nicht im stande sein , die Zellstruktur des
haben wir es also mit einem echten verkieselten Holze zu thun in einer Vollkommenheit des Ver
Holzes noch erkennen zu lassen .
Auch bei ihnen ist die Zellmembran als solche vollstän
dig erhalten , nur polarisiert dieselbe das Licht nicht Die Zell-Lumina enthalten zwar noch teilweise Luft, erfüllt , die nicht nur die Zell-Lumina selbst, sondern
Diese Beobachtungen stehen übrigens zu den-
steinerungsprozesses, wie ich ihn niemals auch nur
jenigen Kuntzes keineswegs im Gegensatz, denn auch er sagt (S. 670) merkwürdigerweise: » Ich
entfernt ähnlich in den aufrecht stehenden Stämmen
selbst habe in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes
oder in den Holzteilen beobachten konnte, welche so häufig in den heissen Wassertümpeln der Geiser
in der Geiserregion keinen versteinerten Wald, der
schwimmen .
Das wahrscheinlich während vieler
aus ganz erhärtetem Gestein bestand, gesehen «. Hier Jahre ununterbrochen durch den Sinterkonus des
stehen wir also vor der merkwürdigen Thatsache, Fountain -Geisers hindurchsickernde, kieselsäurereiche dass der Erfinder der neuen Verkieselungstheorie selbst nicht eine einzige Beobachtung gemacht hat, welche seine Theorie stützen könnte. Sein ganzes
Wasser hat hier offenbar den unter dem
Schutze
einer dicken Sinterkruste liegenden Baumstamm ebenfalls ganz durchfeuchtet und allmählich seine Zellen fast ganz mit Kieselabsätzen erfüllt. Wären
Gebäude, auf dessen Aufrichtung er sich so viel zu gute gethan hat, ruht somit gänzlich auf der Kraft seines Einbildungsvermögens.
gen Bedingungen gegeben, so könnten sie gewiss
Allerdings hat Kuntze auch Beobachtungen
auch verkieseln , aber die Wassermassen sind hier
für die aufrechtstehenden Stämme dieselben günsti
anderer zur Stütze seiner Auffassung herangezogen ,
für eine ausgiebige Durchfeuchtung zu gering, und
aber es kann davon doch nur eine ernstlich in Be-
die Zeit war viel zu kurz. Andererseits können diese
tracht kommen . Holmes schildert aus dem Yellow-
Bedingungen ganz leicht in Gebieten eintreten, wo keine Geiser vorhanden sind. Es genügt, dass Baumstämme in Schichten eingebettet werden , in welchen lange Zeit hindurch Wasser zirkulieren,
stone-Park aufrecht stehende und wirklich ganz verkieselte Baumstämme, welche in tertiären vulkani-
schen Tuffschichten begraben und durch spätere Erosion derselben an den Thalgehängen wieder zum Teile blossgelegt worden sind . Die ausgedehnten Fundorte liegen im NO. des Parkes, einer von Touristen fast nie besuchten Gegend. Stücke solcher
der Zersetzung vorhandener Feldspate oder anderer Silikate gewonnen haben. Auf solche Weise mögen die versteinerten Wälder Unter-Aegyptens entstanden
Stämme hat dem Redner A. Hague in Washington ge-
sein , wo das ehemalige Vorhandensein von Gei
zeigt, sie sind zum Teilein schönen Achat umgewandelt, der aber die Zellenstruktur noch vortrefflich zeigt. Die Ablagerung gehört dem älteren Tertiär an , und eine Mitwirkung von Geisern bei der Verkieselung ist nichts weniger als nachgewiesen und schon um des-
sern schon deshalb unmöglich erscheint, weil der kalkreiche Untergrund der Eocän- und Kreidefor mation dort bei aufsteigenden heissen Gasen wohl zu reichen Kallquellen , aber nicht zu echten Gei . sern hätte Veranlassung geben können .
die einen wenn auch kleinen Kieselsäuregehalt aus
Die Trachten im Kaukasus.
Die Trachten im
Kaukasus.
Von Bernhard Stern (Wien ).
Die Reiche im
135
Der letztere, Archalyk oder Kaftan genannt, hat Aermel und reicht etwa bis zur Hälfte des Unter schenkels. Er schliesst vorn bis zum Halse und
Kaukasus haben wunderbarere
zwar mit einer Reihe Haken und Oesen , besitzt
Schicksale erlebt, als jede andere Gegend der Erde. Hier finden sich Reminiscenzen aus jeder Periode
einen niedrigen Stehkragen und an beiden Seiten von oben nach unten geschnittene Taschen . Der
der Weltgeschichte. Neben den Wohnungen der Stoff des Archalyks ist entweder Kattun oder ein Troglodyten , neben Höhlenstädten und in die Fel- gestreiftes oder geblümtes Baumwollzeug, bei Rei sen gehauenen Ortschaften sieht man grandiose
cheren zuweilen von einfarbiger, roter, blauer oder
Trümmerstätten von Prachtbauten , Kanälen und
weisser Seide.
Aquädukten, welche in den Zeiten der Weltmonar-
und am Halse ist der Archalyk mit goldenen Tres sen, häufig auch mit Stickereien geziert . Wattiert
chien Assyrien, Babylonien und Alt-Persien errichtet
An den Händen , an den Aermeln
wurden . Neben Hütten aus Erde und Lehm , neben
wird er mit Baumwolle, und diese näht man in
strohbedeckten Kosakenstanitzen , neben den Filz-
einer bestimmten Ordnung an den Stoff so fest,
zelten der Nomaden und den Schneehäusern der
dass ein einmal in den Stoff eingerissenes Loch
Bergbewohner ragen althellenische und römische nicht weiter greifen kann. Aus dieser Ursache ist Burgen , genuesische Kirchen und Kapellen , moham-
zu erklären , dass die Tscherkessen ihren unteren
medanische Moscheen und Medressehs, Bauten und
Rock so lange tragen können , bis der Stoff voll ständig in Fetzen zerfallen ist. Ueber dem Archalyk trägt man den Oberrock,
Festungen der neuesten Zeit. Im Kaukasus sind die ältesten Städte , die älte-
sten christlichen Gotteshäuser. Im Kaukasus gibt die Tscherkesska. Sie ist in allen Teilen länger es aber auch Städte, die erst ein Jahrhundert alt sind.
und weiter als der Archalyk , die Aermel sind so
Man wandert hier immerfort zwischen uralter Ver-
gar so lang, dass man sie zurückschlagen und oft
gangenheit und jüngster Gegenwart. Zahlreich wie
am Rücken zusammenbinden muss . Vorn wird die
die Monumente und Ruinen sind auch die Völker- | Tscherkesska durch eine Reihe mikroskopischer, schaften dieses Gebirgslandes . Gleichsam als hätte aus Zwirn gedrehter Knöpfchen vermittelst Oesen jedes der hier durchgezogenen Völker auch lebende bis zur Mitte der Brust geschlossen , eine nicht Spuren zurück lassen wollen . Noch heute werden, wenig anstrengende und zeitverschwendende Arbeit. von Dia Am Halse geht sie auseinander und lässt den nach Heinrich Brugsch , im Kaukasus lekten abgesehen mehr als siebzig Ursprachen Archalyk sehen . Ein Kragen fehlt. Der Stofi geredet. Manche dieser Ursprachen hat sich nur der Tscherkesska ist Tuch oder Wollenzeug von in wenigen Dörfern , manche nur in wenigen Fa- violetter , blauer oder gelbgrauer Farbe . Silberne Tressen schmücken die Enden und zuweilen auch milien lebendig erhalten . Dem Allem entspricht die Mannigfaltigkeit der den Rücken dieses Rockes, der dadurch ausgezeichnet Trachten der Kaukasier. Jedoch lassen sich zwei ist , dass auf beiden Seiten der Brust Reihen von Grundtypen unterscheiden : ein tscherkessischer und Hülsen für je sechs bis zehn Patronen angenäht ein persischer. Viele Völker haben den einen Ty- | sind. Vornehme legen die Patronen erst in Elfen pus , viele den anderen ganz rein angenommen , beinbüchsen oder in solche von Horn , welche mit silbernem Deckel verschlossen sind , und dann erst manche wieder beide Arten in reichen Variationen in die Hülsen . Taschen besitzt die Tscherkesska versuche nachfolgenden Im untereinandergemischt. ich eine kurze Schilderung der hervorragendsten keine , sondern nur Schlitze , durch die man in die
kaukasischen Trachten. Ausser zahlreichen persön- | Taschen des Archalyks greift. Archalyk und Tscher lichen Beobachtungen und Studien stütze ich mich dabei hauptsächlich auf die Werke von Karl Koch , Neumann, Moriz Wagner , Haxthausen, Baron Thielemann , Bodenstedt und Roderich v . Erckert .
Eine schönere kriegerische Tracht als die sogenannte tscherkessische kann nirgends gefunden werden . Dazu kommen die regelmässigen und aus drucksvollen Gesichtszüge der Träger, ihre kräftigen und gedrungenen , man möchte sagen athletischen
kesska werden an der Taille durch einen schwarz
ledernen , mit Silber verzierten Gürtel zusammen gehalten. Die Beinkleider — nach Karl Koch
tscher
kessisch Hoschek oder Gonschek genannt – sind eng anliegend und am häufigsten von dunkelblauem Stoff. Silberne Tressen verdecken an den Seiten die Nähte und zieren Zuweilen die Enden.
Nur
reiche Leute nehmen Tuch allein zu den Hosen , da dasselbe in Kaukasien ziemlich kostspielig ist .
Körper, ihre Gelenkigkeit und kühne Haltung, Gewöhnlich macht man die Beinkleider dadurch eines Wüstenarabers würdig , mit dem sie auch sonst
billiger, dass man den oberen Teil derselben so
den Adlerblick und das ungezwungene Benehmen ,
weit ihn die Röcke decken , aus einfacherem Stoff,
nur leider nicht mehr den Stolz der Freiheit ge-
aus Baumwolle, verfertigt . Beim Reiten zieht man
mein haben . Die Bestandteile der männlichen Tscherkessen-
zierte Gamaschen über die Waden und die Kniee .
kleidung sind zunächst Oberrock und Unterrock.
zum Schutz der Hosen lederne, mit Tressen ver Die Schuhe sind einfache, dem
Fusse genau
Die Trachten im Kaukasus,
136
angepasste lederne Halbschuhe ohne Sohlen und
Ueberschuhe. Die letzteren unterscheiden sich nicht
Absätze.
von unseren Regenstiefeln . Dagegen ist der Man tel ein ganz originelles Ding , eine Art Rotonde,
Die Naht ist unten in der Mitte .
Auf
dem Oberteile befindet sich ein nicht gar grosser
Ausschnitt zum hineinschlüpfen . Die Spitze ist stark nach aufwärts gebogen . Die Farbe des Leders ist rot bei Fürsten, gelb bei Adeligen und schwarz beim gemeinen Volk . Der Ausschnitt wird mehr oder weniger mit Borten verziert .
welche im allgemeinen Burka heisst. Sie wird aus
Haaren halbkreisförmig zusammengefilzt , ist ziem lich steif und unbeholfen , aber desto nützlicher
gegen Wind und Regen. Selbst bei der Fahrt über
die Schneegefilde des Kasbeck empfand ich unter Die Kopfbedeckung, Kalpak oder Papach ge- dem Schutz der Burka nicht die geringste Spur des nannt, besteht gewöhnlich in einer runden , den eisigen Frostes, welcher über uns dahinstrich . Die
Ober- und Hinterkopf schützenden, wattierten Mütze
nach aussen gekehrte zottige Haarseite hält ebenso Man trägt
mit einem Deckel von karmoisinrotem oder weissem
vorzüglich Frost wie Regen zurück.
Zeug und einem
Saum von schwarzem , seltener
die Burka an einem Riemen lose um den Hals ge
von weissem , astrachanschem Lammfell, welches man dort Bocharafell nennt. Die Kopfbedeckung ist das unter allen kaukasischen Kleidungsstücken ver-
hängt , und da sie immer nur eine Seite des Kör
pers schützt, dreht man sie nach der Richtung, woher Frost und Regen kommen . Wärmt die
schiedenartigst gestaltete , und man muss dem Rei- Burka den Körper , so trägt man zum besonderen senden Thielemann Recht geben , welcher einmal
Schutz des Kopfes das Baschlyk , eine in zwei lange
gesagt hat , es sei ein durch den ganzen Orient
Enden auslaufende Haube von zuckerhutförmiger
durchgehender Zug , dass ein Volk , wenn es auch noch so leicht die Tracht eines anderen annimmt,
Gestalt . Die Enden wickelt man um den nackten Hals und verhindert dadurch das Hineinfliessen des
doch mit einer besonderen Vorliebe und Festigkeit seiner angestammten Kopfbedeckung treu bleibt.
Regens oder Schnees in den Hals. Der Stoff des kaukasischen Baschlyks ist meist ein gelbgraues zot
Sowohl auf den ägyptischen Reliefs ist es ja , wie
tiges , von den Frauen verfertigtes Gewebe aus
auf den altpersischen Felsenbildern und am Tempel | Kamel- oder Ziegenhaaren , mit farbigen Borten und zu Persepolis, stets die Kopfbedeckung, welche die
Troddeln verziert . Man zieht das Baschlyk über
einzelnen Stämme charakterisiert . Aus diesem Grunde kann man die zahlreichen Variationen der kauka-
die Kopfmütze und spürt dann keinen Lufthauch mehr durch . Seiner Vortrefflichkeit wegen ist dies
sischen Kopfbedeckung erklären . Die gewöhnlichste Kleidungsstück in der russischen Armee eingeführt Form ist der geschilderte Kalpak oder Papach . Doch gibt es noch viele andere interessante Formen .
und wird auch sonst im Winter in ganz Russland von Alt und Jung viel getragen . In Mingrelien ,
So tragen die Bergvölker eine dem gewöhnlichen Papach ähnliche Mütze mit einem Tuchdeckel da-
Imeretien , Gurien und Abchasien steht das Baschlyk
rin .
Die Höhe dieser Kopfbedeckung ist merkwürdig . Nie geht sie unter 20 cm herunter, doch
in Benützung, sondern immerfort, doch wird es nicht einfach aufgesetzt, vielmehr statt jeder anderen
übersteigt sie oft 40 und hat manchmal so langes
Kopfbedeckung turbanartig gewunden .
und dichtes Fellhaar , dass die Breite der Höhe nicht nachsteht. Eine spitz zulaufende , oben etwas ein-
nicht bloss bei schlechtem
Wetter oder im
Winter
Spricht man von der Kleidung der Tscher
geknickte Mütze ohne Tucheinsatz und von nicht
kessen , so darf man die Waffen, die gleichsam einen Hauptteil dieser Kleidung bilden , nicht vergessen .
übermässigen Dimensionen trägt der Georgier oder
in den Waffen beruht manchmal der ganze Reich
Während die Bergbewohner den dichten
tum eines Tscherkessen , die Waffen führt er immer
zottigen Pelz vorziehen , liebt er fein gekräuselte denkbaren Formen , bald mit Tuchdeckel und Samt-
mit sich ; selbst wenn er bei einem Freunde zu Gaste kommt, ist er kriegerisch geputzt, und sogar wenn er schläft , hat er wenigstens einen Dolch
einsatz , bald mit Gold gestickt , bald einfach spitz
bei sich .
Grusier. Felle.
Der Tatar und
der
Armenier
haben
alle
zulaufend wie die persischen Bauernmützen . Die letztere Form haben auch die Jud Mingrelien Juden grelien en inin Min Mützen ihre fallen doch , adoptiert Imeretien und wegen ihrer ganz unglaublichen Grössen auf . Die Tuschen und Pschawen und die ärmeren Leute in
Die Flinte unterscheidet sich stark von der
unsrigen durch einen kleinen schmalen Kolben und ein längeres schweres Rohr. Um sie gegen äussere Einflüsse zu schützen , trägt man sie in einem zot tigen Ziegenfellfutteral über der Schulter.
Der Säbel, Schaschka , ist lang , nur wenig Georgien tragen eine niedrige Filzkappe mit aufge schlagener Krämpe, die mohammedanischen Mollahs gegen das Ende hin gekrümmt, ohne Parierstange, einen malerisch gewundenen Turban , die Swanethen und der Griff so einfach, dass die Hand, welche ihn einen grauen Filzhut, welcher den Tirolerhüten führt , gar nicht geschützt ist. In einer schönen ähnlich sieht, die Gurier , Mingrelier und Imeretier Scheide von rotem oder schwarzem Leder wird er endlich einen sonderbar winzigen Deckel . an einem besonderen Bandeliergehänge aus schmalen
Bei schlechtem Wetter , bei Sturm und Regen und Kälte , bedienen sich die Tscherkessen noch
Riemen um die rechte Schulter geworfen und halb schräg an der linken Häfte, die Klinge mit der kon
dreier Stücke: des Mantels, der Regenhaube und der
kaven Seite nach vorn , getragen. Griff und Scheide
Die Trachten im
Kaukasus.
137
der Waffe, sowie Schnallen und Knöpfe am Gürtel und Gehänge sind reich mit Silber verziert .
rock , ja er hängt zuweilen so weit herab, dass er zu einer Schleppe wird . Nach vorn ist er dann
Die Pistole , Pischtan, ist schmal und in die Länge gezogen . Sie befindet sich gewöhnlich im
reichende Unterkleid lässt die Hosen sichtbar wer
Gürtel, aber auf der Rückenseite.
den .
Ein merkwürdiges Stück ist der Dolch , ge
ausgeschnitten und das hier kaum bis zu den Knieen Auf der Brust des Oberrockes befinden sich ,
bei den östlichen Tscherkessinnen wie bei den west
wöhnlich Kindschalgenannt, türkisch Chandschar.
lichen, zuweilen einige, den Patronenhülsen der männ
Er ähnelt dem kurzen zweischneidigen Schwerte der Römer , ist wie dieses über einen Fuss lang, sehr breit und hat mehrere Blutrinnen. Der Griff, mit
lichen Tscherkesska ähnliche Verzierungen . Die Beinkleider der Tscherkessinnen sind weit und aus seidenem oder baumwollenem Stoffe. An
auffallend kleinem Ausschnitt für die Hand, hat wie
ihrer Farbe erkennt man , ob die Trägerin Mäd
die Schaschka keine Parierstange, die Scheide ist
chen , Frau oder Witwe ist . Weisse Hosen werden
Getragen wird der Kindschal
von jungen Mädchen getragen, rote von Ehefrauen ,
ledern und schwarz.
am Gürtel , aber nicht an der Seite, sondern vor der
blaue von Witwen.
Mitte des Leibes. Gewöhnlich befindet sich in einem
Junge Mädchen haben auch ein Korset. Das selbe näht man ihnen schon im zehnten Jahre um
besonders dazu eingerichteten Täschchen der Kin-
dschalscheide noch ein kleines Messer. Auf schöne, den Leib fest, so dass dadurch eine Entwickelung Brust ganz und gar verhindert wird. . Das Korset der Brust namentlich alte Kindschals wird grosser Wert gelegt. der Im Bazar zu Tiflis kann man , obgleich die Blütezeit bleibt bis zur Hochzeit des Mädchens dasselbe, dann der Waffenfabrikation im Orient vorüber ist , noch
erst wird es vom Bräutigam
prächtige Klingen erwerben . Der Kaukasus produziert noch immer recht gute Kindschals , die
Dolches aufgeschlitzt.
Schaschkas
aber zeigen sie sich meist nur mit einem grossen
aber kommen
schon
viel von
aus
mit der Spitze seines
Bis zu ihrer Verheiratung
gehen die Mädchen unverschleierten Angesichts, dann baumwollenen Tuche umhüllt. Das Haar der Mäd
wärts .
Am Gürtel sind neben Pistole und Dolch noch
chen wird in dicke , mit Silberdraht zusammen
vielerlei Gegenstände befestigt: ein silbernes Feuer-
gehaltene Flechten nach rückwärts gehängt, während
täschchen mit Stahl, Stein , einer Art Zunder und
bei den verheirateten Frauen je zwei oder drei lange
einem Schraubenzieher, eine Büchse zum Fett für die Kugeln , ein lederner Tabaksbeutel und die kurze,
Locken über die Ohren nach vorn herabfallen.
Die Kopfbedeckung, welche noch besondere
meist hölzerne Pfeife. Das Pulverhorn befindet sich
Erwähnung verdient, besteht bei den
gewöhnlich in einer kleinen Tasche unterhalb der
Tscherkessinnen aus einem
Patronenhülsen auf der Tscherkesska.
Früher, wo die Feuergewehre im Kaukasus
dem vorn ein Diadem befestigt ist. Von diesem aus fliesst ein schön gestickter Musselinschleier her
noch nicht so verbreitet waren , kannte man dort
unter. Statt des Diademdeckels haben die westlichen
natürlich Bogen und Pfeile. Auch des Panzers be-
Tscherkessinnen eine der männlichen ähnliche Kopf
östlichen
wattierten Deckel, an
künst- | bedeckung, nur sind statt der Pelzbesetzung Silber diente man sich. Derselbe bestand aus dem etzten tressen angebracht. lich aus zahlreichen Ringen zusammenges die tscherkessischen
Panzerhemd oder Affeh , dem grossen Helm oder Tasch und dem kleinen Helm oder Kigha, aus Arm-
Frauen auch Schmuck , und sie behängen sich mit
schienen , Achumbuch , und eisernen Handschuhen, Aschteld. Auch Nackenberge am Helme , Bein-
allerlei Flitterwerk über und über. Eine beson dere Vorliebe haben sie wie alle Orientalinnen für
Selbstverständlich
lieben
Solche voll | riesige Ohrgehänge. Die tscherkessische Tracht wird mit einigen ständige Rüstungen finden sich heute nur noch in schienen und Schilde fehlten nicht.
wenigen Familien und bei den in ganz abgelegenen
kleinen Abweichungen von den meisten Bergvölkern
Bergthälern wohnenden Stämmen , wie bei den Chew-
und von den stammverwandten Völkern der Ebene,
suren .
mit Ausnahme der Gurier, getragen . Einige Völker, wie die Georgier, haben einzelne Stücke ihrer Tracht
Soviel über die tscherkessische Männertracht. Die tscherkessische Frauentracht unterscheidet sich bedeutend von der sonst im Orient üblichen .
von den Tscherkessen, andere dagegen von den Per
sern angenommen . Einige Völker, wie die Tataren,
Sie ist nichtbei allen tscherkessischen Stämmen gleich, tragen durchweg persische Kleidung. sondern bei denen des Ostens zum Teil abweichend
Die Osseten haben für ihre männliche Tracht
von der Tracht der Stämme des Westens. Die Hauptstücke der Kleidung sind Hosen , Unterrock und
die tscherkessische adoptiert, nur schmücken sie diese weniger aus. Die grösste Sorgfalt wenden sie dagegen
Oberrock. Der letztere ist aus Tuch verfertigt, mit
auf ihre Waffen. Diese sind zum Teil uralt , mit
Pelz besetzt und reicht bei den östlichen Tscher-
lateinischen Inschriften und verschlungenen Buch
kessinnen bis an die Kniee, während der aus Baum-
staben und Wappen und stammen noch aus der Zeit , da die Genuesen das Schwarze Meer be
wolle oder Seide hergestellte Unterrock bis zu den Knöcheln herabfällt.
Bei den westlichen
Tscher-
kessinnen aber ist der Oberrock länger als der Unter-
herrschten . Die Tracht der ossetischen Frauen hat
fast gar nichts Tscherkessisches.
Ihre
National
Die Agrarfrage in Japan .
138
kleidung bildet ein weites , meist blaues Gewand , , artige Entwickelung anerkannt, sondern sie auch als das dem Körper nur leise angefügt ist und ihn vom Hals bis zu den Knöcheln vollständig umschliesst. Ein Gürtel befestigt dieses Gewand um die Taille.
Muster für diejenige des Abendlandes hingestellt.
Karl Koch , einer der besten Kenner Ossetiens,
auf , von ihr zu lernen. Noch Liebscher ging im
Maron bezeichnete sie als wahre , die europäische Wirtschaftsweise als Scheinkultur. Syrski forderte
erzählt, dass die echten Ossetinnen weder Bein - Jahre 1880, befangen von dieser Illusion , nach Ja kleider noch Kopfbedeckung kennen , doch gibt es pan. Er war der erste, welcher ihre Haltlosigkeit einige Ossetenstämme, wie die Digosen und Schi- nachwies 1). Rein ?), Fesca "), neuerdings auch Ex metten , deren Frauen beides besitzen. ner ') bestätigten und ergänzten seine Ergebnisse. Teils tscherkessisch , teils persisch ist die Klei-
Durch bittere Erfahrungen sind diese neueren An
dung der Georgier oder Grusier. Die Männer tragen
schauungen auch in japanischen Kreisen zum Durch
einen langen Oberrock mit tief herabhängenden und vorn mit Spitzen besetzten Aermeln , welche vom Ellenbogen an aufgeschlitzt und bequemer Handhabung halber über den Rücken zusammengeschlagen
bruch gelangt. Ein an amerikanischen und deut schen Hochschulen gebildeter Japaner , Dr. Inazo Ota -Nitobe, gegenwärtig Dozent an der landwirt schaftlichen Anstalt zu Sapporo auf Hokkaido, ent
Dieser Rock , die Kaba genannt, ist ein-
rollt ein trübes Bild von dem japanischen Grund
farbig, meist aus Tuch , selten aus Merino oder Seide. Ein Kragen fehlt, und der Hals erscheint deshalb
besitz , seiner Verteilung und landwirtschaftlichen Verwertung " ).
werden .
entblösst. Schnüre treten an Stelle der Knöpfe und
Ein geschichtlicher Rückblick ist vorausgesandt
Knopflöcher. Diese Schnüre näht man auf der einen Seite des Rockes zu Kiboebi oder Schlingen, wäh-
7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung Gütergemein
rend sie auf der anderen Seite zu Gilebi oder Knoten
schaft. In diesem Jahrhundert wurden mehrere Ver
zusammengeknüpft werden. Unter dem Oberrock
suche gemacht, das Land nach dem aus China über
(S. 9-35 ) ").
Wahrscheinlich herrschte bis zum
trägt man den Unterrock, Archalyk, welcher nicht bis
Korea eingeführten Akatsitasystem gleichmässig
über die Kniee reicht. Er ist aus Seide oder Baum-
zu verteilen. Ausserdem wurden aber andere Besitz
wolle und dicht wattiert. Die Beinkleider, Scharwali , sind weit und reichen manchmal nur bis zu
welcher durch die Röcke verdeckt wird , aus Kattun .
arten in einem Taiho genannten Kodex festgesetzt, welche aus kaiserlichen Schenkungen oder hoher ge sellschaftlicher Stellung hervorgingen. Dieses feu dalistische System gewann seit 690 die Oberhand, wurde von dem ersten Schogun Yoritomo, gegen 1200 , zu Gunsten der Kriegerkaste organisiert und erst nach der Restauration aufgehoben.. Dies geschah
Aermere Leute verfertigen das ganze Beinkleid aus
im Jahre 1871 durch Mediatisierung der 277 Dai
Kattun. Ein Band, Chonschar, hält die Hosen um
mios und Pensionierung ihrer Gefolgsleute, der etwa
den Knieen , gehen aber auch bis zu den Knöcheln
herunter, wo sie eng zusammengezogen werden . In der Regel ist , selbst bei Reicheren , nur der untere sichtbare Teil der Hosen aus Seide , der obere aber,
>
Reiche Leute tragen Strümpfe,
402000 Familien umfassenden Samurai. Die Bauern,
welche aus zwei abgesonderten Teilen bestehen, aus den eigentlichen Fuss -Socken oder Zindebi und den Oberstrümpfen, Paitschebi oder Tsugi, welche
welche mit Frohndiensten bis zu sechs Tagen monat
die
Hüfte
fest.
das Schienbein
und die Wade einschliessen .
Die
Oberstrümpfe werden manchmal durch ein Stück Leder , Kalaman , vertreten .
Zu Hause trägt man
lich belastet gewesen waren , wurden befreit. Durch
die Berechtigung, zu verpfänden und zu verpachten, wurde im Jahre 1875 die letzte Beschränkung des Bauernbesitzes gehoben.
Derselbe unterlag nunmehr der staatlichen Steuer
die Koschebi, geschnäbelte Pantoffeln, welche nur
pflicht, welcher im ganzen 13,1 Millionen Hektar
bis etwas über die Mitte des Fusses reichen und
( S. 37 ), nicht einmal die Hälfte von Alt- Japan, unter worfen sind. Die grössere Hälfte ist steuerfrei. Sie
mit hohen Absätzen versehen sind . Für die Strasse aber dienen die Satzwethi, auf dem Unterteil durch eine Naht befestigte und in einen Schnabel auslaufende Schuhe. Auf dem Kopfe schliesslich tragen die Georgier eine hohe, zuckerhutförmige Mütze, die
umfasst staatliche Domänen und Forsten, öffentliche Grundstücke und Wasserflächen , ausserdem nicht
weniger als 10 Millionen Hektar Oedland, Strecken ohne nennenswerten Ertrag . Dieses Oedland be
Kudi, die aus Tuch und mit schwarzem Pelz besetzt trägt 35 Prozent des Gesamtgebietes, gegenüber nur ist ; selten besteht sie ganz aus Pelz.
(Schluss folgt . )
Die Agrarfrage in Japan . Teilweise nach Ota - Nitobe und anderen . Von Wilhelm Krebs ( Altona ).
Als nach Erschliessung Japans deutsche Gelehrte ausführliche Schilderungen der dortigen Landwirt schaft brachten, wurde an ihr nicht allein eigen
0,3 Prozent in Preussen (nach Meitzen ) (S. 55 ). 1 ) G. Liebscher, Japans landwirtschaftliche und all gemein wirtschaftliche Verhältnisse. Jena 1882 . S. 2-5. 2) J. J. Rein , Japan. Leipzig 1881,6 . 3) M. Fesca , Beitr. zur Kenntn . der japan . Landwirtsch ., 1. Berlin 1890.
4) A. H. Exner , Japan. Leipzig 1891 . 5) Berlin 1890. Verlag von Paul Parey .
6) Die eingeklammerten Zahlen geben die Seiten in dem erwähnten Buche Ota -Nitobes an .
Die Agrarfrage in Japan .
139
Weitere 41 Prozent werden von Wald einge-
Die Prozente der Ausfuhr tierischer von den
nommen (S. 45 ), gegen 26 Prozent in Deutschland
jenigen pflanzlicher Herkunft, auf das Jahr 1888 be
(S. 51 ) . Nur 18 der 41 Prozent bestehen aus Kultur-
rechnet, ergeben sehr nahestehende Zahlen, für Ita lien 190 , für Japan etwa 180 , und überragen den mittleren Prozentsatz jener Breiten (30 bis 40 ° N.) ,
wäldern (S. 38 ).
In den Staatsforsten beschränkt
sich die Nutzung fast ausschliesslich auf den Brenn-
welcher 55 beträgt , um mehr als das Dreifache '). staatlichen Oedlande betrug im Jahresdurchschnitt | Wir glauben daraus für Japan den Schluss ziehen
bedarf.
Die Gesamteinnahme aus ihnen und dem
1880-85 0,13 Mark vom Hektar, während sie in
Preussen 9,61 , in Sachsen 41,11 Mark ( 1881 ) erreichte ( S. 46 ) . Früher geboten Gesetze mit oft drakonischer Härte der Waldverwüstung Einhalt. Seit der Restauration ist diese sehr eingerissen. Die Folgen äussern sich nicht allein in dem niedrigen Stande der Rentabilität, sondern auch
durch Zu-
nahme der Ueberschwemmungsgefahr. Den von Ota -Nitobe angeführten Beträgen für Ueberschwem-
zu dürfen , dass sich Viehzucht nicht sowohl als eigener , denn als Nebenbetrieb des Landbaues zu
gleich mit diesem entwickeln und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage heilsam sein wird .
Die 22 Gesellschaften für Hebung der Vieh zucht , welche nach Ota -Nitobe im Jahre 1886 zu sammengetreten sind (S. 58 ) , haben bis Ende 1888 dem
Niedergang der Rinderzucht nicht zu wehren
vermocht.
Derselbe ist von 1883 an aus der Ab
mungsschaden , welche 1881–1885 von 12,2 auf nahme der Bestände zu erkennen . 83,1 Millionen Mark stiegen (S. 49 ) , ist hinzuzufügen, dass die Reisernte des Jahres 1889 grössten teils Wolkenbrüchen zum Opfer fiel und sich infolge
Es betrug die Zahl der
dessen schwerer Notstand einstellte. Rationeller Be
I 093171
1564993
I 060170 I 024496
1883 1884 1885
Rinder
Pferde
I 1 26 741
1575169
sehr schwierige Frage des Holztransportes (S. 47 , 50)
1887
I 020222
1548 232 1537 104 1537606
wird berührt. Auch rationeller Betrieb ist ein inter
1888
ΙΟΙΙ 26I
1532799 )
trieb der Staats- und Beaufsichtigung der Privatforsten werden von Ota-Nitobe empfohlen , die für Japan essantes Problem , da die mannigfaltige Zusammen setzung der meisten japanischen Forsten , welche Rein besonders vom Laubwald schildert "), im Gegensatz
zu den europäischen , der Waldwirtscha
1886
in Japan. Exner hebt hervor, wie wenig der bisherige intensive Feld-, besonders Reisbau , das Halten von
ein eigen- | Vieh begünstigt ”). Gegen selbständige Viehzüch
ft artiges Gepräge verleihen wird. Mehr als die Forst- wurde bisher die Weidewirtschaft vernachlässigt. Von ihrer Ausdehnung erwartet Ota -Nitobe » den nächsten Hauptschritt in
tereien sprechen aber die von Rein erwähnten miss glückten Versuche auf Hokkaido und bei Kioto ').
Die von Ota -Nitobe empfohlene Zucht von Bienen, Geflügel, Kaninchen und anderem Kleinvieh
der japanischen Landwirtschaft« ( S. 57) . Das Weide- (S. 59) , ist wesentlich nur als Nebenbetrieb zu den land umfasste ( 1883 ) nur 0,2 Prozent des Gesamt- ken. In der That ist sie auch den gegenwärtigen gebietes ( S. 57 ) . Auf 1000 Einwohner kamen ( 1886) 27 Rinder, 40 Pferde. Dagegen in Russland ( 1883) 269 Rinder, 204 Pferde >> Deutschland ( 1883 ) 772 ) >> 345 Frankreich ( 1883 ) 308 75 > 345 ( 1884) Holland 63 > 46 236 Belgien ( 1880) Italien ( 1881 ) ( 1886) 168 23 ") » >
Bedürfnissen des Landes und seines Bauernstandes
viel mehr angemessen als Grossviehzucht. Der Eier bedarf wurde bisher von China befriedigt . Das Fleisch
bedürfnis im Lande ist gestiegen ; die Zahl der ge schlachteten Stücke Rindvieh hat sich von 1882 bis
>
1885 nahezu verdreifacht. Den in Europa studieren
>
den Japanern sagt die fleischreiche Kost der Fremde
>
durchaus zu . Für Japan aber möchten aus klima
viel . Aus klimatologischen Gründen erscheint uns
tischen Gründen leichtere Fleischsorten , Kaninchen-, Geflügel- , Hammelfleisch , anstatt des Rinder- und Schweinefleisches zu empfehlen sein. Diese sanitäre Rücksicht wird auch von Ota -Nitobe gewürdigt.
aber allein der Vergleich Japans mit Italien gestattet .
Ihr schreibt er den Umstand zu , dass der Schintois
Dort findet sich in der That der für Europa ge-
mus in viel höherem Grade als der Buddhismus dem
ringste Promillesatz der Rinder. Der Abstand gegen Japan , 161 gegen 27, ist noch sehr gross, wird je-
Fleischgenusse , besonders in Süd-Japan , entgegen wirkte (S. 27 ) .
Aus dieser Tabelle (S. 57) geht hervor , dass die Pferdezucht Japans nur wenig hinter derjenigen Mitteleuropas zurücksteht, die Rinderzucht um sehr
doch durch die mehr kontinentale und nördliche
Lage Italiens und die Alpennatur seiner vorzüglichsten Weideplätze in etwas erklärt.
1891.
1 ) Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. VIII . Weimar S. 85 , Tafel IV . Für Japan wurden dort 182,8 , nach
einer genaueren Methode später 178 Prozent arktoider Pro ') J. J. Rein , Japan, I.
Leipzig 1888 .
S. 166 ff.
duktion berechnet.
2) Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichs. Berlin 1884. S.
33 .
3) Annuario statistico Italiano. 918. 1026 .
1886 .
Roma 1887.
S.
2) Cabinet Impérial, Résumé statistique de l'Empire du Japon. V. Tokio 1891. S. 24 . 3) Exner , Japan. S. 95 . 4) Rein , Japan, II . S. 21--22 .
Die Agrarfrage in Japan .
140
Der Schwerpunkt der für die wirtschaftliche
1/3 Hektar, also mehr Garten- als Feldgrundstücken ,
Lage Japans nötigen Reformen wird demnach dem
gewinnen die japanischen Bauern Reis, Gerste, Hülsen
Landbau verbleiben.
früchte, Gemüse u . dergl . mit denkbar idealster Aus nutzung des Bodens und seiner Bewässerung. Durch
Der landwirtschaftlichen Klasse gehörten im Jahre 1886 71,23 Prozent der Bevölkerung an
Dem gegenüber fällt auf, dass nur 15 Prozent
diese wird in den Stadtfernen Gebieten teilweise die Düngung ersetzt . In der Nähe der Städte wird deren Abfall benutzt, aber nicht zu einmaliger Dün gung der des Bestellens harrenden Felder, sondern zur mehrmaligen der einzelnen Pflanzen . Der Land
altjapanischen Areales unter dem Pfluge stehen, gegen
bau ist bei den Städten und in den zugänglichen
41 Prozent in Deutschland. Auf drei Fünfteln des japanischen Ackerlandes wird Reis gebaut (S. 38) .
Thalgebieten konzentriert. Durch die Kleinheit der Parzellen, welche meist 0,05, oft sogar nur 0,002 Hekt
Im Einverständnis mit Fesca zweifelt Ota-Nitobe daran,
are umfassen (S. 75 ), durch die sumpfigen Zustände
(S.
67).
Ausschliesslich
Landwirtschaft
trieben
41 Prozent (S. 3) . An Steuern wurden 80 Prozent
von dieser Berufsart getragen (S. 3 ).
dass diese Ausdehnung des Reisbaues gewinnreich, der Reisfelder (Exner) werden Viehzucht, rationelle der Reis in allen Teilen Alt -Japans akklimatisiert
Wirtschaft, Emanzipation von der Nähe der Stadt
sei . Als nördliche Naturgrenze desselben wird eine
gleicherweise hintangehalten . In solchen technischen
Linie bezeichnet, welche südlich der Insel Sado durch
Unzuträglichkeiten, keineswegs in dem patriarchalisch
die Halbinsel Idsu verläuft, also Hondo halbiert (S. 64) .
gehandhabten Pachtwesen, welchem von 5,5 Millionen
Die Ausdehnung, welche der Reisbau über diese ganze Insel gewonnen hat, wird vor allem aus der vormaligen Beschränkung nicht allein des Gesamt-,
Betrieben 22 Prozent rein , 38 Prozent teilweise unter
liegen , glaubt Ota-Nitobe die hauptsächliche Gefahr
sondern auch jedes einzelnen Feudalstaates auf die
für den Bauernstand und , bei dessen ungemeiner Wichtigkeit, für die japanische Volkswirtschaft zu
eigenen Erzeugnisse erklärt. Schon aus den Erhebungen von 1886 glaubt Ota-
erkennen (S. 72 ff.). Der thatsächlichen Grösse
der Gesamtgüter
Nitobe einen Niedergang des Reisbaues in Japan her- gegenüber, durchschnittlich 1 Hektar, wird die mini auszulesen .
In diesem Jahre wurden 22 Promille dem bisherigen Trockenfelde neu zugelegt, nur 6 Promille dem Reisfelde (S. 64) . Es erscheint uns nicht
male Arbeitsfläche einer Bauernfamilie von ihm auf
2,4 Hektar (S. 77) , die minimale Unterhaltungs fläche auf 0,5 Hektar berechnet (S. 78) . Gegen
undenkbar , dass dieses Verhalten Einblick eröffnet wärtig reicht demnach ein mittelgrosses Bauerngut in die Art, in welcher die Natur Japans selbst dessen
in Japan zwar für den Unterhalt , aber nicht für die
Produktion regelt . Die beiden vorhergehenden Jahre
volle Beschäftigung einer Bauernfamilie aus. Solche
1884 und 1885 hatten infolge ungünstiger klimati-
Verhältnisse enthalten bedingt eine grosse Gefahr. scher Verhältnisse die kleinsten Reisernten des Jahr- Sie berechtigen zu der Besorgnis, dass ein Proletariat zehntes vor 1889. Sie waren geeignet, im Reisbau entsteht, wenn die Familie ihre Kräfte nicht voll ent zu entmutigen , andere landwirtschaftliche Betriebe falten , nur vegetieren kann . Die Bedingung dafür zu heben, ähnlich den Dürrejahren , welche die Woll-
ist , dass den überschüssigen Arbeitskräften nicht in
produktion Australiens gehoben haben ') . Immerhin
dem Maasse wie bei uns Europäern Dienststellungen
erscheint es gewagt , aus dem Verhalten des einen
ausserhalb des Familienbesitzes , besonders in den
Jahrganges 1886 auf einen stetigen Niedergang des Städten , offenstehen. Da Erhebungen hierüber nicht Reisbaues zu schliessen .
Jedenfalls aber sind Maulbeer- und Kartoffel-
bekannt sind , ist es unmöglich , ein sicheres Urteil zu gewinnen.
pflanzungen , welche an die Stelle der Reisfelder treten sollen , kaum als segensreich zu begrüssen ( S. 65 ) . Die Seidenindustrie hat in Japan eine Aus-
nicht unmittelbar behandelnden Untersuchung Ota Nitobes ( S. 80) , liegt jene Gefahr wirklich vor.
dehnung genommen , an deren bedeutende Zunahine
Doch vermögen wir im einzelnen seinen Folgerungen
Nach den Ergebnissen der diese Frage leider
wir nicht zu glauben vermögen . Den leicht ver- nicht beizustimmen . Den nachteiligen Einfluss jener daulichen , nährenden Reis durch die als Hauptkost Zersplitterung des Grundbesitzes glaubt er schon in ungeeigneten Kartoffeln zu ersetzen, würde dem Interesse der japanischen Bevölkerung nicht entsprechen. Das ändert jedoch nichts daran , dass der Reisbau seine Vorzugsstellung im japanischen Feldbau räumen muss . Denn mit ihm hängt der Kleinbetrieb, unter welchem dieser zu leiden beginnt , auf das engste zusammen .
dem
sehr regen Besitzwechsel zu erkennen .
Von
1200 Millionen des Gesamtwertes der Aecker liefen
im Jahre 1884 im Handel 69 Millionen um (S. 79) . In demselben Jahre war ferner der Grundbesitz mit 699 Millionen Mark belastet, der verpfändete im Jahre 1886 für die Schuldner um ein Drittel ent wertet . Wie früher erwähnt, waren aber die Jahre
Ota -Nitobe kennzeichnet ihn als Zwergwirt-
1884 und 1885 von Missernten betroffen worden .
schaft. Auf Gütern von 1 , bei Nebenbeschäftigung
Es erscheint nicht undenkbar , dass die erwähnten
Notlagen diesen Missernten und ihren Nachwirkungen 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. VIII. Wei . mar 1891.
S. 88 .
entsprungen sind .
(Schluss folgt.
1
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
141
Hat Europa den Kompass über Arabien sitzen. Allerdings sind einige derselben gut genug oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ? | gearbeitet, besonders kleine Astrolabien , welche ihre Litterarisch - sachliche Studie. Von A. Schück ( Hamburg ) . ( Fortsetzung .)
Wie bereits erwähnt, konnte ich bis jetzt nicht
Seeleute in der Brusttasche tragen , auch ist sicher, dass sie diese Instrumente seit langer Zeit benutzen , woraus Bergeron schliesst , dass sie nach Beob
achtungen segelten und selbst den Kompass ge
brauchten. Niemand ist jedoch so kenntnislos, um
finden , wer zuerst die Araber als Vermittler der nicht zu wissen , dass die Gestirnsbeobachtung, die Kenntnis des Kompasses bezeichnete ; 1717 trat Renaudot gegen diese Vermittlung auf. Sein Originalwerk » Anciennes relations des Indes et de la
man mit Hilfe eines Astrolabiums erhält, dem See
mann zum Steuer seines Kurses nichts nützt, wenn er nicht auch die Hilfe des Kompasses hat.“ (Dies
Chine« liegt mir nicht vor, sondern die Uebersetzung würde das Gegenteil von dem beweisen , was es ins Englische: Ancient accounts of India and China. beweisen soll .) London 1733. Appendix : Inquiry when the Mahomedans first entered China. S. 141 ff. » Wir finden nicht den geringsten Beweis dieses (Menschenalter vor dem in Europa nachweisbaren ) alten Gebrauches des Kompasses in irgend einem arabischen Buche.
» Ebenso vergeblich ist es , anzunehmen, dass die Araber den Kompass früher besassen als wir, weil sie seit Jahrhunderten mit den Chinesen in Verbindung standen , und die Chinesen ihn viele Menschenalter vor uns hatten .« (Folgt die Wieder
Weder im Arabischen noch im Türkischen oder gabe von Martinis Bericht.) » Es scheint sonderbar, Persischen gibt es ein einziges Wort, welches that-
dass die Chinesen so geringen Gebrauch von ihrem
sächlich das Astrolabium oder den Kompass be- Kompass gemacht haben sollten, um ihre ( See-) Araber und Türken nennen den Reisen so einzurichten , als wenn sie keinen hätten .
zeichnen kann.
Kompass gewöhnlich Bossolo , der italienische Name, - dies beweist , dass von ihnen die Sache
Die Länge der Zeit, welche die Cochinchinesen zu ihrer Heimkehr von China nach Annam gebrauch
ebenso aus der Fremde übernommen ist , wie das Wort . Kotubnema ist eine Zusammensetzung und
ten , bringt uns auf den Gedanken , dass dieser Ap parat durchaus nicht das von uns Kompass ge
erst in neuerer Zeit bei den Persern in Gebrauch
nannte Instrument war. John Chardin sagt darüber :
gekommen. Ihre Naturkundigen haben sich weit- . . . . . Ich behaupte kühn, dass die anderen Asiaten läufig über die Vorzüge des Magnetsteins ausge- (ausser China ) uns dieses wundervolle Instrument
sprochen , sie haben alles von den alten griechischen
verdanken, welches sie von Europa erhielten, lange
Schriftstellern über ibn Gebrachte wiederholt
vor der Eroberung durch die Portugiesen ; denn
aber sie haben nicht ein einzigesmal jene Eigen- erstlich sind ihre Kompasse genau wie unsere und schaft der Magnetnadel angedeutet ; ebensowenig treffen wir auf eine einzige alte Beobachtung der Missweisung (Deklination der Magnetnadel) oder auf eine, aus dieser folgende Anleitung zum Gebrauch der Seeleute. «
sie kaufen dieselben von Europäern so viel wie sie können , wobei sie sich kaum getrauen , mit deren Nadeln etwas selbst vorzunehmen ; zweitens ist es sicher , dass die alten Schiffsführer nur an den Küsten entlang fuhren , was ich dem Fehlen dieses
» Die arabischen , türkischen und persischen
Instrumentes, das sie geführt und auf hoher See
Seelotsen ziehen die in Europa gefertigten Kom-
geleitet hätte, zuschreibe . . . . . Die vielen unbe wohnten und doch fruchtbaren Inseln , die vielen, .
passe ihren eigenen vor ; sie sind noch nicht völlig bewandert in dem Magnetisieren ihrer Kompass-
dem erwähnten Volke unbekannten Länder sind
nadeln . In der That, seitdem sie von unseren See-
ein Beweis , dass die alten Schiffsführer nicht ver
fahrern belehrt worden sind, kennen sie den Ge-
standen , die hohe See zu befahren. In Bezug auf
brauch des Kompasses sehr gut , sie getrauen sich mit seiner Hilfe grosse Strecken im Indischen Ozean
diese Angelegenheit habe ich nur Schlüsse und Mut maassung , denn obgleich ich in Persien und In dien bei den gelehrtesten Leuten deswegen anfrug, konnte ich keine Auskunft darüber erhalten , wann der Kompass dort zuerst bekannt war« (könnte
zu durchfahren, und zwar mit gutem Erfolge. Doch
können wir hieraus folgern, dass, wenn sie in weniger als zwei Jahrhunderten von den Franken genug lernten , um kenntnisreiche Schiffsführer zu werden ,
sie mehrere Menschenalter vorher nicht gleichzeitig
>
Chardin noch jetzt nicht erhalten in Bezug auf Europa). » Die Führer der indischen Schiffe«
dieselben Kenntnisse besitzen und aller Grundlagen (mit denen Chardin fuhr) » waren alle Inder , sie der Schiffsführung unkundig sein konnten , wie sie
gebrauchten den Jakobsstab und die Bussole (Qua
es zur Zeit der ersten Entdeckungen waren .« (Dies ist zu weit gegangen , zur Zeit der ersten Ent-
dran), diese Instrumente haben sie von uns, die selben sind von unseren Mechanikern angefertigt
deckungen waren die Grundlagen der Schiffsführung
und unterscheiden sich von den unsrigen nur durch
auch bei den Entdeckern wenig ausgebildet.) » Diesen Schluss erfolgreich zu bekämpfen , genügt es nicht,
die arabische Schrift . Die Araber sind die geschickte sten Nautiker unter allen Asiaten und Afrikanern ,
sich darauf zu berufen , dass jene die ältesten mathe- aber weder sie noch die Inder gebrauchen Karten , matischen Instrumente für nautischen Gebrauch be-
die auch kein grosses Bedürfnis für sie sind; sie
142
Hat Europa den Kompass über Arabien oder hat ihn Arabien von Europa erhalten ?
besitzen einige, doch sind solche von den unseren abgezeichnet .....(
ihrer Richtigkeit. - Andres beruft sich auch auf Anastasius Kircher ; dieser schreibt ohne Quellenan
»Es ist am wahrscheinlichsten, dass die Araber gabe , er habe gefunden , dass im Jahr 670 der in den ersten Zeiten des Mohammedanismus den Kon-
Hedschra die arabischen Seefahrer von Mekka durch
pass nicht kannten und niemals nach Beobachtung
das Rote Meer nach Indien gefahren seien , sich
segelten , bis sie die dazu nötigen Kenntnisse von den Europäern erlangten . Sicher ist . . . . . sie waren früher nur Küstenfahrer, oder wenn sie es
nach einem magnetischen Instrumente richtend, das stets den Kanopus gezeigt habe, wer aber der Ver
fertiger gewesen sei oder von wo er die Erfindung
wagten , Land aus Sicht zu lassen, war es nicht für erhalten habe, wäre nicht gesagt. lange Segelstrecken , und dies ist die Ursache ihrer langen und gefährlichen Fahrten .....«
Da Baïlak im
Jahr 6.40 der Hedschra schrieb, so könnte diese An gabe später sein, also lange nach Hugue de Bercy ;
Alle diese Folgerungen gehen zu weit, man kann
auch will ich nicht behaupten, dass Kircher in seinen
vielmehr nur folgendes als bewiesen erachten : wenn Araber , Perser , Inder die Richtkraft der Magnetnadel eher kannten und für die Seefahrt benutzten , als die Europäer, so entwickelten sie die erste und
Citaten besonders zuverlässig ist . Die vorliegende Frage wird auch gestreift von C. Niebuhr (Reisebeschreibung nach Arabien und anderen umliegenden Ländern ; Kopenhagen 1778 ,
nächstliegende Anwendung nicht weiter, sondern
II, S. 206.) »Andere Schriftsteller haben uns ver
kauften begierig bessere, europäische Instrumente. --
sichern wollen , die Araber , Türken und Perser
In Bezug auf lezteres teilte der hiesige Navigationslehrer Herr Rubbert mit , dass vor ungefähr 40 Jahren der Kapitän eines Hamburger Schiffes seinem Reeder als Zeichen chinesischer Kenntnisse
hätten für den Kompass keinen anderen Namen als den europäischen Bussola ; die Araber , welche dies Instrument nicht etwa auf einem Schiff gesehen haben , kennen es fast gar nicht (gilt heut wohl und Erfindung nautischer Instrumente aus China mit- noch für viele Europäer), doch können ihre Gelehr
gebracht hatte: einen alten Davis -Quadranten mit Girolamo Tiraboschi (Storia della Letteratura
ten dessen nicht gänzlich entbehren. Denn da sie ihr Angesicht beim Gebet allezeit gegen die Kaaba richten sollen , so haben sie Tabellen berechnet, in
Italiana) trat in sonderbarer Weise für die Araber ein ; Pietro Napoli Signorelli widerlegte ihn 1784
welchen angemerkt ist , nach welcher Weltgegend Mekka von dieser oder jener Stadt liegt : und wenn
chinesischen Charakteren statt unserer Zahlen .
1 1
in seinen „Vicende delle Coltura nelle due Sicilie sie eine Moschee bauen , so muss die Lage der u . S. W.« (Neapel); daher wird die erste Auflage von Kaaba, einer Nische nach der Seite von Mekka, da T.'s Werk ein paar Jahre früher erschienen sein . nach angelegt werden. Zu diesem Gebrauche fand Im Gegensatze zu Renaudot und Chardin hielt G. ich eine Magnetnadel bei einem mohammedanischen
T. die weiten Reisen der Araber für ein Zeugnis,
Gelehrten zu Kahira , und der nannte sie ElMag
dass die Kenntnis des Kompasses aus Arabien (zu uns) gekommen sei , - nachweisen konnte er es
natis. Der Name scheint anzudeuten , dass man den Kompass in dieser Gegend von den Europäern
nicht; wohl wissend, vor dem fabelhaften Gioja habe
erhalten habe. (Herbelot in Bibliothèque Orien
man schon in Europa die Richtkraft der Magnet-
tale , Paris 1697 , erwähnt Maknatis und Magnatis
nadel benutzt , behauptet er , die Worte Zoron und
als Bezeichnung des Magnetsteins bei den Arabern,
Aphron könnten nur arabisch sein , daher müsse
die sie aus dem Griechischen übernommen haben ;
>
das Originalwerk oder die erste Uebersetzung des sonst nennen sie ihn nach H.: Hagiar algiadheb, Aristotelischen Werkes eine arabische gewesen sein, anziehenden Stein , so auch Magnetismus: Giad und dies mit anderem vereinend hält er es für mehr
als andere Annahmen wahrscheinlich, der Kompass sei
hebah oder Küat algiadhebah .) Allein von der Ab weichung der Magnetnadel, und dass diese sich gar
von Arabern im Königreich Neapel erfunden werden,
jährlich verändert, hatte mein erwähnter Schech
zur Zeit , als sie in einem grossen Teile desselben
nichts gehört. Sonst habe ich die Araber den Kompass Deir und Beit el Ibre nennen hören ; die | Araber am Persischen Meerbusen nennen ihn Käble | Näma oder Rach Näma ( Herbelot gab diese Namen für » die Bussole , welche Perser und Türken ge wöhnlich bei sich tragen , um ihr Gebet zu ver richten « ). In dieser Gegend benennt man die ver
Herren waren ; die Amalfitaner hätten ihn zuerst zur
Seefahrt benutzt , so sei der Glaube entstanden , sie
wären die Erfinder! – Signorelli macht dagegen geltend, dass dann auch die Amalfitaner den Kompass erfunden haben können , dessen Gebrauch sie den
Arabern zeigten ; wenn die Araber die Erfinder ge-
1
>
wesen wären, so müssten Beweise davon in Sicilien,
schiedenen Weltgegenden zum Teile nach dem Auf
besonders in Spanien vorhanden sein , was nicht der Fall ist. – Landiund Andres ( D. Juan Andres (Abate], Origen , Progresos y Estado Actual de Toda la Literature. Obra escrita en Italiano , yv traducida al Castellano por D. Carlos Andres. Madrid, 1787 ,
und Untergang gewisser Sterne (er nennt 14 Kom Einige Reisende haben uns passstriche) versichern wollen, dass die Beduinen auf ihren Rei
sen in der Wüste sich des Kompasses bedienen ; allein ich habe dergleichen bei ihnen nicht ange
T. I Bruscula) sowie vielleicht noch andere pflichteten troffen. Sie kannten dieses Instrument nicht einmal, der Ansicht Tiraboschis bei ; das ist aber kein Beweis / sondern , wenn es bemerkt ward , dass ich danach
!
Geographische Mitteilungen .
143
sah, und man wissen wollte, was es wäre, so nannte ich es eine Uhr, welche inir die Quibla , d . i . die
des Schiffskompasses ( quadran de naviguer) , ver
Gegend der Stadt Mekka zeigte, und darin glaubten
zuhalten haben, sobald sie die Nordrichtung genau
mittelst dessen sie sehen, welche Richtung sie ein
sie mir so sehr, dass sie sich bisweilen nach der
gefunden (avoir pris leur adresse sur le point du
Quibla erkundigten , wenn sie beten wollten . Da
Nord).).«« – Beide Werke sind jedenfalls zu einer Nord
sie beständig in der Wüste herum wandern , so kennen sie die Wege auch so gut, dass sie dazu keinen Kompass brauchen. Vielleicht aber richten
Zeit geschrieben, zu welcher Benutzung der Richt kraft des Magneten (der Bussole , des Kompasses) seit 300 – 400 Jahren im westlichen Europa nach
sie sich des Nachts etwas nach den Sternen .
weisbar ist .
(Fortsetzung folgt.)
Es ist doch fraglich , ob man es als Beweis gegen den Gebrauch des Kompasses von Seiten aller Beduinen ansehen will , dass diejenigen , mit denen Niebuhr verkehrte , ihn nicht kannten ; anderer seits ist es nicht zu bezweifeln , dass der mit der Wüste Vertraute in ihr Merkzeichen kennt und
Geographische Mitteilungen . (Solare Veränderungen
und magnetische
StörungenPhotosphäre .) Die bekannte Thatsache, dass zwischen
mit blossem Auge findet , welche der ungeübte den in der Europäer mit dem
besten Fernglase nicht unter-
scheiden würde .
Von » Einigen Reisenden « sind mir zu Händen gekommen die Berichte des Ludwig Vartomann und des Chalcondvlos; der des ersteren findet sich in » Novus orbis regionum ac insularum Veteribus in cognitarum , una cum tabula cosmographica et ali quot aliis consimilis argumenti libellis u . s. W.« , Pari siis 1532 , Vorrede von Simon Grynaeus gerichtet an Georgius Collimitius; es ist dies eine bedeutend vermehrte Ausgabe des 1508 erschienenen ähnlichen Werkes von Archangelus Madringanus, die von
der Sonne vor sich gehenden
Veränderungen und dem magnetischen Gesamtzustande unseres Planeten innige Wechselbeziehungen obwalten, hat neuerdings eine sehr augenfällige Bestätigung er fahren durch die auf dem Astrophysikalischen Obser vatorium bei Potsdam angestellten Beobachtungen. Seit dem dessen geomagnetische Station eingerichtet ist, also seit dem 1. Januar 1890, sind gleich intensive Störungen
noch nicht wahrgenommen worden, wie an den auf den 13. Februar d. J. folgenden Tagen . Am genannten Tage, früh um 6 ' , Uhr, begannen plötzlich sowohl das die 2
Aenderungen der Deklination photographisch registrie rende Instrument, als auch die für Intensitätsmessungen bestimmte magnetische Wage in grosse Unruhe zu ge
baber, ins Deutsche übersetzt ist : Die New welt,
raten , und bei der letzteren wurde die Amplitude der Schwankung sogar einmal so gross , dass sie gar nicht
der Landschaften und Insulen , so bis hierher allen
mehr aufgezeichnet zu werden vermochte . Es machte
Altweltbeschrybern unbekant u . s . w . Strassburg,
sich also das geltend , was A. v . Humboldt als »mag
1534. Dort heisst es Bl . 61 verso : » Wie man gen Mecha kompt. Das XIII . Capitel ... mit gleyt eins Piloten (der unsern weg mit ein büchslen vnd Meerkarten regiert) wie die thun die auf dem Meer
netisches Ungewitter « bezeichnet hatte; sehr häufig treten solche mit Polarlichtern vergesellschaftet auf , und wenn auch der bedeckte Himmel der Havelgegend keine solche Erscheinung gewahren liess, so wurde doch von anderen Orten Norddeutschlands her dergleichen mehrfach ge
Michael Herr , der freyen kunst und Artzney lieb-
künden faren .
doch müssen sie Piloten hon
meldet. Gleichzeitig überzeugte sich der mit steter Kon
(die sie füren) dann sie werden mit büchslin vnd
trolle der Sonnenoberfläche betraute Observator,
karten gefürt (wie auf dem wilden Meer)
. (
Spoerer, dass die Fluktuation dortselbst eine ungewöhn
Von derselben Reise ist eine deutsche Sonderaus-
lich lebhafte war. Von den beiden Berliner Gelehrten,
Prof.
gabe hier vorhanden : Die Ritterliche und Lobwir-
welche zur Zeit in dem bekannten norwegischen Dorfe
dige Reyss des gestrengen vnd vber all ander weit
Bossekopp (70 ° lat.) geophysikalischen Studien obliegen,
erfarnen Ritter vnd Landtfahrers Herrn Ludouico
lief die Nachricht ein , dass auch dort die Schwankungen der Deklinationsnadel ungemein heftige waren ; sie be wirkten , dass die Missweisung sich im Verlaufe von nur
Vartomans von Bolonia u .
S.
w .
Franckfurt am
Mayen 1549. D III : » ... vnd vns richten nach
8 Minuten um 12 ° änderte. Gleichzeitig ward auch die
den kuglen Compassen vnd der aussweisung der meer thut.
aber ..... es war mir nicht möglich , alle Lücken
.. Unter der Voraussetzung , dass einfachen Instrumente die geographische Breite be- die Stellung der einzelnen Sterne wie Arcturus und stimmen kann . « (Dies gilt nur für den Augenblick Kanopus ursprünglich durch Beobachtung bestimmt
er , wenn er will , mit Hilfe der oben erwähnten ,
auszufüllen .
des Auf- und Untergangs und für Orte , die unter dem Aequator liegen ; aber sobald die Polardistanz eines Gestirnes bekannt ist , gehört nur geringe
war und mit Berücksichtigung der Präcession könnte man vielleicht die Breite des Ortes bestimmen , an dem die Erfindung (hiesse wohl richtiger : die
Uebung dazu, aus ihr und der Höhe des Gestirnes | Zusammenstellung ) » des Kompasses der Araber« zur Zeit des Meridiandurchganges die geographische Breite zu berechnen .) Bei dem Versuche, die Gegend zu bestimmen , für welche oder in welcher ursprünglich der Ent-
geschah, auch könnte man auf diese Weise finden , ob er auf der arabischen Halbinsel oder in einem
Kontore (Indiens ?) zu suchen ist .
seinem Südpole Anziehungskraft zu geben , müsse man das Eisen oder den magnetischen Körper nach Norden anlegen ; dann haben die Scholastiker den Pol des einen Körpers mit dem des anderen verwechselt, Norden mit Süden und avron mit gia-
ron . «< !! Ihm war bekannt , dass Falconet 1757 (Dissertation historique sur ce que les anciens ont cru de l'aimant , Memoires de l'Académie des inscriptions et belles lettres t. IV oder t. VI ?) urteilte: » Die Araber hatten ein Werk des Aristoteles, wel-
ches eine Abhandlung über den Magnet(stein) ent-
Israeliten mit arabischem Namen verfasst sind. Hierbei kommt auch ein Werk in Betracht ,
dessen Toderini erwähnt : De la literature des Turcs . Traduit de l'Italien en François par de Cournand ( Paris 1789. Troisième partie. Typo graphie Turque Chap. III . Des livres imprimés à Constantinople. X S. 112 . Traité de la vertu et de l'usage de la boussole. Original : Venedig 1787, t. III, pag. 112. » Fejüzat ü Miknatissie , von der Eigenschaft und dem Gebrauch der Bussole« ). Die ses kleine Buch von 23 Blättern oder Doppelseiten mit zwei schönen Abbildungen der Bussole wurde in Konstantinopel von Ibrahim Mutaferrikà gedruckt, der kaiserlicher Drucker war im Jahre 1144 moham medanischer Zeitrechnung. Einige haben gesagt, dass es eine Uebersetzung aus dem Arabischen war ; allerdings findet man bei Herbelot den Namen des
findet in den Bibliotheken so gefälschte Handschriften
arabischen Manuskriptes, welches die Eigenschaften des Magnetsteins behandelt, » Estanah vegredhab « be nannt ; aber in dem hier besprochenen Werke lesen wir, dass letzteres eine Zusammenstellung Ibrahims
dieser Uebersetzung, und man glaubt mit Recht,
war, die er lateinischen Werken entnommen hatte.
hielt, nach der Entdeckung der Bussole übersetzt, und in ihren Anmerkungen erwähnten sie dieser Kenntnis unter dem Namen des Aristoteles.
Man
dass Albert d . Gr. und Vincenz von Beauvais aus
S. 115.
Aber in unserer türkischen Ab
ihnen den Satz entnahmen, den sie als von Aristo- handlung liest sich der Hergang anders ; hier ist teles geschrieben angeben , in welchem der Philo-
er in abgekürzter Form .
soph mit der neuen Entdeckung bekannt erscheint.> Nach der Ueberschwem
Schiffe gab , welche den Ozean mit Gefahr durch
den Arabern stammen dürfte und dass sie spätestens besser gesagt 1302), dass in der Stadt Amalfi, im
von ihnen unsere mehr modernen Schriftsteller erhiel-
Königreich Neapel, in der Landschaft Aralisa oder
Er gibt aber seine Meinung noch nicht auf, sondern weist noch auf folgendes hin : obwohl die es von den Römern erwarten . Bei den Arabern findet man , was weder Griechen noch Römer
Grafschaft Molise , ein kenntnisreicher Manner schien , der die Kenntnis der Bussole , die er aus lateinischen Schriftstellern schöpfte, ordnete und in ein System brachte ; zur selben Zeit fand er den Magnetstein in Natolien, auf den Bergen von Manissa d . i . Magnesia ; darauf arbeitete er die Lehre der
thaten .
» Allein die Bibliotheca arabica de Casiri
Bussole aus , die einige Zeit später in Leipzig veröffent
zeigt eine Abhandlung eines Ungenannten : De arte
licht ist . Dieses nützliche Buch wurde geschenkt an die Gesandten Chinas , Englands , Frankreichs
Griechen über alle Stoffe Bücher schrieben , findet
man doch keines über Nautik , noch weniger kann man
nautica ( Die Kunst der Seefahrt) ( T. II p. 6) ,
Zur Terminologie fiir die Wirtschaftsformen der Erde.
157
und die Minister anderer fremder Staaten , die sich
» Während der Jahrhunderte , welche den unsterb
in den der türkischen Herrschaft untergeordneten
lichen Entdeckungen von Vasco da Gama, Christoph
Gebieten befanden , und nunmehr begannen die Schiffe in allen Meeren zu fahren nach bestimmten und
Columbus und Magellan folgten , verlor man die Schriften der Araber aus dem Gesichte und ge
weisen Grundsätzen .« Darauf spricht der Verfasser wöhnte sich daran , sie nicht mehr in Betracht zu von der Eigenschaft des Magnetsteins und dem Gebrauch der Bussole für die Seefahrt .
Magnus O. Celsius , in seiner Geschichte
ziehen . Thatsachen, die von ihnen enthüllt waren , gelangten nicht zur allgemeinen Kenntnis (oder Benutzung) , als bis sie auf anderem Wege wieder
der königlichen Bibliothek von Stockholm , spricht gefunden waren . Um die Arbeiten der Araber von diesem Buche nur ganz kurz : Abhandlung der richtig zu beurteilen , muss man sich zurückversetzen Stärke und des Gebrauches des Magnetsteins, aus
bis vor die Zeit der Entdeckung des Kaps der guten
dem Arabischen übersetzt ; 23 Blätter in 4 ” ; Preis :
Hoffnung und des amerikanischen Kontinentes (ist
Es kostete damals einen türkischen
Piaster ; aber es ist nicht eine Uebersetzung aus
hier wohl für Amerika im allgemeinen gebraucht) ; man erkennt dann die hohe Stellung, welche jene
dem Arabischen. Das Werk ist aus lateinischen
einnahmen , und den ihnen zukommenden Anteil
Schriftstellern geschöpft , wie es Ibrahim bezeugt, der diese Zusammenstellung anfertigte. Im vorigen Jahrhundert hielt es also selbst ein Türke für nicht angebracht , den Arabern die Er findung der Bussole zuzuschreiben , sondern er hielt es für das Wahrscheinlichste , sie sei vor längerer,
John Barrows an den späteren Entdeckungen .« in den » Travels in China« geäusserte Meinung, die
ein Piaster.
aber unbestimmter Zeit einem Unbekannten ge
lungen ; dem allgemeinen Gerüchte folgend, lässt er in neuerer Zeit die Verbreitung ihrer Kenntnis von
Scythen in den nördlichen Teilen Asiens hätten schon in ältester Zeit die Polarität des Magnet steines erkannt gehabt, darf wohl auf sich beruhen . Der Kompass ist ein Findelkind, aber nicht von hoher Abkunft , sondern er dankte sein Dasein und seine erste Ausbildung ge wiss Seefahrern und für diese arbeitenden
Amalfi über Deutschland sich verbreiten. (Deutsche Mechanikern. — Immerhin dürfte darüber in alten Sonnenuhren , die nach der Magnetnade in den Meridian gestellt wurden , waren eine Zeit lang besonders beliebt, s. Ruscelli, Molets). Nach alle dem ist Santarem beizupflichten ,
Handschriften , die ja an den verschiedensten Orten bald in grösserer, bald in geringerer Zahl vorhanden sein sollen , noch manches zu finden sein .
(Essai u . s. w . , S. 295 ) : »Nach unserem Wissen be zeugt keine genaue Angabe , dass Europa dieses Instrument durch Vermittlung der Araber (d . h . über Arabien) erhalten habe. Ich erlaube mir zu wiederholen : Alles begünstigt die Annahme, der Orient habe die bessere Einrichtung des Kompasses von Europa erhalten . Bertelli meint , Al . Neckam und Vincenz de
Beauvais (Ende des 12. und 13. Jahrhunderts) können vielleicht aus einer arabischen Uebersetzung des von Klaproth erwähnten chinesischen Buches » We li lun« geschöpft haben , auch hält er es für
Zur Terminologie für die Wirtschaftsformen der Erde. Von Georg Wegener (Berlin ).
Herr Dr. Ed . Hahn wünscht mit seinen im
»Ausland « 1891 No. 25 und in » Petermanns Mit teilungen « 1892 No. I veröffentlichten Aufsätzen über die Wirtschaftsformen der Erde vor allen Dingen eine klärende Diskussion hervorzurufen. Da die an geist
vollen Anschauungen , an überraschenden und an >
möglich, dass Pierre de Maricourt und Jean de St. regenden Neuheiten ungemein reichen Abhandlungen Amand (Ende des 13. Jahrhunderts ) eine und dieselbe eine Aufmerksamkeit in der That in hohem Maasse arabische Quelle benutzten ; deshalb rät er , nach - verdienen, so möchte ich wenigstens durch folgende zusehen in dem von De Rossi erwähnten Buche des
kleine Notiz zur Förderung einer solchen Debatte
Arabers Gezer Abulaz Ismaël: » Abhandlung über
beitragen . Wichtigere Fragen besseren Kennern des
die geistvoll erfundene Maschine. Trotz meiner Bewunderung für Bertellis Arbeit sehe ich , ehe nicht jenes Buch übersetzt vorliegt, und ehe nicht
Fachs überlassend, möchte ich einem Wunsche des Verfassers nach einem besseren Namen für seine als
thatsächlich der Kompass als darin beschrieben nach-
» Hackbau« bezeichnete Kulturstufe entgegenkommen . In der That ist dieser Name wenig günstig , nicht
gewiesen ist , keinen Grund, mich der von Bertelli gehegten Ansicht anzuschliessen. Alles gegen die Vermittlung der Araber in
nur weil , wie der Verfasser selbst anführt , auch der der „Gartenbau « sich der Hacke bedient » Plantagenbau « ja auch -- , sondern ebenso weil
Bezug auf den Kompass Vorgebrachte schmälert nicht deren Verdienst, uns manche litterarische Schätze
hier plötzlich die Benennung vom Werkzeuge ge nommen wird , während sie sonst , bei »Acker-« ,
und
» Plantagen-« und »Gartenbau ,
antikes Wissen
zu einer Zeit
erhalten
zu
von dem Objekte
haben , als es in Europa wenig beachtet war. Tira- der Bearbeitung ausgeht. Wenn man » Hackbau « boschi und Andres betonten dies ; ganz besonders hört, erwartet man naturgemäss auch » Pflugbau « aber dürfte der Ausspruch Reinauds zutreffend sein :
u . s. w. Da dieses letztere Prinzip aber nicht durch
che
Geographis
158
Mitteilungen .
Zum Schlusse sei darauf hingewiesen, dass gleich
führbar ist , so muss auch für die Kulturform des
sog. „ Hackbauso eine vom bearbeiteten Gegenstande zeitig auch Friedrich Ratzel auf den wichtigen Unterschied der verschiedenen Ackerbauformen auf hergeleitete Benennung geschaffen werden . Wer Entstehung von 'Terminologien kennt, merksam geworden ist. Im zweiten Bande seiner
wird von einer solchen Benennung nicht verlangen, Anthropogeographie, S. 741 seines leider indexlösen dass sie ohne jede Erläuterung genau die Sache und
Buches, unterscheidet er ungefähr dieselben Stufen ,
nur diese bezeichnet , wohl aber, dass sie charakte-
nur lediglich im Hinblick auf die gegenwärtige Ver
ristische Merkmale genug enthält, um für diesen be
teilung, und macht auch auf den wesentlichen Unter
sonderen Zweck geprägt werden zu können . So rufen die Worte » Graben « , » Horst « u. s. w . eine ganze Reihe verschiedener Vorstellungen hervor, es hat sich aber gezeigt, dass sie im Zusammenhange einer
schied in den Werkzeugen aufmerksam . Er bildet deshalb die Namen » Hack -Ackerbau « und » Plug
Ackerbau « , ohne jedoch nun weiterzugehen . Der Verfasser unserer Aufsätze wird es jedenfalls mit
geologischen Auseinandersetzung, einmal durch Defi- Freude begrüssen, mit dem ausgezeichneten Forscher nition bestimmt, vortreffliche, nicht missverständliche Dienste thun .
in dieser Weise zusammenzutreffen ; an einer voll kommenen Selbständigkeit Hahns kann aber nicht
Was ist denn nun das eigentlich charakteri- gezweifelt werden , da Schreiber dieser Zeilen die stische an der zu benennenden Kulturform ? Doch,, betreffenden Anschauungen von ihm bereits an
wie mir scheint, dies , dass in rohester Weise | fang vorigen Sommers, also lange vor Erscheinen ein Stück Land aufgelockert wird , damit ein paar
von Ratzels Buche, durch einen mündlichen Vor
Knollen oder Wurzeln hineingesteckt werden können, trag in einer wissenschaftlichen Vereinigung, ge die dann ohne weitere Pflege aufwachsen und Frucht
hört hat.
geben. In der Regel wird ein Fleck herrenlosen Bodens, etwa durch Niederbrennen eines Stück Ur
waldes , dazu gewählt und dann , wenn der An wohner gerade in der Gegend bleibt, noch ein paar mal wieder benutzt bis zur Erschöpfung. Es fehlt
Geographische Mitteilungen .
also vor allem die rationelle , zu einer Kunst ent
(Zoogeographisches aus Sumatra.) In dem
wickelte Bestellung des Bodens, wie sie für die an-
Aufsatze des Herrn Zondervan in Nr. 1 und 2 des
deren
mit dem Pfluge bestelltes Land matšox.hr mit
gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift war auch davon die Rede gewesen , dass ein deutscher Zoologe,
unserem Wort » Acker « , ein nach Art der chinesi-
der Professor an der » freien « Amsterdamer Universität
schen Gemüsekultur bestelltes »Garten« benannt wird ,
Max Weber , zu Fachstudien eine Reise nach Insulinde unternommen habe. Einige Daten über diese Expedition hat derselbe unlängst in einem vor der Niederländischen Gelehrten Gesellschaft gehaltenen Vortrage mitgeteilt.
Bodenkulturen
bezeichnend ist .
Dass
ein
damit kann man gewiss einverstanden sein. jene primitive Art des Landbaues haben wir kein vorhandenes Wort . Nun wohl, rufen wir die viel gerühmte bildende Kraft unserer Sprache an und schaffen uns eines ! In der Regel handelt es sich um Bestellung jungfräulichen Bodens; ich würde daher gerne die einfachen Ausdrücke » Urland “ und
Für
»Urlandbau « vorschlagen , in denen zugleich die Ursprünglichkeit dieser Bodenbauform angedeutet wird . Da man aber daran Anstoss nehmen kann, dass doch bisweilen dasselbe Land mehrmals ange baut wird , so dürfte man besser Rohland und
In Sumátra entdeckte er einen Süsswasserfisch , der
einem
schon 1862 von Hertogs erkannten Parasiten
als Wirt dienen muss ; stets kommen ein männlicher und ein weiblicher Parasit zusammen in den Hautfalten
dieses Fisches vor , und zwar hat das Weibchen eine raschere Entwickelung. Weiterhin besprach der Redner das Vorkommen mariner Tierformen in Binnenseen . Er erinnerte daran , dass schon 1862 die schwedische Akademie der Wissenschaften das Vorkommen von Ostsee - Krustaceen
im
Wener - und Wetternsee zum
Der Name » Rohland
Gegenstande der Diskussion gemacht hat, und dass man
bau « scheint mir durchaus die erforderlichen Eigen
seien Reliktenseen , welche noch in posttertiärer Zeit mit den offenen Meere in Verbindung standen. Auch
»Rohlandbau« einführen .
schaften zu besitzen ; er bezeichnet einmal das be
damals die Behauptung aufstellte, jene Wasserbecken
baute Land, wie die übrigen Termini, er drückt ferner den Charakter desselben aus, denn in rohem Zustande bleibt der Boden , mit den anderen ver-
den Baikal- und Titicacasee habe man auf Grund bio logischen Befundes zu Meeresexklaven machen wollen,
glichen , doch immer ; er erinnert endlich obenein
Reaktion erhoben und es sei darauf aufmerksam
an die unvollkommene Art und Weise der Bestel-
macht worden , dass und wie jene Krebstiere aus dem Meere in die Seen gelangt sein könnten. Auch Webers Resultate fallen gegen die Annahme zahlreicher Relikten
lung und schliesst so zugleich den vom Verfasser vornehmlich beabsichtigten Sinn seines Wortes
» Hackbau « ein . Der Gefahr , dass der Ausdruck » Rohland« mit „ Urland« verwechselt wird , beugt
und da habe sich dann von geologischer Seite eine ge
seen und gegen Schmardas Lehre von der Einheitlich
keit derWeber Süsswasserfauna auf der ganzen Erde zuinsdenen Ge Formen, fand in Hinterindien wicht.
die Definition vor, die ihn eben für die betreffende
in Europa jedes Analogon fehlt , und die Zerteilung in
Wirtschaftsform stempelt ; die Erinnerung an das
Arten stellte sich als eine in manchen Fällen von den europäischen Verhältnissen grundverschiedene heraus.
Urland kann aber gar nichts schaden .
1
Litteratur.
So kennt unser Erdteil von den zu den Krustern ge hörigen Dekapoden nur 4 , Niederländisch - Indien da gegen 69 Arten, welche sich zu 19 Gattungen zusammen fassen lassen ; 33 von diesen 69 Arten kommen auch in Salz- und Brackwasser vor . Obwohl also Weber
159
als Wasserscheide der Raab. S. 60 werden die von der Sektion
» Austria « des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins aus geführten » Wegverbesserungen des Dachsteinanstieges von der
Ramsau (Austriahiitte )« dem Steirischen Gebirgsvereine zuge. schrieben. S. 108 und S. 113
also zweimal
erfahren wir,
dass die niederen Tauern mit dem Hochgolling beginnen , also
z . B. in dem 362 m über dem Meeresspiegel gelegenen Singkawasee Isopoden -Gattungen auffand, wie sie auch im Meerbusen von Bengalen , sowie an den Korallen
riffen des Inselchens Singapore auftreten, fand er doch durch seine Forschungen das vielfach behauptete Vor handensein einer wirklichen Reliktenfauna in den Binnengewässern
bestätigt.
der hinterindischen Inselwelt nicht
( Nach Mitteilungen des Herrn Prell in
um etwa 45 km (d . i . um die Züge der Radstädter und einen
Teil der Schladminger Tauern) verkürzt werden . Der Ursprung der Mur ( 1926 m , am Fusse der Brunnwand ) ist bei Krauss » am Marchkarek 2680 ma . Durch welchen Teil Salzburgs die Mur anfänglich fliesst , ist Krauss unbekannt : S. 121 » Sie durchfliesst zuerst den Schmalzgraben, dann das Lungaua. S. 112 erklärt Krauss , dass er der Einteilung Sonklars , nach welcher ein ausgedehntes Kalkalpengebiet zu den Centralalpen gezählt
wird , gefolgt sei ; dies hindert ihn nicht S. 108 zu erklären : » Centralalpen oder Urgebirge « . Krauss scheint nie im steiri schen Urgebirge einen Spaziergang unternommen zu haben, denn S. 108 sagt er : » Nur in den höchsten Erhebungen über 2000 m durchbricht nacktes Urgestein den Rasenteppich «. Krauss hat
Amsterdam .)
sich auch nie die Mühe genommen , eine Karte oder eine der
Litteratur.
vielen Abbildungen der Dachsteingruppe, besonders der sogen . bis nahe 3000 m aufsteigenden Südwand anzusehen , denn S. 109
Die eherne Mark .
Eine Wanderung durch das steirische
Oberland von Ferdinand Krauss.
Mit über 100 Abbil
dungen von F. Gerasch , Ernestine von Kirchsberg, Karl O’Lynch , Ernst Payer und Georg Weineiss, so wie aus der » Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie in Wort und Bild « , den » Mitteilungen « der k. k. Centralkommission
nennt er als » die markantesten Spitzen des Aussenrandes der Hoch fläche die Scheichenspitze 2662 m und den Rettenstein 2245 m « , wovon letztere freie zahme Kuppe über 2 km vom Aussenrand entfernt ist .
S. 110 wird der Stoderzinken , 2047 m , als dic
höchste Erhebung des Kammergebirges (statt Kammspitze 2141 , welche wenige Zeilen später angeführt ist) bezeichnet. Unrichtig
für Kunst und historische Denkmäler und dem » Kirchen
ist die Ausdehnung des Toten Gebirges, falsch dessen Charakter
schmuck « . Erster Band . Mit zwei Karten von Alfons Egle, k . k . Hauptmann. Graz 1892. Druck und Verlag » Leykam « .
angegeben . Der Hauptkamm der Tauern berührt mit dem Mereck
XVI u . 479 S.
Gr. 8 .
Die Reklame, welche für den vorliegenden ersten Band des auf zwei Bände berechneten Kraussschen Werkes über Obersteier von einem Teile der steirischen Tagespresse, ja sogar
in den Mitteilungen des » Deutschen und Oesterreichischen Alpen vereins « gemacht wurde, ist die Veranlassung zur nachfolgenden Besprechung in dieser Zeitschrift. Denn dieses Buch vereinigt in wirklich seltsamer Weise Unkenntnis der einfachsten geo
graphischen Begriffe und der Topographie von Steiermark mit einer unglaublichen Flüchtigkeit der Ausarbeitung, welch letztere Eigenschaft die zahlreichen Widersprüche — oft in wenigen Zeilen beweisen .
Die Benutzung einer nicht unbedeutenden Anzahl (und gerade der besten) von Illustrationen aus dem Bande Steier. inark des Volksbuches » Oesterreichisch -Ungarische Monarchie in Wort und Bilde hinderte Krauss nicht , zu erklären , dass wir
die steirische Grenze (und nicht mit der Kalkspitze). S. 115 » der tief eingeschnittene Sattel von Wald « und S. 121 » beim flachen Sattel von Walda. S. 117 wird der Königstuhl, 2331 m , als höchster Punkt des südlichen Zuges der Centralalpen be zeichnet , und später Eisenhut , 2441 m , als Berg derselben Gruppe
angeführt.
Der Sattel S.
118 ist bei Station St.
Lambrecht
(Schauerfeld ) und nicht bei Neumarkt. S. 121 der Liesingbach entspringt im Tauernzug und nicht » beim flachen Sattel von Wald « . Von den Zuflüssen der Mur fehlt der Mixnitzbach , von den Flüssen Obersteiermarks einer der grössten , die Feistritz.
Der Zwerfenberger -See liegt in Salzburg (und nicht in Steier mark ). Der untere Giglachsee liegt östlich vom Kamp (und nicht Kalkspitze ). Die Seen des Sölkergebietes liegen bei Krauss zum Teil in den Tauern und zum Teil im südlichen Zuge der Centralalpen . Man miisste fast die ganze geographische Uebersicht ab . schreiben , wollte man alle Fehler berichtigen ; Fehler, die der
» absolut kein für die breitere Masse des Volkes berechnetes hand
flüchtigste Baedekerreisende, ja sogar bei vollkommener Unkenntnis
liches Buch besitzen « . Um diese Lückeauszufüllen , stellt sich Krauss
des Landes , beim Vergleich mit einer Uebersichtskarte vermie .
die Aufgabe, ein Werk zu schaffen , das nicht nur die Gebirgs
den hätte.
verhältnisse des Landes, sondern auch dessen Kultur und Geschichte
Die beiden Routen I und II von S. 127 bis zum Schluss
Krauss' Forschungen für Obersteier erläutert werden. Krauss sandte an die Schulleitungen, Vereine u . s. w. Fragebogen und
bilden nur einen Fremdenführer. Die Angabe der Vereine in den kleinsten Nestern, der Preise der Zimmer in der Form von Jauter Daten , die 60 kr. bis 1.50 A. , Markierungen u. s . w.
ausserdem einen bei Leykam « gedruckten Brief mit dem Pro .
häufig während des Druckes bereits veralten
spekt und (um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden)
Gegenstand eines Volksbuches ; als Reisebuch aber ist der vor liegende, gebunden über ein Kilo wiegende Band, der fast allein
behandeln soll .
Zunächst möge den Lesern die Methode von
dem Ansuchen um eine Subvention zur Abfassung und Heraus
sind sicher nicht
gabe seines Werkes .
schon den Rucksack des Touristen füllt , wo Unwesentliches breit
Der erste Band enthält eine Einleitung von 126 S. und clie beiden Reiserouten I. Wien -Semmering-Bruck -Graz, II . Bruck
behandelt ist , Wichtigstes oft kaum erwähnt wird , die Quellen meist fehlerhaft benützt sind , ganz unbrauchbar. Nur einige Be lege mögen für die Richtigkeit dieser Beurteilung angeführt
Leoben -Hieflau
also den östlichen Teil von Obersteier.
Die in der Einleitung gegebene Geographie von Obersteier ist geeignet, auswärts die Vermutung zu erregen , dass den Ein heimischen die Steiermark zu ebenso unbekannten Gebieten ge höre, wie etwa Inner- Asien oder Central-Afrika. Es mögen nur
werden .
S. 220 und 221 schreibt Krauss die Namen des be
kannten J aussnerschen Panoramas vom Rennfeld al) mit fol
genden Ausschmückungen: » ... in der Horizontlinie anschliessen nun steigt die Horizontlinie in ruhigen Konturen hinan ...
folgende Stellen angeführt werden : S. I wird Obersteiermark im
es verflacht sich hierauf die Horizontlinie ...«
Osten durch die Wasserscheide der Raab begrenzt, erläuternd wird » somit der Höhenkamm der östlichen Thallehne des Mürz
dem Wechsel stehenden Teufelstein sagt Krauss, » dessen (des Wechsel) Kulmination den Teufelstein verbirgt « . Aus dem vom Rennfeld nur durch das Breitenauer Thal getrennten, 13 km ent
thales beigefügt . Neu ist sicher die Wasserscheide eines Flusses; selbst bei allen möglichen Erweiterungsversuchen des Begriffes Wasserscheide wird man leichter den Kaukasus als
Kopaonik und dessen Verzweigungen ausgearbeitet .
Grunde durch das Herabnehmen der Rinde zum
Aus der Tara wird dasselbe dann in Flössen auf
Decken der Sennhütten .
der Drina , Save und Donau weiterbefördert, bis
wo die Natur selbst für die Wiederbebauung- und
Und endlich auch dort,,
Gradischte herab, und vom Fusse des Kopaonik in Bewaldung der kahlgeschlagenen Gegenden zu sor den Thälern der Morawa und Rasina nach allen gen bestrebt ist , wird ihr dies unmöglich gemacht
Städten an der Goliska wie an der Binatschka
durch das willkürliche Austreiben und Loslassen
Morawa.
der Herden , welche allenthalben eine Verjüngung des Waldes hintanhalten , indem sie das eben erst
Nach dem einschlägigen Gesetze, betreffend die
Wald- und Forstwirtschaft, zerfällt der Wald in Aufgesprosste ausreissen oder daran das Laub ab Rücksicht auf seinen Besitz und Betrieb in drei von
fressen , nachdem es eben ein wenig erstarkt. Alle
einander sehr verschiedene Kategorien : der grösste Teil der Wälder fällt unter die erste Kategorie,
diese Umstände sprechen ziemlich deutlich dafür, dass da, wo derartig gewirtschaftet wird, keine Rede
die das Eigentum der Nation ist. Hier hat nach dem erwähnten Gesetze jedermann das unablösbare
sein kann von einem Schutze, einer Pflege und Hebung des Waldes in der Weise, wie es dieser so
Recht unbeschränkter und unentgeltlicher Nutz- wichtige Teil des Volkswohlstandes verdient. Die niessung (ohne jedwede besondere Erlaubnis), soweit nachteiligen Wirkungen einer derartigen Bewirtschaf dieselbe sich bloss auf den häuslichen Bedarf und
auf Brennholz und nicht auf Spekulation und Bauholz erstreckt ; im letzteren Falle ist nämlich eine
Ermächtigung seitens der Obrigkeit nötig und eine Taxe von etwa 7 Mark für den Eichenstamm und
tung machen sich fühlbar genug geltend in der all mählichen Entwaldung des Landes und deren schäd lichem Einfluss auf die allgemeine Landeskultur und die klimatischen Verhältnisse, insbesondere in dem Austrocknen der kleineren Gewässer und dem
eine solche von 3,50 Mark für die Rotbuche zu entrichten. Bei einem Schadenfeuer dagegen darf
starken Anschwellen der Gebirgsbäche u . s. w.
dieses so weit ausgedehnte Recht des Individuums
des Landes verständig auszunutzen , anstatt dem
In die serbische Forstwirtschaft hat sich schon der Beschädigte das zum Neubau erforderliche Holz seit langem ein höchst fehlerhaftes Prinzip einge im Walde unentgeltlich schlagen. Indes kommt schlichen. schlichen. Anstatt nämlich dieses grosse Kapital
fast ausschliesslich den Bewohnern der anliegenden
selben den grösstmöglichen Aufwand zu eröffnen ,
Ortschaften zu gute. Die zweite Kategorie von Waldungen gehört dem Staate , der sie gegen
kurz anstatt dieses mächtige Kapital in möglichst kurzer, durch die Waldkulturlehre vorgeschriebener Zeit umzudrehen , hat hier das Sparsamkeitssystem die Oberhand behalten : es soll möglichst wenig
einen nach der Qualität des Holzes und der Grösse des Areals sich bemessenden Pachtzins an Private
überlässt. Die dritte Kategorie endlich ist im Besitze
geschlagen werden, das war bislang die Devise der
von einzelnen Personen , Klöstern oder Ge-
serbischen Forstleute . Auf Grund dieses Prinzips
meinden , welche ihre Waldungen um so mehr nach
ist auch die Holzausfuhr aus Serbien
durch
Belieben bewirtschaften oder bewirtschaften lassen
schiedene Formalitäten , und dann im
besonderen
ver
konnten, als es auch der Staat selbst in seinen eigenen auch durch unverhältnismässig hohe Zollgebühren Forsten an der nötigen Beaufsichtigung fehlen liess und
erschwert.
Indessen hat es eine Sparsamkeit in
seine Organe thun konnten , was sie wollten . Auf diesem Sinne in Wirklichkeit nie gegeben, weil die diese Weise sind die Wälder schonungslos nieder- jenigen, welche ein Waldeigentumsrecht in die Hand gehauen worden und niemand hat sich darum bekümmert oder Rechenschaft darüber gegeben , was zuletzt aus denselben werden würde.
Der Hieb in
den Bergen ist gleichbedeutend geworden mit Plün
derung und Verwüstung (Kahlschlag), – eine That sache, die auch ihren bezeichnenden Ausdruck er halten in dem so verkehrten Prinzip : » krtschewina tekowina« (Rodeland – erworbenes Land). Und was noch mehr ist , der Wald wird nicht bloss
durch das Roden , das unrationelle Reinigen , das >
bekommen haben "), die schönsten und zugänglichsten Wälder einfach vernichtet und nirgends Neuan 1) Im Jahre 1885 wurden beispielsweise 1983 Personen wegen unbefugten Waldabtriebes angeklagt ; davon wurden 848 verurteilt, 440 freigesprochen , während man nach den Berichten der Polizeibehörden , welche dem Ministerium der Volkswirt
schaft unterbreitet worden sind , von 679 Fällen nicht weiss, was und wie es damit gewesen ist ! Dies allein schon kann als hinlänglicher Beweis gelten für die Umsicht und Sorgfalt der serbischen Forstbeamten .
Geographische Mitteilungen.
191
solch
(Tuat.) Die Oase Tuat im Südosten von Ma
unrationellen Forstbetrieb hat man es heute in Ser-
rokko, ein wichtiges Bindeglied der Kette, durch welche Frankreich von Algerien aus das wichtige Timbuktu mit seiner Interessensphäre verbinden möchte, scheint gegen wärtig im Begriffe, das ohnehin nur lockere Verhältnis,
pflanzungen vorgenommen haben .
Durch
bien bereits soweit gebracht , dass in das wegen seiner Waldungen weithin berühmte Land nicht nur aus Krain und Steiermark auf der Save und Donau ,
sondern auch aus Oberungarn auf der Theiss und sogar aus Deutschland Bau- und Nutzholz einge führt wird ; auch Brennholz wird importiert und
in welchem dieses Ländchen bisher noch zu dem marok kanischen Sultan stand, vollständig zu lösen. Eigentlich werden unter dem
erwähnten Gesamtnamen die drei
Oasen Tidikelt , Gurara und Tuat im engeren Sinne)
zwar hauptsächlich aus Slavonien. Auf diese Weise begriffen. Den von Fez aus gemachten Versuchen, die Zügel etwas schärfer anzuziehen , trat die französische
ist für Serbien ein unermesslich grosses Kapital verloren gegangen , ohne dass es von demselben auch nur irgend welchen merklichen Nutzen ge-
Kolonialregierung energisch entgegen, indem sie zugleich
habt hätte. )
Kredit von der Landesvertretung erbat. Auch scheinen
» Unser Volk « , sagt der gelehrte Pantschitsch , » hat gewirtschaftet wie ein echter Verschwender,
die Emissäre des Sultans, durch welche er die Unge
treuen zu ihrer angeblichen Pflicht zurückzuführen ge
der unaufhörlich aus vollem Beutel niemals aber etwas hineinthuts.
dachte, einen sehr herben Empfang gefunden zu haben, schwerlich wohl ohne Mitwissen und Mitwirken der
herauszieht,
für stärkere Besetzung der algerischen Grenzposten einen
französischen Diplomatie. Dagegen sei , Oraner Kor Indes lässt sich nicht leugnen , dass trotz der mannigfachsten , lähmend auf den Aufschwung der Waldwirtschaft
wirkenden Umstände es den Be
mühungen der Regierung in der letzten Zeit doch wenigstens gelungen ist , durch Uebernahme eines grossen Teiles der best geschonten und nutzbringendsten Waldungen in ihren Schutz und ihre Verwal-
tung , durch Belohnungen und Zugeständnisse an
respondenznachrichten zufolge, die Hinneigung der Be
wohner Tuats za Frankreich eine ganz ausserordent liche. Man darf wohl vermuten , dass plötzlich die Aufrollung der » marokkanischen Frage « von dem Ende aus erfolgt, welches dem Hafen Tanger, auf den Eng land und Spanien hauptsächlich ihr Augenmerk richten ,
diametral entgegengesetzt ist , denn der Wunsch der
Franzosen , sich von Norden her dem ersehnten Nigir zu nähern , ist ein allzu lebhafter. (Revue de la Société
eifrige und intelligente Forstwirte , durch bestmög liche Berücksichtigung berechtigter Eigentümlich- | Géographique de Tours, IX. Année, Nr. 2.) ( Das mexikanische Wurfbrett.)
Ueber alt
keiten das allgemeine Interesse und den Sinn für Erhaltung des Waldes und einen rationellen Forst
mexikanische Wurfbretter, von denen einige reich ver
betrieb in der Bevölkerung einigermaassen zu fördern
zierte Exemplare auf uns gekommen sind, hatte E. Seler im 3. Bande des » Internat. Arch . f. Ethnographie « ge
und zu heben .
Geographische Mitteilungen . (Bates. ) Henry Walter Bates , der ausgezeichnete englische Naturforscher und Reisende, starb am
handelt. Noch etwa ein Jahrhundert nach der spani schen Eroberung war dieser zum Schleudern des Speeres bestimmte , auf alten aztekischen Bildern zum öfteren abgebildete Apparat noch im Gebrauche bei den In dianern Centralamerikas, aber seitdem schien er ganz der Vergessenheit anheimgefallen zu sein .
Auch war
derselbe nicht in allen Ländern, die dem Aztekenkaiser huldigten, gleichzeitig im Gebrauche, so liegt z . B. keine
16. Januar d . J. in London an der Influenza. Geboren am 2. Februar 1825 zu Leicester , gewann er früh ein grosses Interesse für Naturgeschichte, besonders Ento mologie , und begleitete im Jahre 1848 seinen Freund A. R. Wallace in die so wenig bekannten Gegenden des Amazonenstromes, wo er elf Jahre blieb, die Pflanzen
Nachricht von der jetzigen Provinz Michoacan vor, deren Bewohner vielmehr, wie glaubhaft bezeugt wird , sich lediglich des Bogens und der bekannten Nationalhieb
und Tierwelt studierte und für das Britische Museum
ein Eingeborener, als ihn der Reisende Bourke be
sammelte. Vier Jahre nach seiner Rückkehr veröffent
suchte, gerade bei der Jagd bediente. Aeusserlich stimmt
lichte er sein berühmtes Werk » The Naturalist on the
dasselbe, von Verzierungen abgesehen , mit uralten Wurf
River Amazonas « ( 1863 , 2 Bde .; 3. Aufl. 1873 ; deutsch
brettern überein , welche Stolpe und Strebel beschrie
1866), welches grosse Anerkennung, besonders auch von Seiten Darwins , fand. Bates schreibt man gewöhn
waffe aus Obsidian bedienten . Aus eben dieser Provinz
hat nun aber 0. T. Mason , Direktor des Völkermuseums
in Washington , ein Wurfbrett empfangen, dessen sich
lich die Entdeckung der Mimicry in der Tierwelt zu .
ben haben. Sehr bemerkt zu werden verdient, dass dieses mexikanische Wurfbrett erheblich von anderen Werkzeugen von gleicher Tendenz abweicht, wie sie
Seit 27 Jahren bekleidete er in der Londoner Geogra-
bei südamerikanischen Stämmen unter dem Aequator
phischen Gesellschaft die Stellung eines Secretärs und
und bei den Eskimos des hohen Nordens nachgewiesen
Herausgebers der » Proceedings « ; dieselbe erleidet durch
worden sind.
Seler hält dafür, dass die nämliche Er Orten der Erdoberfläche
seinen Tod einen schweren Verlust. Ausser dem ge - findung recht gut an distanten nannten Werke hat Bates noch eine grössere Reihe
gemacht werden konnte , und dass ein innerer Zusammen
anderer wertvoller Bücher und Aufsätze geliefert. (Mit- hang zwischen mexikanischen, peruanischen und Alaska teilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .) 1) Von dem so bedeutenden Kapital hat der Staat z. B.
im Jahre 1886 nur 30 000 Dinar (= Francs) Einkünfte gehabt.
Wurfbrettern unwahrscheinlich ist . (Globus, XI. Band. S. 97 ff.)
192
Litteratur.
Litteratur. Christoph Columbus. Von Sophus Ruge. Mit Columbus'
» dritten Gesetzes « beschenkt haben, wenn er ein so nüchterner,
leidenschaftsloser Denker gewesen wäre , wie sein Vorgänger
Bildnis und einer Karte . Dresden 1892. Verlag von L. Ehler mann . II. 163 S. 8º. Unter dem Titel » Führende Geister « gibt Anton Bettel. heim die Biographien bedeutender Männer heraus, und das hier vorliegende Bändchen ist das vierte in der ganzen Reihe. Die Aufgabe war dem berufensten Sachverständigen übertragen und ist von demselben in einer Weise gelöst worden , dass der doppelte Zweck , einerseits eine anregende Lektüre für weitere Kreise zu
Coppernicus
bieten und andererseits auch den Fachmann zu fesseln , als er
schrift « gewiss von jedermann mit Vergnügen gelesen wurden,
Ein Ausflug nach Spitzbergen . Von Leo Cremer , Bergreferendar. Mit wissenschaftlichen Beiträgen von Prof. Dr. Holzapfel, Dr. Karl Müller (Halle) , Dr. F. Pax , Dr. H. Potonié und Prof. Dr. W. Zopf. Mit i Porträt , 12 Abbildungen, 1 Tafel und i Karte . Berlin 1892. Ferd . Dümmlers Verlagsbuchhandlung. 80 S. 8º. Während diese Blätter in der Naturwissensch . Wochen
reicht gelten kann. Prof. Ruge ist mit der neuerdings ungeheuer
lag wohl kaum eine wirkliche Veranlassung zur Veranstaltung
angewachsenen Litteratur über den Entdecker auf das beste ver
einer Buchausgabe vor. Dazu war denn doch die Fahrt, welche der Verfasser mit vollem Rechte als einen » Ausflug « bezeichnet , zu wenig interessant. Herr Cremer weiss frisch und anmutig zu erzählen, allein die Reise , welche nicht ganz den 80. Parallel erreichte, verlief so ganz ohne Zwischenfälle, dass das Tagebuch
aut , wie das am Schlusse beigegebene Verzeichnis darthut , das nicht weniger als 55 Nummern aufweist , darunter allein 12 selb ständige Schriften aus der Feder des gelehrten Harrisse. So dürfen wir denn das hier Gebotene mit allem Rechte als die
Quintessenz dessen betrachten, was zur Zeit über die Entdeckungs fahrten des grossen Genuesers gesagt werden kann . Der Ver fasser orientiert uns in der Einleitung zunächst über den Stand
nur ein ziemlich gleichförmiges Gepräge erhalten konnte , und
Hälfte des 15. Jahrhunderts und gibt sodann Aufschluss über Herkunft und Geburtsort seines Helden . Viele italienische Städte machen Anspruch darauf, dessen Geburtsort zu sein , doch können
von wissenschaftlichen Ergebnissen lässt sich bei solch rascher Küstenfahrt auch kaum sprechen. Als Reisezwecke werden ge nannt » die Untersuchung der See- und Landverhältnisse Spitz bergens und Bären - Eilands in Bezug auf ihren Reichtum an Tieren für Fischfang und Jagd und gleichzeitig ein ein. gehenderes Studium der seit Jahrhunderten bekannten und im
nur Savona und Genua ernstlich in Betracht kommen , und zwar
Rufe grosser Ergiebigkeit stehenden Kohlenlagerstätten daselbst. «
sprechen die urkundlichen Belege entschieden für letztere Stadt.
der maritimen und geographischen Verhältnisse in der zweiten
1447 zu setzen. Der Verfasser bespricht dann den » Roman des
Am 26. Juli 1891. ging die » Amely « mit der Reisegesellschaft von Hamburg ab und am 25. August befand sie sich bereits wieder im Hafen von Hammerfest ! Konnte im Verlaufe der
Jugendlebens «, indem er zugleich die Gründe erörtert, aus welchen
drei Wochen, welche das Schiff im eigentlichen Polarmeere zu
damals überhaupt auf die Existenz eines Landes im fernen Westen
durchdringen , dass alle die Einwürfe, welche ihm die auf Ge heiss des Hofes niedergesetzte Kommission machte , ihn nicht aus dem Sattel zu heben vermochten . Sehr eingehend wird die erste Reise geschildert , welche zur Entdeckung von Guanahani
brachte , wirklich für die erwähnten Ziele etwas Nachhaltiges geleistet werden ? So beschränken sich denn auch die Angaben über die Kohlen der Bären -Insel auf 34 Zeilen . Den in touristi schen und naturwissenschaftlichen Dingen gründlich erfahrenen Mitgliedern der kleinen Expedition war, wie wir zu wissen glauben , die Art und Weise, wie Kapitän Bade seine Aufgabe auffasste, nicht durchweg sympathisch , und der Leser des Reiseberichtes wird sich des Gedankens nicht entschlagen können , dass mit den Mitteln , welche die Grossmut des bekannten Stuttgarter Kauf
führte ; bekanntlich ist man über die Identität dieses Eilandes
mannes zur Verfügung gestellt hatte , auf anderem Wege ein
Das Geburtsdatum ist in das Intervall 25. Mai 1446 bis 20. März
geschlossen wurde. Vag genug waren dieselben, aber Columbus konnte sich ausser auf sie auch auf das empfehlende Gutachten einer Autorität ersten Ranges , des Florentiner Mathematikers Paolo Toscanelli , stützen , und von diesem liess er sich so
noch nicht zu vollkommener Klarheit gelangt , doch sprechen die von Herrn Ruge kritisch gewürdigten Gründe am meisten für die heutige Watlings-Insel . Je ein weiteres Kapitel ist den Ergebnissen der ersten Fahrt , der bekannten Teilung der Erde zwischen Spanien und Portugal und einer Charakteristik des
höherer Gewinn für die geographische Wissenschaft zu erzielen gewesen wäre. Ohne Frage hat Herr Cremer mit grossem
Eifer gesammelt, allein im Fluge können solche Sammlungen nur auf gut Glück gemacht werden , und so darf man sich nicht
wundern , wenn der Bearbeiter der mitgebrachten Laubmoose,
Menschen Columbus gewidmet. Das Bild des Entdeckers ist der
Herr Dr. K. Müller, bemerkt, es finde sich darunter » nichts
Madrider Nationalbibliothek entnommen , und als Kartenskizze ist die Abbildung des Ozeanes nach dem Behaim schen Globus ge wählt , wobei die wahren Grenzlinien des festen und flüssigen Ele mentes mit schwachen Konturen gleichfalls eingezeichnet sind . Bei aller Anerkennung der grossen Treue und Vollständig keit , welche der Verfasser in allem Thatsächlichen bethätigt,
Bemerkenswertesa .
kann doch der Berichterstatter nicht von dem Buche scheiden , ohne seiner abweichenden Ansicht in einem wesentlichen Punkte Ausdruck zu verleihen. Den Charakter des Columbus und
Die Botaniker , welche über die gesammelten Stücke in besonderen Anhängen berichten , gehen jedoch teilweise über diese ihre nächste PAicht weit hinaus und liefern kleine Essays,
welche zusammen den wissenschaftlich wertvollen Teil der Vor lage ausmachen.
So gibt Herr Pax eine sehr lesenswerte , mit
ansprechenden geschichtlichen Rückblicken ausgestattete Ueber
aber darin hatte er doch wohl Recht , dass man einen solchen
sicht über Flora und Vegetation von Spitzbergen , und Herr Potonié benützt ein auf Bären-Eiland gefundenes, gut erhaltenes Exemplar von Knorria imbricata , um daran eine selbständige Analyse dieser Gattung, mit Rücksicht auf deren phytopaläonto logischen Charakter überhaupt , anzuknüpfen . Die Abbildungen der lebenden und der fossilen Pflanzen sind sehr gut ausgeführt ; das Routenkärtchen wäre besser in etwas grösserem Maasstabe angelegt worden , wofür dann die Karte von Spitzbergen selbst ohne Schaden in Wegfall kommen konnte. Die nach Photogrammen angefertigten landschaftlichen Skizzen lassen mehreremale etwas an Deutlichkeit zu wünschen übrig. Das Porträt ist dasjenige des nautischen Führers der
Mann nicht mit dem in vielen anderen Fällen ganz passenden
Expeditions, des Kapitäns Bade.
seine Stellung zur zeitgenössischen Wissenschaft beurteilt unser Historiker der Erdkunde entschieden allzu ungünstig. In Stück 18
des Jahrganges 1877 der Gött. Gel. Anzeigena polemisiert Wappaeus sehr scharf, unseres Erachtens zu scharf, gegen das Bild , welches Herr Ruge damals schon von der » Weltanschauung des Columbuse entworfen hat, und dessen Grundzüge sich auch in der gegenwärtigen Schrift wiederum erkennen lassen . Der Göt tinger Geograph hatte grosse Vorliebe für Columbus und ist auch mit Peschels Geschichtswerke strenge ins Gericht gegangen ,
>
S. Günther.
Maasstabe messen darf. Wäre Columbus ein echter und rechter
Gelehrter gewesen, hätte ihn nicht neben mancherlei – teilweise
nicht ganz verarbeitetem -- Wissen jene bekannte Hinneigung zum Mystischen und Abenteuerlichen erfüllt , so wäre er schwer lich das geworden , was ihn sein Schicksal werden liess. Wir möchten ihn in dieser Hinsicht neben Kepler stellen , und auch
dieser würde die Welt niemals mit der grossen Entdeckung seines
Berichtigungen. S. 145 , Z. 2 v. u . , lies Churg statt Schurz.
S. 150 , z . 13 V. u . 1
fehlt nach Mittlere jährliche Bewölkung ein Divisionszeichen . – S. 150, Z. 6 S. 170, Z. 3 , v . 0. lies J. A. statt C. A. v . o . , lies + I statt + 8 .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65 , Nr. 13.
Stuttgart, 26. März 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
In- und Auslandes und die Postämter.
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GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin) . S. 193 . - 2. Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften. Von J. J. Egli (Zürich ). S. 198. 3. Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer . -
Von P. Asmussen (Leck in Schleswig -Holstein ). S. 199 . 4. Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie. Von Emanuel Czuber (Wien). S. 202 . 5. Geographische Mitteilungen. (Denudation in der Wüste ; Neues Tiefenlot .) S. 206. 6. Litteratur. ( Wilken-Pleyte ; Fennia .) S. 207 .
schliessen musste und , wie ich an anderer Stelle Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin).
Vorbemerkung . Von den Briefen , welche der Begründer der
(»Biologische Zeitfragen« , Berlin , H. Paetel , 1889 , S. 262 und » Deutsche Rundschau« LXVII , 1891 ,
S. 389) berichtet habe , sich kurz vorher dem Stu
dium der Theologie zugewendet hatte. Nach der Heimkehr war freilich davon nicht mehr die Rede.
neuen Entwickelungslehre während seiner Erdum segelung 1) in den Jahren 1832 bis 1835 an seinen
In jedem Briefe spricht er die Sprache des Natur forschers, und zwar die des Entdeckers. Freund und Lehrer Henslow schrieb , sind erst Hinsichtlich der vorliegenden Auszüge muss ich wenige veröffentlicht worden . Sie haben aber alle zur Rechtfertigung ihrer fragmentarischen Form be ein historisches und biographisches Interesse. Dennmerken, dass sich an 43 verschiedenen Stellen durch man erfährt daraus, wie früh schon die Keime seiner lange Punktreihen angedeutete Lücken in dem mir späteren grundlegenden Arbeiten in Darwin sich von Darwin selbst im Jahre 1869 zugesendeten
regten. Daher haben die folgenden Auszüge, die
Privatexemplare finden . In der grossen Sammlung
ersten wissenschaftlichen Aeusserungen des grossen
der 1887 von seinem Sohne Francis Darwin
Genius, mehr Wert, als es, nach ihrer Formlosigkeit herausgegebenen Briefe ist nur der erste Brief (vom zu urteilen , scheinen könnte.
Die Briefe wurden im Dezember 1835 in wenigen Exemplaren als Manuskript gedruckt zur privaten
18. Mai 1832) abgedruckt, vom vierten (vom 11.April 1833) ein Teil und vom siebenten (vom März 1834) ein sehr kleiner Teil. Diese drei Stücke sind des
Verteilung an die Mitglieder einer wissenschaftlichen Gesellschaft in Cambridge, und zwar infolge des Interesses , welches einige der in ihnen enthaltenen geologischen Bemerkungen erregten . Diese waren
halb hier fortgeblieben . Uebrigens findet man dort nur wenige von den obigen Lücken ausgefüllt, ob
in einer Sitzung der Gesellschaft am 16. November 1835
briefe vollständig zu veröffentlichen.
vorgetragen worden .
Die vorliegenden Bruchstücke , von denen ein Teil in einer zu wenig verbreiteten kleinen Schrift
wohl es von mehr als bloss geschichtlichem und biographischem Wert wäre, gerade diese ersten Reise
So berichtet Prof. Henslow und fügt hinzu : »Die hier ausgesprochenen Ansichten dürfen nicht anders aufgefasst werden , denn als erste Gedanken , welche dem Reisenden sich bieten bezüglich dessen ,
wertet worden ist
was er sieht , ehe er Zeit gefunden, seine Notizen
Exemplar geliehen - machen den Wunsch rege, das
zusammenzufassen und seine Sammlungen mit der für wissenschaftliche Genauigkeit notwendigen Aufmerksamkeit zu untersuchen «.
Ausserdem ist zu bedenken , dass Darwin , der in dem jugendlichen Alter von noch nicht 23 Jahren die grosse Forschungsreise antrat, sich vorher nicht
über Charles Darwin und
sein
Verhältnis
zu
Deutschland von Ernst Krause ( 1885 ) bereits ver ich hatte dem Verfasser mein
Ganze kennen zu lernen. Denn der die wissenschaft
liche Thätigkeit und den Lebenslauf bestimmende mächtige Eindruck, welchen die grossartige Natur der Anden auf Darwin gemacht hat , spiegelt sich in den Fragmenten nicht so deutlich ab , wie in
anderen Aeusserungen. Und vom jungen Darwin gehörig vorbereitet hatte, da er sich schnell ent ist viel weniger als vom alten bekannt. 1) » Auslande vom 2. April 1870. Ausland 1892 , Nr . 13 .
*
25
Reisebriefe von Charles Darwin .
194
1. Montevideo, 15. August 1832 .
Meine Pflanzensammlung von den Abrolhos ist interessant, da sie, wie ich vermute, fast die ganze blühende Vegetation enthält. Ich machte eine enorme Sammlung von Spinnen zu Rio . Auch eine grosse Anzahl von kleinen Käfern in Pillenschachteln ; aber es ist für letztere nicht die beste Zeit im Jahre. Unter den niederen Tieren hat nichts mich so
sehr interessiert , wie der Fund von zwei Arten ele-
stätte gewidmet, aber es ist natürlich eine zu lange Geschichte für einen Brief.
1. Die Fusswurzelknochen und Mittelfussknochen , sehr vollkommen , einer Cavia. 2. Der Oberkiefer
und Kopf irgend eines sehr grossen Tieres mit vier viereckigen hohlen Backzähnen und stark nach vorn ausgedehntem Schädel. Ich dachte anfangs, er gehöre entweder dem Megalonyx oder dem Mega therium an .. Als Bestätigung fand ich in derselben Formation eine grosse Fläche der knöchernen poly
gant gefärbter Planarien (?), welche den trockenen gonalen Platten , welche » neuere Beobachtungen «
Wald bewohnen ! Die falsche Verwandtschaft, welche
sie mit Schnecken haben, ist das Ausserordentlichste der Art, was ich jemals gesehen habe. In derselben Gattung (oder richtiger Familie ) besitzen einige marine Arten eine so wunderbare Organisation, dass ich kaum meinen Augen trauen kann . Jedermann hat von den bunten Wasserstreifen
in den Aequatorialgegenden gehört. Einer, welchen
ich untersuchte, ist der Gegenwart von so kleinen
(welche sind es ?) als dem Megatherium zugehörig dargethan haben. Sowie ich sie sah, dachte ich , sie müssten einem enormen Armadillo zugehören , von
welcher Gattung lebende Arten hier so sehr 3. Der Unterkiefer irgend eines grossen Tieres , welches dem Backzahn zufolge, möchte ich annehmen , den Edentaten zugehört. zahlreich sind .
4. Grosse Backzähne, welche in mancher Beziehung irgend einer enormen Art eines Nagetieres zuzu
Oscillatorien zuzuschreiben, dass auf jedem Quadrat- gehören scheinen . 5. Auch einige kleinere Zähne, zoll Oberfläche wenigstens 100000 vorhanden ge- welche in dieselbe Ordnung gehören u. s. w. u. S. W. wesen sein müssen . Sie sind mit Seemuscheln vermengt, welche mit Ich könnte eine viel grössere Anzahl von Exem- existierenden Arten mir identisch zu sein plaren wirbelloser Tiere sammeln, wenn ich auf jedes scheinen , aber seit sie in ihren Betten deponiert einzelne weniger Zeit verwendete . Aber ich bin zu dem wurden, haben mehrere geologische Veränderungen Schlusse gekommen , dass zwei Tiere mit der Notie- in diesem Lande stattgefunden . rung ihrer ursprünglichen Farbe und Gestalt für Es gibt hier ein armseliges Exemplar eines
Naturforscher mehr Wert haben werden , als sechs, Vogels , welcher meinen unornithologischen Augen bei denen nur Datum und Ort angegeben ist.
In dieser gegenwärtigen Minute liegen wir in der Mündung des Flusses vor Anker : und ein gar sonderbarer Anblick bietet sich dar.
Alles steht in
eine glückliche Mischung von Lerche, Taube und Schnepfe zu sein scheint. Herr MacLeay selbst hätte nie an ein solch zusammengefügtes Geschöpf gedacht. Ich habe einige interessante Reptilien
ge
Flammen – der Himmel mit Blitzen – das Wasser sammelt, einen schönen Zweifüssler ( Bipes), eine sogar die Masten mit leuchtenden Teilchen und sind mit einer blauen Flamme zugespitzt . *
*
*
II . Montevideo, 24. November 1832 .
Wir kamen hier am 24. Oktober an , nach
neue Lanzenschlange ( Trigonocephalus), welche in ihren Gewohnheiten wundervoll die Klapperschlange mit der Viper verbindet, und eine Fülle von (so weit meine Kenntnis reicht) neuen Sauriern . In Betreff einer kleinen Kröte hoffe ich , dass sie neu
sein möge , damit sie »diabolicus« getauft werden kann. Milton muss auf dieses selbe Geschöpf an
unserer ersten Kreuzung an der Küste Patagoniens, spielen , wenn er sagt , »platt kauernd wie eine nördlich vom Rio Negro.
Ich hatte zu Gunsten der Frau Natur gehofft, dass kein solches Land, wie dieses letztere, existiere.
In trübseliger Wirklichkeit strichen wir 240 Meilen
Kröte « .
Unter den pelagischen Krebstieren einige neue und merkwürdige Gattungen. Unter den Zoophyten einige interessante Tiere. In betreff einer Rinden
die Küste entlang an Sandhügeln vorbei; ich wusste
koralle ( Flustra ) würde, wenn ich nicht das Exem
früher nie, wie abscheulich hässlich ein Sandhügel
plar hätte, um mich zu decken , niemand an seine
ist : das berühmte Land des Rio Plata ist m . E. nicht
höchst anomale Struktur glauben. Aber was Neu
viel besser ; ein enormer Brackwasserfluss von einer
heit angeht, so ist alles dieses nichts im Vergleich zu einer Familie von pelagischen Tieren, welche auf
unbegrenzten grünen Ebene umgeben, ist genug, um jeden Naturforscher seufzen zu machen. Doch habe ich es sehr glücklich mit fossilen Knochen getroffen . Ich habe Bruchstücke von wenig stens sechs verschiedenen Tieren . Ebenso viele davon
sind Zähne, welche, trotzdem sie zerbrochen und gerollt worden sind, doch, so vertraue ich , bestimmt
den ersten Blick wie Medusen erscheinen, in Wirk
lichkeit aber hoch organisiert sind. Ich habe sie wiederholt untersucht, und nach ihrer Struktur würde es sicherlich unmöglich sein , sie in irgend einer existierenden Ordnung unterzubringen. Vielleicht ist Salpa das nächstverwandte Tier, obwohl die
werden können . Ich habe die ganze Aufmerksam- Durchsichtigkeit des Körpers fast das einzige Merk keit, deren ich fähig bin , ihrer geologischen Fund-
mal ist, welches sie gemeinsam haben .
Reisebriefe von Charles Darwin ,
195
Wir sind eine Woche in Buenos-Ayres gewesen .
essant sein . Es ist nahe der Vereinigung der Mega
Es ist eine schöne, grosse Stadt , aber welch ein
therium- und der patagonischen Felsen. Nach dem ,
Land ! Alles ist Schmutz ; man kann nirgends hingehen, man kann nichts thun wegen Schmutz . In
was ich von letzteren in einer halben Stunde in der
S. Josephs- Bucht sah , würden sie einer ausgedehnten
der Stadt erhielt ich viel Information in betreff der Untersuchung wohl wert sein. Ueber der grossen Ufer des Urugu ay. Ich hörte von Kalksteinen mit Muscheln und Schichten von Muscheln nach jeder Richtung Ich kaufte Bruchstücke von einigen enormen
Knochen , welche , wie man mich versicherte, den einstigen Riesen zugehörten !! *
off
Austernschicht befindet sich eine von Kies , welche
Unebenheiten in ihrem Inneren ausfüllt; und über dieser ragt eine hoch aus dem Wasser hervor, welche aus so modernen Schaltieren besteht, dass sie ihre Farbe behalten haben und einen üblen Geruch ver
breiten , wenn sie verbrannt werden . Patagonien muss sich offenbar erst spät aus dem Wasser
*
erhoben haben . III .
* *
Am 11. April 1833 . An Bord auf der Fahrt von den Falklands-Inseln zum Rio Negro .)
V.
Der südliche Ozean ist beinahe so unfruchtbar
wie das Festland, welches er bespült .
Krebstiere
haben mir am meisten Arbeit gemacht.
Ich fand eine Zoën (Krabbenlarve) von höchst merkwürdiger Gestalt, da ihr Körper nur 1,6 der
Montevideo, 12. November 1833 .
Ich verliess den »Beagle« am Rio Negro und
ging zu Lande nach Buenos-Ayres. Es geht jetzt ein blutiger Vernichtungskrieg gegen die Indianer vor sich, wodurch ich in den Stand gesetzt wurde,
Länge der zwei Scheren hatte. Ich bin überzeugt ,
diesen Weg einzuschlagen . Aber im besten Falle
wegen der Struktur und aus anderen Gründen, dass
ist er hinreichend gefährlich und wird bis jetzt von
es ein junger Erichthus (Glaskrebs) ist. Ich muss noch eines Teiles des Baues eines Dekapoden erwähnen , er ist gar zu anomal: das letzte Beinpaar
Reisenden sehr selten benutzt. Es ist die wildeste, ödeste Ebene , welche man sich vorstellen kann,
ist klein und dorsal, aber anstatt in einer Klaue zu
ohne sesshafte Einwohner oder Viehherden . Es gibt militärische » Postas« in grossen Abständen, die mir dasReisen ermöglichten. Wir lebten viele Tage lang
endigen , wie alle anderen , hat es drei krumme, borstenförmige Anhängsel; diese sind fein gezähnelt und mit Saugnäpfen besetzt , ähnlich denen der Kephalopoden. Da das Tier pelagisch ist, so setzt es diese schöne Anordnung in den Stand, sich an leichten schwimmenden Gegenständen zu halten . Ich habe etwas in Betreff der Fortpflanzung jener zweifel-
des Rio Plata bekannt ist. Nach einer Woche Auf
haften Gruppe der Corallinen (Mooskorallen) heraus-
enthalt in Buenos-Ayres ging ich nach Santa Fé.
gefunden.
Der Weg war in geologischer Hinsicht merkwürdig. Ich fand grosse Gruppen von immensen Knochen ,
Nachdem wir Feuerland verlassen hatten, segelten wir nach den Falklands -Inseln .
von Hirschen und Straussen und mussten auf offenem Felde schlafen .
Ich hatte die Genugthuung, die Tierra de la Ventana zu besteigen , eine Bergkette, zwischen 3- und 4000 Fuss hoch, deren blosse Existenz kaum jenseits
Ich hatte hier das
aber sie waren so sehr weich , dass es unmöglich
grosse Glück, unter den am primitivsten aussehenden
war , sie fortzunehmen . Ich denke, nach einem Bruchstück eines der Zähne zu urteilen , gehörten
Felsen eine Schicht von Glimmer führendem Sand-
stein zu finden. Sie ist überreich an Terebratula sie zum Mastodon . In dem Rio Carcarana erhielt und ihren Untergattungen und Entrochiten ( Räder- | ich einen Zahn, welcher sogar meine Vermutungen steinen von fossilen Liliensternen ). Da dieser Ort in Verlegenheit setzt . Er sieht aus wie ein enormer
so sehr weit entfernt von Europa ist , denke ich,
Nagezahn. In Santa Fé war ich nicht wohl, schiffte
wird die Vergleichung dieser Eindrücke mit denen
mich daher ein und hatte eine schöne Segelfahrt
der ältesten , Versteinerungen führenden Schichten
von 300 Meilen jenen fürstlichen Fluss, den Paraná, hinab . Als ich nach Buenos-Ayres zurückkehrte,
Europas von hervorragendem Interesse sein . Natür lich sind es nur Modelle und Abgüsse; aber viele von ihnen sind sehr vollkommen . *
*
fand ich das Land durch Revolutionen in grösster Unruhe, was mir viel Ungemach verursachte. Schliess
lich konnte ich hinauskommen und gewann den »Beagle« wieder.
IV . Rio de la Plata , 18. Juli 1833 .
Der grösste Teil des Winters ist in diesem Flusse zu Meldonado verbracht worden .
Wir haben fast jede Vogelart aus der Umgebung
* *
VI. Ost-Falkland - Insel, März 1834 .
Ich bin durch Ihren Ausdruck » alle die Knochen
(Meldonado) erhalten, ungefähr 8o an Zahl und bei-
reinigen « in Besorgnis versetzt worden, da ich fürchte
nahe 20 Vierfüssler. In einigen Tagen gehen wir an
dass die gedruckten Ziffern verloren gehen.
den Rio Negro, um einige Uferstellen aufzunehmen .
Grund, weshalb mir viel daran liegt , es möge nicht
Der
Die geologische Beschaffenheit muss sehr inter- | geschehen , ist der, dass ein Teil in einer Kiesschicht,
Reisebriefe von Charles Darwin.
196
mit recenten Muscheln , andere aber in einem sehr verschiedenen Lager gefunden wurden. Nun fanden sich unter diesen letzteren Knochen eines Aguti, einer, wie ich glaube, Amerika eigentümlichen Tiergattung , und es wäre wichtig , zu beweisen, dass irgend eine (Art) derselben Gattung mit dem Megatherium zusammen lebte ; solche und viele andere
VII. Valparaiso, 24. Juli 1834 .
Nach der Abfahrt von den Falklands- Inseln be
gaben wir uns an den Rio Santa Cruz, folgten dem Flusse bis innerhalb 20 Meilen von den Kordilleren : un
glücklicherweise nötigte Mangel an Lebensmitteln uns umzukehren . Dieser Ausflug war für mich höchst
Fragen erfordern durchaus, dass die Etiketten sorg-
wichtig, da er einen Quer-Durchschnitt der grossen
fältig erhalten bleiben . Ich sammelte alle Pflanzen , welche an der Küste von Patagonien in Blüte standen , zu Port
patagonischen Formation bot. Ich vermute (eine genaue Untersuchung der Fossilien kann möglicher weise die Frage entscheiden ), dass die Hauptschicht
Desire und S. Julian, auch in den östlicheren Teilen
irgendwo um die Miocänperiode herum liegt (um
von Tierra del Fuego, wo das Klima und der land-
Herrn Lyells Ausdruck zu gebrauchen), nach dem, was ich von den gegenwärtigen Muscheln Patago niens gesehen habe. Die Schicht enthält enorme Massen von Lava. Diese ist von einigem Interesse, da sie eine ungefähre Annäherung an das Alter des vulkanischen Teiles der grossen Andeskette gibt.
wirtschaftliche Charakter von Feuerland und Pata-
gonien vereinigt sind.
Der Boden Patagoniens ist sehr trocken, kieselig und leicht. In der östlichen Tierra ist er kieselig, torfig und feucht. Seit der Abfahrt von Rio Plata
habe ich einige Gelegenheiten gehabt , die grosse, Lange vorher existierte die letztere als eine Reihevon südliche , patagonische Formation zu untersuchen. Ich habe eine ganze Menge Muscheln. Nach dem wenigen , was ich von dem Gegenstande weiss , zu urteilen , muss sie tertiär sein , denn einige von den
Schiefer- und Porphyrhügeln . Ich habe eine ziem liche Menge von Anzeichen gesammelt in betreff der verschiedenen Zeiten und Formen der Erhebungen
Muscheln (und Corallinen ) leben jetzt im Meere, andere, glaube ich , nicht. Diese Schichtung , welche hauptsächlich durch eine grosse Auster charakterisiert wird, ist bedeckt mit einem sehr merkwürdigen
Lyell nicht unwichtig sein . Ich hatte die Lesung
dieser Ebenen . Ich denke, dieselben werden Herrn
seines dritten Bandes bis nach meiner Rückkehr aufge
schoben. Sie werden sich leicht vorstellen, wieviel Vergnügen sie mir gewährte. Einige von seinen
Lager von Porphyrgeschieben, welche ich mehr als
Holzschnitten kamen so genau zur Verwirklichung,
700 Meilen weit verfolgt habe. Aber die merkwürdigste Thatsache ist die , dass die
dass ich nur auf dieselben zu verweisen habe, an statt ähnliche neue wiederum zu zeichnen .
ganze Ostküste des südlichen Teils von
Das Thal von Santa Cruz scheint mir ein sehr
Südamerika aus dem Meere sich erhoben
merkwürdiges zu sein ; zuerst verwirrte es mich voll
hat, innerhalb eines Zeitraumes, während dessen die
ständig. Ich glaube gute Gründe beibringen zu können für die Annahme, dass es einst eine nördliche Meer
Miesmuscheln nicht ihre blaue Farbe verloren haben.
Zu St. Julian fand ich einige sehr vollständige enge, wie die von Magelhaens, gewesen ist . Knochen eines grossen Tieres , ich vermute , eines
In Tierra del Fuego untersuchte ich einige
Die Knochen einer hinteren Extremität
Corallinen : ich habe eine Thatsache beobachtet,
sind sehr vollständig und fest. Dies ist interessant, da der Breitegrad zwischen 49 ° und so liegt und die Fundstätte von den grossen Pampas weit entfernt liegt , wo die Knochen des schmalzahnigen Mastodon so oft gefunden werden . Beiläufig hege
welche mich ganz stutzig machte. Es ist die, dass in der Gattung Sertularia (Becherpolypen , in ihrem eingeschränktesten Sinne wie bei Lamouroux ge nommen) und bei zwei Arten , welche ohne kom parative Ausdrücke ich als verschieden zu beschreiben sehr schwierig finden würde , die Polypen gänzlich und wesentlich in allen ihren wichtigsten und deut
Mastodon .
0
0
ich keinen Zweifel, dass dieses Mastodon und das
Megatherium auf den alten Ebenen Gefährten waren. Ueberbleibsel des Megatherium habe ich in einem Abstand von fast 600 Meilen von einander nord-
lichsten Teilen der Struktur von einander abweichen .
Ich habe bereits genug gesehen , um überzeugt zu
wärts und südwärts gefunden . In Tierra del Fuego
sein, dass die gegenwärtigen Familien der Corallinen ,
interessierte es mich , eine Ammonitenart in
wie sie von Lamarck , Cuvier u . s. w . aufge
dem
Schiefer nahe bei Port Famine zu entdecken (die,
stellt wurden, höchst künstlich sind. Es scheint mir,
glaube ich, auch Kapitän King fand ) ; und an der
dass sie sich in demselben Zustande befinden, in dem die Muscheln waren , als Linné sie dem Cuvier
Ostküste sind einige merkwürdige alluviale Ebenen, durch welche das Vorkommen gewisser Vierfüssler auf den Inseln durchaus verständlich gemacht werden kann . Es gibt einen Sandstein dort mit Ein-
zur Neuordnung hinterliess. Es ist höchst seltsam , ich kann nirgends in
meinen Büchern eine einzige Beschreibung des Po
drücken von Blättern, wie (von denen) der gemeinen lypen irgend einer Koralle finden ( ausgenommen Buche, auch jüngere Muscheln u. S. W. , und an der
Lobularia [ Alcyonium ] von Savigny ). Ich fand
Oberfläche des Tafellandes finden sich wie gewöhn-
eine merkwürdige, kleine , steinige Cellaria (eine
lich Miesmuscheln mit ihrer blauen Farbę u1 , s. w . *
券 *
neue Gattung) ; jede Zelle ist mit einer langen, ge zähnelten Borste versehen , welche verschiedener und
1
Reisebriefe von Charles Darwin .
schneller Bewegungen fähig ist. Diese Bewegung ist oft zuckend und kann durch Reizung hervorgerufen werden . Eine solche Thatsache steht, soviel ich sehen kann , ganz isoliert in der Geschichte der Zoophyten , abgesehen von der Flustra (Rinden-
197
des Schnees nicht erreicht werden können ). Südlich vom Rio Maypo untersuchte ich die tertiären Ebenen, welche teilweise schon Herr Gay beschrieben hat. Die fossilen Muscheln scheinen mir viel mehr von den recenten sich zu unterscheiden , als in der grossen
Es wäre merkwürdig,
koralle) mit dem geierkopfförmigen Organ. Sie weist
patagonischen Formation .
auf eine viel engere Verwandtschaft unter den Poly-
wenn man nachweisen könnte, dass eine eocäne und
pen hin , als Lamarck zuzugeben gewillt ist. Ich
miocäne Formation (recente sind überaus häufig)
vergesse , ob ich erwähnte, etwas von der Fort-
ebenso in Südamerika existiert, wie in Europa. Es
pflanzungsweise in jener höchst rätselhaften Familie
hat mich sehr interessiert, eine Ueberfülle von re
der Corallinen gesehen zu haben : ich bin ziemlich
centen Muscheln in einer Höhe von 1300 Fuss zu
davon überzeugt, dass, wenn es nicht Pflanzen sind,
finden; das Land ist in vielen Gegenden von Mu
es keine Zoophyten sind : der » Spross« einer Halimeda
scheln übersäet , aber diese stammen alle von der
(Fächelkoralle) enthält verschiedene vereinigte Glie- | Küste , so dass ich vermute ,, die 1300 Fuss der, welche bereit sind, ihre Hülle zu sprengen und Erhebung muss einer Reihe von kleinen Erhebungen an irgend eine Grundlage sich zu heften. Ich glaube, wie der vom Jahre 1822 zugeschrieben werden. dass bei den Zoophyten allgemein der Spross einen einzelnen Polypen liefert, welcher nachher oder zu gleicher Zeit mit seiner Zelle oder dem einzelnen Gliede wächst.
Mit diesem
sicheren Beweise für die recente An
wesenheit des Meeres über sämtlichen tiefer liegen den Teilen Chiles gewinnt der Umriss jeder Land schaft und die Form jedes Thales ein hohes Interesse.
Der „ Beagle « verliess die Magelhaensstrasse
Hat die Wirkung des fliessenden Wassers oder das
mitten im Winter und fand den Weg hinaus durch
Meer diese Schlucht gebildet ? war eine Frage, welche
einen wilden ,, unbesuchten Kanal; wohl konnte Sir
oft in meinen Gedanken auftauchte und gewöhnlich
N. J. Nasborough die westliche Küste » South
dadurch beantwortet wurde, dass ich ein Lager von
Desolation « nennen , weil es ein Land ist, so öde
recenten Muscheln im Grunde fand. Ich habe nicht
anzuschauen « . Wir wurden nach Chiloe durch ein
hinreichende Beweisgründe, aber ich glaube nicht,
sehr schlechtes Wetter getrieben .
dass mehr als ein kleiner Bruchteil der Höhen der
Ein Engländer gab mir drei Exemplare jenes sehr schönen lucanoiden Insekts , welches in den
Anden innerhalb der Tertiärperiode gebildet wor den ist . *
-*
philosophischen Verhandlungen von Cambridge be schrieben ist, zwei Männchen und ein Weibchen .
VIII .
Ich finde Chiloe aus Lava und recenten Ab
lagerungen zusammengesetzt. Die Laven sind merk-
Valparaiso, März 1835 .
Wir liegen jetzt in einer Windstille vor Val
würdig, da sie überreich an Pechstein oder vielmehr
paraiso, und ich will die Gelegenheit ergreifen, einige
daraus zusammengesetzt sind . Wir sind hier vorgestern angekommen ; die Aussicht auf die fernen Berge ist höchst erhaben und das Klima herrlich. Nach unserem langen Kreuzen in dem feuchten, trübseligen Klima des Südens eine klare , trockene Luft zu atmen , ehrlichen , warmen
Zeilen an Sie zu schreiben . Die Beendigung unserer Reise ist endlich beschlossen worden . Wir verlassen
Sonnenschein zu fühlen und guten , frischen Rinderbraten zu essen, erscheint als das summum bonum des menschlichen Lebens. Das Aussehen der Ge-
die Küste Amerikas zu Beginn des September und hoffen , England in demselben Monate des Jahres 1836 zu erreichen . Sie werden einen Bericht von dem entsetzlichen Erdbeben vom 20. Februar erhalten haben. Ich
wünschte , dass einige von den Geologen , welche die Erdbeben unserer Zeit für unbedeutend erachten ,
steine gefällt mir nicht halb so gut, wie das Fleisch, sehen könnten , in welcher Weise die festen Felsen sie enthalten zu viel von jenen etwas faden Ingre- zertrümmert worden sind . In der Stadt ist kein dienzien : Glimmer, Quarz und Feldspat. Bald nach unserer Ankunft hier unternahm ich
einen geologischen Ausflug und machte einen sehr angenehmen Gang am Fusse der Anden . Das ganze Land scheint aus Breccien zusammengesetzt zu sein
Haus bewohnbar.
Die Ruinen erinnern mich an
die Zeichnungen der verödeten Städte des Ostens. Wir waren zur Zeit in Valdivia und fühlten den
Stoss sehr heftig . Man hatte das Gefühl wie beim Schlittschuhlaufen auf sehr dünner Eisdecke , d. h .
( und, wie ich vermute, Schiefern ), welche durchweg Wellenbewegungen waren deutlich wahrzunehmen . modificiert und oft vollständig verändert worden sind durch die Wirkung des Feuers ; die Varietäten des so erzeugten Porphyrs sind unübersehbar, aber noch
nirgends bin ich Gesteinen begegnet , welche im
Die ganze Landschaft von Concepcion und Talcuana ist eines der interessantesten Schauspiele, welche wir, seit wir England verliessen , gehabt haben. Seit der Abfahrt von Valparaiso , während des
Fluss gewesen wären. Gänge von Grünstein sind Kreuzens, habe ich wenig gethan , ausser auf geo sehr zahlreich. Gegenwärtig ist die vulkanische logischen Gebiete. In den neuen , tertiären Schichten Thätigkeit vollständig auf die rein centralen Teile der Kordilleren eingeschränkt (welche jetzt wegen Ausland 1892 , No. 13 .
habe ich vier Verwerfungsstreifen untersucht, welche mich im kleinen Maasstabe an die berühmte Stelle 26
Eine Aufgabe der Geographischen Gesellschaften .
198
der Insel Wight erinnerten . An einem Fleck fanden
eine recht sachgemässe ansehen , insbesondere so
sich schöneBeispiele für drei verschiedene Erhebungsarten . In zwei Fällen denke ich zeigen zu können, dass der Abfall dem Vorhandensein eines Systems
lange , als der nächste Zweck der Gesellschaften, die Wirkung auf den eigenen Verband , allein maass gebend ist. Nun stehen aber die erdkundlichen
von parallelen Gängen zuzuschreiben ist, welche den unten liegenden Glimmerschiefer durchsetzen . Die
in Austausch mit anderen ähnlichen Gesellschaften,
ganze Küste von Chiloe bis zum äussersten Süden
als auch in Verkehr mit ihren korrespondierenden
der Halbinsel Tres Montes ist aus dem letzteren
und Ehrenmitgliedern. Es lässt sich fragen , ob,
Gestein zusammengesetzt. Es wird von zahlreichen
namentlich in letzterer Richtung , nicht eine neue
Vereine auch in auswärtigen Beziehungen , sowohl
Gängen durchbrochen , deren mineralogische Be- Aufgabe zu lösen wäre. schaffenheit sich als sehr merkwürdig herausstellen wird . Ich untersuchte eine grosse , quer durchgehende Granitkette, welche offenbar durch den überliegenden Schiefer emporgedrungen ist. Auf der
Es ist ja wahr, dass die produktiven Mitglieder der Geographischen Gesellschaften gerne die Objekte und Erscheinungen ihrer Umgebung, wir wollen sagen :
Halbinsel Tres Montes war ein alter vulkanischer
die Fragen einer erweiterten Heimatkunde, zum Thema ihrer Studien wählen und damit ebensowohl dem
Herd , welcher einem anderen im nördlichen Teile
engeren Kreise , als auch den auswärtigen Interes
von Chiloe entspricht. Es freute mich sehr , auf senten eine willkommene Gabe reichen . Auch die schalen u . S. w . zu finden als Bedeckung der Tertiärebene, auf welcher grosse Waldbäume wuchsen. Ich kann jetzt beweisen , dass beide Abhänge der Anden
Bücherschau trägt meistens, bald stärker, bald schwä cher ausgeprägt , den » lokalen « Charakter ; aber sie erstreckt ihren Blick auch über diesen engen Kreis hinaus, und da unterliegt es denn gewöhnlich dem
in dieser recenten Periode zu einer beträchtlichen
Zufall, welche Novitäten zur Besprechung gelangen .
Höhe emporgestiegen sind . Hier lagen die Muscheln 350 Fuss über dem Meer.
Der auswärtige Leser hat diese Litteratur gewöhnlich schon lange , bevor er das betreffende Heft erhält, kennen gelernt, und wenn er auch –- sachlich sorg
Chiloe eine mächtige Schicht von recenten Austern-
Auf zoologischem Gebiete habe ich nur sehr wenig gethan, abgesehen von einer grossen Samm-
fältige und gewissenhafte Recensionen vorausgesetzt
lung kleiner Zweiflügler und Hautflügler von Chiloe.
ein gewisses Interesse hat , das Urteil eines an
Ich fing an einem Tage Pselaphus (Keulenkäfer),
deren mit dem eigenen vergleichen zu können , so >
Anaspis (Stachelkäfer),Latridius (Plattkäfer), Leiodes lässt sich doch kaum behaupten , dass den zufällig (Knäuelkäfer )), Cercyon (Wasserkäfer) und Elmis aufgenommenen Besprechungen eine wesentliche Be (Teichkäfer) und zwei schöne, echte Laufkäfer; ich
deutung in der Publikation zukomme.
hätte mir fast vorstellen können , dass ich in Eng-
Mir will scheinen , dass – sei es an Stelle dieser
Eine neue und hübsche Gattung
Zufälligkeiten , sei es neben ihnen , als eine wohl
land sammelte .
einer Nacktkiemer-Molluske, welche nicht auf einer thätige Ergänzung eine neue Kategorie von Lit glatten Fläche kriechen kann und eine Gattung aus teraturberichten auftreten sollte. Es wäre zu wün der Familie der Balaniden (Seepocken), welche kein schen , dass in jedem geographischen Verein ein eigentliches Gehäuse hat , sondern in kleinen Höh - Mitglied die Aufgabe übernähme, die selbständig lungen in den Schalen einer Concholepas (Muschel- erschienenen oder in Sammelwerken , Zeitschriften,
patelle) lebt, sind fast die beiden einzigen Neuheiten . Zeitungen , Schulprogrammen u . s. ww .. zerstreuten (Schluss folgt.)
Arbeiten , welche für den Bereich der Gesellschaft
von geographischem Interesse sind, mit vollständigem Eine Aufgabe
Titel und Angabe des Verlags- oder Fundortes zu notieren und in systematischen Monats- oder Jahres übersichten zusammenzustellen . Diese Uebersichten
der Geographischen Gesellschaften . 1) Von J. J. Egli (Zürich).
würden dem arbeitenden Geographen von erheb lichem Werte sein. Sie würden ihm ermöglichen,
Studie , die er sonst nie erreichen würde, Für die Publikationsorgane der Geographischen manche kennen zu lernen und zu erwerben . Es wäre keines
Gesellschaften hat sich, soviel wir sehen , ein ziem-
lich gleichförmiger Kreis von Gegenständen heraus-
wegs notwendig , die aufgeführten Arbeiten zu be
gebildet. Diese Gegenstände umfassen wesentlich sprechen; die Hauptsache läge in derMöglichkeit, drei Richtungen : Vereinsangelegenheiten , Original- Vorhandenes zu entdecken , und für die einzelnen arbeiten und Recensionen .
Ohne Zweifel lässt sich diese Dreiteilung als
Arbeiten wäre mehr Aussicht, nutzbar zu werden , anstatt in einer Umgebung, die vielleicht keinen Ge brauch von ihr zu machen weiss, dem Todesschlafe
1) Der Anregung des Züricher Altmeisters gibt der Herausgeber um so lieber Raum , als er deren Berechtigung durchaus anerkennt. Die Geographische Gesellschaft Münchens gibt seit geraumer Zeit derartige landeskundliche Litteratur-Uebersichten aus der Feder des Herrn Dr. Chr. Gruber in ihren alle zwei
Jahre erscheinenden Berichten ,
anheimzufallen.
Man könnte die Uebersichten , die
hier zum Dasein erweckt werden möchten , als
»landeskundliche Jahresberichte« aus Sachsen , Thü ringen, Bayern u. s. w. bezeichnen . Wenn ein Onomatolog solche Uebersichten an
Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.
199
regt, so ist auf einem Felde, dessen Litteratur viel- | Untersuchung gezogen , namentlich den angeblichen leicht in höherem Grade zerstreut ist , als jede an- Monotheismus der nordamerikanischen Indianer. dere , der Wunsch gewiss zu begreifen. Allein es Seine Resultate werden wir uns im folgenden oft ist sicher , dass auch andere Richtungen des geo- aneignen müssen , werden aber nicht umhin können,
graphischen Wissens in ähnlicher Weise gefördert
auch anderweitiges Material und eigene Ansichten
würden . Ohne Zweifel sind jedem in den besseren Tagesblättern schon kleinere oder grössere Artikel aufgefallen, die ein besseres Los verdient hätten, als
unseren Lesern mitzuteilen .
vor dem Blick eines flüchtigen Leserkreises vorüber zu wandeln . Titel und Fundort sollten an geeig-
also des einzigen Gottes von den Indianern gebraucht werden. Sie lauten bei den verschiedenen Stämmen
neter Stelle aufbewahrt und so die Arbeit der Ver-
verschieden .
Zunächst gilt es, die Namen zu erklären , welche als Bezeichnungen des sogenannten grossen Geistes, Schon Lafiteau weiss und weiss
gessenheit entrissen sein . richtig, dass die Namen Oki und Manito von den Unsere Anregung , hervorgegangen aus den Indianern durchaus nicht immer als Bezeichnung eines Wechselfällen einer langen Erfahrung , schreibt sich und desselben Wesens gebraucht werden , wennschon keine grosse Tragweite zu; sie präsentiert sich be- sie Bezeichnungen für etwas Ungewöhnliches sind .
scheiden im Sinne eines Fragezeichens. Vielleicht
Champlain kommt der Sache näher, wenn er Oki
weckt sie da oder dort, wo etwa derselbe Gedanke als die Bezeichnung eines Menschen nimmt, der durch auch aufgetaucht ist , einen freundlichen Widerhall,
irgend etwas , z . B. durch Tapferkeit, durch Ge
oder es zeigt sich gar, dass dieser schon irgendwo
schicklichkeit über die anderen Menschen hinaus
verwirklicht ist.
ragt , und Manito ist überhaupt etwas Unbegreif So kann die Schlange mit dem Namen belegt werden , weil sie, ohne eigentliche Bewegungs organe zu besitzen , sich fortbewegt. Selbst die Bezeichnung Kitschi Manito ist Name für eine ganze Kategorie grosser Geister, niemals aber Eigen liches.
Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.
Von P. Asmussen (Leck in Schleswig-Holstein).
Das Märchen von der Abstammung der amerikanischen Urbevölkerung von den zehn in die assy-
name eines besonderen Wesens.
Die Grundbedeu
tung des bei den Dakotahs üblichen Wakau ist der
rische Gefangenschaft geführten Stämmen Israels war Begriff des Geheimnisvollen , Unbekannten . Ganz im Anfang unseres Jahrhunderts mehr als nur Motiv zu Solomo Spauldings Roman Gefundenes Manuskript« . Das durch eine sonderbare Verkettung der Umstände zur Mormonenbibel gewordene Buch kam vielmehr einer damals namentlich in
richtig bezeichnen sie anfangs einige europäische Maschinen so, deren Mechanismus ihnen unbegreif lich ist , während der Name zurücktritt , wenn sie
Amerika und dort namentlich in den Oststaaten
das Ding näher kennen lernen. So sind manche Namen , die früher als Bezeichnungen des oft ge nannten grossen Geistes eine Rolle spielten , im
der Union verbreiteten Ansicht entgegen, und ohne
Laufe der Zeiten als solche entlarvt worden , die
diese wäre das erste Erwachsen einer Mormonen-
durchaus profane Dinge andeuten . Zum Teile be zeichnet man allerdings so auch Wesen , denen man
gemeinde unter Not und hartem Drang undenkbar.
Heute darf diese Ansicht in wissenschaftlichen Krei- göttliche Verehrung zollt , niemals aber den allei sen für abgethan gelten , und nur sonderbare Schwär- | nigen Gott , als den man den grossen Geist doch mer bemühen sich noch , Beweismaterial für eine ver- anzusehen pflegt. Fragt man sich nun , woher es kommt, dass lorene Sache zu sammeln. Fragen wir uns, woher die Ansicht stammt und wie sie Anklang gefunden hat, die Europäer eine Art von Monotheismus bei den so ist sie zunächst aus dem sonderbaren Suchen nach
Indianern gefunden haben wollen , so liegt das am
einem Volksstamme zu erklären , der, soweit er nicht Phlegma der Indianer , die zu langen Auseinander durch Krieg und Revolution unterging, zum grössten setzungen nicht immer aufgelegt sind und deswegen Teil in seiner Heimat wohnen blieb , denn die gerne so antworten , wie sie glauben , dass man es reichlich 27000 Mann, die Salmanassar wegführte, am liebsten hört, ein Umstand, der auch in anderer gingen in der Bevölkerung auf , unter die sie ver- Beziehung den Weissen verderblich geworden ist, pflanzt wurden . Teils aber hat der angebliche wenn sie sich zu viel auf ihre indianischen Ge
Monotheismus und der Messiasglaube der nord-
währsmänner verliessen . So hat man mehr als ein
amerikanischen Indianer manchem zu dem Glauben
mal nach Tempeln gesucht, die nach der Sage der
verholfen , wir hätten hier Nachkommen der zehn
Indianer vorhanden sein sollten und die sich ge
Stämme vor uns.
meiniglich als ganz etwas anderes entpuppten. Das lässt sich nicht leugnen , dass die Indianer ein eige nes Talent dafür haben , zu erraten , was andere denken und wünschen . Ehrliche Indianer haben bei Annahme des Christentums eine ganze Reihe von Göttern abgeschworen , zum Staunen der Mis
>
Mit diesen Phantasien , als welche wir sie von vornherein anzuerkennen haben, wollen wir uns im
folgenden etwas näher befassen . Herr Garrick
Mallery hat mit Hilfe von Sprachgelehrten und Ethnographen in seiner Schrift » Israelite and Indiana (New-York 1890) diesen Gegenstand in nähere
sionare, die vom Vorhandensein des Monotheismus
Religiöse Vorstellungen der nor damerikanischen Indianer.
200
bei den Rothäuten überzeugt waren und nun vor einer Erscheinung standen , die sie nicht zu deuten
ihren Unterredungen mit den Rothäuten diesen
Leider haben sie in vielen Fällen nichts
anfangs manches von dem unverständlich gewesen sein, was der weisse Mann ihm vom grossen Geiste als angeblich bekannt sagte , aber sie haben sichs nicht merken lassen , wie das ja oftmals ihre
wussten .
davon laut werden lassen und als spontanen Aberglauben aufgenommen und als Glauben eines Individuums betrachtet , was Volksglaube war. Sonst wäre man wohl längst zur richtigen Einsicht hinsichtlich der religiösen Vorstellungen des roten Mannes gekommen . Auch muss in Betracht gezogen werden , dass die Missionare ihre Nachrichten jedenfalls von in
Glauben als bekannt voraussetzten .
Diesen
mag
Weise ist .
Merkwürdig wäre es ja auch , wie gerade die auf einer verhältnismässig tiefen Kulturstufe stehen den Jägervölker Nordamerikas einen Monotheismus sollen gehabt haben , während die viel höher stehen
religiöser Beziehung Fortgeschritteneren empfangen den Tolteken und Azteken zu einem solchen Glauben haben . Wer an seinem Glauben Genüge hatte, war
nicht leicht für eine Auseinandersetzung über religiöse Fragen zu haben. Der natürliche Stolz der
nicht gekommen sind, ja nicht einmal zu einer Ah nung von demselben. Es möge darum noch ein mal festgestellt werden , dass die heutigen Indianer
Rothaut empört sich gegen das Einblickenlassen
vom Monotheismus weit entfernt sind und auch
des verhassten Weissen in so intime Dinge.
Wer
aber mit seinem heidnischen Glauben
halb
und halb auf dem Kriegsfusse steht und für Aber-
früher nichts davon gewusst haben , dass aber einige an ihrem heimischen Glauben irre gewordene die ihnen von den Missionaren kundgegebene Idee eines
glauben ansieht , woran seine Stammesgenossen,
einigen Gottes aufgefasst und als etwas bei ihnen
vielleicht auch seine Familie noch festhält, der schämt
Bekanntes bezeichnet haben.
sich auch seines ehemaligen Glaubens. Der zum
ist dann die Meinung verbreitet worden , dass der
Uebertritt entschlossene Indianer fürchtet vom weissen
Monotheismus bei den Indianern zu Hause sei.
schon
Durch die Missionare
Missionar ausgelacht zu werden , wenn er über die
Einen , aber auch den einzigen Anklang von
Religion seiner Landsleute wahre Angaben macht,
Monotheismus hat man bei einigen Stämmen darin finden wollen , dass sie einem einzigen Wesen
und dichtet sich lieber ein religiöses System zusammen , das dem seines weissen Lehrers nicht allzuweit nachsteht.
die Schöpfung aller Dinge zuschreiben . Nun aber ist es fraglich , ob diese Idee eine ursprüngliche oder nur eine von den Weissen aufgenommene ist. That
Man mag nun einwenden , dass eine solche Harmonie im Eingehen auf den Glauben der Mis- sache aber ist , dass sie diesem Wesen keine Art sionare von seiten der Indianer schwer denkbar sei, von Verehrung entgegenbringen . Ja, es kann zweifel dass es, wenn die Indianer thatsächlich keine Spur haft erscheinen , ob sie dasselbe als noch existierend von Monotheismus haben, auch undenkbar sei , dass betrachten. Es will kaum scheinen , als ob sie das alle den Missionaren gegenüber einen solchen Glau- selbe noch von der Welt unterscheiden. Seitdem ben bekennen . Viel näher mag es auf den ersten es die Schöpfungsthat vollbracht, ist es vom Schau
Blick zu liegen scheinen, dass doch trotz des Poly - platze abgetreten und hat auf das Schicksal des von theismus die Vorherrschaft eines Gottes, des grossen
ihm Geschaffenen keinen Einfluss mehr. Wir möch
Geistes, geglaubt werde, und dass vielleicht eben dieser
ten an dieser Stelle die Frage offen lassen, ob nicht
etwa auch diese Idee europäischen Ursprungs sei . Solcher Anschauung den sei. aber steht der Um- Ziemlich sicher aber ist es, dass die christliche Re stand entgegen , dass bei der heute doch bedeuten- | ligion auf den Götterglauben der Indianer einen
Glauben im Laufe der Jahre etwas verdunkelt wor-
deren Kenntnis der indianischen Dialekte noch kein
Einfluss ausgeübt hat , wovon wir weiter unten
Wort gefunden worden ist , welches unserem » Gott«
noch werden zu reden haben .
entspricht. Das liegt nicht an der einst gefabelten heiligen Scheu der Indianer vor dem Aussprechen
sionare auf den Gedanken bringen können , dass es
Einiges Nachdenken hätte übrigens die Mis
des Namens Gottes - hatten doch die Juden, trotz-
mit dem
dem sie ihn nicht aussprechen durften, einen solchen
doch nicht weit her sein könne. Zu einem
Namen ( »Adonai« ) -, sondern eben daran, dass ihnen
geschrittenen Gottesglauben passt es schlecht, dass
der Begriff fehlt. Ein Gott, für den in der Sprache ein
man über das göttliche Wesen so widersprechende
>
gerühmten Monotheismus der Indianer so vor
Ausdruck fehlt , ist ein Unding und bei keiner Stufe
Angaben macht, was bei Vielgötterei und Verschie
religiöser Erkenntnis denkbar.
denheit der Götter leichter erklärlich ist. Ferner hat
Und in der That
ist ja ein Eingehen der verschiedenen Indianer ge-
man
rade auf den Gedanken des Monotheismus ziemlich
dauer nach dem Tode ziemlich naive Begriffe und fasst die letztere im günstigsten Falle als eine strenge Fortdauer des irdischen Daseins unter günstigeren Bedingungen auf . So wird bei manchen Stämmen ein gestorbenes Kind bedauert, weil es niemand hat, der für dasselbe sorgen kann . Der Jäger aber freut sich auf die reicheren Jagdgefilde im Jenseits,
leicht erklärbar , zumal da an diesem Punkte die Missionare die ersten Hebel anzusetzen pflegten und
noch pflegen . War aber erst einmal unter den Europäern die Meinung verbreitet, dass die Indianer an das Dasein eines einzigen Gottes glaubten , so ist nichts natürlicher, als dass die Missionare in
von der Seele des Menschen und ihrer Fort
Religiöse Vorstellungen der nordamerikanischen Indianer.
während die Frau sich tröstet, dass dort wenigstens ihre Arbeit eine weniger harte sein werde. Die übrigens nicht einmal bei allen Stämmen vorhan-
201
seines Stammes untergegangen sein wird. Ein Wun der ist es da nicht zu nennen, wenn er den weissen Mann glühend hasst und immer noch hofft, es
dene bilder- und tempellose Gottesverehrung dürfte
werde aus seinem Stamme einer aufstehen , um an
mehr einen Beleg für die Roheit als für die Tiefe der Gotteserkenntnis der Rothäute abgeben.
den Bleichgesichtern all das wirkliche und ver meintliche Unrecht zu rächen , welches sie ihm ange
Der Glaube, der religiöse Glaube der Indianer dürfte überhaupt mehr eine Art von Dämonen- und Ahnenverehrung sein , als Monotheismus, und es wäre angebracht, jetzt wo man mit dem roten Manne in seiner Sprache reden und auf seine Ideen
eingehen kann, über dergleichen Dinge zu sprechen,
than haben.
Ein Wunder ist es nicht , wenn er
den verschiedenen Messiassen Glauben geschenkt hat, die aus seinem Volke aufgestanden sind , wie noch
jüngst dem vielgenannten Sitting Bull. Aber die messianische Idee ist kaum eine ihm
eigentümliche, wenn auch die bei den amerikani
weniger vom Standpunkte des Missionars als von dem schen Kulturvölkern verbreitete Sage vom Fremd einesErforschers des Volksgeistes aus. Man würdeling aus Osten vielleicht für das Vorhandensein immer mehr erkennen , dass der Indianer sich noch
einer Art von Messiasglauben unter den amerika
in den Anfangsstadien religiöser Entwickelung be- nischen Ureinwohnern ins Treffen geführt werden findet . Aber freilich ist es für solche Erforschung | könnte. Natürlicher ist es , die Idee als eine von die höchste Zeit, weil ein Einfluss des Christentums Missionaren gebrachte und von den Indianern in
sich sonst weiter ausbreitet und die religiöse Eigenart der Indianer immer schwieriger erkennbar wird. Lediglich diesem Einflusse möchten wir die messianischen Ideen zuschreiben, die auch an ihrem Teile
dazu beigetragen haben , das Märchen von der israe-
ihre Vorstellungswelt übertragene anzusehen . Neben der Lehre von der Einheit des göttlichen Wesens pflegen die Missionare den Heiden in erster Linie von dem zu predigen , was Jesus als Messias für
die Menschheit gethan hat und thun wird , wenn
litischen Abstammung der Indianer in weite Kreise er wieder kommt. Die Lehre von dem Glücke im zu tragen. Die allgemeine Unzufriedenheit der Men - Jenseits und in der Zukunft , welches Jesus den schen mit ihrem derzeitigen Schicksale hat sie Sagen Gläubigen geben will, wurde von den an derartiges vom goldenen Zeitalter erfinden lassen . Man stellt nicht gewöhnten Indianern nur halb oder auch gar dieses entweder an den Anfang oder an das Ende nicht verstanden. Sie nahmen daraus , was sie der Dinge, oder aber man lässt den anfangs vor- brauchen konnten , nämlich die frohe Botschaft, dass
handen gewesenen glücklichen Zustand am Ende auch dem roten Manne einmal glückliche Tage be wiederkehren . Erhofft man die Herbeiführung der
schert sein sollten durch die persönliche Dazwischen
künftigen glücklichen Tage von einer Persönlich- kunft eines hochgemuten Helden , und fassten die keit, so ist die Idee des Messias vorhanden .
Dem-
nach kann es nicht befremden , wenn messianische >
messianische Hoffnung politisch, wie es auch die Juden gethan haben, weil für eine anders geartete in ihren
Erwartungen bei verschiedenen Völkern auftauchen , religiösen Vorstellungen gar kein Boden vorhanden vielleicht um später wieder einmal schlafen zu gehen . Auch bei den Israeliten finden wir ein mehrmaliges Aufflackern und Verlöschen der messianischen Hoff-
nungen. Am geeignetsten für das Aufkommen solcher Hoffnungen ist es, wenn ein Volk sich einem über-
legenen Feinde gegenüber weiss , wenn es nämlich
war .
Und weil nun einmal für die Rothäute kein
glückseliger Zustand denkbar ist , bevor sie an den verhassten Weissen Rache genommen haben, so ist es ganz erklärlich , dass das Rachenehmen an den Weissen die erste That ist , die sie von dem Mes
sias verlangen . Auf keinen Fall aber braucht man
nicht stark genug ist, sich des Feindes aus eigener die messianische Hoffnung als eine bei den India Kraft zu erwehren und nicht resigniert genug, um
nern einheimische Idee aufzufassen.
Leichter und
sich in das Schicksal des Untergehens widerstands- ganz ungezwungen macht sich die Annahme, sie los zu ergeben . Als Israel den Weltmächten des
haben die Idee von den Missionaren aufgenommen
erstenmale rettungslos preisgegeben
und in ihrem Sinne umgedeutet, wie ähnliches auch
war , tauchte hier die Hoffnung auf einen Messias zuerst auf, um wenige Menschenalter später nahezu vergessen zu werden , lebte dann aber zur Zeit des Antiochus Epiphanes wieder auf, um fortan mit um so grösserem Eifer festgehalten zu werden, als die politische Lage des jüdischen Staates ihr immer
anderswo vorkommt. So liegt also kein Grund vor, die Indianer in Nordamerika für ein religiös hochentwickeltes Volk zu halten. Ihre religiösen Forderungen und Vorstel lungen gehen in keiner Weise über das Maass dessen
weniger entsprach. Der rote Mann befindet sich namentlich im Gebiete der nordamerikanischen Union in einer ähn-
findet. Was man mehr hat finden wollen , beruht
lich verzweifelten Lage den Weissen gegenüber.
genommen haben , ohne dass sie diese völlig ver
Er sieht den Tag mit Riesenschritten nahen , da der letzte Büffel gejagt , das letzte Stück freien Jagd
arbeiten konnten.
Ostens
zum
grundes dem Bleichgesichte übergeben und der letzte
hinaus, was man bei anderen Naturvölkern auch entweder auf Irrtum oder darauf , dass einzelne ge wisse christliche Ideen von den Missionaren auf
Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie .
202
Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und
der Mathematischen Geographie . Von Emanuel Czuber (Wien).
die Bewegung in der Lotrichtung nach aussen (d . i . mit abnehmendem W ) um die Strecke dh, so ist jenes Verhältnis die Schwerkraft g selbst, so dass dW : dh = g und — dW = gdh ; erfolgt dagegen --
Das grosse wissenschaftliche Unternehmen , das, durch General v . Baeyers Denkschrift vom Jahre 1861 angeregt, allmählich von einer » Mitteleuropäi-
die Bewegung in einer zur Lotrichtung normalen Richtung, so wird jenes Verhältnis Null, also dW = 0, d . h . W ändert sich bei einer solchen Bewegung
schen Gradmessung« seine Ziele erweiternd zu einer
nicht.
» Internationalen Erdmessung« sich emporhob, hat
längs welcher das Potential sich nicht ändert, viel
nicht allein eine rege praktische Thätigkeit in den
mehr beständig denselben Wert W beibehält, schnei
Eine Fläche also , als Ort von Punkten P ,
beteiligten Staaten entfaltet; es musste notgedrungen det die Lotrichtungen aller ihrer Punkte recht auch eine eingehende Prüfung und Sichtung der theoretischen Grundlagen der Geodäsie herbeiführen,
winklig und wird Niveaufläche ) genannt.
deren Ergebnis zunächst darin bestand, dass gerade
durch jeden Punkt im Erdinnern geht eine Niveau
Durch jeden Punkt der Erdoberfläche und auch
die fundamentalen Begriffe und Anschauungen eine
fläche; über den allgemeinen Verlauf dieser Flächen
schärfere Bestimmung, beziehungsweise eine durchgreifende Aenderung erfuhren. So hat die Geodäsie
werden die vorhandenen Erfahrungen im Verein mit den obigen theoretischen Erwägungen einigen Aufschluss geben. Sind Wund W + dW die Potential werte längs zweier benachbarten Niveauflächen, be
unter der Aegide jenes Unternehmens , dank dem regen Meinungsaustausch der dazu berufenen Ge lehrten , eine tiefgehende Umgestaltung erlitten . Dies konnte nicht ohne Einfluss bleiben auf das so
wegt man die Masseneinheit aus den Punkten P
und P ; der ersten inneren) Fläche in den ent
nahe liegendeGebiet der Mathematischen Geographie; sprechenden handelt es sich dabei doch um Gegenstände, welche, wie die mathematische Figur der Erde und die damit zusammenhängenden Begriffe des wahren und scheinbaren Horizontes, der Lotrichtung, der Höhe u . s. w., für beide Wissenschaften von grundlegender Bedeutung sind . Die folgenden Zeilen haben nun den Zweck , einige dieser Begriffe im Zusammen-
Lotrichtungen bis in die zweite
(äussere) Fläche, bezeichnet die dabei zurückgelegten Wege mit dhi und dha , nennt die Schwerkraft in
Pi und Pz beziehungsweise gi und g2 , so folgt aus der Beziehung
dW = 81 dhi
-
82 dh2,
dass dhi : dha = gr2 : 81, dass also die in Pi und P : zurückgelegten Wege den dort herrschenden Schwerkräften umgekehrt proportioniert sind.
hange mit einer dermalen noch nicht abgeschlossenen
Herrschte also in allen Punkten einer jeden Niveau
Frage zu erörtern.
fläche dieselbe Schwerkraft, so wären jede zwei benachbarte Niveauflächen in der Richtung des Lotes überall gleich weit von einander entfernt, mit einem
I.
Die auf einen materiellen, mit der Masse Eins
begabten Punkt P von den einzelnen Massenteilchen Worte , die Niveauflächen wären parallel in dem der Erde nach dem Newtonschen Attraktionsgesetze Sinne, wie es koncentrische Kugelflächen sind. ausgeübten Anziehungen vereinigen sich mit der Hiergegen aber spricht die Erfahrung.. Wäre näm aus der Achsendrehung entspringenden Centrifugal lich die Erdoberfläche überall mit Wasser bedeckt , kraft zu einer Gesamtwirkung von bestimmter Rich tung , der Lotrichtung in P , und einer bestimmten Intensität ; man bezeichnet diese Gesamtwirkung als die in P herrschende Schwerkraft. Es gibt nun eine gewisse Funktion, nämlich einen von der relativen Lage des Punktes P gegen die Erde, >
so stellte die Oberfläche desselben im Zustande des
Gleichgewichtes eine Niveaufläche dar, weil Gleich gewicht nur bestehen kann, wenn in jedem Punkte der freien Oberfläche die dort herrschende Kraft
normal zu ihr wirkt. Eine Annäherung hieran bil den die Weltmeere , und die Pendelbeobachtungen
von der Massenverteilung und daher auch von der
haben gezeigt, dass die Schwerkraft längs der Ober fläche dieser Meere veränderlich ist und von den digkeit ihrer Achsendrehung abhängigen Ausdruck W , Polen gegen den Aequator beständig abnimmt. Der welcher alle bezüglich der Schwerkraft in P zu Hauptsache nach hat diese Aenderung ihren Grund stellenden Fragen beantwortet und das Potential in der Zunahme der Centrifugalkraft gegen den der Schwerkraft für diesen Punkt genannt wird. Aequator, welche der Attraktion entgegen wirkt, und Die wesentlichste Eigenschaft dieser Funktion W in der Abplattung , in ihrem Detail aber ist sie besteht in folgendem : Bewegt man sich von P in durch die Unregelmässigkeiten der Massenanordnung irgend einer Richtung um die sehr kleine Strecke des Erdkörpers bedingt. Bewegt man die Masseneinheit aus dem Punkte PP' = du nach P “, so erleidet W eine Aenderung dW , und das Verhältnis dieser Aenderung zu dem zurück- P der Niveaufläche W in der Richtung des Lotes gelegten Wege gibt die bei rechtwinkliger Zer- bis in die Niveaufläche W + dW , bezeichnet den Form der letzteren , sowie von der Winkelgeschwin -
-
legung in die Richtung PP' fallende Komponente der Schwerkraft, welche in dem Sinne von P nach
P oder in dem umgekehrten wirkt , je nachdem dW eine Zu- oder Abnahme bedeutet . Erfolgt also
1) Die Benennung ist von Clairaut der physikalischen Vorstellung der freien Oberfläche einer ruhenden Flüssigkeit entlehnt.
Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie.
zurückgelegten Weg mit dh und die Schwerkraft
203
II .
in P mit g, so ist dabei die mechanische Arbeit gdh
Die Niveauflächen bilden nun die Grundlage
geleistet worden , und da –- dW = gdh ist , so
für die moderne Definition der mathematischen Figur der Erde. Gäbe es eine unter ihnen , welche un
drückt die Niveau differenz dW zweier Niveau-
flächen die mechanische Arbeit aus , welche zweideutig von den anderen verschieden wäre , so die Hebung der Masseneinheit aus der einen Fläche
würde diese die obige Bezeichnung vorzugsweise
Je kleiner die Kraft 8,
verdienen . In Wirklichkeit ist dies, wie später noch erörtert werden soll , in voller Schärfe nicht der
in die andere erfordert.
desto grösser bei der nämlichen Arbeit wird der Weg dh . Dies stimmt mit den obigen Erwägungen überein , führt aber noch zu einem anderen Schlusse. Erfahrungsgemäss nimmt die Schwerkraft an demselben
Fall. Infolgedessen hat jede Niveaufläche, welche
in der Nähe der physischen Erdoberfläche verläuft, dasselbe Anrecht, als mathematische Figur der Erde
Orte mit wachsender Entfernung von der Erdoberfläche bezeichnet zu werden . Listing '), an die von ab, und aus theoretischen Gründen, die durch Ver-
Gauss und Bessel ?) gegebenen Definitionen an
suche einige Bestätigung erfahren haben, ergibt sich,
knüpfend, hat diejenige Niveaufläche, von welcher
dass sie beim Eindringen in die Erdrinde zunimmt bis zu einer Tiefe, welche etwa 15 des Erdhalbmessers beträgt, um von da an fortwährend abzunehmen . Auf Grund dieser Betrachtungen und eingehen-
die Oberfläche der mit einander zusammenhängen den Weltmeere unter gewissen idealen Voraus setzungen einen Teil bilden würde, als mathematische Figur der Erde bezeichnet und mit dem Namen
derer Untersuchungen kann über den allgemeinen
Geoid belegt. Bruns "), in präciserer Auffassung,
Verlauf der Niveauflächen etwa folgendes gesagt werden : Die Niveauflächen umschliessen einander
nennt » Geoid einer bestimmten geodätischen Ope ration « diejenige Niveaufläche, welche durch den scharf markierten und entsprechend festgelegten Nullpunkt dieser Operation hindurchgeht.
schalenförmig, sind nicht parallel, entfernen sich vielmehr von den Polen gegen den Aequator immer mehr von einander ; eine Schaar dynamisch-äquidistanter, d. h . solcher Niveauflächen , bei welchen die Hebung einer Masse aus der einen in die darauffolgende
Insofern die Niveauflächen durch äussere Ein
Aüsse sowohl , welchen die Erde unterworfen ist, wie auch durch Aenderungen in der Massenanord
immer dieselbe mechanische Arbeit erfordert, hat in
nung einem beständigen , wenn auch äusserst ge
der Tiefe von etwa 45 des Erdhalbmessers die dichLagerung nach beiden Seiten stetig ab ; die der
ringen Formenwechsel unterworfen sind , ist das , was wir uns unter der mathematischen Figur der Erde zu denken haben , keine starre unveränder
Erdoberfläche nahen Niveauflächen weichen in ihrer
liche Fläche .
