125 47 13MB
German Pages 137 Year 1976
CLAUS SCHANBACHER
Das Arbeitsrecht des Fahrpersonals
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 25
Das Arbeitsrecht des Fahrpersonals unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitszeitrechts
Von
Dr. Claus Schanbacher
DUNCKER &
HUMBLOT I
BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Schanbacher, Claus Das Arbeitsrecht des Fahrpersonals unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitszeitrechts. - 1. Aufl.- Berlin: Duncker und Humblot, 1976. (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht; Bd. 25) ISBN 3-428-03639-5
Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1976 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E . L . Krohn, Berlln 61 Prlnted ln Germany
© 1976 Duncker
ISBN 3 428 08639 6
Meinen Eltern
Vorwort Diese Arbeit hat im Sommersemester 1975 dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Würzburg als Dissertation vorgelegen. Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Günther Küchenhoff, Dank zu sagen für die Anregung zu dieser Arbeit sowie für die stets wohlwollende Förderung, die er mir zuteil werden ließ. Dank schulde ich auch dem Zweitreferenten, Herrn Prof. Dr. Günther Grasmann, der meiner Arbeit viel aufrichtiges Interesse entgegengebracht hat. Nicht zuletzt danke ich Herrn Senator E. h . Prof. Dr. J. Broermann für seine freundliche Bereitschaft, meine Arbeit in diese Schriftenreihe aufzunehmen. Würzburg, im Januar 1976
Claus Schanbacher
Inhaltsverzeichnis Einleitung 'Vberblick über Inhalt und Aufbau der Arbeit
19
Teill Allgemeines A. Rechtsstellung und Besonderheiten zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Fahrpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Kraftfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
1. Kraftfahrer als gewerbliche Arbeitnehmer - als Arbeitnehmer i. S. des BGB - als Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2. Der "Berufs"-Kraftfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 a) Abgrenzung zu "auch-fahrenden" anderen Arbeitnehmern .......... .. .. . . ............ . ... .. . ..... .. . . . . .... 23 b) "Berufskraftfahrer" als anerkannter Ausbildungsberuf . . 25 3. Besonderheiten zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . 25 a) Besondere Tätigkeitsmerkmale; Umfang der geschuldeten Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Besondere Pflichten der Vertragsparteien, die aus dem Wesen des Kraftfahrer-Arbeitsverhältnisses folgen . . . . . . 26 II. Beifahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
1. Der Begriff nach deutschem Recht und nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2. "Beifahrer" im arbeitsrechtlichen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 III. Fahrpersonal von Straßen- und Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Begriffe
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2. Rechtsstellung: Arbeiter oder Angestellte? . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eisenbahnführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Straßenbahnführer und -schaffner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30 31 32
3. Weitere Besonderheiten für das Fahrpersonal der Straßenbahnen ... . ................ . .............................. 33 a) Anwendbarkeit gewerberechtlicher Vorschriften . . . . . . . . 33 b) Inhalt des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
10
Inhaltsverzeichnis
B. Besondere Zulassungsvoraussetzungen für die Mitglieder des Fahrpersonals, insbes.: Altersvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 I. Die gesetzlichen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
1. Besondere Altersvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
2. Weitere Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
li. Rechtliche Zulässigkelt der besonderen Anforderungen, insbes.:
Mindestalter als subjektive Zulassungsvoraussetzung; Vereinbarkelt mit Art. 12 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
C. Entlohnung des Fahrpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
I. Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
1. Die "normale" Entlohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
2. Die Zulässigkelt der Pauschalvergütung von Mehrarbeit,
insbesondere in den Tarifverträgen für die Kraftfahrer des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
II. Besonderheiten nach dem Gesetz über das Fahrpersonal im
Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
1. Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 a) Verbot von Akkordlöhnen und Prämien .......... .. ... . 41 b) Rechtsfolgen bei Verstößen .... .. . .................... . 42
2. Kritik
........ . ........................... ........ ........
42
Teil2
Fahrpersonal und Arbeitsschutz A. Allgemeines zum Arbeitsschutzrecht und besondere Gesichtspunkte
hinsichtlich des Fahrpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Grundlegendes zum Arbeitsschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
1. Arbeitsschutz als zentraler Inhalt des Arbeitsrechts . . . . . . . .
44
2. Rechtsnatur des Arbeitsschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
3. Inhalt und Gliederung des Arbeitsschutzrechts . . . . . . . . . . . . 45 II. Besondere Gesichtspunkte im Zusammenhang "Fahrpersonal und Arbeitsschutz" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 I. Grundsätzliche Geltung der allgemeinen Arbeitszeitvorschriften 47 1. Zweck, System und Grundzüge des Arbeitsschutzes . . . . . . . .
47 a) Zweck und System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Grundzüge des Arbeitszeitschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Inhaltsverzeichnis
11
2. Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften auf die Arbeitszeit des Fahrpersonals und generelle Ausnahmebestimmungen für das Verkehrswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Werktägliche Arbeitszeit nach der AZO . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Sonn- und Feiertagsarbeit nach der GewO ............ . . 50 II. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen ...... . ................ ... ............ . ...... . 50 Vorbemerkung . . ........................ .. ................. . . 50 1. Die VO (EWG) Nr. 543/69 .. ... ...... .... ... .. ........... .. .
a) Geltungsbereich b) Lenkzeiten und Pausen ............. . ................ . . c) Ruhezeiten .. . ................... . .................... .
51 51 51 52
2. § 15 a StVZO .......................... . .................. .
53
3. Ziff. 50 ff. AVAZO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
a) Lenkzeiten und Pausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ruhezeiten und Schichtzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54 54
4. Die zulässige Gesamtdauer der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Gegenstand der o. a. Sondervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Die Beziehung der VO (EWG) und des § 15 a StVZO zum Arbeitszeitschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Die zulässige Gesamtdauer der Arbeitszeit unter Berücksichtigung des Einflusses der Sondervorschriften . . . . . . . . 58 aa) Die grundsätzliche Regelung nach Ziff. 50 A V AZO . . 58 bb) Abweichende Regelungen nach Ziff. 53 AVAZO . . . . 58 5. Die arbeitszeitrechtliche Bewertung von Liege-, Warte- und insbesondere Kabinenzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Vorbemerkung 59 a) Liegezeiten 59 b) Wartezeiten 60 aa) Wartezeiten als ("reine") Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Wartezeiten als Arbeitsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 60 cc) Wartezeiten als Ruhepausen oder Ruhezeiten . . . . . . 61 c) Kabinenzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Bewertung als Ruhezeiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Kabinenzeit als Arbeitsbereitschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . 62 cc) Kritik und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 6. Besondere Beschäftigungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachweise der VO (EWG) und § 15 a StVZO . . . . . . . . . . aa) Persönliches Kontrollbuch; Fahrtschreiber . . . . . . . . . . bb) Die rechtliche Besonderheit des Nachweises für Beifahrer nach § 15 a VII und VIII StVZO . . . . . . . . . . . . . . b) Nachweise nach Ziff. 54 AVAZO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64 65 65 66 67
12
Inhaltsverzeichnis III. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht des Fahrpersonals von Straßenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Die werktägliche Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ruhezeiten und Pausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 67 68
2. Besonderheiten zur Sonn- und Feiertagsarbeit . . . . . . . . . . . . 68 IV. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht des Fahrpersonals von Eisenbahnen (i. e. S.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Die werktägliche Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ruhezeiten bei Privat- und Kleinbahnen . . . . . . . . . . . . . . . .
69 69 69
2. Besonderheiten zur Sonn- und Feiertagsarbeit . . . . . . . . . . . .
69
V. Gesetzliche Arbeitszeitregelung und privatrechtliche Arbeitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Arbeitszeitregelung durch Tarifverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung und besondere rechtliche Probleme . . . . . . . . . . aa) Die tarifliche Arbeitszeitverlängerung nach § 7 AZO bb) Setzt Ziff. 50 S. 4 AVAZO den Tarifpartnern eine zwingende Höchstgrenze für die Verlängerung der Arbeitszeit von Kraftfahrern und Beifahrern? . . . . . . b) Die wichtigsten tarifvertragliehen Regelungen für das Fahrpersonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der BMT Fernverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der BMT-G (=für Arbeiter der Gemeinden) . . . . . . . . cc) TVe für die Kraftfahrer des Bundes und der Länder
70 70 71 73 75 75 77 79
2. Arbeitszeitregelung durch Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . 79 3. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebs- bzw. Personalrates hinsichtlich der Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Mitbestimmung des Betriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Mitbestimmung des Personalrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4. Arbeitszeit und Einzelarbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
5. Der Umfang der Arbeitspflicht bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 6. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 7. Zeitliche Grenzen der Arbeitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 VI. Gesetzliche Arbeitszeitregelung und privatrechtlicher Beschäftigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 VII. Auswirkungen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften auf das Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Die gesetzlichen Bestimmungen als Verbote i. S. des § 134 BGB .. . ... . .... . . .. . .. ..... . ....... . .. ..... . ........ .. .... 86
2. Die gesetzlichen Bestimmungen als Schutzgesetze i. S. des § 823 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Inhaltsverzeichnis
13
3. Die gesetzlichen Bestimmungen als Konkretisierung der Fürsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 VIII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Vorschriften über die Arbeitszeit; Überwachungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Verstöße seitens des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Öffentlich-rechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) öffentlich- rechtliche Folgen bei Verstößen gegen AZO und AVAZO .................. .. .................. . . bb) öffentlich- rechtliche Folgen bei Verstößen gegen die §§ 105 b- 105 g GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen die VO(EWG) ........................................ . . dd) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen § 15 a StVZO . . .... . .................... . ............... .. b) Arbeits-, privat- und versicherungsrechtliche Folgen . . . .
88 88 88 90 92 93 94
2. Verstöße seitens des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Öffentlich-rechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Arbeits- bzw. privatrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Die zuständigen Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Staatlicher Gefahrenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
1. Die Rahmenbestimmungen der GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98 98 99 99 99 99
a) Inhalt und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit und Besonderheiten für das Fahrpersonal aa) Kraftfahrer (und Beüahrer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fahrpersonal von Straßenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fahrpersonal von Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Das Gesetz über technische Arbeitsmittel ... . ..... . . ..... . . 100 3. Das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 II. Berufsgenossenschaftlicher Gefahrenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Allgemeines
101
2. Die wichtigsten UVVen für das Fahrpersonal .. . . . .... . .... a) Die UVV "Allgemeine Vorschriften" (VBG 1) .. .... .... b) Die besonderen UVVen der BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die besonderen UVVen der BG für Fahrzeughaltungen ..
102 103 103 105
3. Richtlinien, Sicherheitsregeln u. ä. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Gefahrenschutz im Betriebsverfassungsgesetz ................ 106
14
Inhaltsverzeichnis
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal, insbes.: die VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen . . . . . . . . . . . . 107 I. Die Problematik eines besonderen Schutzes für weibliche Arbeitnehmer ............ . ................. .. . . ............ .. ...... 107 li. Die Entwicklung zur BeschFraFaVO vom 2. 12. 1971 . . . . . . . . . . . . 107
III. Die BeschFraFaVO vom 2. 12. 1971 im einzelnen ........ ... ..... 108 1. Rechtsgrundlagen und Geltungsbereich ............... ... .. 108
a) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Geltungsbereich ......... . ...... . ................ . ...... 109 2. Die ärztliche Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 2 . . . . . . . . . . . . b) Erst- und Nachuntersuchungen . .. ... ............ . . .... c) Veranlassung, Durchführung und Kosten der Untersuchung; die behördliche Entscheidung nach § 5 . . . . . . . .