Gestalt von einem schwach abgeplatteten Rotationsellipsoide sehr wenig ab . Um von der Grösse der Abweichung vom
ten Punkt P geht, bildet einen wahren Horizont
Parallelismus bei zwei
die Niveaufläche in P den scheinbaren Horizont
teste Lagerung , von da ab nimmt die Dichte der
der Erdoberfläche nahen
Die Niveaufläche, welche durch einen bestimm für diesen Punkt, während die Berührungsebene an
Niveauflächen eine Vorstellung zu gewinnen , be- darstellt, welchen der Geometer mit Hilfe der Libelle achte man, dass die Schwere am Pol zu jener unter
bei seinen Operationen bestimmt.
dem Aequator etwa im Verhältnis 196 : 195 steht; das umgekehrte Verhältnis haben die Abstände der
tung in P ist Tangente an die durch P gehende Kraftlinie; sie bestimmt das Zenit , welches von
Niveauflächen unter den gedachten Breiten .
dem Schnittpunkt der Kraftlinie mit dem Himmelsge
Hiermit ist der Verlauf der Niveauflächen nur
im grossen ganzen angedeutet, wie er von den oben angegebenen wesentlichen Ursachen der Variation
der Schwerkraft abhängt. Von den Unregelmässig-
Die Lotrich
wölbe um so mehr verschieden ist , je stärker diese
gekrümmt ist . III .
Einen wesentlichen Einfluss hatte diese Auf
keiten in der Massenverteilung des Erdkörpers rührenfassung auf die Höhenmessung. Der Begriff des Unregelmässigkeiten der Niveauflächen her, die sich
Höhenunterschiedes zweier Punkte der Erdoberfläche
als Verbiegungen , bald als Verflachungen , bald als
und der Vorgang des geometrischen Nivellierens,
Erhebungen darstellen , jedoch so , dass nach den
durch welchen der Höhenunterschied zweier weit
bisherigen Beobachtungen nirgends eine eigentlich
von einander entfernter Punkte mittels der gegen
wellenförmige Gestaltung eintritt. Eine Linie , welche so verläuft, dass sie alle Niveauflächen rechtwinklig schneidet, dass also jede ihrer Tangenten die Lotrichtung im Berührungspunkt anzeigt, bezeichnet man als Kraftlinie. Aus dem Verlauf der Niveauflächen folgt, dass die Kraftlinien schwach gekrümmte Kurven sind , am schwächsten gekrümmt im allgemeinen diejenigen,
seitigen Höhenunterschiede eingeschalteter Zwischen punkte bestimmt werden soll, gehen von der Grund vorstellung des Parallelismus der wahren Hori
welche in der Nähe der Erdachse und in der Nähe
des Aequators verlaufen .
zonte aus ; dieser Parallelismus aber findet bei den
Niveauflächen nicht statt, er erleidet ausser der nor malen Störung wegen Abnahme der Schwerkraft 1) Göttinger Nachr. , 1873 . 2) Breitenunterschied zwischen Göttingen und Altona, 1828 . Astron . Nachr. , Bd . XIV. 3) Die Figur der Erde, Berlin 1878 .
Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie .
204
von den Polen gegen den Aequator , oder
sagen
wir wegen der sphäroidischen Form der Niveauflächen, noch lokale Störungen wegen der örtlichen Aenderungen der Schwerkraft infolge der
Unregelmässigkeit in der Massenanordnung.
erkannt , er liegt in dem >
Nichtparallelismus der
Niveauflächen , welcher selbst bei fehlerfreier Ope ration ein von Null abweichendes und von dem
Wege des Nivellements abhängiges Resultat herbei
Sobald dies einmal erkannt ist , hat es keinen genauen Sinn mehr , von dem » Höhenunterschied «
führen müsste , sofern nicht die Schleife ganz in einer Niveaufläche verläuft; dieser Schlussfehler muss daher in Rechnung gebracht werden , und
zweier Punkte A, B schlechtweg zu sprechen ; denn
man kann in analogem Sinne wie oben von einem
es liegt der Punkt B z . B. nicht ebenso hoch über
orthometrischen und einem
dem Horizont von A als der Punkt A unter dem
sprechen.
Die längs der Kraftlinie des Punktes B gemessene Höhe desselben über der Niveau-
flächen vom Parallelismus kann die orthometrische
Horizont von B.
wahren Schlussfehler
Wegen der nur geringen Abweichung der Niveau
fläche des Punktes A dagegen ist eine wohldefinierte Reduktion, wie auch das obige Beispiel zeigen mag, Grösse und wird die orthometrische Höhe von
B über A genannt. Sie kann durch ein blosses Nivellement von A nach B oder auf dem umge-
kehrten Wege allein nicht gefunden werden ; das Resultat dieses Nivellements erfordert vielmehr eine Korrektur wegen des Nichtparallelismus der Niveauflächen , und diese Korrektur , sofern sie auf die normale Störung des Parallelismus allein Rücksicht nimmt, wird als orthometrische oder sphäroi-
hohe Beträge nicht erreichen , namentlich dann nicht, wenn das Nivellement keine beträchtlichen Digres sionen in vertikalem Sinne aufweist; einige der Wirk lichkeit entnommene Angaben werden weiter unten gemacht werden. Indessen hat sich gezeigt , dass sie dort , wo es sich um Lösung wissenschaftlicher
Fragen handelt , in Anbetracht der Genauigkeit der heutigen geometrischen Nivellements nicht mehr zu umgehen ist. Helmert ) darf das Verdienst in
dische Reduktion bezeichnet; die wahre Re-
Anspruch nehmen , auf die Berücksichtigung dieses
duktion erfordert auch die Rücksichtnahme auf die
neuen Faktors der Höhenmessung hingewirkt und
lokalen Störungen des Parallelismus, also die Kenntnis des Verlaufs der Schwerkraft längs des Nivelle-
ihm Anerkennung verschafft zu haben ; vor ihm hatte
ments .
Ein Beispiel wird dies erläutern . Würde man von einem Punkte A unter 50
nördlicher Breite
schon Wand ?) auf den Einfluss des Nichtparallelis mus der Niveauflächen auf Nivellements aufmerk sam gemacht und ward die Frage von Zachariae ")
und Wittstein ) in Untersuchung gezogen.
und in 100 m Höhe über dem Nullniveau nach
Es ist oben neben der orthometrischen auch
einem zweiten genau südlich gelegenen Punkte B unter 40 ° n . Br. , der mit A in einerlei Niveaufläche liegt , in dieser Fläche selbst nivellieren , so
der wahren Reduktion der Nivellements gedacht worden , welche die Kenntnis des wirklichen Ver laufes der Schwere längs des Nivellements erforderte.
ergäbe sich die »nivellitische Höhendifferenz« gleich Diese in dem nötigen Umfange zu erlangen , wird Null und man würde nach älterer Auffassung dem Punkte B ebenfalls die absolute Höhe von 100 m zuschreiben . Die orthometrische Höhe von B über
bei der Kompliziertheit genauer Schweremessungen kaum jemals durchführbar sein . Indessen ist auch in dieser Richtung ein sehr beachtenswerter Schritt
dem Nullniveau aber steht zu jener von A (mit geschehen; v. Sterneck ") hat einen transportabeln genügender Annäherung) im umgekehrten Verhält-
kompendiösen Pendelapparat konstruiert , der bei
nis der Schwerkräfte, welche unter den betreffenden
leichter Handhabung und kurze Zeit dauernder Be obachtung überraschend genaue relative Schwere bestimmungen gestattet. Mit diesem Apparat mass
Breiten im Null- (Meeres-) Niveau herrschen , also im Verhältnisse 9,81047 : 9,80145, beträgt daher 100,092 m ; die orthometrische Reduktion , welche zu
men , wenn unter den gleichen Voraussetzungen
er nun u. a. den Verlauf der Schwere längs einer Schleife des österreichischen Präcisionsnivellements in den Tiroler Alpen , indem er an 37 mit Höhen marken versehenen Stationen der 356 km langen
von B nach A nivelliert würde.
Schleife relative Schweremessungen vornahm . Der
dem Nivellementsergebnis hier additiv zuzufügen ist, beträgt also 0,092 m. Sie wäre subtractiv zu neh-
Eine Erscheinung, welche in dem Nichtparalle- | Wert dieser Operation liegt nicht so sehr darin , lismus der Niveauflächen ihren Grund
hat und
dass sie es ermöglicht hat, die wahre Reduktion
welche die Aufmerksamkeit der Geodäten erregen musste , tritt bei dein Nivellieren einer Schleife ,
bestimmen
d . i . einer in sich zurückkehrenden Linie auf. Hier
zu 24 mm , der orthometrische zu 7 mm
sollte sich das Resultat Null ergeben als Höhe des Endpunktes über dem Ausgangspunkte – da beide
für jene Schleife mit zureichender Genauigkeit zu es fand sich der wahre Schlussfehler son
1) Mathematische und physikalische Theorien der höheren
zusammenfallen – , wenn das Nivellement fehlerfrei Geodäsie, 2 Bde. , Leipzig 1880–84 . 2) Die Prinzipien der mathematischen Physik, Leipzig 1871 . wäre.. Dies kann nun wegen der unvermeidlichen 3) Astron . Nachr. , Bd . 8o. Fehler der Operation allerdings niemals eintreten ; 4) Ibid ., Bd . 81 . aber die Abweichung von Null erreichte in vielen 5) Mitteil . des k . k . militär-geograph. Instituts, Bd. VII, Fällen eine unerwartete Höhe; der Grund ist jetzt | VIII, IX . )
Aus den Grenzgebieten der Geodäsie und der Mathematischen Geographie.
dern vielmehr darin , dass sie das Material für eine
205
gehen , das alles sind Fragen , deren Beantwortung
wichtige Untersuchung bot , welche Helmert in der Wahl eines Normalniveaus voraufgehen muss. einer Monographie 1) durchgeführt hat, und aus welUm diese Beantwortung anzubahnen , sind in >
cher hier das eine Resultat von Interesse ist , dass
Ausführung eines Beschlusses der Gradmessungs
man mit der orthometrischen Reduktion zunächst sein Auskommen finden könne; denn selbst bei
konferenz an zahlreichen Punkten der europäischen
IV .
haben trotz ihrer vielfach erst beschränkten Dauer
Nach diesen Erörterungen ist es möglich, einer jeden Geographen interessierenden Frage näher
gezeigt, dass schon ein relativ kurzer Zeitraum aus reicht, um aus dem Durchschnitt der Wasserstände
zu treten , welche die internationale Vereinigung der Geodäten nun schon seit langem beschäftigt und demnächst zu einem wenigstens vorläufigen Ab-
die jeder Rechnung sich entziehenden Ursachen ihrer Schwankungen fast verschwinden zu machen
Küsten regelmässige Beobachtungen des Wasser einem Nivellement von der Nordsee über den Brenner standes eingeleitet und zu diesem Zwecke zumeist zum Adriatischen Meere würde sich die wahre Re- eigene Apparate aufgestellt worden , selbstregistrie duktion von der etwa 0,1 bis 0,2 m betragenden rende Pegel, Mareographen , an einigen Stellen der orthometrischen nur um wenige Centimeter unter- französischen Küste die von Lallemand !) kon scheiden . struierten Medimareometer. ?) Die Beobachtungen
mittleren Wasserstand eine Kote zu
und in dem
schlusse gebracht werden dürfte; es ist die Frage erhalten (bezogen auf einen gewählten Fixpunkt ), nach einem einheitlichen Nullpunkt für die ab soluten Höhenmessungen in Europa .
welche durch neu hinzutretende Beobachtungen eine wesentliche Aenderung nicht mehr erfährt. Am
Schon gelegentlich der ersten allgemeinen Kon- ausführlichsten und eingehendsten ist diese Unter ferenz der damals noch »mitteleuropäischen Grad- suchung für das Mittelwasser der Ostsee bei Swine messung« im Jahre 1864 war sie durch den Vertreter der Schweiz, den Neuenburger Sternwarte-
münde durch Seibt 3) ausgeführt worden , wo eine sehr genaue ältere Beobachtungsreihe zu der zehn-,
direktor Hirsch , angeregt worden. Der Grund, warum die Lösung sich so lange hinauszieht, liegt
registrierenden Pegels hinzutrat. Zweimal nämlich
in den vielen notwendigen Vorarbeiten , noch mehr
wurde die wahrscheinlichste Kote des Mittelwassers
beziehungsweise neunzehnjährigen des neuen selbst
aber darin , dass im Laufe der folgenden Zeit jene bestimmt, das einemal auf Grund der 54jährigen neuen Anschauungen sich Bahn gebrochen haben, von welchen oben die Rede war, und die mit der
Frage auf das engste zusammenhängen .
Da als
Beobachtungsperiode 1826-1879 , das zweitemal auf Grund der 78jährigen Periode 1811-1888, und die beiden Bestimmungen zeigen eine Abweichung
Nullfäche für die Höhenmessungen nur eine Niveau-
von nur etwa 3 mm .
fäche gewählt werden kann , so handelt es sich darum , ob die Natur eine solche mit der nötigen
Der zweite erforderliche Schritt zur Lösung der oben formulierten Fragen besteht in dem Anschluss
Bestimmtheit darbietet.
der Mittelwasser an die Präcisionsnivellements, wie solche für die Zwecke der Erdmessung jetzt in
Die Gauss- Besselsche
Definition der mathematischen Figur der Erde nahm
Ansicht schloss sich Listing mit der Bemerkung
grossem Maasstabe ausgeführt werden und zum Teile schon vollendet sind, um erstere auf ihre gegen seitige Höhenlage zu prüfen . Die ersten Resultate derartiger Vergleichungen
an , dass dabei von den verhältnismässig geringen
der Mittelwasserhöhen schienen auf beträchtliche
ohne weiteres an , dass die Meeresoberfläche und ihre
ideelle Fortsetzung durch ein Netz das Festland durchziehender Kanäle eine Niveaufläche sei ; dieser
Störungen des Gleichgewichtes abgesehen werde, Unterschiede, also darauf hinzuweisen , dass die wie sie in Ebbe und Flut, in den Veränderungen des Niveaustandes und im Wellenschlage aus Druckunterschieden und Bewegungen der Atmosphäre entspringen . Dass die wirkliche Oberfläche des Meeres in keinem Augenblicke eine Niveaufläche
darstellen könne, bedarf kaum einer Erörterung ;
Mittelwasser an den europäischen Küsten verschie
denen Niveauflächen angehören, und es fehlte nicht an Versuchen , diese Unterschiede aus der physi kalischen Beschaffenheit des Wassers in den ver schiedenen Meeresbecken und aus der Formation des Meeresbodens zu erklären. Einige der auf
ob aber das Mittelwasser , d . i . die aus kontinuier- | fälligsten älteren Daten mögen hier angeführt lichen oder periodischen Beobachtungen des Wasser
werden ; hiernach sollte die Ostsee bei Ostende
standes an einer bestimmten Stelle gezogene durch-
um 0,730 m , bei Amsterdam um 0,757 m über dem Mittelländischen Meere liegen , der Atlantische
schnittliche Kote eine hinreichend stabile Grösse sei . ob die Mittelwasser an verschiedenen Stellen einer Meeresküste und an den Küsten der verschie
denen unseren Erdteil bespülenden Meere einer und derselben Niveaufläche angehören , und bis zu welchem Betrage die eventuellen Abweichungen
>
1) Comptes rendus, 1888 .
2) Die Erfahrungen haben die bemerkenswerte Thatsache zu Tage gefördert , dass kontinuierliche Wasserstandsaufzeich nungen täglich einmaliger regelmässiger Pegelablesung gegen über keinen erheblichen Vorzug aufweisen.
3) Das Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünde, I und II , 1) Die Schwerkraft im Hochgebirge, Berlin 1890.
Berlin 1881 und 1890.
206
Geographische Mitteilungen.
Ozean bei Santander um 0,663 m das Mittelwasser
Geographische Mitteilungen.
bei Alicante überragen , der Kanal bei Cherbourg
(Denudation in der Wüste. ) Seinen bekannten Studien über den Prozess der Verwitterung und Denu dation in der afrikanischen Wüstenregion hat Joh. Walther nunmehr solche auf amerikanischem Gebiete
um 1,10 m
über dem Mittelwasser von Marseille
stehen . Diese Zahlen haben jedoch in jüngster Zeit wesentliche Veränderungen erfahren und zwar einesteils dadurch , dass neuere genauere Nivellements herangezogen wurden , anderenteils aber infolge der Berücksichtigung des Nichtparallelismus der NiveauHächen, also durch Anbringung der orthometrischen Reduktion . ') Durch den letzteren Umstand allein vermindert sich beispielsweise , nach Lallemands Angabe ?) , der Niveauabstand zwischen Santander und Alicante um 0,34 m , sinkt also unter die Hälfte des oben angegebenen Betrages .
nachfolgen lassen, und es ergeben sich dabei lehrreiche Vergleiche. Auf seinen Reisen begleitete ihn der rus sische Geologe krasnoff, der in der Wüstenlandschaft des grossen Beckens zwischen der Sierra Nevada und dem Felsengebirge wesentlich die ihm von Turkestan und vom abflusslosen Territorium Innerasiens her ge läufigen Züge wiederfand , wogegen Walther selbst ganz
andere Eindrücke gewann, als er sie beim Durchwandern der Sahara und der arabischen Wüsten erhalten hatte .
Zumal in den Vegetationsverhältnissen tritt ein auffallen
Schon gelegentlich der Freiburger Versammlung der Unterschied hervor, insofern in Afrika die Pflanzen der permanenten Kommission der Erdmessung 1890 bat Lallemand auf Grund des neuen französischen Nivellements eine Tabelle von Zahlen mitgeteilt,
so gut wie ganz, in Amerika dagegen niemals gänzlich
die Höhenunterschiede der Mittelwasser betreffend ,
Horizontalität der Denudationsflächen und der Mangel
aus welcher all die hohen Zahlenwerte der älteren
Zeit verschwunden sind und Beträgen von wenigen
an lokalen Anhäufungen von Denudationsprodukten allen Wüstenstrichen der Erde gemeinsam . Das Wasser hat
Centimetern Platz gemacht haben. Lallemand
nur etwa 65 Tage Gelegenheit, seine erosive und trans
fehlen, ja sogar den sonst so scharfen Gegensatz zwischen Wüste und Steppe völlig verwischen . Dagegen ist die
in den betreffenden Bezirken des westlichen Nordamerika
zog daraus , den provisorischen Charakter seiner portierende Thätigkeitauszuüben, während an den übrigen Daten hervorhebend , den Schluss, dass die ursprüng
300 Tagen des Jahres, bei der grossen Seltenheit atmo
lich aus den Gesetzen des Gleichgewichts von Flüssig- sphärischer Niederschläge, diese Art der Zerstörungs keiten gezogene
Hypothese von der Einheitlichkeit des Meeresniveaus nun wieder zu ihrem Rechte gelangen werde. Aehnliche Anschauungen sind in letzter Zeit auch von anderen Seiten geäussert worden . Die in diesem Jahre tagende Allgemeine Konfe renz der internationalen Erdmessung wird nun vor aussichtlich über die Frage der Wahl eines einheit
arbeit zum Stillstande verurteilt ist .
Allein die » De
flation « oder » trockene Denudation « bleibt jahraus jahrein im Gange, und wenn es auch vorläufig nicht möglich ist, ihre mechanischen Leistungen gegen diejenigen des
Wassers quantitativ abzuschätzen , so müssen sie doch gleichwohl als bedeutend und folgenreich anerkannt werden.
Die » braune Schutzrinde « der Felsen , welche
sicherlich ohne Mitwirkung des Wassers entsteht, findet
lichen europäischen Höhennullpunktes beraten und sich allenthalben in Utah und Arizona; gelangt das Beschluss fassen , und als Grundlage hiefür wird ihr Wasser an solche Stellen , so schwemmt es die Rinde eine umfangreiche (als Manuskript gedruckte) Arbeit fort, und man erblickt nachher eigentümliche Säulen des Geodätischen Institutes als Centralbureau der inter- gänge , und diese fehlen in Amerika ebensowenig, wie nationalen Vereinigung vorliegen . In dieser Arbeit in der Libyschen Wüste; ein gleiches gilt für Pilzfelsen , sind die mit einiger Zuverlässigkeit festgestellten Sandschliffe, Zeugenhügel und andere typische Bildungen Mittelwasser an den europäischen Küsten von Swine der Wüste. Auch die von ihm für Nordafrika durch
münde westwärts (mit Ausschluss der grossen Halb - geführte Klassifikation der Wüstenlandschaft nach Denu inseln ) bis Triest in ein Netz von Nivellements
polygonen einbezogen ; dieses Netz ist einer Aus gleichung unterworfen, welche auf wissenschaftliche Prinzipien sich stützend , die infolge der Beobach >
dations - Sedimenten Kieslager, Sanddünen , Lehm regionen, Salzabsätze glaubt Walther direkt auf die neuen Verhältnisse übertragen zu dürfen , und so sieht
er sich berechtigt, das Phänomen der Wüstenbildung
als einen tellurischen Vorgang aufzufassen , der ebenso
tungsfehler auftretenden Widersprüche aufhebt, zu- gesetzmässig verläuft, wie die Glacialerscheinungen der gleich aber den Grad der Genauigkeit und Sicherheit der erzielten Resultate zu beurteilen gestattet. Damit ist ein wertvolles, kritisch bearbeitetes Mate-
Polarzone oder die kumulative Verwitterung im Tropen lande «. — Es wird sich verlohnen, neben dieser inhalts reichen Abhandlung auch einen wesentlich verwandtes
rial geliefert, um auf die oben angedeuteten Fragen Gebiet, nämlich die »Bad Lands« und die Canondistrikte eine begründete Antwort geben und die lange obschwebende Angelegenheit eines einheit lichen europäischen Normalniveaus für die Höhenmessung wenigstens einem vorläufigen Abschluss zuführen zu können. Dem Ergebnis der Beratungen wird allseits mit Interesse entgegen gesehen.
behandelnden Aufsatz K. A. v . Zittels in der » Beilage der Allgem . Zeitung « (Ende Februar 1892 ) zu lesen , worin dem Wasser als morphologischem Faktor der Ver gangenheit eine einflussreichere Rolle zugesprochen wird,
als dies bei Walther der Fall ist. ( Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin , XIX . Band, Nr. 1. ) (Neues Tiefenlot.) Bekannte Apparate zur See
1) Vgl . unsere Tabelle in Nr. 7 d . I. Jahrganges.
tiefenmessung, so insbesondere derjenige Will. Thom sons, beruhen auf dem Gedanken , dass eine mit Luft gefüllte Röhre mit dem offenen Ende in das Wasser
2) Revue scientifique, 1. XLVI ( 1891 ).
getaucht wird ; dasselbe dringt um so tiefer in die Röhre
Litteratur .
207
ein , je grösser an der fraglichen Stelle der Druck ist ,
gewesen als er.
und die Luft wird , gleichbleibende Temperaturverhält nisse vorausgesetzt, nach dem Mariotteschen Gesetze komprimiert. Da aber Druck und Luftvolumen um gekehrt proportional sind, so müssen die Entfernungen der in das Glas eingeätzten Teilstriche rasch kleiner und kleiner werden, und dies ist dem genauen Ablesen der erreichten Tiefe hinderlich . Deshalb schlägt G. Rung, Subdirektor des meteorologischen Institutes in Kopen hagen , ein neues » Universalbathometer« vor , welches
deutschen Missionars ( 1847) geboren , hatte er seine Erziehung in Europa genossen und dann eine Reihe von Jahren ( 1869–1880 )
ebenfalls auf dem Mariotteschen Gesetze basiert , das
selbe aber in der folgenden Fassung verwendet : Die Dichte der Luft ist dem Drucke, der auf ihr lastet ,
direkt proportional. Ein »Luftrohr« ist mit einer ge wissen Quantität atmosphärischer Luft gefüllt, und wenn man das Instrument einsinken lässt, so tritt die uns be
In der Minahassa auf Celébes als Sohn eines
als Regierungsbeamter in Indien – auf Buru, Celébes ' ), Sumatra gewirkt, als er 1885 der würdige Nachfolger Prof. Veths in Leiden wurde.
Zwar hat Wilken bis zu seinem , ihn zu früh
( 1891) ereilenden Tode bereits eine bedeutende Zahl von grossen und inhaltreichen , die Ethnographie des Ostindischen Archipels betreffenden Abhandlungen veröffentlicht
mehr als 24
allein das geplante grosse Werk würde seinen Namen in würdigster Weise der Nachwelt erhalten haben ; da dieses aber, zum Schaden
der Wissenschaft , nicht mehr sein kann , so unternahm es sein
hervorragendster Schüler und naher Freund, Herr C. M. Pleyte , Konservator des Ethnographischen Museums der Königlichen
Zoologischen Gesellschaft in Amsterdam , jene Diktate mit ihren Anmerkungen herauszugeben. Es liegt uns die 1. Liefe. rung dieser interessanten Niederschrift vor , die im ganzen 15 Lieferungen gleichen Umfanges umfassen soll und eine Fülle
kannte Kompression ein ; sowie man aber die Stelle erreicht hat, deren Tiefe unter der Wasserfläche man ermitteln will ( also etwa den Meeresgrund ), sperrt man ein konstantes Volumen der so verdichteten Luft ab , und dieser wird während des Herauſziehens Gelegenheit gegeben, sich in einem besonderen gläsernen Messrohre wieder auszudehnen. Nachdem die Tiefensonde wieder
von Thatsachen und anregenden Parallelen zu bieten verspricht .
heraufgezogen worden , liest man ab , wie gross der
geben, wollen wir den Inhalt dieser 1. Lieferung, unter Hervor hebung einzelner besonders interessanter Punkte , kurz angeben . In der Einleitung werden die zwei Rassen des Archipels,
Rauminhalt unter dem Drucke einer Atmosphäre ist, und
dieser Inhalt wird proportional der erreichten Tiefe sein,
Man kann schon jetzt sagen , dass sie ohne Zweifel grundlegend
für die vergleichende Ethnologie des Ostindischen Archipels werden wird . Herr Pleyte hält sich, mit wenigen Ausnahmen , ganz an das nachgelassene Wilkensche Manuskript und gedenkt nur die Aninerkungen hier und da zu vervollständigen und aus zuführen .
Um dem Leser eine Vorstellung des zu Erwartenden zu
Während des
Malayen und Papúas, in grossen Zügen charakterisiert. Es fällt
Einsenkens steht das konstante Volumen , die Mess kammer « , in Verbindung mit dem Luftrohre und ist von dem mit Wasser gefüllten Messrohre abgesperrt, wogegen beim Heraufziehen die Mess- von der Luft kammer abgesperrt und gleichzeitig mit dem Messrohre
uns auf, dass Wilken S. VII die Ansicht vertritt , das Haar der Papúas wachse in Büscheln , was nicht der Fall ist ; ferner dass er S. X für die Ansicht, die Negritos der Philippinen seien
in Verbindung gesetzt wird . Die selbstthätigen Vor
endlich , dass er S. XI Malayen und Papúas ihrer Sprachver. wandtschaft wegen als ursprünglich ein Volk ansieht, ein Schluss,
als Maasstab derselben dienen können .
richtungen , durch welche diese Herstellung und Lösung gewisser Verbindungen besorgt wird , können natürlich verschiedene Formen erhalten ; die von Rung näher beschriebene bezieht sich auf die direkte Auslotung von Meerestiefen, indem der Stoss des den Grund treffenden Senkbleis die Neu - Einstellung besorgt. ( Das Universal bathometer, Wassertiefenmesser mit gleich geteilter Skala . Kopenhagen, Druck von F. E. Bording.)
eine von den Papúas unterschiedene Rasse , Maclay und den Referenten als Gewährsmänner nennt , die aber gerade die gegen
teilige Ansicht vertreten haben , zu der Wilken auch neigt ; der sehr anfechtbar erscheint .
a
1. Kapitel (S. 1–27 ): Nahrung und Genussmittel. Pflanzen- und Tiernahrung; Reis und Mais, ersterer
von den Hindus, letzterer von den Portugiesen eingeführt ; Hirse, Sago, Yams, Taro, Bataten eic . , welche schon vor der Hir.duzeit
im Archipel gebaut wurden ; Kühe, Büffel, Ziegen (bei den Mohammedanern) , Hunde, Schweine , Hirsche etc. , Federvieh , Fische . Als Anhang (S. 7 ) Salz , dessen Gebrauch bei einigen Stämmen Neu -Guineas und Bórneos und bei den Bewohnern der
Insel Engano unbekannt ist ; letztere glauben sogar , dass es töd.
liche Krankheiten hervorrufe. b ) Getränke : Kaffee (auch der
Litteratur.
Abguss der Blätter, besonders auf Sumátra ), Kokosnusswasser,
G. A. Wilken : Handleiding voor de vergelijkende
Palm- und Reiswein , zum Teile berauschend . c) Genussmittel :
Volkenkunde van Nederlandsch - Indië (Handbuch
Sirih oder Betel , mit Gambir, Tabak und Kalk zusammen gekaut
der vergleichenden Völkerkunde von Niederländisch - Indien ),
(der Gebrauch soll von den Hindus stammen , S. 13) ; Tabak ,
herausgegeben von C. M. Pleyte. Leiden . E. J. Brill. 1892.
der nach Wilken von den Portugiesen eingeführt ist , als Cigarre, in Pfeifen, gekaut , geschnupft ; Haschisch und Opium , letzteres von den Mohammedanern ( S. 17 ) . d ) Erdessen , ein Gebrauch, der nicht nur iiber den Archipel, sondern auch über Asien , Afrika und Amerika verbreitet ist , ja selbst in Südeuropa vor
8º .
1. Lf.
8o S.
Mit Freude begrüssen wir ein Werk , das zwar von seinem Urheber nicht in dieser Form zur Veröffentlichung bestimmt
war, das aber, da es jenem leider nicht vergönnt gewesen ist , es
kommt ; Erde ist ein Stimulans (S. 21 ) ; an Opium Gewöhnte
auszuführen, allseitig mit grösster Dankbarkeit entgegengenommen werden wird. Der im August 1891 der Wissenschaft zu früh
essen Erde, wenn sie kein Opium haben ; wie dieses ist sie sehr
entrissene Professor der Universität Leiden G. A. Wilken !) hatte die Gepflogenheit, in seinen Vorlesungen über die Ethno
bis 271 , stark im Archipel verbreitet; es werden z . B. auf Su
graphie des Ostindischen Archipels seinen Hörern ein Diktat zu geben , auf Grund dessen weitere Ausführungen des Themas erfolgten . Er selbst beabsichtigte, mit Unterlegung dieses Textes,
nachteilig für den Organismus. e. Menschenfresserei (S. 21 mátra noch heutzutage Menschen bei lebendigem Leibe aufge: fressen (S. 25).
2. Kapitel (S. 28 – 54) : Zierat und Kleidung. Wilken .
ein grösseres Werk über die vergleichende Völkerkunde jener
bespricht erst den Zierat und dann die Kleidung , da man sich
Gegenden zu publizieren , und niemand wäre berufener hierzu
schon schmückte, ehe man daran dachte, sich zu kleiden . a) Olir. zierat, als Scheiben , Cylinder und Gehänge ; erstere sind das
1) Siehe u . a . Nekrologe in Bijdrage tot de taal., land- en volkenkunde van Nederlandsch -Indie , 1892 , XLI , 139 f.; Indische Gids, 1891 , XIII , 1706 f. , etc.
Referent hatte den Vorzug , Wilken schon im Jahre 1871 in Limbotto auf Celébes nahe treterf zu dürfen .
1 ) Wilken schreibt nach hergebrachter Weise Celebes , nicht Selebęs, wie neuerdings versucht wurde einzuführen . Referent hat ebenfalls die Schreib . weise Celebes nie verlassen .
Litteratur.
208
Ursprünglichere. Dajaks tragen Scheiben bis zu 3 Zoll Durch-
der » Fennia « (insbesondere imn 1. Bande derselben) dem Publi
messer, Papúafrauen bis zu 20 Schildkrotringe von je 3 bis 4 Zoll
kum vorgelegt worden , dessen Interesse für die Ergebnisse solch astronomisch -geodätischer Gedankenarbeit durch den 2. Band
Durchmesser in jedem Ohre. Auch der obere Rand der Ohr. muschel wird durchbohrt und zum Teil mit sehr grossen Zierraten, die über den Kopf hervorragen, versehen . Bei den Dajaks
belebt werden sollte , der in finnischer Sprache und in reicher
z. B. werden auch sehr schwere metallene Ringe getragen , die
Ausstattung eine vergleichende Uebersicht der Kartenwerke ver schiedener Länder bringt . Die Wichtigkeit der Expedition
das Ohrläppchen bis auf die Brust herabziehen. b) Nasenzierat (S. 31 ) : die Durchbohrung des Septum , um einen
nach Kola , deren Ergebnisse den 3. Band der » Fennia « füllen ,
Zierat durchzustecken , kommt nur bei den Sakais und Semangs der Halbinsel Malakka und bei den Papúas vor ; sie durchbohren
auch die Nasenflügel zu gleichem Zwecke. c) Arm- und Beinringe (S. 32) ; Dajakfrauen tragen 30 bis 40 metallene Armringe von je i cm Dicke , die von der Hand bis zur Schulter reichen ; an einem Batakkind von 6 Jahren zählte jemand 47
Arm- und 72 Beinringe. d- f) Halsschmuck , Fingerringe, Gürtel (S. 33–34). g) Haarschmuck (S. 35 ) : Blumen , bei den Papúas Kämme. Im allgemeinen schmücken sich bei den niedrig stehenden Völkern die Männer , bei den höher ent-
besonders in pflanzengeographischer Beziehung , hat im » Aus land « ( 1891 , Nr. 40 f.) W. Stahlberg eindringlich und aus führlich dargelegt. Vom Inhalte des 4. Bandes gedenke ich die
auf Strandverschiebungen und die auf die Eiszeit bezüg lichen Aufsätze einer besonderen Erörterung in dieser Zeitschrift zu unterziehen '). Mit diesen verschiedenen Richtungen, die hier bezeichnet wurden , ist aber das reiche Programm der Gesell schaft für Geographie Finnlands« nicht erschöpft: handelt es
sich doch um eine möglichst vollkommene landeskundliche Erforschung
Im Mittelpunkte derselben steht die karto .
Bei manchen Völkern müssen die
graphische Festlegung des Landes , daher sind unter den zahl reichen (zumeist schwedisch, häufig deutsch , mitunter fran
Frauen, wenn sie in die Ehe treten , den Schmuck ablegen. Für
zösisch geschriebenen , von deutschen Auszügen fast immer be
Auszeichnung im Kriege ist verschiedener Schmuck üblich . Männerkleidung (S. 37) : h) Penisbedeckung bei den Papúas
gleiteten) Aufsätzen in der » Fennia « solche über geodätische
(einige Papúastämme gehen ganz nackt); i) Schambinde; j) Lendentuch und Rock ( Sarong), letzterer wahrscheinlich ein später eingeführtes Kleidungsstück (S. 39) ; k) Jacke , von den
und namentlich über die bisherigen Gradmessungen und Triangulierungen in Finnland vorwaltend. Nicht nur dass uns die Berechnungen und Ergebnisse der » russisch
Arabern oder Hindus eingeführt, früher wurde der Oberleib stets und noch jetzt wird er viel unbedeckt getragen (S. 41 ) ; 1) Hose, von den Arabern eingeführt (S. 42) ; m) Kopftuch , Mütze, Hut ;
skandinavischen Gradmessung « und der » baltischen Triangulation « im einzelnen vorgelegt werden es handelte sich auch darum ,
wickelten die Weiber mehr.
früher trug man das Haar allgemein unbedeckt , das Kopftuch wurde ebenfalls erst von den Arabern eingeführt ; es wird sehr verschieden getragen ; n) Fussbekleidung (S. 44) ; meist gehen
die Eingeborenen barfuss. Frauenkleidung (S. 45) : 0) Schambedeckung , Lendentuch und Sarong (bei einigen Papúastämmen gehen selbst erwachsene Mädchen noch ganz nackt) (S. 45) ; p ) Jacke ; ursprünglich wurde der Oberkörper überall stets nackt getragen , und es ist noch bei vielen Völkern der Fall ; bei vielen
Probleme und Bestimmungen , sowie über die älteren Karten
die verloren gegangenen Fixpunkte dieser Vermessungen wieder aufzufinden , wozu eine Anzahl von Reisen unter nommen wurde. Die Ergebnisse der Wiedervermessung erlaubten Schlüsse in einer geologischen Frage , jener der » Land hebunge , während sonst die geologischen Untersuchungen der „ Fennia « zumeist der Eiszeit gelten . Die geodätischen Arbeiten leiteten ferner zu hydrologischen über : Wasserstand ,
tragen nur die Verheirateten den Busen unbedeckt ; q) Kopf-
Wassermenge , Eisführung und Eisdauer der Flüsse und Seen werden systematisch bearbeitet , und ein Teil dieser Arbeiten ist für die Frage der Klimaschwankungen nicht ohne Wert. Dabei
bedeckung , Fussbekleidung , Slendang oder Shawl etc. (S. 48) ;
entgehen Veränderungen an der Erdoberfläche, wie sie durch
r) Kabaja oder lange Jacke, fast nur von mit Europäern in Be. Kinderkleidung rührung Kommenden getragen (S. 49). (S. 50) : Malayische Mädchen tragen eine kleine dreieckige
Flussanschwemmungen (Kumo-Elf III, Nr. 9) und durch Erdbeben (IV, Nr. 8) herbeigeführt werden, der Aufmerksamkeit der landes kundlichen Forschung keineswegs. Zwei Aufsätze behandeln die
Metallplatte vor der Scham ; auch Knaben dergleichen und eine Das Material der Kleidungs stücke im allgemeinen ist Baumbast ( Bereitung S. 53) und Gewebe aus den Fasern verschiedener Pflanzen , auch von jungem
Bevölkerungsstatistik (I , Nr. 14, III , Nr. 2) , einer ist den alten Namen der finnländischen Gemeinden gewidmet , zwei
Art Amulet in Penisform .
sind
folkloristischen
Inhaltes.
Zwei
behandeln
ältere
Manuskripte statistisch - geographischen Inhaltes , und einer (IV,
Bambus, meist aber aus der Kattunpflanze. Den Webstuhl haben
Nr. 10) gibt den Neudruck einer in der Geschichte der geo
Sonnenschirme bei den entwickeldie Hindus eingeführt. teren Völkern (S. 54), ebenfalls von den Hindus eingeführt und als Zeichen des Ranges auch von der holländischen Regierung
dätischen Wissenschaft nicht unwichtigen Aboer Dissertation von 1819 (Walbeck , De forma et magnitudine telluris) wieder. Die
anerkannt.
10 Aufsätze des 4. Bandes schliessen sich in jeder Weise würdig den 16 Nummern des 1. und den 16 des 3. Bandes an . Wie
Das 3. Kapitel behandelt Wohnung und Hausgerät (S. 55–80) ; wir begnügen uns aber mit der Aufzählung der
Arbeitsmaterial , mit vollem Ernste behandelt und ohne Scheu ,
Paragraphen : a) Nomaden, Wohnen auf Bäumen ; b) Anlage der Dörfer, Zusammengehörigkeit derselben ; c) Häuser auf Pfählen,
gestattet uns einen vollen Einblick in Arbeitsziele und Arbeits
deren Einrichtung ; d) Häuser auf dem Boden , deren Einrich-
tung ; e) besondere Häuserformen ; f) Festungen , Häuptlingswohnungen , Baumaterialien . g) Verzierung der Häuser ; h)
wenige Fachzeitschriften bietet die »Fennia « wissenschaftliches ihre Leser durch den manchmal trockenen Ton zu ermüden ; sie weise der Forscher eines Landes, das der heimatkundlichen Pro bleme noch eine reiche Fülle bietet. Diese vornehm aus
Hausrat.
gestattete , durchaus wissenschaftliche Zeitschrift wird überall , wohin sie gelangt , die Sympathie und Achtung vermehren helfen,
Aus diesen kurzen Angaben erhellt schon die Reichhaltig . keit des Gebotenen und der weite Gesichtskreis , der Wilken
welche Finnland als einem der Aussenposten westländischen Geisteslebens gebühren .
eigen war , und mit Hilfe dessen er seine Aufgabe erschöpfte.
Wien .
Rob. Sieger.
Wir hoffen , dass das ganze , umfassende, für die vergleichende Ethnographie eminent nutzbare Werk, durch dessen Herausgabe Herr Pleyte sich ein hervorragendes Verdienst erwirbt,
in
Kürze vollendet vorliegen werde. Dresden .
A. B. Meyer. Bulletin de la Société de Geographie de Finnlande . 4. Band . Helsingfors 1891 . Im » Ausland « 1891 , S. 783 , versuchte ich ein Bild der
Fennia .
geographischen Bestrebungen in Finnland zu entwerfen und ge. dachte dabei auch der Vorarbeiten zur Herstellung einer guten Karte des Landes. Diese sind zum grössten Teil in
1 ) Teilweise bereits geschehen ; vgl . Nr. 12. - Von Herrn Dr. Sieger erfährt der Herausgeber , dass allerdings Bonsdorffs Arbeit die erste in deutscher Sprache ist , welche die Strandverschicbungen nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung behandelt , dass aber schwedisch ge schriebene Abhandlungen dieser Art schon aus früherer Zeit ( von Norden skiöld , Forssmau , Moberg und Lilienberg) vorliegen .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 14 .
Stuttgart, 2. April 1892. Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.-
einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
MDCL GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden. Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
In- und Auslandes und die Postämter.
Inhalt : 1. Afrikanische Neuigkeiten. ( Januar – März.) Von Brix Förster (München). S. 209. 2. Reisebriefe von Charles Darwin. Herausgegeben von W. Preyer (Berlin). (Schluss.) S. 215 . 3. Die Eiszeiten in Finnland. Von Rob . Sieger (Wien). S. 218 .
4. Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft.
Von W. Götz (München) . S. 221 . bergbau im Fichtelgebirge.) S. 222 .
Von Friedrich Müller (Wien) .
S. 219 .
5. Tropische Agrikultur.
6. Geographische Mitteilungen. (Grant ; Gretschel ; Verlegungen der Wasserscheide; Zinn 7. Litteratur. (Karrer ; Sammlung Göschen ; Breton-Platzmann.) S. 223.
Afrikanische Neuigkeiten.
(Januar- März.) ) Von Brix Förster (München) .
Senegambien . Nachdem die Franzosen im Anfang v. J. durch einen siegreichen Kriegszug unter Oberst Archinard gegen den Fürsten Amadu die vollkommene Herr schaft über die Landschaft Kaarta , nördlich vom
sandugu als ein wahres Paradies. Der unmittelbarste Nutzen, welchen die Franzosen aus diesen Erfolgen ziehen werden , besteht darin , dass sie jetzt den grössten Teil des Handels jenes fruchtbaren Land striches nach ihren Hafenplätzen , nach den Rivières du Sud, zu lenken vermögen und dadurch die eng lische Kolonie Sierra Leone des Hinterlandes be
rauben . Englische Kaufleute hielten kürzlich ein
Protestmeeting und wandten sich mit dringenden Vorstellungen an Lord Salisbury, welcher aber nur
oberen Senegal , errungen , wendeten sie sich gegen Süden , um Samory , den König von Wassulu , in dem weit ausgedehnten Quellgebiete des Niger end giltig niederzuwerfen . Samory hatte sich um die
Verträge, die er früher mit der französischen Republik geschlossen , wenig gekümmert ; seine Erobe
rungslust bedrohte fortwährend die Länder am oberen
mit einem bedauernden Achselzucken antworten
konnte , denn er hatte erst vor wenigen Monaten
eine definitive Regulierung der Grenzen zwischen Sierra Leone, Rivières du Sud undvereinbart dem östlichFran ge Hinterland Frankreich legenen
mit
.
zösische Unternehmungslust trug diesmal den Sieg über die englische Politik des Abwartens davon .
Volta , mit deren Häuptlingen die Franzosen seit Bingers Reise freundliche Beziehungen anknüpften ,
Togo. Welche Fortschritte in der geographischen Er
und welche die Brücke eines lebhaften Handelsver kehrs von dem nördlichen und inneren Sudan nach den Küsten des Busens von Guinea bilden . Es war
kenntnis und Darstellung dieser Kolonie dank den
ein harter und langwieriger Kampf, der sich ent
topographischen Arbeiten von Dr. Wolf, Hauptmann v. François , Leute , Herold und Pflanzer Gold
spann .
Schon am 24. Februar 1891 hatten die berg gemacht worden sind, davon kann man sich überzeugen durch einen Vergleich der Kartenskizze
Franzosen Kankan am aber Milobald , einem des Niger, besetzt ; wurden wiederQuellfluss nach Norden
zurück gedrängt. Erst als Oberst Humbert am 1. Januar 1892 bei Siguiri am Djoliba mit 140 Euro
von 1888 mit der kartographischen Aufnahme von Agotime und Agome, welche das 1. Heft 1892 der Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten « »
päern und soo Senegalesen erschien, kam der Feldzug gebracht hat. Die Hauptpunkte und Hauptlinien,von zu raschem Abschluss. Am 11. Januar wurde die Anfang an richtig fixiert, sind dieselben geblieben; Hauptschlacht geschlagen und an den folgenden
aber die Flussläufe sind bis in den letzten Winkel
Tagen Bissandugu , Sanankoro und Keruane (?) in verfolgt, die Bergzüge mit Umriss und Aufbau auf Besitz genommen . Samory floh nach Farabatė (?). das Genaueste dargestellt und eine grosse Anzahl Oberst Humbert schildert die Umgegend von Bis 1) Unter obiger Aufschrift hofft die Redaktion regelmässige
von Ortschaften neu eingetragen worden . Das sorg fältig von Verschiedenen aufgehäufte Material gab die Möglichkeit einer ausgleichenden, durchaus kor
Berichte aus der Feder eines unserer bewährtesten Afrika-Kenner
Die Monatsangabe bezieht sich begreif
rekten Zusammenbearbeitung. Hier fühlt man deut
licherweise nicht auf den Zeitpunkt der eingetretenen Ereignisse,
lich , in diesem , wenn auch beschränkten Raume, sind wir völlig heimisch geworden. Man kann nur die
bringen zu können .
sondern auf die Einlaufzeit der Nachrichten . Ausland 1892, Nr . 14 .
27
Afrikanische Neuigkeiten .
210
Hoffnung aussprechen, dass die anstossenden Blätter , aussieht, eine Zusammenstellung mit der kürzlich bald ebenfalls bearbeitet und wir dann in den Be-
veröffentlichten Statistik der benachbarten englischen
sitz einer Karte vom ganzen Togolande in grösserem Kolonien , Goldküste und Lagos , ergibt die Wahr Maasstabe gelangen werden. Dass eine solche Auf- heit, dass wir immer noch einen kärglichen Nutzen gabe eine schwierig zu lösende ist, wird durch die
von der Sklavenküste beziehen .
Ueberlegung ersichtlich , dass die betreffenden Offi-
betrug 1890 in Lagos über 20000000 Mark und
ziere ausserdem eine Menge von Geschäften zu er-
an der Goldküste über 23 000 000 Mark. Die eng
Der Warenumsatz
ledigen hatten . Man vergleiche die wissenschaft- lischen Kolonien zählen 1586 000 Einwohner und lichen Arbeiten im Kongostaate ! Viele Jahre seit | Togo über 2000 000 ! seiner Gründung vergingen , ehe die ersten sicheren Lagos Anfänge einer kartographischen Darstellung er hat sich seit den Verträgen, welche der Gouverneur schienen und zwar verfertigt nicht von den Stations Denton im Herbst 1891 mit den Häuptlingen von vorstehern , sondern von eigens zu diesem Zweck Addo, Igbessa und Ilaro schloss, längs seiner West von auswärts Berufenen .
Bekanntlich wurde der Regierung von Togo grenze um ein gutes Stück vergrössert, hauptsäch der Vorwurf gemacht, den Sklavenhandel zu dulden. Das wurde öffentlich schon widerlegt. Allein es scheint, dass der Vorwurf zu einer genaueren Kon trole des Karawanenverkehrs Anregung gab . Dass man hierbei auf Ungehörigkeiten stiess, beweist eine Verordnung vom 24. Dezember 1891 , wonach » die Anwerbung von Eingeborenen zu Diensten ausser
lich zu dem Zweck , um das Binnenland vor den Sklavenraubzügen der Dahomer zu sichern. Eine nicht unbedenkliche Störung des Handels trat im Februar d. J. dadurch ein, dass die nahe der Küste wohnenden Djebu , welche bisher das Monopol des Verkehrs nach den reichen Binnenländern nur müh
sam gegen die eindringenden Engländer aufrecht er
halb des Schutzgebietes nur mit Genehmigung des hielten, sich jetzt mit den früher dem Gouvernement kais. Kommissars gestattet ist«. Das ist Euphemis- sehr geneigten Bewohnern von Abeokuta,, den Egbas, mus. Der Verkauf von Sklaven zu Zwecken euro
zu gemeinsamen Feindseligkeiten gegen Lagos ver
päischer Unternehmungen ist damit gemeint. Es ist
strasse bewirkt haben .
ja öffentliches Geheimnis, dass das benachbarte Da home Sklaven nicht nur zum Bau der Kongobahn,
sondern auch zur Verwendung in Kamerun liefert. In der deutschen Kolonie beseitigte man die von der ausländischen Presse aufgedeckten Misstände sofort
bunden und eine vollständige Sperre der Karawanen Kamerun .
Seit dem 1. Januar 1891 besitzen wir endlich eine gleichmässig bearbeitete , auch den Markwert angebende Ein- und Ausfuhrstatistik von Kamerun.
dadurch , dass man von neuem mit den eingetroffenen Jetzt erst haben wir eine Basis zur exakten Ver Sklaven einen wirklichen geschah, Arbeitsvertrag Was in Dahomeöffentlich konnteabschloss. in Togo
gleichung der Handelsergebnisse für die kommenden
natürlich heimlich sich ereignen . Dies möglichst | lässt sich nur im allgemeinen konstatieren , dass für zu verhindern , ist offenbar der Zweck des Erlasses des Reichskommissars.
1891 eine merkliche Zunahme des Handels zu ver zeichnen ist .
Der Handel von Togo hatte nach Einführung
1891 .
eines erhöhten Zolles für Branntwein im März 1890
ziemlich beträchtliche Einbusse erlitten .
Jetzt be
ginnt er sich wieder zu heben. Es ist dies am besten wegen Ungleichartigkeit der früheren und jetzigen Handelsstatistik aus einer Vergleichung der Zölle zu erkennen. Vom 1. April bis 1. Oktober betrugen sie 1889 : 35500 Mark, 1890 : 19700 Mark und 1891 : 49000 Mark. In dem Halbjahr AprilOktober 1891 hatte die Wareneinfuhr einen Wert von 751600 Mark (gegenüber von 533000 Mark in demselben Zeitraum 1890) und die Ausfuhr einen solchen von 1110000 Mark . Sehr erfreulich ist die
Jan.-April . April -Juli. Juli-Oktbr. Der Wert der Einfuhr betrug in Mark
Der Wert der Ausfuhr betrug in Mark Gesamtwert der Ein- und Aus fuhr
993 529
927 152
I 223211 I
1469 244
I
1104236
I 1185608
1920681 2692455 2289844
Es ist bemerkenswert , dass 1891 zum ersten
male Plantagenprodukte als Ausfuhrartikel, wenn auch natürlich noch in geringen Quantitäten , er scheinen : nämlich Kakao im Werte von 17435 Mark
und Tabak im Werte von 53411 Mark. Den be
Ausfuhr von Palmölfrüchten . Doch darf nicht unerwähnt bleiben , dass einesteils noch keine Kultur-
deutendsten Import repräsentieren die Baumwoll waren ; es wird interessant sein , zu beobachten, ob der am 1. April 1892 eintretende Zoll von 20 Pf. pro Kilogramm für Gewebstoffe eine wesentliche
produkte (Kakao oder Tabak , Baumwolle) in den
Aenderung in diesem Artikel hervorrufen wird .
Handel kommen, dass andererseits die Abschreckung
Die Einnahmen aus Zöllen und Abgaben von Januar bis Oktober 1891 steigerten sich von 189 600 M. des Vorjahres auf 256600 Mark. Die stetige Verbesserung der finanziellen Ver
Zunahme der Einfuhr von Baumwollwaren und die
des Schnapsgenusses durch gesteigerten Zoll nur kurze Zeit dauerte ; denn 278000 l wurden im Halbjahr 1891 mehr eingeführt, als in jenem von 1890.
So hoffnungerweckend es nun auch in Togo hältnisse der Kolonie ermöglichten es der Reichs
Afrikanische Neuigkeiten.
regierung, das längst ausgesprochene Verlangen nach
211
vollauf zu thun haben mit der Ausbeutung nur des
einer Art von Schutztruppe zu erfüllen . In dem jenigen Teiles vom Hinterland Kamerun, welcher Ausgabe-Etat für Kamerun pro 1892/93 erscheint
die Reichtüiner von Ost- Adamaua und des inneren
die Summe von 45000 Mark zur Aufstellung und
Hochplateaus bis zum 15.0 ö. L. in sich birgt und
Ausrüstung einer Polizeitruppe in der Stärke von
erst bis zum 13. " annähernd erforscht ist.
einem Offizier, zwei Unteroffizieren und so Mann
(Haussa- und Krujungen). Für grössere Expeditionen nach dem Inneren ist sie selbstverständlich nicht be
Englisch - Ostafrika. Wie wenig leistet die hier herrschende Kom
stimmt .
Chef Ramsay, rühmlichst bekannt von seiner pagnie für die Erweiterung der geographischen Er Thätigkeit in Deutsch-Ostafrika, trat im Januar von
kenntnis ! Das Einzige , was sie seit Jahresfrist zu
Kribi aus den Marsch nach dem Binnenplateau der
Tage gefördert, ist eine kleine, wenn auch sehr wert
Jaunde und Wute an . Er hat Gravenreuths Mission
volle Vebersichtskarte der Gegenden zwischen Nai
übernommen und damit zugleich ein ziemlich un-
wascha-See und Victoria - Nyanza (Proc. of th. R. G. S. 1891 , S. 248). Alle Kraft verwendet sie auf
zuverlässiges Träger- und Soldatenmaterial. Es wurde
deshalb bestimmt, dass Lieutenant v. Brauchitsch praktische Unternehmungen , vor allem auf die Be Verstärkungen an der Westküste anwerben und sobald als möglich ihm folgen soll.
festigung ihrer Herrschaft in Uganda. Dort liegen die Verhältnisse freilich sehr im
Im Dezember 1891 gründete Lieutenant v. Vol-
Argen. Kapitän Lugard sucht unleugbar mit grossem Geschick Herr der Situation zu werden. Sein letzter
kamer die Station Edea .
ausserordentliche Thätigkeit, um einerseits den Ruhm zu erwerben, als erste Europäer das Gebiet zwischen
Bericht vom 13. August 1891 ist am Fusse des Ru wenzori geschrieben ; die Mitteilungen der englischen Missionare (Church. Miss. Int. 1892, Febr.) reichen bis zum 14. September. Von beiden Seiten werden die Zustände übereinstimmend und ergänzend , wie
dem mittleren Kongo und dem Tsadsee durchforscht
folgt, geschildert. Die bis zu blutigem Kampf ge
Französisch -Kongo. Die Franzosen entwickeln in neuester Zeit eine
Erbitterung zwischen den Protestanten und zu haben, andererseits und vielleicht hauptsächlicinh, steigerte Katholiken dauerte trotz aller Beschwichtigungsver
um jenen Teil des Hinterlandes von Kamerun
ihre Interessensphäre zu ziehen , welcher ausserhalb
suche der Häuptlinge und Missionare fort. Die Ur
des Vertragsmässig stipulierten deutschen Einfluss- sache liegt darin , dass, nachdem zur Belohnung für gebietes liegt. Das deutsch -französische Abkommen vom 24. Dezember 1885 fixierte nur im Süden (c. 2 ° n . Br. ) eine bis zum 15. ö. L. Gr. reichende 0
die dem König Mwanga geleistete Hilfe Würden und Landbesitz gleichmässig unter die beiden Kon fessionen verteilt worden waren , die Unterthanen,
Grenzlinie. » Die Regierung der Französischen Republik übernimmt die Verpflichtung , sich einer jeden
welche sich nicht zur Religion ihrer Herren bekannten, vielfach misshandelt oder von Haus und Hof ver
politischen Einwirkung nördlich von dieser Linie zu
trieben oder gar meuchlerisch ermordet wurden.
enthalten «. Daraus geht offenbar – was in jüngster
Auf den bestimmten Grundstücken ,, auf den be
Zeit oftmals übersehen wurde -- hervor, dass in den Ländern östlich vom 15. Längengrad und nörd-
stimmten Aemtern ruht die Pflicht der bestimm
ten Konfession , und mit dem Wechsel der Reli
lich vom 2. Breitengrad kein Hemmnis der Gebiets- gion erlischt das Recht des Besitzes an beiden. erweiterung für irgend eine europäische Nation existiert. Wenn nun Savorgnan de Brazza , welcher
Ausserdem zeigte sich im vorigen Jahre oftmals unter den Protestanten die Neigung , zum Katholi
im Dezember 1891 von Stanley Pool aufgebrochen cismus überzutreten, da der König diesem besonders ist, und den Sangha aufwärts verfolgte, wirklich, wie günstig gesinnt ist und an Katholiken mehr Gnaden kürzlich berichtet worden, in Woso ( 2 ° 20'n. Br. und
verteilt, als an Protestanten . Ihr Uebertritt mit Bei
17 ° 40' ö. L. Gr.) eine Station gegründet hat und behaltung der Macht und des Reichtums rief den beabsichtigt, direkt nördlich von hier bis zum Schari vorzudringen, so hat Deutschland absolut keine Be-
lebhaftesten Widerspruch hervor. Der französische Bischof verlangte daher im Juli (oder August) von
rechtigung, dagegen zu protestieren , ebensowenig wie Kapitän Williams, dem Stellvertreter Lugards, gegen das Vorgehen Dybowskys und der Expe- vollkommene Religionsfreiheit, wie sie einem Lande dition Maitre - Liotard , welche vom Mittellauf des gebühre, das unter englischem Einfluss stehe. Bei Ge Ubangi aus nach Kuti und nach dem Mbomu sich auf den Weg gemacht haben . Eine andere Frage ist , ob es nicht patriotische Pflicht wäre , mit den
Franzosen in Wettbewerb um jene (wahrscheinlich )
währung eines solchen Verlangens würde die Partei der Katholiken sich ungemein rasch vermehrt haben
und die ausschlaggebende Macht im Lande geworden sein. Die protestantischen Missionare machten den
herrenlosen Länder zu treten. Ich bin der Meinung, Gegenschachzug: sie erklärten sich zur Annahme
dass die Franzosen einem Phantom nachjagen, näm- des Vorschlages bereit,abernur unter der Bedingung, lich einer unmöglichen Verbindung der Interessen dass die volle englische Oberhoheit von allen Wa am Tsadsee mit jenen am Kongo ; dass wir dagegen
gandas anerkannt und das englische Gerichtsverfahren
Afrikanische Neuigkeiten.
212
im ganzen Lande eingeführt würde 1). Dem aber
Da er die fragliche Rentabilität der Bahn nicht in
widersetzten sich der König und die Katholiken auf den Vordergrund schieben konnte, so griff er unter das entschiedenste.
richtiger Würdigung der englischen Humanitäts
Durch sehr energisches Auftreten war es inzwischen Kapitän Lugard im März gelungen, wenig-
schwärmerei zu dem Aushilfsmittel der Behauptung, die Brüsseler Konferenz verpflichte die Regierung
stens so weit die gegen einander wütenden Parteien zu beschwichtigen , dass sie sich unter seiner Füh-
zur Abschaffung des Sklavenhandels in der Ostafri kanischen Interessensphäre, und der Bau jener Eisen bahn sei das wirksamste Mittel hiezu. Um dies den
rung vereinten , um
gegen den gemeinsamen und
drohenden Feind , gegen die Mohammedaner und Skeptikern unter den Steuerzahlern noch etwas mund Kabba Rega von Unioro, mit sooo Gewehren und 20000 Speeren zu Felde zu ziehen. Mitte Mai war
gerechter zu machen, wurde nebenbei angeführt, dass man später die gegen die Sklavendaus kreuzende
der Sieg errungen. Lugard rückte bis in die Gegend
Küstenflotille, welche jährlich zwei Millionen Mark
zwischen dem Albert- Eduard- und Albert-Nyanza vor ;
kostet, entbehren könnte. Ein grosses Fragezeichen
in der Nähe des ersteren Sees , wo er reiche Salz-
ist hier wohl erlaubt. Nach Parlamentsbeschluss vom
werke vorfand, gründete er die Salt Lake-Station. In dieser Zeit traf er auf die Spuren von Emin Pascha.
4. März wurden 400000 Mark zur Rekognoscierung der projektierten Eisenbahnlinie bewilligt. Kapitän
Wie dieser ihm vorwirft, er habe die Eingeborenen
Macdonald hat an der Spitze einer starken Expe
gegen ihn aufgehetzt, so beschuldigt der Engländer
dition die Tracierung der Bahn bereits begonnen.
ihn , er habe Waffen und Munition an die Häupt-
Man darf wohl ohne Uebertreibung behaupten,
linge verteilt und in der Gegend des Ruwenzori die deutsche Flagge aufgepflanzt.
die ganze afrikanische Sklavereifrage, wie sie beson
So einflussreich die Stellung der Engländer in Uganda ist, so teuer kommt sie der Gesellschaft zu stehen. Nach Jacksons Einzug in Uganda im Mai 1890 mussten innerhalb eines Jahres drei grössere
Verstärkungsexpeditionen unter Lugard , Williams und Smith nachgeschickt werden, und doch stellte
ders in England mit human klingenden Phrasen an gepackt wird , ist nur ein Schild , hinter dem sich ganz andere Interessen verbergen. Gilt es , der Sklaverei wirklich etwas empfindlich auf den Leib
zu rücken und zwar mit Maassregeln, die geräusch los Gutes schaffen und nicht bis zu den frommen
Ohren von Exeter Hall zu dringen vermögen, welche sich Mitte des vorigen Jahres ein erneuter Bedarf aber andererseits einschneidend die Unternehmungen an Waffen und Munition ein. Lugard wandte sich von überseeischen Engländern durchkreuzen könnten , vergeblich an Stokes ; er beschwert sich bitter über so rührt die Regierung keinen Finger. Den Beweis ihn, da er von dem am Südende des Sees massen- dafür liefert mir ein merkwürdiger Brief in der Times haft aufgehäuften Kriegsmaterial gar nichts ihm , son- vom 1. März 1892 von einem englischen Missionar, dern alles den Deutschen überlasse. der offenbar aus der Schule schwätzt. Er sagt : alle Die englische Gesellschaft befindet sich seit Expeditionen, sei es von Kaufleuten oder Missions
Jahresfrist in einer empfindlichen Klemme ; sie möchte
gesellschaften, mieten auf Zeit die Sklaven der Araber
Renten gewinnen trotz des schwerbelasteten Ausgabe- als Träger. Der Araber und nicht sein Sklave er Sie setzt ihre ganze Hoffnung jetzt auf eine
hält den Vorschuss, der vor dem Beginn der Reise
möglichst erleichterte und ergiebige Ausfuhr von
zu zahlen ist ; da ein guter Teil der Träger nach
etats.
Naturprodukten aus Uganda . Der Bau einer Eisen- einigen Marschtagen zu desertieren pflegt und stets bahn von Mombas nach dem Victoria-Nyanza er-
wegen Mangels eines irgendwie anders gearteten
scheint als die einzige Rettung vor dem Bankrott;
Unterkommens zu seinem Herrn freiwillig zurückläuft,
aber die hiezu nötigen Millionen kommen nicht von selbst. Denn die Rentabilität begegnet starken Zwei-
um von diesem wieder vermietet zu werden , so ist das
Halten von Sklaven auf Lager ein höchst lukratives
feln, da nach den jüngsten Berichten selbst Lugards Geschäft; deshalb steigert sich die Nachfrage nach und der englischen Missionare der Reichtum Ugandas nicht in der überschwenglichen Menge vorhanden ist, wie man früher nach einzelnen Reiseschilderungen
Sklaven mehr , als dass sie sich mindert – unter englischem Protektorat ! »Würde die englische Re gierung einmal den reichen Hindus in Sansibar ordent
geglaubt. Wenn die Kapitalisten nichts riskieren wollen , dann kann und muss es der Staat . Lord Salisbury zeigte sich bereit, gewiss mit Rücksicht
lich auf die Finger sehen, so würde sie dem ganzen Sklavenunwesen den empfindlichsten Schlag versetzen und sie würde verhindern , dass diese Unterthanen
-
>
auf das durch das Deutsche Reich gegebene Beispiel, der Königin von England so viel Schmach auf den jährlich einige Millionen auf Ostafrika zu verwenden . englischen Namen häufen .« Sansibar wurde am 1. Februar 1892 von tät, noch unter englischem Protektorat ; es gehört nur zum Ge.
England zum Freihafen erklärt. Dadurch wird ge wiss die Stellung von Sansibar als Handelsplatz
biete der englischen » Interessensphäre «,ein Ausdruck, mit welchem man alle möglichen und unmöglichen staatlichen Verpflichtungen
ausserordentlich sich heben. Ob aber unser Handel an der Ostafrikanischen Küste deshalb sich vermin
1) Uganda steht nämlich weder unter englischer Souveräni-
und Rechte behaupten oder auch vermeiden kann, wie die Ver
handlungen des englischen Parlamentes vom 3. und 4. März zur
dern wird, kann bezweifelt werden , da weitaus der
Genüge beweisen .
grösste Teil desselben schon bisher nicht in dem
Afrikanische Neuigkeiten .
213
standen hat , somit Sansibar Hauptdepot war und
daten und 200 Trägern von Tanga ab ; von seiner Expedition haben wir interessante geographische Re
bleiben wird.
sultate zu erwarten . Denn er beabsichtigt, von der
Verkehr mit Deutschland, sondern mit Indien beEinen lebhaften Anreiz dürfte das
Schmugglerhandwerk erfahren.
Kilimandscharogegend aus das ganze noch uner
Deutsch - Ostafrika. Ein höchst interessantes Schriftstück ist die Instruktion des Gouverneurs v. Soden an die nach
forschte Massaigebiet zwischen dem 34. und 37.º ö. L. zu durchqueren . Dr. Peters übersandte unter dem 30. Dezember 1891 einen Bericht nach Dar es Salaam (D. Kol.-Bl.
dem Seengebiete bestimmten Ablösungskommandos
1892 , S. 141 ) , welcher eine sehr anfechtbare neue
unter Lieutenant Herrmann und Dr. Schwesinger
geographische Thatsache und eine unwahrscheinliche
(Deutsches Kol.-Bl. 1892 , S. 70) . Es spricht daraus Aussicht auf die Möglichkeit der Entdeckung von der klar berechnende Verstand: was wir nun einmal | Salpeterlagern enthält. Die geographische Thatsache in jenem fernen Inneren in Besitz genonimen , soll erhalten bleiben , aber alles soll vermieden werden, was mit den gegebenen bescheidenen Mitteln schwierig
besteht darin, dass die » Einzeichnung des Manjara Sees auf den Karten eine falsche ist« . Das wäre nun leicht möglich ; denn sie beruht nur auf Erkundi
zu erreichen wäre. Kein unnötiges Säbelgerassel,
gungen , die Rebmann, Krapf, Wakefield ein gezogen. Aber Peters Behauptung, der See liege
sondern ein » diplomatisch vermittelndes « Auftreten gegenüber den Eingeborenen und reiflich überlegte,
8-10 deutsche Meilen direkt westlich von Kibonoto
thatkräftige Unterstützung der wissenschaftlichen und
(u. i . Kibongoto, nördlich von Madschama), ist noch
merkantilen Unternehmungen ! Ferner erkennen wir
viel weniger haltbar , weil gerade in dieser Gegend die Marschroute G. A. Fischers liegt (vgl . Mitt.
hier mit grosser Befriedigung, dass der erste Ver-
such, den Lieutenant Sigl im vorigen Jahre gemacht, die Schutztruppe durch Eingeborene der nächsten Umgebung zu vermehren , geglückt und zu einem
der Hamb. Geogr. Ges. 188284) und der sorgfältige
Forscher Fischer den Manjara -See nicht hier ein zeichnet , sondern in der fast einen Breitegrad süd vollständigen System erweitert worden ist. Auf die licheren Lage belässt . Peters nimmt übrigens die billigste Weise wurde dadurch das Soldatenmaterial | Berechtigung zu dieser Korrektur der Karte nicht vermehrt. So gering unsere militärische Macht auch von persönlichem Augenschein , sondern auf Grund europäischen Augen erscheinen mag , der Zuwachs von Erzählungen, die ihm fünf » Halbaraber« von an namhafter Kraft durch die Einstellung von 129 einer 13tägigen Exkursion nach der Kilimandscharo
Wangoni in die 69 Mann starke Sudanesentruppe station gebracht. Die zweite Entdeckung, die sich lässt sich nicht leugnen , wenn man bedenkt , dass auf Natronablagerungen bezieht, und wodurch das
anfangs nur 49 Sudanesen in drei Stationen über das weite Gebiet zerstreut waren .
Der Gouverneur hat ferner eine sehr wichtige Weisung dem Lieutenant Herrmann erteilt , nämlich vorbereitende Schritte zur Errichtung einer Militärstation in Ugogo zu thun, womit endlich den oft verwünschten Plakereien und Beraubungen durch die Wagogohäuptlinge ein Ende gemacht und der Karawanenverkehr von Mpapwa nach Tabora von der unerträglichen Sperre befreit werden wird. In Aussicht genommen ist der Distrikt Unianguira (6ºs. Br. und 35 ° ö . L.), welcher nach Pater
Kilimandscharogebiet eine erheblich verstärkte Be deutung« erhalten soll, ist eine längst bekannte That sache ; schon auf der Stanley schen Karte von 1878 findet man östlich vom Dönjo Ngai eingetragen :
» Swamp of Nitrate of Soda« . Natron wird bei uns so billig hergestellt und kommt ausserdem in dem viel näher gelegenen Aegypten in solchen Massen vor, dass an eine Rentabilität des Exportes aus jenen unwegsamen Landstrichen gar nicht zu denken ist.
Dass man neben den Natron- auch auf Salpeterlager stossen könnte, bezeichnet selbst Peters nur als
eine » Hoffnung« , die er aber in keiner Weise zu
Schynse und Kurt Töppen wegen seiner relativen begründen vermag. Die in Berlin angestellte Unter Fruchtbarkeit besonders sich eignen dürfte. Der dort suchung der eingeschickten Probestücke beweist, wie herrschende Häuptling Makenge ist einer der mäch- eitel sie war ; das Resultat war einfach Natron , ohne tigsten im ganzen Lande. jede Beimischung von Salpeter. Die Avantgarde der grossen » Ukerewe-Expedi Msiris Reich. tion« (Transport des »Wissmann « - und »Peters« Alfred Sharpe publiziert in den Proc . of th . Dampfers) hat den Vormarsch begonnen : im Dezember 1891 brachen Baron Fischer, welcher die Tiefen- R. G. S. 1892, S. 36 eine Reise, welche er von Juli 1890
verhältnisse des Victoria-Nyanza untersuchen wird,
bis Februar 1891 vom Shirefluss aus, längs des Nyassa
und Rindermann , der hauptsächlich mit meteoro-
Sees, am Südende des Tanganyika -Sees vorbei nach
logischen Beobachtungen betraut worden, von Baga-
dem Maeru-See und nach Garenganze oder Msiris
moyo auf; Ende Februar folgte ihnen Borchert ;
Reich und fast auf derselben Route wieder zurück,
er wird eine Werft am Südufer des Sees errichten
unternommen .
und mehrere Segelschiffe bauen . Stokes besitzt dort das einzige brauchbare grössere Fahrzeug.
zwischen dem Südende des Tanganyika und dem
Unerforschtes Gebiet hat er nur
Nordostufer des Maeru-Sees betreten . Vergleicht man
Dr. Baumann ging am 17. Januar mit so Sol- seine Kartenskizze mit der ausführlichen Karte von Ausland 1892 , No. 14 .
28
Afrikanische Neuigkeiten .
214
Paul Reichard (Mitt. der Afrik . Ges. , Band V), so findet man vor allem eine befriedigende Ueber-
zwungen , einen so unerträglichen Druck hier aus zuüben, dass die Portugiesen trotz des ablehnenden
einstimmung beider und zwar da, wo sie dieselben
Kammervotums vom 8. Februar d. J. auf einen teil weisen Verkauf ihrer afrikanischen Besitzungen schliesslich doch eingehen werden . Hat sich ja kürz lich erst der Finanzminister Oliveira Monteiro ge äussert, er sei bereit, den erneuten Antrag über Ab
Wege gegangen .
Als fester Punkt bleibt ebenso
das im östlichen Winkel des 9. ° s. Br. und 30.0 ö. L. gelegene, von Livingstone und Giraud verzeichnete Hara, jetzt Abdallah , bestehen . Sharpes Ver-
besserungen beschränken sich auf folgendes: Dertretung von Mozambique an England zu unterstützen, Maeru -Atapa -Sumpf (950 m) liegt westlich vom er auch die sofortige Ausführung für nicht 30. ö. L. und verschluckt die vier von den Bergen
opportun erklärte .
Ita was ihm zuströmenden Flüsse ; er steht also nicht Matabele - Land .
durch den Tschisera , welcher überhaupt nicht exi stiert, mit dem Maeru-See (900 m) in Verbindung ;
Die vor einem Jahr so hochgehende Erbitterung
das Terrain zwischen beiden erhebt sich bis 1200 m .
der Portugiesen gegen die Engländer hat sich ganz
Der Unterlauf des Kalongwizi bleibt bis zum 9.0 s . Br.
sachte beschwichtigt, ja sogar in das Gegenteil ver
dem 29. ° 30' ö. L. parallel und mündet ungefähr 1oʻ weiter nördlich ; die Gestalt des Maeru-Sees erhält
kehrt. Die Portugiesen fügen sich der unwider stehlichen Kapitalmacht Englands. Die Mozambique
durch Verlängerung des Nordendes um 10' , durch
Company mit dem
Oberst Machado an der
eine fast gleich starke Verschiebung des Nordwest- Spitze hat sich im Februar d. J. mit der Englisch ufers nach Westen und durch die einen halben Grad Südafrikanischen Gesellschaft vereinigt, um eine Port betragende Verkürzung im Süden eine nicht unDer König von Garen wesentliche Veränderung. ganze zeigte sich nicht unfreundlich gegen Sharpe; ;
Beira Railway Company zu gründen . Die Bahn soll bekanntlich die Ostküste, den Pungwe aufwärts, mit
dem Plateau von Manica und Matabele-Land ver
seitdem aber Paul Reichard , den er nicht ver-
binden . Ein Kapital von 8 Millionen Mark ist zu
gessen, wider seinen Willen heimlich abgezogen,
sammengebracht; im Aprilkann der Bau beginnen, und
argwöhnt er Böses von allen aus Osten kommenden Reisenden ; deshalb ist zu vermuten , dass die vom Kongo ausgegangenen Expeditionen unter Delcom-
zum Anstieg des Berglandes, bis wohin die Tsetsefliege
mune , Le Marinel , Bia und Hodista eine zuvor-
kommendere Aufnahme finden werden, als Stairs, welcher im Herbst 1891 von Bagamoyo nach jenen
im Oktober d. J. soll die Strecke von der Küste bis
die Beförderung durch Lastzugtiere unmöglich macht, fertig gestellt sein. Die Mozambique -Company hat sich ganz in die Arme der » Chartered Company« geworfen : sie stimmt zu , dass ein Direktorium für ihre gemeinschaftlichen Unternehmungen eingesetzt
Gegenden aufgebrochen ist .
werde und zwar in London , und dass diesem
die
Nyassa - Land. Finanzkontrole, die Leitung nicht nur der Minen Der englische Kommissär H. H. Johnstonanlagen , sondern auch der industriellen und land hatte im Oktober 1891 bei Mponda im oberen Shiregebiet mit Erfolg eine Sklavenhändlerbande bekämpft und auseinander getrieben . Das schürte die Erbitte-
wirtschaftlichen Betriebe übertragen werde. Th . Bent , welcher im Januar v. J. von London abreiste und nahezu das ganze Jahr in Matabele
rung namentlich der am Ostufer des Nyassa-Sees Land verweilte, hielt am 22. Februar d . J. einen ansässigen mohammedanischen
Häuptlinge
vom
Vortrag über die Ruinen von Zimbabye, welche er einer möglichst gründlichen Erforschung unterzogen
Stamme der Yaos , welche in Verbindung mit den Sklavenjägern jenseits des Sees einen schwunghaften
hatte. Er konstatierte, dass Zimbabye die Haupt
Menschenhandel nach der Küste betrieben .
stätte einer grossen Reihe von befestigten Plätzen
Als die
Engländer nun Anfang Januar 1892 das Hauptnest sei , welche sich am östlichen Plateaurande des Makanjila (am Ostufer des Nyassa) mit 100 Mann
Manica-Landes vom Sabi bis nördlich zum Mazoe
indischer Truppen angriffen, erlitten sie eine empfind-
erstrecken. Sie stammen wahrscheinlich von Ein
liche Niederlage , wobei drei Europäer umkamen . Johnston rüstet sich in Zombo zu einem Rache -
wanderern aus Arabien und dienten zum
Schutz
grossartig betriebener Goldgräbereien während einer
zuge. Die Engländer erhielten hier die unwidersprech- viele Jahrzehnte dauernden Occupation. Die Ruinen liche Belehrung, dass die Anwendung von Waffen
von Zimbabye bestehen aus einem Fort auf dem
gewalt in Ostafrika ein gelegentlich unvermeidliches
Gipfel des 120 m hohen Hügels, aus einem Rund
Civilisationsmittel und nicht, wie sie so oft in ihrer
bau am Abhange desselben und aus einem Netze von
Presse behauptet, ein den Deutschen eigentümlicher
kleineren Gebäuden , die tief in das Thal hinab
barbarischer Sport ist. Andererseits müssen sie er
reichen .
9
Das Auſfinden eines Schmelzofens , von
kennen , dass die Widerstandskraft der Häuptlinge Schmelztiegeln und Gussformen geben Zeugnis von gerade im Nyassa-Land nur durch die Nachlässig- der hier stattgefundenen Verarbeitung des Gold keit der portugiesischen Behörden in Mozambique stets neue Nahrung, d. h. Waffen und Munition, erhält. Sie sind daher im eigensten Interesse ge-
quarzes. Deutsch -Südwestafrika.
Das wichtigste neueste Ereignis für die Zukunft
Reisebriefe von Charles Darwin.
dieser Kolonie ist , dass das Konsortium , welches
215
erwerben wollte, am 18. Februar d. J. unter Preis-
helm Christian ungestraft alle möglichen Will kürlichkeiten gegen die eingewanderten Boers, ent gegen den ausdrücklichen Bestimmungen des Schutz vertrages; ja Hauptmann von François sagt ebenda
gabe einer Konventionalstrafe von 200000 Mark zurücktrat und sich auflöste. Das Haupt der englischen Hälfte des Konsortiums, Donald
(S. 148) wörtlich : » Die Verwaltung beschränkt sich vorläufig auf das Herero-Land und das Bastard gebiet« ; das Land der Bondelswarts aber liegt süd
die Rechte und Privilegien der » Deutschen KolonialGesellschaft für Südwestafrika« für 3 000 000 Mark
>
Currie , wurde, gewiss zum Teil mit Recht, lich von Rehobot und Windhoek , den Hauptorten ver beschuldigt, deshalb das Zustandekommen
hindert zu haben , weil er die Ueberzeugung gewonnen, Deutschland werde über kurz oder lang
des Bastardgebietes. Unsere Machtlosigkeit in weit ausgedehnten Territorien, in welchen wir die deutsche Flagge gehisst, beruht nicht etwa in dem Mangel
das Land als aussichtslose Kolonie aufgeben und
einer energischen Verwaltung, sondern in der Un
räumen. Nach seiner eigenen Erklärung im » Stan - möglichkeit, mit so Mann Schutztruppe überall und dard « vom 22. Februar d. J. scheint der Haken in gleichzeitig kräftig eingreifen zu können. der ungenügenden Anerkennung der Rechte des mit ihm eng verbundenen Robert Lewis zu stecken ; auch bezweifelt er bei öffentlicher Subskription irgend einen Erfolg, solange das Programm der neu
Reisebriefe von Charles Darwin.
zu gründenden Gesellschaft keine vollständig deutliche Bezeichnung der eingeräumten Territorien und Rechte
(Schluss.)
enthalte. Der stichhaltigste Grund dürfte wohl in der Erkenntnis der Engländer beruhen , dass zur Zeit im allgemeinen das Publikum die Lust zur Kapitalsanlage in Südafrikanischen Unternehmungen
Herausgegeben von W. Preyer (Berlin).
IX .
Valparaiso, 18. April 1835 .
Ich bin eben von Mendoza zurückgekommen, nachdem ich auf zwei Pässen die Kordilleren über
stark verloren hat, und dass sich speciell in Deutsch-
schritten habe. Dieser Abstecher hat viel zu meiner
Südwestafrika nur ein schwierig sich abwickelndes und sehr langsam sich rentierendes Geschäft machen lasse. Wer dort erwerben will , muss in hohem Grade Genügsamkeit und Zähigkeit im Warten besitzen . Dorthin gehören Leute wie die Boers, welche der Besitz eines möglichst weit ausgedehnten Grund stückes allein schon mit so hoher Befriedigung er-
Kenntnis der geologischen Beschaffenheit des Landes beigetragen . Ich will eine sehr kurze Skizze der Struktur dieser riesigen Berge geben. In dem Por tillopass (dem südlicheren ) haben Reisende die Kor dilleren als aus einer doppelten Kette von beinahe gleicher Höhe bestehend beschrieben, welche durch
füllt, dass sie willig den primitivsten Wohlfahrtsbedingungen sich unterwerfen und mit der im Kapland
trennt wären . Dies ist auch der Fall : und dasselbe
erworbenen Geschicklichkeit versuchen, Wüsteneien
geringe Erhebung der östlichen Reihe, hier nicht mehr als 6000 oder 7000 Fuss hoch, hat veranlasst,
in halbwegs brauchbares Ackerland zu verwandeln. Da wir einmal die deutsche Flagge in diesen Gegenden aufgepflanzt haben, so müssen wir bleiben
einen erheblichen Zwischenraum
von einander ge
Verhalten erstreckt sich nordwärts bis Uspellata. Die dass sie fast übersehen wurde .
Um mit der westlichen und Hauptkette zu be
trotz wiederholter Enttäuschungen ; das verlangt der ginnen , wo die Durchschnitte am besten gesehen politische Anstand; auch ist die Zeit unserer Oc- werden , so finden wir da eine enorme Masse eines cupation zu kurz, um das Verdikt der absoluten Porphyrkonglomerates, das auf Granit ruht. Dieses >
Aussichtslosigkeit auszusprechen.?) Aber man steigere
letztere Gestein scheint den Kern der ganzen Masse
die Ausgaben für die Kolonie nur mit der Zunahme des wirklichen Wertes derselben . Trotzdem bin
auszumachen und wird in den tiefen Seitenthälern
ich der Meinung, dass der gegenwärtige Etat von
gesehen , wo es in die überliegenden Schichten hin eindringt, sie hebt und in ganz ausserordentlicher
292 000 Mark um ein Beträchtliches erhöht werden
Weise um und um
muss, wenn wir die freiwillig übernommenen Pflichten würdig einer grossen Nation erfüllen sollen : wo wir die
fällen der Berge sieht man die verwickelten Gänge und Keile verschieden gefärbter Gesteine in jeder
wälzt .
Auf den nackten Ab
Schutzherrschaft über die Häuptlinge ausgesprochen , möglichen Weise und Gestalt dieselben Formationen da muss auch unsere Macht und unser Wille entscheiden . Das scheint nun in dem Gebiete der
durchbrechen, welche durch ihr Durcheinandergehen eine Reihe von gewaltsamen Veränderungen be
Bondelswarts , welche sich am 21. August 1890 mit
weisen. Die Schichtung in allen Bergen ist prächtig
ihrem Häuptling feierlichst unter das deutsche Pro-
deutlich und kann infolge der Verschiedenheit ihrer
tektorat stellten, nicht der Fall zu sein. Denn nach Färbung in grossen Entfernungen erkannt werden . dem jüngsten Bericht des Hauptmanns von François Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend ein Teil (Kol.-Bl. 1892, S. 144) begeht der Häuptling Wil- der Erde ein grossartigeres Bild des Durchbrechens 1) Vgl . jedoch Gührichs Bericht in Nr. 1 d . 1. Jahr. ganges.
Die Red .
der Erdkruste bieten kann, als diese centralen Spitzen der Anden. Die Erhebung hat stattgefunden auf einer grossen Anzahl von fast nordsüdwärts ge
216
Reisebriefe von Charles Darwin .
richteten Strecken , und hat in den meisten Fällen ebenso viele antiklinische und synklinische Schluchten
dem Pass von Puquenas. In dieser Formation , wo
ein schwarzes Gestein (wie Thonschiefer, ohne viel
gebildet. Die Schichten der höchsten Spitzen sind Blätter) und blasser Kalkstein den roten Sandstein fast allgemein in einem Winkel von 70–80 ° geneigt. Ich kann Ihnen nicht sagen , wie sehr ich einige von diesen Aussichten genoss. Es ist der Mühe wert, von England herzukommen, um einmal solch
ersetzt haben , fand ich eine Fülle von Muschelein
drücken. Die Erhebung muss zwischen 12- und 13000 Fuss betragen . Eine Muschel , welche , wie
ich glaube , eine Gryphaea (Greifmuschel) ist , ist
die häufigste. Es gibt auch eine Auster-, eine Tur von 10—12000 Fuss herrscht eine Klarheit der Luftritella-, eine Ammonitenart, eine kleine Bivalve, eine und eine Täuschung in Betreff der Entfernungen und Terebratula (?). Vielleicht wird ein tüchtiger Kon
ein intensives Entzücken zu fühlen . In einer Höhe
eine Art Stille, welche das Gefühl erweckt, in einer chyliologe im stande sein, eine Andeutung zu geben, anderen Welt zu sein , und wenn hiermit das so
deutlich gezeichnete Gemälde der grossen Gewaltepochen sich vereinigt , so ruft es im Gemüte eine
mit welcher grossen Abteilung des europäischen Fest landes diese organischen Ueberbleibsel die grösste Aehnlichkeit haben . Sie sind überaus unvollständig
höchst eigentümliche Vereinigung von Ideen wach . und spärlich ; die Gryphiten sind am vollständigsten . Die Schicht , welche ich die des Porphyrit- Es war spät in der Jahreszeit und die Situation wegen konglomerates nenne, ist die wichtigste und am der Schneestürme besonders gefährlich. Ich wagte besten ausgebildete in Chile. Nach einer grossen nicht, mich länger aufzuhalten, sonst hätte eine gute Anzahl von Durchschnitten finde ich , dass sie ein
Ernte gemacht werden können .
echtes , grobes Konglomerat ist oder aus Breccien besteht , welche Schritt für Schritt in langsamer Abstufung in einen schönen Thonporphyr übergehen.
westliche Seite.
So viel über die
Durch den Portillopass nach Osten vordringend, traf ich auf eine ungeheure Masse eines Konglome
Das Geschiebe und der Cement wird porphyritisch, rates ; die nach Westen mit 45 ° abfällt und auf bis zuletzt alles in einem kompakten Gestein vermengt ist. Die Porphyre sind überaus häufig in
Glimmersandstein u . s. w. ruht, emporgehoben , in
dieser Kette , und ich bin gewiss , dass wenigstens
einer sehr grossen Masse Protogin (grosse Quarz
Quarzgestein verwandelt, durchbrochen von Gängen
vier Fünftel davon so aus sedimentären in situ er- krystalle , roter Feldspat und ein wenig Chlorit ). zeugt wurde. Es gibt auch Porphyre , welche von unten in die Schichten hineingeworfen wurden und andere, welche im Flusse waren , sind hinausgetreten ,
Dieses Konglomerat, welches auf dem Protogin ruht und von ihm in einem Winkel von 45 0° abgeht, besteht aus den eigentümlichen Gesteinen der erst
und ich könnte Exemplare dieses Gesteines zeigen,
beschriebenen Kette, Geschieben des schwarzen Ge
welche in dieser dreifachen Weise entstanden und nicht von einander unterschieden werden können .
steines mit Muscheln , grünem Sandstein u. s . w . Es ist hier offenbar, dass die Erhebung ( und der
Es ist ein grosser Irrtum , die Kordilleren (hier ) als
Absatz wenigstens eines Teiles) der grossartigen
nur aus Gesteinen bestehend anzusehen , welche im
östlichen Kette durchaus später als die der west lichen stattfand. Nach Norden in dem Uspellatapass
Flusse gewesen seien . Ich sah in dieser Kette niemals ein Stück, von dem ich glauben könnte, dass
haben wir auch eine Thatsache derselben Art . Be
es so entstanden wäre, obgleich die Strasse in nicht achten Sie dieses, es wird beitragen , Ihnen folgendes grosser Entfernung von thätigen Vulkanen vorüber - glaublich zu machen. Ich sagte, dass die Uspellata
führt. Die Porphyre, Konglomerate, der Sandstein ,
kette geologisch, obwohl nur 6000 oder 7000 Fuss
der Quarzsandstein und Kalkstein wechseln mit ein- hoch, eine Fortsetzung der grossen Ostkette bildet. ander ab und gehen oftmals in einander über (dem
Ihr Kern ist von Granit und besteht aus Lagern
Thonschiefer aufliegend , wenn nicht vom Granit mannigfaltiger krystallinischer Gesteine, welche, wie durchbrochen ). In den oberen Lagen beginnt der
ich nicht bezweifeln kann , mit Sandstein , Kon
Sandstein mit Gips abzuwechseln , bis zuletzt wir glomeraten und weissen aluminösen Schichten (wie diese Substanz in einer ungeheuren Mächtigkeit haben .
zersetzter Feldspat) und mit vielen anderen merk
Ich vermute wirklich , dass die Schicht an einigen würdigen Varietäten sedimentärer Ablagerungen ab Stellen (sie variiert sehr) eine Mächtigkeit von bei-
wechselnde, unterseeische Laven sind. Diese Laven
nahe 2000 Fuss hat. Sie kommt oft zusammen vor
und dieser Sandstein alternieren sehr häufig und sind eines dem anderen ganz konform. Während zweier Tage sorgfältiger Untersuchung sagte ich mir wenig
mit einem grünen (Epidot ?) , kieseligen Sandstein und schneeweissem Marmor und gleicht der in den
Alpen , da sie grosse Konkretionen eines krystallini- stens fünfzigmal , wie sehr ähnlich oder vielinehr schen Marmors von schwarzgrauer Farbe enthält. härter diese Schichten als jene der oberen tertiären Die oberen Schichten , welche einige der höheren Spitzen bilden , bestehen aus Lagern von schneeweissem Gips und rotem, kompaktem Sandstein von
von Patagonien , Chiloe und Concepcion sind, ohne dass die Möglichkeit ihrer Identität mir jemals beifiel. Schliesslich konnte ich dieser Schlussfolgerung nicht
der Mächtigkeit eines Papiers bis zu der von einigen
mehr widerstehen . Ich konnte nicht Muscheln zu
Fuss in endloser Runde alternierend. Das Gestein hat ein höchst merkwürdig gestaltetes Aussehen an
finden erwarten, denn sie kommen niemals in dieser
Formation vor , aber Lignit oder Kohlenschiefer
Reisebriefe von Charles Darwin .
musste gefunden werden . Ich war früher ungemein
217
worden und werden von Gängen aus der Masse
überrascht worden durch das Antreffen von dünnen durchquert : sie sind jetzt in steilen Winkeln geneigt Lagen (einige Zoll bis einige Fuss mächtig) einer und bilden regelmässige oder komplizierte antiklini Jetzt vermute sche Striche. Um diese Klimax zu vollenden , werden
Pechstein -Breccie in dem Sandstein .
ich stark, dass der unterliegende Granit solche Lagen
diese selben sedimentären Schichten und Laven von
in diesen Pechstein verwandelt hat. Das verkieselte
sehr zahlreichen , echten Metalladern von Eisen,
Holz (besonders charakteristisch für die Formation ) | Kupfer , Arsenik , Silber und Gold durchsetzt, und >
fehlte noch , aber die Ueberzeugung, dass ich auf diese können bis zu dem unterliegenden Granit ver der Tertiärschicht mich befand , war so stark in mir zu der Zeit , dass am dritten Tage mitten in der
folgt werden. Eine Goldmine ist dicht bei der Gruppe verkieselter Bäume ausgebeutet worden.
Lava und in Haufen von Granit ich eine anschei-
kleines Gehölz von versteinerten Bäumen in senk-
Wenn Sie meine Kabinetstücke, Profile und Berichte sehen , werden Sie sagen , dass eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit für die obigen Thatsachen spricht. Sie erscheinen sehr wichtig ; denn der Bau und die Grösse dieser Kette kann den Vergleich mit irgend
rechter Stellung, oder es waren vielmehr die Schichten
einer auf der Erde aushalten : und dass all dieses
ungefähr um 20° oder 30 ° nach der einen Richtung geneigt und die Bäume um 70 ° nach der entgegen-
in einer so recenten Periode entstanden sein soll, ist in der That bemerkenswert . Was mich selbst
nend hoffnungslose Jagd darauf machte. Was, glauben Sie wohl, fand ich ? In einer Böschung von kompaktem , grünlichen Sandstein fand ich ein
gesetzten , d . h . sie waren vor dem Stoss wirklich
betrifft, so bin ich ganz davon überzeugt. Ich kann
vertikal. Der Sandstein besteht aus vielen horizon-
jedoch mit der grössten Gewissenhaftigkeit sagen,
talen Lagern und ist durch die koncentrischen Striche
dass keine vorher gefasste Vermutung mein Urteil
der Rinde ( ich besitze ein Exemplar) gezeichnet. Elf sind vollständig verkieselt und gleichen dem Dikotyledonenholz, welches ich zu Chiloe und Con-
bestimmt hat. Wie ich sie beschrieb , so habe ich die Thatsachen in Wirklichkeit beobachtet .
Auf einigen der grossen Stellen ewigen Schnees
cepcion fand. Die anderen, 33 oder 34 an der Zahl, fand ich den berühmten roten Schnee der arktischen kann ich nur nach der Analogie der Form und
Region . Ich sende mit diesem Briefe meine Be
Stellung als Bäume erkennen . Sie bestehen aus
obachtungen darüber und ein Stück Papier , auf
schneeweissen Säulen (wie Lots Frau ) von grob
welchem ich einige Proben zu trocknen versuchte.
krystallinischem , kohlensaurem Kalk. Der längste Schaft ist 7 Fuss lang. Sie stehen alle dicht bei
Ich sende auch eine kleine Flasche mit zwei
Eidechsen . Eine von ihnen ist vivipar , wie Sie
einander innerhalb 100 Ellen und ungefähr auf der-
aus dem
Begleitschreiben ersehen werden .
Herr
selben Fläche. Nirgendwo anders konnte ich welche
Gay , ein französischer Naturforscher , hat bereits
finden .
Es kann nicht bezweifelt werden , dass die
in einer der Zeitungen dieses Landes ähnliche Mit
Schichten des feinen Sandsteins ruhig zwischen eine Gruppe von Bäumen abgesetzt worden sind , welche
teilungen veröffentlicht und wahrscheinlich einen Bericht darüber nach Paris expediert.
durch ihre Wurzeln fest standen .
Der Sandstein
In der Schachtel finden sich zwei Beutel mit
ruht auf Lava , ist von einer grossen Schicht Augit-
Samen ; einer ist etikettiert: » Thäler der Kordilleren,
lava, anscheinend ungefähr 1000 Fuss mächtig, be-
10000—15000 Fuss hoch «. Der Boden und das
deckt, und über dieser finden sich wenigstens fünf grossartige Abwechselungen solcher Gesteine mit wässerigen Sedimentärablagerungen , welche an Mäch tigkeit mehrere tausend Fuss erreichen . Ich fürchte mich förmlich vor der einzigen Schlussfolgerung,
Klima ist überaus trocken ; der Boden leicht und stark ; extreme Temperaturen. Der andere: »Haupt sächlich von der trockenen, sandigen Traversia von Mendoza , 3000 Fuss mehr oder weniger« . Wenn einige von den Sträuchern wachsen , aber nicht ge
welche ich aus dieser Thatsache ziehen kann , dass
deihen sollten , versuchen Sie ein leichtes Besprengen mit Salz und Salpeter. Die Ebene ist salzführend.
nämlich eine Depression des Landes bis zu jenem Betrage stattgefunden haben muss. Aber abgesehen von dieser Ueberlegung war sie eine höchst be-
friedigende Stütze meiner Vorstellung von dem tertiären Alter dieser östlichen Kette. (Ich verstehe unter tertiär , dass die Muscheln der Periode nahe
In dem Mendoza -Beutel finden sich Samen oder
Beeren von einer Pfanze, die eine kleine Kartoffel mit einer weisslichen Blume zu sein scheint. Sie
wächst viele Meilen von einer Gegend entfernt, welche wegen der Abwesenheit des Wassers nie
verwandt oder zum Teil identisch mit denen sind , mals bewohnbar gewesen sein kann . Unter den welche dort in den tieferen Schichten Patagoniens
trockenen Pflanzen von Chonos werden Sie ein
liegen.) Ein grosser Teil des Beweises muss auf schönes Exemplar der wilden Kartoffel finden, welche meinem » ipse dixit« einer mineralogischen Aehnlichkeit mit den Schichten , deren Alter bekannt ist,
in einem ganz entgegengesetzten Klima wächst und
ruhen bleiben .
muss eine andere Art sein , als die von den niederen
Nach dieser Ansicht ist der Granit,
welcher Gipfel von einer Höhe von vermutlich 14000 Fuss bildet, in der Tertiärzeit flüssig gewesen .
Schichten jener Periode sind durch Hitze verändert
unzweifelhaft eine echte wilde Kartoffel ist. Es Kordilleren.
218
Die Eiszeiten in Finnland .
Die Eiszeiten in Finnland. Von Rob. Sieger (Wien).
Ein paar Aufsätze in der » Fennia « zeigen , dass man nunmehr auch in Finnland der Frage näher zu
Eiszeit im Inneren Finnlands haben dies in der That
als richtig erwiesen . Zwei Parallelrücken ziehen in Form eines Doppelbogens , von Nordost in Nord
richtung, dann mit scharfem Bug bei Lahtis in Ost
Leibe geht, ob man mehrere getrennte Eis
richtung übergehend, durch das südliche Finnland;
zeiten oder blosse Oscillationen am Rande des
sie stehen senkrecht auf Geröllrücken (Asar) und
Sowohl für Nord
Gletscherschliffen und sind somit Endmoränen ,
amerika, als auch für die Alpen darf man es als
die bei längerem Verharren des Eises abgelagert wurden . Ihre innere Umlagerung (Schichtung) führt Sederholm und Frosterus ') auf ihre Ablagerung im Wasser zurück. Dagegen bezweifelt Sederholm , dass sie gleichzeitig mit dem jüngeren baltischen
Inlandseiscs anzunehmen hat.
erwiesen bezeichnen , dass mindestens zwei ver schiedene , durch längere Zwischenzeiten getrennte
Vereisungen stattfanden . Eine Anzahl Forscher, besonders Penck sind sogar zur Annahme einer
Endmoräne dreimaligen Vergletscherung der Alpen gelangt, Eisstrom entstanden, sowie dass sie die Endı welche durch die Ergebnisse einer unter Pencks Leitung 1891 unternommenen Exkursion im Boden seegebiete auch dem Schreiber dieser Zeilen durch aus glaubhaft gemacht wird . Schrammen und Ablagerungen des norddeutschen
der zweiten Vergletscherung bezeichnen.
Im süd
lichen Finnland fand er nämlich ausserhalb des Doppel walles Reste eines Parallelwalles und fand ferner
Auf Grund der die Richtung der asar und Schrammen ganzgleich mit der nördlich von der Moräne vorgefundenen . Er
Flachlandes wird nun auch zumeist eine dop- nimmt also lieber an , dass diese Wälle nicht bei pelte , von Penck (seit 1879) sogar eine drei
erneutem Vorrücken des Eises , sondern bei einem Stillstand in seinem Rückzuge entstanden .
ischenausVer ng der skandinav Wiederholu fache gletscherung angenommen . Insbesondere der Dass aber dieser Stillstand und die Entstehung baltischen Eisstrom
unserer Moräne nicht mit dem
Richtung der Gletscherschrammen lassen sich drei
Stadien der Eiszeit erkennen : ein ältestes, in welchem gleichzeitig gewesen sein kann, folgert er daraus, das Eis in der Mulde der Ostsee vorrückend Deutsch land und Südschweden von Nordost und Ost her
dass er auf den Inseln und Schären Fortsetzungen dieser Moräne gegen W. fand , dass sie also den >
baltischen Eisstroms bedeutend hätte ver erreichte (älterer baltischer Eisstrom ), ein mitt- Wegen des sen leres , in dem die Bewegung vom skandinavischen Centrum aus direkt und radial erfolgte und ein
eng
müs
.
Weiter nach Osten wurde das Salpausselkä ver
letztes, dem ersten analoges (jüngerer baltischer folgt von W. Ramsay ?). Auch hier in Ostfinn Eisstrom ). Die Streitfrage ist, ob wir diese Stadien auf drei verschiedene Eiszeiten mit ungleicher Aus dehnung oder bloss auf ein allmähliches Anwachsen und Wiederabnehmen der Mächtigkeit des Inlands eises zurückführen sollen .
Vielfach wird auch das
land zeigten sich zwei Moränenwälle, deren innerer besonders deutlich ausgeprägt ist , und welche
NW. vom Ladogasee aus der Ostrichtung gegen Norden herum biegen und bei Joënsuu, wie es scheint, mit scharfer Knickung wieder in Ostrichtung über
erste und zweite Stadium dem Anfange und Höhe- gehen. Sederholms Ansicht, dass die Ostgrenze punkt der ersten Vereisung , das dritte hingegen der jüngeren Eiszeit zugewiesen .
der Vereisung zu jener Zeit weiter reichte , als de Geer annimmt, ward also bestätigt. Ueber die
Vor einigen Jahren hat der rührigste Verfechter Arbeiten, die 1891 zur weiteren Verfolgung der zweier Eiszeiten unter den schwedischen Geologen , Endmoräne unternommen wurden, liegt noch nichts scheint in der That G. de Geer , es unternommen , die Endmoräne der zweiten Vergletscherung zu bestimmen , die
näheres vor. Hier im Osten diese Moräne die äusserste Grenze der zweiten
er mit dem jüngeren baltischen Eisstrom Vergletscherung zu bezeichnen . Wie Ramsay gleichzeitig annimmt. Er verfolgte in Norwegen fand und wie Berghell zugeben muss “ ), fällt sie zu beiden Seiten des Kristianiafjordes drei parallele mit der Grenze zusammen , von der südlich nur Moränenwälle , die sogenannten Raer , früher als
mehr Gletscherschrammen der älteren Richtung «
Strandwälle erklärt , und fand , dass dieselben zu
(nach Wiik) , nämlich NW. , auftreten , während
sammenhängen mit entsprechenden Wällen an Wenersee, deren Fortsetzung sich noch weiter ost wärts verfolgen liess. ) Weiter vermutete de Geer, dass jenseits der Ostseemulde auf dem Boden Finnlands sich eine weitere Fortsetzung dieser Endmoränen
innerhalb der Wälle auch solche der pjüngeren «
finden werde, und bezeichnete als solche das Lojo-as und
Westostrichtung vorkommen . Bei dem eigentüm lichen Zusammenhang dieser Wälle , die in einer Reihe von Spitzwinklig zusammentreffenden Bogen von der Ostseite Norwegens bis nach Ostfinnland sich fortziehen , wird es schwer, sich Sederholms
Salpausselkä, welches als Wasserscheide das Seengebiet des inneren Finnland umschliesst. Die schönen Unter
suchungen Sederholms ?) über die Bildungen der
1) Fennia III. Helsingfors 1890 , Nr. 8. Frosterus nimmt eine Bildung des Salpausselkä in zwei Abschnitten , bei
einem Vorstosse und beim Rückgange des hier längere Zeit ver harrenden Eises, an .
1) Geol . fören . i Stockh. förh . VII, 1884 , H. 7 , m. Karte .
2) Fennia IV . Helsingfors 1891 , Nr. 2 , m . Karte .
2) Fennia I. Helsingfors 1889, Nr. 7 , m. Karte.
3) Ebendort Nr. 5 , m . Karte u . Profilen .
1 +
Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft .
219
Argumenten gegen de Geer und Ramsay anzu-
lich sein , da man jemanden bloss zu einer physi
schliessen. Eine Wallreihe von solcher Erstreckung
schen , nicht aber zu einer geistigen Arbeit, die eine
dürfte denn doch einen wichtigeren Abschnitt in
lange Vorbereitung und Uebung erfordert, zwangsweise anhalten kann. Es bleibt also nur übrig, jeden nach seiner Neigung den Beruf wählen zu lassen . – Da es kein Privateigentum gibt, und da jeder Bürger gleich mässig vom Staate mit dem zum Lebensunterhalte
dem Verlaufe der Eiszeit bezeichnen !
Bergh ell hat allerdings gemeint, nachweisen zu können , dass an der von ihm bereisten Strecke
etwa 20–40 km ausserhalb des östlichen Salpau-
sselkä sich eine ältere und eine jüngere Moräne Notwendigen ausgestattetwird ,ferner Auszeichnungen übereinander unterscheiden und die letztere wieder
und die damit verbundenen Vorrechte, als der voll
in zwei Ablagerungen sich sondern lasse. Er nahm
kommenen Gleichheit aller Bürger widersprechend ,
an, dass diese Bildungen von blossen Oscillationen
grundsätzlich verpönt sind , so dürfte wohl jeder
am Eisrande herrühren und dass deren mindestens
mann ohne lange Ueberlegung zur mechanischen
drei gewesen sind , während er die Annahme ver- achtstündigen Tagesarbeit greifen,, die den Körper Seine Profile und
kräftig und gesund erhält und dem Geist erlaubt,
Schilderungen zeigen aber, dass die beiden Moränen
während der Arbeit allen Phantasien und süssen
keine trennenden Zwischenlagen und Verwitterungs-
Gedanken nachzugehen , als sich der geistigen Arbeit zu widmen, die eine lange, mühselige Vorbereitung erfordert, dem Körper nicht besonders gut anschlägt, die prunkende Phantasie verbannt und den Geist zu ernstem Denken nötigt. Da die Erfindung dem Er finder weder Geld noch Auszeichnungen einbringt,
schiedener Eiszeiten verwirft.
schichten, ferner keine petrographischen Unterschiede, sondern bloss solche im Habitus aufweisen . Wenn wir auf solche Anzeichen hin überall verschieden-
alterige Etagen annehmen wollten , würden wir im Alpenvorland zahllose Moränen übereinander unterscheiden müssen. Die Scheidung der beiden jüngeren Moränen beruht vollends nur auf einer Sand-
wozu soll er sein Gehirn martern ? Wird ihni vom
Staate doch nicht mehr zu teil , als dem leicht
einlagerung! Als gesichertes Ergebnis dieser lebigen Schlingel, der nach gethaner achtstündiger Arbeiten darf man die Feststellung einer zusa m- Arbeit sich sorglos zum Wirtshaustische setzt und menhängenden Endmoräne vom Kristiania- den übrigen Teil des Tages verjubelt ? fjord bis in den Nordosten Finnlands hervorWir können den Propheten des Socialismus bei heben , die wahrscheinlich die äusserste Grenze der nahe mit mathematischer Sicherheit beweisen , dass jüngsten Vergletscherung darstellt , deren Gleich- mit der Vernichtung des Individuums und der In zeitigkeit mit einem » baltischen Eisstrom « aber thronisierung der Gesellschaft die Menschheit zu ziemlichen Bedenken unterliegt . Die Fortsetzung | jenen Zuständen gelangen wird, wie wir sie bei den der Eisenbahnbauten , wie der geologischen For- Naturvölkern finden . Diese Völker sind ja in schungen in Finnland dürfte auch über die hier be- der Not glücklich ! Die Aufklärungsphilosophen des rührten Fragen bald weitere lehrreiche Aufschlüsse vergangenen Jahrhunderts glaubten sogar unter ihnen bringen. das lang gesuchte und geträumte Paradies , die Zu stände der unverfälschten Natur gefunden zu haben man gegenwärtig weiss , mit vollem Un Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft. rechtwie . Von Friedrich Müller (Wien) .
unterscheidet sich nach den Lehren
der Wortführer des Socialismus von der jetzigen
sitze jener Produktionsmittel, die zum Leben not
Jahres 2000 –
etwa jene des
Was für ein schöneres Leben kann es wohl
geben, als das Leben der Polynesier , bei denen zwar nicht der Staat, aber doch der Stamm im Be
Die Gesellschaft der Zukunft
wesentlich durch zwei Momente, nämlich 1. durch
wendig sind , sich befindet, wo jeder einzelne vom
die gänzliche Abschaffung des Privateigen-
Stamme alles bekommt, was er braucht?
tums und 2. durch die allgemeine Arbeitspflicht. Der Staat ist während dieser Epoche des allgemeinen Glückes der alleinige Besitzer der gesamten Produktionsmittel, er ernährt alle seine Bürger auf eine ausreichende, ja sogar luxuriöse Weise, aber er verlangt auch von jedem Mitgliede Arbeit und
Doch hören wir über diesen Punkt den deut
schen Kontreadmiral B. von Werner , der in dem Werke » Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee (Leipzig , Brockhaus)) seine einschlägigen Beobach tungen und Erfahrungen bezeichnet hat . Derselbe schreibt: » Nach dem polynesischen Brauch gibt es
zwar nach besten Kräften und nach bestem Willen.
unter Verwandten keinen sicheren Besitz,
Wir wollen gleich hier die Wortführer des Sozialismus beim Wort nehmen und sie fragen , wie sie
denn alles , was ein Polynesier erworben oder ge schenkt erhalten hat, muss er ganz oder teilweise hergeben , sobald seine Verwandten ihn darum an gehen ; hier besteht also in dem Bereich einer
sich die besten Kräfte und den besten Willen bei
der Staatsarbeit denken . Wird der Staat die einzelnen Individuen zu jeder bestimmten Arbeit kom-
>
Gemeinschaft von Bluts verwandten
die
mandieren oder werden diese das Recht haben , je reinste Gütergemeinschaft. Diesem Brauch nach ihrer Neigung ihren Berufszweig sich selbst ist es wohl auch zuzuschreiben, dass man unter den zu wählen ? – Das erstere dürfte wohl kaum mög-
Polynesiern keinen hervorragenden Besitz
Ethnologie und Gesellschaftswissenschaft.
220
findet, da es zwecklos ist , etwas zu erwer-
Die Gegner des Socialismus nennen denselben »un
ben ; einzig und allein diesem Brauch muss
historisch « . Dies ist kaum richtig, denn die Geschichte,
meiner Ansicht nach die notorische Arbeits-
die gepriesene Lehrmeisterin der Menschheit, ist nicht im stande , den Socialismus zu widerlegen oder ad absurdum zu führen . Dies vermag nur jene Wissen
scheu der Polynesier zugeschrieben werden , und es müssen daher alle Versuche, diese Menschen auf den Weg der Arbeitsamkeit zu bringen , so lange fruchtlos bleiben , als es nicht gelingt , durch
Beseitigung der alten Sitte den Besitz des Erworbenen zu sichern . «
Dies dürfte so ziemlich das Bild jener Gesellschaft im kleinen sein, wie sich dieselbe die Wortführer des Socialismus vorstellen. Bei allen diesen Gedanken und Plänen des
schaft , welche sich mit den verschiedenen Formen
der menschlichen Gesellschaft beschäftigt, welche über haupt existiert haben und noch existieren , nämlich die Ethnologie. Die Ethnologie nur kann dem Socialismus zeigen, dass jene Form der Gesellschaft, die er auf sein Programm geschrieben hat, mit welcher er das allgemeine Glück herbeizuführen ge
umfassender sein wird , oder ob man den sprach-
denkt, schon da war und unter vielen Völkern noch da ist, dass aber diese Form der Gesellschaft nicht das Produkt höherer Kultur ist , sondern mehr an den Anfängen der Kultur haftet.
lichen Besonderheiten Rechnung tragen und in dieser Hinsicht mehrere Staaten gelten lassen wird . In
Wir können es daher nur beifällig aufnehmen , wenn wir lesen , dass in der Sitzung des österreichi
dem ersten Falle dürfte die Sache, wenn auch nicht
schen Abgeordnetenhauses vom 29. Januar d. J. der
Socialismus müsste man noch wissen , ob dieser Zukunftsstaat ein allgemeiner , etwa ganz Europa
vollkommen , klappen, dagegen können wir uns die- jungtschechische Abgeordnete Prof. Masaryk seinen selbe in dem zweiten Falle gar nicht vorstellen . Der
Boden Europas ist nicht in gleichem Maasse ergiebig , und die Naturprodukte sind nicht gleichinässig verteilt. Da gibt es Länder , welche köstliche Weine produzieren, andere wieder, welche die üppigsten Feldfrüchte, das saftigste Obst liefern, während wieder andere dem im Schweisse des Angesichtes sich abmühenden Arbeiter kaum einen
schon in der Generaldebatte angekündigten Antrag auf Einführung der Gesellschaftslehre als Disciplin an der juridischen Fakultät begründet habe. Dem entgegnete zwar der Regierungsvertreter, der Jurist müsse vor allem aus dem Studium
des klar kodi
fizierten positiven Rechtes seine Bildung sich holen ; ein Studium der verwickelten Fragen der Social wissenschaft würde ihn nur verwirren.
solchen Ertrag bieten , dass er damit sein Leben zu
Nach meiner Ansicht haben beide, sowohl der
fristen vermag. Wenn nun der Staat A sieht, wie
Abgeordnete, als auch der Regierungsvertreter recht.
ungleich besser der Staat B bei weniger angestrengter
Das positive Recht verhält sich zur historischen
Arbeit lebt, wird er nicht bald das friedliche Werk-
Socialwissenschaft wie etwa die deskriptive Anatomie zur vergleichenden Anatomie und Entwickelungs
zeug wegwerfen und statt dessen das Schwert in die Hand nehmen , um sich in den Besitz des Staates B zu setzen ? Doch wir brauchen keinen Krieg , um
eine Verschiebung der Gesellschaft hervorzurufen . Ein tüchtiger Mann , der etwas Hervorragendes zu leisten versteht , wird einer Gesellschaft, die das
geschichte. Ohne anatomische Schulung gibt es kein erfolgreiches Studium der vergleichenden Ana
tomie und Entwickelungsgeschichte, wie umgekehrt der Anatom ohne das Studium der vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte ein Hand
Genie und den Schwachkopf über einen Kamm schert,
werker bleibt , der zwar mit seinem Geschäfte gut
bald den Rücken kehren , und in eine andere Gesellschaft, wo solche Gleichmacherei nicht existiert , sich
umzugehen weiss, aber von der Bedeutung desselben
begeben. Der Socialistenstaat wird auf diese Weise nach und nach aller tüchtigeren Kräfte verlustig werden und schliesslich aus lauter Mittelmässigkeiten bestehen. Wir sehen voraus, dass die Socialisten zu ihrem Programm , das für eine Gesellschaft passt , die an
einer gewaltigen Ueberproduktion von Menschen und Thalern leidet, die neuen Welten Amerika und
Australien , für deren Wohlstand das Kapital un umgänglich notwendig ist , nicht bekehren . Und aber wahrscheinselbst dann, wenn dies einmal lich erst im Jahre 3000 – geschehen sollte , dann
keine Ahnung hat. Ich spreche von der historischen Social wissenschaft, nämlich derjenigen , welche die ver
schiedenen Gesellschaftsformen als Fakta erklärt und aus dem Leben der Nationen begründet. Dieselbe ist eine Disciplin mit streng naturwissenschaftlicher Methode und hat mit den mehr dogmatisieren den Disciplinen verwandter Richtung nichts zu schaffen .
In dieser Wissenschaft ist streng genommen
auch die vergleichende Rechtsgeschichte schon im Umrisse enthalten . Diese soll uns zeigen , wie die
bleibt uns Asien übrig , das gewiss nie dem Pro- einzelnen Rechtsanschauungen und Rechtsbegriffe aus gramme der Socialisten beitreten wird. Es haben daher jene Leute, denen der socialistische Staat nicht
dem Leben der betreffenden Völker sich entwickeln .
Das kodifizierte, dogmatisch entwickelte Recht eines
behagt, und dies dürften so ziemlich alle jene sein , bestimmten Volkes verhält sich zu dieser Disciplin die zu den höher Begabten zählen , noch immer einen Zufluchtsort , wo sie ihre Leistungen nach ihrem wahren Werte sich bezahlen lassen können .
wie die Dogmatik einer bestimmten Religionsgenossen
schaft zur Geschichte der Religionen. Die Dogmatik ist ein vorwiegend logisches , dagegen die Rechts
. 1
Tropische Agrikultur.
221
und Religionsgeschichte ein psychologisch-historisches ebenso richten sich auch einige grosse Abschnitte Studium.
Da der Begriff » Gesellschafts - Wissenschaft « namentlich im Munde eines Philosophen , wie es
der Wohltmannschen Arbeit nach solchen in Semlers Bänden . Allein dies benimmt dem neuen Buche keines
der jungtschechische Abgeordnete Prof. Masaryk
wegs den Charakter der verdienstvollen Selbständig
ist , den Beigeschmack von etwas Abstraktem enthält, so hätte ich gewünscht, derselbe hätte sich da-
keit , welche nicht nur sehr wichtige Fortschritte der Wissenschaft (seit 1886) verwendet und eigene
hin ausgesprochen , der Jurist möge ein Kollegium Forschungen vorführt, sondern auch durch die An über Ethnologie hören , um auf diese Weise eine ordnung und den gesamten Tenor diese Arbeit als gute Vorbereitung für das komparative Studium der systematische Leistung empfiehlt. verschiedenen Gesellschafts- und Rechtsformen mit-
Der erste kurze Abschnitt skizziert das Wesent
zubringen . Namentlich in einem aus so vielen und
liche der Melioration in Bezug auf Klima , Boden
verschiedenartigen Völkern zusammengesetzten Staate, und Bewässerung , wobei namentlich letztere mit wie es Oesterreich ist, wäre für den künftigen Beamten
örtlichen Beispielen sowohl aus alten Zeiten, als aus
und Staatsmann ein gründliches Studium der Ethno- der Gegenwart uns nahe gebracht wird. Dies in logie nicht überflüssig.. Nur dadurch, dass man dieses historischer Hinsicht eingehender zu thun, z. B. mit
Wissensgebiet bisher ganz vernachlässigt hat, wurde Zusammenstellung der verfallenen Arbeiten in Per es möglich, dass man dem Minister Stadion nach-
sagte, » er habe die Ruthenen erfunden « , oder dass ein Mitglied des österreichischen Herrenhauses an
sien , Babylonien , Barka , Algerien u. s. w. würde vielleicht zu weit geführt haben ; aber es würde eine
beachtenswerte Ermutigung durch solche Zeugnisse
Tropische Agrikultur.
verkommener Bodenkulturgebiete gegeben werden . Am ausgiebigsten arbeitete man in der modernen Zeit für indische Gebiete im Bereich der Gangesgewässer. Wie freilich in Ost-, ja auch in Westafrika, beson ders in Kamerun derlei nachgeahmt werden sollte, darüber schweigt der Verfasser mit Recht ; denn
Von W. Götz (München ).
nur nahezu ebene Landschaften mit sehr starken
Ueberaus stattlich , wenn auch von sehr verschie dener Güte ist die Litteratur, welche von der Kolo
Flüssen oder stets reichlicher Speisung aus hohen Gebirgen können eine ins Grosse gehende Uferland bewässerung gestatten . Man wird nur ganz in der
den berühmten Slavisten Miklosich – wie er mir
einmal selbst erzählt hat - die Frage richtete: »Nicht wahr, die Rumänen sind Slaven ?
nialbewegung Deutschlands hervorgerufen wurde. Aber wenn dies auch an sich nicht ausnahmslos
von allen Volksgenossen freudig begrüsst wird , so werden doch abweichende Meinungen verschwinden , wenn auf den dauernden Fortschritt angewandter Wissenschaften hingewiesen wird , welchen man vor
Nähe der Flüsse künstliche Wasserzufuhr in den
regenarmen Monaten bewerkstelligen können oder
dem sehr unzuverlässigen und weniger spendenden Grundwasser nachspüren und es heben müssen. Das durch Ausdehnung und Inhalt bedeutendste
genannter Bewegung verdankt. Hieher gehört ganz Kapitel steht an zweiter Stelle : es behandelt die besonders die Physiologie des Bodens und die der Pflanzen, sowie die Ackerbaulehre. Zwar hat der Verfasser des ersten grossen
in deutscher Sprache , durch welches die »Werkes Tropische
» Natürlichen Grundlagen tropischer und subtropi scher Agrikultur“ , einteilend in » Atmosphäre« , d. i. Klima, und » Lithosphäre« , d. i. Boden. Bei den Klimafaktoren wird es zunächst als Verdienst fleis
Agrikultur« in einem dreibändigen Lehr- sigen Nachsuchens in das Auge fallen, dass Wohlt
buch dargelegt wird, Heinr. Semler ( 1886) es ab
mann für so zahlreiche Punkte der Wärmezonen
die Temperatur und die Niederschläge statistisch
gelehnt, von der Kolonialbewegung zu dessen ge- angibt. Man hätte dabei die Tabelle für Jahres abfassung veranlasst worden zu sein ; aber erVer steht doch zu , dass er um etliche Jahre früher die durchschnittstemperatur ganzweglassen können, nach >
Fertigstellung wegen jener Strömung ermöglicht dem ja deren Wertlosigkeit für solche praktische habe. Er hat aber nicht nur in schöpferischer Weise ein Lehrgebäude »für Pflanzer und Kaufleute « ge bracht , sondern offenbar auch zu einem neuesten
Buche gleicher Richtung die erfolgreiche Anregung
Lehrzwecke feststeht. Andererseits wird freilich der
jenige, welcher die bezüglichen Wärme- und Regen angaben für andere als küstennahe Striche sucht, etwas enttäuscht fragen , ob denn noch immer die
gegeben. Schon der Titel » Handbuch der Tropischen Beobachtungen nur aus Hafenorten Afrikas gemeldet Agrikultur«, unter welchem Wohltmann als seien ? In der That wurde in der Litteratur nur von 1. Band »Die natürlichen Faktoren der Tropischen ganz vereinzelten Angaben und zwar ohne den Nach Agrikultur« erscheinen liess ?), gemahnt an Semler;
weis wirklicher einjähriger Messungen von Stationen
1) Dr. F. Wohltmann, Privatdozent für Landwirtschaft
gleichwohl durch die Wiedergabe z. B. einer mehr monatlichen Regenbeobachtung am Kilimandscharo
an der Universität Halle . Die natürlichen Faktoren der Tropi schen Agrikultur und die Merkmale ihrer Beurteilung. Leipzig, Duncker & Humblot, 1892. 440 S.
des Inneren berichtet. Daher würde Wohltmann
uns doch einige Andeutung gewähren , jedenfalls mehr, als es durch stillschweigende Fehlanzeige
Geographische Mitteilungen,
222
geschieht . Hierbei übersehen wir aber die Vielseitigkeit und Umsicht in der Darstellung über die atmosphärische Eigenart der Tropenwelt nicht, wie solche z . B. auch über die vegetative Bedeutung der Tropengewitter , des Ozongehaltes in dieser Zone
Sehr erwünscht ist die ausgedehnte , aber in der Form überaus knapp gehaltene Uebersicht über die Naturerzeugnisse in den Tropen , wo z. B. für das Grosswild der Elefanten , Flusspferde, Büffel die nicht aufgeklärte Körperentwickelung auf jenen kalk-,
und deren Wasserdampfwirkungen handelt. Einzel-
magnesia- und phosphorsäurearmen Böden auf das
heiten wird natürlich der eine oder andere gleichwohl vermissen . Doch sind auch so wichtige Fragen für die Wachstumsenergie, wie die experimentell erwiesene Ersetzung der Lichtstrahlen durch Wärme oder die chemische Sonnenstrahlung, hinreichend berührt . ((Für einzelne Aussagen möchte man freilich örtliche Beispiele kennen lernen , z. B.
Dasein so mancher offenen Fragen hinweist. Diese Uebersicht, besonders hinsichtlich der Pflanzen, kann
dass die Elaeis guineensis mit einer Belichtung von 4 Monaten zufrieden sei , und dass ihr auch wäh-
sich allerdings, wie schon angedeutet, nicht wesent lich von Semler entfernen , wenn sie dem prak tischen Zwecke des Buches entsprechen soll, welcher
ja vor allem maassgebend bezüglich seines Wertes bleiben muss . Nicht theoretische Lehrbücher konnte Wohlt
rend dieser Zeit vorübergehende Beschattung nicht schade.) Am wirkungsvollsten erscheint uns aber in dem Buche der grosse Abschnitt über den Boden , » die
mann schaffen wollen , wenn er eine Lücke aus zufüllen vorhatte , sondern nutzbare Instruktionen auf wissenschaftlicher Grundlage. Es ist ihm dies offenbar gelungen, und wir zweifeln nicht, dass der noch in Aussicht gestellte zweite Band , welcher »die
Lithosphäre«, offenbar das besondere Arbeitsgebiet Wohltmanns. Hier werden die den Tropenländern
wirtschaftliche Nutzung der deutschen Kolonien in Afrika« bringen soll, uns trotz des konkreteren Stoffes noch manche Ergänzung auch für Themata
eigentümlichen Bodenarten und die von den klimatischen und vegetativen Einflüssen bewirkten Umgestaltungen klar und anschaulich dargethan . Be
des ersten Bandes bringen wird.
achtenswert erscheint dabei u . a. die Kalk- und
Humusarmut der tropischen Böden , welche in die sen keineswegs so nachteilig wirkt als in anderen
Geographische Mitteilungen.
Zonen . Die umfassendste Würdigung erfuhren der
(Grant.) Am 11. Februar d . J. starb zu Nairn in Nordschottland, seinem Geburtsorte , Colonel James Grant , geb. 1827. Derselbe ist durch seine mit
>
vielbesprochene Laterit, wie auch die besonders reichen
Böden anderer Zusammensetzung (Humusböden , wie J. Hanning Speke 1860 bis 1863 von Sansibar aus in Texas, oder der Regur Indiens u. dergl .). Wenn Wohltmann über die Lateritbildung aufstellt:
unternommene Erforschungsreise zur Entdeckung der Nilquellen bekannt geworden. Sowohl Spek e wie
» Ueberall in den Tropen , wo die Atmosphäre relativ
Grant empfingen nach ihrer Rückkehr in England die
reich ist an Kohlensäure, aktivem Sauerstoff und goldene Medaille der Royal Geographical Society in Feuchtigkeit, wo hohe Temperatursteigerungen ab- London . 1864 erschien Grants Reisewerk »A Walk
wechseln mit reichen und etwa periodisch sich ein- across Africa, or Domestic Scenes from my Nile Jour
stellenden Niederschlägen, kann auch ohne Vege- ney « , und 1872 veröffentlichte er im » Journ. of the R.
tationsdecke die Bildung von Lateritkonkretionen,
Geogr. Soc.«, Bd. 42, S. 243-342, »Summary of Ob
Lateritsand und Lehmstein vor sich gehen « ,
servations on the Geography , Climate and Natural so
History of the Lake Regions etc. 1860—63 . « (Mit wird dabei wohl von ihm selbst als unerlässliche teilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen..)
Voraussetzung festgehalten sein , dass spat- und eisenoxydreiche Gesteine das Muttergestein waren .
(Gretschel.) Dr. Heinrich Gretschel , Bergrat
Gerade in dem Abschnitt über Laterit und ver
und Professor an der kgl . sächsischen Bergakademie in Freiberg, geboren am 21. Oktober 1830 zu Prietitz bei
sich des Verfassers grosses
Kamenz in der Oberlausitz, starb am 2. Februar d. J. in
wandte Böden zeigt
Geschick , viel auf wenig Raum zu bieten : es Dresden an den Folgen einer Operation ; er war der wird eine vielseitige Feststellung und Anregung ge- Verfasser des bekannten Lehrbuchs der Karten -Projektion währt, allerdings nicht ohne offen gelassene Fragen . (Weimar 1873 ) . Vor dem Erscheinen der fundamen
Z. B. über die humusgemischten Lateritböden afri-
talen Untersuchungen von Tissot , sowie der auf diese
kanischer Gebiete, überhaupt über die nach unserer
sich stützenden Werke von Zoeppritz und Hammer
Gretschels Kompendium als das beste für diesen Ueberzeugung agrikulturchemisch keineswegs trost durſte lose Zusammensetzung der Lateritböden wären noch Teil der Mathematischen Geographie betrachtet werden.
Fingerzeige zu geben gewesen . Im Unterschied von Semler werden jedoch so wertvolle wissen schaftliche Errungenschaften, wie die Bodenbakterio logie , dem Leser nahegebracht. Die Besonnenheit
Wohltmanns tritt u. a. auch in der Verteidigung des Wertes der chemischen Bodenanalysen hervor,
(Mitteilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .) ( Verlegungen der Wasserscheide .) Fr. Kerner
1. Marilaun hat sich die Aufgabe gestellt, zu ermitteln, wie hoch die Eisdecke der Diluvialzeit in den den
Brennerpass umgebenden Gebirgsgruppen hinaufreichte. Es fand sich, dass die obere Grenze der glacialen Ge schiebe sich in den Niveaus zwischen 2085 m (Rosskopf
welche von anderen eigentlich durch blosse Empirie
im Ridnaunthal) und 2200 m (Blaser im Gschnitzthal)
ersetzt werden wollen.
bewegt, während an den Phyllitbergen zwischen Schmirn
Litteratur .
223
und Innthal die aus dem Zillerthaler Urgebirge stammen-
als dasjenige, welches in eigentlichen Zinngruben zu
den Ueberreste nur eine Höhe von 1800 m erreichen . Eine so erhebliche Niveaudifferenz zwischen den beiden
Tage gefördert wurde.
Flanken des nämlichen (des Wippthal-) Gletschers muss
das ergiebige » Zinner «-Gewerbe; dasselbe beschäftigte sich hauptsächlich mit der Verzinnung von Eisenblechen, welche Kunst sohin nicht, wie man vielfach glaubt, erst im
ihren Grund haben , und dieser kann nur darin gefunden werden , dass an der Ostseite, während die Vergletscherung ihren Maximalstand erreicht hatte , keine Zufuhr von erratischen Trümmern des Duxer Kammes stattfand .
Weissenstadt und Wunsiedel
aber waren , etwa von 1460 ab , die Centralplätze für
17. Jahrhundert erfunden worden sein kann . A. v. Hum boldt versuchte , als er vor jetzt gerade 100 Jahren
Es ist also damit auch ausgesprochen, dass die Wasser-
Oberbergmeister der fränkisch -brandenburgischen Lande
scheide während der Eiszeit einen anderen Verlauf, als heute, besass, und zwar scheinen, auf Grund der erratischen Vorkommnisse zu schliessen, dreimal Verlegungen dieser Linie gegen Norden sich ereignet zu haben, was
wurde, dem Zinnbergbau von neuem aufzuhelfen ; allein mit seinem Rücktritte von dieser Stelle erlahmte die Thätigkeit der Bergleute, und im Jahre 1820 stellte die bayerische Verwaltung die Verhüttung der Erze gänzlich
wohl mit der bekannten Annahme verschiedener Ver-
ein , da sie als zu wenig lohnend erkannt wurde.
eisungsperioden mit zwischenliegenden normal-klimati- | ( Bayerische Gewerbezeitung, 1892. Nr. 3 und 4.) schen Zeiten in Verbindung zu bringen sein dürfte.
Ursprünglich lag die Wasserscheide an der Mündung des Gschnitzthales und verschob sich dann gegen das Schmirnthal hin , womit zugleich ein Einmünden des Gschnitz- und Schmirnferners in den grossen Inngletscher gegeben war. Später sprang die Wasserscheide in das
Mündungsgebiet des Obernberger Gletschers vor , um endlich, als das Eis bereits unter das Niveau von etwa
Litteratur. Führer durch die Baumaterial-Sammlung des k. k . naturhistorischen Hofmuseums von Felix Karrer.
Wien, R. Lechner 1892. 355 S. und 40 Abbildungen. Zugleich für das Studium und für das praktische Geschäfts
1400 zu sinken begann, jene Lage in der Brennersenkung anzunehmen , welche sie bis zur gegenwärtigen Zeit behauptet hat , womit dann abermals eine Erweiterung
grösserer Steinsammlungen , welche mit viel Fleiss und Sachkunde
des Zuflussgebietes des Inns verknüpft war. Der Cha
nicht nur die betr . Panoramen nutzbarer Mineralien und Gesteine
rakter des Brenners als einer » Thalwasserscheide « wird
registerartig behandeln, sondern zugleich fachgemässes Verständnis des Gesamtzweckes der betr. Sammlung und seiner einzelnen Exemplare aneignen helfen. In vorliegendem Falle haben wir es mit einer Gesamtheit von Gesteinsproben zu thun , welche
durch diese in verhältnismässig sehr junger geologi scher Vorzeit erfolgten Verlegungen der Wasserlinie
noch deutlicher gekennzeichnet. (Sitzungsber. der kais. Akademie zu Wien, Math.- Naturw . Klasse, 17. Dezember 1891. ) ( Zinnbergbau im Fichtelgebirge. Während die Gewinnung von Zinn gegenwärtig in Deutschland gar nicht mehr in Betracht fällt und höchstens noch auf
leben als höchst nutzbare Arbeiten auf dem Grenzgebiete der
Geognosie und Geographie erweisen sich uns jene Kataloge
mittels einer Anzahl kleinerer Sammlungen , teils von wissenschaft lichen Körperschaften , teils von Grossgeschäften gespendet , in wenig Jahren zu stande gebracht worden . In dem von allen Be suchern vielbewunderten k . k. Hofmuseum nimmt die Baumaterial
sammlung unter den praktisch nützlichen und anmutig lehrenden Abteilungen des grossen Institutes jedenfalls eine erste Stelle ein. Karrer , ohnedies um dieselbe hochverdient, verfasste nun nach
der österreichischen Seite des Erzgebirges mit einigem Nutzen betrieben wird, wurde noch vor wenigen Jahr
sehr einleuchtendem Grundplane seinen überall geschickt durch petrographische und warenkundliche Belehrungen bereicherten
hunderten dieses wichtige Mineral im Fichtelgebirge
» Führer « . Er gibt zuerst die Heimstätte der Proben länderweise
kunstgerecht und erfolgreich abgebaut, wie wir aus
für Oesterreich - Ungarn an und lässt sodann die technische Ver wendung der Steine und Erden mit zehn Unterabteilungen als zweiten ordnenden Gesichtspunkt folgen . Aber in diesen Unter .
einer interessanten Abhandlung von Albert Schmidt
(Wunsiedel) ersehen. Der Zinnstein , wie man früher das Zinnoxyd nannte , wurde allerdings durchweg auf sekundärer Lagerstätte gewonnen ; es war ein » Seifenbau «,, ähnlich wie er — nach der bekannten Monographie von H. Schurtz (Stuttgart 1890) – seit unvordenk
abteilungen wird nach Gesteinsarten , diese aber wiederum werden
nach ihrem geologischen Alter geordnet vorgetragen .
Geogno
stische Ueberblicke, wie z . B. über das Wiener Becken , über
haupt derartige belehrende Hinweise unter den einzelnen Ueber
schriften , dazu noch die Herbeiziehung von Sammlungsteilen,
lichen Zeiten in einem grossen Teile des Erzgebirges
welche auswärtige Länder behandeln , machen dieses Buch nicht
im Gange war. Auch im Fichtelgebirge, namentlich westlich von Wunsiedel und um den Schneeberg herum , trifft man Schutthalden , welche in ein graues Altertum
nur in Wien , sondern auch ausserhaib der Monarchie zu einer
hinaufreichen ; aber schon im 14. Jahrhundert wurde diese Thätigkeit mehr im grossen betrieben, und es sind von da die Namen mehrerer Bergwerksbesitzer auf uns gekommen. Das Verfahren, welches noch im Jahre 1795
Von der bekannten » Sammlung Göschen « werden nach stehend vier Werkchen zur Anzeige gebracht, welche zur Geo graphie in näherer oder fernerer Beziehung stehende Disziplinen
von dem Erlanger Professor Martius beschrieben ward,
werden müssen :
muss ziemlich roh gewesen sein und grosse Aehnlichkeit mit demjenigen gehabt haben, welches unmittelbar
Nr. 11. Astronomie . Von A. F. Möbius. 7. Auflage . Für Schulen und zur Selbstbelehrung umgearbeitet und er weitert von Prof. H. Cranz . Mit 29 Figuren und einer Tabelle. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1890.
nach der Auffindung der amerikanischen und australischen Goldminen in diesen zur Anwendung kam. Nach dem die Zinnsteinbrocken ausgewaschen waren, kamen sie in ein Pochwerk und hierauf in die ebenfalls sehr primitiv angelegten Hütten, wie solche in Weissenstadt, Furthammer und Vordorf am Schneeberg ) bestanden . Das auf diese Weise dargestellte Zinn war nach Martius sehr rein, reiner als manches englische und auch reiner
manchfach nützlichen und erwünschten Lehrschrift.
München .
W. Götz ,
behandeln und als durchaus preiswürdig ( je 0,80 Mk .) bezeichnet
III S. kl . 89.
Das Büchlein behandelt in elementarer Weise die Haupt betrachtet Planeten,
sätze der Astronomie. Von der Erde ausgehend , Verfasser unser Sonnensystem (Sonne , Mond ,
Kometen) und widmet zum Schlusse auch der Fixsternwelt einige Seiten . Mit pädagogischem Geschick hat er den spröden Stoff des rein fachwissenschaftlichen Gewandes entkleidet, ohne
Litteratur.
224
doch der » Königin « der Wissenschaften die schuldige Achtung zu versagen Mathematische Schwierigkeiten sind im Hinblick auf den Zweck des Buches mit Recht ferngehalten . In der
8. Auflage dürfte wohl Schiaparellis Entdeckung hinsichtlich
muss es im Inhaltsverzeichnis unter XI heissen Morphologie statt Gestaltung. S. 11 , Fig . I , lies Magma statt Miagma. S. 99 , Z. 9 y. u . , lies nitrificierend statt nitrefizierend. Frankfurt a . M.
0. Ankel .
der Merkur- und Venusrotation erwähnt werden. Abgesehen
Breton , Raymond. Dictionaire Caraibe-Français.
von kleinen sprachlichen Versehen und stilistischen Härten
(Auxerre 1665.) Réimprimé par Jules Platzmann . Edition fac -simile. Leipzig, Teubner 1892. Kl . 40. VII unbez. Blätter 20 Mk . und 480 zweispalt. S. Das erste bedeutende Volk , mit welchem die Spanier beim
(z. B. S. 34 : » Am grössten ... ... « bis »daraus folgerten .... )
ist die Darstellung abgerundet, durchsichtig, daher wohlverständ lich . Das Büchlein verdient die weiteste Verbreitung in Schule und Haus.
Druckfehler : Im Inhaltsverzeichnis muss es heissen : Von den Kometen und Meteoren . S. 17 : Der Begründer der
europäischen Gradmessung heisst Baeyer , nicht Bayer .
-
Betreten der Inseln und des Festlandes Amerikas zusammentrafen , waren die Karaiben . Dieses kiihne und räuberische Volk
hatte damals die meisten Antillen , die von dem friedlichen Volke
Sach
register ?
Nr. 13. Geologie. In kurzem Auszug für Schulen und zur Selbstbelehrung zusammengestellt von Dr. Eberhard Fraas.
der Arowaken bewohnt waren , erobert , die männliche Bevölke rung ausgerottet und nach Aneignung der Weiber derselben sich dort niedergelassen . Man war vollkommen im Unklaren über
den Ursprung und die Verbreitung sowohl der Arowaken als auch der Karaiben , bis es in der letzten Zeit teils der ver
Mit 16 Abbildungen . Stuttgart , G. J. Göschensche Verlags handlung, 1890. VI und 104 S. kl . 8º. Verfasser behandelt ,1 den Begriff » Geologie « etwas enger
gleichenden Sprachforschung, teils dem Spursinn einiger Reisenden gelang , das ethnologische Rätsel zu lösen . Man weiss nun, dass
fassend, als dies in den systematischen Hand- und Lehrbüchern
beide , Arowaken und Karaiben , aus dem Inneren des süd amerikanischen Kontinentes stammen und dass sie mit den Guarani
zumeist geschieht, die wichtigsten Abschnitte aus den drei grossen Gebieten der Geologie und betrachtet unter Verzicht auf den
Tupi zu den Hauptstämmen dieses Weltteiles gehören . Arowaken und Karaiben -Stämme finden sich über ganz Südamerika von der
physikalisch-astronomischen , sowie geographischen (morphologi schen) Teil das Material der Erdkruste (Petrographie); seine
Nordküste bis über das Hochland von Mato Grosso und von der
Entstehung (Wirkungen des Vulkanismus, Wassers, der Atmo
Ostküste bis an die Grenzen des alten Foka -Reiches verbreitet
sphäre und Organismen) und Verwendung bei der Bildung
(vgl. die ethnographische Karte von Brasilien von Dr. Paul
der Erdfeste (dynamische Geologie) ; sodann die Formations
Ehrenreich , Petermanns geogr . Mitt . 1891 , Tafel 6).
lehre (historische Geologie). Fraas hat es verstanden , aus der reichen Fülle geologischer Thatsachen die wichtigsten in gedrängter Kürze und leichtfasslicher Form darzubieten und durch instruktive Abbildungen das Verständnis zu fördern . Das Werkchen reiht sich dem vorigen würdig an .
Nr. 18. Anthropologie. Der menschliche Körper, sein Bau und seine Thätigkeiten , dargestellt von E. Rebmann, Pro fessor am Gymnasium in Karlsruhe. Mit 30 Abbildungen und 1 Tafel. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1891 . 100 S. kl. 8º.
Kaum je ist mir ein Buch zu Gesicht gekommen, das auf so kleinem Raum
ein so klares Bild von dem Bau und den
Thätigkeiten des menschlichen Körpers geboten hätte. Ich kenne wohl eine Anzahl tüchtiger Leitfäden der Anthropo
logie (dieses Wort in dem ursprünglichen Sinne genommen,
Bei der Wichtigkeit dieser beiden Völker , besonders der
Karaiben , ist es ganz natürlich , dass die christlichen Glaubens boten der Sprache derselben frühzeitig ein Augenmerk geschenkt haben. Sowohl die Sprache der Karaiben des Festlandes (von den französischen Missionaren La langue des Galibis genannt), als auch jener der Inseln (La langue Caraibe) wurde in Gram matik und Lexikon verzeichnet . Die Hauptquelle für die Sprache der Insel-Karaiben , welche gegenwärtig ganz erloschen , ist das Werk des französischen Missionars Raymond Breton , welches, aus einer Grammatik und einem doppelten Lexikon , nämlich karaibisch - französisch und französisch -karaibisch , bestehend , in
Auxerre 1663-65 gedruckt wurde . Das Werk gehört gegen wärtig , wie alle älteren Bücher , welche über amerikanische Sprachen handeln , zu den grössten Seltenheiten . Der Preis
solcher selten gewordenen und bloss in einzelnen grösseren Bibliotheken vorhandenen Werke ist ein enormer ; manche Werke
nicht in dem modernen, auf Schleiden zurückzuführenden , als
dieser Art werden gegenwärtig mit 1000—2000 Mk . , ja oft 1
Lehre von der Entwickelung des Menschengeschlechtes in somatisch psychischer Hinsicht), aber keinen, der seine Aufgabe so elementar erfasst und mit geringen Mitteln so glücklich gelöst hätte . Ich
stehe nicht an, das Werkchen als ein für den Unterricht höchst brauchbares zu bezeichnen, besonders wenn derselbe in der Lage ist , das Verständnis durch grössere Abbildungen (die dem Buche
beigegebenen sind flott gezeichnet) , Modelle und Präparate zu erleichtern und zu vertiefen. Die Herren Naturwissenschaftler an Gymnasien und Realschulen mache ich auf das kleine Buch
noch höher bezahlt .
In Anbetracht dieses Umstandes und der Wichtigkeit des Werkes Bretons ist es nicht zu verwundern, dass die Amerika nisten , deren Reihen auch in Europa sich immer mehr und
mehr vergrössern, frühzeitig daran dachten, dasselbe durch einen neuen Abdruck dem wissenschaftlich gebildeten Publikum zu gänglich zu machen. So wurde die Grammatik bereits 1877 als III. Band der von Uriesechea begründeten » Collection lingue stique Américaine « von L. Adam und Ch . Leclerc in Paris
besonders aufmerksam .
herausgegeben. Dieser Publikation schliesst sich das vorliegende Nr. 26. Physikalische Geographie . Von Dr. Siegmund Günther , Professor an der Kgl . Technischen Hochschule in München. Mit 29 Abbildungen. Stuttgart, G. J. Göschensche Verlagshandlung, 1891. 128 S. kl . 8º. Für die Trefflichkeit dieses Werkchens bürgt der Name
seines Autors. Wer , wie Prof. Günther , aus dem Vollen schöpft , weiss auch in kleinem Rahmen Gediegenes zu bieten . Der Inhalt des Buches ist ein erstaunlich reicher .
karaibisch -französische Wörterbuch , mit dessen Veröffentlichung der bekannte Mäcen und Amerikanist Dr. Julius Platzmann
in Leipzig der Wissenschaft ein neues Opfer gebracht hat , passend an . Der schöne Facsimile-Druck Platzmanns macht das Original vollkommen entbehrlich und gestattet jedem Forscher, das seltene Werk zu benutzen , ohne , wie dies bei Neu-Auflagen der Fall ist , vor unliebsamen Druckfehlern sich fürchten zu müssen .
Keine der
Das Wörterbuch Bretons bietet nicht nur eine Fülle
wichtigeren Fragen der physikalischen Geographie – und das
sprachlichen Materiales , sondern es finden sich bei der weit schweifenden Weise, in welcher die älteren Missionare zu arbeiten
Gebiet ist wahrhaftig kein kleines — bleibt unberührt. Ueberall werden di neuesten Untersuchungen berücksichtigt und mit den
gesicherten Resultaten älterer Forschungen organisch verbunden. Auch formell verdient das Werkchen vollste Anerkennung : Dar stellung und Stil sind klar und einfach . Doch das Buch
will gelesen, nicht gelobt sein. Daher sei es allen Gebildeten,
pflegten, darin auch manche ethnologische, geographische, natur historische und geschichtliche Notizen verzeichnet. Friedrich Müller.
Wien .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
besonders den Lehrern und Hörern der Geographie , aufs
angelegentlichste zum Studium empfohlen. Druckfehler : Dem Titel im Texte (S. 97) entsprechend
in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 15.
Stuttgart, 9. April 1892. Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
MDCXL
In- und Auslandes und die Postämter .
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Wilhelm Junker. Von W. Wolkenhauer (Bremen ). S. 225 .
2. Sir Francis Drake auf dem Isthmus von
Panamá. Von Ed. Hahn (Berlin ). S. 228 .
3. Skizzen aus Portugal . Von N. L. Ey (Hohenstein bei Friedland , Mecklenburg 4. Atjih und die Holländer. Von A. Prell (Amsterdam ). S. 233. – 5. Geographische Mitteilungen. (Lage
Strelitz) . S. 229 . und Höhe des Elias- Berges ; Die chinesischen Religionsverhältnisse ; Der angeblich älteste Stadtplan von Wien .)
S. 238 .
6. Litteratur. (Berghaus-Gerland; Nyland .) S. 239. mohammedanischen Boden betrat . Eintretende Ver
Wilhelm Junker. Von W. Wolken hauer (Bremen ).
In dem am 13. Februar d. J. verstorbenen Dr. Wilhelm Junker hat die Länder- und Völkerkunde einen ihrer selbstlosesten und trefflichsten Männer verloren war doch sein Leben dem Dienste
hältnisse riefen ihn jedoch nach Europa zurück und vereitelten seinen Wunsch, schon damals seine Reisen weiter auszudehnen .
Während des internationalen Geographen -Kon gresses in Paris vom 1.- 11 . August 1875 , an dem sich Junker mit einigen berühmten russischen Rei
der Afrikaforschung mit Gut und Blut geweiht. senden beteiligte, kam er zuerst in persönlichen Das » Ausland« erfüllt daher nur eine Ehrenpflicht,
Verkehr mit dem glänzenden Dreigestirn deutscher
wenn es seinen Lesern hier einen Ueberblick über
Afrikaforscher : Gustav Nachtigal, Gerhard
den vollendeten Lebenslauf und die Arbeiten gibt, Rohlfs und Georg Schweinfurth. Junkers mit welchen der Verstorbene sich in der Entdeckungs- Reisepläne gewannen jetzt eine immer bestimmtere geschichte Afrikas für alle Zeit einen Ehrenplatz er-
Gestalt.
worben hat.
Aufmerksamkeit auf das damals im Vordergrunde
Die ihn beratenden Meister lenkten seine
Wilhelm Johann Junker wurde am 6. April | geographischer Interessen stehende Darfur , und 1840 in Moskau geboren .
Sein Vater war aus
dieses mit dem Schleier eines gefahrdrohenden Ge
Göttingen gebürtig ; nachdem derselbe sich in Russland ein ansehnliches Vermögen erworben hatte, siedelte er wieder nach Göttingen über , um seinen Kindern eine deutsche Erziehung zu geben . Der Vater starb jedoch nach einigen Jahren , und Jun-
heimnisses umhüllte Land wählte der kühne Mann
nun mit den Kindern nach
nun zum Ziel seiner künftigen Thätigkeit. Nur in ganz kurzen und allgemeinen Zügen sei an dieser Stelle ein Gesamtbild seiner Reisen eingefügt. Dr. Junker stellte seine für diese Reise nötige Ausrüstung in Berlin zusammen und schiffte sich
St. Petersburg zurück. Hier besuchte Junker das
anfangs Oktober 1875 in Triest an Bord der
kers
Mutter
zog
deutsche Gymnasium , studierte dann in Göttingen , » Austria« nach Alexandrien ein . Nach dreiwöchent St. Petersburg (?) , Berlin und Prag Medizin und
lichem Aufenthalte in dieser Stadt trat er zunächst
Naturwissenschaften und promovierte zum Doctor
auf Veranlassung von G. Rohlfs während der Monate November und Dezember eine Reise in die
medicinae. Der ärztliche Beruf lockte ihn aber nicht
sehr, er strebte ins Weite, zumal es ihm günstige Ver- | Libysche Wüste an , besuchte bei den Natron-Seen
mögensverhältnisse gestatteten , seiner Reiselust folgen
vier alte Klöster und erreichte in Fayum wieder
zu können . Im Jahre 1869 machte er einen längeren Ausflug nach Island , und hier reifte in ihm , wie er selbst berichtet , der Wunsch, grössere For-
Kulturboden . Nach der Rückkehr verweilte er einige Wochen in Kairo, wo er mit Th . v . Heuglin zu sammentraf, der ihn auf die Erforschung des süd
Die Jahre 1873
lich von der Hafenstadt Suakin am Roten Meere in die Küstenebene tretenden Chor Baraka aufmerk
schungsreisen zu unternehmen.
und 1874 brachten ihn nach Nordafrika, wo er bei einem längeren Aufenthalt in Tunis und auf Rund-
sam machte.
Während des März 1876 reiste also
reisen in der Regentschaft und nach Algier hinüber | Junker über Suez nach Suakin und durchzog das Gelegenheit fand, arabische Sitten und Gebräuche Bárakathal, weilte Anfang April neun Tage in kennen zu lernen , so dass er bei seiner späteren Reise nicht als Fremdling im orientalischen Leben Ausland 1892 , Nr . 15 .
Kassala und erreichte am 6. Mai Chartum , von wo aus er Darfur zu bereisen gedachte. Diesen Plan 29
Wilhelm Junker.
226
gab er jedoch auf, als ihm nach einer Fahrt mit
an denen er mit ganzer Seele hing, Abschied zu
dem Italiener Gessi auf dem Blauen Nil bis Sennar und dem unteren Sobat bis zur Seriba Nasser von
rüstung für die Reise getroffen . In demselben Ge
nehmen .
In Berlin wurde dann wieder die Aus
Gordon Pascha unter ausserordentlich entgegenkom - biet, in welchem im Jahre 1878 seine Wanderungen menden Vergünstigungen die Erforschung der west-
ihr Ende gefunden , beabsichtigte er seine Reisen
lichen Aequatorial-Provinz ermöglicht wurde. Ende wieder aufzunehmen und die westlichen und süd Oktober 1876 verliess er Chartum , fubr auf dem Weissen Nil bis Lado , wo er am 17. November
lichen von Aegypten erworbenen Negergebiete in der Aequatorialprovinz kartographisch zu erforschen .
anlangte und zuerst mit Dr. Emin Effendi (später
Insbesondere galt es , die Ländergebiete am Uëlle
Emin Pascha) zusammentraf.
auf Rundreisen
Nach zweimonat-
lichem Aufenthalt in Ladó kam Junker mit einer Militärkarawane nach der Seriba Kabajendi , der westlichen der hier angelegten ägyptischen Stationen
zu erforschen und den Strom so
weit wie möglich nach Westen zu verfolgen , um dadurch für die lange bestandene Kontroverse, ob jener
von Dr. Schweinfurth zuerst gesehene Fluss Vëlle
im Bezirk Makaraka, wo er nun über ein Jahr,
zum Kongo- oder Schari-Gebiet gehöre , eine end
vom 20. Febr. 1877 bisMärz 1878, sein Standquartier
gültige Lösung zu finden. Die Reise ging über Wien nach Triest und von hier am 10. Oktober 1879 mit dem Dampfer
nahm .
In vielen Kreuz- und Querzügen drang er
von hier in die benachbarten Gebiete vor, erforschte
das Gebiet der Flüsse Rohl, Tondj und Djur , be-
» Progresso « nach Alexandrien ; am 16. Oktober be
suchte die Mittu- und Kalika-Länder und kehrte
trat Junker wieder afrikanischen Boden . Von hier ging's nach kurzer Zeit nach Kairo. Am 1. Dezem
dann nach Ladó (29. März 1878) zurück , wo er
bis zur Abreise nach Chartum (am 11. Juni 1878) | ber reiste er mit Friedrich Bohndorff 1), den er zum zweitenmal mit Emin zusammen war . Am 29. Juni kam Dr. Junker wieder in Chartum an und fand hier gastfreundliche Aufnahme im Hause
als Reisebegleiter behufs Einsammeln zoologischer Präparate engagiert hatte, und einem Negerknaben, den er von seiner ersten Sudan -Reise nach Europa
des Konsuls Rosset. Der Monat Juli verging mit
mitgebracht hatte, über Suez nach Suakin , dann
der Verpackung der reichen ethnographischen und zoologischen Sammlung und im täglichen Verkehr
über Berber nach Chartum . Von hier ging er nach dreiwöchentlichem Aufenthalt (am 31. Januar 1880)
mit Gordon Pascha, den Junker ausserordentlich hochschätzte. Am 29. Juli trat er die Rückreise
auf dem Weissen Nil und dem Bahr el Ghasal bis zur Meschra - er -Rek und weiter nach Dem Soliman ,
an ; er kam durch die Bajuda-Steppe über Dongola
dem Hauptorte der Gazellenflussprovinz, wo er sich
in 20 Tagen nach Wadi Halfa und erreichte von
von seinem Freunde Gessi auf Nimmerwiedersehen
hier den Nil abwärts über Assuan und Siut im
Junker in seine Heimat St. Petersburg wieder
verabschiedete. Junker bereiste nun die Länder der Niam -Niam -Fürsten Ndoruma und Ssanga und erreichte die Mangbattu auf weiteren Rundreisen
ein ).
von seiner Station Lacrima bei Ndoruma.
Anfang September Kairo.
Ende dieses Monats zog
Die Wintermonate 1878/79 in der nordischen Hauptstadt waren abwechselnd der Arbeit und dem
In den
folgenden Zeiten erforschte er, zum Teile mit ägyp tischen Truppen, das Südufer des Uëlle bis zu dessen
geselligen Verkehr gewidmet. Durch letzteren reifte
mächtigem Nebenfluss Bomokandi, zog nach Tangasi ,
alsbald bei ihm der Entschluss zu neuer Wander-
der ägyptischen Hauptstation im Mangbattu -Lande,
schaft , um so mehr, als die Verarbeitung seiner
und den östlichen Momfu -Ländern und erreichte
Aufnahmen rasch von statten ging ?). Die Heraus-
seinen südlichsten Punkt bei Teli am Nepoko, dem
gabe der Tagebücher unterblieb damals jedoch, Nebenfluss von Stanleys Aruwimi. Dann wandte und sie haben erst zusammen mit Junkers späteren sich Junker nach Westen, verfolgte den Lauf des Reisen in dem 1. Bande seines Reisewerkes ihre Be-
arbeitung gefunden . Den Monat Mai 1879 verbrachte Dr. Junker in Deutschland und besuchte hier noch einmal vor seiner
Abreise alle die Orte, die ihm in der Erinnerung lieb geblieben . Jugenderinnerungen aus der ersten Kinder-
Uëlle bis zum westlichen Punkt seiner Reise , der 0 Seriba Abdallah (etwa 4 ° nördlicher Breite und 23 ° östlicher Länge ). Nach Norden sich wendend, über schritt er dann den Mbomu, berührte Luptons Route von 1882 bei Mbunga und erreichte in süd östlicher Richtung am 1. Mai 1883 wieder seine
zeit und den sorglosen Studentenjahren führten ihn Station bei dem Niam - Niam -Fürsten Semio . Jun namentlich nach Göttingen. Im Juli reiste er nochmals nach St. Petersburg , um von den Seinigen,
ker sah seine Reisen jetzt als beendet an und be absichtigte seinen Rückweg anzutreten. Doch es sollte anders kommen . Die Reise nach Norden ,
1 ) Vgl . über diese Reise auch Junkers Bericht in den
Verhandlungen der Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin ; 1879 ,
1) Vgl. über Bohndorffs Reisen in Centralafrika 1874
Bd . VI , S. 204-217 .
bis 1883 den Aufsatz von Dr. B. Hassenstein in » Petermanns
2) Mehrere Specialkarten mit kurzem Reiseberichterschienen in » Petermanns Mitteilungena , 1879, S. 445 mit Taf. 23 ; 1880, S. 81 mit Taf. 4 und S. 179 mit Taf. 9 ; 1881 , S. 411
Skizze (mit Porträt) in der » Deutschen Rundschau f. Geogr. u . Statistik « , 1887 , Bd . IX , S. 283 bis 286 , von W. Wolken.
mit Taf. 20 .
hauer .
Mitteilungen « , 1885 , S. 339 bis 350 , und die biographische
Wilhelm Junker.
nach dem Bahr el Ghasal ward ihm durch einen
Aufstand der Dinka -Stämme verlegt, und nach langem Warten wandte er sich deshalb am 16. Oktober .
1883 nach Osten und gelangte nach 55 Marschtagen auf direkter Route über Ndozuma zu Emin . Mit diesem und Casati wurde er dann , wie be-
kannt , durch den Aufstand des Mahdi noch zwei
227
aus . So empfing ihn die Berliner Gesellschaft für Erdkunde in einer Festsitzung (am 16. März 1887), ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitgliede und verlieh ihm ihre Karl Ritter-Medaille ') ; die geographischen Gesellschaften in St. Petersburg und Wien erannnten ihn ebenfalls zu ihrem Ehrenmitgliede, und die Royal Geographical Society in London erkannte ihm ihre
Jahre von der civilisierten Welt abgeschlossen, denn goldene Medaille zu. auch der Rückweg nach Süden war nach dem Tode des Königs Mtesa von Uganda durch dessen Sohn verschlossen .
Dr. Junker ging alsbald an die Bearbeitung seiner reichen gesammelten Reisematerialien . Zu
Dr. Junker versuchte vergeblich
nächst verlebte er mehrere Wochen in Friedrich
durch eine Reise zu einem der treuesten Anhänger
Emins, dem Häuptling Anfina , am Somerset-Nil
roda und Tabarz in Thüringen mit Dr. Bruno Hassenstein , dem ausgezeichneten Kartographen
oberhalb der Murchison -Fälle , den friedlichen Ver-
von Justus Perthes' geographischer Anstalt in
kehr mit Uganda wieder zu eröffnen , kehrte also
Gotha, zusammen , um
nach zehn Monaten zu Dr. Emin nach Wadelai
aufnahmen festzustellen , dann liess er sich in Wien nieder, wo er in Herrn Hugo Hölzel einen treff lichen und entgegenkommenden Verleger für sein
zurück. Hierauf versuchte er den Rückweg nach Süden ; am 2. Januar 1886 reiste er über Kiboro am
mit diesem seine Karten
Ostufer des Albert-Sees zu Kabrega , dem Könige Reisewerk gefunden hatte. von Unjoro . Hier gelang es ihm nach vieler Mühe,, sich heimlich in schriftliche Verbindung mit den Missionaren in Buganda zu setzen , und am 17. Fe-
Unter den von Junker vorzugsweise behandel ten Forschungsgegenständen steht die geographische Aufnahme obenan , an die sich dann ethnographi
bruar 1886 trat dann das freudige , seit Jahren er-
sche und zoologische, namentlich ornithologische Sammlungen und Beobachtungen anschliessen . Die
sehnte Ereignis ein : er erhielt eine umfangreiche
Postsendung von dem Missionar A. Mackay , wo- ethnographischen Sammlungen übergab er dem durch er über die Vorgänge im ägyptischen Sudan Museum der kaiserlichen Akademie der Wissen von 1884 bis 2. November 1885 – den Fall Char- schaften in St. Petersburg, wo sie in eigenen Schrän
tums, den Tod Gordons, den Rückzug der Eng- ken aufgestellt sind, d. h . so weit sie überhaupt länder -- aufgeklärt wurde . Zugleich erfuhr er hier, nach Europa gelangt waren , denn was Junker in dass Dr. Fischers Expedition, die zu seiner Hilfe von seinem Bruder ausgesandt war , nicht die Erlaubnis
Afrika an mühiseligst erworbenen Sammlungen unter
wegs verloren hat, würde fast ein eigenes Museum
erhalten habe , Buganda zu betreten. Erst im Juni | bilden. Das Meiste ist in die Hände der Mahdisten
gelang es ihm mit Erlaubnis des Königs Muanga, gefallen, vieles musste aus Mangel an Trägern auf zu dessen Residenz zu kommen . Nach anderthalbmonatlichem Verweilen an diesem Platze setzte er seine Reise dann weiter über den Victoria
Nyanza fort und langte endlich anfangs September in Tabora an . Hier schloss sich Junker einer Kara-
gegeben werden . Ein kleiner Teil der Sammlungen kam an das Museum für Völkerkunde in Berlin.
Die ausführlichen Einzelberichte über Junkers Reisen finden sich in Petermanns Mitteilungen vom Jahre 1876 an. Zusammenhängend hat Junker
wane des bekannten Elfenbeinhändlers Tippo - Tipp die Resultate seiner Reisen niedergelegt in zwei
an und erreichte endlich am 29. November 1886 Ergänzungsheften (Nr. 92 und 93) zu jener Zeit bei Bagamoyo die Küste. Nur wenige Tage fehlten an sieben ereignisvollen Jahren , seitdem er am 14.
schrift und in seinem vorigen Herbst vollendeten
Dezember 1879 , von den Höhen jenseits Suakin
hefte erschienen unter dem Titel : »Wissenschaft
dreibändigen Reisewerke.
Die beiden Ergänzungs
zurückgewandt, zum letztenmal das Meer geschaut | liche Ergebnisse von Dr. W. Junkers Rei hatte. Am 4. Dezember erreichte Dr. Junker Sansibar und am 9. Januar 1887 wurde er von seinem
Bruder , seinem Schwager und Dr. Schweinfurth
sen in Central - Afrika 1880–85. Mit 4 Karten (Gotha, J. Perthes, 1889). Der Text enthält zu nächst die Hydrographie , Orographie und Ethno
in Suez empfangen. Junker blieb dann bis Mitte graphie des Uëlle-Makua-Gebietes,von Dr. Junker selbst herrührend (S. 1—38), dann eine eingehende eben auf der Reise war, um sich an die Spitze der Diskussion der Höhenbestimmungen und meteoro Expedition zum Entsatz Emin Paschas zu stellen, logischen Beobachtungen Junkers und Emins März in Kairo, traf dort mit Stanley zusammen , der
und erreichte dann über München und Berlin , wo
von Dr. Ad . Schmidt in Gotha (S. 38-86), end
er kurzen Aufenthalt nahm , im April 1887 seine Heimat St. Petersburg wieder.
über die kartographischen Aufnahmen des Reisen
lich die treffliche Denkschrift Dr. B. Hassensteins
Die Kunde von der Rückkehr des Reisenden ,
den und die übrigen Quellen zur Karte (S. 87–114).
eines längere Zeit verloren Gegebenen , von Osten und Westen her vergeblich Gesuchten, erregte überall freudige Teilnahme , und viele geographische Ge
Ges . f. Erdk . , 1887 , S. 183-187 mit Karte, und ebenda Junkers
sellschaften zeichneten ihn durch mancherlei Ehren
Reisebericht, S. 240-260,
1) Vgl. den Bericht über die Festsitzung in den Verh. d .
Sir Francis Drake auf dem Isthmus von Panamá.
228
Die 4 beigegebenen zusammenstossenden Karten-
blätter (nach den Tagebüchern , Kartenskizzen und mündlichen Mitteilungen des Reisenden, sowie nach allen vorhandenen Quellen entworfen und gezeichnet
wie sein Freund , der Schriftsteller Hevesi , der ihm während seines dreijährigen Aufenthaltes in
Wien nahe stand, sagt, eigentlich der Sklave seines Buches und lebte wie ein Gefangener. Monate
von Dr. Hassenstein im Maasstabe 1 : 750000) reichen von 1 ° 45 ' n . Br. bis 8 ° 15 ' n . Br. und von 22 ° 5' östl. v. Gr. bis 31 ° 55 ' und bieten ein ge-
lang sah er die Sonne nicht (um nicht vom Strassen lärm gestört zu werden , hatte er eine Hofwohnung inne) , sondern sass beim Gaslicht und zog die
wiss für sehr lange Zeit massgebendes Bild des
lange Reihe seiner schwarzledernen Tagebücher aus,
Hauptschauplatzes der Thätigkeit Junkers und komponierte und stylisierte und schrieb die Hun Itinerar-
derte von Briefen, die ein solches Werk umflattern .
aufnahmen zuerst umfassend das System der Rund-
Mit Justus Perthes' Anstalt in Gotha, mit seinen alten Freunden Georg Schweinfurth in Kairo
E mins. Junker wandte bei seinen
reisen an , wobei sich Aus- und Rückreisen gegen-
Eine glänzende Bestätigung
und dem Botaniker Ascherson in Berlin , mit
fand die Junker - Hassensteinsche Karte in jüngster Zeit durch die van Gelesche Reise. 1)
Dr. Hassenstein und mit noch vielen anderen
seitig kontrollieren .
wurden unausgesetzt Briefe gewechselt. Seine Ge
Der zusammenhängende Bericht über die bei- sundheit soll darunter sehr gelitten haben ; er selbst den Reisen (1875-1878, 1879—1886) ist in » Dr. glaubte auch nicht, dass ihm ein hohes Alter be Wilh. Junkers Reisen in Afrika 1875—1886 «
schieden sei, und hielt das fünfzigste Lebensjahr für
(Wien , Verlag von Eduard Hölzel , 3 Bände,
verhängnisvoll in seiner Familie. Vielleicht arbeitete
1889–1891 ) niedergelegt. In der Darstellung seiner Reisen hat sich der Verfasser an die Tagebuch form gehalten , dabei aber stets die wertvollsten
er darum so rastlos an seinem Werke , das nun für immer sein schönstes Denkmal bleiben wird. Nach seiner äusseren Erscheinung war Junker
geographischen, ethnographischen, zoologischen und
mittelgross und kräftig ; sein dem
Reisewerk
botanischen Mitteilungen in die Erzählung verwebend. vorgeheftetes Bildnis gibt seine angenehmen Züge Zu seinen Erfolgen
Das Fortschreiten der letzteren wird hierdurch aller- ausserordentlich treu wieder.
dings oft unterbrochen und das Zusammengehörige auf seinen Reisen hatten nicht wenig seine.per getrennt , doch ist der Stil überall gewandt und sönlichen Eigenschaften : das ruhige, gewinnende
lebendig . Der Reisende drängt seine Persönlich- Wesen , die unerschöpfliche Geduld und Fähigkeit, keit wenig in den Vordergrund und in angenehmer Abwechslung entrollt er uns ein anschauliches Bild
Unbilden aller Art, bei eiserner Gesundheit des Körpers , mit Leichtigkeit zu ertragen , sein grosses
seiner an Abenteuern, Gefahren und Strapazen reichen
Talent im Umgang und in der Behandlung der
Reise. Die Ausstattung mit durchgehend trefflichen
eingeborenen Völkerschaften , mit denen er in Ver
Illustrationen (Landschaftsbilder, Typenporträts, kehr trat, beigetragen. Jahrelang hat er sich unter ethnologische Bilder , Tiere, Pflanzen ), deren das
den Schwarzen bewegt und sie durch Liebenswür
Werk 545 ( 140 Vollbilder, 405 im Texte) zählt, ist glänzend. Photographien und Skizzen von R.
digkeit bezwungen , ohne Gewaltthätigkeit, ohne Blutvergiessen.
Buchta (der am 1. Bande mit thätig war) , zahl-
Kurze Zeit nach Beendigung des Reisewerks reiste
reiche Vorlagen aus Schweinfurths unerschöpflichen Mappen und Junkers eigenen ethnologi-
Dr. Junker im November v. J. nach Russland, um dort Verwandte zu besuchen und mit ihnen das
schen Sammlungen boten ein treffliches Material ;
Weihnachtsfest zu feiern. Im Hause seiner Schwester in St. Petersburg wurde er dann von der Influenza
wo diese Vorlagen fehlten , hat das Talent zweier
so bewährter Künstler, wie L. H. Fischer und befallen, deren Folgen er am Sonnabend Vormittag, Fr. Rheinfelder , dem Mangel abgeholfen . Die Be- den 13. Februar d. J., nach schweren Leiden erlag. arbeitung der beigegebenen 24 Karten, welche eine
In allen geographischen Kreisen und weit über
lückenlose, genaue Aufnahme aller Reisewege dar- diese hinaus, hat der Tod des noch nicht 52jährigen stellen, lag auch hier in der Meisterband Dr. Has-
edlen Mannes die grösste Teilnahme erweckt :
sensteins. Junker ist viel zugeredet worden,
seine Reisen und seine Arbeiten stellen Junker
das Werk mit dem dritten Bande zu beginnen , der ebenbürtig an die Seite von H. Barth , G. Nachti auch die Eminschen Angelegenheiten behandelt; | gal und G. Schweinfurth . alle Welt wartete damals, was er sagen werde im Streite für und wider Stanley ; aber er wollte nicht für die Neugier des Tages schreiben , er war und
Sir Francis Drake auf dem
Isthmus von
blieb ein Mann der ernsten wissenschaftlichen For
Panamá . )
schung, der jedes Wort genau abwog und alles
Von Ed. Hahn (Berlin).
in der Stille reifen liess . Monat um Monat, Jahr um
In der Tagespresse ist bei einer Gelegenheit, die nicht in den Rahmen des » Auslandes « fällt, viel
Jahr verging ihm über dieser Arbeit , ja , er war, 1) Proc. R. Geogr. Soc. , 1887 , p. 399 . 2) Vgl. » Petermanns Mitteilungen «, 1891 , S. 103 .
1) Eingesandt Ende März
vor dem
Erscheinen eines
teilweise verwandte Ziele verfolgenden Artikels der » Gartenlaube « .
Skizzen aus Portugal .
fach davon die Rede gewesen , dass doch bekannt-
229
such golden reports, he besought God, to give him
viel früheren Vasco Nuñez de Balboa , gewöhn-
live and leave once to sail an English ship in Nun die deutsche Uebersetzung : Den vierten Tag (nach einem Aufenthalt unter
lich Balboa genannt, gebühre. Das letztere ist natürlich unbestritten . Trotzdem hat man übersehen ,
wegs) , den 11. Februar ( 1573) , kamen sie zu der Spitze des ersehnten Hügels, der sehr hoch war und
dass allerdings Francis Drake der erste Engländer oder überhaupt Nichtspanier war, der beide Meere sah , und dass dieser Moment naturgemäss von höchster
sich von Ost nach West als ein Kamm zwischen
lich nicht Sir Francis Drake der Entdecker des
Stillen Ozeans gewesen sei, sondern diese Ehre dem
those seas . «
beiden Meeren hinzog.