110 110 110 110
3. Arbeitsverhältnis und ärztliche Bescheinigung ..... ... .... 112 4. Beschaffenheit der Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5. Heben und Tragen von Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6. Sonstige öffentlich-rechtliche Pflichten des Arbeitgebers, aber auch der Arbeitnehmerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 7. Rechtsfolgen bei Verstößen ...................... .... .. .... 115 IV. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal nach dem Mutterschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Die Beschäftigungsverbote nach §§ 3 und 4 MuSchG . . . . . . . . 116
2. Rechtsfolgen bei Verstößen .......... . .................. . .. 116 V. Besonderheiten nach §§ 17 ff. AZO
117
E. Fahrpersonal und Jugendarbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 F. Der Arbeitsschutz für das Fahrpersonal bei Fahrten ins Ausland . . . . 118 I. Problemstellung
118
II. Die Rechtsfigur der "Ausstrahlung" und ihre Bedeutung für das anzuwendende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Begriff der "Ausstrahlung" und Bestimmung des Arbeits-
statuts ............ .. . . ................................ . ... 119
2. Bedenken gegen die Anwendbarkeit nationaler Schutzvorschriften im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Sonderregelung für den Sonderfall "Ausstrahlung"? ........ 121 a) Die Auffassung Gamillschegs . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 121 b) Kritik und Ergebnis . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 121
Inhaltsverzeichnis
15
111. Das anzuwendende Recht im einzelnen
123
1. Gefahrenschutzvorschriften ......... ... .................... 123
a) Anwendbarkeit der deutschen Vorschriften? ...... . ..... b) Anwendung der örtlichen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ......................... ... .................... c) Der Einfluß der deutschen Vorschriften auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Einfluß der jeweiligen örtlichen Vorschriften auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitszeitbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Höchstarbeitszeit, Ruhezeiten und -pausen . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendung der örtlichen Vorschrüten ...... .. ...... bb) Die Fürsorgepflicht bei fehlenden örtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Fürsorgepflicht bei vergleichbaren örtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Fürsorgepflicht bei weitergehenden örtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonn- und Feiertagsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten bei Lenk- und Schichtzeiten für Kraftfahrer .... . .. .... ................ . ......................
123 123 124 124 125 125 125 126 127 127 129 130
3. Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen im Ausland . . . . 130 4. Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Literaturverzeiclmis
132
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl(EG) a.E. a.F. AKB
AllgEisenbG AP AR-Blattei ArbG ArbSch ARS AuR AVAZO AVG AZO BABl BAG BAnz BayPersVG BAZG BB ber. BeschFraFaVO Betr. BetrVG BG(en) BGB BGBl BGH(Z) BMA BMT BMT-G BMV BOA BQ-Kraft BOS BO-Strab BPersVG BT-Drucks. BVerfG (E) BVerwG(E) DF-Kraft
= anderer Ansicht ==Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft = am Ende = alte ~·assung = Allgememe Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung = Allgemeines Eisenbahngesetz = Arbeitsrechtliche Praxis - Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts = Arbeitsrechts-Blattei = Arbeitsgericht =Arbeitsschutz, Fachteil des Bundesarbeitsblattes = Arbeitsrechts-Sammlung = Arbeit und Recht, Zeitschrift für die Arbeitsrechtspraxis = Ausführungsverordnung zur Arbeitszeitordnung = Angestelltenversicherungsgesetz = Arbeitszeitordnung = Bundesarbeitsblatt Bundesarbeitsgericht = Bundesanzeiger = Bayerisches Personalvertretungsgesetz = Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien = Der Betriebs-Berater =berichtigt =Verordnung über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen = Der Betrieb = Betriebsverfassungsgesetz = Berufsgenossenschaft(en) = Bürgerliches Gesetzbuch = Bundesgesetzblatt = Bundesgerichtshof (Entscheidungen in Zivilsachen) = Bundesminister(ium) für Arbeit = Bundesmanteltarifvertrag = Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter der Gemeinden = Bundesminister(ium) für Verkehr = Bau- und Betriebsordnung für Anschlußbahnen =Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr =Bau- und Betriebsordnung für Schmalspurbahnen = Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen = Bundes-Personalvertretungsgesetz ... Bundestagsdrucksache = Bundesverfassungsgericht (Entscheidungen) = Bundesverwaltungsgericht (Entscheidungen)
=
= Dienstanweisung busse
für den Fahrdienst der Kraftomni-
Abkürzungsverzeichnis
17
DF-Strab
= Dienstanweisung für den Fahrdienst der Straßen-
DGB DVO DVO(EWG)
= .ueutscher Gewerkschaftsbund = Durchführungsverordnung
EBO EGOWiG
= Bau- und Betriebsordnung für Eisenbahnen
EGStGB eig. Arun. Erl.
bahnen
Verordnung zur Durchführung der VO (EWG) Nr. 543/69
Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch eigene Anmerkung = Erläuterung
FahrpersGSt
Gesetz über das Fahrpersonal im Straßenverkehr
gern. GewO GG GüKG GVBl HGB h.M.
= gemäß = Jewerbeordnung
IAR i.d. F. i. e. S. insbes. i. s. i. V.m.
Internationales Arbeitsrecht in der Fassung = im engeren Sinne insbesondere = im Sinne = in Verbindung mit
= = = =
JArbSchG
Grundgesetz Güterkraftverkehrsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt
Handelsgesetzbuch herrschende Meinung
Jugendarbeitsschutzgesetz
Kfz Kmtr. KVR
= Kraftfahrzeug
LAG LZ
= Landesarbeitsgericht = Leitzahl
m.a.W. MuSchG m.w.Nachw.
Kommentar Kraftverkehrsrecht von A - Z (Loseblatt-Handlexikon)
= mit anderen Worten
Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen
NJW Nr.
= Neue Juristische Wochenschrift = Nummer
OLG OVG OWiG
Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht = Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PBefG RABl RAG RdA RdNr. RG RGBl RHG Rspr. RVA RVO Sp. StGB 2 Sehanbaeher
Personenbeförderungsgesetz
= Reichsarbeitsblatt = = = = = = =
Reichsarbeitsgericht Recht der Arbeit Randnummer Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichshaftpflichtgesetz Rechtsprechung Reichsversicherungsamt Reichsversicherungsordnung
= Spalte = Strafgesetzbuch
Abkürzungsverzeichnis
18
== Strafrechtsreformgesetz == Straßenverkehrsgesetz
StrRG StVG StVO StVZO
=
TV TVG
= Tarifvertrag == Tarifvertragsgesetz
Straßenverkehrs-Ordnung = Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
UVNG UVV(en)
== Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz == Unfallverhütungsvorschrift(en)
VA VBG
VVG
= Verwaltungsakt = Vorschriftenbuch der Einzelunfallverhütungsvorschriften der gewerblichen Berufsgenossenschaften = vereinfachte Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung für Schmalspurbahnen == Verband Deutscher Elektrotechniker = Versicherungsrecht == Verkehrsblatt =Verordnung == Verordnung des Rates der Europäischen Gerneinschaft = Verkehrsrechtssammlung = Versicherungsvertragsgesetz
WK
= Der Wirtschafts-Kor.nr.nentator
vBOS VDE
VersR VkBl
vo
VO(EWG) VRS
EINLEITUNG
Überblick über Inhalt und Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem Arbeitsrecht des Fahrpersonals von Kraftfahrzeugen, Straßen- und Eisenbahnen. Dabei konnte es nicht Sinn und Ziel dieser Arbeit sein, das gesamte diesen Personenkreis betreffende Arbeitsrecht umfassend zu erörtern; vielmehr war eine Beschränkung auf diejenigen Bereiche geboten, welche für diese Arbeitnehmergruppe rechtlich wie auch praktisch von besonderer Bedeutung sind. Bewußt nicht behandelt wird allerdings die Haftung des Fahrpersonals, obgleich dies auf den ersten Blick wohl nahegelegen hätte. Ausschlaggebend waren letztlich aber zwei Überlegungen: -·· daß das berufsmäßige Führen von Kraftfahrzeugen, Straßen- und Eisenbahnen in aller Regel einen Fall der "gefahrengeneigten Arbeit" darstellt, ist inzwischen geradezu Allgemeinwissenl, und die Haftung des Arbeitnehmers nach (noch) geltendem Recht ist in zahllosen Abhandlungen bereits mehr oder weniger erschöpfend erörtert2; -
es sind konkrete Bestrebungen im Gange, die Haftung des Arbeitnehmers allgemein neu zu regeln3 ; diese geplante gesetzliche Neuregelung wäre ihrerseits sicherlich einer eingehenden Untersuchung wert, hierfür wiederum empfiehlt sich aber nicht der Rahmen dieser Arbeit.
Der erste Teil der Arbeit ("Allgemeines") befaßt sich mit Problemen der Rechtsstellung und Besonderheiten im Arbeitsverhältnis des Fahr1 Vgl. bzgl. Kraftfahrern schon ArbG Plauen ARS 29 S. 62 und RAG ARS 30 S. 1; bzgl. Straßenbahnführern LAG Breslau ARS 42 S. 97; bzgl. Lokomotivführern BGH VersR 1959 S. 754. 2 s. statt vieler Gamillscheg I Hanau, Die Haftung des Arbeitnehmers; Küchenhoff, Schadenshaftung im Arbeitsverhältnis, AuR 1969 S. 1 ff. (jeweils m. w. Nachw. aus Rspr. und Literatur). s Nämlich grundsätzlich einzuschränken, s. den Gesetzentwurf des BMA, abgedr. in RdA 1971 S. 355 (356), sowie diesem vorausgehend die Vorschläge des DGB "zur Änderung und Ergänzung arbeitsrechtlicher Schadensersatzund Obhutspfiichten", abgedr. in AuR 1969 S. 210 ff.; vgl. hierzu ferner Küchenhoff, Modernisierung des Schuldbegriffs aus arbeitsrechtlichen Einsichten, AuR 1969 S. 193 ff.; von Hippel, Reform der Haftung des Arbeitnehmers?, ZRP 1971 S. 217 ff.
2*
20
Einleitung
personals. Hier werden u. a. die Fragen behandelt, wann überhaupt von "Berufs-Kraftfahrern" i. S. des Arbeitsrechts zu sprechen ist, inwieweit der Beifahrer-Begriff durch die VO (EWG) Nr. 543/69 beeinflußt wurde, welche Rechtsstellung (Arbeiter oder Angestellte?) die Führer von Straßen- und Eisenbahnen haben und welchen Einfluß verkehrsrechtliche Vorschriften auf das Arbeitsverhältnis des Fahrpersonals besitzen. Ferner wird eingegangen auf die besonderen Zulassungs-, insbesondere Altersvoraussetzungen, die in verschiedenen Vorschriften für die Mitglieder des Fahrpersonals aufgestellt sind. Bei der Entlohnung des Fahrpersonals i.m Straßenverkehr wird zum einen das Problem erörtert, ob die in der Praxis recht häufige Pauschalvergütung für Mehrarbeit rechtlich zulässig ist; zum andern hat hier das FahrpersGSt vom 30. 3. 1971 mit dem Verbot von Akkordlöhnen etc. bedeutsame Neuregelungen gebracht, die einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Auf dem zweiten Teil, unter der Überschrift "Fahrpersonal und Arbeitsschutz", liegt das Hauptgewicht dieser Arbeit. Denn einmal ist der Schutz des Arbeitnehmers das historische Grundanliegen des Arbeitsrechts überhaupt, und zudem sind gerade in diesem Bereich hinsichtlich des Fahrpersonals zahlreiche Besonderheiten zu beachten. Der großen praktischen Bedeutung, aber auch der rechtlichen Problematik Rechnung tragend, wird der Erörterung arbeitszeitrechtlicher Fragen breiter Raum gewidmet. Die VO (EWG) Nr. 543/69 und die VO über Beschäftigungszeiten im Straßenverkehr vom 28.10. 1971 beeinflussen die Arbeitszeit der Kraftfahrer entscheidend. Dabei ist das rechtliche Verhältnis dieser VOen zum Arbeitszeitrecht i. e. S. besonders interessant. Auch die seit langem strittige Bewertung von Liege-, Warte- und Kabinenzeiten wird erörtert, wobei insbesondere hinsichtlich der Kabinenzeiten eine ausführliche und kritische Auseinandersetzung mit der wohl (noch) überwiegenden Lehrmeinung erfolgt. Im Anschluß an die gesetzliche Arbeitszeitregelung für das Fahrpersonal wird die Frage nach dem Umfang der privatrechtliehen Arbeitspflicht behandelt. Hier werden insbesondere auch die wichtigsten neuen Tarifverträge für das Fahrpersonal miteinbezogen. Auch das Problem der Anwendbarkeit des § 7 II AZO angesichts der Ziff. 50 S. 4 A VAZO für Kraftfahrer und Beifahrer wird eingehend untersucht. Schließlich werden die Auswirkungen der Arbeitszeitvorschriften auf das Arbeitsverhältnis und die Rechtsfolgen von Verstößen gegen Bestimmungen über die Arbeitszeit dargelegt4• Insgesamt wird somit der Versuch einer umfassenden Bearbeitung des Arbeitszeitrechts des 4
Hierbei wurden bereits die am
Bestimmungen berücksichtigt.
1. 1.