Es war ungefähr 10 Uhr
Seemacht gewesen ist. Dabei bleibt es natürlich voll-
morgens, als einer der Häuptlinge der Cimarrones Drake bei der Hand nahm und ihn aufforderte, diesen berühmten grossen Baum zu besteigen, in den
kommen freigestellt, wie weit man überhaupt an die Wirkung solcher einzelnen Momente auf die Ge-
sie Stufen gehauen hatten, so dass man fast bis zur Spitze klettern konnte. Hier hatten sie eine Laube
Bedeutung für die ganze Entwickelung der englischen
schichte glauben will , aber die poetische und ge-
gemacht mit bequemen Bänken, aus der man ohne
hobene Sprache wird sie immer heranziehen, und in
Schwierigkeiten beide, das Nord- und das Südatlan
diesem Sinne kann man auch Francis Drake ver-
tische Meer, übersehen konnte.. Viele der benach
wenden .
barten Bäume waren niedergeschlagen, um die Aus sicht freizulegen, und mehrere feste Häuser in der durch sehr bedeutende Schädigungen erbittert , die Nähe von den Cimarrones erbaut, die hier oft vor ihm von seiten der auf ihr Handelsmonopol eifer- beiziehen und dies ungeheuere Gebiet bewohnen. süchtigen Spanier schon 1565 und 1567 bei ver- Als Drake den Baum erstiegen hatte und bei dem schiedenen Fahrten nach Westindien, ganz besonders klaren Wetter jenes Meer so deutlich vor sich sah , aber bei der Gelegenheit der Reise Sir John Haw- von dessen Reichtümern man so märchenhafte Schil kins ' 1568, zugefügt worden waren , und suchte auf derungen machte, da flehte er zu Gott , er möge alle Weise den Spaniern zu vergelten. Deshalb hatte ihm das Leben schenken , bis es ihm gelinge , auf Der spätere Sir Francis Drake war aufs höchste
er schon früher mit den sog. Cimarrones (Drake
schreibt Symerons), entlaufenen Negern der Spanier,
jenen Meeren ein englisches Schiff zu führen. Bald nachher sah sich die spanische Regierung
die sich natürlich im Kriegemit ihren Herren befanden , gezwungen, mit den Cimarrones ein Abkommen zu Verbindungen angeknüpft, die er auch später, als erauftreffen , die dann noch lange als » Zambos del rey « seiner bekannten , sog. dritten Reise 1572 Nombre de
gegen eine jährliche Zahlung Ruhe hielten . Jene
Dios, den damaligen Haupthafen des Isthmus auf der Befestigung auf dem Hügel wird verfallen sein und atlantischen Seite, plünderte, fortsetzte. Bei Gelegen- der Gipfel wieder verwachsen, so dass es mir frag heit seines längeren Aufenthaltes auf dem Isthmus er-
lich erscheint, ob seit Drake überhaupt jemand von
eignete sich jene Episode, als er mit den Schwarzen
einer Stelle aus beide Meere gesehen hat. – Es
einen übrigens erfolglosen Marsch auf Panamá ver-
ist aber nicht überflüssig, zu bemerken, von welcher
suchte. Wir bringen den Text nach dem Exemplare
Bedeutung Drakes Erdumsegelung für die Ent
der königlichen Bibliothek zu Berlin , es ist die
wickelung der englischen Flotte wurde. Der Plan
4. Aufl. vom Jahre 1695. 12º. The English hero
hierzu entstand aber in dem vorstehend näher ge
Sir Francis Drake revived.
kennzeichneten Augenblicke .
(Der Neudruck
der ältesten Ausgabe , die ? unter dem Namen Philipp Nicholls geht, in Arlers English Garner , vol . V. 1882, weicht im Ausdruck etc. unwesentlich
ab.) S. 34. » The fourth day Febr. 17 (Druckfehler für 11 ) they came to the top of this desired hill, which was very high and lay East and West like a ridge between the two Seas. It was about ten
Skizzen aus Portugal. Von N. L. Ey (Hohenstein bei Friedland, Mecklenburg-Strelitz ).
Wie kommt es nur , dass Portugal verhältnis
o'clock in the morning, when one of the Chief Sy-
mässig so wenig bekannt ist ? Neuerdings treten freilich die Orientreisen und die Nordlandsfahrten mehr in
merons. taking Drake by the Hand, desired him to walk up this famous high tree , wherein they had cut divers steps, to ascend almost to the top, where they had made a convenient arbour to sit and from whence without difficulty they might plainly discern both the North and the South Atlantic (sic !) Ocean, many of the adjoining trees being cut down , to
den Vordergrund, und viel Herrliches und Schönes mag sich dem Auge des Beschauers auf denselben bieten ; aber dennoch wäre auch Portugal es wert, besucht, bereist, fast möchte ich sagen durchforscht zu werden, denn es ist ein gar herrliches Stückchen Erde. Das ganze Land trägt einen so eigenartigen Charakter, dass der Neuankommende anfangs kaum
clear the prospect and divers strong houses built
weiss, was er zuerst in sich aufnehmen soll. Frei
there about by the Symerons, who usually pass that
lich fehlt Portugal die Klassicität Griechenlands und
way and inhabit those vast countries . Drake having
Italiens, und deren Kunstschätze dürfte es auch nicht
ascended the tree and the weather being fair, taking a full View of that Sea , of which he had heard
aufweisen können , dennoch bietet es ausser seiner wunderbar schönen Natur , welche die der beiden
Ausland 1892 , Nr. 15 .
30
Skizzen aus Portugal .
230
genannten Länder wohl noch übertrifft, des Schönen
Magnolie, ja die höchste Araucaria überragend . Aber
gar viel . Man besuche nur den Bussaco mit dem seinen Gipfel krönenden alten Kloster und den vielen
vielfach unterbrochen und dürftig ist der von ihnen
gewährte Schatten ; eigensinnig kehrt sich jedes der
Einsiedeleien, die jetzt meistens leer stehen, und man lederartigen, leicht gekrümmten , spitzen Blätter gestehe, dass es wenig Orte geben möchte, die diesem gleichkommen. Man sehe Lissabon , die zauberhafte Marmorstadt , vom Golf des Tejo aufsteigen , man besuche das Kloster Belem, die Grabstätte der Könige,
gegen den Stamm , der Sonne freie Durchsicht ge stattend .
Dort auf dem Rasen , welch Prachtexemplar einer Araucaria ! Dicht und schwer liegen die ge
das paradiesisch liegende Cintra; oder die National- waltigen Aeste auf dem Grase , einen weiten Kreis Majestätisch steigt der unbewegliche
denkmäler, die Batalha , die Mafra , das wunderbar
beschattend.
grossartige Kloster und Schloss,, von Dom Joào III. infolge eines Gelübdes in der ödesten Gegend des
stehen die gespreizten Aeste vom Stamm ab .
Gipfel gerade in die Höhe. Steif und regelmässig Wir
Landes angelegt, trotzdem von überwältigendem
Nordländer würden sie ungraziös nennen, trotz der
Eindruck , und man wird sich sagen müssen , dass eine Reise dahin nicht vergeblich gewesen. Was Dimensionen und Material , gigantisch erdrückende Grossartigkeit anbetrifft, so kann man nicht leicht
frischgrünen Spitzen , die augenblicklich die tief dunkeln Zweigenden ungemein lieblich zieren -aber sie dürfte ebensowenig fehlen, wie die dunkle Pinie , die mit ihren sehr grossen , wie beschnitten aussehenden Nadelbüscheln, einem riesigen Sonnen
>
>
etwas sehen, was die Mafra übertreffen würde .
Der
Bau an sich ist eine Stadt , die Galerien bieten die
schirme gleichend, ebenfalls viel dazu beiträgt, der
schönste Perspektive der Welt, und die Kirche, vom
südlichen Landschaft ihr eigentümliches Gepräge zu
Grundstein bis zum Schlusstein ganz aus poliertem
geben . Und welch ein Hintergrund ist sie für jene
verschiedenen Marmor und zwar aus unzähligen verschiedenen
Mimose, die ihre halbgeschlossenen Federn mit den
Arten , die ihr eine ausserordentliche Mannigfaltig- hellgrünen Spitzen gar anmutig zu schaukeln weiss .. keit verleihen, ist einfach wunderbar. Nicht minder Zu hohem Baume emporgewachsen finden wir hier, schöne Statuen aus carrarischem Marmor zieren sie ;
was wir im Norden mühsam in Blumentöpfen ziehen ,
das Glockenspiel , aus 114 Glocken bestehend , soli enorme Summen gekostet haben ; auf dem Dache der Cirche bieten breite , prachtvolle Promenaden
mit Treibhauswärme umgeben müssen . Mit den üppig wuchernden Azaleen, den purpurrot blühenden Ka
eine köstliche Aussicht .
hohen Strauche sucht noch die Kamelie in brennen
Diese drei wunderbar schönen Kirchen : São
Jeronymo in Belem, Batalha und Mafra, sollten auch
über die Grenzen Portugals hinaus bekannt sein .
stanien und den schwer niederhängenden Rosen ani den Farben zu wetteifern .
Ueber ein halbes Jahr
lang ist sie die Beherrscherin der Gärten, besonders in und um Porto , der Kamelienstadt par excellence,
Das herrliche Klima, im Sominer oft sehr heiss,
während sie sich in Lissabon nur vereinzelt findet.
doch meistens durch die Seewinde gemildert, ruft
Im November beginnt sie bereits zu blühen ; um
eine köstliche Vegetation hervor. Ein portugiesischer Weihnachten gleichen die ungefähr 25 Fuss hohen Garten im Mai ist das Schönste, was die Natur her-
vorzaubern kann, eine grünende, blühende, duftende Zauberwildnis. Dunkel glühende Rosen nicken von allen Seiten, süss berauschender Duft der Glycinien,
Bäume ungeheuren Blumensträussen, so sind sie be säet mit dunkelroten , rosenfarbenen , weissen und ge streiften Kamelien.
In manchen Gärten zählt man
400 verschiedene Arten. Der Weihnachtsbaum
die am Portale in die Höhe geklettert sind und ihre denn die hier wohnenden Deutschen sind der alten blauen Trauben leicht im Winde schaukeln , dringt Sitte treu geblieben wird mit ihren schönsten herüber.
Ueber die hohen Mauern hängt gross-
blätteriger Epheu in wilden Ranken , in den Fugen wurzeln Farnkräuter, haben sich Moose eingenistet. Breitästige Magnolien mit köstlichen, grossen Blüten wölben ihr immergrünes Blätterdach über uns zu einem Dome. Weiss leuchten die Sterne der EukaSchönheit genannt durch das
lyptusblüten
Blüten geschmückt, die sich tagelang frisch erhalten ; ein Teppich von Kamelien bedeckt den Fuss des
Christbaumes, und Gewinde derselben Blumen zieren den Tisch mit den Festgeschenken. Und noch im Mai spendet uns der unermüdliche Baum tausende von Blüten, bis die heisser brennende Sonne sie ver
zehrt. Steif, wie aus Metall geformt , streckt hier
traubenartig herabhängendeLaubwerk . Horch, regnet die riesenhafte Kaktusstaude die starren , grünen Blätter mit dem hellgelben Saume von sich ab ; vom Ozean herüber streicht der Wind durch die keine Blume, kein Schlinggewächs hat die Unnah schmalen , schwertartigen Blätter der hohen Euka bare zu berühren gewagt. lypten und verursacht ein Klingen , wie das rieselnAber dort ist an der mächtigen Ulme ein äusserst es ? Nein , der Himmel strahlt in tiefer Bläue, aber
der Tropfen. Ob sie ihr Vaterland beweinen ? Ob der Wind Oceanien ?
feines, myrtenblätteriges Schlinggewächs hinaufge
, ihnen Grüsse bringtaus dem fernen klettert,hat sich neckend der unteren Zweige be mächtigt , sich weiter ausgedehnt, von Zweig zu
Biegsam wie eine Weide und fast tannenbaft | Zweig rankend , sich unter einander verflochten zu schlank sind die hellglänzenden , hochgewachsenen einem dichten Gewebe. Bis zum Wipfel schon Stämme , schon mit zehn Jahren die weit ältere schlingen sich die feinen Ranken um den wider
Skizzen aus Portugal .
231
standslosen Baum , ihm Luft und Licht raubend . Wie hilfeflehend streckt die Ulme dürre Aeste gen
manch junger Sänger zu finden scheint, der abends, die Mandoline oder Guitarre im Arm , unter dem
Himmel , aber die Ranken klettern ihnen nach, nehmen sie kosend gefangen ; die grünen Arme töten
Balkon seiner Angebeteten steht und Liebesseufzer
den Baum , aber sie töten aus Liebe. Dicht umsponnen, ragt er kaum noch aus seinem Sarge , in den er lebend begraben , hervor. Rotdorn und Goldregen lassen dort ihre rosenfarbenen und gelben Blüten in einander schweben ;
hinaufsendet. Aber der Volkswitz übt seinen gut mütigen Spott an ihnen : » Patient« nennt man einen solchen Nachtwandler, und zeigt sich etwa die Be sungene auf dem Balkon, so spricht man von »zwei Patienten
Doch wir werden vielleicht noch Gelegenheit
spanischer Flieder nickt in schweren Trauben dar-
haben , die nähere Bekanntschaft solcher Patienten
über ; Klematisranken und wilde Röschen durch-
flechten das undurchdringliche Blättergewinde, ranken
zu machen , wenn wir uns aus dem portugiesischen Garten im Mai zu einem portugiesischen Badeorte
sich an den Balkons in die Höhe, hängen sich an
im August und September wenden . Es ist wahr,
die Vorsprünge des Mauerwerkes und wiegen anmutig ihre Blüten im dufterfüllten Winde.
hört sie gar nicht auf , man badet selbst im Dezember
die Badesaison beginnt schon früher, ja für manche
Sehen wir dort Blumenbeete auf dem Dache? und Januar, aber die eigentliche Saison , der Land Keine menschliche Hand hat sie gesät, die brennen-
aufenthalt fängt erst mit dem August an. Eines der beliebtesten Seebäder ist Foz (Fosch , Pelargonien, die sich , als hätten sie nicht Platz und d. i. Mündung) , an der Mündung des Douro ge Luft genug im Garten gefunden, da oben hinauf legen ; aber nicht jeder kann die dortigen Bäder ver geflüchtet haben , üppig wuchernd, als wollten sie tragen , denn die Strömung ist hier so stark und die
den Granaten , den blauen Heliotrop, die vielfarbigen
ein zweites Dornröschenheim hervorzaubern . Wild,
Brandung wegen der vielen hohen Felsen so heftig,
wie Unkraut, wächst hier eben alles, was im Nor-
dass man sich oft, trotz der starken Taue , nicht
den mühsam gepflegt im Beete steht.
gegen die Gewalt der heranbrausenden Wellen wehren
Doch , wir sind ja auch im Lande , wo
im
kann. Selbst bei kräftigen Naturen wirken die Bäder
dunkeln Laub die Goldorangen glühn « ; siehe , da
anfangs erschlaffend.
schimmert es in der That leuchtend goldgelb von den Zweigen . Köstlich duftend hängen Citronen und Orangen vor unseren Augen , fallen uns über
Eine halbe Stunde stromaufwärts liegt Porto am rechten Ufer des Douro , mit der gegenüber liegenden Stadt Villanova durch mehrere, zum Teil
reich zu Füssen .
Aber brachte man nicht schon
sehr schöne Brücken verbunden .
Die Ufer fallen
im Dezember Orangen zu Markte ? Allerdings, aber der gesegnete Boden bringt zu allen Jahreszeiten gleichzeitig Blüten und Früchte hervor. Süss berauschend duftet es unter dem Orangenbaume ; das
steil, oft senkrecht zum Flusse ab ; meistens sind es hoch aufstrebende Urgebirgs-Felsen, weshalb der Granit allgemeines Baumaterial ist. Auch die Stadt steigt terrassenförmig die Berge hinauf, die meisten Strassen
sind nicht die Früchte; während unten die goldgelbe
sind daher sehr steil. In einigen hat man eine Zahnradbahn anlegen müssen , um die Pferdebahn
reife Frucht hängt, finden wir höher hinauf kleine, grüne Früchte und die oberen Zweige sind bedeckt
wagen befördern zu können , denn sonst wären selbst
oft spannt man deren neun
mit den weissen Blütensternen . Und dort der Tan-
die vielen Maultiere
gerinen- oder Limettenbaum , sie zeigen uns dasselbe Wunder. Schattige Weingänge führen uns zum Springbrunnen , schmale, vierkantige Granitsäulen tragen das Rebendach , man sieht, dass der Granit hier nichts kostet , überall sieht man ihn in dieser Weise verwandt. Weisse Kallablüten spiegeln sich träumend in der leicht gekräuselten Wasser-
vor einen Wagen - nicht im stande gewesen , die
selben die Berge hinaufzuziehen. Uebrigens ist die Trambahn noch nicht so sehr alten Datums , und
noch heute vertrauen sich ältere , nervöse oder be sonders konservative Personen nicht diesem
neu
modischen Gefährt an , sondern lassen sich durch die alte , treue Sänfte befördern , deren schaukelnde
fläche, aufder Lotosblumen ruhen ; wuchernde Kresse Bewegung einen unparteiischen Zuschauer indessen drängt sich zwischen die Ritzen des Bassins , an dessen Rande die Libelle mit blauen , durchsichtigen
schon vom blossen Ansehen seekrank machen könnte.
Flügeln einsam schwebt ; doch nein , nicht einsam ,
schwunden, und diese edlen Horntiere sind gänzlich
denn huschen dort nicht flinke, grüngoldene Lazerten durch das Gras, eiligst fliehend bei unserem Näher-
an den Lastkarren verbannt, den sie mit geduldiger Langsamkeit befördern . Man kann öfter sehen , wie
kommen ? Und doch verweilen sie wie verzaubert,
kleine Mädchen , trotz ihrer acht oder zehn Jahre,
Dagegen sind die Ochsenkarossen jetzt ziemlich ver
wenn ein Vogel laut schmetternd zu singen be- mit grösster Wichtigkeit und Würde die gewaltigen ginnt. Tiere regieren, während der eigentliche Führer lang Der Abend bricht schnell herein und mit der sam mit einer Cigarre hinterdrein schlendert, mit strahlenden Pracht der Sterne am tiefdunkeln Him- einem Bekannten plaudernd. In blossen Füssen , aber mel erscheint die Zeit der Ständchen ; bald hier, mit langen , goldenen Ohrringen , die die Achseln
bald dort hört man Musik. Mai , Rosen , Musik, Liebe , das sind ja verwandte Begriffe, was auch
des verschossenen Samtjäckchens streifen und einem grossen goldenen Kreuz an gleicher Kette geschmückt,
Skizzen aus Portugal .
232
führen sie mit der Linken einen Ochsen am Horn ,
nösen Namen : Quebra as costos , Brich den Rücken ;
während die Rechte mit gleicher Grazie abwechselnd den Treibstock und – den Fächer handhabt , eine Vereinigung, wie sie in Deutschland wohl nicht so leicht vorkommt; so geht's mit unfehlbarer Sicherheit bergauf, bergab. Eigentümlich primitiv ist die Form dieser zweiräderigen Ochsenkarren , die wohl noch aus der Römerzeit stammen mag, und seltsamer-
wer da noch nicht gewarnt ist , dem ist nicht zu helfen . Eine andere, nicht weniger halsbrecherische
weise werden die massiven hölzernen Räder und
und wenn sie nicht selbst das Paradies vorstellen
Achsen mit Zitronensaft eingerieben , so dass sie ein geradezu desperates Gekreisch erheben , – vielleicht
soll , so kann sie doch jedenfalls dahin führen, denn der Weg ist nicht nur äusserst schmal, sondern auch
um den langsamen Schritt der Zugtiere etwas zu beschleunigen . In früheren Zeiten muss es sich recht patriar-
steinig und schmutzig , wenn nicht ein portugiesi scher Regentag dieselbe gewaschen hat ; dann passiert
chalisch ausgenommen haben, wenn solch ehrwürdige Familienkarosse, von starkknochigen , mächtig ge-
Fluss, in den sie dadurch verwandelt ist, zwingt den Fussgänger zu wahrhaft gigantischen Sprüngen.
hörnten Ochsen in bedächtigem Schritte gezogen, die ungeduldige tanzlustige Jugend zum Balle gefahren hat. Erst seit zwölf oder fünfzehn Jahren sind diese edlen Zugtiere gänzlich dem Lastwagen
Noch enger und finsterer als diese Gassen sind
überlassen worden und man verwendet für das Luxus-
Strasse heisstdagegen Sammtstrasse, Rua do Velludo, und da geht's denn auch recht sänftiglich mit Holter Gepolter über Hals und Kopf in mächtigen Sprüngen über die » sammtnen « grossen Granitblöcke hinweg .
Rua do Paraigo , Paradiesstrasse, heisst eine andere,
man sie allerdings schneller, als erwünscht, denn der
indessen die sogen . Ilhas , Inseln, welche sich wie ein langer Hinterhof in schmalen Zeilen hinter den Strassen erstrecken, mit einem Ausgang auf dieselben , und welche die übelriechenden, ölduftenden Nieder
fuhrwesen Pferde und besonders Maultiere, welche, lassungen einer schmutzigen Bevölkerung bilden , trotz ihres feinen Knochenbaues, mit bewunderungswürdiger Kraft und Ausdauer die Schwierigkeiten des so sehr unebenen Terrains überwinden .
Wie jede grosse Stadt, so hat auch Porto manche
deren Körper selten mit einem Tropfen Wasser in Berührung kommen , und deren struppige Haare wohl nie die Bekanntschaft von Kamm und Bürste ge
macht.
Gallegos , Wasserträger , Fischer wohnen
schöne, breite Strassen , die sogar durch gelegent- hier, auch wohl Räuber, denn dies Handwerk ist liches Fegen einigermaassen sauber gehalten werden ;
hier gewissermaassen privilegiert und lebt, sofern es
bei solchen mit bedeutendem Ochsenverkehre gibt selbst die Obrigkeit nur unbehelligt lässt , mit der man die Reinhaltung derselben
indessen von vornherein als erfolglos auf. Die Rua de Sao Joào, welche,
selben in tiefstem Frieden .
von der Ribeira , dem Hafen , in die Stadt führend,
den grössten Ochsenverkehr hat , würde als frucht-
hütten sehen ; sie sind in den lebendigen Fels hinein gehauen , bestehen meistens nur aus einem Raume,
barster Ackerboden verwertet werden können , denn
höchstens zwei , die Löcher statt der Fenster und
Am Fluss kann man höchst seltsame Fischer
die von diesen Tieren daselbst zurückgelassenen die denkbar einfachste Thür besitzen . Ueber diesen Spuren werden einfach dadurch vertilgt , dass man sie in den ungepflasterten Boden einstampft. Welch
Felsenlöchern läuft eine Strasse hin , an der sich dann wieder eine Reihe solcher Wohnungen be
eine Wohlthat für diese Strassen und die grosse An-
findet und so geht es fort, oft eine ganze Anzahl
zahl enger, steil abfallender Gassen ein gründlicher über einander, was von von Regenguss ist, kann man sich denken , doch macht
man sich schwerlich einen Begriff davon , welche
unten aus einen höchst
eigentümlichen Anblick gewährt . In ähnlicher Weise findet man indessen auch grosse Häuser erbaut , deren
Wassermassen solch tropischer Regen herabzugiessen
Entstehung zu verfolgen ausserordentlich interessant
Dachrinnen gibt es nur vereinzelt , dann
ist. Während man in Deutschland oft jahrelang an
aber mit einer trompetenartigen Oeffnung in der
einem soliden Wohnhause baut, sieht man hier ganze
Mitte , aus der das angesammelte Wasser , einem
Häuserreihen wie Pilze aus der Erde schiessen . Aller
vermag
Wasserfalle gleich, auf den Vorübergehenden herab- dings besteht nur die Vorderwand aus Mauerwerk, stürzt. Selbstverständlich schützen bei solchen natürlichen und künstlichen Güssen keinerlei Vorkehrungen
vor dem gänzlichen Durchnässtwerden . Niemand braucht indessen diese steilen Gassen ,
während Seiten- und Hinterwände aus dem natürlichen
Felsen gebildet werden . Dies gilt besonders von den Häusern am Flusse , zu dem zwar die Felsen steil , oft senkrecht abfallen , aber doch eine Menge kleinerer
in die kaum jemals ein Sonnenstrahl dringt , unge- und grösserer Häuser tragen , die wie Vogelnester warnt zu betreten , denn , falls nicht ein widriges, an und auf ihnen kleben . Man sieht eine Anzahl
allerdings nicht seltenes , Ungefähr das Schild ab-
barfüssiger Arbeiter beschäftigt, mit Spitzhacken den
gerissen oder unleserlich gemacht hat, so trägt sie
harten Granit zu bearbeiten .
schon in ihrem
Namen ihre besonderen Kenn-
stehen sie auf schmalen Felsvorsprüngen, nach oben
zeichen « an der Stirn , Rua dos Ombras, was wir
steigt die Wand senkrecht auf , nach unten schauen sie in einen Abgrund hinab und dabei sind sie un
Strasse der Schatten oder , in weniger erhabenem Stile , » Dunkelgasse « nennen würden ; Escados da Sé , Kirchentreppen ; oder wir lesen gar den omi-
In ansehnlicher Höhe
ermüdet thätig , den Boden unter ihren Füssen zu entfernen , so dass man stets fürchtet, sie herab
Atjih und die Holländer.
233
stürzen zu sehen. Ueber ihren Köpfen zieht sich ; Korb Wäsche , Fische, Gemüse, kurz alles wird auf dann eine andere Strasse hin, deren Untergrund der diese Weise befördert. Wem Schuhe oder Pantoffeln darunter liegenden als Rückwand dient. Die Häuser an den Füssen unbequem werden , der zieht sie aus
selbst sind meistens schmal, enthalten oft nur die
und trägt sie auf dem Kopfe, ja nicht selten tragen
Tiefe eines Zimmers und selbstverständlich nur einen
die Mütter ihre Sprösslinge auf diese Weise, und der
Ausgang auf die Strasse. Auf allen Seiten in den
junge Erdenbürger schaut von seiner Höhe ganz be
Granit eingelassen , würden sie unter ewiger Nässe zu leiden haben , hätte man nicht dem abzuhelfen gesucht, indem man die Aussenwände mit Kacheln
haglich auf das Gewühl unter ihm herab. Oefters kann man auch Frauen sehen , die
schnellen Schrittes die Strassen durcheilen, auf dem
bekleidete, die, meist hübsch und geschmackvoll ge- Kopfe eine Art flacher Kasten tragend, mit Blumen und Spitzenwerk zugedeckt. Anfangs glaubte ich,
wählt , nur selten grellfarbige Zusammenstellungen zeigen , immer aber an orientalischen Geschmack
erinnern . Ich sah diese bunten, mit blauen, gelben, >
grünen Kacheln bekleideten Häuser zuerst am Hafen
von Lissabon, wo ich , vom Dampfer aus, trunkenen Blickes den majestätischen Anblick der »Marmorstadt« gleichsam einsog. Dort steigen die weissen Marmorpaläste amphitheatralisch aus den blauen Fluten des Tejo auf, untermischt mit jenen oben
erwähnten bunten Häusern , einen zauberhaften An-
blick gewährend ; fast erscheinen sie zu blendend mit den weiss angestrichenen , wie beschneit aussehenden Dächern , welche die Sonnenstrahlen ungeschwächt zurückwerfen .
es seien mit Blumen verzierte Kuchen, die vielleicht jemand zu seinem Namenstage verehrt würden, doch erfuhr ich bald , dass in diesen sehr flachen , oben offenen Kästen die Kinder der Leute aus dem Volke
bestattet würden , nur mit einem leichten Stoffe und Blumen bedeckt , unter denen man oft das wachs bleiche Gesichtchen hervorschimmern sieht.
Es ist eine seltsame und kaum glaubliche Er scheinung in Portugal, dass um Kinder gar nicht
getrauert wird . Wenn wir als Christen nun auch nicht trauern sollten, so sind wir als Menschen doch nicht im stande, unser Schmerzgefühl zu unterdrücken . In Portugal aber herrscht nicht nur keine Trauer,
Wenden wir uns nun dem Leben und Treiben sondern Freunde und Verwandte eilen glückwün auf der Strasse zu , das ebenso überraschend für schend herbei, denn nun hat die Familie doch einen unser nordisches Auge , wie interessant ist. Stets | Angelo im Himmel, der für sie betet. Ich glaube
herrscht ein lebhaftes Gedränge; Verkäufer aller
keineswegs , dass die armen portugiesischen Mütter
Arten von Waren winden sich durch das Gewühl, mit mehr oder weniger melodischer Stimme und in
weniger Schmerz empfinden , aber sie dürfen ihn nicht zeigen ; mit lächelnder Miene müssen sie die
eigentümlich singendem Tonfall die Lebensmittel und
Glückwünsche anhören, während ihr gramzerrissenes
Erfrischungen anpreisend, welche sie feilhalten . An
Herz blutet.
den unzähligen Festtagen besuchen Bauern aus der Umgegend in ihren eigentümlichen, hübschen Trach ten die Kirchen , deren es viele und sehr schöne
Atjih und die Holländer.
gibt ; zur Feier des Tages haben die Frauen noch
Von A. Prell (Amsterdam ).
ein paar Röcke mehr als gewöhnlich angezogen , die , alle von verschiedener Farbe und abgestufter
Eines der vielen Wörter, die ihrer Bedeutung in eklatanter Weise Hohn sprechen , ist der Name
Länge , ihnen fast das Aussehen einer Kugel verleihen . Ein Vermögen tragen sie in Schmuck an
Atjih , d. h. Stätte des Friedens.
sich ; bis auf die Schultern herab hängen Ohrringe von feinster Filigranarbeit , oft mit edlen Steinen geschmückt ; nicht selten tragen sie mehrere Paare
Soweit die Ge
schichtsforschung zurückreicht, also ungefähr bis zum 13. Jahrhundert, in welchem der Venetianer Marco Polo und nach ihm der Franziskanermönch Odorico von Pordenone Asien und seine Inseln bereisten
über einander ; um den Hals schlingt sich eine massiv
und ihre Erlebnisse in Urkunden der Nachwelt über
goldene Kette , deren Glieder denen einer soliden
lieferten, liest man von blutigen Kämpfen, welche die
deutschen Kuhkette kaum etwas nachgeben , daran
Atjinesen mit den Nachbarreichen Pedir und Pasei
hängt gewöhnlich ein Herz in ziemlich natürlicher
Es gibt dort keine
führten . Trotz der Hilfe, die Portugal nach seinem Auftreten im Jahre 1498 den Pediresen und Paseiern angedeihen liess , wurden diese durch die Atjinesen
Sparkassen , wie bei uns, und so legen die Leute
bezwungen ; die Portugiesen selbst flüchteten , und
Grösse ; das Gewicht der Goldlast erscheint oft fast
zu schwer für die Trägerin .
ihre Ersparnisse in Schmuck an , um jene immer bei
das Kreuz Christi, vor kurzem in den Küstenstaaten
sich zu haben, wenn sie das Haus verlassen , da man
errichtet, musste wiederum dem Koran weichen .
nicht gewohnt ist , viele verschliessbare Behältnisse zu besitzen.
Sehr auffallend erscheint uns die fast majestä-
Im Laufe des 16. Jahrhunderts gelangte Atjih zur höchsten Blüte .
Gesandtschaften vieler Nationen
knieten vor Sultan Ibrahims Thron . Doch dieser,
tische Haltung aller Leute aus dem Volke , eine falsch und treulos , der Typus seines Stammes , be Folge der Sitte, alles auf dem Kopfe zu tragen . Der schämte durch seine Doppelzüngigkeit die ersten Gallego balanciert seinen Krug Wasser mit unfehl- | Diplomaten der damaligen Zeit ; er schloss mit allen barer Sicherheit auf dem Kopfe, die Wäscherin ihren | Verträge, hielt sich jedoch nicht an die Ausführung
Atjih und die Holländer.
234
derselben. Dies konnte er ungestraft thun , denn
von deren Flächeninhalt es ungefähr 920 Quadrat
seinem Winke folgten 50000 wohlbewaffnete Krieger ; meilen für sich beansprucht. Die West-, Nord- und Hunderte, zu Kriegszwecken abgerichtete Elefanten
Ostküste werden vom Meere bespült , während im
prunkten auf den Schaustellungen zu Ehren der frem- Süden sich das Samalanga- und Pedir-Daholi-Gebirge den Gesandten und 2000 (?) metallene Kanonen ),
durch das ganze Land und noch über die Grenzen
teils von den Portugiesen erbeutet, teils Geschenke
hinaus in die Nachbarreiche Terumon, Singkel, Lan
europäischer Herrscher, drohten an den Wällen des
kat, Balu-Tjina u. a . erstreckt.
unüberwindlichen Kraton ) , in dessen Innerem sich der Sultan inmitten seiner 3000 Frauen ergötzte .
die Küsten und die Tiefebene, in welcher seit dem
Der Uebermut der späteren Sultane kannte keine
Jahre 1873 die holländischen Truppen operierten .
Grenzen . Dies bekamen die Holländer zu fühlen ,
Der Wasserreichtum dortselbst steht nicht im Ver hältnis zu dem der übrigen Inseln des Archipels.
welche die gefährliche Bekanntschaft, unter der sie auch
Die Kenntnis des Landes beschränkt sich auf
jetzt noch zu leiden haben , im Jahre 1589 anknüpften .
Der Lauf der Flüsse ist zu kurz und die Mündungen
Die berühmten Seefahrer Gebrüder Houtman waren
sind zu seicht, als dass Kriegsschiffe oder selbst nur schwerbeladene Prauen sie passieren könnten . Der Rivier von Atjih , der in der Kriegsgeschichte eine
zu jener Zeit an Atjihs Küste gelandet, um Pfeffer einzuhandeln . Auf Anstiften der für ihren Alleinhandel besorgten Portugiesen liess der Sultan wäh-
Rolle spielt , die Riviere von Pedir, Burong, Ajer
rend eines Besuches, den sein Sjahbandar ) den hol-
Labu , Pasangan , Samoi und der Langsa sind so
ländischen Schiffen brachte, der Besatzung betäubende
ziemlich die bedeutendsten unter ihnen . Die Frucht
Getränke reichen . In dem Blutbade, das nun folgte, kamen viele Holländer , aber auch der Sjahbandar
barkeit des Tieflandes ist eine selbst in tropischen Ländern ungekannt reiche. Neben dem Pfeffer, diesem vielbegehrten Produkt, bilden Kampfer, Harz, Gummi, Benzoë u . s. w . die Hauptausfuhrartikel..
und sein Gefolge um . Die heroische That Frederik
Houtmans , der, mit noch einigen Führern gefangen, danach vom Sultan an Bord der gut verteidigten holländischen Schiffe gesandt , um das grösste derselben als Lösegeld für sich und seine Genossen zu
Von Mineralien werden Gold und namentlich Zinn in grossen Mengen gefunden.
fordern , ein zweiter Regulus , freiwillig in die Ge-
Gerade in diesem natürlichen Reichtum des Landes ist sein Verfall zu suchen . Wie bereits er
fangenschaft zurückkehrte, nachdem er seinen Kame-
wähnt, wurden die kolonisierenden Mächte dadurch
raden von diesem Schritte abgeraten hatte, füllt eine
angelockt. Die Unsummen, die sie für die Produkte
schöne Blattseite der holländischen Geschichte.
hingaben, steigerten den Hochmut der Sultane, die,
Wie ein roter Faden läuft von jener Zeit an durch die Geschichte Atjihs eine ununterbrochene Reihe von Kämpfen mit der Kriegsmacht der ost-
währende Kriege mit den Nachbarvölkern führten. War kein äusserer Feind zu bekämpfen, so be
in der Sucht , ihr Machtgebiet auszubreiten , fort
indischen Compagnie. Waren es ursprünglich die
fehdeten sich die Häuptlinge unter einander. Die
Portugiesen, welche die Sultane gegen die Holländer
Eifersucht der Reichsgrossen am Hofe des Sultans
gestützt hatten, so traten im Jahre 1786 die Engländer und das unbezwingbare Unabhängigkeitsgefühl der an ihre Stelle. Mit dem Besitze Pulu -Pinangs und
Panglimas (Oberhäupter verschiedener Dörfer), die
Malakkas übten letztere einen bedeutenden Druck auf den Handel mit der Nordküste Sumatras aus.
den Befehlen des Sultans zum Trotze , doch stets
Pinang ist mit der Zeit die eiternde Wunde an jenem holländischen Inselkörper geworden . Dorthin führten ,> bis die noch bestehende Blockade sie hin-
derte, die Atjinesen ihre Produkte und tauschten sie gegen Waffen, Munition, Opium und blanke Dollars um. Von dorten erhielten sie neue Kanonen, nachdem die alten von den Holländern erbeutet worden
nach eigenem Gutdünken handelten , gaben hierzu genügende Anleitung. So kam es denn, dass im Beginne des 19. Jahrhunderts die Einwohnerzahl bis auf ungefähr 350000 Seelen zurückgegangen war. In seiner äusseren Erscheinung macht der At jinese keinen üblen Eindruck .
Von viel höherem
Wuchse und dunklerer Farbe , als die übrigen Ma layen , unterscheidet er sich von diesen auch noch
waren ; Repetiergewehre und Dynamit verdanken sie durch seinen muskulösen Körperbau . Ueber seine ebenfalls dem Handelsgeiste der englischen Bevölke- Abstammung zerbrechen sich die Gelehrten seit langem die Köpfe. Einige glauben , er sei eine rung Pinangs.
Bevor ich nun zur Schilderung der Umstände,
Kreuzung zwischen Siamesen und Malayen , andere
unter welchen die Holländer zu einem aggresiven
wieder wollen Aehnlichkeit mit Klings (Festland
Vorgehen gegen die Atjinesen gezwungen wurden , Indern ), Mauren , ja selbst Chinesen entdecken. Jeden übergehe, ist es nötig, eine kurze geographische und
falls ist es merkwürdig, wie scharf sich die Rasse
ethnographische Uebersicht des Landes zu geben . von den benachbarten Gajus und Battahs abgrenzt. Atjih bildet den nördlichen Teil der Insel Sumatra, Seine Kleidung zeigt dieselbe Naturwüchsigkeit 1) Sehr schöne ciselierte Kanonenrohre und andere Kriegs trophäen sind im Invalidenhause Bronbeek bei Arnhem zu sehen. Residenz des Sultans . 2) Kraton
3) Handelsminister.
als die anderer Tropenbewohner. Bis zum 13. Lebens jahre geht er völlig nackt. Nach der Beschneidung bekleidet er sich , je nach seinen Mitteln , mit einein baumwollenen oder seidenen Rocke, der mittelst eines
Atjih und die Holländer.
Bandes um die Hüften befestigt ist. Unter diesem
235
trägt er die „ Seluar Atjih « , eine seidene Hose, die
politik des Landes , die eine ganz bedeutende ist, oder vielmehr war , bis der Krieg mit den Hollän
Der Oberkörper bleibt
dern dem Handel ein Endemachte. Vor dieser Periode
bis an die Kniee reicht.
nackt ; nur in Ausnahmefällen , z. B. bei Festlich-
waren die Stämme verpflichtet, ihre Ernten dem
keiten , schmückt er sich mit einer seidenen Jacke
Sultan abzuliefern , der eine gewisse , sehr niedrige,
(Badju). Die Kopjah, ein kleines Mützchen , an
Taxe dafür entrichtete und den Preis, den Käufern
welchem ein seidener oder baumwollener Lappen
gegenüber, nach Willkür erhöhte. Dieses Regierungs
turbanförmig befestigt ist, vollendet die Tracht . Die der Weiber ist genau dieselbe , nur die Mütze fällt weg, und an ihre Stelle tritt beim Verlassen der Wohnung ein Kopftuch .
system ist so alt , als die Geschichtsquellen zurück
Die Hauptwaffebildet der Klewang , ein Schwert, das vom Griffe nach der Spitze zu breit verläuft. Dieser Waffe wissen sich die Eingeborenen meisterhaft zu bedienen . Glatt durchgeschlagene Gewehrläufe, die in verschiedenen holländischen Museen zu sehen sind, zeugen von der Kraft und Gewandtheit des Trägers. Im Anfange des Krieges führten viele
reichen .
Anknüpfend an die geschichtliche Uebersicht sei erwähnt , dass England , sowohl zur Zeit der batavischen Republik , als unter der Regierung Ludwig
Napoleons , den Holländern eine Kolonie nach der anderen wegnahm , deren Besitz letztere erst im Jahre
1814 wiedererlangten. Auch über Atjih übten die Engländer eine Art Vormundschaft aus, in welches Verhältnis auch der Traktat vom Jahre 1824 , wo
durch England Singapore und Malakka erhielt, wenig
Krieger sogenannte Donnerbüchsen mit faustgrossen
Aenderung brachte. Im Gegenteil, durch eine Klausel
Mündungen, die sie mit Kugeln, in denen Porzellan-
dieses Meisterwerkes englischer Diplomatie wurden
und Glassplitter eingegossen waren , vollstopften ;
Hollands Hände bezüglich Atjihs völlig gebunden.
jetzt sind zum grossen Teil erbeutete Beaumontgewehre oder englische Repetiergewehre an ihre
Die Niederlande hatten sich verpflichtet, die See räuberei in den atjinesischen Gewässern zu zügeln,
Stelle getreten. Im Handgemenge spielt auch der jedoch gleichzeitig eingewilligt, sich auf Sumátra Kris (Dolch) eine Hauptrolle. Lanzen und Schilde haben die Atjinesen abgelegt , da ihnen die Ueberlegenheit der Bajonette einleuchtete. Dass sie zahl-
reiche Kanonen und Lilas ( Feldschlangen ) besitzen, wurde bereits erwähnt.
Jeder Kampong (Dorf) bildet eine kleine Festung für sich . Gewöhnlich ist er von einem
nicht weiter auszudehnen. Auf welche Weise sollte
das Reich nun seinen Verpflichtungen nachkommen ,
da Atjih nicht im Bereiche seiner Machtsphäre lag ? Die Atjinesen wussten dies und höhnten nun die Holländer bei jeder Gelegenheit . Ihre Frechheit ging so weit, dass sie im Jahre 1831 ein amerikanisches
Zaune (Pagar) oder Wall, mit Bambu -duri (stach-
Schiff, » Friendship «, überfielen und die Besatzung ermordeten. Holland war ohnmächtig , den über
lige Bambussorte) bepflanzt, umgeben ; seitdem je-
mütigen Sultan zu züchtigen . So sah sich denn die
doch holländische Deserteure im
amerikanische Regierung gezwungen , selbst handelnd aufzutreten. Sie sandte zwei Kriegsschiffe nach Quala
Lande weilen,
worunter Geniesoldaten , stösst man häufig auf Befestigungen , die genau nach europäischem Muster angelegt sind . Dahinter liegen die auf Pfählen erbauten , mit Atap ( Palmblättern ) gedeckten Holz-
>
Batu , die diesen Ort dem Boden gleich machten . Im Jahre 1836 wurde der mit Silberbarren befrachtete Gouvernementsschooner » Dolphyn « geplündert , im
häuser, die in einen Pendoppo (Galerie) und zwei
Jahre 1851 das neapolitanische Handelsschiff »Cle
ineinander laufende , von Schmutz starrende Kam-
mentia« und 1852 der englische Schooner »Conry
mern geteilt sind. Ein paar einfach geflochtene Matten, als Lagerstätte dienend , und einige Pfannen
raubung der Sultan mit Bestimmtheit überführt wer
für die Bereitung der Speisen , bestehend in Reis,
den konnte .
Gemüsen und Fischen – Fleisch wird nur bei fest-
bilden den ganzen
kleinerer Segelschiffe, die in den atjinesischen Ge wässern spurlos verschwanden . Trotz dieser unhalt baren Zustände machte die holländische Regierung
Jeder Kampong besitzt einen Häuptling. Dieser steht unter den Befehlen des Panghulu , der wiederum dem Panglima, auch Tuwanku, d . h . dem Ober-
werk zu legen . Erst im Jahre 1855 wurde Kapitän lieutenant Coerier dit Dubekart , Kommandant des
häuptling über eine Anzahl Kampongs
Mukim
Kriegsschiffes » Haai«, hingesandt mit der Weisung,
oder Sagis genannt - zu gehorchen hat. Solcher Mukims zählt man in ganz Atjih drei, nämlich die XXII, XXV und XXVI, so genannt nach der An-
dem Sultan die freundschaftlichen Versiche
lichen Gelegenheiten gegessen Hausrat.
Castle « .
Dies waren allein die Schiffe , deren Be Zahllos war die Anzahl Prauen und
noch immer keine Anstalten , dem Sultan das Hand
rungen der indischen Regierung zu überbringen . Da aber diesem Offizier durch den Gouverneur keine
zahl Kampongs, die sie auf sich vereinigen ; ausser- offizielle Beglaubigung mitgegeben worden war, hatte dem noch die beiden Medjid Raja zu beiden Ufern die Sendung eine ganz entgegengesetzte Wirkung. des Atjihriviers und die Mukim Longbatta , Pager Ajer und Lamsajun. Die Panglimas empfangen die
Der Sultan zeigte sich sehr aufgebracht über diesen Verstoss gegen die herkömmliche Etiquette ; nicht
Befehle des Sultans durch den Perdana Mantri oder
viel fehlte und die Gesandtschaft hätte das Los
Reichsverweser. Der Sjahbandar leitet die Handels-
früherer Gesandtschaften geteilt, d . h . wäre ermordet
236
Atjih und die Holländer.
worden. Denselben Fehler beging das Gouvernement | weise ging selbst über die Langmut des indischen im darauffolgenden Jahr, als das Kriegsschiff »Prinz
Frederik der Nederlanden « unter Befehl des Kapitäns Spanjaard hingesandt wurde.
chIndië« Gouvernements. Der Vizepräsident des » Raad van e , Nieuwenhuyzen , reiste persönlich nach
Diesmal hatte je-
doch der Gouverneur von Sumátras Westküste aus
Atjih und forderte Erklärungen . Als diese in der bekannten lügenhaften Weise gegeben wurden, folgte
eigener Initiative Briefe für den Sultan mitgegeben, die Kriegserklärung am 22. März 1873. Hatte die welche viel dazu beitrugen , das Verhältnis einiger- Diplomatie und Bureaukratie sich bis zu diesem maassen erträglich zu machen.
Wirklich ernst ge- | Zeitpunkt nicht durch besondere Fähigkeiten aus
meinte Verhandlungen wurden jedoch erst im Jahre gezeichnet , einen Sieg erfochten sie doch , nämlich >
1857, also 33 Jahre nach Stipulierung des Londoner
den, ihre militärischen Kollegen wenigstens für kurze
Traktats , durch den Generalmajor van Swieten gepflogen . Diesem gelang es , den Sultan zur Annahme eines Friedens- und Handelstraktates zu be-
Zeit vor den Augen der Welt in ein schiefes Licht
wegen , welcher Akt im darauffolgenden Jahre feierlichst vollzogen wurde. Kaum drei Jahre später jedoch
ging , um sich das Urteil subalterner Offiziere des Beurlaubtenstandes bezüglich der Zusammenstellung
war das indische Gouvernement schon wieder gezwungen, den Sultan wegen Beraubung einiger Schiffe
einer kleinen Expeditionskolonne zu verschaffen . Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und einiges
aus Priaman zur Rechenschaft zu ziehen. Die Inter-
Studium der Geschichte Atjihs hätten den gelehrten Herren denn doch zur Evidenz beweisen müssen,
pellation hatte keinen Erfolg. Der Sultan liess selbst Kota Para, eine Befestigung, auf deren Wällen die holländische Trikolore wehte, durch seine Truppen
beschiessen , ein Vorgehen, das er mit der Behaup-
gestellt zu haben. Es ist längst kein Geheimnis mehr , auf welche Weise die Regierung zu Werke
dass dieses immer noch mächtige Reich nicht durch eine Handvoll Truppen zu bezwingen war. Zwölf Tage nur Tage nur – vom 5. bis 17. April 1873 – dauerte
die Expedition ; dann kehrten die Truppen, die sich hätten Zahlung geweigert. In Nias , -bekannt durch vorzüglich geschlagen und ihren Anführer, General
tung verteidigte , die tributpflichtigen Einwohner seine schönen Frauen, raubte er die Einwohner, obgleich sie unter holländischer Aegide standen . Nicht
nahme eines taktischen Fehlers : das Verlassen des
major Köhler , verloren hatten, zurück. Mit Aus
ein einziges Mal trat die indischeRegierung energisch
mit vielen Opfern eroberten grossen Missigit (durch
gegen solche Willkür auf. Sie liess sich auch ruhig | Priester verteidigter Tempel), der sofort wieder durch gefallen, dass Abdul Rachman , der »Sjahbandar« des Sultans , in dessen Namen nach Konstantinopel
ging , um dem Beherrscher aller Gläubigen die Sou-
die Atjinesen besetzt wurde, und dann nochmals er obert werden musste, kann den Führern kein Vor wurf gemacht werden. Dass man die Truppen nach
veränitätsrechte über Atjih anzubieten und Hilfe gegen
den Erfahrungen des deutsch -französischen Krieges
Holland zu verlangen . Der Medidjie - Orden war
noch mit Vorderladern bewaffnete, ist wiederum freilich alles, was er zu erlangen vermochte. auf die verkehrte Oekonomie der Regierung zurück Die ersten Anzeichen zu einem völligen Bruchzuführen , die lieber eine Anzahl Menschen opferte, zeigten sich im Jahre 1872 , als ein holländischer als einige Silberlinge. Der einzige praktische Nutzen Kommissär nach Atjih gesandt wurde mit der Auf- dieser ersten Expedition war die Kenntnis des Vor gabe, vom Sultan die Erlaubnis zum Errichten einiger terrains und der Küste, sowie der Kampfesweise der Leuchttürme zu erlangen . Er wurde gar nicht vor- Atjinesen . Massenentwickelungen , taktische Ueber gelassen. Kurz danach erschien der » Sjahbandar « | legenheit und strategisches Wissen helfen hier nichts. doppel Mut und Geistesgegenwart allein konnten diesen des Sultans in Riouw . Dieser aalglatte , doppel-
züngige Diplomat beschämte bei dieser Gelegenheit opiumberauschten , von ihren fanatischen Priestern seine holländischen Kollegen in ungewöhnlicher Weise. Er tischte ein Märchen von den friedlieben-
zur Tollkühnheit aufgestachelten Kriegern gegenüber in die Wagschale fallen.
den Gesinnungen des Sultans auf, schob alle Schuld an den bestehenden Verwickelungen auf den Führer der Kriegspartei, Abdul Rachman , und wusste auf
Tugenden besitze . Die zweite, doppelt so starke Expedition unter
Die indische Armee bewies , dass sie diese
diese Weise die Holländer so für sich einzunehmen, Führung der Generale van Swieten und Verspeyk dass diese ihm nicht nur reiche Geschenke für den
Sultan mitgaben , sondern auch noch einige Piraten-
landete am 9. Dezember 1873. Schon am 24. Januar 1874 konnte der Oberbefehlshaber mitteilen , dass
schiffe, die kurz vorher durch holländische Kriegs- der Kraton , das uralte Bollwerk der Sultane von schiffe genommen worden waren , auslieferten. Unter | Atjih , durch die Truppen besetzt sei. Nun folgte Vorgabe , einige wankelmütige Häuptlinge für den eine ununterbrochene Reihe von Kämpfen, die von Sultan wiedergewinnen zu wollen , in Wirklichkeit aber, um sie aufzuhetzen , segelte die Gesandtschaft die Küste entlang und begab sich nach Singapore,
der Tapferkeit und Zähigkeit der indischen Armee und der Todesverachtung der Atjinesen ein glänzen des Zeugnis ablegt. Kurz nach dem Auftreten des wo sie ihre Aufwartung bei den Vertretern ver- bekannten Generals van der Heyden, der in dem schiedener Grossmächte machte, denen sie das Pro- hitzigen Gefecht bei Samalangan den Oberbefehl
tektorat über Atjih anbot. Diese infame Handlungs- / weiter führte, obgleich ihm ein Auge ausgeschossen
Atjih und die Holländer.
237
worden war, trat der Krieg in ein Stadium , das die
Prestige sowohl an der Nordküste Sumatras, als auch
baldige Unterwerfung der Atjinesen ahnen liess .
in den Battah - Ländern ins Wanken und würde wohl
Abdul Rachman , der hervorragende Führer der atjinesischen Kriegspartei, ein Mann , der sich im
eine Katastrophe herbeigeführt haben , wenn nicht die Regierung im letzten Augenblick durch eine wirk same Blokade der ganzen Küste den atjinesischen Handel mit Penang, resp . den Engländern , lahm
Verlaufe seiner früheren Reisen mit den
Einrich-
tungen der meisten stehenden Heere Europas be-
kannt gemacht hatte, ergab sich und wurde nach gelegt hätte. Mangel an Geld , Munition und Lebens . Die ganze Tiefebene von der mitteln sollen nun vollbringen , was Waffengewalt Djeddah verbannt. Küste bis zum steilen , unzugänglichen Gebirge war nicht vermochte die Unterwerfung. Damit hat's von Eingeborenen gesäubert; diese frassen , um sich aber noch gute Weile. So lange nicht ein schnei -
eines volkstümlichen Ausdruckes zu bedienen , dem
diger Militärgouverneur mit ausgebreiteten Voll
General aus der Hand. Auf den Knieen lagen sie vor
machten auftritt , dem die Federfuchser in Batavia
ihm und bettelten um Nahrung, deren sie in den un-
nicht jeden Augenblick einen papiernen Knüppel
wirtlichen Gebirgen entbehrten ; sie erflehten von ihm die Erlaubnis,ihreKampongswieder aufbauen zu dürfen,
zwischen die Beine werfen können , ist an eine Besse rung des bestehenden Zustandes nicht zu denken.
die der General dem Boden gleich gemacht hatte,
Der stete Wechsel in diesem verantwortlichen Posten
kurzum , die Unterwerfung war eine beinahe völlige. Diese Erfolge erweckten die schlummernden Geister
stellt den Atjinesen die Schwäche des holländischen Regimes so recht vor Augen. Im Laufe zweier Jahre
der Bureaukratie . Die Helden des Schwertes sollten sich mit den Helden der Feder brüderlich in den Ruhmeskranz, den die Nation ersteren flocht, teilen .
zwei Gouverneure - Generalmajor van Thyn und Oberstlieutenant Pompe van Meerdervoort verbraucht - es ist traurig ! Ein trauriges Omen
Unter dem Vorwande, der Friede sei hergestellt und die Civilverwaltung könne dem Lande nunmehr ihre Segnungen zu Teil werden lassen , wurde der » Held von Samalangan « zurückberufen ; auch
hoff, der seit einigen Monaten diese verantwort liche Stellung übernommen hat.. In Civil- und Militärkreisen seufzt man nach den goldenen Tagen
die Truppenmacht wurde mit Rücksicht auf die schwachen Besatzungen in den übrigen Teilen des
des Regimes Karl van der Heyden. Dieser ver dienstvolle General wird wohl nie mehr zurück
für den schneidigen Draufgänger Colonel Deyker
Archipels bedeutend reduziert. Gleichzeitig erfolgte kehren, obgleich ihm schon häufig von der die Ernennung des Herrn Pruis van der Hoeven
Regierung ein Antrag gemacht worden ist.
zum Civilgouverneur. Mit rapider Schnelligkeit hatte sich die Kunde von dem Systemwechsel und den
so thüricht sein können , ihn zur Zeit seines Auf
Truppendislokationen in ganz Atjih verbreitet. Von allen Seiten strömten den aufrührerischen Häuptlingen Bewaffnete zu , die eine heillose Verwirrung in die hübsch
eingefädelten Regierungspläne brachten . Allein die Regierung liess sich nicht so schnell von den einmal gefassten Beschlüssen abbringen . Erst das offene Be-
Er ist den Verhältnissen entwachsen . Wie hatte man
tretens autokratischer Neigungen zu beschuldigen ! Die Bureaukratie wurde ja allerdings in dieser ihrer thörichten Meinung bestärkt, als die Häuptlinge ihn bei seinem Abschiede mit Geschenken überhäuften, Trauer anlegten und ihm hierdurch fürstliche Ehren er wiesen, aber diese auffallende Erscheinung hatte ihren
kenntnis des verdienstvollen CivilgouverneursLaging Grund allein in der Verehrung, der Hochachtung Tobias , in dieses Chaos könne allein schneidiger ein
Militärgouverneur Ordnung bringen, bewog die Regierung, wiederum zum früheren Regime zurückzukehren . Die Atjinesen hatten sich indessen die kopflosen Zustände sehr zu Nutzen gemacht. Innerhalb weniger Jahre wussten sie die Verhältnisse so zu
gestalten , dass die Holländer zur Aufgabe ihrer
vor dem heldenmütigen Anführer, dessen scharfes Schwert sie in manchem Gefechte gefühlt hatten . Wie gesagt, man seufzt nach Frieden, und Colo
nel Deykerhoff soll ihn bringen. Wenn nun auch das Wort Friede in seiner vollen Bedeutung
einer so streitsüchtigen Nation gegenüber nur illu sorisch ist, so kann durch Verbannung der sog. be
freundeten Hauptführer und eine energische Militär
Aussenposten gezwungen waren . Alle Forts, mit grossem Aufwande von Blut und Geld gebaut, jahrelang durch eine Handvoll Tapferer ruhmvoll verteidigt , wurden aufgegeben , und eine neue Linie, die sogen . koncentrierte Postenlinie, angelegt, die sich in einem grossen Bogen , von Kotta Pohama an der Küste , in nördlicher Richtung über Pakan Kroëng Tjut bis nach Lamith im Westen der Landungsstation Oleh -leh erstreckt. Dies geschah Mitte
grossen Verluste einigermaassen schadlos zu stellen.
des Jahres 1884. Der Spiess war nun umgedreht. Die Angreifer wurden die Angegriffenen.
jene Herren sind im Unrecht. ") Von Patriotismus
Diese Zauderpolitik aus Sparsamkeitsrücksichten kostete den Holländern Tausende von Menschenleben
und Millionen Gulden ; sie brachte das europäische
verwaltung doch ein Zustand geschaffen werden, der es wenigstens dem holländischen Handel gestattet , sich an dem natürlichen Reichtum des Landes für die
Eine solche scharfe Maassregel wird allerdings bei ge wissen Philanthropen auf grossen Widerstand stossen ; man wird viel Tiraden von gutem Recht und Vater landsliebe der Atjinesen zu hören bekommen , allein 1) Die Redaktion teilt diese Ansicht, als ob Holland » von Gottes Gnaden « Herr von Atjih wäre, durchaus nicht. So » ent nervt « kann die kurz vorher als tollkühn bezeichnete Bevölke rung doch auch nicht sein .
Geographische Mitteilungen .
238
ist bei diesem Volke keine Sprache. Es war die
und systematischer angriff, als dies bisher – bei meist
Sucht zum Wohlleben , wozu Raub und Mord die
nur gelegentlichem Verweilen in der Nähe des Berges hatte geschehen können . Es wurde am benachbarten
Mittel liefern mussten , die ihm die Waffen in die
Hand drückte. Während der kurzen Friedensperiode unter General van der Heyden und der letzten Kriegsjahre war es der Drang , den höchsten Ein fluss in dem unglücklichen Lande zu erlangen , um
Strande eine Grundlinie von 16876 Fuss abgesteckt; vom Ostende derselben aus erschien der Gipfel des Berges unter einem Elevationswinkel von 5 ° 40', vom West ende aus unter einem solchen von 5 ° 34' . Nachdem in
die Landbevölkerung aussaugen zu können, der die Häuptlinge der Kriegspartei gleichzeitig zum Kampfe
durchgeführt war, ergab sich die Höhe über dem Nor malstande des Wassers der Eis- Bay gleich 18099 Fuss =
unter sich aufstachelte. Einem solchen Volke kann man
4716,39 m . Während Russell diesen Teil der der Ex pedition übertragenen Arbeiten erledigte, bestimmten die Herren Lindenkohl und Gannett die anderen geo
keine Sympathien widmen . Dieser entnervten Nation von Opiumrauchern und Päderasten kann man allein
bekannter Weise auf diese Daten hin die Berechnung
wünschen , dass sie sich den Segnungen der Civilisation graphischen Koordinaten des St. Elias , wobei sie sich erschliesse oder aus der Reihe der Völker schwinde. Hierbei wird die indische Armee noch manches
Wort mitzusprechen haben , dieser arme Paria der stehenden Heere, der trotz der Misskennung seitens
auf ältere , aber durchaus verlässliche Beobachtungen der Küstenvermessung stützen durften. Die nördliche
Breite des Berggipfels ist danach gleich 60 ° 17' 51", die westliche Länge gleich 140 ° 55 ' 30" zu setzen.
landes, unentwegt seine Pflicht thut. Möge doch jeder,
Dieser neuen exakten Festlegung eines wichtigen geo graphischen Punktes mangelt auch nicht eine gewisse politische Bedeutung. Er befindet sich nämlich , den
bevor er sein Urteil über diese Armee zu kennen
seiner Zeit zwischen der britischen und der russischen
gibt , bedenken , dass es sich in diesem 18jährigen Guerillakriege nicht um Bekämpfung solcher Stämme handelt, die durch Blitzen eines Bajonettes zu Paaren
Regierung getroffenen Abmachungen zufolge, gerade in
der eigenen Nation und noch mehr seitens des Aus
der die Grenze zwischen Britisch - Columbia und Alaska
darstellenden Kette , und nachdem nunmehr dieses
getrieben werden, sondern um ein in Jahrhunderte letztere Territorium in den Besitz der Vereinigten Staaten
dauernden Kämpfen waffengeübtes Volk . Die ersten Elitetruppen Europas würden dort auch nicht mehr ausrichten können, als persönlicher Mut vermag, und
gelangt ist, bildet der Berg einen Grenzpfeiler der Union, zu deren Besitze er gerade noch gehört. (The National Geographic Magazine, Vol. III, S. 231 ff.)
>
diesen besitzen die Soldaten der indischen Armee, das beweist ihre Geschichte.
(Die chinesischen Religionsverhältnisse.) Mit jener tieferen Sachkunde, welche der meist auf die Oberfläche beschränkte Reisende nicht leicht erreicht,
Schwärmer für Kolonialpolitik können hieraus
wohl aber der mit allen möglichen Volkskreisen im
ersehen , dass auch langjährige Erfahrungen im Ko-
innigeren Verkehr stehende Glaubensbote, schildert der
lonisieren nicht Fehler in der Verwaltung ausschliessen . Civil- und Militärverwaltung in einem aufrührerischen Lande getrennt, müssen über kurz oder lang zu Reibungen führen . Holland hat für diese Lehre eine
frühere Missionar Charles Piton den augenblicklichen Stand der Religion im weiten Reiche . Dass das Volk im grossen und ganzen vom buddhistischen Geiste durch drungen sei, wird in Abrede gestellt ; obwohl das Land reich gesegnet ist mit Lama - Klöstern , so steht diesen doch die Volksmasse meist gleichgültig gegenüber und
Milliarde Mark bezahlt. Wenn man berücksichtigt,
dass diesem Reiche die Erfahrungen einiger Jahr hunderte zur Seite stehen , so darf man kleinere Versehen einer jugendlichen Kolonialmacht nicht mit der Goldwage wägen.
wendet sich an sie nur in kritischen Fällen, vorab beim Herannahen des Todes. Opfer, Gebete , Ceremonien verrichtet der Priester, der dazu von irgend einer Seite
beauftragt ist, und der Auftraggeber nimmt an den da durch erzielten gottgefälligen Wirkungen teil.
Dem
utilitarischen, wenig aufs Ideale gerichteten Sinn des Geographische Mitteilungen . (Lage und Höhe des Elias - Berges.) Während
Chinesen sagt unter gewöhnlichen Umständen der nüch terne Konfuzianismus mehr zu , der eigentlich weniger eine
die Position des, wie man vermutet '), höchsten Berges
Religion nach unserem Begriffe, als vielmehr ein blosser
von Nordamerika schon seit geraumer Zeit ziemlich genau war, gingen die Angaben über dessen Höhe noch sehr weit auseinander. La Pérouse hatte dieselbe 1786
Ahnenkultus ist und weder die Notwendigkeit einer Er
bloss auf 12672 Fuss ( » feet« ) geschätzt, während Ma laspin a fünf Jahre später den der Wahrheit jedenfalls weit näher kommenden Wert von 17851 Fuss gefunden hatte. Allein selbst in neuester Zeit noch differieren die
Messungen Dalls , welcher der » United States Coast and Geodetic Survey « angehörte, und J. C. Russells , den
die » National Geographic Society« entsendet hatte, um mehr denn 1400 Fuss.
Es war somit erwünscht, dass
lösung zugibt, noch auch nur das Bedürfnis nach einer solchen anregt. Konfutse soll die Frage , was nach dem Tode sein werde , als eine überflüssige , für den
Erdenmenschen. überhaupt gegenstandslose, ein für alle Mal zurückgewiesen haben . Der Taoismus suchte die Lücke , welche die älteste Nationalreligion im Herzen empfindender Menschen liess, in seiner Art auszufüllen, doch vermochten seine » Unsterblichkeitstränklein und Zauberformeln « dem nachdenkenden Volke keinen Er satz zu bieten oder doch nur in dessen untersten Schichten.
diese letztgenannte Expedition das Problem gründlicher
Die Lehre des Çaky amuni konnte denn auch nicht
1) In der That scheint der St. Elias den Orizaba an Höhe
etwa, wie man wohl geglaubt hat, im Sturme das Reich der Mitte erobern , denn die Weltentsagung passte den Genussmenschen schlecht, und namentlich die Ehelosigkeit
zu übertreffen.
Litteratur.
239
der Schamanen erregte Aergernis bei den Konfuzianern ,
die demnächst wahrscheinlich in den Sitzungsbe
welche die Fortpflanzung des Stammes als für jeden Menschen pflichtgemäss erachten. Der Einwanderung von Bud-
richten der Wiener Akademie erscheinen wird ,
erwies nun beide »Originale « als Fälschungen .
dhapriestern waren selbst unter dem der Lehre Çakyamunis so günstigen Kaiser Ming- ti ziemlich enge Schranken gezogen, und als der Buddhismus nach tausend-
der Vergleich der Handschrift mit dem altdeutschen » Schlummerliede « erweist , von Zappert selbst her.
Das Exemplar der Hof bibliothek rührt, wie u. a. auch
jährigen Kämpfen sich seine jetzige Stellung erobert
Das zweite » Original« ist in der Zeit , als das von
hatte, da war er so verändert, dogmatisch so korrum- | Zappert seiner Publikation zu Grunde gelegte Stück piert, dass die indischen Begründer der Religion ihn in für verloren galt , von anderer Seite nach dem in den dieser Gestalt wohl kaum mehr erkannt hätten . Zumal
Wiener Sitzungsber. ph.ch. Kl ., 21. Bd ., mitgeteilten litho
die Vorstellung des Nirwana hat einer sehr grobsinn-
graphierten Faksimile wohl zu gewinnsüchtigen Zwecken
lichen Gegenüberstellung von Himmel und Hölle Platz
angefertigt worden und hat weder auf die Untersuchung
*)
machen müssen, und die gottesdienstlichen Handlungen, Einfluss genommen , noch ist es für die Frage der ehemals nur Mittel zum Zwecke , sind jetzt vielfach Selbstzweck geworden. Piton ist der Ansicht , dass keines der drei vorhandenen Glaubensbekenntnisse, das
rationalistische des Konfuzius, das abergläubischmysteriöse des Lao - tse und das supernaturalistisch -verweltlichte des indischen Reformators , dem
Chinesen
mehr genüge und dass sich derselbe somit allmählich dem Christentum zugeführt sehen wird ; auffällig erscheint nur , dass der Chinese als ein » sittlich hoch-
Zappertschen Fälschung selbst von Bedeutung. Durch diese Entdeckung Dr. Schusters ist die Frage wohl endgültig entschieden, zugleich aber durch die Wieder
auffindung des verschollenen » Originales« eine neue Prüfung der Sachlage jederzeit ermöglicht. Leider wird dadurch die ohnehin so geringe Zahl älterer karto graphischer Aufzeichnungen von originalem
Ursprunge wieder um ein wichtiges Stück vermindert. (Mitteilung von Dr. Sieger in Wien .)
stehender Mensch « aufgefasst wird , denn gerade nach dieser Seite hin wissen früherere Missionare erinnern nur an Huc und Gabet recht
Gutes auszusagen .
wir
wenig
Litteratur.
( Allgemeine Missions - Zeitschrift,
( Der angeblich älteste Stadtplan von Wien. ) Für die historische Topographie , soweit die Kenntnis des mittelalterlichen Stadtbildes zu derselben gerech-
Atlas der Völkerkunde (Berghaus' Physikalischer Atlas, Abt. VII). 15 kolor. Karten in Kupferstich mit 49 Dar stellungen, bearbeitet von Dr. Georg Gerland , Professor an der Universität in Strassburg i. E. (Gotha, Justus Perthes, 1892.) Unter den hervorragenden Neuigkeiten auf ethnologischem
net werden darf, sowie für die Geschichte der Karto-
Gebiete verdient dieser von Herrn Professor Dr. Gerland in
XIX . Band, S. 118 ff.)
graphie erschien bei der Seltenheit älterer Stadt
Strassburg herausgegebene und bei Justus Perthes in Gotha
pläne die von G. Zappert entdeckte , dem 11. Jahr
verlegte Atlas für Völkerkunde in hohem Maasse Anerkennung.
hundert zugeschriebene kartographische Aufzeichnung
Das Werk wird für Ethnologen geradezu unentbehrlich werden . Jedem muss ein Atlas willkommen sein , der ihn des
eines Passauer Beamten über Wien und den dorti
zeitraubenden Nachschlagens und des Zusammentragens von Material aus dickleibigen Büchern überhebt : mit einem Blick
gen Grundbesitz seines Hochstiftes kaum weniger wichtig als für Rechts- und Kulturgeschichte. Aller-
kann man jetzt z. B. die Grenzen der betelkauenden Völker,
dings lagen Bedenken gegen die Echtheit dieses Doku-
der Stämme mit welligem , krausem Haare, die der Tättowie.
mentes vor, die dadurch verstärkt wurden, dass Jaffé Zappert als Fälscher eines » Schlummerliedes « entlarvt
rungen
hat, das hervorragende Germanisten und Historiker für echt erklärt hatten. Allein selbst Gelehrte, welche ihre
Bedenken gegen den Stadtplan verlautbarten, liessen sich doch herbei, denselben ihren Schlüssen und Theorien zu
der Hautfarbe, der Verbreitung von Tanzmasken , der
Krankheitserscheinungen , der Sintflutsagen 1. s. w. feststellen. Die Thatsache, dass ein solcher Atlas erst in jüngster Zeit er schienen ist , ist wohl auf die jahrelange mühsame Vorarbeit zurück zuführen , sowie darauf , dass die Ethnologie verhältnismässig noch eine sehr junge Wissenschaft ist .
Wohl hat man schon
Völkerkarten von einzelnen Teilen unserer Erdkugel angefertigt,
Grunde zu legen . Dazu kam , dass das in der Wiener Hofbibliothek befindliche Original des Planes bis auf die
doch ist ein Werk , das sämtliche Völkerschaften der Erde in
letzten Wochen für verschollen galt. Nunmehr hat ein junger Wiener Historiker , Dr. Richard Schuster, dessen Namen die bisherigen Zeitungsberichte über
noch nie versucht worden .
seine Entdeckung (vgl. z. B. » Münchener Allg. Zeit. «
kenne, die Korrektheit des Atlas zu prüfen. Auf Tafel I, die über Haut und Haare der Menschenrassen
Nr . 82 , Abendblatt , S. 2 ) zumeist verschweigen , die
sich schliesst , in diesem Umfange und in dieser Gründlichkeit Im folgenden will ich versuchen , bei Völkern , die ich
persönlich in ihren Ländern besucht habe und somit hinreichend
Fälschung als solche nachgewiesen ). Aus inneren Gründen von der Unechtheit des Dokumentes überzeugt, bemühte er sich auch Einsicht in das Origi-
handelt , ist die Hautfarbe bei den Bewohnern der Vancouver
nal zu gewinnen - und erhielt zu seiner Ueberraschung
Hautfarbe der Ainos ist auch dunkler als die der Nachbarvölker, der Giljaken und Golden , angegeben . Bei meinem längeren Aufenthalt in jenen Gegenden habe ich nirgends einen wesent
nicht nur das verschollene » Originals selbst , sondern gleichzeitig ein zweites ! Das erstere wurde auf seine
aufge Anfrage von den Beamten der Hofbibliothek darauf aufmerk-
funden , und zugleich machte man ihn sam, dass ein Antiquar-Katalog der letzten Zeit das an gebliche Zappertsche Original zur Versteigerung an biete. Dr. Schusters palaeographische Untersuchung,
Insel dunkler als die der Nachbarstämme angegeben , was ich nicht als zutreffend bezeichnen kann ; auch ist hier die Grenze
der Thlinkiten nicht weit genug nach Norden gerückt. Die
lichen Unterschied in der Hautfarbe bemerken können .
Der
Aino-Typus ist übrigens dem semitischen Typus , wie er sich in Russland und Polen herausgebildet hat, zum Verwechseln ähnlich. Sodann vermisse ich auf der Karte die Angabe der dunklen Hautfarbe bei den Papuastämmen des westlichen Neuguinea ; ich habe viele Sklaven aus jener Gegend auf den Key-Inseln
gesehen, deren Hautfarbe völlig dunkel war, wie die eines Negers 1) Anzeiger der Wiener Akademie , Phil .-Hist . Kl . , 1890. VIII .
aus dem Herzen Afrikas. Jedenfalls sind sie viel dunkler als
Litteratur .
240
die Bewohner der ostmalayischen Inseln , die auf dieser Karte alle mit gleicher Hautfarbe angegeben sind. Tafel III . Zu den noch zum grössten Teil an der Wolga wohnenden heidnischen Völkern sind auch die Tscheremissen , sowie auch die Tschuwaschen und Wotjäken am Kama -Fluss zu zählen ; allerdings sind viele von ihnen gewaltsam von der russi schen Geistlichkeit getauft worden , doch haben noch viele Tausende bis jetzt ihr Heidentum bewahrt. Auf einer Sammelreise ( 1884) fand ich unter allen drei
Die auf der Karte genannten Ugalagmiuten bewohnen ein einziges Dorf mit nur wenigen Häusern , etliche Meilen nördlich
vom Atna (Kupfer-Fluss). Dass die Ugalagmiuten ursprünglich ein Eskimo-Volk gewesen sind, zeigt ihr Stammname, und es ist anzunehmen , dass sie früher weit südlicher gewohnt haben und
von Thlinkiten nach Norden verdrängt worden sind. Das deuten die Namen an : z . B. Alaganak , Kaijak u . s . w.
Der Stamin ist
durch blutige Kriege mit den Thlinkiten fast ausgerottet (siehe die Schrift von Woldt, Kapitän Jacobsens Reise an der Nord
Stämmen fast in allen Häusern eine Stelle, wo noch heidnischen Göttern geopfert wurde ; auch besitzt jedes Dorf in dem dichten
westküste Amerikas 1881–83 , S. 387 ) .
Walde versteckt einen Opferplatz. Professor Radloff, mit dem ich im selben Jahre in Kasan über dieses Thema sprach , be hauptete , dass unter den finnischen Völkern an der Kama und der Wolga etwa 200 000 noch zu den Heiden zu zählen sind .
gabe der nördlichen Eskimo der Urstamm derselben , die Utoka
Die Grenzen der heidnischen Völker am Amur -Fluss be
dürfen der Verbesserung, denn diese sind von der Mündung des
An dem Quellgebiete des Nunatak-Flusses wohnt nach An gemuiten (zu deutsch : » die Leute aus der alten Heimat «) . Es wäre vielleicht angebracht, dies auf der Karte noch hinzuzufügen . Die Bewohner des Kap Flattery sind mit dem Aht-Stamm auf West- Vancouver verwandt und müssten zu diesem gerechnet werden . Zum Schlusse möchten wir noch auf einen kleinen Mangel
Sungari bis zur Amur-Mündung als Heiden zu kennzeichnen, da
in der Ausführung hinweisen. Die Zeichen sind auf einigen
die angesiedelten Russen , ausser in Kabarowka , Sophisk und
Karten , wie ja bei einem so kleinen Format unausbleiblich , SO klein geraten , dass man die Lupe anwenden muss. Hoffentlich
Marinsk , den noch heidnisch gebliebenen Golden und Giljaken an Zahl bei weitem naclistehen . Die Sungari - Gegend ist als buddhistisch zu bezeichnen , da hier nur Chinesen und Mandschus
wohnen . Auch an dem Altai-Gebirge sind die Kalmücken als Heiden zu vermerken . Auf der zweiten Hälfte Tafel der
muss
die Grenze für das Zahnfeilen auch auf die Inseln Flores , Wettar und Alor bis Tenimber und Neuguinea ausgedehnt werden , da es dort allgemein üblich ist . Auf den Inseln Flores, Letti , Moa
und Lakor, sowie auf den Key-Inseln kommen auch Holzmasken vereinzelt vor.
Da auf den meisten der oben erwähnten Inseln in Kriegs zeiten Blut , Gehirn, Augen oder Zunge des erschlagenen Feindes
lässt sich dies bei der wohl in nächster Zeit schon zu erwarten .
den zweiten Auflage irgendwie vermeiden. Sehr anerkennens wert ist, dass der Verfasser die allgemein übliche Orthographie beibehalten und nicht, wie einige der neueren Forscher, eine neue eigene eingeführt hat, wodurch nur Missverständnisse und Unklarheiten entstehen . Berlin . J. A. Jacobsen. Zendingskaart van Oost- en West -Indië, door E. Ny land (Maasstab 1 : 2 300 000). Veröffentlicht mit Unterstützung des Komitees für holländische Missionarkonferenzen , Utrecht
1891.
Mit erläuterndem Texte.
verzehrt werden , so müsste man sie wohl, wenn man sich die
Klassifikation Gerlands aneignen will , der die Hametzen zu den Anthropophagen zählt, diesen zugesellen . Tafel IV. Zu den von Epidemien heimgesuchten Ländern
Diese Karte wird einem jeden willkommen sein , welcher für die Missionsthätigkeit in den niederländischen Kolonien Interesse hegt .
Sie gibt mit grosser Genauigkeit an ,
wo und
welche Missionsgesellschaften dort zur Heidenbekehrung thätig
gehört auch die Ostküste Labradors . Als ich 1880 das Land
sind. Durch verschiedene Farben werden nämlich die Stationen
besuchte , berichteten die Eingeborenen , dass in der Mitte der
angedeutet, so wie sie, in chronologischer Reihenfolge erwähnt, errichtet wurden von der » Broedergemeente « in Suriname ( 1739 ) ,
70er Jahre die Pocken dort sehr stark geherrscht haben ; ein Viertel der gesamten Eskimobevölkerung war der Krankheit er legen. Gleichzeitig starb daran die gesamte Bevölkerung eines
dem Nieder ). Missionsverein ( 1797 ) , der Mennoniten -Gemeinde
Vermerk über diese Krankheit auf die Insel ausgedehnt werden.
( 1847 ) , dem Java - Komitee ( 1856 ) , dem Niederl . Reformierten Missionsverein ( 1858 ) , der Christlich -Reformierten Kirche ( 1858 ), dem Utrechter Missionsverein ( 1859 ) , der Salatiga -Mission ( 1868 ), der Rheinischen Mission , Hilfsgenossenschaft Amsterdam ( 1869 ) , dem Evangelisch -Lutherischen Verein ( 1882 ) , dem Sangi-Komitee ( 1887 ) , sowie auch der Aufenthaltsort der Hilfsprediger , der
Auf Tafel V (über Bekleidung, Nahrung, Wohnung und Beschäftigung) sind noch die oben erwähnten , am Amur und
Prediger , der Röm .-Kath . Geistlichen und die Schulen zur Bil dung von eingeborenen Gehilfen .
Eskimodorfes im
Omanak - Distrikt im nördlichen Grönland .
Auf meiner Reise im Indischen Archipel (siehe »Globus« 1889 , Bd . LV, Nr. 11—19 ) fielen mir besonders auf der Insel Salaier viele mit Kropf behaftete Personen auf, und könnte der
Usuri wohnenden Golden und Giljaken als Fischer und Jäger zu bezeichnen . Diese Grenze muss von der Mündung des Sungari bis zur Mündung des Amur reichen ; auch kleiden sich beide Völker ausschliesslich in Fischhaut im Sommer und Tierfelle im Winter (siehe » Globus « , Bd. LII, Nr. 10—2 , Jahrg. 1887 und 88 ,
Auf der Separatkarte Javas ( 1 : 1000 000) sind die Auf enthaltsorte der europäischen Missionare und die Hilfsstationen
mit eingeborenen Gehilfen angedeutet ; auf dem Karton der Ambon-Inseln und von West-Ceram findet man die Aufenthalts
orte der Hilfsprediger , die Gemeinden eingeborener Christen,
Kapitän Jacobsens Reise im Land der Golden und Giljaken ).
die Dörfer der Mohammedaner und Heiden angegeben, auf dem
Auf Tafel VI sind auf der Tenimber - Gruppe irrtümlich Chinesen und Araber als Ansiedler angegeben ; dagegen ist die Stadt Macassar , die eine nicht unbedeutende chinesische Bevöl kerung besitzt, vergessen worden . Auch in Sekar und Sekru
der Insel Suriname die Aufenthaltsorte der Herrnhuter.
Die Erläuterung vereinfacht den Gebrauch der Karte , während sie dieselbe auch ergänzt , indem alle Stationen der oben
(auf West-Neuguinea) finden sich Araber, und dürfte dies ihre
in derselben aufgezählt werden .
östlichste Grenze sein .
Auf Tafel VII müsste der nordöstliche Teil Finnmarkens eine gemischte Bevölkerung zeigen :: ein Drittel finnisch-lappische Bevölkerung, zwei Drittel Norweger. Bekanntlich sind die dort gelegenen Städte Hammerfest, Wardö und Watsö von etwa 3000 sesshaften Norwegern bevölkert , während sich dazwischen viele
kleinere Niederlassungen mit gemischter Bevölkerung befinden . Auf Tafel VIII ist auch die norwegische Bevölkerung an derselben Stelle richtig angegeben .
Bei der Eskimobevölkerung am Prinz William - Sund muss die Grenze etliche Meilen über den Kupfer-Fluss nordwärts ge schoben werden , da das letzte Thlinkiten - Dorf Alaganak an seinem nördlichen Arm liegt . Seine Bewohnerschaft entstammt der Gegend um die Jakutat - Bai , die von Thlinkiten bevölkert ist .
erwähnten Missionsgesellschaften in Niederl. Ost- und West- Indien Bergen -op -zoom .
II . Zondervan.
Berichtigungen. Ebenda, 2. 30 v. 0. , lies S. 167 , Z. 24 v . o . , lies Ukta statt Ukla . Bakeu statt Baken . Ebenda, Z. 14 v. 1., lies Putna statt Pulna. S. 219 , Ebenda , Z. 11 v . 11. , lies verzeichnet statt Z. 27 v . u . , lies That statt Not. Ebenda , 2. 12 bezeichnet. S. 220, Z. 15 v . u . , lies setzen statt sehen . S. 224 , Z. 25 v . o . , lies Inka statt Foka . v . u . , lies Gütern statt Thalern . Ebenda, 2. 16 v . u ., lies Uricoechea und linguistique. Der Herausgeber be .
dauert diese Versehen , spricht jedoch seine Ueberzeugung dahin aus, dass die . selben nicht mehr vorkommen sollen , sobald ihin von seiten der geehrten Herren
Mitarbeiter stets nur gut leserliche Manuskripte werden übermittelt werden .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 16 .
Stuttgart, 16. April 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7 .-- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .
MCL
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeiie in Petit .
Inhalt : 1. Comenius als Geograph und Naturforscher. Von S. Günther. S. 241 . 2. Der Regenfall auf Jamaika. Von V. Freudenberg (Mödling bei Wien ). S. 244. 3. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari. S. 246.
4. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.
(New Bremen, Ohio ). S. 252 .
Von C. A. Purpus
5. Litteratur. (Kiepert; Lochmann -Graf.) S. 255 .
Comenius als Geograph und Naturforscher. Von S. Günther.
Am 28. März d . J. wurde allenthalben in Europa von Schulmännern und Schulfreunden der Tag fest-
lich begangen , an welchem vor 400 Jahren Johann Amos Comenius zu Ungarisch -Brod in Mähren
das Licht der Welt erblickte . Es gibt kaum eine
lichen « Begriffe beizubringen ; die Anfänge der Physik , Optik '), Arithmetik, Geometrie, Statik, Astronomie, Geographie u . s. w. sollen vor dem Abschlusse des sechsten Jahres bereits gelehrt sein . Es versteht sich , dass nur die allerersten Anfänge gemeint sein können ,
und dass Comenius hier der Sitte seiner Zeit, gerne mit prunkvollen Worten Staat zu machen , in etwas nachgegeben hat. Die sog. Geographie ist nämlich
Wissenschaft , welche nicht, da die Didaktik des Comenius eben alle Zweige der menschlichen Erkenntnis zu umspannen bestimmt war, des Mannes
achtenswerten Lehrgegenstand überhaupt auf die
und seiner Leistungen in ihrer Art unter dem geschichtlichen Gesichtspunkte zu gedenken Veran-
Tagesordnung setzt , hat er doch einen nicht un wichtigen Fortschritt angebahnt. Das Kind soll ver
lassung hätte , aber zu Geographie und Natur-
stehen lernen , was ein Berg , Thal, Acker , Fluss,
forschung ist er geradezu in ein näheres Verhältnis getreten , und es ist deshalb wohl am Platze, ihm
Dorf, Flecken, was eine Stadt ist, » je nachdem Ge legenheit an dem Orte ist, wo es erzogen wird« ?).
auch in einem Fachblatte einen ausführlicheren Nach-
In der Volksschule ferner, deren wesentlichstes Kenn zeichen das ist , dass in ihr nur die Muttersprache
ruf zu widmen.
Die pädagogische Reform Komenskys ging in erster Linie darauf hinaus, den jungen , nach höherer Bildung strebenden Menschen die ersten 24 Jahre seines Lebens beim
nichts anderes als einfachste Heimatkunde, allein indem der Reformator diese als einen immerhin be
gebraucht werden darf, soll der eigentlich geogra phische Lehrgang anheben : » Es soll den Kindern das Wichtigste mitgeteilt werden aus der Weltkunde,
Unterrichte festzu
halten : je sechs Jahre sollten der Mutterschule, der allgemeinen Volksschule, der lateinischen Schule (Gymnasium ) und der Hochschule (Aka-
demie, Universität) vorbehalten bleiben . Für die unteren Schulgattungen ward ein eingehender Lehrplan entworfen , und insbesondere beschäftigte sich der berühmte Pädagoge , in der richtigen Ueber zeugung, dass eine konsequente Unterweisung nicht früh genug beginnen könne, mit der untersten Kategorie 1). Die Mutter, die natürliche Erzieherin ihrer Kinder, hat denselben auch die ersten » wissenschaft
1) Eigentümlicherweise , wenigstens für unsere moderne Vorstellung , werden Optik und Statik nicht zur Physik ge rechnet. Doch hat dies seinen guten Grund ; die beiden ersteren
sind eben mathematische Disciplinen, während die » Physik « teils Naturkunde überhaupt, teils Naturphilosophie (in der scholasti schen Wortauslegung) bedeutet. 2) Vgl. Comenius , Grosse Unterrichtslehre, übersetzt und kommentiert von J. Beeger und F. Zoubek , Berlin 1871
(3. Teil von K. Richters » Pädagog . Bibliothek « ), S. 239. Im » Informatorium der Mutterschule «, welches in deutscher Sprache zuerst 1636 in Nürnberg erschien , wird der Anfangsunterricht noch specieller analysiert. Manches lautet freilich etwas spass haft , so z . B. dass die Geographie des ersten Lehrjahres die Wiege und den Schoss der Mutter, die des zweiten die Stube,
1) Für die allgemeine Orientierung auf dem von Comenius
die des dritten die übrigen Räume des Wohnhauses zum Gegen
zum eigentlichen Arbeitsfelde erwählten Gebiete empfiehlt sich
stande hat, allein scharfe Beobachtung der kindlichen Ap
eine Monographie von Pappenheim (Amos Comenius ,
der
perzeptionsstadien leuchtet überall hervor. Siehe Comenius,
Begründer der neueren Pädagogik , Berlin 1871 ). Hier findet man auch (S. 27 ff.) eine gute Uebersicht über die generellen Aufgaben , welche jede der vier Schulkategorien zu erledigen hatte.
Ausgewählte Schriften, übersetzt und kommentiert von J. Beeger und J. Leutbecher, Leipzig 1874 ( 11. Teil von K. Richters » Pädagog. Bibliotheka ), S. 33 ff.
Ausland 1892 , Nr . 16 .
31
Comenius als Geograph und Naturforscher.
242
insonderheit von der Rundung des Himmels, von
gerade diesem Lehrgegenstande in der Schulpraxis
der Kugelgestalt der in seiner Mitte schwebenden Erde, von der Bewegung des Weltmeeres, von der mannigfach gekrümmten Gestalt der Meere und
anzupassen . Zu diesem Zwecke stehen uns mancherlei Hilfs
mittel zu Gebote. Vor allem denkt jeder, der von
Flüsse, von den Erdteilen , von den hauptsächlichsten
den schriftstellerischen Leistungen des Comenius
Reichen Europas, insbesondere aber von den Städten , Bergen und Flüssen des eigenen Vaterlandes« 1).
auch nur einige Kunde besitzt, an seinen berühmten » Orbis pictus«, der ja als eine Art Realencyklopädie
Der gesunde Gedanke , dass der Kenntnis der Heimat im engsten Sinne zunächst eine solche des Ge-
des gesamten zeitgenössischen Wissens aufgefasst wer den darf !). Die Abschnitte 2 bis 11 können eine
burtslandes folgen müsse , gelangt hier deutlich zur physische Geographie in ihren Grundzügen ersetzen ; Geltung – allerdings ein Gedanke von anscheinend -
so grosser Einfachheit, dass man sich an das Ei des Columbus erinnert fühlt, allein wer wüsste nicht, wie oft und vielfach in der Folgezeit gegen diesen Grundsatz verstossen wurde!
Einen regelmässigen Kursus der Naturgeschichte weist der Meister einer etwas späteren Stufe zu. Die
vierte Klasse jener » pansophischen « Schule, welche gewissermaassen die Quintessenz der didaktischen Anschauungen des Comenius darstellte, in dieser Form jedoch freilich nie ins Leben getreten ist, war die » philosophische« ; hier sollte Naturgeschichte im
sie handeln von der Welt, dem Himmel, dem Feuer, der Luft, dem Wasser, den Wolken, der Erde, ihren Pflanzen , Metallen und Steinen. Der Autor gibt sich hier als Anhänger der ptolemäischen Welt ordnung zu erkennen , was einigen auffallen mag, an und für sich jedoch unter dem Gesichtswinkel einer von den Entdeckungen Keplers noch wenig oder gar nicht berührten Zeit wohl zu begreifen ist ').
» Der Himmel «, heisst es hier, » drehet sich
und umgehet die Erde, die in der Mitte stehet « ?). Von sonstigen Be Fugl merkungen physi
kalisch - geographic
Anschlusse an Aelian, Plinius und andere von 60
jener Zeit noch mit nicht ganz verdienter Ehrfurcht betrachtete Autoritäten betrieben werden ). In der fünften , der » logischen « Klasse kam die mathema
scher Natur sei er wähnt , dass der
tische Erdkunde an die Reihe, welche an dieser
die Erdbeben hervor
Stelle dann allerdings als Unterabteilung der Mathe matik zu betrachten war '). Den höchsten Wert legte Comenius auf Veranschaulichung des
unterirdische
Wind
bringt, welche selbst wiederum die Erdfälle
QUEM
im Gefolge haben , dass Reif richtig als
Unterrichts; Werkzeuge, Tafeln, Modelle sollten, wo nur immer möglich, die theoretische Darlegung
DO
gefrorener Tau de
beleben , den Schüler vor Ermüdung schützen und
finiert wird , und dass
ihm das Uebergehen des Gehörten in Fleisch und Blut ermöglichen 4). »Die Okularinspektion « , so sagt er einmal “), » ist der Schilderung vorzuziehen « .
ner, Hagel dagegen ganz gefrorener Regen sein soll . Späterhin gehören hierher die Kapitel 103, 105 , 106 ,
Schnee halb gefrore
Gehe es an , so solle man die wirklichen Gegen- 107 und 108 %). Die stände den Lernenden vorzeigen ; anderenfalls sei notwendigsten Be
für die Beschaffung getreuer Nachbildungen Sorge griffe der Sphärik zu tragen .
Dass ein in solchem Geiste erteilter geographischer Unterricht gute Wirkung zu üben nicht verfehlen konnte, dürfte an und für sich zuzugestehen sein , selbst wenn die materielle Seite, wie es vor nunmehr fast 300 Jahren nicht anders sein konnte,
viel zu wünschen übrig liess . Ueberlastet brauchte damals der junge Kopf mit Thatsachen noch nicht zu werden , selbst wenn man verlangte , dass der
F.gz. 2
30
werden erläutert, ebenso die Mond
phasen und die Finsternisse , und daran reiht sich die
eigentliche Geo
graphie, die sich auf drei beigegebene Figuren , Westhalb
Knabe » den ganzen Erdkreis mit Meeren, Inseln , kugel , Osthalbkugel, Reichen u . s. w. im Kopfe abgebildet mit sich her-
Europa, stützt. Die
umtragen solle «. Wir wollen jetzt in Erfahrung beiden ersteren (Fig. I und 2) bilden wir hier dem zu bringen suchen , welchen Stoff Comenius seinen Originale nach. Man sieht, dass der Osten Asiens Geographieschülern zuzuführen hatte, und wie er es
anfing , seine allgemeinen pädagogischen Prinzipien 1) Man sehe am erstgenannten Orte S. 247 . 2) Comenius , Ausgewählte Schriften, S. 182 . 3) Ebenda, S. 185 .
4) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. 104 ff. 5) Ebenda, S. 170.
1) Wie nämlich Prowe (Nicolaus Coppern'cus, 1. Band, 2. Teil , Berlin 1883 , S. 503) berichtet , ist das Originalmanu skript des coppernicanischen Fundamentalwerkes » De revolutio.
nibus orbium coelestium « während seiner Heidelberger Studien zeit ( 1614) von unserem Comenius käuflich erworben worden Als 1620 das mährische Städtchen Fulnek , in welchem jener damals wohnte, von den Spaniern erstürmt und geplündert wurde,
Comenius als Geograph und Naturforscher .
nur ganz schematisch gezeichnet ist, dass nach alter Sitte das Asowsche Meer sich tief ins Festland hinein
erstreckt4), und dass auch die mittelalterliche falsche Achsenrichtung des Kaspischen Meeres beibehalten ist. Auffallen muss das kühn entworfene Austral-Land, » so noch unbekand ist . Die Umrisse von Nord- und Süd-
amerika, welch letzteres mit dem Australkontinente beinahe zusammengewachsen ist , lassen natürlich noch überaus viel zu wünschen übrig ") ; nur NeuFundland und das Aestuarium des St. Lorenz -Stromes
überraschen durch ihre relative Richtigkeit. Von Europa werden 28 » Reiche« namhaft gemacht, und zwar sind » Mosskaw « und » Reussen
zwei ver-
schiedene Länder; auch wird „ Böheim « (hierin doku-
mentiert sich wohl ein gewisses tschechoslawisches Nationalitätsbewusstsein ) ausdrücklich von Deutschland unterschieden .
243
übersetzten » Sprachenpforte «, deren Tendenz es ja auch war , Sprach- und Sachkenntnisse sich gegen seitig auf das innigste durchdringen zu lassen ?). Das Werk beginnt mit kurzen Definitionen der astro nomischen und geographischen Grundbegriffe; von Interesse ist dabei die hydrographische Termino logie ). Einen förmlichen Abriss der Erdkunde ent hält auch der » Janualis rerum et verborum contex tus, historiolam rerum continens« %). Da ist zu nächst vom Globus und den Landkarten die Rede,
nachher von Gestalt und Grösse der Erde (ein grösster Kreis derselben hat einen Umfang von 5400 Meilen) ; Länge und Breite ( erstere vom Meri dian der Kanarischen Inseln an gezählt ) werden er klärt ; die Einteilung der Erdoberfläche in Zonen
und Klimate schliesst die allgemeine Erdkunde ab ; und nun folgen noch vier Paragraphen mit Auf
Auch noch bei anderen Veranlassungen kommt zählung der »fünf« Erdteile Europa , Asien, Afrika , Comenius auf geographische Dinge zurück .
So
Amerika und »Magellanica « ^ ), der beachtenswerte
in seiner wohlbekannten, in fast alle Kultursprachen
sten Völker,, Berge, Flüsse und Städte. Unter letz teren ist merkwürdigerweise keine rein-deutsche zu finden.
wurde die reiche Büchersammlung Komenskys zerstört oder zerstreut, und eben jene Handschrift ging ihm spurlos verloren. Wirklich zu Grunde gegangen war sie jedoch nicht, denn sie fand sich später im Besitze des Freiherrn Otto v. Nostitz
wieder , der sie dann dem verdienten Coppernicus-Forscher Curtze in Thorn für dessen Säkularausgabe der » Revolutiones « ( 1873) zur Verfügung stellte. Comenius war also mit der Lehre von der Erdbewegung bekannt und bekundet dies auch durch eine Stelle in der » Pansophie « , welche nach Beegers Verdeutschung (a . a. O., S. 86) hier wiedergegeben werden möge. » Die Astronomen mit ihren excentrischen Kreisen und Sphären und Epicyklen wurden von Coppernicus ausgestochen. Coppernicus konstruierte seine neue Astronomie sehr beifalls-
Am tiefsten geht jedoch in die Sache selbst ein die scenische Vorstellung, welche Comenius, um die Art und Weise seiner schulmässigen Behandlung der einzel
nen Fächer so augenfällig als möglich klarzulegen , für jedes derselben ausgearbeitet hat. Wir haben es hier mit der fünften Scene des zweiten Aktes der » Januae
linguarum praxeos theatricae pars I « zu thun . Als handelnde Personen treten auf der geographische Lehr meister mit seinen beiden Scholaren Hospitius und Peregrinus, und sofort beginnt ein lebhaftes
würdig aus optischen Gesetzen , aber die physischen Prinzipien Zwiegespräch "). Die notwendigen Apparate, eine
der unbewegten Wahrheit lassen erstere nicht zu . Gilbert wollte die ganze Philosophie aus dem Magneten ableiten , aber offenbar gegen die Prinzipien der Physiker. Campanella hätte fast durch Wiederaufnahme der natürlichen Prinzipien des alten Philosophen Parmenides triumphiert, wurde aber von dem einzigen Fernrohre des Galilei zu Boden gestreckt. Es erhellt aus diesem die Schwierigkeit des wirklichen Erkennens der Wesenheit der Dinge diskutierenden Satze, dass Comenius
hinsichtlich der geistigen Kämpfe, welche damals in so reicher Fülle ausgefochten wurden, ganz auf der Höhe seines Zeitalters sich befand .
2) Die beiden uns vorliegenden Ausgaben des » Orbis pictus « sind von verschiedenem Alter ; die erste kam 1636, wie erwähnt , zu Nürnberg heraus (oder ist, richtiger gesagt , ein unveränderter Abdruck derselben), während die andere 1679 ebenda erschien . Während aber jene bloss in lateinischer und deutscher Sprache abgefasst ist, hat diese auch noch das Italienische und Französi sche hinzugenommen. Innere Unterschiede hingegen sind nicht
vorhanden , mit Ausnahme von unwesentlichen Verbesserungen
künstliche Erdkugel und einen Quadranten , dessen Gebrauch bereits vorher in der Astronomie gelehrt worden war , haben die Schüler mitgebracht. Der Lehrer beweist zuerst , dass der Erdball frei, ohne
jegliche Stütze, im Weltraum schwebe ( »virtute Dei, et radiis siderum , qui omnem densam materiam a
se trudunt deorsum ( ); für die Kugelform wird na mentlich auf Magelhaens' Erdumsegelung hinge wiesen . Doch fehlt auch das wissenschaftlich wert
vollere Argument nicht, dass beim Wandern in nord licher und südlicher Richtung der Pol um entspre chende angulare Beträge sich hebt und senkt. Am
Globus werden die Erscheinungen der Sphaera recta und Sphaera parallela anschaulich gemacht; für die Polbewohner bewegt sich der Himmel » non supra
im einzelnen (s . unten ).
3) Kapitel 104 betrachtet in astrologischem Sinne die Aspekten und Planetenstellungen.
4) Dies ist ein Nachklang antiker , jedoch nach Berger (Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen, 1. Abteilung , Leipzig 1887 , S. 22) erst um die Zeit Alexanders aufgekommener Vorstellungen über den Zusammenhang der Maeotis mit dem unbekannten Nordmeere.
5) In der Auflage von 1679 ist die Küstenzeichnung noch ganz die alte, fehlerhafte ; nur das ward geändert, dass auch bei der westlichen Hemisphäre , welche früher Norden unten und
Süden oben hatte, die übliche Art der Orientierung durchgeführt erscheint.
) Pappenheim , a. a . O., S. 10. 2) J. A. Comenii Didactica Opera Omnia , Amsterdam 1657. In Spalte 260 des ersten Teiles lesen wir : » Aquam , ubi fluit, Fluentem ; ubi gyratur, Gurgitem et Vorticem ; ubi se ipsam
absorbet, Voraginem (barathrum ); ubi expers fundi est, Abyssum Das griechische Wort Bápod pov für die unterirdischen
dicito . «
Abzugskanäle der Karstgebiete war mithin dem Comenius geläufig ebenso wie die Thatsache selbst
3) A. a. O. , 3. Teil , Sp . 535 ff.
4) Dem Verfasser war diese Bezeichnung für das hypo thetische Austral -Land früherhin nirgends vorgekommen . 5) A. a . O., Sp. 948 ff.
Der Regenfall auf Jamaika.
244
se , sed circa se« . Ebenso erklärt der Lehrer Länge | Man darf wohl behaupten , dass dieses Schulschau und Breite, indem er – verständiger als wir Neueren spiel eine sehr gute Probe davon ablegt , wie man >
erstere von obis 360 ° herumzählt; ein Schüler fragt, unter welcher Breite Ungarn liege , und da
mit geringstem Aufgebote von Zeit und Mühe die Grundwahrheiten der mathematischen Geographie
ihm gesagt wird , dass die Frage in dieser Ausdeh- | schulmässig behandeln könne. Eigentümlich illu nung keinen rechten Sinn habe, beschränkt er die-
striert wird des Comenius anticoppernicanische
selbe und lässt sich diejenige von Saros - Patak 1)
Denkweise durch die These, dass man keinen Stern
zeigen (fast 48 "). Bei dieser Gelegenheit wird die
am Himmel erblicke , der nicht grösser sei als die
Gleichheit von Breite und Polhöhe empirisch nach-
Erdkugel. 1) Bislang haben wir in Comenius hauptsächlich
gewiesen . Um die letztere praktisch zu finden , bedient man sich des Quadranten , mit dem man um die Mittagszeit die Erhebung der Sonne über dem
den geographischen Methodiker kennen zu lernen
Horizont misst ; wird dann die Sonnendeklination
dass er auch durch Originalarbeiten Erd- und Natur
additiv oder subtraktiv in Rechnung gebracht, so erhält man das Komplement der Polhöhe. Für die Ermittelung der Länge freilich weiss der Lehrmeister ein gleich einfaches Mittel nicht an die Hand zu geben. Da die naiven Schüler sich den Anschein geben , zu glauben , Tag und Nacht seien überall
kunde zu fördern bestrebt gewesen ist.
auf der Erde von bezüglich gleicher Dauer, so führt
gesucht. Nunmehr ist darauf Bedacht zu nehmen, (Schluss folgt.)
Der Regenfall auf Jamaika. Von V. Freudenberg (Mödling bei Wien).
Der Historiker Froude , welcher sich als Be
ihnen der Lehrer die Zoneneinteilung und die Klimate
amter und Beobachter des United States Signal Ser vice während der Jahre 1890 und 1891 in Jamaika Tageslänge mit der Polhöhe vor Augen stellt ?). aufhielt, spricht seine Ueberzeugung dahin aus, dass
vor , indem
er in einer Tabelle den Wechsel der
Dass die Antipoden nicht herabfallen, willdem Hospi-
nirgend anderswo solche Regenstürme vorkommen,
tius nicht recht in den Kopf, und so greift der Geograph, um jenem seine » puerile« Auffassung zu verbessern , zu einer ganz zweckmässigen Auskunft : er denkt sich die Erde in der Richtung eines Durchmessers durchbohrt "), einen Stein in die Röhre geworfen und gibt nun seinen Zöglingen auf , herauszubringen , was es mit diesem Steine für eine Bewandtnis habe. Da dieselben das Rätsel nicht lösen , so sucht sie der Lehrer zu überzeugen , dass der
wie auf Jamaika. Der Genannte hatte während seines Aufenthalts daselbst ausnahmsweise Gelegen heit, diese merkwürdigen Gussregen zu beobachten ,
hinabfallende Körper zuletzt im Erdmittelpunkte zur Ruhe kommen müsse ; dieser sei unten , alles andere
zu messen und einige Thatsachen zu registrieren , deren Mitteilung von allgemeinem Interesse sein dürfte. Mai und Oktober nämlich werden noch immer
die » Centralmonate der Regensaison « genannt, ob wohl die Perioden ungewöhnlich starker Nieder schläge seit einigen Jahren sehr veränderlich und ungewiss geworden sind. In den Jahren 1890 und
oben , und wenn man sich das nur recht klar mache, 1891 gab es keine streng abgegrenzten Regenzeiten, so habe auch die Vorstellung von den Gegenfüsslern und dessenungeachtet war der Durchschnittsregenfall nichts Verwunderliches mehr.
Die Länder- und
Völkerkunde, welche der Geograph zum Schlusse in sehr koncentrierter Form vorträgt, bietet Besonderes
nicht; bei der Beschreibung der chinesischen Stadt
auf der ganzen Insel der normale, wohingegen 1886, während der totale Regenfall im ganzen Jahre nor mal war , der grösste durch Wasser verursachte Schaden sich auf wenige Tage beschränkte.
Die Verteilung des Regens auf Jamaika gewährt
Quinzay mit ihren 1260 Steinbrücken haben ersichtlich Reminiscenzen aus Marco Polo stark nachge-
dem Forscher der Meteorologie ein höchst interessan
wirkt. Vom unbekannten Erdteile ist nur ganz kurz
tes Problem , und zwar ein bis jetzt noch ungelöstes.
die Rede: » In Magellanica omnia fere adhuc ignota
So z. B. liegen der Castleton -Garden -Distrikt und
sunt , litera demum circumnavigaverunt nostri« . 1) Von 1650—54 weilte Comenius in der Stadt Saros Patak in Oberungarn , um dortselbst, unter der Aegide der Fürsten heute Siegmund und Georg Rakoczy , eine Musteranstalt würden wir sagen , ein Realgymnasium in Gang zu bringen . 2) Ganz ähnlich wie in der von Galilei für seine Schüler bearbeiteten Klima- Tafel (s. in Nr. 2 d. 1. Jahrganges dieser Zeitschrift).
das Drax -Hall-Gut, beide im Kirchspiele St. Ann, an
der Nordküste, sind von einer durchschnittlich unter 2000 Fuss hohen Hügelkette getrennt und nur 35 englische Meilen von einander entfernt. Und doch ergeben Beobachtungen des mittleren Regen falles während 15 Jahre einen Niederschlag von 108,55 englische Zoll für die eine und von 67,15
3) Man hat diese Hypothese nach einem viel späteren Astronomen das » Loch des Maupertuis « genannt; in Wahrheit
1 ) Bringt man diese Behauptung in Verbindung mit der früher citierten , dass Coppernicus ein die Erscheinungen vor .
jedoch geht der Gedanke in eine erheblich frühere Zeit zurück , denn der Verfasser ( Studien zur Geschichte der Mathematischen
trefflich darstellendes und nur aus naturphilosophischen Gründen
und Physikalischen Geographie, Halle 1879 , S. 11 ) hat dessen Vorkommen in einer sehr alten mittelalterlichen Schrift (eines
der Vermutung entschlagen , dass sich der strenggläubige Co menius durch religiöse Erwägungen zu Ungunsten dieser Lehre
gewissen Omons) nachgewiesen.
habe beeinflussen lassen .
zu verwerfendes System aufgestellt habe, so kann man sich kaum
Der Regenfall auf Jamaika.
245
für die andere Oertlichkeit ! Solche Widersprüche
legen hatte, mit solch ungestümer Flut plötzlich
sind in vielen Teilen der Insel zu konstatieren , ob-
hervor, dass er eine Familie von Kulis samt der
gleich deren ganze Länge nur 140 und deren durchschnittliche Breite nur 34 englische Meilen beträgt. Selbstverständlich sind grosse Unterschiede in dieser Richtung zwischen Lokalitäten von bedeutend abweichender Seehöhe bemerkbar, so zwar , dass Kingston , am Meeresstrande, nur einen jährlichen Durchschnittsniederschlag von 43,18 englische Zoll aufweist, während die sooo Fuss hoch gelegene Re-
in der Nähe des Stromes gelegenen Bambushütte, worin sie wohnte , wegfegte und einen Postillon nebst seinem Pferde, welcher einige Augenblicke vorher das lediglich heissen Sand und Felsen auf weisende Flussbett überschreiten wollte , ins Meer schwemmte. » Ein kühler Wasserlauf, der von einer Fels
gierungsplantage von Cinchona einen solchen von
gebenen Teich einmündete ,« sagt Herr Froude, » reizte mich eines Tages zu einem Bade. Als ich
121,61 ergibt , obgleich die beiden Orte nur zehn Meilen von einander entfernt sind . Wie aber sollen wir uns einen Unterschied im
Regenfall erklären , wie solcher zwischen den beiden
wand herabstürzte und in einen von Reben um
in den Teich sprang , rieselte das Wasser wie ein Faden von oben herab , aber während ich mich an der erfrischenden Kühle des Wassers nach einer Luft
Leuchttürmen von Plumb Point und Morant Point temperatur von 95° F. im Schatten ergötzte, stürzte, existiert , die beide an der Südseite der Insel, in gleicher Ebene mit dem Meere, liegen , nur 40 engWind- und Meeresströmungen beherrscht sind , und
ohne eine Spur von Regen und bei völlig wolken losem Himmel , plötzlich ein breiter Wasserstrahl von wenigstens 6 Zoll Dicke von der Felswand auf mich herab . Dessen Volumen nahm mit jeder Se
von denen dennoch der erstere einen jährlichen
kunde zu, und ich hatte kaum Zeit , meine Kleider
Niederschlag von 39,52 Zoll zeigt , während der
zu retten , welche ich einen Fuss oberhalb des ge wöhnlichen Wasserspiegels niedergelegt hatte. Ein
lische Meilen von einander entfernt, von gleichen
letztere 75,28 , also nahezu das doppelte, aufweist ?
Die plötzlichen und überwältigenden Regen-
Sturm in den oberen Hügeln hatte dem winzigen
güsse, die oft derart sind, wie man sie in dem südlichen Alleghanygebirge unter dem Namen von
Rinnsale über mir die Gewalt und das Ungestüm eines reissenden Stromes verliehen . «
stens mehrere Meilen dürrer, den brennenden Strahlen
So schauer, fallenen dagegen
einer tropischen Sonne ausgesetzter Ebenen zu durch-
nässt zu werden. Ein solcher Schauer, von welchem
queren, ehe sie das Meer erreichen , was selten der
unser Gewährsmann in Hardware Gap , 4000 Fuss
»> Wolkenbrüchen “ oder „ Wasserhosen « kennt, sind
einzig in ihrer Art und haben oft grosse Verheerungen im Gefolge. Die Gebirgsströme haben mei-
plötzlich und mächtig sind diese Regen dass keine Art Vorsicht den hiervon über Wanderer in höher gelegenen Distrikten zu schützen vermag , bis auf die Haut durch
Fall ist , ausgenonimen in Zeiten sehr intensiver Seehöhe, überrascht ward , ist geeignet, die Natur Regenfluten. Die sonnenverbrannte Erde, die brennend
dieser Phänomene zu illustrieren . »Ein vollkommen
heissen Kieselsteine und die aus der sehr hohen
heiterer Himmel,« sagt Herr Froude, »war in fünf Minuten mit wolligem Gewölk bedeckt und hatte
Temperatur folgende Verdunstungsfähigkeit sind zu viel für diese seichten Wasserläufe , wenn man bedenkt , dass nur die Strecke einer Meile solcher
sich in weiteren fünf Minuten in ein rabenschwarzes
Verdunstung gewöhnlich schon hinreicht, damit ein
vernehmbar war.
Gewand gehüllt, hinter dem ein ominöses Gemurmel Und mit dieser nur so kurzen
Gebirgsstrom von beträchtlicher Grösse teilweise in
Ankündigung war die Scene vom lachenden Sonnen
Wasserdampf aufgehe, teilweise im brennenden Sande
schein in strömenden Regen verwandelt ! Da ich mehr als eine Meile von der nächsten Hütte entfernt
sich verliere. Der Besucher sieht eine viele Yards breite
Vertiefung oder Rinne, wie man ihm sagt, das Bett eines Gebirgsstromes, das sich zur Zeit der Wasserflut in einen jeden Widerstand bewältigenden Strom von vielen Fuss Tiefe verwandelt.
Der Dry River, welcher die Gewässer eines grossen
war und der Sturm bereits durch Erdabrutschungen mir den ohnehin steilen und schwierigen Pfad ver legte, so blieb mir kein anderer Ausweg , als mein Pferd anzuspornen, um wenigstens teilweises Obdach
Territoriums auf der Südseite der Insel aufnimmt,
unter dem Schirme eines Baumes zu finden . Bevor ich aber solchen Zufluchtsort erreichen konnte, schien
verschwindet im Vere - Thale, ungefähr 15 Meilen
die Atmosphäre mit mehr Wasser als Luft gesättigt
Und doch wurde
zu sein ; meine überbürdeten Lungen erschwerten mir das Atmen , und die Temperatur fiel von 115 ° F. in der Sonne auf weniger als 679. Wer jemals sich
vom Meer entfernt, im Sande.
dieser Strom im Juni 1886 so furchtbar , dass er, nach wenigen Stunden Regenfall in den Hügeln, in seinem gewöhnlich trockenen Bette nächst dem Meere 18 Fuss hoch anschwoll und einen 300 bis 400 Fuss breiten Strom
bildete , welcher in einer
einzigen Nacht Regierungs- und Privateigentum im Werte von 300000 Dollars vernichtete. Im Jahre 1889 brach der Yallabs River, ein Strom , dessen Bett viele Monate lang trocken geAusland 1892 , Nr. 16 .
dem höllischen Windgebläse am Niagarafall ausge setzt hat, kann sich von den Atmungsbeschwerden , die ich wenigstens 40 Minuten lang zu bestehen hatte , einen Begriff machen . Macintosh , Regen schirm , Ueberschuhe u . s. W schützten mich ebenso
wenig wie die Gaze meines Insektennetzes. Während
der drei Stunden langen Dauer des Sturmes zuckten 32
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
246
die Blitze beinahe unaufhörlich ; das Rollen des
hältnisse bewahrt hat , als Oberösterreich , das von
Donners, in Gemeinschaft mit dem aus den gähnen- | alters her durch Alpen- und Wasserstrassen , Eisen den Schluchten zurückgeworfenen Echo und dem
und Salzhandel verkehrsreich , bis zur Gegenrefor
Krachen eines hier und dort vom Blitz zerschmetterten
mation von lebhaftem geistigem Aufschwunge und
Baumes vereinigten sich zu einem Getöse, das aller
daher einem rascheren Wechsel der Kulturformen
Beschreibung spottet. Mein Pferd war so geängstigt, unterworfen gewesen , während das Waldviertel bis dass es sich wie wahnsinnig gebärdete , dabei aber
zum
um keinen Schritt von meiner Seite wich, nachdem
geblieben ist.
ich abgestiegen war, sondern, am ganzen Leibe zitternd und seine Angst bekundend , dastand . In meiner eigenen Aufregung und Atemnot vergass ich beinahe die Gefahr, welche ich lief, indem ich unter einem grossen Baume während eines Sturmes, der mit solchen elektrischen Entladungen verbunden war, Zuflucht gesucht hatte . « Die ausgiebigen und, wie man sieht, mit manchen
Baue der Eisenbahnen ziemlich
verkehrsarm
Lockend schien mir auch, dass gerade im Wald viertel die Grenze zwischen der Einschichtenzone
mit eingestreuten Haufendörfern und Waldhufen einerseits und einem breiten Gebiete von geschlosse ven Ring- und Gassendörfern , also nach der herr
schenden Ansicht von slavischen Besiedelungsformen , schon auf der Spezialkarte ( 1 : 75000) deutlich er kennbar ist !).
Beschwerden und durch ihre Plötzlichkeit selbst mit
Auch gewisse Ortsnamen in Genitivform , wie nicht geringen Gefahren verbundenen Regenfälle auf z. B. Gerungs, Heinrichs , Watzmanns, Altmanns,
der Insel Jamaika und namentlich in einigen Teilen Göpfritz (Gottfrieds),) Bertolz (Bertholds) u. s. w ., derselben sind geeignet , den Bewohnern und Besuchern dieses vermeintlichen
den Aufenthalt daselbst
irdischen Paradieses
einigermaassen
zu
ver
welche auf einem begrenzten Gebiete des Wald viertels erscheinen, erregen Interesse. Solche ellip tische Namen , welchen wohl ein weggelassenes
bittern ; andererseits aber sind sie ein Hauptfaktor
»Dorf«, »Heim «, » Schlag« oder »Reut« entsprechen
unter den Ursachen , denen dieses Eiland seine grosse
Fruchtbarkeit verdankt. Eine Ueppigkeit der Boden-
mag, sind auch inselhaft in mehreren anderen Gegen den zu finden, z. B. bei Wangen im südlichen Bayern ,
erzeugnisse jeder Art und eine Vielfältigkeit der
im Fichtelgebirge, in Kurhessen. Das Bistum Bam
selben , wie man sie auf keinem anderen Gebiete berg hat Kolonisten nach Unterösterreich gesendet. unserer Erde von gleichem Flächeninhalte mehr findet, Jene Ortsnamengruppen können vielleicht genaue Auskunft geben , welche Punkte durch dasselbe frän kisch besiedelt und wo fränkische Einzelansiedelungen
sind die Folge davon .
zu Weilern und Dörfern entwickelt worden sind.
Forschungen über das deutscheWohnhaus.") Von Gustav Bancalari.
Seit dem späteren Mittelalter gab es unter den Bewohnern Oberösterreichs und des Waldviertels
XIV .
keine Leibeigenen, und schon im 12. Jahrhundert ?)
Haustypen Oesterreichs ob der Enns und an
erfreute sich der Bauer einer gewissen Blüte , einer
grenzenderTypenbereiche nördlich der Donau. I je nach den Friedens- und Kriegsverhältnissen steigen In Weitersfelden , einem Pfarrorte 20 km östlich von Freistadt , also im Nordosten Oberöster
den und sinkenden Wohlhabenheit.
reichs, habe ich meine Forschung über das ländliche
zwischen dem Böhmerwalde und der Donau , und
Wohnhaus dieses Landes begonnen , aber in schein-
zwar der Granit. Die Gegend ist in herben , mas
Aber ein harter
und unbarmherziger Herr regiert das ganze Land
bar paradoxer Weise mit der Marschrichtung nachsigen Formen aus diesem Gestein gleichsam heraus
Osten , also aus dem Lande hinaus. Mich lockte geschnitten und zeigt im allgemeinen den Charakter das »Waldviertel« (Viertel ober dem Manhardsberge) einer mächtigen Platte, welche ihre Bäche durch Unterösterreichs, weil es trotz seiner späteren Be-
gliedernde , tiefe Thalrisse in die Donaufurche ent
siedelung ?) primitivere, altertümlichere Lebensver 1) Es gibt allerdings Länder mit früher slavischer Be 1 ) Vgl . in Jahrgang 1891 , Nr. 37 .
2) Altweitra südlich Gmünd hat eine merkwürdige , wohlerhaltene Kirche ländlichen , romanischen Stils, welche aus dem
völkerung , wie z. B. Kärnten , Obersteiermark , das südöstliche Oberösterreich , ohne Ring- und Gassendörfer.
Oestlich
von
Das Kloster Zwettl stammt aus dem
Rosenau , dann bei Zwettl (vom slavischen světlo Licht, wohl » Lichtung « bedeutend ?), Waidhofen a . Thaya u. s. w. findet
13. Jahrhundert. Aber die meisten Pfarren sind viel jünger . Die zahllosen Ortsnamen auf » Schlag « , » Reut « , die Form und der Zusammenhang der Reste des mittelalterlichen » Nordwaldes « ,
man nun andererseits solche » slavische « Ortsformen . Auf den sanften , gleichförmigen , flachen Gneisrücken dehnen sich bis zu 4000 Schritt lange Feldfluchten ohne ein einziges Gehöfte , und
all das deutet darauf hin , dass hier das Kulturland in verhältnis-
in den Tiefenfurchen , in den Falten jener Plateaus, drängen
mässig später Zeit gerodet worden ist . Noch heute ist als Ueberbleibsel alter, aber gewiss nicht sehr alter Zustände das » Irrläutena in Gerungs und vielen anderen Orten bis gegen
ob allein vermöge nationaler Eigenart ? vielleicht eher wegen der Quellen- und Wasserverhältnisse .
12. Jahrhundert stamınt .
sich die sämtlichen Wirtschaften zum Gassendorfe zusammen
Krems a . D. hin Sitte ; es sollte bei Anbruch der Nacht dem
2) Die Avaren- und die Ungarn -Not brachten es mit sich ,
Wanderer im umgebenden Walde die Richtung zur Nachtherberge
dass erst nach der Schlacht auf dem Lechfelde das Gebiet ,
andeuten und hat sich erhalten , obwohl heutzutage eine dichte
welches heute » Oesterreich ob der Enns « heisst , die Anfänge
Landbevölkerung , weit und breit kein grosser Wald , dagegen
der heutigen Kultur erlebte. Ein sehr kleiner Teil der Orte lässt sich über das Jahr 1000 zurückverfolgen .
aber ein entwickeltes Strassennetz vorhanden ist .
Forschungen über das deutsche Wohnhaus .
247
sendet . Auf den langgestreckten Teilrücken dieses
lichem oder herrschaftlichem Besitze ist, hat in alter
Massivs erhebt sich eine ganze Welt von Buckeln,
Zeit Leinen -Hausindustrie Platz genommen .
deren relative Höhe 100-200 m nicht bedeutend
ist jetzt im Aussterben und fristet bloss das dort
übersteigt. Diese im Volksmunde in der That scherzhaft » buckelige Welt“ genannte Gebirgsgegend ver-
herrschende Elend.
flacht sich zu hochgelegenem , sanftwelligem Gelände an der Thaya.
von der bayerischen Grenze bis zur Ispermündung. Nur dort, wo geschlossene Ortschaften vorherrschen,
Auf vielen Kuppen bei Weitersfeld, Rosenau, Gmünd u. s. w. liegen gespaltene Granitfelsen in
also im nördlichen Waldviertel , ist es geselliger, heiterer, zutraulicher ?).
abenteuerlichen Formen : bald wie riesige Heidenaltäre, bald wie verfallene Schlösser, bald wie Würfel
Meine erste Wanderung 1891 führte mich von Weitersfelden über Liebenau, Rosenau , Kloster Zwettl,
von 10--20 m Seitenlänge, die Reste der verwitterten
Waidhofen a. Th. , Heidenreichstein, Gmünd , Weitra,
und verstäubten oberen Granitschichten. Von ihnen
Watzmanns, Gerungs, Arbesbach, Alt-Malaun (nicht Melon, wie die Spezialkarte sagt), Perthenschlag und durch die grossen Staatswaldungen nach Isperdorf
trennt sich durch molekulare Kräfte unabsehbares Getrümmer. Steine stecken in Wiesen , der Pflug umfährt Steine und der Kampf gegen diese Feldsteine ist seit Jahrhunderten die Aufgabe dieses Volkes gewesen . Im Mühlviertel ist er nahezu entschieden , während er im Waldviertel gleichsam noch schwankt. Hier ist noch vieles zu thun, während dort die ältere
Kultur schon besser aufgeräumt hat. Die ausgegrabenen Blöcke umgeben in trockenem Mauerwerk die Aecker, oder sie dämmen Weg und Rain . Diesen
Diese
So ist und so lebt das Volk nördlich der Donau
an die Donau .
Eine Stunde nördlich Weitersfelden befindet sich
die in einer Waldlichtung gelegene Einschicht » Vogel weiderhof . Dies ist der Hausname. Der Besitzer heisst Himmelbauer ; der frühere hiess Wurm . Die Vorgänger dieser konnte ich nicht ermitteln. Zu diesem Hofe gehören 38 Joch Grund , wovon ein Viertel Wald . Er ist typisch für ein grosses
zudringlichen Granittrümmern entspricht die Bau - Gebiet nördlich der Donau. Ich will dieser Grund weise nördlich der Donau . Die Wohnhäuser haben
form den Namen „ Vogelweider « geben , weil dieser
dicke Mauern aus Bruchstein , weit seltener aus Ziegeln.
vorerst jede Meinungsäusserung über Ursprung oder Ableitung ausschliesst 2).
Es gibt an mehreren Orten Bauern, welche in ihren Mussestunden den Steinmetz machen, und so findet man viele granitne Brunnentröge, » Marterln «, Stufen , grosse steinerne Mostpressscheiben, welche in Granit rinnen bewegt werden , breite » Gred « -Tafeln , Thür stöcke, Fensterstürze, ja selbst Rauchfänge aus Granit ; von der sehr bedeutenden Granitindustrie in Neu
haus an der Mühl, in Mauthausen, Perg u . s. w . ganz zu schweigen . Es gibt grosse und gepflegte Wälder von der bayerischen Grenze bis zum Isperthale. Nadelholz herrscht vor . Die Granitfläche unter der Ackerkrume ver
Stron Stroh
Granit-Mauer
onne Verputz
Verpuizt
Fig . 78 .
Vogelweidhof bei Weitersfelden (Mühlkreis, Oberösterreich ) .
wittert langsam . Schwere Arbeit auf oft steil ge böschtem Acker, zähe Bestrebung bei wechselndem , dürftigem Ertrage, eine Natur, welche nichts schenkt,
front. Alles bis auf die das Gehöft nach rückwärts
sich ihre Gaben abtrotzen lässt und endlich das
abschliessende Scheuer ( »Stadl « ) ist,aus Bruchstein
System
Fig. 78 zeigt die nach Süden gewendete Haupt
der Einschicht, welche den Verkehr von
Haus zu Haus auf die Feiertage einschränkt, haben
) Nichts ist bezeichnender für den Sinn dieses Volkes,
ein Volk hervorgebracht, welches ernst, verschlossen,
als die Geschichte des Volksführers Wolfsgruber , der vor
beharrlich, in einem beschränkten Begriffskreise ge sund denkend, aber aus diesem Kreise nicht leicht
1848 wegen unaufhörlichen Komplottierens gegen die vormärz liche Ordnung der Dinge 20 Jahre lang von den Behörden ver folgt und erst dann gefunden wurde , als er auf der Bahre lag.
zu locken ist . Zäh im Feilschen, sparsam , einfacher
in der Lebensführung als der Bauer des Schlierbodens südlich der Donau, haben es diese Leute zu
Er war eben 20 Jahre lang von den Bauern des Mühl- und
westlichen Waldviertels geschützt , gewarnt und verborgen worden. 2) Der Zufall, welcher mich nach Weitersfelden brachte, hängt mit dem Vogelweider zusammen . Herr Oberpostkontrolor
einer sehr bescheidenen, im Waldviertel gerne ver hehlten Wohlhabenheit gebracht. Am linken Donau ufer ist bloss das Machland (Gegend um Perg) reich ;
Jos. Straberger , Konservator der Kommission zur Erhaltung der Baudenkmale, hatte von dem Bestehen eines Hofes Namens
bloss der Hopfenbau bringt im Mühlviertel zuweilen
dass manche schwer erklärliche Wendung in den Gedichten
einen
unverhofften Geldstrom ins Land und be-
Vogelweider Kenntnis erlangt. Er hatte schon früher gefunden, Walters von der Vogelweide sich dem Verständnisse so fort erschliesse, wenn man den Mühlviertler Zweig des bajuvari
schleunigt (stört auch wohl) den geduldigen Gang einer langsam fortschreitenden Kultur. Wo der Boden ganz unergiebig oder wo er in unteilbarem , klöster
schen Idioms zu Hilfe nimmt . Angeregt durch diese beiden Momente , suchte Herr Straberger und fand auch , wie er überzeugt ist , Stellen in den Gedichten , welche Walters
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
248
Scheuer ist ein Ständerbau mit Bretterwänden. Der
Das » Haus« , d . i. das Gebäude , welches die Wohnung enthält , steht hier auf der linken Seite.
Grundriss (Fig. 79) zeigt die Maasse. – Das steile Dach ist mit einer dicken Strohlage, an den Giebel-
Der andere, mit dem »Hausea parallele Trakt heisst » Hütte« und ist auch an diesem typischen , ein
seiten der beiden parallel gestellten Hauptgebäude
fachsten Repräsentanten nichts anderes: ein an einem Ende (am Schauende) gemauerter, gegen hinten hin in Ständerbau gezimmerter Schupfen für Ackergerät,
gemauert ; die Front ist verputzt und geweisst. Die
mit genagelten Holzfalzschindeln gedeckt.
Die
Art der Firstbedeckung ist in Fig. 78 angedeutet.
2
Vorgang .-Gred „Stübl. "
Keller
Vorhaus
Kam mer: ge :
genannt, hofwärts an der Längsseite, die Abteilungen des Hüttenbodens verbindend .
Tenne.
Der „Stadel« (Scheuer) hat in der Längsmitte »den Tenn « mit zwei Thoren gegen Hof und Aussenfeld; beiderseits aber je zwei Scheunenfächer für die Ernte , welche hier und im ganzen Wald viertel » Hall - Bám « (es schien mir zuerst , dass »Bám« = Baum bedeute ; es scheint aber , dass das Wort aus Hall-Barren verdorben ist) genannt werden . Im Vogelweidtypus heissen aber die Fächer selbst Hall -Bám und nicht etwa die Scheidewände (s. u.).
4
Pinger
Gepflasterter
Auszug
3
1
. Holzbau
) Kuhstall.17
Auf den gekreuzten Gesperren und dem Firstbalken Wagen und Waldstreu und anderwärts für ein bis liegt Stroh ; über diese Lage sind Querbüschel ge- zwei eingefügte Schweineställe. Oben ist ein Scheuer legt , welche mittelst zweier Paare paralleler Latten raum mit Bretterwänden (der »Hüttenboden « ). Längs desselben führt oben eine Galerie, der »Gang«
1
Heu und Klee wird im Hüttenboden , gedroschenes
Hof.
„Hütte
Korn oberhalb der Wohnung auf dem Estrich des Dachbodens aufbewahrt.
Die vordere, stets der Strasse zugewendete Ab
ol
schlussmauer enthält » Thor« und Thürl , letztere
wölbe
Stube
stets auf Seite der Bauernwohnung und mit der »Gred « in Verbindung. Das »Haus« , und nur dieses , enthält hier den Stall und hinter der Familienwohnung ein » Aus
Thor
zugsstüberl«, d. i. die Wohnung der zur Ruhe Thur 5 *
10x
20 %
3px
400
gesetzten Eltern . Vor dem Wohnhause ist ein kleiner Küchen
1 * = 75 Ctmtr Fig . 79. Vogelweidhof, Grundriss.
garten und eine Baumgruppe , welche ich als ver deckend in der Zeichnung Fig. 78 weggelassen habe. Blockban .
7
befestigt sind . Diese Latten sind aus starken Birken
Tenne 2
ruten entzwei gespalten. Das Dach ist »Stossdach «, dicke Ende mit einer eigenen Latte » gestossen « , d. i .
ERII Hall
Ihall harm
Mauer 30-
d. h . das Aehrenende der eingefügten Strohbüschel wird durch die Latten eingeschoben , das äussere
Tonnei
Gemauri Stall
Huonette
lurer
reny
Auto
in eine gleiche Ebene gebracht, dann das innere Ende mit » Wieden « an den Latten verknüpft. So ent steht eine vollkommen gleichartige äussere Dachfläche. Dieses Gehöft weicht von jener Form , welche bisher die Ehre gehabt hat, als der eigentliche ober
österreichische Bauernhof zu gelten (der Vierkant) allerdings ab.
Dünger
finfuhrt.
Bretrom Nolz .
Ding
yullerien
Hitec
Wall
Wohnhaus Nubau Wohn
birki
Bot
hour
10m
Es ähnelt jenem Typus , welchen
A. Meitzen mit » fränkischer Hof« bezeichnet. Ich
6
10
30
LO
UL
werde später zu zeigen haben , dass sich der ober österreichische » Vierkant « aus diesem Vogelweider in jüngerer Zeit entwickelt hat.
Fig. 8o . Kleiner Hof, Haid ,
Liebenstein bei Liebenau
bei Weitersfelden (Oberösterreich) .
( Mühlkreis) .
Heimat betreffen und auf die Gegend des Vogelweiderhofes bei
weichenden Gehöftes in Haid , eine halbe Stunde von
Fig . 81 .
Fig. 80 zeigt den Grundriss eines etwas ab
Weitersfelden besser als auf jede andere passen, eine Gegend, Weitersfelden , in welchem die Stellung des Wohn welche zur Zeit Walters schon kultiviert (denn 13 Burgen standen in nicht eben grossem Umkreise) , aber eben damals noch in fortschreitender Rodung begriffen war.
hauses in neuester Zeit (man baute eben daran ) ver ändert worden ist. Hier ist der Backofen im Garten
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
abgesondert und zwischen Stall und »„Stadel« ist
249
mehr individualisiert und das Haus ist dem Vierkant
eine » Luederkam mer« für Grünfutter und Häcker- näher gerückt. Neben diesen Wechseltypen gibt es ling eingefügt. Fig. 81 zeigt den Grundriss eines grösseren Gehöftes in Liebenstein , westlich Liebenau , und gibt so wie Fig. 80 von der Veränderlichkeit des Grundtypus eine Vorstellung.
eine Fülle von Zwischenformen .
Auch die Maasse
wechseln, wenngleich der Vogelweider niemals die Kasernengrösse des reicheren Vierkants erreicht. In Dimmling, westlich Waidhofen a. Th ., einem 2000 Schritt langen Waldhufen -Dorfe, gibt es Gehöfte von Strohdächer
Schinde
Fig. 85 .
Bei Gross-Bertenschlag (V. 0. M. B. ) .
Fig . 82 . Binderreiterhof bei Schanz ostl. Liebenau (V. O. M. B.) .
( Eine Ecke verschmolzen .)
19 Schritt Front, also mit sehr schmalen Höfen und
Fig. 82-85 geben eine Reihenfolge von kleinen
und im Endbetrage doch bedeutenden Abänderungen solche von 36 Schritt Front. Trotz aller Variationen an diesem Typus die Norm (Fig. 79) stets leicht des Vogelweiders im Waldviertel. Bei Fig. 82 springt ist zu erkennen . der »Stadl« einseitig vor und die » Hütte« hat eine Trub Jrall |
Schever
Stall w
Soover mit
Gred Tenne
Schindel
mmK
W
IK
il
Wohnhaus .
Fig. 83 . Hof in Dimming bei Weidhofen a. Th .
Fig . 87 .
» Hausler « in Oberlaimbach bei
Leonfelden (Oberösterreich ).
Schupfen.
Ausgedinge a
Hühner Hos
Wohnung
IT
Stall
Ouspool'srije
No
X'une
Schweine
Srubl 1st zugleich Nusnehmer ,
Hauptn . wohnung
TH
Silpten
W : nuhnung
Bock or en
Ki kammer
V. Vorratskamer.
zweite Wohnung , wie aus dem Schlot ersichtlich ist . Fig. 82 und 83 haben neben dem Thor kein
» Thürl« ; 82 hat einen ungewöhnlich schmalen Hof; 83 den Schupfeneingang von aussen ; Fig. 84
Fig . 86 . Bauernhof, Haid bei Leonfelden .
Aufg. von Herrn Lehrer Fr. Brosch (Linz ).
Fig. 86 bringt den Grundriss eines Gehöftes von Leonfelden , nördlich Linz, welchen ich, sowie Fig. 87 , dem Herrn Lehrer Fr. Brosch verdanke.
Man sieht am linksseitigen Gebäude eine vollständige zweite Wohnung . Schinde
l
نهبه
Interessant ist die Keusche, Fig. 87 , in Ober
laimbach bei Leonfelden , wo der Wohnungs- und Stalltrakt wie an einem Bauernhofe gestaltet, die » Hütte « aber nicht vorhanden ist.
Fig . 84 . Harruck östl. Liebenau.
Ich kenne dies
Haus nicht, vermute aber, dass hier ein amputierter Bauernhof vorliegt. Solche Verstümmelungen können eintreten , wenn Bauerngüter zerstückelt werden . Der Hof wird zur »Ueberländs oder zum
hat anstatt der typischen Frontmauer zwischen Haus und Hütte ein schmales Gebäude , einen zweiten
» Klein
häusel « und verliert Bestandteile, welche er nicht mehr braucht.
Ich habe aber im Mühlviertel auch
Schupfen für Wagen und Streu, eingefügt; Fig. 85 Höfe gesehen , welchen einzelne Glieder wegen hat dies Thorgebäude bereits mit der Hütte durch einen ziemlich jungen , abändernden Neubau rechtwinklig vereint – hier ist schon die Hütte nicht
stockenden Baufonds fehlen . Man muss eine Type genau kennen , um nicht durch solche Abnormitäten irre gemacht zu werden .
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
250
Nicht bloss im Waldviertel , sondern auch im Ich will aber nur feststellen : 1. Der Vierkant herrscht Mühlviertel bis über Rohrbach -Neufelden hinaus, dort ausschliesslich , wo die Bauern reich sind , also dann im Weichbilde von Linz, auf dem Bergkranze, im Donauthale bei Aschach , Efferding, Landshag, welcher das Urfahrer Thal rund gegenüber von Linz Schönering, Linz, im Machlande bei Mauthausen, im Bogen umgibt und zwar hier mitten unter Vier kanten gibt es mehr oder minder stilgetreue Vogel weider. So steht ein etwas gequetschter in Plesching Stron am Nordwestfusse des Pfennigberges; ein vollkommen typischer und noch dazu neugebauter schlossähnlicher Muh ! Tract. (der Koglerhof) befindet sich in der Koglerau, nord westlich vom Pöstlingsberge bei Linz . Der Vogel abr getünchi weider herrscht nördlich der Donau von der Linie Rohrbach -Neufelden ostwärts bis weit
ab.bc.38 ' , 75 cm b
Fig . 9o.
nach Unterösterreich und ins südliche Böh
Speichmühle, Haselgraben bei Linz. ( Vier Ecken verschmolzen ; Quadrat.)
men hinein .
Perg , Baumgartenberg u. s. w. , dann in dem be sonders fruchtbaren Hügellande bei Hörsching , Pa sching , Thening, Kirchberg , Scharten ; ferner im
Tenne
Schlier (eine Art Löss) der S. Florianer und Ennser
Surah
Gegend .
2. Von diesem Hauptneste des Vierkants
Stall Stroh '
- Streu
ESS
h - beuboden. Fig . 88 .
S. Veitsdorf bei Altenberg - Riedeck (Oberösterreich , Mühlkreis; nördl . Gallneukirchen ).
(Drei Ecken verschmolzen ; rechteckig . )
Fig. 88 bringt eine weitere Verschmelzung des Vogelweiders aus S. Veitsdorf bei Altenberg , zwei Stunden nordöstlich von Linz im Berglande. Diese
Fig . 91 . Unvollkommener Uebergang zum Vierkant.
Hinterseite eines kleinen Gehoſts bei Kirchschlag, nördl. Linz.
Mischform ist verwandt mit jener von Fig. 85 bei strahlt er aus in die Nachbartypen; in die Vogel G. Bertenschlag im Waldviertel . Stall . Tract
Wohntruct
weidergegend des linken Donauufers, wo man die geweissten Ungetüme von vielen Bergrücken herab blinken sieht ; dann südwärts weit hinein in das Kremsthal (Kremsmünster, Hall u. s. w . ) ; in das mittlere Traunthal , über Lambach hinaus ; in das
! Berg- und Hügelland westlich der Linie Lambach
St
ro
h.
Wels -Linz bis über Neumarkt und an all seinen
Grenzen finden sich Uebergangserscheinungen, ähn Ten
ne
Schu
ppen Ausgeding
lich wie sie Fig. 88, 89 , 91 darstellen . Fig. 92 und 93 stellen die Grundrisse von Erd und Obergeschoss eines der berühmten S. Florianer Vierkante dar. Es gehören dazu 89 österreichische
Fig. 89.
Joch = etwa so ha wertvoller Grund. Der Hof mit
Bauernhof, S. Magdalena bei Linz.
50 m Seitenlänge bedeckt 1/4 ha. Aber auch mancher Hof eines Bauern mit bloss 25-30 Joch bedeckt eine Fläche von 14 Joch.
(Zwei Ecken verschmolzen ; quadratisch .)
Fig. 89 zeigt einen werdenden Vierkant, 1/2 Stunde nordöstlich Linz , am Fusse des Magdalenaberges;
Ich kenne keinen alten reinen Vierkant.
Die
Die Spezialkarte desk. u. k.Generalstabes 1:75 000
allermeisten tragen Jahreszahlen von 1848 herwärts. Laut verlässlicher Mitteilungen findet man bei Pa sching, Hörsching u . s. w . Vierkante von 1790 bis 1800 ; aber im allgemeinen sprechen alle Anzeichen
unterscheidet genau die beiden Typen Vogelweider
dahin, dass die reinen Vierkante, wo also alle vier
und Vierkant durch Charakterisierung der Grundrissform . Man kann somit ohne besondere Mühe
Ecken aus den ehemaligen Hof bestandteilen fertig geschliffen sind, alle moderne Umbauten darstellen. Die Fig. 92 , 93 bieten ein Beispiel, nicht einen
Fig. 90, Speichmühle im Haselgraben, nördlich von Linz , zeigt das fertige, Fig. 91 ein verfehltes Produkt der allmählichen Umwandlung.
die genaue Grenzlinie des Vogelweiders ermitteln .
.
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
251
etwa feststehenden Typus, der inneren Einteilung. | hinausgewachsen. Es sind individuelle Bauten von wechselnder Einteilung . Fig. 93 zeigt das Obergeschoss ( »den ersten
teile. Das „ Vorhaus« ist hier durch einen Gang
Stock « ), dessen zahlreiche Fenster, ebenfalls 15-18
bis 45 50m Quadra tseite
Der gegen Süden gewendete Wohntrakt enthält ausser dem Göpelraum nur eigentliche Wohnbestanddurchquert; Kinder- , Fremden- und Gesindezimmer Scheuer mit 2 Tennen
r | Wagen.
IHIHTO Tennel
Schupfen
Tennel
glast sind , wie jene des Erdgeschosses, und beim
äusseren Anblicke die Bestimmung der Räume nicht vermuten lassen .
Das Grundgesetz des ausgebildeten Vierkants ist Raumverschwendung. Der Besitzer eines kleinen Gutes mit sehr grossem Vierkant (Auer , nördlich Linz), welch letzterer 1866 den abgebrannten alten
Durchfahrt
Durchfahrt
Hof (Vogelweider) ersetzt hat, hat mich auf meine Frage über das Missverhältnis und die Erhaltungs
Schafe Dünger
kosten belehrt, » man mache zwei Tennen mit recht
Kühe 18
9Pferde
hof
langen und breiten Speicherfächern, damit die Knechte
die ,Fechsung (Erntefrüchte) nicht so hoch aufzu
-G ,
Isch
la | Kameraet Schlaf zimmer sinde hout
,
Gang
Gred
türmen hätten « . Das ist natürlich ein nachträglich ersonnener Scheingrund. Die grossen Bauernkasernen mit 45-55 Fenstern auf drei Fronten, also mit 90 bis 108 Fenstern im Ganzen, sind Modesache und entsprechen der Besserung der bäuerlichen Lage durch Kaiser Josef II . und durch die Reformen von 1848 9,
*= 60 circa
Vor haus 1.
Kam : 1 mer
in den Vorder- und den Seitenfronten , meist ver
Die
B \ Flur
多图
Stübl
Fremde Kinder Küche
Göpel. Jv G = Gaststall. W = Wohnstube.
I.IL B - Backstube .
15-18 Fenster Front.Erd-, Obergeschofs,Dachraum
dem
herrischen Sinne der Bauern , ihrer Eitelkeit,
dem Wetteifer und ihrem geringen ästhetischen Sinne. Mehrere Kleinbauern haben mir mit einer gewissen
Scham anvertraut, vihr Gehöft (Vogelweidtype) sei
Fig . 92 .
nicht schön und wenn man mehr Geld hätte, würde
Oberösterreichisches Gehöft; Type von S. Florian südl. Linz. (64 Joch Acker, 15 Joch Wiesen, 10 Joch Wald. 1 Joch 916 ha )
man es umbauen « , d . h . in einen reinen Vierkant verwandeln .. — Brände und Versicherungsanstalten befördern im Lande diesen Umwandlungsprozess.
(Weltausstellung 1873. )
sind eingefügt. Einigermaassen typisch ist in solchen Höfen geworden , dass sich der Kuhstall meistens rechts, der Pferdestall links befindet - aber im all
gemeinen sehen wir diese Bauwerke über das Typische
Der Anblick des Vierkants ist seltsam .
Der
Fremde wird nicht klug daraus , wenn er , wie in Pasching, Thening u . dgl. einige derselben im Haufen dorfe eng vereint sieht, riesige
wie
Wale in einem
kleinen Fischteiche. Für Herrensitze sind sie schon
vermöge der Strohdächer nicht genug vornehm , für Oberraum der Scheuer Fullervorräte .
U
Bauernhöfe möchte man sie nicht halten.
1
Gehöfte von sieben- bis achtfensterigen Fronten, also von höchstens 48 Fensteröffnungen , welche dann einem
Heuboden über dem
Vorhaus
Einfahrt
Seite entsprechen , sind
natürlich weniger monströs und oft mit ihren Wein und Aprikosenspalieren, mit ihren Baumgärten sogar traulich .
Malerisch ist keines .
Der Wohntrakt ist zumeist aussen, stets innen
geweisst , die Wirtschaftstrakte sind meistens in dunkelrotem Ziegelrohbau gelassen. Im Granitbe reiche herrscht Bruchsteinmauerwerk vor. Das Stroh
dach ist die Regel . Firstzierden sind an Vierkanten
UNIT
Oberkasten
1 Futter . I böden
| Kuhstall | 1 und der 1
Quadrat von 28 m
Kleinere
nicht gebräuchlich ; niedere Bodenfenster sind häufig. Getreide 1 Z
Speicher schültboder
2. Ximmer des Bauern uu Bäuerin Im Vorhaus unten u oben die Einheix Oben
Selchkuchel Fig . 93 . Obergeschoss.
Je nach der Anzahl der Wohnungen sind ein bis zwei Schlote, selten mehr .
In der Geschlossenheit und Einheit des Daches , dessen vier Firste meistens
in derselben Horizontalebene liegen , in der quadratischen Geschlossenheit des ganzen Hofgebäudes , dessen vier Trakte nicht wie verschiedene individuelle Haus
elemente, sondern kasernartig auftreten ,
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch - Columbia.
252
liegt die Charakteristik des reinen Vier- , Fig. 87 zeigt eine Flur an der Seite von Stube und Kammer und ausnahmsweise mit dem Stalle durch
kants.
Fig. 94 stellt ein sehr gebräuchliches, geschnitztes eine Thüre verbunden . Es wäre somit hier eine (ausgestemmtes) Thürornament dar. Oft sind dessen Abart jener Form, welche in Altaussee » Kreuzhaus« grössere Flächen silberweiss, die Säume grün ange-
heisst, wo also die Wohnräume neben der Flur an
strichen . Dies Ornament, mit einzelnen (meist recht rohen und kunstlosen ) Heiligenbildern , z. B. die bereits a. a. 0. erwähnte Passauer »Maria Hilf«, oder die Dreifaltigkeit in der Dürerschen Auf-
geordnet sind (vgl . D. Meringer , XXI. Bd . d . M.
fassung und im Waldviertel mit der seltenen Aus-
schnitzung der Ortbretter am Schopfdache bildet das Um
und Auf der Produkte bildender Kunst am
d. Anthr. Gesellsch . Wien ). Alle anderen hier dar
gestellten Wohntrakte sind nach der Art des »Durch gangshauses« angeordnet , sind also dreiteilig ; aber auch diese zeigen alle einen wichtigen Unterschied von den Altausseer Häusern : sie sind dreiteilig, aber keine Durchgangshäuser. Der Wohntrakt hat näm lich keine Thüre , welche nicht in das Innere des
Gehöftes mündete (Fig. 81 ausgenommen ). Die Breite der Flur wechselt ; jene von Fig. 79 Querschnill derleisle ( -6
urt
ist auffallend gross. In den bis jetzt geschilderten Gehöften habe ich keine Flur gefunden , welche in ihrer Einrichtung, Anordnung oder Benützung einen anderen Eindruck , als jenen eines ungebrauchten Vor hauses gemacht hätte. Sie heissen auch überall » Vor haus .
Die Abzweigung von Küche und Kammer einer seits, von Stube und Kammer andererseits ist auch 1m
CY
in dem Typengebiete des Vogelweiders gewöhn lich ; aber der Vogelweidhof selbst (Fig. 79) und der Haiderhof (Fig. 80), also gerade jene Gehöfte, welche ich für streng typisch halte , haben beiderseits der Flur bloss ein Gemach. Fig. 79 zeigt allerdings angeflickte Bedarfsbauten in untypischer Weise.
An Beleuchtungs- und Heizanlagen ist wenig Fig . 94 . Thürtype an reicheren Bauernhöfen .
(Gem . Ober-Bairing, nördl. S. Magdalena bei Linz.)
Bauernhause nördlich der Donau und im Bereiche
Merkwürdiges zu finden. Der modernisierte Spar herd mit Bratröhren (oder ohne solche) und die Petroleumlampe über dem Tisch hängend, haben die alten Hilfsmittel vollständig verdrängt. Ich habe
des reinen Vierkants. Nicht einmal die „Gänge« | keinen offenen Herd, keinen »Kogel« in jener Gegend am Hüttenboden haben zierlich ausgeschrittene Ge-
gesehen. Gegen den Böhmerwald und besonders
Ich habe auch Hunderte von steinernen
nördlich der Linie Sandl-Freistadt soll es aber noch
»Marterln « , deren älteste dem 16. Jahrhundert und der Spätgotik entstammen , betrachtet, habe in alle Kapellen hineingeblickt und nirgends das holde Walten der Kunst wahrgenommen . In Kapellen herrscht jetzt die Lithographie. In der Ecke der oberösterreichischen Bauernstube, wo der Esstisch steht , ist meistens ein Kruzifix, stets eine Gruppe von Heiligenbildern aufgehängt; und diese Bilder
ärmliche Wohnhäuser von primitivem Ansehen und sehr altartigen Einrichtungen geben.
länder.
( Fortsetzung folgt.)
Im Hochgebirge der Kaskaden
zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia .
sind meist rohe Glasmalereien, bei Sandl (nordöstlich Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio).
Freistadt) nach der Schablone mit Oelfarben geklext. Die verwendeten Blumenornamente dieser Bilder
Es war ein wundervoller Abend in der ersten
deuten , sowie die Bemalung der älteren Truhen
Hälfte des September 1887, als ich in leichtem Kanoe,
und Kasten , auf sehr alte Muster. Die Sandler
gerudert von zwei Indianern , die dem bei Lytton
Hausindustrie der Glasbildermalerei ist bis auf einen ansässigen, grösstenteils christianisierten Stamme der Rest eingegangen , die Glasbilder gehen allmählich
Thompson-Kappamuck oderSkwapamuch angehörten,
zu Grunde und Lithographien treten an ihre Stelle. Was den eigentlichen Wohntrakt betrifft, so befindet sich derselbe allerdings im Vogelweider
in Gesellschaft meines Begleiters Hoyer und eines
(beim Vierkant selbstverständlich) zuweilen mit einem der Ställe unter demselben Dache, aber er ist ohne
Ich hatte die Absicht , in das Innere der Kas
kaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake ein
jede Ausnahme durch eine Hauptmauer von dem
zudringen , welche eine von Weissen noch nicht
Schottländers Namens Bell auf das rechte Ufer des Fraser- River übersetzte .
-
selben abgetrennt und ohne innere Verbindung. I besuchte und unerforschte Wildnis einschliessen .
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia. Die Sonne schickte sich eben an hinter die
mächtigen Gipfel der Kaskaden , die das Thal des Fraser dominieren, binabzutauchen , als unser Kanoe über den rasch dahinströmenden , prächtigen Fluss dahinschoss, dessen Wellen, von den letzten Strahlen des scheidenden Tagesgestirns getroffen , wie flüssiges Gold glänzten .
Nach etwa halbstündiger Fahrt landeten wir rechten sandverwehten Ufer des Flusses,
auf dem
man
253
vor Jahren bis 20 Dollar pro Tag erhielt.
Als wir ungefähr eine Stunde längs der Ufer des Flusses dahin gewandert waren , bogen wir links ab und gelangten längs eines krystallhellen, von Ge büsch umsäumten Gebirgsbaches hinaufsteigend zu einem Indianerdorf, dessen armselige Blockhütten, von verwilderten Gärten umgeben, weithin über ein mit Rasen , Gebüsch und kleinen Nadelholzbestän den bedecktes Plateau zerstreut waren .
In
dem
welcher von steilen , terrassenartigen Kiesbänken, sogenannten Benches, eingefasst wird , die sich oben verflachen und sanft ansteigend bis an den Fuss
kleinen Dorfe war es totenstill , da die Indianer dasselbe momentan verlassen hatten , um nomadi
der Berge hinaufziehen .
nachdem
sierend in den Bergen herumzuschweifen.
Kurz
wir das Indianerdorf hinter uns hatten ,
Diese durch die Einwirkung des Flusses ent- 1. kamen wir bei der Ansiedelung eines Schottländers standenen
Bänke erheben sich
hier öfters etwa
vorüber, dessen freundlich gelegenes Haus von einem
100—200 Fuss und mehr über den Wasserspiegel
hübschen Apfelgarten umgeben war , in dem sich
und tragen eine nur spärliche Bewaldung , welche
die Bäume unter der Last der Früchte beugten . Trotz der nördlichen Lage dieser Gegend zieht man hier nicht allein Aepfel, sondern auch Birnen, Pfirsiche, Kirschen und Wassermelonen , welche in
hauptsächlich von Pinus ponderosa und Pinus ponderosa var. scopulorum, denen an manchen Stellen
Abies Douglasii beigemischt ist , gebildet und von
einem ebenso spärlichen Unterholz durchzogen ist, folge des heissen , an tropfbaren Niederschlägen Shepherdia das durch verschiedene >
Rosen , Ribes , canadensis, Amelanchier alnifolia , Berberis repens,,
armen Sommers sehr gut zur Reife gelangen.
Symphoricarpus occidentalis u . s. w . repräsentiert
Nachdem wir die Ansiedelung verlassen hatten, ging es abwechselnd über hübsche Matten , mit Ge
Mein Indianer , welchen ich schon einige
büsch , Geröll und Koniferenbeständen bedeckte
wird .
Tage vorher zum Tragen unserer Effekten engagiert
Stellen zu einem hübschen , dünn bewaldeten Plateau,
hatte und der hier eine kleine Farm auf der Ufer-
welches sich hart am Fusse des Gebirges ausbreitete und von einem kleinen , silberhellen Bache durch
terrasse des Flusses besass , war noch nicht angekommen , traf aber kurz nach unserer Landung, von
unserer Ankunft durch ein mehrmaliges lautes Hoiho unseres Schottländers benachrichtigt, mit zwei Ponnies bei uns ein .
Skaggai , so hiess unser Indianer, war ein hübscher, noch junger, intelligent aussehender Mann
flossen wurde , dessen Ufer mit Weiden , Alnus
rhombifolia (?), Prunus demissa und noch verschiedenen anderen Sträuchern bewachsen waren .
Da unter
dessen die Dämmerung hereingebrochen war , so bereiteten wir unter einer breitästigen Douglastanne das Lager aus den duftenden Zweigspitzen dieser
von schlanker Statur, den man , wäre sein hell Konifere, während unser Indianer das frugale Nacht kupferbraun es Gesicht nicht gewesen , ganz gut für essen kochte , nach dessen Einnahme wir uns zur einen Weissen hätte nehmen können , zumal da er
Ruhe begaben , da wir am nächsten Morgen zeitig
fliessend englisch sprach und wie die Weissen dieser Gegend gekleidet war. Sein Kopf war oval geformt
aufbrechen wollten .
und näherte sich mehr dem eines Kaukasiers, als
Temperatur betrug zwischen 17-18 " Celsius , wir
dem eines Angehörigen der amerikanischen Rasse. Er gehörte dem Stamme der Kapamuck oder Skwapamuch an , welcher sich durch manche körperliche Vorzüge und Intelligenz vor vielen anderen Indianerstämmen Br. Columbiens auszeichnet und sich dazu bequemt hat, wenigstens im Winter feste Wohnsitze zu beziehen .
Nachdem unsere Sachen auf die beiden Ponnies
gepackt waren , ging es langsam flussaufwärts, teils über Geröll, teils durch tiefen Flugsand, in den wir
oft bis über die Knöchel einbrachen. Ab und zu passierten wir eine Stelle, wo der Boden auf weite
Strecken nach darin verborgenen Schätzen durchwühlt war .
Der Fraser führt nämlich Gold, dessen
Die Nacht war ausserordentlich warm und die
hatten daher unser Zelt nicht aufgeschlagen , son dern schliefen unter dem klaren, sternbesäeten Him
mel, eingewiegt durch das leise Rauschen der Tannen und das Murmeln des kleinen Baches.
Am folgenden Morgen brachen wir schon um 6 Uhr auf, um den Weitermarsch thalaufwärts an >
zutreten , während die beiden Ponnies , welche wir nicht in die Wildnis mitnehmen konnten , mit einem Indianerknaben zurückgesandt wurden. Der Pfad lief eine Zeit lang längs des Plateaus dahin , dann
lebogen wir links ab
und stiegen in das an seinem
Eingang sehr enge Thal hinab , aus welchem der wilde Gebirgsfluss, Ste- in -River genannt , brüllend und schäumend hervorbricht und sich in den Fraser
Menge vor 20-30 Jahren eine sehr bedeutende war River ergiesst , seine Umgebung mit Steinen und und durch Tausende von Goldwäschern ausgebeutet | Geröll überdeckend. wurde. Jetzt beschäftigen sich damit nur noch Auf beiden Seiten des Flusses steigen steile
Chinesen und Indianer , welche im Durchschnitt Felswände aus einem grauen krystallinischen Ge täglich für etwa 2 Doll. Gold auswaschen, während stein bestehend auf, und es blieb oft kaum Raum
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.
254
für den schmalen Indianerpfad , welcher beständig
Zeichnungen bedeckt waren , welche ich, soweit sie
längs des Flusses thalaufwärts führte.
noch gut sichtbar waren , auf Papier übertrug. Sie waren mit einer roten Farbe angefertigt, und stellten verschiedene Figuren und Zeichen dar, welche ich mir zum Teil nicht zu erklären vermochte. Längs
stürzten Wildbäche
von
den
Manchmal
tannenbewachsenen
Felshängen herab , welche auf Baumstämmen überschritten werden mussten . Nach etwa zweistündiger
Wanderung fing das Thal an sich zu erweitern,
den Ufern des Flusses wuchsen schöne grossfrüch
die Felswände traten zurück und machten sanft an-
tige Rosenarten , ferner Alnus incana var. virescens,
River ser Fra
steigenden mit Felsen übersäeten Abhängen Platz , über welche sich lichte Coniferen wälder binzogen , welche aus Abies Douglasii, Pinus ponderosa und Pinus Murrayana gebildet wurden.
miltelit,
sittskating ,
sie - in
Riv
er
درت
son
الار
mp Tho v
ORLiyt. ton
x Schneegipfel
Schieferberg • Lagerplatz
윤
AA
See nur nach Alutmassung Ungefähre Karte des Ste-in -River und Umgebung,
$
Kaskaden -Gebirge in Br.- Columbia .
Kurz vor Mittag kamen wir zu einer offenen A
Stelle hart am Ufer des etwas sanfter dahinströ menden Flusses. Wir hielten hier kurze Rast , um
unser frugales Mittagsmahl zu bereiten , während unser Indianer zum Fluss hinabstieg, um zu fischen . Als Köder benutzte er die roten Beeren von Arcto
staphylos Uva ursi und die Leber eines unterdessen von Bell erlegten Eichhörnchens, hatte aber leider nur wenig Erfolg, denn er brachte nur zwei der delikaten Forellen mit , welche an Wohlgeschmack
Indian sche Zeichnungen aus dem Thale des Flusses bei Lytton , Br.- Columbia .
anderthalbstündigem Aufenthalt brachen wir wieder
Populus balsamifera , Populus tremuloides u . s. w . Manche Stämme waren von Bibern halb abgenagt,
auf und marschierten langsam weiter. Das Thal erweiterte sich noch etwas, die Wälder fingen an dichter zu werden und wurden aus
Dämme, oder zum Abnagen der Rinde fällen. Ich habe jedoch niemals gesehen , dass die
unserer Bachforelle nicht nachstehen .
Nach etwa
welche dieselben entweder für ihre Bauten und
Abies amabilis, Abies Douglasii, Tsuga Mertensiana, Tiere andere Bäume als Pappel- oder Weidenarten
Thuja gigantea und Pinus Murrayana gebildet, wäh- gefällt bätten. Man trifft den Biber deshalb auch rend Pinus ponderosa zurücktrat, ein Beweis, dass
nur da, wo diese Holzarten vorkommen, auch wenn
die Menge der tropfbaren Niederschläge zunimmt.
die Bedingungen zu seiner Existenz vorhanden sind .
Rechts dehnten sich weite mit Felsen und Gestein
In einem Gebüsch trafen wir ein kanadisches
bedeckte Flächen aus, während sich links steile, felsige oder mit Felsen übersäete Abhänge bis an den Fluss hinabzogen. Den Hintergrund bildeten mächtige, dachartig sich zuspitzende Berggipfel, an
Stachelschwein , welches sich langsam , weil im
welchen noch kleine Schneefelder zu sehen waren
bewehrten Rücken und Schwanz einen merkwürdigen
und die etwa 6—7000 Fuss hoch sein mochten.
demselben hin , auf der linken Seite begrenzt von
Eindruck macht. Es ist ganz harmlos, greift man es aber an , so sträubt es seine halb weissen , halb schwarzen etwa 6-8 Centimeter langen Stacheln und schlägt mit dem Schwanz um sich, so dass die Stacheln nach allen Richtungen fliegen. Diese
steil emporstrebenden , nicht hohen Felsen , deren
Stacheln haben kleine, kaum bemerkbare Wider
glatte Wände manchmal ganz mit indianischen
haken und sind ins Fleisch eingedrungen nur schwer
Ueber eine Weile rückten die Berge wieder näher zusammen , das Thal verengerte sich , der Pfad näherte
sich
dem
Fluss und lief nun dicht an
Klettern nicht gewandt, auf eine Tanne retirierte . Das kanadische Stachelschwein (Porcupine) ist ein sonderbares Geschöpf, welches mit seinem stachel
1
Litteratur.
wieder herauszuziehen . Seine Hauptfcinde sind der schwarze Bär und der Indianer, welche ihm eifrig
nachstellen. Fleisch sehr schmecke.
Unser Indianer sagte mir, dass das zart
sei
und
wie Schweinefleisch
Gegen Abend trafen wir auf eine offene Stelle
dicht am Flusse und umgeben von dichtem Hoch wald , welcher aus Abies Douglasii , Thuja gigantea, Abies amabilis und Tsuga Mertensiana gebildet wurde.
Die Ufer des Flusses waren von verschie-
denen Laubhölzern umsäumt, gebildet aus Alnus, Betula papyrifera , Populus und Weiden. Ringsum
255
1890 , S. 560 , und 1891 , S. 139 gedacht wurde, nunmehr be endet und eine zusammenfassende Betrachtung desselben ermög licht. Die Schlusslieferung enthält 5 Blätter, von welchen Nr. 15 (Adalia) eine berichtigte Neuauflage der Kiepertschen Karte zu Benndorfs und Niemanns Reisen in Lykien darstellt.
Für die übrigen Blätter (6 Kintahia , 9 Afun-Karahissar, 11 Aïdin , 12 Isparta) sind die wichtigsten Quellen neben den Vermessungen der Eisenbahningenieure und des Verfassers letzten Reisen in
Karien (Bl. 11 ) die Ortsbestimmungen des österreichischen Geo logen Bukowski und namentlich die ausgedehnten Beobach tungen und Triangulierungen des Archäologen Ramsay , dessen grosses Werk »Historical geography of Asia Minor « , London 1890, eine Art von ergänzendem Kompendium zu unserer Karte darstellt. Mitten in die mühsame Arbeit des Kartographen, der
oft eben gewonnene Resultate wiedler modifizieren und zerstören
erhoben sich sehr steil abfallende, bis 6000 Fuss
muss , wenn sein Material anwächst, führen uns die » Begleitworte «
und darüber hohe Berge, deren schroffe Wände bis hoch hinauf mit Tannen bedeckt waren .
ein ; sie enthalten Angaben über die administrative Einteilung, die auch in einer eigenen Uebersichtskarte ( leider mit Erläute rungen auf der Rückseite !) dargestellt ist, ferner Berichtigungen
Unter einer Gruppe prachtvoller Cedern ( Thuja
zu den älteren Lieferungen und die Rechtfertigung einer Ver
gigantea) schlugen wir das Lager auf und beschlos sen die Nacht hier zu verbringen.
schiebung in der Konstruktion , durch welche ein Oertchen zwei mal auf der Karte erscheint ( Tscheltikdji kiöi, Blatt 8 und 9) .
Unser Indianer buk Brot in einer Pfanne,
Die versprochenen ausführlichen Erläuterungen sind leider
welche er schief gegen die Glut unseres Lagerfeuers
auch der Schlusslieferung nicht beigegeben worden . So schmerz lich dieser Verzicht den einen oder anderen auch berühren mag , so wäre es doch ein fast unbilliger Anspruch , die Arbeitskraft des Verfassers , die sich immer neuen , grösseren Aufgaben zu
aufstellte.
Die Nacht war ziemlich warm und die Tempe-
ratur betrug nach Sonnenuntergang + 14-15 " wendet, davon abziehen zu wollen. Mit ehrfurchtsvollem Dank vielmehr die Gaben entgegennehmen , die uns die
Celsius.
Als am folgenden Morgen die Sonne über die Berge emporstieg , befanden wir uns schon wieder auf dem Marsche flussaufwärts.
Der Pfad , welcher
müssen wir wahrhaſt Rank e sche Rastlosigkeit des greisen Kiepert bietet.
Dass sich eine Karte kleinasiatischer Landschaften in dem
Maasstabe 1 : 250000 nicht an das grosse Publikum wendet, be
bisher passabel gewesen war, wurde nach und nach schwieriger. Er zog sich über kleine Felsenmeere,
darf keiner Erörterung.
bald durch dichtes Gebüsch und über von den Bergen
für die Forschungsreisenden aufgefasst, deren Aufmerksamkeit
herabstürzende Wildbäche. Das Terrain fing allmählich
Der Verfasser hat dieses Werk , wie
wohl das meiste , das er geschaffen , wesentlich als Hilfeleistung Kleinasien in vollstem Maasse verdient.
Und es ist klar , dass
ein Hilfsmittel, wie dieses, auf die Wahl des Reisegebietes von
an zu steigen , und gegen Mittag erreichten wir eine Lichtung, welche sich nach rechts verflachte , nach links aber von steilen , mit mächtigen Felsblöcken und Geröll bedeckten Hängen begrenzt wurde. Da ein Weitermarsch längs des rechten Ufers
jener Landschaft in ihrem
des Flusses nichtundmehrundurchdringliche möglich war , daUrwälder Felsen, steile Abhänge
schöpfend wiedergibt und dadurch gleichsam zu einem historischen Dokumente fiir alle Zeit wird . In Einzelheiten , ja
Einfluss werden kann : zeigt doch eine solche Karte dem ver ständnisvollen Betrachter manchmal Probleme an , die ihm bisher entgangen waren . Der Wert der vorliegenden Karte ist jedoch
damit nicht erschöpft: ihre Bedeutung gewinnt sie dadurch, dass
sie die Kunde der europäischen Wissenschaft von heutigen Stande er.
den Weg versperrten , so setzten wir auf das linke
in grösseren Partien » veraltet « ein solches Werk (wir sehen dies
Ufer über.
Die Ueberfahrt wurde in einem kleinen Kanoe
am besten an den Karten von Afrika) in kurzer Zeit und bedarf einer öfteren » Evidenthaltung «. Als Ganzes aber wird dieser Atlas für lange Zeit Grundlage und Richtschnur bleiben . Für
bewerkstelligt , welches wir angebunden im Flusse
die Gegenwart ist die Gewährung einer derartigen Uebersicht
vorfanden . Dasselbe war nur etwa 15 Fuss lang
über unser Wissen und seine Lücken auf engerem Gebiet von
und 3 Fuss breit und konnte daher nur je zwei Mann fassen . Nachdem der Indianer unser Gepäck hinübergebracht hatte, kam mein Begleiter und dann ich selbst an die Reihe, während Bell und der Indianer auf einem Floss, dessen Anfertigung eine
höchstem Werte : und es gehört gerade diese Bezugnahme auf ein bestimmtes Datum zu den eigentümlichen Reizen des Werkes.
eingezeichnet, dass die Karte gleichsain zum Buch wird !
ziemliche Zeit in Anspruch nahm , übersetzten, weil
kartographischen Darstellungen nicht vermessener Gebiete sollte
das Kanoe an seine alte Stelle zurückgebracht werden musste .
Wo findet sich sonst in solcher Schärfe , wie auf diesen Blättern , das Sichere und das Zweifelhafte in Namen , Grenzen und Ortslagen durch Schrift und Signatur von ein .
ander gesondert , wo die Quellen in solcher Genauigkeit Bei
durchaus so vorgegangen und die Hypothese deutlich ausge aber wie selten geschieht es . Und wie oft
schieden werden
(Fortsetzung folgt.)
erspart es nicht umständliche Miihewaltung, wenn man auf einer Karte , so wie hier , sofort ersehen kann , welchem Reisen
den eine Höhen zahl oder sonstige Angabe zu ver danken ist . Vielleicht wäre sogar für manche Zwecke eine reichlichere Einzeichnung von Itineraren noch erwiinscht ge
Litteratur . Specialkarte des westlichen Kleinasien von H. Kie
wesen .
Berlin , Dietrich
Belehrend ist auch eine Vergleichung der Terrain dar stellung in den besser und schlechter durchforschten Partien .
Durch die Ausgabe der vorliegenden Lieferung ist II . Kieperts grosses Unternehmen , dessen bereits im „ Auslanda,
Während namentlich an den Küsten und Inseln gelegentlich das
pert. 15 BI. 1 : 250 000. 3. Lieferung. Reimer . 1891 .
reiche Detail fast den topographischen Leberblick erschwert,
Litteratur .
256
bringt selbst in den an »weissen Flecken « reichsten Partien die
Die vorliegende Schrift ist , wie der ihr auſgedruckte Doppel
angewandte Schummerung einen anschaulichen Eindruck der Bodengestalt und Gebirgsrichtungen zu Wege. Nur ganz selten
titel besagt , Bestandteil eines weit ausgedehnteren Unternehmens,
wird dies Bild durch einen technischen Mangel etwas gestört .
welches von der Centralkommission für schweizerische Landes
So ist auf dem sonst sehr schönen Blatte 11 der eine oder andere
kunde ediert werden soll und eine vollständige Bibliographie aller auf die Schweiz als solche bezüglichen Litteraturprodukte
Flusslauf des Baba Dagh (Salbakos) ein wenig aus seiner Thal .
zu bieten bestimmt ist .
rinne gegen das Gehänge zu verschoben ; aber gerade solche
an der Universität Bern , hat die Kartographie im weitesten
Einzelheiten würden nicht einmal auffallen, wenn die Ausführung
im einzelnen zu verfolgen , ist hier unthunlich , da man dazu in
Wortsinne übernommen und liefert uns hier eine Probe staunens werten Fleisses und liebevoller Hingebung an den stellenweise doch immer trockenen Gegenstand . Allerdings gebrach es ihm nicht an guten Vorarbeiten , wie z . B. Rudolf Wolfs » Geschichte
topographische und archäologische Einzelheiten eingehen müsste ').
der Vermessungen in der Schweiz « eine solche darstellt, und
Wie gross der Fortschritt im ganzen sich darstellt , zeigt ein vergleichender Blick auf die ältere Kiepertsche Karte der
eine grosse Anzahl von Mitarbeitern hatte sich dem vaterländi schen Werke zur Verfügung gestellt , allein die Aufgabe des Herausgebers, welcher jedes einzelne Stück zu prüfen und
des Ganzen nicht so vortrefflich wäre.