1975 in Kraft getretenen neuen
Einleitung
21
Fahrpersonals unter Berücksichtigung aller neuen Sondervorschriften unternommen. Dabei wird allerdings bewußt darauf verzichtet, allgemeingültige Grundbegriffe des Arbeitszeitrechts breit zu erörtern, da es hierüber bereits sehr ausführliche, umfangreiche Literatur in neuen Bearbeitungen gibt (vgl. z. B. Farthmann in AR-Blattei "Arbeitszeit"; Röhsler, Die Arbeitszeit) und dieser Verzicht es ermöglicht, die Besonderheiten hinsichtlich des Fahrpersonals mit der angemessenen Gründlichkeit zu behandeln. Aus entsprechenden Gründen werden auch bezüglich des Gefahrenschutzes allgemeine Grundsätze nur gestreift, soweit dies zum besseren Gesamtverständnis erforderlich ist. Das Hauptgewicht wird auch hier auf die Darlegung spezieller Gesichtspunkte gelegt, die im Hinblick auf das Fahrpersonal zu beachten sind (wie die Frage der Anwendbarkeit der GewO und die besonderen Unfallverhütungsvorschriften). Eigens behandelt wird der erhöhte Schutz für die weiblichen Mitglieder des Fahrpersonals. Hier wird insbesondere die VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen vom 2. 12. 1971 erörtert; diese VO enthält vor allem anstelle des früheren generellen nun ein individuelles Beschäftigungsverbot, das auf den jeweiligen Gesundheitszustand der einzelnen Arbeitnehmerin abstellt. Schließlich wird aus zwei Gründen noch zum Thema "Arbeitsschutz im Ausland" Stellung genommen: einmal weil gerade auch viele Kraftfahrer einen Teil ihrer Tätigkeit im Ausland zu verrichten haben, und zum anderen weil diesem Problem bislang noch verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde (bedeutendste Ausnahme insofern: Gamillschegs Standardwerk ,.Internationales Arbeitsrecht", auf welches daher bei der Erörterung vor allem Bezug genommen wird).
TEIL 1
Allgemeines A. Redttsstellung und Besonderheiten zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Fahrpersonals I. Kraftfahrer 1. Kraftfahrer als gewerbliche Arbeitnehmer als Arbeitnehmer I. S. des BGB - als Angestellte
Kraftfahrer i. S. des Arbeitsrechts sind diejenigen Arbeitnehmer, die sich vertraglich zur Führung eines Kraftfahrzeugs im Dienste eines anderen verpflichtet haben1 . Soweit sie in einem Gewerbebetrieb beschäftigt sind, sind Kraftfahrer gewerbliche Arbeitnehmer i. S. der §§ 105 ff. GewO und arbeiterrentenversicherungspflichtig nach § 1227 I Nr. 1 RV02 • Hierbei lassen sich insbesondere zwei Hauptgruppen unterscheiden: -- Kraftfahrer, die im Verkehrsgewerbe tätig sind, also vor allem im Güternah- und -fernverkehr sowie bei Omnibus- und Taxiunternehmen; -
Kraftfahrer, die als "branchenfremde" Arbeitnehmer in einem gewerblichen Betrieb für den sog. "Werkverkehr"3 oder auch zur Führung von Fahrzeugen, die für leitende Angestellte gehalten werden, beschäftigt sind.
Demgegenüber sind Fahrer von Privatkraftwagen, die nur für den persönlichen Bedarf des Fahrzeughalters bestimmt sind ("Privatchauffeure"), Arbeitnehmer i. S. des BGB und unterliegen somit dem allgemeinen Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB4• Dabei ist unerheblich, ob der Dienstherr diesen Privatkraftwagen nur als Privatmann 1 Vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" AI; Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch des Arbeitsrechts, "Kraftfahrer" Anm. 1. 2 Vgl. Endemann, AR-Blattei "Kraftfahrer I" A 11. a d. h. zum Transport von Gütern für eigene Zwecke eines Unternehmens, vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" AI, sowie auch § 48 I 1 GüKG. 4 Vgl. RAG ARS 37 S. 423; Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 1.
A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
23
oder auch für seine berufliche Tätigkeit (z. B. als Arzt) nutzt; entscheidend ist vielmehr der persönliche Bedarf des Arbeitgebers5 • Gewerblicher Angestellter ist ein Kraftfahrer unbestritten dann, wenn er in einer Fahrschule gegen feste Bezüge als Fahrlehrer andere Personen zu Kraftfahrzeugführern ausbilde~. Fraglich kann allerdings sein, welche Rechtsstellung im Einzelfall ein sog. "Verkaufsfahrer" innehat, da bei dieser Tätigkeit in aller Regel gedanklich-geistige Arbeit (Kundenwerbung, Verkaufsgespräche, Abrechnungen usw.) mit gewerblichen, mechanischen oder technischen Leistungen (Be- und Entladen, Steuern des Fahrzeugs) verknüpft ist. Bei derartigen gemischten Tätigkeiten ist in erster Linie nach der Verkehrsanschauung zu entscheiden, ob sie insgesamt als Arbeiter- oder Angestelltentätigkeiten anzusehen sind7 • Läßt sich die Frage hiernach nicht beantworten, so ist darauf abzustellen, welche Merkmale im Einzelfall überwiegen und "der Gesamttätigkeit das Gepräge geben" 8 • Überwiegt hiernach die gedanklich-geistige Arbeit, so ist ein solcher Verkaufsfahrer rechtlich als kaufmännischer Angestellter (Handlungsgehilfe) i. S. der §§59 ff. HGB anzusehen; andernfalls bleibt es bei der Einstufung als gewerblicher Arbeiter!~. 2. Der "Berufs"-Kraftfahrer
a) Abgrenzung zu "auch-fahrenden" anderen Arbeitnehmern Die bisher angeführten Merkmale reichen noch nicht aus, um in jedem Einzelfall die Antwort zu finden, ob ein Arbeitnehmer als Berufskraftfahrer anzusehen ist. Wie ist z. B. derjenige Arbeitnehmer einzustufen, der einen Möbellastzug fährt und dabei auch Pack- und Ladearbeiten zu verrichten hat, oder der je nach Bedarf häufig mit einem Kraftfahrzeug zu wechselnden Arbeitseinsätzen unterwegs sein mußiO? Mit diesem Abgrenzungsproblem hat sich der BGH in dem Urteil vom 18. 12. 196811 befaßt und sich hierbei vor allem auf den Wortlaut s Vgl. Endemann, AR-Blattei "Kraftfahrer I" A Il. u Vgl. BAG vom 20. 4. 1961 = AP Nr. 8 zu § 133 f GewO = AR-Blattei "Gewerbliche Arbeit III", Entsch. 1 (mit zustimmender Anm. von Gros). 7 Vgl. BAG vom 24. 7. 1957, vom 29. 11. 1958, vom 4. 7. 1966 = AR-Blattei "Angestellter", Entscheidungen 3 bzw. 4 bzw. 19. s BAG vom 30. 9. 1954 = AuR 1955 S. 123 mit zust. Anm. von Mendigo (S. 125); vgl. auch schon RAG 7 S. 109. 9 Vgl. Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm.l. 1o Man denke z. B. an sog. Reparatur-Schnelldienste, die auf Anruf zu dem gewünschten Ort kommen- mit dem Kfz. 11 Abgedr. in NJW 1969 S. 660.