Die Bereicherung unserer Kenntnis, welche die Karie bringt,
asiatischen Türkei ( 1884) oder auch auf Originalkarten, wie z. B. jene von Diest liber Nordwest-Kleinasien in 1 :: 400 000 , um
Herr Graf, Professor der Mathematik
zu katalogisieren hatte , war deswegen doch noch schwierig genug und verdient wie überhaupt so im besonderen deswegen
von den oft allzu schematischen russischen Karten ganz zu schweigen. Dieser Fortschritt zeigt sich sehr wesentlich auch
unseren Dank .
in der Nomenklatur , deren Festlegung in dieser sprachen reichen Landschaft besondere Schwierigkeiten darbot. Dieselben vergrösserten sich namentlich durch die Frage , ob türkische Eigennamen schriftgemäss oder nach der örtlichen Aussprache
Schweiz und ihre einzelnen Teile bezüglichen geodätischen Ope rationen gestellt, wobei sich manch Interessantes vorfindet. Von
zu schreiben sind . So ist z. B. Kyzyldjaly Kieperts identisch mit Kirdschalia bei Diest . Aehnlich stellte sich die Frage in
Bezug auf die Schriftsprache und Vulgärsprache im Griechischen. Kiepert hat wohl auch hier das Richtige getroffen , indem er eine prinzipielle Entscheidung vermied und der Verständ lichkeit in erster Linie nachstrebte. Er bemühte sich, soweit ihn nicht der Zustand der Quellen hierin behinderte, sowohl die örtliche Aussprache , als auch die etymologisch wichtige Schreibung erkennen zu lassen. Im ganzen überwiegt bei türkischen Namen die letztere. In der Transskription er klärt Kiepert dem Schema der Pariser Geographischen Gesellschaft zu folgen , allerdings nicht in der Form , welche dieses zuletzt angenommen hat. So sind die Vokale u , ö , ü auf deutsche Weise und unser sch durch sh bezeichnet worden ,
während allerdings tsch durch tch wiedergegeben wird . Nur hie und da (z. B. » Tschînâr « nahe dem rechten Rande von Blatt 7) ist wohl durch Schreib- oder Druckfehler das deutsche » tsch « stehen geblieben. Schreiber dieser Zeilen kann die er wähnten Abweichungen von dem von ihm bekämpften Pariser System nur billigen : wenn man sich die Erörterungen Kieperts in den Begleitworten vor Augen hält, bleibt wohl jeder erheb lichere Irrtum in der Auffassung der vorkommenden Namens
formen ausgeschlossen. Von welchem Gesichtspunkte aus wir auch das vorliegende Werk betrachten mögen, erscheint es gleich belehrend und gleich bewundernswert. Als Versuch , eine lückenhaft erforschte Land schaft in einem so speciellen Maasstabe darzustellen , steht es wohl einzig da; eine' Karte grösserer Teile Afrikas in ähnlichem Maasstabe , also dreimal so gross als Junker -Hassensteins Karte, ist wohl noch nicht versucht. Sollte sie aber in Angriff genommen werden , so wird wohl Kieperts Methode, das
genau Bekannte mit dem Unaufgeklärten zu einem gefälligen Gesamtbilde zu vereinen , dabei als Vorbild dienen können . Auch schon für die Frage, wie sich die lückenreicheren Teile
der von Penck vorgeschlagenen Erdkarte in 1 : 1 000 000 dar
An die Spitze ist Geschichte und Litteratur der auf die
neuem wird klar, wie bedeutende Verdienste sich der von seinem
Vaterlande so hart verfolgte und erst durch Herrn Graf in seine politischen und wissenschaftlichen Ehrenrechte wieder voll ein gesetzte Berner Micheli du Crest um die Mappierung des heimischen Ländchens erworben hat . Bei solchen Schriften , deren minder bekannter Inhalt einen solchen Hinweis wünschens
wert macht, wird kurz angegeben , um was es sich dort haupt sächlich handelt, oder auch , in welchen Zeitschriften eine kritische
Besprechung darüber erschienen ist .
Der das Buch zu Rate
ziehende Geograph orientiert sich leicht , wenn er in einer be stimmten Angelegenheit, etwa wegen der Seelotungen oder Gletschervermessungen , sich Rats erholen will . Es folgt die natürlich nur wenig Nummern aufweisende Uebersicht der Kata
loge und Kartensammlungen und hierauf die Liste der eigent lichen Karten , beginnend mit der Tabula Peutingeriana, die wir aber doch , nachdem die Castorius- Hypothese so wohlbe gründeten Widerspruch erfahren hat, nicht gerade mit einer be stimmten Jahreszahl in Verbindung bringen möchten . Die älteste
Karte der Eidgenossenschaft rührt hier von Konrad Fürst, welcher eine solche seiner » De situ confoederatorum descriptioe
( 1495-97) beigab ; Tschudis Arbeiten , die da gewöhnlich zu erst genannt werden , erscheinen in der hier gegebenen Zusammen stellung erst an viel späterer Stelle. Aus dem 17. Jahrhundert sind die Karten Gygers als in ihrer Art vortrefflich , weil auf
richtiger geometrischer Grundlage basiert, hervorzuheben. Nach dem die topographischen Karten der Gesamtschweiz aufgezählt und kurz gekennzeichnet sind, folgen die hypsometrisch-orographi schen, geologischen, historisch -archäologischen , verkehrs-geogra phischen , statistischen und militärischen Karten , wogegen Forst
und Kulturkarten bis jetzt nicht vorhanden sind ; auch der auf die Schweiz Bedacht nehmenden Atlanten gibt es eine stattliche Zahl .
Ganz ungemein gross aber ist natürlich die Menge der
einzelne Teile schweizerischen Gebietes darstellenden politischen und topographischen Karten, welche übersichtlich zu gruppieren die stärksten Anforderungen an Geduld und Kraft des Heraus gebers gekostet haben mag. Ein gründlich gearbeitetes Register, ein Vorzug , dessen kein derartiges Werk
entraten
sollte , stellen lassen, mag die genaue Betrachtung dieses Atlasses wert schliesst die dankenswerte Schrift ab , deren Autor — aus dessen volle Fingerzeige geben. Feder das » Ausland« demnächst einen sehr bemerkenswerten Wien .
Rob . Sieger.
Beitrag bringen wird sich die Anerkennung aller Geographen, die vielleicht durch ihre Arbeiten einmal mit der Schweiz in Landesvermessung und Karten der Schweiz, ihrer Berührung kommen , gesichert haben dürfte. Die Ausstattung Landstriche und Kantone. Herausgegeben vom Eid lässt nichts zu wünschen übrig; auch ist dem Berichterstatter genössischen topographischen Bureau (Chef: Oberst J. J. Loch nur ein einziger, vielleicht störender Druckfehler (S. 27 Ilyla mann ). Redigiert von Prof. Dr. J. H. Graf. Bern . Verlag complus statt Hylacomilus) ausser den im Vorworte selbst von K. J. Wyss. 1892. XVII . 193 S. 8º. S. Günther. namhaft gemachten aufgefallen . 1) Es sei hier auf die höchst beachtenswerte Besprechung der beiden ersten Lieferungen durch Martin Hartmann in den Verhandlungen
Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger
der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin 1890 , S. 420, und 1891 , S. 202 ver
in Stuttgart .
wiesen , unter dessen Wünschen besonders derjenige nach einer beizugebenden alphabetischen Namenliste hervorgehoben zu werden verdient
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 17.
Stuttgart, 23. April 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart.
Quartal M. 7.-
Preis pro
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
CRI:
In- und Auslandes und die Postämter .
GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5,zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Drei Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München ). I. S. 257 . - 2. Comenius als Geo graph und Naturforscher. Von S. Günther. (Schluss.) S. 260. 3. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem
Lillooetlake in Britisch -Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Fortsetzung.) S. 264.
4. Arbeiterleben auf den
Tabakpflanzungen Sumátras. Von W. Danne (Deli auf Sumátra ). S. 267 . - 5. Geographische Mitteilungen. (Murray ; Erweitertes Museum für Völkerkunde in Leipzig ; Sibirische Universität.) S. 270 . 6. Litteratur. ( Schiffner; Kerner von Marilaun . ) S. 271 .
Drei Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München ).
zeichnen und uns selbst unnötiger Abschweifungen zu enthalten, haben wir es als das Beste empfunden, zunächst die Worte des Vorstandes der Gesellschaft
für Erdkunde zu Berlin , welche derselbe dem Werke
I.
Die Geschichte der Wissenschaften hat in den
letzten Jahrzehnten einen so hohen Aufschwung ge nommen , dass dieselbe dem Fachmann sowohl, wie auch dem gebildeten Laien, als ein vollendetes Bau werk vor Augen getreten ist.
Dieses Bauwerk ge
stattet jedoch , ohne Gefährdung seiner Harmonie, noch den Aufbau neuer Stockwerke, nebst der Er weiterung seiner Annexe, sowie immer reicheren Schmuck seiner Fassaden .
Insbesondere gilt dies von der Geschichte der
Erdkunde. Was die Bestrebungen der Alten zur Erkenntnis der Grösse unseres Planeten beigetragen,
erzählt bereits die Geschichte der Gradmessungen,
voransetzte, hier wieder zu geben : » Von den grossen Kartenwerken , welche Ger hard Mercators Ruhm begründeten und von seinen Zeitgenossen als die hervorragendsten Zeugnisse karto graphischer Kunst gepriesen wurden , war bisher nur die im Jahre 1569 erschienene Weltkarte, und auch diese nur in einem einzigen Exemplare, bekannt. Das selbe war aus der Sammlung von Jul. Klaproth in den Besitz der Pariser Nationalbibliothek über
gegangen und ist von Jomard in seinen » Monu ments de la Géographie (Paris 1854-57 ) « auf acht Tafeln in getreuer Nachzeichnung abgebildet worden. Es war daher ein für die Geschichte der Geographie wichtiges
Ereignis , als Herr Dr. Alfons Heyer in
während sich uns mit der Betrachtung der Erde als einer Scheibe beginnend, dann bis zum Begriffe des Sphäroids und endlich des Geoids fortschreitend die Geschichte der Gestaltserforschung, bzw. der Ab bildung oder Erdbeschreibung entwickelt.
liche Geographie die Mitteilung machte, dass er bei
Neue Bausteine auf diesem Gebiete sind Repro duktionen von früheren Details für das grosse histo
der Weltkarte Mercators, sondern ausserdem zwei
rische Bauwerk ; sie sind für den Forscher sowohl,
für den Geographen von Fach, als auch für weitere Kreise stets eine hocherfreuliche Thatsache. Die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin hat
das unbestreitbare Verdienst, uns mit solchen neuen wertvollen Materialien versehen zu haben, und zwar durch die Herausgabe einer vortrefflichen Reproduk tion von Mercator -Karten ?).
dem
siebenten Band der Zeitschrift für wissenschaft
Gelegenheit der Ordnung der Kartensammlung der an geographischen Seltenheiten reichen Stadtbiblio thek von Breslau nicht nur ein zweites Exemplar andere, von Schriftstellern des 16. Jahrhunderts mehr fach genannte, bisher aber nicht wieder aufgefundene grosse Karten desselben Meisters entdeckt habe. Eine von ihnen ist die berühmte Karte von Europa, die andere stellt die britischen Inseln dar. » Als der Vorstand der Gesellschaft für Erdkunde
im Anfange des Jahres 1890 hievon Kunde erhielt, trat er sofort mit der Direktion der Breslauer Stadt
bibliothek in Verbindung , um die Befugnis zu er Um den Standpunkt der Herausgeber zu kenn halten , diese klassischen Schätze kartographischer
1) Drei Karten von Gerhard Mercator. Europa , Britische Inseln , Weltkarte. Facsimile- Lichtdruck , nach den
Originalen der Stadtbibliothek zu Breslau hergestellt von der Reichsdruckerei . Herausgegeben von der Gesellschaft für Erd kunde zu Berlin . 41 Tafeln . Ausland 1892, Nr. 17.
Berlin, London, Paris, 1891 .
Kunst durch Vervielfältigung allgemein zugänglich zu machen . Er fand das bereitwilligste Entgegen kommen , sowohl bei dem Direktor der genannten
Bibliothek, Herrn Prof. Dr. Markgraf, und dem Magistrat der Stadt Breslau , als auch bei der Direk 33
258
Drei Karten von Gerhard Mercator .
tion der Reichsdruckerei, welche sich zur Ausführung | lich sei, die durch Jomard bekannt gewordene der Reproduktion erbot. » Bei Besichtigung der von Breslau nach Berlin
Weltkarte noch einmal zu reproduzieren, um so mehr, als eine Vergleichung zeigte, dass der verdienstvolle
gesandten Karten wurden die Erwartungen bezüglich französische Geograph seine Aufgabe vorzüglich ge des Erfolges erheblich herabgestimmt.. Die bereits von Herrn Heyer beschriebenen äusseren Schäden
löst hat. Die Zeichnung ist bei ihm völlig richtig
wiedergegeben , und die alte Schrift ist getreu nach
traten mit voller Stärke hervor. Zwei der Karten ,, geahmt geahmt.. Allein abgesehen davon , dass er einen Europa und die britischen Inseln, waren als Ganzes grossen Teil der Legenden und die Randzeichnungen
nicht ohne faltige Verbiegungen , steif aufgespannt; ausgelassen hat, wurde es für ratsam erachtet , das die dritte war in Sektionen von der Leinwand abgenommen worden . Ein unvollkommen entfernter
bräunlicher Firnisüberzug verdunkelte Bild und
Schrift . Farbige Uebermalung , zum Teil mit dick aufgetragenen Deckfarben , erhöhte die Unklarheit an vielen Stellen. Bei der wichtigsten Karte, nämlich derjenigen von Europa , machte sich ein roh
ausgeführter Schnitt unangenehm bemerkbar, durch welchen dieselbe einst, offenbar behufs bequemeren Einrollens in ein Futteral , in der Richtung von West nach Ost in zwei Blätter getrennt worden war. Durch Ausfaserung der Leinwand an den dadurch entstandenen Schnitträndern , und wohl auch durch vorwiegendes Betasten einer Stelle hatte ins-
besondere gerade die am Niederrhein gelegene Heimatsgegend Mercators stark gelitten . » Diese Schäden beeinträchtigten zwar nicht den
Urbild von Mercator in der Schärfe wiederzugeben , welche nur die Photographie gestattet. » Trotz der die gehegten Erwartungen über treffenden Vorzüge der angewendeten Methode darf doch ein Nachteil nichtverschwiegen werden , welcher auf der unvermeidlichen Ungleichheit im Schrumpfen des befeuchteten Papiers beruht. Es haben sich da durch die auch bei anderen Kartenwerken häufig vorkommender kleinen Unterschiede im Maasstabe
der einzelnen Blätter herausgestellt. Dieselben wer den durch den Umstand verstärkt , dass auch im Original die Blätter ähnliche Fehler aufweisen . So unbedeutend sie in jedem Einzelfall sind, erschweren sie doch das Zusammenfügen der Sektionen zu einem Gesamtbild.
» Auf die Begleitung der Karten durch einen erläuternden Text ist verzichtet worden , da für die
Plan , die Karten in der Grösse der Originale fac - jenige von Europa dieausführliche, von Herrn Heyer simile zu vervielfältigen ; wohl aber mussten sie einen
gegebene Darstellung (Zeitschrift für wissenschaft
Einfluss auf die anzuwendende Methode haben . In liche Geographie, herausgegeben von Kettler , Bd . VII, zuvorkommendster Weise erbot sich der Direktor
Weimar 1890, S. 379-389, 474–487, 507–508)
der chalkographischen Abteilung der Reichsdruckerei,
als ausreichend erachtet werden kann , die Weltkarte
Herr Prof. Roese ,, keine Mühe zu scheuen, um die
in der Litteratur bereits vielfache Behandlung er
beste unter den obwaltenden Umständen mögliche
fahren hat, und die in England gezeichnete , Mer
Reproduktion zu erzielen . Die Uebertragung des photographischen Bildes auf Stein oder Kupfer bot den Vorteil , dass sich schadhaft gewordene Stellen ergänzen liessen. Doch war diese Methode einerseits wegen der Farbendeckung, andererseits wegen der hohen Herstellungskosten ausgeschlossen. Es erschien daher am zweckmässigsten, ein isochroma-
cator zum Stich übergebene Karte der britischen Inseln einer besonderen Erörterung nicht zu be dürfen schien . «
tisches Verfahren anzuwenden , bei welchem der Ab-
Was in dem letzten Absatz dieser streng sach lichen Mitteilungen ausgesprochen ist, dürfte uns fast zurückschrecken, eine Beschreibung des vor uns liegenden Werkes vorzunehmen . Allein, da wir auf eine solche in den wenigen Zeilen , die wir uns hier
druck unmittelbar von dem auf einer Gelatinehaut
gestatten , ohnedies verzichten , so werden wir zu
behandelten Negativbild stattfindet. Der Nachteil, der von Kettler bereits ausführlich besprochenen
dass hierbei eine Verbesserung der Schäden ausgeschlossen war , wurde durch den Vorteil der Her-
Europakarte nur verhältnismässig kurze Erläuterungen geben ; auch die Karte der britischen Inseln erfordert
stellung eines völlig getreuen Abbildes des Originals nur wenige Notizen , doch die Weltkarte ist noch aufgewogen.. Einige Vorversuche fielen befriedigend einer besonderen Betrachtung zu unterziehen , um aus. Doch sind die darauf gegründeten Erwartungen so mehr, als die hierüber vorhandene Litteratur nicht durch das Endergebnis weit übertroffen worden . Der für jedermann leicht zu beschaffen ist . Sorgfalt und vollendeten Meisterschaft von Herrn Die Karte von Europa, 15 Blätter in drei Roese ist es zu verdanken , dass die Kartenblätter, Horizontalreihen , Duisburg 1554 , enthält ausser welche die Gesellschaft für Erdkunde in der erfreu-
der Widmung an den »sehr zu verehrenden und
lichen Lage ist , darbieten zu können, die Originale sehr berühmten Herrn Antoine Perronet u . s . w . an Klarheit wesentlich überragen.. Selbst die auf u. s. w.« in prächtiger figuraler und ornamentaler diesen wegen des Ueberstreichens mit Deckfarbe fast Umrahmung, über welcher das Wappen des zu unkenntlichen Randzeichnungen haben eine über- Ehrenden samt dem Kardinalshute prangt, eine ziem raschende Schärfe erhalten , und die dort zum Teil liche Reihe von Legenden , deren erste von Bl. 1 in schwer leserliche Beschriftung tritt deutlich hervor. Bl. 6 hinunterreicht, und in welcher sich der be » Es durfte fraglich erscheinen, ob es erforder- rühmte Verfasser bei dem » wohlwollenden Beschauer «
Drei Karten von Gerhard Mercator.
259
durch Darlegung der Grundsätze, nach welchen die Zweck ?), indem sie hier bei der geringsten Ver Projektion der Karte geschehen, einführt. Besonders zerrung nach genauer Triangulation zu arbeiten ge hebt derselbe hier hervor, dass es ihm als das Wich-
stattet .
tigste erscheine, die auf dem Globus recht winkelig
Kehren wir nach dieser kleinen Abschweifung, die wir der Projektion des Mercatorschen Europa
zu einander stehenden Meridiane und Parallelkreise
auch im ebenen Bilde möglichst dem rechten Winkel schuldig waren , zu dessen Hauptlegende zurück, so zu nähern. Bei der konischen Projektion, die Mercator hier anwendet, ist nun allerdings die Recht-
von Sonne und Mond, von Licht und Schatten, von
winkeligkeit zwischen den geradlinig dargestellten Meridianen (Kegelmantellinien) und den nach Kreis-
der Ekliptik u. s. w. spricht, dass er die Prinzipien angibt, nach denen er sich die ganze Arbeit zurecht
ist wohl nur noch anzuführen , dass derselbe darin
linien gezogenen Parallelen in dem mittelsten Ver- gelegt hat, um die Kartenzeichnung richtig zu ge tikalstreifen der Karte vorhanden und nimmt nur
stalten .
im oberen und unteren Horizontalstreifen gegen
ander habe er sich nach den ersten Autoren und
Westen und Osten hin auffallend ab , so dass Verzerrungen doch nur in ferner gelegenen und damals
ferneren von den Seewegen nach einer bestimmten
Die Abstände der meisten Orte von ein
Reisenden verschafft u . s. w.
Er erzählt dann des
noch weniger bekannten Festlanden und Meeren auf- Himmelsrichtung, und dass er sich vorgenommen treten .
Auch bei der modificierten Flam steedschen
habe, auch den hydrographischen Teil der Karte so zu schaffen , dass die verschiedenen Schiffsrouten
Projektion, die bekanntlich für die Darstellung einer
genau daraus zu entnehmen seien. Die für die festen
Halbkugel eine vollständige Herzform ergibt, und Städte gefundenen geographischen Breiten und Längen die unserer Meinung nach doch selbständiger ist, habe er strenge benutzt. Hier weist er dann auf als dies der bekannte und beste Biograph Mercators, Herr Dr. Breusing ') , annimmt, ist die Winkeltreue in der Mitte des kartographischen Netzes mathematisch vollständig genau.. Hier wird auch im Mittelpunkte des zu zeichnenden Landes eine Tangente an den Meridian gezogen und deren Schnitt mit der verlängerten Erdachse bestimmt. Die Ent-
diese ganze Legende hier wiedergeben , und es sei daher nur noch bemerkt, dass der gottergebene und
fernung dieses Schnittpunktes vom Berührungspunkte
gutgläubige Mercator (der trotzdem als Ketzer, bzw.
die Ptolemäische Karte hin, deren Mängel er auf gedeckt , und sagt , dass die Fahrt des Hanno aus Karthago die Ursache zu einem Irrtum gegeben haben könne.
Doch es würde zu weit führen , wollten wir
wird als mittlerer Meridian vertikal in die Bildebene Wiedertäufer verfolgt und unschuldig zu Gefängnis gelegt und aus dem Schnittpunkte als Mittelpunkt
verurteilt wurde) zum Schlusse derselben seinem
ein Kreisbogen, dessen Radius gleich der genannten
Gotte dankt für den Schutz, den ihm dieser bei der
Strecke, geschlagen. Dieser Kreisbogen ist der mitt- grossen Arbeit verliehen habe. lere Parallel. Auf beiden gezeichneten Linien werDie Zeichnung der ganzen Karte deutet auf ein den bzw. die wahren Grössen der Meridian- und Studium hin, das von der eminenten Begabung un Parallelgrade nach oben und unten, nach rechts und seres berühmtesten deutschen Geographen zeugt, links aufgetragen ; durch die Meridianpunkte werden den uns der Belgier Raem donk ?) durchaus ab
aus dem einzigen vorhin bestimmten Centrum
wendig machen will, während Mercator selbst den
Kreisbogen beschrieben und auf diesen nach rechts
Ausspruch deutlich genug gethan hat, kein Vlaming
und links die jedesmal entsprechenden wahren Längen aufgetragen ; erst die Verbindung der Längenpunkte nach auf- und abwärts ergibt die nach Ost und
zu sein, noch sein zu wollen .
West immer mehr verzerrt werdenden Meridiane
mit Wendepunkten , die eben bei Mercator nicht
Bei dem ersten Beschauen der Europakarte be merkt man , dass die Küstenlinien kaum wenig von deren jetzt bekannter Gestalt abweichen . Die Dar stellung des Innenlandes ist eine vortreffliche; welches
vorkommen , und welche die eingangs erwähnte der 15 Blätter man auch beliebig herausgreift, überall Herzform bedingen . Freilich
wissen wir , dass für eine grosse
Karte von Europa eine derartige Projektion nicht
findet man sofort die bekanntesten Namen , die be deutendsten und die kleinsten .
Ebenso reizend ist
die Darstellung der Inseln und Inselgruppen ge
angewendet wird; die Projektion ist eben nur | lungen. Dass es unser Meister verstanden , ein topo kegelähnlich , während sie bei Mercator kegel-
graphisches Detail in Vogelperspektive zu erfinden,
förmig ist. Die modificierte Flamsteedsche Projektion er
füllt für kleine Länderbereiche vorzüglich ihren
1 ) Man vergleiche z. B. die berühmte Karte des Kantons Ziirich , 1 : 25000 , die wir uns es sei uns dies hier nebenbei
dem Penckschen Weltkartenprojekte, Ausland 1892 , S. 13 , als Muster vorzuschlagen erlauben
gestattet zu bemerken
1) Gerhard Kremer, genannt Mercator, der deutsche Geograph . Vortrag von Dr. Breusing, Direktor etc., gehalten zu Duisburg am 30. März 1869. (Reinertrag der Schrift für das in Duisburg projektierte Denkmal Mercators.) Gedruckt bei Nieten in Duisburg. Neue Auflage, 1878.
möchten . ses
2 ) Raem donk , Dr. J. van : Gérard Mercator , sa vie et 477 pp . St. Nicolaus , Dalschaert - Praet , 1869 .
oeuvres .
Man vergleiche die ausführliche, zurechtweisende Besprechung in Dr. A. Petermanns geogr. Mittlgn . , 15. Bd ., 1869 , S. 438.
Comenius als Geograph und Naturforscher .
260
das heute noch interessiert, erfährt man bei Betrachtung der sich in einzelnen Gruppenreihen hinziehenden Gebirgsrücken , sowie der dahinflutenden
tionalmaasstabe man mit geöffnetem Zirkel
Ströme und der sturmbewegten Seebecken. Reizend
entsprechenden Breitenbogen herausgreifen kann .
0
(zwischen 30 ° bis 700 liegt die Teilung der Längen skala) jeden gewünschten , der betreffenden Länge
sind die Signaturen für die bewaldeten Flächen er-
Um sich hierüber ganz klar zu sein , erinnere man
dacht , mit grossem Geschmack die Türme und
sich nur an das vollkommen
durch ein System
Häuser u . s. w. für die bewohnten Orte, die Zeichen
paralleler Geraden geschnittene Strahlenbündel,dessen
für Burgen und Befestigungen erfunden. Das Meer
Netz zum Einschalten von Niveaulinien zwischen
ist belebt durch die mannigfachsten, symbolisch ge- / gegebenen Höhenpunkten dient. zeichneten Seetiere und Ungeheuer ; Schiffe mit ge-
Ausser den vielen grösseren und kleineren Le
schwellten Segeln in ruhiger Flut und in stürmi- genden der ganzen Karte sei nur noch als sehr be schen Wogen sind in reichlicher Menge, das Gesamtbild belebend, dargestellt, und zwar in den verschiedensten Formen und Lagen. Die Umrahmung der ganzen Karte ist ein Kunst-
achtenswert die Peregrinatio Jesu Christi erwähnt, welche sich am südlichen Rande der Blätter 14 und 15 befindet Sehr schade ist es , dass man sich die Karte
werk für sich und gemahnt an ein heiteres Barock , nicht zu einem Stücke zusammenlegen kann , um dem zeitweise ein zarter Uebergang zu edlen Re- einen besseren Ueberblick zu gewinnen . Die Ge naissanceformen nicht fehlt.
Betrachten wir , um nicht zu ermüden , nur Blatt 1 und 2 : Abgesehen von der bereits erwähnten Einfassung der Widmung, finden wir da der Reihe nach Faune mit Krügen, Fruchtkörbe von Widdern
samtfläche der Karte überdeckt einen Raum von rund 1,65 m Breite zu i m Höhe. 0 ° stimmt mit
20 ° westl . von Greenwich , 650 nördlich stimmt mit unseren neuesten Karten bis auf sº überein .
Vergleicht man den Maasstab mit der Karte Europas
gezogen , auf deren Rücken sich neckische Figuren bewegen ; am Boden künstliche Wellen und Muschel-
, hier 1 : 12000000 , so im Andreeschen Handatlas, ergibt sich für das Mercatorsche Kartenbild der
tiere, Fischmaul und Windmühle vereint, der Fisch ,
Maasstab von 1 : 3000000 .
das Schneckenhaus auf dem Rücken tragend ; eigen-
Viel Schönes liesse sich noch über die herr
tümlich gezimmerte Fahrzeuge , von launig fratzen-
liche Karte erzählen , ein ganzes Buch liesse sich
haften Figuren gezogen ; prächtig stilisierte menschliche Gestalten, Fruchtkörbe auf den Köpfen tragend
darüber schreiben .
u . S. W. u . S. W.
Doch wir müssen den Erläute
rungen der beiden anderen Karten, wobei wir sowohl zur Besprechung der Bedeutung Mercators in Hin
Diese umrahmenden Glieder sind aber durch
sicht auf die Loxodrome, als auch in Bezug auf die
Kreisflächen oft unterbrochen, in denen zur Genüge die je der Lage dieser Kreise entsprechenden Himmels-
Entdeckung des magnetischen Erdpols kommen wer den , noch Raum gönnen. Dazu erbitten wir uns
die weitere Geneigtheit der Leser für einen zweiten richtungen eingetragen sind. Auf Blatt 5 , rechtes Randblatt oben , beginnt Artikel. (Schluss folgt.) eine bibelfeste Beschreibung der Reisen des Apostels Paulus ; ebenso bietet in Bezug auf Petrus eine kleinere Legende auf Blatt 10 die durchwanderten Comenius als Geograph und Naturforscher. Thäler und Gefilde; durch beide wird uns klar, wie Von S. Günther. leider ver es dem Verfasser gelungen , seine erste ( Schluss.) -
loren gegangene
Karte, die Karte von Palästina,
zu entwerfen ). Auf dem untersten Eckblatt links, Nr. 11 , zeigt
Comenius ist, darauf zielten die Schlussworte
der ersten Abteilung dieses Aufsatzes, selbst ein
sich ein libellenartig geflügelter Faun , auf einemthätiger und verdienstvoller Kartograph gewesen . Seetier über den Atlantischen Ozean dahinsausend
Unser wackerer Geschichtschreiber der Erdkunde,
und die Tafel führend , welche die verschiedenen
S. Ruge, meinte in einem dem
Maasstäbe von Italien und England, vom gelobten
auch nach dieser Seite hin gerecht werdenden Nach
verdienten Manne
Lande, von Frankreich und Spanien, von Lothringen
rufe !), dass die Biographen an dieser Thätigkeit
und Burgund , von Germanien , Sachsen , Schweden
Blatt 12 bringt alsdann mit begleitender Legende
von nicht specifisch - pädagogischem Charakter achtlos V ngen seien ; indessen trifft dies nicht völlig vorübergega zu . Durch die Bemühungen von Šma ha und Borne
ein Strahlenbündel, welches durch sehr flache Kreis-
mann ist nämlich eine Schrift ?) entstanden , welche
u . s. w . enthält.
bogen geschnitten wird, und in welchem Propor 1) Ruge, Amos Comenius als Kartograph , Globus, 1 ) Wir können es uns an dieser Stelle nicht versagen, auf
die Ausgabe pro 1891 der hübschen Karte (biblisch - topographisch)
61. Band, S. 193 ff.
2) Comenius als Kartograph seines Vaterlandes.
Nach
von Palästina hinzuweisen , welche Leuzinger, nach der eng.
der böhmischen Abhandlung von Joseph Smaha mit einem
lischen topographischen Aufnahme und unter Mitwirkung von Dr. Furrer , mit besonderer Berücksichtigung der Zeit Christi,
Neudrucke der Karte des Comenius deutsch herausgegeben von Karl Bornemann. Heft 5 der » Comenius -Studien « . Znaim 1892. Fournier & Haberler. 48 S. 1 Karte.
bearbeitet hat.
1 : 500 000 .
Bern 1892 .
Comenius als Geograph und Naturforscher.
nicht nur die Sache selbst , welche in Rede steht,
261
und Weinberge ausdrücklich bemerkt, die Distanzen
allseitig erörtert , sondern auch ältere Stimmen und der einzelnen Orte richtig eingehalten und viele Orts Urteile über die von Komensky ausgearbeitete namen doppelsprachig wiedergegeben, so dass seine Karte von Mähren zusammenstellt. Von d'Elvert 1) | Karte für Deutsche und Böhmen gleichmässig Nutzen erfahren wir, dass , nachdem um 1556 der Astronom stiften könne. Was die Entstehungszeit des Werkes
Leovitius die ersten besseren Ortsbestimmungen mährischer Städte vorgenommen hatte, der kaiser-
anlangt, so muss dieselbe wohl als mit der Prerau Fulneker Periodezusammenfallend angenommen wer
liche Hofmathematikus Fabricius in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts die erste diesen Namen verdienende Karte der Markgrafschaft herausgab ; die-
den ; von 1614–16 war Comenius Lehrer in Prerau, von 1616—21 Schulvorstand in Fulnek. Jene Jahre waren für ihn eigentliche Lehr- und Wanderjahre.
selbe wurde später von Ortelius , Mercator , Quad u. a. in deren Atlanten aufgenommen ?). Mährische Lokalforscher, Hanzely und Schwoy, spürten daraufhin jener Karte nach , von der man auch auf Grund der von Hauber ) und d'Elvert (a. a. O.)
| Als angesehener Geistlicher der sehr zahlreiche An hänger im Lande zählenden Brüdergemeinde fand er, wohin er kam, freundliche Aufnahme und bereit
willige Auskunfterteilung; auch die mährischen Alter tümer studierte er auf diesen Fussreisen ?). Nach
gemachten Mitteilungen wusste, dass sie den Co- Šmaha und Bornemann ist die Karte gerade in menius zum Verfasser habe , allein das Original
den Einzelheiten sehr zuverlässig, und alles, was für
vermochten sie trotz aller Mühe nicht zu entdecken .
die Landeskunde beachtenswert sein konnte , ver
Noch später hat der Geodät Kořistka “) und haben
zeichnete der fleissige Mann sehr pünktlich. Leider
verschiedene böhmisch -mährische Schulmänner sich
sind wir über allfallsige geometrisch-astronomische -
gelegentlich mit den kartographischen Bestrebungen
Vorarbeiten nicht unterrichtet, so dass wir auch nicht
des Comenius beschäftigt "), allein da dies zumeist
beurteilen können , wie Comenius die einzelnen
in tschechischer Sprache geschah, so blieb, was dar-
Orte in ihrer gegenseitigen Lage fixierte. Astrola bium , Kompass und Hodometer sind mutmaasslich die von ihm angewandten Apparate gewesen, denn dass er mit diesen gut umgehen konnte, wird ander
über geschrieben wurde, bei uns in Deutschland so gut wie unbeachtet . Erhalten ist uns die mährische Karte durch den
Niederländer Piscator , der dieselbe in seine zu Amsterdam in mehreren Auflagen ( 1630 , 1645 ,
weit bezeugt . Die Karte selbst bildet ein Rechteck , dessen
1664) herausgegebene Kartensammlung aufgenommen
Breite die Höhe nicht unbeträchtlich übertrifft. Oben
hatte; nach Ruge wäre statt 1630 vielmehr 1629 sind , nach damals beliebter Sitte , vier Bilder von zu lesen. A. Goos war der erste Kupferstecher.
Städten angebracht, nämlich von Polna, Olmütz,
Der Karte ist eine Widmung an Komenskys Wohl- Brünn und Znaim ). Auf der linken Seite erkennen thäter , den Landeshauptmann L. W. v. Žierotin , wir die mehrerwähnte Dedikation und die „ Scala
beigefügt, worin ersterer über die bisherigen schlech- Milliarium « , auf der rechten die Worte »Moraviae ten Mappierungen des Vaterlandes Klage führt") ; dagegen dürfe seine Arbeit als eine den Umständen
nova et post omnes priores accuratissima Delineatio
entsprechend vollständige angesehen werden.
edita a Nicolao Joannide Piscatore Anno Do mini 1645 « und eine »Notarum explicatio «. Die
Er
habe Städte und Flecken, Burgen und Schlösser,
auctore J. A. Comenio « init dem Zusatze » Noviter
Gebirge, Flüsse und Quellen, Bergwerke, Glashütten Gebirgszeichnung ist noch die alte, wohlbekannte
2) Eine Uebersicht über die Kopien, deren er im ganzen
der » Maulwurfshügel«, und die ganze Terraindar stellung ergibt keinen Fortschritt, aber auch keinen Rückschritt gegen das in seiner Art vorzügliche Kartenbild von Bayern , welches Philipp A pian
sieben unterscheidet , hat Ruge (a. a . 0.) gegeben ; diejenige
etwa 60 Jahre vorher geliefert hatte . Um unseren
Bornemanns (s. u.) ist aber noch umfänglicher. 3) Hauber , Versuch einer umständlichen Historie der
Lesern die Verhältnisse besser vorzuführen , als dies
1) Schriften der historisch-statistischen Sektion der mährischschlesischen Gesellschaft des Ackerbaues , der Natur- und Landes
kunde , 5. Heft, Brünn 1853 .
Landkarten, Ulm 1724, S. 177 ff. 4) Kořistka , Die Markgrafschaft Mähren und das Herzog tum Schlesien , Wien -Olmütz 1861 , S. 7 .
5) Mehrere Namen solcher Schriftsteller führt die erwähnte Monographie von Šmaha -Bornemann (S. 15 ff.) auf. 6) Folgendes sind die Worte des Comenius : „ So viele verschiedene Ausgaben von Landkarten unseres Heimatlandes
auch erschienen sind , so sind sie alle doch äusserst fehlerhaft ; denn es hat nur , soviel ich weiss, P. Fabricius , der frühere
Leibarzt Kaiser Ferdinands I. , dasselbe in kartographischer Darstellung herausgegeben, und es sind die übrigen Karten, wie viele auch danach herauskamen , mit unterschiedlichen , auf ver-
schiedenste Art sich einschleichenden Fehlern von jener abgeschrieben worden. «
Unbedeutende Ortschaften habe man be-
rücksichtigt, wichtigere dagegen vergessen ; auch die Ortsnamen seien vielfach fehlerhaft eingetragen . Ausland 1892, No. 17 .
eine Auseinandersetzung in Worten vermögend wäre, reproduzieren wir in Fig. 3 ein Stück der Karte, die nordöstlichen Grenzgebiete Mährens und Oester
reichisch -Schlesiens (mit der Stadt Fulnek) umschlies 1) Die verdienstvolle Abhandlung J. Müllers » Zur Bücher kunde des Comenius « (Monatshefte der Comenius -Gesellschaft, 1. Jahrgang, 1. Heft , S. 25) nennt u. a. ein dem Jahre 1622 entstammendes, in tschechischer Sprache abgefasstes Manuskript in zwei Teilen , » Mährische Altertümer « betitelt .
2) Diese vier Bilder befanden sich , nach Bornemanns Meinung, auf der Originalkarte nicht , sondern wurden erst nach mals vom Verleger hinzugefügt. Auffallend ist die Wahl des unbedeutenden Städtchens Polna, welches zudem nach der heutigen Abgrenzung der Kronländer und nicht zu Mähren gehört.
wenigstens zu Böhmen 34
Comenius als Geograph und Naturforscher.
262
send. Im übrigen verweisen wir betreffs der De- superstruenda « 1). Comenius hatte ferner selbst zu diesem Werke das Notat gemacht : »Non prodiit, Bornemann , welche ein reiches Material derartiger nec absoluta ex toto est : quia cui dedicare institu
tailbeschreibung der Karte auf die Schrift von Šmaha-
Notizen enthält ?).
eram vita excesserat, Philippus Lansbergius me
Der Maasstab der Karte ist
1 : 500000 , und obwohl ihr ein eigentliches Grad- que avocabant alia « . Da Lansberg im Jahre 1632 Manuskript seinem netz in unserem Sinne abgeht, so darf man sie dar- | starb, so muss um diese Zeit dasAbschl usse wenig um doch nicht etwa Koscgsberk gewesen stens nahe 磁 B. Ktowice mit einer blossen ܐܬܝܙܬ ܩܬܢ: ܢܐ Schner Ostra
全Ma生gstaetltowes
Wal
ter
Polaska
Bj
set
15.
Brabans
tt
á.
Rande ist eine Grad
einteilung vermerkt . Die Orientierung
Rase
Wastest
Giste
政
tigste Quelle mithin versagt , kann man
ad
rem
Wigstettl
Pet
B Wickou
Brusperg
tot Mitsko
Tulniek
nach Norden war auf
12ouchter
Sednitz
Hechwald Porf
Oder
noch lange nicht all gemein üblich .
Fridek
mit
doch
einiger
Wahrscheinlichkeit
Mossow Beutsch Doberan fons
Obschon die wich
Paskow
Starawes
dorff
den damaligen Karten
sein . cli
Vz
Handzeichnung ver wechseln , denn am
den
Inhalt
dieser
verloren gegangenen Landesgrenze. Fig . 3 .
Handschrift rekon struieren . Dass Co
Bei Šm a ha Bornemann ?) werden nicht weniger als 26 Re-
menius Anticoppernicaner, aber nichts weniger als
produktionen der Comenius -Karte registriert. Dieselbe behielt eine gewisse autoritative Stellung
ein fanatischer,war,haben wir bereits in Erfahrung ge bracht. Wenn er mit Lansberg verkehrte, der die Pla
bei und wurde erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts aus dieser Stellung verdrängt , als der be-
neten in excentrischen Kreisen sich um die Sonne be
wegen liess und den Rudolphinischen Tafeln Keplers durch seine eigenen Konkurrenz zu machen gedachte ?),
kannte Nürnberger Mathematiker J. Chr. Müller, kaiserlicher Ingenieurhauptmann, in langjähriger Ar- so konnte er sich auch den Gründen kaum ver beit seine Generalmappe von Mähren erstellt hatte ( 1716 ) 3). Allein für dieses Kartenwerk trat der Staat mit beträchtlichen Geldopfern und mit seiner
schliessen, die damals bereits das ptolemäische Welt
system in seinen Grundfesten erzittern machten . In dem so entstandenen Dilemma scheint Comenius, auf
ganzen Machtfülle ein , während Comenius ganz den, wie wir oben bereits andeuteten, gewisse Bibel aus sich, und ohne jedwede öffentliche Unterstützung, stellen einen uns schwer begreiflichen Eindruck ge seiner selbst übernommenen Pflicht sich entledigt macht haben mögen , Tychonianer geworden zu hatte. So verdient derselbe denn einen Ehren-
sein. Dies erhellt mit aller nur wünschenswerten dem geographischen un Deutlichkeit aus seinem
platz in der Geschichte der Kartographie. Aber auch sonst hatte Comenius für die Natur
mittelbar voraufgehenden
und für deren Erforschung einen regen Sinn . Von
actus , der im übrigen wenig Merkwürdiges bietet .
astronomischen Schul
seinen astronomischen Ansichten sprachen wir be- Die über die Bewegungen der Sonne , des Mondes reits bei Gelegenheit der mathematischen Geographie ;
leider ist es nicht möglich , sich über diesen Punkt gründlichere Kenntnis zu verschaffen, weil eine selbständige Schrift, worin er seinen Standpunkt aus-
und der Planeten gegebene Erklärung ') steht durch aus auf jenem Boden , wenn auch Tycho Brahes Name selbst nicht genannt wird , und auch Lans bergs Hypothese dürfte auf die Fassung des be
führlicher dargelegt zu haben scheint, in Verlust ge- treffenden Satzes nicht ohne Einfluss geblieben sein . raten ist. Zoubeks Bibliographie 4) führt unter den Als Physiker ist Comenius zu wiederholten Schriften Komenskys eine » Astronomia ad lucem Malen vor die Oeffentlichkeit getreten , aber leider physicam reformanda« auf, und von J. Müller ") sind die einschlägigen Schriften zum Teile überaus wird dieser Buchtitel noch mit den folgenden Wor-
schwer zugänglich . So konnte der Verfasser nicht
ten ergänzt: »novis non ad placitum fictis, sed veris
Einsicht nehmen von der sicherlich manches Inter
et realibus , e coeli natura desumtis , hypothesibus 1) Auch in Kaestners » Geschichte der Mathematik
1) Šmaha - Bornemann , S. 19 ff. Auch die Fehler der Karte, die sich am häufigsten in dem der Autopsie des Zeichners mehr entrückten Südwestbezirke des Landes finden, werden hier
(4. Band , Göttingen 1800 , S. 418) ist der betreffenden Schrift des Comenius Erwähnung gethan. 2) Bei Kaestner (S. 409 ff.) wird von den astronomischen Theorien Lansbergs und von seiner gegensätzlichen Stellung
besprochen ; wesentlich sind dieselben durchweg nicht. 2) A. a. O. , S. 28 ff.
Kepler gegenüber eingehend Bericht erstattet.
3) Nähere Angaben über die Persönlichkeit dieses um die Durchforschung und Mappierung der österreichisch-ungarischen Monarchie überaus verdienten Mannes bringt Doppelmayr bei (Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern, Nürnberg 1730, S. 138 ff.). 4) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. L. 5) J. Müller , a. a. O., S. 29 .
pro centro gyrationis suae habent Terram , aeque ut stellae fixae:
3) Did . Op. Omn . , 3. Teil, Sp . 947 ff.
Sol et Luna
quamquam non adeo praecise (Certis enim locis paulo se altius a Terra elevant, alibi propius demittunt, sed non multum). At Planetae centrum sui motus circa Solem habent : ideoque supra Solem constituti apogaei sunt (altissimi) et directi : in oppo
sito perigaei (humillimi) et retrogradi: ad latera , per aliquot dies stationarii . «
Comenius als Geograph und Naturforscher.
263
Bei den Vorbereitungen für eine zweite Auf
esse bietenden Polemik gegen Descartes ). Was
die sogenannte » Physik « unseres Autors betrifft, ein lage der » Physik « sah sich Comenius zu Unter Buch ?), welches von den Zeitgenossen sehr geachtet suchungen über das Wesen der Wärme und Kälte worden zu sein scheint, wie es denn mehrfach nach-
veranlasst , welche er dann in einem besonderen
gedruckt worden ist , so müssen wir uns allerdings
Werkchen ) dem Publikum vorlegte. Dasselbe ist
daran erinnern , dass man mit jenem Worte damals
vom entschiedensten Interesse für die Geschichte der Naturwissenschaften , zumal deshalb , weil es mit
>
noch nicht sowohl eine Naturlehre als vielmehr eine
Naturphilosophie zu bezeichnen gewohnt war , und so sind denn auch zuerst Raimund von Sabunde ")
Klarheit die Einwirkung dokumentiert , welche das System Bacons von Verulam auf die besten
und Luis Vives die Vorbilder, an die sich Come-
Geister seiner Periode ausübte ). Das Bestreben , tabel
nius bei seinen Spekulationen anlehnte. Auch sein alter Herborner Lehrer Alsted 4) war nicht ohne Einfluss auf dieses Werk, das man freilich nicht mit dem Maasstabe der gegenwärtigen Kritik messen,
larisch die Zustände darzustellen , denen die Körper unterworfen sein können , ein Bestreben, welches in den baconischen Kategorientafeln mitunter sonder
sondern aus dem Zeitbewusstsein heraus zu ver stehen suchen muss. »Wollte man« , meint Zou-
obwohl Comenius, den Spuren des Aristoteles folgend, in Wärme und Kälte zuvörderst zwei der Qualität nach entgegengesetzte Potenzen anerkennen
bek5) , »die ,Physik des Comenius als Probierstein seiner Philosophie gelten lassen, in dem Maasse,
bare Verirrungen zeitigt, hat hier sein Gutes, denn
in welchem man heutzutage die Naturphilosophie zu den einzelnen Systemen der Philosophie in ein Verhältnis stellt, so würde man den Fortschritt der Naturwissenschaften und die Befreiung der Forschung
will , gelangt er bei Betrachtung der Stufenreihe Calor – Tepor Frigus » Ardor – Fervor Algor« doch ganz unwillkürlich dazu, die einzelnen Zustände nur graduell einander gegenüberzustellen. Wichtig aber ist vor allem der Ausspruch , dass
von der religiösen Befangenheit unberücksichtigt lassen, die seit Comenius' Ableben erfolgte. Denn
Wärme und Kälte Bewegungsformen sind, indem die erstere das Streben hat, die Körper auszudehnen,
7
>
anders , als vom Standpunkte seiner Zeit betrachtet, während die letztere sie zusammenzuziehen sucht. erschiene seine , Physik' als eine religiös-wissenschaft- So wenig historischen Sinn es verriete , wenn man liche Tändelei, während sie doch auf seine gelehrten
nun ohne weiteres unseren Helden den Vorläufern
Zeitgenossen einen so mächtigen Eindruck ausübte, der mechanischen Wärmetheorie einreihen dass sie bald nach der Leipziger Ausgabe in neuen Auflagen zu Paris 6) und Amsterdam erschien « .
wollte, so verdient doch immerhin in einer Zeit,
missverständlichen Namen tragenden Elaborate meinen möchte ?).
motorische Auffassung der Wärmephänomene Be achtung. Gleiches gilt von dem , was Comenius in dieser Abhandlung gegen die Astrologen und
deren Physiker allermeist hohe Temperaturen auf Jedenfalls verstand sich Comenius viel besser auf einen Ueberschuss, niedrige auf einen Mangel von die wirkliche Physik , als man nach diesem einen Wärmestoff « zurückzuführen beflissen waren, diese
1) Comenius , Cartesii cum sua naturali Philosophia a
Mechanicis eversus , Amsterdam 1659. Das Schriſtchen zählte bloss 22 Seiten
was er über meteorologische Dinge sagt , und
es
unter allen Umständen kann auch ein moderner Leser
muss sehr selten geworden sein, denn
nur die Worte billigen , welche Verfasser in dem von ihm benutzten Exemplare dieser Schrift von
J. Müllers Bibliographie (a. a. O. , S. 47) bemerkt ausdrück lich, dass die Bibliothek der St. Johanniskirche in Lissa diese Stadt im heutigen Posen beherbergte unseren Comenius viele
älterer Hand eingeschrieben vorfand : »Merkwürdig,
ein Exemplar besitze. 2) Comenius , Physicae ad Lumen divinum reformatae Synopsis, Philodidacticorum et Theodidacticorum censurae ex
wenn man auch nicht allen Ansichten beistimmt. «
posita, Leipzig 1633 ; Amsterdam 1645 und 1663 .
von dessen Arbeitsreichtum wohl der Umstand am
Jahre
3) Die » Theologia naturalis « dieses Theosophen schätzte
Geographie und Naturwissenschaft waren nur Episoden im Leben des Comenius , in einem Leben,
Comenius hoch und veranstaltete deshalb von derselben unter
besten Zeugnis ablegt, dass Müllers mehrerwähnte
der Aufschrift „» Oculus fideix eine neue Ausgabe (Amsterdam 1661). Dass aber auch in der That dieses Werk , im Vergleiche mit
e aller Comeniana 136 Nummern (!) Bibliographi voluminöse Werke - anführt. Aber auch
dem arg verknöcherten Scholastizismus vieler gelehrten Männer jener Zeit, eine erfreuliche Erscheinung war, hebt einer der be
in diesen nur episodisch betriebenen Disciplinen hat
deutendsten Historiker der Philosophie, K. v . Prantl , hervor
(Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München, 1. Band , München 1872 , S. 425). 4) Die » Cursus philosophici encyclopaedia« des Alsted (Herborn 1620) ist, wie manche Konkordanzen beweisen können, ohne Zweifel auch für die » pansophischen « Arbeiten seines hervorragendsten Schülers einigermaassen maassgebend gewesen.
teilweise
er redlich seinen Mann gestellt, und der Leser wird Schreiben
des
Comenius
an
den
Kanzler Oxenstierna
(1. Oktober 1648) erweist sich beispielsweise ersterer wohlver
traut mit der Verstärkung , welche durch Anlegung einer sog. Armatur der Intensität eines Magneten zu teil wird. ?) Comenius , Disquisitiones de Caloris et Frigoris Na
5) Comenius , Grosse Unterrichtslehre, S. XXV ff.
tura , Jena (2. Auflage) 1678.
6) Die Pariser Ausgabe scheint nicht festzustehen (Müller
Müller (a. a. O., S. 47) im Jahre 1659 gedruckt worden.
a . a. O. , S. 29) .
1
Die erste Auflage war nach
2) Aussprüche höchster , dem englischen Begründer der
*) In einem durch Gindely (Ueber des J. A. Comenius
induktiven Forschung gezollter Verehrung findet man in den
Leben und Wirksamkeit in der Fremde , Sitzungsber. d. phil.-
Schriften des Comenius zum öfteren ; vgl . beispielsweise das
hist. Kl. d. Wiener Akademie, 15. Band , S. 541 ) publizierten
Informatorium der Mutterschule, deutsch von Beeger , S. 95 .
264
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.
uns hoffentlich recht geben , wenn wir behaupten ,
Wir schlugen rasch das Zelt auf, während
ein Essay über Comenius als Geographen und Skaggai das Nachtessen kochte und Brot buk, Naturforscher sei in diesen Tagen eine Ehrenpflicht gegen den dadurch zu Feiernden , eine aktuelle
was er diesmal auf eine andere, sehr originelle Art bewerkstelligte. Er grub ein Loch in den Boden,
Pflicht der Mitwelt gegenüber gewesen .
füllte dasselbe halb mit Kohlen , setzte dann die
Pfanne mit dem Brote hinein und stülpte eine grosse Schüssel von Eisenblech darüber, die er mit heisser Asche und Kohlen bedeckte.
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia . Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio) .
(Fortsetzung.)
Das jenseitige Ufer war teilweise mit dichtem Gebüsch und schwer durchdringlichen Koniferen beständen bedeckt, welche aus Pinus Murrayana, Abies Douglasii u. s. w . bestanden , während das Gebüsch aus Ceanothus velutinus , verschiedenen Vaccinium-
Das Brot war nach
einer Stunde gebacken und schmeckte vorzüglich . Es regnete die ganze Nacht hindurch, und die Tem peratur sank auf 10-12 ° Celsius herab .
Als wir
uns am Morgen von unserem aus Tannenzweigen hergerichteten Lager erhoben, war das Gebirge bis zu etwa 3000 Fuss herab verschneit.
Die in ihr
winterliches Gewand gehüllten Berge bildeten einen wundervollen Kontrast zu dem dunkeln Grün der
Wälder des Thales, in welchem wir dahinschritten. Des Regens wegen, welcher noch am Morgen
eine Zeitlang anhielt, geschah der Aufbruch erst
arten, Alnus incana var. virescens, Betula papyrifera,, gegen 9 Uhr. Der Himmel hellte sich nach und verschiedenen Weidenarten gebildet wurde , welche mit hochstämmigen Pappeln untermischt waren . Der Pfad wurde immer schwieriger, und zahllos waren die Hindernisse, welche sich unserem Weitermarsch
in Gestalt von undurchdringlichem Gebüsch , steilen
mit Felsblöcken übersäeten Abhängen und steinigen Halden in den Weg stellten. Nachdem wir uns noch etwa eine Stunde durch diese Wildnis hin-
durchgearbeitet hatten , betraten wir etwas lichtere Waldbestände, welche merkwürdigerweise zum Teil aus Pinus ponderosa gebildet wurden , welche ich so tief in den Bergen nicht zu finden erwartete.
nach wieder auf , und unter den Strahlen der warm vom
Himmel herabscheinenden Sonne schmolz die
dünne Schneedecke rasch von den Bergen hinweg . Der Weg war anfangs leidlich , wurde aber
nach und nach immer schwieriger , derselbe führte eine Zeitlang an den Hängen dahin. Bald musste undurchdringliches Gebüsch durchbrochen, bald muss ten zahllose umgestürzte Baumstämme und Felsen überklettert werden , so dass wir nur sehr langsam vorwärts kamen .
Das Felsgestein bestand aus einem stark glimmer haltigen Granit , was darauf hindeutete, dass das
Da jedoch der Boden aus trockenem durchlässigen
Gebirge hier sich aus eruptiven Gesteinsarten auf
Kies und Steingeröll bestand, so liess sich das Vor
baute.
kommen der genannten Kiefer erklären , welche
Wir passierten aufs neue eine hügelige, kiesige Fläche , welche teilweise mit Pinus ponderosa be
überall da zu finden ist, wo dieser Boden der herr-
schende ist , auch wenn solche Stellen manchmal in niederschlagreichere Gebiete hineinragen , wie
wachsen war.
Nachdem wir die Lichtung
An den sonnigen Hängen huschten schlanke, graubraune, etwa handlange Eidechsen mit langem ,
hinter uns hatten , ging es wieder über steile Felsen-
dünnem Schwanz hin , welche Skaggai Chille Chille
hänge, steinige, abschüssige Halden und durch schier
Choaschien , oder Kille Kille Choaschien , nannte.
undurchdringliches Buschwerk , in dem der Pfad nur
Als ich ihn fragte, wie man diese Eidechse in der
es hier der Fall war.
durch umgeknickte kleine Tannen oder Sträucher angedeutet war , was durch Indianer geschah , die abund zu der Jagd und des Biberfanges wegen diese Wildnisse passieren . Nach mehrstündiger Wanderung kamen wir zu einer hübschen, ziemlich
Sprache der Kappamuck nenne, wollte er es anfangs gar nicht sagen, und erst als ich ihn wiederholt bat,
kam der Name zögernd über seine Lippen . Er hatte sich als civilisierter Indianer jedenfalls ge schämt, mir die allerdings etwas sonderbar klingende
verbringen . Die Ebene war von steilen , bis hoch
Benennung dieses Reptils mitzuteilen . Der Pfad senkte sich nach einiger Zeit wieder nach dem Fluss
hinauf bewaldeten , etwa 5-6000 Fuss hohen Bergen
hinab, dessen Ufer von dichtem Gebüsch umsäumt
ebenen Fläche und beschlossen hier die Nacht zu
eingeschlossen und hauptsächlich von Abies Douglasii wurde, welches sich aus Prunus demissa , Prunus und Pinus Murrayana bedeckt. Auf dem kiesigen emarginata, Rubus leucodermis, Rubus Nutcanus, Boden wuchs Arctosstaphylos Uva ursi, welche grosse Berberis Aquifolium , Cornus stolonifera, Amelan chier alnifolia , Ceanothus velutinus und Betula Strecken beschlagnahmt hatte.
Der Himmel, welcher uns bis jetzt ein heiteres
papyrifera, welche nur einen kleinen Baum bildete,
Gesicht gezeigt hatte , fing an sich zu bewölken.
zusammensetzte.
Der Wind erhob sich und trieb dunkle Wolken-
Längs des Flusses zogen sich ausgedehnte Sümpfe hin , welche durch das Abdämmen eines Flussarmes
ballen von Westen vor sich her, und als der Abend herannahte , fing es an zu regnen.
durch die Biber entstanden waren .
Diese Dämme
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.
265
sind wahrhaft kunstvoll und machen ihren Bau-
zweiter , zieinlich breiter Wildbach brüllend und
meistern alle Ehre. Sie sind aus den entrindeten
hervorkam . Da wo derselbe in den schäumend hervorkam Ste-in-Fluss einmündete, breitete sich eine etwa zwei
Stämmen von Pappeln aufgeführt, welche mit den Aesten dieser Bäume und mit Weiden durchflochten
Meilen breite , kiesige Ebene aus , welche ziemlich
sind, und besitzen eine bedeutende Festigkeit. Inmitten dieser abgedämmten Sümpfe befinden sich
dünn von Pinus ponderosa, Abies Douglasii, Tsuga Mertensiana, Abies amabilis bewaldet und mit niedri
die runden Bauten der Biber , welche gewöhnlich
gem Gebüsch durchzogen war.Die Ebene war rings
unerreichbar sind , da die Sümpfe viel zu tief sind,
um von 6-7000 Fuss und darüber hohen , mächtigen,
als dass sie zu durchwaten wären. Die Tiere arbeiten
dachartig sich zuspitzenden Bergen eingeschlossen,
nur des Nachts , während sie bei Tag im Sumpfe welche nach rechts in riesigen, schroffen Felswänden verborgen liegen . Sie sind sehr scheu, und es gelingt nie, dieselben bei ihrer Arbeit zu beobachten , fangen sie in Fallen und entwickeln darin eine sehr grosse Geschicklichkeit. Die Felle spannen sie in
fast senkrecht abstürzten , nach links aber sich in steilen , waldbedeckten Hängen in das Thal hinab senkten. Den Hintergrund bildete eine breite, wald bedeckte Bergpyramide, deren rasenbewachsene Spitze von einer wunderlich geformten Felsenmasse ge
runde Rahmen, welche aus dem Holz von Weiden ,
krönt war.
welche sie gemeinschaftlich verrichten . Die Indianer
Birken u . s. w. angefertigt werden, und hängen sie
Diese, inmitten einer wildromantischen Gebirgs
dann an Bäumen zum Trocknen auf.
welt liegende, etwa 60 Meilen von Lytton entfernte
Die Sümpfe sind gewöhnlich von einem Dickicht von Weiden , Cornus, Birken umgeben , und da-
Ebene war zu einem längeren Aufenthalt wie ge
zwischen wachsen Massen eines 4-5 Fuss hohen
interessanter Touren in die Berge ausführen konnte. Bell hatte die Stelle im Frühjahr besucht und ein sog. Brushtent (Laubhütte) errichtet , welches wir
Equisetum , das so dicht steht , dass es schwer zu
durchdringen ist.
schaffen, da man von hier aus eine Reihe hoch
In dem Schlamme am Ufer des Flusses trafen
unberührt unter einer Gruppe von Picea Engel
wir öfter die Spuren von Bären , Hirschen und Bergschafen .
manni und Abies amabilis vorfanden , ebenso wie
einen Vorrat von Proviant , den er in einen Tep
Die Bären besuchen um diese Zeit viel die Ge- | pich eingeschnürt an einem Aste einer Kiefer (Pinus birgsbäche und Flüsse, um zu fischen, was sie, wie ponderosa) aufgehängt hatte und den wir mit Hurra mir unser Indianer mitteilte , meisterhaft verstehen. | begrüssten. Während meine Begleiter mit dem Fällen Im September beginnt nämlich die Wanderung der
von Tannen , Feueranzünden und Kochen unseres
Lachse , an welchen die Flüsse Br. Columbiens sehr reich
Nachtessens beschäftigt waren , unterwarf ich die
sind, vom Meere in die Bäche und Flüsse des Lan- Bewaldung unseres Lagerplatzes einer näheren Be des ; dann wimmelt es namentlich da, wo sich Strom- | sichtigung und fand, dass dieselbe aus Pinus pon schnellen oder kleine Wasserfälle finden , die die
derosa, Abies Douglasii, Abies amabilis, Picea Engel
Fische überspringen, von Lachsen, so dass man vor
manni und Pinus Murrayana gebildet wurde , wäh
lauter Fischleibern das Wasser nicht mehr sieht.
rend das Unterholz aus Ceanothus velutinus var.
Im Hintergrund des sich immer mehr erweiternden | laevigatus und sanguineus bestand. Thales erhoben sich mächtige, mit ewigem Schnee Als die Nacht hereinbrach, fing es an ziemlich
bedeckte Gebirgsstöcke, deren kuppelförmig gewölbte kühl zu werden, und die Temperatur betrug 10—12 ° Schneefelder von prächtigen Hörnern und Zacken
Celsius.
überragt wurden . Zu ihren Füssen liegt , wie mir
gebenden Wildnis, nur unterbrochen von dem Rau
en
Totenstille
herrschte in der
uns
um
Mr. Bell sagte, ein ziemlich ausgedehnter See, schen des Wildbaches, in dessen Nähe wir unser Zelt aufgeschlagen hatten. sucht wird, die dort dem Fang des Bibers obliegen . Da wir ziemlich müde waren , so schliefen wir, Der Fluss , welcher bis jetzt von West nach bis die Sonne über den Bergkämmen im Osten Ost strömte , wendete sich südwestlich , derselbe emporstieg . welcher im Herbst manchmal von den Indianern be-
kommt aus dem oben erwähnten See hervor. Eine
Unser Indianer hatte unterdessen schon das
Strecke oberhalb der Bibersümpfe überschritten wir
Frühstück bereitet, und nach dessen Einnahme stiegen
einen reissenden Wildbach von ansehnlicher Breite, welcher aus einer tiefen Thalschlucht hervorbrach .
wir in die Berge rechts von unserem Lagerplatz.
Meine Begleiter hofften einen Hirsch zu erlegen ,
Auf der anderen Seite des Flusses stürzte ein pracht- während ich Samen der hier wachsenden Sträucher voller Wasserfall über eine etwa 100 Fuss hohe sammelte. Wir waren kaum eine Stunde bergauf Felswand herab, aus einer Felsenkluft hervorbrechend. gestiegen, so deutete Skaggai , der neben mir her Als die Sonne im Westen hinter die mächtigen schritt, während Bell und Hoyer vorausgingen, Schneegebirge, welche sie goldig überstrahlte , hinabsank ,
kamen wir todmüde von einer mehrstün-
digen Wanderung durch die hindernisreiche Wildnis zum Eingang eines sich nach Nordwest hinauf-
nach rechts ins Dickicht, wo sein scharfes Auge drei Hirsche erblickte , an denen die anderen, ohne sie zu sehen, vorübergegangen waren . Wir waren beide unbewaffnet, und als wir unsere Gefährten
ziehenden sehr engen Seitenthales, aus welchem ein heranriefen, waren die Hirsche verschwunden .
266
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.
Nach langem, mühseligem Aufstieg durch eine lassung eines Teils unserer Sachen , welche in ein grossenteils aus Ceanothus velutinus und var. laevi- Bündel geschnürt und an die erwähnte Kiefer auf gatus gebildete Gebüschwildnis, welche die ziemlich dünnen , grösstenteils aus Pinus ponderosa , Pinus
gehängt wurden , nach dem am Tage vorher ge Ehe wir den Lagerplatz ver
sehenen Berge auf.
Murrayana und Abies Douglasii bestehenden Wäl- | liessen, steckte der Indianer vier Stäbe schief in den Boden , deren Spitzen nach der Richtung zeigten, welche wir einschlugen. Es sollte dies ein Zeichen
der durchzog , erreichten wir eine Höhe von 4000 bis 4300 Fuss. Unterdessen bewölkte sich der Himmel und drohte mit Regen , wir beschlossen daher nicht weiter vorzudringen . Auf einer Lichtung eröffnete sich ein wundervoller Blick nach Nordwest auf eine Reihe gigantischer, schneegekrönter Bergspitzen, zu deren Füssen sich schmale Hoch-
fing bald darauf an zu regnen , während in den
thäler, mit Koniferen bewaldet, aufthaten . Inmitten
Bergen Hagelschauer niedergingen .
>
für etwa ankommende Indianer sein , dass vier Männer nach dieser Richtung hin in die Berge ge stiegen seien . Der Himmel hatte sich stark bewölkt, und es
dieser Felsen und Gebirgswildnis erhob sich eine breite bis zur Spitze mit Alpmatten bedeckte Bergpyramide, deren Entfernung in gerader Richtung
fällten Tanne, gingen eine Strecke über die Ebene dahin, wandten uns alsdann nach rechts und stiegen
etwa 15-20 Meilen betragen mochte ; da ich dort gute Beute zu machen hoffte, so beschloss ich, am
an den steilen Hängen des schon erwähnten Berges hinauf, dessen Gipfel von der merkwürdig geformten
Wir überschritten den Wildbach auf einer ge
nächsten Morgen dahin aufzubrechen. Nach kurzer Felsgruppe gekrönt wird . Der Aufstieg ging an Rast stiegen wir in eine tiefe Thalschlucht hinab,
fangs ohne allzu grosse Hindernisse vor sich , wurde
in welcher ein kleiner Bach hinabrauschte, der sich etwas weiter unten mit dem Hauptbache , an dem
jedoch nach und nach ziemlich beschwerlich. Bald stellten sich dichte Bestände von Pinus Murrayana
unser Zelt stand , vereinigte. Der erstere kommt ein, welche sehr mühsam zu durchdringen waren, von Nordwest und entspringt am Fusse eines mäch-
und denen sich in höheren Regionen solche von
tigen Gebirgsstocks, welcher in verschiedenen Zacken, Hörnern und scharfen Graten eine schöne grüne
Abies subalpina , Picea Engelmanni, untermischt mit Pinus flexilis, Tsuga Pattoniana und Pinus monti
Thalmulde umschliesst. Der letztere dagegen kommt von Norden und scheint seinen Ursprung in einem wildromantischen Felsenthal zu haben , das durch
cola anreihten . Abies Douglasii und Abies amabilis
einen imposanten, wild zerrissenen Schneegipfel abgeschlossen wird .
Fuss befanden .
An dem Bache traf ich zu meinem Erstaunen
verschwanden hier zwischen 3-4000 Fuss Höhe, während wir uns in einer Höhe von über 4000 Wo Pinus Murrayana zusammen
hängende Wälder bildet , wie dies z. B. hier der Fall war, sind dieselben von einer Dichtigkeit, wie
die schöne weissgraue , benadelte Picea Sicthensis, sie Bestände anderer Koniferen nicht aufweisen. Fuss im Durch die in ihrem Vorkommen fast ausschliesslich auf Die dünnen , kaum einen halben buchstäblich wie
messer messenden Stämme stehen die Küste und das Küstengebirge beschränkt ist. Während Hoyer und Skag gai dem Fisch- die Haare auf einem Kopfe. Diese Undurchdring fang oblagen , kehrte ich mit Mr. Bell ins Lagerlichkeit wird noch vermehrt durch schief gewachsene zurück. Wir fanden bergab steigend einen alten oder halbentwurzelte Stämme, welche sich quer da Indianerpfad , auf dem , wie mir Bell mitteilte, die zwischen legen und ein wahres Gewirr bilden, das Kappamuck - Indianer vor alten Zeiten über das Ge- man oft nur mit Hilfe der Axt zu durchbrechen birge stiegen , um die weiter nördlich wohnenden .vermag. Die schöne Pinus monticola , welche so >
Douglas-Indianer zu überfallen. Das Hauptgestein
sehr der Weymouthskiefer Pinus Strobus gleicht,
des Berges bildete ein fast schwarzer Thonschiefer, ist dagegen überall zwischen den anderen Koniferen welcher von Granit und einer anderen graugrünen
und zwar oft sparsam eingesprengt und bildet nie
Gesteinsart (Diorit) durchbrochen ist. Der Granit
zusammenhängende Forste. Dasselbe gilt im grossen
trat entweder in rundlichen Felsmassen zu Tage
ganzen
oder war in mächtigen Blöcken über die Abhänge zerstreut . Die graugrüne Gesteinsart , welche öfter Thonschichten einschloss , durchsetzte hauptsächlich
Aexilis , welche an ähnlichen Standorten wie diese Konifere gefunden wird. Die Urwälder begannen sich bei nahezu 5000
von
der
unserer
Arve
ähnlichen Pinus
das Urgestein in den unteren Partien des Berges
Fuss zu lichten , und es folgten Dickichte von verschie
und trat in stark verwitternden Felsgruppen zu Tage.
denen alpinen Sträuchern , welche aus Rhododendron albiflorum , Mentziesia globularis, Pirus sambucifolia
Wir erreichten noch vor Mittag unsern Lager-
und verschiedenen Vascinien bestanden, und deren
platz , woselbst auch nach einer Stunde unsere Ge- Undurchdringlichkeit noch durch Massen von ent fährten mit Forellen beladen eintrafen . Der Abend war ziemlich warm und der Him-
wurzelten Stämmen, die den Boden bedeckten , ver mehrt wurde.
mel bewölkt , und die Temperatur schwankte zwiEtwas über sooo Fuss fing das Gebüsch an sparsamer zu werden und verschwand endlich einige schen + 12 bis 14 ° Celsius. Am nächsten Morgen brachen wir unter Zurück- hundert Fuss unterhalb der Spitze des Berges , um
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.
267
Gerade in unseren Zeiten, wo das Arbeiterleben welche sich prächtige Alpmatten herumzogen, auf welche die aus Porphyr bestehende Felsmasse auf- in allen seinen Verhältnissen , vorzugsweise in Deutsch
Auf den Alpmatten blühten noch
land, zum Gegenstande von privaten und staatlichen
einige verspätete Alpenpflanzen, wie Saxifraga caespi-
Enqueten gemacht wird , kann es ein hohes Inter
tosa , Bryanthus glanduliflorus, Bryanthus empetriformis , Cassiope tetragona und Astern mit hellvio-
esse gewähren, Verhältnisse kennen zu lernen, unter denen Menschen, die das mindeste Maass von indivi
letten Blumen . Wir umgingen die Spitze des Berges
dueller Bequemlichkeit und von Anforderungen an das
und kamen , bald dichte Urwälder, deren Boden mit
Leben stellen , sich ihre notwendigsten täglichen
zahllosen umgefallenen Stämmen und dichtem Unterholz bedeckt war, durchquerend und an mit Rasen bewachsenen Abhängen dahinsteigend, zu einer schö-
Bedürfnisse erarbeiten müssen , ohne doch auch nur selber in die Lage zu kommen , für ihr späteres
nen mit Alpmatten bedeckten Thalmulde, wo wir
können, und dabei oft geradezu als Pioniere auf un
die Nacht zu verbringen beschlossen . Die Thalmulde wurde gegen West von einem nach Norden
betretenen Pfaden auch der Menschheit einen Dienst leisten . Gleichzeitig werden diese Auseinandersetzungen einen kleinen Beitrag liefern zu der zwei Erdteile
gesetzt war.
auslaufenden Berge abgeschlossen , welchem eine mächtige Felsenmauer aufgesetzt war, deren Wände >
nach der Mulde zu senkrecht abstürzten .
Diese
Mauer wurde überragt von zierlichen Nadeln, Tür-
Leben durch ihre Arbeit Sorglosigkeit erringen zu
sehr beschäftigenden Chinesenfrage, und vielleicht auch Ausblicke auf die Verhältnisse gewähren , die
men und Bastionen , und bestand aus einem wunder-
entstehen würden , wenn noch als dritter Erdteil
vollen rötlichen Säulenporphyr. Ein schmaler Grat
Europa an dieser Frage interessiert wäre .
Ohne
verband dieselbe mit dem vorderen Porphyrgipfel Chinesen wäre auf Sumatra der Tabakbau kaum und setzte sich , wie wir später sahen , nach Nord-
zu denken ; die Hauptarbeit kann nur durch dieses
west fort bis zu einem etwa 9-10000 Fuss hohen
Volk
Schneeberge, welcher in zahllosen Nadeln, Hörnern
Asiaten, wie z . B. Javanen , Madras- und Borneo - Leute dort beschäftigt, jedoch nur für leichtere Arbeiten . Das Urbarmachen und Pflanzen des Bodens führen nur Chinesen aus , deren eiserne Arbeitskraft und
und Zacken emporragte.
An den mit Rasen bedeckten Hängen fand ich
Oxyria digyna, einen kleinen braunen Ranunculus, verschiedene alpine Astern, Saxifragen , Arnica, Antennaria, Anemoneoccidentalis,eine hübsche kleine Gletscherweide , Poa alpina u. s. w. Wir bemerkten überall Spuren von Bergschafen
verrichtet
werden.
Wohl
werden
andere
Widerstandsfähigkeit es ermöglicht, in dem oft sehr ungesunden , fiebergeschwängerten Klima Mühen
und Bergziegen , welche hier sehr häufig zu sein
bei grosser Bedürfnislosigkeit zu ertragen. Dieser Grundsatz hat auch für andere tropische Distrikte und für andere Beschäftigungen Geltung.
schienen .
So halte ich es z. B. für eine vollkommene, durch
Als wir am Abend um das hellflackernde Lager- langjährige Erfahrungen bestätigte Thatsache, dass feuer herumsassen , hörten wir plötzlich Steine und nirgends in den Tropen, wenigstens mit asiatischen Felsbrocken von den Abhängen herabfallen , die von Arbeitern , dasselbe gute Resultat erreicht werden dem genannten Hochgebirgswild losgelöst wurden , kann, als wie mit Chinesen. das äsend dort herumkletterte.
Die Nacht war ziemlich kalt, und als wir uns
am Morgen von unserem Lager erhoben , war das Gras mit Reif bedeckt , der jedoch bald unter den Strahlen der Morgensonne dahinschwand. (Schluss folgt.)
Bedingung für eine gedeihliche Verwendung der Chinesen ist deren sachgemässe Heranziehung zu der entsprechenden Beschäftigung, ihre Beaufsichti gung und die Fähigkeit der Aufsichtsbeamten , sich Respekt und Zutrauen zu verschaffen. So glaube ich auch , dass die Neu -Guinea -Comp.
nicht eher eine gedeihliche Bodenbewirtschaftung erzielen wird, als bis sie die Frage der Vorteile Arbeiterleben
chinesischer Arbeiter als gelöst betrachtet und mit
auf den Tabakpflanzungen Sumatras.
allen Kräften dahin strebt , möglichst viele solche Arbeiter , aber keine Neulinge, in ihren Dienst zu
Von W. Danne (Deli auf Sumátra ).
nehmen .
Die folgenden Betrachtungen sind das Resultat
Denn arbeitskundige Chinesen werden
immer und unter allen Umständen mehr leisten, als
eines i sjährigen Aufenthaltes in Ost-Sumátra und der Eingeborene von Guinea oder aus dem englischen ebensolange währenden Beschäftigung mit Tabakbau . Die Berechtigung zu diesen Mitteilungen er-
oder deutschen Schutzgebiete der Südsee.
Freilich ist bei dieser Betrachtung hauptsäch
klärt sich aus dem Mangel an wahrheitsgetreuen lich an Tabakbau gedacht, welcher ein Produkt und eingehenden Schilderungen der Arbeiterverhält- ergibt , dass bei seinem relativ hohen Marktwert und nisse Sumatras 1).
rascher Realisierung des Kapitals im Vergleich zu
) A. v. Wencksterns trefflicher Aufsatz » Eine erfolg reiche Kolonie « im Jahrgang VII der » Nation « scheint dem
anderen Kulturen eine verhältnismässig teure Ar beitskraft, wie die der Chinesen , als vorteilhaft er
Herrn Verfasser entgangen zu sein.
scheinen lässt.. – Bei den mehrjährigen Kulturen
Die Red .
268
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.
von Kaffee, Thee , Kakao und anderen tropischen Bodenerzeugnissen , bei denen naturgemäss erst in
in den Dampfer einquartiert und direkt nach Su
durch chinesische Führer, sogenannte »Keh -taus« ,
drei bis fünf Jahren das angelegte Kapital umge-
mátra befördert.
setzt werden kann , und also auch nicht die rie
Früher ging es nach Singapore, da damals noch
sige, momentane Kraftentwickelung beansprucht
keine direkte Dampferverbindung mit China bestand.
wird , wie beim einjährigen Tabakbau , würde da-
An Bord leben die Leute auf dem Zwischendeck.
>
gegen die viel billigere Benutzung der weniger Von einzelnen Schlafplätzen kann natürlich nicht leistungsfähigen polynesischen Arbeiter sich als zweck- die Rede sein, da oft 800-1000 Kulis auf die ge mässiger erweisen .
wöhnlich nicht sehr grossen Küstensteamer ge
Im allgemeinen ist es nicht leicht , immer ge-
packt werden. Jeder macht es sich selbst so be
nügende Arbeitskräfte von China zu bekommen,
quem , wie es die Umstände erlauben : eine Matte,
obschon die Delipflanzer augenblicklich augenblicklich eigene Dampfer besitzen , die regelmässige Kulitransporte
auf die Planken gelegt , ein kleines Blöckchen von Holz oder bei Anspruchsvolleren von Bambus als
besorgen . Vor ungefähr zehn Jahren lagen die Verhältnisse aber noch so, dass die Chinesen nur mit allen möglichen und unmöglichen »tricks“ zu bewegen
Kopfkissen , dazu eine dünne Decke vom schlech testen europäischen Fabrikate vervollkommnen das primitive Lager. Kost erhalten die Emigranten geliefert: des Mor gens um 6 Uhr gewöhnlich Reis mit etwas gesal zenem Fisch und in Wasser abgekochtem Gemüse;
waren, ihre Heimat zu verlassen. Das Gehalt der Arbeiter liess sehr viel zu wün-
schen übrig; Gesindel, Räuber und Mörder, Bettler
mittags denselben Gang, nur wird dann meistenteils
und Leute ohne Gewissen und Wissen, die überhaupt
anstatt Reis der sogenannte „ Bubur« serviert, wel cher viel sparsamer ist, da hierbei der Reis in einer ungemein dünnen Wasserbrühe verkocht ist. Gegen
niemals gearbeitet hatten , entschlossen sich natürlich am leichtesten zur Uebersiedelung nach Sumátra.
Dort erwarteten sie Reichtum und Ueberfluss. An Sonnenuntergang kommt dann wieder die kompakte Versprechungen fehlte es seitens der sogenannten
Reistafel. Trotz des nach unseren Begriffen keines
Kuli-Broker nicht , und ein kleines Handgeld that wegs angenehmen Verbleibens auf solch einem das Uebrige .
Emigranten -Schiffe fühlen sich die Chinesen im all
Erwähnte »Brokers » sind die ins Asiatische über- | gemeinen schon im siebenten Himmel bei dem Ge
leben und gedeihen .
danken an die reichlichen Reisportionen der Menage denn in China ist Hunger und Armut zu Hause -, und wohlgemut legen sie sich auf den harten Planken mit wohlgefülltem Magen zur Ruhe, ganz hingenommen von dem Gedanken an den grossen
Augenblicklich sind diese Verhältnisse geregelt ; die Sumátrapflanzer haben ihre eigenen Kontore in
» Antong« (Glück) , der sie in Sumátra erwartet. Vorläufig haben sie freilich alle Zeit , sich die Zu
setzte Klasse von Menschen , die sich in verschiedenen Weltteilen verschieden nennen , Agenten, Kommissionäre, Vermittler, Werber u. s. w. –, aber überall mühelos von fremder menschlicher Arbeit
Hongkong, Swatow und Amoy, den hauptsächlichsten Ausfuhrplätzen in Süd- China. Die Agenten lassen gute und starke Feldarbeiter in den Dörfern selbst anwerben und nach den Hafenplätzen bringen . Wenn man die chinesischen Arbeiter fragt, wie sie dazu gekommen sind, Tabakpflanzer in Sumatra zu
kunft in den schönsten Farben auszumalen , da die
Ueberfahrt gewöhnlich acht Tage dauert.
Oft ge
schieht es auch, dass während der Fahrt wegen irgend einer Kleinigkeit ein kleiner Aufstand ausbricht. Ist z. B. der Reis zu hart oder weich gekocht,
dann finden sich stets einige Subjekte , die ihre
werden, dann ist auch heute noch sehr oft die Ant-
Kameraden zum Revoltieren aufhetzen . Wird es
wort, dass sie eigentlich ihren Eltern entlaufen sind
von seiten der Schiffsoffiziere rechtzeitig bemerkt,
aus Furcht vor Strafe, die ihnen , nachdem sie den
so schliesst man einfach die grossen Deckluken und mahnt die Leute zur Ruhe . Helfen Ueberredungs
Eltern Geld gestohlen und dieses in den berüchtigten chinesischen Hasardspielen verloren , gedroht künste nicht, dann thun einige Strahlen kalten hätte. Viele , sehr viele Arbeiter sogar sind in Wassers aus den Schiffspumpen geradezu Wunder ! China verheiratet und lassen dann die Frau im
Vor nichts nämlich hat der echte Chinese mehr
Stich , um sich in Sumátra Reichtum zu erwerben, da ihnen im Heimatland jede Aussicht dazu fehlt.
Wassers: er fürchtet sich auf echt chinesisch para
Sind diese Leute einmal ausgewandert , dann sieht
doxe Weise, dass der Kopf davon Läuse bekommt.
Angst, als vor der heilkräftigen Wirkung des kalten
man oft, dass ihnen der Gedanke, nachdem sie etwas
Uebrigens sind diese Art Aufstände gewöhnlich
erworben, zu ihrer besseren Hälfte zurückzukehren , nicht sehr verlockend erscheint, und dass sie vor-
sehr harmloser Natur , wenn ihnen nur mit Ruhe
und Entschiedenheit entgegengetreten wird .
Ohne
ziehen , irgend ein kleines Geschäft in den Hafen- Lärm und Streit fühlt sich der Chinese nun einmal plätzen Sumátras anzulegen. -
nicht behaglich.
Ist es dem erwähnten Kuli-Agenten in China In Singapore , ihrem vorläufigen Landungsplatz, gelungen , eine Anzahl von einigen hundert Leuten angekommen , werden die Kulis in den sogenannten zusammenzubekommen , dann wer den dieselben | Emigrantenhäusern untergebracht. werden
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.
269
jeden Komfort, gewöhnlich lange Holzschuppen mit einer Thür, damit die Kontrole über die Leute leichter ist. Denn jetzt ist der Kuli barer Geld-
» Sumátrans« . Der kleine Dampfer wird fortwährend von Seen überstürzt , und die armen Kulis , einge keilt zwischen Körben mit Schweinen , Zwiebeln und (o Ironie des Schicksals ! ) den feinsten Ananassen,
Hunderte von Privatspekulanten umlungern
werden ganz durchnässt, leiden sehr von der See
täglich die Häuser , um dem rechtmässigen Impor-
krankheit und kommen endlich mit bedeutend ver minderten Illusionen in Seelawan , dem Hafenplatze
Diese Gebäude sind natürlich ohne allen und
wert .
teur der lebenden Waare
dieselbe durch höhere
Geld- und Gewinnversprechungen abspenstig zu machen und zum Weglaufen zu bewegen.
Delis auf der Ostküste Sumátras, an .
Etwas anders gestaltet sich das Anwerben der
Während des Verbleibs in diesem Depot darf sogenannten » Lau-kehs«, wörtlich alten Leute, d. h . der angeworbene Arbeiter dasselbe nicht verlassen . Hier wird er auch vor den sogenannten » protector
derjenigen, die schon in Indien gearbeitet haben, sei es als Minenarbeiter oder Landbauer in den
of Chinese« geführt, einem englischen Beamten, der
Straits -Settlements. Es wird dann gewöhnlich ein
ihn pro forma ausfragt, ob er auch freiwillig sein
europäischer Assistent nach Singapore oder Penang
Land verliess, um nach Sumatra zu gehen . Die meisten Kulis stehen derart unter dem Einfluss des
geschickt, um mit Hilfe seiner eigenen chinesischen Aufseher die nötige Anzahl Leute zu engagieren .
Kuli- Brokers, dass sie diese Frage uniform mit pja «
Einen eigenartigen Eindruck gewährt das erste
beantworten, wenn auch gerade das Gegenteil der Erscheinen der meist schon lange ersehnten Kuli truppe vor dem Administrateurhause in Deli .
Fall ist .
Jedoch habe ich auch einen Fall erlebt , der
Es
ist ein grosser Unterschied zwischen dem Benehmen
für die Vortrefflichkeit dieser Einrichtung spricht. der » Sing-kehs«, der neuen Leute, und dem der Es handelte sich dabei um zwei Brüder ,, die wir zusammen mit einer grösseren Anzahl Arbeiter von Singapore erhielten. Eines Tages kam von dort ein Brief, worin wir ersucht wurden, die erwähnten zwei Kulis zurückzuschicken , da von China seitens der betreffenden Eltern Bericht gekommen sei , dass ihre Söhne nicht freiwillig mitgegangen wären. Die
» Lau -kels« . Erstere sind so verdutzt von dem neuen
Eindruck, den die fremde Umgebung auf sie macht, dass sie sich direkt auf ihre Kleidertonne setzen
und dabei absichtlich nonchalant den üblichen Fächer
in Bewegung setzen ; überall aber umherspähend und vor allem die » orang oppas«, Wachtleute, die jeder Administrateur hält, und die sich bei solcher
Leute mussten zurückgeschickt werden; der schul- | Gelegenheit sofort einfinden, mit grossem Respekt dige Broker aber wurde in Singapore gerichtlich
betrachtend, ohne zu ahnen , welche Unannehmlich
weiter verfolgt . Auch die Kontrakte mit den verschiedenen
keiten ihnen dieselben noch bereiten können . Jeder Kuli wird vom Administrateur mit seiner
Estaten werden in Singapore abgeschlossen. Jeder Personalbeschreibung und Photographie verglichen. Kuli wird photographiert, und es erfolgt eine sehr genaue Personalbeschreibung auf Länge in Centimetern , besondere Kennzeichen , Alter und Stamm . Der Protektor überzeugt sich ferner mit Hilfe eines Doktors, ob auch jeder einzelne Mann gesund und
Mann für Mann wird gefragt, ob er auch den üb lichen Vorschuss von 30 Dollar empfangen hat,
damit später , wenn der Kuli bei der Abrechnung belastet wird, keine Reklamationen eintreten können.
kräftig ist. Den stereotypen Ausdruck »fut for field work « erhalten aber leider auch Individuen , die so
ta
schwach -kränklich sind, dass sie bei Ankunft auf der
Estate direkt ins Hospitalaufgenommen werdenmüssen . Nachdem nun noch der Kuli-Broker den Leuten
gegen unmöglich hohe Preise kleine Tonnen ver
kauft hat, zum Aufbewahren ihrer Habseligkeiten, bestehend in einer kleinen Esschale nebst obligaten Esstäbchen , etwas Tabak von furchtbarem Geruch
und Geschmack nebst Pfeife, einer wollenen Decke und einem Fächer, versieht er sie auch mit einem neuen Anzug , Hose , Jacken und grossem Bambus hut. Von den 30 Dollar Vorschuss, die der Kuli beim Kontraktzeichnen erhielt, besitzt er noch wenig , das meiste wanderte für Ausrüstung in die Taschen
Grundriss chines. Arbeiterwohnungen ( Congsie -Häuser) am Pfanzwege . AA = Congsie - Häuser. B = Tandil -Haus. C - Küche mit Feuerstellen 2.
dddd - Brunnen . ei - eg = Schlafbänke.
F = Opfertische mit Götzenbild .
des hilfsbereiten Brokers , der jetzt , versehen mit
den registrierten Kontrakten und Photographien , die
Wenn jeder Kuli seine laufende Nummer , auf
Leute auf der Ueberfahrt nach Sumátra begleitet. einem Stück Kartonpapier oder Hölzchen – chine Ist die Strasse von Malakka ruhig , dann bedeuten Oft aber ist
sisch das »peikia « – erhalten hat, wird ein Auf seher benannt, und es steht dem Einzuge in die
schlechtes Wetter , und es wehen die sogenannten
sogenannten Congsiehäuser nichts mehr im Wege.
die 48 Stunden Seefahrt nicht viel .
270
Geographische Mitteilungen.
Neulinge, Sing -kehs, erhalten bei dieser ersten Musterung gewöhnlich kein Geld, nur in Ausnahmefällen , wenn geklagt wird , dass ihnen in Singapore bereits alles abgenommen , einen halben Dollar Vorschuss. Es ist jetzt beinahe auf allen Plantagen eingeführt,, dass
direkt an , so dass unten und oben ein Zwischenraum von 2' bleibt.
Ein unerlässliches Möbel in jeder chinesischen Wohnung bildet der „ Toapekong “ , ein Götzenbild, das, auf dickem chinesischem Papier gemalt, den Be sitzer und zweitobersten Gott der Menschheit darstellt,
in der ersten Zeit das Essen geliefert wird , sei es durch den betreffenden Aufseher, Tandil, sei es dass
umgeben von den Gestalten des guten und bösen
der Besitzer des chinesischen Kaufladens auf der
Geistes.
Estate damit beauftragt wird. – Aus verschiedenen Gründen hat diese Bestimmung sehr viel für sich . -
hält , ist nach chinesischen Vorschriften genau be stimmt. Die Hauptsache dabei ist, dass der » grosse
Ganz abgesehen davon , dass dadurch den Leuten das Weglaufen bedeutend erschwert wird , denn ohne Geld gelingt es dem Kuli nur selten , sich den
Der Platz, den dieses Bild im Hause er
Herr « nicht auf die Schlaf- und Wohnplätze sehen darf, wahrscheinlich in der ganz logischen Voraus setzung , dass ihm dann zu viel Aergernis geboten
in solchem Falle rasch veranstalteten Nachforschungen
und er bei eventuellen Nachforschungen in üble
zu entziehen , - ist schon der Umstand schwer-
Laune gerathen würde.
Gerade gegenüber dem
wiegend genug, dass die Sing -kehs, wenn sie selbst ihr Eingange erhebt sich die kleine Stellage, worauf Essen bereiten müssen , in der ihnen gewährten
das Bildnis prangt , umgeben von Opferstöckchen
Mittagspause von zwei Stunden nicht damit fertig und einigen kleinen Schüsseln mit Reis und Thee. — werden . Denn die Arbeitszeit wird streng einge halten ; sowie das Signal ertönt, muss jeder Arbeiter an seine Arbeit gehen – und mancher Sing -keh wohl mit leerein Magen ohne diese Einrichtung . Später , wenn der Neuling mit den Ortsverhält nissen bekannt ist und sich einzurichten weiss, ent fällt natürlich das sogenannte Congsie-Essen : dies der Name, den der Chinese der gemeinschaftlichen
Abfütterung gegeben hat. Congsie heisst Gemeinschaft , Bund, Abteilung und wird von den Pflanzern vielfach gebraucht, z. B. Congsiehäuser, wo eine bestimmte Anzahl Kulis unter je einem chinesischen Aufseher wohnt, ferner in dem direkten Sinn
für Abteilung, wie erste, zweite u . s. w . Congsie. — Die Congsiewohnungen sind meistens, wenig
(Schluss folgt.)
Geographische Mitteilungen . (Murray .) John Murray, Chef der bekannten Londoner Buchhändlerfirma gleichen Namens, ist am
2. April d. J., 84 Jahre alt, gestorben. Er war geboren am 16. April 1808, studierte auf der Universität Edin burgh und trat 1828 in das Geschäft seines Vaters. Durch die Herausgabe seiner » Handbooks for Travellers on the Continenta , deren erstes im Jahre 1836 für » Holland,
Belgium , Northern -Germany, Prussia (Rhine) « erschien , brachte er eine neue Richtung in die Bearbeitung der » Reisehandbücher«. In der Vorrede zur 3. Auflage des Führers durch Deutschland sagt Baedeker : » Als Grund lage hat beim ersten Erscheinen das vom Buchhändler
stens für die Feldarbeit, für 36-40 Arbeiter be- Murray zu London herausgegebene berühmte ,Hand book for Travellers in Northern- and Southern -Germany ,
rechnet und bestehen aus zwei parallel zu einander stehenden , getrennten Häusern für die Arbeiter, einem kleinen Tandilhaus und einer gemeinschaft-
das rote Buch der Engländer gedient , ohne welches keiner das Festland betritta . Band II von Murrays Handbook folgte 1837 für Bavaria , Austria, Tirol, Salz
lichen Küche. Bei der inneren Einrichtung wird
burg. Es kamen dann 1838 : Switzerland, Savoy, Pied
dafür gesorgt, dass die Kontrole übersichtlich ist und jeder Kuli seinen bestimmten Platz erhält. Viel-
mont; 1839: Danemark, Norway, Sweden, Russia. Heute ist die Reihe von » Murrays Handbooks« eine ausser
fach sind die sogenannten Schlaftafeln eingeführt :
ordentlich grosse ; das zuletzt mir bekannt gewordene
lange Tische von 7 ' Länge bei einer Breite von 312-4 . Es gibt selbst eine Holzsägerei in Deli , wo dieselben zu kaufen sind, sonst lässt man sie
ist » A Handbook for Travellers in Japan « . Darwins
von dem chinesischen Zimmermann , der auf jeder
Werke und Yules » Marco Polo « sind ebenfalls in
Murrays Verlage erschienen . Auch Bates' berühmtes Buch » The Naturalist on the River Amazonas « ( siehe
S. 191 d. Bl.) erschien 1863 in seinem Verlage , und
Estate zu finden ist , anfertigen . Die alte Sitte, es infolge Murrays warmer Empfehlung wurde Bates jedem Kuli zu überlassen, sich aus kleinen Stücken im Jahre 1864 zum Sekretär der Londoner Geogr. Ge und Baumrinde einen tampat tidor — Schlafplatz sellschaft gewählt, der er während 27jähriger Thätig selbst herzustellen , findet man nur auf Estates, keit hohe Dienste leisten sollte. (Mitteilung von Dr. die entweder infolge schlechter Geschäfte oder aus Wolkenhauer in Bremen .) (Erweitertes Museum für Völkerkunde in Konservativismus beim Althergebrachten stehen ge blieben sind. - Zu beiden Seiten des Raumes | Leipzig . ) Diese bekannte Anstalt, welche von einem stehen die Tafeln aufgereiht, ein breiter Gang in treuen Mitarbeiter dieser Zeitschrift, Herrn Dr. H. Obst, der Mitte dient zum Verkehr. Sechs grosse Luken geleitet wird, soll auf neuer Grundlage eine wesentliche ihres Wirkungskreises erfahren. Die beiden ermöglichen die gute Ventilation , für die ohnehin Erweiterung Forschungsreisenden Reis und Stübel nämlich, welche schon gesorgt ist , da Dächer und Wände dieser für die geographische Erschliessung ferner Länder -Gebäude nur mit dem sogenannten Athay, einem vorab Südamerikas - so Bedeutendes geleistet haben , Blatt-Produkt der Nipapalme, bekleidet sind. Die gehen mit der Absicht um , in der durch ihre centrale Wand schliesst sich weder an Fussboden noch Dach
Lage und durch ihre mannigfachen Hilfsmittel hiefür
Litteratur. 271
sich besonders eignenden Stadt Leipzig ein »Museum
sammengetragen und benutzt worden , und schon darum wird das
für Länder- und Völkerkunde « einzurichten, zu welchem
Buch , das zunächst zur Einführung in die Photogrammetrie be
die bereits vorhandenen, wie auch die von den genannten
stimmt ist , allen Interessenten von Nutzen sein .
Forschern mitgebrachten Sammlungen den Grundstock
ist in der photogrammetrischen Litteratur schon vor mehreren Jahren mit einer Methode der Küstenaufnahme und einem Per
bilden sollen. Man hofft, dass dann mit der Zeit auch von seiten anderer Reisender Beiträge geliefert werden ;
und insbesondere wird dahin gestrebt , dass die von
solchen geführten Tagebücher dem Museum übergeben werden möchten , um dieselben dort gut verwahrt und vor der Gefahr behütet zu wissen , dass deren Inhalt der
wissenschaftlichen Verwertung entgehe. Der einstweilen nur in seinen Grundzügen bekannt gewordene Gedanke ist jedenfalls richtig und verdient es, dass von beteiligter Seite für seine gedeihliche Verwirklichung das Mögliche
Der Verfasser
spektographen hervorgetreten und hat seitdem alle Erscheinungen auf diesem Gebiete mit Verständnis verfolgt. Zeugnis dafür ist das vorliegende Buch. Dass er der photogrammetrischen Praxis näher getreten wäre , lässt sich aus dem Geiste , in dem das Buch geschrieben ist , nicht schliessen . Der Verfasser spricht
von einer neuen Blüteperiode der Photogrammetrie in unserer Zeit . Für die Litteratur mag das gelten , ob für die Praxis , das ist sehr die Frage . Hier kommt es vor allem auf das Bedürfnis an . Wo das gegeben oder anerkannt ist , wird auch die Photo grammetrie benutzt , so z. B. bei den italienischen Alpenauf
nahmen durch Paganini , bei den preussischen Architektur
geschehe. (Leipz. Illustrierte Zeitung vom 16. April 1892. )
aufnahmen durch Meydenbauer, oder den Tracierungsstudien
(Sibirische Universität ) Mit dem Jahre 1887
von Pollack . Die Franzosen dagegen haben kein Bedürfnis, ihre miserablen Alpenkarten zu verbessern , und darum steht in Frankreich die photogrammetrische Terrainaufnahme heute noch auf dem Standpunkte von Laussedat. Ueberlegungen wie die
ist in Tomsk die viel genannte sibirische Hochschule, zu welcher Private ein Gründungskapital von 200 000 Ru beln zur Verfügung gestellt hatten, wirklich ins Leben getreten. Zunächst wurde nur diejenige Fakultät be gründet, welche sonst jungen Universitäten am längsten vorenthalten zu bleiben pflegt, die medizinische, und um derselben eine notdürftige Anzahl von Studierenden zu
des Verfassers : » Wie oft kommt inan nicht in die Lage , Formen und Grössenverhältnisse eines Gegenstandes bestimmen zu müssen,
ohne dass man an dem Gegenstand selbst Messungen vornimmt U. S. W.« können nur die Häufigkeit theoretischer Betrachtungen über die Photogrammetrie, nicht aber die Seltenheit ihrer An
sichern, mussten gewisse , das Studium erleichternde Ver fügungen getroffen werden, so z. B. die, dass auch von
wendung erklären , für letztere ist maassgebend : »Wie selten
den Seminarien aus unmittelbar an diese Universität über
so unbedingt nötig zu haben , dass man sich entschliesst, eigens
gegangen werden konnte. Gleichwohl erreichte die An zahl der Immatrikulierten im ersten Jahre nicht ganz
die Zahl 100 , und erst jetzt ist sie auf 262 angestiegen , von denen 90 dem asiatischen Russland angehören. Nur
kommt man in die Lage , unzugängliche Dimensionen u. s. w . dazu umständliche Konstruktionen zu studieren oder teure Ap
parate zu bauen «. Mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der photogrammetrischen Praxis könnte man die photogram metrischen Methoden füglich in drei Klassen einteilen : 1. in
durch die Gewährung beträchtlicher Stipendien, sowie dadurch, dass man relegierten und im Geruche nihilisti
solche, die genaue und relativ einfache Konstruktionen geben , aber nicht oder nur selten gebraucht werden , weil sie teure Apparate voraussetzen ; 2. in solche , welche einfache Apparate
scher Gesinnung stehenden Studenten hier eine Art
voraussetzen, aber keine Anwendung finden , weil die Konstruk
bereitete, vermochte man die Hörsäle notdürftig zu füllen ;
tionen ungenau und umständlich sind oder zu viel gegebene Stücke voraussetzen ; 3. in solche, die zumeist überhaupt noch
auch dürfte der äusserst billige Lebensunterhalt in Tomsk eine gewisse Anziehungskraft ausüben . Immerhin ist die neue Bildungsanstalt mit Hilfsmitteln in gar nicht zu
verachtender Weise ausgestattet: es gehören zu ihr ein anatomisches Theater, ein physikalisches und chemisches Laboratorium , ein pathologisches Institut, ein archäo logisches und ethnographisches Museum , sowie eine nicht unbedeutende Bibliothek. Von akademischen In stitutionen in unserem Sinne weiss der sibirische Stu
dierende freilich nicht viel , denn die in der kleinen Stadt
leicht
zu
handhabende
Aufsicht
ist
überaus
streng , und die russische Sitte , Personalkontrole über
den Vorlesungsbesuch durch regelmässiges Nachzählen
nicht probiert sind und vor deren Anwendung zumeist dringend Von letzteren , die in der photogram metrischen Litteratur vielfach einen breiten Raum einnehmen ,
gewarnt werden müsste.
finden sich , wie rühmend hervorgehoben werden soll , nur ver einzelte in Schiffners Buch . Zu ihnen gehört die Bildweite
bestimmung (S. 43 , 3 ) mit Hilfe von Sonnenaufnahmen und gleich zeitiger Markierung des Schattens eines Stabes in einer horizon talen Ebene. Dagegen dürfte die Bestimmung der Horizontal. linie mittels wiederholter photographischer Aufnahme der Sonne und ihres Spiegelbildes in einem Horizont sehr praktisch sein , sobald man den Rat des Verfassers nicht befolgt, den Horizont genau in die Höhe der Objektivmitte zu stellen. Ballonaufnahmen, die zu photogrammetrischen Konstruktionen benutzt werden kön
eine bekanntlich auch im Deutschen Reichs
nen , sind nach des Referenten Erfahrung noch aus 3500 m rela tiver Höhe möglich. Technisch schwierig und unpraktisch wäre es, dabei die Platte genau horizontal zu halten , da man selten
tage zur Verhütung ungültiger Abstimmungen beliebte Maassregel – wird mit grösserer Strenge geübt, als
gerade das senkrecht unter der Bahn des Ballons liegende Ge
auf den anderen russischen Universitäten . (Münchener Hochschulnachrichten .)
nützung der photographischen Magnetnadel als Orientierungs
der im Vorzimmer aufgehängten Hüte und Ueberzieher zu üben
lände aufzunelimen wünscht. Damit muss man auch auf die Be
element verzichten , welche nach des Referenten Meinung nur
bei Einrichtungen für photogrammetrische Wolkenbeobachtungen , die aber mangels eines dringenden Bedürfnisses bei uns nicht angestellt werden , am Platze wäre. Bezüglich der Panoramen apparate vertritt der Verfasser allzusehr den Standpunkt der
Litteratur. Die photographische Messkunst oder Photogram
metrie , Bildmesskunst , Phototopographie
von
Franz Schiffner. Halle a . S. 1892. Knapp. VII u. 134 S.
In drei Teilen ( I. Teil: Die Photogrammetrie für Anfänger; II . Teil : Geschichte der Bildmesskunst ; III . Teil : Die Photo .
betreffenden begeisterten Erfinder. Dem Referenten sind höchst anerkennenswerte Leistungen solcher Apparate zu Gesicht ge kommen, und trotzdem muss er gestehen , dass sie für die Photo grammetrie weder einen Gewinn in Bezug auf Genauigkeit, noch auf Vereinfachung der Konstruktion bedeuten .
grammetrie für Vorgebildete) wird eine recht vollständige Auf
Unsere Bemerkungen sollen nur zur kritischen Prüfung des
zählung der photogrammetrischen Methoden von den Anfängen
reichen Inhaltes von Schiffners Buch nach der instrumen
bis auf die jüngste Gegenwart gegeben. Mit grossem Fleisse ist
tellen und technischen Seite hin Anlass geben , keineswegs aber
die zerstreute, nicht immer bequem zugängliche Litteratur zu
von der Lektüre abschrecken . Im Gegenteil wird man nicht
Litteratur.
272
leicht gleich vollzählig und knapp alles Theoretische der Photo
Seiten hin biologische Anschauungen der Geographie dienstbar
grammetrie beisammen finden . Das Ueberwuchern der Theorie in der Bildmesskunst ist nur ein Beweis dafür, wie leicht es ist ,
gemacht worden, von Grisebach , Christ , Volkens , Schim per , von Kerner selbst und vielen anderen , aber noch nie mand hat jenen Standpunkt in gleichem Umfange und gleicher
für alle Fälle Methoden und Konstruktion ausfindig zu machen, während andererseits die Erfahrung lehrt , wie schwer es ist , auch nur die einfachsten davon in die Praxis überzuführen .
Hier
von aber hängt es ab , ob die neue » Blüteperiode« der Photo grammetrie auch Früchte tragen wird . München .
S. Finsterwalder.
Pflanzenleben . Von A. Kerner von Marilaun. 2 Bde. Leip zig und Wien, Bibliographisches Institut , 1890, 1891 . Eine Besprechung des obigen Werkes mag etwas ver spätet erscheinen , da dasselbe schon vor über zwei Jahren zu
erscheinen begonnen hat. Da indessen das ganze Werk erst seit einigen Monaten vollendet vorliegt , so sind wir erst jetzt im stande, dasselbe vollständig zu überblicken.
Die Verlagsbuchhandlung hat sich mit der Herausgabe jener Sammlung naturwissenschaftlich -geographischer Handbücher, denen Kerners Pflanzenleben angehört , grosse Verdienste erworben . Es sollte ursprünglich wohl nur das ältere, populärere Tier leben von Brehm auf anderen Gebieten fortgeführt werden. Die Namen der für das Unternehmen gewonnenen Autoren garan tierten von vornherein dafür, dass diese Fortsetzungen dem An
fangswerke ebenbürtig sein würden. Aber diese Erwartungen sind weit übertroffen worden . » Popularisierung der Wissenschaft «
ist eine jetzt viel gehörte Parole. Wissenschaftliche Ergebnisse und Probleme, besonders der Naturwissenschaften, sollen in weitem
Umfange zu Bestandteilen der allgemeinen Volksbildung gemacht werden, un die grossen Massen zu belehren, zu verziehen « und zu »veredeln « . Es liesse sich manches über solche Bestrebungen sagen , welche vielfach gut und edel gemeint sind, aber oft in den Händen Unberufener melir Missverständnis und Unheil als Nutzen stiften und damit zugleich die Wissenschaft selbst dis
kreditieren. Die Behandlung dieses Themas wäre sehr dankens wert , würde aber dem Urheber wenig Dank einbringen und ge hört im übrigen nicht hierher. Man kann unter Popularität noch einen anderen Begriff verstehen , nämlich das Bestreben , die Wissenschaft ihres strengen Gewandes soweit zu entkleiden , dass der allgemein Gebildete , der zum Nachdenken befähigte und geneigte Laie, befähigt und geneigt wird , den Ergebnissen und Hauptproblemen, der Denkweise und Methode der Wissen
schaft Interesse entgegenzubringen. Das ist jene Popularität , in welcher die Engländer unsere Meister sind , durch welche jen seit des Kanals so viele hervorragende, » dilettantische « Förderer der Wissenschaft entstanden sind . Von diesem Standpunkte aus müssen wirNeumayrs Erdgeschichte, Rankes Menschen , Ratzels Völkerkunde und Kerners Pflanzenleben als Werke bezeichnen ,
Vielseitigkeit auf alle Gebiete der Botanik angewendet. Aller dings soll das Werk in erster Linie ein botanisches , und nicht ein pflanzen -geographisches sein . Es sind daher nicht geogra
phische und physiognomische Momente , sondern botanische für die Anordnung des Stoffes maassgebend gewesen . Aber wenn auch infolgedessen das Studium des Werkes vom geographi schen Gesichtspunkte grössere Arbeit macht, so darf dieselbe uns
doch nicht verdriessen , da das Ergebnis reichlich lohnt. Ein ge naueres Eingehen würde eine besondere Abhandlung erfordern ; wir können hier nur auf das Werk selbst verweisen .
Nur eines
vermissen wir : die unendliche Fülle des Inhaltes, die erschöpſende
Bearbeitung des gesamten , zur Zeit vorhandenen Materials neben den eigenen Erfahrungen eines langen , wissenschaftlichen Lebens hätte wohl auch in einem » populären « Werke die Anführung anderer Forscher und der Quellenwerke wünschenswert gemacht. Der zweite Band, 842 Seiten stark , betitelt sich » Geschichte der Pflanzena . Wer darunter eine Entwickelungsgeschichte der Pfanzenstämme im Laufe der geologischen Zeitalter verstehen wollte , würde sich allerdings getäuscht sehen. Bislang , sagt
Kerner , ist diese njüngste der botanischen Disciplinen noch nicht zu einem befriedigenden Abschlusse gelangt« . » In einigen Decennien dürfte es vielleicht möglich sein , auf Grund des bis dahin gesichteten Urkundenmateriales aus alter und ältester Zeit eine sorgfältig ausgeführte Geschichte der Pflanzenwelt zu schrei ben , heute muss ich mich noch bescheiden , eine Skizze der in
der Pfanzenwelt sich vollziehenden Veränderungen in allgemeinen Umrissen und vielfach noch in verschwommenen Linien vorzu
führen . « (II, pag. 5. ) Den Ausgangspunkt bildet der erste Ab
schnitt des zweiten Bandes, » Die Entstehung der Nachkommen schaft « auf vegetativem und geschlechtlichem Wege. Der zweite Abschnitt, » Die Geschichte der Arten « , geht ein auf das Wesen
und die Formänderungen, Ursprung, Verbreitung und Aussterben derselben .
Auch hier finden überall die biologischen Verhält
nisse eine der Tendenz des Werkes entsprechende Würdigung. Den Angelpunkt des Ganzen bildet wohl die eigentümliche, vom
Verfasser vertretene Ansicht über die Umformung der Arten . » Die durch den Wechsel des Bodens und Klimas bewirkten
Veränderungen der Gestalt und Farbe « , heisst es, verhalten sich nicht in der Nachkommenschaft; die Merkmale, welche als Aus
druck dieser Veränderungen in Erscheinung treten , sind nicht beständig« . (II , pag. 507.) » Alle Veränderungen der Gestalt , welche sich in der Nachkommenschaft erhalten, kommen nur im
Gefolge eines Befruchtungsvorganges zu stande, d . h . neue Arten
welche dem Begriff edelster Popularität in unübertroffener Weise
können nur auf dem Wege der Befruchtung entstehen ; das
entsprechen . Es gehört dazu eine dem Gebildeten verständliche Darstellungsweise , aber auch ein gewisses Fingehen auf wissen
Blühen und die Befruchtung ermöglichen das Entstehen neuer Arten .« ( II , pag. 581.) Darum sind Anpassungs- und Vervoll kommnungstheorie hinfällig ; eine dritte Theorie, welche als „ Ver einfachungstheorie « bezeichnet werden kann , » stützt sich auf die
schaftliches Detail. Und so sind jene Werke nicht allein populäre Handbücher geworden , sondern können auch dem Wissenschaftler selbst als Kompendien vielfache Dienste leisten . Sie gehören und finden sich
nicht allein in Bibliotheken des Freundes der
Wissenschaft, sondern auch des Gelehrten , zumal des Geographen . Kerners Pfanzenleben stellt sich den genannten Werken
ebenbürtig zur Seite. Es zerfällt in zwei Bände, von denen der erste auf 734 Seiten nach kurzer historischer Einleitung die Ge stalt und das Leben der Pflanze behandelt , d. h. genauer die Zelle und Zellverbände, Ernährung und Stoffwechsel, das Wachs tum der Pflanze und die Morphologie der vegetativen Organe. Das scheinen alles Dinge zu sein, die nur den Botaniker inter
essieren ; aber durch den Standpunkt des Verfassers erhalten sie eine ganz andere Beleuchtung. Wir haben früher darauf hin gewiesen, wie sich während der letzten Jahrzehnte in der Botanik und Pflanzengeographie eine neue , eigentümliche Richtung ent wickelt hat, die biologische , welche bemüht ist , die Formen gestaltung des Pflanzenreiches in ihrer Abhängigkeit von den äusseren Lebensfaktoren zu beobachten und anatomisch-physio logisch , d . h. kausal zu erklären. Auch Kerner vertritt diese Richtung ; die biologische Betrachtungsweise bildet den Schwer
punkt seines ganzen Werkes. Schon vorher sind nach vielen
Erfahrungen, welche die Gegenwart an die Hand gibt , und lässt sich in dem Satze zusammenfassen , dass alle in der Nachkommen
schaft sich erhaltenden Veränderungen der Gestalt durch Kreu. zung , beziehentlich durch Vermischung zweier , ihrer Konsti tution nach verschiedener Protoplasten zu stande kommen « . (11 , pag. 586.) » Genau genommen ist es ja auch eine Umprägung, welche hierbei stattfand , nur erfolgte sie nicht unter dem unmittelbaren Einflusse des veränderten Klimas, wie es die Anpassungstheorie, und ebenso wenig durch ein den Arten inne wohnendes Vervoll kommnungsprinzip , wie es die Vervollkommnungstheorie an
nimmt, sondern durch die Veränderung der specifischen Kon stitution des Protoplasmas infolge der Kreuzung « . (II , pag: 587. )
Es ist hier nicht angebracht, auf ein solches biologisches Pro blem weiter einzugehen ; die Kernersche Theorie und die Kraft der zu Grunde liegenden Induktionen wird wohl mancherlei Dis kussion und Widerspruch hervorrufen . Potsdam.
Erich Goebeler.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft e bendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 30. April 1892.
Jahrgang 65, Nr. 18.
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7 .-- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
MDCSL
In- und Auslandes und die Postämter .
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5, zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
2. Drei
Inhalt : 1. Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay. Von H. Greffrath (Dessau). S. 273.
Karten von Gerhard Mercator. Von Ernst Fischer (München). (Schluss.) II. S. 275. – 3. Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia . Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio). ( Schluss.) S. 280. 4. Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras. Von W. Danne (Deli auf Sumátra ). (Schluss.) S. 284. – 5. Geographische
Mitteilungen. (Betrag der Denudation durch Niederschläge; Schema für phänologische Beobachtungen ; Der Nicaragua -Kanal.) S. 286 .
6. Litteratur. ( Jäger ; Reicke -Schack ; Metzger.) S. 287 .
Die westaustralische Forschungsreise unter
man das in 26 ° 45 ' südl . Br. und 129 ° östl. L. von Gr. an der Grenze der Kolonie Westaustralien
David Lindsay .
gelegene Blyth Range passierte, bis zum 3. Oktober,
Von H. Greffrath (Dessau).
wo man das Fraser Range erreichte, also 2 12 Monate
Wir haben in Jahrgang 64 , Seite 598 , über den Anfang einer Expedition berichtet, welche der
einen Tropfen Wasser behelfen .
reiche Grosskaufmann und Squatter Sir Thomas
Queen Victoria Springs anlangte, hatte man auf der
lang, mussten sich die Kamele einmal 24 Tage ohne Als man bei den
Elder in Adelaide, Kolonie Südaustralien, auf seine Länge von 400 Miles (644 km ), die man in 35 Tagen Kosten ausgerüstet und unter der Leitung des
zurücklegte, kein Wasser gefunden, und da auch
Mr. David Lindsay zur Erforschung des noch
diese sog. Springs trockene waren, musste man noch weitere 150 Miles ( 240 km ) marschieren , bevor man welches fand. Am 14. Oktober traf man in der Esperance - Bai ein . Die Kamele , von denen unterwegs drei verloren gingen , waren so vollständig
unbekannten centralen und nördlichen Westaustralien
u . s. w . ausgesandt hatte.
Die Karawane bestand
aus 13 Personen und 42 Kamelen. Die grossen Erwartungen , welche man auf den Erfolg setzte,
haben sich nicht erfüllt. Mr. Lindsay sollte zu- erschöpft , dass eine Rast bis Ende Oktober ein nächst von dem Everard Range in 27 ° 9 ' südl. Br.
treten musste. Man reiste dann durch Eukalypten
und 132 ° 28 ' östl. L. von Gr. aus in westnord-
wald und strauchartige Eukalypten ( Mallee) mit
westlicher Richtung auf den oberen Lauf des in 27 ° 35 ' südl . Br. und 114 ° 4 ' östl. L. von Gr.
saltbush , Atripler vesicaria , und bluebush , Kochia sedifolia, nördlich in der Richtung auf die Hampton Plains in 30 ° 55 ' südl. Br. und 122 ° 25 ' östl. L.
0
mündenden Murchison R. , wo kürzlich durch Mr.
Macpherson Gold entdeckt wurde , reisen . Anstatt dessen lenkte er, nachdem er das Barrow Range in 26 ° südl . Br. und 127 ° 27 ' östl . L. von Gr. passiert hatte , auf einer schon bekannten Route die
von Gr. Man kam dabei an verschiedenen trockenen
Reise südwestlich auf die Queen Victoria Springs in
bush genährt hatten , aus Mangel an Wasser nicht mehr fressen und zeigten bedenkliche Schwäche. Da nun bei der entsetzlichen Hitze von 72 ° C. (?) im
30 ° 27 ' südl. Br. und 123 ° 24 ' östl . L. von Gr. und dann über das Fraser Range in 31 ° 55 ' südl . Br. und 122 ° 28 ' östl. L. von Gr. . nach der Espe0
Salzseen vorbei , aber geniessbares Wasser existierte nirgends. Am 9. November wollten die Kamele, welche sich bis dahin von dem halbtrockenen salt
Schatten nördlich von den Hampton Plains auf
rance-Bai an der südlichen Meeresküste in 33 ° 54'
Wasser höchst wahrscheinlich nicht zu rechnen war,
südl . Br. und 121 ° 45 ' östl . L. von Gr. Was ihn
weder bei Mount Ullaring in 29 ° 53' südl. Br. und
0
dazu trieb, war die entsetzlichste Hitze und Dürre,
der grösste Mangel an Wasser und an Futter für die Kamele , die anhaltenden Sandwüsten und der ge-
fürchtete Spinifex , Triodia irritans , durch welchen
0
I 20 ° 30 ' östl . L. von Gr., noch bei Mount Ida in 29 0° 8 ' südl. Br. und 120 ° 28 ' östl . L. von Gr. , wie die Reise verlaufen sollte , so blieb nichts anderes 0
man sich durchzuarbeiten hatte. Die Kamele wurden
übrig , als nach Westen abzulenken und die Reise route des Mr. Hunt im Jahre 1864 zu verfolgen.
immer schwächer , und es war zu befürchten , dass
Die Hoffnung, hier in den von letzterem dermalen
sie bei der Weiterreise durch derartiges Terrain bald dienstunfähig würden und die ganze Karawane verloren ginge. In der Zeit vom 18. Juli 1891 , wo
versagte, und erst als man weiter westlich in das vor etlichen Jahren entdeckte Yilgarn -Goldfeld in
Ausland 1892, Nr . 18 .
angelegten Tanks ( Bassins) Wasser vorzufinden, -
35
Die westaustralische Forschungsreise unter David Lindsay.
274
31 ° südl . Br. und 119 ° 10 ' östl. L. von Gr. vor-
züge zur Auffindung von Wasser vorweg unter
gedrungen war, stiess man 40 Miles (65 km) süd- nommen werden und erst dann das Gros der Ex lich von dem Minenorte Southern Cross (264 Seelen ) pedition nachrücken , bis man wieder die von der in 31 ° 14 ' südl. Br. und 119 ° 19 ' östl . L. von Gr. auf das Wasserloch Karoling mit reichlichem Wasser und gutem Futter in der Umgebung. Man befand sich hier 150 Miles (240 km) westlich von der Grenze des noch unerforschten centralen Australien .
Die Karawane zog dann nach Southern Cross und
von da am 23. November nach dem 45 Miles
Cruickshanks - Station aus s60 km entfernte Stelle erreicht hatte, wo die Ablenkung nach Südwest auf die Victoria Springs und das Fraser Range statt gefunden. Man schien indes kein Vertrauen mehr in diese Expedition und deren Leitung zu haben,
der Vorschlag wurde zurückgewiesen. Sir Thomas Elder wollte sich auf keine weiteren pekuniären
(72 km) entfernten Golden Valley , einem kleinen Zuschüsse einlassen , und die Expedition, auf welche Minenorte am nördlichen Ende des Yilgarn -Gold- man die grössten Erwartungen gesetzt hatte, endete feldes in 30 ° 54 ' südl. Br. und 119 ° ſ ' östl. L. in der unrühmlichsten Weise. von Gr., wo man sich aus den von der südaustraliDas geographische Wissen ist durch diese Reise schen Regierung angelegten Tanks ebenfalls ge- so gut wie gar nicht bereichert worden, es sei denn , nügend Wasser verschaffen konnte. Hier erfuhr dass vier auffällige Berge Namen erhielten . Diese man , dass nördlich von den Hampton Plains , wie sind : » Mount Goolwa« , nach dem Geburtsorte des Mr. Lindsay vermutet hatte , die entsetzlichste Mr. Lindsay , » MountWatson« , nach dem Professor Dürre herrsche und nirgends, auch nicht bei Mount Watson an der Universität in Adelaide , Mount
Ullaring und Mount Ida , Wasser existiere , so dass
Elder« , nach Sir Thomas Elder in Adelaide , in
die Gesellschaft bei einem Vormarsche nach Norden sicher ihr Grab gefunden hätte. Mr. Lindsay sah
dem nach Sir Elders Wohnsitz benannten Birksgate Range, und endlich »Mount Gosse« im Blyth Range, nach dem verstorbenen südaustralischen Forschungs
sich nun gezwungen, den erschöpften Kamelen 13 waren nicht mehr dienstfähig bei Golden Valley eine längere Rast zu gönnen. Dann wollte
reisenden W. Gosse .
Der Misserfolg der Expedition war ganz gewiss
er in möglichster Nähe zur Westküste die Reise nicht die Folge der Nichtbefähigung des Herrn Lindsay nach dem Murchison R. fortsetzen . Wir werden ,
zur Leitung einer derartigen Expedition und eines
schreibt er, »nachdem wir Golden Valley verlassen ,
Mangels an Mut von seiner Seite zur Ueberwindung
nur noch 27 Miles (44 km ) nördlich von hier ein
von Hindernissen . Er hat sich durch seine früheren
Wasserloch antreffen, von da aber bis zum Murchi-
Forschungsreisen in den unerforschten Teilen der
son , ungefähr 200 Miles (322 km), wohl kein Wasser mehr. « Da brach die schon lange latente Unzu-
Pfadfinder bewährt .
friedenheit in der Reisegesellschaft aus — Mr.Lindsay,
pedition von solchem Umfange
von etwas heftigem Temperamente, konnte sich mit
und 42 Kamele – zur Erforschung eines grossen Gebietes auszusenden , wo , wie sich erwarten liess,
seinen Reisegefährten nicht recht stellen , und die begleitenden wissenschaftlichen Experten Dr. J. F.
Kolonie Südaustralien als ein umsichtiger und mutiger Es war ein Fehler , eine Ex - 13 Personen
bei Sandwüsten , Sandhügeln , Scrub und viel stache
Elliott , Mr. V. Streich , Mr. R. Helms , Mr. | ligem Spinifex der grösste Wassermangel herrschen
R. G. Ramsay und Mr. L. W. Leech (Zweiter
würde. Wie Lindsay aussagt , waren zur vollen
im Kommando) forderten ihre Entlassung und tra-
Befriedigung der Karawane zur Zeit 2000 Gallopen
ten aus .
Wasser nötig. Eine fliegende Kolonne , bestehend aus vier tüchtigen Bushmen und acht Kamelen , würde die Aufgabe besser gelöst haben . Ferner war das Personal kein gut gewähltes. Es befanden sich dabei zu viele, welche keine Kenntnis und kein
Die Weiterreise wurde indess nicht unterbrochen, und man traf um Mitte Dezember auf Mr. Cruickshanks Viehstation , 20 km südlich vom Murchison
R. , ein. Hier fand Mr. Lindsay eine telegraphische
Depesche der Royal Geographical Society in Adelaide
Verständnis vom Bush-Leben hatten , aber doch essen
vor mit der Ordre , schleunigst nach Adelaide zu-
wollten und Wasser verbrauchten.
Es waren die
rückzukehren , Rechenschaft über den bisherigen Gang
Drohnen der Gesellschaft. Lindsay musste auf
der Reise abzulegen und weitere Instruktionen ent-
diese offenbaren Fehler bei der Konstituierung der
gegenzunehmen . Das Lager wurde nun einstweilen unter Kommando des eingetroffenen Mr. George
Expedition hinweisen und auf Aenderung bestehen. Endlich hatte es in dem zu bereisenden Gebiete
Lindsay gestellt, während Mr. David Lindsay seit langer Zeit nicht geregnet, und durch die ent sich nach der noch 530 km entfernteu Hafenstadt Geraldton an der Westküste in 28 ° 47' südl. Br. und 114 ° 35 ' östl. v. Gr. begab und von da aus per Postdampfer am 31. Januar 1892 in Adelaide 0
setzlichste Hitze war das in Felsenlöchern ange
sammelte Regenwasser meist wieder eingetrocknet,
und wo man sonst bei 3–4 Fuss Tiefe sich hätte Wasser verschaffen können , musste man 15 Fuss
anlangte. Er schlug der Geogr. Society vor , die tief gehen , um wenige Quart davon zu erlangen. Erforschung des centralen Westaustralien in der vorgeschriebenen Richtung nunmehr vom Westen aus in Angriff zu nehmen . Es sollten fliegende Streif-
Zum Schlusse noch eine Bemerkung über die vor erwähnte Victoria Spring. Der Forschungsreisende Mr. Ernest Giles hatte sie auf seiner berühmten
Drei Karten von Gerhard Mercator .
275
Durchquerungsreise im Jahre 1875 entdeckt und , Cylinderprojektion , die eigentliche Schöpfung benannt. Sie liegt, 220 km nordöstlich vom Fraser Range , in einer 16 qkm umfassenden Oase mit reichem Tierleben und üppigem Graswuchs. Es ist aber keineswegs eine permanente Quelle, wie Mr. Giles
annahm , sondern vielmehr ein Sickerloch, in welchem sich das Schichtwasser der Umgebung ansammelt. Lindsay fand es trocken .
Mercators , hervor. Am besten macht man sich mit dieser Darstellung vertraut, wenn man Zöppritz' Entwickelung derselben folgt ?). Wir ziehen am
besten ein paar Worte bei diesem Schriftsteller aus (S. 77 ff.): »Mercators Projektion wird sehr viel benutzt und zwar a) für Karten , welche die Ver
breitung allgemeiner, namentlich physikalischer Ver hältnisse über die ganze bekannte Erdoberfläche dar stellen und mit einem Blick übersehen lassen sollen ;
Drei Karten von Gerhard Mercator.
b) für Seekarten über grössere und kleinere Teile des Meeres.
Von Ernst Fischer (München ).
Namentlich für letztere ist die Bei
setzung eines Maasstabes der wachsenden Breiten (Schluss.) II .
dringend nötig (s. Abbildung Fig . 65 bei Zöppritz). Die vorzügliche Eignung der Mercatorprojektion
Im Jahre 1564 übernahm Mercator , deres sonst stets verschmäht hat, andere als Originalarbeiten
treue mit der Geradlinigkeit des Netzes. Für den
für Seekarten beruht auf der Verbindung der Winkel
zu geben, auf die dringende Bitte eines in England
Seefahrer ist es die wichtigste Aufgabe, möglichst
lebenden Freundes, eine von diesem gezeichnete Karte Englands in Kupfer zu stechen ') .
rasch und sicher auf der Karte den Ort bezeichnen
zu können , wo er sich befindet. Er löst diese Auf
Diese Karte der Britischen Inseln , welche uns nunmehr in 8 Blättern vorliegt, umspannt einen
gabe , indem er von einem bekannten Ort aus gehend, den gesegelten Kurs in die Karte absetzt
Flächenraum von 1,3 m Breite und 0,9 m Höhe. Dieselbe trägt auf Blatt 3 eine prächtige Tafel mit
(d . h . einzeichnet). Das Schiff wird nach dem Kom pass gesteuert und seine Geschwindigkeit durch das Der Kompass lehrt die Richtung
der Inschrift: »Angliae , Scotiae et Hiberniae nova
Log gemessen .
descriptio«. Darunter zwei Wappen mit den eng-
kennen , welche der Kurs gegen den magnetischen
lischen Löwen und der französischen Lilie.
Meridian bildet , und , da dem
Ueber
Schiffer die Miss
die Projektion lässt sich hier nichts bemerken , da weder Längen- noch Breitengrade angegeben sind .
weisung der Magnetnadel bekannt ist , auch den Winkel des Kurses gegen den astronomischen Meri
Blatt i trägt in der Ecke rechts oben die beachtens-
dian .
werte Angabe : » Mit Genehmigung und Privilegium Ihrer Majestät der Königin in Brabant, in Flandern und im übrigen Niederdeutschland im 6. Jahre .« Eine Tafel in der Ecke links oben führt eine grosse Reihe
schneidet es alle Meridiane unter demselben Winkel. legt , nennt man eine Loxodrome ?). Auf der Kugel oberfläche hat diese Kurve einen spiralig dem Pol
der sämtlichen bischöflichen Diöcesen an . Eine Notiz
immer mehr sich nähernden , ihn nie erreichenden
am rechten Rande besagt : „ Die Alten haben diese Inseln die Britannischen genannt, und auch den für
Verlauf ). Da in der Mercatorkarte alle Meri diane parallele Geraden sind , so wird auch die Ab
So lange das Schiff denselben Kurs steuert ,
Die Linie, welche es auf der Erdoberfläche zurück
Irland gebräuchlichen Namen Hibernien gebraucht, bildung der Loxodrome eine Gerade4), weil wegen England aber zusammen mit Schottland nannten sie
Britannien und Albion « . Die Uebersetzung des schwer-
1) Leitfaden der Kartenentwurfslehre für Studierende der
fälligen Lateins schliessen wir hier, um so mehr, als
Erdkunde und deren Lehrer, bearbeitet von Dr. Karl Zöppritz, ord . Prof. d . Erdkunde a . d . Universität zu Königsberg i. Pr.
es uns in der Weltkarte noch häufig genug ent gegentritt. Auf Blatt 6 befindet sich ein Maasstab für eng
Leipzig, B. G. Teubner, 1884 .
lische Seemeilen , mit originell darüber geöffnetem Zirkel dargestellt. Da wir im übrigen hier doch nur den geschickten Graveur ( den Namen des Zeich ners , Käne , gibt Blatt 8 ) zu bewundern haben, so gehen wir nunmehr zur Betrachtung der Weltkarte
wegen verweisen müssen , weil in derselben die Bestrebungen zur
über .
Die Weltkarte Mercators zeigt den Forscher
2) Die Verdienste Mercators un die Loxodrome, die bei ihm eine gerade Linie wird, bespricht Günther im § 6 seiner » Geschichte der loxodromischen Kurver (Halle a. S., bei Nebert, 1879) , auf welche Schrift wir noch besonders des Förderung der nautischen Kenntnisse bis in die neuere Zeit ver folgt werden und deren Beziehung auch zu anderen Disci Auch darf hier nicht unerwähnt plinen dargelegt ist. bleiben , dass Frisch auf in seinen neuesten » Beiträgen zur Geschichte und Konstruktion der Kartenprojektionen « , Graz, Leuschner & Lübensky, 1891 , S. 7 , entwickelt, wie Lamberts
geist ihres Autors am deutlichsten und gibt uns ein Bild, wie weit derselbe seinen Zeitgenossen voraus
winkeltreue Kegelprojektion in die winkeltreue cylindrische Abbildung Mercators übergeht und um
geeilt war.
gekehrt.
Vor uns liegen die 18 Blätter der Reproduktion ,
3) Die Loxodrome auf der Kugel ist eben in ihrer
zusammen ein Tableau von 2,0 zu 1,5 m ergebend .
Art ganz dasselbe , was die Schraubenlinie auf dem Kreis.
Zunächst hebt sich in der Weltkarte die wahre
cylinder ist . 4) Und wickelt man die Karte als Cylinder auf , so stellt
sich die Kurve als eine gewöhnliche Schraubenlinie dar , deren 1 ) Breusing, S. 26 .
Horizontalprojektion der Aequator ist .
Drei Karten von Gerhard Mercator.
276
der Winkeltreue jeder Schnittwinkel in der Abbildung derselbe, wie auf der Kugel selbst sein muss und
Grade des Aequators, während dagegen die Breiten grade nur sehr wenig zunehmen ; aus diesem Grunde
eine Schar paralleler Geraden nur von einer Geraden unter einem und demselben Winkel geschnitten werDer Seefahrer kann also seinen Kurs
ist es notwendig, dort die Gestalten der Länder un gemein zu verzerren und entweder die Längen und Breiten oder die Richtungen und Abstände von der
als gerade Linie in die Karte eintragen , deren Winkel gegen die Meridiane ihm der Kompass angibt. Die in Meilen gemessene oder geschätzte Länge der zu-
Grunde gewaltige Fehler gemacht werden , ist das Ende davon , dass bei dem Eintragen dreier Orte
rückgelegten Strecke wird nach dem für den betreffenden Breitengrad gültigen Maasstab aufgetragen .«
einer Breite nach irgend einem trigonometrischen Gesetz es unmöglich ist , wenn der mittlere seiner
Diese klare Darstellung enthebt uns einer ganzen Reihe von Mitteilungen über Mercators eigenste
spricht, auch die beiden äusseren unter sich in Ein
den kann .
Wirklichkeit abweichen zu lassen .
Da aus diesem
wahren Lage den beiden anderen gegenüber ent
Studien zur Projektion. Zöppritz gibt noch in
klang zu bringen . Unter Berücksichtigung dessen
seiner Fig. 67, welche er in die Mitte zwischen der
verwandten isocylindrischen Projektion und der eben-
haben wir die Breitengrade gegen den Pol hin all mählich vergrössert , im Verhältnis des Zuwachses
falls verwandten Centralcylinderperspektive setzt
der Parallelkreise über das, welches sie zum Aequator
(S. 78) , ein vortreffliches Bild der Mercator-
haben ; dadurch sind wir zu dem Schluss gekommen,
projektion im Aequatorialmaasstab ( für alle drei rechtwinkeligen wahren Cylinderprojektionen von 1 : 111000000 !).
dass , wie einer auch zwei, drei oder mehrere Orte verzeichnen mag , wenn er nur von folgenden vier
In dem ermüdenden Latein jener Zeit spricht sich Mercator auf Blatt i der Karte wie folgt aus :
Dingen : Längenunterschied, Breitenunterschied, Ent fernung und Richtung , zwei Punkte einhält, dass sich dann alle gegenseitigen Lagenbeziehungen richtig verhalten , und es wird jeder Irrtum ausgeschlossen
»Dem geneigten Betrachter ! In dieser Weltkarte haben wir Dreierlei im
sein , der auf den gewöhnlichen Karten in vieler Hinsicht, besonders in den höheren Breiten, unver meidlich ist.
Auge gehabt. Erstens die Gestalt der Kugel so in die Ebene auszubreiten , dass die Lage der Punkte sowohl ihrer wirklichen Richtung und Entfernung nach , als auch ihrer geographischen Länge und Breite nach überall übereinstimme und das Aussehen
Der Schluss dieser Legende folgt auf dem unten anstossenden Blatt 7 :
»Die zweite Absicht, die wir gehabt haben, war die , die Lage , Grösse und Entfernung möglichst
des betreffenden Landes auf der Kugel wiedergebe. wahrheitsgemäss darzustellen. Grösste Sorgfalt ver wendeten wir darauf, die Karten der portugiesischen Damit diese möglichst gewahrt bleibe, war es nötig, Entdeckungen unter sich und mit vielen anderen
eine neue Art und Lage der Meridiane gegen die Parallelkreise zu haben ; denn die bisher von den
Geographen angewendete Verzeichnung der Meri diane ist wegen der Krümmung und der gegen
seitigen Konvergenz der Meridiane ungeeignet für Seereisen , besonders gegen die Pole zu , weil sie
Karten und Berichten von Seefahrern zu vergleichen . Aus diesen allen haben wir Grösse und Lage der Länder abgeglichen, gemäss dessen , was von Alters her auf uns gekommen ist, auf das Genaueste. Das Dritte , was wir zu behandeln unternahmen , ist zu >
die Geo Gestalt und Lage der Länder, wegen der schief- zeigen : die Darstellung der Länder, welche winkeligen Schnitte der Meridiane mit den Parallel.graphie der Alten kannte, damit auch dem Altertum kreisen so wunderlich verzerrt, dass man jene nicht
sein Recht werde. «
erkennt , noch weniger aber die Verhältnisse der Entfernungen bemessen kann. Auf den Seekarten nehmen die Längengrade durch alle Breiten hindurch gegen den Pol über das sphärische Verhältnis zu,
Lesern nicht vorenthalten . Ueber Blatt 1 und 2 zieht sich dann auch die >>Widmung« :
denn sie laufen immer in den Abständen , wie die
Diese Ansprache Mercators durften wir den
»Dem erlauchten und gnädigsten Fürsten und
Herrn Herzog von Jülich, Cleve und Berg, Grafen 1) Wir glauben dem Leser erwünscht entgegenzukommen, wenn wir den hier gegebenen Anlass der Erinnerung an den zu
von der Mark und von Ravensberg , Herrn von Ravenstein , unter dessen glücklichen Auspicien dies
früh geschiedenen Zöppritz benutzen, um den reichinhaltlichen
Werk begonnen und vollendet wurde von Gerhard
und doch kurz gefassten Nekrolog in der Beil . z . Allg. 2. 1885 ,
Crämer .
in grossem Maasstabe dargestellt - die Uebersetzung dieser » kurzen « Bemerkung umfasst vier eng ge schriebene Quartblätter! Wir teilen daher nur kurz
mit : der Apparat besteht aus zwei Metallquadranten, 1) 70. bis 90. Breitengrad ,
die sich an vertikale Säulen lehnen und einander
2) Koncentrische Kreise und Mittelpunkts- Strahlenbüschel.
3) Vier riesige Ströme ergiessen sich aus den Weltmeeren in die gewaltige, riesige Schlucht des Nordpoles. *) Die Sage vom »Målstrom « . 5) Man sehe über diese Windrosen (von welchen in Strahlenform die verschiedensten Richtungslinien durch die ganze
Karte gezogen sind und sich daher vielfach kreuzen , und an
denen, d. h . in der Seekarte, der Schiffer seine Bussole aufsetzt , u . s . w. ) die bereits citierte Schrift von S. Giinther : > Die Geschichte der loxodromischen Kurve « .
Drei Karten von Gerhard Mercator .
279
senkrecht durchschneiden ; im Mittelpunkte jedes dieser Viertelkreise ist ein Faden angebracht '), der
cen von der Insel St. Antonius entfernt ist, welche letztere die westlichste der Gorgaden ist« .
beim Gebrauche in die verschiedenen Winkelrich-
Auf Blatt 16 folgt eine höchst interessante Mit
tungen gezogen wird. Dabei muss selbstverständlich das ganze organum auf eine zweckmässig entworfene
teilung über die wahre Lage des Ganges und des Goldenen Chersoneses. Ebenso beschreibt
graphische Tafel, oder mit einem seiner Mittelpunkte Mercator auf diesem Blatte ausführlich die Mün auf eine Windrose gelegt werden , die , wie schon
dung des Nigir in den Nil ; dann die Gegend
bemerkt, wohl zahlreich in den Seekarten vorhanden, aber gegebenen Falles schnell als Achtstrahl graphisch dargestellt werden könnte. Der folgende kurze Satz
des Psittaciums (Papageienlandes), so von den Portu giesen genannt, die durch einen Sturm hierher ge
aus des Autors Beschreibung genügt, um
an den
wegen der dortigen unerhörten Menge dieser Vögel ;
Gebrauch des Apparates zu gemahnen : » Wenn man also von einem zweiten Ort den Unterschied der Länge und Breite im Verhältnis zum ersten kennt, so kann man seine Lage zum ersten und den Ab-
gefolgt waren , fanden sie dennoch kein Ende, wes halb es unzweifelhaft ist , dass sie den australischen
trieben wurden , als sie nach Calicut fahren wollten, als sie den Küsten dieses Landes bis auf 2000 Meilen
Kontinent erreicht hatten .
nautische Instrumentenkunde allein , sondern auch
Diese Legende ist geschmückt mit der wahr haft künstlerischen Zeichnung zweier Papageien. Dann : „Hier in einer Breite von 42 ', in einer Entfernung von 450 Leucen vom Kap der guten
was dessen Glas- und Holzgloben , sowie dessen
Hoffnung und 600 Leucen vom Vorgebirge des St.
stand davon berechnen « .
Es ist hier die geeignetste Stelle, um der Verdienste Mercators nicht nur in Bezug auf die
geodätische Instrumente betrifft, zu gedenken ; Breu -
Augustinus sind diese Berge aufgefunden worden :
sings bereits berührter Vortrag, sowie auch dessen
australische Länder, wie Martin Ferdinand Den
Aufsatz in der » Allg . Deutschen Biographie« ?)) geben ciso in seiner höheren (oder Gesamt-) Geographie hierüber Aufschluss .
bemerkt hat« .
Blatt 17 führt weiter an : » Durch das Privilegium
Die Bilder der Menschenfresser bei ihrer Arbeit
Sr. Majestät des Kaisers ist vorgesehen, dass niemand
Indigene passim per Indiam novam sunt antro
im Reiche oder in den Königtümern und dessen pophagi , sowie der schön gestalteten Riesen neben Erbprovinzen innerhalb 14 Jahren dieses Werk abdrucke oder anderswo als Abdruck einführe u . S. W.
u. S. W. Ausgeführt wurde dieses Werk zu Duisburg im Jahre 1569 « . Blatt 17 ferner : » Sehr stürmisch ist die Meeres-
Alut gegen Osten und Westen zwischen Madagaskar
Patagones dem normalen Menschen stehend gigantes - ad summum 13 spithames longi
auf Blatt 15 , mögen noch erwähnt werden , neben der Würdigung der ganzen künstlerischen Ausstat
tung der Weltkarte. Auch die topographische Kur sivschrift ist herrlich durchgeführt 1); Mercator
hier nach dort sehr schwierig ist . Nach dem Zeugnisse des Al . Polo Ven. Buch 3 , Kap. 40, weshalb diese (hier nämlich gezeichneten ) Küsten nicht weit von Madagaskar entfernt sein können , damit in dem engeren Bette das östliche Meer mit grosser Gewalt
haben wir bekanntlich auch die Verwerfung der Frakturschrift der Kartenzeichner zu verdanken. Aber nicht nur dem Autor gebührt unser Dank, in ebenso grossem Maasse haben wir alle diejenigen zu würdigen , die zur Ermöglichung und zur Aus führung einer so gediegenen Reproduktion mitge
in das westliche hin- und zurückströmes .
wirkt haben .
und den Ranerosinseln , so dass die Schiffahrt von
Auf Blatt 18 wird die Annäherung des südlichen
Kontinentes an
Möge unsere dem Chaos der Welt ähnliche
»Gross - Java«
und daher etwas chaotische Darstellung den Zweck gründlichst besprochen ; die Zeichnung des Insel- erfüllen , durch Hinweis auf den geographisch- und mathematisch -historischen Reichtum der drei neu reiches ist eine höchst originelle. Blatt 15 : » Als im Jahre 1493 der Eifer für die entdeckten Mercator karten , neue Freunde der Schiffahrt bei den Kastilianern und Portugiesen sehr Forschung gewonnen zu haben und auch Freunde gross geworden war, bestimmte Papst Alexander für unser Ideal : der Schaffung einer Weltkarte in
als Grenze einen Meridiankreis , der 100 Leu- Kegelzonenstreifen , die in Trapeze zerlegt, in einem cen ") vom Kap Verde und den Azoren entfernt sein sollte und bestimmte dadurch die westliche Hälfte
als Eigentum der Kastilianer, die östliche für die
Maasstabe von 1 : 25 000 die Horizontalkurven von 100 zu 100 m enthält; das Material hierzu ist in
Portugiesen . Infolge von Streitigkeiten wurde von
allen Kulturländern vorhanden , die Kräfte warten auf den Arbeitsbeginn, die Nachwelt wird ihnen
beiden diese Grenze 1524 aufgegeben und als ge-
dankbar sein !
meinsame Grenze ein Meridian bestimmt, der 370 Leu 1) Besonders klar ist die Zeichnung der Ziffern. 1) Der Autor drückt dies so
aus :
In der Mitte beider
Apparate hängt ein Faden herab .
2) Breusing a . a. ( ) . , 21. Bd ., 1885 , S. 385-397 . 3) Leuca, gallische Meile, 1500 römische Schritte.
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia.
280
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake
unserer Tour , zu der wir zwei Tage gebraucht hatten .
Als wir den kleinen Bach , der sich durch das
in Britisch-Columbia .
Thal hindurchschlängelte , überschritten, bemerkten
Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio ).
wir die frischen Spuren eines Bären , welche unser
(Schluss.)
Indianer für die eines Grisly, den er Schuchschuch
zogen uns um die Porphyrmauer herum und ge-
nannte, erklärte. Am Rande eines Koniferenwaldes, welcher sich
langten nach etwa zweistündiger Wanderung auf
an dem
den Grat , welcher sich ziemlich steil in das Thal des Ste-in - Flusses hinabsenkte und von schönen
das Hochthal hindurchschlängelte, machten wir Halt. Nachdem wir unser Mittagsmahl, welches aus Wald
Weiden bedeckt war , auf denen Pinus albicaulis,
huhn und Reis bestand , verzehrt hatten , und wäh
Wir begannen um 7 Uhr den Weitermarsch ,
kleinen Bache hinabzog , der sich durch
Tsuga Pattoniana und Abies subalpina vereinzelt rend meine Begleiter damit beschäftigt waren das oder zu kleinen Gruppen vereinigt umherstanden . Lager herzurichten , wanderte ich sammelnd in das Der Wuchs der genannten Koniferen war wie überall | Thal hinein . Dasselbe wurde nach rechts von dem in diesen Regionen zu 6—7000 Fuss ein niedriger Grate , an dem wir hingestiegen waren , und nach und krüppelhafter, und Abies subalpina bildet oft links von der grünen Bergpyramide begrenzt. Den nur noch einen Busch von 3-4 Fuss Höhe . Dem Hintergrund bildete ein wild zerklüfteter und zer ziemlich gleichmässig hohen Grate entstiegen auf rissener Schneeberg von etwa 9–10 000 Fuss Höhe, seiner nordwestlichen Fortsetzung mehrere zerklüftete, dessen dunkle Hörner und Zacken sich wunderbar
n von der blendenden Weisse der Firn stark verwitterte Felsengipfel , die sich teils aus Por- abhobe er
phyr, teils aus Diorit , Syenit, Granit und verwandten
Gesteinsarten aufbauten , welche das Urgestein , aus
feld . In seinem unteren Teil war das Hochthal von
Thonschiefer bestehend, durchbrochen hatten . Wir einem Sumpfe bedeckt , welcher augenscheinlich die hielten kurze Rast und sahen die grüne Bergpyramide, Stelle eines kleinen Sees einnahm , der vor Zeiten welche unser Ziel war , in nicht allzugrosser Ent- das nicht sehr breite Thal ausfüllte. In seinem fernung von uns aufsteigen. Zu ihren Füssen lagerte oberen Teil dagegen von prächtigen Alpmatten , die sich ein prächtiges Hochthal, welches gegen Westen sich an den Hängen der Berge hinaufzogen und mit dem erwähnten , zerklüfteten Schneeberg ab- gegen Westen von einem kleinen Bestand alpiner schloss . Wir glaubten dieselbe längs des Grates Nadelhölzer abgeschlossen wurden, zu dessen Füssen erreichen zu können , sahen uns aber nach langem sich ein kleines Schneefeld ausbreitete , unter dem und mühseligem Marsche über steile Wände und der kleine Bach hervorkam . In dem Sumpfe und
schroffe Felsspitzen vor einem gähnenden Abgrund Da sich kein anderer Ausweg fand, so kehrten wir auf dem nämlichen Wege zurück und suchten nun
auf den grünen Matten entfaltete sich eine sehr interessante Alpenflora, welche grossenteils längst verblüht war und den Gattungen Empetrum , Bryan
längs der steilen , nördlichen Abhänge des Grates thus, Cassiope, Synthiris , Petasites , Epilobium , Sene cio , Arnica , Juncus, Carex , Erythronium , Aster vorzudringen . >
Das Dahinklettern an den steilen Hängen er-
wies sich als ziemlich beschwerlich , namentlich da wo dieselben mit dichtem Gebüsch , das aus Abies
subalpina, Tsuga Pattoniana, Larix Lyallii und Pinus
>
>
u . s. w . angehörte. Ich schritt langsam sammelnd thalaufwärts und
war gerade im Begriff das Schneefeld zu betreten , als ich aufschaute und zu meiner grössten Ueber raschung einen Bären etwa 30 Schritte und halb
albicaulis gebildet wurde , bewachsen oder von Geverdeckt durch mehrere Fuss hohe Stauden vor mir röllhalden unterbrochen waren. Die niedrigen , kaum 4 Fuss hohen Büsche stehen sah . waren noch teilweise mit Schnee bedeckt, der wenige Derselbe schaute unverwandt zu mir her und Tage vorher gefallen war. In dem Geröll fand schien jede meiner Bewegungen mit Aufmerksam ich schöne , säulenförmige Krystalle eines dunkel- keit zu verfolgen , etwa wie eine Katze die eine
grünen , halbdurchsichtigen Steines (Nephrit oder
Maus belauert.
Diopsid ?) . Nach Ueberschreitung mehrerer Mulden und Rinnen , welche das Wasser gerissen hatte und die teilweise mit Schnee ausgefüllt waren , stiegen wir in ein schönes , grünes Hochthal hinab , welches
Bären nicht vorbereitet und vollständig unbewaffnet
nach Westen mit einem kleinen Bestand von Abies
kommen .
subalpina und Picea Engelmanni abschloss .
schnellem Laufe das Lager zu erreichen , während der Bär schnaubend hinter mir nachstürzte.. Die
>
durchschritten den Wald und befanden
Wir
uns nach
Da ich auf den Ueberfall eines
war, so schrie ich, so laut ich es vermochte, nach Mr. Bell , welcher eine Winchesterbüchse besass.
In demselben Moment wo ich nach Bell rief, sah ich den Bären in weiten Sprüngen auf mich zu Ich machte sofort Kehrt und suchte in
halbstündigem Marsche gegen 2 Uhr nachmittags Entfernung zwischen mir und der schnaubenden in dem vom Grate aus gesehenen Hochthal am
Bestie verringerte sich immer mehr, da, als der Bär
Fusse der grünen Bergpyramide und somit am Ziele
mich beinahe erreicht hatte, kamen Skaggai und
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch-Columbia.
281
meine Begleiter aus dem Lager gestürzt und warfen
nennen wollen , da das Gestein , aus dem der Berg
sich zwischen mich und das Untier, welches , als
sich aufbaute, aus schwarzen Thonschiefer bestand . Derselbe fiel nach dieser Seite ziemlich steil in das
es der beiden Männer ansichtig wurde , langsam nach links umdrehte , gefolgt von dem Indianer,
Hochthal ab , und seine Hänge sind mit prächtigen grünen Matten bedeckt, welche sich bis beinahe zu Schuss, und ich sah den Bären stürzen und sich dem sich sanft zuspitzenden mit Felsen und Geröll wieder aufraffen , da noch einer und gleich darauf bedeckten , über 7000 Fuss hohen Gipfel hinauf ein zweiter. Und nun stürzte der Bär tödlich ge- zogen. Die Bewaldung war eine sehr spärliche und troffen hinter einer Tanne zusammen , schnaubend beschränkte sich auf vereinzelte oder in Gruppen mit der Büchse an der Backe . Plötzlich krachte ein
und wild um sich schlagend. Vorsichtig näherte beisammenstehende Abies subalpina, Tsuga Patto
sich Skaggai der Stelle, und schoss dem Bären, niana, Larix Lyallii und Pinus albicaulis, welche hinter der Tanne gedeckt, eine Kugel in den Schädel. bei etwa 6000 Fuss niedrige, krüppelhafte Bäume Wir sprangen hinzu und sahen die Bestie verendend und bei 7000 Fuss nur noch niedrige Büsche bil vor uns liegen . Es war , wie mir Bell sagte , ein deten , welche ein beliebter Aufenthalt der Berg etwa 3jähriges , etwa 312 Fuss hohes und 5 Fuss schafe und Bergziegen sind. Abies subalpina über langes und etwa 600 Pfund schweres, männliches schreitet auch hier sehr selten oder nur an geschützten Exemplar eines Grisly -Bären. Skaggai und Bell Lokalitäten die Baumgrenze, welche in diesen Bergen
el1LOzwischen 6—7000 Fuss liegen dürfte.
zogen das Fell ab, und dann kamen die Tatzen und
Ueberschreitet
der Kopf an die Reihe, da ich den Schädel präpa- sie jedoch diese Grenze, so bildet sie keinen Baum rieren wollte, und in fröhlicher Stimmung schritten mehr, sondern einen niedrigen , oft kaum 4 Fuss wir dem Lager zu. Ich habe niemals, weder vor- hohen Busch mit breiten , fast auf dem Boden lie her noch nachher, ein interessanteres und aufregen- genden Aesten , welche oft an Länge die Höhe des deres Jagdabenteuer in den Wildnissen des Nord- Busches übertreffen . Auf den Matten und den dic westens erlebt, wie dieses.
selben quer durchziehenden Felsenabsätzen , welche
Als der Abend hereinbrach und die Sonne sich
zum Untergang neigte, bemerkten wir an den gras . bedeckten Abhängen des Berges, an dessen Fuss wir kampierten , mehrere Bergziegen (Aploceros montanus) äsend herumsteigen. Bell machte sich so-
öfters von breiten , schneeweissen Quarzbändern
durchzogen waren , blühten noch einige wenige Alpen pflanzen, die den Gattungen Castilleia , Potentilla , Senecio , Arnica , Antennaria angehörten , während die Hauptmasse derselben längst verblüht und teil
fort auf , um womöglich eines der prächtigen Thiere weise auch verdorrt war. Ich bemerkte nur noch zu erlegen , während wir andere im Lager zurück- Erythronium , Erigeron, Solidago, Pentstemon, Peuce blieben . Er mochte eine Stunde weg sein, und die
danum , Artemisia, Astragalus, Hieracium , Troximon
Dämmerung war schon angebrochen , da fiel über
u . S. W.
Wir stiegen langsam und schweigend an den
uns ein Schuss und kurz darauf ein zweiter. Nach
etwa zweistündiger Abwesenheit kam unser Schott- steilen Abhängen des Berges hinan , Bell nach
Bergziegen ausschauend, ich sammelnd. Esmochte
länder ins Lager zurück und erzählte uns , dass er r die Bergziegen gesehen und nach ihnen geschossen
etwa 11 Uhr morgens sein , als wir die Spitze des
habe, da es jedoch zu dunkel war, so schoss er fehl
Berges erreichten und wir befanden uns nun in
Leider fing es
mitten einer Gebirgslandschaft , welche an Wild
und die Tiere suchten das Weite.
am Abend wieder an zu regnen und die Tempe - heit der Scenerie alles übertraf , was ich bis jetzt ratur sank bis + 10 ° Celsius herab .
Wir ver
brachten eine sehr unruhige Nacht , da wir fortwährend durch das Gebell unseres Hundes, den wir
gesehen hatte, und die noch nie von dem Fusse eines Weissen betreten worden ist . Die Fernsicht war sehr klar, da sich der Himmel unterdessen auf
von Lytton mitgenommen hatten, aus dem Schlafe
gehellt hatte. Nach Süden erblickte man mehrere
aufgeschreckt wurden .
Riesengipfel, um deren Hörner und Zacken sich
Da wir vermuteten , dass es ein Bär sein möchte,
mächtige Firnfelder herumzogen , welche in wild
erhob sich der Indianer und warf frisches Holz auf
zerklüftete, blauschimmernde Gletscher ausliefen .
das erlöschende Lagerfeuer, welches aufs neue auf- Gegen Westen sah man in ein wildes, mit Felsen be flackerte und die unheimliche Wildnis in weitem Umkreise erleuchtete.
Als der Morgen anbrach , zeigte sich uns ein grauer , von Wolken verhüllter Himmel, aus dem es ununterbrochen herabregnete.
Die Spitzen des Hochgebirges staken tief im Nebel , welcher erst gegen 9 Uhr zu weichen begann. Nach einer Regenpause begleitete ich Bell
auf einem Jagdausflug , welcher Bergziegen gelten und sich auf die grüne Bergpyramide erstrecken sollte , welche wir Schieferberg (Slate Mountain )
decktes , sparsam bewaldetes Hochthal hinab , das durch einen furchtbar zerklüfteten Schneeberg ab
geschlossen wurde . Bell sagte » This is the home of the Grizzly bear« , und in der That solche von keines Menschen Fuss betretene, unzugängliche Wild nisse liebt der König der Kaskaden und Rocky Mountains.
Nach Norden zu blickte man in ein
weniger wildes Hochthal hinab , das mit einem
mächtigen Schneeberg abschloss, der eine Höhe von 9
10 000 Fuss haben mochte. Die Firnfelder der
selben, wie die des obengenannten Schneegipfels schie
282
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch - Columbia .
nen auf der obengenannten Südseite nicht in Gletscher auszulaufen .
Dieses Hochthal war zum Teil
Gegen 3 Uhr nachmittags kamen wir ins Lager zurück und hatten zum Mittagessen Beefsteak von
mit grünen Matten bedeckt, welche in diesem Ge- Bergziegenfleisch, welches dem Rindfleisch ähnlich birge, wo man fast nichts sieht wie Felsen und
dunkle Koniferenwälder , das Auge angenehm be-
schmeckte.
Gegen Abend stellte sich wieder Regen ein ,
rührten. Die Schroffheit, mit welcher diese Berge welcher in kurzen Intervallen bis zum Einbruch emporstarren , scheint die Bildung von Alpmatten der Dämmerung anhielt, alsdann erhob sich ein nicht zu begünstigen , und Berge, wie der auf dem heftiger Sturm , die Temperatur fiel immer mehr wir standen , bilden eine Ausnahme, eine Art Oase
und der Regen verwandelte sich in Schnee, welcher
in einer Felsen- und Waldwildnis, die wenige ihresgleichen haben dürfte.
bald alles in ein weisses Gewand einhüllte. Schauer lich brüllte der Sturm die Nacht hindurch von den
Bell sagte »nothing than rocks«, und so ist es auch .
Nach Osten übersah man ein Meer von
schroffen , wildzerrissenen Bergen , welche nach dem Thale des Fraserflusses hin an Höhe immer mehr Sämtliche Thäler und Hochthäler
abnahmen .
Bergen herab, und ächzend bogen sich die Tannen Hätte unser Zelt nicht im Schutze der Tannen gestanden , so hätte es der Sturm mitgerissen. Das Toben des Sturmes und unter seiner Gewalt .
das Aechzen
und Rauschen der Tannen bildeten
von kleinen Bächen durchflossen , die den
eine schauerliche Musik, welche uns nicht an Schlaf
an unserem unteren Lagerplatz vorüberrauschenden Hauptbach bilden.
denken liess ; da es dabei furchtbar kalt war , so unterhielten wir unser Lagerfeuer bis zum anderen
Der Schieferberg fällt nach Norden sehr steil | Morgen . ab und seine Hänge sind mit stark verwitternden
Als die Sonne am
nächsten Morgen an dem
wieder vollständig klaren Himmel emporstieg , be verkrüppelten Koniferen bewachsen . In den Mul- leuchtete sie eine vollständige Winterlandschaft. Felsen und Geröll bedeckt und nur von ein paar
den und Einsenkungen lagen kleine Schneefelder, Die Temperatur war bis tief unter den Gefrierpunkt die sich bis zum Gipfel heraufzogen und in einer
herabgesunken und der kleine Bach mit einer zoll
grünen von Wald begrenzten Thalmulde verliefen .
dicken Eiskruste bedeckt .
Der Schnee war nicht von körniger Beschaffenheit
jedoch nur eine sehr dünne und wich an den süd
und lieferte den Beweis, dass der Berg die Schneegrenze nicht erreicht. Es herrschte eine feierliche
Stille ringsherum , nur zuweilen unterbrochen von
Die Schneedecke war
lichen Abhängen der Berge den warmen Strahlen
der Sonne, so dass der Schieferberg und seine Um gebung schon um Mittag wieder ihr grünes Ge
dem schrillen Pfiff eines Murmeltiers und nirgendswand angelegt hatten . Am Nachmittag fanden wir sahen wir ein lebendes Wesen .
das Lager des Bären , eine runde von ihm ausge >
Nach kurzem Aufenthalt stiegen wir längs eines nach Ost verlaufenden Grates , an dem
sich ein
scharrte Vertiefung , umgeben von grossen Haufen von Exkrementen.
Rings um das Lager war der
Schneefeld hinabzog , bergab , und bald sollte ich
Boden von den Bären durchwühlt nach Wurzeln,
ein neues Jagdabenteuer erleben , welches ich mit
welche, nebst saftigen Pflanzenstengeln , Beeren und
Recht hochinteressant nennen kann.
Bell winkte
den verschiedensten Tieren, die ihm in den Rachen
mir nämlich plötzlich , bat mich niederzuducken und flüsterte mir zu , dass er Bergziegen sehe. Ich
die Bären , und zwar sowohl der schwarze wie der
>
fallen, seine Nahrung bilden . Besonders gerne fressen
warf mich rasch auf den Boden und mein Begleiter Grisly (Ursus horribilis ), die Beeren des Vogelbeer
brachte die Büchse in Anschlag, gedeckt durch eine strauchs (Pirus sambucifolia). Ist der Strauch zu kleine Felsgruppe, die sich am Rande des jenseitigen
hoch , so dass sie ihn nicht zu erreichen vermögen,
Abhanges erhob. Nach etwa 4 Minuten fiel ein Schuss , ich springe auf und sehe eine mächtige
so stellen sie sich auf die Hinterbeine und biegen ihn um . Am nächsten Morgen war der Himmel wieder verschleiert. Da wir schlechtes Wetter befürchteten, so traten wir den Rückweg nach unserem alten Lagerplatz an . Derselbe wurde nach einer anderen
Bergziege tödlich getroffen emporschnellen und wie eine kleine Lawine über das Schneefeld hinabstürzen , während eine zweite mit wilden Sätzen
über den
Abhang hinabsprang. Wir kletterten so rasch wir
es vermochten über das Schneefeld hinab und fan- Richtung hin eingeschlagen, da wir hofften , auf den unten einen prachtvollen Bock mit schnee-
weissem Fliess , von der Grösse eines halbjährigen
ihm weniger Hindernisse zu begegnen. Leider sahen wir uns getäuscht, denn schon gleich anfangs, als
Rindes, verendend auf dem Schnee liegen .
Wäh-
wir in dem dichten Walde längs des kleinen Baches
rend sich Bell daran machte, das Tier abzuziehen,
hinabstiegen, türmten sich uns Hindernisse in den
stieg ich zu einem Grat hinauf, welcher uns von dem Kamp trennte und rief meine beiden Gefährten herbei . Alsdann wurde das Tier zerlegt, und ein jeder von uns belud sich mit Fleischstücken , während wir die Decke, welche etwa 50 Pfund wog,, zurück
Weg , von denen wir keine Ahnung hatten . Der
lassen mussten .
Wald war nämlich mit einer solchen Masse von
Unterholz bedeckt, zwischen welchem tausende von umgefallenen Stämmen über und durch einander auf dem Boden herumlagen , dass wir uns nur sehr schwierig hindurchzuarbeiten vermochten . Die halb
Im Hochgebirge der Kaskaden zwischen Lytton und dem Lillooetlake in Britisch -Columbia .
283
vermoderten Stämme sind gewöhnlich mit dicken Moospolstern bedeckt . Zwischen diese Polster fallen
Erscheinung, die hauptsächlich den das Thal ab schliessenden , mit wuchtigen Firnfeldern und Glet
die Samen der Koniferen oder der verschiedenen
hier wachsenden Sträucher , sie keimen , und bald
schern bedeckten Gebirgsstöcken zuzuschreiben sein dürfte, durch deren abkühlenden Einfluss der Wasser
bedeckt ein Miniaturwald die vermodernden Riesen
dampfgehalt der Luft zu tropfbaren Niederschlägen
des Urwaldes.
Nachdem
wir uns glücklich und kondensiert wird. Im ganzen ist die Menge der nach vieler Mühe durch diese, wohl noch nie von Niederschläge im Sommer in diesem Teile des Ge
eines Menschen Fuss betretene Wildnis hindurch- birges eine ziemlich geringe , und Gewitter sind gearbeitet hatten , kamen wir in eine enge Thal- selten, desto reichlicher sind der Herbst und Winter schlucht, in welcher ein reissender Wildbach dahinbrauste , dessen Ufer von mächtigen Felsblöcken
eingefasst und von einem üppig wuchernden Dickicht von Koniferen und verschiedenen Sträuchern wie
Mentziesia, Fatsia horrida , Acer, Alnus viridis u . s . w . bewachsen waren . Der Wildbach wurde auf einer
umgehauenen Tanne überschritten und nachdem wir mit Mühe und Not die Wildnis durchbrochen hatten , stiegen wir langsam an den steilen Abhängen der Berge hinauf. Die Bewaldung der trockenen Hänge war zwar zuweilen eine ziemlich
spärliche und bestand zumeist aus Pinus Murrayana,
bedacht , und die Masse des Schnees ist oft eine so beträchtliche, dass kleinere Bäume manchmal bis
an den Gipfel darin begraben sind. Diese Schnee massen beginnen in den unteren Regionen der Berge erst im Mai , in den oberen aber erst im Juni
wegzuschmelzen. Wir hatten hier mehrfach Gelegenheit in den ausgedehnten Sümpfen , die wir passierten , äusserst kunstvoll erbaute, fast schnurgerade, von Bibern erbaute Dämme zu sehen , bei deren Betrachten man nicht >
weiss , ob man mehr die Geschicklichkeit oder die
Klugheit und Intelligenz der Baumeister bewundern
dafür war jedoch das Unterholz , welches haupt- soll. Auf diese Weise werden oft ausgedehnte sächlich aus Ceanothus velutinus und var. laevigatus Strecken , die vor Zeiten trocken waren, durch Ab gebildet wurde, um so dichter. Diese beiden Sträu- dämmen des Flusses in Sümpfe verwandelt . cher bilden da wo sie in Menge beisammen stehen , Auf der rechten Seite des Flusses erhoben sich ein Dickicht , durch welches man sich nur mit senkrechte Felswände , welche manchmal eine rot >
Mühe und Not hindurchzuschlingen vermag. Ver- gelbe Farbe hatten , wahrscheinlich von Eisengehalt ursacht wird diese Undurchdringlichkeit durch die
herrührend.
Wir versuchten diese merkwürdige
starren , sperrigen, sich über den Boden ausbreiten- Färbungnäher zu besichtigen, mussten diesesVor den Aeste der Sträucher. Nicht minder schwierig haben jedoch aufgeben , weil wir den Fluss nicht sind Dickichte von Alnus viridis, welche man öfters hier in grosser Anzahl beisammen wachsend antrifft.
zu überschreiten vermochten .
Da ein weiteres Vor
dringen thalaufwärts mit zu grossen Schwierigkeiten
Nach einem langen, sehr beschwerlichen Marsche
verknüpft war , zu deren Ueberwindung wir nicht ausgerüstet waren , so kehrten wir nach Mittag ins
über steile, felsige Abhänge , fast undurchdringliche Dickichte und reissende Wildbäche, kamen wir am
Lager zurück. Am nächsten Tage erfolgte unsere Rückkehr
Abend des 19. September nach unserem alten Lagerplatz zurück, nach welchem Skaggai vorausgegangen
nach Lytton. In den Bergen hatte es über Nacht aufs neue geschneit, und das Thermometer stand ,
>
war, um das Nachtessen zu bereiten , welches wir, als wir abmarschierten , unter dem Gefrierpunkt . Sämtliche Wasserlachen waren mit einer dünnen Der Himmel war am nächsten Tage mit Wol- Eiskruste bedeckt und dicker Reif bedeckte Sträucher
unserer wartend , vorfanden .
ken bedeckt , doch schien er uns mit Regen ver-
und Bäume, die Blätter fielen und der Winter hielt
schonen zu wollen. Wir konnten daher am nächst- seinen Einzug in das Hochgebirge. folgenden Tage eine neue Tour antreten , die sich bis etwa 10 Meilen in das Hauptthal hinein er-
uns ausruhend an einem Abhang niedergelassen ,
streckte. Je weiter wir thalaufwärts schritten , desto
liess sich plötzlich ein verdächtiges Rauschen und
üppiger und dichter wurden die Wälder und desto
Knacken unter uns im Walde vernehmen.
massenhafter der Baumwuchs. Ich sah die Riesenstämme von Abies Douglasii und Thuja gigantea,
Begleiter , in der Meinung, es breche ein Hirsch durch die Büsche, brachten ihre Büchsen in Anschlag,
wie ich sie im unteren Teile des Thales nicht ge-
da gewahrten wir auf einmal eine Squaw, welche
sehen hatte, und es war nichts Seltenes, Stämme zu finden , welche 6 Fuss im Durchmesser hatten .
scheinlich das Terrain überschauen und einen Aus
Grosse Massen von entwurzelten Stämmen bedeckten
weg aus der pfadlosen Wildnis suchen wollte. Un
weit und breit den Boden , überwuchert von üppigem Unterholz. Diese grosse Ueppigkeit der Wälder
ser Indianer rief ihr zu , und sie antwortete. Gleich
und die Massenhaftigkeit des Baumwuchses, ferner
Als wir am zweiten Tage unseres Abmarsches
Meine
einen Felsblock bestieg , von dem aus sie wahr
darauf sahen wir einen Trupp Indianer aus dem Walde hervorbrechen . Die Frauen schleppten mäch
das gänzliche Fehlen von Pinus ponderosa liess dar- tige Bündel auf ihrem Rücken , welche die wenigen auf schliessen , dass der obere Teil des Thales Kochgeräthe , Zelte , Decken und Zeltstangen ent an Niederschlägen reicher ist, wie der untere. Eine | hielten, während die Männer riesige Musketen von
284
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumatras .
uralter Konstruktion in den Händen hielten . Die Indianer hatten mit ihren Aexten die Wildnis etwas
gelichtet, so dass wir auf dem Rückweg nicht mehr mit so viel Hindernissen zu kämpfen hatten .
Wir passierten mehrmals die Lagerplätze der
der dieselben umgebenden kleinen Gräben zu sorgen . In einem Klima wie das tropische , kann nicht ge nug Sorgfalt auf Reinlichkeit der Wohnungen ver wendet werden, vor allem bei den Chinesen , denen
der Schmutz gewissermaassen sympathisch ist. Der
Indianer und fanden an den Bäumen um dieselben die Felle verschiedener Tiere zum Trocknen auf
gehängt; auch begegneten wir wieder mehrmals dem kanadischen Stachelschwein, welches ziemlich häufig in diesen Wäldern vorzukommen scheint. Am Abend des zweiten Tages unseres Ab marsches vom Lager überschritten wir den Fluss
000
an einer seichten , etwa 50-60 Schritt breiten und 3-4 Fuss tiefen Stelle.
Trotzdem der Fluss nicht
sehr rasch dahin floss , mussten wir uns langer Stangen bedienen , um nicht von dem Anprall der Wellen mitgerissen zu werden . Dass diese Gefahr
Congsiewohnungen mit zweijährigem Pflanzwege.
et
nahe lag , bewies der Umstand, dass eine Squaw kurz vorher fortgerissen worden war. Am nächsten Tage kamen wir zu einer Stromschnelle , an der es von Lachsen wimmelte.
Sie schwammen so
dicht, dass man sie mit den Händen greifen konnte, und man hätte Hunderte an einem Tage ohne Netz fangen können , falls die Fische weniger glatt und
grösseren Ausbreitung der Cholera und anderer epi demischer Krankheiten kann nur durch grosse Sauber keit entgegengearbeitet werden. Auch bei der An lage der Brunnen zeigt sich das Bestreben des Pfanzers, in jeder Hinsicht für das leibliche Wohl der Arbeiter , schon in seinem wohlverstandenen
schlüpfrig gewesen wären . Die Lachse schnellten Selbstinteresse, zu sorgen . Niemals darf das Trink fortwährend aus dem Wasser auf und suchten sich
wasser
über die Stromschnellen hinüberzuschwingen, was ihnen auch öfters ganz gut gelang , sehr oft fielen sie jedoch ins Wasser zurück , ohne ihren Zweck erreicht zu haben , und versuchten es dann aufs neue.
dem Bade brunnen ge
Ich konnte mich nur sehr schwer von diesem ebenso interessanten wie lehrreichen Bilde trennen ,
aus
holt werden .
Dieser wird
so angelegt, 6666AA
doch die Zeit drängte, da wir vor Abend in Lytton
dass bei dem dort übli
sein wollten.
chen Baden , Kulihaus mit entfernter Vorderwand und Mittelpfosten .
Meine Begleiter schossen mehrere der schmackhaften Fische, und bei unserem Mittagsmahl bildete Lachs den Hauptbestandteil . Wieder neigte sich die Sonne hinter die Gipfel
giessen mit
Ueber einem
aaaa oberer Luftdurchzug. bbbb unterer
klei
der Kaskaden, als wir in kleinem Kahne über den Fraser hinübersetzten , und am Abend des 22. September kamen wir auf staubigem Wege in Lytton
nen Schöpfer, das Wasser direkt in die Abzugs gräben fliesst und nicht den Trinkbrunnen ver unreinigen kann, der der grösseren Sicherheit wegen oberhalb des anderen liegt.
an .
Wir hatten im Hochgebirge den Winter verlassen und fanden hier den Sommer wieder , der
Eine Ausnahmestellung nehmen die Chinesen in Betreff der Lohnverhältnisse ein . Während andere
noch nicht daran dachte , sich von dem Tieflande
Arbeiter, wie Javanen oder Klings ( Inder vom Fest
zu verabschieden .
auf den Tabakpflanzungen Sumátras.
lande ), einen monatlichen Gehalt von 6-8 Dollar er halten , lebt der chinesische Tabakspflanzer das ganze Jahr auf Kredit . Er beginnt mit dem Vorschuss in seinem Heimatslande oder in Singapore ; dieses haben freilich die anderen Arbeiter mit ihm gemein . Bei
Von W. Danne (Deli auf Sumátra ).
ihrer Ankunft auf der Estate aber beziehen diese
(Schluss.)
ein festes Gehalt, der Chinese jedoch geniesst einen monatlichen Vorschuss von 4-5 Dollar und erhält
Arbeiterleben
Bei sehr grossen Gesellschaften , wie der » Deli ausserdem Gerätschaften auf spätere Abrechnung Maatschappy «, gebraucht man Planken für die Umwandungen der Kuli- und Tandilhäuser und errichtet sie 5-6 über dem Boden , welches in ge-
sundheitlicher Beziehung dem Bauen auf ebener Erde vorzuziehen ist .
Jeden Tag hat ein dazu ange-
beim Jahresschlusse. Würde man die Chinesen im Tagelohn arbeiten lassen , so wäre ein schlechtes Resultat zu erzielen . Gerade durch die Einrichtung, dass sein Produkt , die grüne Tabaksstaude , je nach der mehr oder weniger sorgfältigen Behand
wiesener Kuli für das Reinigen der Häuser und l lung , gleich nach der Ernte höher oder minder
Arbeiterleben auf den Tabakpflanzungen Sumátras.
285
wertig taxiert und ihm sozusagen abgekauft wird, | fauler Arbeiter , denen kein Feld zur Bearbeitung erhält der Chinese den ihm so nötigen Antrieb zur sorgfältigen Pflege des Tabaks, da das Taxieren der
anvertraut wird . Sie verrichten leichtere Hilfsarbei ten , unterstützen den starken Feldkuli und beziehen
gelieferten Pflanzen direkt auf seine Gewinnsucht dafür einen Monatslohn von 6 Dollar.. Man be zeichnet in Sumatra dieselben mit den Namen » Kuli
wirkt. — Er bemüht sich infolgedessen , durch gute,
gewissenhafte Arbeit den grösstmöglichen Preis für
Congsie«. Für jeden Assistenten aber bilden sie
seine Ernte zu erzielen .
eine ewige Quelle des Aergers durch ihre grenzen
Bei tropischen Arbeitern würde es ziemlich nutz-
lose Faulheit und Schlauheit , mit welcher sie sich
los sein , ein derartiges System einzuführen , weil
der regelmässigen Arbeitszeit zu entziehen ver
diesen die den Chinesen in hohem Maasse eigene Gewinnsucht beinahe gänzlich abgeht. Der indo-
stehen . -- Da die Plantagen oft stunden- ja tag weit von den grösseren Städten entfernt sind , be
lente Charakter des Tropenbewohners erklärt diese Erscheinung Wohl möchte man gerne Dollars
layische Kaufläden, die » Kadeys«.
besitzen , aber es darf keine besondere Mühe kosten ;
ist diese bei dem Unternehmen zu gewärtigen
finden sich auf allen Estates chinesische und ma
Ebenso primitiv wie die Kulihäuser gebaut, führen diese kleinen Läden nebst allen chinesischen
dann lieber aufDollars verzichten . So philosophieren die Malayen oder ihnen verwandte Stämme.
Produkten die grösste Auswahl in unseren euro päischen Lebensmitteln zum Vorteile der europäischen
Anders der Chinese.
Angestellten .
-
Auch er möchte am liebsten
mühelos erwerben ; geht das aber nicht, dann scheut er auch keine noch so schwere Arbeit, um das Ziel zu erreichen : denn sein Ideal ist »Geld « , das der Malayen dagegen »Bequemlichkeit« . Für 1000 Pflanzen erster Güte Hauptbe-
dingung dafür ist, dass die Blätter nicht von Raupen
Champagner, freilich sehr zweifelhafter Qualität, Austern , Hummer , Sardinen in Büchsen , kurz alle
denkbaren Delikatessen werden dort feilgeboten . Unser deutsches Bier ist auch in den verschiedensten
Marken vertreten. Letzteres , sowie Hummer und
wird überall der Preis von 8 Dollar bezahlt.
Sardinen , finden bei Chinesen und Malayen an Sonn- und Festtagen eifrige Abnehmer. Der chinesische Kadeyhalter hat nach unseren
Für die zweite Qualität 7 Dollar und so herunter bis i Dollar pro Tausend. Der betreffende Assistent,
Begriffen eigentümliche Ansichten von Ehrlichkeit, z . B. spricht er ganz offen darüber , dass er zum
zerfressen oder durch Unachtsamkeit zerrissen sind
führt wie zum Ver der gewöhnlich einen Pflanzweg mit drei Congsien Einkauf ein anderesesGewicht mit einem Scheinbeweise, in
unter Aufsicht hat , schreibt in einem sogenannten
kauf . Er motiviert
Taxierbuche jedem Kuli die gelieferte Anzahl Pflanzen mit dem gegebenen Preise zu Gute. Selbstverständlich entstehen öfters Differenzen über die ge-
dem er angibt , dass beim Abwiegen im Kleinver kauf etwas verloren geht. Dass aber die Einkaufs das preise andere sind als die Verkaufspreise ,
währten Preise , die , wenn der Assistent nicht im
stört die chinesische Krämerlogik nicht .
stande ist, die Sache zu beiderseitiger Zufriedenheit
Eigentümlicherweise findet auch der Käufer
zu regeln , dem Urteile des Administrateurs vorgelegt werden.
nichts Unpassendes in dem Gebrauche der doppelten
Gewichte. Opium und Spirituosen sind Monopole
In der Taxierzeit ist schon mancher Assistent
der holländischen Regierung. An jedem chinesi
ermordet worden, denn lässt auch der Chinese sich
schen Kadey findet man daher eine hölzerne Tafel
sonst alles gefallen ,
mit den Worten : »Verkoopplaats van Opium und sterke Dranken« , zum Zeichen , dass der Händler das Verkaufsrecht erworben hat vom betreffenden
in Geldpunkte darf man
ihm nicht zu nahe treten .
Es gehört eine grosse Kenntnis der Leute und Verhältnisse dazu, um sich den nötigen Respekt zu verschaffen , damit ein einmal gefälltes Urteil über
General-Pächter.
Leider ist das Opiumrauchen sehr verbreitet
den Wert der Pflanzen für unumstösslich gehalten
unter den chinesischen Arbeitern . Wenn auch ein
und zugleich als gerecht betrachtet wird . Morde, wie oben erwähnt, gehören durchaus nicht zu den
zelne Stämme dieser Leidenschaft weniger ergeben
Seltenheiten . Bedenkt man , dass oft ganz unerfahrene junge Leute, die niemals mit Arbeitern ver-
dass durchschnittlich zwei Drittel der Arbeiter dem
kehrten, ja selbst nicht wissen , was Arbeit bedeutet, plötzlich einer Bande von 100 Chinesen vorstehen ,
sind wie andere , so kann man doch annehmen , Opiumgenusse fröhnen. Bei guter Kost macht sich der schädliche Ein
Aluss des Giftes weniger bemerkbar.
Nur zu oft
sollen,dann ist es nur zu verwundern, dass nicht ist aberdieErnährung demOpiumraucherNeben: muss sogar zu dem Schlusse kommen , dass die
Chinesen eine grosse Portion unverständiger und schlechter Behandlung vertragen können , ehe sie sich dagegen auflehnen . Unter einer Truppe von einigen hundert Chi nesen gibt es immer eine Anzahl schwacher und
zum Opfer, und nach 6-8 Jahren ist aus dem guten , kräftigen Arbeiter ein kranker, unbrauchbarer
Mensch geworden , der zur Erlangung seines Ge nusses kein Verbrechen scheut, selbst einen Mord
für wenige Cents begeht. Nach meinem Dafür halten kann man den Opiumgebrauch mit dem
Geographische Mitteilungen .
286
Trunk nicht vergleichen.
Opiumgenuss führt bei
allen orientalischen Nationalitäten rekrutieren.
In
den niederen Klassen stets und sicher zu Siechtum
diesen Spielhöllen lässt der Kuli oft seinen eben
und moralischer Verkommenheit , auch wenn er im geringsten Maasse geübt und noch nicht zum Missbrauch selbst geworden ist. Unsere europäischen Arbeiter dagegen, vor allen die, welche ihre Beschäftigung in freier Luft ausüben , befinden sich bei mässigem Alkoholgebrauch stark und gesund. Nur
erhaltenen Vorschuss zurück , leiht sich vielleicht
bei Missbrauch tritt körperlicher und geistiger Ver-
noch Geld auf seine Ernte und verspielt dieselbe im Voraus. Die Folge davon ist natürlich ein grosser pekuniärer Schaden des Arbeitgebers ; denn der Chinese kommt entweder gar nicht in sein früheres Dienstverhältnis zurück , da er keinen Nutzen darin
sieht, eine Ernte, deren Ertrag seinem Gläubiger ge
dieser Unterschied zum
hört, abzuarbeiten, oder er kehrt zurück, und dann er
Teile auch darin seinen Grund, dass der durchweg
hält der Administrateur an ihm einen unzufriedenen
sehr theure Preis des Opiums dem Arbeiter nicht
und nachlässigen Arbeiter.
fall ein .
Vielleicht hat
Wie gross auch die
gestattet, für seine Ernährung genügend zu sorgen, Genügsamkeit des Chinesen ist , so verändert sich verhältnismässig billige Preis des während der verhältnismässig Schnapses dem Europäer die Anschaffung der nötigen
doch in dieser Beziehung sein Charakter , wenn es
ein Fest zu feiern gilt, wie Neujahr und die chine
Nahrungsmittel nebenbei erlaubt. DieHeilok -kongs, | nesischen Opferfeste. ein starker Arbeiterstamm aus Süd -China, sind dem
Eine Unzahl der kompli
Opiumgenusse am wenigsten ergeben und daher als
ziertesten Gerichte von Huhn , Ente, Schweinefleisch, frisch oder geräuchert, künstlich eingemachter Früchte
Plantagen - Arbeiter sehr gesucht. Dafür ist ihre Untugend die Streitsucht, und wenn viele dieses
der verhältnismässig hohen Stufe , auf welcher die
Stammes auf einer Plantage beschäftigt sind , gibt es beinahe täglich zu schlichten und zu beruhigen .
chinesische Kochkunst steht. Leider kann der an einfache Arbeiterkost gewöhnte Magen diesem Drange
Im allgemeinen sind die Chinesen sehr genügim Essen und Trinken . Ihre gewöhnliche
der Gerichte nicht widerstehen , chinesischer Arak und böhmisches » Pilsner« thun das Ihrige, und die
Mahlzeit besteht aus Reis, etwas Gemüse, in Wasser
Folgen dieser Festessen offenbaren sich dann in
sam
in den zierlichsten Formen legen Zeugnis ab von
abgekocht, und gesalzenem Fisch, wozu als einziges mehrtägiger Arbeitsunfähigkeit. Ricinusöl, glasweise Getränk nur Thee erscheint. Da sie ohne Frauen angewandt, beseitigt jedoch das Uebel in kurzer leben, muss jeder sein Essen selbst bereiten . Mor
Zeit , und vollständig befriedigt von den festlichen
gens um 4 Uhr werden die Leute durch Signale Genüssen geht der Kuli wieder an seine harte geweckt ; nach einem Bade im Freien bei den oben geschilderten Badebrunnen kocht sich jeder seinen Reis
Arbeit .
um 6 Uhr muss er seine erste Mahlzeit
eingenommen haben – und geht zur Arbeit. Von 11-1 Uhr ist Ruhezeit; der Arbeiter hat Gelegen heit zu einem Gange nach dem Kaufladen , zum
Geographische Mitteilungen. (Betrag der Denudation durch Nieder
benachbarten Arbeiterhause oder zu einem kleinen
schläge . ) G. Karsten in Kiel , einer jener nicht allzu zahlreichen Physiker, welche stets auch der ihrer Wissen
Mittagsschläfchen. Dann ertönt das Arbeitssignal, und bis Dunkelwerden, jedenfalls bis 6 Uhr, ist er wieder
schaft so nahe verwandten physikalischen Geographie lebhafte Teilnahme zugewendet haben, erörterte jüngst
In der Erntezeit aber hat
eine an sich sehr nahe liegende, gleichwohl aber noch
er kaum einige Stunden Nachtruhe, das Aufhängen
kaum je quantitativer Betrachtung unterstellte Frage,
und Ordnen der geschnittenen Tabaksbäume beschäftigt ihn oft bis nach Mitternacht. -
bewirkten oberflächlichen Ablation des Erdreiches in
im Feld bei der Arbeit .
Nur an den Bezahltagen , den Hari Besars
die nämlich, wie gross der Betrag der durch Regenfall einem bestimmten Zeitraume sei . Genaue Messungen lassen sich hierüber aus einleuchtenden Gründen nicht
(grossen Tagen ),lebt der Kuli seinen Vergnügen.Nach
auch sind sie entbehrlich, da eine Schätzung dem morgens die Pflanzenwege und Häuser gereinigt anstellen für die ;richtige Beurteilung dieses wichtigen morpho
sind, erfolgt um 9 Uhr gewöhnlich die Auszahlung logischen Faktors völlig ausreicht. Ein in die Erde ge des halbmonatlichen Vorschusses; einem guten Ar- pflanzter Baum ragt im allgemeinen aus jener als ein beiter gibt inan gewöhnlich 2 ", Dollar. Mit Körben
ziemlich regelrechter Cylinder hervor, und seine Wurzeln
und Tongstöcken ziehen hierauf die Kulis nach dem oft stundenweit entfernten Hauptplatze , um
sind unsichtbar ; wenn trotzdem die Wurzelansätze für
Dort herrscht an solchen
die von den Atmosphärilien bewirkte Auswaschung des Erdreiches die Schuld . Indem nun Karsten in einem unweit der genannten Universitätsstadt gelegenen Ge hölze jahraus jahrein den Fortschritt der Wurzel entblössung beobachtete , konnte er feststellen , dass im
Einkäufe zu machen .
Tagen ein grosser Verkehr, und Tausende von Menschen bewegen sich in der einzigen Hauptstrasse des kleinen Fleckens, sich drängend und stossend um die zur Schau gestellten Lebensmittel und Lust barkeiten . Vor allem sind die Spielhäuser an solchen Tagen im Belagerungszustande, und man kann dort interessante Studien machen in Bezug auf Physiognomien und Gebahren der Spieler , die sich aus
das Auge freigelegt worden sind , so trägt daran eben
Durchschnitte die Niveauerniedrigung schwach geneigten Terrains von sandig - erdiger Beschaffenheit an dieser Stelle i cm im Jahre beträgt. Kiel hat im Mittel jedes
Jahr 176 Tage mit Niederschlägen irgend welcher Art, die zusammen 670 mm Wasser liefern .
Rechnet man
Litteratur .
aus , wie viel auf den Regentag entfällt, so zeigt sich, dass 66 mm Niederschlagswasser ungefähr 1 mm Erde fortschwemmen – ein Ergebnis, welches gewiss nichts Befremdendes besitzt.
Man ersieht hieraus, dass ohne
jeden Eingriff ungewöhnlicher Agentien und einzig durch Kräfte, die unausgesetzt im gleichen Sinne wirken, im Laufe der Jahre sehr namhafte Veränderungen des Bodenreliefs , Abtragungen und Ausebnungen , herbei-
geführt werden müssen ; Karstens anspruchslose Darlegung gibt einen trefflichen Beleg für die Richtigkeit der Lyellschen Anschauungen. (Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereines für Schleswig - Holstein, IX . Band, S. 293 A.)
287
Wege entwässert, und vom Pacifischen Ufer trennt das selbe nur ein verhältnismässig schmaler Landstreifen. Das Bau - Konsortium , an dessen Spitze der frühere Senator W. Miller steht, hat bereits die stattliche Summe von 875 000 Dollars (etwa 3 ' , Mill . Mark) auf gewendet , um einstweilen eine Schiffseisenbahn her
zustellen , die denn auch auf eine Länge von 12 engl . Meilen fertig ist. Die erste Meile des eigentlichen Kanales ist gleichfalls in einer Tiefe von 17 Fuss und in beträchtlicher Breite ausgehoben , die Vermessungen im Westen sind beendet , und die dem Kongress in Washington eingereichte Denkschrift äussert sich sehr
hoffnungsfreudig über das Unternehmen.
(Schema für phänologische Beobachtungen .) Die Phänologie, jenes merkwürdige Grenzgebiet zwischen der Pflanzenkunde und der allgemeinen Klimatologie, hat in neuerer Zeit einen bedeutenden Aufschwung ge
Bestätigen
sich die Erwartungen der Gesellschaft, so kann künftig ein Schiff, das von S. Francisco abfährt, New York in 16,
Liverpool in 21 (! ) Tagen erreichen . Zeitung vom
(Frankfurter
18. April 1892. )
nommen , indem ihre Vertreter von theoretischer Speku lation möglichst Abstand zu nehmen und dafür die kartographische Fixierung der phänologischen Daten in erster Linie zu betonen pflegen . Dann aber bedarf es einfacher , guter Anweisungen zur Gewinnung dieser Daten, und eine solche ist unlängst von Ihne bekannt
Litteratur. Die Verwendbarkeit des afrikanischen Elefanten. Ein Beitrag zur Kolonisationstechnik von H. Jäger. Magde burg 1892.
Grundzinski.
gegeben worden . Im Gegensatze zu den älteren Fach männern (besonders zu Sendtner), welche durch das
dessen unersetzliche Bedeutung für die Civilisationsarbeit in
Uebermaass ihrer Forderungen der Sache nichts nützten,
diesem Erdteile hat sich Berichterstatter allerdings schon vor
nimmt Ihne in sein Schema nur ſünf Phasen auf, deren
einem Jahre eingehender im » Globus « ausgesprochen und für zweckdienlich erachtete positive Vorschläge gemacht. Eine neuer dings erschienene Broschüre von H. Jäger veranlasst uns aber um so mehr zu einer erneuten Behandlung dieser Angelegenheit,
Eintrittszeit aber auch mit grösstmöglicher Schärfe be stimmt werden soll . BO bedeutet, dass an mehreren
Stellen die ersten Blattoberflächen sichtbar sind (Laub entfaltung) ; b signalisiert die ersten offenen Blüten, f die ersten reifen Früchte , resp. das spontane Auf-
platzen der Kapseln , w den grünen Hochwald (allgemeine, d . h . über mehr als die Hälfte sämtlicher Blätter auf der Station sich erstreckende Belaubung ), LV die allgemeine Laubverfärbung, deren Kennzeichen
es ist, dass die grössere Hälſte aller Blätter, die schon abgefallenen natürlich mit eingerechnet, ihre grüne
Ceber die Nutzbarkeit des afrikanischen Elefanten und
weil uns ihre Tragweite weder in den deutschen noch in den auswärtigen Kreisen der Freunde afrikanischer Kultivation deut. lich genug erkannt scheint . Mit Recht weist auch Jäger darauf hin , dass vor allem
die Bestrebungen gegen die Sklavenjagden immerzu eitel sein müssen , so lange gleichzeitig der Elfenbeinhandel von Europa her aufgemuntert und belebt wird ; denn es ist ja der Haupt
beweggrund zum Sklavenjagen in der Beschaffung schwarzen
Farbe verloren hat . So sammeln sich etwa nachfolgende
Elfenbeins als Tauschware und in dem Bedürfnis nach Trägern gegeben. Als besonders beachtenswert müssen wir sodann des
Daten an :
Autors Hervorkehrung des Mangels an Arbeitskräften in Afrika
13. Februar. II . April. 19 .
>
Corylus Avellana, Hasel, b. Aesculus Hippocastanum , Rosskastanie, BO . Ribes aureum , gelbe Johannisbeere, b . Tilia parvifolia, Sommerlinde, b. Sorbus aucuparia, Vogelbeere, f.
28. Juni. 1. August. 14. Oktober. Betula alba, Gew . Birke, LV.
Wie wichtig zur Festlegung des meteorologischen Charakters eines bestimmten Jahrganges ein solcher Phasenkalender werden kann, ist leicht abzusehen. So
erklären , nachdem die zur Boden. und sonstigen Kultur brauch baren Kräfte in Afrika grösstenteils durch das Lastentragen des Handelsmannes, Eroberers und Forschers vorweg genommen wer
den. Die arbeitsfähigen Menschenarme und -hände wären un entbehrlich zur Behandlung des Bodens, zur Herstellung von Bewässerungsanlagen und Wegen : die Lastenbeförderung aber muss auch in Afrika auf tierische und auf mechanische Hilfs
mittel verwiesen werden; sonst kann von irgend welchem rascheren Vorrücken der Kultur ins Innere nicht die Rede sein . Da aber Eisenbahnen in sehr grossen Länderstrecken aus Mangel an Be . dürfnis und aus finanziellen Gründen nicht zu erstreben sind , auf
konnte z. B. Ihne den Nachweis führen, dass das Jahr
Strassenfuhrwerke teils infolge der Bodenverhältnisse und äusser
1892 dem vorhergehenden hinsichtlich der Pflanzenentwickelung um volle drei Wochen » voraus « ist. ( Die
ster Erschwerung der Erweiterung der Zugtierzone gleichfalls
Instruktion
ist
zu
beziehen
von Herrn Oberlehrer
Dr. Egon Ihne in Friedberg, Oberhessen .)
zumeist verzichtet werden muss, so werden wir naturgemäss nach Tragtieren uns umzusehen haben . Kamele bewähren sich im tropischen Afrika nur innerhalb enger Grenzen ; Esel , besonders
solche von Maskat , sind zwar im weiteren Bereich zu verwenden ,
( Der Nicaragua - Kanal.) Die Hoffnung , dass der Durchstich der Landenge von Panamá in absehbarer
aber erweisen sich doch auch , besonders in feuchten Gegenden ,
Zeit zur Thatsache werden könne, darf wohl endgültig
vier Trägerlasten. So haben wir doch wohl Unrecht, wenn wir den so hand .
aufgegeben werden , und da ist es denn nicht zu ver wundern , dass die praktischen Amerikaner eine Ge sellschaft begründet haben , um dafür jenes Projekt, welches auf die Verbindung des Nicaragua -Sees mit beiden Meeren abzielt , der Verwirklichung näher zu führen . Nach Osten wird das gewaltige , jetzt schon
zu wenig widerstandsfähig , und es befördert einer nur drei bis 5
greiflichen Wink der Natur und vielleicht auch der Geschichte missachten und das eminenteste Transporttier deshalb ausrotten
>
mit Dampfern befahrene Wasserbecken auf natürlichem
lassen, weil noch niemand in unseren Jahrzehnten einen ernsten
Versuch gemacht hat , es hinsichtlich seiner Zähinbarkeit in er wachsenem Zustande zu erproben . Und doch ist der Elefant zweifellos der unentbehrlichste » Kulturfaktor « für den grösseren Teil Innenafrikas südlich der Sudanstaaten .
Litteratur .
288
Die schon von anderen angestellten Berechnungen seiner
Tragleistung und seiner Unterhaltskosten im Gegensatz zu den Anforderungen der kulturfeindlichen jetzigen Karawanenmethode erhalten in der Jägerschen Broschüre eine wertvolle Bereiche rung. Sie können schon deshalb keines optimistisch gefärbten Verfahrens beschuldigt werden , weil in derselben zwei Vorzüge
des afrikanischen Elefanten gegenüber dem indischen nicht hin. hinreichend zur Geltung kommen, nämlich dessen überaus rasche Vorwärtsbewegung und die unendlich wertvolle Genügsamkeit, denn er ist eben nicht nur » Baumfresser « (S. 17) , sondern nimmt auch mit Savannengras vorlieb und verlangt nur je am zweiten Tage Wasser. Gleichwohl ergibt sich auch für Jäger , dass » der afrikanische Riese in der Tragfähigkeit 20 , einschliesslich
der Schnelligkeit 90 und einschliesslich des Preises sogar 450 Trägern gleichkommta . (Letzteres meint natürlich nicht den
der Königsberger Geographischen Gesellschaft. Heft I. Königs berg 1892. In Kommission bei Hübner & Matz . V. 71 S. 8º. Die bibliographischen Kataloge , welche auf Grund der
vom Geographentage in Halle a. S. gegebenen Anregung ins Leben treten, sind an sich ein sehr verdienstliches Unternehmen ,
und der vorliegende Beitrag , dessen Veröffentlichung Professor Hahn besorgt hat , erweist sich speziell als eine mit Sorgfalt und Sachkunde verfasste Uebersicht. „ Allgemeine Darstellungen und allgemeine Karten « sollten in dieser ersten Lieferung aus
schliesslich berücksichtigt werden , und so gliedert sich denn der Inhalt nach zehn Unterabteilungen . Zuerst werden die auf preus sischem Boden entstandenen Zeit- und Gesellschaftsschriften auf
geführt; daran reihen sich allgemeine Landes- und Reisebeschrei bungen , Studien iiber die Ostsee und über deren charakteristische
Küstenbildungen, sowie über die orographischen Verhältnisse des
Preis von Sklaven.) An verschiedenen Zügen , z . B. auch solchen
Binnenlandes. Sehr umfassend ist das Verzeichnis der auf Flüsse,
Stanleys und Wissmanns, wird dieser Vergleich rechnungs
Sümpfe, Moore und Binnenseen bezüglichen Litteraturprodukte.
mässig sorgfältig belegt, und wir können eine Uebertreibung nicht
Endlich werden die Karten , unter welchen den Seekarten eine
vorfinden .
besondere Rubrik eingeräuint ist , besprochen , wobei wir be.
Der Vorschlag sodann , einen regelmässigen Transport betrieb mit Elefanten einzurichten, wird von Jäger insbesondere
lichen Werken des Humanisten (und späteren Papstes) Enea
an Linien in Deutsch-Ostafrika mit Nebeneinanderstellung der
Silvio angetroffen wird . Die Namen der Bearbeiter, vor allem
Frachttarife unterstützt , welche einerseits bei Trägerdienst, an . dererseits bei Elefantenbenutzung sich ergeben. Wenn auch nach
der des Altmeisters Reicke , bürgen für die Vollständigkeit der
anderen Vorberechnungen eine Eisenbahn von Dar-es-Salaam nach
scheinend das „ Encomium Borussiae « des Wittenberger Astro
dem Tanganyika neunmal so billig transportieren würde als Ele
nomen Rheticus -- eine Frucht von dessen Reise zu Copper nicus – nicht aufgenommen ward . Wir sehen weiteren Heften ,
fanten ( letztere 4omal so billig als Träger) , so ist doch die Her stellung des Dampfverkehrs nach jenem weiten Ziele noch auf
lange hinaus fraglich, und alle Schienenwege und Chausseen, welche nicht einem Netzė angehören , sondern als Einzelrouten verlaufen , haben immer den Nachteil , dass sie die Transport mittel nur nach ihren Stationen auf einer nahezu geraden Linie benutzen lassen , nicht je nach Bedarf in allseitiger Weise nach beliebiger Richtung.
Die wahrhaft positive und praktische Seite der Jäger schen Schrift besteht aber darin , dass sie einerseits die Art der
merken , dass das älteste Kärtchen von Preussen in den säint .
mmenstellung; nur ist dem Referenten aufgefallen , dass an.
die hauptsächlich auch Geologie und Klimatologie berücksich tigen sollen , mit Vergnügen entgegen .
Europäische Ansiedler in Niederländisch Ost-Indien. Von Ingenieur Emil Metzger. Hamburg. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter). 1892. 26 S. 8º. Das in der bekannten Virchow - Holtzendorffschen
Sainmlung erschienene Schriſtchen des unlängst in Stuttgart ver. storbenen Metzger, der seiner Zeit Vermessungen in Insulinde leitete und unstreitig Land und Leute dortselbst sehr genau kannte ,
Zähmung des afrikanischen Elefanten , andererseits das Rentier liche einer solchen samt Transportbetrieb darlegt , um zur Grün dung einer Unternehmergesellschaft zu ermuntern . Was die Rat schläge zum Einfangen und Zähmen der Elefanten betrifft, so
gibt einen kurzen, nur die Hauptpunkte hervorhebenden Ueber blick über die Besiedelung der hinterindischen Inselwelt mit
finden wir freilich hier nur die ein wenig oder nicht veränderte An
der von Batavia, auf die Organisierung der Einwanderung, aber die » engherzige Monopolpolitika der Kompagnie trat diesen
wendung des Verfahrens auf Ceylon vor.
Aber es wird dieses
so einfach kaum sich übertragen lassen . Schon der häufige Mangel an grösseren Wäldern und die aus mehreren Gründen ungleich grössere Schwierigkeit, ausgedehnte Palissadenlinien aus Balken herzustellen , spricht dafür, dass man in Afrika sich auf eine geänderte Methode besinnen müsse. Ebenso ist das anstandslose Hinweggehen über die Frage, ob im Altertum die derzeitige afrikanische Rasse von den Piole
Europäern .
Im 17. Jahrhundert drang J. P. Coen , der Grün
Plänen hindernd in den Weg , und die » Freibürger« in Ceylon
und Java konnten es , trotz gelegentlicher Anstrengungen , nicht zu der ihnen gebührenden Stellung im Staatswesen bringen ; der Generalgouverneur v. Imhof suchte um 1740 in freierem Geiste holländischen Ansiedlern eine Stätte zu bereiten, allein wiederum traten Hindernisse aller Art ein , indem teils das Klima seine
mäern und Karthagern ( im Atlasgebirgsgebiet) gezähmt worden sei , doch nur eine subjektive Erleichterung der Vorbedingung
Opfer forderte, teils auch die schlechte Verwaltung der späteren Gouverneure Herr Metzger , der überhaupt von holländi schen Sympathien ganz frei war, teilt merkwürdige Belege mit
der Zähmbarkeit erwachsener afrikanischer Elefanten .
Es fehlt
die guten Absichten jenes einsichtsvollen Mannes vereitelte . Als
uns thatsächlich die Sicherheit darüber, ob jener nördliche Ele . fant mit dem des heutigen tropischen Afrika eine und dieselbe zoologische Gruppe bildete. Gleichwohl zweifelt Berichterstatter in keiner Weise an der Möglichkeit , auch den Afrikaner zu zähmen , obwohl er kräftiger und grösser ist , als sein indischer
rückgegeben wurden , tasteten die Behörden unsicher hin und her, und als im Jahre 1830 das nicht allzu vorteilhaft bekannte » System van den Bosch « die Herrschaft erhielt , hatte die
Verwandter (nicht umgekehrt, wie noch zumeist in Büchern zu
ist die Zulassung aller Fremden nicht so erleichtert, wie es im Interesse des Landes zu wünschen wäre, doch sind seit 1872 die
lesen). Es spricht jede Einzelschilderung von Beobachtungen des
Bedingungen der Aufnahme milder geworden, wie die bedeutende
1
im Jahre 1815 die Kolonien grossenteils an die Niederlande zu
Absperrungstheorie für längere Zeit gesiegt . Auch jetzt noch
1
afrikanischen Rüsseltieres zu Gunsten seiner Intelligenz und un bedingten Ebenbürtigkeit mit demjenigen Indiens. Daher unter. stützen wir aufs neue den Mahnruf Jägers , das weitaus beste Hilfsmittel zur Kultivation Afrikas , welches die Natur thatkräf
tigen civilisatorischen Händen bietet, nämlich die gewaltige Leistungsfähigkeit des dortigen Elefanten , ehest iglich zu der hohen moralischen Aufgabe Europas und seiner Kolonialmächte 1
heranzuziehen . München .
Ueber einzelne Punkte wäre eine etwas eingehendere Be .
lehrung wiinschenswert gewesen , vorab in geschichtlicher Hin . sicht . So ist mehrfach vom » Rat der Siebzehna die Rede, ohne dass der Leser erfährt, was es denn mit dieser Institution eigent >
lich für eine Bewandtnis hatte .
S. Günther, W. Götz .
Die landeskundliche Litteratur der Provinzen Ost . und Westpreussen. Unter wesentlicher Mitarbeit der
Herren Bibliothekar Dr. R. Reicke , Dr. E. Reicke und v. Schack gesammelt und herausgegeben von
Rittmeister
Anzahl von Deutschen auf Sumatra angelegter Tabakplantagen beweist .
Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart.
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Stuttgart, 6. Mai 1892.
Jahrgang 65, Nr. 19. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der MDCXL
einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000. Von Albrecht Penck ( Wien). II . S. 289. 2. Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt . Von H. Habenicht (Gotha). S. 291 . - 3. Die Entwickelung der schweizerischen Panoramen . kunst.
Von J. H. Graf (Bern). I. S. 292. – 4. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari ( Linz).
5. Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart). S. 300.
(Fortsetzung .) S. 294 .
6. Die Insel Bogaslof. Von H. Greffrath (Dessau ). S. 303 . -- 7. Geographische Mitteilungen. (Ewald ; Erdbebenbeobachtungen in verschiedenen Tiefen ; Geographische Gesellschaften und Zeitschriften .) S. 303. 8. Litteratur. (Widmann; Singer.) S. 304. Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000000 . Von Albrecht Penck (Wien) . II .
von sehr namhaften Gebieten Karten dieses oder
grösseren Maasstabes vorliegen, und dies durch ein Beispiel erhärtet. Herr Lüddecke setzt sich hier über mit der Behauptung hinweg, dass sich solche
In der diesjährigen elften Nummer des » Aus- Karten nur auf einzelne Teile der Kontinente be lands« hat Herr Richard Lüddecke seine Polemik schränken . Die Unrichtigkeit dieser Behauptung gegen die Erdkarte im Maasstabe 1 : 1 000 000 fort- könnte durch Nennung des vorhandenen Karten gesetzt. Derjenige, welcher den Artikel » Noch ein- materials erwiesen werden , aber vor der Auffahrt mal zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000 «
flüchtig durchblättert , wird den Eindruck erhalten, als ob es sich um eine grosse wichtige Entdeckung >
handle , oder dass mindestens grobe Unkenntniss Herrn Lüddecke zu seinen Bemerkungen veranlasst hätte, die er selbst als fachmännische bezeich-
net .. Wer aber genauer zuschaut, und sich nicht blenden lässt durch die Behauptung Lüddeckes , im Recht zu sein , wird vielleicht zu einer anderen Anschauung gelangen , und die Empfindung teilen , als ob Herrn Lüddeckes Schreibweise der eines
dieses schweren Geschützes ist Herr Lüddecke ge sichert durch den Charakter dieser Zeitschrift; denn
es geht wohl nicht an , die Spalten des » Auslands« , welche bisher so bereitwillig der Diskussion über die Erdkarte zur Verfügung standen , mit einer Auf zählung von Kartentiteln jener weit mehr als 1000 Karten und Kartenwerke zu füllen , welche zur Kon
struktion der aussereuropäischen Erdteile für die Erd karte verwendet werden könnten . Es sei ferner nochmals daran erinnert, dass von Afrika eine Karte im Maasstabe von 1 : 2000000 bereits veröffentlicht
Feldherrn gleicht, welcher die Nachrichten gewal- ist, so dass gerade von dem Erdteile, dessen Erfor , tiger Siege verkündet,ohne sich darum zu kümmern , schung relativ am wenigsten weit gediehen ist, das ob denn der Gegner aus seiner Position verdrängt
ist. Eine solche Art der Polemik entspricht weder meinen Bedürfnissen , noch meinem Geschmacke,
und Herr Lüddecke gestattet mir wohl, dass ich ihm nicht in gleichem Tone antworte. Mir liegt eben weniger daran , unbedingt recht zu behalten , als an einer Klärung der Sache; ich darf mich wohl
begnügen, meine Gründe und Gegenworte aufzuführen, und das Urteil den einsichtigen Lesern des Auslandes zu überlassen .
Experiment einer einheitlichen Karte in einem Maas stabe gemacht ist , der nur halb so gross wie der der geplanten Erdkarte ist . Herrn Lüddeckes Be hauptung, dass für die Konstruktion einer einheit lichen Erdkarte im
Maasstabe 1 : 1 000 000 das er
forderliche Material nicht vorliege , steht nicht im Einklange mit dem gegenwärtigen Standpunkte der
Kartographie . Herr Lüddecke hält die für die Erdkarte vor
geschlagene Konstruktion für unpraktisch , in seinem
Die ersten Bemerkungen Herrn Lüddeckes
ersten Artikel hat er bezweifelt, dass sie eine Ueber
über den Plan der Erdkarte (Ausland 1891 , No. 46)
sicht irgend eines Erdteiles ermögliche. Ich habe
betrafen die Ausführbarkeit derselben in inhaltlicher
ihm darauf entgegnet, dass dies nicht der Zweck
und konstruktiver Hinsicht. Herr Lüddecke glaubt ,
der Karte sei . Nunmehr hat Herr Lüddecke seinen
dass das vorliegende Kartenmaterial noch nicht ge- Einwand stark eingeschränkt und gesagt : »Die vor nügt, um eine Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000000 zu schaffen. Ich habe daraufhin ( Ausland 1891 ,
No. 52) die Thatsache angeführt, dass gegenwärtig Ausland 1892, Nr. 19 .
geschlagene Erdkarte erfüllt einen ihrer vornehmsten
Zwecke in keiner Weise, wenn ihre Blätter nicht in beliebiger Anzahl zusammengesetzt werden können , 37
Zur Erdkarte im Maasstabe von 1 : 1000 000.
290
und eine Zusammensetzbarkeit ist undenkbar, wenn
die Blätter als Fünfgradsektionen ausgeführt wer-
Diesem Satze kann ich beipflichten , sobald
den .
in ihm das Wort beliebig durch ein anderes ersetzt Karten in beliebiger Zahl zusammen an
wird .
legen, wird gewiss niemanden einfallen, denn daran ist man nicht bloss aus räumlichen Gründen gehindert, sondern man beraubt sich auch der Möglichkeit , wie ich in meinem ersten Artikel gezeigt habe, den Inhalt der Karte anerkennen .
Man wird
je mehr man sich dem Pole nähert, bis endlich das
letzte Trapez in ein Dreieck mit einem Winkel von 50 an der Spitze übergeht.
Neben dieser Ko
lumne von Trapezen zwischen Aequator und Pol seien nun die Trapeze der Nachbarkolumnen der maassen angebracht, dass an den Meridiangrenzen eines Trapezes die der benachbarten derselben Zone unmittelbar anstossen . Man erhält dann eine Ko lumne von Trapezen , an welchen die der beiden Nachbarkolumnen wie Flügel anhängen. Während
selten mehr Karten zusammenlegen , als die Fläche eines grossen Tisches decken , wenn man nicht ge-
nun aber die einzelnen Trapeze der Hauptkolumnen
rade das verlieren will, was man gewinnen möchte, nämlich den Ueberblick . Die Frage ist daher die,
unmittelbar aneinanderstossen , klaffen zwischen denen
Maasstabe von 1 : 1 000 000 zusammenlegen kann,
der beiden Nachbarkolumnen Fugen auf. Der Winkel dieser Fugen ist gleich der doppelten Differenz der Basiswinkel der angrenzenden Trapeze. Im Durch schnitte ergibt sich ein Wert von wenig mehr als
als man in zusammenhängender Fläche zu über-
1/4 ", und es treten die Trapeze um 4 % , ihrer
blicken vermag. Man stelle sich vor einen Tisch
Parallelgrenzlinien auseinander.
von gewöhnlicher Höhe, und schiebe auf denselben
I : 1000000 sind die letzteren Linien im Maximum nur 0,5565 m lang, und es wächst daher die Fugen
ob man so viele Fünfgradblätter einer Erdkarte im
ein Blatt des Stieler allmählich an sich heran , bis man , über den Tischrand gebeugt , die Ortsnamen lesen kann . Weitsichtige Leute werden in einer Entfernung von 80-85 cm vom Tischrande die >
Im Maasstabe von
breite auf durchschnittlich 2,2 mm , auf 4 mm im Setzt man neun Trapeze zusammen , so hat man im ganzen vier Fugen und das Aus Maximum .
kleine Schrift erkennen können . Die mittleren Par-
einanderklaffen beträgt auf jeder Seite im Mittel
tien eines quadratischen Tisches von 160-170 cm Seitenlänge sind also in äusserster Sehweite gelegen ,
4 mm .
Gegenüber diesen Fugen , welche nur auf einige
und Kartenflächen von 2,56—2,59qm sind die grössten , Tausendstel der Kantenlänge der Trapeze an welche noch gerade überblickbar sind. Solche Areale wachsen , steht die Kontraktion des Papieres, auf welchem die Karte gedruckt ist. Dieselbe beträgt 1 : 1000000 nur sehr unbeträchtlich gekrümmt er- gewöhnlich mehr als ein Hundertstel der Karten
aber würden auf einem Globus im Maasstab von
scheinen , bei einer Höhe ihrer Wölbung von nur
länge , und ist in den verschiedenen Richtungen des
6 cm würden sie im wesentlichen tischähnlich aussehen . Man kann sich diese Verhältnisse am besten
Blattes nicht gleich .
Mein Exemplar von Herrn
Lüddeckes schöner Sechs - Blattkarte von Afrika
an Pombas Relief von Italien veranschaulichen , besitzt z. B. keineswegs den im Titel angegebenen das im Maasstabe von 1 : 1000000 mit gekrümmter Oberfläche konstruiert ist. Fast neun Fünfgradtrapeze umfassend, gleicht es einer nur wenig gewölbten Tischfläche , und angesichts dieses schönen Reliefs
ungleichen , 1—2 % betragenden Papierkontraktion
erkannte ich zuerst die Möglichkeit , dass mehrere ,
der einzelnen Blätter ist der Umstand , dass die Blätter
Maasstab von 1 : 10000000 , sondern im Titelblatte einen solchen von 1 : 10200000 , sonst einen solchen von 1 : 10100000 und 1 : 10150000. Folge dieser
und zwar mindestens neun Fünfgradtrapeze im Maass- nicht gleich gross sind. Es beträgt die Höhe des stabe 1 : 1 000 000 auf ebener Fläche zusammenge
klebt werden könnten . Neun solcher Fünfgradtrapeze aber , und zwar die an den Aequator anstossenden, decken eine Fläche von 2,74 qm , also mehr als das äusserste Maass einer überblickbaren Horizontalfläche.
Kartenbildes der drei linken Blätter 970,2 mm , der drei daran anstossenden rechten Blätter 971,3 mm , so dass beim
Zusammenkleben Fugen entstehen ,
Die Blätter der Weltkarte im Maasstabe von
welche zusammen 1,1 mm Breite erhalten . Diese Fugen haben bisher nicht gehindert, dass Herrn Lüd deckes Karte zu einem Tableau vereinigt wird, und
I : 1000000 sind in dem Umfange zusammenlegbar , als dies durch den praktischen Gebrauch er-
ist daher kaum anzunehmen, dass die nur unwesent
heischt wird .
lich bedeutenderen Fugen, welche beim Zusammen
Diese allgemeine, bei einer Betrachtung von Pombas Relief sich aufdrängender Vorstellung wird durch Rechnungen sicher begründet. Man denke sich die einzelnen Blätter der Erdkarte 1 : 1 000 000
in einfachster Weise als Trapeze, deren Höhe dem Abstande der Grenzparallele von 5 zu s ', deren
ungleiche Seiten den letzteren proportional ist. Man
stören auf einem solchen nicht im
mindesten .
Es
kleben von neun Blättern der Weltkarte aufklaffen ,
die Verwendung eines Tableaus derselben hindern. Die konstruktiv entstehenden Fugen beim Zu sammenlegen mehrerer Weltkartenblätter , welche nur einige Promille der Kartenbreite betragen, liegen innerhalb jener Grenzen, durch welche das Karten bild durch die Kontraktion des Papieres deformiert
erhält dann vom Aequator nach den Polen hin fort wird , und ein geschickter Buchbinder wird die 20 schreitend eine Kolumne von übereinanderliegenden Blätter der Erdkarte, welche die westlichen Plateaus Trapezen, deren Seiten um so stärker konvergieren, / der Union umfassen, unschwer in einer Ebene auf
Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkartenprojekt .
291
zuziehen vermogen , ohne dass sehr störende Fugen
in meinem vorigen Artikel die Vorteile des Penck
aufklaffen werden . Wenn Herr Lüddecke die Zu-
schen Projektes nicht noch einmal vollständig auf
sammensetzbarkeit mehrerer Blätter der Erdkarte als gezählt, weil ich sie für genügend bekannt hielt, den Kernpunkt der Frage bezeichnet, so bin ich völlig darüber beruhigt, und Herr Lüddecke würde
will aber hier wenigstens die Punkte erwähnen, welche ich für die wichtigsten halte. In erste Linie
es auch sein , wenn er sich die geringe Mühe ge-
stelle ich die Vorteile, welche das Zusammenarbeiten
geben hätte, einmal zu berechnen , wie gross die Fugen sind, die beim Zusammenstossen der Karten-
von Kartographen aus allen Ländern nach einheit lichem Plan bietet . Es wird dabei viel gelernt, die
blätter entstehen. Anstatt eine solche Berechnung Ansichten klären sich, Vorurteile verschwinden, man anzustellen, hat sich Herr Lüddecke lediglich in allgemeinen Redensarten über Polyeder u . s. w . er-
lernt das Bessere herausfinden und nachahmen . Die einheitliche Erdkarte würde ferner wesentlich dazu
gangen. Gewiss hat er recht, dass theoretisch nur sehr kleine Teilchen einer Kugeloberfläche als Ebenen gelten dürfen , in der Praxis aber kann man , sobald es sich um Herstellung von Kartenbildern handelt,
beitragen , der allgemeinen Maassen , Einbeitsmeridian zug auf Schreibweise zum Karte würde sich nicht nur
Einführung von einerlei und Konsequenz in Be Sieg zu verhelfen. Die zu Längen- und Flächen
die beim Drucke deformiert werden , noch recht Vergleichungen und Berechnungen ,sondern überhaupt grosse Teile der Kugeloberfläche als Ebenen ansehen. Dies vermag Herr Lüddecke eben nicht zu erkennen, und überdies deutet er an , dass die vor-
geschlagene Entwurfsart nicht polyedrisch sei , denn bei einem Polyederentwurfe werde die Erdoberfläche als bestehend gedacht aus vielen Flächen . Herr Lüddecke scheint nicht zu erwägen , dass die Erd-
zum Dienst in der vergleichenden Erdkunde vor trefflich eignen . Es wird wohl der sehnliche Wunsch vieler Geographen sein , von recht vielen Ländern der Erde Landkarten im Stil der Vogelschen Vier blattkarten von den Staaten Europas in Stielers Handatlas zu besitzen. Ich meine, speciell die aka demisch gebildeten Geo- und Kartographen , wenn
karte nach der vorgeschlagenen Konstruktion 72 Kolumnen und 36 Zonen , im ganzen also 2592 Blatt umfassen würde,, wenn sie die gesamte Erdoberfläche
erwärmen .
darstellen sollte. Das aber sieht wohl jedermann
sie wenigstens ihre Schuldigkeit gethan.
ein, dass ein 2592- Flächner ein Polyeder ist, welcher der Kugel sehr nahe kommt.
Meine Besprechung der schönen Karte vom Prättigau gehörte in die Erweiterung des Penck
sie auf sachlichem
Boden stehen , sollten sich in
erster Linie für Durchführung des Penckschen Planes Scheiterte der Plan dennoch , so hätten
Herr Lüddecke hat sich die vorgeschlagene schen Projektes, welche ich mir vorzuschlagen er Entwurfsart sichtlich nicht ziffermässig vergegen- laubte, ich habe das ausdrücklich betont. Ich stellte wärtigt gehabt , als er seine Bemerkungen dagegen diese topographische Karte als Muster für topogra niederschrieb , ebenso wie er den Reichtum bereits i phische Specialkarten hin . Dagegen empfahl ich als ausgeführter Karten nicht vor Augen hatte, als er
sich gegen den vorgeschlagenen Maasstab wandte. Unter solchen Umständen erscheint es wohl
kaum als nötig, auf die Bemerkungen mehr nebensächlicher Natur zurückzukommen, welche Herr Lüd-
decke in seinem letzten Artikel gemacht hat. Es dürfte vollauf genügen, gezeigt zu haben , dass ich
solches für das Pencksche Projekt ausdrücklich die Vogelschen vier Blattkarten, vorausgesetzt, dass das Terrain braun gedruckt werde. Ich habe ein Missverständnis darüber für voll
kommen ausgeschlossen gehalten. An eine absicht
führbarkeit des dargelegten Planes durchaus bewusst
liche Missdeutung meiner Worte kann ich bei meinem Kollegen nicht glauben. Ich halte das Pencksche Projekt , wie ich be reits in meinem vorigen Artikel erwähnte, nur Schritt
war. Und da ich nach meinen bisherigen Erfahrungen auf eine schliessliche Uebereinstimmung mit
so geplanten Landkarten im Sinne Pencks auszu
mir der Tragweite meiner Forderung und der Aus-
Herrn Lüddecke nicht mehr zu hoffen vermag , so muss ich auch darauf verzichten , mich in weitere Erörterungen mit ihm einzulassen : ich betrachte die Dis-
kussion mit ihm über die Weltkarte als abgeschlossen .
für Schritt für durchführbar, indem vorläufig die so wie führen sein möchten . Den Punkt, auf welchen Herr
Dr. Lüddecke das Hauptgewicht legt, die Zusammen setzbarkeit einer grösseren Anzahl von Sektionen, halte ich für gar nicht in Betracht kommend. In den 33 Jahren meiner Thätigkeit als Kartenzeichner innerhalb der Perthes’schen Anstalt (davon 20 Jahre
Noch ein Wort zu A. Pencks Erdkarten
unter Petermanns Leitung ) ist es mir nicht ein
projekt.
einziges Mal vorgekommen , dass eine Karte, in dem Maasstab und Stil des Penckschen Projektes , in
Von II . Habenicht (Gotha) .
mehr als höchstens vier Sektionen für den Ge
Die Entgegnung des Herrn Dr. R. Lüddecke in
brauch zusammengesetzt wurde, ich erinnere mich
Nr. II dieses Jahrganges des » Auslands« auf meine
nur, dass es zu Ausstellungszwecken geschehen ist .
in Nr. i ebenda erschienene Empfehlung des Penckschen Projektes veranlasst mich , noch einmal das
Was die Zeitdauer, die bis zur Vollendung der Penckschen Karte hingehen dürfte, anlangt, so halte
Wort in dieser Angelegenheit zu ergreifen. Ich habe
auch ich dafür, dass wir wenigstens eine Vollendung
292
Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst .
in gleichmässig durchgeführter Bearbeitung nicht
wieder geweckt und zur heutigen Entfaltung ge bracht werden konnte. In dieser Beziehung messe ich der Entwicke sehr grossen Werke, hat aber bisher weder den Wert lung der Panoramenkunst eine grosse Bedeutung zu . derselben , noch die Würdigung ihrer Schöpfer ver- Sie lehrte die Bergformen einzeln und naturgetreu ringert. abbilden , schärfte das Auge zur Auffassung der Warum sollte ein Werk über unseren Planeten ganzen Bodenentwickelung und wurde so zum wert weniger Opfer an Geld und Mühe wert sein , wie vollen Hilfsmittel in der Hand des Topographen . ein ähnliches vom Sternenhimmel, welches bekannt- Einer unserer besten Kenner der Alpen und selbst
erleben werden . Aber das ist eine ziemlich allgemein bekannte Eigentümlichkeit vieler, ja der meisten
lich schon seit einer Reihe von Jahren in Arbeit ist
hervorragend durch seine Leistungen im Panoramen
und wohl erst nach Jahrzehnten vollendet sein wird ?
der schweizerischen Panoramenkunst .
zeichnen, sagt 1) : » Die Aufgabe des Panoramas ist nicht künstlerischer, sondern rein geographischer Natur ; es soll gewissermaassen eine auf den Stand punkt bezogene Landkarte sein – es soll die Formen so wiedergeben, dass ich sie leicht erkenne und soll
Von J. H. Graf (Bern).
dabei die richtigen Namen führen, – mehr nicht«.
Die Entwickelung
I. Das 18. Jahrhundert. Die Schweiz stellt der kartographischen Darstellung vermöge ihrer verschiedenartigen Bodenformation und ihrer bedeutenden Höhenentwickelung
Diese Aufgabe des Panoramas ist denn auch von Saussure , Studer , Escher u . a. als richtig an erkannt worden . Es lohnt sich also gewiss , die
ganze Entwickelung , die dieser Zweig topographi scher Kunst genommen hat, kurz zu skizzieren . Der
grosse Schwierigkeiten entgegen. Die Anforderungen Anfang der Panoramenkunst lässt sich ziemlich genau feststellen . Wenn man auch versucht sein sollte, an das Auffassungsvermögen des Topographen sind feststellen. nicht gering und einer langen Spanne Zeit bedurfte schon in der Topographie von Matthäus Merian es, um den Standpunkt der Vollendung zu erreichen , auf welchem die schweizerische Kartographie heutzutage angelangt ist. In den ältesten Schweizer
Karten , z. B. derjenigen von Konrad Türst ( 1495
1642 panoramatische Darstellungen zu finden, so ist zu bemerken , dass jene Abbildungen nur Ansichten und
keineswegs das sind, was wir heutzutage unter einem Panorama verstehen. Der erste , der überhaupt
bis 1497), liegen die Berge noch ziegerstockartig, ein Panorama gezeichnet hat,, ist J. B. Mi ohne jeden Zusammenhang neben einander, der Be-
cheli du Crest aus Genf ( 1690 -- 1766) 2). Dieser
griff der Bergkette ist noch nicht zum Bewusstsein
merkwürdige Mann, ursprünglich Offizier in fran
des Darstellers gekommen ; die ersten Spuren hiervon, wenn auch noch etwas mangelhaft, zeigen sich
zösischen Diensten , wurde wegen freier politischer
bei Sebastian Münster und Aegidius Tschudi 1538. Münster übertrifft Tschudi an feinem Ver-
ständnis, da er schon einigermaassen die Höhendiffe-
Anschauungen von der Berner Regierung im Ein verständnis mit Zürich und Genf von 1746--1766
auf der Festung Aarburg eingesperrt. In der Be schäftigung mitden Wissenschaften fand er Erholung
renz der Alpen und des Jura wenigstens andeutungs- und Befriedigung. Wir haben an einem anderen weise durch Zeichnung markiert. Ueberall , auch bei vielen Nachfolgern,, fehlt aber eine vollständige
Ort ") seine Bedeutung für die schweizerische Geo däsie und sein Wirken als Physiker dargelegt. Zeigen
Auffassung der charakteristischen Bergformen . Alle überragt darin riesenhaft der geniale Hans Konrad Gyger , dessen Jugendleistung, eine Karte des Zürichschen Teiles des Thurgaues, 1620 schon den Meister ahnen lässt, dessen Hauptleistungen die Schweizer Karte von 1634 und die Karte des Zürich-
wir, wie Micheli du Crest auf die Idee gekom men ist , ein Alpenpanorama herzustellen , und wie er dasselbe zu stande gebracht hat. Im Jahre 1754 erhielt er Kenntnis von barometrischen Beobach
tungen , welche etwa 1730 Prof. J. J. Scheuchzer auf dem Gotthard und in Zürich hatte anstellen lassen .
gebietes von 1666 den Topographen in seinem vollen
Seine Resultate erregten aber bei Micheli grossen
und schönsten Glanze zeigen . Leider kam für die Allgemeinheit das typische Muster insofern nicht zum vollen Einfluss, als seine grosseWandkarte des Kantons
Zweifel darüber, ob die daraus berechnete Höhe des
Gotthards, »dieses höchsten Berges von Europa« , auch richtig sei, und um dieselben zu prüfen, entschloss sich
Zürich nie editiertwurde und überhaupt bald bei jenen Micheli zu folgenden originellen Operationen "): traurigen Zeitläuften in Vergessenheit geriet. Intuitiv hatte Gyger die Bergformen richtig aufgefasst und
1 ) Prof. Dr. A. Heim .
Jahrbuch des Schweizer. Alpen
klub, Bd. VIII .
richtig zur Darstellung gebracht; allen seinen Nach
2) Für das Leben dieses Mannes vgl. Wolf , Biogr. z.
folgern ging dies Vermögen mehr oder weniger wieder ab , und bis in den Anfang dieses Jahr-
Kulturgesch. d . Schweiz, I , S. 229–260 ; Wolf , Gesch . d . Ver.
hunderts generalisierte , schematisierte und er
messungen in d . Schweiz, S. 107-109 ; Graf , Gesch . d . Mathem . u . d . Naturw . in bern . Landen , III ?, S. 68—273 , auch separat er schienen .
fand man Berge und Bergformen ad libitum . Ge 3) Graf, Gesch . d. Mathem . u. s. w., III ?, S. 156—200 . wiss ist es daher wohl berechtigt, zu untersuchen , 4) Vgl. auch eine Notiz des Verf. im Jahrbuch des S. A. C. wie der Sinn für richtige Auffassung des Terrains ! (Schweizer. Alpenklub) pro 1892.
Die Entwickelung der schweizerischen Panoramenkunst.
293
Er verfertigte mittels eines kreisrunden Brettchens einen Quadranten von 14–15 " Radius und
noch oft Eiger und Mönch . Micheli hatte mit Energie seine Arbeit gefördert und sie mehrmals kor
auf demselben waren ein beweglicher und ein fester
rigiert. Eine seiner Vorarbeiten ist uns als wert
Zeiger angebracht. Den festen Zeiger stellte er in die Lage des Meridians von Aarburg, den er vorher schon bestimmt hatte, und so erhielt er mittels des
beweglichen Zeigers die Azimute der Visierlinien
volles Dokument bei der geographischen Ausstellung
in Bern 1891 in die Hände gefallen ; es ist dies ein der Bürgerbibliothek Luzern angehöriges Original
nach den einzelnen Gipfeln der Unter- und Berner Alpen .
panorama von Micheli du Crest aus dem Jahre 1754 , das vom Urirothstock bis zur Jungfrau geht und somit das älteste Originalpanorama sein wird,
Um nun die vertikale Erhebung der Bergspitzen
das wir in der Schweiz besitzen. Dimensionen Wir haben dasselbe an einem anderen
über den Horizont zu erhalten, nahm er eine 24 Pa-
19/65 cm .
riser Fuss lange Dachrinne , einen gewöhnlichen
Orte ') genau besprochen und ein Faksimile desselben
« dessen beide Enden er mit einem gegeben. Michelis Hauptpanorama erschien 1755 »Dachkännel«, hielt. An dem den Bergen zugekehrten Ende brachte er ein eingeteiltes verschiebbares Stäbchen an und
als Kupferstich unter dem Titel : » Prospect géométrique des Montagnes neigées dites Gletscher, telles qu'on les découvre en tems favorable depuis le château d'Aarbourg dans les territoires des Grisons , du
nun visierte er am anderen Ende und liess zugleich
Canton d'Ury et de l'Oberland du Canton de Berne.
das Stäbchen so nachrücken , bis sein oberes Ende mit der Bergspitze zur Deckung kam . Nun konnte
1755. Gravé par Tobias Conrad Lotter å Augsbourg «. Nach der geschilderten Entstehungs weise ist die Zeichnung eine Vertikalprojektion oder vielmehr die Projektion auf eine vertikale Cylinder fläche, in deren Achse das Auge zu bringen ist ; es
Brettchen abschloss und den er auf Böcke stellte und mit Wasser füllte , so dass er ein Niveau er-
er zwischen den vier Grössen a
Länge des Dachkännels,
b
Höhe des Stäbchens,
c = Entfernung des Berges,
ist also nicht eine eigentliche Rundansicht, wie die
In dieser Proportion waren ihm zwei Grössen schon bekannt ; es fehlte ihm bloss noch die dritte,
Panoramen heutzutage sind . Es ist begleitet einer vierseitigen Druckschrift : Mémoire pour plication du Prospect des Montagnes neigées l'on voit du château d'Aarbourg 1755. – Michelische Arbeit leidet unzweifelhaft an
aber auch die wichtigste, die Entfernung des Berges
deutender Ungenauigkeit , sowohl was Zeichnung,
von seinem Standort Aarburg. Wie half sich nun Micheli , um diese Strecke zu erhalten ? Gestützt
als was Rechnung anbetrifft. Aber hierin liegt nicht ihre Hauptbedeutung ! Michelis unbestreitbares
auf die damals beste Karte der Schweiz , auf die
Verdienst ist es, als Erster den Sinn für eine bessere
» Nova Helvetiae , Rhaetiae et Valesiae Tabula geo-
Darstellung des Terrains geweckt zu haben. Deshalb hat auch Saussure diese Kunst so sehr patronisiert.
x = vertikale Erhebung des Berges die Proportion aufstellen a : b = c : x.
graphica« von J. J. Scheuchzer 1712 bestimmte er die Entfernung des Objektes von Aarburg. Nach dieser Karte fand er die Entfernung Basel-Genf zu 120840 Toisen , nach der Messung von Cassini de Thury 1738 beträgt sie aber bloss 98000 Toi-
sen , daraus schloss Micheli, dass eben die Scheuchzerschen Distanzenangaben um zu gross seien . Wir sehen schon , dass ein solches
von l'ex que Die be
M. Th. Bourrit , Maler und Schriftsteller ( 1739 bis 1819), zeichnete in seinem Auftrag für den ersten Band der klassischen » Voyages dans les Alpesa , Neuchâtel
1779, eine „ Vue circulaire des montagnes qu'on dé couvre du sommet du Glacier de Buet 1776 «, und Saussure lobte ganz besonders die fast mathe matisch genaue Arbeit von Bourrit. Sicher hat
rohes Verfahren unmöglich zu genauen Resultaten
auch Generallieutenant F. L. Pfyffer, der Ver führen konnte.. Ausserdem negiert Micheli voll- fertiger des berühmten Reliefs, das man heute noch
ständig den Einfluss der Refraktion , betrachtet die Erde als vollständige Kugel , und so werden wir uns nicht wundern , wenn seine Höhenangaben alle zu gross sind und sie Differenzen gegen die Wirk-
im Gletschergarten in Luzern bewundert, vom Pan oramenzeichnen für seine Arbeit profitiert. Leider sind die meisten seiner Skizzen bis auf wenige Blätter ver
Ueberaus genau hat aber Micheli die Meereshöhe seines Standortes Aarburg , welche er dann
loren gegangen , jedoch befand sich gerade unter den noch erhaltenen das schon erwähnte Originalpanorama Michelis , das der letztere offenbar Pfyffer ge schenkt hatte. Ich füge hier bei , dass B. A. Dunker,
noch zur gefundenen Berghöhe addierte , auf 237 Toisen bestimmt, eine Angabe, die auch de Saus sure bestätigte. Grosse Schwierigkeiten hatte Mi-
Kupferstecher in Bern, 1777 nach der geometrischen Zeichnung Pfyffers für sein Relief einen „„ Plan perspectif d'une partie des Cantons de Lucerne,
Er
d'Uri etc. « gemalt und in den » Tableaux pittoresques«
lichkeit von 60-2000 m aufweisen .
cheli ferner mit der Benennung der Berge.
selbst konnte als Gefangener nicht persönlich nach- hat erscheinen lassen . Ein zweites Blatt von gleicher forschen , sodann war die Nomenklatur noch gar nicht fest, sagte man doch statt der Jungfrau bald
Blümlisalp , bald Geisshorn , und verwechselte man Ausland 1892 , Nr. 19
Grösse enthält bloss Konturen und Namen . ) Jahrbuch des S. A. C. pro 1892 . 38
Ch .
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
294
v. Mechel stach 1786 das Blatt nach und gab es
Tod hinweg. --- In Zürich ist Kunstmaler Heinrich
unter dem Titel „ Vue perspective de la partie la Fuessli ( 1755-1829 ) zu nennen , der eine Ge plus élevée du centre de la Suisse« heraus. Hierher birgsansicht von einem Gipfel der Alp Isleten bei gehört auch ein Blatt »Die Eisgebirge und Gletscher Interlaken 1790 gezeichnet hatte. des Strubels« , ein Stich von Zingg , schattiert und
In einem späteren Artikel wollen wir dann
koloriert und herausgegeben von Apotheker J. H. zeigen, welche Dimensionen das Panoramenzeichnen Koch in Thun ( 1706—1787). Bei Mechel erschien 1792 eine „ Vue perspective du Mont St. Gott hard« von Ch. Exchaquet , Direktor der fonderies à Servoz , was eigentlich ein Nachstich der von Dunker gestochenen und 1791 bei D. B. Rätzer in Bern erschienenen Ansicht ist. – Die Leistungen
in unserem Jahrhundert angenommen hat.
Forschungen über das deutscheWohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz).
des 18. Jahrhunderts schliessen mit einem Manne XIV.
ab , der die panoramatische Kunst zu hoher Voll endung bringen sollte ; es ist dies Samuel Gottlieb Studer von Bern ( 1761-1808). Sein Beruf als Notar und Landschreiber liess ihm Musse genug, von Bern , Interlaken , Stäffisburg und Langnau aus
Haustypen Oesterreichs ob der Enns und angrenzender Typenbereiche nördlich der Donau . (Fortsetzung.)
mehr als 100 Reisen in das Berner Oberland zu
machen , und so durchforschte er eifrig das Gebiet der Voralpen zwischen dem Brienzersee, dem Haslithal
Nach dem weit umgreifenden Versuche einer Darstellung der dem Vogelweidertypus angehörigen
Ueberall zeich
und entstammten Hausformen nördlich der Donau
nete er eifrig, und oft erfreute er in Sitzungen der Bernischen Naturforschenden Gesellschaft, zu deren
und im Herzen des Landes südlich derselben , will ich,, der Ordnung meiner ersten Wanderung von
sechs Gründern er gehört, seine Freunde durch über
1891 nach, einiges bemerken.
und der Hauptkette der Jungfrau.
raschend ähnliche Panoramen .
Er soll ein solches
vom Faulhorn und vom Napf im Emmenthal ge zeichnet haben ; ein solches vom Brienzer Rothorn
und vom Niesen hat er nach dem Zeugnis seines Sohnes und geistigen Erben hinterlassen . Aus dem Jahre 1788 stammt eine Ansicht von der Egg aus 5
bei Thierachern in der Nähe von Thun , der zahl
/
3
reiche Bergbenennungen beigegeben sind, eine kolo
Fig . 95.
rierte Ansicht vom Stockhorn aus , datiert aus dem Jahre 1790. In meinem Besitze befindet sich eine Ansicht der Stockhornkette vom Männlichen aus mit
I
2. Bei Rosenau .
3. Gr . Eberhards bei Weidhofen a . Th. 4. Walterschlag südl . Gerungs.
104 Namen . Vom Niesenpanorama hat Dunker einen Teil in den » Vues remarquables des Alpes de la Suisse« 1789 durch Stich veröffentlicht. Studers Hauptwerk aber ist : » Chaine des Alpes vue de
puis les environs de Berne« , von Dunker gestochen ist das Es ist und von G. Lory 1788 koloriert. Es das
Liebenau, Liebenstein ( V. ob. M. B. ) .
5. An mehreren Orten (Einschnitt der Giebelbretter), z. B. Watzman ns u . S. W.
6. An neuen Gebäuden in ganz Oberösterreich sehr häufig
(Spenglerarbeit ; 1-5 Holz) .
Längst war mir in Oberösterreich , Salzburg, Steiermark u. s. w. ein Giebelornament aus Weiss
(Fig. 95,6) aufgefallen, dessen Erklärung mir älteste, formenrichtige Alpenpanorama blechWaldvi ertel überra entgeg schend
der Schweiz, ein Muster für alle Zeichner für immer 1),
im
und damit hat sich Studer ein förmliches Denk-
Liebenstein, östlich Weitersfeld, ist nämlich als Schopf
mal gesetzt . Im Beiblatt finden sich 124 Berg namen , die dem Publikum zum grösseren Teil un bekannt waren. Dasselbe ist in der verschiedensten
Weise nachgestochen und in kleinerem Format herausgegeben worden , so von Scheuermann . Studer lieferte auch die Nomenklatur zum Blatt 10
entrat.
In
zierde eines Giebeldaches ein hölzerner Kelch ver
wendet (Fig. 95 , 1 ) ') . Weiter gegen Rosenau fand ich denselben Kelch , aber mit einem lanzen Bei Eber ähnlichen Mittelstücke (Fig. 95 , 2). hards nahm das Ding die Form Fig 95 , 3 an. Bei Gross-Gerungs fand ich das Ornament durch
des Meyerschen Atlas , sowie zum Probeblatt des drei, oben eingeschlagene Nägel bereichert (Fig. 95 ; 4) und dort belehrte mich ein Schullehrer, dass dieser
letzteren , zur » Carte d'une partie très-intéressante de la Suisse« 1796. Als er mit einer Mono graphie über den Pilatus beschäftigt war und auch sicher da etwas Tüchtiges geleistet hätte, raffte ihn der
der Strohdächer des tschechischen Teiles von Böhmen gefunden
2) Vgl. H. Dübi , Jahrbuch des S. A. C. 1890, XXVI. Bd. 2) Wolf , Gesch. d . Vermessungen in d . Schweiz, S. 117.
und nebenbei kelchförmige Ausschnitte in den Giebelbrettern . Dr. Siegfried Kapper hat mich in Jungbunzlau darauf auf merksam gemacht und hat diese Dinge als hussitische Ueber. bleibsel , welche die Gegenreformation überdauert haben, erklärt .
1) Den hölzernen Kelch habe ich 1862 auf allen Giebeln
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
plumpe, hölzerne Zierat die Leidenswerkzeuge Christi bedeute.
Daneben tritt aber , wie in Böhmen , der
in die Giebelbretter geschnittene Kelch samt Hostie
295
richteter Herr, versicherte mir, dass die alten Zimmer leute dieses Ornament in der Gegend noch zuweilen anwenden und dass sie es »Rossgosch’n « (Gosche =
(Fig. 95 , 5 ) auf. – Im Flachlande und Hügellande
Maul) nennen . Ich zweifle nicht, dass wir hier das
südlich der Donau verschwindet der Holzkelch und
germanische oder altslavische Pferdkopfornament in
das erwähnte Blechornament ersetzt ihn .
sehr alter primitiver Form vor uns haben .
Erst in
Laaberg und anderen Ortschaften südlich Klaus, gegen Windischgarsten , Spital a. Pyrn , Stoder und
dann jenseits der steirischen Grenze tritt der Holzkelch wieder hervor und zwar ohne Lanzenspitze, in wuchtigen, gedrechselten Stücken, dann aber wieder nach Art der Fig. 94 , 2 und 3. – Noch öfter aber findet man das letztere Ornament , dem Umrisse nach aus einer Dachschindel geschnitten und diese schräge vom Schopfdache aus gegen das First ende genagelt. Ich sah diese Form südlich Klaus
Die Pferdeköpfe sind nicht etwa in Ortbretter, welche hier fehlen, ausgeschnitten , sondern an den oberen Enden von Balken , welche die Dachkanten an den Giebelseiten säumen , geschnitzt. Die Bie gung der Pferdehälse ist angedeutet, die » Rossgosch’n « selbst sind eingekerbt. >
' Stron )
und dann an mehreren Orten Obersteiermarks.
Vielleicht sehen wir da ein Denkmal der Gegen reformation . Es entspricht der Klugheit der Jesuiten, alte Gebräuche nicht zu brechen , sondern zu eska
motieren ; aus dem utraquistischen Parteizeichen un merklich und allmählich die Marterwerkzeuge Christi
Fig . 96 a.
harmloses Ornament mit Halbmond und Stern, wo
14.4 h
zu vielleicht die siegreichen Türkenkriege nach 1683 Anstoss gaben .
Die Leute denken heute an gar
nichts , wenn sie ihre Giebel mit dem einen oder anderen zieren .
Was das Baumaterial betrifft, findet, wie schon erwähnt, denn doch eine gewisse Beschrän kung der Granitmauerung statt. Nördlich der Donau sind fast alle
Küche
. Verschl
Aus diesen wurde endlich ein ganz Bretter ,
zu machen .
Stube Vor .
haus
Stall
Fig. 96 b. Hütte ( Blockbau) , Gross-Eberhards bei Heidenreichstein .
Stadel Ständerbau mit Brettwänden .
In Liebenstein indes fand ich im Gehöfte Fig. 81 eine
Scheuer aus drei Blockwürfeln von 14 Schritten 10,5 m Länge und Breite, also aus sehr langen Fichtenholzbalken zusammengesetzt. Auch bei Rosenau
So recht interessant wird die Sache durch ihre
Anwendung an Schopfdächern desselben Dorfes. Ein
finden sich Blockbaureste an verschiedenen Haus-
Haus (Vogelweider) hat vorne , auf dem Firstende des Schopfdachs ein Kelch- und Lanzen-Ornament. Am rückwärtigen Dachende, über einem senkrechten
elementen , auch an alten Stuben , und auch hier scheint somit dem allgemeinen Gebrauche der Mauerung
Brettergiebel, Randbalken mit Pferdeköpfen. Ein anderes Haus hat am Schopfdachende das Kelch
und des ökonomischeren Ständerbaus eine Blockbau-
ornament und kaum 40 cm dahinter liegen, parallel
epoche vorausgegangen zu sein .
Erst die Lichtung mit den Kanten des Schopfdachs, die Pferdekopf
der Wälder hat wahrscheinlich Wandel geschaffen . (Vergl . Ausland 1891 S. 610 ; 710.) Gegen Kloster
balken auf den beiden Dachflächen.
Zwettl hin sind Holzhäuser sehr selten ; aber in dem
alten heidnischen Dachzierden mit ins Land gebracht,
Dorfe Gross-Eberhards, östlich Heidenreichstein , sind
weniger wahrscheinlich die vorgefundenen slavischen
sie wieder vorhanden . Dieses, seitwärts der Strasse,
übernommen oder beibehalten, dann später mit dem
Vielleicht haben die deutschen Einwanderer ihre
in einer Bodenfalte versteckt liegende Gassendorf Schopfdache auch dessen typischen Firstzierat über ist mir merkwürdig geworden . Gleich beim Orts-
eingange stiess ich auf die Keusche (Fig. 96), welche ohne jedes Mauerwerk , aus drei Blockwürfeln und einem angelehnten Bretterverschlage besteht, dessen strohgedecktes Dach ( mit senkrechten , bret-
tervernagelten Giebeln ) Pferdkopfornamente
nommen, aber die alten Randbalken nebenbei, samt den Pferdeköpfen beibehalten und an gewohnter Stelle liegen lassen. Vielleicht darf man daraus folgern , dass die
Dachform Fig. 96 in dieser Gegend die ursprüng liche gewesen sei.
aufweist. Diese gekreuzten Pferdeköpfe hatte ich Der Grundriss der Eberhardser Keusche ist in bis dahin noch nirgends gesehen ; auch nicht in Süd- Oberösterreich sehr verbreitet. Die meisten Woh baiern , der Ostschweiz, Nord- und Südtirol und auch nungen der » Häusler« , das ist, der Arbeiterfamilien,
nicht in den bajuvarischen Sprachinseln Oberitaliens.
welche kleine Grundstücke besitzen, sind so gebaut.
Ein Bauer erklärte mir das Ding als » Katzenköpfe«, Dass sie fast durchwegs gemauert sind und an einem aber der Pfarrer von Heidenreichstein , ein sehr unter-
oder beiden Enden Schopfgiebeldächer haben, macht
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
296
sie im Ansehen , aber nicht im Wesen verschieden . | kleine Lücken im Dach (die Innenseite des Daches Hie und da stehen neben grösseren Gehöften solche ist über der Flur teilweise sichtbar ); er streicht bei »Häusl« , z . B. bei Wildberg nördlich Linz , in Auer, den zwei Kammerthüren des Bodenraums vorbei und dort trägt es die älteste Jahreszahl, welche ich und wohl auch durch die Fugen ein wenig in die in Oberösterreich an einem ländlichen Gebäude ge- Kammern. funden, nämlich 1573 . Fig. 98 zeigt eine Form des hängenden Kogels
Auch in Obersteiermark finden sich solche Gebäude und darunter befinden sich auch alte Rauch-
(hier auch »Kuttel« genannt) ; ich habe eine andere, stehende Art des Kogels im Kärntner -Rauchhause
häuser aus Blockwerk und mit dem Dache wie Fi
gur 96. Ich füge die betreffenden Beobachtungen aus meiner zweiten Wanderung 1891 vergleichs halber hier ein .
Fig. 97 stellt die (Vernehmen nach 200 Jahre
alte) »Reiterkeusche« bei Palfau im Salzathale, nord
„ Hogel " oder , Suttel ". Funkenfänger im „ Reiterhause". Bretler - Dach
a.Omflängstangen , 8 -Selchstangen oder Fleischspiesse +
+
17
an der Innenwölbung des Hogels. Fig . 98 .
Verzinkte Pfostenwände. a : Arkerfenster "
angetroffen (vergl. Ausland 1890. S. 468). Im In
Alle Lichtöffnungen verglast Rauch - Haus, ca 200 Jahre alt,
nern dieses mit Lehm auf Holzrahinen und Flecht
werk aufgepatzten Funkenfängers befindet sich die sehr einfache »Fleischselche« (Räuchervorrich
Fig . 97 a.
tung) , nämlich eine Reihe sog . „Fleischspiesse« .
Rumpel
| kammer
Küche
I Erdgeschoss Bell
Wohnung
L h =
Diese Kogelform zeigt weit deutlicher, als die Kärnt
ner, den Ursprung des späteren Kaminmantels, welcher
1h
ebenfalls beim Bauer noch »Kogel« heisst.
Fig. 99 stellt den Stubenofen , wie er in jener Gegend in Rauchhäusern und überhaupt ge bräuchlich ist , dar. Dieser , auf einer Steinplatte stehende, backofenförmige Thonofen, mit grün gla
Fig . 97 b. Herd ; o = Ofen .
I Bodenraum .. Kammer
Ein heix
ame
Kammer Fig . 99 .
Fig. 97 c. Ohne Firstzierde. Isoliertes kleines Futterhaus
(Blockstall mit angefügtem Bretterverschlag für Heu) . Rauchhaus »Reiters , Gemeinde Palfau, westl . Wildalpen , Obersteiermark .
Von aussen heizbarer Ofen im Rauchhause » Reiter und in der Brunnthaler Keusche.
cierten runden Kacheln gleichsam gespickt , ist mit dem offenen Herde der Flur in Verbindung , wird von dort geheizt, entsendet seinen Rauch , wenn der
Ofen nicht sorgfältig verschmiert ist , in die Stube, westlich von Wildalpen in Steiermark dar ; ein von einer Tischlerfamilie bewohntes Rauchhaus. In
sonst aber durch das Heizloch wieder in die Flur.
jener Gegend, welche erst vor 40 Jahren Strasse
und daher wohl auch früher, ehe der Rauchfang
und Postverbindung erhalten hat, sind Rauchhäuser
entwickelt war, gegeben hat.
nicht sehr selten .
Die Flur ist ungeteilt. Sie enthält den Herd und ist zugleich Küche. Der Rauch entweicht durch
Hier siehtman , dass es Oefen in Rauchhäusern gibt Nicht weit von der Reiterkeusche befindet sich
das sog. „ Weberhäusl« mit der Aufschrift 1654 H und dem Monogramm Christi .
Es hat einen Rauch
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
fang und gleicht äusserlich dem Kleinhäusl am Predil (vgl . Ausland 1890. S. 496 ). Auf dein Wege von Weichselboden über die Höll nach Wegscheid (südlich Mariazell) , steht die Fig. 100 abgebildete » Halterhütte «, d . i . Hütte eines
297
Formen auch im historischen Zusammenhange stehen , ist schwer zu entscheiden.
Fig. 101 zeigt eine von der staatlichen Forst h
Almenhirten , der nur Ochsen, Kälber und für seine
0
Küche.
eigene Milchnahrung ein paar Ziegen betraut. Wir sehen hier eine recht primitive Wohnung ohne Rauch fang, ohne Ofen , mit dem gemauerten Herde in mitten der einzigen Stube ; der Ziegenstall lehnt sich als zweiter Blockwürfel an den Hauptraum . Der geringe Futtervorrat (die Rinder übernachten im
Stube der
Familien
Solzknecbte .
Wohnstube.
h- gemeinsamer Serd der Knechte . o von außen beizbarer Ofen . ( - Leiter . Fig. 101 .
Holzknechthütte (Keusche) im Brunnthal (Obersteier) . Rauchhaus .
Bretterdach
verwaltung erbaute Holzknechthütte Obersteierınarks im Grundrisse. 521714
ste
Fig. 102 veranschaulicht eine Entwickelungsstufe des Schornsteins in derselben Gegend. Ein bretterner, viereckiger Rauchkanal führt vom Herd über das Dach.
Fig. 100 a . Gbellage
Bett .
herd
Wohnung
adamy
Oben schützt ein schiefes Brett das Innere vor Regen .
Siegen . Stall
1.
a Holbtbür.
6 Innere Ganx - Tsüz. 1 Leiter zum Dachraum
über WohnungSeulager) Verglaste Fensterchen .
Fig . 102 . Primitiver Holztafel-Rauchfang. Obersteiermark .
Erköltes Bett,(2 Etagen .) Fig. 100 b.
In jeder Fläche des vorragenden Schlotes fehlt ein Stück Brett. Weht der Wind von der einen oder ande
» Halterhütte« (Albhütte für männliches Vieh) in der » hinteren Hölle zwischen Weichselboden und Wegscheidt .
Freien) liegt auf den Deckbalken der Stube. Zum Heulager führt eine Leiter aus dem Ziegenstalle. Die Stube ist recht wohnlich mit erhöhtem
ren Seite, immer findet der Rauch einen ruhigen Ab zug und wird nicht ins Haus zurückgedrängt. XV .
Bette , Bank , Tisch , Geschirrstelle eingerichtet und Haustypen im westlichen Teile Oberöster der »Halter« versicherte mir , dass ihn der Rauch,
reichs, nördlich der Donau, im oberen
wenn er nur recht trockenes Holz nehme, nicht
Mühlkreise.
sonderlich belästige.
Meine dritte Wanderung 1891 (Linz-Kirchschlag, Die Thüre ist doppelt. Die äussere Halbthüre, Zwettl im Mühlviertel , Leonfelden , Helfenberg, wenn sie allein geschlossen wird , hält Vieh und Haslach , Rohrbach , Neufelden , Ottensheim , Linz) Hund ab , und lässt Licht ein . Die innere Ganz- sollte die östliche Grenze des Flachdachbezirkes, welche
thüre schliesst das Haus (vgl. Ausland 1891. S. 723 .
bekanntlich der baierischen Grenze in einem breiten
Alinea 2) .
Streifen vorliegt, genauer ermitteln . Im »Haselgraben « bis Wildberg wechseln In
-
Dass die Typen Fig. 96 , 97 und 100 der Form
nach zusammenhängen, ist auf den ersten Blick klar.dustriegebäude, Vogelweider (Lehentmairhof) und Vierkant (Speichmühle, Fig. 90). lich der Donau überall , südlich derselben dort , wo Bei Kirchschlag (894 m ) , wo seit 1700 eine Mauerwerk am primitiven Hause überhaupt verwendet indifferente Quelle zu Heilzwecken benutzt wird, Jene zahlreichen gemauerten Kleinhäusl, welche nörd-
wird , ebenfalls gefunden werden, gehören ohneZweifel | herrscht der Vogelweider allein . Ein solches Haus ebenfalls dazu . Ob aber alle diese weitverbreiteten
trägt die Jahreszahl 1784. Die Kirche ist von 1645 ,
Forschungen über das deutsche Wohnhaus .
298
eine Seelsorge seit 1450. Alle »Keuschen « sind Ein-
teile wie geduldet. So steht z . B. in Raiden , öst
heitshäuser.
lich von Haslach, ein Vogelweider mit entwickeltem
Nördlich von Kirchschlag liegt das Dorf, d . h . es liegen 8-10 zerstreute Einschichthöfe, welche
Thorgebäude (Fig. 84 zeigt diese abgeleitete Form ) ; dieses aber ist aus verzinkten Bohlen erbaut und trägt ein ein Speltendach Speltendach mit grossen Steinbrocken darauf.
zusammen den Namen Taffetschlag führen ),in
einer grossen, muldenförmigen Waldblösse. Einige Eine ähnliche Mischung ist am Scheiblhof, südlich Höfe zeigen Uebergänge zum Vierkant nach Art
Rohrbach, Fig. 103 zu beobachten. Dieses Gehöfte
der Fig. 89 und 91 . Bei Zwettl, welches eine spätgotische Kirche aus dem 15. Jahrhundert besitzt , ist unter veränderten Vogelweidern ein reiner Vierkant mit 96 Fenstern
müsste einen recht verwunderlichen Eindruck machen , Schindel
Stron
auf den drei Fronten und zwei Tennen auf der vierten . Strohdach . Weisse Wände.
Legschindel
Die beiden Dörfer Langenzwettl und Dittrich schlag bilden eine 3000 Schritt lange doppelte Hof reihe zu beiden Seiten der alten Poststrasse .
Eine
exquisite Waldhufe , an der noch die alten Wald wege kenntlich sind . Die Wälder sind freilich beider seits verschwunden . Die Bauern sind arm, ihre Höfe sind aber sehr ansehnlich , nett gehalten , alles reine Vogelweider mit Obergeschoss und meist Wohnräumen in
beiden Trakten .
Ueberall Stroh- und
Fig. 103 Scheiblhof südl. Rohrbach .
wenn man es sähe , ohne die westlich und östlich ver
laufenden Typenabstufungen zu kennen . In Fig. 104, Bauernhof in Gollner , ebenfalls südlich Rohrbach ,
ist ein Seitentrakt des Vogelweidtypus zu einem
Schopfdächer . Was ich auf den Strohdächern der Vicentiner Siebengemeinden überall und seither nir
Schindel
gends mehr fand , pinselartige Strohschöpfe auf den Firstenden , fand ich in Dittrichschlag wieder . Leonfelden , Marktflecken mit gotischer Kirche von 1481 , mit eigener Pfarre von 1292 ; von 1015 bis 1292 von Gramastetten aus versehen , war ein befestigter Zufluchtsort in der Hussitenzeit . Trotz der nur sechs Gehstunden entfernten Landeshaupt stadt ist hier noch eine Art Nationaltracht der be
nachbarten Bauern, welche auch an Feiertagen u . a. hellblaue Schürzen tragen . Dort findet sich noch der mit Federkiel gestickte , lederne Leibgurt , wie in Gmunden . In Zwettl und Leonfelden sollen sich
Legschindei
..6m .....4 m . x
Granir . Mauer gon
Wohnhaus
Ausgeding
12
Fig . 104 .
Mischtype in Gollner (südl . Rohrbach, Mühlkreis) , Teilweise abgesonderte Wirtschaftsgebäude.
» alpinen Hause « geworden, oder besser gesagt : flach eingedeckt. Das Stück Scheuer rückwärts im Flach
weist noch auf den ehemaligen Hütten noch ( ich hätte sie also übersehen ) einzelne »Spelten- dachhause charakter dieses Traktes hin. Die im Vogelweider
dächer«, d . i. Flachdächer mit grossen Spaltschindel brettern und Schwersteinen befinden. Aber in Ober
traberg, westlich Leonfelden , sah ich eines und die Specialkarte lässt vermuten , dass die gegenwärtige äusserste Ostgrenze dieser Dach- und Hausform in
der Linie Vorderweissenbach -Grosstraberg südwärts streicht , sich dann über Niederwaldkirchen west wärts an die Mühl und mit dieser südlich an die
Donau schliesst.
Wichtiger als die Kenntnis des
änderlichkeit. „Vor 60 Jahren gab es gegen Leon felden noch eine Menge kleiner Häusl mit Spelt dächern . Viele Kleinhäusl sind Gehöfte geworden und die Spelte Schopfdächer«.« So sagten mir alte, erfahrene Leute bei Traberg und Helfenberg über einstimmend .
Auf der gegenwärtigen Typengrenze sieht es selt-
720
genauen Verlaufs dieser Grenze ist jene ihrer Ver
Fig . 105 .
Aelteres Haus (Tirolertype) ; Hauptplatz, Rohrbach (Mühlkreis).
typische , abschliessende Scheuer steht abgesondert, und zwar aus örtlichen Gründen, und ist nicht mit
sam aus. Noch hat hier der Vogelweider das Ueber-
abgebildet.
gewicht und die Flachdachform darf gleichsam nur
Unmittelbar bei Haslach , seitwärts von der neuen Bahnhofstrasse , steht ein grosses »alpines«
mitthun.
Sie ist an dem einen und anderen Haus-
Haus; Untergeschoss gemauert, Eingang auf der west 1) Die Specialkarte hat den Namen » Davidsschlag« .
lichen Langseite. Im Markte Rohrbach aber sind
Forschungen über das deutsche Wohnhaus. nach manchen Bränden noch immer einzelne Ueber-
299
Teile des Hauses allgemein und gewiss seit recht
bleibsel des Flachdachtypus übrig geblieben. Das
langer Zeit gemauert werden . Sind ja doch auch
hübscheste dieser Häuser zeigt Fig. 105 ?). Fig. 106 , 107 , 108 , 109 zeigen die Form des
die Scheuern , wo ebenfalls Feldfrüchte aufbewahrt
Ventilation zulässt, als jede andere Konstruktion, nir gends ganz gemauert und fast überall ganz gezimmert .
Schindel
Broher Boden
Die » Kasten« des oberen Mühlviertels stammen wohl
Pradecembrado
Gallerie auf der Vorderseite,
Verzinkte
D.d . Black and
werden , um der Vorzüge des Holzmaterials willen und weil ein Ständerbau mit Brettwänden weit bessere
Stron
Praten
X
46
...- 4.5
>
Fig. 106 . Gollner südl . Rohrbach , Getreidekasten neben einem Bauernhof
Fig. 107 Heisshof südl . Neufelden . Getreidekasten ;
(Vogelweidtypus).
(Hinterseite .)
verzinkte Pfostenwände.
aus alter Zeit. Sie verschwinden , so bald man die Flachdachgegend ostwärts verlässt , tauchen aber an
der Schwelle der Alpen (Stoder , Windischgarten, Rossleithen u. s. w .) wieder, fast in derselben Form und Anordnung , auf und sind im obersteirischen Ennsthale , bei Lietzen , Admont u. s. w. , ein ge wöhnlicher Bestandteil der dortigen Haufenhöfe. Vielleicht waren sie einmal überall.
Getreidekastens im westlichen Mühlviertel. Sie
sind alle vom Hause getrennt, bestehen zumeist nur
aus einem Blockwürfel, welcher auf trockenem Mauer-
Vielleicht hat
sie der eingewanderte oder entwickelte Vogelweider und später der Vierkant , wo diese Formen jetzt herrschen, mit ihren reichlichen Bodenräumen ent behrlich gemacht und so verdrängt. Die Grundbesitzer der Städte und Märkte nörd lich der Donau haben ihre Scheuern fast alle ausser
Schind
Bloch wand
el
halb derselben . Es dürfte dies einer obrigkeitlichen Satzung entsprechen . Diese, meist hölzernen Scheuern sind etwa 20 Schritte = 15 m lang, 14 Schritte = -
12,5 m breit , meist mit steilen Schindeldächern, welche oft beiderseits Halbwalm haben , bedeckt ; ohne Ausnahme sind sie in Ständerbau mit Bretter Fig . 108 .
wänden errichtet , sehr selten untermauert und da
Maierhof bei Rohrbach . Getreidekasten .
sie oft abbrennen und im feuchten Klima rasch ver
(Vorderseite.)
morschen, sind sie grossenteils neu , aber von offen werk oder auch auf Steinblöcken aufsitzt. Hier und
bar alten Formen . In dem hohen Dache befindet
da steckt Dornengestrüpp zwischen Boden und Grund ,
sich ein Gerüst (bei Haslach und Rohrbach »Héobü «
wohl um die Feldmäuse abzuhalten . Holzbauten , als
Hochbühne genannt) für Heu.
Die untere
Einteilung (Tenn , Halbám oder »Ess«) ist , wie I
überall .
Auf dem Heimmarsche von Rohrbach nach
Rotteneck bei Ottensheim , auf einer Hochstrasse, Q
PH00121
6
von welcher die » buckliche Welt« des Mühlviertels,
die waldigen Furchen der grossen und kleinen Mühl, im Norden der Schlussrücken gegen Böhmen , im
II
fernen Süden die Alpenkette und ringsum , im Mittel 6
a
Fig. 109. 1. Erdgeschoss, II . Obergeschoss
eines Blockwand -Getreidekastens in Riedl zwischen Helfenberg und Haslach . a b Die mit Bretterwand verwehrte Wetterseite ( Hauptfront) , zugleich die Stiege und die obere Galerie enthaltend und abschliessend .
die trockensten , sind für Schüttböden so gut verwendbar , dass es nicht wunder nehmen kann , sie
grunde, in unendlichem Wechsel engbegrenzter und grossartiger Bilder das Gewirr von Wald, Feld , Ein schichten und gartenbuschigen Haufendörfern , Schlös sern , Kirchen und Kapellen sichtbar wird, auf diesem Wege also beobachtet man auch den interessanten
Prozess, wie der Flachdachtypus allmählich erlöscht. In Neindling ist fast in jedem Gehöfte noch ein Flachdach ; in Oberfeuchtenbach ?) ist es schon selten ; in und bei Neufelden ist seine ehemalige Existenz nur mehr an der sanfteren Rösche der gegenwärtigen
in einer Gegend zu treffen , wo die wichtigsten 1) Die auf Fig. 105 beim Nachbarhause sichtbare Steinbank und der Steintisch bilden eine Besonderheit der Märkte im Mühlviertler Weberbezirke . Dort übernahm der Leinwand-
1) In Oberfeuchtenbach nördl . Neufelden ist an dem kleinen Vogelweiderhofe eines „ Hofstätters « , d . i . eines Bauern von 30 Joch Grund , gegenüber einem mächtigen » Bauern « mit 50 Joch
Besitz, folgender Hausspruch : » Wenn das Leben wär zu kaufen,
händler die Ware ; dort zahlte er den Weblohn und gab Garn aus . Auch diese Spuren eines früheren regen Verkehrs ver-
Dass der Tod annimmt kein Geld.
schwinden allmählich .
erwählen , Den Armen für die Luck'n stellen.
Würden viel dem Tod entlaufen. Das ist 's Beste auf der Welt , Da würd der Reiche sich
Amen. «
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
300
Schopfdächer und an der grösseren Hausbreite kenntlich , und dann hört jede Spur auf.
Staunen und Verwunderung versetzt. Die verschieden
Mühlviertels habe ich gesucht, aber noch nicht ge-
sten Urteile sind darüber laut geworden . Man hat nicht recht daran glauben wollen . Hat es doch und sie wollten ernst nicht an Stimmen gefehlt genommen werden – die behaupteten,, das von der russischen Regierung erlassene Getreideausfuhrver
funden . Herr Pfarrer N. Hanrieder in Putzleins-
bot sei nichts als eine Antwort auf die Nichtbe
Ob die frühere Grenze des Flachdachs einstens noch weiter ostwärts und wie weit sie gegangen , kann ich nicht ausmachen . Alte Bilder des unteren
dorf sagt, dass bloss in jenem Teile Oberösterreichs,, teiligung der deutschen Börse an der letzten russi und ui bringen nach seiner sichtlich genauen Zeich-
schen Anleihe. Als ob es einer Regierung darum zu thun sein könnte , sich selbst aus blindem Hass gegen den Nachbar einer sehr wesentlichen, ja unter
nung Auf- und Grundriss eines Gehöftes, wie es in
den gegebenen Verhältnissen doppelt notwendigen
welcher einst zur Abtei und zum Bistum Passau
gehört habe, das Flachdach typisch sei . Fig. 110
Einnahme zu berauben ! Dergleichen Gerede erinnert
an die ähnliche Befangenheit oder Verblendung russi scher Blätter , die in den deutschen Getreidezöllen .
nur eine Chikane sehen , die man gegen Russland ausübe, um sich wegen der Erhöhung der russischen Importzölle zu rächen . Andererseits hat es nicht an Mauer
MUP
Beurteilern gemangelt , die schon an der Fähigkeit Russlands , seine Zinsen zu zahlen , zweifelten oder von einem Koloss auf thönernen Füssen sprachen.
Fig . 110.
Und das alles oft ohne eingehendere Kenntnis des á
Wohnhaus Us Cart
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Br . Brunnend ddd - Dachüberschuss 70
Landes, um welches es sich handelte ! Um zunächst die Umrisse des Landes von der
uns zugewandten Seite kennen zu lernen , wählen wir eine Seereise nach St. Petersburg. Brechen wir zu diesem Zweck von Memel auf, so sehen wir zu
unserer Rechten eine lang sich hinstreckende , ein förmige, meist niedrige Küste, glücklicherweise fast durchgehend von einem bewaldeten Dünenwall um säumt ; wir sagen glücklicherweise, denn wo dieser fehlt, da brechen die Weststürme unerbittlich in das
20
30
60,45 m
Land und richten Sandverwehungen an , die Aecker,
Wiesen und Wohnungen bedecken, und gegen welche
Fig . III .
man nur mühsam durch künstliche Vorrichtungen
Gehöfte bei Putzleinsdorf ( Mühlkreis, Oberösterreich ).
aufkommt. Und nicht ungefährlich ist diese Küste,
Nach Herrn Pfarrer N. Hanrieder.
nicht so sehr durch Klippen, als durch ihre Untiefen . Sie hat darin eine Aehnlichkeit mit einer anderen
seiner Pfarre nicht ausschliesslich , aber häufig auf tritt. Hier finden wir einen auffallenden, unmittel
Westküste , der von Jütland , die ja auch manches
baren in die Wohnstube, weil dieEingang typischevonFlurderalsGred Gesindestube verwendet
Kap Domesnes, die Nordspitze von Kurland, und
ist . Im Obergeschosse befinden sich Gastzimmer, »die schen ' Stube« , und wo kein besonderer Ge
treidekasten vorhanden ist , der Schüttboden. Die » Auszügler-Häusl « (Ausgeding) sind stets vom Haupt gebäude abgetrennt. sind bis oben gemauert, Ställe und Die Häuser Schupfen untermauert, die Scheunen ganz gezimmert . ( Fortsetzung folgt.)
wackere Schiff verschlungen hat. Namentlich sind weiterhin Hochland , eine Insel am Eingange des Finnischen Meerbusens , gefürchtete Stellen . Und nun erst die Schären , welche wie ein Stachelgürtel die Finnische Küste umsäumen , wohl 1000 an Zahl, teils unter dem Wasser verborgene , teils darüber hervorragende Granitklippen.. Welche Gefahr für den Schiffer, aber auch welche Schule für den See mann !
Sind doch auch darum die Finnen mit die
besten Matrosen der Welt. Aber selbst das ruhigere Wasser des Rigischen Meerbusens hat seine Tücken . Hab ich's doch erlebt, dass in einer stürmischen Herbst
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart).
Die Hungersnot, die in einem Teile Russlands
nacht auf eine Ausdehnung von etwa 25 km sieben Schiffe strandeten. Es hatte also jener Schiffskapitän, der manche Fahrt um Kap Hoorn vollendet, nicht so unrecht, wenn er gegen mich äusserte: » Nicht vor dem Ozean fürchte ich mich , aber vor diesem Enten
ausgebrochen ist, und namentlich die Ausdehnung teich , der Ostsee , wo man jeden Augenblick auf derselben hat das übrige Europa überrascht und in
rennt « .
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland.
301
Doch wir haben eine glückliche Fahrt , ideales | Alexander II. in Moskau errichtet wird , besteht
Wetter, einen starken Dampfer und einen kundigen
aus diesem Gestein . Ausserdem gibt es in Finnland
Steuermann . Schon stehen wir an der Einfahrt des
und im Gouvernement Olonetz jenseits des Ladoga sees recht schönen, verschiedenfarbigen Marmor. Er wurde zum Bau des Marmorpalais und der Isaaks
Finnischen Meerbusens, da bemerken wir an der
Küste rechts eine grosse Veränderung. Schroff und wild erhebt sich die Nordküste Esthlands vor un-
kathedrale in St. Petersburg verwendet. Doch lassen
seren Augen. Der Kalkstein , der , wie es scheint,
beide Steinarten sich wegen ihrer hygroskopischen
die tiefere Unterlage aller drei Ostseegouvernements Eigenschaft im Norden bei Gebäuden nur zu Funda bildet – denn er tritt fast in allen Flussbetten zu
menten oder als Verkleidung anbringen .
Tage - erhebt sich hier zu einer mächtigen grauen Wand, die sich bis an die Grenze von Ingermannland,
Der Kalkunterlage der Ostseeprovinzen ver danken wir auch zwei überaus heilkräftige Bäder.
allmählich sich abflachend , bis nach Narwa fort-
Der schwefelsaure Kalk (Gips) nämlich , der sich
zieht. Es ist dieselbe Gesteinsformation (Silur), die wir
zwischen den kohlensauren geschoben hat, schuf das
noch in der schwedischen Insel Gotland wieder-
sehr starke Schwefelbad Kemmern in nächster Nähe
Das Hinterland der baltischen Küste , ob-
des Rigischen Meerbusens und wahrscheinlich auch den schwefelhaltigen Schlamm , der die Bucht von Hapsal und die See bei Arensburg erfüllt. Doch es ist Zeit , dass wir an unser Ziel , die
finden .
gleich überall Tiefland und Flachland, muss man sich übrigens nicht so reizlos denken , wie manche Sandstrecke in der Mark Brandenburg oder wie die Torfmoore im Oldenburgischen. Es gibt ja auch solche Gegenden ; aber vorwiegend bilden weite fruchtbare Getreidefelder, hier von einem Edelhof,
stolze Metropole des Nordens , gelangen . An der gewaltigen Festung von Kronstadt , welche Lord Napier im Krimkriege zum Frühstück nehmen
dort von einer Kirche oder von einem einzelnen wollte, um zu Mittag in St. Petersburg zu sein, und Bauernhof, in Esthland und nach dem Inneren zu auch von Dörfern belebt, den Charakter des Landes.
die er auch zu Abend nicht nahm und jetzt wohl noch weniger nehmen würde, vorbei , fahren wir in
Fast überall begrenzen Waldungen den Horizont. den Seekanal oder , wenn unser Dampfer nicht zu Es gibt auch viel wellige Bodengestaltung. Nament- tief geht, direkt in die Newa , und sind alsbald in lich aber bilden die Oberläufe der Flüsse weite und St. Petersburg. Schon lange vorher sahen wir die
tiefe, meist schön bewaldete Thäler, hie und da noch
goldene Kuppel der Isaakskirche, dann die anderen
mit einer Burgruine gekrönt . Freilich ist der Name
Kirchen und unter ihnen die schlanke goldene Nadel der Festungskirche, der Grabstätte der russischen
» Livländische Schweiza oder ähnliche, wie der Lokal-
patriotismus sie solchen Gegenden zu geben pflegt,
Kaiser , am Horizonte auftauchen , jetzt steht das
allzu volltönend. Auch die inneren Gouvernements, namentlich die Ausläufer der Waldaihöhen bieten hübsche Seen und Thäler. Nur dass hier die Höhen
alles vor uns, dazu die lange Reihe von Palästen
Für diese ver-
und Regierungsgebäuden ; doch von allen diesen Herrlichkeiten gestattet mir mein Thema eben so wenig zu sagen, wie von den schönen Newa-Inseln,, die teils ganze Stadtteile bilden , teils von den reizend
stehen die Russen auch sonst mit feinem Sinn die
sten Parks und anmutigen Landhäusern eingenommen
malerischesten Punkte zu wählen ; ich erinnere z. B.
sind . Der Seekanal, erst vor einigen Jahren ange
nicht von Burgen , sondern von russischen Kirchen oder Klöstern eingenommen sind.
an das Kloster auf einer Insel des Waldai-Sees oder legt , ist von grosser Bedeutung für den Handel. das Kloster Walaam im Ladoga-See. Noch rauher und wilder erheben sich Esthland gegenüber die Granitmassen von Finnland, und auf
diesen Kalk- und Granitfelsen thronen, stolz genug , hier Reval , dort Helsingfors . Stein reich sind beide Landstriche, womit ich nicht sagen will, dass beide
dadurch stein reich geworden wären . Doch kann man auch aus Steinen Geld machen ; das zeigen uns die Kalk- und Zementfabriken auf der einen Seite, während Finnland nicht bloss den Granit zu den
Monumenten in St. Petersburg und zu den Quadern geliefert hat, welche dort dieNewa und ihre Kanäle einfassen , sondern auch ferner gelegene Städte, wie 2. B. jüngst Libau , mit Pflastersteinen versieht. Der Granit, meist rötlich oder grau, weist an dem Orte
Die Newamündungen leiden nämlich an Versan dungen , zu denen die Westwinde und die Pflaster arbeiten in der grossen Stadt das meiste beitragen , denn der obere Fluss ist tief und mächtig . Dies war's, was für grössere Schiffe früher eine Umladung bei Kronstadt nötig machte '). Die Lichterfahrzeuge , diesen Dienst besorgten , machten dabei so gute Geschäfte, dass ein solches, dessen Bau etwa 900 bis
1000 Rubel gekostet hatte, in einer Saison 700 Rubel einbrachte. Das hat sich jetzt geändert. Der See kanal , dessen Anlage , wenn ich nicht irre , etwa 24 Millionen Mark gekostet hat , setzt die Schiffe direkt mit der oberen Newa, der Stadt, der Moskauer
Eisenbahn u. s. w. in Verbindung , und die Fluss mündungen mit ihren stets sich erneuenden Ver
sandungen bleiben bei Seite ; 3/5 der eingehenden eine fast noch schönere Politur , als Marmor, an- Schiffe löschen nicht mehr in Kronstadt ?).
Sserdoból eine Abart auf, die beinahe schwarz ist,
nimmt und wegen ihrer Unzerstörbarkeit besonders zu Grabmonumenten verwendet wird .
Auch das
grossartige Monument, das Sr. Majestät dem Kaiser
1) Die Verluste , die der Handel St. Petersburgs dadurch erlitt , wurden auf 12 Millionen Mark berechnet .
2) Um dies ganz zu beseitigen, ist von einem Neubau des
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
302
Ehe wir aber den Fuss ans Land setzen , ist es
durchschnitten werden . Ein altes Lastschiff hat dort
wohl recht und billig , dass wir uns fragen , was denn die Ostsee, soweit sie Russland angehört, abgesehen davon, dass sie seine grösste Handelsstrasse und die Uebungsstätte seiner Flotte ist, diesem Lande bietet. Nun, Austern haben wir nicht. Man spricht wohl in St. Petersburg von » Flensburger Austern « ,
seinen Rumpf opfern müssen , um einen Behälter
aber diese kommen alle von der Westküste Holsteins;
für lebende Fische herzugeben , während die oberen Räume an beiden Enden des Schiffes dazu einge
richtet sind , die verschiedensten Sorten gefrorener Fische, sauber zwischen Eis gelagert, zu bewahren . Gross wie der Reichtum an Fischen ist, man denke nur daran , dass der Ladoga-See an Grösse fast ganz
die Ostsee hat keine Austern . Und daran ist nicht | Württemberg gleichkommt (der Onega-See ist halb das Klima schuld, sondern einzig der Sund und der so gross), dann noch der Peipus, der Ilmen -See, da grosse und der kleine Belt ; sie lassen so wenig
zu Ströme , wie der Wolchow , die Dwina , Newa
Salzwasser durch , dass der Salzgehalt der Ostsee nur 0,66 Proz . ist , während die Nordsee 3,35 Proz .
(von der Wolga und ihren Nebenflüssen ganz ab gesehen ), der Saima-, der Päijane- und die tausend
Salz hat, also fünfmal salziger ist. Darum mussten
anderen Seen Finnlands, die mehr als tausend des
die Versuche eines passionierten Austernverehrers,
Gouvernements Olonetz u . S. W. ,
gross , wie der
eine Austernbank bei Libau anzulegen , jämmerlich
Reichtum an Fischen ist, erweist sich auch das Be
fehlschlagen . Aber auch den Stockfisch oder Kabeljau
dürfnis ?). Schon die dreimal im Jahre wieder
haben wir nicht.
kehrenden Fasten sorgen dafür; es wird im ganzen
Doch holt ihn Russland von der
Murmanküste. (Es ist dies die nördliche Küste der ein Vierteljahr gefastet. Und dabei geht es nicht Halbinsel Kola , die unmittelbare Fortsetzung der
her, wie der Schelm Reineke von den schönen
norwegischen Nordküste.) Der Ertrag an Fischen
Fischen in Schwaben erzählt :
und Thran erreicht etwa 200,000 Zentner ). Doch beschweren sich die Russen , dass die Norweger, die dort in elf Gesellschaften dem Fisch- und Walfang
obliegen , ihnen stets zuvorkämen , weil das Weisse Meer zu spät eisfrei werde. Sie haben deswegen im vorigen Herbst beschlossen , ihre Schiffe in Baltisch port, einem kleinen Hafen der Ostsee, der fast das ganze Jahr offen ist, überwintern zu lassen, um im nächsten Jahre früher auf dem Platze zu sein . Ob die Norweger nicht am Ende doch noch früher auf stehen werden , muss die Zukunft lehren %) . Dass
» Heissen pullus und anas und anser
(d. h. Hähnchen und Ente und Gans) Als ich Klausner war, ass ich immer dergleichen .«
Nein , das russische Volk nimmt es ernst mit den Vorschriften seiner Kirche. Kein Fleisch , keine Milch , keine Butter , kein Ei kommt in dieser Zeit >
om
auf den Tisch . Da bilden dann Fische in jeder Gestalt , Kraut , Pilze , Brot und Brei die Nahrung des Volkes. Aber auch in Finnland ?), das fast aus
die Ostsee aber sonst nicht arm an Fischen ist, da
Verbrauch von Fischen ein ganz enormer . Um so
schliesslich von Lutheranern bewohnt wird, ist der
von haben wir selbst in Süddeutschland Beweise.
mehr war es wünschenswert, dass ein weises Fischerei
Ich brauche nur die Kieler Sprotten zu nennen , die Schollen u. dgl. Ja , selbst die kleinste und zarteste Abart des Sprottengeschlechtes kommt hier unter dem
gesetz die unverständige Schädigung dieses Produk tionszweiges hinderte. Jahrelang hatte sich Riga um ein solches vergeblich bemüht. Die Regierung wollte ein allgemeines, für das ganze Reich geltendes aus
Namen » Russische Kronsardinen « zum Verkauf . Sie russische Ostsee werden bei Reval gefangen . Die Die russische Ostsee
gibt vielen Tausenden von Menschen ihr täglich Brot und versorgt das Hinterland mit reichlicher Fischnahrung. Ein gleiches thut das Weisse Meer und teilweise das Eismeer.
Um
einen Ueberblick
des Reichtums an See- und Süsswasserfischen zu ge winnen , dessen sich das nördliche Russland erfreut,
könnte ich meinen Lesern nichts besseres vorschlagen , als eine jener zahlreichen Fischbuden , wie sie die Märkte St. Petersburgs darbieten ,, oder eines jener grossen Fischmagazine zu betreten , wie sie in den breiten Kanälen stehen , von denen die Newainseln St. Petersburger Kanal-Hafens die Rede , der mit Lagerplätzen für Holz u . s. w . versehen werden soll . Denn durch Umladung er
fertigen lassen , und das war allerdings, wenn man % des Erdbodens sein nennt, keine schnell zu be endende Arbeit . In diesem Jahre ( 1891 ) ist man
endlich zum Abschluss derselben gelangt ; jetzt han delt es sich nur noch um strenge Handhabung des selben . Gewässer wie der Ladoga-See sind freilich nicht so bald auszufischen, aber andere haben unter der bisherigen Schutzlosigkeit sichtbar gelitten . Es hatten sich arge Missbräuche eingeschlichen , Netze
mit zu engen Maschen u . dgl .
Vor mehr als
20 Jahren spielte sich eine in dieser Beziehung in teressante Debatte in den russischen Zeitungen ab . Man hatte bemerkt, dass eine grosse Droguenhand lung etwa i Zentner Kokkelskörner verkauft hatte, einen betäubenden Stoff, der in der Medizin kaum
leidet der Handel noch immer fast 6 Millionen Mark Verlust .
noch zur Anwendung kommt; doch wusste man,
1) 1891 wurden 139000 Zentner nach St. Petersburg ge . bracht, der Rest nach den Häfen des Weissen Meeres.
dass gewissenlose Fischer ihn anwandten , um ihn
2) Den Walfang scheinen die Russen in diesem Meere ganz aufgeben zu wollen . Sie bedürfen desselben auch wenig ,
1) Der Umsatz in Fischen auf dem Jahrmarkt zu Nishnij. Nowgorod betrug 1890 mehr als 12 Millionen Mark. Astrachan
da sie ihn ohne jede Konkurrenz im Ochotskischen Meere be-
setzte 6 Millionen Zentner Fische um .
treiben ,
2) Finnland exportiert jährlich für 2 Millionen Mark Fische.
Die Insel Bogaslof.
in Brocken den Fischen vorzuwerfen und diese zu betäuben . Andererseits verbreitete sich das Gerücht, dass gewissenlose Brauer ihr Bier für ihre Kunden in dieser Weise verstärkt hätten .
Denn der Russe
aus dem Volk liebt es , auch wenn er Bier trinkt, bald » fertig « zu sein . Aber wo man auch hinfragte, die Fischer beteuerten , die Unschuld selbst zu sein , und die Brauer antworteten : Das weiss
jedermann, dass alles, was um und an uns ist, einzig aus Hopfen und Malz besteht. Der Droguist aber, zur Rede gestellt , gab zur Antwort : Ja , wie soll ich das wissen , ob einer ein Fischer ist oder ein Brauer ?
Es duftet schon mancher nach Bier und
ist doch nur ein Fischer.
Und so blieb die Sache
im Dunkeln. Aber wir begreifen, warum es in dem alten schwedischen Gesetze hiess: Kein russisches
303
Züngelten Schwefelflammen hervor. Ein neuester Bericht besagt , dass dieser Vulkan im Jahre 1891 noch in stetiger Aktion war , sich aber um 30 m in die See gesenkt hatte. Auch der Isthmus war verschwunden und mit Wasser bis zu einer Tiefe von 12 m bedeckt .
Geographische Mitteilungen. (Ewald. )
Mit dem am
II . Dezember 1891 zu
Berlin verstorbenen Geologen Julius Wilhelm Ewald schied einer der letzten Träger der Traditionen der Humboldt - Buchschen Schule aus einer reich ge
segneten Wirksamkeit. Er war selbst ein Berliner, ge boren am 3. Dezember 1808 , so dass ihm noch die Feier des 80. Geburtstages ermöglicht war. Ein Staats amt hat Ewald niemals angenommen , sondern, be günstigt durch äussere Verhältnisse, lebte er einzig der
Netz soll über einen livländischen See gehen .
Wissenschaft, welche ihm für grosse Förderung Dank
( Fortsetzung folgt.)
schuldet. Er war es, der in Verbindung mit Beyrich die Deutsche Geologische Gesellschaft ins Leben rief ( 1848 ), deren Vorstand er seitdem dauernd als Mitglied
Die Insel Bogaslof.
angehörte. Den treuen Schüler v. Buchs wählte die k . preussische Akademie der Wissenschaften auch zu
Von H. Greffrath (Dessau).
Sechs Seemeilen nördlich von der zu den Aleuten
gehörigen Insel Umuak im Beringsmeere liegt iso liert die kleine Insel Bogaslof (Gotteswort), welche ein besonderes wissenschaftliches Interesse hat. Als
der bekannte russische Seefahrer Bering das nach ihm benannte Meer zum erstenmale durchfuhr, be-
dessen Nachfolger ( 1853 ). Ursprünglich von dem
berühmten Mineralogen
C. L. Weiss stark beeinflusst, promovierte Ewald auch ( 1837) mit einer krystallographischen Abhandlung, aber nachher wandte er sich mehr und mehr der Geologie und zwar deren mit der Erdkunde überhaupt in engster
Rauchmassen und Flammen ausstossenden feurigen
Fühlung stehenden Zweigen zu . Sein Verdienst ist es, in Preussen mit der Anfertigung gründlicher geognosti scher Karten vorgegangen zu sein, die dann wieder für
Berg
die Bodenkunde sich als
schrieb er das von ihm entdeckte Bogaslof als einen Spätere Berichte besagen , dass die See um
wertvoll erwiesen .
Seine
durch unterirdische Feuer erhitzt
Uebersichtskarte der Provinz Sachsen hat dem Kohlen
war, und dass durch den anhaltenden Auswurf von
bergbau neue Wege gewiesen , und ebenso datiert von ihrem Erscheinen Aufschwung der grosse welchen die Gewinnung Lagern ,von Stassfurt, der Kalisalze in den
die Insel herum
Gestein und Lava sich für die Schiffahrt gefährliche Felsen gebildet hatten .
Die
vulkanische Aktion
wurde dann allmählich schwächer , bis sie vor un
Leopoldshall u. s. w. genommen hat. Treue Pietät beseelte den verewigten Forscher, als er in Verbindung
gefähr 40 Jahren gänzlich aufhörte und Bogaslofmit J. Roth, Eck und Dames die grosse vierbändige nichts weiter war als eine 120 m hohe Masse zer-
Gesamtausgabe aller Werke v . Buchs begann, zu deren
zauster graufarbiger Felsen. Als Alaska von Russ-
Fertigstellung nicht weniger als 17 Jahre ( 1867—84)
land an die Vereinigten Staaten von Nordamerika
erfordert wurden , die nun aber auch eines der Funda mentalwerke im Gebiete der Geologie und physikali schen Geographie geworden ist. In dem Essay über
abgetreten und eine Anzahl von Faktoreien an ver schiedenen Punkten der Aleuten angelegt wurde, wuchs das Interesse für die Insel. Es zeigte sich, dass die Wasserstrasse, welche sie von Umuak trennte , von Felsen frei und bei einer beträchtlichen Tiefe
ohne die geringste Gefahr schiffbar war.
Moltke (diese Zeitschrift, 1892 , Nr. 4) wurde besonders auf die treffliche Skizze hingewiesen , die Ewald über
A. v. Humboldt als Geologen der Bruhnsschen Biographie einverleibt hatte ; wenn diesem Lebensbilde
Man
nachgesagt werden darf, dass es mit besonderer Treue
landete und fand die Insel mit vielen Seelöwen und zahllosen dort nistenden Seevögeln besetzt. Ein-
gezeichnet ist, weil eben der Autor, wie kaum ein Fach mann der Neuzeit , von den Humboldt - Buchschen
geborene der benachbarten Inseln holten sich die
Anschauungen durchdrungen war, so liegt darin natür lich nicht etwa der Vorwurf eines unberechtigten Kon servativismus, sondern lediglich die Konstatierung der Thatsache,, dass Ewald wie kein anderer geeignetwar, in seiner Person die lebendige Vermittelung zwischen
Felle getöteter Seelöwen, sowie ganze Kahnladungen von Vogeleiern.
So verblieb es bis zum Jahre 1882 , als plötzlich wieder Rauchwolken aufstiegen . Im Sep tember 1885 erhob sich eine halbe Seemeile nörd lich von Bogaslof, aber durch einen aus Sand und oolithischem Gestein bestehenden , 100 m breiten Isthmus damit verbunden , ein neuer, 117 m hoher
einem älteren und dem neuesten Entwickelungsstadium
seinerWissenschaftherzustellen . (Leopoldina, Heft XXVIII, Nr. 5-6 . )
vulkanischer Berg aus dem Meere , dichte Rauch -
(Erdbebenbeobachtungen in verschiedenen Tiefen .) Mehr oder weniger unkontrollierbare Mit teilungen, die in sämtlichen Lehrbüchern zu finden sind,
wolken stiegen , auf, und aus den Spalten des Kraters
besagen , dass man oft in Bergwerken von Erdbeben,
Litteratur.
304
welche an der Oberfläche grossen Schrecken erregten, gar nichts wahrgenommen habe, und umgekehrt . Nach-
dem Milne diese Erscheinung, wenigstens bei heftigeren Erdstössen, bestätigt gefunden hatte, unternahmen zwei
jüngere japanische Gelehrte, Sekija und Omori , eine gründliche Prüfung der Frage , und von ihren Ergebnissen hat neuerdings die japanische Universitätszeitschrift Bericht erstattet .
Sie wählten als Schacht einen etwas
über s m tiefen Brunnen, der sich in hartem Alluvialboden befand und dessen Boden mit Ziegeln ausgekleidet war ; als Beobachtungsinstrument diente der überaus empfindliche, nach dem Hengler - Zöllnerschen Prin-
4 auf Australien und 2 auf Afrika. Von den europäi schen Staaten haben Frankreich und das Deutsche Reich
die meisten geographischen Gesellschaften, das erstere nämlich 30 , das letztere 23. – Die diesjährige Liste der geographischen Zeitschriften führt nicht weniger als
146 periodische Publikationen auf, von denen 118 scheinen 52 in französischer, 43 in deutscher , 12 in englischer, 8 in russischer, 8 in italienischer, 6 in spani scher , 5 in portugiesischer, 3 in holländischer , 2 in Gesellschaftsschriften sind. Von der Gesamtzahl er
>
dänischer, je i in schwedischer, ungarischer, rumänischer
zipe des Horizontalpendels konstruierte Seismograph von
und japanischer, endlich 3 in verschiedenen Sprachen. Die geringste Zahl von Zeitschriften, nur 2, erscheinen
Ewing. Nicht weniger als 30, meist natürlich schwache Erdbeben wurden so untersucht. Da zeigte sich nun ,
und 119 in Europa. (Mitteilung von Dr. Wolken
dass , solange die Erschütterung nicht sehr heftig ist, die Intensität der Schwankung und die Geschwindigkeit der Wellenfortpflanzung in verschiedenen Tiefen so ziemlich die gleiche bleibt, und dass auch bei heftigen
in Afrika , 4 in Australien , 8 in Asien , 13 in Amerika hauer in Bremen .)
Litteratur.
Spaziergänge in den Alpen. Wanderstudien und Plau
Stössen der Unterschied zwischen oben und unten nicht
dereien von J. V. Widmann .
beträchtlich ausfällt, wenigstens soweit es sich um die
Frauenfeld . J. Huber. 1892. VII . 312 S. 8 °.
Zweite vermehrte Auflage .
grossen Bodenschwankungen handelt. Ganz anders be
Hohe wissenschaftliche Zwecke verfolgt der durch seine
züglich der das Beben begleitenden kleinen Erzitte
gesunde, lebensvolle Schilderungsgabe bekannte Schweizer Publi
rungen , welche sich beim Abrollen der seismographi schen Kurven als kleine Ausbuchtungen an den grösseren Wellen bemerklich machen. Gerade diese sekundären Oscillationen tragen aber anscheinend wesentlich zu den zerstörenden Wirkungen eines Erdstosses bei , und so
Freunden der Alpenwelt, die nicht bloss der unbelebten Natur ihre Aufmerksamkeit widmen , anzuempfehlen. Feine Beobach
cist mit diesem Werkchen nicht , wohl aber ist dasselbe allen
tung des Volksgeistes zeichnet den Verfasser aus ; man vergleiche
nur seine Bemerkungen über die so enge benachbarten deutschen Berner und französischen Freiburger. Die Gegenden , welche er Greyerz und das Saane-Thal ,
wäre, wenn sich dieselben in der Tiefe mehr und mehr
besucht und beschrieben hat
verwischen, wohl begreiflich , warum in tiefen Gruben die Zerstörung geringer ausfällt als an der Aussenseite. Experimente in anderen Bodenarten werden von den genannten Forschern in Aussicht gestellt. (Gaea, XXVIII. Jahrgang, S. 299 ff.) (Geographische Gesellschaften und Zeitschriften.) Nach H. Wichmanns neuestem Bericht
das Oberwallis, die piemontesischen Thäler von Courmayeur und
in Wagners »Geographischem Jahrbuch « (XIV . Bd ., 1890/91 ) beträgt nach 70jährigem Bestehen der geo
graphischen Gesellschaften (im Jahre 1821 wurde be kanntlich die Société de Géographie in Paris ins Leben gerufen) die gegenwärtige Zahl derselben 113 mit 43 Zweigvereinen (gegen 101 im Jahre 1887), welche sich auf 24 Staaten und 147 Städte verteilen . Die Gesamtzahl der wirklichen Mitglieder beläuft sich auf
Aosta - , liegen grossenteils vom Bette des Touristenstromes weit ab und bieten deshalb viele interessante Einzelheiten .
Sehr
merkwürdig war uns die Beschreibung der » Bergkrankheite der Hunde , die beweist, dass man es bei diesem pathologischen Zu stande doch nicht bloss , wie man früher teilweise glaubte , mit einer nervös- subjektiven Erscheinung zu thun hat. Les formes des nuages . Wolkentafeln . Cloud Forms. Zwölf Bilder in Kupferlichtdruck , in Verbindung mit mehreren Fachmännern herausgegeben von Dr. Karl Singer. München. Th . Ackermann. 1892. 4º.
Der Herausgeber dieses kleinen Atlas hat durch seineVeröffent. lichung den Freunden der Meteorologie einen grossen Dienst erwiesen. Unter dem Einflusse der Arbeiten von Ley, Hilde brandsson , Riggenbach u. a . war bekanntlich in Fach kreisen die Ueberzeugung mehr und mehr durchgedrungen , dass man mit der alten Wolkennomenklatur von Luke Howard
52 800 (gegen 50 500 im Jahre 1887) ; das Jahresbudget
nicht mehr auszureichen vermöge, und so entschloss sich die im
dieser Gesellschaften erreicht etwa 1 228 500 Mark Ein
September 1891 in München zusammengetretene Meteorologen
nahmen und 224 800 Mark an Subventionen .
Da nach
konferenz , über welche das » Ausland« hoffentlich bald einen
einer früheren Zusammenstellung des » Geogr. Jahrbuchs « im Jahre 1880 die Zahl der geographischen Gesell
Höhenverhältnissen und Luftbewegungen Rechnung tragende Einteilung der Wolken durchzuführen. Um den Be.
schaften 60 , mit Hinzurechnung der Zweigvereine 90 betrug, die sich damals auf 82 Städte mit etwa 30000
Mitgliedern und einer Jahreseinnahme von ungefähr 850 000 Mark verteilten , so hat das letzte Jahrzehnt immerhin einen erfreulichen Fortschritt in der Entwickelung der geographischen Vereine gebracht, wenn auch
infolge der Kolonialbewegung das Wachstum und die Vermehrung derselben in den letzten Jahren sichtlich beeinträchtigt ist. Von den europäischen Gross- und Mittelstaaten entbehren heute nur noch Griechenland ,
Bericht zu bringen in der Lage sein wird , eine neue , den
obachtern einen Anhalt zu geben , teilt Herr Singer auf Grund
gewisser , aus einer Fülle solcher Photogramme ausgewählter Vorlagen die Bilder folgender Typen mit : Cirrus, Cirrocumulus, Cirrostratus , Altocumulus, Altostratus ( 1 und 2) , Stratocumulus ( 1 und 2) , Cumulus, Cumulonimbus, Nimbus und Stratus. Die von verschiedenen Fachleuten angefertigten Lichtbilder sind treff lich wiedergegeben , die (dreisprachige) Charakteristik der Norinal typen ist so deutlich , als dies eine kurze Skizze nur immer sein Bemerken müssen wir , dass unserer Ansicht nach das,
kann .
was man jetzt als » Stratus« bezeichnet, mit dem , was bislang
diesen Namen trug, sich nicht vollständig deckt , und so viel
die Türkei und Serbien einer geographischen Gesell-
wir wissen , ist dies auch die Meinung von Meteorologen , denen
schaft ; unter den neugegründeten Gesellschaften erwähnen wir die Norske Geogr. Selskab in Christiania und die beiden finnischen in Helsingfors. Von den 121
in dieser Frage eine weit umfassendere Erfahrung eignet.
bestehenden Gesellschaften kommen 87 auf Europa, 9 auf Südamerika , 6 auf Nordamerika , s auf Asien,
S. Günther.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 20.
Stuttgart, 14. Mai 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro Quartal M. 7 :- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter .
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXL
GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus. Von A. Nehring (Berlin). S. 305 . :
2. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Fortsetzung.) S. 311 .
3. Kultur- und Wirt
schaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. Seeberg (Stuttgart). (Fortsetzung. ) S. 314. 4. Geographische Mitteilungen. ( Turazza; Die Wasserführung der Gebirgsbäche.) S. 317 . 5. Litteratur. (Berghaus -Neumayer ; Hygienische Garnisonsverhält nisse Oesterreich -Ungarns, IX .)
S. 318 .
Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus. :) Von A. Nehring (Berlin) .
Bei dem Dorfe Klinge , welches im Süden der
Provinz Brandenburg zwischen den Städten Cottbus (an der Spree) und Forst (an der Neisse) ge legen ist , werden drei grosse Ziegeleien betrieben, die ihr Material an Thon den unmittelbar neben
4. Graugelber , plastischer, feingeschlämmter, kalkreicher Thon , im allgemeinen steinfrei, 2 m
(wird zur Ziegelfabrikation verwendet). s . Thon mit kohlig- torfigen Streifen , 12 m.
6. Kohlig-torfigSe chicht (»unteres Kohlen Aöz« ), mit zahlreichen, sehr wohlerhaltenen, meist horizontal gelagerten Pflanzenresten , 2 m. Die Hauptfundschicht für Pflanzenreste . 7. Harte , scherbig -blätterige, teilweise eisen
ihnen gelegenen Thongruben entnehmen . Betritt schüssige , kohlig -thonige Schicht, sog. Lebertorf, man diese Thongruben , so sieht man an den steil abgeschnittenen Wänden derselben eine Anzahl von Schichten über einander abgelagert, welche sich teils
ca. 1/2 m.
8. Grünlich-grauer, plastischer, sehr feiner, kalk reicher Thon, im trockenen Zustande hellgrau aus
in einer horizontalen , teils in einer welligen Lage sehend, im allgemeinen steinfrei, doch hier und da befinden . Unter ihnen treten zwei dunkel (fast schwarz) gefärbte Schichten deutlich hervor ; die-
rundliche Steine von der Grösse eines Kinderkopfes enthaltend, 2-4 m (wird zur Ziegelfabrikation ver
selben werden von den Arbeitern als oberes und
wendet).
unteres » Kohlenflöz « bezeichnet, haben aber that-
Unter dieser Thonschicht hat man früher bei
sächlich einen mehr oder weniger torfigen Charakter.
einer Bohrung angeblich eine sehr wasserhaltige
Die Reihenfolge der einzelnen Schichten ist in
Kies- uud Sandablagerung gefunden ; Näheres ist mir
den drei genannten Thongruben dieselbe ; ihre Mächtigkeit unterliegt gewissen Modifikationen . Am
über dieselbe bisher nicht bekannt geworden . Der nächste Fluss ist die Malxe, ein Zufluss der
genauesten bekannt sind mir die Ablagerungsver-
Spree ; erstere ist ungefähr 4 km , letztere etwa 12 km
hältnisse der in der Schulzschen Thongrube auf-
von den betreffenden Thongruben entfernt . Ziemlich
geschlossenen Schichten ; man sieht hier folgendes nahe liegt ein kleiner See , wie Kiesslings grosse Profil von oben nach unten :
1. Humoser Sand, ca. 1/2 m .
2. Gelblicher, geschichteter Sand ?), 2 m.
Karte der Provinz Brandenburg zeigt. Das Terrain, welches die Thongruben umgibt , ist grösstenteils mit Kiefernwald bewachsen. Der Bahnhof Klinge,
3. Kohlig -thonige Schicht, mit undeutlichen Pflanzenresten (» oberes Kohlenflöz« ), ca. I m . Diese
mit welchem die genannten Ziegeleien ungefähr
Schicht fehlt stellenweise.
mittleren Wasserspiegel der Spree bei Cottbus ge
auf gleicher Höhe liegen, ist ca. so Fuss über dem legen. Heutzutage bemerkt man in der Nähe der
1) Eine kurze vorläufige Mitteilung über dasselbe Thema
Thongruben nichts von einem Moor oder Sumpf ;
ist bereits in der »Naturwissensch . Wochenschrift « , herausg. von
im Gegenteil macht das umgebende Terrain mit seinem sandigen , kieferntragenden Boden einen
Potonié , 1892 , Nr. 4 veröffentlicht worden . 2) Dieser Sand hat in der unmittelbar angrenzenden erwiesen , wie mir Herr Ziegelei-Verwalter Schmidt in einem
trockenen Eindruck. In den Thongruben selbst hat man allerdings viel mit dem Grundwasser zu schaffen,
ausführlichen Briefe mitgeteilt hat.
welches sich über den schon erwähnten
Dominial-Ziegelei sich reich an Blöcken und rundlichen Steinen Ausland 1892 , Nr . 20.
39
Thon
Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus .
306
schichten , namentlich über der unteren Schicht, als besondere Rasse unter dem Namen Cervus >
aufstaut und in der Tiefe der Gruben sammelt.
megaceros var. Ruffii beschrieben worden ist. Näheres
Während eines gewissen Abschnittes der Vorzeit , nämlich während derjenigen Zeit , in welcher die kohlig -torfige Schicht (Nr. 6 des oben aufgeführten Profils) gebildet worden ist, muss an der
siehe im Sitzungsb. d. Gesellsch. naturf. Freunde zu
Stelle der heutigen Thongruben ein teilweise mit Bäumen bewachsener Sumpf existiert haben ; dieses
(Rhinoceros sp. , Cervus alces , Cervus sp.) in dem oberen Teile der unteren Thonschicht (Nr. 8) in
wird durch die zahlreichen , wohlerhaltenen Pflanzen-
der Dominial-Ziegelei gefunden worden . Die Schulz sche Ziegelei lieferte aus derselben Schicht zwei
reste bewiesen , welche in jener Schicht eingebettet liegen. Es sprechen mehrere Umstände für die Ansicht, dass jene kohlig-torfige Schicht während der sog. Interglacial - Periode gebildet |
worden ist und ein Aequivalent der interglacialen
Berlin v. 20. Okt. 1891 , wo sich auch eine Ab
bildung des betreffenden Geweihs findet). Dieses Stück ist nebst einer Anzahl sonstiger Tierreste
Unterkiefer einer kleinen Fuchs -Art, welche von dem
gemeinen Fuchse abweicht und vielleicht mit dem Eisfuchse identisch ist . — Es ist zu hoffen , dass
demnächst beim Ziegeleibetriebe neue Funde fossiler
» Schieferkohlen « von Dürnten und Utznach in der
Knochen und Geweihe zum Vorschein kommen
Schweiz darstellt .
und der wissenschaftlichen Untersuchung zugeführt
Allerdings bedarf es zunächst noch genauerer
werden .
Feststellungen über das geologische Alter der überFür unsere vorliegenden Betrachtungen sind vor lagernden Schichten, namentlich des Sandes (Nr. 2), allem die Schichten 6 und 7 von Bedeutung. Beide um mit Sicherheit festzustellen, ob die Schicht Nr. 6
wirklich als interglacial bezeichnet werden darf, und es ist ein sorgfältiges geologisches Studium der hier in Betracht kommenden Ablagerungen von seiten mehrerer Geologen für den bevorstehenden Frühling
haben offenbar ursprünglich eine grössere Mächtig keit gehabt, als heutzutage; sie sind durch den be deutenden Druck der über ihnen abgelagerten Schich ten stark zusammengepresst worden .
Was zunächst die kohlig - torfige Schicht
in Aussicht genommen ; aber auch vor einer solchen ( Nr. 6) anbetrifft, so sind gewisse Unterschiede definitiven Feststellung des geologischen Alters der
innerhalb derselben zu bemerken . Die tiefsten Lagen
einzelnen Schichten darf man wohl mit Sicherheit
sind dicht, schwarz und schwer ; in ihnen finden
behaupten , dass die kohlig -torfige Schicht (Nr. 6)
sich vorzugsweise die Früchte von Ceratophyllum
einem weit zurück liegenden Abschnitte der Vorzeit submersum, Cerat. demersum , Potamogeton sp. und entstammt , und dass die in ihr eingebettete Flora Für
Carpinus Betulus, sowie auch die unten noch genauer zu erwähnenden samenähnlichen Gebilde (bzw. Gal
alluvial kann ich sie nicht halten ; ich habe sie
len). Andere Lagen bestehen wesentlich aus Hypnum
von hohem wissenschaftlichem
Interesse ist .
daher in der Ueberschrift als diluvial bezeichnet, (nach Warnstorf: H. Auitans und H. aduncum ); indem ich es vorläufig dahingestellt sein lasse, welchem Abschnitte der Diluvial- oder Quartär-
sie sind leicht und filzig. In einer anderen (dünnen ) Lage findet man hauptsächlich die wohlerhaltenen
Periode sie angehört. Wenn die zahlreichen Fossilreste grosser Säugetiere , welche vor mehreren Jahren in der Thongrube der Dominial - Ziegelei zu Tage gefördert
Reste von Sphagnum cymbifolium (von Warnstorf bestimmt ) ; andere Schichten bestehen zum grossen hölzern.
worden sind , aufbewahrt und der wissenschaftlichen
erhaltene und zum Teil recht ansehnliche Stücke der
Untersuchung zugänglich gemacht wären , so würde es wahrscheinlich nicht schwer sein, ein bestimmtes Urteil über das geologische Alter der betreffenden Fundschichten abzugeben . Leider aber sind jene
Stämme und Aeste von Fichten , Kiefern und Birken .
Fossilreste aus Unkenntnis der finder als wertlos
Teile aus Blättern und Rindenstücken von Laub
An gewissen Stellen findet man wohl
Die Stämme haben nach den Beobachtungen des Herrn Ziegelmeisters Kayser , des Verwalters der Schulzschen Ziegelei, meistens eine aufrechte oder annähernd aufrechte Stellung; doch habe ich schwache
fortgeworfen oder an den Knochenhändler für wenige
Stämmchen mitsamt den Wurzeln auch in horizon
Groschen verkauft worden . Was neuerdings (d. h . in den letzten zwei Jahren ) an Fossilresten von
Säugetieren gefunden worden ist , befindet sich
taler Lage vorgefunden . Manche der horizontal ab gelagerten Aeste sind ganz plattgedrückt , andere haben ihre ursprüngliche Form beibehalten .
grösstenteils in meinen Händen , bzw. in der mir unterstellten Sammlung; und zwar verdanke ich die
Die Beschaffenheit dieser Baumreste, welche meistens noch die Rinde nebst dem Bast tragen , so
betreffenden Reste der Güte des Herrn Stadtrat Ruff in Cottbus , der sie am Fundorte erworben und sie
wie überhaupt die durchweg vorzügliche Erhaltung der sonstigen Pflanzenreste beweisen , dass die zu gehörige Flora an Ort und Stelle ihren Standort gehabt hat. An ein Herbeischwemmen aus weiterer
demnächst auf meine Bitte der mir unterstellten Sammlung geschenkt hat.
Das hervorragendste Stück darunter ist die ab- | Entfernung ist gar nicht zu denken . Wenn man geworfene Geweihstange eines Riesenhirsches, welcher von dem typischen Riesenhirsche in manchen wesentlichen Punkten abweicht und deshalb von mir
2) Uebrigens vergleiche man noch den Sitzungsbericht der. selben Gesellschaft vom 19. Januar 1892 , S. 3 ff.
Eine diluviale Wald. und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus. die Pflanzenreste am Fundorte selbst aus der frisch
307
8. Corylus avellana L. Der Haselnuss-Strauch
angeschnittenen Torfschicht blosslegt , so ist man erstaunt über die meist prachtvolle Erhaltung der-
wird durch vier wohlerhaltene Nüsse vertreten.
selben ; man darf annehmen , dass der dichte Ab-
her nur durch eine wohlerhaltene Steinfrucht an
schluss, welchen die obere und die untere Thonoben und unten darbieten , zu dieser guten Konser
gedeutet. 10. Picea excelsa Lk. Von der Fichte liegen zahlreiche wohlerhaltene Stücke von Stämmen ,
vierung wesentlich beigetragen hat. Die Blätter,
Aesten , Wurzeln vor ; ferner ein Zapfen mit wohl
Früchte, Samen u . S. w . liegen durchweg horizontal auf den Schichtflächen, welche die Torfstücke zeigen ;
erhaltenen Samen , eine Anzahl von Samenflügeln u . s. w . Besonders merkwürdig erscheint ein etwa
manche Früchte und Samen sind plattgedrückt, an-
20 cm langes Stück eines schwachen Stämmchens,
schicht für die kohlig-torfige Schicht (Nr. 6) nach
9. Ilex aquifolium L. Die Stechpalme ist bis
dere und zwar die konsistenteren zeigen die ursprüng- welches sauber geschält und mit scheinbaren Schnitt liche Form .
spuren in dem Torfe vorgefunden wurde; dasselbe
Die Bestimmungen der Pflanzenreste sind teils durch meinen Kollegen , Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Wittmack , teils und hauptsächlich durch Herrn Dr. C. Weber in Hohenwestedt (Holstein ) , teils durch Herrn C. Warnstorf in Neuruppin ausgeführt
ist wahrscheinlich von einem
Biber in diesen Zu
stand gebracht worden , wenngleich auf den ersten
Blick manches auf menschliche Einwirkung hinzu deuten scheint ?).
II . Pinus sp. (wahrscheinlich P. sylvestris L.).
worden . Auch Herr Prof. Dr. Nobbe in Tharandt,
Die Kiefer ist durch mehrere Aststücke, sowie durch
Herr Hennings und Herr Dr. C. Müller in Berlin
Borke vertreten . Das eine Stück zeigt sehr kräftige
waren so freundlich, ihr Urteil über einige Objekte | Jahresringe. Auch ein Samen gehört nach Nobbe Ausserdem sind zahlreiche Pinuspollen
abzugeben .
zu Pinus.
Ich betone, dass das bisher untersuchte Quantum von Torf aus Schicht 6 relativ unbedeutend
Lebertorf in dem Siehe unten .
durch Dr. Früh beobachtet.
war ; manche Stücke sind aber so reich an erkenn-
Neben den obigen elf Holzgewächsen ) sind
baren Einschlüssen , namentlich an Früchten und Samen , dass bereits eine verhältnismässig grosse
eine Anzahl von Wasser- und Sumpfpflanzen nach weisbar, nämlich :
Zahl von Arten festgestellt werden konnte. Ich gebe nachstehend eine Liste derselben nebst einigen
Wasserlilie ist durch ziemlich zahlreiche Samen an
12. Nymphaea alba f. microsperma. Die weisse
zugehörigen Bemerkungen ; ich stelle die Bäume gedeutet , welche relativ klein erscheinen ; sie sind voran .
1. Carpinus Betulus L. Die Hainbuche ist durch sehr zahlreiche, wohlerhaltene Früchte vertreten . In
meistens plait gedrückt. 13. Nuphar luteum Sm . Die gelbe Seerose hat ebenfalls eine ansehnliche Zahl von Samen hinter
manchen Torfstücken sind dieselben so häufig, dass lassen ; dieselben zeigen eine glänzende, gelbliche man kaum ein Stück zerbröckeln kann, ohne mehrere
Oberfläche und sind mehr oder weniger platt ge
dieser Früchte zu finden.
drückt, unter Bildung von Runzeln und Falten.
Im allgemeinen sind sie
etwas kleiner und ihre Rippen weniger ausgeprägt , als ich es bei den von mir verglichenen recenten
14. Cratopleura helvetica f.Nehringi C. Weber . Besonders interessant erscheinen die relativ zahlreichen
Exemplaren gefunden habe ') ; doch ist Herr Prof. Nobbe der Meinung, dass ein wesentlicher Unter-
Samen einer (wie es scheint) ausgestorbenen Nym
schied zwischen den fossilen und den recenten Früchten nicht zu erkennen sei.
übersandten Torfstücken entdeckt und sodann von
phaeacee, welche von Weber in einigen von mir mir in mehreren anderen Stücken zahlreich gefunden
2. Betula sp .(wahrscheinlich B.verrucosa Ehrh .). wurde. (Die Gesamtzahl der bisher in den Torf Die Birke ist durch eine Anzahl wohlerhaltener Ast-, proben von Klinge gefundenen Samenkörner beträgt Stamm- und Wurzelstücke , sowie durch Blätter,
etwa 90 ; davon kamen etwa 40 in einem etwa hand
grossen Stücke zum Vorschein .) Weber hat die und Stammstücke frisch aus dem feuchten Torfe Gattung Cratopleura 1891 zunächst nach zahlreicher heraus nimmt, zeigt sich die zarte Oberfläche der Samen , die er in dem (nach seiner Ansicht inter
Früchte und Pollen vertreten . Wenn man die Ast-
>
Rinde völlig unversehrt . 3. Salix aurita L. 4. Salix repens L.
Zahlreiche Blätter. Mehrere Blätter.
glacialen) Torfe von Gr. Bornholt in Holstein ent deckte, aufgestellt; er gab der betreffenden Art den Namen Cratopleura holsatica :) und wird bald eine
5. Salix sp. (cinerea ?). Zwei Blätter. 6. Salix sp. (Caprea ?) Fragmente von Blättern . 7. Populus tremula L. (?) Ein Blattfragment
und einige Zweigstücke gehören nach Weber sehr wahrscheinlich zu dieser Art .
1) Ganz ähnliche Stücke sind bekanntlich in den inter
glacialen Schieferkohlen der Schweiz gefunden und als Beweise für die gleichzeitige Existenz des Menschen betrachtet worden ; f.
Steenstrup hält sie aber für » Biberstöcke . Anthropologie, 1875 und 1876 .
Siehe Arch .
2) Zu ihnen kommt wahrscheinlich noch eine Quercus
1) Es gibt auch verhältnismässig viele verkrüppelte Exemplare unter den fossilen Früchten .
Species, welche durch ein Blatt-Fragment angedeutet ist.
3) N. Jahrb. f. Mineral., 1891 , Bd. II , S. 81 .
Eine diluviale Wald- und Sumpf -Flora aus der Gegend von Cottbus .
308
ausführliche Abhandlung über dieselbe veröffentlichen. keineswegs die von Caspary behauptete Ueberein Soviel ich seinen brieflichen Andeutungen entnehmen stimmung zeigen . Auch die äussere Form der Crato kann, unterscheidet er zwei Arten von Cratopleura, pleura-Samen von Klinge weicht von derjenigen der nämlich : 1. Cratopleura helvetica aus der interglacialen Holopleurasamen, welche Caspary in seiner Original Schieferkohle von Dürnten in der Schweiz ), und arbeit ?) abgebildet hat, einigermaassen ab. Die Cra 2. Cratopl. holsatica von Gr. Bornholt.
topleura -Samen von Klinge sind durchschnittlich etwas
Die Cratopleura von Klinge steht nach Weber stärker und rundlicher als die Holopleura-Samen aus derjenigen von Dürnten nahe; doch sind gewisse dem Oligocän der Wetterau. Letztere haben nach Unterschiede vorhanden , auf Grund deren der ge- Caspary eine Länge von 2,7-2,9 mm , eine Breite nannte Autor sie als Crat. helvetica f. Nehringi bezeichnet hat. Nach Hennings und Wittmack
von 1,7-1,9 mm ; erstere zeigen eine Länge von 2,8-3,2 mm und eine Breite (Querdurchmesser)
zeigen die Cratopleura -Samen eine überraschende
von 2,1--2,7 mm . Ausserdem finde ich das » Deckel
äussere Aehnlichkeit mit denen der Brasenia peltata
chen « bei meinen Exemplaren anders gebildet, wie
Pursh (Br. purpurea Casp.) ; bei genauerer anatomischer bei Holopleura ; auch vermisse ich die deutlich ent Untersuchung der Samenschale, welche Wittmack ausführte, haben sich aber immerhin solche Differenzen ergeben, dass eine Identificierung der Weberschen Gattung Cratopleura mit der Gattung Brasenia nicht ratsam erscheint, wenngleich eine nahe Verwandtschaft beiderGattungen vorliegen dürfte. Jedenfalls ist die Beziehung der fossilen Gattung Cratopleura zu Brasenia viel einleuchtender, als die von Caspary und nach ihm von Heer betonte Beziehung der angeblichen Holopleura Victoria von Dürnten zu der Victoria regia Lindl. des tropischen Südamerikas.
wickelte » raphe enfoncé« , welche Caspary angibt und abbildet, ich finde höchstens eine Andeutung derselben bei einigen meiner Exemplare. Das Verhältnis der Cratopleura -Samen zu denen von Brasenia wird C. Weber in seiner oben an
gekündigten Arbeit näher beleuchten . Die heutige Verbreitung der Gattung Brasenia (mit der einzigen
Art : Bras. peltata Pursh ) erscheint sehr eigentümlich und lässt darauf schliessen , dass dieselbe einst in der Vorzeit viel weiter auf der Erdoberfläche verbreitet
gewesen ist. Nach Bentham and Hooker , Genera Plantarum , Bd. I, London 1867 , p. 46 kommt Bra
Uebrigens hat bereits Schenk in dem Hand-
senia peltata Pursh heutzutage in Nordamerika, Ost
buch der Paläontologie von Zittel , II. Abteilung :
indien und Australien vor. Diese eigentümliche geo
Paläophytologie, München u . Leipzig 1890, S. 836 f. | graphische Verbreitung 2) lässt sich wohlnur erklären, seinen Zweifel an der Zugehörigkeit der Samen von Dürnten zu Holopleura Casp. ausgedrückt . Er sagt darüber : »Holopleura Caspary ist ein mit den Samen
wenn man annimmt, dass die genannte Nymphaeacee einst weiter verbreitet war und in den zwischen
von Victoria Lindl. verwandter Same aus der Wetterau ;
liegenden Gebieten ausgestorben ist. Vielleicht tragen die oben angedeuteten Beobachtungen über das fos
die Gattung , in Südamerika vorkommend , kam in
sile Vorkommen der nahe verwandten Gattung Crato
jener Periode in der Wetterau vor und mag , insoferne der dürftige Rest eine Folgerung erlaubt , die Tertiärform die Stammart der heutigen sein . Ob
pleura in Deutschland und der Schweiz dazu bei,
die heutige geographische Verbreitung der Gattung Brasenia aufzuklären .
Was den Erhaltungszustand anbetrifft, so be merke ich , dass die von mir gesammelten zahl gehören , sei dahin gestellt ; die klimatischen Ver - reichen Cratopleura-Samen von Klinge sämtlich sehr
die von Heer erwähnten, von Caspary bestimmten
Samen aus den Schieferkohlen von Dürnten hierher
hältnisse der interglacialen Zeit stimmen nicht mit
wohlerhalten sind und zum Teil noch ihr » Deckel
jenen , welchen die recente Art unterliegt , überein ,
chen « besitzen "); infolge der auffallenden Stärke
es muss also für die interglaciale Art ein anderes
ihrer Wandung sind die Samen völlig unverdrückt
Lebensbedürfnis vorausgesetzt werden. Uebrigens mache ich darauf aufmerksam , dass ungeachtet der
und ihr anatomischer Bau lässt sich mit grösster Sicherheit studieren .
übereinstimmenden Struktur und Form diese Samen
doch einer anderen Gattung als Victoria ver-
15. Ceratophyllum submersum L. Ist durch zahlreiche, wohlerhaltene Früchte vertreten , welche
wandt sein können , die Samen aus dem Oligocän
namentlich in den tieferen Schichten des Torflagers
und aus der interglacialen Zeit nicht unbedingt iden- (nahe über dem Lebertorfe) vorkommen. tisch sein müssen. Ausgestorben ist jedoch diese Nymphaeaceenform in Europa« . Der in obigen Worten angedeutete Zweifel Schenks hat sich nunmehr durch Webers Unter
suchungen als begründet erwiesen , zumal da die anatomischen Strukturverhältnisse der Samenschalen
16. Ceratophyllum demersum L. Diese Art ist 1) Rob. Caspary , Les Nymphéacées Fossiles , in den Annales des Sciences Naturelles, IV. Serie , Botanique, Bd . 6, Paris 1856 , p. 216—222 nebst Tafel 12 .
2) Vgl . auch Staub , Die Vergangenheit und Gegenwart der Seerosen, im Beiblatt zu den » Botan. Jahrbüchern « (herausg . Uebrigens findet sich v. Engler) , Bd. 14 , Heft 3 , S. 2 f. Bras. peltata auch in Japan und Westafrika .
1) Diese Art ist identisch mit derjenigen , welche Heer
3) Vgl. Heer , Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., S. 522, Fig.
als Holopleura Victoria Casp. von Dürnten bezeichnet. Siehe Heer , Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., S. 526.
391 , a --d , wo die Samen der sogenannten Holopleura Victoria von Dürnten dargestellt sind.
Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus.
309
seltener, doch habe ich immerhin eine Anzahl wohl- | Deckelchen und die feste Samenschale abweichen, erhaltener Früchte derselben in Händen .
17. Najas sp. Durch mehrere Früchte vertreten .
18. Galium (palustre ?). Einige Früchte. 19. Echinodorus ranunculoides Engelm. (?) Frucht.
20. Scirpus lacustris L. Einige Früchte. 21. Carex sp. ( gracilis? ). Einige Früchte. 22 . (Goodenoughii ?). Einige Früchte. 23 . (panicea ?). Einige Früchte. 24 . (vesicaria ?). Eine Frucht.
so ist erstere Angabe nicht ganz richtig ; denn die betreffenden Samen weichen auch in der Form schon ziemlich stark von denen unserer weissen Seerose
ab . Wer beide neben einander hält, wird die wesent lichen Unterschiede auch im Aeusseren bald erkennen ; dass sehr bedeutende Verschiedenheiten in dem ana
tomischen Bau der Samenschalen vorhanden sind,
darüber kann gar kein Zweifel herrschen .
Abgesehen von jener interessanten Nymphaeacee
und von einigen bisher nicht bestimmbaren Species , Ausserdem Rhizome und Blätter, welche wahr- kommen die übrigen Pflanzenarten noch jetzt in scheinlich den vorgenannten Carexarten angehören. Deutschland vor.. Trotzdem erscheinen dieselben 25. Polystichum Thelypteris Rth . Blätter, Sporen- | interessant, weil sie uns einen Einblick in die Zu sammensetzung der damaligen Flora gewähren. Unter kapseln, Sporen . 26. Hypnum fluitans L. Zahlreiche wohlerhaltene den Bäumen , welche unmittelbar am Ufer des Sumpfes Reste. wuchsen , spielen Birke, Fichte ( Rottanne) und 27. Hypnum aduncum Ehrh . Zahlreiche Reste. Weiden die Hauptrolle. Die Kiefer trat mehr zu
28. Sphagnum cymbifolium L. Zahlreiche, wohl-
rück, soweit man nach den bisher vorliegenden Fund
crhaltene Reste , welche hauptsächlich in einer be- objekten urteilen darf. In einiger Entfernung vom stimmten Schicht des Torflagers vorkommen . Wasser scheint die Hainbuche zahlreich vorhanden Ausser den oben aufgezählten Arten sind noch
gewesen zu sein, da ihre Früchte, wie oben erwähnt
einige andere teils durch Blattfragmente, teils durch
wurde, in dem Torfe ausserordentlich häufig vor
Samen und samenähnliche Gebilde angedeutet. Unter kommen und vermutlich durch den Wind in das den ersteren befindet sich die untere Hälfte eines Blattes , welches mir von einer Eiche herzurühren scheint.
Unter den samenähnlichen Gebilden sind
Wasser des torfbildenden Sumpfes getragen wor den sind .
In den Schieferkohlen von Utznach und Dürnten
besonders merkwürdig diejenigen, welche eine läng- | ist die Hainbuche (nach Heers Angaben zu
liche , sozusagen » wurstförmige« Gestalt haben ; sie
schliessen ) nicht beobachtet worden ; dagegen kennt
sind etwa 8 mm lang, 2—214 mm dick , auf der
man sie schon von Belzig, Soltau, Gr. Bornholt und
einen Längsseite gekielt, auf der Aussenfläche mit feiner, meist punktartiger Skulptur , innen glänzend
Lauenburg aus frühdiluvialen bzw. interglacialen Ab lagerungen '). Prof. v . Fischer -Benzon betont
glatt .
mit Recht, dass sie zu unseren ältesten Waldbäumen
Ob es sich hier um wirkliche Samen oder
Gallen handelt, konnte bisher nicht mit Sicherheit gehört. Wenigstens dürfte dieses für Mitteleuropa festgestellt werden, obgleich mehrere namhafte Bo- gelten ; in Grossbritannien scheint die Hainbuche
taniker sich mit dieser Frage eingehend beschäftigt
innerhalb der diluvialen (pleistocänen) Ablagerungen
und eine Anzahl jener wohlerhaltenen Gebilde makroskopisch und mikroskopisch untersucht haben. Vor-
noch nicht beobachtet zu sein ).
läufig erscheinen sie rätselhaft .
bar auch der Haselnuss - Strauch ; seine Nüsse sind
Wenn wir die oben aufgezählten Pflanzenarten überblicken , so sehen wir, dass die durch sie repräsentierte Flora von Klinge eine grosse Aehnlichkeit mit derjenigen der interglacialen Schieferkohlen von
an vielen Fundorten mit Sicherheit festgestellt wor
Ein sehr altes Mitglied unserer Flora ist offen
» Urwelt der Schweiz « bekannt ist. Besonders wichtig erscheint der Umstand, dass sowohl bei Dürnten,
den , abgesehen von Holz- und Blattresten. Nach Clement Reid kommen Haselnüsse in prä-, inter und postglacialen Ablagerungen Grossbritanniens vor ; aus Deutschland kennt man sie von Beldorf, Lauen burg, Soltau, aus der Schweiz von Utznach, Dürnten , Mörschweil u . s . W. Auch in den Ablagerunge
als auch bei Klinge die Samen einer ausgestorbenen
von Troizkoje bei Moskau , welche N. Krischta
Utznach und Dürnten aufweist , wie sie aus Heers
Nymphaeacee, der Cratopleura helvetica, vorkommen . fowitsch für interglacial hält "), kommt die Hasel Heer sagt über diese von ihm als Holopleura auf geführte Pflanze a. a . O., 2. Aufl . , S. 526 : » Die ?) Siehe Keilhack , Veber präglaciale Süsswasserbildungen einzige Blütenpflanze, welche einer noch jetzt lebenden nicht zugezählt werden kann , ist eine Seerose, die in der Bildung der allein uns erhaltenen Samen so bedeutend von unseren Seerosen abweicht , dass
Caspary daraus eine besondere Gattung (Holopleura) gebildet hat« . Wenn Heer in der hinzugefügten Fussnote die Bemerkung macht, dass die betreffenden Samen » die Grösse und Form derjenigen unserer weissen Seerose « haben , aber durch ihr Ausland 1892 , Nr . 20.
im Diluvium Norddeutschlands, im Jahrb. d . k . preuss . Geolog. Landesanstalt für 1882 , Berlin 1883 , S. 143. R. v . Fischer
Benzon, Die Moore der Provinz Schleswig -Holstein, Hamburg 1891 , S. 56 .
2) Clement Reid , Notes on the geological history of the recent flora of Britain , in den Annals of Botany , Vol. II , August 1888 .
3) N. Krischtafowitsch , Anzeichen einer interglaciären Epoche in Central-Russland , im Bull . Natural . Moscou , 1891 .
Die betreffende Ablagerung enthielt auch das Skelett eines Mammuts. 40
Eine diluviale Wald- und Sumpf-Flora aus der Gegend von Cottbus.
310
nuss vor. Von den vier in meinen Händen befind- | Thone gefundenen tierischen Reste scheinen dieser lichen Nüssen aus dem Torf von Klinge haben die länglich -ovale Form , die vierte ist kürzer von unregelmässiger Gestalt . Letztere habe selbst aus kohligen Thonproben , welche
drei und ich dem
Annahme nicht zu widersprechen ^).
Was die harte , scherbig-blätterige Lebertorf schicht anbetrifft, welche in dem Profil mit Nr. 7 bezeichnet ist , so bildet sie den unteren Teil bzw.
untersten Teile des Torflagers entstammten , heraus- die Basis der kohlig -torfigen Schicht und ist nach geholt. Bemerkenswert erscheint das Vorkommen einer
Steinfrucht von Ilex aquifolium ; Weber hat sie in den von mir übersandten Torfproben aus Klinge entdeckt und durch genaue Untersuchung bestimmt'.). Heutzutage kommt die Stechpalme als wildwachsende
Weber und Früh ein echter, typischer » Lebertorf« . Herr Dr. J. Früh in Zürich, der sich bekanntlich gerade mit Torfstudien sehr eingehend befasst hat, war so freundlich, einige von mir übersandte Proben
des Klingener Lebertorfes genauer zu untersuchen . Ich teile aus seinem Briefe, welcher ein Urteil über
Pflanze in der Gegend von Klinge nicht mehr vor;
zwei der übersandten Probestücke enthält, folgen
sie findet sich nur noch im nordwestlichen Deutsch-
des mit :
land, d . h . ihre südöstliche Verbreitungsgrenze zieht
bei uns von der Rheinprovinz durch Westfalen, Han-
1. Probe : »Ein papierdünn - geschichteter, leicht spaltbarer, feucht schwarz , trocken graubraun aus
nover , die nördlichen Teile des Herzogtums Braun-
sehender Torf. Er besteht vorherrschend aus faserig
schweig, die Priegnitz,, Mecklenburg , Neuvorpom - körnig macerierten Pflanzenresten , die recht innig mern und Rügen . Wenngleich man bei einer ein-
zelnen Steinfrucht auch an Verschleppung durch Vögel denken darf ), so spricht doch der Umstand,
verfilzt sind , und unter welchen man selten die Konturen von unbestimmbarem Zellgewebe höherer Pflanzen erkennen kann . Ich erkannte einmal eine
dass Keilhack auch bei Belzig in den von ihm Spaltöffnung mit Grenzzellen, dann ringförmige, aber beschriebenen präglacialen (bzw. altdiluvialen ) Ab- aufgerollte Verdickungen , wie sie in Ringgefässen lagerungen Reste von Ilex aquifolium gefunden hat "),
von Gramineen vorkommen .
für die Annahme, dass diese interessante Species
viel Pollenkörner von Pinus, eine Sphagnumspore,
einst in Deutschland weiter östlich als heute verbreitet war ).
sehr viele Spiculae verschiedenster Form von Spon gilla , viel Chitinreste von Wassermilben , Insekten
Ferner fand ich sehr >
Ich gehe auf die übrigen Pflanzen von Klinge | larven , Rotatorien . Dazu kommen viel Aggregate nicht näher ein und verzichte auch auf eingehendere von Doppelschwefeleisen , ferner Kieselscheibchen, wie ich sie in meiner Abhandlung » Kritische Bei Charakter der bis jetzt von dort nachgewiesenen träge zur Kenntnis des Torfes « (Jahrb. d. k . k. Flora folgern kann . Ich möchte nur ganz kurz geolog . Reichsanstalt in Wien , Bd . 35 , 1885 , Taf. XII, Fig. 1 ) abgebildet habe. Bemerkenswert erscheinen einige Hauptpunkte hervorheben :
Erörterungen über das Klima, welches man aus dem
auch Gruppen kugeliger Aggregate von microcystis 1. Glaciale oder arktisch-alpine Pflanzen sind ähnlichen Algen , wie sie 1. c. Fig. 9 dargestellt
der kohlig - torfigen Ablagerung von Klinge ( Schicht 6 des Profils) bisher nicht festgestellt
sind. Diatomeen fand ich in den benutzten Präpa
worden .
raten nicht. Ohne Zweifel würde eine eingehendere
in
2. Der Charakter der bisher nachweisbaren Untersuchung noch manches Interessante zu tage Flora aus jener Ablagerung harmoniert gut mit dem- fördern. – Der Torf brennt für sich mit Flamme,
jenigen anderer Ablagerungen Mitteleuropas, welche wenig ( gelbliche) Asche zurücklassend . Nachdem für interglacial gehalten werden ; namentlich ist eine grosse Aehnlichkeit mit der Flora der Schiefer-
ich ein Stück des Torfes zerkleinert und während
24 Stunden in absolutem Alkohol in Dunkeln ge kohlen von Dürnten und Utznach vorhanden . lassen hatte, bekam ich eine schöne bräunlich-grüne 3. Die Profilverhältnisse, welche in den Thon- | Lösung, welche im Lichtkegel einer Sammellinse
gruben von Klinge sich beobachten lassen, sprechen deutlich rot fluoresciert. Ich zweifle nicht daran, nicht gegen die Annahme, dass jene kohlig-torfige | dass eine spektroskopische Prüfung das Absorptions Schicht der Interglacialzeit entstammt.
4. Auch die bisher in dem
unterliegenden
spektrum des Chlorophylls ergeben würde, wie ich es für andere, Algen enthaltende Torfe (1. c. S. 703 ff. )
nachgewiesen habe. 1) Diese Bestimmung ist nachträglich auch noch durch Wittmack und Nobbe bestätigt worden .
2) Manche Vogelarten fressen die Beeren der Stechpalme.
Auch wird dieser schiefrige
Torf, in Wasser gelegt , nach einigen Tagen etwas aufquellen . « » Fassen wir diese Befunde zusammen , so ergibt
Inzwischen habe ich noch drei sicher bestimmbare Steinfrüchte
und ein Blatt von Ilex bei Klinge gefunden , so dass die Zu
sich der vorliegende dünnblätterige Torf als ein Ab
gehörigkeit der Stechpalme zu der diluvialen Flora von Klinge
satz vorherrschend organischen » Planktons « in einem
nunmehr feststeht.
3) Siehe Keilhack , Botan . Centralblatt , 1886 , Bd . 26 , S. 54 :
1) Auch die in der Torfschicht vorkommenden zahlreichen Käferreste, über welche E. Schäff kürzlich ( Sitzgsb. Ges . nat .
4) Ueber die Verbreitung der Stechpalme in Kleinasien und Transkaukasien siehe Koeppen , Geograph. Verbreitung
gut mit dem , was Heer über die Käfer aus den Schieferkohlen
der Holzgewächse u. s. w., I , S. 566 ff.
der Schweiz angibt.
Fr. Berl. , 1892 , Nr. 1 ) einiges mitgeteilt hat, harmonieren recht
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
ruhigen , stillstehenden Gewässer mit weichem Wasser, eingerahmt von Pinusbeständen oder wenigstens in
311
Herr Gutsbesitzer und Maler Theodor von Preen hat ein älteres Gebäude aus Ranshofen bei
der Nähe von solchen . Der Torf ist in allen Teilen
» Braunau am Inn, welches den ältesten der Gegend aus
ein typischer Lebertorf, wie er in fast allen heutigen baltischen Mooren an der Basis getroffen
» dem 17. Jahrhunderte ziemlich ähnlich ist und
wird und sich ohne Zweifel auf dem Grunde der Seen heute noch fortwährend hier und dort als be sondere Facies entwickelt.«
»höfe bietet
2. Probe : » Mehr kompakt, etwas eisenschüssig , hart, ebenfalls ein Lebertorf, wahrscheinlich zum Teil mit mehr erhaltenen Resten höherer Gewächse
und vielleicht mit mehr Mineralstoffen gemengt; ich
bemerkte Pinuspollen , Spongilla, viel Doppelschwefel
» gleichzeitig ein Bild der hier gewöhnlichen Bauern dargestellt ; (Grundriss Fig. 112). Wohnhaus Erdgeschoss S
Kuchel
Milchhamer
he 10
Br: Brunnen h - Hühner o . ofen
6. Bachofen
s . Speise v . Vórhaus, Plerde
he . Herd
eisen u . S. W. (
Wenn Herr Dr. Früh im obigen sagt , dass die Bildung des Lebertorfes noch jetzt stattfinde, so will er damit keineswegs das diluviale Alter des Klin gener Lebertorfes anzweifeln , wie sich aus unserer sonstigen Korrespondenz ergibt. Es liegt ja auf der Hand , dass an der Basis eines diluvialen (wahrschein lich interglacialen) Torflagers sich ebenso gut eine Lebertorfschicht bilden konnte , wie es nach Früh noch heute bei vielen baltischen Torfmooren ge schieht . Nach den Lagerungsverhältnissen , welche die Thongruben von Klinge zeigen , kann es nicht zweifelhaft sein, dass der dortige Lebertorf diluvialen
Schweine
Schafe
Dünger:
Kühe
Holz Kälber
Steuer
Wagen : Schupfen
mit
Penn
(pleistocänen) Alters ist. Ziehen wir zum Schluss das Facit aus unseren
obigen Mitteilungen, so dürfen wir wohl sagen , dass
20
- 15 m
Fig. 112 .
stellungen über die Ablagerungen der Thongruben
Type der Bauernhöfe zwischen Inn und Salzach und im Innviertel (Oberösterreich ).
von Klinge und namentlich über die mit Pfanzen resten erfüllte Torfschicht (Nr. 6 ) schon viele interessante Ergebnisse geliefert haben , und wir dürfen
X
10
die bisher vorliegenden Beobachtungen und Fest
Nach Aufnahmen des Herrn Th. v. Preen (Ranshofen bei Braunau) .
die berechtigte Hoffnung hegen, dass im Laufe dieses Jahres noch manches wichtige Ergebnis dazu kommen
gänzlich ab, wie in Putzleinsdorf.
wird.
der Menschenwohnung auch den Pferdestall .
Was Utznach und Dürnten für die Schweiz
Auch hier schliesst das Wohnhaus eine Gehöftseite
Es enthält ausser
Dies
sind, das kann Klinge für die Provinz Brandenburg wiederholt sich auch in der östlich angrenzenden Vierkant-Gegend und deutet wohl auf die Vorliebe
werden !
1. Stock
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
Neben
stube Menscher
Vorrat
Stube.
Knechte
Von Gustav Bancalari (Linz) . (Fortsetzung .) XVI.
Haustypen Oesterreichs ob der Enns südlich der Donau , gegen die bayerische Grenze. Auch südlich der Donau, im Bezirke Schärding, Braunau , dann Vöklabruck , ostwärts bis gegen Neu markt , südwärts aber bis an den Bereich des salz
burgischen Flachgau-Hauses (vgl . Prinzinger , Ges.
Schroll 200 : 15 m
Fig. 113
für das Pferd .
Der Innkreis und auch Teile des
Hausruckkreises züchten edle Gebrauchspferde. Im Hausruck-
und
Innkreise
sind
Trabrennen
im
für Landeskunde Salzburg XXV . 1885 ) herrscht
eine , dem Putzleinsdorfer ähnliche Haus- und Gehöftsform . ) Dieser Bereich setzt sich über Inn und
Salzach nach Südbayern fort.
Schwange. Mit dem Haider und Liebensteiner Typus (Fig.
80, 81 ) ist eine gewisse Uebereinstimmung, wenig stens in der Hauptsache.
1) Diesen Landesteil habe ich noch nicht durchwandert , verdanke die vier Typenbeispiele desselben der Güte des Herrn
ihm gesammelten Bilder zur Verfügung gestellt hat .
Prof. Bez.- Schulinspektors Hans Commenda , der mir die von
ihm und den Herren Einsendern höflichsten Dank .
Ich sag
Forschungen über das deutsche Wohnhaus. 312
Fig. 115 zeigt die , dem Hofe zugewendete,, haus anschliessende Einfahrtsschupfen erinnert an 17 m lange Hauptfront des Wohnhauses ; Fig. 113 das Obergeschoss, Fig. 114 den Dachraum im GrundDie Sitte , den Brunnenauslauf in die Wohn Schüttboden
riss.
Fig. 84 . Am Henharter Hause ist alles Holz , weil in
stube zu verlegen , ist auffallend. Wahrscheinlich HERB
Dachraum L : Lege
Rumpel
dächer
Dunger
Kammer
EL
Nageldach
Oberer Schroti. Fig . 114 .