24
Teill: Allgemeines
des § 16 I AKB1! gestützt. Danach sind Berufsfahrer diejenigen Kraftfahrer (bzw. Beifahrer), die beim Versicherungsnehmer - sprich: Arbeitgeber - "als solche" angestellt sind, d. h. also die gerade im Fahren ihren Beruf betätigen13• Berufsfahrer ist somit nur, wer eigens zu dem Zweck eingestellt wurde, um ein Kraftfahrzeug des Versicherungsnehmers zu lenken; die Fahrtätigkeit gegen Entgelt muß also gerade die Tätigkeit sein, deren Ausübung zum "Gegenstand und Inhalt" des Arbeitsvertrages gemacht wurde14• Nicht erforderlich ist allerdings, daß sich die Tätigkeit ausschließlich im Führen des Kfz erschöpft. Berufsfahrer kann auch sein, wer daneben noch andere Tätigkeiten auszuführen hat. Als ausschlaggebend hat stets zu gelten, ob das Lenken des Fahrzeugs die eigentliche Berufsleistung darstellt, zu der sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag verpflichtet hat: ist diese Frage zu bejahen, so ist der Arbeitnehmer als Berufsfahrer anzusehen, mag er auch daneben noch mit anderen Tätigkeiten ausgelastet werden15• Im Gegensatz hierzu ist der Arbeitnehmer zu sehen, der zwar auch ein Fahrzeug des Versicherungsnehmers bzw. Arbeitgebers lenkt, dies aber in Ausübung und im Rahmen eines ganz anderen Berufes tut. Die Bedienung des Fahrzeugs steht in solchen Fällen nicht im Mittelpunkt der zu erbringenden Arbeitsleistung, das Fahrzeug erscheint vielmehr als Hilfsmittel zur Durchführung der eigentlichen beruflichen Tätigkeit. So wird etwa der Handelsvertreter nicht dadurch zum "Berufskraftfahrer", daß er mit einem Kfz ausgestattet ist und vielleicht sogar die Fahrtätigkeit mit zu seinen vertraglichen Pflichten gehört: auch wenn er am Steuer sitzt, bleibt er unzweifelhaft doch Handelsvertreter, denn das Lenken stellt ja nicht etwa seine eigentliche Arbeitsleistung dar. Zusammenfassend läßt sich somit festhalten: Berufsfahrer ist (nur) derjenige Arbeitnehmer, der seinen Erwerb gerade aus dem Bedienen des Fahrzeugs zieht und bei dem die Fahrtätigkeit zentraler Inhalt und unmittelbarer Gegenstand des Arbeitsverhältnisses ist. Oder schlagwortartig: Beim Berufsfahrer bedeutet das Lenken des Fahrzeugs die unmittelbare Ausübung seiner Erwerbstätigkeit, bei anderen Arbeitnehmern stellt sich das Fahren lediglich als ergänzende Hilfsarbeit zur Erbringung der eigentlichen, wesensmäßig anders gelagerten Arbeitsleistung dar. 12 Allg. Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung i. d. F. vom 18. 12. 1970 (BAnz Nr. 243 vom 31. 12. 1970). ts s. auch Stiefel/ Wussow, Kraftfahrtversicherung, Anm. 4 zu § 16 AKB. 14 s. BGH NJW 1969 S. 660; ganz ähnlich OLG Köln vom 9. 11. 1965 = VersR 1966 S. 436. 15 Vgl. BGH NJW 1969 S. 660, der als Beispiel den Fahrer eines Möbellastzuges nennt, der als Packer mithilft.
A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
25
b) "Berufskraftfa.hrer" als anerkannter Ausbildungsberuf Durch die am 1. 1. 1974 in Kraft getretene VO über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer16 ist nun endlich dieser Beruf als Ausbildungsberuf der gewerblichen Wirtschaft i. S. des § 75 des Berufsbildungsgesetzes staatlich anerkannt worden. Damit können Kraftfahrer nun auch die Anerkennung als Facharbeiter erlangen, und zwar in den Fachrichtungen "Güterverkehr" oder "Personenverkehr". Fahrer, welche die in der VO genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, werden allerdings keines·wegs aus ihrer beruflichen Tätigkeit ausgeschlossen, sie können lediglich nicht als ,,echte" Berufskraftfahrer, als Facharbeiter anerkannt werden 17• Zu beachten ist noch, daß § 1 II der VO die Fahrerlaubnis der Klasse 2 erfordert; wer nur den Führerschein der Klasse 3 erworben hat, kann also nicht als Berufskraftfahrer i. S. dieserVOanerkannt werden, mag er auch- z. B. als Taxifahrer- ansonsten die Voraussetzungen eines ,.Berufskraftfahrers" erfüllen18• 3. Besonderheiten zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses
a) Besondere Tätigkeitsmerkmale; Umfang der geschnldeten Tätigkeiten Das hervorstechendste Merkmal der beruflichen Tätigkeit des Kraftfahrers besteht darin, daß sie sich außerhalb einer festen Arbeitsstätte abspielt und dadurch von zahlreichen äußeren Faktoren abhängig ist. Straßenzustand, Verkehrsaufkommen und Witterungsverhältnisse stellen ständig wechselnde Anforderungen an Aufmerksamkeit und Anspannung des Fahrers; andererseits hat er zeitweise nichts zu tun als schlicht zu warten, z. B. bis sein Fahrzeug beladen oder am Zoll abgefertigt ist oder bis sein Fahrgast zurückkehrt. Hieran wird bereits ersichtlich, daß fest begrenzte Arbeitszeiten mit genau vorausgeplanten Pausen bei Kraftfahrern schwerlich einzuhalten sind; da ein übermüdeter Kraftfahrer außerdem die Verkehrssicherheit stark beeinträchtigen kann, steht die Regelung der Arbeitszeit im Vordergrund der Arbeitsbedingungen des KraftfahrersUt. Damit wurden bereits die wesentlichsten Tätigkeiten angedeutet, die der Kraftfahrer seinem Arbeitgeber schuldet: die Lenktätigkeit (Dienst am Steuer} und das Einhalten der jeweils anfallenden Warte18 17
Vom 26. 10. 1973 (BGBl I S. 1518). Vgl. die amtl. Begründung zu § 1 der VO, abgedr. in VkBl 1973 S. 825 ff.
(831).
Vgl. auch Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 4 zu § 2 der VO ( = LZ 23 a). Vgl. auch Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I", A II; ausführlich zur Arbeitszeit s. unten Teil 2, B (bes. II). 18
19
Teill: Allgemeines
26
zeiten. In diesem Zusammenhang ist ferner seine Pflicht zu nennen, gewisse Tätigkeitsnachweise zu führen2 0. Die Arbeitspflicht des Kraftfahrers umfaßt aber auch die Pflege des ihm anvertrauten Fahrzeugs21 ; in aller Regel muß er für die Reinigung des Fahrzeugs sorgen und auch kleinere Instandhaltungsarbeiten durchführen. Diese Verrichtungen fallen - soweit sie nicht während der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit ausgeführt werden können- unter den Begriff der Vor- und Abschlußarbeiten i. S. der §§ 5 und 17 AZO bzw. 105 c I Ziff. 3 Gew022 • Des weiteren kann der Kraftfahrer aber auch verpflichtet sein, Beund Entladearbeiten vorzunehmen23 • Hier wird man, sofern ausdrückliche vertragliche Abmachungen fehlen, die Branchen- oder Betriebsüblichkeit mit heranziehen müssen; im Einzelfall kann sich eine Verpflichtung zu solchen Arbeiten aber auch aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers ergeben, wenn das Ausführen dieser Tätigkeit als ihm zurnutbar anzusehen ist. b) Besondere Pflichten der Vertragsparteien, die aus dem Wesen des Kraftfahrer-Arbeitsverhältnisses folgen
Die hier zu nennenden Besonderheiten sind eine Folge davon, daß Kraftfahrer einerseits und Arbeitgeber andererseits eine Art Doppelstellung innehaben, die sich daraus ergibt, daß sie zugleich Arbeitnehmer und Verkehrsteilnehmer bzw. Arbeitgeber und Kraftfahrzeughalter sind. Die jeweils letztgenannten Eigenschaften24 beeinflussen ni:imlich erheblich auch die Arbeitsvertragsbeziehungen. So sind die dem Kfz-Halter hinsichtlich Instandsetzung und Ausrüstung des Fahrzeugs, insbesondere der Betriebssicherheit, im Interesse der Verkehrssicherheit obliegenden Pflichten gleichzeitig Inhalt seiner Vertragspflichten gegenüber dem von ihm angestellten Fahrer25 • Der Arbeitgeber hat also für die Beseitigung von Defekten und Verschleißerscheinungen und für regelmäßige Kontrollen zu sorgen26 ; dies folgt schon aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die ihm gebietet, seinen Arbeitnehmer vor Schaden zu bewahren. s. hierzu Teil 2, B II 6. Vgl. Bürger I Gehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 2; Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I", A II 1. 22 Vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I", A II 1. 23 Vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I", A II 1. 24 Also: Verkehrsteilnehmer bzw. Fahrzeughalter. 25 Vgl. Walter, Die Fahrerhaftung ..., KVR "Fahrer, Haftung, Erl. 2", 20
21
C III 2.
26 Bürger I Gehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 2; s. auch unten Teil 2, CI.
A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
27
Dem entspricht auf der anderen Seite, daß es zu den arbeitsvertragliehen Pflichten des Kraftfahrers gehört, gewissenhaft die Verkehrsvorschriften einzuhalten27 ; hier sind insbesondere die in der StVO und StVZO niedergelegten Pflichten des Fahrers hinsichtlich des Verhaltens im Straßenverkehr und der Instandhaltung des Fahrzeugs zu nennen. Denn der Arbeitgeber hat ein "unbedingtes Interesse" daran, daß sich der Fahrer "völlig verkehrsgerecht" verhält28 . Diese Verpflichtung zur Einhaltung der Verkehrsvorschriften geht als eine Haupt-, nicht etwa nur als eine Nebenpflicht in das Arbeitsverhältnis ein29, und ein Verstoß gegen sie ist ebenso wie die Nichterfüllung sonstiger Vertragspflichten eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag30. Andererseits steht dem Kraftfahrer ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn der Arbeitgeber von ihm einen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften verlangt: er verletzt keine Vertragspflicht, wenn er es ablehnt, bei seiner Tätigkeit gegen geltendes Recht zu verstoßen31 . Besondere Sorgfaltspflichten sind vom Fahrpersonal solcher Kraftfahrunternehmen zu beachten, die in den Geltungsbereich des PBefG32 fallen. Zum einen legt die auf § 57 PBefG beruhende BO-Kraft33 vor allem in den§§ 8 ff. den Fahrern eine besondere Sorgfalt auf, weil ihnen "beruflich andere Personen zur sicheren Beförderung anvertraut werden"34. Weitere Pflichten können sich gegebenenfalls aus der gern.§ 3 III BO-Kraft vom Unternehmer erlassenen Dienstanweisung ergeben35 ; diese soll zwar zunächst eine ordnungsgemäße Abwicklung der vom Unternehmer übernommenen Verkehrsaufgaben gewährleisten, doch kann sie auch für die Frage von Bedeutung sein, ob ein pflichtwidriges Handeln seitens des Arbeitnehmers vorliegt36 • Schließlich obliegen diesen Fahrern auch noch Pflichten, die sich nicht unmittelbar aus jenen Vorschriften, sondern mittelbar aus der Natur des Betriebes ergeben: 27 Vgl. Walter, Die Fahrerhaftung .. ., C III 1; Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 2. 28 BAG vom 28. 5. 1960, = AR-Blattei "Haftung des Arbeitnehmers", Entsch. 17. 29 Wie vorstehende Fußn., s. bes. Leitsatz 2 der Entsch. ao Vgl. Walter, Die Fahrerhaftung ... , C III 1. 31 Vgl. Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 2. 32 Personenbeförderungsgesetz vom 21. 3. 1961 (BGBl I S. 241) i. d .. F. vom 27. 6. 1970 (BGBl I S. 911). 33 VO über den Betrieb von Kraftfahrtunternehmen im Personenverkehr i. d. F. der VO vom 1. 7. 1969 (BGBl I S. 743). 34 § 8 IBO-Kraft. 35 s. insbes. die vom Verband Öffentlicher Verkehrsbetriebe herausgegebene DF-Kraft (letzer Stand: 3. 9. 1973), die von den jeweiligen örtlichen Verkehrsbetrieben dann noch mit speziellen örtlichen Anordnungen in einem Anhang ergänzt werden. 36 s. Müller, Straßenverkehrsrecht Bd. II, Anm. 2 zu § 3 BO-Kraft.