Fig . 117 Gehöfte bei Henhart (Innkreis , Oberösterreich ) . Nach einer Skizze von Prof. Ferd. Weiss .
gibt es aber noch einen im Bereiche der Ställe ,
welchen Herrn v. Preen nicht besonders angemerkt jener Gegend viel Wald und gar kein Baustein zur hat.
Fig . 116 zeigt , nach einer Skizze desselben
Verfügung steht. Das Hügelgelände östlich des Inn
Herrn, die Art der Ornamentierung eines mit 1758 Ochsen
KK
Schupien
HH
Holzlage Schupfen
V Sireu 4
Gred
Laerat Hühner
Dünger Schwei
Fig . 115
Gred
૬ ૨ ૨ ૪ LEE
Kühe ESS
Ochsen Kühe
૬ ૧ ૧ ૨ ? ૬
૬
૧
Ess
Halber
૧
bezeichneten Thores der Gegend von Gilgenberg,
10
54
Herr Prof. F. Weiss hat ein Gehöfte von
se
Jo
20
14 km südl. von Braunau .
Henhart, ( 14 km östl. Mauerkirchen , 14 km südöstl .
Teune
22
Mist
: 40.5m
Fig. 118 .
Gehöfte bei Henhart. (Grundriss.) 1 : 750. ( 1 mm = 1 Schritt
= 75 cm .
Bienenstand , Br = Brunnen , m = Milchkammer , K = Kammer , 6 Schrott samt Stiege, E = Eingangsthürl, G = Gartenthürl . sch
Abiblrill
besteht aus »Schlier« , d. i . einer lössähnlichen For mation. Darum ist im Innkreise ein grosser Raum , ca 30 ' - 22.5 "
Sch
Thor
Tenne
S
Schweine
>
Streu
Pferde Ochsen
Puer
Thor
Mauer
Bru
W :Sch Mise
Küha
Fig. 116 .
ammort Küche Kammer
h
2
Typus der Thorverzierung nach Th . v. Preen an den Gehöften zwischen Inn und Salzach .
Oschall stube
|Kammer
I
اہل
Altheim) gezeichnet.
Fig. 117 bringt eine sehr
klare Vogelschau desselben , Fig. 118 den Grund riss.
Fig . 119 .
Bauernhof bei Gmunden (Oberösterreich) .
Auch hier wird man an Fig . 80, 81 erinnert ; Nach Dr. Ferd . Krakowitzer .
nur wird die Südseite des Gehöftes nicht bloss durch 0 = Ofen, h = Herd, k = Kellerstiege, H = Hausthüre, a = Auszugstübl .
den »Stadl « , sondern auch noch ein Stück Rinderstall abgeschlossen und dieser Hen harter Bauer hat offen-
wo der Blockbau ohne jedes Mauerwerk un
bar keine Pferde. Dafür stellt er seine Zugochsen
umschränkt herrscht. Nur der „Stadl « ist dort
in einen Teil des Wohnhauses. Der an das Wohn-
Ständerbau mit Brettern .
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
Der Gmundner - Bauernhof, Fig. 119 , auf-
satz .
313
Das auf der Gassenfront durch eine Mauer
genommen von Herrn Dr. F. Krakowitzer ; das abgeschlossene hufeisenförmige Gehöfte habe ich in Gehöft bei Völklabruck Fig. 120 , 121 , aufge- Oberösterreich südlich der Donau bis nun nirgends nommen durch Herrn Realschullehrer J. Forsthuber und der Hof in Unterhabach , Ortschaft Knie-
gefunden. Wenn nun jemand behauptete, der südbayerisch
innviertlersche Typus habe sich nordostwärts ver breitet ; irgend ein slawisch- fränkischer ( eben der Schindel
Vogelweider-) Typus sei von Nordosten her dem ersteren entgegengerückt; beide bätten dann mit einander den Centralvierkant kombinierend erzeugt, So wäre dies eine recht anmutende Theorie. Ob
Stron
sie aber richtig ist, das weiss kein Mensch, und da
her muss man sie verwerfen . ') XVII . Fig. 120.
Haustypen im südlichen Teile Oberöster was südlich Klaus , Fig . 122 ; - alle sind in der Haupteinteilung und im Grundrisse des Wohntrakts
reichs und jenseits der Grenze von Ober
unter sich ziemlich ähnlich. Sieht man vom Flach
Meine zweite Wanderung 1891 galt den Haus formen der oberösterreichischen , alpinen Zone gegen
steiermark
die Steiermark hin .
Schuppen
Sie führte mich
von Klaus
Irohn
Scheuer
오
Tenne
?
Getreide Kasten
,Stod na ge Wech
haus R
1
&
e
e Stadt oben Scheuer
Stalle
oben Scheuern
77
Abtritt
Zeug
Tennen Thor Ausladungd Dachs
Stall
m
kammer
Brunnen
2 .
Brunnen
schupin
Fig . 121 .
2
Holzlage
Garten
u Vorhaus
Mayr in Schalkham bei Völklabruck (Oberösterreich ) . Nach Herrn Realschullehrer J. Forsthuber.
Datler
2 m
D
인
2
2
Sch
und Steildache , sowie vom Mauerwerk und Holz
bau ab , so sind überhaupt unter den bis nun dargestellten Höfen südlich der Donau (die
Strasse
Tenne
Getreide Barren
Küche
Zaur m Mauerwerk
]
Mietwohnung e
Sch - Schlaf: rimmer
W: Sin
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..
2
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obstgarten
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I stade ! Hof
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h : Holzbau
40 : 30 m
word
Wohnhaus
2
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2
인
Stall 10
20
30
ON
* : 1 Schritt 75 cm Brunnen
TTC süd
1 .
Fig . 123 .
Wohn .
„ Sturmhof« des Leop. Kletzmayr , oberhalb Mitterstoder .
haus
sa
Fig . 122 .
Gehöfte in Kniewas südl. Klaus (Oberösterreich ), » Unter-Habacher -Hof« .
( südlich Kirchdorf) über Hinterstoder, Vorderstoder, Windischgarsten nach Spital am Pyhrn ; und weil gewisse Typen im Lande selbst keine Erklärung
h = Herd , s = Schornstein , v = Vorhaus mit Esstisch . »Heubirl « ober den Ställen ,
Wohnhaus mit Schindeln , Stadi« mit Stroh gedeckt, Erdgeschoss Mauer.
Vierkante bei Seite gelassen) keine wesentlichen Gegensätze. Dafür besteht zwischen dem
Putzlein
storfer , dem Innviertler , Gmundner und Völklabruckertypus einerseits und anderer
seits dem reinen Vogelweider des Wald- und östlichen Mühlviertels allerdings ein Gegen
1) Das in diesem Aufsatze gebrachte Material muss noch durch Forschungen in Südböhmen , im östlichen Bayern , be sonders aber im oberösterreichischen Innviertel , von wo ich nur einige Beispiele von Höfen , aber keine Kenntnis der sehr wich tigen Neben- , Zwischen- und Uebergangsformen besitze , vermehrt werden , ehe man an die Deutung geht. Jede Wanderung bringt unerwartete Aufschlüsse, jede erklärende Auskunft wirbelt aber
auch neue Fragen auf, und die Kunde der oberdeutschen Typen ist noch lange nicht so gefestigt und durch Beobachtungsmaterial gestützt , dass sie schon sichere Schritte in der wissenschaftlichen Verwertung gestattete . Besonders die Frage der Umbildung,
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
314
fanden, nach Lietzen , und von da durch das Gesäuse nach Hieflau , Palfau , Wildalpen , Weichselboden , Wegscheid, Mariazell und über Lilienfeld nach Linz zurück.
Bei Klaus (Ende der Kremsthalbahn ) fällt sofort auf, dass sich die Bestandteile der Ge-
höfte bei jedem Anlasse aus dem engeren Verbande lösen .
So führt z . B. die Strasse bei
kannte Blechornament, sonst gar keine Zierde, glatte, flache Wände , keine Fensterladen und lauter ver glaste Fenster. Es ist von reichlichem , reinem , nüchternem Ansehen . Es ist von jenem Typus, welcher eigentlich in den Märkten und kleinen Städten
Oberösterreichs (vgl. Figur 105 , sichtbarer Teil der Nachbarhäuser) vorherrscht. Das grosse, im Winkel gebrochene Wirtschafts
mehreren Gehöften zwischen Wohnhaus und Wirt-
gebäude , Fig . 124 , mutet an , wie ein böhmischer
schaftsgebäuden hindurch .
Herrschaftsmeierhof.
Ein solches Verhalten
Von den anderen Gebäuden dieses Gruppen- oder Haufenhofes hebe ich bloss den
Kasten
hervor
Schindel
(vgl. oben ). Die Unregelmässigkeit der Hofanlage,
289 from
der
Platz hätte auch jede andere, selbst jene eines grossen 11500
Schuppen Tenne Stall mit Oberboden Fig . 124 Gehöfte Sturm- ober Mitterstoder .
Fruchtspeicher , Stall- und Schupfen -Gebäude mit weit ausladendem Dache auf der Hofseite . 1868, 81 , 83 renoviert. Oberboden teilweise mit Holzgitter -Verschluss .
Vierkants zugelassen -- wobei ein grosser, unregel mässiger , unbebauter Raum , mit dem Brunnen in
mitten, frei bleibt, hat mich, als etwas ganz Neues, in Verwunderung gesetzt. Auch hier ist mir wieder
der Wert der Methode, jede Type durch die Nach bartypen zu erklären, deutlich geworden .
Ich fand
zwei Tage später südlich des Pyhrnpasses, bei Lietzen und Admont, die ärmlichen, bis zur Bettelhaftigkeit
zerzausten Vorbilder des Sturmhoftypus, und fand ist im nördlichen Oberösterreich nirgends zu be
dann diese Haufenhöfe, teilweise in feinerem Ge
merken . Allmählich versteht man es. Von Stufe wande, beim Westeingange des Gesäuses, bei Hieflau zu Stufe leitet es zu dem sehr ansehnlichen Sturm
u . s. w . und vermute nach den Hauszeichen der
hoftypus , wovon Fig. 123 den Grundriss des Specialkarte , dass der Haufenhoftypus auch in Gehöfts, Fig. 124 das perspektivische Bild des Stall- den Thälern der oberösterreichischen Voralpen an und Scheunengebäudes darstellt.
der und westlich von der Enns herrschend sei. Dass
Der Sturmhof (jetziger Besitzer Leopold Kletz- aber der Sturmhoftypus damit übereinstimmt, unter mayr), 200 m über dem Thale von Mitterstoder liegt keinem Zweifel. ( 585 m) , auf einer fruchtbaren Bergstuſe , von ge >
( Fortsetzung folgt.)
pflegten Obstgärten umgeben , ist eine prächtige Wohnstätte. Unvergleichlich ist der Ausblick auf
die gegenüberliegende Prielgruppe, unvergleichlich aber auch das Gehöfte selbst , welches sich durch
Zweckmässigkeit und überaus nette Haltung aller
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland.
Gebäude, der Zäune, der Gärten und durch die sorg
Von P. Seeberg (Stuttgart) .
fältige Bestellung der Grundstücke vor tausend an deren auszeichnet. Dieses ziemlich neue Gehöft, anfangs wie die Erfindung eines einzelnen , gebil
( Fortsetzung .)
Sehr erfreulich ist daher die Gründung eines russischen Fischerei- und Fischzuchtvereins, der
deten Oekonomen anmutend, zeigte doch nachträg- jüngst bei seiner Ausstellung zu St. Petersburg eine
lich seinen typischen Charakter, denn seine Formen Probe seiner Thätigkeit gegeben hat. Bei dieser hat sich der Präsident des deutschen (wenn auch nicht dieselbe Nettigkeit) fanden sich Gelegenheit später im Vorderstoder (808 m) , bei Schoiswohl, bei Rossleithen, am Kleinker See, bei Windisch- Vereins , Frhr. v. Behr, sehr anerkennend ausge sprochen. Es ist zu hoffen , dass dieser Austausch garsten und Spital am Pyhrn und waren nur hier und vonmit Nutzen dem sein Ge da durch einen zugewanderten Vierkant verdrängt von wird.Erfahrungen Frhr. Teile So geht z. fürB. beide v. Behr Das gemauerte , geweisste Wohnhaus mit Erd und Obergeschoss und Dachraum , steilem Schindel
danken um , die grösste Delikatesse der Wolga und der sibirischen Flüsse , den Sterlet , in die deutschen
dache und Halbwalmen an beiden Giebelseiten , kehrt
Flüsse zu verpflanzen. Auch andere Fischereivereine, seine Hauptfront gegen das Thal (nach Westen ) , hat einen Schlot, eine vordere und eine Garten thüre, vorne eine Hausbank , auf dem Firste das be sowie der geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung der Unterarten des oberdeutschen Hauses ist noch nicht spruch
reif, wenn man auch meine Darlegungen über die Herkunft des oberdeutschen Gesamttypus ( Ausland 1891 ) gelten lassen will.
wie z . B. der dänische, sind mit dem russischen in bleibende Verbindung getreten .
Doch nur zu lange habe ich bei diesem Thema verweilt . Wir schicken uns an , die Fischhalle, in der wir diese Betrachtungen anstellten, zu verlassen, da streift unser Blick die herrliche Fläche der blauen Newa, die diesen Ruhm mit viel grösserem Rechte
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
verdient, als die oft trüb genug aussehende Donau . Langsam zieht ein Schiff mit Getreide den mäch-
tigen, hier 1 km breiten Strom hinunter, und während wir ihm nachschauen , da lenkt schon ein neues
Fahrzeug unsere Blicke auf sich .
Es ist eine jener
grossen Barken mit Heu , welcher wichtige Verbrauchsartikel, in Gestalt eines Hauses aufgetürmt, eine weite Fahrt hinter sich hat, denn er stammt aus den Niederungen am Ilmen -See und ist durch
den Wolchow und den Ladoga -Kanal hierher geschwommen .
Der Bedarf an Heu ist auch in St.
Petersburg ein sehr grosser. In keiner Stadt der Welt wird so viel gefahren , wie hier. Schon die
riesigen Entfernungen und das Klima bringen das mit sich , mehr noch die Gewohnheit. Wir brauchen bloss an die mehr als 15 000 Droschken zu denken (London , fünfmal grösser als St. Petersburg , hat nur 19000) , die paar Tausend Kutschen , die zahllosen Lastwagen , die Trams, die Omnibusse , die
315
keit des Bodens den Samen ohne jede Nachhilfe zum Keimen bringt. Von einem geordneten Be trieb ist , abgesehen von den Ostseeprovinzen , fast nur in den Staatsforsten die Rede, die glücklicher weise etwa 80 Proz, des ganzen Waldareals aus machen . Die Privatbesitzer von Forsten haben , von
Not gedrängt, nur zu oft ihre Waldungen ver schleudert und ruiniert. Der Anblick der russischen Wälder steht freilich hinter dem der deutschen zu rück . Die Buche kommt im nördlichen Russland
nicht mehr vor ; sie hört an der preussischen Grenze auf . Eichenwälder gibt es nur noch vereinzelt in Kurland oder in Landstrichen , die unter demselben
oder einem südlicheren Breitengrade liegen ; Eschen, Ulmen, Ahorn kommen nur sporadisch vor; somit blei ben nur Kiefern , Fichten, Birken , Erlen nach ; im Nord osten noch Lärchenbäume und, dem mittleren Russ
land zu , Linden in ganzen Wäldern . Die günstigen Wasserverbindungen St. Peters
unzähligen Privatequipagen und nun noch die Ka- burgs gestatten , dass fast alles zum Verbrauch und vallerie und Artillerie dazu. Kaum ist diese Barke
zur Ausfuhr bestimmte Holz auf Jem Wasserwege
verschwunden , so zieht eine andere, schwer mit
ankommt. Von den mehr als 14000 Fahrzeugen,
Birkenholz beladen , den Strom herunter und biegt in unseren Kanal ein ; denn jedermann will seinen
die im
Holzbedarf für den Winter haben.
Holz beladen , und zwar betrug das Brennholz allein 28 Millionen Zentner, das Bauholz 1372 Millionen .
Von den un-
geheueren Massen an Holz, die das nördliche Russ-
vorigen Jahre in der Newa oder ihren
Kanälen anlegten , waren mehr als die Hälfte mit
daran , dass mit Ausnahme einiger Oertlichkeiten in
Ausserdem führen Narwa, Reval, Riga und Windau Holz aus. Die grossen Waldungen bringen übrigens der Regierung nur 32 Millionen Mark, obgleich an
den Ostseeprovinzen alle Dörfer, ja fast alle kleineren
Bauholz allein für 70 Millionen Mark ausgeführt
nördlichen und mittleren Russland aus
wird und mehr als eine Million Bretter allein über
land liefert und verbraucht, kann man sich kaum eine Vorstellung machen . Erinnern wir uns nur
Städte im
Holz gebaut sind , die Dörfer auch durchweg mit
St. Petersburg ins Ausland gingen ( 1890 ).
Holz gedeckt , dass alle Wohnungen in Stadt und Land den langen russischen Winter hindurch mit Holz geheizt werden und zwar alle Räume im Hause,
einen Einblick in dessen kolossalen Export von
ungeheizte Zimmer zwischen den geheizten duldet man nicht - , ferner dass die Moskauer und Warschauer Bahn Jahrzehnte hindurch ihre Lokomotiven nur mit Holz heizten und erst in letzter Zeit zur Kohlen-
heizung gezwungen worden sind, so fragt man sich, wie das alles aufgebracht werden konnte , und das trotz der alljährlich durch diese oder jene Unvor-
sichtigkeit oder Böswilligkeit ausbrechenden Waldbrände , die durchschnittlich 18000 qkm Wald zerstören , d . h . einen Flächenraum fast so gross wie Württemberg! Unermesslich gross sind freilich die Waldungen des nördlichen Russlands, wo oft 19 ha Wald auf einen Bewohner kommen , darunter wahre Urwälder , wo auf den modernden Baumriesen, die gefallen sind und von niemand beachtet werden, ein
Nehmen wir nun noch Finnland hinzu.
Um
Holz zu gewinnen , ist eine Fahrt auf dem Saima Kanal sehr zu empfehlen. Ein bequem eingerich tetes Dampfschiff nimmt uns bei Wiborg auf und führt uns bis zur ersten Schleuse. Die mächtigen Thore des Docks schliessen sich hinter uns, das von
oben zuströmende Wasser steigt in dem also ge bildeten Bassin , bis es mit dem höher gelegenen See gleich steht; jetzt fährt das Schiff weiter , bis es die nächste Schleuse erreicht, wo sich die Sache wiederholt, und so fort, wenn ich nicht irre, zwölf
mal. Die Fahrt ist sehr anmutig , denn wie Kou lissen schieben sich die stets wechselnden Scenen
an uns vorüber, jetzt eine Insel, dann eine Fels
partie, dort dunkler Fichtenwald, hier ein reizendes Landhaus, dort eine Gruppe Birken im ersten, zarten Frühlingsschmuck.
Links ab führt uns gar eine
neuer Anwuchs hervorsprosst. Von einer Wald- Chaussee in kurzer Zeit zu dem berühmten Imatra pflege, von Ansaat ist, abgesehen von einigen Unter- Fall, wo der Wuoxen wohl 34 km weit schäu 1
nehmungen dieser Art auf den Staatsdomänen, natürlich keine Rede ; nur ganz vereinzelt kommt diese letztere in Kurland oder einigen anderen Stellen der Ostseeprovinzen vor. Es bedarf derselben auch im
mend und tosend durch eine grosse Granitmulde herabstürzt. Die Wassermasse mag vielleicht grösser
sein, als die des Rheinfalles, aber das Wasser schat tiert sich erstlich nicht wie bei diesem
in Grün ,
sondern in Braun , zweitens ist er mehr eine ge samens, den sie alljährlich ausstreut, die abgeholzten waltige Stromschnelle, als ein Fall, und drittens Stellen von selbst bestellt und die reichliche Feuchtig- / lässt er sich gar nicht mit dem Rheinfall bei Schaff Norden kaum , da die Natur mit der Fülle des Baum-
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
316
hausen vergleichen, denn wir sehen ausser dem Hotel nichts als Wald , endlosen, aussichtslosen Wald .
nicht zu den angenehmen Erinnerungen ; aber es ist kein Vergleich zwischen ihnen und jener Nordlands
Der Saima-Kanal ist sehr belebt ; Schiff auf Schiff | plage. În vielen Gegenden des Nowgorodschen kommt auf demselben Wege, wie wir hinauf, den
Gouvernements u . a. kann man kein Buch lesen ,
Kanal herab, meistens mit Holz, Brettern, Teer
keinen Brief schreiben , ohne eine Kohlenpfanne
und Kohlen beladen . Wir wundern uns nicht, wenn
wir hören , dass der Wert der jährlichen Holzaus-
neben sich zu baben , in die man Tannenzapfen wirft, um die Mücken zu verscheuchen, ja die russi
fuhr aus Finnland sich auf 53 Millionen finnische
schen Bauern können in diesen Waldgegenden
Mark beläuft = 42 Millionen Reichsmark. Finnlands
an der Meeresküste ist es besser – ihren Schlaf nur
Kanäle wurden 1890 von 12945 Fahrzeugen be-
finden, indem sie sich rings mit dichten Vorhängen
fahren , und brachten eine Einnahme von 334 868
umgeben.
finnischen Mark.
Vom
Wer ein Interesse an dem Volk hat, freut sich
auch der fröhlichen finnischen Knaben, die, aufebenso munteren Pferden sitzend, die rückkehrenden Last-
schiffe von Schleuse zu Schleuse ziehen . Ja , das finnische Pferd selbst verdient unsere Aufmerksam-
Indem
Wald zum
Wilde ist nur ein Schritt.
ich diesen thue, hätten meine Leser ein
Recht, von mir zu erwarten , dass ich ihnen die Freuden einer nordischen Jagd schildere : wie das Wild aus dem Dickicht hervorbricht, das vielleicht in vielen Jabren kein menschlicher Fuss betreten ,
keit ; nicht gross, aber mit edelgeformtem Kopf, wie die Hunde den Meister Petz stellen, wie der grossen Augen und einem Fusswerk, wie es kein Jäger seinen Schuss abgibt, und, wenn er nicht sehr
anderes Pferd aufzuweisen hat; man sieht, es ist | kaltblütig und sicher war, noch einen Kampf zu er auf Granitfelsen herangewachsen . Nie bremst der Finne , wenn er einen Berg hinunterfährt; er jagt vielmehr in rasendem Trabe hinunter, um noch mit Schwung die nächste Anhöhe zu erreichen. Man glaubt, sein leichter, zweiräderiger Karren müsse in tausend Stücke fliegen und er selbst sich das Ge-
warten hat, bei dem der Bär zeigt , dass er noch ganz der alte ist, wie ihn unsere Urväter kannten , — oder wie man dem Wolf auflauert, oder was es noch dergleichen gibt. Aber das, hoffe ich, erlässt man mir; habe ich doch in meinem ganzen Leben
nick brechen , wenn das Pferd einen Fehltritt tbut;
Nutzbares Wild ist im Norden eigentlich recht
nicht einmal einer Krähe etwas zuleide gethan .
aber das geschieht eben nicht. Wegen ihrer Schnellig- spärlich vertreten . Hirsche gibt es überhaupt nicht; keit und Unverwüstlichkeit werden die Tiere auch
das Reh ist nur in Kurland und anderen ebenso
in St. Petersburg mit 800 bis 1000 Mark bezahlt.
milden Landstrichen zu finden , und es wird leider
Peter der Grosse, der die Vorzüge dieser Rasse er- von berechtigten und unberechtigten Nimroden nur kannte, die er auch in Esthland, wenn auch weniger rein , vorfand, verpflanzte sie ins Gouvernement Wjätka und hat dadurch einen ganz ausgezeichneten Pferdeschlag erzielt . Auch die finnische Kuh ist bemerkenswert. Von früh auf genötigt, zwischen
zu sehr dezimiert.
Man kauft oft auf dem Markt
ein ganzes ganzes Reh für 10 Mark Mark.. Es zu hegen , fällt ein nur hier und da einem Grossgrundbesitzer ein . Auch das Elen , früher zahlreich vertreten , wird immer
mehr in grosse und unwegsame Forste zurück
den wilden Felsen ihr spärliches Futter zu suchen , gedrängt. Ein eben erlassenes strengeres Jagdgesetz hat sie etwas von der Natur der Ziege angenommen ; sie ist flink , aber auch wehrhaft; ein Fremder soll
wird hoffentlich der rücksichtslosen Ausrottung nutz baren Wildes Einhalt thun . Der Hase wird in Kur
sich hüten , ihr in den Weg zu kommen . Sie ist land auf den weiten Kleefeldern gross und fett, in in ihrer Beweglichkeit das rechte Gegenbild der an- Livland merklich magerer, weiter hinauf nach Nor deren , schwerfälligen Nordlandskuh , die Russland den weiss , klein und fast wertlos. An Füchsen ist gleichfalls dem Scharfblick Peters des Grossen ver- kein Mangel. Noch viel schlimmer aber ist die dankt. Er verpflanzte nämlich holländisches Vieh Wolfsplage im nördlichen Russland. In Kurland ist in die Niederungen von Cholmogori im Archangel- man mit den Wölfen fertig und auch in Livland schen Gouvernement . Die Nachkommen bilden noch hat man durch regelmässig angeordnete Jagden sie jetzt eine der am weitesten verbreiteten und milch- sehr vermindert. In Nowgorodschen aber sind sie noch so arg , dass , wie ich selbst erlebt habe, im
reichsten Rassen des nördlichen Russlands.
Finnland hat unstreitig manche landschaftlichen Reize und wird darum
von Petersburger Sommer-
frischlern mit Liebe aufgesucht, vollends wer den Sport des Angelns liebt , findet dort die beste Ge-
legenheit.
Nur eins ist in stande, ihm die ganze
erste Hälfte des an sich kurzen Sommers zu
ver
Juli am hellen lichten Tage aus einem Dorf vor den Augen des Vaters ein zweijähriges Kind vom Wolf weggeholt wurde und nicht gerettet werden konnte. Finnland gibt etwa 40000 finnische Mark jährlich an Prämien für Vertilgung der Raubtiere aus und hat damit erreicht, dass im Jahre 1887 nur
leiden, – das sind die Mücken . Von dieser Qual, noch 78 Bären, 145 Wölfe und 325 Luchse erlegt wie sie allen nordischen Wald- und Sumpfgegenden wurden, während es 1880 fast die doppelte Zahl war. eigen ist , kann man sich kaum eine Vorstellung machen . Man hat ja auch hier » Neckar- und Rhein-
Ueberaus zahlreich ist in den grossen Wäldern
des Nordens und Ostens das Flugwild. Wenn meine
schnaken «, und die Bekanntschaft mit ihnen gehört | geehrten Leserinnen mit mir auf den Petersburger
Geographische Mitteilungen.
317
Wildmarkt gehen wollten , so würden sie staunen ,
dort sehen, kommen nicht mehr aus der Umgegend
wie dort Schlitten an Schlitten sich reiht, alle mit
von St. Petersburg, sondern aus Wladimir , jenseits
Auerhühnern , Birkhühnern , Haselhühnern u . dergl. beladen. Kiste auf Kiste wird dort verpackt und
Moskau ,, die Gravensteiner , die Reinetten, die der Herbst in die Fruchthalle bringt, stammen aus Kur land oder noch weiter südwestlich , und jene Trauben aus der Krim oder Astrachan ; sie sind kaum teurer als hier in Stuttgart . Kurz , man ist gar nicht so arm im Norden ; was uns fehlt, das holen wir uns.
nach Westen versendet, nicht bloss bis Berlin, nein,
selbst nach Paris. Sie würden dort übrigens auch einen Braten zu sehen bekommen , den man hier nie gesehen hat, ich meine den Renntierbraten . Er
gleicht etwa dem Damwild . Wie das Meer den Fischern , so geben die endlosen Wälder des Nordens den dortigen Bauern eine nie versiegende Erwerbsquelle. Viele leben ganz von der Jagd, namentlich von der auf Flugwild. Auch ein Gang auf einen
Doch eins hätte ich beinahe vergessen , was in keiner russischen Fruchtbude fehlt , die Kiewer Marmeladen ,
die sogar nach Deutschland ausgeführt werden . (Fortsetzung folgt.)
der grossen Märkte wäre lohnend. Da sehen wir im Winter endlose Reihen von Schlitten mit ge
schlachteten Schweinen , Gänsen u . s. w . , denn die Schlittenbahn ist für Russland noch wichtiger, als alle Eisenbahnen ; sie allein ermöglicht es , die Er-
liens , dessen Name auch bei uns bekannter zu werden
zeugnisse der abgelegenen Landstriche auf den Markt
verdiente , als er es thatsächlich ist , hat sein Kollege,
Geographische Mitteilungen. (Turazza.) Einem hervorragenden Gelehrten Ita
zu bringen. Petersburg verzehrt mehr als 2 Zentner
Professor Antonio Favaro in Padua , jüngst in aus
Fleisch pro Kopf und Jahr. Das beste Ochsenfleisch (Tscherkasski) gehört der südrussischen Steppenrasse
führlicher Gedächtnisrede ein ehrendes Denkmal ge
an, die nur als Zug- und Schlachtvieh Wert hat. Es
wird gegen anderes Fleisch um 15 teurer bezahlt, aber doch nicht über 45 Pfennig das deutsche Pfund. Da wir einmal auf dem Markte sind . wäre es
uns sehr gelegen , von der „ Wildreihe « in die an-
setzt .
Geboren am 30. Juli 1813 in dem lieblichen
Malcesine am Gardasee , erhielt Domenico Turazza
seine Erziehung im benachbarten Verona, seine höhere Bildung an der Hochschule, deren Zierde er später wer den sollte . Zuerst Lyzealprofessor in Vicenza , erhielt er 1812 die Lehrkanzel der Geodäsie und Hydrometrie an der Universität Padua, und in dieser Stellung ist er volle
stossende » Fruchtreihe « einzubiegen, ein grosses,, mit fünfzig Jahre verblieben . Während seine älteren Ar Glas überdachtes Gebäude , in welchem Laden an
beiten grossenteils der Analysis und theoretischen Me
Laden stösst , die uns je nach der Jahreszeit die herrlichsten Früchte anbieten ; im Frühling schon
mehr der Hydraulik zu und behandelte Probleme, welchen
die unabsehbare Menge von Orangen , die mit den
recht eigentlich ein geographisches Interesse zukommt. Die
chanik angehörten , wendete er sich später mehr und
ersten Schiffen ankommen und die ganze Umgegend physikalische Erdkunde war lange gewohnt,Fragen dieser Art ganz mit ihrem Duft erfüllen , später Gemüse aller Art, teils unter Glas, teils im freien Lande gezogen, denn
der Ingenieurwissenschaft zu überlassen und nur die von dieser gewonnenen Resultate für ihre Zwecke
in beidem sind die Russen Meister . Versicherte mir
scher Seite, wie die Studien von Blink , Penck , Ule u . a. darthun können, ein aktiveres Interesse, und eben darum muss auch Turazzas Thätigkeit auf diesem Ge biete mehr ins Licht gerückt werden . Derselbe verstarb
doch ein bayerischer Veterinär, den ich in Kissingen traf seine Regierung hatte ihn zum Studium der sibirischen Pest nach Russland geschickt -, - dass
zu verwerten , aber neuerdings regt sich auch auf geographi
er nirgends in der Welt so schöne Krautköpfe gesehen , wie im Ladogaschen Kreise , und da nicht
am 12. Januar dieses Jahres.
bloss wir unser Filderkraut lieben, sondern auch die
der >>» Trattato d'idrometria ad uso degli ingegneri « (Pa
Bayern zu ihren Würsteln und ihrem Bier ein gutes
dua 1845 ) ; die 1862 ebenda erschienene zweite Auf
Sein bedeutendstes hierher gehöriges Werk war
Kraut zu schätzen wissen , so darf ich annehmen , lage ist » Trattato d'idrometria o d'idraulica pratica« dass er von der Sache etwas verstand . Daneben -betitelt, die dritte ( 1880) bloss » Trattato d'idraulica pratica . « Kutters Formeln für die Bewegung des gibt es ganze Gurken felder, denn die Gurke und Wassers in Flüssen wurden von Turraza einer ein neben ihr die Arbuse (Wassermelone) sind dem gehenden Prüfung unterzogen ; auch beschäftigte er sich Volke nicht blosse Zukost, sondern wirkliche Nah- viel mit der Regulierung der Wasserläufe und den für rung . Auch der Anbau von Gartenerdbeeren , oder Italien so wichtigen Vorkehrungen gegen Ueberschwem wie man sie hier nennt , Prestlingen, nimmt viele mungen . Ueber den Tiber, Bachiglione, die Brenta und Hektaren ein . Ausserdem sind die Himbeeren neben
den Heidel- und Preisselbeeren zu nennen , auch manche andere Waldbeere , die hier fast unbekannt ist , so die rote Moosbeere und die aromatische
andere Flüsse hat er nach dieser Richtung hin Mono graphien veröffentlicht . Von anderen Abhandlungen aus
seiner Feder , welche grossenteils in den Denkschriften der » Accademia di Padova « und des » Istituto Veneto «
1) Dass die unermesslichen Wälder auch viele Pilze liefern,
abgedruckt wurden, nennen wir je eine über die Küsten strömungen des Adriatischen Meeres und über die tech nische Nutzbarmachung der Gezeitenbewegung, vor allem
brauche ich kaum zu sagen. Sie sind ein wichtiger Teil der Volksnahrung , und das Sammeln derselben ist ein Vergnügen für Jung und Alt.
Entwaldung der Gebirge auf den Wasserreichtum der Ströme ausübt ( vgl. auch » Nuovo Cimento «, 13. Band).
Schellbeere ) .
Aber freilich die Kirschen , die wir
aber seine Untersuchung des Einflusses, welchen die
Litteratur .
318
Angesichts der Wichtigkeit, welchen dieser so viel um strittene Gegenstand neuerdings erlangt hat, möchte es sich empfehlen , die Ergebnisse eines so tüchtigen For
schers wieder aus der Vergessenheit zu ziehen. (Favaro, Della vita e delle opere del Senatore Dom . Turazza, G. B. Randi , 1892. )
Es dürfte wohl nicht zu viel gesagt sein , wenn wir be haupten , dass der physikalische Atlas von Berghaus als Zu sammenfassung des kartographisch darstellbaren Wissens von der Erde nicht bloss für die geographische Litteratur der deut schen Zunge , sondern geradezu der ganzen gebildeten Welt eine Epoche bedeutet . Als 1845 dieser Atlas in seiner ersten Auf lage vollendet war , sprachen deutsche und ausländische Fach
(Die Wasserführung der Gebirgsbäche.)
zeitschriften dieses Urteil einstimmig aus , und heute , wo die
Unterstützt durch die von der Vorstandschaft des Deutsch-
zweite Auflage als der Ausdruck unserer jetzigen Kenntnisse von dem berühmten geographischen Institute von Perthes hin
Oesterreichischen Alpenvereines zur Verfügung gestellten Mittel hat Professor Finsterwalder (München ) in Verbindung mit Dr. Blümcke (Nürnberg ) vor einiger Zeit Pegelstationen sowohl im Venter Thale als auch bei Sulden im Ortlergebiete eingerichtet, und die am letztgenannten Orte ausgeführten Messungen haben bereits die Möglichkeit an die Hand gegeben, einige inter-
essante Schlüsse zu ziehen . Neben der jeweiligen Tiefe des Gebirgsbaches wurde auch dessen Geschwindigkeit an der Oberfläche (im Stromstriche) mittels eingestreuter
Schwimmkörper bestimmt; dabei ergab sich , dass die Geschwindigkeit v mit dem Inhalte g9 des Profilquer
ausgegeben ist , können wir von allen Seiten wieder diesen gleichen einmütigen Beifall vernehmen. Wir wollen uns heute mit der Abteilung IV dieses gross
artigen Werkes , mit dem von Gg. Neumayer bearbeiteten Atlas des Erdmagnetismus, beschäftigen. Kein Zweig der geophysikalischen Forschung hat mit so
grossen Schwierigkeiten zu kämpfen, als gerade das Studium des Erdmagnetismus. Ist doch schon von vornherein das Wesen des selben in ein auch heute noch unentschleiertes Dunkel gehüllt .
Die Beobachtungen stellen an die Beobachtungsinstrumente als solche, an deren von Lokaleinflüssen geschützte Aufstellung, so
wie an die Intelligenz und Sorgfalt des Beobachters die höchsten
schnittes und dem benetzten Teile u des Profilumfanges durch die ziemlich genaue Relation v ? k (9 : u) zu-
Anforderungen. Ausgedehnte, für die meisten Fragen Jahrzehnte umfassende Beobachtungen sind notwendig, um nur für einen ein
sammenhing, wo k eine für den jeweiligen Platz em-
Wie wir sehen werden , zeigt die geographische Verteilung der
pirisch zu ermittelnde Konstante bedeutet. Als mittlere
Beobachtungsdaten Lücken, welche es für den ersten Blick über haupt fraglich erscheinen lassen möchten , ob aus diesem Materiale eine die ganze Erdoberfläche umspannende Darstellung kombi
Geschwindigkeit nahm man ? /3 dieser Maximalgeschwindigkeit , und damit war die Berechnung der Wasser
führung , d. h . desjenigen Wasserquantums gegeben,
zelnen Ort die wichtigsten Perioden der Erscheinungen festzustellen.
niert werden kann .
welches in der Zeiteinheit das betreffende Profil passiert.
Das Beobachtungsmaterial ist zu allem Ueberflusse, wenig.
Verglich man die für die Wasserführung erhaltenen
stens in den früheren Zeiten , in keineswegs homogener Weise veröffentlicht worden, und manche langjährige Beobachtungsreihe
Zahlen mit den ombrometrischen Angaben, welche allerdings grossenteils auf interpolatorischem Wege herge-
harrt heute einer systematischen Durcharbeitung und Zusammen. fassung ihrer Einzelbeobachtungen.
leitet werden mussten , so stellte sich eine Nichtüber-
Schliesslich unterliegen die fraglichen Erscheinungen selbst säkularen Aenderungen, deren Gesetze uns noch keineswegs ge
1
einstimmung heraus, die sich nur durch die — allerdings an sich wahrscheinliche – Hypothese heben lässt,
dass mit der Höhe, wenigstens anfänglich , die Nieder schlagsmengen zunehmen. Letzteres wird durch die
nau bekannt sind . Diese Aenderungen gehen an verschiedenen Orten in verschiedenem , ja vielfach in entgegengesetztem Sinne vor sich . Unter diesen Umständen können zwei gute, aber durch
Beobachtungen auf dem Hohen Sonnblick bestätigt.
eine zeitliche Unterbrechung getrennte Beobachtungsreihen selbst
Schon lässt sich fernerhin eine Thatsache übersehen, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist, da die Sul dener und die mehr als zwei Jahre umfassenden Oetz-
vom gleichen Orte nur unter Anwendung eines äusserst sorg fältigen Kalkuls mit einander in Verbindung gebracht werden, und die Vebertragung der Resultate von einer Station auf eine andere stösst begreiflicherweise auf noch viel grössere Schwierig.
thaler Aufzeichnungen ganz das Gleiche ergeben. Die
keiten .
Winterwasser sind annähernd konstant in der Zeit von
Es ist daher begreiflich , dass Bearbeitungen der magne
Mitte November bis Mitte April, einerlei, wie sich wäh-
tischen Verhältnisse der gesamten Erdoberfläche nicht zu oft
rend dieses Zeitraumes die meteorologischen Prozesse
wiederholt werden .
sonst abspielen. Es scheint sogar , als ob diese Kon stanz auch von Jahr zu Jahr erhalten bliebe. Finster
auch nur in flüchtigen Zügen auf die wichtigsten Arbeiten , welche auf dem Gebiete der allgemeinen erdmagnetischen Forschung
Es würde uns zu weit führen , wollten wir
früher erschienen sind , hinweisen .
3
Diejenigen unserer Leser,
walder ist der Ansicht, dass die Winterwasser wesentlich
denen neben der neuen Ausgabe des Berghausschen Atlas auch
durch den Grad der Vergletscherung des Einzugs gebietes, d. h . jenes Bezirkes bedingt seien, dessen sämtliche Gewässer sich in dem fraglichen Bache zusammen-
wir einladen , diese beiden Kartenwerke Blatt für Blatt mit ein
finden . An beiden Beobachtungsstationen bemerkte man, dass in der genannten Frist nur die eigentlichen Glet scherbäche flossen , alle übrigen Wasserläufe dagegen nach Eintritt dauernden Frostes ausblieben . (Mitteilungen des Deutsch -Oesterr. Alpenvereines, 1892, Nr. 8. )
jene ältere (vollendet im Jahre 1845) zugänglich ist , möchten ander zu vergleichen und sich zu überzeugen , wie seit jenen Tagen das Studium des Erdmagnetismus nicht nur eine wesent liche äussere Verbreiterung, sondern auch eine bedeutende innere Vertiefung erfahren hat. Der Atlas des Erdmagnetismus von Neumayer ist das Endresultat einer ganz ausserordentlich umfangreichen Unter suchung , welche in vielen Zwischenstufen die Hilfe der mathe
matischen Analyse und der kartographischen Darstellung und Interpolation beigezogen hat. Bei einem Reichtume des Inhaltes, der den jeder früheren magnetischen Kartensammlung weit über.
Litteratur . Atlas des Erdmagnetismus Berghaus' Physikalischer Atlas, Abteilung IV ). 5 kolorierte Karten in Kupferstich mit
20 Darstellungen. Bearbeitet von Dr. Georg Neumayer, Direktor der Deutschen Seewarte in Hamburg. Gotha , Justus Perthes, 1891. ( 18 Folioseiten erläuternder Text und 5 Atlasblätter .)
trifft, wird uns das ganze Material in einer möglichst homogenen
Weise und vorzüglichster graphischer Ausführung geboten. Wir finden folgende Darstellungen :
Blatt I. Linien gleicher magnetischer Deklination für 1885.0 (die Hauptkarte in Mercators Projektion , die Polar gebiete in Nebenkarten ). Kleinere Nebenkarten enthalten ferner noch : a) tägliche Variation der magnetischen Deklination ; b) Sä
Litteratur.
kularänderungen der magnetischen Deklination für die Epoche 1870-1890.
319
kiiste und etwas weiter landeinwärts und die Beobachtungen der Observatorien in S. Paolo de Loanda und in Mauritius. Ver hältnismässig eingehend sind die erdmagnetischen Verhältnisse
Blatt II . Magnetische Meridiankurven und Gleichgewichts in C. G. S. für 1885.0 (Mercators Projektion ). R
während in der überhaupt so wenig bekannten Antarktis auch
Hierzu in Nebenkarten : a) magnetische Gleichgewichtslinien
bezüglich der magnetischen Verhältnisse die Bestimmungen wesent
linien
der arktischen Zone studiert ( in mancher Hinsicht sehr genau ), lich unsicherer sind .
fiir 1830 nach Gauss und Weber (Mercators Projek
tion ); b) Isodynamen für 1885.0 (Mercators Projektion nebst
Es ist klar, dass bei dieser Sachlage, ganz abgesehen von den Schranken , welche der Maasstab der Karten auferlegt, die
den zugehörigen Polarkarten ). Blatt III. Isoklinen für 1885.0 (Hauptblatt in Mercators Projektion, Polargebiete in Nebenkarten ). Dazu noch als Neben
grossen und ganzen darstellen kann , ohne auf die Einzelheiten einzugehen , die in einigen wenigen Gebieten durch Specialunter
karten Isoklinen für 1700, bzw. 1600 und für 1780 nach Han.
suchungen bekannt geworden sind. Die Ausdehnung dieser ein
steen (Mercators Projektion ).
gehend durchforschten Gebiete ist gegen das Ganze so gering,
Zeichnung der magnetischen Kurven nur die Verhältnisse im
Linien gleicher magnetischer Horizontalinten
dass es sich schon aus diesem Grunde nicht lohnen würde, hier
sität für 1885.0 (in Mercators Projektion mit den Polargebieten
die Kurven genauer als wie in der Allgemeinheit zu behandeln. Als Grundlage und Einleitung der Verarbeitung wurden zunächst für alle Gebiete , bezw. soweit dies überhaupt möglich ist, für die ganze Erde die Säkularänderungen der einzelnen Ele
Blatt IV.
in Nebenkarten ). Dazu in Reproduktion Sabines' Isodynamen für alle Beobachtungen bis 1838 und jene für die Epoche 1840 bis 1845 .
Blatt V bringt schliesslich die Aenderungen der magne. tischen Deklination seit 1600 zur Darstellung , indem
hier Iso
gonen für 1600 nach Hansteen , für 1700 nach Halley , für 1800 nach Hansteen , für 1858 nach der Britischen Admiralität geboten werden . Das reiche Kartenmaterial wird von einem erläuternden
Texte begleitet , dessen eingehendes Studium uns einerseits die
Schwierigkeiten erkennen lässt , welche auch in unseren Tagen der Herstellung eines solchen Werkes gegenüberstanden , und
andererseits uns die Ueberzeugung aufdrängt, dass die hier vor. liegende Arbeit mit grösster Kritik und Sorgfalt durchgeführt
ist und sich auf ein Beobachtungsmaterial stützt, das in gleicher Ausdehnung und Güte früher nicht gesammelt war. In den » Vorbemerkungen « des Textes weist zunächst Herr Neumayer darauf hin , dass die für 1885.0 konstruierten Karten vor allen ihren Vorläuferinnen den grossen Vorzug haben , dass
sie sich innerhalb des grössten Teiles ihres Umfanges auf Be . obachtungen jüngeren , dieser Epoche naheliegenden Datums stützen können . Die Weltreisen des » Challenger « und der „ Ga .
mente studiert. Hierfür lagen zwei Wege vor , nämlich Ver gleichung der magnetischen Kurven , die für ein und dasselbe
Gebiet, bezogen auf verschiedene Zeiten, vorliegen, oder Unter suchung längerer Beobachtungsreihen an einer und derselben magnetischen Warte. Durch eine umfangreiche rechnerische Ver arbeitung wurde das ganze Material dann auf die Epoche 1870 bis 1890 durchgehends reduziert und erst in grösserem , dann in kleinerem Maasstab kartographisch verwendet . In kurzen Zügen wird der Zusammenhang zwischen den einzelnen Grössen , durch welche wir die erdmagnetische Kraft
darzustellen gewohnt sind, erläutert. Eine Reduktionstabelle gibt die Reduktionen zwischen den meist gebräuchlichen Maassein heiten , nämlich der Gaussschen Einheit (G. E.) , der elektrischen Einheit (C. G. S.) und der englischen Einheit (E. E.). Alle Karten in dem Atlas sind in elektrischer Einheit gegeben , mit Ausnahme der aus älteren Werken zum Vergleiche reproduzierten Darstellungen. Von grossem Interesse dürften gerade fiir solche geogra
zelle « lieferten in hervorragender Weise Material für die Karten,
phische Kreise , welche sich nicht speciell mit dem Studium des Erdmagnetismus beschäftigen können , die auf klärenden Worte sein,
und nur in einzelnen Gebieten , zumal in der Antarktis, musste
durch welche Neumayer den Standpunkt unserer Kenntnis der
man auf frühere Beobachtungen zurückgreifen. Von maritimen Expeditionen , welche wesentliche Beiträge lieferten , sind beson
Säkularvariationen des Erdmagnetismus zeichnet. Die Schwierig. keiten , welche hier bestehen , sind weit grösser , und die bis heute im allgemeinen erzielten Resultate weit geringer , als
ders zu erwähnen die Fahrt der » Vega« unter Nordenskiöld , die norwegische Expedition unter Wille und Mohn in den Ge wässern zwischen Island, Norwegen und Spitzbergen , die Reise des holländischen Schiffes » Willem Barents « zwischen Finnmarken , Nowaja-Semlja und Franz-Josephs-Land. Die Verteilung des magne tischen Beobachtungsmateriales ist auf dem Lande eine sehr ver schiedenartige.
Wir finden eine Reihe von neueren magneti
vielleicht mancher Fernstehende glaubt. Wir können natürlich an dieser Stelle nicht auf die Einzelheiten der vor allem auch an sorgfältigen Litteraturnachweisen reichen Darstellung Neu may ers eingehen . Die Säkularvariationen sind für alle Ele. mente besprochen . Das reichste Material liegt selbstverständlich für die Aenderungen der Deklination vor, während unsere Kennt .
schen Vermessungen angeführt, welche für die Konstruktion der
nisse in dieser Hinsicht bei der Inklination und noch mehr bei
Karten noch verwendet werden konnten .
der Horizontal-, bzw. Totalintensität wesentlich geringer sind . Einen allgemeinen Ueberblick über die grossen Aenderungen , welche
Rühmlichst hervorzu
heben sind zunächst die ausgedehnten magnetischen Vermessungen in Nordamerika , welche von der Coast und Geodetic Survey ausgeführt worden sind und noch fortgesetzt werden . Aus Süd
die Deklination seit 1600 erfahren hat , erhalten wir durch das
Blatt V unseres Atlanten, welches Isogonen für 1600, 1700 , 1800 und 1858 bringt , mit denen wir dann noch Blatt I zu vergleichen
amerika liegen Beobachtungen vor von Dr. v. Rijkevorsel in der Nordostecke von Brasilien , sowie die Aufnahmen des Expe. ditionsschiffes » Romanche « an der Südspitze von Amerika und
haben .
von Feuerland während der internationalen Polarforschung 1882
stellungen jüngeren und jüngsten Datums. Wir sind heute noch
bis 1883. Dazu kommen noch vereinzelte Beobachtungen an
nicht im stande, Linien gleicher Werte der Säkularänderung für eine gewisse Epoche und ein ausgedehntes Gebiet zu zeichnen . Einen derartigen Versuch für Osteuropa und Westasien nach
verschiedenen Punkten.
Im europäisch -asiatischen Kontinente
sehen wir zunächst ausgedehnte magnetische Untersuchungen innerhalb der Grenzen des russischen Reiches , ferner solche in
Frankreich, Ungarn , England, Italien, dann in Deutschland längs des ganzen Küstengebietes und in Südskandinavien. Vorderindien, der asiatische Archipel und Japan können, wenigstens nach Aus führung einer ziemlich sicheren Reduktion, als bekannt betrachtet werden . Das Gleiche gilt vom Südosten Australiens , während
vom übrigen Kontinent oder gar vom australischen Archipel nichts vorliegt .
Die Karten der früheren Zeiten stützen sich begreif
licherweise auf ein viel beschränkteres Material als die Dar.
Tillo enthält der kleine Nebenkarton auf Blatt I , der auch sonst noch einige ähnliche Darstellungen zu bringen versucht. In dem erläuternden Texte hat Herr Neumayer zunächst für die Deklination und später für die anderen Elemente das zu verlässigste Zahlenmaterial, welches aus langjährigen Beobach
tungen magnetischer Werte abgeleitet werden kann , zusammen gestellt .
Von Afrika sind nur die Mittelmeergestade
Bezüglich der Inklination ist die Bestimmung der Säkular
einigermaassen genauer untersucht , sonst aber sind nur von ganz vereinzelten Punkten sichere Werte vorhanden , nämlich einige
variation wesentlich schwieriger . Zunächst sei auf das Blatt III des Atlanten hingewiesen , welches Isoklinen für 1885.0 bringt ,
Reisebeobachtungen von Capello und Ivens an der Loanda
sowie in Nebenkartons nach Hansteen solche für 1700 (nebst
Litteratur .
320 einzelnen Linien für 1600 ) und für 1780.
Charakteristisch ist
Mit Recht widmet Neumayer den magnetischen Landes
die Wanderung des magnetischen Aequators (der Linie mit der Inklination Null) und seiner Schnittpunkte mit dem terrestrischen
aufnahmen einige Worte und erläutert durch Text , Zahlenangaben
Aequator, der sog. Knotenpunkte. Am schlimmsten steht es bezüglich unserer Kenntnisse Säkularänderungen der Horizontal., bzw. Totalintensität. Die obachtungsreihen sind hier viel zu kurz , um ein definitives sultat liefern zu können , und überdies ist die Benutzung
der Be Re der
und das Beispiel der magnetischen Karte der Britischen Inseln
die Unterschiede zwischen den ( ausgeglichenen ) terrestrischen (und den detaillierten) wahren magnetischen Linien . Zu ersteren zählen jene des vorliegenden Kartenwerkes, während eine specielle
meisten Reihen durch den Mangel der Einheitlichkeit der zur
magnetische Landesaufnahme durch die letzteren die sogenannten Lokal- und besonders die Distrikts -Störungen zur Darstellung bringt. Die wichtigsten Störungsgebiete der Erde und die
Anwendung gebrachten Maasse sehr erschwert . Blatt IV enthält zwei Nebenkarten , beide nach Sabine , welche die Totalinten sität darstellen , und zwar sind in dem einen die Isodynamen ver
aufgeführt. Zum Schlusse teilt Neumayer noch die Gausssche
zeichnet, welche sich aus allen Beobachtungen ergaben , die vor
Theorie des Erdmagnetismus, angewendet auf die magnetischen
dem Jahre 1838 gemacht worden sind , während das zweite Kärt
Elemente für 1885.0, mit und gibt das magnetische Moment der
wesentlichsten Theorien über den Einfluss des Bodenreliefs werden
chen Linien gleicher Totalintensität für die Epoche 1840—45
Erde und die Lage der magnetischen Achse. Mit der Frage,
enthält.
inwieweit sich die Gausssche Theorie den Beobachtungen an.
Rücksichten auf den verfügbaren Raum zwangen leider dazu, die Isodynamen für 1885.0 auf einem anderen Blatte , näm lich auf Blatt II , unterzubringen , wo neben der Weltkarte in
Mercators Projektion auch die Polargebiete die entsprechende Darstellung fanden . Für die nördliche Polarkarte lag wesentlich neues Material vor. Die Sammelpunkte der magnetischen Kraft äusserung treten weniger bestimmt und klar hervor , als man früher glaubte , und wir sehen an ihrer Stelle mehr oder minder
ausgebreitete Gebiete. Die Linie, welche die Punkte geringster Totalintensität auf
jedem Meridiane verbindet , wird als dynamisch - magnetischer
zuschmiegen vermag , hat sich bekanntlich Neumayer schon des öfteren in eingehendster Weise beschäftigt und in mehreren höchst bedeutenden Vorträgen seine Erfahrungen den wissen schaftlichen Kreisen mitgeteilt. Besonders ist hier sein Vortrag vom VIII . Geographentag in Berlin hervorzuheben , wo höchst
interessante kartographische Darstellungen der (natürlich nur vor läufigen) Differenzen zwischen den nach der Gaussschen Theorie berechneten und den beobachteten Werten der agnetischen Elemente vorgelegt waren. Ein Auszug aus diesem Vortrage ist am Schlusse des erläuternden Textes gegeben in der Absicht, zu neuen Studien in dieser Richtung anzuregen .
Die älteren Karten von Sabine konnten
Die Uebereinstimmung zwischen Berechnung und Beob.
in vieler Hinsicht nur schematisch sein , und die Unsicherheit
achtung hat nämlich noch nicht den wünschenswerten Grad er reicht . In der That sind auch schon mehrfache Vorschläge zu
Aequator bezeichnet .
derselben verhindert uns , Schlüsse über Verschiebungen dieses Aequators oder auch der Punkte grösster Totalintensität zu ziehen .
Diese grossen Perioden der Säkularschwankungen gestatten in dem erläuternden Texte einen natürlichen Vebergang zu den
kleineren , periodischen und aperiodischen Schwankungen der erdmagnetischen Elemente. Auch in dieser Hinsicht sind eigent lich unsere Kenntnisse noch recht gering. Am meisten wissen wir verhältnismässig von der Tagesperiode der Deklination. Neumayer hat das während der internationalen Polarforschung
Veränderungen und Verbesserungen dieser Berechnung gemacht worden, so besonders von Adolph Schmidt in Gotha. Sehr wichtig sind die Vorschläge, welche für die Berechnung des magnetischen Potentiales Fr. Neumann schon vor vielen Jahren
inachte. Merkwürdigerweise wurde diese Anregung bis in die letzte Zeit nicht weiter beachtet. Heute hat dieselbe neuerdings an Bedeutung gewonnen, seit der Direktor der Münchener Stern warte , Professor Dr. H. Seeliger , ungemein bequeme Tafeln
1882/83 gesammelte Material benutzt , um zum erstenmal auf
zur Ausführung solcher und ähnlicher Berechnungen entworfen
Grund synoptischer , also wirklich vergleichbarer Beobachtung diese Periode in eigentümlicher und interessanter Weise durch
hat "). Wie wir hören , sollen diese verschiedenen Anregungen auch von Herrn Neumayer bei bereits begonnenen Neuberech
ein Nebenkärtchen zu Blatt I darzustellen . Auf diese specielle Behandlung möge ausdrücklich hingewiesen sein , da erst eine aufmerksame Betrachtung die volle Bedeutung dieses Kärtchens erkennen lässt, dessen Prinzip sich für manche andere Aufgabe
nungen verwertet werden .
3
gleichfalls empfehlen würde. Bei der Besprechung der aperio. dischen Störungen sind die Kurven , welche an einem Termin tage ( 15. November 1882) an den verschiedenen Stationen von den magnetischen Instrumenten registriert wurden , mit einigen ,
durch den Maasstab der Abbildung bedingten Vereinfachungen reproduziert. Dieselben bieten ein anschauliches Bild der Schwan kungen während einer grösseren magnetischen Störung. Wir haben zunächst noch die in Blatt II dargestellten Meridian
kurven und die Gleichgewichtslinien oder Linien gleichen magne V
tischen Potentials R
. für 1885.0 zu erwähnen.
Die Meridian
Der Erdmagnetismus bildet heutzutage noch eines der schwierigsten Kapitel der geophysikalischen Forschung, und sein eigenstes, innerstes Wesen wie sein Zusammenhang mit anderen
Erscheinungen der Natur ist trotz aller Bemühungen und grossen Fortschritte noch lange nicht aufgeklärt. Doppelt müssen wir daher eine so bedeutende litterarische Erscheinung wie Neu mayers Atlas begrüssen, welche eine Zusammenfassung unseres heutigen Wissens gibt. F. Erk .
München .
Die hygienischen Verhältnisse der grösseren Gar nisonsorte der Oesterreichisch -ungarischen Mon archie. IX . Szegedin. Mit einer Umgebungskarte und 15 graphischen Beilagen. Wien , 1892. Aus der k . k. Hof und Staatsdruckerei . IV und 51 S.
kurven sind durch Konstruktion aus den Isogonen entstanden,
während die Gleichgewichtslinien nach der Gaussschen Theorie durch Rechnung abgeleitet sind. In dem Nebenkärtchen ist eine
8º.
Das neunte Heftchen dieser für Geognosie , Klimatologie und lokale Landeskunde überhaupt interessanten Beiträge, welche die Militärbehörde des gemeinsamen Heeres herausgibt, behandelt
V
Reproduktion der Gaussschen Karte der Linien ( ) gegeben.
eine der wichtigsten Provinzialstädte Ungarns. Dem Hydro graphen werden die Nachrichten über das nur zu bekannte In
Schon Gauss wies darauf hin , dass die hier dicht ge
undationsgebiet und über die Grundwasserstände erwünscht sein.
R
drängten Kurven gewissermaassen eine Schattierung erzeugen,
S. Günther,
welche ein vorzügliches Bild der Verteilung des magnetischen Potentiales gibt .
früher gelegentlich besprochen , und Blatt IV bringt die Linien
1 ) Ueber die interpolatorische Darstellung einer Funktion durch eine nach Kugelfunktionen fortschreitende Reihe , Sitzungsber. der bayer. Akad .
gleicher magnetischer Horizontalintensität, deren Verteilung in einem interessanten Zusammenhange zum Gradienten im Systeme
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
Den Inhalt von Blatt III (Isoklinen) haben wir bereits
der Linien
©
steht .
Auch Blatt V haben wir an passender
Stelle bereits namhaft gemacht.
d . Wissensch ., 1890.
in Stuttgart .
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst .
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Stuttgart, 21. Mai 1892.
Jahrgang 65 , Nr. 21. Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart .
Quartal M. 7.-
Preis pro
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der
einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
In- und Auslandes und die Postämter.
MDGXL
GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt : 1. Ein neuer Projektionsglobus. Von Franz Adami ( Bayreuth ). S. 321 . 2. Zur Topographie und Ethno logie Siebenbiirgens. Von Rudolf Bergner ( Hermannstadt- Linz). S. 325. — 3. Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Fortsetzung.) S. 328. — 4. Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland. Von P. See. berg (Stuttgart) . (Fortsetzung .) S. 331 . 5. Geographische Mitteilungen. (Rotation der Sonne ; Zur Geschichte der barometri schen Höhenmessung ; Mombassa vor vierhundert Jahren.) S. 334. 6. Litteratur. (Collignon.) S. 336.
Ein neuer Projektionsglobus.
die Erde wirklich eine kugelförmige Gestalt hat, und
Von Franz Adami (Bayreuth) .
die Annahme der Alten, dass die Erde eine Scheibe
sei, ist dem rohen Anblick ja auch vollkommen ent
Die Schwierigkeiten , sich in den verschiedenen räumlichen Bewegungen der Himmelskörper zurecht
sprechend.. Man muss staunen vor dem Genie des
zu finden und dieselben mit dem geistigen Auge zu erfassen und festzuhalten , sind wohl allgemein be-
der Erde hinweg zu versetzen und in Widerspruch mit dem Augenschein zu bringen durch die Behauptung,
Mannes, der es zuerst verstand, sich gleichsam von
kannt. Hatte ja die geniale Denkkraft eines Copperni-
die Erde sei eine allseitig gekrümmte Fläche, um so mehr
cus mehr als vierzig Jahre zu arbeiten, um ein System zu ersinnen , welches vor dem strengen Forum der Wissenschaft die Probe in jeder Beziehung bestehen
als diese Behauptung zu einer Zeit aufgestellt wurde, in der noch nicht ausgedehnte Reisen oder Beobachtungen an vielen Punkten der Erde die Richtigkeit einer solchen
konnte. Doch wird selbst heutzutage, abgesehen von
Annahme durch Thatsachen unterstützen konnten .
Dass es trotzdem möglich ist, die Richtigkeit des sich nur einmal der Mühe unterzogen hat, die copper- coppernicanischen Systemes augenscheinlich nachzu den astronomisch geschulten Fachleuten , jeder , der nicanische Lehre mit der Anschauung in Einklang zu bringen , vielfach auf Hindernisse stossen , und
weisen und die Erscheinungen , welche die Bewe gungen der Himmelskörper darbieten, mit dem cop
so hat denn die coppernicanische Lehre im Laufe pernicanischen Systeme so in Einklang zu bringen, der Zeit einen mehr oder weniger dogmatischen Charakter angenommen . Man begnügt sich einfach mit
Wahrheit eben dieser Lehre zu erkennen vermag,
der Thatsache, die coppernicanische Lehre zu kennen,
ist die Aufgabe des vom Schreiber dieser Zeilen
dass auch das physische Auge in kurzer Zeit die
und nimmt dieselbe aufGrund des Autoritätsglaubens
konstruierten Projektionsglobus, dessen nähere
als wahr an . Die Ursache , weshalb es nicht ganz leicht ist, die heliocentrische Weltordnung der Praxis anzupassen, ist unschwer einzusehen . Einmal sind die Dimensionen unseres Erdkörpers viel zu gewaltig im
Beschreibung hier erfolgen und dessen mannigfache Verwendbarkeit dargethan werden soll . Vgl. die
Vergleich zu dem menschlichen Fassungsvermögen,
1. Beschreibung des Projektionsglobus.
als dass man dieselben ohne weiteres vernachlässigen könnte , und zweitens gehen die Bewegungen der Himmelskörper trotz ihrer für irdische Verhältnisse ganz erstaunlichen Geschwindigkeiten doch so lang-
In der Mitte des kugelförmigen Apparates von ungefähr 2 m 50 cm Durchmesser ist eine elek
sam vor sich , dass schon eine ziemliche Ausdauer
dazu gehört , um durch selbst angestellte Beobachtungen greifbare Resultate zu erzielen . Schliesslich sind die Ausdehnungen des Weltalls so unermesslich , dass selbst die Dimensionen unseres gewaltigen Erdkörpers gegen die ersteren vollständig verschwinden . So kommt es nur einem verschwindenden Bruchteil
der Menschheit zum thatsächlichen Bewusstsein , dass Ausland 1892 , Nr . 21 .
Zeichnung
trische Glühlampe mit einer Leuchtkraft von 50 N.K., welche die wirkliche Sonne vorstellen soll , in kar danischer Weise doppelt aufgehängt . Die kardanische Aufhängung ist an einem Kreise befestigt, welcher die Bahn des Planeten » Venus
vorstellt und eine
Einteilung trägt , welche die Länge des von der Venus in einem Monat zurückgelegten Weges er kennen lässt.
Die Venusbahn ist von einem Kreise
umgeben , der die wirkliche Bahn der Erde vorstellt und eine Einteilung besitzt , aus der die Länge des 41
Ein neuer Projektionsglobus.
322
von der Erde in jedem Monat zurückgelegten Weges ersehen werden kann .
Die Ebene der Venusbahn
kann gegen die Ebene der Erdbahn unter einem Winkel von 3 12 ° geneigt werden, wie es annähernd der Wirklichkeit entspricht , und man erkennt an der Venusbahn die Länge des aufsteigenden Knotens 2 (d. h. desjenigen Punktes, in welchem sich die Venusbahn über die Ebene der Erdbahn erhebt) bei 75 ° und die Länge des absteigenden Knotens 1 (d. h . desjenigen Punktes der Venusbahn, in welchem sie unter die Ebene der Erdbahn hinabsteigt) bei
gelegte Weg ist. ) Man sieht an der Marsbahn die Länge des 2 R = 48 ° 24' und die Länge des 2 228 ° 24'.
Die Ebene der Marsbahn kann gegen
die Ebene der Erdbahn unter einem Winkel von
Iºsi ' geneigt werden , entsprechend der Wirklich keit . Eine Kugel von 13 mm Durchmesser lässt sich auf der Marsbahn verschieben , wodurch alle
Stellungen , welche der Mars in Wirklichkeit an nimmt, nachgeahmt werden können . Die Verhältnisse der Durchmesser der einzelnen
Bahnen sind der Wirklichkeit entsprechend nach
255 '. Auf der Venusbahn lässt sich eine Kugel gebildet , ebenso die Verhältnisse der Durchmesser von 24 mm Durchmesser leicht verschieben , um alle möglichen wirklichen Stellungen der Venus nach-
der Himmelskörper Erde, Venus und Mars.
ahmen zu können. Hierbei ist die Achse der Venus
stäben an einem 2 m im Durchmesser haltenden
senkrecht zu ihrer Bahnebene zu stellen, und zu beachten, dass die Umdrehungszeit der Venus um ihre
Kreise angeschraubt, so dass die Ebenen beider Kreise in eine einzige zusammenfallen . Dieser letztere grosse Kreis ist in 360 abwechselnd schwarz und weisse
Achse mit ihrer Umlaufszeit um die Sonne zusammen-
fällt. In gleicher Weise lässt sich auf dem Kreise, der die Erdbahn vorstellt, ein kleiner Erdglobus von 25 mm Durchmesser , dessen Achse mit der Ebene der Erdbahn einen Winkel von 66 1/2 0° bildet , ver-
schieben, um dem kleinen Erdglobus für jeden Tag die der Wirklichkeit entsprechende Stellung zur Sonne
geben zu können. Der Erdglobus trägt einen geschlitzten beweglichen Meridian und einen auf demselben verschiebbaren beweglichen Horizont mit einem Zenithzeiger. Der Erdglobus kann um seine Achse gedreht werden, entweder allein , oder in Ver-
Die Ebene der Erdbahn ist mittels vier Stahl
Grade eingeteilt und stellt die Ekliptik am Himmels gewölbe vor. Auf dem Erdglobus ist der Erdäquator durch eine rote Linie kenntlich gemacht. Die Er weiterung des Erdäquators ist ein 2 m im Durch messer haltender, in 360 abwechselnd blau und weisse
Grade geteilter Kreis oder der Himmelsäquator . Die Ekliptik am Himmelsgewölbe und der Himmels äquator sind an einem Kreise festgeschraubt, der den Namen Solstitialkolur trägt und die beiden erstge
nannten Kreise bei 90 ° und 270 ° schneidet.
Auf
dem Kolur sind noch drei weitere zum Himmels
bindung mit dem Meridian und Horizont. Auf der äquator parallele Kreise aufgeschraubt und zwar verlängerten Erdachse ist ein Zifferblatt aufgeschraubt, auf der einen Seite des Himmelsäquators zwei , von 0
über welchem sich ein Zeiger bewegt, um die Auf-
denen der eine 80 ° und der andere 45 ° vom Himmels
und Untergangszeit der Sonne für die verschiedenen Punkte des Erdglobus ablesen zu können . Der Erd-
äquator entfernt ist, auf der anderen Seite des Him melsäquators einer , der um 60 ° von letzterem ab
globus ist mittels einer in Grade geteilten Grundplatte so zu stellen , dass die Lage seiner Achse in
steht.
Diese beiden letzten Kreise sind in 360 ab
wechselnd blau und weisse Grade eingeteilt. Der
jedem Punkt der Bahn sich selbst parallel bleibt,
Kolur selbst ist mittels zweier Verbindungsstücke
wie dies der Wirklichkeit entspricht.
drehbar an zwei Achsenstücken befestigt; die ge
Unter der
Grundplatte des Erdglobus sind zwei Stäbe einge-
rade Linie , durch welche die beiden Achsenstücke
schraubt, welche zwei Halbkreise zu tragen bestimmt
verbunden gedacht werden können, stellt die Welt achse vor ; dieselbe ist parallel der Achse des Erd
sind.
Diese zwei Halbkreise bilden zusammenge-
steckt einen Kreis, der die Mondbahn vorstellt. Auf globus. Die Achsenstücke bilden Teile des grossen dieser Mondbahn kann eine kleine den Mond dar- | Führungsdoppelkreises, welcher aus zwei parallel stellende Kugel von 15 mm Durchmesser verschoben und hochkantig gestellten eisernen Kreisen besteht werden . Die Mondbahn besitzt eine Einteilung, welche und auf einem eisernen Fussgestell mittels fünf Rollen den von dem Monde im Laufe eines Tages zurückgelegten Weg erkennen lässt. Die Mondbahn lässt
leicht in einer Vertikalebene herumgedreht werden
kann . Die eine Hälfte der einen Seite des Führungs
sich unter der Grundplatte des Erdglobus drehen,
doppelkreises ist in zweimal 90 abwechselnd schwarz
wodurch die Rückläufigkeit der Knotenlinien der
und weisse Grade eingeteilt.
Die
Ein in 360 abwechselnd rot und weisse Grade
Mondbahnebene kann gegen die Erdbahnebene unter einem Winkel geneigt werden , der in Wirklichkeit 5 ° 9' beträgt , an dem Apparat jedoch wegen der
eingeteilter Kreis umschliesst Kolur, Himmelsäquator und die Ekliptik am Himmelsgewölbe . Derselbe
Mondbahn zur Darstellung gebracht wird.
Starrheit des Erdbahnkreises in den meisten Fällen grösser ist.
stellt den Schnitt des erweiterten natürlichen Hori zontes mit der Himmelskugel vor. Mit dem
Die Erdbahn ist von einem Kreise umgeben, der die Bahn des Planeten » Mars
vorstellt.
Der
1) Die Teile der Venus- und Marsbahn sind nicht einfache Bruchteile der auf der Erdbahn angebrachten Teilung. Deshalb
selbe trägt eine Einteilung , welche angibt , wie
sind die beiden letzten Teile der Venus- und Marsbahn den
gross der von dem Mars in jedem Monat zurück
übrigen nicht gleich, sondern kleiner.
Ein neuer Projektionsglobus .
323
selben senkrecht verbunden ist ein gleich grosser | fertigten Sterne kann man elektrische Glühlampen Kreis, der durch die Grade o und 180 geht und
verwenden, und sind zu diesem Zwecke die Achsen
den Schnitt des erweiterten Erdmeridians mit dem
stücke des Führungsdoppelkreises hohl , um die
Himmelsgewölbe oder den Himmelsmeridian vorstellt. Leitungsdrähte einführen zu können . Eine mittels
Der Himmelsmeridian ist ebenso wie der Solstitial- Spannschlössern regulierbare Vorrichtung verhindert kolur an den beiden Achsenstücken des Führungsdoppelkreises drehbar befestigt. Ein mit dem Himmelsäquator konzentrischer Kreis von etwas grösserem Durchmesser dient als
die störenden Einflüsse der Anziehungskraft der Erde bei der Drehung des Himmelsgewölbes. Das ge samte Material ist Messing, teils in röhrenförmigem , teils in massivem Zustande ; das Gestell und der
Führungskreis bei der Drehung des Horizontes und Führungsdoppelkreis besteht aus Schmiedeeisen. des Himmelsmeridians um die Weltachse.
Auf dem Horizont ist ein in 90 abwechselnd rot und weisse Grade eingeteilter Quadrant leicht verschiebbar und in jeder Lage festzuschrauben . Derselbe ist oben am Zenith drehbar befestigt und steht auf dem Horizont senkrecht. Auf dem Himmels
äquator lässt sich ein in zweimal 90 abwechselnd blau und weisse Grade eingeteilter Halbkreis rechtwink lig verschieben und in jedem beliebigen Punkt des Himmelsäquators festklemmen . Dieser Halbkreis ist mit seinen beiden Enden an den Achsenstücken des
2. Fehler des Apparates . Die Entfernung der Erde von der Sonne ist 596 000 000 000 mal zu klein.
Der Erdglobusradius ist 509 253 520 mal zu klein . Die Sonnenparallaxe, d. h. der Winkel, unter dem vom Sonnenmittelpunkt aus gesehen , der Halb messer der wirklichen Erde erscheint, wenn die
Sonne im Horizont steht, beträgt thatsächlich 8,848
Bogensekunden und ist bei dem Apparate 1165 mal zu gross ; oder mit anderen Worten : der kleine Erd
Führungsdoppelkreises , welche die PoledesHimmels - globus müsste von der elektrischen Glühlampe eine tik des Himmelsgewölbes lässt sich ein in zweimal parallaxe an dem Apparat ebenfalls 8,848 Bogen
äquators vorstellen, drehbar befestigt. Auf der Eklip. | Entfernung von 291 m besitzen , wenn die Sonnen 90 abwechselnd schwarz und weisse Grade einge-
sekunden betragen sollte. Die Sonnenparallaxe von
teilter Halbkreis rechtwinklig verschieben und in
jedem beliebigen Punkt der Ekliptik festklemmen.
Venus und Mars sind ebenso 1165 mal zu klein. Diese kurzen Andeutungen lassen schon er
Dieser Halbkreis ist mit seinen beiden Enden an
kennen , welche gewaltigen Räume unser Sonnen
zwei Punkten des Kolurs , welche von den Polen des Himmelsäquators um 231/2 ° abstehen und die Pole der Ekliptik genannt werden , drehbar be festigt.
system erfüllt. Denn um das Sonnensystem selbst mit einem so ausserordentlich kleinen Erdglobus von 25 mm Durchmesser der Wirklichkeit ent sprechend nachzubilden , müsste man schon eine Kugel von von nahezu 600 m Durchmesser konstruieren. nahezu 600 Kugel Die Parallaxe des Mondes, d. h . der Winkel, unter
Der zum Himmelsäquator in einer Entfernung von 80 ° aufgesteckte Parallelkreis dient als Träger der Sterne des Sternbildes » kleiner Bär « .
welchem vom Mondmittelpunkt aus gesehen der
Der entsprechende Parallelkreis in einer Ent fernung von 45º trägt folgende Sternbilder und
Halbmesser der Erdkugel erscheint, wenn der Mond im Horizonte steht, ist an dem Apparat 10 mal zu gross ; d. h. die kleine Mondkugel müsste 10 mal weiter von dem Mittelpunkte des Erdglobus enfernt
Sterne : 1. Cassiopeia ; 2. grosser Bär ; 3. Zwillinge ; 4. Deneb ; 5. Capella ; 6. Wega. Der Himmelsäquator dient als Träger für fol gende Sternbilder und Sterne : 1. Orion ; 2. Alde baran ; 3. Prokyon ; 4. Regulus ; 5. Arcturus ; 6. Atair ; 7. Sirius ; 8. Spica ; 9. Antares ; 10. Fomahant. Der in einer Entfernung von 60 Grad auf der
sein, als es bei dem Apparat der Fall ist, wenn die
Wirklichkeit richtig nachgebildet sein soll . Der Durchmesser der Mondkugel ist im Vergleiche zur Wirklichkeit in Bezug auf den Durchmesser des Erd
globus zweimal zu gross. Die Parallaxe eines Fix
anderen Seite parallel zum Himmelsäquator aufgesterns, d. hh. der Winkel, unter welchem von dem steckte Kreis trägt folgende Sternbilder und Sterne : I. südliches Kreuz ; 2. a . Eridani ; 3. Canopus ; 4. a .
und B Centauri. Wie man ersieht, sind auf dem Projektionsglobus sämtliche von der Erde aus sicht baren Sterne erster Grösse dargestellt . Auf der Ekliptik des Himmelsgewölbes kann eine versilberte Scheibe verschoben werden, welche die scheinbare Sonne vorstellt ; ebenso lässt sich der Mond durch eine Scheibe, sowie die Planeten Venus und Mars durch Metallsterne auf dieser Ekliptik ihrer jeweiligen Stellung bei dem Umlauf um die Sonne entsprechend festschrauben , wobei die drei letzten bald oberhalb , bald unterhalb der Ekliptik An Stelle der aus Metall ge zu stehen kommen. An
Fixstern aus gesehen , der Halbmesser der Erdbahn oder eine Strecke von 150 000 000 km erscheint, beträgt thatsächlich zwischen 0,3 und 0,5 Bogen sekunden und ist an dem Projektionsglobus über 51300 mal zu gross . Der Durchmesser des Himmels gewölbes müsste also an dem Apparat über 102 km
oder die Entfernung zwischen Dresden und Leipzig ?) betragen, wenn die Parallaxe eines Fixsterns den Be 1) Oder München -Reichenhall, oder Stuttgart-Strassburg, 1 )
-Innsbruck,
-Kempten, -Memmingen,
-Regensburg,
Zürich - Bern , London -Dover, Paris- Rouen, -Orleans .
324
Ein neuer Projektionsglobus.
trag von 1/2 Bogensekunde erreichen sollte.
Man
Azimut 90 ° oder den Westpunkt ; wo der Himmels
wird von gerechtem Staunen erfüllt, wenn man be- äquator den Horizont zum zweitenmale schneidet, denkt, welche Dimensionen der Apparat haben müsste, um der Wirklichkeit zu entsprechen ; um wie viel
zeigt sich der Ostpunkt mit dem Azimut 270 ° ; wo
mehr muss sich aber unsere Bewunderung steigern,
det , erkennt man den Nordpunkt mit dem Azimut
der Meridian den Horizont zum zweitenmale schnei
wenn wir hören , dass der Halbmesser der Erdbahn
180 °. Die rot und weissen Grade auf dem Qua
nicht 25 cm , sondern 150 000 000 km beträgt, und dass diese für menschliche Begriffe unfassbare Strecke
dranten heissen Höhengrade und geben an , wie
von einem Fixsterne aus gesehen unter einem Winkel erscheint, unter welchem der Halbmesser der
Die blau und weissen Grade des Himmelsäquators
hoch sich ein Gestirn über dem Horizont befindet.
heissen Rektascensionsgrade . Ihre Numerierung
Erdbahn des Apparates von Dresden aus gesehen
läuft der des Horizontes entgegen , aus Gründen,
erscheinen würde , wenn der Apparat in der Mitte zwischen Leipzig und Dresden aufgestellt wäre.
welche später erläutert werden .
3. Studien an dem ruhenden Apparate. Wird der Projektionsglobus so aufgestellt, dass das Fussgestell in die Ebene des astronomischen
Der Nullpunkt dieser Teilung liegt da, wo die Ekliptik den Himmels äquator schneidet. (Auf der Abbildung rechts un ten etwas oberhalb des Fussgestelles.) Dieser Punkt heisst der Frühlingspunkt, weil, wenn sich die Sonne scheinbar in diesem Punkt befindet, der astro
Meridians zu stehen kommt , der rot und weissenomische Frühling beginnt. Die blau und weissen Kreis horizontal steht und der Solstitialkolur mit dem
Grade des Halbkreises, der auf dem Himmelsäquator
Himmelsmeridian eine einzige Ebene bildet , so hat senkrecht steht , heissen Deklinationsgrade und man sich zunächst mit den technischen Ausdrücken
geben an , wie weit ein Gestirn von dem Himmels
vertraut zu machen, wie sie in der Astronomie gebräuchlich sind. Dieselben sind jedoch wegen der
äquator entfernt ist ; dieselben werden vom Aequator nach oben und nach unten gezählt bis zu den Polen
verschiedenen Farben, womit die einzelnen Teilungen des Aequators, welche die Deklination 90 ° besitzen . ') ausgeführt sind, sofort in die Augen springend und leicht zu merken. Die rot und weissen Grade auf
Der Winkel , welchen dieser Deklinationszeiger mit dem Himmelsmeridian bildet , heisst der Stunden
dem Horizont heissen Azimut.
Dieselben wer-
winkel und wird auf dem Himmelsäquator in der
den von dem Meridian aus auf dem Horizont in der Richtung West-Nord-Ost-Süd um den ganzen Kreis
Richtung der Azimutteilung mit dem Himmelsmeri dian beginnend auf dem ganzen Himmelsäquator herumgezählt. Die schwarz und weissen Grade der Ekliptik heissen Längengrade. Die Teilung be ginnt in demselben Punkte und verläuft in derselben Richtung wie beim Himmelsäquator. Die schwarz und weissen Grade des Halbkreises, der auf der
Ekliptik senkrecht steht, heissen Breitengrade und lassen erkennen, wie weit ein Gestirn von der Eklip tik entfernt ist. Dieselben werden von der Ekliptik aus nach oben und nach unten gezählt bis zu den Polen der Ekliptik , welche die Breiten 90 ° haben.
Stellt man den Höhenzeiger, den Deklinationszeiger, sowie den Breitenzeiger auf ein und dasselbe Ge stirn des Apparates ein , so kann man für diesen Stern ablesen : 1. Azimut und Höhe, 2. Rektascen
sion und Deklination , 3. Länge und Breite. Diese verschiedenen Ablesungen bezeichnet man mit dem Namen Koordinatentransformation, weil Azimut und
Höhe die Koordinaten oder Bestimmungsstücke eines Gestirns in Bezug auf den Horizont , Rektascension und Deklination die Koordinaten in Bezug auf den
Himmelsäquator , und Länge und Breite die Koor dinaten in Bezug auf die Ekliptik heissen. Stellt man nun den kleinen Erdglobus durch Drehen um seine Achse so, dass der auf einen be
stimmten Ort , z. B. Berlin eingestellte natürliche herumgezählt. Der Schnittpunkt des Horizontes mit dem Meridian, der gegen Süden liegt, hat das Azi mut oº und heisst der Südpunkt. Wo der Himmels äquator den Horizont schneidet , erblickt man das
1) Die Unterscheidung zwischen Nordpol und Südpol ist unterblieben, weil der Apparat , für jeden Ort der Erde einstell bar , bald den Nord- , bald den Südpol je nach der geographi schen Breite über oder unter dem Horizont zeigt.
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
325
Horizont eine wagrechte Lage einnimmt, so zeigt | inmitten einer rein romänischen Bevölkerung das der Zenithzeiger nach dem Zenith am Himmelsgewölbe, und der Bogen , auf dem geschlitzten Meridian von der rot gezeichneten Erdäquatorlinie bis zum Fuss-
Ohr ! Oder sind sie etwa nicht slawisch ? Bedeutet Seliste vielleicht etwas anderes als Grossdorf, er innert Orlat nicht an Orlea cetate und an die Orla
punkt des Zenithzeigers gemessen , gibt die geogra- ves und Orle in slawischen Ländern, was mit Adler phische Breite des Ortes, z . B. von Berlin an. Nun sieht man sofort an dem Apparat , dass die Ebene
sitz wiederzugeben ist , ermahnt Poplaka nicht an laka Wiese , Galisch an Halicz und Galizien , be
des Erdäquators mit der Ebene des Himmelsäqua-
zeichnet Tihan nicht den Ruhigen,, Erhabenen , Cerna
tors zusammenfällt, und dass die geographische Breite des Ortes , am Himmelsge-
Wer dächte dabei nicht an Schandau , dasselbe von
woda das Schwarzwasser ?
Und endlich Schanta !
wölbe abgelesen , die Deklination des Zeniths Schandava ableitend, wie man Passau von Passava, ist. Die Einteilung am Führungsdoppelkreis zeigt aber , dass diese letztere in unseren Breiten gleich
Moldau von Moldava herführen darf ?
Verfolgen wir den betretenen Pfad weiter , in
ist der Höhe des Nordpols über dem Horizont, wo-
dem wir im Geist den Blick über das herrliche Berg
raus sich durch blosse Anschauung die wichtige
land Siebenbürgen schweifen lassen . Hermannstadt
Thatsache ergibt : Die geographische Breite eines Ortes ist gleich seiner Polhöhe.
erscheint erst 1223 als villa Hermanni , in den älte sten Urkunden heisst es Cibinium . Das Wort hängt von dem slawischen Flussnamen Cibin ab , obgleich Hunfalvy gelehrt hat, die magyarische Bezeichnung Szeben sei die ursprüngliche, und Reissenberger
(Schluss folgt.)
Zur Topographie und Ethnologie Sieben
meint, die Stadt sei von einem Deutschen Namens
Hermann begründet worden.
Im
Osten treffen
bürgens. wir das Burzenland mit dem Burzen und der Stadt Von Rudolf Bergner ( Hermannstadt-Linz ).
Südlich von Hermannstadt zieht sich in maje
Brassovia, seit 1355 urkundlich Kronstadt.
Burzen
und Brassovia sind slawisch . Den späteren Namen
stätischer Schönheit die Kette der transsylvanischen
des eine Krone als Wappen zeigenden Ortes wollen
Alpen entlang.
einige von dem slawischen » Koruna na brad tsop «,
Unter den menschlichen Nieder-
lassungen am Fusse des Gebirges ist Reschinar eine
d . i . die Krone auf dem abgehackten Baumstamme,
der grössten . Mit Ausnahme eines den klassischen
andere von »ad retinendam coronam « ableiten . Die
Namen Kant führenden Deutschen und einiger Zu-
wanderer der jüngsten Tage birgt es ausschliesslich
Deutung eines gewissen Fritz Teutsch , der Name komme von den Kronawitten (Wachholderbeeren )
Romänen .
Ein Teil der Ortschaft reicht in ein Ge-
her, lehnen wir als allzu naiv ab . Das dritte Sachsen
birgsthal hinein , bei dessem Verfolg wir in die nur mit Sägewerken und Waldhegerhäuschen durchsetzte Einsamkeit gelangen . Auf schwankem Baumstamme
emporium im Lande ist Mediasch, früher Medwisch, das vierte Bistritz. Slawische Orte Medwesch , auf Medved Bär deutend, gibt es allerorts , und Bistritz
passieren wir oftmals den wilden Bach, den die von kleinen Gebirgspferden gezogenen primitiven Gepäckwagen durchmessen . Nach einer halbtägigen
klingt ebenso unverkennbar slawisch wie die meisten topographischen Zeichen des ganzen von Romänen bewohnten Gebietes Siebenbürgens. Von Osten nach
Wanderung erreichen wir die Schanta, eine anmutige Waldlichtung. Hier über der Grenze des Buchen-
Westen und von Süden nach Norden schreitend,
standes und des Nadelholzreviers haben die Hermann-
treffen wir in ihm auf Hunderte von Slawismen . In den flachen Landesteilen fehlt das Romänische
städter einige Blockbäuser errichtet, wo man , der Hitze
fast vollkommen , in den gebirgigen tritt es uns in
der Cibinebene entrückt, den Sommer verbringen
der kleineren Zahl der Ansiedelungen , bei Höhen und kleineren Bächen entgegen . Allerorts stossen wir auf Vervu (Gipfel), Stina (Wand ),, Bran, Izvor, Laz ; 97mal entdeckt man Magura (Berg ), ebenso oft
kann. Wir wandeln durch den stillen Wald, besuchen
die Hirten hoch oben auf den Stinen (Sennhütten ), stossen aufWildschwein-und Bärenspuren und blicken
von einigen hochragenden Gipfeln weit hinaus ins Poiana, sehr häufig Presaka und Prislop . Die Flüsse Strel , Körös (Kris) sind slawisch , desgleichen die Städte Belgrad , jetzt Karlsburg, Deva und Brad ; in Orlat, den westlichen Bergen gelangen wir über Lupsa, Poplaka, folgen liegen , ihm Reschinar muss
Land. Ortschaften erreicht das Auge wenige , sie schmiegen sich gar dicht an das Gebirge an . Dort Kakova, dazwischen der Cibinfluss, Secel, der Cerna-
Bistra und Zalatna zum slawischen Bihar.
In man
chen Gegenden ist alles slawisch , höchstens ein ro reiche Seliste , Galisch , Tiliska . Noch weiter immänischer Name eingeschoben. So liegt zwischen Westen liegt versteckt Poiana , dort sind die Ge- Reschinar - Recina existiert in slawischen Ländern birgswässer Dobra und Seliste, sowie die ärarischen - und Tiliska das romänische Gurariului (Mund wodabach , das an Volk und schönen Frauen so
Kolonien Bistra und Dusch , hier grüsst der hohe des Flusses ). Makusev hat berechnet, dass von und schöne Ghihan oher Tihan , nur besucht von
Hirten , Jägern und Holzfällern . romänischen Wie seltsam berühren doch all ’ diese Namen Ausland 1892 , Nr . 21 .
den 1539 Ortschaften des gegenwärtigen Epirus nicht weniger als 717 slawisches Gepräge tragen . Für
das von Romänen bewohnte Siebenbürgen ergibt 42
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
326
sich ein ähnliches Resultat, nur muss man , um derartiges bestätigt zu sehen , nicht die Listen aus der
Kanzlei eines magyarischen Stuhlrichters, sondern Verzeichnisse mit kyrillischen Lettern , wie sie die Landeskunde von Bielz 1857 bietet , zur Hand neh-
Mit einer derartigen Deutung begnüge sich in Zukunft, wem es beliebt , Tendenzgeschichte zu schreiben. Vielleicht rühren aber die heutigen Namen
nicht von den alten Bewohnern , sondern von den Einwanderern selbst her ? Vom Rheine stainmen sie
men , auch darf man sich nicht durch verunglückte
nicht, und eben so wenig haben die alten Sachsen
Germanisierungsbestrebungen beirren lassen.
Slawen auf ihrem Zuge aufgegriffen und mitgebracht,
Ver-
gangene Generationen wollten Reschinar durch Städterdorf, Poplaka durch Gunzendorf , Boitza durch Ochsen-
sovia zu entlehnen .
dorf, die Gegenwart will Schanta durch Rehwiese ersetzen . Solche Bemühungen sind ebenso verwerf-
hin – entgegen der herkömmlichen Annahme und den aus Urkunden abgeleiteten Lehrsätzen im
lich wie es das Ausmerzen der Slawismen aus dem Romänischen war und ist , sie erschweren wissen-
um von ihnen die Worte Cibin , Burzen und Bras Die Einwanderer fanden mit
Lande Menschen, welche die Slawismen ihnen über
schaftliche Forschungen aller Art.
tragen konnten , und zwar sassen diese Menschen in zahlreichen Ortschaften . Einzelne herumstreifende
Nach all ’ dem Gesagten müssen wir erwarten , in dem Lande jenseits des Waldes eine bedeutende
Hirten und Abenteurer vermögen nicht zu genügen , von solchen Leuten erkunden zuwandernde Volks
slawische Bevölkerung zu entdecken . Allein wir
haufen niemals die Namen der hier vordem ge
suchen sie vergebens. Weder die Statistik , noch
standenen Ortschaften , um damit froh und dankbar
die Reisenden wissen davon zu erzählen .
ihre eigenen Gründungen zu belegen .
Da die
So haben
Slawen offenbar dagewesen sind, erübrigt uns bloss
die deutschen Ackerbauer in Südrussland es vor
die Annahme eines gänzlichen Verschwindens, und dies führt uns jetzt zur Aufwerfung einer Frage,
gezogen , ihre Dorfschaften Schaffhausen , Zürich,
welche den Kern der heutigen Abhandlung bildet,
zu taufen , anstatt sich von herumziehenden russi
Heilbrunn , Solothurn , Teplitz , Leipzig und Kulm
und, obgleich sie naheliegend erscheint, niemals schen Hirten Wörter zu leihen . Und deshalb wer den die deutschen und ungarischen Historiker sich
klar und energisch ausgesprochen worden ist. Sie lautet:
Wer hat die slawische Nomenklatur
bequemen müssen , das althergebrachte Evangelium von der von Pflug und Grabscheit unberührten
Siebenbürgens aufunsere Tage gebracht, und
transsylvanischen Oede aufzugeben. Wer in Zukunft
auf welche Weise konnte es geschehen ? Die Geschichtschreibung ist verpflichtet , uns
bei dem alten Satze verharrt, der vermehrt die Zahl der Tendenzlügen der Geschichte. Wir wollen nicht allzuweit gehen, um die An sicht auszusprechen , der Ausdruck desertum stamme aus der päpstlichen Kanzlei und bezeichne eine dem
darüber Aufschluss zu erteilen .
Die deutsche und
magyarische hat uns bis auf den heutigen Tag die Geschicke Siebenbürgens bis zum 13. Jahrhundert
ziemlich übereinstimmend berichtet. Nach der Räu- | Papste nicht unterthänige Landschaft, wir beschränken mung des Landes seitens der Römer , erzählt sie,
uns auf den Hinweis, die Oede sei auf einzelne
bildete Transsylvanien jahrhundertelang einen Tum- weniger stark bewohnte, vielleicht auch gar nicht melplaz der wilden hunnischen und germanischen benutzte kleinere Landesteile zu beziehen, in denen Stämme, welche im Besitze später von Avaren und Slawen abgelöst wurden. Als die Vorfahren der
sich die neuen Ansiedler unbeengt niederliessen. Solche Gebiete mögen der heutige Sachsen- und der
heutigen Siebenbürger Sachsen und Szekler ins Land | Szeklerboden gewesen sein , sie besitzen auch weit kamen , war dasselbe eine menschenleere Oede , ab weniger slawische Bezeichnungen als die von Ro und zu durchzogen von herumschweifenden Kumanenund Walachenhorden .
Die Romänen
strömten in
grösserer Anzahl, und um sesshaft zu werden, erst
mänen occupierten gebirgigen Landesteile. Was dort an vereinzelten ansässigen Volksgruppen bestand , das zog , weil die Gäste« nicht zusagten , nach
im 13. Jahrhundert aus den Donauländern herüber.
einiger Zeit ab , oder es ging in ihnen auf. Spricht
Die althergebrachte Version lässt die Slawen
man den Bewohnern des Königreiches Sachsen und der Mark Brandenburg, wie Gustav Freytag meint,
vor dem Einzuge der Magyaren und Deutschen ver-
schwinden. Nach ihr gestaltet sich die Beantwor-
»geringe Beimischung von Slawenblut« zu , so könnte
tung unserer Frage sehr einfach und allseits ver-
man dasselbe bei den alten Sachsen thun , wäre die
ständlich wie folgt: Damit die Nomenklatur der
Vermischung hier nicht offenbar eine allzu unbe deutende gewesen. Eingehendere Behandlung er
Slawen erhalten bleibe , schrieben die alten Slawen des Landes die Namen ihrer Flüsse in die Luft, die
ihrer Berge in die Felsen , und bei ihren Dörfern
heischt das Thema der überraschend grossen Slawen nomenklatur auf Romänenboden .
stellten sie buntfarbige Pfähle auf: „ Wir Slawen
Als J. Ph . Fallmerayer, der besten unter den
thun kund und zu wissen zu jedermanns Frommen,
deutschen klassischen Schriftstellern einer, Mitte un
dass dieser Ort Seliste hiess und fürderhin heissen
seres Jahrhunderts die gelehrte Welt durch seine
soll.« Dazu fein säuberlich Angabe des Regierungs-
Slawentheorie Griechenlands in Aufregung versetzte
bezirkes und der Provinz. Sich selbst vergruben sie
und behauptete, Griechenland sei eine zeitlang rein slawisch gewesen, später jedoch regräcisiert worden ,
in die Erde.
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
327
da wusste man von der grossen Slawenüberschwem-
frei bielten und erst in den darauffolgenden Jahr mung, welche vom 6. -- 10. Jahrhundert die Balkan- hunderten den Avarenchanen teilweise erlagen . Als halbinsel in ihrer ganzen Ausdehnung getroffen, seh : lehrreich erweisen sich bei diesem Geschichtskapitel wenig. Heute ist es durch Autoritäten und treffliche die Berichte über die Heereszüge der Romäer, laut Schriften klar erwiesen, dass in dem genannten Zeit- welchen in einer Schlacht 3000 Avaren , 8000 Sla raum
ein ununterbrochenes Herüberströmen slawi-
wen und 6200 andere Barbaren , wahrscheinlich
scher Stämme über die Donau und ein Besiedeln
Gepiden und andere Germanen, gefangen genommen
weiter Gebiete des romäischen Reiches stattgefun-
wurden .
den hat. Der Strom ging vom Norden des heutigen
das relative Verhältnis der Bevölkerungsmengen in
Das sind Zahlen, aus denen Roesler auf
Russlands aus und bewegte sich nach Südwesten.
dem Avarenreiche schliesst. Die Slawen der Moldau
Das Hochland Siebenbürgen erlebte den Durchzug,
und der Walachei blieben wahrscheinlich frei.
es diente als Ausfallscitadelle gegen die Balkanhalb-
Karl der Grosse bereitete bekanntlich der Avarenmacht ein Ende und schob die Grenzen seines
insel.
An Sprache und Sitte waren die Slawenstämme,
Reiches bis zur Fruška -Gora (Francochorion ) vor.
wenn auch nicht, wie sich Chalcocondylas ( 1450)
Hier stiessen sie mit dem Bereiche des ersten Bulgaren
geäussert, ganz gleich , so doch nur wenig verschieden , dasselbe gilt von ihrem Geschicke. In einigen
staates zusammen . Die Bulgaren, gleich allen vor genannten mongolischen Völkern beinahe rätselhaften
der unbesetzten Länder gelang es ihnen, Staatswesen
Schrecken und deshalb rätselhafte Macht ausübend,
zu begründen, in den meisten mangelte es ihnen an einheitlicher Organisation, und sie erlagen nach geraumer Zeit den verdrängten oder später kommenden Völkern . Hervorragende Kriegsherren fehlten den alten Slawen , obwohl sie mit dem Schwerte eben so gut wie mit dem Pfluge umzugehen ver-
was wir ihrer Kampfart, ihrem Ungestüm und ihrem Aeusseren weit mehr als ihrer Volkszahl zuschreiben
möchten, unterjochten , wie zu allgemeiner Belehrung schon oftmals dargethan worden ist, die Slawen des alten Moesiens und gingen in ihnen auf . Gleich einer
Windsbraut durchflogen sie die Balkanhalbinsel, Beute
standen . Das Dorfleben zogen sie dem Gedrängt-
machend und Gefangene fortschleppend; ihr Chan
sitzen in befestigten , volksreichen Plätzen allezeit
Krum war eine Erobererpatur par excellence.
Ueber den Umfang des ersten Bulgarenreiches
vor, Ausübung der Viehzucht, der Gastfreundschaft
und des Saitenspieles , Volksfeste und Pflege des Bienenkorbes waren , wie Fallmerayer richtig be-
Klarheit.
merkt , ihre Lieblingsbeschäftigungen.
Sämtliche
tätsprofessor Roesler hat in seinem epochemachen
Ueberlieferungen bezeichnen sie als fleissige und geduldige Leute , denen gesunder Menschenverstand
den Buche » Romänische Studien « eine Ausdehnung auf dem linken Donauufer bezweifelt, eine Beherr
fehlt
nach
wie vor
die wünschenswerte völlige
Der 1874 verstorbene Grazer Universi
eigen. So gelangte 867 ein gewisser Basilios auf schung der Karpathen und des Banates geleugnet,
den Kaiserthron von Konstantinopel; einer seiner jedoch erklärt, in dem heutigen Pest eine bulgarische Nachkommen ist der gelehrte Kaiser Konstantin Porphyrogenitus, dem wir äusserst wertvolle Schriften verdanken .
Gründung anerkennen zu müssen .. Fallmerayer
und Roesler , zwei um die Kenntnis osteuropäischer Geschichte hochverdiente Männer, haben etwas mit
Die Slawen Siebenbürgens sind am ehesten ihrer
einander gemein : bei aller Trefflichkeit gingen sie
Selbständigkeit und ihrer Blüte verlustig gegangen .
hie und da über das Ziel hinaus.
Wenn man die Völkerwanderung mit dem Einbruche der Hunnen 375 beginnen lässt, so ist dies wohl richtig , keineswegs aber , wenn man sie mit der Gründung des Longobardenreiches in Italien 568 abschliesst . Auf die Wanderungen der ger-
in dem heutigen Pest eine bulgarische Gründung
Roesler bekennt
manischen Völker folgten die der Slawen, ihnen die der Avaren , Bulgaren , Magyaren , Petschenegen ,
geschah zu einer Zeit, in welcher nach dem Prager
vor sich zu haben , Serbien gehörte zum Bulgaren reiche, ein bulgarisches Heer fuhr 827 auf Schiffen die Drau aufwärts und setzte über die pannoni
schen Slawen bulgarische Obrigkeit.
Dies alles
Universitätsprofessor Konstantin Jos. Jireček , in dessen Buche » Geschichte der Bulgaren « wir eines das Ende des Mittelalters erlischt die grosse Woge, der gediegensten und sachkundigsten Werke über welche in den zuletzt genannten sieben Völkern Osteuropa besitzen , der Schwerpunkt des Bulgaren Menschen der mongolischen Rasse, und zwar mit reiches im Osten des heutigen Bulgarien lag ! Eine Ausnahme der Mongolen selbst , sowie Angehörige Nichtbesetzung der viel näher liegenden heute von
Kumanen , Mongolen und Osmanen.
Erst gegen
der finnischen Völker nach Europa geworfen hat. Alle anderen Abstammungstheorien -- noch versucht man
Romänen bewohnten Länder hätte bei einem so unter
Sie beherrschten seit etwa 590 die ungarische Tiefebene und die Slawen Pannoniens,
nehmungslustigen Volke wirklich Wunder erregen müssen , da diese Gebiete nach Niederwerfung der Avaren herrenlos geworden waren . Jireček hat die Möglichkeit eines norddanubischen Bulgaren reiches gestreift und zugegeben, J. L. Pič in dem Buche » Ueber die Abstammung der Romänen « ein
während sich die Slawen Siebenbürgens längere Zeit
gehend behandelt und die Wahrscheinlichkeit mit
hier und da die alten Bulgaren zu den Slawen zu
werfen -- müssen zurückgewiesen werden. Von den nachslawischen Völkern kamen die Avaren zuerst .
gen
Forschun
328
s über das deutsche Wohnhau .
Glück verteidigt. Nähere Ausführungen würden über den Rahmen unserer Abhandlung hinausgehen , zudem nehmen wir für unseren Teil nur eine schwache Besetzung norddanubischer Gebiete und ein Herüber-
Fig. 125 , 127 und vom Wohnhause des Heindl hofes östlich Admont , Fig. 130 , ganz nahe ver wandt. Hier , wie dort und in der ganzen Nord >
reichen bis zur Theiss an .
steiermark ist die Hausflur auffallend breit – min destens sechs Schritt überall findet man 4,5 m
Die Slawen Siebenbürgens standen lose unter bulgarischer Oberhoheit und ertrugen sie aus mehr-
in derselben Bank und Tisch in einer Ecke , weil die Leute im Sommer dort ihre Mahlzeiten halten
fachen Gründen ebenso willig , wie die Herrschaft
(vgl . Ausland 1891 , S. 723 ) . Man sieht hierin wohl die Spur eines älteren Zustandes, als noch der Herd
von etwaigen anderen Barbarenresten geduldet wurde. Sie hatten sich durch die Avaren mit dem Gedanken einer Beherrschung vertraut machen müssen , ferner hin dürfen wir uns in den siebenbürgischen Slawen
inmitten der Flur stand und die Stuben noch nicht
Brett
schin
des 9. Jahrhunderts nicht die kühnsten der bis zum
Taygetus stürmenden Eroberer , sondern weit eher Nachzügler denken , denen ein Verharren an halb wegs sicherem Orte angenehmer däuchte als ein ge fahrvolles Wandern . Zudem , und das bleibt die Hauptsache, waren sie die Brüder der die Bulgaren aufsaugenden Slawen , das wissen wir aus Miklo
del
Wohnhaus
Mouer Kasten
2 stock.Wirtschafisraum . Fig . 125 . Gehöfte bei Frauenberg westl . Admont.
sich, » Altslowenische Formenlehre in Paradigmen «.
ihre heutige Bedeutung hatten . Steile Schindeldächer
Es heisst da : » Die bulgarischen Slawen gehören ,
herrschen vor, Halbwalm ist , wie in Kärnten , die
wie die dakischen , deren letzter Rest sich in der Regel ; das Flachdach ist im südöstlichen Oberöster jüngsten Zeit unter den Romanen Siebenbürgensreich ebenso wie in Obersteiermark zwischen Lietzen verloren hat , sowie die pannonischen und karanta nischen dem
slowenischen Stamme an .
Sie sind
alle Nachkommen jenes slawischen Volkes, das die
Byzantiner unter dem Namen Sclaveni kennen, und 7enne
dessen Name endlich auf alle Slawenvölker über Honnhaus
tragen worden ist « .
4
/ محم stel!
Ausguding
Der Einfall der Magyaren durch das Donau thal unterbrach wohl für einige Zeit die Verbindung der rechtsseitigen Donauländer mit den schwach besetzten Karpathengebieten. Dagegen ist keines wegs unwiderruflich dargethan worden , ob die dem Magyarenlande Atelkuzu angesessenen in
und Wegscheid unbekannt. Strohdächer sind, wo Getreide gebaut wird, nicht selten .
Petschenegen bis zum heutigen Silistria oder weiter
Blockwände kommen nördlich des Pyhrn nur an Getreidekasten vor und die Scheuern , welche
westlich reichten , ja die Angaben des Constan
Fig . 126 .
Gehöfte Gruppe südl . des Pyhrnpasses, nördl. von Lietzen (Obersteier) .
tin Porphyrogenitus berechtigen uns zu der Meinung, die Petschenegen , deren Hauptwohnsitze unstreitig am Schwarzen Meere lagen , hätten ihre äussersten Posten nicht weiter westlich als bis Sili
stria vorgeschoben . Die Magyaren sassen damals östlich bis an die Flüsse Theiss, Temes und Körös
und stiessen an der Donau mit den Bulgaren zu Eine dauernde Unterbindung eines jeden freien Verkehrs zwischen Bulgarien und Siebenbürgen kann demnach auch für diese Epoche nicht behauptet
sammen .
werden.
( Fortsetzung folgt . )
Schindel
Mauer Srall
Gemauertes
Wohnhaus,
TO Getreide Speicher
Fig . 127 Karlbauer bei Palſau , Salzathal, westl . Wildalpen ( Steiermark ).
auch die Ställe enthalten , sind dort nach Art der Fig . 124 in scheinbar moderner Weise aus Mauer werk und Brettern errichtet.
Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz ).
XVII .
Haustypen im südlichen Teile Oberöster reichs und jenseits der Grenze von Ober steiermark . (Fortsetzung .)
Vor allem ist die Form des Sturm - Wohnhauses, abgesehen vom Baumaterial, jener von
Der Pyhrnpass scheidet die Bauweise bezüglich des Materials. Die Fig. 125 , 126, 127, 128 zeigen Ansichten obersteirischer, sehr primitiver Haufen höfe. Man sieht da vor allem recht viel Blockbau ; hie und da nach der Kärntnerart untermauert und init Gallerien versehen , aber von der Kärntnerart
wieder insofern abweichend, dass in Obersteier kein Einheitshaus besteht.
Ich habe da nir
gends im Wohnhause etwas anderes als Stuben und Kammern, ich habe sogar bei ganz ärmlichen Keu
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
329
schen (vgl. Fig . 97) Stall und Scheuer ebenso in
Die Stallscheuern Fig. 125 und 128 , so un
einem abgetrennten Hüttchen gefunden, wie dies im grossen Maasstabe im Sturmhofe stattfindet. Die
ähnlich sie auch auf den ersten Blick der Sturmhof
scheuer (Fig. 124) scheinen mögen , sind doch mit
derselben vom gleichen System . Alle werden cha rakterisiert durch die enge Verbindung von Stall und Scheuer ; indem diese Bestandteile, wie in Fig. 124 , 125 , 127 , 128, 132 , 134 , 136 über einander Sperrier
angebracht werden ; nur in seltenen Fällen (Fig. 133 ) findet man Abweichungen von dieser Gewohnheit.
Stall
isonnhaus
Fig. 128 . Gehöfte bei Ardning, Ennsthal , östl. Lietzen .
Stellung der Gehöftelemente ist ganz ohne System , als hätte der Zufall entschieden.
Bei Fig. 125 steht Fig . 132 a .
krippe
krippe
a = erhöhtes Terrain .
4
Fig . 129
Heuhütten im Ennsthale ( « Heustadle ) bei Lietzen und Adinont . Brettdach . Giebel beiderseits Halbwalm, offen ; beiderseits je ein Gesperre g. Form . Die neueren sind bretterhütten -ähnlicher Form .
Aeltere Schu:
Haus und Stallscheuer gleichlaufend ; bei Fig. 128 steht ein Haus in der Verlängerung der Scheuer ; bei
Fig. 132 b .
Untergeschoss, Ställe .
Erdgeschoss 70 m
--- 19 m ---X
A u Keller Bell
Vor : haus
Bell
Bedechier
Wagensland Küche , gewolbt ,
herd
Getreide Barren .
mit Schornsteinen bei a und b .
I a
A.
10
Tenne Strasse I
Z
Siali
Barren Fig . 130. Grundriss des Wohnhauses.
Schw !!
Fig . 132 C.
Schmiede
Ausgeding
Schungen
Obergeschoss , Tenne und Scheuer . Scheuer des Haindlhofs , Westeingang des Gesäuses .
Wohn . haus
Sidlle, oben
Tenne Scheuer
Sirasse ins Gesäuse..4444 Stall Stall.
In Fig. 134 und 132 ist sogar die Anfügung von Schupfen ähnlich wie bei der Sturmhofscheuer.
Fig. 129 zeigt eine der Heuhütten , welche zu Hunderten über die Ennswiesen bei Lietzen zerstreut
Fig . 131 . Gruppierung der Gehöft - Elemente . Gehöfte » Haindl
2) Die Sekunden sind der Einfachheit halber weggelassen, weshalb die Resultate bis auf eine Minute differieren .
Ein neuer Projektionsglobus.
339
Sonne in ihrer Bahn nicht ganz gleich schnell das
Der Punkt des Himmelsäquators , der zur Zeit
ganze Jahr hindurch , sondern im Winter schneller
der oberen Kulmination der Sonne in der Mitte des
>
als im Sommer, und zweitens, selbst wenn die Be- | Doppelführungskreises abgelesen werden kann, zeigt
wegung der Sonne in der Ekliptik das ganze Jahr
die Rektascension der Sonne zur Zeit ihrer oberen
hindurch gleichmässig vor sich ginge, würden doch
Kulmination, und diese ist jedesmal gleich der Stern
die Projektionen der täglichen Sonnenbahn auf den Himmelsäquator nicht gleich sein , sondern dieselben
zeit im wahren Mittag. So zeigt sich am 1. Juni
sind zur Zeit der Aequinoktien kleiner als zur Zeit
Sonne 70420 = 282 Minuten oder 4 " 42 m* Sternzeit.
der Solstitien .
Man nimmt deshalb an , es existiere
eine fingierte Sonne, die sich mit vollständig gleich bleibender Geschwindigkeit während eines Jahres im Himmelsäquator bewegt , und nennt die Zeit , die zwischen zwei unmittelbar auf einander folgenden Durchgängen dieser fingierten Sonne durch den Me-
für den Münchner Meridian als Rektascension der m
Da nun sämtliche Sterne in der ihnen
ent
sprechenden Rektascension und Deklination aufge steckt sind, so lässt sich die Sternzeit für jeden Stern zur Zeit seiner oberen Kulmination direkt an
dem Apparat ablesen.
Die Sternzeit lässt sich je
doch auch sehr leicht in wahre Sonnenzeit verwan
ridian verfliesst, einen mittleren Sonnentag. Die deln , wie in nachfolgendem Beispiel gezeigt wer Differenz nun , welche man zu der wahren Sonnen-
den soll.
zeit addieren muss, um die mittlere Zeit zu erhalten, heisst man die Zeitgleichung, und dieselbe beträgt für den obengenannten 7. Februar + 14 Minuten, d. h . wenn die Sonne am 7. Februar im Meridian steht, zeigt eine nach mittlerer Zeit gehende Uhr schon 12 h 14 ", also ist der Vormittag 4 Stunden 51 Minuten lang und der Nachmittag 4 Stunden 52 Minuten, wie es den wahren Vorgängen entspricht. Man liess nun den Anfang des mittleren Sonnen-
Um wieviel Uhr wahrer Sonnenzeit geht am 1. Juni Arkturus durch den Meridian ? Antwort : Um 212 ° oder 14 h 8 m Sternzeit. Bei Sonnenuntergang
m
m
oder um 8h om wahrer Sonnenzeit steht der Ost
punkt des Horizontes bei 279 °, und wenn Arkturus im Meridian steht, bei 303 ', mithin sind 24 ° an
dem Ostpunkt vorübergegangen, oder das Himmel gewölbe hat sich um 24 ° gedreht; dazu ist eine Zeit von 24 X 4 = 96 m oder i1 Stunde 36 Minuten
tages mit dem Anfang des wahren Sonnentages in
erforderlich , also kulminiert Arkturus am 1. Juni
dem Moment zusammenfallen, in welchem die Sonne ihre Bewegung am meisten beschleunigt , nämlich am 24. Dezember, und deshalb hört man im Januar und Februar häufig die Bemerkung, dass man die
um 9h 36m wahrer Sonnenzeit?).
Zunahme des Tages in den Morgenstunden nicht
selbe, nämlich 7h 6m . Am 13. November geht jedoch die Sonne
schon um 4h 23m , am 18. Februar dagegen erst um 5h 23m unter, so dass hier die Differenz eine volle Stunde beträgt, während
eine oberflächliche Betrachtung eigentlich ergibt , dass , wenn die Sonne für einen und denselben Ort an zwei Tagen um die.
wahrnehme, wohl aber in den Abendstunden. Bedenkt man jedoch , dass unsere Uhren um diese Zeit
selbe Zeit aufgeht, sie auch zur gleichen Zeit untergehen sollte .
im Vergleiche zur wahren Sonnenzeit bis zu 15 Mi
die Rechnung so : der 13. November liegt 38 Tage vor, dagegen
nuten zu früh gehen , so wird sich dieser schein bare Widerspruch sehr leicht erklären lassen. Wenn nämlich die Sonne um 7h 23 m aufgeht, zeigen unm
sere Uhren schon 7h 37 m , und wenn die Sonne an 7
demselben Tage um sh 6 m untergeht, zeigen un sere Uhren bereits 5 h 20 m. Deshalb kann man in den Morgenstunden die Zunahme des Tages nicht, wohl aber in den Abendstunden erkennen .
Im No-
Mit Zugrundelegung der Zeitgleichung verhält sich jedoch der 18. Februar 59 Tage nach dem Wintersolstitium ; daher weilt am 18. Februar die Sonne eine Stunde länger über dem Horizont als am 13. November.
Am 18. Februar beträgt die Zeitgleichung (mit Vernach lässigung der Sekunden ) + 14 Minuten , also dauert der Vor mittag 5 Stunden 8 Minuten und der Nachmittag 5 Stunden 9 Minuten . Am 13. November beträgt die Zeitgleichung (mit Vernachlässigung der Sekunden) – 16 Minuten, also dauert der Vormittag 4 Stunden 38 Minuten und der Nachmittag 4 Stunden 39 Minuten .
vember ist der Fall gerade umgekehrt. Unsere Uhren
Der Vormittag am 18. Februar ist daher 30 Minuten
gehen hier bis zu 16 Minuten zu spät , so dass,
länger als der Vormittag am 13. November, der Nachmittag am
wenn die Sonne am 4. November um 6h 51m aufgeht, unsere Uhren erst 6h 35 m zeigen , deshalb ist es im November schon um 6h 35m Tag , während beim Untergang der Sonne um 4h 35 m unsere Uhren erst 4 hh 19 m zeigen , so dass es also schon um 4h 19 m zu dunkeln beginnt. Durch die am 1. April einm
m
geführte Mitteleuropäische Zeit werden sich künftig diese scheinbaren Unregelmässigkeiten in erhöhtem Maasse geltend machen ; da jetzt unsere Uhren schon
18. Februar ist gleichfalls 30 Minuten länger als der Nachmittag am 13. November ; daher ganzer Zeitunterschied für die beiden Tage = 1 Stunde , Am 18. Februar würde eine nach wahrer Sonnenzeit gehende
Uhr zur Zeit des Sonnenaufganges zeigen : 6h 52 m, und zur Zeit des Sonnenunterganges 5h 9m. Am 13. November würde eine nach wahrer Sonnenzeit
gehende Uhr zur Zeit des Sonnenaufganges zeigen : 7h 22 m, und zur Zeit des Sonnenunterganges 4h 39 m.
Man sieht nun auch aus dieser letzteren Darstellung , dass 3
der Zeitunterschied an genannten beiden Tagen beim Sonnen
das ganze Jahr hindurch um 13 Minuten ( für den
aufgang 30 Minuten und ebenso beim Sonnenuntergang 30 Minuten
Münchener Meridian ) zu früh gehen ').
beträgt , folglich für die ganze Tagesdauer i Stunde ausmacht.
1) Die an dem Himmelsäquator abgelesenen Grade mit 4 1) Eine noch auffallendere Erscheinung bringt die Zeit-
gleichung für die Tage 13. November und 18. Februar zuwege. Die Zeit des Sonnenaufganges ist für beide Tage ein und die-
multipliziert geben Sternzeit an und müssten erst in Sonnenzeit umgerechnet werden . Der leichteren Uebersicht halber ist diese
Rechnung unterblieben. Mit ihrer Berücksichtigung ergibt sich 9h 36m 16s statt 9h 36 m .
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
340
In ähnlicher Weise lässt sich diese Betrachtung , die Donau vor. Das jenseitige Gebiet kümmerte die für den Frühlingspunkt , sowie für die Planeten Romäer wenig, sie hatten Mühe, das innerlich morsche
Mars und Venus , wenn die letzteren nach ihrer
Staatsgebäude zu stützen und bekamen überdies mit
Rektascension und Deklination oder nach ihrer Länge
den Petschenegen zu thun . Fast fünf Jahrzehnte währte das Ringen mit den bald hier , bald dort angesiedelten Petschenegen, 1089 wurde Konstanti
>
und Breite entsprechend aufgesteckt sind , durchführen. Man erhält dafür folgende unmittelbar von dem Apparat abgelesene Resultate : Frühlingspunkt kulminiert am 1. Juni um 7 h 8 mml).
nopel bedroht, und erst 1091 gelang es den Romäern
Venus geht am 1. Juni auf um 7h 8 m vorm. ,
mit Hilfe der herbeigerufenen Kumanen oder Uzen , die Petschenegen samt Weib und Kind bis auf ge
kulminiert um 3 " , geht unter um 10h 52 m'm nachts.
ringe Reste an der Maritza zu vernichten . Die Kuma
>
Mars geht am 2. Juni auf um oh 4m nachts, nen wurden die Erben der Petschenegensitze längs kulminiert um 4 h 32 m morg ., geht unter um 9 h vorm . der Küste des Schwarzen Meeres, sie streiften nach m
wahrer Sonnenzeit.
Siebenbürgen hinein und kämpften daselbst mit
Das Wesen der Zirkumpolarsterne erklärt ein Blick auf den Projektionsglobus .
Magyaren und Deutschen . Ob die Machtsphäre der im 13. Jahrhundert vermutlich vor den Mongolen
Die Sonne legt scheinbar am Himmelsgewölbe täglich im Durchschnitt annähernd einen Grad, ge-
nach Ungarn gezogenen, dort in der Mitte des Landes angesiedelten und heute mit dem Magyarentum gänz
nauer 59'8'4" zurück , folglich geht die Sonne an jedem Tag 4 m (genauer 3 m 56,55 ) später durch den Meridian als ein Stern , der mit ihr tags zuvor den
lich verschmolzenen Kumanenhorden über den Alt
m
Meridian gegangen war.
oder bis zu diesem Flusse gereicht, ist wiederum noch unentschieden. Die Bulgaren blieben vom
Daher rührt der Unter-
Jahre 1018 an den Romäern unterthan , 1186 erhoben
schied zwischen Sonnentag und Sterntag. Der Stern-
sie sich und begründeten das zweite Bulgarenreich
tag wird in Wirklichkeit dadurch hervorgebracht, ( 1186—1375 ). dass sich die Erde um ihre Achse dreht, wodurch der auf einem bestimmten Punkt der Erde fest-
stehende Beobachter nach und nach alle Sterne des Himmels erblickt , soweit dies für die betreffende geographische Breite möglich ist. Der Unterschied zwischen Sterntag und Sonnentag rührt in Wirk-
Wir ziehen nun das Ergebnis unserer Slawen skizze zusammen und sagen : Siebenbürgen war lange Zeit , wenn auch mit Unterbrechungen ein Teil des slawobulgarischen Staates , es wurde von Slowenen und Slawobulgaren be wohnt. Wir sind dank dem gelehrten , jetzt zu
lichkeit davon her, dass die Erde während der Zeiteiner
wenig beachteten Grafen Kemeny in der Lage,
einmaligen Achsendrehung einen Weg von rund
einen urkundlichen Beleg dafür zu erbringen . Die
548000 km oder in Bogenmaass ausgedrückt 59'81/4 "
betreffende Urkunde stammt aus dem Jahre 1231
zurückgelegt hat, folglich muss sich die Erde noch um 59' 81/4" drehen, bis die Sonne wieder im Meridian erscheint, und dazu braucht sie eine Zeit von 3m 56,5 s. Der Apparat zeigt auf die geographische Breite o eingestellt die Thatsache , dass von einem Orte des Erdäquators aus sämtliche von der Erde aus sichtbaren Sterne wahrgenommen werden können,
und rührt vom transsylvanischen Kapitel her. Darin heisst es : » quod terram Boje, terra Zumbuthel con terminam , et nunc in ipsa terra Blacorum existen tem . :: qualiter eadem terra , a tempore humanam memoriam transeunte . ...“ , ferner : » quibus ipsa terra Blacorum , terra Bulgarorum exstitisse fertur u . S. W. « Pič benutzt das Schriftstück zur Bekräftigung seiner auf Grund päpstlicher Bullen ausgeführten Ansicht,
0
sowie dass sämtliche Sterne zugleich auf- und unter - Bulgarien und Vlachien, worunter er sich Teile der heutigen Walachei denkt, seien zwei besondere Ge
gehen (sphaera recta) ; auf die geographische Breite 90 ° (sphaera parallela) eingestellt, zeigt der Apparat nur die Sterne mit einer Deklination grösser als oº über dem Horizont , sowie dass alle Sterne
biete des ersten Bułgarenreiches gewesen, zu denen selbst die Fogarascher Landschaft, in welcher Sam bata ( Zumbuthel) liegt, gehört habe. Wir möchten
sich in zum Horizont parallelen Kreisen bewegen . daraus nur auf die Anwesenheit von Romänen in (Schluss folgt.)
der heutigen Walachei schliessen und auf eine ehe malige Zugehörigkeit der in Rede stehenden Kar pathengaue zum ersten Bulgarenreiche. Was aber
Zur Topographie und Ethnologie Sieben-
jene wichtige Urkunde deutlich besagt, ist zweierlei:
bürgens.
im Jahre 1231 wohnten in jener Gegend Romänen ; seit Menschengedenken gab es daselbst keine Bul
Von Rudolf Bergner (Hermannstadt-Linz) . ( Fortsetzung .)
garen mehr. Ob dieselben getötet , aufgesogen oder verdrängt worden sind , bleibt ungewiss. Wieviel
Der erst nach verzweifelten, langjährigen Käm- Jahrzehnte unter Menschengedenken anzunehmen pfen erfolgende Zusammenbruch des ersten Bulgaren
ist, steht füglich in jedermanns Ermessen, allein wir
reiches schob die Grenzen des Romäerstaates bis an
meinen dann doch, dass man auf 80 Jahre zu schliessen berechtigt sei, und würden somit die Zeit von 1150
1) Mit derselben Berücksichtigung 7 h 20 m 38 s.
als die des bulgarischen Verschwindens und des
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens. 341
ausschliesslich romänischen Wohnens in Zumbuthel anzunehmen haben.
Ansiedler wanderten Ende des 17. Jahrhunderts in folge der Türkendrangsal ein und wurden hie und
Dass die alten Slawen Siebenbürgens Bulgaren da angesiedelt, andere kamen im 14. Jahrhundert. gewesen , wird jetzt vielfach angenommen , auch in
1803 traf man noch slawische Laute an, 1842 ver
Bielz und Michaelis »Erdbeschreibung von Ungarn nahm Nadeždin nur noch von alten Leuten , die und Siebenbürgen « bekannt , indessen man könnte leicht Roesler anführen , der da meint, die ältesten
slawisch gesprochen . Und so sind wir gezwungen , an ein Vorhandensein einer alten Bulgarenbevölke
Urkunden des Landes verkündeten deutsche , unga-
rung, deren Sesshaftigkeit in den romänischen Teilen
rische und ruthenische Namen, und fragen, ob denn
Siebenbürgens und deren frühes Verschwinden zu
die alten Slawen Siebenbürgens nicht etwa Ruthenen glauben, sowie zu bekennen , dass einzig und allein gewesen seien ? Eine Berechtigung zu dieser An- die heutigen Romänen die grosse Slawennomenklatur nahme bietet die Topographie. Da trifft man auf des Gebirges überbracht haben . Weiteres Forschen die Ortschaften : Oroszfaja, Oroszfalu , Oroszfalva, führt uns zu einem eingehenderen Studium des ro
Oroszhegy , Orosz-Idecs, Reussmarkt , Reussdörfel,
mänischen Volkes.
Reussdorf.
Bei der Beleuchtung der Frage, auf welche Weise die Romänen den alten topographischen Charakter des Landes bewahrt haben mögen, wäre es unend
Sämmtliche Wörter bedeuten bekannt-
lich Niederlassungen, in denen einst Russen gewohnt haben .
Doch nein , J. Wolff belehrt uns , wie
Reussdörfel von Rus reissend komme, rühre Reussdorf lich bequem, wenn die Uransässigkeit der Romänen, vom altdeutschen Ruodo, Rodi, Rod her. Also, so
d. h . ihr Entstehen aus den römischen Kolonisten
wird man folgern , kommt Reussmarkt gleichfalls Siebenbürgens und ihre ununterbrochene Sesshaſtig von reissenden Bächen oder Tieren , also hat es bei den Sachsen niemals Slawismen , sondern nur
keit daselbst über jeden Zweifel erhaben wäre. Das Thema von der Herkunft der Romänen hat eine
altdeutsche Namen gegeben, mithin ist die grosse umfangreiche eigene Litteratur erzeugt, aus der man Slawennomenklatur des Gebirges von einem altdeutschen Vereine zur Hebung des Fremdenverkehrs erfunden worden, und damit ist alles Gesagte überflüssig.
alles andere als Unparteilichkeit und Gerechtigkeit herauslesen kann. Die Romänen haben geglaubt , ihre vielhundertjährige Unterdrückung als ungerecht
Bevor man sich noch nicht in ähnlicher Weise ge- bezeichnen zu können , sobald sie sich als die ur äussert hat, wollen wir uns auf Prof. Bidermann ,
sprünglichen Herren des Landes hinstellen , die Ma
einen der besten Kenner der ungarischen Ruthenen , gyaren und Deutschen haben dem widersprochen, berufen. Er zeigt uns, wie die Ruthenen Galiziens durch den Mongolensturm gelitten und viele von ihnen anlässlich dieses düsteren Ereignisses nach Siebenbürgen gezogen , wo sie sich zwischen den - 17 . vorhandenen Nationen niederliessen . Vom 13.Jahrhundert werden die Ruthenen öfters, besonders gelegentlich der Berufung des Landtages ewähnt,, noch in einem Ständebeschluss vom 9. April 1628
und so ist aus einem seiner Natur nach rein wissen
schaftlichen Streite ein politischer geworden . Wir haben einerseits keinen Romänen getroffen, der die Kontinuität seines Volkes bezweifelt, andererseits
į keinen Gegner gefunden, der nicht allzu grosse Sym pathie für die eigene Nation zu erkennen gegeben
hätte. In unseren Tagen ist ein solches Verhalten zu verwerfen. Heutigentages sollten die Völker nicht
Ebenso handelt von
mehr nach dem Grundsatze » wer warst Du« , son
ihnen eine Kanonisationsbulle des griechisch-unierten Fogarascher Bistums aus dem Jahre 1721. Gegen
dern nach den Worten » wie bist Du« gewogen werden. Die Gesetze der Humanität erheischen un
wärtig sucht man die Ruthenen vergebens, sie sind in den übrigen Nationen aufgegangen. Aelter als das 13. Jahrhundert sind ihre siebenbürgischen Kolo nien nicht, selbst in dem erwähnten Jahrhundert gab
beirrt um das angeblich historische Recht gleiches Recht und gleiche Liebe für alle Volksstämme ein und desselben Staates. Leider spricht das, was man in den Ländern der ungarischen Krone den Staats
heisst es : Valachi et Rutheni.
es nachweisbar längs der ganzen Karpathenkette in gedanken zu nennen beliebt, aller Gleichberechti Ungarn nur wenige Ruthenen , welche als Hirten
gung Hohn, die Romänen und mit ihnen ihre frü
umherschweiften oder die Burgen hüteten . In der
heren Widersacher, die Sachsen , werden , wenn sie
Marmaros sind viele Ortschaften nicht älter als
die Magyarisierung nicht willig über sich ergehen
150-200 Jahre, die Erinnerung an ihre Gründung lassen, als Verräter und Verschwörer hingestellt und lebt thatsächlich , wie wir uns selbst überzeugten, dementsprechend behandelt. in einzelnen Familien fort, und bei den Huzulen soll
Die Romänen gehen von der Ansicht aus, ihre
sich dunkel und sagenhaft der Bericht von dem Ruthenenzug infolge des Mongolensturmes erhalten
Vorfahren seien dakisch -römischen Ursprungs und bei der Räumung der römischen Provinz im Lande verblieben . Roesler, so oft er in unwichtigen
haben .
Gab es aber nicht zahlreiche Bulgarenfamilien Sachen gefehlt hat, und der Magyarone Hunfalvy, so in Kronstadt , Alvincz , Karlsburg , Hermannstadt, Deva, in Bongard und in Cserged ? Vielleicht haben wir da den Rest der einstigen grossen Bulgaren-
einseitig er auf magyarischem Standpunkt verharrt , haben doch zur Genüge dargethan , dass die Romänen
als grosse Volksgruppe ihren Ursprung nicht auf dem
familie entdeckt ! Mit nichten , die meisten dieser | Karpathenkamme genommen , und dass die Eigen Ausland 1892, Nr. 22 .
44
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
342
tümlichkeiten der Sprache , dieses lebendigsten und beredtesten Buches der Geschichte , auf eine Ent-
Kolonisten der unteren Donauländer, besonders der
wickelung auf der Balkanhalbinselverweisen. Momm -
Das . Anstürmen der germanischen Völker verwüstete das
sen und H. Kiepert vermögen mit ihren nicht immer starken Argumenten nicht dagegen aufzukommen .
alte Moesien , es drängte existenzfähige Elemente in die Gebirge , wo dieselben ein rauhes, aber kräfti
Die historische und linguistische Seite des Themas zu erörtern, wäre überflüssig, sie kann als endgültig
gendes Dasein führten . Der Hämus war unbedingt Hauptsitz , was keineswegs einen zweiten Sitz in
erledigt betrachtet werden . Wir unsererseits stützen uns auf die Topographie und fragen : wie kommt es denn , dass sich bei dem angeblich ungestörten
einem südlicheren Gebirgsteile, aus dem die Macedo walachen hervorgegangen sein können, ausschliesst .
Weiterexistieren einer zahlreichen römischen Kolo-
Nestors seien auch die Brüder Peter und Asan
nistenschaft keine römischen Ortsnamen entdecken
keine Romänen . In ihnen hätten wir Bulgaren vor uns , sie selbst hätten sich als Nachkommen der
lassen ? Dieselben Romänen , die uns seit tausend
Rustikalen der rechtsseitigen Donaugebiete.
Man hat zuweilen betont , wie die Walachen des
Jahren so auffallend treu eine slawische Topographie alten Bulgarenzaren bezeichnet. Allein jenes Kimpo bewahrt haben , müssten uns doch sicherlich manchen römischen Ortsnamen vorführen können .
Die An-
nahme einer Kontinuität römischer Wohnsitze und
lung ,, welches der Bulgarenherrscher Samuel im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts gegen den Romäer Basilios II. befestigen liess, ist eine unver
romanischen Volkstums widerspricht schon aus die-
fälscht romänische Niederlassung, es waren mithin
sem Grunde dem , was wir menschliche Logik zu
im
nennen pflegen.
Bulgaren aus und spielten sie sich auf die Nach
Hämus Romänen .
Gaben sich die Brüder für
Romänischerseits wird vielfach die Hypothese kommen der alten Bulgarenzaren hinaus, so würde >
aufgestellt, unmöglich seien alle Kolonisten der römischen Provinz geflohen , wer nichts zu verlieren >
sich das recht wohl mit einem
Walachentum ver
einen lassen. In den walachischen gebirgigen Ge
gehabt, wie der Hirt, der Jäger und der Holzfäller, genden konnten die Aufstände gegen die Romäer der habe im Gebirge einen Schlupfwinkel gesucht . Aus solch kleiner Gruppe sei das heutige Romänenvolk hervorgegangen. Wenn aber wirklich vereinzelte Gruppen bestanden, weshalb finden wir dann nicht wenigstens einen Namen echt römischer Herkunft?
zuerst losbrechen und auf diese Weise die Brüder
die Leiter derselben werden . Das grosse Bulgaren volk einmal hinter sich , zogen sie es klugerweise
vor, sich als dessen Angehörige zu bekennen. Ana logien dazu sind in der Geschichte nicht selten . Für
Wurde der Ort zerstört, so hätte die Bewohnerschaft,
die siebenbürgische Geschichtsschreibung bleibt es
wenn sie nicht selbst dabei zu Grunde ging , den gleichnamigen Ort wieder am alten Platze , vielleicht auch anderswo errichtet , denn der Mensch hängt gar sehr am Altvererbten . Allein kein einziger Römernamen ist uns ad oculos geworden ! Das lange verteidigte Ompoly ist magyarisch , eben so gut wie
übrigens ziemlich gleichgültig , ob in den Adern Peters und Asans bulgarisches oder romänisches Blut floss.
Viel zu wenig Gewicht hat man dagegen auf die Hirten- und Wanderschaft der mittelalterlichen
Romänen gelegt .. Das früheste Auftreten der Ro
Ipoly und ähnliche Flussbezeichnungen , und die Ent- mänen in der Geschichte zeigt sie uns als Hirten deckungen dakischer Ortsnamen sind gleichfalls vergezogen , so hätte ihn die Hunnenflut oder das Wogen der germanischen Stämme hinweggefegt. Er wäre entweder im Laufe von 300 Jahren , wir sagen dreihundert Jahren , von einer Katastrophe ereilt wor-
und Wanderer. Kurz nach 976 wurde der Bulgaren führer David , ein Sprössling eines vornehmen Ge schlechtes, bei den » schönen Eichen « in Makedonien durch einige walachische Wanderer , wahrscheinlich Hirten , erschlagen ; 1027 folgten Walachen dem Heerbanne des griechischen Kaisers gegen Sizilien
den oder in den anderssprachigen Massen spurlos
und 1082 gegen die Normannen; 1164 ergriffen
sunken .
Wäre der Kolonistenrest von Ort zu Ort
aufgegangen. Alle jene mächtigen Völker wurden spurlos verweht, und ein Haufe von einigen tausend Menschen hätte sich unter jenen auf die Gegenwart bringen sollen und noch dazu ohne von ihnen etwas in seiner Sprache aufzuweisen ? Man spricht von einem unentdeckten Schlupfwinkel und vergisst dabei eins : entlegene Plätze können bei schnell vorüberbrausenden Sturmeswehen unentdeckt bleiben, wäh-
rend einer dreihundertjährigen Periode werden sie aufgespürt und zerstört. Wer dies aber zu ver neinen wagt , der mag das Weiterexistieren eines
Walachen , ob ansässige oder wandernde bleibt un
gewiss, an der galizischen Grenze den flüchtigen Statt halter von Braničewo und Nisch . Von wandernden romänischen Hirten rührten die isolierten Romänen
inseln von Sovig in Bosnien , Altvlachien zwischen Ibar und Drina in Serbien , die Kolonien in der Pozegaer Gespanschaft Slawoniens, in der mährischen Walachei und die Romänengruppen von Istrien her. Die Tschitschen und Valdarsaner von Istrien nannten sich einstens Rumeri und sind bis auf kümmerliche Reste verkommene, in Slawen und Italienern auf
Häufleins von Kolonisten immerhin annehmen , es gegangene Romänen . In der Mitte der Balkanhalb lässt sich mit der Ansicht, welche wir jetzt darzu- insel erfreuten sich einstens die Romänen lange Zeit der grössten Verbreitung. Das östliche Epirus wurde legen gedenken, vereinigen . Die Romänen sind die Nachkommen römischer
als Ober - Vlachien, ein Teil Alt-Aetoliens als Klein
Zur Topographie und Ethnologie Siebenbürgens.
343
Vlachien, Thessalien als Gross-Vlachien bezeichnet. Und wenn sich einige geäussert , das romänische Volk Siebenbürgens sei gegenwärtig vollkommen sesshaft, die Makedowalachen dagegen nach wie vor
Kolonien in Istrien und anderswo erhielten keinen Nachschub, sie mussten verkümmern . Die Makedo
zur Hälfte herumziehende Hirten, was auf eine Ur-
walachen vermehrten sich anfangs, später trat ein
welche nur in ihrem letzten Teile den Osmanen
sturm als treibende Kraft gehabt haben kann . Die
ansässigkeit der siebenbürgischen Romänen deute, so Stillstand ein . Die Ursache ihres Nichtgedeihens beweist dies ein nicht genügendes Vertrautsein mit liegt auf der Hand: die Türkenherrschaft der ver den socialen Verhältnissen Transsylvaniens . Noch gangenen Jahrhunderte erdrückte alles fremde Volks heute wogen alljährlich 20000 Romänen von dem
tum , die Faust der Osmanensultane lag schwerer
Hochlande Siebenbürgens nach den Donauebenen hinüber , fast die gleiche Zahl zurück , noch heute beschäftigt die Weidezucht Tausende und Abertausende auf den transsylvanischen Alpen, noch heute
als die Hand slawischer Häuptlinge auf anders gearteten Volkselementen , sie war sogar dem lebens kräftigen , zähen, geduldigen Romänenvolke zu schwer. » In der Nähe türkischer Städte «, urteilt Fallme
halten viele Romänen bedeutende Herden in der
rayer , »verliert selbst die Luft ihre Milde und der
Dobrogea und den angrenzenden Gegenden . Das Boden seine Fruchtbarkeit «. sich beständig vermindernde Weidegebiet, die poliDie Romänen sind nun nicht allerorts so un tischen und handelspolitischen Verhältnisse der Neu - verträglich und gewaltthätig aufgetreten, wie sie der zeit haben viel Abbruch gethan , trotz alledem
ist
der siebenbürgische Gebirgsromäne als Mokane ein stehender Typus geblieben und eine Erinnerung an
gute Rabbi Benjamin von Tudela in Thessalien und bei Zeitun gefunden haben will und in seinem he bräischen Tagebuche beschreibt. Wandernde Hirten
die Mitte des Jahrhunderts, wo oft ein einziger der sind wohl ein rauhes Geschlecht, und die wandern Vorfahren in den Donauebenen zehntausend Schafe den Romänen mussten es sein, sie hätten sonst unter
und Hunderte von Pferden besass und auf seinen Petschenegen, Kumanen und Slawobulgaren nicht Wanderungen Makedonien und Griechenland er-
aufkommen können .
reichte.
dessen auch auf Verträglichkeit und Biegsamkeit an
Wandernde Hirten sind in
Kamen die Romänen als Wanderer im Jahre 976 gewiesen , weil sie sonst Gefahr laufen , zurück in Makedonien vor, so werden sie sicherlich daselbst gedrängt und bekämpft zu werden . Das gewalt auch schon im 8. und 9. Jahrhundert aufgetauchtthätige Vorgehen bei den » schönen Eichen « und an sein. Niemand wird Neigung zu der Behauptung der galizischen Grenze sind Ausnahmen , sie betrafen verspüren , eigens um den Bojarensohn David er-
schlagen zu können, seien die Romänen zum ersten-
einzelne Personen, keineswegs ganze Volksgruppen. Verträglichkeit und Biegsamkeit wurde von den alten
mal in Makedonien gewesen, zudem ruhen die Tage-
Romänen am rechten Orte sehr wohl geübt, darauf
bücher und Lebensbeschreibungen jener Leute nicht
deutet das Vorhandensein der zahlreichen albanesi
in unseren Stadt- und Staatsbibliotheken . Wir unserer-
schen und griechischen Bestandteile im Romänischen hin , aus denen Hunfalvy u. a. mit vollem Recht auf langdauernde und späte Verbindung mit den Völkern der Balkanhalbinsel geschlossen haben. Dank den erwähnten Eigenschaften vermochten die Ro mänen zu den Kumanen zu fliehen und bei denselben freundliche Aufnahme, Unterstützung und Waffen brüderschaft zu finden . Konnten aber die Romänen
seits meinen , wäre der Getötete nicht eine vor-
nehme Persönlichkeit gewesen , hätten wir selbst im Jahre 976 nichts von Romänen vernommen , und umgekehrt, wir wüssten von romänischen Wanderern bereits im 8. Jahrhundert , falls sie damals einen
Kaisersohn angegriffen .
Schweiften die Romänen
im 8. und 9. Jahrhundert auf der Balkanhalbinsel herum , zogen sogar kleinere Partien von ihnen nach Serbien , Slawonien und Istrien, dann streiften
zu den Kumanen füchten und sich an die Slawo
bulgaren so eng anschliessen , dass sich die Asanen
sie gewiss in derselben Zeit nach den Karpathen.
für Slawobulgaren ausgeben durften , so waren ihnen
Die Karpathen lagen ihnen viel näher, als jene Gegenden , ausserdem waren sie von befreundeten
diese Völker nicht nur sympathisch , sondern auch
Völkern besetzt ! Wie wir gesehen , gehörte Sieben
Siebenbürgens waren nicht unfreundlicher als Ku
bürgen eine Zeitlang den Slawen und den Bulgaroslawen , denselben Volksstämmen , mit denen die
manen und Bulgaroslawen, sie trafen sicherlich mit
nicht mehr neu und nicht unvertraut .
Die Slawen
Walachen das Romäerreich bekriegten und ein
den romänischen Hirten ein Abkommen und dul deten sie neben sich. Und das konnte um so eher
Und wie leicht
geschehen, als ja, wie wir gesehen haben , die Slo
zweites Bulgarenreich gründeten .
konnte sich ein Hinüberwandern nach den Karpathen wenen Siebenbürgens zum ersten Bulgarenreiche ge hörten . Ein Hinüberströmen der Romänen vor dem vollziehen ! Da die Karpathen nicht wie Istrien und | ho die mährische Walachei weit entlegen waren , ge Sturze des Avarenreiches ist sehr leicht möglich, statteten sie, abgesehen von kriegerischen Zwischen-
fällen , eine stete Verbindung. Die Zufuhr frischer
Volkskräfte vollzog sich jahrhundertelang , bis end lich die grosse Verschiebung vom Hämus nach der Walachei und Siebenbürgen vor sich gegangen,
nach dem Sturze desselben höchst wahrscheinlich . (Schluss folgt.)
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
344
Forschungen über das deutsche Wohnhaus. Von Gustav Bancalari (Linz). (Schluss.) XVIII .
Haustypen im südwestlichen Oberösterreich.
Das Mondseer Einheitshaus.
Meine lezte Wanderung 1891 führte mich von
beiderseits der Flur verteilt, in jedem Stockwerke ; die Tenne, ein grosser Stall und über diesen beiden der Speicher , und darüber noch im Dachraume Rumpelkammern und Futtergerüste u . s. w. Das Haus bildet ein wuchtiges Parallelepiped von 23,3 m und 30 m Breite und Länge und von 5,5 m Höhe bis unter die Dachbasis. Ein zierlicher » Hausgang “, eine Gallerie, säumt den Dachboden auf der Giebel
Gmunden über Ebensee, Weissenbach am Attersee,
seite ein . Eine kleine Holzlage , ein Backofen und
Unterach, Mondsee nach Salzburg.
der Brunnen stehen allein ausserhalb des Hauses. Beim Anblicke dieses Steinkolosses musste mir
Der Gmundner -Bauernhof vgl. Fig. 119 .
Am
Traunsee gibt es aber solche Gehöfte nicht .
Bei genagelt
Traunkirchen herrschen kleine Einheitshäuschen
es
Schindel
dach .
In Altınünster , dessen gotische Kirche einen Tauf stein mit altchristlichen Ornamenten birgt , stehen Häuser , welche ihre wuchtigen Schopfdächer wie
eine unpassende Kopfbedeckung tragen. Es kann
TE
sein, dass hier das Flachdach vor nicht gar zu langer Zeit verdrängt worden ist. – Von Ebensee bis Weissenbach ist nicht viel Typisches zu sehen . Hier
Btall
-
aber blüht das Touristenhaus und der
Schweizer
stil« . Das heisst, ein untypisches, schwächliches
Fig. 138 .
Ortschaft Orth « am Mondsee (Oberösterreich) . Holzlage, Backofen und Brunnen abseits des Hauptgebäudes.
das » rätische« Haus beifallen , welches
Schi
ndel
sich
als
»grosser, schwerer, viereckiger, mehrstöckiger Stein » bau , mit flachem
Schindeldach ; im Inneren mit
» zahlreichen , wie in der Stadt von Treppenfluren » aus zugänglichen und verschieden gruppierten Wohn » räumen und Kammern, darstellt ; ein Haus, welches »in Tirol und den rätischen Alpen sehr verbreitet vist , auch in Savoyen vorkommt , in der Schweiz Heidenhaus Fig. 137 Bürgerhaus ( 1730) in Unterach ( Attersee, Oberösterreich ).
heisst und sich durch Ober- und
»Niederbayern bis in den Böhmerwald zieht, wo er »noch um Cham das herrschende ist. « (Dr. August
Meitzen Beobacht. über Besiedlung, Hausbau u.s.w. )
Schubläden .
Wenn überhaupt eines , so müsste das Orther Flachdach beginnt wieder am Attersee auf Neubauten das Schopfdach zu verdrängen. Man erkennt es augenblicklich als modernen Kunstbau. – Unterach ist offenbar, wie Altmünster, umgestaltet worden . Fig. 137 zeigt ein Haus dieses Marktes , an dessen
kunstvollem Mittelfenstergitter » 1730“ angebracht
ein solches »Heidenhaus
sein .
Meine Ausführungen über die Herkunft aller oberdeutschen Typen (Ausland 1891 ) kennzeichnen auch meine Ansichten über den Einfluss des Bau
materials auf die Typenbildung . Ich kann nicht beistimmen, wenn eine Form , weil sie verquetscht
ist. Ich vermute auch hier, allerdings ohne triftigen und vermauert ist , als ein besonderer Typus, seinen Grund , bloss dem Eindrucke nach , ein früheres
intakten Blockhausverwandten gegenübergestellt wird.
Flachdach .
Für mich besteht kein prinzipieller Gegensatz zwi schen den oberitalienischen, vermauerten Hausformen und dem Wohntrakte des Henharter- (Fig. 117) oder Ranshofnerhofes (Fig. 115) und zwischen dem Achen see- und dem Ortherhause. Das Achenseehaus vgl . Ausland 1891 ; S. 699).
Auf dem Wege vom Atter- zum Mondsee kreuzt man bei Au die heutige Flachdachgrenze und man trifft da sofort ein mächtiges Einheitshaus, mit zwei Eingängen in der Giebelseite ; mit weit ausladendem Flachdache ohne Schwersteine. Mir kam dies unerwartet . Es war das erste Einheits-
haus, welches ich im ganzen beobachteten Rayon, vor allem in ganz Oberösterreich gefunden hatte, natürlich von den » Kleinhäusln « abgesehen .
Fig. 138 stellt ein sehr ansehnliches, grösstenteils gemauertes Einheitshaus des Ortes » Orth « , nahe beim
Ostende des Mondsees, dar.
Alles ist unter
dem einen Dache vereint : ein Wohntrakt mit Flur
Noch deutlicher wird der nicht »rätische« Cha
rakter des Ortherhauses, welches ich » südbayeri sches Einheitshaus, Achenseer Type« oder Nordtirolerhaus nennen möchte , wenn man es mit seiner nächsten Umgebung vergleicht. Auf dem nördlichen Mondseeufer steht eine Menge von klei neren Holzhäusern ohne jedes Mauerwerk , welche sozusagen mathematisch genaue Reduktionen des
und zwei grossen Zimmern und einer Kammer, 1 Ortherhauses sind, aber auch, da der sinnliche Ein
Forschungen über das deutsche Wohnhaus.
345
Mauerwerks wegfällt,
man den Namen der Scheidewand auf den getrennten
ohne weiteres das Achenseehaus in die Erinnerung
Raum aus. Man sagt, den Teil fürs Ganze setzend ,
rufen .
in einer Synekdoche »Ein Troadbarren voller Troad«« . - Nördlich der Donau, im östlichen Mühl Troad viertel und im Waldviertel heissen die Scheuerfächer
druck
des
massenhaften
Am Mondsee gibt es keine Gehöfte , sondern bloss Einheitshäuser. Der Markt Mondsee trägt » alpines « Gepräge, etwa wie Radstadt oder Mauterndorf ( Kärnten ).
Den Zusammenhang des Mondseerhauses mit
» Halb : m « . Eine Bäuerin in Gr.- Eberhards belehrte mich : » Mir brauch'n oan Kornhalbám , oån Hafer
halbám , oàn Grumethalbám
und oàn Streuhalbám ,
seinen Verwandten ; die Grenzen und Uebergänge
also vieri.« – Ein Bauer in Dimmling westlich
dieser Typeninsel gegen das Innviertler Gehöft und
Waidhofen a. Th. meinte auf meine Frage , » die
im Süden gegen die steierischen und salzburgischen
Halbám « sind durch » Halbám -Bámmeln « ( = Bäume,
Hausformen u . s. w. sind noch zu erforschen . Ich
Balken ) geteilt. « - In diesem Falle ist ersichtlich,
begnüge mich, vorerst festzusetzen : Vom Attersee dass der Grundbegriff vergessen und das Wort zer westwäris bis zur salzburgischen Grenze er- quetscht worden ist . Die Nordslawen jener Gegen streckt sich ein Typengebiet, in welchem den mögen , bevor sie germanisiert waren , durch nicht bloss die Kleinhäusel, sondern auch | Radebrechen hierzu mitgewirkt haben . grosse Bauernhöfe flachdachige EinheitsIm westlichen Mühlviertel, bei Linz, wahrschein häuser des Achensee- (oder nordtirolischen ) lich im ganzen Innviertel und Hausruckviertel heissen Typus sind
die Scheunenfächer » Ess« und in S.-Veitsdorf nörd XIX .
Uebersicht der ermittelten Benennungen im oberösterreichischen, im Waldviertler- und im
obersteirischen Hause.
Unter den gemeinsamen Namen führe ich
lich Linz hat mir eine intelligente Bäuerin klar ge sagt : » Die Halbám begrenzen die Ess. « Die Ständer in den Scheuern , welche das Dach tragen und ausserdem die Scheidewände der Fächer festhalten , heissen „ Säulen « ; bei Heidenreichstein
an : Stube ; Stüberl oder Kammer ; der Tenn ; der
aber „ Stadelhölzer« . Sie tragen auch das obere, mit Brettern belegte Gerüst, welches bei Klaus und
Stadel (Scheuer); der First ( auch » Firth « ); Rauch-
Stoder »Heubirlo , im
oberen Mühlviertel » Büh «
fang ; die Einheitz; Herd ; Fenster ; Thor; Thür; (Bühn '); in Gr.-Eberhards und bei Wildberg »Futter Ofenbänk ( für »Bank « ) u . s. w .
Verschiedene Benennungen herrschen bei folgenden Gegenständen :
a) Die Flur heisst zumeist »Vorha u s« , sehr
gerüst « ; bei Rohrbach »Héo -Büh « (Hochbühne ?) genannt wird .
e) Getreidespeicher heissen überall , wo sie sind, » Kasten «. In Stoder fand ich dafür auch
Mondseer Einheitshause heisst sie wechselnd Haus
„» Troad -Ackels « , wofür ich in Buck ,, Flurnamen buch, und in Schöpf, Idiotikon, keine Erklärung fand.
und Vorhaus . Letztere Benennung überwiegt , erstere
In grossen Vierkanten schüttet man das Getreide in
oft und an vielen Orten schlechtweg »Haus« . Im scheint zu schwinden .
einen der vielen Räume des Obergeschosses und
b) Die Remise , d . i . ein gedeckter Raum mit oder ohne Seitenwände, zur trockenen Aufbewahrung von Wagen, Geräte, Holz, Streu u . drgl . heisst
nennt diesen » Oberkasten « .
f) Im östlichen Mühlviertel und im Waldviertel,
fast allgemein »die Schupfn '« In Stoder zerfällt
wie es scheint in einem beschränkten Raum fand ich den Namen »Luederkammer« für eine kleine
die Schupfen in eine » Streulabn '« (Laube ?) , eine » Wagenlabn '«. Bei Gmünd in Unterösterreich ,
futter, neben dem Stalle.
gegen die böhmische Grenze kommt der Name
Futterkammer für Häcksel und frisch gemähtes Grün g) Die Dachfenster heissen im östlichen Mühl
» Inter da Otter « klang die Phrase, viertel, wie in Kärnten : Arcker ; in Obersteiermark welche mir ein Bauer übersetzte »Unter der Schupfen «, » Arker« oder »Kotfenster« (mhd. Kotte = Hütte ; ohne mir das Wort seiner Herkunft nach Schöpf, tir. Idiotikon) ; was zu gewagten Folgerungen » Otter « vor .
(manchmal) – aber er sage gewöhnlich » Schupf’n .«
über ein ehemaliges Oberlicht im Hüttenraum gerade zu einladen könnte ; am Traunsee bei Altmünster
c) Die Gred d. i . der gepflasterte Weg an
» Korfenster « (Kor, Körl = Erker. Schöpf, Idtk .).
zu erklären .
Er höre das Wort » irblá á mal «
Haus und Stall zur Scheuer, welcher die Jauchengrube und den Misthaufen umzieht. Sie fehlt in einigen Dörfern des Waldviertels, wie z . B. in Gehöften von Gross-Eberhards ; die Besitzer derselben wussten den Namen nicht.
d) Die Scheuereinrichtung bietet verschiedene Namen .
Die Holzwände zwischen Tenn '
und Scheuerräumen heissen in Obersteier » Barrena
h ) Der Balkon oder die lange Gallerie heisst
fast durchwegs » Schrott «, oder eigentlich » Schréot « ; im östlichen Mühlviertel, wo Gallerien nur an und über den Schupfen in der Fussbodenhöhe des »Hütten
boden« vorkommen : Gang; das Mondseer Einheits haus hat keinen Schrott, sondern einen Gang . i) Der Funkenfänger ober dem Herde des Rauchhauses bei Palfau in Obersteier heisst Kogel ,
, oder »Hallbarren « ; ebenso habe ich sie beiWildberg oder auch »Kuttel « (von Kutte = Hütte ; Buck,
nördl . von Linz nennen gehört. In Stoder dehnt | Flurnamenbuch ).
gen ber as eutsche ohnhaus ü d d W ,
Forschun
346 XX .
zwischen Isper und Rodel wirklich vor allen anderen
Uebersicht der Haustypen Oberösterreichs.
Slawen gerodet aber gerade der nördlich der Donau von Isper bis zur Rodel herrschende Vogel
Dem , in den Abschnitten XIV–XIX Gesagten weiderhof, die Type 1 , passt von allen oberöster gemäss, kenne ich bis nun folgende Typen des länd lichen Wohnhauses in Oesterreich ob der Enns :
reichischen Behausungen allein auf den von Fach gelehrten aufgestellten fränkischen Hofty pus.
1. Den Waldviertler Vogelweider des östlichen
Er ist allerdings auch den Spreewaldgehöften (M.
Mühlkreises. 2. Den Putzleinstorfer und Innviertler Hof mit Flachdach auf allen oder einzelnen Gehöfts
Müschner, Verh. d. Ges. f. Ethnographie Berlin 1887, S. 98 ff.) ziemlich ähnlich ; und diese sind ja von Slawen bewohnt, und ihre Bestandteile tragen
elementen .
slawische Namen . Nur steht die der österreichischen
3. Den obersteierischen Haufenhof von Stoder
und Windischgarsten und von dort vermutlich ostwärts bis an die Enns .
4. Das Einheitshaus des Achensee -Typus bei Mondsee .
5. Den Vierkant mit Varianten der inneren Ein-
teilung inmitten der Typen 1 , 2, 3 und in den Bereich derselben strahlenartig
ein-
dringend. 6. Die primitive Hüttenform von Gross-Eber-
ganz gleiche »brożna« (Scheuer) abseits im Garten des Gehöftes, welches jenem von Fig. 84 am näch sten verwandt scheint, nur dass es des rückwärtigen
Querabschlusses entbehrt. Natürlich will dies noch nicht sagen , dass in unserer Type i slawische Bau weise bemerkbar sei , sondern eher, dass im Spree walde Gehöfte mit gewissen Abänderungen gebaut worden sind , welche man u . a. auch in Franken findet.
Die Type 2 verstehe ich noch nicht. Vielleicht
steier (Reiter-Keusche, Rauchhaus), welche,
enthüllt sich ein Zusammenhang, wenn seine west lichen Nachbarn in Ostbayern gründlich untersucht
wie schon erwähnt, an den Sölden , Keuschen
werden.
oder Kleinhäuseln des ganzen Landes Oberösterreich mit kleinen Abänderungen des
wie die Type 4 nach Mondsee kam. Ich will eine
hards im Waldviertel und von Palfau in Ober-
Dann wird auch vielleicht klar werden ,
Meinung verschiedener Kenner des Innviertels nicht
Daches und aus verschiedenem Material im- verschweigen . Diese nehmen an , es sei dort eigent mer wieder erscheint und auch überall (nur lich die Type 4 (Mondseer-Einheitshaus) vorherr im Typenbereich 3 nicht) als kleines Einheits- schend; bestehe in der Innviertler Waldzone an zahl haus auftritt.
So weit reichen die unmittelbar wahrgenommenen , greifbaren Thatsachen .
Mittelbar , weil nur durch Vergleichung und Schlüsse, sind folgende Sätze gewonnen worden :
reichen Kleinhäusern in Hüttenform und habe sich
dann nach Art der Fig. 103 und 104 dem von anders woher eingedrungenen Hofsysteme anbequemt und beigesellt. Ich habe vorerst keine Meinung hierüber. Unsere Type 6, die primitivste Hüttenform , zu
a) Der Vierkant hat die Neigung , sich auf gleich die einzige , welche fast überall , wenn auch Kosten seiner Nachbarn auszubreiten , seine Repräsen - modifiziert, erscheint, könnte zu der Annahme ver tanten zu vermehren.
b) Der Vierkant ist in nicht sehr entfernter Zeit aus einzelnen der Typen 1 und 2 (ich weiss
nicht, ob, und glaube nicht, dass auch aus Type 3 ) zusammengeflossen; vgl . Fig. 82-85 und Fig. 88-90. c) Der Putzleinstorfer und der Vogelweider
leiten , dass sie einmal die herrschende gewesen sei im ganzen Lande oder im grössten Teile desselben. Die a . a . O. erwähnte Auskunft » vor 60 Jahren
babe es im Mühlviertel noch eine Menge kleiner Häusel mit Flachdächern gegeben ; jene aber seien zu Gehöften , diese zu Schopfdächern geworden «,
Hof haben Mischformen gebildet. Vgl. Fig. 103 , 104. | gibt allerdings dem Gedanken Raum , dass einstens Wenn man die sechs Typen so nebeneinander die Gehöfteformen überhaupt nicht so stark obge sieht, stellt sich augenblicklich das Gelüste ein, wie herrscht haben, wie heute, dass daher die Gehöfte erwähnt , sie mit gewissen Stämmen oder Völkern bildungen in manchen Gegenden einer relativ jün geren Zeit angehören. Der grösste Teil des hiesigen in Verbindung und Beziehung zu setzen. Von südslawischen Beziehungen war schon die Kulturlandes ist erst nach dem Jahre 1000 n . Chr. Rede. Nicht die Hausform , aber die Gehöfte- aus dem Walde herausgebauen worden . Der »Nord gruppierung der Type 3 kann einer slowenischen wald« war zu lichten ; im Südwesten zeigen heute der Lachforst , der Weilhardtsforst, der Hausruck Eigenart entsprechen .
Das Waldviertler Haus, ( Type 1 ) steht aller-
wald , der Kobernauserwald noch gewaltige Reste
dings dort in vollster Blüte, wo vor mehreren Jahrhunderten Nordslawen vielleicht ausschliesslich und
einer einst viel mächtigeren Bewaldung. Kolonisten , welche Wald roden , beginnen aber mit Hütten und
später in starken Minoritäten gewohnt haben. Vor
nicht mit Höfen. Im Bereiche des Typus 3 , im
den Slawen waren dort die Rugier und Langobarden Südosten des Landes und in Obersteier , wo der und vor allem – ein ungeheurer Wald , der in Ur- Wald noch am wenigsten gerodet ist und wo seine kunden
des späteren Mittelalters noch erwähnte
Rodung, der Terraingestaltung nach , nur wenig und
»Nordwald « gewesen . Wahrscheinlich haben dort geringwertigen Kulturboden ergeben kann, ist ja auch
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
die Gehöftebildung scheinbar auf einer niederen Stufe stehen geblieben , hat bis jetzt nur ärmliche Haufenhöfe geliefert, welche allerdings im frucht-
347
Menschheit anpreisen und auf alle Einwände ant worten : » Mais l'égalité!« »Oui , messieurs , hat man ihnen erwidert, » c'est l'égalité, mais l'égalité de
baren Stoder- und Windischgarstnerthale zu schöner
la misère ! « 1 )
Entwickelung gekommen sind. Vielleicht kann uns das heutige Nebeneinan-
égalité nicht einmal weit her. Es lässt sich doch nicht hindern , dass einer oder der andere , und sollte es
Und in Wirklichkeit ist es mit der
der in Oberösterreich einen Begriff vom Nach-
auch fern von seinem Dorfe sein, 100 oder 200 Rubel
einander geben . Vielleicht hat der heute bemerk-
erwirbt ; am leichtesten hat es hierin der Schenkwirt.
bare einfachste Kleinhäusel- oder Hüttten -Typus in
Mit diesem Gelde ist er nun Herr im Dorf. Er fängt
verschiedenen Landesteilen , durch spätere Kolonisten- an zu wuchern; bald muss ihm dieser , bald jener nachschübe
aus
mehreren Teilen
des südlichen
Deutschland verschieden beeinflusst, auch jene ver-
schiedenen Gestaltungen angenommen , welche uns nun rätselhaft vor Augen liegen .
seinen Ernteertrag verschreiben und bald ist das halbe Dorf in seiner Tasche. Solche Kulaki, Dorfwucherer,
wörtlich » Fäuste« , stellen sich überall auch ohne semitische Zuthat ein und ziehen trotz gemeinsamer Abstammung und Religion ihren Brüdern das Fell über die Ohren . So sieht es im Paradiese des Ge meindebesitzes aus.
Man sollte unsere deutschen
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland . Von P. Seeberg (Stuttgart).
Socialdemokraten zu einem praktischen Lernkursus überzeugt,
(Schluss.) ')
mancher Socialdemokrat würde, nachdem er diese Verhältnisse kennen gelernt, ganz anders über seine theoretischen Ansichten zu denken beginnen . Ich
Diesen Gemeindebesitz nannte man das slawische
auf ein russisches Dorf schicken ; ich bin
bin der Ueberzeugung, dass der Gemeindebesitz so
Prinzip und blickte mit Hohn auf Westeuropa hin , wo infolge des Einzelbesitzes Reiche und Arme neben einander seien, ohne zu bedenken , dass alle halbbarbarischen Völker den Gemeindebesitz und periodische Umteilungen gehabt haben, auch die Germanen, und heute
oder anders wenigstens einer auf 25 oder noch mehr Jahre bemessenen Teilungsperiode Raum machen muss , wenn überhaupt eine Verbesserung der öko nomischen Lage im nördlichen Russland eintreten
noch die Eingeborenen in Java, die Indianer in Arizona,
soll. Auch Wallace und selbst der vorsichtig ur
und ganz natürlich, wenn noch keine intensive Arbeit auf Bodenverbesserung aufgewendet wird, son
teilende Leroy Beaulieu ?) sehen in ihm nur eine
dern Land nur Land ist.
Uebergangsstufe. — Ist der Bauer bei diesem System
Und nun die Folgen ? schlecht gefahren , so schlecht, dass viele, um nur
Natürlich verlor der einzelne jedes Interesse an
seinem, noch an fünf oder zehn Stellen aus einander geworfenen Landstück , da er nicht wusste, ob es übers Jahr nicht schon in andere Hände käme. Wie
hätte er eine Verbesserung aufwenden können, wenn er nicht gewiss war, ihre Früchte zu ernten ! Jetzt kommt die Pacht- oder die Steuerzahlung an die Regierung. Da muss wieder der Fleissige für den
dem Gemeindejoch zu entfliehen , nach Sibirien aus wandern und sich dort selbständig ansiedeln ") , so sind die Grossgrundbesitzer erst recht schlecht daran . Sie hatten keine Arbeiter ; nur wenn man diesen 1/3 ihres Lohnes vorausbezahlte, fanden sich einige
Bauernburschen ein, die dies Geld an die Gemeinde abzugeben hatten , damit die Steuern bezahlt werden könnten. Man kann sich denken , wie sie für den
Faulen eintreten . Ich erzähle aus dem Leben . Ein
Gutsbesitzer arbeiteten. Diese Art der Bodenbearbei
fleissiger Bauer hat sich acht Kühe erzogen . Der
tung musste bald aufgegeben werden 4). So blieb
Steuereinnehmer kommt und sagt : »Mein Freund, auf die Loskaufung schuldet eure Gemeinde noch 110 Rubel für diesen Termin ; ich muss auf deine Kühe Beschlag legen ; sie müssen zur Tilgung der Schuld versteigert werden « . »Herr« , sagt der Bauer, vich habe meine Kühe selbst erzogen ; ich möchte
denn nichts übrig , als das Land zu verpachten,
sie auch behalten . Hier habt Ihr das Geld « . Jetzt kommt der Herbst und die Sache ist dieselbe.
einen Wagen und ziehen durchs Land ; in einer anderen Wolost sogar 52 % .
»Nehmet meine Kühe « , sagt jetzt der Bauer , » aber ich habe einen Fluch darauf gesetzt, dass weder ich
2) » Le système d'allotissement aujourdhui en vigueur ajoute les defauts de l'individualisme , qui morcelle la terre à l'excès,
noch meine vier Söhne je mehr als eine Kuh be sitzen sollen ; die könnt Ihr mir nach dem Gesetz nicht nehmen « . Es gibt noch immer einige sla-
aux defauts du communisme, qui diminue l'attachement au sol et l'energie du travail . « Leroy Beaulieu , La Russie, I, p . 512 . » Ces parcelles emmelées manquent de libre issue. ... Par là les cultivateurs se tiennent mutuellement dans une dépendence fatale à toute initiative individuelle. « Daselbst, I, p . 513 . 3) Veber Tjumen allein im Jahre 1890 : 36 000 .
wische Schwärmer, die dies Prinzip als das Heil der 1) Vgl. zu dieser Schlussabteilung den lehrreichen Artikel Ballods in Nr. 6 und 7 des gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift,
Die Red .
meist für die Hälfte des Ertrages, und wie viel diese betrug, kann man sich vorstellen, wenn man erfährt , 1) Im Gouvernement Pensa betteln (1890 ) 47 % in einer
»Wolost« (Dorfgemeinschaft unter einem Oberschulzen [Starast]), schliessen ihre Häuser ab, setzen einen Greis oder ein Kind auf
4) Im Gouvernement Twer ging die Zahl der Grossgrund besitzer, die ihre Güter in Selbstbewirtschaftung hatten, von 2860 auf 1802 herunter . leren Gouvernements .
Aehnlich in anderen nördlichen und mitt.
Kultur- und Wirtschaftsbilder aus dem nördlichen Russland .
348
dass der Durchschnittsertrag dieser Gouvernements nur 3 oder 3 2 Korn über die Saat ausmacht. Doch ist es nicht Land oder Klima, dem die Geringfügig-
»Aber es wird euch leid thun . Andere werden kommen und es nehmen . «
Lasst andere es nehmen« , schlossen sie ; denn
keit dieses Ertrages schuld zu geben ist. Ich habe
diese Bauern leben überhaupt gar nicht mehr von
mich überzeugt , dass das Land bei guter Bearbeitung
ihrer Hände Arbeit , sondern nur vom Rupfen der
gar wohl 10 Korn und darüberträgt. Von einer
Sommerfrischler , wozu reichliche Gelegenheit sich
von Futterkräutern
Wechselwirtschaft mit Anbau
findet .
konnte bei dem bisherigen Betrieb der russischen
Und die anderen , d . h . deutsche Kolonisten ,
so erfreulicher
kamen aus der benachbarten Kolonie an der Newa .
ist es , dass sie in jüngster Zeit wenigstens auf
In drei Jahren war das Moor- und Waldland ent
Bauern nicht die Rede sein ; um
den Kartoffelbau ihre Aufmerksamkeit gerichtet wässert, urbar gemacht , in regelrechte Aecker ver haben.
Dass es nur das falsche Agrarprincip ist , das hier so traurige Ergebnisse herbeigeführt hat, ist
wandelt und mit netten Häusern besetzt , welche die Kolonisten im Sommer vermieten , und alles ge deiht auf das trefflichste. Ich will nicht sagen , dass
daraus zu ersehen , dass nicht nur der russische Bauer,
sie nicht auch die Petersburger Luftbedürftigen rupfen.
sondern auch die deutschen Kolonisten an der Wolga, der Verarmung entgegengehen " ) . Aber auch das
Das Rupfen kann ja nun einmal niemand je ganz verhindern ; aber sie arbeiten auch daneben ernst und gründlich. Die russischen Zeitungen aber
entgegengesetzte System , das den Grundbesitz jeder
schreien : Seht diese Deutschen ! Vor unseren Augen
anderen Ware gleichstellt und den moralischen Wert
nehmen sie unseren Bauern das Land weg ! Wie
der Sesshaftigkeit und vieles andere ganz übersieht,
lange soll man das dulden ?
die dies Prinzip angenommen haben , unaufhaltsam
dürfte schwerlich das richtige sein . Ist es doch unter
demselben in Oesterreich so weit gekommen , dass jährlich 11000 Landwirtschaften unter den Hammer
Die zweite Scene ist in der nördlichen Krim.
Ein russischer Admiral hat sie mir erzählt.
Ein
dortiger Gutsbesitzer, der aus den angegebenen Ur
gebracht werden , und die Verschuldung des Grund- sachen mit seinem Lande nichts anfangen konnte, besitzes in 20 Jahren von 1 ', Milliarden Gulden hatte dasselbe schliesslich den Mennoniten zur Pacht 2
auf 2 %; Milliarden gestiegen ist . Das ist doch auch ein Stück Sklaverei unter dem Namen der Freiheit. Doch es kann nicht meine Aufgabe sein , die so hoch wichtige Frage hier lösen zu wollen . Vielleicht aber liegt den Lesern eine andere näher, um so mehr, als die russische Presse nur zu
oft dazu Anlass gibt : die Stellung und die Zukunft der deutschen Kolonisten in Russland.
Statt jeder Erörterung möchte ich hier nur zwei charakteristische Scenen vorführen , eine aus dem Norden , die andere aus dem Süden . Der Graf Schuwalow hat eine anmutige Be-
sitzung, Pargalowo, 16 km von St. Petersburg. Sie
wird viel von Luftschnappern der Residenz aufgesucht . Als nun das russische Dorf daselbst bei Ge-
angeboten. Der Kontrakt wurde abgeschlossen und zugleich der Preis bestimmt, für den das Land nach Ablauf der Pachtjahre gekauft werden könnte. Dar
auf machten sich die Leute an die Arbeit ; jedem wurde sein Teil zugemessen , ein Haus gebaut, und sogar gleich aus Stein , mitten im Acker aber ein Stück zurückbehalten , das gemeinschaftlich bearbeitet wurde ; der Ertrag desselben wurde abgelegt, um nach zwölf Jahren die Kaufsumme herzugeben . » Siehst du ,« sagte der Admiral zu einem be nachbarten russischen Bauern , » siehst du , was die Deutschen da machen ?
»Natürlich sehe ich das ; unsereins kann das nicht . «
» Wie ? Seid ihr denn dümmer, als jene ?«
legenheit der Freilassung der Bauern seinen Anteil
»Das nun gerade nicht.
fast gleichlautende Beschreibung eines türkischen Geographen , Hadschi Chalfa, auch Katib
bracht hat, und bildet insbesondere für Cypern und Tschelebi genannt (* 1658), nach Norbergs das südöstliche Kleinasien eine höchst schätzens- Uebersetzung *) hierher: » Ibique, quae res homines werte Quelle. Die uns hier zunächst interessierende ingenii simplicis fefellit, in sacello, quod ex scopulo Stelle lautet (S. 59 der deutschen Uebers .) : » Von
Lamezim (d. i. Limassol) aus bestiegen wir den Berg des Heiligen Kreuzes , der über alle Berge
cavatum fuit, conspicua est crux lignea , Salbut ?) vocata, sed ab utraque sui extremitate ferro auroque
obducta : quae magnete hinc, inde posito , pendens
(Fortsetzung folgt.) von Cypern emporragt. Auf dem Gipfel des in aëre, praeceps non cadita , selben liegt ein kleines Kloster. Der Lebenswandel der Mönche entspricht, das müssen sie mir zu sagen Geographische Mitteilungen. erlauben , ihrem Stande sehr wenig. Im Kloster ist eine kleine Kapelle , in welcher jenes hochwürdige (Menke.) Am 14. Mai d . J. starb in Gotha im Kreuz mit grosser Ehrfurcht bewahrt wird . Das- 73. Lebensjahre Dr. phil. Theodor Menke, in weiten
selbe soll ohne einigen Anhalt in der Luft hängen Kreisen bekannt durch seine hervorragenden kartogra und hin und her schweben , was man jedoch nicht leicht zu sehen bekommt.
Dies Kreuz kam
dahin
? ) A. a . O., S. 393—410. 2) Itinéraires russes, S. 218 f. 3) Ebenda, S. 168 .
phisch - historischen Arbeiten . Geboren am 24. Mai 1819 in Bremen, studierte er Philologie und später Jus, pro movierte 1843 in Halle mit einer Dissertation über Lydien und war dann eine kurze Zeit als Lehrer an der Haupt schule , darauf als Advokat in seiner Vaterstadt und in
Vegesack thätig. Im September 1864 siedelte Dr. Menke
4) Αlex . ΙΧ , 2 : το επί θάτερα προσεχώρησεν όρει εις τον
επ' ονόματι του τιμίου σταυρου ανεγερθέντα πάλαι νεών προς πεφευγών. 5) Wilbrands von Oldenburg Reise nach Palästina und Kleinasien , lateinisch und deutsch , herausg. v. J. C. M. Laurent, Progr. d . Johanneums in Hamburg , 1859 . Der lateinische Text auch in Peregrinatores medii aevi quatuor rec . J. C. M. Laurent, Lips. 1864.
1) Manuel de la cosmographie, traduit par A. F. Mchren, Copenhague 1874 , S. 116 .
23)
Ar. Andó Kreuz, úló kreuzigen .
3) Gihan Numa, Geographia orientalis , ex Turcico in Latinum versa a Matth . Norberg. Lond . Goth . 1818. Vgl .
meine Bemerkungen in Ztschr. d. Ges. f. Erdk., 1890, S. 158 f.
Litteratur.
als Mitarbeiter an Justus Perthes' geographischer An stalt nach Gotha über. Seine drei Hauptwerke sind : I. der in vielen Auflagen verbreitete » Orbis antiqui
descriptio. In usum scholarum « , 2. die von ihm neu bearbeitete dritte Auflage von Spruners » Atlas An
tiquus « ( 31 kolorierte Karten, Gotha 1865 ) und 3. der
367
Voyage du R. P. Mercui de Quilimané au lac Nyassa et retour. 1889-1890 . Von Demselben . Epinal, 1892. 8 ° 25 S. Mit Karte . Seit der französische Geniekommandant De Lannoy zum
Truppendienst einberufen wurde, macht er auf uns den Eindruck des Pegasus im Joche. Der meisterhaft geführte, der afrikanischen Kartographie mit so grossem Erfolg gewidmete Griſfel mag nim
» Handatlas für die Geschichte des Mittelalters und der
mer der Hand entsinken . Zeugnis geben davon das trotz aller
neueren Zeit « (Dritte Auflage , Gotha 1879 ; 90 kolo
erdenklichen Last von Berufsgeschäften wackere Fortschreiten
rierte Karten in Kupferstich ), der nicht allein von der
der grossen Afrikakarte , aber auch die vorliegenden zwei sorg fältigen Broschüren, in deren einer er in Bezug auf die Errich
Kritik einstimmig als für die geschichtliche Wissenschaft
von höchster Bedeutung bezeichnet, sondern geradezu
tung und Diskussion der Sahara -Bahn dafür plädiert, » que l'on
als ein Denkmal deutscher Gelehrsamkeit und deutscher
ne devra confier les constructions de ces voies ferrées qu'à l'arınée aidée par des auxiliaires indigènes«, in deren anderer er
Kartographie hingestellt wurde.
(Mitteilung von Dr.
die afrikanische Topographie zwischen dem Indischen Ocean und
Wolkenhauer in Bremen .)
dem Nyassa -See um die Darstellung einer neuen Route längs des
(Erdumdrehung und Körperbeschaffenheit.) Eine interessante Frage hat unlängst F. Rosenberger,
der bekannte Verfasser einer sehr verdienstlichen » Ge schichte der Physik «, in Anregung gebracht. Bekannt lich wirkt die Erdumdrehung auf jeden horizontal be wegten Körper in der Weise ein , dass derselbe auf der Nordhalbkugel eine Ablenkung nach rechts, auf der Süd
An Wissenschaft und
Luala- und Mungo- Flusses bereichert.
strenger Kritik hat es De Lannoy nie gemangelt. Wien .
Ph . Paulitschke.
Auf dem Kriegspfad gegen die Massai. Eine Frühlings fahrt nach Deutsch -Ostafrika. Von Friedrich Kallenberg. Mit 86 Bildern und einer Karte . München , C. H. Beck , 1892 . 200 S.
halbkugel eine solche nach links erfährt; mit dieser
Man müsste sehr genügsam sein, wenn man durch die vor
Thatsache wird der aus inneren anatomischen Gründen
handenen Reiseberichte und Darstellungen von Forschern über Deutsch -Ostafrika sich hinsichtlich der Belehrung über alle Teile des dortigen Gebietes bereits befriedigt ſúhlte. Zwar ist es
absolut nicht erklärbare Umstand in Verbindung ge bracht, dass bei den Kulturvölkern ausnahmslos die
rechte Hand einen so entschiedenen Vorzug vor der
nicht an dem , dass jede Darstellung jener Länder und Volks
linken geniesst. Dass es schon im grauesten Altertum sich so verhielt, beweist unwiderleglich eine hier zu
stämme durch Augenzeugen uns zusagen könnte; vielmehr sehen wir es als eine Pflicht der Kritik an , sich ablehnend gegen solche Bücher zu verhalten , welche in der Weise einer vor wenigen
citierende Stelle des Alten Testamentes (Buch der Richter, Kap. III , Vers 15 ff.). Auf die auf die Natur unseres
Monaten erschienenen grösseren Arbeit über Ostafrika den An forderungen an geistige Schulung deutscher Autoren sehr wenig
räumlichen Erkennens näher eingehenden Betrachtungen
nachkommen . Eine grosse Anzahl von Abbildungen und ein reichliches Vielerlei reicht zu einer empfehlenswerten Landes
kann hier nur verwiesen werden ; uns berührt am näch sten der von Rosenberger gemachte Vorschlag , bei den Naturvölkern der südlichen Hemisphäre nachzu
beschreibung keineswegs aus.
forschen, ob nicht dort die Präponderanz der Hand eine umgekehrte ist. Wir möchten alle Freunde der
Wenn aber viele und ebenso originale als lehrreiche Bilder und ein tichtiger Text, sei es auch nur in Bezug auf einen be scheidenen Umkreis von Gebiet, uns Neues und Ergänzendes bringen , wie das Kallenbergsche Buch, dann haben wir wohl
Ethnographie zur Uebermittlung
dankbar
bezüglicher Wahr
einen
anerkennenswerten Fortschritt
zu
begrüssen.
nehmungen an die Redaktion dieser Zeitschrift ersuchen ,
Kallenbergs » Frühlingsfahrt«, in verständiger Kürze das weiter
machen aber zugleich darauf aufmerksam , dass an und für sich nur bei solchen Stämmen der Lage der Sache
ausgreifende Bereich seiner Reise gleichfalls skizzierend , empfiehlt sich auch dem Beleseneren infolge der Achtsamkeit , mit wel .
nach auf Erfolg zu rechnen wäre, deren Wohnsitz vom Aequator genügend weit entfernt ist . ( Berichte des
cher der Autor die Natur beobachtete, und durch die wahrheits
beflissene Berichterstattung über die Art und Weise, in welcher der Europäer dort seine Ziele verfolgt, sowie durch die Mannig
Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. M., 1892, Heft 2. ) (Ritters Lexikon .) Bei der alten Beliebtheit und
dass diesem Werkchen jedenfalls eine ehrenvolle Stelle in der Afrikalitteratur gesichert bleibt. Dies um so mehr, als der Ver
der praktischen Bedeutung von » Ritters geographisch
fasser der erste Künstler von Beruf ist , welcher als Augenzeuge
wird es weitere Leserkreise inter
durch Aufnahinen der verschiedensten Objekte teils bestätigend , teils neu veranschaulichend unser Wissen über das so wichtige
statistischem Lexikon
essieren , dass die Redaktion gegenwärtig mit Supple mentierung und Nachträgen beschäftigt ist, und wie früher schon verschiedene , den Inhalt des Werkes be
treffende Mitteilungen aus dem Publikum teils ergänzend,
faltigkeit der Schicksale seines Massaizuges ausreichend genug ,
Zwischengebiet zwischen der Küste und dem Kilimandscharo vorwärts führt.
Wir erfahren von ihm , dass das küstennahe 1
Land Bondei keineswegs den Ruf der Fruchtbarkeit in dem Umfange verdient, wie er bisher feststand , während umgekehrt das mehr binnen gelegene , gebirgige Pare trotz spärlicher Wasser läufe viel besser ausgestattet sei , als bis jetzt anerkannt war . Der so oft betonte Reichtum an Jagdwild wird von ihm in dem 3
teils berichtigend sich als sehr schätzenswert erwiesen haben , so wird auch ferner jede derartige Nachricht sehr willkommen sein. Auch Wünsche von Kommunen
und Privaten (Bäder, Kurorte, grosse industrielle Etablissements) werden gerne berücksichtigt. Alle Zu schriften sind an die Expedition des Lexikons, Verlags buchhandlung von Otto Wigand in Leipzig , Ross platz 3 , zu richten. (Mitteilung der Verlagsbuchhandlung.)
durchzogenen Gebiete nicht so vorgefunden , wie er auf Grund
früherer Darstellungen zu erwarten war. Leberhaupt werden durch Kallenberg bei aller Sympathie für die koloniale Ent wickelung doch enttäuschende Vorstellungen thunlichst hintan gehalten ; dies auch dadurch , dass er begründete Anstände, welche
von europäischen Stationsoberen verursacht werden, deutlich zum
Litteratur. Les possessions françaises de la Méditerranée du Soudan (Niger ). Von R. de Lannoy de Bissey. Lyon, 1891. 8 ° 35 S. Mit Karte.
Ausdruck bringt. Um so erfreulicher wirkt seine Ueberzeugung von der Tüchtigkeit, welche die verschiedenen init Militärgewalt
ausgestatteten Führer allenthalben bewähren . Die verderbliche (? Die Red .) Wirkung des englisch-deutschen Abkommens auf die dortige innere Entwickelung wird in verschiedenem Zusammenhange klargestellt .
Eine erwünschte Festigung des Urteils über die
Litteratur .
368
Massai, gegen welche die Expedition mehrere Kämpfe zu führen hatte , erhalten wir insofern, als Kallenberg die Darstellung, welche dieses Volk durch Dr. Peters erfuhr , völlig bestätigt , wie auch seine Kampfbilder diejenigen Tiedemanns in Peters'
Buch als ganz zutreffend erscheinen lassen. Ueberall ist Frische
Texte werden topographische Skizzen , Schichtenkarten u . s. w. beigegeben. Der Cyklus wird nach dem Plane des Verfassers folgende 25 Bilder umfassen :
A) Süddeutschland und Alpengebiet. 1. Das Wettersteingebirge, Typus der nördlichen Kalkalpen,
und Fortschritt in seiner Schreibweise ; die Naturschilderungen
Ketten- oder Faltengebirge.
wirken mit vorzüglicher Anschaulichkeit; eine selbständige Ge
2. Aus der Berninagruppe , Typus der Centralalpen , das
sinnung durchweht das Ganze, wie er z. B. auch der fast zur
Gletscherphänomen . 3. Der Rosengarten, Typus der südtiroler Dolomiten . 4. Der Königssee , Typus eines Hochgebirgssees. 5. Der Bodensee, Typus eines mit reichem Kulturleben aus gestatteten kandsees .
Mode gewordenen Zurücksetzung der deutschen protestantischen Mission trotz überwallender Begeisterung für Wissmann einen gerechten Widerspruch entgegensetzt .
Nach dem allem kann
sich diese Erstlingsarbeit eines deutschgesinnten und sachlichen Kolonialschriftstellers und gewissenhaften Künstlers die freund lichste Aufnahme in der Leserwelt versprechen. München .
W. Götz .
Dr. A. Geistbecks Geographische Landschafts . und Städtebilder von Deutschland und Europa. Bamberg, C. C. Buchner.
I. Lieferung .
6. München , Typus einer Residenz- und Kunststadt . 7. Die rauhe Alb, Typus eines Plattengebirges . 8. Stuttgart .
9. Der Schwarzwald , Typus des oberrheinischen Gebirgs systemes.
10. Mannheim -Ludwigshafen, Typus einer modernen Handels
Von allen Disciplinen , die an unseren Unterrichtsanstalten betrieben werden , ist , was Anschauungsmittel anlangt, die Geo.
graphie bislang am schlimmsten daran gewesen. Es ist deshalb
und Fabrikdoppelstadt, Panoramabild der Rheinebene mit
den Randgebirgen . B) Mittel- und Norddeutschland. 11. Der Rheindurchbruch bei Bingen und der Rheingau.
freudig zu begrüssen, dass ein Unternehmen ein buchhändle risches Wagestück ist es freilich Bilder in erforderlicher
12. Der Thüringerwald mit der Wartburg , deutsche Mittel
Grösse und in genügender künstlerischer Ausstattung der Schule zur Verfügung stellt, welche bei der Verwendung im Unterricht den Lehrer zwingen , das vielfach in kleinliche Systematik und
gebirgslandschaft. 13. Der Harz, Typus eines sogen. Massengebirges. 14. Das Elbsandsteingebirge, Typus eines Erosionsplateaus.
Nomenklatur ausartende Buch wissen über die Erde zu Gunsten
einer anschaulichen Kenntnis von der Beschaffenheit der
15. Norddeutsche Moorlandschaft aus dem Emsgebiete. 16. Rügen , Typus einer Steilküste.
Erdoberfläche einzuschränken . Ein buchhändlerisches Wagestück
17. Deutsche Nordseeküste , Typus einer Flachküste , Dünen
ist es insoferne, als es sich darum handelte, die Bilder zu einem
küste .
Preise zu beschaffen , dass auch minder bemittelte Schulen sie
18. Hamburg , Typus eines Flusshafens und einer Welthandels
anschaffen könnten ; nur dann war ja auf eine allgemeine An wendung zu hoffen . Mit einer allgemeinen Benutzung aber musste man rechnen , wenn man wirklich Gediegenes bieten wollte, weil sonst gewiss die Herstellungskosten nicht gedeckt
19. Kiel , deutsche Föhrdenküste, Kriegshafen . C) Ausserdeutsche Landschaften.
Nun steht der Schule thatsächlich um den
werden konnten .
stadt.
20. Norwegische Fjordlandschaft . 21. Die Steilküste von Südengland .
Preis von zwei Mark ein solches Bild zur Verfügung in der Grösse von 110 cin Länge und 84 cm Breite, ein guter, klarer Farbendruck ! Die zwei bis jetzt erschienenen Blätter , » Das
Wettersteingebirge « und » Aus der Berninagruppe« , sind Hilfs mittel für den Unterricht, wie sie sich der Lehrer nur wünschen kann . Es steht zu hoffen , dass auch die folgenden – auf 25 Nummern ist zunächst das Unternehmen ausgedehnt worden gleiche Vorzüge aufweisen . Es ist gar keine Frage, dass solche
22. Der Golf von Neapel mit dem Vesuv. 23. Athen mit der Akropolis, historische Landschaft. 24. Die Gartenlandschaft von Valencia oder Murcia, Vege tationsbild .
25. Nizza , südfranzösische Landschaft.
Möge das Werk glücklich durchgeführt werden ! Dann wird es ebenso in der Volksschule wie in
den Mittelschulen
die ganze
nützen . Ja auch der Lehrer der Hochschule wird mit Freuden
Lehrmethode unändern, den erziehlichen Wert des Geographie
von dem trefflichen Veranschaulichungsmittel Gebrauch machen
Hilfsmittel, wenn sie im Unterrichte benutzt werden , 1
lernens heben müssen .
Für manchen Schüler ist der Name
können .
Schweinfurt .
» Alpena ein recht vager Begriff ! Vielleicht taucht bei den vielen Bergnamen , mit denen ihn sein Geographiebuch bekannt
O. Steinel .
7
macht, ein Seitenstück zu dem nächsten Berge seiner Heimat ich habe lange Zeit noch in der Mittelschule damit die Vorstellung eines grossen Waldes ver
Berichtigung
in seiner Phantasie auf
In Nr. 22 (Seite 347 , Zeile 3 v, u .) ist durch Auslassen zweier Manu skript -Zeilen eine totale Veränderung des Sinnes herbeigeführt worden . Es
bunden , das weiss ich mich noch gut zu erinnern -- ; aber darf
sollte heissen : » Vgl . zu dieser Schlussabteilung den lehrreichen Artikel von in Nr. 6 und 7 des gegenwärtigen Jahrganges dieser Zeitschrift, sowie den auf gewisse Analogien hinweisenden Aufsatz Ballods über Südbrasilien ,
er nun die beiden Geistbeckschen Bilder sehen , so ist wirk . liches Wissen von den Dingen , nicht nur von den Namen für die Dinge gewonnen . Und wäre der Lehrer auch noch so un geschickt , da schöpft der Knabe ja selbst aus der Anschauung ; totes Wissen , wie es zur Zeit noch vielfach die Frucht des
welcher demnächst erscheinen wird ,
An die Mitarbeiter !
Geographieunterrichtes ist , kann bei Benutzung solcher Hilfsmittel nicht mehr oder doch nur bei ganz stumpfsinnigen Schülern vor
Der Herausgeber sieht sich genötigt, die Erklärung abzu geben, dass das » Ausland « für eine lange Zeit mit Material ver
kommen . Versteht aber der Lehrer, solche Bilder noch durch sein Wort zu beleben , so wird das Interesse und mit diesem das Verständnis für die Geographie in der denkbar giinstigsten Weise gefördert. Wie sollen Begriffe wie Gletscher , Moräne und ähnliche ohne Bild genügend einem Schüler erklärt werden !
sorgt ist , so dass Manuskripte , welche gegenwärtig eingehen,
Wie leicht hinwiederum ist an einem guten Bilde das Verständ nis hierfür zu erzielen !
Dr. Geistbeck ist bekannt durch
verschiedene geographische Arbeiten ; seine Bemühungen um den Geographieunterricht erfreuen sich allgemeiner Würdigung , so darf man sich mit Zuversicht eine weitere treffliche Unterstützung
kaum mehr Aussicht haben , noch im Laufe dieses Jahres
zur Veröffentlichung zu gelangen. Es wollen daher auch die. jenigen Autoren , deren Beiträge, den Absichten des Herausgebers
entgegen, noch nicht gedruckt werden konnten, die für alle Teile unerfreuliche Verzögerung mit der stofflichen Ueberfüllung der Zeitschrift entschuldigen !
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
beim Gebrauche der Landschafts- und Städtebilder « in dem
in Stuttgart.
Texte versprechen, den er zu den Bildern schreiben wird ; diesem
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER. Jahrgang 65, Nr. 24 .
Stuttgart, 11. Juni 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.—
Zu beziehen durch die Buchhandlungen des
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der GÜNTHER in München , Akademiestrasse 5 , zu senden .
einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND
MDCXL
In- und Auslandes und die Postämter.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. R. Falbs Wetterprognosen. Von W. J. van Bebber (Hamburg). S. 369. 2. Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande. Von Adolf Forster (Wien ). S. 372. - 3. Zur Physiographie der unteren Nilländer. Von Paul Pasig (Leipzig ). S. 374 . 4. Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. Von Otto Ankel (Frankfurt a. M.). S. 379. 5. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. Von Eugen Oberhummer (München ). (Fortsetzung.) S. 380. 6. Geographische Mitteilungen. (Duveyrier ; Die Wärıne des Mondes nochmals ; Zu den Reisen Emins.) S. 383. – 7. Litteratur. (Brinton ; Falb ; Pfeiffer; Timm .) S. 384.
R. Falbs Wetterprognosen .
Im Altertum wurden die Beziehungen des Mon des zum Wetter in Poesie und Prosa zusammen
Von W. J. van Bebber (Hamburg ).
getragen und hiernach die Arbeiten und überhaupt
Der Gedanke , die Witterungserscheinungen
die vorzunehmenden Geschäfte eingerichtet. Diese
unserer Erde , deren periodischer Verlauf innerhalb Wetterregeln, welche alle nach flüchtigem Eindrucke des Jahres so sehr hervorsticht, mit den Bewegungen am Himmel zu verknüpfen, liegt so ausserordentlich nahe , dass schon im grauesten Altertum die un-
und grillenhafter Willkür aufgestellt sind und der sicheren Grundlage der Erfahrung entbehren, haben sich nicht allein durch das Altertum
und Mittelalter
mittelbare Abhängigkeit dieser beiderlei Erscheinungen fortgepflanzt, sondern sie haben sich grossenteils, bis als
als etwas Feststehendes angenommen wurde.
Mit
Recht wurde in erster Linie die Sonne als die Ur-
in unser helles Jahrhundert hinein forterhalten Monumente einer überaus kindlichen Naturanschau
dieser unzweifelhafte Einfluss auf unser Wetter durch
ung , welche nicht der Erfahrung, sondern einer zügellosen Phantasie entsprang. In diese Klasse ge hören die Prophezeihungen eines hundertjährigen
Analogieschlüsse auch auf die übrigen Himmelskörper
Kalenders, die Bauernregeln , sowie alle die auf den
übertragen , und zwar um so mehr, als die ausser-
Einfluss des Mondes und der übrigen Gestirne ge stellten Wetterprognosen. Allerdings ist dieser Wetter
sache der jährlichen Periode der Witterungserscheinungen , insbesondere der Wärme angesehen und
ordentliche Mannigfaltigkeit der Bewegungen und Stellungen der Himmelskörper willkommene Erklä-
aberglaube , soweit er sich auf die Planeten und
rungsmomente abgaben für die ungewöhnlichen
Fixsterne bezieht , in der Jetztzeit nur auf das un
Witterungserscheinungen , welche den periodischen
gebildete Publikum beschränkt , aber der an Mond
und aus den einfachen
einflüsse geknüpfte Aberglaube wuchert in der Gegen wart bei einer nicht geringen Zahl von Gebildeten
Verlauf derselben
störten
Bewegungen der Sonne allein nicht zu erklären waren .
Insbesondere musste auch der Mond , das
noch unverändert fort.
Wenn auch dieser Aber
selnden Phasen den launenhaften Charakter des Wet-
glaube in ein wissenschaftliches Gewand eingehüllt ist, so bleibt die Grundlage doch nicht minder trügerisch als im grauesten Altertume. Jedenfalls haben wir es hier mit einem Aberglauben zu thun , so krass
Wie leicht
und so weit verbreitet , wie wir Gleiches in der
erschien es nicht, aus seinen verschiedenen Phasen und Stellungen ein System von Wettervorhersagen
Gegenwart nicht finden . Aber am auffallendsten ist dabei die Thatsache, dass die von der Wissen
nächstgrösste Gestirn nach der Sonne, offenbar einen sehr entschiedenen Einfluss auf unsere Witterungs-
erscheinungen haben ; stellte er doch in seinen wechters gewissermaassen symbolisch dar.
zusammenzustellen, welches sich durch eine Reihe der
schaft beigebrachten Beweise, welche die Unhaltbar
Erfahrung entnommener Einzelfälle nach und nach so einrichten lässt , dass dasselbe mit den nachfolgenden Thatbeständen in allen Fällen zur Zufrieden-
keit derartiger Anschauungen und Theorien unwider
heit ausfällt, wenn man die Kontrolle dem System
zu bannen oder zu beschränken .
zu liebe nur nicht so genau nimmt, und auf diese
leglich darthun , kaum eine Beachtung finden . So schwer ist es, einen einmal bestehenden Aberglauben Man sollte zwar glauben , dass derartige Vor
Weise lässt sich alles, auch das Widersprechendste,
gehen , auf Mondeinflüsse gestützt die Witterung
mit der Theorie vereinigen.
für beliebige Zeit voraus vorherzusagen , nach
Ausland 1892 , Nr. 24 .
47
R. Falbs Wetterprognosen .
370
und nach im Sande verlaufen müssten , wie es ja
mit den Wetterprognosen von Overzier , dessen
Den grössten theoretischen Wert haben nach Falb die Syzygien, also Neu- und Vollmond, aber
geräuschvolles Auftreten noch in frischer Erinnerung unserer Leser sein wird , der Fall war , aber
dieser Wert wechselt nach den einzelnen schwan
immer wieder erheben sich Männer, welche behaupten , das Geheimnis des Propheten zu besitzen und
gegenseitigen Gruppierungen, und hieraus entstehen kritische Tage erster, zweiter und dritter Ordnung.
vorgeben , auf Grund der vermeintlichen MondeinAlüsse Wetterprognosen aufstellen zu können , von denen sie einen verblüffenden Erfolg versprechen.
Was die Form anlangt, in welcher sich an solchen Tagen die atmosphärische Hochflut äussert
In der neuesten Zeit machen die auf Mondeinfluss
den kann, so ergaben sich aus vieljährigen Beobach
beruhenden Wetterprognosen des Herrn Falb nicht allein beim grossen Publikum, sondern auch bei einem
tungen folgende Erscheinungen :
kenden Stellungen und je nach dem Wechsel in den
und die als Charakteristik derselben betrachtet wer
» . Häufung der barometrischen Minima oder
nicht geringen Teil der Unterrichteten grosses Auf- Depressionen , Wirbelstürme und vermehrte Nieder sehen ,, und da dieselben durch die Zeitungen eine schläge im allgemeinen . ausserordentlich grosse Verbreitung gefunden haben 2. Gewitter im Winter oder zu Tageszeiten , in und ganz geeignet sind , die allgemeine Meinung über welchen sie an sich selten sind ( nachts, morgens). das Wesen und den Wert oder Unwert der Wetter3. Schneefälle im Sommer (im Hochgebirge) oder prognosen überhaupt irre zu leiten; so dürfte es sich in Gegenden, wo sie sehr selten auftreten (Unter
lohnen , dieselben hier etwas näher zu besprechen, italien, Südfrankreich, Nordafrika, Küste von Klein um so mehr, als sie eine treffliche Illustration zu
dem bekannten Erfahrungsgesetze bieten , dass der
asien ).
4. Gewitter gleichzeitig mit Schneegestöber an
Drang nach Wissen und Erkennen des Zukünftigen in der Regel stärker ist, als die Frage, woher dieses Wissen stammt, und dass diese Thatsache stets und
demselben Orte .
überall eine bedeutende Mehrheit der Menschen zur
6. Einbruch eines mit Wasserdampf gesättigten Südstromes in grossen Höhen , der sich entweder
Selbsttäuschung in diesen Dingen führt.
5. Die ersten Gewitter im Frühjahre und der erste Schnee im Herbste.
Es erscheint zweckentsprechend, zunächst einen
durch plötzliches Tauwetter oder durch einen tief
Einblick in das Falbsche System zu nehmen , wozu wir hauptsächlich die Ausführungen benutzen wollen,
blauen Himmel bei auffallend grosser Durchsichtig
mit welchen Falb seinen » Kalender der kritischen
keit der Atmosphäre verrät. 7. Kampf desselben mit einem sich entgegen
Tage « begleitet.
stellenden Nordstrome, charakterisiert durch Cirrus
Bekanntlich hat Laplace den anziehenden Ein- wölkchen oder überhaupt durch Wolken , die eine fluss des Mondes und der Sonne auf unsere Luft- grosse Neigung zur Bildung paralleler Streifen ver hülle rechnerisch untersucht und einen ganz mini-
raten , groben flockigen Lämmerwolken gleichen und
malen Betrag gefunden, der nur erst in der zweiten häufig eine gleichfalls parallele Querdurchfurchung Decimale eines Millimeters Barometerstand seinen aufweisen.. Regenbögen, Strichregen und häufiger Wechsel von Regen und Sonnenschein , ein soge Grösse findet Falb hinreichend genug , gewaltige nanntes ,Aprilwetter', erscheinen durch diese Cha Hochfluten in unserem Luftmeer zu erzeugen, welche rakteristik bedingt.« Bezüglich der Zeit, in welcher diese kritischen unter Umständen grosse atmosphärische Störungen Ausdruck findet , und diese verschwindend kleine
an jenen Tagen hervorbringen , an welchen Mond
Erscheinungen in Rücksicht auf die atmosphärische
und Sonne vermöge ihrer Stellung die grösste An-
Hochflut eintreten sollen , bemerkt Falb : dass eine
ziehung in Bezug aufunsere Lufthülle ausüben. Diese
Verfrühung von zwei Tagen vor dem berechneten
Tage, an welchen das Gleichgewicht der Atmosphäre kritischen Tage nahezu die Regel bildet. Dieses durch die verstärkte Flutkraft gestört ist, bezeichnet Falb als kritisch « .
» Die einzelnen Mondkonstellationen «, so bemerkt
gilt von den theoretisch stärksten Flutwerten, wäh rend die schwächeren eine Verspätung von zwei bis drei Tagen aufweisen .« So wörtlich Falb .
Falb , » deren jede für sich eine Verstärkung dieser
Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich , dass
Kraft bewirkt , sind nach der mathematischen Flut-
die » kritischen « Erscheinungen gar nicht so sehr selten sind , so dass wohl kein Tag vorkommen
theorie :
1. 2. 3. 4.
Die Der Die Der
Erdnähe des Mondes ( Perigaeum ). Aequatorstand des Mondes. Erdnähe der Sonne (Perihel). Aequatorstand der Sonne.
dürfte , an welchem
nicht die eine oder die andere
kritische Erscheinung in Europa oder in anderen Erdteilen , denn auch auf diese beruft sich Falb ,
vorkäme.
Dieser Umstand führt zu der wichtigen
5. Die Syzygien (Neu- und Vollmond), denen
Frage, wie sich die kritischen Erscheinungen auf
wir , mit Bezug auf die grösste Wirksamkeit des
die ganze Periode ohne Rücksicht auf die kritischen
letzteren Faktors ,
Tage verteilen. Gerade diese Frage ist ein wich tiges Moment, welches vom Publikum vollständig ausser Acht gelassen wird . Die Wetterprophezei
6. noch die Finsternisse der Sonne und des Mondes beiſügen müssen « .
R. Falbs Wetterprognosen.
371
ungen Falbs werden nur für die kritischen Tage
letzteren Falle als durchaus haltlos bezeichnet wer
gegeben , und nur auf diese richtet sich die Auf merksamkeit des Publikums, während die übrigen Tage , welche ausserhalb dieser kritischen Zeit liegen , keine oder doch nicht die gehörige Beachtung fin-
den muss.
Um diese eben ausgesprochene Frage zu ent scheiden , hat Professor Pernter in Insbruck eine sehr mühevolle, aber verdienstliche Untersuchung an
den . Wollen wir ein gegründetes Urteil über den gestellt , indem er den dreijährigen Zeitraum 1888 bis 1890 in Bezug auf die kritischen Erscheinungen ,, wozu er als Material die täglichen Wetter untersuchte
Wert der Falb schen Wetterprognosen uns ver-
schaffen , so muss notwendig untersucht werden , ob die kritischen Erscheinungen nur den kritischen Tagen eigen sind, oder doch sich vorzugsweise um die
berichte der Wiener meteorologischen Centralanstalt,
kritische Zeit schaaren, oder aber von der anderen
gaben der Münchener » Allgemeinen Zeitung« be
Seite, ob die kritischen Erscheinungen über die ganze Periode, also auch über die antikritische Zeit mehr oder weniger sich gleichmässig verteilen. Im ersteren Falle kann der Falbschen Theorie eine reelle Grund-
nutzte .
für die aussergewöhnlichen Erscheinungen die An
Einige Hauptergebnisse aus dieser interes
santen Arbeit wollen wir hier wiedergeben ?) , in dem wir die Durchsicht der vollständigen Abhand lung empfehlen.
lage nicht abgesprochen werden , wogegen sie im TABELLE I.
Witterungserscheinungen an kritischen und nicht kritischen Tagen . Kritische Tage
Antikritische Tage 6
1
8
11
1
2
3
Depressionen
6.8
6.0
6.7
7.0
6.9
7.2
6.9
6.8
6.5 6.5 6.8 6.8 7.3
Stürme
7.1 7.1
6.9
5.7
6. I
5.7
6.0
5.7
5.6
7.4 8.2 5.8
6.6
7.2
6.8
6.6
6.8
Ueberschwemmungen
I 2
13
6.8
6.9
6.8
5.5
6.3
9.0 10.1
7.9
9.0
6.8 6.4 6.4
6.1
5.8
5.8
7.0 11.I
6.2 5.7
6.4
Ganze Erde, alle Erscheinungen, Summe :
26
31
31
II
IO
3
8.1
6.6 | 6.9 6.5 | 5.8 7
10
6.9 6.4 7.0 6.5
Ungewöhnliche Erscheinungen
> )
9
6.3 7.2 7.3 6.1 7.2 8.5 5.6 4.5 10.1
Alle Erscheinungen, Mittel Finsternisse, alle Erscheinungen Desgl . bei Finsternissen
7
6.9
5.2 6.8
7.0
5.2
7.1
7.1
6.7 3.5 6.1
7.3
5.5
7.3
7.2
6.5
6.3
8.4
29
32
24
30
23
II
II
30 13
I2
8
II
10
6.4
8.1
7.1 7.6
7.3
5.8 8.0 6.4 28
22
13
8
29 6
6.7
29
6.8 6.4 7.1 | 6.9 5.8 9.0 6.7 3.4
Niederschlagshäufigkeit Niederschlagsmenge
5
4
6.4 5.8
14
15
6.8 (4.9) 9.0 (6.9) 6.8 (4.9)
/ )
19
7.8 (5.8) 7.9 (2.3) 7.6 (6.4) 7.5 (5.2) 9,0 7.6 (5.8) % 30 ( 19) 10 (6) )
1
15
TABELLE II . Antikritische
Kritische Hälfte
Depressionen Stürme
Niederschlagshäufigkeit Niederschlagsmenge
Hälfte
Anzahl der Fälle
%
%
49.9
49.9
I
46.5
53.3
1 099
50.4 51.5
49.4
21 IOO
48.5 50.6
150806 89
1817
Ueberschwemmungen
49.4
Ungewöhnliche Erscheinungen Alle Erscheinungen Finsternisse, alle Erscheinungen
55.5
44.5
72
50.7
49.4
174983
48.4
51.7
Ganze Erde, alle Erscheinungen
Summe : 206
Summe : 208 78 19
Desgl. bei Finsternissen
93
69
Mit Ausnahme der Punkte 6 und 7 , welche ist der 11. jedesmal der kritische Tag, den von die » zu vag und zu weitgehend und auch für die Praxis sem am weitesten abstehenden Tag, den 4. können belanglos« erschienen , untersuchte Pernter die wir als antikritischen « bezeichnen . Wir können übrigen Punkte in Bezug auf die ganze Periode. hiernach die Pentade vom 9. bis zum 13. als die Unsere Tabelle veranschaulicht einige Hauptergebnisse kritische , und diejenige vom 2. bis zum 6. als die dieser Untersuchung. Was die Einrichtung dieser antikritische , ebenso die Zeit vom 8. bis zum 14 . Tabelle anbelangt, so sind die Häufigkeiten der kri- als die kritische Hälfte und die vom 1. bis zum 7 . tischen Erscheinungen für jeden Tag der ungefähr als die antikritische Hälfte auffassen. Es sei noch 15 Tage umfassenden Periode angegeben. Der Ab 1) » Falbs kritische Tage « in Sammlung populärer Schriften stand zweier kritischer Tage beträgt näinlich nahezu herausgegeben der Gesellschaft » Urania « zu Berlin, Heft 10. 15 Tage, manchmal 14, manchmal 16 Tage, so dass Wir ermangelnvonnicht, auf diese interessante Broschüre , sowie die unter 15 stehenden Zahlen mit den übrigen auf die anderen sehr gediegenen Schriften dieser Sammlung ganz nicht ohne weiteres vergleichbar sind. In der Tabelle besonders aufmerksam zu machen . )
Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande.
372
bemerkt, dass die ersten 8 Horizontalreihen sich auf | H. Meyer , Sohncke , Leyst u. a. beruft, so hat Europa beziehen und in Prozenten angegeben sind, dieses keinerlei Bedeutung , denn ich bin fest über während die beiden letzten Horizontalreihen für die zeugt, dass alle diese Herren sich dagegen verwahren, ganze Erde gelten und einfach die Summe bedeuten. wenn ihnen vorgeworfen würde, dass sie dem Falb Eine auch nur oberflächliche Betrachtung unserer schen Vorgehen in irgend einer Weise Vorschub Tabelle zeigt keineswegs eine Bevorzugung der kri- geleistet hätten . tischen Tage vor den antikritischen , vielmehr sind Die vorstehenden Darlegungen dürften auch das die Häufigkeitszahlen über die ganze Periode auf- grosse Publikum in stand setzen , ein gegründetes fallend gleichmässig verteilt ; die geringen Schwan- Urteil über den Wert oder Unwert der Falbschen kungen , welche sich hier und dort zeigen , sind Wetterprognosen sich zu verschaffen , und wir müssen offenbar dem Zufall zu danken . Die mit fettem es ihm anheimstellen , die bisherige Ansicht beizu Drucke hervorgehobenen Zahlen veranschaulichen behalten oder nicht. Wir können nur dem Aus die Maxima der Häufigkeit der kritischen Erschei- spruche Pernters beipflichten . Wenn Falb , statt
nungen. Auch diese zeigen eine sehr unregelmässige Neumond und Vollmond, einen beliebigen anderen Verteilung, so dass auch hier nicht von einer Be-
Tag zwischen diesen beiden als kritischen bezeichnet hätte, so hätte er damit ziemlich die gleichen Er Die zweite, kleinere Tabelle vergleicht die kri- folge erzielt , wie mit seinen jetzigen kritischen tische Hälfte mit der antikritischen . Als kritische Tagen . Hälfte wurde der Zeitraum vom 8. bis zum 14 . Wir haben es also hier, wie wir im Eingange be jedes Monats gerechnet , als antikritische derjenige merkten , mit einem Aberglauben zu thun, so krass >
vorzugung der kritischen Tage die Rede sein kann .
vom 1. bis zum 7. , während die kritischen Erschei-
und so weit verbreitet, dass wir in der Jetztzeit kein
nungen des 15. Tages zur Hälfte zu den kritischen, Analogon hierfür finden, und so erscheint es uns zur Hälfte zu den antikritischen gerechnet wurden . Hiernach fällt die grösste Häufigkeit der kritischen Erscheinungen mit geringem Ueberschuss, der für die Wetterprognosen gar nicht in Betracht kommen
gewissermaassen als Pflicht, ihn zu bekämpfen und ihn nach Kräften einzuschränken . Und hier könnte
die Schule ausserordentlich viel mithelfen, indem den Kindern öfters gesagt und erklärt würde , dass der
kann , bald nach dieser , bald nach der anderen
Mond auf unsere Witterungserscheinungen keinen
Seite.
merklichen Einfluss ausübt . Schon die Aufnahme eines
Wenn sich Falb zu Gunsten seiner Theorie
solchen einfachen Satzes in die Lesefibel würde
auf die Arbeiten der Herren Köppen , Seemann , 1 jedenfalls ungemein wirkungsvoll sein.
Ueber den Zusammenhang der Klarheit
des Flusswassers mit dem Wasserstande ').
schwindet. Die Entfernung der Messingplatte von der Oberfläche des Wassers in Centimetern gibt den Klarheitsgrad. Die Monatsmittel dieser Beobach
Von Adolf Forster (Wien).
tungen werden für die Zeit vom 1. April 1883 bis Seit April 1883 werden vom städtischen Wasser-
werke zu Breslau Beobachtungen über den Klar-
Ende März 1888 vom Direktor des Wasserwerkes Herrn V. Schneider in der Schrift: »Die Wasser
heitsgrad des Oderwassers , das zur Wasserver-
versorgung von Breslau früher und jetzt« 1) mitge
sorgung der Stadt verwendet wird, mittels des sehr teilt . Dieselben zeigen einen regelmässigen jährlichen einfachen Apparates von Arnold Samuelson angestellt. Eine 25 bis 30 mm weite Glasröhre , die an einem Ende geschlossen , wird mit dem zu untersuchenden Wasser gefüllt und in dieses eine Messingplatte so tief hinabgelassen , bis sie dem Auge entKlarheitsgrad in
Jan.
Febr.
Centimeter
52.1
46.6
Gang des Klarheitsgrades mit dem Maximum des selben in den Wintermonaten und dem Minimum in den Sommermonaten .
April
Mai
Juni
33.6
31.1
28.8
20.2
tember bis Februar über demselben.
Berechnen wir
Mittel der fünf Be
Gang:
März
Danach fällt das Maximum des Klarheitsgrades oder die grösste Klarheit des Oderwassers in den Januar, das Minimum oder die grösste Trübung des Oderwassers in den Juli. Von März bis August sind die Monatsmittel unter dem Jahresmittel, vom Sep
Im
obachtungsjahre erhalten wir folgenden jährlichen Juli 18.9 *
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jahr
25.9
40.3
42.3
44.9
39. I
35.5
für das Sommerhalbjahr einen Klarheitsgrad von 27.5 cm Winter
Jahr
۱۱
ܙܙ
11
1
43. I
71
10
35.3 »
1
also ein Ergebnis , wie es schon oben mitgeteilt wurde .
Es lag nahe, diese Erscheinung mit dem gleich
aus den mitgeteilten Werten die Mittel für das Som- zeitigen Wasserstand der Oder zu vergleichen. Da
mer- und Winterhalbjahr, also April bis September,, mir aber die entsprechenden Pegelbeobachtungen an bzw. Oktober bis März, so erhalten wir : 1) Nach fünfjährigen Beobachtungen an der Oder zu Breslau.
1) Im Anhang der » Festschrift zur Feier der XXIX. Ver sammlung des Vereins deutscher Ingenieure am 20. August 1888 in Breslaua . Herausgegeben vom Magistrat.
Ueber den Zusammenhang der Klarheit des Flusswassers mit dem Wasserstande.
der Oder zu Breslau nicht zur Verfügung standen ,
Entsprechend der Natur eines Mittelgebirgs flusses hat die Oder ihr Hochwasser im Frühjahr (März und April) infolge der Schneeschmelze, ihr Niederwasser im Herbst. Die fünfjährigen Monats
so behalf ich mich mit den in der Statistik des
Deutschen Reiches ) enthaltenen Monatsmitteln des Wasserstandes
Unterwassers der Oder
des
373
am
Pegel der Tiergartenschleuse bei Ohlau. Da die Oder auf der 30 km langen Strecke zwischen
mittel des Wasserstandes der Oder zu Ohlau der
Ohlau und Breslau keinen nennenswerten Zu-
Periode 1. April 1883 bis Ende März 1888 zeigen in Uebereinstimmung mit den 25jährigen Monats
fluss erhält , so kann wegen Verwendung dieser
mitteln der Periode 1863-1887 ganz deutlich diesen
Werte kein Bedenken erhoben werden .
Gang.
Wasserstand der Oder zu Ohlau in Meter : Jan.
Mittel aus der Zeit
vom 1./IV . 1883 bis 31./III . 1888 von 1863 bis 1887
1.39 1.45
Febr.
März
1.52 1.74
2.08
April 1.84 2.01
2.01
Mai 1.54 1.54
Juni 1.58
Juli
Aug.
Nov.
Dez.
Jahr
1.04
Sept. 0.68 *
Okt.
1.42
0.99
0.96
1.38
1.24
0.96
0.98
0.69 *
0.75
0.94
1.47 1.28
1.30
Berechnen wir auch hieraus die Mittel für | Klarheitsgrades gegenüber, so zeigt sich nicht die wir : so erhaltenPeriode Sommer- und Winterhalbjahr,Periode 1883 --1888
1863-1887
( m)
(m )
1.40 1.35
1.30
zu erwartende Uebereinstimmung, dass den Monats mitteln kleinsten Wasserstandes solche der grössten Klarheit und umgekehrt den Monatsmitteln grössten
Es sind also innerhalb der zur Untersuchung
Wasserstandes solche der geringsten Klarheit bzw. der grössten Trübung gegenüberstehen. Und doch herrscht eine Beziehung zwischen Wasserstand und
verwendeten Perioden die Wasserstände des Sommerund Winterhalbjahrs im Mittel einander nahezu gleich. Halten wir die Resultate aus den Wasserstandsbeobachtungen jenen aus den Beobachtungen des
Klarheitsgrad. Dieselbe zeigt sich bei einer Ver gleichung der grössten Monatsmittel des Klarheits grades mit den absolut höchsten Wasserständen, wie folgende Gegenüberstellung lehrt.
für das Sommerhalbjahr Winter
1.24
Es trat ein
die grösste Trübung
in der Zeit vom
in den Monaten
1./IV. 1883 bis 31./III . 1884 1884 1885
Juni, Juli
1885
Juli Juli
1886
27
1886
1887
1887
1888
1
April , Juni , Juli , März Juni, Juli , März
Vergleichen wir auch die kleinsten Monatsmittel des Klarheitsgrades mit den kleinsten Monatsmitteln des Wasserstandes.
Danach hatten wir die geringste Trübung
in der Zeit vom
NiederWasser
der Oder in den Monaten
1./IV . 1883 bis 31., III. 1884 1884 1885 1886
1887
Oktober, November
91
19
19
)
1887
Januar Januar Februar
97
1888
Januar
1885 1886
der höchste absolute Wasserstand der Oder zu Breslau zu Ohlau am in den Monaten
Oktober September September September September
24. Juni
Juni, Juli Juli Mai , Juli , März April, Juni, März
31. März
März
14. März
25. Juni
1. April
Monaten am stärksten . Diese plötzlichen und starken Sommerregen bewirken die grösste Abspülung und den stärksten Transport des abgespülten Materiales. Da die Hochwasser, die durch diese Regengüsse her vorgerufen werden , meist ebenso schnell sich ver laufen , als sie eintreten , so brauchen sie sich eventuell
gar nicht in den Monatsmitteln des Wasserstandes zu äussern , zumal wenn bald darauf Niederwasser
eintritt. In deutlicher Weise werden jedoch diese Monatsmittel von den Frühlingshochwassern beein flusst .
Aus diesen Gegenüberstellungen ergibt sich nun
Geht die Schneeschmelze, mit der letztere aufs
folgendes : die geringste Klarheit zeigt die Oder in
innigste zusammenhängen , im oberen Odergebiete
den Sommermonaten . Es sind für die Klarheit die infolge der zunehmenden Intensität der Sonnen kurzen Sommerhochwasser von grossem Einfluss, strahlung allmählich von statten , so ist mit den die ihre Entstehung plötzlichen und starken Nieder Frühlingshochwassern eine nicht allzu starke Trü schlägen verdanken. Nach den Untersuchungen von
bung des Oderwassers verbunden . Vollzieht sich
van Bebber, Hann und Kolbenheyer fällt das jedoch die Schneeschmelze dortselbst durch den Ein Maximum der Niederschläge im oberen Oder tritt starker und warmer Frühlingsregen sehr rasch, gebiete in den Sommermonaten , insbesondere Juni wie im März 1887 und 1888,, so sind die Frühlings und Juli, und auch die Regenintensität ist in diesen wasser in Bezug auf die Trübung des Oderwassers von derselben Wirksamkeit, wie die Sommerhoch 1 ) Dritte Abteilung der jährlich erscheinenden Nachweise über den » Verkehr auf den Deutschen Wasserstrassen «, nämlich :
Nachweisung der an einer Anzahl Pegeln der deutschen Wasser strassen beobachteten Wasserstände, nebst Bemerkungen über die
Schiffahrtszeit. Von 1872 ab .
Dieselben bringen ausser den
Monatsmitteln auch die monatlichen Extreme des Wasserstandes. Ausland 1892 , Nr . 21
wasser .
Es findet dann ebenfalls eine starke Ab
spülung und ein starker Transport des abgespülten Materiales statt .
Die grösste Klarheit zeigt die Oder nicht zur Zeit ihres Niederwassers im September, sondern im 48
Zur Physiographie der unteren Nilländer.
374
Winter. Dies hängt gleichfalls mit den Niederschlags- | Zur Physiographie der unteren Nilländer. verhältnissen innig zusammen. Im September können Von Paul Pasig (Leipzig ). noch kurze Sommerhochwasser die oben besprochene
Wirkung hervorbringen . In den Wintermonaten aber
Wenn die schlanken Dattelpalmen dicht unter
fällt im oberen Odergebiet der Niederschlag meist in fester Form , der Fluss wird hauptsächlich durch
ihren schöngeformten Kronen ihre gelblichen Blüten kolben hervortreiben ; wenn die im frischen , hell
Quellen und Grundwassermassen , die sich bei Hoch-
glänzenden Blätterschmucke prangenden Orangen
wasser in seinen Alluvien angesammelt haben , gebäume weit umher ihre süssen, berauschenden Düfte speist
, weshalb er zu dieser Jahreszeit die grösste verstreuen ; wenn die fast schmarotzerartig wuchern
Klarheit zeigt.
den baumähnlichen Oleandersträucher ihre bald im
Treten aber ausnahmsweise im Winter starke glühendsten Rot, bald im blendendsten Weiss leuch Regen ein , so wird sofort der Klarheitsgrad er- tenden vollwichtigen Blütenbüschel tief zur Erde
niedrigt, wie es ein Beispiel deutlich zeigt. Im neigen : dann schwelgt das ehrwürdige Pharaonen Dezember 1886 fielen im linksseitigen oberen Oder-
land im Genusse seiner leider nur allzu kurz be
gebiete grosse Niederschläge, in Zusammenhang da- messenen wonnevollen Frühlingszeit, und es mutet mit steht auch eine starke Trübung der Oder zu Breslau , wie dies aus folgenden Zahlen sich ergibt : November
Klarheitsgrad : cm 52.5
Dezember 28.0
Januar 56.0
den nordischen Fremdling an , als wehe ein Hauch aus dem verlorenen Paradiese über die sonnenbe
glänzten Gefilde dieses bevorzugten Erdenstriches. Zwar pflegt die Wissenschaft weder von einem ägyp tischen Herbste noch von einem solchen Frühlinge
Leider stehen mir nicht die täglichen Ergeb-
zu reden und beschränkt den für das Gedeihen und
nisse der Beobachtungen über den Klarheitsgrad
die Physiognomie eines Landes ebenso notwendigen
zu Gebot . Dieselben würden interessante Aufschlüsse
als wohlthuenden Wechsel der Jahreszeiten unter
über den grössten und geringsten Betrag des Klar-
subtropischem Himmel auf einen etwa drei Monate
heitsgrades, sowie nicht minder interessante über die Aenderung desselben von Tag zu Tag , ins-
(Dezember bis Februar) währenden sogenannten
besondere bei Hochwasser geben können. Bezüglich
»Winter« und die heisse Jahreszeit, die als Sommer den übrigen Teil des Jahres ausfüllt. Einem auf
des kleinsten Klarheitsgrades ist in der angeführten
merksamen Beobachter indessen kann es nicht ent
Schrift bemerkt , dass bei Hochwasser bereits bei
gehen , dass diese hergebrachte Auffassung wenig
5 cm Tiefe die Messingplatte im Apparat dem Auge
stens für Mittel- und Unterägypten durchaus irrtüm lich ist . Denn der Uebergang von der herkömm
entschwindet, während sie in filtriertem Wasser bis in eine Tiefe von 105 cm sichtbar bleibt .
Beobachtungen dieser Art an anderen Flussläufen werden ein ähnliches Verhalten ergeben . Die während des Jahres 1890 von Boné Ba ëff an der Arve zu Genf ') täglich regelmässig vorgenommenen hydrologischen Untersuchungen weisen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Wasserstand und Geschwin-
digkeit einerseits und Klarheitsgrad und Menge des
lich als » Winter« bezeichneten kühleren Periode,
die in der That wie bei uns zugleich eine Zeit teil
weiser und augenscheinlicher Säftestockung und Ruhe für die Pflanzenwelt ist, zur heissen Jahreszeit, d . h .
dem Sommer , vollzieht sich in so auffälliger und charakteristischer Weise, dass derselbe mit vollstem Rechte als Frühling bezeichnet werden muss .
suspendierten Materiales andererseits auf . Als ein anderes Beispiel kann die Donau angeführt werden . ) Dieselbe zeigt bei Wien im Sommer , wo sie der Schneeschmelze im Hochgebirge und starken Sommerregen der Niederungen ihr Hochwasser verdankt, eine schmutzig- gelbe Farbe, während sie im Winter,
Andererseits aber ist der sogenannte „Winter« nichts als ein milder, segenspendender Herbst , der sicher lich die Bezeichnung als Winter nur ganz entfernt rechtfertigt. Wir treffen daher unzweifelhaft das Rechte, wenn wir statt von zwei von drei Jahres zeiten in Mittel- und Unterägypten reden : dem etwa sieben Monate andauernden heissen Sommer (Mitte
wo sie hauptsächlich nur durch Quellen und Grundwasser gespeist wird , zu der im Lied gefeierten
April bis Mitte November ), dem drei Monate wäh renden kühleren Herbste (Mitte November bis Mitte
» schönen blauen Donau « wird .
Februar ) und dem leider nur zwei Monate das Land beglückenden , in seiner ersten Hälfte ungleich an 1) Boné Baëff, Les eaux de l'Arve. Genève 1891. Uni- genehmeren Frühling (Mitte Februar bis Mitte versité de Genève. Ich werde an anderer Stelle die darin mitApril). geteilten sehr interessanten, jedoch nicht ganz verarbeiteten Be. obachtungen eingehend besprechen.
2) Penck , Die Donau . Schriften des Vereines zur Ver breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien . XXXI . Bd . S. 18. Auch in Separatausgabe erschienen . Wien, Hölzel, 1891 .
Um zunächst ein kurzes Wort über die als
» Herbst« bezeichnete Jahreszeit vorauszuschicken , so hat dieselbe wenigstens teilweise mit dem nor dischen Herbste das Gemeinsame, dass sie mannig
fache Unannehmlichkeiten in ihrem
Gefolge hat.
Wir meinen darunter in erster Linie jene dichten
Morgen nebel, die nicht selten so intensiv auf treten , dass erst die Strahlen der Mittagssonne sie
Zur Physiographie der unteren Nilländer.
zu scheuchen vermögen. Dass der erhöhte Feuchtigkeitsgehalt der Luft in jener Zeit, der zum guten
Teile auf Rechnung der vorangegangenen Nilüberschwemmung zu setzen ist und 60-70 % beträgt,
375
Vorzug , dass während dieser ganzen Zeit Fluren und Felder im
üppigsten Grün prangen , und die
meisten Bäume und Sträucher das Auge noch durch ihren frischgrünen Blätterschmuck erfreuen . Ja, selbst
zugleich eine mässige und im allgemeinen sehr wohl- an Blüten ist der ägyptische Herbst nicht arm, und thuende Temperaturerniedrigung verursacht, ist weisse und rote Rosen blühen und duften weiter, einleuchtend. Das Mittel mag etwa + 15 ° C. be- unbekümmert um die dicht vermummten Einge tragen. Erst gegen Ende dieser herbstlichen Jahres - borenen, die fröstelnd und die » Königin der Blumen « zeit, Ende Januar und Anfang Februar, erreicht das keines Blickes würdigend vorüberhuschen . Trotz alledem lässt sich nicht verkennen , dass Thermometer seinen tiefsten Stand, d . h . + 2 ° bis in der ägyptischen Pflanzenwelt um diese Zeit auch vor kurz 4 ° C. , ja, Eispunkt am Rande der Wüste, Sonnenaufgang, und Tagesmittel von 10 ° C. ge- eine Säftestockung eingetreten ist, die sich teils in bei hören dann keineswegs zu den Seltenheiten . Das weitem vermindertem Wachstum , teils in vollstän bedeutet aber für Einheimische so gut wie für Fremde digem Stillstande desselben äussert, soweit nicht ge eine recht empfindliche Kälte.. Denn wir wollen rade, wie oben erwähnt, Cerealien und Futterkräuter nicht vergessen , dass im beständig warmen Klima in Betracht kommen , die auf den durch den fetten
bei weitem reizbarerist, als Nilschlamm aufs neue befruchteten Aeckern in ganz an sich schon die unterHaut wechselnden Temperaturverhältnissen. Dann unglaublicher Weise wuchern . Dagegen beginnen aber ist die Bauart der Häuser im Oriente selbst
in den europäischen Quartieren eine derartige, dass sie wohl den Bedürfnissen einer längeren Wärmeperiode, nicht aber vorübergehender kühlerer Zeiten entspricht. Oefen und Kamine fehlen natürlich gänz-
namentlich Bäume und Sträucher europäischen Ur sprunges, sowie die zahlreichen Akazienarten, Wei den und Pappeln allmählich ihren Blätterschmuck zu verlieren , und selbst die majestätische Banane, bekanntlich eine Musa , treibt sparsamer ihre hoch
lich , und der Verschluss an Fenstern und Thürenragenden Blätter , die nach und nach , jammervoll ist ein höchst mangelhafter. Ausserdem sind sämt- zerzaust, ein Bild kümmerlichen Daseins bieten . liche Räume von übermässiger Höhe, und die FussDie ersten Spuren des nahenden Lenzes machen böden fast durchgängig mit Steinplatten belegt. Am sich an den zahlreichen , zum guten Teile wild unerquicklichsten geberdet sich indessen der sub- wachsenden Pfirsich- und Aprikosenbäumen (Misch
tropische Herbst, wenn der zeitweilig wolkenver- misch) bemerkbar. Ihre kahlen , blätterlosen Kronen hangene Himmel als Ersatz für die fehlenden perio-
erscheinen in den ersten Februartagen nicht selten
dischen Regengüsse vorübergehend einige Tropfen wie über Nacht mit Blütenschnee überschüttet, und seines für andere Zonen unentbehrlichen Nasses
es gewährt dann einen eigenartigen Anblick, inmitten
spendet , was nur während der Monate Dezember bis März der Fall ist. Zwar beträgt die Zahl der in
der subtropischen Palmenflora solch ein Bild gemäs
diese Zeit fallenden Regentage durchschnittlich etwa zehn bis zwölf, und die Regenmenge ist eine verhältnismässig überaus bescheidene , da andauernde Regengüsse nur äusserst selten vorkommen . Gleich
wohl genügt ein kaum stundenlanger Regenschauer vollkommen, um binnen kurzem Weg und Steg in ein Kotmeer zu verwandeln und oft auf Tage unpassierbar zu machen . Der ägyptische Herbst ähnelt im ferneren auch darin dem unserigen, dass er einige der für das Land wichtigsten Ernten in seinem Gefolge hat. Wir meinen in erster Linie die Dattelernte (November bis Dezember) , Orangen- und
sigter und nördlicher Breiten vor Augen zu sehen . Etwas später , Anfang März , folgen die Orangen bäume und mit ihnen eine Unzahl von einheimi
schen Bäumen und Sträuchern, deren Blüten gleich der Orangenblüte berauschend süsse Düfte verbreiten . Ein Spaziergang am Spätabend, wenn am tiefblauen Firmament Millionen Sterne in magischem Glanze leuchten und der Mond wie ein silberner Nachen
im unergründlichen Himmelsozeane schwimmt, ge
währt dann einen einzigartigen Genuss und ruft un willkürlich Bilder aus der duftumwobenen Zauber und Märchenwelt von Tausend und einer Nacht
wach .
Denn von allen Seiten hauchen Balsam
und
Mandarinenernte (Dezember bis Januar), die Zucker-
Würze, kosen milde Zephyre , leuchten buntfarbige
rohrernte u. a. m . Freilich eine Erntezeit im ausschliesslichen Sinne ist auch dieser Herbst nicht.
Blütenkelche , lacht weit und breit die unbeschreib liche Pracht und der uralte und doch ewig junge,
Denn in Aegypten wird im Grunde genommen
Herz und Sinn bestrickende Zauber des orientalischen Wesens. Die Zahl der namentlich zu Hecken und
ausser während der Nilüberschwemmung das ganze Jahr hindurch geerntet , und jeder Monat hat seine besonders in ihm reifende Fruchtgattung . Was aber den ägyptischen Herbst prinzipiell von dem nordischen unterscheidet, das ist einerseits die Reinheit
Zäunen verwendeten Sträucher und Schlinggewächse ist ebenso mannigfaltig wie das Kolorit und die Formen ihrer oft wundersam gestalteten Blütenkelche.
und Klarheit der Luft, die namentlich im Dezember
und sternförmigen Gebilde vor.
Doch herrschen unter letzteren offenbar die trichter Als interessanteste
und Januar den Anblick des nächtlichen Sternhim - Spezialität der hier heimischen Heckenpflanzen sei mels zu einem geradezu zauberhaften Phänomen ge- die edle Passionsblume (Passiflora) erwähnt, die staltet, andererseits der gewiss nicht zu unterschätzende
etwa Anfang April ihre umfangreiche, zartviolette >
Zur Physiographie der unteren Nilländer .
376
Sternblüte erschliesst , in welcher sinnige Deutung
wohl dürfen wir an dieser Stelle dieses interessante
die Marterwerkzeuge des Erlösers (Dornenkrone,
Gebiet um so weniger ganz vernachlässigen, als sich
Nägel , Kreuz, Schwamm ) entdeckt hat.
aus derselben wenigstens zum Teile eine auffällige
Um diese Zeit steht der ägyptische Frühling
Erscheinung erklärt, die nach mehrjährigen Erfah Wir meinen
auf dem Gipfel seiner Entfaltung. Denn nun haben mit einigen wenigen Ausnahmen sämtliche Bäume
rungen im Delta beobachtet wurde .
und Sträucher , die ihres Blätterschmuckes verlustig
und die, namentlich was die Anzahl der Tage, an
gegangen waren , ihr neues, duftiges Gewand ange-
denen solche stattfinden, betrifft, sich gegen früher
die Niederschläge , von denen eben die Rede war
legt und prangen in verjüngter Pracht. Diese Meta - verdoppelt, ja verdreifacht haben. Denn Mittel- und morphose vollzieht sich meist in unglaublich kurzer
Unterägypten gehören zur sogenannten regenfreien
Zeit, und es gehört keineswegs zu den Seltenheiten,
Zone. Gleichwohl zählte ich während meines letzten
dass gewisse Bäume, wie z . B. die bekannte Leb-
Aufenthaltes in Aegypten fünfzehn Regentage, von
bachakazie (Albizzia Lebbek) , der Promenadenbaum des Nillandes, innerhalb einer einzigen Woche
denen drei in den Monat Dezember , sechs in den Januar, drei in den Februar, zwei in den März und
ihr Laubgewand wechseln. Auch die Trauerweide
einer in den April fielen. Den Grund dieser merk
(Salix babylonica ), die übrigens nirgends in tadel- würdigen meteorologischen Veränderung glaubt man zum Teile in der reichen Bepflanzung zu erkennen , die namentlich seit der Berufung des Gartendirektors neue ihre dünnen , tief zur Erde herabhängenden Barillet aus Paris durch Ismail im Jahre 1869 zum ist. Zu den hervorragendsten Ruten mit dem zartesten Hellgrün zu verhüllen. System geworden . Der Anblick schwellender,, buntgeschmückterWiesen- Schöpfungen dieses verdienstvollen Gelehrten , der
loseren , formenschöneren Exemplaren gedeihen kann, bedarf kaum
mehr als weniger Wochen , um aufs
teppiche freilich ist unseren sonst verwöhnten Augen versagt. Trotz wiederholter und sehr sorg-
leider bereits im Jahre 1874 verstorben ist , gehört ausser der schattigen Allee nach den grossen Pyra
fältiger Akklimatisationsversuche will es nicht gelingen, das anspruchslose Gras auf weiteren Flächen
miden bei Gizeh und den Promenaden wegen bei Gezireh der einzig in seiner Art dastehende Ezbekiye
einzubürgern, und es scheint, als ob die ergiebigste
garten mitten im Centrum der europäischen Quar
künstliche Bewässerung keinen genügenden Ersatz für die mangelnde natürliche Bodenfeuchtigkeit darböte. Auch unsere nordischen Frühlingsboten , das
tiere der
Kalifenstadt.
Ehedem ein schmutziger,
fieberatmender Sumpf, darf der 81/4 ha umfassende, in Form eines Achteckes angelegte parkähnliche
nicht unzutreffend als ein botanischer Garten liebliche Schneeglöckchen (Leucojum Vernum) Garten für tropische Gewächse bezeichnet werden, zumal seit
und die freundliche Anemone ( Anemona nemorosa) , wollen sich nicht mit der heissen Sonne
die meist der Ostindischen und südamerikanischen Flora
Afrikas befreunden . Hingegen haben Kulturversuche
angehörigen Pflanzen durch Täfelchen wissenschaftlich
mit unseren Veilchen ( Viola odorata) bisher einen
genau bezeichnet sind . Aber auch für den, welcher
guten Erfolg gehabt. So mag es uns nicht wunder lediglich der Erholung nachgeht, bietet der Garten nehmen , dass bei aller Pracht der subtropischen Flora
mancherlei Abwechselung. Seine vielverschlungenen
laden zum Lustwandeln ein , und die Zahl der in ihrer Anspruchslosigkeit doppelt Promenadenwege Plätzchen findet der müde Wanderer reizend erscheinenden eigentlichen Gartenblumen eine sehr beschränkte ist, und Teppichbeete gehören selbst in den Prunkgärten der Vornehmen , in denen Kunst
und Natur sich die Hände reichen , um ein irdisches Paradies aus dem Erdboden hervorzuzaubern , zu den
grössten Seltenheiten . Nur die mannigfachen Ge-
an lauschigen komfortable Ruhebänke.
Selbst für materielle Ge
nüsse sorgen verschiedene gut geführte Restaurants (besonders Santi) , und damit die Kunst nicht zu kurz komme, spielen abwechselnd während der einen Hälfte des Jahres am Spätnachmittage die
raniumarten ((Storchschnabel)mit ihrer unerschöpf- ägyptische, vom 1. Mai ab die englische Regiments lichen Blütenfülle scheinen bevorzugte Schosskinder kapelle ihre meist modern europäischen Weisen , unter den Gartenblumen des Nillandes zu sein . Mit dem Eintritte der Palmblüte (Ende März)
während für Kenner ein griechisches Sommertheater seine geweihten Pforten öffnet. Um auf die wun
neigt sich der ägyptische Lenz seinem Ende zu .
derbare Flora des Gartens zurückzukommen , so
Mit ihr Hand in Hand pflegt die Blüte der Wein- birgt derselbe allein gegen 20 Ficusarten. Unter rebe zu gehen , die freilich nicht so häufig , wie man erwartet , gefunden wird. Ehedem war ihre >
Kultur namentlich für Kelterzwecke eine bei weitem
diesen erregt der Ficus benghalensis, ein wahr haft königlicher Baum , berechtigtes Aufsehen . Wirkt schon das dunkelschattige, sich weithin verzweigende
ausgedehntere. Heute gibt es keine eigentlichen Laubdach imponierend , so setzen uns die zahlreichen, Weingärten im Nillande, und die edle Rebe dient
teilweise zu ansehnlichen Stämmen erstarkten Luft
in den meisten Fällen zur Bedachung von Vor-
wurzeln geradezu in Erstaunen, denn sie geben dem
lauben und Veranden am Eingange der Häuser. Es mangelt uns an Raum , des Näheren auf die Wechselwirkung von Klima und Vegetation gerade in den unteren Nilländern einzugehen. Gleich-
majestätischen Baume den Anschein , als ob er auf
Säulen ruhe.
Ein anderer Baum dürfte gerade in
der Gegenwart auch unsere Hausfrauen interessieren .
Wir meinen die Kigelia pinnata , welche nament
Zur Physiographie der unteren Nilländer.
377
lich während der kühleren Jahreszeit durch ihre an langen Ranken wie Kronleuchter herabhängenden ,
den als wir beabsichtigten. Indessen mag schon das Gesagte genügen, um zu zeigen , von welchem
aussen gelb, im Inneren rotbraun gefärbten Blüten die Aufmerksamkeit erregt , und deren gurkenähnliche Früchte gegenwärtig auch bei uns ein vielgesuchter
Erfolge die Bemühungen namentlich des erwähnten Gartendirektors sowie der ägyptischen Regierung über haupt um die Flora des Landes gewesen sind. Hier
Inneren derselben be-
nach lässt sich in der That beurteilen , inwieweit
Artikel sind .
Denn das im
findliche kürbisartige Netzgewebe wird , nachdem es
eine derartige Vermehrung des Baumwuchses von
sorgfältig gereinigt und getrocknet ist , als Lufah
Einfluss auf die klimatischen , namentlich aber die
oder Lofah in den Handel gebracht und zu allerlei
meteorologischen Verhältnisse Unterägyptens sein
Reinigungs- und solchen sanitären Zwecken verwandt, bei denen es auf eine durch Reibung erzeugte Wärme-
konnte, wenn uns die in einigen ärztlichen Kreisen Kairos ziemlich verbreitete weitere Behauptung, dass
entwickelung ankommt. Die in ihrer südamerikani-
der vermehrte Feuchtigkeitsgehalt der Luft unaus
schen Heimat wegen ihres duftigen Holzes hochgeschätzte Jacaranda mimosifolia bürgert sich in
bleiblich auch das wachsende Auftreten gefährlicher Fieber (Malaria) zur Folge haben müsse, unbegründet
den Ziergärten des Nillandes mehr und mehr ein . Und in der That , es gibt kaum einen entzückenderen Anblick, als wenn Ende März die noch blatt-
erscheint. Wenigstens hat sich bis heute noch keine erhöhte Morbidität
und Mortalität aus letzterem
Grunde gezeigt.
lose Krone des stattlichen Baumes sich in einen
Das Ende des Frühlings und der Beginn der
dichten Flor lieblicher blauer Lippenblüten von an-
heissen Jahreszeit (Mitte April) dürfte in keinem
sehnlicher Grösse hüllt.
anderen Lande auch äusserlich so scharf markiert
Als Eigenarten der ägyptischen Flora sei es
sein wie in Aegypten. Wohl kann, wie angedeutet,
gestattet noch drei Species namhaft zu machen, die
die Palm- und Rebenblüte als Merkmal des schei
zugleich als Beispiel für die im Haushalte der Natur denden Lenzes gelten. gelten. Auch die ganz rapid stei waltende Weisheit gelten dürfen . Es sind dies Pflanzen , deren Blüten zu ihrer Befruchtung ge-
eindringlich an das Nahen des subtropischen Som
wisser Insekten bedürfen, die den Samenstaub weitertragen . Nun aber besitzen diese Pflanzen so winzige
mers erinnern. Das untrügliche Vorzeichen indessen, dass die » schönen Tage« vorüber, die » schlimmen «
gende Temperatur um jene Zeit mag zuweilen recht
und unscheinbare Blüten , dass die Insekten , deren
aber im Anzuge sind , ist der häufiger und immer
Organe namentlich für Farben und Düfte ungemein
intensiver wehende Chamsin . Der Name dieses
empfindlich sind , unmöglich jenen ihre Aufmerk- südlichen Glutwindes bedeutet bekanntlich » fünfzig « samkeit schenken würden , wenn die Natur nicht zu
und ist daraus zu erklären , dass die Chamsinperiode
einem – man verzeihe den scherzweise gewählten
in der Regel die fünfzig Tage vor dem Sommer
Ausdruck
hätte. Sie verlieh nämlich den in unmittelbarster
solstitium umfasst. Damit soll indessen nicht ge sagt sein , dass nicht bereits auch früher der Chamsin
Nähe der unscheinbaren Blüte befindlichen , sonst
sich bemerklich macht.
grünen Blättern eine so intensive Färbung, dass Un-
der Monate Dezember bis März zeitweilig Chamsin
Betruge als Aushilfsmittel gegriffen
Ich habe bereits während
kundige diese Blätter selbst für Blütenblätter, tage zu verzeichnen gehabt, wenngleich zu dieser die eigentlichen Blüten aber nur für Bestandteile derselben (Staubfäden u. a. m .) halten . Die eine
dieser Wunderpflanzen kennt jeder, der im Novem-
Zeit aus den oben dargelegten Gründen die Tempe ratur weit hinter derjenigen der eigentlichen Chamsin periode zurückbleibt und selten + 25 ° C. (im Schat
ber das Nilland besucht. Sie heisst Poinsettia pulcherrima und findet sich neuerdings auch in unseren Blumenläden vielfach . Die sternförmig um
liegt indessen keineswegs das Unangenehme eines Chamsintages, wenngleich + 45 0° C. , wie sie ge
die winzige Blüte sich gruppierenden , lanzettförmigen
legentlich eines solchen im April und Mai vorkom
ten) übersteigt. In der erhöhten Temperatur allein
men, eine recht anständige Wärme bedeuten . Allein rot, und der Unerfahrene wird unbedingt das ganze während an den übrigen Tagen hohe Temperaturen prangende Gebilde für eine Sternblüte halten. Aehn- keineswegs so lästig sind wie in unseren Breiten lich verhält es sich mit der als Schling- und Kletter- eine Temperatur von etwa + 20 bis + 25 ° C. , Blätter, meist fünf, leuchten im intensivsten Ziegel-
pflanze häufig vorkommenden Bougainvillea weil die Trockenheit der ägyptischen Luft es zu spectabilis , die namentlich während des Frühsommers den Balkonen , Veranden u.s. w. einen zauberhaften Anblick durch ihre unglaublich reiche rötlich violette Pseudoblüte verleiht.
Ein stattlicher
Baum hingegen ist die Terminalia Brownii, die aus Abessinien stammt, und deren kleine, ovale Blätter von rotbrauner Färbung in der Nähe der kaum erkennbaren Blüte eine solche selbst heucheln .
Wir sind bei Erwähnung einiger besonders
keiner ergiebigen Transpiration des Körpers kommen lässt , trägt die erhöhte Temperatur eines echten Chamsintages einen durchaus erschlaffenden Charak
ter , der zum guten Teile darin begründet ist , dass sie sich fast konstant gleich bleibt und selbst wäh rend der Nachtzeit, in der unter normalen Verhält nissen eine Wärmeabnahme von oft 20 und mehr
Graden stattfindet , kaum merklich sich verändert.
Nicht immer ist am Chamsintage die Luft bewegt
charakteristischen Pflanzentypen ausführlicher gewor- und herrschen eigentliche Winde. Gleichwohl ist
378
Zur Physiographie der unteren Nilländer .
die Luft häufig mit unendlich feinem Staube und Flug- | schiede, dass sie im Mai und Juni bei weitem weniger sande angefüllt , welcher der ganzen Atmosphäre empfindlich ist als im August. Letzterer Monat etwas Nebelhaftes und eine rotgelbe Färbung ver- kann daher als der für den Fremden unangenehmste leiht, so dass das leuchtende Tagesgestirn bisweilen bezeichnet werden. Denn der Feuchtigkeitsgehalt der gar nicht oder doch nur als mattgelbe Scheibe Luft ist um diese Zeit ein derartig bedeutender, dass sichtbar ist . Staub chamsine gehören zu den unan- die Hitze infolge der nun mit ihr Hand in Hand genehmsten Erscheinungen der Nilländer. Jeder gehenden Transpiration geradezu erschlaffend auf den sucht ihnen zu entfliehen , aber vergeblich . Denn menschlichen Organismus wirkt und allerlei ent
der wolkenähnliche Flugsand , der selbst unter das
sprechende Krankheiten , auch unter den Eingebo
Glas der in der Kleidung verborgenen Taschenuhr seinen Weg findet, dringt durch alle Ritzen und Spalten der keineswegs hermetisch schliessenden
renen , verursacht.
Fenster und Thüren ein, und ein Archimedes würde
kommen zu heissen . Von ihr hängt Leben und Ge
Gleichwohl hat alt und jung alle Ursache , ge rade diese zweite Periode der heissen Jahreszeit will
mühelos seine geometrischen Figuren auf den Fuss-
deihen des wunderbaren Landes ab .
boden seines Studierstübchens zeichnen können . Es
des Tropfens « (Lélet en -Nukta ), d. h. die dem
ist übrigens ein Glück , dass diese eigentlichen Staub-
17. Juni vorangehende Nacht gilt als der heilige
Die Nacht
chamsine immerhin nicht allzu häufig wiederkehren . Zeitpunkt , an dem das geheimnisvolle Steigen des Nils beginnt , welches nach uraltem Volksglauben te hte , durch die Thränen verursacht wurde , die Isis , die bis Ende Mai seiner Zeit in Kairo beobac sin ham ubc e be- Gebärerin alles Lebens , das Symbol Aegyptens , ihrem können nur drei als Tag mit Sta zeichnet werden . Ferner ist zu beachten , dass der der Rache Typhons, der den heissen Glutwind Cham Chamsin nur alle zehn bis vierzehn Tage sich ein- sin darstellt , zum Opfer gefallenen Garten Osiris zustellen pflegt und auch selbst während der Zeit weinte . Der Segen der Isisthränen ist die Nil
Von den dreissig Chamsintagen , die ich vom Februar
seines unbestrittenen Regiments (März bis Juni) selten
überschwemmung und in der Folge das erneute
länger als drei Tage anhält. Markiert also , wie wir sahen , der Eintritt der
Wachstum und Gedeihen des Landes. Wenn der uralte Nilmesser auf der Insel Rhoda bei Kairo das
Chamsinperiode den Beginn der heissen , trockenen » Wefa en -Nil« d. h. die Erfüllung des Nils , die Jahreszeit, die freilich wegen der in sie fallenden zum Durchstich der Dämme erforderliche Höhe des Nilüberschwemmung für das Land von unberechen- Stromes von 16 Ellen ( 1 arabische Elle = 0,540 m) barem Nutzen ist , so sucht der Eingeborene dieses anzeigt, dann darf der » Munâdi en-Nil« (Nilrufer), Ereignis, das für ihn den Abschied von den milden,
der täglich mehrmals das zollweise Anwachsen des
freundlichen Tagen des kurzen Lenzes bedeutet,
segenspendenden Wassers verkündet , sein Amt für
durch ein eigenartiges Naturfest, Cham - el Nessim
erledigt betrachten , und nun vollziehen sich, in der
genannt, zu feiern , an dem es gilt, noch einmal im Regel in der zweiten Augusthälfte, auf der Insel Genusse der in vollster Pracht prangenden Natur zu schwelgen , ehe dies die nun herannahende Zeit
Rhoda in Verbindung mit dem »Nilschnitte « d. h. der Durchstechung des Dammes jene volkstümlichen
sommerlicher Glühhitze verbietet. An diesem Tage, Ende März bis Anfang April , feiern die Geschäfte,
Feierlichkeiten, deren Mittelpunkt bis zur Eroberung Aegyptens durch Omar (642 n. Chr.) die Opferung
und alt und jung begibt sich hinaus aufs Land , während die Landbewohner in Festkleidung in den
der » Nilbraut« , die dem Flussgotte übergeben wurde, bildete , die sich aber zur Zeit auf einen rein zere
Strassen der Stadt , namentlich im Ezbekiyegarten,
moniellen Akt und die üblichen Volksbelustigungen
sich ein harmloses Stelldichein geben. Das nennt unter dem Donner der Kanonen und ausgelassenster der Araber eine » Fantasia «, ein zweckloses Herum- | Heiterkeit , zu der allerlei materielle Genüsse das flanieren, um das dolce far niente je nach Belieben Ihrige beitragen, beschränken . und Herzenslust geniessen zu können , wobei übrigens im Interesse der Wahrheit bemerkt sein mag , dass
Ende Oktober ist der Strom wieder in sein
Bett zurückgekehrt, und nun beginnt die Aussaat
rohe Ausschreitungen und Gewaltthätigkeiten infolge der Feldfrüchte , die in unglaublich kurzer Zeit ein übermässigen Genusses spirituoser Getränke unter
für unsere Begriffe geradezu phänomenales Wachs
den Eingeborenen zu den allerseltensten Ausnahmen gehören.
tum entwickeln . Meterhoher weissblühender Klee, die
fast ausschliessliche Futterpflanze für die Haustiere
Die heisse Jahreszeit zerfällt in zwei Perio-
( Pferde, Kameele , Esel u. a.) , und ährenschwere
den : die erste erstreckt sich bis Ende Juni und kann
Getreidearten , die ihrer Ernte Anfang März ent
als absolut trockene bezeichnet werden, während die
gegenharren, erfreuen das Auge des Fremden , wenn
zweite , die bis Mitte November währt, zwar nicht
er im November und Dezember den Boden des Nil
infolge der Niederschläge, die , wie wir sahen , zu
landes betritt, um , entflohen dem nordischen Winter,
dieser Zeit gänzlich fehlen , wohl aber infolge der wenigstens einen milden Herbst und einen duftbe Nilüberschwemmung den Namen der feuchten verdient. Die Hitze erreicht nun mit + 400 und mehr Celsiusgraden ihren Höhepunkt, nur mit dem Unter
rauschten Lenz an den sagenumwobenen Gestaden des heiligen Stromes zu verleben .
Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther.
Die nordamerikanischen Wüsten nach Johannes Walther. Von Otto Ankel ( Frankfurt a. M.) ')
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völlig oder beinahe völlig von Pflanzen entblössten Boden « . Für die Wüsten von Utah gilt der Aus spruch nicht. „Wohin mein Auge sah , erblickte
ich gelbblühende Halophyten, silbergraue Artemisien Nachdem Professor Walther im Frühjahr 1887 gebüsche und stachelige Kakteen. Zwischen kriechen das sinaitisch -ägyptische Wüstengebiet durchforscht , Aegypten zum zweitenmal besucht, auch
den Opuntien sah ich einige kleine Moospolster, und am Fusse der Granithügel standen 2 m hohe Juni
die nordindische Wüste gestreift hatte, wandte er
perusbäume mit fussdicken Stämmen .
Es ist in
anlässlich der an den 5. Internationalen Geologen- erster Linie der durchaus anders geartete Vege kongress zu Washington im Herbst vergangenentationscharakter, der die grosse Salzwüste so sehr Jahres sich anschliessenden geologischen Exkursion von den ägyptischen Wüsten unterscheidet '). Wäh seine Aufmerksamkeit den nordamerikanischen rend hier nur die Oasen und Wadis als grünende Steppen und Wüsten zu. Für die Leser dieser Zeit- Flecken und Bänder von der öden Umgebung sich schrift dürfte es vielleicht von einigem Interesse sein, abheben , hat die Wüste von Utah durchaus Wadi
wenn ich die Hauptergebnisse der vergleichenden
charakter, insoweit der zunehmende Salzgehalt des
Studien Walthers im folgenden kurz wiedergebe ?). Bodens den Pflanzenwuchs nicht gänzlich unmög Schon die Fahrt durch das westliche Prärien-
gebiet bot Gelegenheit, Wüstentypen kennen zu lernen .
lich macht. Gleiche Verhältnisse fand Walther in
der Mohave-, Gila- und Van Horn -Wüste.
Die
So die charakteristischen Zeugenberge, Höhenlage kann nicht die Ursache des Vegetations
von den Amerikanern recht bezeichnend » Sentinel
reichtums dieser Gebiete sein .
Buttes « genannt, und Mesas ?), sowie die sackgassen-
Colorado, Utah und Texas liegen über 1500 m hoch,
Die Wüsten von
artigen , steilwandigen Wadis , von den Cowboys die von Südkalifornien und Arizona dagegen bilden mit dem Namen » Rimerocks« belegt und als natür- Depressionen von mässiger Meereshöhe: trotzdem Aehnliche ZeugenlandZeugenland zeigt die Vegetation nur geringe Unterschiede ?). liche Viehhürden benutzt. Aehnliche schaften sah Walther in Colorado , Utah und Ari-
Entweder muss also die mittlere Niederschlagsmenge
zona .
in den amerikanischen Wüsten eine grössere sein,
Von Ogden, einer fruchtbaren Berieselungsoase oder die Organisation der Wüstenpflanzen trägt in am Nordostende des grossen Salzsees , aus stieg Walther gemeinsam mit Professor Krasnoff aus Charkow den Westabhang des Wahsatchgebirges
Amerika der Trockenheit der Luft besser Rechnung als in Afrika %) . Jedenfalls erreichen die Pflanzen der nordamerikanischen Wüsten eine ansehnliche
„ Helianthusfelder bedeckten die Ebene, nied-
Grösse : in Südarizona sah Walther Säulenkaktus
hinan.
riges Eichengebüsch wuchs an den Granitbergen,
von 12 m Durchmesser und 7 m Höhe ; die Sal
vereinzelte Opuntien und Artemisien sprachen für
sulaceen und Artemisien bilden meterhohe Büsche und armdicke Aeste . Neben diesen Unterschieden im Pflanzenkleid
die Trockenheit des Klimas. “
Der Salzsee selbst ist
der kümmerliche Rest des alten »Lake Bonneville « .
Ehedem erfüllte ein 300 m tiefer See das 4500 qkm zeigen die Wüsten von Amerika und Afrika , bil grosse Thalbecken , die jetzige Salzseewüste. Die dungsgeschichtlich betrachtet , gemeinsame Züge. alten Strandlinien ziehen bis zu einer Höhe von
So in der Mohave -Wüste.
300 m an den Flanken der umliegenden Berge als deutlich erkennbare, parallel verlaufende Horizontal
Bahnlinie erstreckte sich eine fast horizontale Ebene, die schwach gegen die Granit- und vulkanischen
Auf beiden Seiten der
streifen hin . Seit der Diluvialzeit hat hier die Wüsten - Gebirge anstieg. ... Alle Berge, vulkanische Strom bildung Platz gegriffen. enden , Gangergüsse und Aschenhügel erheben sich Terrace , westlich vom Salzsee , war der Aus- inselgleich aus dem ebenen Wüstenland. Die hori gangspunkt einer Wüstenwanderung. Krasnoff fand allenthalben die charakteristischen Züge der inner-
zontale Ebene und die steilen Berggehänge wurden durch keine schuttbedeckte Fusslehne vermittelt, son
asiatischen Steppen wieder , Walther dagegen bot
dern ohne jeden Uebergang stiessen Ebene und Berg abhang an einander. ... Diese Erscheinung ist fast
sich ein von der arabischen Wüste ganz verschiedenes Bild .
sagt Peschel
allen Wüsten ... charakteristisch . Gerade so insel
vist ursprünglich ein
gleich steigen die Granitgebirge des Sinai oder des
» Das Wort Wüste «
in den Neuen Problemen -
pflanzengeographischer Begriff und bezeichnet einen 1) Obwohl der Herausgeber auf die Forschungen Walthers bereits im Ausland « (Nr. 13) hingewiesen hat, hält er es bei >>
der Wichtigkeit derselben doch für angezeigt , der vorliegenden ausführlicheren Darstellung einen Platz einzuräumen .
2) Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin , XIX . Band ( 1892 ) , Heft 1 .
3) Mesa besonders im spanischen Südamerika für einen abgestumpften Bergkegel gebräuchlich ; die Araber der algerischen Sahara haben für die gleiche Bergform denselben Ausdruck : el meida
Tisch .
1 ) Der Unterschied ist um so auffallender, als Walther die ägyptischen Wüsten im Frühjahr, die amerikanischen im Herbst besuchte .
2) Für die Mohave- und Gilawüste dürfte die grössere Nähe des Ozeans die Funktion übernehmen, welche am Salz
see die Höhenlage erfüllt. 3) Jedenfalls dürfen bei der Beurteilung der Frage geo graphische Breite, Lage zum Meere, orographische Verhältnisse, Pflanzengeschichte u. s. w. nicht ausser Acht gelassen werden . Verschiedene Gründe sprechen für grössere Regenmengen in den amerikanischen Steppengebieten.
380
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern.
Gharib in imponierender Mächtigkeit aus der Schuttebene empor « . Aehnlich so in der Sierra del Diablo
rinde durch herabrieselndes Regenwasser, weiterhin der Verwitterung. Auch Pilzfelsen , Sandschliffe
in Texas .
und andere Wüstenbildungen beobachtete Walther
Zweierlei charakterisiert also die Steppen- und Wüstengebiete : die Horizontalität der Denu-
in Amerika genau so wie in Aegypten . Aus dem Gesagten ergibt sich , dass
dationsflächen und das Fehlen von lokalen
sehen von pflanzengeographischen Verschiedenheiten
Anhäufungen der Denudationsprodukte beides Erscheinungen von sedimentologischer und
teristischen Punkten mit den afrikanischen überein
orographischer Bedeutung 1). Die Denudation äussert sich in doppelter Hin-
abge
die nordamerikanischen Wüsten in den charak
stimmen. »Gemeinsam ist der topographische Cha rakter : das Vorherrschen horizontaler Ebenen mit
sicht: zerstörend (aufbereitend) und transpor-
inselgleich daraus hervortretenden Bergen ; die Häufig
tierend .
Bei uns gebührt dabei der chemischen
keit von isolierten Zeugen oder Inselbergen , von
und mechanischen Thätigkeit des Wassers die erste
Amphitheatern in den Thälern ; die intensive Wir
Stelle; in den regenarmen Wüsten Nordamerikas kung der Insolation , welche Felsblöcke und Kiesel dagegen , wo reichlich 300 Tage im Jahre die Niederschläge fehlen , treten andere Faktoren dafür ein : Temperaturextreme lockern den Zusam-
zersprengt, welche polychrome Granite zu lockerem Grus zerfallen lässt ; das Auftreten von Pilzfelsen und Säulengängen und die weite Verbreitung der
menhang der mineralogischen Bestandteile , hohe
braunen Rinde oder des Wüstenlackes , einer Er
Hitzegrade zersprengen Steine und Blöcke; der scheinung, welche als specifische Wirkung trockenen Wind trägt in mächtigen Staubsäulen das gelockerte Material über die Ebenen dahin . Kann auch die Denudation durch Wind oder die Deflation
( »trockene Denudation « ) sich mit derjenigen durch Wasser, der Erosion , nicht messen ; ihr Endziel —
Verwischung aller Höhenunterschiede und Herstellung einer Denudationsebene – erreicht sie langsam , aber sicher ?). Auch die braune Schutzrinde (»Wüsten-
Klimas und der Regenarmut betrachtet werden muss .« Wie in Afrika kann man auch in Nordamerika
vier sedimentologisch und landschaftlich verschiedene Wüstentypen unterscheiden : Kieslager , Sand Wüstentypen dünen , Lehmregionen und Salz absätze. Diese übereinstimmenden Züge in den geogra
phisch so weit getrennten Wüsten von Nordafrika und Nordamerika berechtigen uns , »das Phänomen der Wüstenbildung als einen tellurischen Vor
lack « ), eine oberflächliche Färbung und Verhärtung gang zu betrachten , der ebenso gesetzmässig ver der Gesteine, ist in den amerikanischen Wüsten eine
bekannte Erscheinung. Es gelang Walther, das
läuft, wie die Glacialerscheinungen der Polarzone oder die kumulative Verwitterung im Tropenland « .
Problem ihrer Entstehung der Lösung näher zu führen . So viel ist sicher , dass die Schutzrinde nicht unter Mitwirkung von Wasser entsteht, dass Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . mehrchemische sie im Gegenteil durch die – wohl wohl mehr chemische De als mechanische
Thätigkeit des Wassers beseitigt
wird .
Von Eugen Oberhummer (München ). ( Fortsetzung .)
Auf dieser letzteren Thatsache beruht die merk
würdige Bildung der Säulengänge: Felswände sind von reihenweise angeordneten , durch Säulen getrennten Fenstern von 10--100 cm Höhe und 5 bis
Unter den Pilgerberichten des 14. Jahrhunderts über unseren Berg ist derjenige des wackeren Lu dolf von Sudheim ), welcher 1336-41 im Orient
so cm Breite durchbrochen, während sich im Inneren
reiste , durch selbständige Bemerkungen ausgezeich
der Felswand ein oft mannshoher, tunnelartiger Gang hinzieht. Die Säulen verdanken ihr Dasein der Erhaltung, die Nischen der Entfernung der Schutz-
net 2) : » In dieser Diocese (Limassol) liegt auch ab gesondert ein sehr hoher Berg, dem Berge Tabor sehr ähnlich ; auf seinem Gipfel steht ein schönes Kloster, in welchem Brüder vom Orden des heiligen
>
1) Nach Walther ist die Mehrzahl der Depressionen in den
Benediktus sind . In diesem Kloster befindet sich
Wüstengebieten zu suchen . Die Ergebnisse der Verschiebungen
das ganze Kreuz, an welchem der Räuber zur Rechten Christi hing; dasselbe wurde durch die heilige Helena dorthin gebracht, von welcher auch dieses Kloster erbaut und ausgestattet worden ist. Dieses Kreuz wird von allen auf dem Meere Fahrenden , wenn sie sich dem Berge nähern , andächtig gegrüsst,
in der festen Erdrinde und die der oberflächlichen Denudation
müssen aber streng auseinander gehalten werden . Das Tote Meer
z. B. ist eine Grabenversenkung wie das Rheinthal von Basel bis Bingen und hat mit Wüstenbildung nichts zu thun. 2) Mit Recht weist Walther (S. 14) auf die Notwendigkeit hin, der geologischen Wirkung des Windes auch in anderen als regenarmen Gebieten grössere Aufmerksamkeit zu schenken. An
wie auch auf demselben Berge wegen der Verehrung,
unseren Küsten ist seine Thätigkeit ja in die Augen springend , Aber auch
im
Binnenlande kann man dieselbe wahrnehmen .
Welche Thätigkeit der Wind entfalten kann , wenn ihm ge nügendes Material zur Verfügung steht , zeigen die Schnee verwehungen im Winter. Für die kombinierte Wirkung von Erosion und Deflation lieferte der Canon des Colorado Walther ein lehrreiches Beispiel .
1) Dorf nördlich von Göttingen , bei Northeim .
2) Ludolphi de itinere terrae sanctae liber. Herausg. v. F. Deycks. Tübingen 1851. (Bibl. d . Lit. Ver. XXV.) S. 32 . Vgl. über Ludolf R. Röhricht, Deutsche Pilgerreisen, S. 102 f., und Bibl. geogr. Pal . , S. 76—79.
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
welche das genannte Kreuz geniesst, Gott viele Wun-
381
fyte of the Offrynge, thei seye, that it is the Cros
der wirkt. Von dort aus ist das Libanongebirge of oure Lord Jesu Crist« . Aehnlich S. 28 :: » In immer deutlich sichtbar« . Letztere Bemerkung Cipre is the Hill of the Holy Cros ; and there is schränkt Nikolaus von Hude ), welcher die Reise-
an abbey of Monkis blake ; and there is the Cros
beschreibung Ludolfs in einen Auszug gebracht
of Dysmas the gode Theef, as I have seyd before.
hat ( 1348) , mit Recht dahin ein , dass der Kamm
And summe Men trowen , that there is half the
( juga) des Libanon »»morgens vor Sonnenaufgang« Crosse of our Lord : but it is not so : and thei don sichtbar sei ?). Weit kürzer als Ludolf ist Wil.cvylle, that make Men to beleeve so « . Wir sehen helm von Boldensele ) (reiste 1332) , von dem also hieraus, wie sehr sich bereits nach den Kreuz jener sonst vieles entlehnt hat; seine Nachricht vom zügen die geschäftsmässige Spekulation des Volks
Kreuzberge ist hauptsächlich deshalb bemerkenswert, weil er , soweit ich bis jetzt sehen kann , der erste
glaubens bemächtigte; ein noch schlagenderes Bei spiel wird uns in späterer Zeit begegnen ?).
ist, welcher das Kreuz ausdrücklich als dasjenige des
Der » schwarzen Mönche« gedenkt auch der Bericht des Jakob von Bern (Jacobus Veronen
guten Schächers bezeichnet und der Benediktiner-
mönche erwähnt ). Gleichzeitig taucht jedoch auch sis), nach Röhricht ? ) aus dem Jahre 1346, welcher schon eine andere Meinung auf, nach welcher das Kreuz Christi selbst in jenem Kloster verehrt
u. a. , wie auch schon Ludolf (s. o.), die Wichtig keit des Kreuzberges für die Seefahrer aus
wurde. Hierüber belehrt uns der berüchtigte Jo- | drücklich bezeugt : » In derselben innsel Cypern ist gar ein hocher
hann von Mande
ville ( 1330-40 ) "),
pergkch , den sicht
33 ° 30 .
350
33 °
welcher während seines Aufenthaltes
man verr auf dem
olymbia Alambra
am ägyptischen Hofe über Cypern
mer und dar auf
ein erberg closter des heiligen chrewtz
Psevda OH Anna
olythrodonda
okalochorio
Pyrga
manches in
wohl
Erfahrung bringen
Vas
konnte , was er in den zahlreichen von
LARNAKA SCALA
Starusa
pot
und in der chirchen
Klavdia
ASTAVROVUNI
am
oLefkara)
zwischen zwayer
be Alethriko
pfeiler hangt das chrewtz des heiligen
akili
ihm ausgebeuteten
oxophina
Cap Miti
Werken nicht fand . Moroto
Er sagt
nämlich
Togni
(S. 10 , Hall.) 6) : » And
some
schwartzer munich ,
SALINA )
Ah Barbara
ilo
Men
Perunda
mer varnt und in
sorgen sint, rüffent
Maroni H Georgios.
S
0
Kilometer
Marino
trowen , that half
the Cros, that Crist
schachers Auch die auf dem
1 : 500.000
Mittellaendischels Meer
an das heilig chrewtz von Cypern «.
was don on, be in
Am ausführlich
Cipres, in an Abbey
sten handelt im 14.
of Monkes, that Men callen the Hille of the Holy | Jahrhundert der französische Ritter Ogier , Herr von Cros ; but it is not so : For that Cros , that is Anglure *), " von dem wunderbaren Kreuz (1395 ) ') : in Cypre, is the Cros, in the wiche Dysmas ) the
» Sachiés que icelle saincte croix en laquelle le bon
gode Theef was honged onne. But alle Men knowen Larron fut pendus, madame saincte Helene, mere de not that ; and that is evylle y don . For for pro- Constantin , apporta et mist en la plus haulte mon taigne de tout le royaume de Chippre, laquelle mon taigne pour verité est moult haulte et penable a 1) Dorf östlich von Oldenburg. 2) Vgl. G. A. Neumann , Ludolphus de Sudheim in Archives de l'Orient Latin II , S. 336 .
3) Jetzt Gross- und Klein - Bollensen bei Uelzen in Hannover .
4) Itinerarius Guilielmi de Boldensele, herausg. v. C. L. Grotefend in der Ztschr. d . Histor . Ver. f. Niedersachsen 1852 , S. 241. Boldensele spricht auch , wie Daniel , von einem Nagel Christi.
5) Vgl . über ihn jetzt A. Bovenschen in d. Ztschr. d. Ges. f. Erdk . 1888 , S. 177-306 (Cypern S. 218-20) , und Röhricht , Bibl . Geogr. Pal ., S. 79-85 .
6) The Voiage and Travaile of Sir John Maundeville
monter. Au plus haut d'icelledicte montaigne a une belle eglise et belles demorances entour. En celle eglise a deux aultelz, c'est assavoir le grant autel
de l'eglise et ung autre autel en une chappelle qui 1) Man beachte, dass Daniel nur von einem durch Helena errichteten Kreuze überhaupt spricht, Wilbrand es zwar bereits aus Jerusalem mitgebracht sein lässt , aber über die Herkunft
nichts Direktes aussagt. Erst Boldensele weist es bestimmt dem einen Schächer zu, und bei Maundeville taucht daneben
by J. O. Halliwell. London 1839 (nach der Ausg. von 1725 ) .
zuerst das Kreuzholz Christi auf.
Eine kritische Bearbeitung des Textes, als dessen Original nach Bovenschen (S. 181 ) die französische Fassung zu betrachten
2) R. Röhricht und H. Meisner , Deutsche Pilgerreisen , S. 45 und 53 3) Im Département Marne, an der Aube.
ist, existiert derzeit noch nicht .
7 Dysmas ist nach den apokryphen Evangelien der Name des guten Schächers ; s. Kaulen im Freiburger Kirchenlex . III 2 1829 .
Näheres hierüber s. u .
4) Le Saint Voyage de Iherusalem du Seigneur d'Anglure, publié par F. Bonnardot et A. Longnon. Paris 1878. S. 81-4. Vgl . auch Mas Latrie , Hist. de l'île de Chypre, II, 430 f.
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
382
est darrier le grant autel . Illec ou cuer d'icelle ! entstehen konnte, dass das Kreuz Christi selbst in
eglise nous fut monstrez ung des clos dont Nostre Cypern verehrt werde. Einen wertvollen Finger Seigneur Jhesu Crist fut cloffichez en la vraye zeig erhalten wir ferner in dem Namen Olympia, Croix . Darrier ladicte chappelle a une aultre pe-
tite chappelle, en laquelle est la dicte saincte
in welchem der antike Olympos (s . o.) fortzu leben scheint, ebenso wie in dem noch jetzt be
croix du bon Larron . Et sachiés que c'est grant merveille que de veoir icelle saincte croix , car
stehenden Dorſe Lymbia nördlich vom Kreuzberg: -)
elle est grande et grosse et si se soustient en l'air,
chaeras ist eine arabische Quelle , welche eine höchst wertvolle Nachricht enthält, nämlich der
sans que l'en puisse apparcevoir que aucune chose la soustienne, et quant l'en y touche elle bransle fort. C'est merveilleux chose et belle a veoir« . Auf
Etwa gleichzeitig mit der Chronik des Ma
Bericht , welchen Chalil Dhaheri, Vezier des Sultans Bursbey von Aegypten, über die Raubzüge
diese Schilderung, welche für die Kenntnis der da- dieses Mameluckenfürsten gegen Cypern in den maligen baulichen Anlagen auf dem Berge von Jahren 1424-26 erstattet hat. Dieser im Jahre 1428
Wichtigkeit ist , folgt noch eine längere Wundergeschichte von einem französischen Ritter Durant, welcher ein Stück des Kreuzes entwendet hatte, aber durch Seestürme wiederholt zur Rückkehr und Rück-
abgefasste Bericht, von welchem ausser dem Originale auch eine alte französische Uebersetzung (von Ven ture de Paradis , 18. Jahrh. ?) in der Pariser National bibliothek handschriftlich aufbewahrt wird , erzählt
erstattung gezwungen wurde, worauf der König von
zum Jahre 14262) : » Le général Tangrivirdi , après
Cypern das Kreuz mit einem
eisernen Gitter um-
cette victoire "»), expédia un corps de troupes au
geben liess. Wenig später als dieser Bericht fällt die erste
Mont de la Croix, distant de [4 lieues] , pour y détruire une église , qui était en grande vénération chez les Chrétiens, et pour y piller les trésors, qu'elle possédait. Elles revinrent avec un butin
von
einem
Einheimischen stammende Nachricht,
welche für uns um so wertvoller ist, als sie offen-
bar auf weit genauerer Kenntnis der lokalen Ueber-
immense, parmi lequel était une croix d'or massif,
lieferung beruht als die gewöhnlichen Pilgerberichte. Leontios Machaeras ) erzählt im einleitenden
qui était un vrai chef-d'oeuvre. Elle était faite avec tant d'art , que par le moyen de certains ressorts
Teile seiner bis zum Jahre 1432 reichenden Chro- intérieurs, elle était toujours en jeu, sans que personne la touchât. Es ist wohl als sicher an
nik 2) die Auffindung des Kreuzes Christi durch die Kaiserin Helena und berichtet weiter , wie das
zunehmen , dass das kostbare goldene Kreuz, welches
Kreuz des guten Schächers, als die Kaiserin beim Flusse Vasilopotamo ') auf Cypern gelandet war,
Machaeras noch gesehen haben musste, nie mehr
durch ein Wunder auf den Berg versetzt wurde, »welcher Olympia genannt wird wegen des Kreuzes
nach Cypern zurückkehrte. Das hölzerne wird wohl an Ort und Stelle geblieben sein ; wenigstens er wähnt schon im Jahre 1436 der Nürnberger Georg
des Olympatos (?) – so hiess der gute Schächer +); Pfintzing wieder das „ Krewcz , an dem der sie erbaute nun eine Kirche des heiligen Kreuzes und legte in das Innere desselben ein Stückchen von dem
Schacher zu der rechten hant gehangen ist« ^ ), und bald darauf fand die Pilgerfahrt Stephans
heiligen Holze 5)« . Weiterhin erbaute nach Leon- von Gumppenberg und seiner Genossen statt, tios Helena infolge einer zweiten Wundererschei- deren Reisebeschreibung (er selbst starb 1449 in
nung noch eine andere Kirche zu Togni (unweit Jerusalem) wir folgendes entnehmen "): »Da ritten des Vasilopotamo) , worauf die mehr als 30jährige Dürre auf der Insel ein Ende nahm ).
Bei Leon-
tios erscheint zuerst das Kreuz auf dem Berge zum
Kreuzholz Christi in das richtige Verhältnis gebracht, und es erklärt sich nunmehr auch, wie die Annahme 1) Chronique de Chypre par Léonce Machéras. Par
wir zu Nicosi auss in willens zu dem Creütz , und ritten also biss auff den Mittag , da kamen wir vnden an den Berg da der Abt die Behausung hat “), da ritten wir hinauff, da wir halb hinauff kamen , da war der Berg so sticklet und böss , das wir mussten absteigen vnd zu fuss hinauff vollets gehen , wie wir hinauff kamen da was gar vil volcks droben,
E. Miller et C. Sathas. Paris 1881/2. (Public. de l'École d. langues orientales viv. , II , S. V. 2 und 3.) Die Chronik reicht bis 1432. Vgl . K. Krumbacher , Gesch d . byzant . Lit., S. 477 f.
2) S. ff. der franz. Uebersetzung . 3) An der Südküste, zwischen Limassol und Larnaka ; vgl . meine » Studien « a. a . O. , S. 91 f., und die Kartenskizze .
4) Και ευρέθην εις το βουνόν το λεγόμενον Ολυμπία , διά τον σταυρόν το Ολυμπάτο, όνομα του καλού ληστού. 5) D. h . sie liess das Kreuz des Schächers auf dem Berge zurück und fügte in dasselbe ein Stück vom Kreuze Christi ein .
6) Die Sage von dieser 36jährigen Dürre (usporia) findet
1) Machaeras erwähnt des Kreuzes noch an zwei Stellen , S. 24 d . griech. Τ .: ο σταυρός του Λύμπα, und S. 38 : ο σταυ pós tūv Aupitiwy. Es ist hiernach kaum ein Zweifel, dass der Name des Dorfes Lymbia hiermit in Zusammenhang steht. 2) Abgedruckt bei Mas Latrie II , 512.
S. über Chalil
Dhaheri auch Silv. de Sacy , Chrestomathie arabe II ?, S. 1–70. 3) Bei Chirokitia, 13 km SW vom Kreuzberg, wo 7. Juli 1426 das cyprische Heer völlig geschlagen und König Janus selbst gefangen wurde .
4) Bei Röhricht -Meisner, S. 69.
sich bei vielen neuen Schriftstellern iiber Cypern, die ihre Kennt .
5) Warhafftige beschreybung der Meerfart u. s. w . Franck
nis hiervon direkt oder indirekt aus Lusignan (Chorografia de Cipro, Bol . 1573) geschöpft haben , welcher sie seinerseits den griechischen Chroniken entnahm (Fol . 28 verso).
furt am Meyn. 1561. Fol . 38 f. 6) Wahrscheinlich ist das Kloster der heil . Barbara am Nordfusse des Berges gemeint.
Geographische Mitteilungen .
das die Kirch aller voll lag, da liessen wir den Abt bitten daz er vns das Heyligthumb liess sehen das Helena darbracht hett, da schloss er ein Laden auff
383
daille der Pariser Geographischen Gesellschaft ein. Der
Krieg von 1870 brachte Duveyrier auf einige Zeit als Kriegsgefangenen nach Neisse . Für die » Annales des voyageursa , die Revue algérienne et coloniale « und
vnd liess vns sehen S. Anna arm vnd handt, ein
für das Bulletin der Pariser Geographischen Gesellschaft
Rib des Ritters S. Jorgen , ein Stein damit S. Steffan in Kopff ist geworffen worden , vnd des Nagels ein forder stuck gegen der spitz, das ist wol eines fingers lang. Auch ein stuck von des guten Schechers Creütz , vnd dess heyligen Creützs zwen Spän , die gab ein Ritter dar, darzu S. Katharina grab ein stuck , vnd S. Blasy Arm « . Man sieht, dass seitens
der Mönche nichts versäumt wurde, um den Pilgern möglichst viel Interessantes zu bieten , wenn auch nicht alles so leicht zu beschaffen war, wie der » Stein damit S. Steffan in Kopff ist geworffen wor den «. Im übrigen erzählt Gumppenbergs »Meer fart « die uns bereits bekannte Geschichte von der
Gründung des Klosters durch Helena, welche » liess
lieferte er wertvolle Beiträge. Im Jahre 1878 war Duvey rier zur sojährigen Jubelfeier der Gesellschaft für Erd
kunde in Berlin als Vertreter der älteren Pariser Schwester gesellschaft gesandt; seine Begrüssungsrede bei dieser Gelegenheit fand , besonders auch bei dem anwesenden Kronprinzen Friedrich , solchen Beifall, dass der fran zösische Gesandte in Berlin den Präsidenten der Pariser
Geographischen Gesellschaft zu der Sendung Duveyriers beglückwünschte. ( Mitteilung von Dr. Wolkenhauer in Bremen .)
(Die Wärme des Mondes nochmals; s. S. 79.)
Herr F. H. Very hat eine Abhandlung über die Verteilung der Wärme im Mond und deren Veränderung mit jeder Mondphase geschrieben, welche bei der durch die Utrechter Gesellschaft der Künste und Wissenschaften ausgeschrie
den Felss oben hinweg hauwen, vnd eben machen,
benen Preisbewerbung den Sieg davon getragen hat.
hiess ein Closter dar bauwen , nemlich S. Basilier
Bei der Untersuchung bediente sich der Genannte eines Bolometers im Verein mit einem sehr empfindlichen
Orden «. Letzterem , welcher in der griechischen Kirche ungefähr dieselbe Rolle spielte, wie die Bene
Galvanometer und beabsichtigte, mittels eines konkaven
diktiner im Abendlande, wird das Kloster auch sonst
Spiegels ein beiläufig 3 cm im Durchmesser habendes
zugeschrieben , nur dass während der lateinischen
Bild des Mondes zu projicieren. Nicht die Wärme vom
Herrschaft die Basilianer eben durch Benediktiner
Ganzen dieses Bildes , sondern nur eines begrenzten
Teiles desselben , nämlich von 1—25 bis 1–30 des ersetzt wurden (s. o .) ). Das Kreuz selbst beschreibt die »Meerfart« folgendermaassen : »Das heylig Creütz ist mitten in das Creütz gemacht, vnnd der Span von dem Creütz hangt noch an dem Creütz in dem
Flächeninhaltes der Mondscheibe , wollte der Genannte
Seckel, das Creütz ist breyt vnd dünn wie man die alten Creutz in vnsern landen macht, vnd hat ein
genommene Messungen haben dargethan , dass der öst
ziemliche manns lenge, gehet mit beyden seyten in die maur, vnnd wann einer daran küsst, so weycht
als der westliche war ; aber bei einer einen Tag nach Vollmond gemachten Beobachtung zeigte sich dieses
es hinder sich, ob es oben etwar anheng oder nicht,
Uebermaass am östlichen Rand noch weit grösser. Von
das weyss ich nicht«.
stellte sich eine regelmässige Wärmeabnahme heraus, und aus den entsprechenden gemachten Beobachtungen scheint
(Fortsetzung folgt.)
Geographische Mitteilungen . ( Duveyrier.)
Am 26. April d . J. starb der be
kannte französische Afrikareisende Henri Duveyrier
in Sèvres bei Paris eines freiwilligen Todes ; im sinn erschoss er sich .
Trüb
messen , während die Beobachtungen bei verschiedenen
Mondphasen und an verschiedenen Punkten gemacht werden sollten .
Sechs Stunden nach Vollmond vor
liche Rand in dem Verhältnis von 92.2 zu 88.9 wärmer,
den höheren Breiten zu den niedereren übergehend,
hervorzugehen, dass die Wärme sich nach vielen Tagen kontinuierlichen Sonnenscheins auf dem Monde ansam melt. Die Wärme in der Peripheriezone des Vollmondes weicht von jener des Centrums um etwa 20 Procent ab , daher in dieser Hinsicht das jeweilige Bild des
Geboren am 28. Februar 1840
in Paris, besuchte er eine Zeitlang die Handelsschule in Leipzig , lernte hier auch bei Professor Fleischer im
Privatunterricht Arabisch, genoss in London einige Zeit den Umgang von Heinrich Barth , der damals sein Reisewerk ausarbeitete, und trat dann im jugendlichen
Alter, doch nach vielen Seiten gut vorbereitet, im Jahre 1859 eine mehrjährige Reise nach Nordafrika an , die auch für die Kenntnis der westlichen Sahara , nament
lich für die Grenzgebiete von Algier, Tunis und Tripolis von grosser Wichtigkeit wurde. Seine Berichte in deut
scher Sprache enthalten » Petermanns Mitteilungen « von 1859 , 1860, 1861 und 1863 ; sein Hauptwerk » Explo ration du Sahara « (Bd. I : » Les Touaregs du Nord , 1864 ) trug ihm im Jahre 1864 die grosse goldene Me 1) Zur Charakteristik der geschichtlichen Glaubwürdigkeit einer Gründung des Klosters durch die Kaiserin Helena mag die Thatsache dienen , dass die Reise derselben nach Jerusalem
( traditionell) im Jahre 326 (jedenfalls vor 335) stattfand , der Basilianerorden aber erst um 360 entstand .
Mondes zugleich maassgebend für dessen Wärme ist. Es scheint erwiesen zu sein , dass helle Mondregionen in der Mitte eines Mondtages etwas stärker ausstrahlen , als dunkle was aber , wie gesagt, noch der Bestäti gung bedarf -, - während bei niedrigem Sonnenstande
der Effekt umgekehrt ist . Ein Vergleich der von Zöll ner gezogenen Kurve fürs Mondlicht mit jener, die sich aus Verys Beobachtungen herausstellt, zeigt, dass leuch tende Strahlen an der totalen Ausstrahlung bei Vollmond einen weit grösseren Anteil haben , resp. weit stärker
vertreten sind, als bei den anderen Mondphasen, indem das Maximum bezüglich des Lichtes viel prononcierter ist , als jenes in Betreff der Hitze. Die Abnahme der Wärme vom Vollmond zum letzten Viertel erweist sich
als langsamer denn die Zunahme vom ersten Viertel bis zum Vollmond. Das Resultat stimmt mit jenem überein , zu welchem man auf Lord Rosses Observato rium gelangte, und zeugt entschieden für das Aufspeichern von Wärme durch die Felsen auf dem Monde. (Mit teilung von V. Freudenberg in Mödling bei Wien.)
Litteratur .
384
(Zu den Reisen Emins.) Wir überzeugen uns
genügende Behandlung erfahren hat, während ebenso hervor.
nachgerade , dass die in den » Mitteil . der Nachtigal Gesellschaft « abgedruckten Berichte, deren wir S. 349 ff.
Teilen von Falbs Lehre übten , welche man im Sinne De Rossis
gedachten , bereits wesentlich bekannt sind . In dem trefflichen von Prof. Fr. Ratzel in Gemeinschaft mit
als » zur endogenen Meteorologie « gehörig bezeichnen könnte. Wir denken dabei hauptsächlich an die von Richter ( Zeitschr.
Dr. Schweinfurth 1888 bei Brockhaus herausgegebe nen Werke ist auch der von uns wiedergegebene In
spektionsbericht des Paschas enthalten , und es scheint nicht, dass gegenwärtig noch ungedrucktes handschrift liches Material aus Emins Feder vorhanden ist.
ragende Montanisten eine eindringende Kritik an denjenigen
f. Berg : Hütten- und Salinenwesen in Preussen, Jahrgang 1888) und von Jičinsky (Oesterreich . Zeitschr. f. Berg- und Hütten wesen , Jahrgang 1889) veröffentlichten Arbeiten , welche dem Berichterstatter erst jetzt bekannt geworden sind , sowie an die erwähnte, inhaltsreiche Monographie des Herrn Pfeiffer. Die zweite Auflage des bekannten Buches von Falb unter
Litteratur.
scheidet sich nicht wesentlich von ihrer Vorgängerin ; gegen die theoretischen Anschauungen , wie gegen die Art und Weise der Prognosenprüfung lassen sich die sattsam bekannten Bedenken
Daniel G. Brinton , Anthropology : as a Science
geltend machen. Am wenigsten verstehen wir , wieso aus der
bod as a Branch of University Educations in the United States . Philadelphia 1892 .
bekannten geistvollen Theorie , welche Sohncke für die Ent stehung der Gewitterelektrizität aufgestellt hat , eine Bestätigung
Das Studium der Anthropologie soll obligatorischer Lehr gegenstand werden. Das ist das Postulat, mit dem der ameri
der Theorie vom Mondeinfluss soll hergeleitet werden können. Eine nach Form und Inhalt mustergültige , wegen der streng
kanische Anthropologe in diesem Schriſtchen vor die Behörden der Universitäten und Hochschulen der Vereinigten Staaten tritt . Zu diesem Zwecke verlangt er die Gründung ordentlicher Pro .
empfehlende Streitschrift ist diejenige von Pfeiffer. In griind licher Analyse der einzelnen Katastrophen, welche durch Gruben
fessuren resp. Docenturen, Laboratorien, Museen und reichhaltiger
gasexplosionen herbeigeführt worden sind , wird der ganz über
Fachbibliotheken .
zeugende Nachweis erbracht, dass fast jedesmal Unvorsichtigkeit und sogar Bosheit für diese Ereignisse verantwortlich gemacht
Um auch den Laien über den Begriff dieser neuen Wissen schaft, » the crown ond completion of all others sciencesa , wie sie Brinton nennt , aufzuklären , erläutert der Verfasser in wenigen,
aber sehr verständlichen Worten : » wath anthropology is , the volue of anthropology, societies bod schools for ste study of anthropology , sotdivisions of anthropology und means of prac tical instruction. — Daran schliesst er ein » general scheme for
Sachlichen P'olemik als ein wahres Muster für solche Fälle zu
werden müssen , und dass nur ein ganz geringes Residuum von
Unglücksfällen übrig bleibt, denen gegenüber man die Erklärung schuldig bleiben muss .
Aber dabei lässt es der Verfasser nicht
bewenden , sondern zeigt weiter, dass ein Zusammenhang zwischen den atmosphärischen Veränderungen und dem von Falb ange nommenen » Aufgerütteltwerden der feinsten Partikelchen des
instruction in anthropologya : Vorschläge für die verschiedenen
Staubes « gar nicht existiert . Dass die Schlagwetterstatistik nicht
Gebiete, auf denen sich anthropologische Vorlesungen zu be
entfernt in dem Maasse ausgearbeitet ist , wie es notwendig wäre, wenn sich nur mit einiger Sicherheit eine Verwertung im Sinne Falbs daran knüpfen liesse, das sei nur nebenbei bemerkt. Aus
wegen hätten. Von den vier Fächern , in welche der Verfasser die Gesamtanthropologie teilt , Somatologie , Ethnologie , Ethno
graphie und Archäologie , interessieren uns hier das zweite und dritte. Zu diesen macht Brinton folgende Vorschläge für Themata : II. Ethnologie : A. Definitionen und Methoden . Völkerpsychologie . B. Sociologie : a) Regierung ; b ) Heirat , Stellung des Weibes ; c) Gesetze.
C. Technologie : a) nützliche Künste ; b) schöne Künste .
D. Religion : a) Psychologischer Ursprung der Religionen ;
Pfeiffers sachlicher Darlegung, welche auch auf die Erdbeben und auf die mikroseismischen Bodenbewegungen Bezug nimmt,
geht unwiderleglich hervor, dass Jicinsky recht hatte mit dem Ausspruche: Fir den Bergmann gibt es 365 » kritische Tage « in jedem Jahre, im Schaltjahr aber 366 .
Wie gestaltet sich das Wetter ? Eine praktische An leitung zur Vorherbestimmung der Witterung von H. Timm . Mit 74 Abbildungen . Wien, Pest, Leipzig. 1892. A. Hart
b ) Mythologie ; c) Symbolismus und religiöse Kunste ; d ) Reli
gionslehrer und Lehren ; e) Analyse der Specialreligionen. E. Linguistik : a) Gesten- und Zeichensprache; b) ge sprochene Sprache; c) Inschriftensprache; d ) Ausdrucksformen . F. Folklore .
III . Ethnographie. A. Ursprung und Einteilung der Rassen.
lebens Verlag. VIII . 175 S. 89. Das Schriftchen stellt sich dar als ein populärer Lehr
begriff der gesamten Meteorologie , mit besonderer Berücksichti gung der Prognose. Gegen die verschiedenen Formen des land
läufigen Wetteraberglaubens wird mit erfreulicher Entschieden heit Stellung genommen , und dankenswert ist es , dass die Theorien des
Verlagshandlung gleichzeitig mit den Falbschen Publikationen
Monogonismus und Polygonismus. Wanderungen. a) Eurafri
auch eine Schrift erscheinen lässt , in welcher ( S. 154 ff.) die
kanische Rasse ; b) Austafrikanische Rasse ; c) Asiatische Rasse ;
Behauptung, der Mond übe eine namhafte Einwirkung auf das
d) Amerikanische Rasse ; e) Insulaner und Litoralvölker.
Wetter aus, mit Gründen widerlegt wird . Sachkunde lässt sich überhaupt dem Verfasser keineswegs absprechen , wennschon einiges zu beanstanden sein möchte. So darf man doch jetzt
Den Schluss bilden Vorschläge für die Arbeitsverteilung in den Laboratorien, eine Anleitung für die Einteilung der Biblio theken , sowie für anthropologische Arbeiten im Freien (Field Work) , und eine Zusammenstellung der gangbarsten amerikani schen und ausländischen Lehrbücher über Anthropologie. Stettin .
G. Buschan .
Das Wetter und der Mond . Eine meteorologische Studie von Rudolf Falb. Zweite, vermehrte Auflage . Wien , Pest,
Leipzig. 1892. A. Hartlebens Verlag. 131 S. 8º.
L'eber kritische Tage und Schlagwetter. Von Rudolf Pfeiffer , k . k . Oberbergrat. Mit 3 Holzschnitten. Wien . 1891. Manzsche Hof- Verlags- und Universitäts -Buchhandlung. 1891. 58 S. 8º. Die vom Unterzeichneten in Nr. 7 dieser Zeitschrift aus
gesprochene Absicht, die Falb schen Ansichten einer ausführ lichen Erörterung im »Ausland « zu unterwerfen, wird sich nicht
nicht mehr die alte Howardsche Wolkennomenklatur ohne Zu
sätze reproducieren , und wie der Verfasser dazu kommt , die Linien der Gewitterfront, die Iso . oder besser Homobronten, als » Isochromen « zu bezeichnen , ist nicht recht einzusehen . Ein
>
Druckfehler liegt nicht vor , denn das Wort kommt S. VI und S. 102 vor .
Die Ausstattung ist die bekannte vorzügliche. Doch ist wirklich in artistischer Hinsicht des Guten zu viel gethan ; bei Abbildungen z. B. , wie wir sie S. 34 , S. 46, S. 47 , S. 54 und S. 151 finden , weiss man wirklich nicht , was sie in einem Buche von der Tendenz des vorliegenden sollen . Als Vorlage für kunst
gewerbliche Arbeiten würden sie ja recht gut am Platze sein . S. Günther.
verwirklichen lassen , da durch die Arbeiten von Pernter und
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger
van Bebber (an der Spitze dieser Nummer) die meteorologisch
in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
astronomische Seite dieser Frage eine gewiss allen Anforderungen
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 25.
Stuttgart, 18. Juni 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart. Preis pro Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des In- und Auslandes und die Postämter.
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direktan Professor Dr.SIEGMUND MDCXL
GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit .
Inhalt: 1. Eine geographisch-wirtschaftliche Studie über Serbien . Von C. St. Jovanovič (Dresden ). S. 385 .
- 2. Das
3. Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch - Columbia . Kaukasische Museum in Tiflis. Von Hermann Obst ( Leipzig). S. 389 . Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio ). S. 392 . - 4. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . Von Eugen Oberhummer
(München). (Fortsetzung .) S. 394 . Oesterreichs .) S. 397 .
5. Geographische Mitteilungen . (Küster ; Interglacialzeiten ; Neue magnetische Aufnahme
Litteratur . (Brinton ; Kiepert ; Brockhaus ; Die Entscheidungskämpfe im chilenischen Bürgerkriege 1891 ;
v. Tschudi .) S. 398.
Eine geographisch - wirtschaftliche Studie | Lande, wo nach dem ganzen Zustand der Bevölke rung die Kirche nicht bloss religiöse, sondern auch über Serbien. hohe kulturelle Auſgaben zu erfüllen bat, billig Von C. St. Jovanovič (Dresden ).
Wunder nehmen muss , kann hier nicht näher ein
Man macht sich in Deutschland gewöhnlich nur sehr unklare Vorstellungen von Serbien und
gegangen werden. Die alte Form des Familienlebens in Serbien hat
den Serben. Das ganze Wissen, selbst bei geistig bis tief in dies Jahrhundert bestanden, und ihre letzten Hochstehenden, beschränkt sich in den meisten Fällen
Reste verschwinden erst jetzt allmählich . Sie heisst
auf einige verworrene Nachrichten über den König
Zadruga und besteht gleichsam in einer Monarchie
Milan und die Königin Natalie, über die Radikalen ,
en miniature, und in wirtschaftlicher Beziehung ist
über die politische Stellung zu den Nachbarstaaten sie, wie sich Schäffle ausdrückt, » eine wahre Be fruchtungs- und Bildungszelle« , welche nicht nur allen Gliedern materielle Befriedigung brachte, son Nachbarstaaten vielleicht noch einmal dazu berufen , dern auch starke Charaktere und ein gutes sittliches eine grössere Rolle in dem Wirtschaftsleben Deutsch- Leben ausbildete. Darum hat sie auch viel zur Ab u . S. W.
Und doch ist Serbien zusammen mit seinen
lands zu spielen, als gegenwärtig die meisten Staaten werfung des türkischen Joches beigetragen , das im Europas.
Es ist daher gewiss nicht uninteressant,
ganzen fast fünf Jahrhunderte auf dem Lande ge
von einem Serben selbst einiges Näheres über dieses
lastet hat.
Land der Zukunft zu hören .
Serbien teilt sich politisch in 15 Departements
nur Eltern und Kinder, sondern einen viel weiteren Kreis von Blutsverwandten , manchmal bis zu 80 Glie
mit ebensovielen Hauptstädten ; die Landeshauptstadt
dern , und noch vor nicht langer Zeit kam es vor,
Belgrad zählt gegen 60 000 Einwohner, das ganze Land 2 1/2 Millionen . Die Grösse des Landes beträgt 48 586 qkm , etwa so viel wie Baden, Württemberg und Elsass -Lothringen zusammen . Serbien ist konstitutionelles Königreich. Die Staatseinnahmen betrugen im Jahre 1889 36,04 Millionen ; sie balanzerfallen die Einwohner in 985.5o Angehörige der
dass aus einer solchen » Familienkommune « acht junge Leute auf einmal in die Armee eingereiht wurden . Dieser ganze Kreis produzierte und konsumierte ge meinsam . Er stand unter der Leitung eines Mannes , der als der Begabteste zum Häuptling gewählt wurde, und zwar war es gewöhnlich ein jüngeres Mitglied der Familie, welches diese Würde erlangte. Dieser Leiter besorgte die Arbeitsverteilung, kaufte und ver
griechischen Kirche, 7,6 °/00 Mohammedaner, 4,3 % ,
kaufte, führte Rechnung und war der Vertreter der
cierten mit den Ausgaben. Der Konfession nach
- Eine solche Familie umschloss nicht
>
Römisch -Katholische, 2,200 Juden und 0,4 " Pro- Familienkommune vor der Gemeinde. Die Entscheidung in allen Heiratsangelegen testanten . Der Nationalität nach sind 89 " Serben, 7,9 % Romänen , 1,8 % Tschechen , 0,2 % Judenheiten stand jedoch nicht ihm , sondern den ältesten und 1,1 % Deutsche. männlichen Mitgliedern der Familienkommune zu ,
Bei der grossen Masse der Bevölkerung sowohl auf dem Lande wie in den Städten ist die Kirche
deren Willen streng befolgt werden musste. Nicht selten kam es und kommt es auch noch heute beim
mehr gehasst und verspottet als geliebt und verehrt.
Bauernstande vor, dass die Mädchen gestohlen wer
Auf eine Erklärung dieser Thatsache, die in einem ' den, sei es, dass der betreffende zukünftige Ehemann Ausland 1892 , Nr. 25
49
Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .
386
das Mädchen mit Gewalt in sein Haus führt, sei es,
Bekanntwerden mit zahlreichen neuen Bedürfnissen
dass es im Einverständnis mit ihm freiwillig zu ihm kommt. Die so vollzogene Thatsache wird dann
u. S. W.; vor allem aber die erbitterten inneren
durch Pistolenschiessen
den
Nachbarn
politischen Kämpfe, welche mehr als acht Jahre das
und aller
Land durchwühlt haben und noch durchwühlen .
Welt kundgethan. Den Eltern steht es dann frei, die Tochter zurückzufordern ; in den meisten Fällen ist jedoch eine solche Forderung erfolglos und die
Die Regierung König Milans (ob sie allein ? Die Red.) und seiner Kreaturen , die nur darauf bedacht
Eltern müssen sich damit zufrieden geben , die üb-
zupressen, brachte eine geradezu unglaubliche Kor ruption über das Land. Der Hader der Parteien pflanzte sich in die Familien fort, und die Erbitterung war so gross , dass nicht der Familienfrieden über
liche Anzahl Kühe, Schafe u . s. w ., die der junge Ehemann den Eltern der Frau zu geben pflegt, anzunehmen .
Daran , anders als in einer solchen Familien-
kommune zu leben , dachte früher niemand; jeder erstrebte in ihr die Grundlage seines Glückes und Gedeihens. Dabei stand die Sittlichkeit im allgemeinen hoch , wie denn in der ganzen Familienkommune die Sitte die herrschende Gewalt war.
Diebstahl und Nichtbefolgung des Willens der Alten
waren, möglichst viel Geld aus dem Lande heraus
die politische Stellung , sondern diese über den den obsiegte. Der Bruder , der zu der Familienfrie Familienfrieden einen politischen Partei gehörte, mochte nicht mehr mit dem der anderen Partei angehörenden Bruder zusammenleben . Wie gross die politische Erbitte rung gewesen , kann man daraus entnehmen , dass die vom Land sich nach der Hauptstadt begebenden
kamen kaum vor. Noch Fürst Milosch verurteilte Abgeordneten nicht sicher waren , unterwegs von jemand, der etwa drei Kilo Zucker gestohlen hatte, politischen Gegnern ermordet zu werden,, damit sie zum Tode und wegen einer ähnlichen Kleinigkeit ihr Amt als Volksvertreter nicht ausüben könnten . erschoss er einen anderen eigenhändig.
Im Laufe der neuesten wirtschaftlich -politischen Entwickelung Serbiens hat nun eine bedauerliche Zerstörung der Familienkommunen stattgefunden .
Um diesen Fährlichkeiten zu entgehen, ver
steckte sich sogar einmal ein Abgeordneter , wie wei land Gustav Wasa, in einem Heuwagen und ge langte so nach der Stadt.
Von den theoretischen Werken , die diese Ver hältnisse behandeln , ist das bedeutendste das des dern mit erreichter Volljährigkeit ihren Vermögens- Dr. Dragischa Stanojewitsch . Es führt den anteil verlangten und Einzelwirtschaften gründeten, Titel „ Die Interessen des Serbentums« und enthält so dass heute nur in einigen entlegenen Landesteilen am Schlusse einen Entwurf, wie die Neubegründung noch eine Anzahl Familienkommunen existieren . Es der Familienkommunen vor sich gehen solle. Dr. Mehr und mehr wurde es Sitte, dass die Söhne nicht mehr mit den Eltern zusammen wirtschafteten , son-
ist eine Thatsache, dass damit eine tiefe Armut über
Stanojewitsch will die gemeinsame Arbeit nicht auf die Blutsverwandtschaft gründen, sondern er alte genossenschaftliche Form der Arbeit gewöhnt, blickt das Heil in der Produktivassociation freier Bauer , an die das Land gekommen ist. Denn der Bauer,
versteht nicht als einzelner mit- Erfolg zu wirt- | Arbeiter. Jedes Jahr soll der Staat eine Anzahl schaften.
Ueberdies fehlen ihm die konzentrierten
solcher Gemeinschaften errichten , für die Industrie
Kapital- und Arbeitskräfte, über welche die Familien-
sowohl , wie für den Ackerbau . Der einzelne , der
kommune gebietet. Diese hat Mittel genug, landwirtschaftliche Maschinen anzuschaffen , die nötigen Ankäufe zur Begründung eines grossen Viehstandes zu machen , eine Missernte zu überdauern u . s. w . , während dies alles dem einzelnen fehlt. Die wenigen noch vorhan-
in eine solche Gemeinschaft eintritt , verkauft ihr
gleichsam sein Vermögen . Der Staat soll das ganze Kredit wesen des Landes in die Hände nehmen und im Verkehr der Kommunen mit Privaten und mit
dem Auslande sollen gewisse Mindestpreise herrschen, unter welche nicht herabgegangen werden darf
denen Familienkommunen befinden sich meist in man sieht: Pläne , die von denen Lassalles gar einer sehr glücklichen wirtschaftlichen Lage , wo- nicht so sehr abweichen . Indes haben diese Pläne den einen grossen gegen die Einzelbauern in Armut und Elend verkommen. Ein grosser Teil der Bauern schläft Som- Fehler, dass sie mit der Mitte und nicht mit dem mers wie Winters auf der Erde, nur im Winter Anfang beginnen , dass sie nicht genügend auf dem etwas näher am Herde. Sein Feuer dient dem Bauer | Boden der realen Verhältnisse fussen . Was Dr. zugleich als Beleuchtung, und all sein Hausrat ist völlig Stanojewitsch erstrebt , ist nicht viel anderes, als schmucklos. Fast alles, was er braucht, erzeugt er was von vielen Seiten in Mitteleuropa erstrebt wird, selber im Hause: Hemden , Kleider, Schuhe 11. S. W. wo die Geldwirtschaft herrscht und das Fabriksystem Mancherlei lässt sich als Ursache dieses un-
und die Maschinenarbeit voll ausgebildet sind. In
glücklichen Zerfalles anführen . Das Eindringen der Geldwirtschaft und des Tauschverkehrs, welche dem
einem Volke aber, das zu 95 % aus Leuten besteht, die eine Fülle eigenen Grund und Bodens haben
einzelnen die Möglichkeit gab, für die Hingabe seines überkommenen Vermögens die Mittel zur augen-
so niedrigen Stufe stehen , ist vor allem mit der
und in dem
Kultur und Sittlichkeit noch auf einer
blicklichen Befriedigung aller möglichen Wünsche
Organisation der natürlichen Kommune, der Familie,
zu erlangen ; das im Zusammenhange hiermit stehende
anzufangen.
Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien.
Folgende Maassregeln vor allem dürften in Anbetracht des gegenwärtigen Zustandes zu einer Besserung der Verhältnisse notwendig sein : 1. Verbot der Zergliederung des Familienver-
387
hieran . So konnte es geschehen, das sich im Jahre 1890 etwa 200 montenegrinische Familien im süd lichen Serbien ansiedelten . Einige Gegenden zeichnen sich
durch eine starke Viehzucht und dem
ent
mögens durch die Abzweigung der mündigen Glieder sprechende Produktion von Schinken und Käse aus.. der Familie.
Die Hauptprodukte des Bodens sind Weizen, Mais,
2. Strenge Strafgesetze, vor allem gegen den Raub
Hafer und Gerste.
Das Brot des Bauernstandes
und dann auch gegen die Verspottung der Religion. wird fast ausschliesslich aus Mais gebacken. Auch (Was nützten dieselben anderwärts ? Die Red .) 3. Schenkung von technischen Wirtschaftsmitteln
getrocknete Pflaumen und Wein haben eine grosse
Bedeutung für das Volk ; sie bilden mit Rindern und
an die Familien und Prämien für besonderen Fleiss. Schweinen zusammen die hauptsächlichen Export 4. Gründung landwirtschaftlicher Schulen ; gegenwärtig gibt es nur eine solche. 5. Einrichtung von Trockenschuppen für den Export von Pflaumen und Ankauf notwendiger landwirtschaftlicher Maschinen - beides entweder durch den Staat oder durch die Gemeinde.
6. Begründung der Kreditinstitute für Bodenkultur. Freilich wollen einige ohne Leiter in den Himmel steigen ; sie verlangen das Fabriksystem , Märkte u.s. W., ohne zu bedenken, dass der Boden bierfür erst vorbereitet werden muss. Bei der gegenwärtigen Lage
güter. Für die Verbesserung der Pflaumenbewirt schaftung arbeitete König Milan persönlich, indem er auf seine Kosten einen modernen Trockenschuppen nach englischem Muster errichten liess ; derselbe steht jetzt aber ungebraucht da. Was den Wein anbelangt, so gibt es in Serbien wenige Gegenden , wo derselbe nicht gedeiht. Er ist in grosser Masse und guter Qualität vorhanden
und bildet ein allgemeines Volksgetränk.
Er ist
sogar fast billiger, als in Deutschland das gewöhn liche Bier .
Manche Bauern besitzen von einer Sorte
vieren, und nur auf der Grundlage ihres Gedeihens
bis zu 120 000 Liter. ) Um die Verarbeitung des Fleisches im Lande
kann auch die Industrie sich in Serbien entwickeln .
zu ermöglichen und so diesem
So viel ist sicher, dass die serbische Staatswirtschaft
teren Absatzmarkt zu eröffnen , wurden im Jahre 1890 zwei Gesellschaften gegründet . Die Schweine
des Landes ist die Landwirtschaft zuerst zu kulti-
gegenwärtig einiges sehr Bedenkliches an sich hat.
Produkt einen wei
,, fleischverarbeitung wurde einer englischen Gesell Man erblickt das Heil viel zu sehr in Schutzzöllen von denen man fälschlicherweise annimmt, sie würschaft übertragen, die sich verpflichtet hat, 40000 Stück den die Industrie in dem Lande erzeugen . Wegen Schweine jährlich zu schlachten .”) Den nächsten seiner schutzzöllnerischen Ansichten hat man sogar Anlass zur Gründung dieser Gesellschaft gab die den letzten Finanzminister einen » Descendenten « von Österreichische Handelspolitik. Es war , wie viel Friedrich List genannt. Auch andere als Industrie- leicht noch erinnerlich sein wird , infolge allerlei erzeugnisse sind vor hohen Zöllen nicht sicher. Noch
Differenzen zwischen Oesterreich und Serbien zu
vor kurzer Zeit hat die Skuptschina auf Kaffee, Zucker, Oel u . a . einen maskierten Zoll in Gestalt
einer Art Zollkrieg gekommen und die ungarische Regierung verbot jede Schweine- Einfuhr von Serbien .
einer indirekten Abgabe gelegt , der 3 Fr. auf ein
Viele Kaufleute haben damals ihr Kapital verloren . Der
Kilo beträgt. Und ähnlich noch mit vielen anderen Produkten . Für die Bildung, die Entwickelung der Arbeitsfähigkeit und das geistig -sittliche Leben der
österreichisch -ungarische Gesandte protestierte sogar gegen die Konzessionierung der englischen Gesellschaft. Der durchschnittliche Preis der genannten Landes
Bevölkerung wird viel zu wenig gethan. Bildung produkte war im Jahre 1888 nach statistischen Er und Arbeitsmethode des Bauern , der , wie gesagt, gebnissen folgender : 95 % der ganzen Bevölkerung bildet, sind trotz der grossen Aufgaben, die ihm die neuere wirtschaftlichpolitische Entwickelung gestellt hat, dieselben geblieben , wie bei seinen Vorfahren . Seine Wagen, seine Arbeitsmittel haben wenig mit wirklich modernen Arbeitsmitteln gemein ; sein Haus und sein ganzes Leben befinden sich im ärgsten Rückstande. Der Boden wird in allen
Teilen des Landes
100 kg Weizen 10,73 Fr. , Mais : 9,25 , Weizen mehl 13,68, Wein 18,26 , getrocknete Pflaumen 21,22, 1 kg Brot 0,16 , 1 Stück Ochsen 95,40 und 1 Stück Schwein 28,32 , im Jahre 1889 ist eine kleine Ver
besserung der Preise eingetreten, so z . B. kostete i 1 Wein durchschnittlich 0,23 , also um 5 Cent. mehr, und ebenso bei Weizen ; noch immer aber zeigt der
Preis eine verhältnismässige Billigkeit. – Der Tage
zur Erzeugung der verschiedensten Produkte benutzt lohn betrug im Jahre 1889 1,19 -1,22 Fr. – Die und durchgehends herrscht eine reiche natürliche Preise des Bodens und der Liegenschaften zeigen Fruchtbarkeit, wie Serbien überhaupt von Natur deutlich die Entwertung derselben . So sagt Herr eines der gesegnetsten Länder Europas ist. Bewässe- Dr. Wuič , dass die statistischen Erforschungen ge rung des Bodens und sonstige Meliorationen fehlen
allerdings fast ganz , und man findet noch viele Grundstücke, die brach liegen. Die Auflösung der Gemeinschaften , die geringe Zahl der Bevölkerung und ihre technische Unfähigkeit tragen die Schuld
1) Veber den Weinbau in Serbien wird das » Ausland « seinerzeit eine besondere Studie bringen .
Die Red .
2) Uebrigens eine merkwürdige Erscheinung, dass sich der Erfüllung des Vertrages seitens der Gesellschaft unüberwindbare
Schwierigkeiten in den Weg stellen.
Eine geographisch -wirtschaftliche Studie über Serbien .
388
zeigt haben, dass sich der Wert des unbeweglichen , mit der Türkei bildete einen dringenden Wunsch Vermögens des Landes vom Jahre 1846 --- 63 um 4 Mill . oder 48 Mill. Fr. vermindert hat.
Die Ausfuhr im Jahre 1888 betrug an getrockneten Pflaumen 41 300000 kg, an Wein 2400000 1, an Schweinen 216000 Stück . Grössere Kapitalunter-
Bevölkerung, denn sie ist von ganz besonderer 1 derWichtigkeit für den serbischen Export , da sie ihm auch den Seeweg eröffnet. Ohne sie gab es für Serbien nur die ungarischen Märkte und einige wenige österreichische, und damit war das Land wirtschaft
nehmungen existieren wenig im Lande. Erst vor
lich auf Gnade und Ungnade der österreichischen
3-4 Jahren begann eine etwas regere Thätigkeit auf diesem Gebiete. In dieser Zeit wurden einige
Oberherrschaft ausgeliefert. Seit der Zeit der gegen wärtigen Regierung sieht man einige handelspoli
Kreditinstitute in der Form von Aktiengesellschaften gegründet. Zu gleicher Zeit aber lässt sich ein
tische Fortschritte. So hat der Staat vor etwas mehr als zwei Jahren eine Handelsagentur nach Salonichi
rapider Verfall des handwerksmässigen Gewerbes
errichtet, die auch mit Marseille in Verbindung steht.
bemerken , das noch ganz in den Formen der alten
Im Jahre 1890 wurde bereits ein grosses Quan
Zunft steckt. Von Fabriken sind zu erwähnen eine
tum Weizen nach Salonichi ausgeführt ; die Handels
Tuch-, eine Glas- und eine Zündholzfabrik , ferner eine im Jahre 1890 gegründete Fabrik von Marmor-
beziehungen mit dieser Stadt wachsen stetig. Die Eisenbahn war bis zum Jahre 1889 in den
waren und eine grosse Anzahl von Dampfmühlen, Händen von Privatgesellschaften, da benutzte der deren es fast in jeder Stadt und in vielen Dörfern eine gibt. Dass sich das Fabriksystem schwer ent-
neue Finanzminister, Herr Dr. Wuic , die Unsoli dität dieser Gesellschaften als Grund , um die be
wickelt , ist sehr erklärlich.
stehenden Kontrakte zu lösen und den Staat zum
Denn mit der rechten
Produktionsfähigkeit fehlt es der landwirtschaftlichen alleinigen Herrn der Bahnen zu machen . Der Staat Bevölkerung natürlich auch an der rechten Konsum- besitzt auch auf der Donau einen Dampfer und fünf tionsfähigkeit. Grosse Bedeutung für das Land haben
Schleppschiffe und erst im vorigen Jahre ist eine ser
auch eine Quecksilber- und zwei Steinkohlengruben ;
bische Dampfschiffahrtsgesellschaft gegründet worden.
die erstere, die nicht weit von Belgrad in einer an Das Bankwesen ist nicht zum Besten geordnet. Quecksilber ungemein reichen Gegend liegt, ist an eine Ein grosser Teil der serbischen Banken verdient englische Gesellschaft verpachtet worden ; die letzteren mehr den Namen eines wirtschaftlichen Krebses, als sind in Händen des Staates ; man deckt aus ihnen nur den wohlthätiger Institute. Jede Stadt hat ihre Bank den Bedarf der Eisenbahnen , denn im übrigen bildet oder Sparkasse ; aber dieselbe dient, veranlasst durch das Holz im ganzen Lande das Heizmaterial. ( Vgl . hiezu mancherlei Umstände, ausschliesslich den Offizieren,
» Ausland « 1892, Nr. 12.) Der Staatist auch Eigentümer
Beamten , Kaufleuten u . s. w. , während es für den
eines grossen Teiles des Grund und Bodens und vor
werten liesse, als zur Heizung. Wie wertvoll dieser
Bauer , der doch die eigentliche Masse und Kraft des Volkes bildet , kein einziges Kreditinstitut gibt ; für ihn ist der Wucherer der einzige Kreditor, wie dies ja bei niedrigen sittlichen Zuständen überall der Fall ist . Das Verbot der privaten , nicht bankmässig betriebenen Kreditgeschäfte dürfte eine unbedingte Not wendigkeit sein, und auch die Abführung des Rein gewinnes der Bankgeschäfte, der über einen gewissen
Waldbestand vielfach ist, mag man daraus ersehen, dass vor drei Jahren ein Bauer die Hälfte seines
Prozentsatz hinausgeht, an den Staat dürfte sich em pfehlen . Der Zinsfuss für gewöhnlicheDarlehen u.s.w.
allein des Waldes . Dieser dient den armen Klassen der
Bevölkerung als Hilfsquelle ; es besteht keine strenge Kontrolle gegen den Raub der Bäume aus den Staatswaldungen . Der Bauer hackt die Bäume in seinem wie in dem Staatswalde ohne Schonung nieder, trotzdem das Holz sich vielfach noch viel besser ver-
Forstes an ein ausländisches Haus um nicht weniger ist jetzt ein ungemein hoher; er beträgt 10-12 % . als 60000 Fr. verkaufte; Herr Dr. Wuič beklagt
Seit einigen Jahren besteht die allgemeine Schul
die Unrationalität der Bauernwirtschaft in dieser wie
pflicht in Serbien , allein die Erfüllung derselben
in anderer Hinsicht tief. »Zwei Hauptelemente des Landesvermögens,« sagt er, » vernichtet unser Volk : das Vieh und den Wald (Forst) ! « 1) Der Staat
lässt noch viel zu wünschen übrig , da die Anzahl der Schulen nicht genügt. Es gab im Jahre 1886 544 Schulen im
Lande und auf 1000 Einwohner
besitzt auch zwei landwirtschaftliche Güter ; auf kamen 244 Elementarschüler. Im Jahre 1884 waren denselben arbeiten die Verbrecher.
von 1000 Einwohnern 916 Analphabeten . Die Dorf Die natürlichen Hauptverkehrsstrassen Serbiensschüler, in deren Dorf es keine Schule gibt, bleiben sind die Donau und die Sawa , die vier Städte be- meist den ganzen Winter von der Schule weg. Vielfach hilft man sich damit, dass die Schüler rühren . Die Eisenbahn verbindet Serbien mit Ungarn, Bulgarien und der Türkei; ausserdem existieren noch in einem Zimmer des Schulgebäudes schlafen und zwei Linien im Inneren des Landes und eine dritte, nur Sonnabends nach Hause gehen . Zum Schlusse noch einige statistische Angaben . nach einer Kohlengrube, wird bald an die Hauptlinie geknüpft werden. Die gesamte Länge der Serbien hat im Frieden 20 242 Soldaten ; im Krieg
Eisenbahnen beträgt 526 km . Die Balinverbindung 1 ) » Unsere wirtschaftliche Politik «, zwei öffentl. Vorträge
von Dr. Michailo W. Wuič . Belgrad 1883 .
soll sein Heer 265000 Mann betragen . Die Staats schuld beträgt 206700000 Fr.
Das Kaukasische Museum in Tiflis.
Das Kaukasische Museum in Tiflis. Von Hermann Obst (Leipzig ).
389
die Umgegend des Baikal-Sees, das russische Daurien , das Amurgebiet und den östlichen Teil des Sajani schen Gebirges fünf Jahre lang bereist und zwei
Einen Januskopf trägt das heutige Tiflis , die Jahre später , 1862 , Karl Ernst von Baer nach Hauptstadt Transkaukasiens, zur Schau. Wer ihn | Südrussland begleitet hatte, von Sr. kais. Hoheit dem von der einen Seite betrachtet, der erblickt rein orientalische Züge, während dem Beschauer der anderen Seite ein ganz europäisches Antlitz sich zeigt.
Der Riesenwall, welcher vom Schwarzen zum Kaspischen Meere sich binziehend hier Europa von Asien trennt, ist nicht nur eine Länderscheide, sondern
auch ein gewaltiges Bollwerk , an dem sich Jahrtausende hindurch die Völker gestaut haben . Wie
in einer schützenden Festung haben sie sich hier
Grossfürsten -Statthalter des Kaukasus, Michail Niko
lajewitsch , beauftragt wurde, die Kaukasusländer in biologisch -geographischer Beziehung zu erforschen .
Es galt hier, Tiere und Pflanzen mit Rücksicht auf die physikalischen Bedingungen, auf die Beziehungen zum Boden und zum Klima, unter denen ihr Leben
stattfindet, zu untersuchen . Wie die Kette des Grossen Kaukasus Europa von Asien trennt, wie sie eine geographische,
gegen die Belagerer gehalten und ihre Eigenart bewahrt , bis auch ihre Stunde geschlagen hatte und
bildet sie auch eine biologische Scheidewand . In
die Russen nach zahlreichen erbitterten Kämpfen,
Niveau des Meeres gelegenen pontisch-kaspischen Tiefländern und den armenisch -persischen Hoch
nach manchen vergeblichen Versuchen Bresche in die Festung geschossen hatten und als Sieger in die transkaukasischen Lande einzogen. Aber erst ein
dem
hier eine scharfe Greuzlinie zwischen den im
ländern gezogen ist , treten mit den extremen Ter raindifferenzen , welche nördlich und südlich vom
sojähriger Kampf, der mit der Unterwerfung auch | Hochgebirge vorhanden sind, auch auffallende Gegen der Bergvölker durch den Fürsten Barjatinskij im Jahre 1859 endete , machte die Russen zu unum-
sätze in den biologischen Verhältnissen von Cis- und
schränkten Herren des kaukasischen Isthmus.
gelangen , schlug Radde vor , die Untersuchungen
Dem gewaltigen Werke der endlichen Unter-
werfung des Kaukasus folgte nun ein zweites und ein drittes, nicht minder wichtig, nicht minder bedeutungsvoll, denn das erste. An Stelle der kriege-
Transkaukasien auf.
Um zur Erkenntnis dieser zu
nach den vier Hauptströmen anzubahnen. „ Wir sagt Radde in seinem ersten Berichte – setzen » der Kura den Terek gegenüber. Inwiefern bieten
rischen Arbeit traten nunmehr die Bestrebungen des
die Länder beider Stromgebiete Gleiches, Verwandtes oder Verschiedenartiges und welche Gründe bedingen
Friedens und , indem sie eine Wandlung in den
die Identität oder Differenz ? Wir setzen ferner dem
socialen Verhältnissen hervorbrachten , ebneten sie
Kuban den Rion gegenüber und stellen uns die
gleichzeitig der wissenschaftlichen Erforschung des selben Fragen. Ganz von selbst treten dann andere Landes die Wege. Wenn wir nun heute jenen Vergleichungspunkte auf . Wie verhalten sich die Januskopf vor uns haben, so ist er die Folge jener östlichen Abflüsse des Kaukasus zu den westlichen unausgesetzt friedlichen Arbeit, die natürlich in der
Hauptstadt des Landes, in Tiflis, sich am entschiedensten bemerklich macht, wo auch die Gegensätze zwischen Orient und Occident einander am schroff-
sten gegenübertreten . Von allen asiatischen , dem russischen Scepter unterworfenen Gebieten hat sich
und welche Verwandtschaften bietet das Kaspische und das Schwarze Meer ? Eine eigene, ganz unab hängige Untersuchung erfordern die Quellthäler, so weit sie auf russischem Boden liegen, dieser Ströme. Hier ist notgedrungen die Kura ausgeschlossen . Die anderen drei Ströme führen uns in eine eigene gross
keines so schnell und so auffallend im Sinne euro-
artige Welt. Wir treten mit ihren Quellgebieten
päischer Kultur entwickelt, wie der Kaukasus, in
in die gletschergekrönte kaukasische Centralkette.
keinem ist die wissenschaftliche Erforschung so thätig gewesen, hat so erfolgreich gewirkt, so Bedeutendes
Das Hochgebirge ist unerschöpflich für den Be obachter. Wurden früher die biologisch -geographi
geleistet, wie gerade hier.
schen Untersuchungen namentlich auf die Horizontal
Wenn wir heute den Namen Gustav Radde, der zu den besten zählt, die sich um die Erforschung des Kaukasus verdient gemacht haben, besonders
ebene bezogen, so müssen wir nun, im Hochgebirge, die Vertikalebene zur Basis aller Forschungen machen. Gletscher, Schnee- und Baumgrenze bilden hier in
hervorheben , so hat dies seinen Grund darin, dass er untrennbar mit einem wissenschaftlichen Institute
den hochalpinen Revieren die Fundamente der Unter suchungen; in den breiten Rahmen , den sie um die
verbunden ist , dem die folgenden Zeilen gewidmet | Alpenwelt schliessen, trägt man sorgsam die sub ordinierten Beobachtungen ein. So die specielle Ver
sein sollen , dem „ Kaukasischen Museum « in Tiflis, das jüngst den Tag gefeiert hat, an dem es auf ein Vierteljahrhundert rühmlichen Bestehens zu-
wächse, die letzten Spuren minimalen Lebens auf
rückblicken kann.
den Eismeeren , die zeitweise, unwillkürliche Ueber
Zu Anfang des Jahres 1864 war es , dass Radde, der zuvor drei Jahre lang, von 1852 an , die Krim , dann 1855 als Teilnehmer der von der Petersburger
führung leichter Tiere aus niederen Regionen in die höheren durch den aufsteigenden Luftstrom , endlich die regulären und zufälligen Wanderungen gewisser
breitung der phanerogamen und kryptogamen Ge
Geographischen Gesellschaft ausgerüsteten Expedition | Tiere« . Dazu sollte auch noch den ethnographischen Ausland 1892, Nr. 25.
50
390
Das Kaukasische Museum in Tiflis.
Verhältnissen, wie der wechselvollen geschichtlichen
und Erfolge erzielt hat , die in ihrer Art unüber
Entwickelung der Bewohner des Kaukasus Rechnung troffen dastehen. getragen werden , und endlich sollten auch Aufgaben, Die Museumsangelegenheit wurde zuerst im die einen praktischen , wirtschaftlichen Wert besitzen, | Jahre 1852 in einer Komiteesitzung der kaukasi erledigt werden . schen Zweigabteilung der Kaiserlich Russischen Geo
Die Ausbeute der Reisen , die Ergebnisse der
graphischen Gesellschaft durch den Grafen Wladi
Forschung sollten in einem allgemeinen Kaukasischen Museum niedergelegt werden , die Idee eines solchen , das bestimmt sein sollte , nicht allein die Natur-
mir Alexandrowitsch Sollogub in Anregung gebracht und darauf der erste Schritt zur Verwirk lichung der Idee gethan. Anfangs mit Eifer be
erzeugnisse des Kaukasus , sondern auch die ethno-
trieben , versumpfte das Unternehmen später doch
graphischen Objekte der Vergangenheit und Gegen- wieder , so dass das Museumsdirektorium im Jahre wart dieses grossen hochinteressanten Gebirgslandes, namentlich auch die so wichtigen archäologischen
1860 sich auflöste. Erst als Radde im Beginn des Jahres 1864 der Auftrag erteilt wurde, die Kaukasus
länder in biologisch -geographischer Hinsicht zu unter Radde her. Sie gehört bereits der Periode an , in suchen und er seine so erfolgreiche Thätigkeit be
Funde aufzunehmen , stammt bereits aus der Zeit vor welcher Fürst Woronzow der Statthalterschaft im südlichen Russland vorstand. - » Doch hatte die Aus-
gann , die bis auf den heutigen Tag gewährt hat,
führung derselben , sich der Zeit und den Umständen anpassend ,« wie Radde in einer zur Feier des 25jährigen Bestehens des Kaukasischen Museums veröffentlichten Schrift bemerkt — »» nicht nicht immer immer eine eine gleichmässige und nachhaltende Anregung gefunden
Sammlungen mit aufgenommen, welche das Material zu einer allmählichen systematischen Bearbeitung der
wurde in dem Plane die Anlegung naturhistorischer Flora und Fauna des erwähnten Gebietes enthalten
sollten . Bereits die erste Reise Raddes , die sich die Aufgabe gestellt hatte, die colchischen Längen
und je nachdem einflussreiche Männer mit Interesse hochthäler eingehender zu erforschen , war so er für die Sache kamen und schieden , nahmen die progebnisreich, dass, um das massenhaft sich aufhäufende jektierten Pläne eines kaukasischen Museums bald Material unterzubringen , wieder an den Gedanken einen erfreulichen Fortschritt , bald auch verhüllten der Gründung eines » Kaukasischen Museums« heran sie sich wieder unter dem Schleier allgemeiner Gleich- getreten werden musste. Die Verhältnisse des Lan gültigkeit und das bereits Angestrebte fiel für längere des selbst waren der Ausführung dieser Idee jetzt Zeit dem Vergessen anheim . Ein solches Wanken günstiger. Die Unterwerfung des westlichen Kau und Schwanken in der Ausführung einer an und kasus hatte der bis dahin vorwaltend kriegerischen
schuldigen, wenn in Erwägung der allgemeinen Zu-
Thätigkeit im Kaukasus ein Ende gemacht. Nachdem der Etat des Kaukasischen Museums auf Vorlage
stände der Kaukasusländer in jenen erwähnten Zeiten , sich nicht manches Moment hervorheben würde, welches überhaupt jeder Blüte geistigen , friedlichen
des Barons A. P. von Nicolai von Sr. kais. Hoheit dem Grossfürsten -Statthalter am 2. Juni 1865 be stätigt worden war, konnte das Museum in Angriff
Lebens die Existenz erschwerte , oder sie ganz und
genommen werden.
gar verhinderte. Es musste jederzeit zunächst die
zusammengebrachten reichen Sammlungen, zu welchen auch noch die zoologischen Ergebnisse einer Reise nach Talysch im Jahre 1866 gekommen waren ,
für sich so trefflichen Idee liesse sich kaum ent-
Frage aufgeworfen und erörtert werden , ob in einem
Lande, dessen Boden damals noch beständig durch das Blut seiner Krieger gefärbt wurde, dessen augen-
Mit den von Radde bereits
wurde das noch vorhandene Material aus dem ersten
blickliche Bedürfnisse vor allem anderen fast beständig
missglückten Versuche der kaukasischen Abteilung
ausschliesslich der Erstrebung von Ruhe nach Aussen und Innen zugekehrt waren , dessen zeitgemässe Anforderungen, mit einem Worte, in einer unzähligen
der Kaiserlich Russischen Geographischen Gesell schaft in Tiflis vereinigt , so dass das von Radde nun ins Leben gerufene » Kaukasische Museum « am
Menge von fundamentalen administrativen Maass-
2./14. Januar 1867 eröffnet werden konnte. Sehr bald waren aber die dem Museum ange
regeln bestanden , die mitten im Kriegslärm und Schlachtgetümmel Asiens Gewohnheitsrechte beseitigen und europäisches Gesetz geltend machen konnten ,
es musste die Frage aufgeworfen werden ,
ob in einem solchen Lande überhaupt der Wissenschaft ein Platz angewiesen werden konnte , oder ob sie nicht, durch die Unzahl schreiender sonstiger
wiesenen Räumlichkeiten zu klein geworden ; das Material häufte sich unter Raddes energischer und
einsichtiger Thätigkeit in überraschender Weise. Einem glücklichen Zufalle war es da zu danken , dass sich vorteilhafte Verhältnisse darboten, um dem dringenden Bedürfnisse abhelfen zu können . Ein
Tagesbedürfnisse verdrängt, fürs erste von diesem
monumentaler Museumsbau konnte im schönsten
Schauplatze sich fern zu halten habe.«« Die Zeit hat die Zweifel verscheucht und die Frage im günstigen Sinne gelöst. Ganz besonders ist es aber Radde
Teile der Stadt gegenüber dem Palaste des Gross fürsten-Statthalters errichtet werden, der am 1. Sep tember 1870 seiner Bestimmung übergeben wurde.
gewesen, der zu ihrer Lösung ganz wesentlich mit Aber auch dieser Neubau sollte nicht allzulange aus beigetragen , der ihr ein ganzes Menschenleben mit reichen . Im Jahre 1878 begann Radde den Auf Eifer, seltenem Geschick und Vermögen gewidmet | bau eines zweiten Stockes auf das Museum zu be
Das Kaukasische Museum in Tiflis .
treiben und trat zugleich in Unterhandlungen mit
Periode im
Museum
391
vortrefflich
vertreten.
Des
der damals bestehenden Archäologischen Gesellschaft gleichen treffen wir auch die gegenwärtig den Kau wegen der Uebernahme ihrer Sammlung, aber erst
kasus bewohnenden Völker und ihre Erzeugnisse an .
1880 konnte die beabsichtigte Erweiterung des Museums in Angriff genommen werden , die dann
kaukasischen Hochgebirges eigenartige ethnogra
Von alters her haben sich bei den Bewohnern des
so gefördert wurde, dass sie zu dem im September phische Gegenstände erhalten, Hausmeubles, musi des Jahres 1881 abgehaltenen Archäologischen Kon- kalische Instrumente und anderes . Wie überhaupt gress in Tiflis fertig gestellt war, wodurch das Museum seine gegenwärtigen Räumlichkeiten und sein heutiges Aussehen erhalten hat. Im Verlaufe von 15 Jahren hatte es sich reichlich um das zwanzigfache vergrössert , sowohl was den Inhalt, als auch den Umfang anbelangte. Der Archäologische Kongress war auch Veranlassung zu einer ganz beson-
die der Hauptkette des Kaukasus zunächst wohnen den Bergvölker in jeder Hinsicht sich dem Einflusse der Türkei und Persiens, Grusiens und Armeniens
entzogen und somit samt ihrer früher meistenteils bewahrten politischen Selbständigkeit, auch in allen ihren Gebräuchen , in ihrem Gesamtsein eine gewisse feste Norm
und nicht leicht zu beeinflussende Un
deren Bereicherung der archäologischen Abteilung abänderlichkeit behauptet haben , so hat sich auch des Museums, indem diesem alles , was an Aus-
bei ihnen gerade, trotz Armut und Roheit, manches
grabungen von 1879 bis 1887 durch das vorbereitende
Besondere erhalten , was die Aufmerksamkeit des
Komitee des Kongresses zusammengebracht worden
Reisenden besonders in Anspruch nehmen muss.
war , einverleibt wurde.
Die Harfen und Meubles der Ossen und Swanen
Zur Zeit des erwähnten Archäologischen Kon- sind solche Gegenstände, Schneeschuhe und Waffen gresses hatten wir Gelegenheit, das Kaukasische dieser Völker gleichfalls. In richtiger Erkenntnis Museum aus eigener Anschauung kennen zu lernen . der Bedeutung dieser Gegenstände für den Kultur Es ist nicht nur eine Schausammlung zur Befriedi- gedanken hat ihnen Radde bei seinen Reisen auch
gung der Neugierde , so glänzend und ansprechend eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und ihnen auch die Aufstellung ist , sondern auch und ganz
den Platz im Museum angewiesen , der ihnen bei
besonders eine Sammlung , welche selbst den höchst ihrer Wichtigkeit zukommt. gespanntesten wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Dafür spricht nicht nur die wissenschaftliche Bedeutung ihres Schöpfers, sondern auch die Unter-
Reich ist auch die Sammlung an Schmuck stücken , namentlich der tatarischen Völkerstämme; viele haben von ihnen neben dem Werte als Gegen
stützung, deren er sich bei seinem Werke von einer
stände der Kleinkunst oft noch bedeutenden Metall
grossen Reihe namhafter Gelehrter zu erfreuen ge- wert . Die Waffensammlung schliesst besonders wert habt hat, Gelehrter, welche Autoritäten ersten Ranges volle persische Musterstücke in sich und besitzt ausser auf ihrem Forschungsgebiete sind.. Das Kaukasische dem eine grosse Auswahl meistens alter Rüstungen Museum ist ein Musterinstitut , wie es in gleicher und Helme mit reichen Ornamenten und verschiede
Reichhaltigkeit und in gleicher Vollendung keine
nen Inschriften .
andere Provinz des russischen Reiches aufzuweisen
Ein grosses Feld bilden die Erzeugnisse der
Wer systematischen Studien über Flora und
Hausindustrie der zahlreichen Völkerschaften des
Fauna des Kaukasus, über die mineralogischen und geologischen Verhältnisse dieses Gebietes obliegen
Kaukasus, hier finden sich ebenso interessante, wie schöne und wertvolle Gegenstände, namentlich sind
will, findet hier ein Material , wie er es sich reicher
es Gewebe und Metallarbeiten, welche die Aufmerk
hat .
und zuverlässiger nicht denken kann, dazu Vor- samkeit auf sich lenken, aber auch die Keramik ist arbeiten, welche die Benutzung der Sammlungen im sehr beachtenswert und könnten unsere Töpfer, die höchsten Grade erleichtern.
Das Museum zerfällt in fünf Abteilungen , in
heute an Geschmacklosigkeit das Menschenmöglichste
leisten, von den kaukasischen ungemein viel lernen ,
die geologisch-paläontologische, in die zoologische, die es verstehen , selbst dem gewöhnlichsten Ge botanische, ethnographische und archäologische. Wir schaffenheit des Kaukasus, wie des pflanzlichen und
brauchsgegenstande eine gefällige Form zu geben, die meist auf antiken Anschauungen beruht. Mehr.um die Schaulust zu befriedigen , denn
tierischen Lebens, das sich hier entwickelt hat, des-
wissenschaftlichen Zwecken zu dienen , sind die
erhalten hier ein anschauliches Bild der Bodenbe-
gleichen der Bewohner, und zwar von den frühesten
Figuren und Gruppen kaukasischer Völkerstämme
Zeiten bis zur Gegenwart, von den ältesten Spuren,
da, die aber in ihren malerischen Kostümen eine
die bis in die Steinzeit reichen , und des heutigen
grosse Anziehung ausüben. Ebenso dienen die Ge
bunten Völkergewimmels. Reich vertreten ist dabei das Zeitalter der Bronce , teils in Schmuck, teils
mälde des Malers Simm (in Rom ) im Treppenhause des Museums, in Temperatechnik ausgeführt, nur
auch in Waffenstücken ; von besonderem Interesse
ornamentalem Zweck .
sind ferner die figürlichen Broncefunde, welche aber zumeist der Eisenperiode angehören. Auch aus althistorischer Zeit ist ein reiches
Auf die naturhistorischen Sammlungen hier näher einzugehen , ist bei der Fülle des Materiales ganz un möglich . In ihnen liegt vor allen Dingen der
Material vorhanden . So ist die scythisch -hellenische
wissenschaftliche Schwerpunkt des Museums und
Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch -Columbia.
392
ein Hauptteil der Lebensaufgabe und erfolgreichen Thätigkeit Raddes. Sie sind meisterhaft geordnet , so dass der Reichtum nie verwirrend ist ;
wachsene pittoreske Felsgruppe aus dem Strome, von seinen donnernden Wogen umbrandet.
Zu
weilen erweitert sich das Thal und es schieben sich
wer sie benutzt , wird seine Freude daran haben
schmale Ebenen zwischen die Berge , die teils von
und ihrem Schöpfer und Organisator Dank und Anerkennung für das Geleistete nicht versagen.
Rasen , teils von Wald bedeckt sind , welche einer
Fast ein Menschenalter hat Radde der Erforschung
dianern und Chinesen Raum
des Kaukasus gewidmet, sie ist seine Lebensaufgabe
decken dichte Tannenwälder die Abhänge der Berge
gewesen .
kleinen Ansiedelung oder ein paar Hütten von In bieten .
Ueberall be
Nicht minder haben jene Arbeiten die und überall schiesst eine üppige Vegetation auf, ge
physischen wie geistigen Kräfte dieses seltenen Mannes in Anspruch genommen , der als Gelehrter, wie als Forschungsreisender und Schriftsteller gleich hoch dasteht. Was er hier oft mit grossen Anstrengungen
nährt von der von den Bergen herabrinnenden Feuch tigkeit. Nach und nach lichten sich die Wälder, die üppig wuchernden Farnkräuter , Stauden und Sträucher werden spärlicher, und nachdem man Lytton
und unter den schwierigsten Verhältnissen geleistet
erreicht, hat sich das Bild vollständig geändert. Lyt
hat , davon legen seine zahlreichen grossen Werke wie kleineren Schriften beredtes Zeugnis ab , nicht
ton liegt auf einer steilen , in ein kahles, trockenes
minder aber das Kaukasische Museum , in dem
des Fraser- und Thompson -River. Dasselbe ist gegen Westen begrenzt von der Hauptkette der Kaskaden ,
er sich an dem Orte seines Wirkens ein Denkmal
gesetzt hat, aere perennius .
Plateau auslaufenden Uferterrasse am Zusammenfluss
welche sich über dem rechten Ufer des Flusses in
Si -ine Rij v
er
mächtigen , breiten Bergpyramiden in die Wolken Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch Columbia . Fraser. River
Von C. A. Purpus (New Bremen , Ohio ).
An einem trüben, regnerischen Tage Ende der zweiten Hälfte des Juni 1887 verliess ich Yale am unteren Fraser-River, um nach Lytton überzusiedeln, von wo aus ich eine Tour ins Gebirge unternehmen wollte.
Die Fahrt von Yale den Fraser -Fluss ent
lang ist ziemlich kurz, aber sehr reich an grossartigen , wildromantischen Gebirgsscenerien . Der zur Zeit durch die Schneeschmelze im Hochgebirge mächtig
an Frase
r . Riveri
Granitberge
Lyllon
Tho x Pretanie lake
mps
on : River
und Umgebung
angeschwollene Fluss durchbricht hier das Kaskaden
Gebirge , in schmalem Felsenbette dahinströmend, und seine grauen Fluten donnernd und brausend dem Stillen Meere entgegenwälzend . Zu beiden Seiten des Flusses erheben sich abwechselnd mit
tannengrünen Wäldern und Matten bedeckte terassenartige Bänke , welche von steilen Bergen und riesigen Felswänden aus krystallinischen Gesteinsarten
erheben, gegen Osten von dürren Hügeln , hinter welchen schroffe, dünnbewaldete Berge emporstreben , die von mässiger Höhe sind und die Kette der Kas kaden nach dem trockenen Hochplateau im Inneren Britisch - Columbias fortsetzen .
Der kleine Ort,
welcher in drei Abteilungen zerfällt, die von Weissen,
gebildet und bis hoch hinauf mit Tannen bewachsen, Indianern und Chinesen bewohnt sind, befindet sich überragt werden . Wundervolle Wasserfälle donnern
auf der Grenze der trockenen Region und des feuch
von den Felswänden herab und wildschäumende
ten Küstengebiets . Die mit Wasserdampf geschwän gerten, vom Stillen Ozean über das Kaskaden-Gebirge
Gebirgsbäche , umrahmt von einer üppig wuchernden Vegetation , gebildet aus saftig grünen Farn-
hinwehenden Winde haben ihren hohen Feuchtig
kräutern , der breitblätterigen stachelbewehrten Fatsia keitsgehalt noch nicht vollständig eingebüsst und horrida, Rubus Nutkanus , Rubus spectabilis , Acer
schlagen noch einen Teil an den Abhängen der sich
glabrum, Betula papyracea u. s. w . , brechen aus den gegen Osten erhebenden Berge nieder ; derselbe reicht tiefen Schluchten der Berge hervor und eilen , von Fels | jedoch nicht mehr hin, um jene üppige Vegetation
zu Fels stürzend , dem Flusse zu , überspannt von kühn geschwungenen Brücken, über welche die Bahn dahinbraust . Manchmal steigt die nackte Felswand unmittelbar aus dem Strom empor und dann musste
hervorzurufen , wie sie uns am unteren Laufe des Fraser- Flusses entgegentritt . Die Umgebung von Lytton partizipiert daher noch etwas an dem feuch teren ozeanischen Klima der Küste, während weiter nach Osten mit allmählicher Abnahme der Nieder
die Bahn durch die Felsen gebrochen oder über Brücken gelegt werden , die längs der Felswände schläge ein extremes Steppenklima zur Herrschaft dahinführen und unter welchen der Fluss brausend gelangt, welches sich durch heisse , trockene Sommer vorü berschiesst. Ab und zu erhebt sich eine mit Tannen be-
und kalte, schneearme Winter charakterisiert.
Während die Flora um Lytton fast nahezu die
Der Pretannie Lake bei Lytton in Britisch - Columbia .
selbe ist , wie diejenige des trockenen Gebietes, stimmt die der Berge und feuchteren Thäler mit derjenigen der Kaskaden westlich des Fraser über-
393
Kurz nachdem wir an den Augsandbedeckten Uferbänken der beiden Flüsse hinaufgestiegen waren , kamen wir zu einer altindianischen Begräbnisstätte,
ein , ohne jedoch die Veppigkeit wie dort zu er- bedeckt mit Flugsand und überragt von einer ein reichen. Hier wie in der trockenen Region bedecken samen Kiefer. Dieselbe war ganz durchwühlt von Artemisien ( Artemisia tridentata und trifida) und Bigelovien (Bigelovia graveolens var. hololeuca und B. Douglasii) die dürren und trockenen Kiesbänke und Hügel auf dem linken Ufer des Flusses. Man findet ferner hier das auch im Inneren Britisch -Co-
lumbias nicht seltene Eriogonum heracleoides, welches für das trockene Hochplateau sehr charakteristisch
Antiquitätensammlern, und überall lagen Schädel und Knochenteile umher, ein trauriges Bild irdischer Ver gänglichkeit . Unter den umhergestreuten Knochen fand ich ein paar plattgedrückte Kupferstücke, be deckt mit Grünspan, und ein spitzes Instrument aus Knochen , dessen sich die Indianer noch jetzt zur Verfertigung ihrer kunstvollen Körbe aus dem Bast
ist, und daneben verschiedene Euphorbien (Euphorbia der roten Ceder ( Thuja gigantea) bedienen. glyptosperma u. s. w.), Polygonum tenue, Plantago
Eine kurze Strecke hinter der Begräbnisstätte
Patagonica var. gnaphalioides, Pectocarya penicillata , ging es im Zickzack an einem steilen , spärlich be Comandra pallida, Calochortus, Gaillardia , Chaenactis
waldeten Hügel hinauf. Derselbe bildet den südlichen
Den Charakterbaum dieses Gebietes bildet Pinus ponderosa. Derselbe bedeckt die Abhänge der Hügel und der Berge in der unteren Region und
Ausläufer einer steilen, zackigen Bergkette , die aus Granit besteht und sich längs des linken Ufers des Fraser - Flusses hinzieht. Derselbe ist spärlich be waldet und zwar mit Abies (Pseudotsuga) Douglasii
U. S. W.
bildet eine nur parkartige Bewaldung, welche von
spärlichem Unterholz, repräsentiert durch Shepherdia und Pinus ponderosa, verflacht sich nach oben etwas canadensis, verschiedenen Rosen , Spiraeen , Symphori- und senkt sich allmählich in ein schönes breites carpus und Weiden, durchzogen ist. Dieser schönen Kiefer schliesst sich Abies ( Pseudotsuga) Douglasii an , welche mehr die weniger trockenen Nord- oder Westabhänge der Berge einnimmt, aber hier nicht entfernt den stolzen, majestätischen Wuchs erreicht,
Thal hinab.
Dasselbe ist umsäumt von niedrigen,
vollständig bewaldeten Bergketten und teils mit Wald, teils mit Wiesen bedeckt und an seinem Eingang breiten sich mehrere kleine Farmen aus, die von
Weissen bewohnt sind. Ein Bach , der aus einem
der ihr in den feuchten Wäldern der Küste eigen ist.
kleinen Gebirgssee, » Pretannie -Lake « genannt, hervor
Wenn man eine der Anhöhen um Lytton be-
kommt, welcher das Ziel unserer Wanderung war,
steigt , so erblickt man gegen Norden eine Kette
schlängelt sich hindurch . Nachdem wir die erste
etwa 5-6000 Fuss hoher Berge , welche bis zur Spitze mit lachend grünen Alpweiden bedeckt sind ,
Ansiedelung hinter uns hatten, führte der Pfad längere Zeit durch hochstämmigen Nadelholzwald, gebildet aus Abies (Pseudotsuga) Douglasii und Pinus pon
zwischen welche sich Bestände dunkler Tannen halb-
inselartig hineinschieben. Mit Vergnügen ruht das derosa , auf welchen eine mit dünnem Graswuchs Auge auf dieser in saftig grünem Kleide prangen- bedeckte hügelige Wiesenfläche folgte.. An einem den Gebirgskette, die einen angenehmen Kontrast Abhang sprudelte eine sehr stark schwefelwasserstoff bildet mit der dürren Ebene bei Lytton und den dunklen Koniferenwäldern , welche die Kaskaden berge über dem Fraser bis hoch hinauf bedecken. Als ich diese wundervollen Berge einige Tage nach unserer Ankunft in Lytton erblickte, hatten sie mir es sofort angethan und ich beschloss , alsbald eine
haltige Quelle hervor. Dieselbe ist insofern merk würdig, als das Wasser die dasselbe trinkenden Tiere
Tour dahin zu unternehmen .
und verbreitet einen
tötet , eine Thatsache, welche durch die um die Quelle
herumliegenden Skelette bewiesen wird. Dieselbe ist daher von einem Pallisadenzaun umgeben.
Das
Wasser schmeckt ekelhaft bitter und schwefelartig sehr starken
Geruch nach
Es war ein prächtiger Sommermorgen am 4. Juli Schwefelwasserstoff, aus dessen Gehalt sich die Giftig 1887, als ich mit meinem Begleiter und einem In-
keit des Wassers namentlich für Tiere, die grössere
dianer und zwei Ponnies, die unsere Sachen und den
Mengen zu sich nehmen , erklärt.
nötigen Proviant trugen , dahin aufbrach .
Majestä-
Ab und zu begegnete uns ein Trupp berittener
tisch stieg die Sonne hinter den Bergen im Süd- Indianer, Männer, Frauen und Kinder. Die meisten osten empor und überstrahlte mit rotem Schein die teilweise noch mit Schnee bedeckten Gipfel der Kas-
bewillkommten uns freundlich und schüttelten uns die Hände. Man konnte sich keinen interessanteren
kaden über dem rechten Ufer des Flusses. Wir über-
und malerischeren Anblick denken , wie diese auf ihren
schritten den Thompson -River auf einer schönen
kleinen Ponnies stolz einhergaloppierenden Indianer
Brücke, unter welcher der Fluss seine hellbraunen
mit ihren lang herabwallenden Haaren , geschmückt
Wogen in tiefem Felsenbette brausend dahinwälzt,
mit bunten Tüchern und Teppichen und ihren grossen ,
um sich kurz darauf in den Fraser - Fluss zu ergiessen. Man sieht eine gute Strecke die beiden Flüsse neben
altertümlichen Musketen , die sie vor sich auf den Pferden liegen hatten. Einen sehr interessanten An
einander dahinströmen. Hier die blauen Wogen des Thompson- und dort die schmutzig- grauen des Fraser-
blick boten namentlich die Frauen, dieselben waren
Flusses .
sie seidene Tücher in den schreiendsten Farben ge
sämtlich sehr bunt gekleidet und um den Kopf hatten
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
394
bunden , die nach hinten geknüpft waren. Gewöhn- derselbe bereits auf seiner ersten, eiligen Reise ( 1480) lich hatten sie ihre Kinder vor oder hinter sich auf Cypern berührt , zum Besuch des Kreuzberges aber den Ponnies sitzen , während sie die Säuglinge in
keine Zeit gefunden hatte '), benutzte er seinen zweiten
Wiegen , die wie kleine Kanoes aussahen und ge wöhnlich aus der Rinde der Papierbirke und dem
einen Ausflug auf den bei allen Pilgern berühmten
Aufenthalt auf der Insel, um mit mehreren Gefährten
Baste der roten Ceder (Thuja gigantea) verfertigt | Berg zu unternehmen , dessen Schilderung wir hier werden, auf dem Rücken hängen hatten. Ein pos-
teils auszugsweise , teils in wörtlicher Uebersetzung
sierlicher Anblick war es, wenn die kleinen Papoosen zu schreien anfingen , dann schüttelten die Squaws die Wiegen so lange, bis der Insasse sich wieder
des lateinischen Originales ?) folgen lassen . Als die Pilger am 25. Juni 1483 abends vor Salina , der jetzigen Marina von Larnaka, vor Anker gegangen
beruhigt hatte. Einen noch possierlicheren Anblick boten ein paar Männer. Diesen war nämlich die Aufgabe zugefallen, die Haushühner zu tragen , welche die Indianer hier auf ihren Wanderzügen in die
waren und der Schiffspatron sich zum Besuch seiner Frau , welche Kammerzofe der Königin zu Nikosia war, an Land begeben hatte, » standen wir Pilger« , berichtet Fabri , » auf der Galee nach dem Lande
Berge mitzunehmen pflegen. Dieselben waren in
hin blickend , und ich stand bei ihnen und redete zu den anderen von der Oede jenes Hafens und dem
eine Art Käfig eingeschlossen, welchen die Männer auf dem Rücken trugen und aus welchem die Hühner gackernd ihre Hälse hervorstreckten. Das Bild erinnerte mich lebhaft an unsere Geflügelhändler in
Zustande jener Gegend, weil ich auf meiner früheren Pilgerfahrt viele Tage dort gewesen war. Ich zeigte
den Herren Pilgern auch die Oertlichkeiten des Süddeutschland, welche mit einem ähnlichen Behälter Landes , welche ich wusste ; und u. a. zeigte ich auf dem Rücken von Dorf zu Dorf ziehen und das
ihnen den Berg des heiligen Kreuzes , welcher der
gekaufte Federvieh darin unterbringen. Ein jeder höchste Berg des ganzen Königreiches Cypern ist , Indianer trieb zwei oder drei Ponnies vor sich her,
welche teils mit dem Hausrat, teils mit Körben , mit Wurzeln gefüllt, beladen waren , welche die Frauen in den Bergen gegraben hatten . Dieses Wurzelgraben und das Suchen von Beeren ist im Sommer
und auf seinem Gipfel ist eine Kirche, in welcher das Kreuz des mit Christus gekreuzigten rechten Schächers hängt , und ich sagte den Herren , was man von jenem Kreuze erzählt , wie sich zeigen wird . Und als meine Herren ) und die anderen
die vornehmste Beschäftigung der Indianerfrauen Pilger standen und sich über jenes Kreuz verwun dieser Gegend, während die Männer der Jagd oder
dem Fischfang in den Bergen obliegen. Im Juni, wenn der Schnee geschmolzen ist und die Berge ihr
Frühlingsgewand angelegt haben , dann duldet es den hiesigen Indianer nicht mehr in seiner engen
Behausung . Er packt seine Habseligkeiten zusammen und zieht mit Weib und Kind und unter Mitnahme
seiner Ponnies in die Berge, wo er den grössten
Teil des Sommers zubringt. Die uns begegnenden Indianer kommen vom Pretannie - Lake -- der Name
ist indianischen Ursprungs -- in dessen Umgebung sie ihre Lagerplätze aufgeschlagen hatten. Immer neue Trupps von Indianern kamen aus dem Walde hervor und zogen grüssend in fröhlicher Stimmung an uns vorüber , je mehr wir uns dem kleinen See näherten . (Schluss folgt.)
derten , und auf den Berg sahen , welcher fünf deutsche Meilen von uns entfernt war , sagte ich zu ihnen : „Seht, meine lieben Gefährten , unser Patron ist nach Nikosia gegangen und wird frühestens morgen Abend zurückkommen , vor seiner Rückkehr können wir aber nicht weiterfahren , und wir werden morgen einen überaus langen und verdriesslichen Tag haben ; wenn also jetzt einer mit mir zum heiligen Berge wandern
will, so komme er aufs Hinterdeck, und wir werden das heilige Kreuz besuchen und morgen rechtzeitig zurück sein“'. Mit diesen Worten ging ich aufs Hinter deck , und viele Edle folgten mir, indem sie glaubten, dass ich Scherz machte. Ich mietete also dort einen
Diener, welchein der Weg zum heiligen Kreuz be kannt war, indem ich ihm i marcello 4) von jedem ,
der mit mir ginge , versprach , und mietete auch einen Barkenführer, um uns ans Land zu bringen . Als aber die Edelleute sahen, dass es sich um keinen Scherz handle, kehrten alle von meiner Gesellschaft
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern . Von Eugen Oberhummer (Miinchen). (Fortsetzung.) Die weitaus ausführlichste Nachricht über den
Kreuzberg finden wir in der umfänglichsten aller Reisebeschreibungen des Mittelalters, welche wir dem wackeren Felix Fabri , Lesemeister des Dominikaner klosters zu Ulm († 1502 ), verdanken ') . Nachdem 1) Vgl . über Fabri Escher in der Allg. Encykl . I , 40 , 2 , S. 13 f. bis 18o .
R. Röhricht , Deutsche Pilgerreisen ( 1889) , S. 177
um . Doch blieben einige Pilger bei mir *). - Wir acht stiegen nun von der Galee in die Barke hinab, 1) Fratris Felicis Fabri evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem , ed. C. D. Hassler. Vol . I.
Stuttg. 1843 (Bibl. d. Lit. Ver. , Bd . 2), S. 43 . 2) Evagatorium I, 171–7 .
3) Truchsess Johann v. Waldburg , Werner v. Zim mern u . s. w., als deren Begleiter Fabri reiste.
4) Zufällig finde ich in einer Schrift des 16. Jahrh. (s. Jahrb. f. d . Gesch d . Juden II , 12) den Wert von i marcello 2 bajocchi und 10 '/3 marcelli Silber := I ducatone venez . (letz terer galt 4,77 M.) angegeben.
5) Die Namen lasse ich als nebensächlich hier weg.
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern.
395
und ans Land gebracht besprachen wir uns über
Als wir nun den Gipfel erreicht hatten, warfen wir
unsere Fahrt. Es war aber spät , die Sonne war untergegangen und es dunkelte. Unser Diener und
uns vor der Kirche betend zu Boden , und setzten uns im Freien nieder, ehe wir die Kirche betraten,
Führer also führte uns so in der Dunkelheit nach
um Atem zu schöpfen , den Schweiss , dessen wir
einem Dorfe, welches Ornyka !) heisst, eine Meile
voll waren , abzuwischen und unsere Hitze zu kühlen.
vom Meere entfernt, und weckte dort einen Bauer,
Hierauf machte ich mich , wie es schicklich war,
den er zufällig kannte.
schneller fertig und betrat die Kirche , wo ich an der dort hängenden Glocke läutete, damit der Messner
Der Bauer brachte aber Brot , Wein und Käse und wir assen und tranken .
Wir mieteten auch in dem Dorfe acht Maultiere, käme. Sogleich kam ein des Lateinischen unkun
die bestiegen wir und ritten jubelnd dahin. In- diger Geistlicher und brachte uralte lateinische Bücher zwischen war der Mond aufgegangen , und erfreute uns mit seinem Licht; es waren nämlich unser
mit anderen Messgeräten . Nachdem Fabri nun Messe gelesen und an seine Gefährten eine Ansprache
acht auserwählte Genossen , das Wetter schön , das gehalten hatte, begab man sich zur Besichtigung des Land vortrefflich , der Weg gut, und dabei verbrei-
Kreuzes, das sich , wie aus dem folgenden hervor
teten die Gesträucher jenes Landes einen überaus
geht, in einem dunklen Raume befand. » Ich nahm
lieblichen Duft , da beinahe alle Kräuter der Insel hierauf eine brennende Kerze in die Hand und be wohlriechende von verschiedener Art sind , und begab mich an den Ort des Kreuzes, und meine Reise sonders zur Nachtzeit besser riechen , wenn sie vom Thau befeuchtet werden . Wir setzten aber unsere
gefährten folgten mir ; auch der Kapellan begleitete mich. Als wir aber an den Ort gekommen waren ,
Reise bis zum Aufgang des Morgensternes fort, und
öffnete der Kapellan, so dass wir das heilige Kreuz
kamen in ein Dorf, welches das Dorfdes heiligen
im Anblick vor
Kreuzes heisst , dort banden wir unsere Tiere an , zündeten ein Licht an , und meine Gefährten tranken ; ich aber betete die Matutin und enthielt mich , da
hinzu , küsste es, und betrachtete es sorgfältig vorne
uns hatten .
Ich trat also zuerst
und rückwärts. Dann traten auch meine Gefährten
heran und erwiesen ihre Ehrenbezeugung, wobei
ich mir vorgenommen hatte, auf dem heiligen Berge einer nach dem anderen es sorgfältig betrachtete. Wir legten uns auch etwas
Es ist ein ziemlich grosses Kreuz , an der Vorder
zur Ruhe und schliefen bis zum hellen Tage, neben unseren Tieren am Boden liegend . Als wir aufgestanden waren , baten wir jenen Griechen , vor dessen Haus wir geruht hatten , uns für ein gutes
seite mit vergoldetem Silberblech überzogen, auf der
die Messe zu lesen .
Frühstück zu sorgen , da wir nüchtern vom Berge zu ihm zurückkehren wollten .
Wir bestiegen also
>
Seite gegen die Mauer zu aber unbedeckt, von schönem und gesundem Holze , wie wenn es Cypressenholz wäre.
Nun erwähnt.Fabri ziemlich kurz die Grün
dung des Klosters durch Helena (er kennt auch den Namen des linken Schächers, Gesmas), und fügt hinzu ,
unsere Tiere und ritten weiter , den heiligen Berg vor Augen , vor dessen Höhe wir uns schier entsetzten . Am Fusse des Berges aber kamen wir in
nen von Grund aus zerstört und die Mönche vom
ein köstliches Thal, durch welches mitten durch ein
zerstreut wurden . Sodann ist die Lage oder Aufstellung
klares , süsses und munteres Wasser läuft, dessen
dieses Kreuzes an seinem Orte wunderbar. Es steht
Bett von den schönsten uns unbekannten Blumen und wohlriechenden Sträuchern voll war. Auch stan-
nämlich in einer undurchsichtigen Oeffnung 1), und beide Arme sind in Löcher in der Mauer eingelassen ,
den dort viele Bäume voll Karruben , welche die
der Fuss des Kreuzes aber in ein Loch im Boden .
Weltlichen Johannisbrot nennen . Durch dieses Thal stiegen wir in grosser Kühle hinan , da die Sonne,
Es sind jedoch die Löcher für die Arme und den Fuss unverhältnismässig gross, und doch berührt es nicht die Mauer, sondern ist frei und losgelöst von
obwohl sie durch ihre Strahlen schon die Berge im Umkreis erwärmte , uns dennoch im Thale noch nicht erreichen konnte.
Endlich kamen wir an den
Steilabhang des Berges , den wir nicht hinanreiten konnten ; deshalb banden wir die Tiere an Bäume
dass »das Kloster selbst längst von Türken und Saraze Orden des heiligen Benedikt , die Pfleger des Ortes,
jeder Berührung mit derselben ; und dies ist das Wunderbare, was von diesem Kreuze berichtet wird , dass es ohne Stütze in der Luft schwebt und trotz
dem so fest steht, als ob es mit den stärksten Nägeln und stiegen zu Fuss und mit grosser Mühe und angeheftet oder mit der Mauer verbunden wäre, was vielem Schweisse empor. Denn der Berg ist hoch jedoch nicht der Fall ist ; denn alle drei Löcher sind und hat eine steile Böschung, und soll in jeder Hin-
gross, so dass ein Mensch seine Hand hineinstecken
sicht dem Berge Thabor ?) im heiligen Lande ähn-
und sich durch die Berührung überzeugen kann, dass dort keine Verbindung ist , weder hinter noch
lich sein , auf welchem der Herr verklärt worden ist ; dies hörte ich von einem , der beide bestiegen .
über dem Kreuze.
Ich hätte das zwar noch sorg
fältiger untersuchen können , als ich gethan habe, aber ich fürchtete Gott, und durfte selbst nicht thun , >
1) Es ist dies die älteste Erwähnung von Larnaka bei einem Reiseschriftsteller , die mir bis jetzt bekannt ist ; früher findet sich der Name nur bei Macha eras. Vgl . meine Be
merkungen in Zeitschr. d. Ges. f. Erdk. 1890, S. 196, 237. 2) Mit dem Tabor wird der Kreuzberg auch sonst
glichen, s. o. Ludolf v. Sudheim (S. 380) .
ver
1) D. h . wohl in einer Mauernische.
Hassler
inter
pungiert zwar : Stat enim in fenestra, non perspicua ipsa crux ; aber perspicua kann doch wohl nur zu fenestra gehören.
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
396
um ein Wunder zu erproben oder Gott zu versuchen .
die Luft von übergrosser Hitze trübe und dunstig war , konnten wir das heilige Land nicht sehen, auch nicht die Berge von Armenien , Cappadocien,
Damit aber dieses Kreuz noch ehrwürdiger sei, hat
Coelesyrien und Galiläa , welche wir alle gesehen
was ich anderen verwies.
Denn ich habe diesen
Berg bestiegen , um das Kreuz zu verehren , nicht
hätten , wenn wir reine Luft gehabt hätten . Nach beigefügt«. Hierauf erörtert Fabri die Gründe, i diesem betraten wir die Kirche, verehrten und küssten warum Helena auf diesem Berge das Kreuz auf- das heilige Kreuz und stiegen dann eilig den Berg man ihm ein Stückchen vom wahren Kreuze Christi
gestellt habe ), und führt als ersten die Zerstörung
hinab bis zu unseren Tieren, ritten in das Dorf vom
heidnischer Kulte an . „ Denn auf diesem Berge stand
heiligen Kreuz, wo wir das Frühstück bereitet fan
ein Tempel der Venus , welcher auch die ganze
den, und assen unter Danksagung. Nunmehr konnten
Insel geweiht war « . Diesen Tempel zerstörte Helena und » änderte auch den Namen des Berges, welcher
wir aber nicht sogleich von dem Ort aufbrechen, da es sehr heiss geworden war und die Sonne wie
früher Y dolius genannt wurde, jetzt aber Berg des heiligen Kreuzes heisst «. Er fügt weiter bei , dass
Feuer brannte. Wir begaben uns also in eine Kirche
nach den Alten Perseus von hier zur Befreiung Andromedas, sowie zum Kampfe mit Gorgo ausgezogen sei , und bestätigt ferner den schon durch Wilbrand bezeugten Volksglauben von dämonischen Vorgängen bei dem Berge , indem er sagt :
in derselben nach dem Gebet ein wenig im Schatten zu ruhen . Während wir dort sassen , kam ein Geist
»An einer Stelle desselben ist ein Erdspalt ( hiatus), aus welchem man unter Austritt der Luft (agente spiritu ) Geräusch und Murmeln hervordringen hörte, und man sagte, dass dort der Eingang zur Unter-
der Griechen , welche nahe bei dem Hause war, um
licher und sagte zu uns in lateinischer Sprache : ,Was thut ihr hier in der griechischen Kirche ? Hier nahebei ist eine andere, lateinische Kirche von eurem
Ritus, in welcher ihr beten und ausruhen sollt“. Wir standen also auf und begaben uns mit ihm in die lateinische Kirche. Er brachte aber aus dem Archiv
welt sei , weshalb sich die Cyprier noch mehr vor derselben fürchteten , indem sie sahen , dass der Ein-
der Kirche einen Arm der heiligen Anna, der Mutter der seligen Jungfrau Maria , hervor , welcher ehr furchtsvollerweise in Silber gefasst war, ferner einen
gang dazu bei ihnen sei« . Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Anschauung auf die Wirkung
ähnlich in Silber gefassten Nagel , von dem er uns sagte, dass es einer der Nägel Christi sei, mit denen
eines der zahlreichen Erdbeben zurückgeht, welche
er ans Kreuz geheftet war. Diese Reliquien küssten
die Insel verheerten , wobei auch Begräbnisplätze
wir und berührten sie mit unseren Kleinodien . Ich
in Mitleidenschaft gezogen worden sein können erfuhr aber , dass jener Geistliche ein Mönch war, (vgl . unten ). Ob sich jetzt in der Nähe des was man freilich an seiner Tracht nicht erkennen Kreuzberges noch ein Erdspalt nachweisen lässt, konnte, da er ein Kleid aus Kamelott ( toga de
welcher zu der Sage vom Eingang zur Unterwelt
schamlotta ) 1) trug, und war beider Kirchen Pfarrer
Anlass gegeben haben könnte, ist mir nicht bekannt. Nachdem Fabri in seiner Betrachtung über die Stiftung Helenas noch bemerkt hat, dass man am Kreuzberge » bei reiner Luft das heilige Land (d . h .
( plebanus), der griechischen und der lateinischen, und richtete sich in allem nach dem beiderseitigen Ritus. Denn an den Sonntagen las er zuerst die Messe in der lateinischen Kirche und konsekrierte
natürlich den Libanon) erblicke« , fährt er fort: » Als (conficiebat) nach abendländischer Sitte in unge wir nun in der Kirche fertig waren , traten wir hinaus und betraten die Wohnung des Kapellans , in-
säuertem Brote. Nach Vollendung dieses Gottes dienstes pflegte er zur griechischen Kirche zu gehen
dem wir hofften, dort etwas zu unserer Stärkung
und nach morgenländischer Sitte in gesäuertem Brote
zu finden. Aber jene Wohnung war verlassen und
zu konsekrieren .
leer , und es fand sich dort weder frisches Wasser,
und ich hielt jenen Priester für einen Ketzer schlimm
noch Zwieback 2) ; auch konnte er mit uns nicht reden, da er ein reiner Grieche war ; lateinisch war deutsch und deutsch ihn barbarisch, italienisch arabisch und für tartarisch. So gingen wir ohne Tröstung hinaus und spazierten auf der Höhe des Berges, wobei wir die alten , festgefügten ( spissas) Mauerreste sahen , welche vom Venustempel übrig waren . Auch blickten wir in der ganzen Gegend umher und sahen
ster Art, der das Volk hier und dort verführte. Denn
Dies missfiel mir aufs äusserste,
jene beiden Riten sind unvereinbar in einer Person und vertragen sich kaum in demselben Gemein wesen , wegen ihrer Verschiedenheit in vielen wich
tigen Punkten . « Folgen noch einige Betrachtungen über die Unverträglichkeit des lateinischen und griechi schen Ritus, dann beschreibt Fabri seine Rückkehr
zur Salina: »Als nun die Sonnenhitze nachgelassen
weithin über die Insel und das Meer. Aber weil | hatte , bestiegen wir nachmittags unsere Tiere und ritten gegen das Meer hinab zur Kirche des heiligen 1) Fabri , wie auch Wilbrand (S. 366) scheinen von der wunderbaren Versetzung des Kreuzes auf den Berg, von welcher Machaeras berichtet, nichts gewusst zu haben . 2) Paximacius. Fabri erklärt dieses Wort selbst treffend in seiner Hist. Suev. c. 8 : » non solum
usualem panem
sed paximacios vel bis coctos pro cibo marino vel bellico etc. « (Ducange s. v.).
Lazarus ?), welche an der Meeresküste steht ; unsere 1) Cypern war damals ein Mittelpunkt der Kamelottindu strie ; s . die Nachweise bei Heyd , Gesch. d . Levantehandels II , 693 ff.
2) Noch jetzt die Hauptkirche der Marina von Larnaka.
Geographische Mitteilungen .
Galee aber lag gegenüber weit draussen im Meere. Dort übergaben wir die Tiere ihren Eigentümern .
Es war aber an der Küste grosser Markt und ein Zusammenlauf vieler Menschen wegen unserer Galee, aus welcher unsere Schiffsleute Waren hervorbrach-
ten und mit den Cyprioten handelten. So geschah es an jedem Ort, wo wir landeten. Und nachdem wir den Markt besichtigt hatten , kehrten wir auf unsere Galee zurück zu den Herren und unseren
Mitbrüdern, die ärgerlich waren und murrten , weil der Patron noch nicht gekommen war , und sich an diesem Tage überaus gelangweilt hatten , und alle Pilger versammelten sich um uns, um zu hören , was wir gesehen hätten. Als sie solches vernommen , priesen sie uns glücklich, und bedauerten, nicht mit uns gegangen zu sein . «
Nur kurz erwähnt das Kreuz des rechten Schächers » auff dem
allerhöchsten Berg« der
Insel Fabris Reisegefährte, Bernhard von Breitenbach ?) , ebenso der Kartläuserprior Georg von
Gaming ) ( 1508) : » In conspectu Salaminae ) est mons quidam altissimus aut editissimus est enim ibi crux quaedam lignea ad formam et quantitatem crucis Dominicae formata etc. « Ausführlichere Mitteilungen finden wir dann wieder bei dem
kurfürstlich sächsischen Kämmerer Bernhard
397
uns durch folgende Bemerkung von Interesse : „Es waren auch auff dem Berg , da wir waren , viel starcke un dicke mauren hin und wider, als ob vor
zeyten ein Schloss da gestanden were , darbey wir wol gesehen , das ein fürtreffentlich Ding allda ge wesen ist , dann auch da von alter her ein Kloster gestanden ist, bey der Kirchen , das ganz die Sara cenen vor vil jharen zerstöhrt« . Man könnte glauben , dass es sich hier um die von Fabri (s. o. S. 396 a ) erwähnten Reste eines angeblichen Venustempels handle; indes belehrt uns der kurze , aber wichtige Bericht des Pfalzgrafen Ottheinrich ( 1521 ), dessen Reiseaufzeichnungen nach dem Tagebuch im k . bayer.
Hausarchiv R. Röhricht herausgegeben hat '), dass damals auf dem Kreuzberg eine Kapelle an Stelle einer durch Erdbeben zerstörten grösseren Kirche
stand, deren Ruinen offenbar Tschudi a. aa. O. im Auge bat. Ganz im Gegensatz zu den sonstigen Uebertreibungen von der Schwierigkeit und Gefähr lichkeit des Anstieges, bestieg der Pfalzgraf, wie er sagt, » ungefehrlich denn hechsten berg diesser Insel, genant der Creutzberg, darauff an dem höchsten ort
steet ein Capell, ist etwann ein gross schön Kirch gewessen , ist durch Erdbodem zerstöret. Kirch
In diesse
bat Sanct Helena des rechten Schächers
Creutz sambt ein Stücklin dess heyligen † bracht,
von Hirschfeld 4 ) ( 1517), nach welchem der Berg dass wir sahen , unndt blieben in diesser Cappellen »einer meyl weges hoch « ist und »der allerhöchste
bey einer Grichischen unndt einer Lateinischen Rö
Bergk in der Inssell sein soll« ; die Stiftung des
mischen ordtnung Meessa .
(Schluss folgt.)
Kreuzes durch Helena bringt er wie Machaeras mit
der langjährigen Dürre in Verbindung (s. o. S. 382). Hatten wir bisher den Kreuzberg nur als einen » sehr hohen « bezw. » den höchsten Berg « der Insel
Geographische Mitteilungen . (Küster.) Nach einem Telegramme des Reichs
kommissars von Togoland, Grafen Pfeil , an das Aus
kennen gelernt, so wächst seine fabelhafte Höhe
wärtige Amt ist dort der junge deutsche Geograph
noch im 16. Jahrhundert. Der französische Rechts-
Dr. E. Küster in Akroso am 24. April einem Fieber anfall erlegen. Dr. Küster war ein sehr hoffnungs
gelehrte Barthélemy de Salignac5) ( 1518 ?) ver voller junger Gelehrter, der seine Studien in Marburg sichert, der mons Crucis sei , allerdings » ut incolae asserunt, omnibus terrae montibus altior «, auch » accessu difficilis« . Ueber das Kreuz findet sich bei
unter Prof. Fischers Leitung gemacht, dort die Staats prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte und auf Grund einer von ihm gelösten geographischen Preis
ihm die Variante, dass es ursprünglich für Christus aufgabe (»Ueber die deutschen Buntsandsteingebiete «) bestimmt , aber beim Auflegen des Körpers als zu
klein befunden worden sei (!) , auch führt er ein
promoviert worden war. Nachdem er zu dem Ent schlusse gekommen war , sich später in Marburg der akademischen Lehrthätigkeit zu widmen , setzte er seine
Beispiel einer durch die Wunderkraft des Kreuzes geheilten vornehmen Dame an . Der Schweizer Lud- Studien in Berlin unter F. v. Richthofen fort und wig Tschudi “) ( 1519) , welcher den Kreuzberg bereitete sich auf eine Forschungsreise in Marokko vor. für den Olymp gehalten zu haben scheint ?) , ist Da sich der Ausführung derselben Schwierigkeiten ent gegenstellten , so nahm er es überaus freudig auf, als 1) Im » Reyssbuch des heyligen Landes « (Frankfurt 1584) Fol. 56 verso .
2) Georg .Gemnic.ephem . in B.Pez , Thes. anecd. III 3 col. 614. 3) Vielmehr Salinae, d. i, die spätere Marina von Larnaka , auch sonst mit Salamis verwechselt, s. Ztschr. Ges. Erdk. 1890, S. 195 , A. 4 .
) Wallfahrt zum heiligen Grabe, herausg . v. A. v. Minck witz in Mitteil . d . deutsch . Ges. z . Erforsch. vaterl . Sprache u. Altert . in Leipz ., I ( 1856), S. 88 .
er auf eine Empfehlung von Prof. Fischer hin vom Auswärtigen Amte nach Togoland geschickt wurde , um von der Station Bismarckburg aus der Erforschung
des Landes obzuliegen.
Im Oktober 1891 dort an
gekommen , wurde er zunächst der deutsch - englischen Kommission zugeteilt, die dort mit der Regelung der Grenze beschäftigt ist. Es fielen ihm die topographi schen und astronomischen Arbeiten zu , mit denen sich
5) Itinerarium Hierosol . IV, 4 (Magdeburg 1587).
vertraut zu machen ihm nicht schwer fiel , da er als
6) Reyss und Bilgerfahrt zum Heyligen Grab , Rorschach
tüchtiger Mathematiker ein Jahr lang Privatassistent des
1606, S. 348 f.
*) Nach S. 94 kommt der Zufluss des Salzsees bei Larnaka » vom Berg Olympo herab, welcher Berg noch den alten Namen behalt . «
verstorbenen Prof. Benno Klein in Marburg gewesen 1) Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande, herausg. v. R. Röhricht u. H. Meisner ( 1880), S. 382 .
Litteratur .
398
war. Seine Briefe zeugten von dem grossen Eifer, mit dem er sich seiner Aufgabe widmete , und von seiner
welche amerikanische Gelehrte an den alten Strandlinien des Great Bassin (im westlichen Nordamerika ) angestellt
Noch am 22. März schrieb
haben , sprechen dafür, dass mehrfach , in den Alpen
er an Prof. Fischer einen langen, inhaltsreichen Brief
dreimal, die Gletscher eine über ihren gewöhnlichen Stand weit hinausgehende Vergrösserung erfuhren , um sich alsdann wieder in der Interglacialperiode zurückzu
guten Beobachtungsgabe. aus Peki im
besten Wohlsein.
Um so schmerzlicher
traf die bald darauf folgende Nachricht von seinem scheinbar plötzlich eingetretenen Tode, denn nach dem 22. März hat er , offenbar mit der Kommission , längs der Volta noch einen etwa 150 km langen Weg landeinwärts bis Akroso zurückgelegt. – Ausser der oben crwähnten grösseren Arbeit hat Dr. Küster noch mehrere kleine Aufsätze, über Volksdichtekarten z. B., und Kritiken, meist im Ausland « , veröffentlicht; die Vorstudien zu seiner marokkanischen Reise dürſten auch wissen-
zichen. (Himmel und Erde, IV . Jahrgang, 1. , 2. und 3. Heſt.) (Neue magnetische Aufnahme Oesterreichs .)
Der vorliegende dritte Bericht über die Vornahme geo
magnetischer Messungen im Kaiserstaate erstreckt sich der Zeit nach auf das Jahr 1891, territorial auf die Kronländer Galizien ( 19 Stationen ) und Bukowina ( 3 Stationen ). Liznar, der mit der mühsamen Arbeit betraut ist , richtete es so ein , dass er fast an jedem
schaftlich Wertvolles enthalten . Seine Freunde in Mar-
dieser Orte 2 mal die Zeit, 2 mal das Azimut, s mal die
burg und Berlin beklagen den wegen seiner Biederkeit
Deklination , 10 mal die Inklination und Horizontal
und der Geradheit seines Charakters, wegen seiner
intensität bestimmte. Leider liess es sich nicht machen,
warmen Vaterlandsliebe allgemein beliebten jungen
die Beobachtungsplätze mit denen , welche Kreil vor
Forscher aufs tiefste. (Nach einer Mitteilung von Prof. Theob. Fischer in Marburg i . H.)
40-50 Jahren für seine Beobachtungen gewählt hatte, in völligen Einklang zu bringen ; im Interesse der Aus mittelung lokaler Unregelmässigkeiten , wie sie in dei
( Interglacialzeiten .) Für die Lehre, dass die Eiszeit keine einheitliche, sondern cinc durch längere Zeiträume
Karpathenregion als sicher angenommen werden dürfen ,
wie er in den seitdem verflossenen zehn Jahren den Gegenstand nicht aus den Augen liess , so ist er un-
wäre eine solche Uebereinstimmung recht wünschens wert gewesen , aber es stellte sich überhaupt heraus, dass Kreils Bestimmungen nicht so scharf waren , wie man glaubte und wie es auch bei dem damaligen Zu stande der Technik wohl erreichbar gewesen sein möchte . Immerhin ist durch die Vergleichung von
längst wieder in einer umfänglicheren Darlegung darauf
Liznar bereits die beachtenswerte Thatsache ermittelt
zurückgekommen und hat namentlich die sozusagen klassische Oertlichkeit , welche der erwähnten Theorie zu einer der hauptsächlichsten Stützen dient, genau gekennzeichnet. Es ist die nördlich von Inns-
worden, dass im östlichen Galizien ein Störungscentrum von ziemlicher Intensität existiert ; während zwischen
vonmehrnormalem klimatischem Charakter unterbrochene gewesen sei , hat A. Penck bereits in seinem wohl
bekannten Werke ( Die Vergletscherung der Deutschen
Alpen , Leipzig 1882) triſtige Belege beigebracht, und
bruck, dieser Stadt sehr nahe gelegene Höttinger Breccie.
Wieliczka und Przemysl auf einen Längenunterschied von 2 ° 42 ' eine Deklinationsänderung von 1 ° 56 ' (2 ° 8 ' nach Kreil) entfällt, weist die letztgenannte Stadt gegen 0
Ueber dem Abhange des Mittelgebirges,
Czernowitz, das doch um 3 ° 10 ' östlicher gelegen ist,
welches als eine alte Thalterrasse des Innstromes auf-
nur den minimalen Deklinationsunterschied von 0 ° 18 '
zufassen ist , breitet sich eine Ablagerung von fest mit
auf. Hier muss also der Erdmagnetismus durch eine
einander verkitteten Trümmern aus ; dieselbe wird von Moränen überdeckt und liegt selbst auf Moränen , so
in der Lithosphäre befindliche Kraft teilweise paralysiert werden . ( Sitzungsber. d . kais. Akad . d . Wissensch , in Wien , Mathem.-Naturw . Klasse , Bd. C , Abteil . II , a.)
dass also notwendig vermutet werden muss, erstere seien jünger und letztere älter als die zwischen ihnen eingelagerte Schutthalde. Die Breccie ist mithin inter
glacial , und ihre bedeutende Mächtigkeit spricht dafür,
Litteratur.
dass der Zeitraum zwischen den zwei konsekutiven Vergletscherungsperioden kein sehr kurzer gewesen
Daniel G. Brinton , Studies in South American
sein kann.
Die Breccie enthält auch fossile Pflanzen, die man zuerst für tertiär hielt, die aber, neueren Untersuchungen
v. Ettingshausens und v. Wettsteins zufolge , ein entschieden diluviales Gepräge tragen, und zwar ge hören diese Pflanzen, von denen man bisher an so Arten zu unterscheiden vermochte , nicht jenen Gattungen an , welche gegenwärtig in Nordtirol heimisch sind, sondern
Native Languages. From Mss. and rare printed sources . Philadelphia, 1892. 8 °. 67 11. 20 pag . (Separat abdruck aus den Proceedings of the American Philosophical Society . Vol . XXX .) Die Sprachen keines Teiles der Erde sind weniger bekannt, als jene Südamerikas. Nur allmählich und langsam sind die Be mühungen der Reisenden und Sprachforscher im stande , das über
diesem Erdteile lagernde Dunkel zu erhellen . Erst in der neuesten Zeit ist es gelungen, grössere und weit verbreitete Sprachstämme auf dem Boden Südamerikas nachzuweisen , so z . B. den kara
sie stimmen mit solchen überein , welche man in der
ibischen , den arowak -maypurischen , den Pano -Sprachstamm .
Umgebung des Schwarzen Meeres findet. Es muss also damals , als jene Vegetation gedieh , sehr warm im Innthale gewesen sein , die Interglacialzeit hatte alle klimatischen Spuren der Eisepoche, auf welche
Manche der Sprachen müssen mangels der Kenntnis näherer Verwandten für isoliert gelten , von manchen Sprachen haben wir ausser dem Nainen der sie redenden Stämme keine nähere Kunde.
Es ist daher eine Arbeit , für die dem Prof. Brinton
sie folgte, abgestreift, ja noch mehr, die alpine Ver-
nicht genug gedankt werden kann , welche in dem oben ange
gletscherung kann dortselbst nicht cinmal den Umfang von heute besessen , sie muss sich auf die höchsten Gebirgspartien beschränkt haben . Uebrigens ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bloss eine einmalige Interglacialzeit vorhanden , sondern die in den Ostalpen erhaltenen Auſschlüsse wie diejenigen Beobachtungen,
führten Büchlein vorliegt . Der Verfasser teilt darin aus Manu skripten teils europäischer, teils amerikanischer Bibliotheken und
seltenen Büchern Aufzeichnungen über mehrere südamerikanische Sprachen mit , welche bisher entweder gar nicht oder bloss
mangelhaft bekannt geworden waren. Der erste Abschnitt umfasst eine Skizze der Tacana-Sprache, deren verschiedene Dialekte am östlichen Abhange der Cordil.
Litteratur.
leren , an den Wasserläufen des Flusses Beni und an dessen bei
den Ufern zwischen dem 12. und 15.0 s. Br. gesprochen werden. Der Verfasser fügt dabei den bereits als zur Tacana-Gruppe ge hörend erkannten Stämmen die Namen einer Reihe von Völkern bei, die grösstenteils auf onas ausgehen , was in der Tacana Sprache » Fluss « (manu) bedeutet. Die Sprache wurde einer seits durch das Aymara, andererseits durch das Pano influenciert, indem sie Wörter aus diesen Sprachen auſnahm ; sie weicht aber
399
welche Frage bekanntlich durch Max Uhle mit dem Nachweise des Zusammenhanges der Chibcha -Sprache mit den Idiomen Costa
Ricas der Grund gelegt worden ist . Brinton verwirft die An sicht von A. Ernst in Caracas , welcher die Sprache der Ti
motes (in den Cordilleren , im Distrikt von Merida wohnend ) mit den Idiomen Costa Ricas und dem Chibcha in Verbindung bringt , da die Beweise dafür hinfällig sind , weist aber dafür
einen Zusammenhang der Sprachen Costa Ricas mit der Sprache
von ihnen ganz ab und ist als ein selbständiges Idiom zu be
der Mazateken im Staate von Oaxaca in Mexiko nach .
trachten. Interessant sind die Zahlenausdrücke. Eins und zwei zeigen eine Aehnlichkeit mit den Pano-Ausdrücken ; sechs, sieben und acht sind dem Spanischen, die übrigen Zahlenausdrücke dem Aymara entlehnt. Der zweite Abschnitt handelt über die Sprache der Jivaros. Der Stamm der Jivaros findet sich am östlichen Abhange der Cordilleren , an den Quellen der Flüsse Paute, Morona, Santiago und anderen Zutlüssen des Marañon , zwischen 20 und 4 ° 30 '
letztere Sprache gehört ihrem Grundstocke nach zum chiapa
Die
nekischen Sprachkreise, ist aber mit Elementen des Guaymi, eines Idioms Costa Ricas, stark infiltriert. Der zehnte Abschnitt handelt über die Sprache der Be
toyas. Vater hatte behauptet, die Sprache der Betoi am Rio Casanare sei mit der Sprache der Yaruros so verwandt wie das Französische mit dem Italienischen und Spanischen.
Dies hat
sich als ganz unrichtig herausgestellt, und man hat daraufhin
s. Br. Ueber diese Sprache war bisher absolut nichts Näheres bekannt , daher ist die aus den beiden Manuskripten des British
das Betoi für ein isoliertes Idiom gehalten . Brinton weist nun nach , dass diese Sprache über ein ziemlich grosses Gebiet an
Museum , einem Vokabular und einer Graminatık der Lengua
den Flüssen Napo, Putumayo, Coqueta, Vaupe, Negro, Meta und Apure verbreitet war und dass auch die Sprache der Tucanos am Rio Negro und oberen Amazonas dazu gehört , welche man
Chebera geschöpfte Skizze besonders dankenswert.
Aeusserst
interessant ist das alte Zahlensystem der Jivaros. Man zählte bis fünf = einer Hand und ging dann vom Daumen aus auf die zweite Hand über . In dem jetzigen Zahlensystem sind die Zahlen von sechs an dem
Ketschua entlehnt.
Der dritte Abschnitt handelt über die Cholona -Sprache, ein Idiom , das bisher ganz unbekannt war und wahrscheinlich als isoliert zu betrachten ist .
Die Cholonas wohnen am linken
Ufer des Huallaga zwischen 8 ° und 9 ° 30' s. Br.
Der vierte Abschnitt umfasst die Leca-Sprache am Flusse
entweder gar nicht unterzubringen wusste oder irrtümlicherweise dem Tapuya beizählte. Der 20 Seiten umfassende Anhang bringt » Observations on the Chinantec Language of Mexico ; and on the Mazatec Lan
guages and its affinities « . Die letztere Abhandlung ist eine weitere Ausführung des oben im neunten Abschnitte berührten Themas, wobei nach handschriftlichen Quellen die Skizze einer Gram matik , Vokabularien und Texte gegeben werden ; in der ersteren
Beni . Diese Sprache wurde früher irrtümlich von d’Orbigny
Abhandlung finden sich Mitteilungen über die wahrscheinlich
und Brinton selbst der Tacana-Gruppe zugezählt.
isoliert dastehende Sprache der Chinanteken, welche in den ge birgigen Teilen des östlichen Teiles des mexikanischen Staates
Brinton
berichtigt nun seinen Irrtum nach Weddells Voyage dans le Nord de la Bolivie (Paris 1859) und hält die Leca-Sprache für ein isoliertes Idiom. Der fünfte Abschnitt bringt Texte der Sprache der Manaos, eines am
unteren Rio Negro wohnenden Stammes , der zur
arowak -maypurischen Familie zu rechnen ist. Im sechsten Abschnitt wird über die Sprache der nun aus
gestorbenen Bonari (am Flusse Uatuma, einem Nebenflusse des Amazonas) gehandelt, welche als ein karaibischer Dialekt sich erweist .
Der siebente Abschnitt ist eine instruktive Untersuchung der Dialekte Patagoniens nach den verschiedenen Berichterstattern. Im achten Abschnitt bringt der Verfasser die Frage über
die Dialekte der Ketschua-Sprache zur Erörterung. Wie man weiss, wurde das Ketschua, die officielle Sprache des alten Inka Reiches , vom Rio Ancasmayu in Ecuador bis zum Rio Maule in Chili ( von 3 ° n . Br. bis 35 ° s. Br.) gesprochen. Sie zerfiel
Oaxaca wohnten .
Pimentel hat in seinem Cuadro descriptivo
y comparativo de las leaguas indigenas de Mexico diese Sprache nicht verzeichnet, und darum müssen wir dem Verfasser für die wenn auch kurzen Mitteilungen über dieselbe besonders dank bar sein . Wien .
Friedrich Müller.
H. Kiepert , Carte générale des provinces Euro péennes et Asiatiques de l'Empire Ottoman . Deuxième édition. Reimer. 1892 .
4. Bl .
1 : 3000000.
Berlin ,
Dietrich
Die Ergebnisse einer Anzahl neuerer Reisen und insbesondere die neuen Hilfsmittel, welche Kiepert anlässlich seiner Karte des westlichen Kleinasien gewann , haben das Kartenbild so be 1
deutend ergänzt und verändert, dass der Verfasser mit Recht auch seine Uebersichtskarte der Türkei mit Ausschluss
infolge dieser weiten Verbreitung in Dialekte, von denen der inn
Arabiens und der afrikanischen Vasallenländer einer Neubearbeitung für bedürftig erachtete. Diese Uinarbeitung stellt
vorigen Jahrhundert in Peru lebende Jesuit Pater Camaño , der Verfasser einer bisher nicht gedruckten Ketschua -Grammatik , fünf
zugleich die 4. Auflage seiner älteren » Carte générale de l'Em pire Ottoman en Europe et en Asie « dar. Konnte man Kie
angibt, nämlich i . das Chinchasuyo, die Sprache der Diöcese von Lima, 2. clas Lamano , die Sprache der Diöcese von Truxillo, 3. das Quiteño , die Sprache von Quito , 4. das Calchaqui oder Tucumano, die Sprache der Provinz Tucuman , 5. das Cuzcuano,
perts letzte grosse Kartenwerke über die asiatische Türkei und Kleinasien als wissenschaftliche Forschungen ersten Ranges be zeichnen , so dient die vorliegende Karte, welche die daraus ab geleiteten allgemeinen Resultate veranschaulicht, in erster Linie
die Sprache von Cuzco , jene Sprache, die wir vorwiegend als
praktischen Zwecken. Sie soll als Uebersichtskarte dienen
Mustersprache aus den Werken der Missionare und dem Drama Ollanta kennen gelernt haben . Von diesen Dialekten wurde jener von Tucuman , der jetzt ganz ausgestorben ist , von J. v.
und lässt infolge ihrer zweckmässigen Ausrüstung zugleich die
Tschudi mit dem gegenwärtigen Atacameño , der sog. Lengua
Verwendung als Wandkarte zu wofür allerdings die Zeich nung kaum derb genug ist . Sie ist ferner von einem 40 Seiten starken alphabetischen Index begleitet und ermöglicht es
Cunza, für identisch gehalten , da der genannte Reisende die Be wohner der Wüste Atacama als ſüchtige Calchaquis betrachtete.
infolge ihrer Einteilung in (mit Buchstaben und Ziffern bezeich nete) Gradtrapeze , alle wichtigen Orte oder geographischen
Florentino Ameghino hält das Calchaqui für einen Dia lekt des Aymara, H. v. Ihering für ein vom Ketschura und Aymara ganz verschiedenes Idiom und Lafone Quevedo für eine aus dem Ketschua , dem Guarani und dem Abiponischen zusammengeschweisste Mischsprache. Brinton weist nun nach,
Objekte sofort auſzufinden . Da bei der Auswahl der aufzu . nehmenden Namen keineswegs engherzig vorgegangen wurde, so wird wenigstens der asiatische Teil der Karte den Bedürfnissen eines weiteren Publikums mehr als genügen während aller dings für Gebiete wie Griechenland selbst der einfache Zeitungs
dass das Calchaqui wirklich ein Ketschua -Dialekt war , der in der jetzigen Sprache Tucumans seine Spuren zurückgelassen hat. Der neunte Abschnitt behandelt die Frage des Zusammen
ziehen müssen .
hanges der Sprachen Südamerikas mit jenen Nordamerikas, für
leser gelegentlich eine Karte grösseren Maasstabes wird zu Rate Obwohl die Karte wesentlich topographisch
politische Zwecke verfolgt und daher die administrative Einteilung der Türkei, sowie die Staatsgrenzen besonders augenfällig be
Litteratur.
400
zeichnet sind, so treten doch die grossen Züge der Bodenplastik deutlich hervor . Die Gebirge sind in Schraſſenmanier braun gezeichnet, während die dünnen schwarzen Flusslinien sich aller dings nicht immer deutlich genug von Strassen und Verkehrs linien abheben . In Bezug auf die letzteren ist für den Prak
tiker besonders die Einzeichnung der kleinasiatischen Bahnen und der in Ausführung begriffenen Projekte hervorzuheben. Mit vollem Recht bricht diese Uebersichtskarte nicht init den Grenzen der Türkei ab , sondern erstreckt sich soweit, dass
dem Benutzer keine wichtige Beziehung zu den Nachbarland schaften unklar bleiben kann . Sie gewährt uns z . B. vollen Ein blick in die Umwallung und den Aufbau des westlichen Iran
und indem sie die Gesamtküsten des Kaspischen Sees und des Schwarzen Meeres, sowie der Adria , ferner Kaukasien und Süd
russland bis Kiew (Kiepert schreibt » Kiyev « ) gegen Norden , ganz Ungarn und einen grossen Teil Italiens umfasst, ferner nach Süden bis zur Spitze der Sinai-Halbinsel reicht, vermag sie die
sich tiber irgend eine in sein Arbeitsgebiet einschlagende, dem Gedächtnis aber augenblicklich entschwundene Frage zu belehren .
Und bei dem Werke, welches uns zu dieser Betrachtung anregte, wird er auch stets finden, was er sucht.
Gerade die geographischen Artikel der beiden uns vorliegenden ersten Bände sind dazu geeignet, einen vortrefflichen Eindruck hervorzurufen . Wir nennen nur die folgenden : Afgha
nistan, Afrika, Aegypten, Alexandria, Algerien, Alpen mit Appen dices (Alpenpflanzen , Alpenstrassen u. s. w.) , Amerika, Annam , Antillen , Armillarsphäre, Asien, Atlantischer Ozean , Atmosphäre, Australien, Baden , Bahia, Balkan, Bayern, Belgien, Berlin, Bihar gebirge. Sowohl nach der naturwissenschaftlichen wie nach der
historisch -statistischen Seite hin wird die Darstellung allen An forderungen entsprechend befunden werden , welche überhaupt an solche kleine Monographien gestellt werden können , und hin sichtlich des Zahlenmateriales scheinen , soweit Stichproben ein Urteil ermöglichen, die neuesten und zuverlässigsten Quellen be
wichtigsten Handelswege nach und durch die Türkei dem Auge
nützt
zu veranschaulichen . Die Nomenklatur bringt einiges Ungewohnte. So .er scheinen die Namen Svischtov , Roussé , Djourdjou , Silistra für
vollständig, und die ethnographischen Bilder in diese ersten Bände fallen, weil das Alphabet es so fordert, die Völkertypen aller Kontinente ausser Europa
die dem Laien nur unter den Namen Sistova , Rustschuk, Giur
mit sachlicher Treue ausgeführt . Als einen besonders empfehlens
gewo und Silistria bekannten Donaustädte. Auch die Bezeich nung »M. Schar « für den Schar Dagh und ähnliches dürfte sich
graphien auch verdiente Geographen selbst dann noch zu ihrer
zu sein.
Die beigegebenen Karten erfüllen ihren Zweck
sind künstlerisch schön und
werten Umstand heben wir endlich den hervor, dass in den Bio
trotz des am Kartenrande gegebenen Synonymenverzeichnisses in
Fhre gelangen, wenn sie noch nicht von dieser Erde abgerufen
einem für weitere Kreise bestimmten Werke nicht empfehlen . Befremdend erscheinen endlich die ungarischen , kroatischen u . S. w. Namen in der von Kiepert auch diesmal angewendeten wesent
sind . Lebensabrisse von Anghiera , Antinori , Avé-Lalle mend , v. Baeyer, Bastian u. v. a. wird man nicht überall antreffen .
lich französischen Transskription umsomehr, als dieselbe nicht einmal durchgehends angewendet ist. Wir finden so neben ein
seine volle Zufriedenheit mit diesem guten alten Bekannten in
Alles in allem hat mithin gerade der Geograph Ursache,
ander Namen wie Ketchkemet, Czegled , Mischkoltz , Szolnok ,
neuer Gestalt auszusprechen. Wir werden uns freuen , an den
Debretzin .
folgenden Bänden die gleichen Eigenschaften wiedererkennen zu
Diese Bemerkungen beziehen sich indes, wie alles , was
können.
an diesen Blättern noch etwa ausgestellt werden könnte, durchaus auf Nebensächliches . Die Hauptsache bei einem Karten werke , die unbedingte Verlässlichkeit , ist hier erreicht, so weit dies irgend möglich ist . Selbst bei dieser Uebersichts karte sucht der Verfasser, wie er es sonst gewohnt ist , Un . sicheres als solches erkenntlich zu inachen und den falschen Schein der Genauigkeit für zweifelhafte Angaben zu vermeiden . Daher sind die Höhen nur in Dekametern gegeben und schätzungsweise Angaben in Klammern gesetzt . Die Karte stellt , wie man wohl sagen darf, einen kom . pendiösen und knappen Auszug aus Arbeiten dar, die Heinrich
Die Entscheidungskämpfe im chilenischen Bürger kriege 1891. Nach den aintlichen Berichten mit einem ein begleitenden Vorworte. Wien 1892. Verlagsanstalt »Reichs
Kiepert durch Jahrzehnte beschäftigt haben . Kartenwerke solcher
ginalmeldungen und wörtlich mitgeteilten Befehlen beruhende
Art , seine zahlreichen Hand- und Schulkarten aber sind es ge rade gewesen , die den Namen des Verfassers zu einem der be
Darstellung des blutigen Kampfes empfehlend hinweisen . Eine kurze geographische Einleitung geht der Schilderung zuvor ; eine
kanntesten in Deutschland gemacht haben, während seine eigent
Karte wäre freilich noch erwünschter.
liche wissenschaftliche Lebensarbeit noch immer nicht bei allen
Der Tourist in der Schweiz und dem angrenzenden
sonst
Fachgenossen die verdiente Anerkennung findet.
So kann man
wehr « . XIV . 98 S. kl . 8º. Das Interesse, welches dieses Schriftchen zu erwecken wohl
geeignet scheint, ist mehr ein zeitgeschichtliches als ein geo graphisches. Doch kann auch diese Zeitschrift, nachdem durch den letzten Aufstand die politischen Verhältnisse des für uns Deutsche wohl am meisten sympathischen südamerikanischen Freistaates eine grundstürzende Umgestaltung erfahren haben ,
bereitwillig auf die anscheinend sehr zuverlässige, weil auf Ori
Karte, die den Bedürfnissen weiter Kreise entgegenkommt, eine
Süddeutschland, Oberitalien und Savoyen . Reise taschenbuch von Iwan v. Tschudi. Zweiunddreissigste, neu bearbeitete Auflage. Mit vielen Karten , Gebirgsprofilen und
wollverdiente freundliche Auſnahme und Verbreitung finden wird .
Stadtplänen.
auch daran nicht zweifeln , dass diese bequeme und zuverlässige Wien .
Rob . Sieger.
Brockhaus' Konversationslexikon . Vierzehnte, voll ständig umgearbeitete Auflage.
In 16 Bänden. F. A. Brock
haus in Leipzig, Berlin und Wien. Erster Band ( A bis Astra bad ). 1020 S. Zweiter Band (Astrachan bis Bilk ). 1020 S. gr. 89.
Fissli.
Zürich 1892.
XXXIV.
660 S.
Verlag des Art . Instituts Orell kl . 8º.
An einer 32. Auflage eines von wohlbewährter Hand ge schriebenen Buches eingehende kritik üben zu wollen , wäre eine
Ein solches Werk spricht für sich selbst. Nur das möchte der Berichterstatter bezeugen, dass der Bearbeiter dieser ncuen Ausgabe seine PAicht nicht leicht ge
sehr undankbare Aufgabe.
sationslexikons-Gelehrsamkeite sind in unseren Tagen geschwun
nominen , sondern sich redlich bemüht hat, das Buch in jeder Hinsichi zeiigemäss auszugestalten . Soweit eigenes Urteil zu
den. Sie mochten vor 60 Jahren noch einen kleinen Kern von
diesem Ausspruche berechtigt, sind die Angaben durchaus kor
Die sehr unberechtigten Vorurteile gegen die »Konver Berechtigung haben, da ein gewisses polyhistorisches Wissen da mals noch nicht zu den vollen Unmöglichkeiten gehörte; gegen wärtig würde uns selbst der leise Tadel, den A. v . Humboldt
gegen den jungen Agassiz richtete (vgl . Bruhns' Humboldt Biographie, 2. Band, S. 211 ), unverständlich vorkommen . Denn diese Sammelwerke des thatsächlich -modernen Wissens sind nicht nur für den nach allgemeiner Bildung Strebenden unentbehrliclı, sondern nachdem sich die Sitte eingebürgert hat, den ungeheuren Stoff unter lauter tüchtige Fachmänner zu verteilen, nimmt auch der Gelehrte gern einen der stattlichen Bände zur Iland , um
rekt , das Buch und seine Karten , die Panoramen nicht zu ver
gessen , ein treuer Begleiter des Reisenden . Auch der Druck mit seinen zalıllosen Eigennamen lässt kaum etwas zu wünschen übrig ; höchstens den italienischen Worten (veccio , antechita u . s. w .) wird die nächste Auflage noch einige Aufmerksamkeit zuzuwenden haben .
S , Günther.
Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart .
Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.
DAS AUSLAND Wochenschrift für Erd- und Völkerkunde herausgegeben von
SIEGMUND GÜNTHER . Jahrgang 65, Nr. 26.
Stuttgart, 25. Juni 1892.
Jährlich 52 Nummern à 16 Seiten in Quart . Preis pro
Quartal M. 7.- Zu beziehen durch die Buchhandlungen des MDCXL
In- und Auslandes und die Postämter.
Manuskripte und Rezensionsexemplare von Werken der einschlägigen Litteratur sind direkt an Professor Dr.SIEGMUND GÜNTHER in München, Akademiestrasse 5, zu senden.
Preis des Inserats auf dem Umschlag 20 Pf. für die gespaltene Zeile in Petit.
Inhalt : 1. Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie. Von J. Partsch (Breslau). 1. S. 401 . 2. Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch-Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Schluss.) S. 403. 3. Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. Von Eugen Oberhummer (München). (Schluss.) S. 407 . 4. Eine Eisenbahn durch die Sahara. Von Adolf Fleischmann (München). S. 410. 5. Geographische Mit teilungen. (H. Hoffmann ; Zur Aitowschen Projektion .) S. 413. – 6. Litteratur. (Schuler ; Beiträge zur Namenverbesserung der Karten des Deutschen Reiches . )
S. 414 .
Die Entwickelung der historischen Länder kunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie . 1) Von J. Partsch (Breslau) . I.
der Biographie den Text an Umfang übertreffen . In einer Anmerkung ( 17 , 6, mit etlichen 70 Nach weisungen) ist die Arbeit eines Tages niedergelegt ! Wer es sich mit Quellenangaben so redlich sauer werden lässt, hat wohl ein Recht zu fragen , worauf sich obiges Kompliment gründet. Es knüpft sich
Vor Jahresfrist erschien meine kleine Schrift
an die schwer zu erklärende« Thatsache, dass ich
» Philipp Clüver , der Begründer der historischen Länderkunde« (Geogr. Abhandl., herausgeg. von
Heinsius' Rede auf Clüver nach der ersten Aus
A. Penck , V, 2). Sie ist von der Kritik freundlich
Introductio , nicht nach der Redensammlung des
aufgenommen worden . Neuerdings widerfuhr ihr die Ehre einer eingehenderen Besprechung (G. Ger-
weit der Kritiker sich äussert
gabe ( 1624), in der sie vorliegt, citiere, nach Clüvers Heinsius. Die einzige weitere Stütze liegt SO darin , dass ich in
land , Gött. Gel. Anz. 1892 , 337–355), die auf der Analyse von Clüvers ,Germania antiqua' mich eigenem Studium der Werke Clüvers beruht. Ger- gelegentlich , statt die Seitenzahl zu geben, mit der
land erkennt die Ergebnisse an , welche für eine als Kapitelüberschrift leicht auffindbaren Wendung zusammenhängende , verständliche Darstellung des Lebensganges Clüvers gewonnen wurden. Er erinnert mit Recht an das vom Verfasser nicht be-
sonders erwähnte Bild Clüvers. Im übrigen findet er an der Biographie , abgesehen von den immer
» In der Betrachtung der Körperbeschaffenheit der alten Germanen « begnügt habe.
Auch mit dem Kapitel über Clüvers Werke ist Gerland im wesentlichen einverstanden. Aber hier leuchtet schon vielfach seine Auffassung dieser
noch zu beschränkten, aber vorläufig unüberschreit- ganzen historischen Studie hindurch . Er hält sie baren Grenzen unseres Wissens , nur bedauerlich für eine Tendenzschrift, die ihren Zweck und Plan
» eine gewisse Zurückhaltung im Angeben der Quellen ;
» unter einem Titel doch wohl absichtlich versteckt ,
der Autor teilt sie mit anderen modernen Geo-
der etwas anderes verheisst. «
graphen .
In der Tendenz , in
Diese Bemerkung wird nur bei denen
der die ganze Schrift » gipfele« , liegt für Gerland
Eindruck machen, die nie eine Zeile von mir gelesen
die Erklärung, » warum Clüver nicht so ausführlich
haben. Den Fachgenossen ist es genügend bekannt, behandelt ist, wie der Stoff es zuliess, warum man dass ich ganz besonders in diesem
Punkte den
ches Erwähnenswerte nicht erwähnt ist, warum die
Arbeitsgewohnheiten der philologischen Schule, durch Besprechung der Werke von der Biographie losge die ich hindurchgegangen, treu geblieben bin. Prof.
löst ist.«
Penck bekam einen gelinden Schrecken , als er die dicht gescharten Citate sah, die in manchen Teilen
hiess , habe ich geboten : ein Lebensbild Clüvers
Das ist alles völlig irrig. Was ich ver
und einen Abriss seines Wirkens.
Das bleibt der
Kern und die Hauptsache der kleinen Arbeit. 1) Wir können mitteilen, dass auch Herr Prof. Gerland (Strassburg) Veranlassung nehmen wird , die zwischen ihm und Herrn Prof. Partsch obwaltende Meinungsverschiedenheit in einem ausführlichen Artikel methodologischen Inhaltes zu be leuchten , welchen er dem „ Ausland « schon vor einiger Zeit zu gesagt hat . Ausland 1892, Nr. 26 .
Die Red .
Ist
dabei wesentliches übergangen oder in der Anord
nung ein Fehlgriff gemacht,
noch sehe ich das
nicht ein , aber der Leser hat hierüber das berufenere Urteil ! - dann ist es geschehen durch Versehen
oder Ungeschick des Autors; eine Tendenz war da 51
402
Die Entwickelung der historischen Länderkunde und ihre Stellung im Gesamtgebiete der Geographie.
bei nicht im Spiele , am allerwenigsten eine »versteckte «. Gerland meint ja diese Tendenz im Titel selbst zu finden : »Clüver , der Begründer der histo-
Tage genommen hat. Dass dieser Satz, ein » exor dium e contrario« für meine historische Darlegung,
einer Missdeutung unterliegen könnte, hätte ich nicht rischen Länderkunde. Im Juli 1891 wusste Ger- geglaubt. Nach einigen mir nicht ganz verständ land , dass diese Bezeichnung von Bursian (Allg. lichen Sätzen kommt Gerland in gesperrten deutsche Biogr. Clüver) zuerst gebraucht worden
Lettern zu dem niederschmetternden Schluss, dieser
ist ; er hatte sogar den Eindruck, nun sei die Berechtigung dieser Bezeichnung erwiesen. Im Mai
Satz, der in Wirklichkeit das moralische Gebiet nicht im entferntesten streift, »vatme moralische Verdächti
1892 erinnert er sich daran nicht mehr, sondern gibt sie als eine Münze meiner Prägung aus und zwar
gungen « , – ich weiss nicht gegen wen.. Diesen Vorwurf zurückzugeben , wäre nicht geschmackvoll,
als eine Münze , deren Umlauf man Einhalt thun
ihn ausführlich zu widerlegen ist nicht nötig. Aber
müsse. Damit ist er bei dem von meinem Schluss-
verschwiegen kann nicht werden , dass es einige
kapitel erörterten Entwickelungsgange der histori- Ueberwindung kostet, auf eine Kritik, die zu solchen schen Geographie angelangt und bei deren Stellung zum Gesamtgebiete der Erdkunde. Darüber möchte
Wendungen greift, überhaupt zu antworten .
ich hier einige Bemerkungen niederlegen , um den
rischen Länderkunde « ist unerlässliche Vorbedingung die Verständigung über den Begriff. Gerland be
Lesern , die daran Interesse nehmen , doch etwas
Für den Versuch einer Geschichte der » histo
positiv Förderndes zu bieten , ihnen nicht lediglich | klagt, dass ich eine Vermengung oder Vertauschung der Begriffe »historische« und »antike« Länderkunde
einen Weg durch die unfruchtbaren Dornenhecken einer mehr nötigen als nützlichen Polemik zuzu-
mir zu Schulden kommen liesse .
muten .
wäre gerechtfertigt, wenn ich unter » historischer
Der Anlass, meiner Biographie Clüvers einen kleinen Abriss der Geschichte des von ihm gepflegten
Länderkunde« das verstünde , was er mit diesem Namen zu bezeichnen scheint : die Länderkunde der
Dieser Vorwurf
Wissenszweiges folgen zu lassen , lag in der Sache
Gegenwart, beleuchtet durch historische Erwägungen.
selbst . Je eindringender man alle Einzelheiten der
Was mir schon eine selbstverständliche Forderung der »Länderkunde« an und für sich ist , das wird
Lebensschicksale , alle bemerkenswerten Eigentümlichkeiten der Werke eines bedeutenden Mannes mustert, desto fühlbarer ist am Schluss die Notwen-
für den Geophysiker schon ein Kennzeichen »histo rischer Länderkunde. « Dass dies nicht mein Stand
digkeit , von dem gewonnenen Bilde einen Schritt punkt ist , lassen alle Teile meines Schlusskapitels, zurückzutreten, in freierem Umblick sich zu fragen,
namentlich Anfang und Ende unmittelbar erkennen .
was das Wirken dieser Persönlichkeit zu bedeuten
Der historischen Länderkunde fällt – um meine Worte zu wiederholen die Aufgabe zu , vim
e ganzen Verlaufe verwandter Bestrebungen . hab Nur imim Vergleich mit dem, was voranging, und dem, was folgt, ist eine gerechte objektive Würdigung der Leistungen des einzelnen möglich. Denkbar wäre ja auch eine subjektive Wertschätzung am Maassstab der Anschauungen des Urteilenden über Ziele und Methoden der Wissenschaft, auf deren Boden ein Forscher gearbeitet hat . Zu einer solchen sub-
Gegensatz zu dem gegenwärtigen der unmittelbaren Beobachtung unterliegenden Zustande eines Landes nach geschichtlichen Quellen ein älteres Bild seiner Oberfläche und ihres Kulturlebens zu entwerfen .
Ob diese Aufgabe für das Altertum durch die » an tike Länderkunde « , oder für das Mittelalter durch
Werke wie Longnon , Géographie de la Gaule au
jektiven Betrachtung Clüvers fühlte ich mich im
VI. Siècle (Paris 1878) in Angriff genommen wird ,
vorliegenden Falle nicht berufen : ich lehnte sie ab mit folgenden Worten. »Mancher mag eine lockende Wirksamkeit darin
das bleibt für den Charakter der Forschung und die
Methode der Darstellung völlig gleichgültig.
In
beiden Fällen handelt es sich nur um verschiedene
finden , aus der Tiefe des eigenen Urteils eine Be- Bethätigungen eines und desselben wissenschaftlichen grenzung der Aufgaben und eine Gliederung des
Strebens.
Stoffes der geographischen Wissenschaft zu schöpfen
erst in der Anwendung auf das klassische Altertum begründet wurde, ergab sich durch den natürlichen
und von dem aus eigener Machtvollkommenheit auf-
gepflanzten Richterstuhl herab den Arbeitern , die jemals in das Feld der Erdkunde ihren Spaten eingeschlagen , ein Zeugnis auszustellen,, ob sie in glücklicher Vorahnung im Sinne ihres Epigonen thätig gewesen sind , oder ihre Aufgabe in abweichendem Sinne erfasst haben . Dies Amt mag denen überlassen bleiben , die sich dazu berufen fühlen . An
Dass die historische Länderkunde« zu
Lauf der Dinge.
Wer die antike Länderkunde « »
begründete, begründete damit die »historische Länder
kunde« überhaupt.
So brauche ich den Namen
» historische Länderkunde« im selben Sinne, wie v. Spruner seinen »historisch -geographischen Atlas« überschrieb. Für Gerlands » historische Länderkunde
wäre jeder topographische Atlas das kartographische
dieser Stelle soll nur für Clüvers Würdigung die Aequivalent, weil er in den politischen Grenzen , den thatsächliche Grundlage geboten werden durch einen
Ortschaften , den Namen Ergebnisse historischer Ent
kurzen Ueberblick über die Entwickelung , welche der Zweig geographischen Forschens, dem er sich
wickelungen enthält, die im Interesse der Landeskunde zum Gegenstand historischerForschung und historischer
ergeben, seit seinen frühesten Anfängen bis in unsere
Folgerungen gemacht werden können und müssen .
Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch-Columbia .
403
Aber auch bei der von mir vorausgesetzten Be-
schichte dieses Wissenszweiges an widerspruchsvollen
griffsbestimmung der »historischen Länderkunde«
Auffassungen leide , vermag ich nicht zuzugeben .
ist die Frage nicht von vornherein und unabänder-
Höchst eigenartig ist der Weg , auf welchem Ger
lich entschieden, welchem Wissenschaftsgebiete die land zu diesem Urteil gelangt. Er stösst in meiner »historische Länderkunde « sich einfügt oder an-
Einführung in die ältesten Anfänge historischer Län
schliesst. Das wird immer abhängen von der Art,
derkunde auf den Satz : » Nicht nur in der Aus
wie sie betrieben wird. Diese hat im Lauf der Jahr- wahl ihres Stoffes, sondern auch in den Mitteln hunderte mehrfach gewechselt. Ich unterscheide und der Methode ihrer Arbeit erweist sich die histo drei Perioden : rische Länderkunde ursprünglich als ein Teil, 1. Die unselbständigen Anfänge histori- nicht nur als eine Hilfswissenschaft der Geschichte ; scher Länderkunde im Altertum , so fest eingefügt sie ist zunächst ein vollkommenes Gegenstück der
in philologische und archäologische Arbeit , dass Chronologie. Demgemäss macht sie auch alle Front die historische Länderkunde nichts ist als ein Teil
veränderungen der Altertumsforschung mit und be
der Altertumskunde (Erläuterungen des homeri- teiligt sich bald an der philologischen Arbeit der schen Schiffskatalogs und archäologische Periegesen).
Erklärung alter Schriftwerke , bald an der archäo
2. Zum Range einer eigenen Disciplin und logischen Aufsuchung und Würdigung alter Kunst zwar zu einer Hilfswissenschaft der Geschichte
denkmäler. Auf diesen Seitenpfaden des historischen
wird die historische Länderkunde erhoben durch Philipp Clüvers grosse Werke ,Germania“, „Sicilia' und Italia antiqua'. » Geographisch war die Begren-
Studienweges begegnen wir den ältesten grösseren Leistungen historisch -chorographischer Forschung, den Erläuterungen des homerischen Schiffskatalogs
zung, die Anlage, der Inhalt seiner Werke, historisch die Methode der Gewinnung und Verwertung seines
und den archäologischen Periegesen. Gerland hatte die dankenswerte Freundlich
Stoffes. Clüver selbst hat sich immer als einen Geo- keit , diejenigen Worte ganz treffend sperren zu graphen betrachtet, welcher in den Dienst der Alter- | lassen , welche jeden Zweifel ausschliessen , dass es tumsforschung trat. Das Wort ,Geographia historiae lumen' war die Devise seiner Lebensarbeit.> Streichen wir aus jenem Satz die Worte, welche
kritisch -historische Begründung zu geben für die Zeichnung der antiken Karte, sondern sich die Auf-
ihn als einfachen objektiven Bericht über eine
gabe stellen , das Natur- und Kulturbild eines Landes
Thatsache in der Geschichte der Wissenschaft kenn
für eine Epoche seiner Vergangenheit in so festem
zeichnen und verwandeln wir dadurch diesen Bericht
inneren Zusammenhange , in derselben lebendigen
in eine subjektive Aeusserung des Verfassers, dann
Wechselwirkung zwischen Land und Leuten darzu - gelingt es diesen in Widerspruch mit sich selber zu stellen, wie es verlangt wird von einer wissenschaftlichen Länderkunde der Gegenwart .« (Curtius , Pelo-
bringen . « Wer ein solches Kunststück der Erklärung leistet ,
ponnesos, Nissen, Italische Landeskunde ). Erst dem wird man mit Spannung folgen, wenn er sich in dieser Durchgestaltung wird die historische Länder- zur Behandlung methodischer Probleme wendet . Da kunde ein integrierender Teil der wissenschaft- zu findet Gerland Gelegenheit in der Kritik der letzten anderthalb Seiten meiner Schrift . lichen Geographie. In eingehenderer Darstellung dieses Entwicke
lungsganges versuchte ich die an der Spitze meines
Schlusskapitels aufgeworfene Frage zu beantworten, Der Pretannie-Lake bei Lytton in Britisch » inwieweit Clüver Anspruch hat als Begründer der historischen Länderkunde zu gelten . Man sieht,
schon diese Frage und noch mehr ihre Beantwor tung läuft auf eine Beschränkung der Geltung
Columbia. Von C. A. Purpus (New Bremen, Ohio). (Schluss.)
der Bursian schen Bezeichnung für Clüver hinaus.
Je weiter wir thalaufwärts schritten, desto mehr
Es ist mir nicht in den Sinn gekommen , Clüvers Bedeutung tendenziös zu überschrauben . Vielmehr
bestanden nicht mehr ausschliesslich aus Abies (Pseudo
nahm die Dichtigkeit der Wälder zu , und dieselben
bemühte ich mich sie in schärferer Begrenzung zu
tsuga) Douglasii und Pinus ponderosa, sondern es
zeigen . Dass das » überflüssig « gewesen , kann ich nicht finden . Auch dass meine Darlegung der Ge-
mischten sich auch noch andere Nadelhölzer dar
unter , welche vornehmlich durch Thuja gigantea,
Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch - Columbia .
404
Pinus monticola, Pinus Murrayana , Tsuga Merten-
Geschmack dieser Pflanze hat Aehnlichkeit mit dem
siana, Picea Engelmanni repräsentiert wurden. Diejenigen einer Trigonella. Beim Essen zeigte es sich Wälder waren zum Teil mit einem dichten Unter-
dann auch , dass meine Mutmaassung von dem ge
holz durchzogen, unter welchem ich auch die schöne waltigen Appetit unserer Rothaut sehr wohl be Fatsia horrida bemerkte, welche in den Bergen östlich der Hauptkette der Kaskaden nicht häufig vor-
angst geworden wäre für unsere Vorräte , falls der
kommt.
Indianer uns nicht nach dem Essen verlassen hätte.
Der Pfad wand sich längere Zeit durch eine reizende Wildnis dahin, nirgends versperrte uns ein
Doch endlich schien er gesättigt, denn als ich ihm
gründet war.
Sie hieb so tüchtig ein , dass es mir
noch einmal seinen Teller füllen wollte , wehrte er
Hindernis in Gestalt eines entwurzelten Stammes
ab und sagte : gebitt ! gebítt !, was in Deutsch » genug «
oder dichten Buschwerks den Weg, was eine Tour
bedeutet. Wie die meisten Indianer Nordwest-Ame
in den westlichen Kaskaden so äusserst beschwerlich macht. Plötzlich that sich der Wald auf, wir be-
rikas sprach er ausser der Sprache seines Stammes
traten eine herrlich grüne, von Blumen durchwirkte
welches die verschiedenen Stämme mit einander in Verkehr treten, verstand aber kein Englisch. Nach dem Essen ritt unsere Rothaut nach Lyt
Matte, auf welche wieder ein kleines Stück Wald
folgte und nachdem wir dieses durchschritten hatten, sahen wir uns an dem wunderschönen, dunkelgrünen Pretannie -See. Der kleine See, welcher einen Um-
fang von 11/2—2 Meilen hat und eine Tiefe, welche 30-40 Fuss nicht viel überschreitet , liegt in einer Höhe , die zwischen 2—3000 Fuss über Meer beträgt. Seine grüne Flut ist belebt von einer sehr
» Chinook « das Handelsidiom der Indianer , durch
ton zurück , während wir uns an die Herrichtung
des Lagers machten . Unterdessen war es beinahe Abend geworden . Die Sonne begann hinter den
Granitbergen im Westen hinabzutauchen. Ab und zu passierten ein paar Indianer unseren Lagerplatz und verschwanden im Walde. Nach und nach senkte
Am jenseitigen Abhang schmackhaften Forellenart,welche in allen Gebirgs- sich die Dämmerung herab. Trommeln eines Wald
seen und -Bächen Britisch-Columbias gefunden wird . Wir machten Halt auf einer Erhöhung, von wo aus
liess sich hin und wieder das
wir den See überblicken konnten, welcher, umgeben
welcher die feierliche Stille der idyllischen Gebirgs
huhns vernehmen und dies war der einzige Laut,
von herrlich grünen Wiesen , unterbrochen von dun- landschaft unterbrach . Auf den heissen Tag folgte eine herrliche, kühle keln Nadelholzwäldern und einem Kranz von Bergen , Ein sanfter, milder Wind wehte vom Thale Nacht. deren Kuppen, mit Alpmatten durchzogen, von kleinen
Nadelholzbeständen bedeckt sind, ein unbeschreiblich herauf, gewürzt mit Tannenduft, und stärkte Körper schönes Bild idyllischer Ruhe und Gebirgseinsamkeit darbot.
Rechts von unserem Lagerplatz zog sich ein mit herrlichen Weiden bedeckter Abhang hinauf und
links stieg ein bewaldeter Bergrücken unmittelbar aus dem See empor, durchzogen von dunkeln Fels-
und Geist. Am dunkelblauen Himmel funkelten die Sterne und spiegelten sich in der dunkeln Flut des Sees, der still und lautlos zu unseren Füssen ruhte. Wir sassen noch ein paar Stunden am hellflackern den Lagerfeuer und zogen uns dann ins Zelt zu rück .
Als der Himmel sich im Osten rötete und die
massen .
Gegen Norden dehnten sich blumige Wiesen,
Sonne eben anfing, die Spitzen der Bergkuppen mit rotem Schein zu übergiessen, befanden wir uns auf Abies (Pseudotsuga) Douglasii und Picea Engelmanni, dem Wege nach dem lang gestreckten Bergrücken, und überragt von einem langgestreckten Bergrücken, der sich nördlich vom See erhebt. Der Pfad führte dessen Abhänge bis zur Spitze mit grünen Alpmatten, uns um den See herum über blumenbedeckte Weiden durchzogen von dunkeln Felsgruppen und kleinen zu einem niedrigen Bergrücken , der sich in einem begrenzt von dunkeln Tannenbeständen, gebildet aus
Koniferenbeständen , bedeckt waren .
Die dunkeln
dicht bewaldeten Abhang in ein schattiges , von
Felsen bildeten einen merkwürdigen Kontrast mit
einem silberklaren Bache durchflossenes Thal hinab
dem lieblichen Grün der Weiden , die sie umgaben.
senkte. Am Wege blühten prachtvolle, grossblumige
Wir hatten den Weg von Lytton nach dem Pretannie, der 15-20 Meilen beträgt, ziemlich langsam zurückgelegt , da wir uns unterwegs öfters durch Sammeln von Insekten und Pflanzen aufhielten ,, und so war es schon 3 Uhr nachmittags, als wir hier anlangten. Da wir ziemlich Hunger verspürten , so war es meine erste Sorge, rasch ein frugales Mittagessen zu bereiten, wobei mich unser Indianer unterstützte, der mir einen wahren Heisshunger zu haben
Rosen , Rosa Nutkana und Californica und an dem schattigen Abhang wucherten üppige Farnkräuter, der Gattungen Aspidium und Blechnum angehörend, und auf den mit Moos bedeckten verfaulten Stämmen des Urwaldes blühte Calypso borealis in lieblicher und bogen dann rechts ab in einen Indianerpfad, welcher an den blumigen Hängen des Berges im
schien, denn er verzehrte mit wahrer Gier das Kraut und die Wurzeln einer Umbellifere (Peucedanum
Zickzack hinaufführte. Nach Passierung eines kleinen Tannenbestandes kamen wir zu einem verlassenen
ambiguum ), welche im Westen auch von den Weissen
Indianerlager und gleich darauf zu einigen Zelten , deren Bewohner sich wahrscheinlich auf der Jagd
vielfach als Gewürz an Saucen verwendet wird. Der
Schönheit. Wir schritten eine kleine Strecke thalaufwärts
Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia.
405
aus Melaphyr auf, welcher häufig in Diorit und ver standen nur aus in Dachform ausgespannten Tüchern , wandte Gesteine übergeht. Seine sanft gewölbte waren vorn und hinten offen und gewährten daher Spitze, die etwa 5400 Fuss Seehöhe hat, ist bedeckt nur Schutz gegen Regen oder den Tau der Nacht. mit herrlichen Alpmatten , welche von kleinen Be Der Boden war mit Fellen belegt und darüber Tep- ständen alpiner Koniferen durchzogen sind, die aus piche und Matten gebreitet, welche die Indianer aus Abies subalpina und Pinus albicaulis gebildet werden . den schwertförmigen Blättern des Rohrkolben ( Typha An seinen südlichen Abhängen ziehen sich herr oder beim Wurzelgraben befanden.
Die Zelte be-
latifolia ) herstellen . Um die Zelte hingen lange Kränze liche Weiden hin , über welche Abies subalpina und mit Schnüren gereihter Wurzeln , welche die Indianer
Pinus flexilis, Pinus albicaulis teils zu kleinen Be
für den Winter trocknen , um sie dann zu verspeisen. ständen , teils zu Gruppen vereinigt und teils ver Es waren hauptsächlich die süsslich schmeckenden Zwiebeln von Erythronium grandiflorum , Camassia esculenta und die kleinen Knöllchen von Claytonia lanceolata . Der Pfad lief abwechselnd durch kleine
einzelt zerstreut sind. Neben diesen fast ausschliess
lich in der subalpinen und alpinen Region dieser Berge vorkommenden Koniferen traf ich auch die alpine Form von Abies Douglasii in einzelnen Exem
Waldbestände und über kleine Rasenpartien und plaren, etwa 2—300 Fuss unter dem Gipfel, über ging dann über blumige Alpmatten , durchzogen von dunkeln Felsgruppen , steil bergan. Die grünen Wei-
die Hänge zerstreut. Dieselbe hat zuweilen ganz den Wuchs unserer sog. Wettertannen in den Alpen,
den , geschmückt mit einer wundervollen subalpinen Flora,boten einen herrlichen Anblick . Dieselbe wurde hauptsächlich aus Cartilleia miniata, Delphinium Menziesii, Aquilegia canadensis, Thalictrum cornuti, Erythronium grandiflorum , Camassia esculenta, Zyga-
ihre Aeste hängen bis auf den Boden herab und ihre Höhe beträgt kaum 30-40 Fuss. Zuweilen bildet sie jedoch nur noch ein kleines Bäumchen mit nieder liegendem Stamme und von krüppelhaftem Wuchse, weiches scheinbar nichts gemein hat mit den Riesen
denus paniculatus, Pentstemon confertus, Brodiaea, Echinospermum , Peucedanum , Phacelia u . s. w . gebildet . Die Felsgruppen waren bedeckt mit dem prächtigen , halbstrauchigen Pentstemon Menziesii var. Scouleri. Um die Blumen gaukelten schöne Gebirgschmetterlinge, zu den Gattungen Argynnis, Doritis , Colias, Eurebis gehörend. Nach etwa zweistündigem Steigen hatten wir die sanft gerundete
stämmen der Tanne, welche in den feuchten Thälern der West- Kaskaden gleich mächtigen Säulen aus der
Spitze erreicht , von der sich eine herrliche Fern-
sicht über dunkel bewaldete Bergkuppen, saftig grüne Alpmatten und den tief unter uns ruhenden Pre-
sie umgebenden Wildnis emporstreben. Auf den grünen, von kleinen Felspartien durchzogenen Matten
entfaltete sich eine reizvolle alpine Flora , welche aus der schönen , ganz mit rosenroten, dunkelrot ge streiften Blumen bedeckten Claytonia megarrhiza, der mit hell rosenrot angehauchten Blüten übersäten Phlox Douglasii, der reizenden Dodecatheon Meadia var . latilobum , verschiedenen Potentilla, Astragalus,
tannie-See erschloss. Während die westlichen Kaskaden in schroffen
Ranunculus Castilleia , Arenaria , Erigeron - Arten u. s. w . gebildet wurde. Nachdem wir etwa eine Stunde auf dem Gipfel
und steilen Gipfeln weit über die Grenze des ewigen
verweilt hatten, setzten wir unsere Wanderung nach
Schnees emporstreben und in riesigen , wildzerklüf-
Nordwest fort, bald kleine Koniferenbestände , balo
teten Felswänden in tiefe, unzugängliche, schluchtenartige Thäler und Schluchten abstürzen und wegen
herrliche Alpweiden durchquerend und erreichten um Mittag eine zweite Bergkuppe, welche den erst be
der Schroffheit und Steilheit ihrer Hänge nur aus-
stiegenen Berg um etwa 4-500 Fuss überragt und mit diesem durch eine Reihe niedriger Erhebungen,
nahmsweise die Bildung von Alpmatten begünstigen,
erheben sich diese Berge meist in sanft gewölbten
welche durch Wälder und Einsenkungen von ge
Kuppen und langgezogenen Rücken zu einer Höhe, welche die Schneegrenze nicht erreicht, und sind bis
ringer Tiefe unterbrochen werden , getrennt ist. Von der Spitze dieses Berges sah man auf einen zweiten
zur Spitze mit herrlichen Alpmatten bedeckt, welche
kleinen See hinab , welcher fast ganz von dunkeln
von kleinen Beständen alpiner Koniferen durchzogen
Tannenwäldern umgeben war.
werden .
Rasenpartien , welche im Wechsel mit alpinen Wald beständen die Gipfel bedeckten, fand ich ausser den
Dieselben gehören zumeist in die Reiche der eruptiven Bildungen , welche etwa 15-20 Meilen
Auf den kleinen
breit sind, in der Mitte von sedimentären Erhebungen
schon erwähnten Alpenpflanzen Polemonium con fertum , Hydrophyllum capitatum , Geum . spec. Ane
durchzogen und weiter östlich durch die von vulka-
mone occidentalis, Sibbaldia procumbens u . s. w .
nischen Gesteinsarten ( Basalt) gebildeten Berge und
Wie der vordere Berggipfel, so bestand auch dieser
Hügel des trockenen Landes unterbrochen werden, aus Melaphyr. Derselbe fiel nach Westen in einer während die westlichen Kaskaden fast ausschliesslich ziemlich steilen , stark verwitterten Felswand.in das sich aus Urgestein (Gneis, Glimmer-und Thonschiefer ) Thal hinab , auf dessen Grunde der kleine Bergsee aufbauen , welches oft von eruptiven Gesteinsarten, ruhte. Nach etwa einstündigem Aufenthalt stiegen wir Granit, Diorit, Syenit, Porphyr, durchbrochen wird. Wie die meisten dieser schönen Bergkuppen an dem südlichen , mit Alpmatten bedeckten Abhang baut sich auch der Berg, auf dem wir uns befanden, bergab , welcher sich ziemlich steil in eine Mulde Ausland 1892 , Nr . 26 .
52
Der Pretannie -Lake bei Lytton in Britisch -Columbia .
406
hinabsenkt, wandten uns dann um die Spitze herum und befanden uns nach einer Stunde an dem kleinen ,
von Tannen umgrenzten See. Von hier wanderten
wir auf einem
Engelmanni, Abies subalpina, Larix occidentalis und Pinus flexilis gebildet , welche eine ebene , sich bis zum Fusse der Granitberge erstreckende Fläche be
schönen Indianerpfad thalabwärts,
deckten und von kleinen Torfmoorsümpfen unter
bald über Wiesen , bald durch Wald und mehrere
brochen wurden, welche mit verschiedenen Ericaceen
Lagerplätze von Indianern passierend, bis wir an
durch Bryanthus empetriformis , Bryanthus glan duliflorus , Kalmia glauca var. microphylla reprä
dem Abhang anlangten , an dem wir am Morgen hinabgestiegen waren , von wo wir in kurzer Zeit bei unserem Lagerplatz ankamen . Gegen Abend bewölkte sich der Himmel und es
Rasen bedeckte Lichtung und sahen plötzlich einen
fielen ein paar Regentropfen. Die Nacht war wieder
prächtigen Hirsch vor uns , der unser Näherkommen
aussergewöhnlich warm , und ihr folgte ein herrlicher
nicht bemerkt hatte. Mein Begleiter gab einen Schuss auf ihn ab , traf ihn jedoch nicht. Das Tier,
Morgen bei vollständiger Klarheit des Himmels. Bevor noch die Sonne am Horizont empor-
stieg, stiegen wir aufs neue in die Berge. Ich hatte
sentiert, bewachsen waren. Beim Weiterschreiten kamen wir auf eine mit
>
welches durch den Knall erschreckt worden war,
kam direkt auf uns zu , rannte aber , ehe mein Be
die Absicht, einen der Gipfel der Granitbergkette zu gleiter zu einem neuen Schuss kam, sobald es unserer besuchen , welche sich westlich vom Pretannie in einer Anzahl von zackigen Spitzen bis über 6000 Fuss Seehöhe erhebt und sich längs des linken Ufers des Fraser-Flusses von Norden nach Süden erstreckt.
ansichtig wurde in den Wald hinein und war kurz darauf unseren Blicken entschwunden . Der Wald fing an sich nach und nach zu lichten, und nach einem Marsche von einer Stunde
Unser Weg führte uns an dem hinter unserem Lager- stiegen wir an den steilen Hängen eines der höheren
platz emporsteigenden, teils mit kleinen Waldbestän- Gipfel der Granitbergkette hinauf. Bald durch lichte den, teils mit prächtigen Weiden bedeckten Abhang
Waldbestände von Pinus Murrayana , bald durch
bergauf. Nach etwa anderhalbstündigem Bergauf solche von Abies subalpina, Picea Engelmanni und steigen erreichten wir einen sanft ansteigenden Berg-
rücken , dessen südlicher Abhang mit prächtigen, von Blumen durchstickten Alpweiden bedeckt war
Pinus flexilis und bald über schöne Alpmatten ,
welche jedoch nicht die Ausdehnung besassen, wie
und in eine enge , von einem kleinen Bache durch-
diejenige der Melaphyrberge. Die Weiden , welche in einer Höhe von 5000
Ueber den Abhang
Fuss anfingen und untermischt mit kleinen Bestän
flossene Thalschlucht abfiel.
zogen sich kleine Bestände von Koniferen hin , den den von von Nadelhölzern Nadelhölzern aus Pinus albicaulis und welche in einer Höhe von 3-4000 Fuss von Abies Abies subalpina bis zu dem etwa 5-6000 Fuss ( Pseudotsuga ) Douglasii gebildet wurden . Dazwischen hohen Gipfel hinaufzogen , waren bewachsen mit
standen etwa ein Dutzend verkrüppelter Exemplare von Pinus ponderosa var. scopulorum . Die präch -
prächtigen Zwergweiden und einer sehr interessanten Alpenflora, die sich von der der Melaphyrberge unter
tige Kiefer, welche an günstigen Stellen 80-100 Fussschied. Dieselbe bestand aus einer reizenden, weiss blühenden Anemone, einem gelbblühenden Ranuncu hoch . Die etwa 1—2 Fuss im Umfang messenden lus, verschiedenen Arenarien , Antennarien, Gnapha erreicht, wird hier in ihrer Varietät kaum 20 Fuss
Stämmchen waren von einwärts gekrümmtem Wuchse lium , Potentilla fruticosa, Bryanthus empetriformis, und ihre Aeste hingen fast bis auf den Boden herab . Die Weiden waren mit Blumen übersät und ge-
var. intermedius, Cassiope tetragona, Senecio u . S. W. Gegen Mittag erreichten wir langsam bergauf
währten einen unvergleichlich schönen Anblick. Namentlich zahlreich waren Zwiebelpflanzen, welche
steigend die Spitze des Berges, von welcher sich eine grossartige Aussicht erschloss über die zahllosen,
durch verschiedene Alliumarten , Fritillaria lanceolata, zum Teile mit Schnee bedeckten Gipfel der Kas Zygadenus paniculatus, Erythronium grandiflorum ,, kaden , welche in Hörnern , Zacken , Pyramiden und Lilium columbianum , Brodiaea congesta , Camassia wild zerrissenen Felsengraten in den blauen Aether esculenta u . . w . vertreten wurden . emporstiegen. Zu ihren Füssen wälzte der Fraser Bei etwa 4000 Fuss Meereshöhe traten kleine fluss seine grünen Fluten dem Pacifischen Ozean
Bestände von Abies subalpina und Picea Engel- zu, umrahmt von dürren Hügeln und steilen Ufer bänken . Gegen Osten schweifte der Blick über ein
manni , auch untermischt mit Pinus flexilis, auf.
Dazwischen fanden sich Gruppen hübscher, Meer von niedrigen Bergen und Hügeln , bis zu die subalpine Region bewohnender Sträucher, welche durch Shepherdia canadensis, Alnus viridis , Ribes irriguum, Rhododendron albiflorum , Ceanothus velutinus, var. laevigatus, verschiedenen Vaccinium , Arctostaphylos Uva ursi vertreten waren . Nachdem
wir den höchsten Punkt des Berg-
den verblauenden Höhenzügen des trockenen Inneren von Britisch -Columbia. Nach etwa zweistündigem
Aufenthalt traten wir den Abstieg an und befanden uns, bevor noch die Sonne hinter den Bergen ver
schwand , in unserem Lager.
Aufenthalt nach Spences
rückens , welcher 4--5000 Fuss hoch sein mochte,
hier nach zweitägigem
erreicht hatten , ging es ein Stück bergab und bald
Bridge am Thompson -River.
darauf folgten schöne Waldbestände aus Picea
Am folgenden Tage
kehrten wir nach Lytton zurück und reisten von
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
407
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern. | Auszuge vorliegt ?). Beachtenswert ist dagegen, was der Leipziger Bürger Johannes Helffrich ( 1565 ) 2) Von Eugen Oberhummer (München ). (Schluss.)
Das Erdbeben , von welchem der Pfalzgrafspricht ,
sagt : » Dieser Berg wirdt von den Historienschreibern genannt Olympus, die Innwohner aber nennen jn den Creutzberg« . Soantiken erwünscht es wäre, hier eine ung des Ueberliefer Namens so zu finden, >
kann kaum ein anderes sein als jene Folge gewaltiger zeigtdochderfolgende Satz , dass wir es hier nur Erschütterungen am 25. April und 1. Mai 1491 ,
mit einer ziemlich konfusen Gelehrsamkeit zu thun
deren verheerende Wirkung in den cyprischen Städten
haben : » Auss diesem Berg fliessen zwey Wasser,
uns Dietrich von Schachten , der Begleiter des
das eine so gegen Mittag fleusst , wirt genannt in
Landgrafen Wilhelm d. Aelt. von Hessen ?), als Augenzeuge schildert.
Lateinischer Sprach Licus, das ander aber gegen
Nur zwei Jahre nach Ottheinrich ( 1523 ) be suchte der elsässische (?) Pilger Philipp Hagen ) den Berg , » der heist der critzberg ; den Eren die
Mitternacht Lapetus«; man vergleiche hierzu , was
schifflit fast (d . i. sehr) uff dem mer mit irem gebett « . Er hörte die gewöhnlichen Fabeln von dem Kreuze, das » solt in lufften schweben unnd nieman mochtes erreichen oder sehen woran es
hinge«. Als er aber auf den Berg kam , » do zeigt man unsz daz critz und es bing nit in lifften, sun Von dem Weg uff die gestelfindet was Berg der »daz.u . s.es wist. « ein ruwer boser er, erd auf den
ich in meinen » Studien « S. 95 über diese beiden Flüsse festgestellt habe. Im übrigen bietet Helff richs Bericht nichts Originelles , ebensowenig die
kurze Notiz bei Christoph Fürer von Haimen dorff (1566 ) '), dem letzten Pilger, der uns vor der türkischen Invasion vom Kreuzberg erzählt. Wichtiger als alle diese bei einem flüchtigen Besuch der Insel erhaschten Pilgernachrichten ist das , was uns der bedeutendste unter allen älteren
Historiographen Cyperns , Stephan Lusignan , in seinem zur Zeit der türkischen Eroberung ( 157071)
weg , bisz man den berg uffen kumpt, und man als Eingeborener by der nacht riten, sunst im day zu riten abgefassten Werke mitteilt. Er, der musz die Insel wohl in allen ihren Teilen aus eigener mag mans kumerlichen der grossen hitz halb % )«. Anschauung kannte, ist der erste , der den Kreuz Aus der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts berg nicht nur als Kuriosität , sondern in seinem liegen zahlreiche Zeugnisse vor, ohne dass sie wesent
Zusammenhang dem Haupt gebirge betrachtete lich neues beibrächten .So erwähnen den Kreuzberg geographischen Cy . Er fasst denmitGebirgsbau
Daniel Ecklin von Aarau (1553) '), welcher zu erst einen leisen Zweifel an der Echtheit des Kreuzes
äussert, und gleichzeitig der Engländer John Locke :), der allerdings den Berg nicht selbst bestieg ; aber er hörte auch von einem Erdbeben , durch welches
perns kurz und treffend in folgende Worte zu sammen * ): » Das Gebirge dieser Insel zerfällt in zwei Teile. Der eine beginnt am Kap Kormachiti und streicht gerade wie eine gereihte Schnur (come una
) bis zum Kap S. Andreas ; diese Berge sind » the crosse and the chappell it hung in , were over filsa nach Norden an dieser ganzen Küste (costiera ) ent throwen , so that never since it would hang again
in the aire« . Dass aber im grossen Kreuz ein kleines lang vom Meere etwa eine Meile (lega) und stellen Kreuz vom Kreuzholz Christi enthalten sei , » you
weise 1 , Meile entfernt; diese Strecke ist eben und
must (if you will) beleeve it is so , for see it you
das Meer bildet sozusagen überall einen Strand 5). Der andere Teil des Gebirges beginnt bei der alten Stadt Solia , ungefähr sechs Meilen von Kormachiti,
Man geht wohl nicht fehl , wenn man die sich hier regende Zweifelsucht auf die Einwir
cannot « ,
zwar zieht sich derselbe mitten durch Insel kung der Reformation zurückführt. Nur beiläufig und bis zum Berge des Kreuzes (monte della dieCroce ),
gedenkt des Berges der Schlesier Melchior von Seydlitz ( 1556) ") , während der Reisebericht Alexanders von Pappenheim ( 1563 ) erst im 1) Seine Reisebeschreibung wurde ebenfalls erst durch Röhricht a . a . 0. bekannt gemacht; s. über das Erdbeben S. 187 und 210 ff., ferner den Bericht Herzogs Alexander,
welcher dem Kap Masotto entspricht “ ). Dort nähern sich die Berge der Küste und begleiten sie bis Baffo, wo sie sich nach der anderen Seite (d . h . nach Nor den ) wenden und stets der Küste entlang bis Solia ziehen ). Inmitten dieser Berge befindet sich der Berg Olymp, welcher auf griechisch Trohodos )
Pfalzgrafen bei Rhein ( 1495) , im Reyssbuch , Fol. 38 , Claes van Dusen (Augenzeuge) bei L. Conrady, Vier rheinische Palästinapilgerschriften (Wiesbaden 1882) , S. 205 , und Steff.
2) Im Reyssbuch , Fol. 377 verso .
Lusignano, Chorograffia di Cipro (Bol. 1573 ), Fol. 84, welcher
3) Reisbeschreibung, Nürnberg 1646 , S. 298.
es jedoch irrig in das Jahr 1492 verlegt. 2) Conrady , a. a . O. , S. 248 . 3) Es war allerdings Anfang August .
5
4) Reyssbuch, Fol . 401. (Röhricht, Bibl. 192 , führt als
1) Bei Röhricht -Meisner, S. 426. 4) Fol. 4 verso (s . 0. A. 1 ).
5) » Quale è pianura, e la marina è quasi spiaggia da per tutto .
6) Landspitze Petunda der englischen Karte.
ersten Druck den von Basel 1576 an ; doch fand ich auf der
?) Man erkennt leicht, dass Lusignan nicht, wie bei der
Münchener Staatsbibliothek einen solchen von » Freyburch 1575 « ). 5) Bei Hakluyt , The Principal Navigations etc. , Vol. II (London 1599), S. 109 f. 6) Im Reyssbuch, Fol. 252.
Nordkette, die Streichlinie, sondern den Rand des Gebirges be schreibt .
9) Die älteste mir bekannte Erwähnung des Namens des höchsten Berges der Insel .
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
408
heisst und überaus hoch ist u. S. W. ( An einer Zahl derer , welche Cypern besuchten , recht ver anderen Stelle 1) behandelt Lusignan die Sage von einzelt aus . So ist mir aus dem 17. Jahrhundert, Helena und dem Kreuzholz , wobei er, im Gegen- das allerdings seit dem Mittelalter das ärmste an satz zu den Pilgerschriften , seine genaue Lokalkennt- Reiseberichten über Cypern ist, nur die Schilderung nis verrät . Hiernach landete Helena am Vasilo- des holländischen Malers Cornelis de Bruyn ( Le
potamo ( s. o. S. 382) beim Kloster des heiligen
Brun ) vom Jahre 1681 bekannt ?), wonach damals
Georg unterhalb Marin ; beim nachmaligen casal Toghni (s. 0. S. 382) , wohin das heilige Kreuz
in der Regel 20 griechische Mönche im Kloster waren ; er hat es übrigens nicht selbst besucht und
(Christi ) wunderbarerweise versetzt worden war, er-
erzählt nur nach anderen die bekannte Fabel vom
baute sie eine Kapelle , in der sie ein kleines Stück vom Kreuzholz hinterlegte . Auch an anderen Orten der Insel hinterliess sie Teile des Holzes , » und be-
frei schwebenden Kreuz und dem eingelassenen Stück des echten Kreuzholzes, das i Fuss lang sei und die Dicke eines Ducatone (vgl . o. S. 394) habe,
sonders auf dem Berge , welcher jetzt der Berg des
gedenkt auch der grossen Tavirupes am 14. Sep
Kreuzes heisst. Auf seinem Gipfel stand ein Tem- tember. Das 18. Jahrhundert bringt uns die erste natur pel , wo die Teufel wohnten ; als aber das kostbare
Holz dort niedergelegt wurde , wurde es infolge der wissenschaftliche Beschreibung durch den schwedi frommen Verehrung und der Wunder ein Tempelschen Naturforscher Fredric Hasselquist (1751) ), Gottes und der Engel . Im Dorf Lefkara , in der
einen eifrigen Schüler des grossen Linné . Merk
Hauptkirche der Griechen, befinden sich zwei Stücke ,
würdigerweise konnte sich dieser treffliche Beobachter
jedes vier Finger breit und acht hoch . Diese sollen
von dem alten Irrtum nicht frei machen , dass der
vom Kreuzholz des guten Schächers sein ; aber die
Berg der höchste der Insel sei , obwohl ihn der
Priester sagen , es sei von dem Schemel , den unser
Augenschein vom Gegenteil überzeugen musste und
Herr unter den Füssen hatte, als er am Kreuze hing
Lusignan schon längst das Richtige erkannt hatte.
und worauf er die Füsse ruhen liess . Sei dies nun
Bemerkenswert ist seine geologische Schilderung:
wie immer, auf der ganzen Insel steht es (das Holz ) | » Der Berg besteht aus einem schwärzlichen Kalk in grosser Verehrung und ist wunderthätig «. Wir steine , mit Vitriol saturiert. In den Thälern fand werden später sehen , wie erfolgreich die Mönche sich ein grauer Kalkstein , der rein und unvermischt von Lefkara dem Kreuzberge Konkurrenz zu machen
war ; besonders war er bei ausgetrockneten Bächen
wussten . Von Interesse ist endlich eine spätere Be-
häufig zu sehen . In den Bergrissen sah man an ver
merkung Lusignans (Fol. 82), wonach die Vene-
schiedenen Orten Bleiglanz , Kupferkies und viele
zianer auf dem Kreuzberge, il quale guarda il mare kleine Bergkrystalle «. Auch an botanischen Beobach di mezo giorno , einen Wachtdienst eingerichtet hatten .
tungen fehlt es nicht. » Myrten , orientalische Tannen ,
Gegenüber den Mitteilungen eines Lusignan, mit CistusRhododaphne Ladanifera undBurzelbaum ( Andrachne) waren oder Oleander (Nerium ) unter
die , wie man sieht, zum Teil mit dem Chronisten
Machaeras (s. 0. S. 382) übereinstimmen, ist es mengt, welches itzt %) blühte. Von Naturalien fand nur von geringer Bedeutung, was die letzten Nach- ich auf diesem Hügel nichts als Steinflechten ( Lichen zügler des mittelalterlichen Pilgertums über den imbricat), wovon ich in der ganzen Levante nicht Kreuzberg zu sagen wissen, so die Schweizer Mel- so viele Gattungen oder in solcher Menge gesehen
chior Lussy ?) und Johann von Lauffen ") ( 1583 ), die Niederländer Johann Zuallart (1586) 1) und Johann van Kootwyck ( 1596) "), von denen der
hatte « . Er übernachtete in einem Dorf unweit des Berges (Pyrga ?), kam dann an einer kleinen griechi schen Kirche, offenbar H. Barbara , vorbei und er
letztere den angeblichen antiken Tempel dem Jupiter
reichte von dort den Gipfel, ohne abzusteigen , in 1/2 Stunde. Oben traf er nur einen Mönch . Der
zuweist .
Gegenüber dem lebhaften Interesse , welches die Pilger vom 13. bis zum 16. Jahrhundert dem Kreuzberge zuwenden und welches im 15. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreicht, nehmen sich die Mitteilungen neuerer Reisender unter der grossen
Aufenthalt daselbst erschien ihm wegen der Aus sicht und der reinen, kühlen Luft äusserst angenehm ,
und vergeblich suchte er die in Larnaka ansässigen Europäer zu bereden , sich hier eine Sommerfrische einzurichten .
Wenig später ( 1760) kam der Florentiner Giov . 1) Fol . 9 verso
IO recto .
Mariti nach Cypern , dessen ausführliche Schilde
2) Reissbuch gen Hierusalem , Freyburg 1590, S. 65. Nach ihm gehört der Ruhm des Berges , den er natürlich wieder für den höchsten der Insel erklärt, bereits der Vergangenheit an . Das Kreuz wurde seit der türkischen Eroberung in einer Nebenkapelle auf bewahrt.
3) Im Auszug bei R. Röhricht , Deutsche Pilgerreisen (Gotha 1889) , S. 281 .
1) Giov. Zuallardo , Viaggio di Gierusalemme , Roma 1595 , S. 95 .
5) Itinerarium Hierosolymitanum et Syriacum auctore Joanne Cotovico, Antverp. 1619, S. 103 .
Voyage au Levant, Paris 1714 , S. 383.
Ueber den
Verf. s. Weise in der Allg. Encykl . I , 13 , S. 258 ; Walcke. naer in der Biogr . Univ . N. éd . VI, 75 f.; über die Ausgaben
seines (ursprünglich holländischen) Reisewerkes Röhricht, Bibl. Pal . , S. 277 f.
3) Reise nach Palästina in den Jahren 1749–52 . Herausg . v . Karl Linnä us.
Aus dem Schwedischen .
Rostock 1762 .
S. 195 ff. Vgl. Allg. Encykl. II , 3, S. 98. 3) 9. Juni. Diese Angabe bezieht sich übrigens auf die Reise bis zum Berge , nicht auf letzteren selbst .
Der Berg des heiligen Kreuzes auf Cypern .
409
rung der Insel 1") weitaus den ersten Rang unter den
zurückgelegten Weg von Larnaka über die Dörfer
älteren Reisewerken über dieselbe behauptet. Bei ihm finden wir die Bedeutung des Kreuzberges für die Seefahrer, welche schon von Schriftstellern des Mittelalters hervorgehoben wurde, am eingehendsten begründet. » Er dient den Seeleuten, um die Küste
Kalochorio , H. Anna und Psevda , dann die Gipfel des Berges, in dem er den alten Olympus sieht; der Anstieg von H. Barbara aus dauerte 3/4 Stunden. Am Rückweg nennt er bei dem letzt
Klöster H. Thekla ! ) und H. Barbara bis auf den
von Larnaka zu erkennen ; und wenn sie sich genau
erwähnten Kloster das Dorf des Kreuzes (Stav
gegenüber diesem Berge befinden, werfen sie Anker,
ros), welches uns schon aus Fabri bekannt ist ; in
da sie alsdann sicher sind, sich in der Wahl eines
dessen kennt weder die Karte ein solches, noch er innere ich mich, davon gehört zu haben . Im Jahre 1845 zog der deutsche Archäologe
guten Platzes nicht zu täuschen . Dieses Kennzeichen trügt sie niemals, wenn sie mit ihren Schiffen des
Tages ankommen . Aber auch wenn Nebel in der Ludwig Ross ?) am Fusse des tappó; Jeozpép.astos Ebene und um den Berg liegen , so bleibt er doch niemals so bedeckt, um ihn aus den Augen zu verlieren ; während hingegen jeder andere Teildes Olymp
vorüber und auch der Begründer unserer geologi schen Kenntnis von Cypern , Albert Gaudry :) ( 1853 ) , erwähnt den Kreuzberg , dem er ( ziemlich
und der benachbarten Berge sich bei der geringsten richtig) 700 m gibt , nur ganz kurz, und gibt eine Trübung über dem Lande aus dem Gesicht verliert ).« Ein charakteristisches Beispiel von Reliquienschwindel
sehr unbefriedigende Zeichnung davon . F. Unger und Th. Kotschy in ihrem vor trefflichen Buche 1) bestimmen die Höhe zu 709 m ,
liefert folgende köstliche Geschichte, die sich kurz vor Maritis Ankunft zutrug. Einige griechische beschränken sich aber im übrigen darauf, die Ge Priester von Lefkara (s. 0. S. 408), in der Absicht, schichte von der Kreuzpartikel nach Mariti , aber die Kirche (des Kreuzberges) einer so hervorragen- ohne Angabe der Quelle, wieder zu erzählen. Unter den Reliquie zu berauben , um ihrem eigenen Dorfe Ansehen zu verschaffen, verfielen auf den Kniff, zu
den zahlreichen Werken, welche nach der englischen
behaupten, es sei ihrer Kirche kürzlich ein ähnliches Stück des echten Kreuzholzes geschenkt worden und
Besitzergreifung über Cypern erschienen, ist mir kein einziges bekannt, das von dem einst so weitberühmten Berge Nachricht gäbe ; erst der Botaniker Paul Sin
sie wollten dasselbe nun mit jenem vom Berge vergleichen , von dem sie wussten , dass es von un-
endet gebliebenen Reiseberichten ausführlich eine
zweifelhafter Echtheit sei , indem es aus den Händen der heiligen Helena selbst stammte. Als die schlauen Lefkarioten hierzu die Erlaubnis erhalten hatten , be-
tenis (1880 ) schildert uns in seinen leider unvoll Exkursion auf denselben "), den er sonderbarerweise » Mt. Croix« nennt , mit zahlreichen Notizen über
Der Weg führte von Larnaka über gaben sie sich auf den Berg samt ihrer Reliquie, Klavdia , Pyrga, H. Barbara , zurück über Pyrga, welche sie aus falschem Holze vorsätzlich ganz ähn- Psevda Psevda,, Kalochorio. Kalochorio . Die Beschreibung der Aus die Flora.
lich gemacht hatten ; während nun die beiden Stücke sicht ist die vollständigste, welche mir aus der verglichen wurden, begannen sie das eine mit dem
. Litteratur bekannt ist.
anderen zu vertauschen und kamen mit der anderen
bert Biddulph , der ehemalige Gouverneur der
Partei in Streit , so dass schliesslich niemand mehr
Insel, in seinem vor der Londoner Geographischen
wusste, welches das echte Stück war, und die einen
Gesellschaft gehaltenen Vortrage “) wieder die alte Vermutung von einem heidnischen Tempel hervor gezogen , worauf auch die unteren Mauerteile des
wie die anderen den Ruhm beanspruchten , es bei sich zu haben . Das Volk fuhr zwar fort, zu dem am Berge mehr Vertrauen zu haben , aber es verfehlt nicht, auch zum anderen Feste zusammen zu
strömen , das sie in Lefkara feiern , da die Meinungen geteilt sind , und bis heute ist dies ein Gegenstand des Streites und der Gehässigkeit zwischen den Mönchen beider Kirchen . (
Neuerdings hat Sir Ro
Klosters schliessen lassen sollen.
Verfasser kann mit Bezug hierauf nur versichern , dass er bei seinem flüchtigen Besuche des Berges
(29. Mai 1887) kein Stück Mauerwerk sah , dem mit einiger Wahrscheinlichkeit antiker Ursprung zu gewiesen werden könnte. Damit ist natürlich nicht
In unserem Jahrhundert eröffnen die Engländer
ausgeschlossen , dass im Altertum hier thatsächlich
Henry Light (1814 ) ”) und William Turner
eine Kultusstätte bestand ; im Gegenteil weisen die
( 1815 ) ) die touristischen Beschreibungen. Ersterer Tradition des Mittelalters, der Dämonenglaube , in gab eine Ansicht des Berges vom Salzsee von Larnaka, letzterer schildert ziemlich umständlich den 1) Viaggi per l'isola di Cipro e per la Soría e Palestina , T. I , Lucca 1769 , S. 209–12 . 2) Gegenüber der Wichtigkeit, welche die ältere Schiffahrt dem Kreuzberge beilegte , ist bemerkenswert, dass der »Medi terranean Pilot « II ? , 289 , denselben nur ganz beiläufig als Richt punkt für aus Osten kommende Schiffe erwähnt.
dem sich das Zurück weichen des heidnischen Kultus
vor dem christlichen ausdrückt , und die Ehrfurcht, 1) Auf der englischen Karte nicht verzeichnet. Turners
Schilderung der Lage dieses Klosters erinnert auffallend an das von Fabri (o. , S. 395 ) beschriebene Thal am Fusse des Berges. 2 ) Reisen nach Kos u . s . w. , Halle 1852 , S. 205 .
3) Mém . de la soc. géol. de France , II , S. VII ( 1863), S. 157 , 184 , T. XXXIX , F. 73 .
3) Travels in Egypt etc. , London 1818, S. 248 f.
4) Die Insel Cypern, Wien 1865 , S. 65 , 506 f.
4) Journal of a Tour in the Levant , Vol . II , London 1820 ,
5) Oest . bot . Ztschr. 1881 , S. 225— 32 .
S. 529–34 .
6) Proc. R. Geog. Soc. , 1889, S. 717 .
Eine Eisenbahn durch die Sahara .
410
welche der Berg von alters her bei den Schiffern , schwer, ihn unter dem Mikroskop als solchen wie
genoss, mit Bestimmtheit auf einen antiken Kultus,
der zu erkennen . Andesite treten auf bis gegen
in dem man bei der Nähe von Kition , dem Mittel- | Pyrga. Hat man hinter Pyrga einen kleinen Hügel punkt des phönizischen Elementes auf Cypern , wohl überschritten, so erblickt man jenseits eines mit dor
einen altsemitischen Höhenkult wird vermuten dürfen.
nigem Gestrüpp bewachsenen Thales die isolierte
Leider gestattete mir auf meiner zweiten Reise im vorigen Jahre die Zeit nicht mehr, meinen Besuch
dunkle Kuppe des Stavrovuni , auf dessen Gipfel
zu wiederholen und manches zu untersuchen , wor-
deutlich erkennt; ein anderes Kloster , H. Barbara ,
man jetzt das kühn in die Felsen gemauerte Kloster
auf ich erst durch das Studium der mittelalterlichen | liegt am nordwestlichen Hange des Berges. Statt Litteratur aufmerksam gemacht worden Ich
der Andesite bemerkt man jetzt das Auftreten von
hatte bei meinem ersten Besuch den Kreuzberg von
ausserordentlich zersetzten Diabasen , die teilweise
Norden her (Alambra) über H. Barbara (von hier in reichlich 3/4 Stunden) erreicht. Die Aussicht erstreckte sich über Larnaka, das deutlich erkennbar
sehr viel Quarz und Epidote als Zersetzungsprodukte enthalten ; über H. Barbara steht Epidotfels an. Zu erwähnen ist noch das Vorkommen von Kupfer schlacken zwischen Pyrga und H. Barbara ; wie auch
war.
war, im Osten bis zum tafelförmigen C. Greco, der äussersten Südostspitze der Insel (4 Uhr nachmittags). | anderorts habe ich hier vergeblich nach Kupfererzen Die Weiterreise ging über Pyrga an einer schönen gesucht. Oberhalb H. Barbara folgt, scheinbar un
Ruine vorüber, die aus der Entfernung den Eindruck einer gotischen Kirche machte ) , nach Klavdia
vermittelt, auf den Epidotfels ein Gestein ganz eigen
und Larnak a .
Müssen sich so meine eigenen Mitteilungen wesentlich auf die Ergebnisse litterarischer Forschung
übrigen Gesteinen der Umgebung ich nicht ins reine kommen konnte. Es ist lebhaft graugrün und be steht der Hauptsache nach aus Chlorit , zwischen
beschränken , so gereicht es mir um so mehr zur
dessen Blättchen sich unter dem Mikroskop die Reste
tümlicher Art , über dessen Beziehungen zu den
Freude, die Aufzeichnungen meines Freundes, Herrn eines Plagioklas erkennen lassen. Bei der Verwitte Dr. A. Bergeat (vgl. o . S. 365 ), welcher die Insel im Jahre 1890 als Geologe bereiste, hier anschliessen zu können. Derselbe bemerkt in seinen mir freundlichst zur Verfügung gestellten Tagebuchnotizen folgendes : »Auf dem Wege von Larnaka nach Kalochorio reitet man lange, fast bis an letzteres Dorf, · über quartäre Gebilde , auf welche miocane Gypse
rung zerfällt es zu lehmigen Massen, die infolge des ausserordentlichen Reichtums des Gesteins an Eisen
glanz tief rotbraun gefärbt sind. Sehr oft sind die Gesteinsblöcke aus dem gleichen Grunde von einer lebhaft irisierenden Schicht, die von der Verwitte rung des Eisenglanzes herrührt, überzogen. Der Eisenglanz enthält nebst Quarz häufig Drusen im
folgen. Hinter Kalochorio führt die Strasse durch Gestein. Wie die Diabase,so zeigt auch dieses chlo die Oede der weissen, fast gänzlich fossillosen miocänen Kalke - ein trostloser Ritt , insbesondere wenn die Sonne auf die blendenden Kalkfelsen her-
ritische Gestein eine deutliche Bankung und zwar in vertikaler Richtung. Auf dem Südabhang des Berges trifft man auf dem Weg nach Anklisides
nieder brennt. Von Interesse sind in der Nähe des
wieder Diabase, die stellen weise Malachit enthalten . «
-
Dorfes H. Anna verschiedene Schichtenstörungen ),
die ich mit der Nähe der eruptiven Massen in Zu sammenhang bringen möchte , die bei jenem Dorfe aufgeschlossen sind. Ohne Untersuchung an Ort und Stelle ist es kaum möglich, die Grenze zwischen >
Eine Eisenbahn durch die Sahara .
Von Adolf Fleischmann (München).
sedimentären und eruptiven Bildungen bestimmt anzugeben "), wiewohl die rotbraune Färbung letzterer
Geographie streng von denen der Politik zu trennen.
lebhaft von dem Weiss der miocänen Kalke ab-
Wenn ein Kulturvolk in dem Bestreben , seinen Be
Es ist nicht immer möglich , Erörterungen der
sticht; meist liegt nämlich zwischen den Eruptiv - sitz an Land und Leuten und seine Handelsbezie massen und den Kalkbänken Mergel von grauer
hungen und Handelswege auszudehnen, sich anschickt,
oder rötlicher Farbe , deren Auftreten wohl mit
bestehende Landesgrenzen zu überschreiten und na
einer metamorphischen Thätigkeit der massigen Gesteine in Beziehung zu bringen sein dürfte. Diese Mergel , deren Farbe unmerklich in die der letzteren übergeht, enthalten oft kleine, rundliche Trümmer
mentlich im Auslande weite Strecken seiner Macht
zu unterwerfen , so greifen wir nach der Karte, um den Wegen, die man betreten, und den Zielen , die man sich gesteckt hat , nachzugehen . Sind es aber
von Braunstein . Das Eruptivgestein ist ein ausser- gar unsere bedenklichen Nachbarn im Westen , welche ordentlich verwitterter Andesitmandelstein , es hält 1 ) Stazusa der Karte.
Es ist offenbar dieselbe Ruine,
welche auch Sintenis , S. 227 , erwähnt. 2) Sie fielen auch Sintenis auf (S. 232). Anm . d. Verf. 3) Vom Gipfel des Berges aus vermochte ich die Grenze beider Formationen ziemlich gut zu unterscheiden , besonders im Süden und Osten .
Anm . d. Verf.
in ihrer Politik jene Plane in Afrika verfolgen , so fühlen wir uns doppelt zur Aufmerksamkeit veran lasst , teils weil uns überhaupt jede Machterweiterung derselben nicht gleichgültig sein kann, teils und ins besondere , weil sie gerade in Afrika zu unseren kolonialpolitischen Konkurrenten gehören. Wir suchen uns daher auf der Karte zu orientieren , sowohl um
Eine Eisenbahn durch die Sahara .
Wert und Gewicht jener Machterweiterung zu erkennen , als auch um daran die Schwierigkeiten zu messen , mit denen sie zu kämpfen haben werden und die auf Gelingen oder Scheitern ihrer Unternehmungen schliessen lassen . In Nr. 7 der »Grenz>
411
3000 km beträgt.
Der Ausgangspunkt der west
lichen ist Oran ; man will über Tuat Timbuktu ge winnen . Die mittlere Linie geht von Algier aus, soll El Goleah berühren und ebenfalls nach Tim
buktu gehen . Der Ausgangspunkt der dritten , der boten« d. J. sind nicht neue, aber neu aufgenommene östlichen , wird in Constantine geplant. Ihre Rich Pläne der Franzosen in Bezug auf Afrika eingehend tung soll über Tugurt, Wargla, längs des Wadi Ighar
entwickelt, und wir müssen die Geographie zu Hilfe
gar nach Amgid und über Air Asben nach dem Tsad
nehmen , teils um
laufen. Die französische Regierung hat Gutachten eingefordert, die sich für dieses dritte Projekt ent schieden haben , die Bahn nach dem Tsad- See für dringend, diejenige nach Timbuktu für aufschiebbar erklären . Von dieser Bahn dritter Richtung sind
die französische Politik zu ver-
stehen , teils um uns die eben erwähnte Erkenntnis zu verschaffen. Dies ist die Aufgabe der folgenden Zeilen , und deshalb ist es notwendig, über diese Politik selbst kurz einige Worte vorauszuschicken,
bevor wir den Schauplatz derselben geographisch be- sogar schon 230 km, freilich eine sehr kurze Strecke, trachten .
Dabei beschränken wir uns auf die fran-
im Betrieb .
Nach jenem Artikel der Grenzboten
zösischen Pläne an sich und lassen die konkurrieren- zweigt sich die fertige Linie bei El Guerrah, 37 km den Interessen Englands und Spaniens ausser Betracht, um uns nicht mehr als unbedingt nötig, mit Politik
südlich von Constantine, von der Linie Philippoville Constantine-Satif ab und geht von da in südwest
zu befassen . Es handelt sich zunächst um Marokko und um
licher Richtung durch weite Steppengebiete, die mit
die Besitzergreifung dieses Landes seitens der Fran-
sich von Batna an in grossen Bogen durch das rot
mehreren Salzseen besetzt sind .
Dann windet sie
zosen , wenn der nahe bevorstehende Tod des Sultans
braune, zerrissene und kahle Felsgebirge des Aurès,
Muley Hassan eingetreten sein wird. Das Land
um dann durch den Foum as Sahara , den Mund der Wüste , in die Schlucht des Ud al Kantara einzu treten . Die Eisenbahnzüge gehen dermalen bis Bis krah, zur » Perle der Wüste « , von Oase zu Oase an
ist wegen seiner Ausdehnung und als Grenzland
Algiers, vor dem es in Bezug auf Wasserreichtum und Fruchbarkeit grosse Vorzüge hat, an sich schon Sein Allein-
den letzten Ausläufern jenes Gebirges und an dem
besitz mit Ausschluss aller Einflüsse der Engländer und Spanier würde Frankreich vielleicht in den Stand setzen , seinen Plan zu verwirklichen, nämlich
Col de Sfar vorbei zwischen Quitten-,, Aprikosen und Orangenbäumen hindurch, wo schon die Häuser europäischer Kolonisten hindurchschauen .
das Ziel der französischen Wünsche.
Verbindungen seiner sämtlichen Kolonien in Afrika, in Algerien, Senegambien , Guinea und Gabun durch Eisenbahnen herzustellen, vorausgesetzt, dass die Be schaffenheit des Landes solche Anlagen nicht verbietet oder wenigstens ihnen nicht unüberwindliche
Biskrah liegt an einem Nebenflusse des mäch
tigen Stromes Wed-Djeddi, südlich vom Atlas, aber nördlich von diesem Gewässer.
Erst wenn dieses
überbrückt sein würde , könnte Tuggurt erreicht
werden . Von hier durch Biled-ul-Djerid hindurch bis
pekuniäre Hindernisse in den Weg legt. Zunächst
zur eigentlichen Sahara ist noch eine Entfernung
kommen die Tuat-Oasen , bisher Gegenstand des Streites zwischen Marokko und Frankreich , in Be-
von 2—2 2 Breitengraden in gerader Richtung, also
tracht und nicht weniger die Landstrecken um den
gegen 40 Meilen . Die Stadt liegt unter dem 35. ", der Tsad-See unter dem 12. bis 15. Breitengrad , eine
Tsad-See und dieser selbst. Weder Algerien, noch Entfernung etwa von Neapel bis Hamburg. Man Marokko haben nach Süden hin bestimmte Grenzen .
würde sehr fehl gehen , wenn man bei der Frage,
Beide gehen eben südlich in die Wüste über , und
ob und unter welchen Verhältnissen eine Eisenbahn
dort begegnen sich ihre politischen und religiös- von der Ausdehnung der in Rede stehenden über fanatischen Interessen zunächst in Tuat. Die französischen Zeitungen sprechen davon, die Tuareg zu unterwerfen, Ghadames zu nehmen , Air Salah zu besetzen , am Tsad zu herrschen und auf Tripolitanien und Marokko zu drücken, ihre Besitzungen in Dahomeh mit dem Sudân zu vereinigen und zu verhindern, dass die Deutschen Herren von Togo und Um-
haupt hergestellt werden könnte, etwa sagen wollte : wenn es möglich war , eine Bahn wie die Pacific
Bahn durch die Breite Nordamerikas zu bauen , so wird auch ein Schienenweg von Constantine durch die Sahara bis zum Tsad-See ausführbar sein .
Denn
wir brauchen nicht auszuführen, dass zwischen hier und dort ganz bedeutende Verschiedenheiten in den
gegend werden , wodurch sich ihr Gebiet zwischen
Verhältnissen des Landes , als Grund und Boden ,
die französischen Kolonien im Sudân und Dahomeh
des Klimas, der Menschen und der Dichtigkeit ihres
hinein erstrecken würde. Der Tsad soll von Norden
Zusammen wohnens,des wirtschaftlichen Lebens u . a.m.
her gewonnen und zu diesem Zwecke eine grosse transsa harische Bahn gebaut werden . Der Plan ist schon in den dreissiger Jahren gefasst wor-
obwalten .
den ; man hielt ihn aber damals für unausführbar.
sollen, so kann man dem Projekt nicht vorwerfen, dass
Jetzt sind nicht weniger wie drei Eisenbahnlinien durch die Wüste projektiert , deren Länge je etwa
es in jeder Hinsicht ein Sprung ins Dunkle sei. Die dortige Welt und die Sahara sind uns ziemlich bekannt.
Wenn der Tsad-See und die ihn umgebenden Länder das Ziel der französischen Eisenbahn sein
Eine Eisenbahn durch die Sahara .
412
Natürlich haben sich jene Verhältnisse in Weståfrika nicht geändert, seitdem Dr. G. Nachtigal auf seiner grossen , sechsjährigen Reise sie erforscht und uns
die immer bald im Steigen , bald im Fallen begriffenen Wassermassen des Sees den Hügel verschlungen oder
fortgespült haben möchten. Während der gewöhn
darüber belehrthat. Der Unterschied zwischen damals gefährden lich im DezembereintretendenUeberschwemmungen Unmassen bösartiger Fliegen die Last
und jetzt liegt nur darin , dass wir im Laufe der letzten
Jahre noch genauer über Land und Leute unterrichtet worden sind . Der Sprung ins Dunkle dürfte mehr darin liegen, dass man bei aller Kenntnis jener geographischen und ethnologisch -wirtschaftlichen Verhältnisse dennoch keinen klaren Einblick in die Grösse und Vielseitigkeit der Hindernisse haben kann , die sich dem Unternehmen entgegenstellen dürften , so dass eine irgend zuverlässige Vorausberechnung nach
und Reittiere. Die Temperatur beträgt dann oft nur
16 ° C. , ein Wärmegrad, unter dessen Wirkungen die Eingeborenen wimmern und klagen , so dass sie sich fast am Feuer rösten ?). Mit den Ueberschwem mungen wechseln die entgegengesetzten Erscheinungen ab . In der trockenen Jahreszeit schwindet das Wasser
wie gesagt, der Tsad -See und seine Umgebungen das Ziel der Eisenbahn sind , so fangen wir damit an ,
so sehr, dass die in der nächsten Nähe der Ufer ge legenen kleinen Inseln aufhören, Inseln zu sein , weil sie mit dem Festlande vereinigt erscheinen . Das Wasser ist sumpfig und süss, während die nördlich gelegene Seegruppe Salzseen sind ; es ist sehr fisch
unseren Lesern zunächst ihre Kenntnisse über dieses
reich und üppig bedeckt mit Wasserpflanzen. Nur
interessante Gewässer einigermaassen, soweit es der
an der Mündung des Schari-Stromes ist es hell und klar. Die Uferlande sind sumpfig und mit Wald, mit Papyrusstauden und Schilfrohr bedeckt. Daher kommt es , dass Musquitosfliegen , Ameisen , Skor pione, Kröten und Eidechsen in ungeheuren Schwär
jeder Richtung hin eine Unmöglichkeit ist. Da nun,
Raum erlaubt , ins Gedächtnis zurückzurufen , denn
jede Unternehmung wird nach ihrem Wert oder Unwert durch das Ziel beurteilt werden müssen , welches
es erstrebt und verfolgt. Der See nimmt verschiedene bedeutende Flüsse
auf, deren Quellen noch unentdeckt in den südlich von West nach Ost sich lagernden Gebirgszügen werden gesucht werden müssen. Der grösste ist der Schari. Vor seiner Mündung in den See teilt
er sich in viele Arme und bildet ein mächtiges Delta.
Von Westen her strömt dem See der Koma-
men und Massen vorkommen .
Auch Krokodile,
Büffel, Wildschweine, Elephanten sind nicht selten . Da der See nur Zuflüsse und keine Abflüsse hat, so kann sich die Wassermasse nur durch Verdunstung und unterirdische Kanäle verringern , wenn er, statt
über die Ufer zu treten , teilweise schwindet. Der Verdunstungsprozess muss durch die hohe Tempe
dugu zu. Vom östlichen und nördlichen Steppen-
ratur begünstigt werden.. Dies würde aber , da er
lande kommt nicht ein einziger Zufluss , wohl aber
nur 250 m über der Meeresfläche liegt und bekannt
liegt nördlich ganz nahe eine Anzahl viel kleinerer Seen , ebenso im Südosten, so dass die ganze Gruppe der Gewässer um so mehr, analog dem Begriffe des
lich nur eine erheblich höhere Lage die Verdunstung begünstigen könnte, nicht ausreichen , um jenes zeit
Flussgebietes , ein Seegebiet zu nennen sein dürfte,
klären, so dass nur die Annahme unterirdischer Ab
als die kleinen Seen mit dem Hauptsee in einer unterirdischen Verbindung zu stehen scheinen . Trotz oder vielleicht wegen der grossen Ausdehnung des letzteren von 27000 qkm (etwa der 15. Teil des Schwarzen Meeres) bei geringer Tiefe von 2,5 m
flüsse und Versickerungen übrig bleibt, worauf auch der sumpfige Charakter der ganzen Umgegend hin
ist die Wassermasse so wechselnd, dass häufig Ueber-
schwemmungen eintreten , welche die umliegenden Ansiedelungen der Eingeborenen unter Wasser setzen
und letztere in die Flucht treiben .
weise beträchtliche Sinken des Wasserstandes zu er
weist .
Die Zuflüsse sind sehr wasserreich und wer
den in der Regenzeit breite gewaltige Ströme. Kie pert nennt auf seinem Atlas den See » Sumpfsee «. Die Folgen der Stagnation der Gewässer des Haupt sees und der kleineren um ihn herumliegenden sind die vielen Opfer, die das Sumpffieber von Gesund
Nachtigal
heit und Leben der Menschen fordert. Zugleich
erzählt, dass sie die Gefahr , welche ihnen seitens des Sees schon oft gedroht habe , nicht vergessen können , weshalb der Gedanke entstand, in der Nähe von Kuka, der Hauptstadt des Bornu -Reiches, nahe,
aber wird ihnen die reiche Vegetation in Wald und Wiesenland zu verdanken sein , welche nicht nur den horizontlosen Ansichten des Sees zum Schmuck ,
aber nicht einmal dicht am westlichen Ufer zwischen
jenen beiden grossen Flüssen erbaut, auf einem höher gelegenen Punkte für alle Fälle eine sichere Zuflucht-
sondern auch der Viehhaltung der Uferbewohner zum Nutzen dient . Prächtige Rinder weiden in grossen Herden auf den lichten Waldumgebungen, ebenso Esel, Schafe und Ziegen ; im Schilfe flattern
stätte zu gründen. Schon viel früher war ein Sand- zahllose Wasservögel , fremdartige Störche, Reiher, hügel in etwa 1 1/2stündiger Entfernung ausersehen , um eine Stadt, »die Hauptstadt«, nämlich Kuka, dort zu gründen , was nachher eben das jetzige Kuka würde, und jener Plan war deshalb unausgeführt geblieben , weil man den Sandhügel nach einiger Zeit nicht wieder fand . Diese Erscheinung wurde mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf zurückgeführt, dass
Enten, Pelikane, dunkelfarbige Gänse, und am Rande steht der Elephant und löscht seinen Durst. Der See gehört zum Reiche Bornu , welches sich westlich ausdehnt.
Da aber auch die Reiche
1) Dr. G. Nachtigal , Sahara und Sudân, herausgegeben von E. Groddey 1889 , Leipzig, bei Brockhaus, III , S. 17 11. 18 .
Geographische Mitteilungen .
413
Kanem im Nordosten und Baghirmi im Südosten , legen werden . Seit geraumer Zeit gehen wir da an den See grenzen , so fehlt es nicht an Hoheits-
mit um , auf dem Viktoria-Njanza eine Dampfschiff
streitigkeiten im Sinne der dortigen Völker. Die
fahrt einzurichten .
kriegerische Macht des Landes Bornu liegt in den Händen von Sklaven des Herrschers , wenigstens werden aus ihnen die Kriegshauptleute genommen ,
Scheitern dieser Wissmann schen See-Expedition kein Zweifel mehr zu bestehen. Selbst dieser an Grösse und Wasserreichtum dem Tsad weit überlegene See
welche auch Sitz und Stimme in der Ratsversamm-
scheint eine geordnete und wirtschaftlich wertvolle Beschiffung nicht zuzulassen, weil der Tiefgang der
lung (Nôkena) haben. Bei grösseren Kriegen ziehen sich die verschiedenen Stämme der Bevölkerung zu-
sammen, um die Landesverteidigung zu führen . Die gesamte sehr verschieden bewaffnete Kriegsmacht beläuft sich auf etwa 7000 Mann, meist Reiter, mit
Leider scheint aber über das
Dampfschiffe es unmöglich macht, an viele Häfen des Sees anlaufen zu können, abgesehen davon, dass der Transport eines Dampfschiffes bis zum See an sich schon schwer zu bewerkstelligen ist und man die
Metall- und Wattepanzern versehen . Indessen ist Anlage einer Eisenbahn für einen abenteuerlichen kriegerischer Sinn dieser Armee nicht eigen , aber Nachtigal meint ?), dass es einer intelligenten, sittenstrengen und thatkräftigen Regierung bei dem na-
Gedanken hält. Selbst Flachboote können nur höchstens bis 200 m zur Küste heran . Der Tsad
hat , wie oben ebenfalls bemerkt wurde, eine sehr
türlichen Reichtume des Landes und der Lenk- und geringe Tiefe bei stets wechselndem , oft bis zur Regsamkeit der Hauptbestandteile der Bevölkerung Trockenlegung ganzer Strecken sich steigerndem leicht sein werde , Bornu die erste Rolle unter den
Wasserstande, und ähnlich verhält es sich mit seinen
Sudânreichen zu sichern. Gegenwärtig ist der geringe grösseren Zuflüssen. Die Ufer sind meist ganz flach, Grad kriegerischen Sinnes der Bevölkerung bei der
und von Häfen und vorteilhaften Landungsplätzen
Energielosigkeit und Genusssucht am Hofe des Herr- für Dampfschiffe kann wohl keine Rede sein. Ueber schers und mit dem sinkenden Wohlstand vollends haupt zeigt die Oberfläche des Sees bei weitem nicht geschwunden. Bevor wir den Tsad-See verlassen , seien noch
zwei Punkte von besonderem Interesse hier nach-
überall offenes Wasser , sondern besteht ungefähr zum dritten Teile aus einem von zahlreichen be wohnten Inseln und Inselchen gebildeten Archipel.
je gelingen können , den Tsad zu einem geholt , ein naturwissenschaftlicher und ein wirt- Sollte es alsoGewässer zu machen ?
schaftlicher, nämlich die Süsswassereigenschaft des Sees und die Schiffbarkeitsfrage desselben und seiner Zuflüsse. Jene Eigenschaft ist so feststehend , dass alle Reisenden , welche von dem Wasser getrunken haben, versichern, es sei so süss , wie Wasser über
schiffbaren
(Schluss folgt.)
Geographische Mitteilungen . ( H. Hoffmann .) Mit dem am 26. Oktober 1891
haupt sein könne. Auffallend und erklärungsbedürftig dahingeschiedenen Botaniker Hermann Hoffmann, nunmehr treuer Schüler und Mitarbeiter Egon ist dies deshalb , weil , wie wir oben schon andeu
teten , alle kleineren den Tsad umgebenden Seen Salzwasser haben .
Auch der Boden der ganzen
sein dem Ihne einen warm empfundenen Nekrolog gewidmet hat, ist ein um die biologische Geographie hochverdienter
Gelehrter seinem gesegneten Arbeitsfelde entrissen wor Gegend ist reich an Salzen. Selbst die Ufer und die Inseln des Tsad sind reich an Natron, welches
den. Geboren am 22. April 1819 zu Rödelheim , ge dachte er ursprünglich Mediziner zu werden , aber von
aus dem Boden gewonnen wird und den Gegen -
1843 an wirkte er als akademischer Lehrer der Botanik ,
stand eines lebhaften Handels nach Westen bildet. Wohl alle Flüsse der Erde führen dem Meere und, wo sie in Binnengewässer münden, auch diesen Salze zu und machen die letzteren zu Salzseen . Der grosse Binnen
zuerst als Privatdozent, seit 1848 als ausserordentlicher,
Giessen. Seine wissenschaftliche Thätigkeit bezog sich in der ersten Zeit hauptsächlich auf Pflanzenphysiologie
see , das Kaspische Meer, hat nur in seinem nörd
und Pilzkunde, aber mehr und mehr wendete er sich
seit 1853 als ordentlicher Professor an der Universität
lichen Teile zur Not trinkbares Wasser ; nach Süden
nachgerade der Phänologie zu , als deren erste Auto rität er rückhaltslos von allen Seiten anerkannt war.
zu nimmt der Salzgehalt immer mehr zu . Vielleicht ist eine Erklärung des Süsswassers im Tsad-See durch die Thatsache zu versuchen , dass die Zuflüsse des
von der geographischen Verteilung der Gewächse; wir
Daneben bearbeitete er aber auch mit Eifer die Lehre
stellen die Titel einiger seiner hierauf bezüglichen Ar
Sees gerade aus den salzärmsten Gegenden kommen .
beiten nachstehend zusammen .
Von grösserer Bedeutung, namentlich für gegenwärtige Unterhaltung, ist die Frage der Schiffbarkeit des Sees und seiner grösseren Zuflüsse , wenn
geographisch - botanische Skizze , Deutsches Museum ,
man erwägt, welches Gewicht auf Schiffbarkeit der
Binnengewässer von allen Kolonialpolitikern und auch von der deutschen Kolonialpolitik gelegt wird, und welches wohl auch die Franzosen bezüglich ihres Planes , Tuat und den Tsad zu gewinnen , darauf 1) A. a. O. , S. 728 , I.
( Der Vogelsberg , eine
1851 ; Pfanzenverbreitung und Pflanzenwanderung,Darm stadt , Jonghans, 1852 ; Pflanzenleben am Ufer der lom
bardischen Seen , Reclams Kosmos, 1858 ; Die geogra phische Verbreitung unserer wichtigsten Waldbäume, Allg. Forst- und Jagdzeitung, 1867 ; Ueber den Einfluss der Binnengewässer auf die Vegetation des Ufergeländes, Oest. landw . Wochenblatt, 1875. ) Wesentlich solche Studien waren es auch , deren >
Ergebnisse er in dem Werke » Witterung und Wachs tum oder Grundzüge der Pflanzenklimatologie « (Leipzig,
Litteratur.
414
Förstner, 1857) niederlegte. Die Einflüsse der einzelnen Witterungsfaktoren , insonderheit der Wärme, des Lichtes
setzt werden. Beide Operationen lassen sich getrennt
und der Feuchtigkeit, auf die Entwickelung der Pflanzen
klar ; dass für den Ansatz der n - fachen Längenzahlen
betrachtete er hier gesondert und in ihrem Zusammenhange. Für Giessen rief er jene systematischen Beobachtungen ins Leben, von denen in den letzten Num-
die Flächentreue erhalten bleibt , geht daraus hervor,
Koordinaten-Achsen, dem Parallel y und dem Meridian i.
ausführen , für erstere ist die Erhaltung der Flächentreue dass während in der Projektion I die zwischen den
mern dieser Wochenschrift schon mehrfach die Rede
enthaltene Fläche der entsprechenden Fläche auf der
war; gewisse charakteristische Phasen des Pflanzenlebens
Kugel gleich ist, für die Projektion II die entsprechende
werden Jahr für Jahr in ihrem zeitlichen Erscheinen
Fläche auf der Kugel das n - fache beträgt. Das Flächen
vermerkt, und der Vergleich mit dem meteorologischen Charakter des betreffenden Jahres führt dann zu den
verhältnis der Projektion II zur Kugel ist daher cos a :n. Zur Vermeidung von zu starken Verzerrungen wird
interessantesten Wahrnehmungen. Auch regte er in anderen Städten und Ländern zur Anstellung ähnlicher
man cosa = 1 : n wählen , dann beträgt der Maasstab im Mittelpunkte der Karte für die Projektion II 1 : n der
Beobachtungen an , und wer Ihnes inhaltreiche Schrift
Projektion I.
» Geschichte der phänologischen Beobachtungen « ( 1884)
Für alle Projektionen (wie z. B. die Mollweidesche) ,
zu Rate zieht, wird immer und immer wieder den Spuren Hoffmanns begegnen. Er war ein überzeugter Anhänger der Theorie von den konstanten Wärme-
bei denen die Ordinate nur von der Breite abhängt, die
summen , über deren grundsätzliche Berechtigung allerdings die Ansichten aus einander gehen, deren endgültige
Abscisse aber das Produkt einer Funktion der Breite
mit der Länge ist , wird die Projektion II nur eine Reduktion der Projektion 1 auf 1 : n darstellen . (Mit
teilung von Prof. Frischauf in Graz. )
Beurteilung jedoch sicher nur an der Hand der Hoff
mannschen Arbeiten gelingen kann. Unabhängig da von war die von ihm zuerst mit Erfolg durchgeführte
Konstruktion phänologischer Karten , deren hohe Bedeutung für die klimatologische Forschung auch von denjenigen unbedingt zugegeben wird (z. B. von W. Köppen), welche der rechnenden Phänologie als solcher
Litteratur. Dislokationskarte der indo-britischen Streitkräfte in Ostindien und der russischen Streitkräfte in
Asien. Bearbeitet von Hauptmann Eugen Schuler. Wien , Artaria, 1892 . Zum erstenmale , soviel mir bekannt , wird hier eine gra
skeptisch gegenüberstehen . Man ist seitdem auch auf diesem Gebiete weiter fortgeschritten ; Ihne hat die Bevorzugung eines Normalortes, zu dem Hoffmann natürlich sein Giessen auserwählt hatte , fallen lassen und dadurch die kartographische Darstellung beträcht lich homogener und übersichtlicher gestaltet , aber das
lischen im Golf von Aden .
Verdienst, solchen Bestrebungen überhaupt die Bahn
Waffengattungen verschieden eingezeichnet ; bei der indischen
gebrochen zu haben, muss Hoffmann unbestritten ver
Armee ausserdem die englischen von den eingeborenen Truppen
bleiben . Die letzte zusammenfassende Arbeit des Mei sters waren seine » Phänologischen Untersuchungen (Giessener Universitätsprogramm für 1887) . Es finden sich darin auch bemerkenswerte Andeutungen über Tier-
phische Darstellung der Dislokation der russischen Armee im Kaukasus und in Turkestan und der englischen Truppen in Indien
gegeben und zwar im Maasstabe von 1 : 7500000. Beigefügt ist eine Uebersichtskarte ( 1 : 20 000000 ); ferner die Aufstellung der russischen Truppen im Amur- Gebiet (Wladiwostok) und der eng Die Truppenteile sind nach den
durch verschiedene Farben unterschieden .
Bei Dislokations
karten kommen zwei Erfordernisse hauptsächlich in Betracht : Uebersichtlichkeit und Richtigkeit. In beiden Beziehungen hat Herr Hauptmann Schuler Vorzügliches geleistet. Ein Blick
phänologie. ( XXIX . Bericht der Oberhessischen Ge-
auf die Karte , und man erkennt sofort , wo die entscheidenden
sellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen.)
Verteidigungsregionen der Engländer liegen und wo die Russen
(Zur Aitowschen Projektion.) Die Projektion Aitows ') besteht darin, dass eine Projektion der halben
sorgfältig durchgearbeitet die Engländer ihren Operationsplan auf die Verteidigung der einzig möglichen Einbruchstellen , am
Kugelfläche auf eine Ebene , in welcher das Bild des Aequators und Null -Meridians die Koordinaten -Achsen
Chaibar- und Bholan-Pass , aufgebaut haben , wie sie durch ein allen Eventualitäten entsprechendes Eisenbahnnetz die sichere
ihre Kräfte zum Angriff sammeln . Man sieht , wie überlegt und
darstellen, auf eine durch das Aequator -Bild unter dem
und rasche Beförderung ihrer Truppen nach den ernstlich be
Winkel 60 ' gelegte Ebene orthogonal projiciert wird, und dass in dieser Projektion die Meridiane mit doppelten
drohten Punkten scharf ins Auge gefasst haben .
Längenzahlen angesetzt werden.
Letzteres Bild der
und die verhältnismässig schwache Besetzung von Turkestan und
- Kugelfläche ist die Aitowsche Projektion. Hammer ?) wendet diese Methode auf Lamberts zenitale flächentreue Projektion an und erhält aus der
ihre lockere und ungenügende Verbindung mit den übrigen Teilen des Reiches zu sehr interessanten politischen und stra
ursprünglichen Projektion der Halbkugel eine flächen treue Projektion der ganzen Kugelfläche.
Engländer und von der unheimlich anschwellenden Macht und der nach allen Richtungen hin lauernden Bereitschaft der Russen
Es dürfte die Bemerkung interessieren, dass man für
reden ! Zum eingehenden Verständnis der Aufstellung der beiden Armeen nördlich und südlich vom Pamir - Plateau gehört die Kenntnis der Lage von den fast unübersteiglichen Gebirgszügen
das obige Achsensystem aus einer flächentrenen Projektion I auch dann noch eine flächentreue Projektion II erhält , wenn die Projektion I auf einer durch das Bild des Aequators unter einem beliebigen Winkel ( geneigte
Ebene orthogonal projiciert wird, und wenn die n -fachen (wo n eine reelle Zahl bedeutet) Längenzahlen ange 1 ) Angewandt in Schraders » Atlas de géographie moderne « .
2) Petermanns Geograph. Mitteilungen, 38. Bd . , S. 85 ff,
Andererseits
regt die kolossale Anhäufung russischer Streitkräfte im Kaukasus
tegischen Erwägungen an . Kein Buch kann deutlicher als diese Karte von der zielbewussten Offenheit und Entschlossenheit der
des Karakorum und Hindukusch .
Trotzdem hat der Herr Ver
fasser auf die Darstellung der orographischen Verhältnisse ver zichtet ; nach meiner Ansicht mit Recht : denn die Deutlichkeit
der Truppeneinzeichnung (was hier ja die Hauptsache) hätte un bedingt darunter leiden müssen. Ein Vergleich mit den neuesten officiellen Zusammen stellungen der Truppenverteilung hat mich überzeugt, dass die
Dislokationen mit der grössten Sorgfalt und bis ins einzelne richtig eingetragen sind ,
Litteratur.
415
Sehr wertvoll und neu in ihrer Art ist eine Beilage zur Karte, eine Art Legende. Wir erhalten hier nicht nur die Namen
K. Kugler , in seinen >Ortsnamen der Altmülalp « , 1873 , und
und die Stärke der einzelnen Truppenkörper und in besonderer
dann Vater Ludw . Steub , in der Orthographie der Alpen.
Gruppierung ihre Verteilung auf geschlossene politische Bezirke,
karten «, 1877 , und wieder » Ueber die Rechtschreibung der Orts namena, 1880, haben die Konsequenzen, welche die Namen forschung der orthographischen Reform bringen sollte , zum Gegenstand ihrer Anregungen gemacht.
sondern auch eine äusserst übersichtliche und knappe Darstellung des Ueberganges der Armee vom Friedensstand auf den Kriegsfuss. Für das Studium der militärischen Situation der Engländer und Russen in Asien dient die vorliegende Karte als ein neues, zuverlässiges und unentbehrliches Hilfsmittel . Brix Förster .
München .
Beiträge zur Namenverbesserung der Karten des Deutschen Reiches von A. Wessinger, H. Witte und H. Herbers
herausgegeben im Auftrag der Centralkom
mission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland und mit einem Schlusswort versehen von Alfred Kirchhoff.
90 Seiten in kl . 8 °.
Leipzig, Verlag von Gustav Uhl , 1892 .
Ein schöner Traum , der schon vor 140 Jahren einen er. leuchteten deutschen Geographen beschäftigte, scheint seiner Er füllung entgegen zu gehen.
Für den Landesatlas, den damals die berühmte Nürnberger Firma der Homannischen Erben plante, sprach der schwäbische Kartograph Joh. Michael Franz ) die Forderung aus , man müsse die richtige Schreibweise der Oerter aus den amtlichen Erlassen und, wo diese unzugänglich, aus den Hebe- und Steuer registern zu ermitteln suchen . Ja , den geplanten Vermessungen vorgängig, müssten Verzeichnisse der urkundlichen Namensformen erstellt werden . Aus der Namenforschung sei viel Nutzen zu
scher lange Zeit als etwas Aeusserliches abseits zu stehen. Erst
So fallen denn , soweit unsere Kenntnis reicht , die ersten amtlichen Versuche, die Schreibweise bestimmter deutschsprachiger
Gebiete nach den Anforderungen der heutigen Namenforschung zu bereinigen , nicht früher als in das Jahr 1882. Diese Ver suche geschahen im Zusammenhang mit den Reformbestrebungen, welche damals auf orthographischem Felde überhaupt zum Durch bruch gelangten ; sie gingen von den Regierungen der schweize rischen Kantone Zürich und St. Gallen aus und sind beide ge scheitert . Der Hergang ist in meiner » Geschichte der geogra phischen Namenkundea (pp. 1 , 360 ) kurz geschildert . Dagegen hat das Unternehmen des Eidg. Topographischen Bureaus, die in den Blättern des Siegfried - Atlas vorkommende Nomenklatur
einer durchgängigen Bereinigung zu unterwerfen, seit 1871 seinen stillen Fortgang bis auf den heutigen Tag genommen. Diesen privaten Bestrebungen ist nämlich von amtlicher Seite
ein Anfang parallel gegangen , und zwar geschahen diese ersten Versuche in der Schweiz. Als nämlich, auf Grund der eidgenössi
schen Landesvermessung unter General Dufour , in den Jahren 1842 - 1864 die Dufour - Karte , 25 Blatt auf den Maasstab 1 : 100 000 reduciert , erschienen war , beschloss die Bundesver
ziehen ; » die grössten Männer haben sie niemals verachtet , son dern , wenn es auf Erläuterungen der Geschichte angekommen,
sammlung im Jalıre 1868, die Messtischblätter im ursprünglichen Maasstabe 1 : 25 000, im Hochgebirge 1 : 5000o, herauszugeben. Diese Arbeit des topographischen Bureaus, welches damals unter
solche glücklich angebracht«.
der Leitung von Dufours Amtsnachfolger , des Obersten Her
Für den hohen Geistesflug des merkwürdigen Mannes gibt
mann Siegfried , stand, erhielt 546 Blätter und gab das Relief
es kein beredteres Zeugnis , als die lange , an den Kaiserschlaf des Kyffhäuser gemahnende Totenstille, welche dem Traume ge
nicht wie die Dufour - Karte in Schraffenmanier, sondern durch Niveaukurven von 10 resp . 30 m Aequidistanz; sie ist ihrer Voll endung nahe gekommen und wird als „ Siegfried - Atlasa be zeichnet . Hand in Hand mit dieser neuen Bearbeitung sollte nun
folgt ist. Alles , was in der Orthographie der Ortsnamen auf tauchte, beschränkt sich auf wenige Einzelheiten, wie 1785 Joh. v. Müllers Vorschlag zur Ausscheidung der Formen Schwyz und Schweiz, welcher erst 1815 amtlich zum Durchbruch ge langt ist , und 1817 J. G. Radlofs Versuch , die Schreibung Teutsch wieder herzustellen, noch 1846 erneuert von Heinr, Hattemer. Noch 1856 stand Fr. K. Wex , der die Schreibung
auch die Bereinigung der Nomenklatur gehen . Zu diesem Zwecke richtete 1871 das Eidg. topographische Bureau ein Cirkular, be gleitet von vollständigen Namenlisten , je für eine Sektion jedes Blattes, an die sämtlichen Kantonsregierungen und bezeichnete als Zweck dieser Revisionsarbeit :
Mecklenburg, mit ck , motivierte, auf deutschem Gebiet ver
a) Richtigkeit der Namen an sich ,
zu einer Zeit , wo in Dänemark schon E. Madsens treffliche Erörterung » Om retskrivning af stedsnavne « erschien und das niederländische Ministerium eine allgemeine und wissen
b) Durchführung einer bestimmten Schreibart.
einzelt
schaftliche Bereinigung der Namen der Landeskarte anbahnte . Möglich , dass da oder dort , auch auf deutschsprachigem Boden , noch ein Mehreres geschah ; allein diese Bestrebungen sind unvermerkt vorüber gegangen . Ein Vorgang dieser Art
ist mir aus meiner ersten Schulzeit in Erinnerung. Es war in den 30er Jahren, dass bei uns die Volksschule reorganisiert und allgemein verbindlich wurde.
Damals lernten wir die Misch
form Regen Sperg , Regen Storf , Wäden Schweil ... durch ein etymologisch richtigeres Regensberg , Regensdorf, Wädenswyl ersetzen .
In der That, jene Missbildungen , die
vor 60 Jahren noch allgemein üblich waren , sind längst aus dem Gebrauche verschwunden, und ihr Wiederauftauchen würde heute von Jedermann mit Lächeln aufgenommen werden . Was in meinem
Für diese Untersuchung werden seit einiger Zeit Sach
kundige konsultiert – in der richtigen Erkenntnis , dass , wie ich in meiner > Geschichte der geographischen Namenkunde « p. 360 hervorgehoben habe , in solcher Materie der amtliche >>
Entscheid der Staatskanzleien nicht genüge .
Im Gegensatz zu diesem eidgenössischen Unternehmen, das noch immer seinen stillen Fortgang nimmt , sind die Versuche, welche die Regierungen der Kantone Zürich und St. Gallen , im Zusammenhang mit der Regelung der allgemeinen deutschen Orthographie, auf die Rechtschreibung der Ortsnamen ihres Ge bietes richteten , rasch gescheitert . Wie oben erwähnt, hat der
Berichterstatter in seinem Werke eine aktenmässige Darstellung jener Bestrebungen gegeben .
Während dieser Vorgänge blieb es, soweit dem Referenten
der methodischen Namenforschung , und zwar als eine ihrer Allein auch die Namenforschung zögerte
merkwürdig bekannt, noch immer still im Deutschen Reiche für ein Land , welches sich nicht bloss rühmen darf, seit 1859 resp . 1871 in Förstemanns » Altdeutschem Namenbuche ein Meisterwerk deutscher Namenforschung zu besitzen , sondern auch seit einem halben Jahrhundert eine von Jahr zu Jahr anschwel lende und sich veredelnde , kaum mehr übersehbare toponymische Litteratur hervorgebracht zu haben . Wenn wir einzelne Regungen , welche in Grenzländern , wo die deutsche Sprache im Kampf
damit Jahrzehnte lang.
Gesichtskreise sich vollzogen, ist vielleicht auch anderwärts vor gekommen , und es wäre wohl der Untersuchung wert , was die verallgemeinerte Volksbildung still und unbemerkt zur Entfernung auffälliger Missformen beigetragen hat. Ein Aufblühen der orthographischen Reform war erst von Früchte, zu erwarten .
1
Ihre nächste Sorge war gerichtet auf
mit anderen Zungen liegt, in Schleswig, in Westpreussen, Posen,
die Herstellung und Sammlung der urkundlichen Formen und auf die Erschliessung des Sinnes der Ortsnamen ; die Schreib
waren '), als durch die besonderen Verhältnisse bedingt bei Seite
weise, nur das Kleid dieser Gebilde betreffend, schien dem For
lassen, so gebührt das Verdienst , die öffentliche Aufmerksamkeit
1) Kosmographische Nachrichten und Sammlungen etc. , Wien und Nürnberg , 1750.
buch 12 , 59
Elsass-Lothringen , auf Verdeutschung der Ortsnamen gerichtet
1) Geschichte der geogr. Namenkunde 119, 238 ; Geographisches Jahr.
ur Litterat .
416
auf die orthographische Reform der deutschen Karten gelenkt
und ich hätte sicherlich einen gut bayerischen Namenforscher
zu haben , dem Breslauer Geographen J. Partsch , init seinem
anregenden Aufsatz: » Eine Aufgabe der Kartographie im Riesen
auf meiner Seite. „ Ein gesinnungstüchtiger Onomatologe, « sagt L. Steub ' ) , » lässt sich von sämtlichen königl . bayerischen Be
gebirge « ') . Offenbar geschah es unter dem Eindruck dieser Anregung , dass die Angelegenheit auf dem 8. Deutschen Geo.
zirksämtern nicht belehren, dass er Kreith oder Biehel schreiben müsse , wenn er nach seiner Ueberzeugung Greut und Bühel
graphentag, im April 1889 zu Berlin abgehalten, zur Sprache besten Karten des Deutschen Reiches die Namenschreibung mit
für richtig hält « . Und mit dem ihm eigenen köstlichen Humor fügt er bei : » Man kann sich leicht denken , wie es einem ge wissenhaften Bezirksamtmann zu Mute gewesen , wenn er sich für
unter ungenau oder geradezu unrichtig sei , ja , dass es für diese
die eine oder andere Schreibung, Biehl oder Biehel , ent
wichtige Frage überhaupt noch an der Vereinbarung einer grund
scheiden musste « .
kam. Es wurde » widerspruchslos anerkannt, dass selbst auf den
Und un oun , zu Handen der
Wahrlich , in einer Sache , wo das Temperament so leicht
Reichsbehörden , dieser Feststellung die erforderlichen Unter
sich einmischt, wird vier eine und andere Gedanke des Verfassers
lagen schaffen zu helfen , setzte die Centralkommission für wissen schaftliche Landeskunde von Deutschland , laut Ausschreiben vom
auf Widerspruch stossen ; aber die Hauptsache liegt nicht in dem einzelnen Fall , sondern darin , dass hier einmal greifbare und
1. Mai 1889, » einen Preis von 400 Mark aus für die genaueste
zwar in der grossen Mehrzahl einleuchtende und annehmbare
und umfassendste Nachweisung einschlägiger Irrtümer unserer Generalstabskarten , sowie für die gründlichste, orts- und sprach kundige Berichtigung derselbene. Die Eingaben waren bis
als eine erste Grundlage , die in der obschwebenden Frage ge
sätzlichen Richtschnur fehle « .
1. Mai 1890 an Professor A. Kirchhoff in Halle a . S. einzu senden .
So war denn der erste grosse Schritt geschehen. Man durfte auf den Erfolg gespannt sein. Das Unternehmen , so be scheiden gegenüber den weltumspannenden Unifikationsträumen, die eine Flut insbesondere französischer Kundgebungen hervor. gerufen hatten ?) , konnte nur dem Fernstehenden ein leichtes scheinen. Je sorgfältiger man sich in alle die Seiten dieser
Frage vertieft, desto zahlreicher und mannigfaltiger wachsen die Schwierigkeiten vor uns auf. Und siehe! unter den eingesandten Bearbeitungen erschienen drei des Druckes würdig ; sie sind in der oben angezeigten Druckschrift enthalten . Ueber die Preis zuteilung ist uns keine Kunde zugekommen .
Die erste und umfangreichste dieser Arbeiten ist betitelt :
Vorschläge vorliegen . Wir betrachten die Wessingersche Studie boten ist .
Von eigentümlichem Interesse ist der zweite Beitrag , be
titelt „ Zur Bedeutung der Ortsnamen Deutsch -Lothringens«, von Dr. Hans Witte in Strassburg (p. 54-73), schon durch seinen historischen Teil , der die mancherlei Wandlungen in den Orts namen dieses Landesteiles vorführt. Die Vorschläge des Ver fassers gehen , unter Verwerfung der mundartlichen , wie der fran
zösischen Formen , auf eine vorsichtige Wiederherstellung der verschollenen deutschen Namen, wenigstens in denjenigen Gegen den , die der deutschen Zunge angehört haben . Der Verfasser will das Bestreben der deutschen Generalstabskarte , diese alten . deutschen Namen wieder zu beleben, durch seine Arbeit fördern , und zwar in zwei Richtungen :
a) untersuchen, ob die wieder eingeführten Formen die rich tigen sind ,
Die Rechtschreibung der deutschen Ortsnamen , begutachtet auf Grund der südbayerischen Ortsnamen , von Ober- Amtsrichter
b ) der Regierung weitere Materialien zur Verfügung stellen . Der dritte Beitrag, » Nachweisung einiger unrichtiger Namen
Anton Wessinger in Miesbach (p. 1–53). Der Verfasser bespricht nach einer Orientierung über die Namenkunde über.
angaben auf den Messtischblättern des mittleren Deutschlands «
1
haupt, sowie über den Zweck seiner Arbeit zunächst die Grund
sätze der heutigen Namenforschung, und zwar genau in der Fas sung , wie sie in meiner »Geschichte der geogr. Namenkunde« (p. 203—207) aufgestellt und erörtert sind , und beleuchtet sie mit guten Beispielen aus seinem Gebiete. Hierauf zeigt er an einer alphabetisch geordneten Auswahl von 100 Ortsnamen, wie sehr die heutigen Formen von den ursprünglichen abweichen , und hierauf, wie dasselbe Grundwort selbst in Südbayern, einer
mundartlich so einheitlichen Landesgegend , eine verschiedene Formn in den Ortsnamen hat erhalten können. Nach einem Rück
blick auf » die bisherigen Anläufe zur Rechtschreibung der Orts namen« folgen nun des Verfassers eigene Vorschläge , zunächst im allgemeinen und hierauf im besonderen , auf die einzelnen Namen und Namenbestandteile angewandt . Hier also liegt der
eigentliche Kern der Wessing erschen Arbeit , und wenn sich der Verfasser schon vorher als kundigen Namenforscher erwiesen
von H. Herbers , Katasterkontroleur a. D. in Merseburg (p. 74 f.), enthält in tabellarischer Zusammenstellung 27 Ortsnamen in der unrichtigen und richtigen Schreibung . In dem Schlusswort erörtert der Herausgeber, nach welchen Richtungen und mit welchen Mitteln eine zielgerechte Namen verbesserung durchführbar wäre . Er fasst diese Erörterung in folgende Sätze zusammen : 1. Schreib- und Stichfehler sind strenger als bisher zu ver meiden ; 2. die Namen müssen in möglichster Vollzahl aufgenommen und stets genau an die Stätte ihrer Oertlichkeit gesetzt werden ;
3. die Rechtschreibung vielfach wiederkehrender appellativi
scher Namenendungen , sowie der phonetische Wert der Buchstaben ist gleichmässig festzusetzen ;
4. die Namenformen sind dem heutigen Sprachgebrauch an zupassen unter Berücksichtigung der Dialektfärbung und
hat 3), so lernen wir hier, auf einem vielfach schlüpferigen Pfade, seinen klaren, nüchternen und vorsichtigen Sinn achten. Ueberall in seinen Vorschlägen tritt das Bestreben zu Tage , die ortho .
ihrer geschichtlichen Entstehung ; 5. in den gemischtsprachigen Grenzgebieten des Reiches ist die Verdeutschung der Namen maassvoll und nach ein
graphische Reinigung auf Grund der Etymologie aufzubauen, heitlichen Grundsätzen anzubahnen ;
aber dabei nicht die Grenzen des Möglichen und Praktischen zu überschreiten .
Wenn ein Beispiel besonders geeignet ist , diese Vorsicht zu illustrieren , so ist dies ohne Zweifel die Schonung , die der Verfasser den dialektischen Formen für Bühl , als Biehel ,
Biehl, Piehel , Piehl , Piel , Biel u. s. w. angedeihen lässt, wenn er p. 46 bemerkt: » Biehl ist mundartliche Eigentümlich keit « , unzweifelhaft in dem Sinne, dass sie darum geschont wer den möge. Ich gestehe, dass meine Milde nicht so weit ginge, 1) Wanderer im Riesengebirge, Hirschberg, 1887.
6. Staat und Wissenschaft sind berufen , die Berichtigung der Namen in Gemeinschaft zu erwirken .
Dieses Schlusswort, in seiner Fülle praktischer Gedanken, zeigt dem Leser , in welch trefflichen Händen die Leitung des weit aussehenden und schwierigen Unternehmens liegt. Wir be trachten es als ein sicheres Pfand , dass das begonnene Werk in frischem , freiem Sinne fortgeführt und zu gedeihlicher Vollendung gelangen wird . Oberstrass - Zürich . J. J. Egli . 1 ) Zur Namen- und Landeskunde der deutschen Alpen , p . 87 f.
2) Geschichte der geogr. Namenkunde, 370 ff ., 396 ff. 3) Schade , dass in den Namen der Autoren mehrere Versehen sich
eingeschlichen haben : Th. v. Grienberger ist konsequent (pp . 24 , 28 , 36) in Grieninger verwandelt ; es steht p . 17 H , Mayr für Meyer ; p . 40 Ferdinand Staub für Friedrich Staub und Paul Schweitzer für Schweizer .
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft ebendaselbst.