28
Teill: Allgemeines
so haben sie z. B. nach Möglichkeit mit Rücksicht auf die Fahrgäste ruckartiges Anfahren und scharfes Bremsen zu vermeiden, den Fahrgästen angemessene Zeit zum Ein- und Aussteigen einzuräumen u. ä.37 •
II. Beifahrer 1. Der Begriff nach deutschem Rerht und nach dem Recht der Europäisrhen Gemeinschaft
Eine Definition des Begriffs "Beifahrer" im arbeitsrechtlichen Sinn enthielt § 1 II der Schichtenbuch-VO vom 8. 2. 195638• Danach galten als Beifahrer Personen, die im Rahmen eines unter den Geltungsbereich der AZO fallenden Arbeitsverhältnisses den Kraftfahrer zu seiner Ablösung oder zur Vornahme von Lade- und Hilfsarbeiten nicht nur gelegentlich begleiteten. Das Arbeitsverhältnis mußte sich also gerade auf diese Tätigkeiten - Begleitung, Ablösung des Fahrers, Helfen beim Be- und Entladen, Austragen von Waren u. ä.- beziehen, hierin mußte seine Berufstätigkeit liegen, denn "nur gelegentliches" Tätigwerden genügte gern. § 1 I! der VO ja gerade nicht39• Diese Schichtenbuch-VO wurde inzwischen aber durch die VO über Beschäftigungszeiten im Straßenverkehr vom 28. 10. 1971 40 aufgehoben. Da der Zweck dieser VO von 1971 vor allem auf eine Angleichung des nationalen Rechts an das Recht der Europäischen Gemeinschaft gerichtet war4 1, wird man nunmehr auch für den Begriff des Beifahrers denjenigen des Gemeinschaftsrechts heranzuziehen haben42. Einschlägige Legaldefinitionen enthält Art. 1 der VO (EWG) Nr. 543/69 des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 3. 1969 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr43 . Nach Art. 1 Ziff. 3 b dieser VO (EWG) gilt als Beifahrer jede Person, die den Fahrer eines Fahrzeuges begleitet, um ihn "bei bestimmten Tätigkeiten" zu unterstützen, und die sich "gewöhnlich an den im Verkehr zu verrichtenden Tätigkeiten beteiligt", ohne Fahrer zu sein. 37 Vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht Bd. II, Anm. 2 zu § 8 BQ-Kraft (m. w. Nachw.). 38 BGBl I S. 65, VO über Schichtenbücher für Kraftfahrer und Beifahrer. ao Vgl. auch Stiefel ! Wussow, Kraftfahrtversicherung, Anm. 15 zu§ 10 AKB und Anm. 4 zu § 16 AKB. 40 BGBl I S.1729; s. auch unten Teil 2, B II 2. 41 Vgl. die amtl. Begründung in VkBl 1971 S. 561. 42 Auch wenn die amtliche Begründung (a.a.O.) in erster Linie und unmittelbar nur die Vereinheitlichung der Beschäftigungszeiten und -nachweise anspricht, vgl. unten Teil 2, B II 2. 43 ABl (EG) Nr. L 77/49 ; Einzelheiten zu dieser VO (EWG) werden in Teil 2 zu behandeln sein (s. bes. B II 1 und 4).
A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
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"Fahrer" jedoch ist gern. Art. 1 Ziff. 3 a der VO (EWG) nicht nur, wer das Fahrzeug - wenn auch nur kurzzeitig - selbst lenkt, sondern auch wer "sich in dem Fahrzeug befindet, um es gegebenenfalls lenken zu können". Dies ist bereits die eine wesentliche Änderung gegenüber dem bisherigen deutschen Recht, wonach ja Personen, die sich lediglich zur Ablösung bereithielten, als Beifahrer anzusehen waren44 • Andererseits ist der Beifahrer-Begriff der VO (EWG) insofern weiter gefaßt, als auch Personen, die nur gelegentlich mitfahren, Beifahrer sein können45 ; allerdings reicht es nicht aus, daß jemand nur ganz allgemein "zur Vornahme von Hilfsarbeiten" mitfährt46 , vielmehr kann nur Beifahrer sein, wer sich "gewöhnlich an den im Verkehr zu verrichtenden Tätigkeiten" beteiligt47. 2. "Beifahrer" im arbeitsrechtlichen Sinn
Die Definition der VO (EWG) bestimmt den Begriff des "Beifahrers" insofern ganz allgemein, als sie nicht auf die Arbeitnehmereigenschaft abstellt4R und daher auch keine speziell arbeitsrechtliche Begriffsbestimmung enthält. Doch ist der Begriff im arbeitsrechtlichen Sinn von dieser Definition ausgehend im wesentlichen bereits dadurch ausgefüllt, wenn man hinzufügt, daß der Beifahrer die genannten Tätigkeiten eben gerade im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ausübt. Das Arbeitsverhältnis muß sich also gerade auf diese Tätigkeiten beziehen49, oder m. a. W.: der Beifahrer im arbeitsrechtlichen Sinn muß dazu angestellt sein, um den Fahrer, den er zu begleiten hat, bei bestimmten Tätigkeiten zu unterstützen bzw. um sich an den im Verkehr zu verrichtenden Tätigkeiten zu beteiligen50 • Im übrigen kann hinsichtlich Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses auf die vorstehenden Ausführungen (s. o. A I) verwiesen werden, die entsprechend auch für den Beifahrer gelten.
Vgl. o. und § 1 li der früheren Schichtenbuch-VO. Vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" B li 1 a, cc (dagegen früher nach der Schichtenbuch-VO ausdrücklich: "nicht nur gelegentlich"). 46 Dies war nach § 1 li Schichtenbuch-VO ausreichend. 47 Insbes. Ladearbeiten bleiben hierher zu rechnen, vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" B li 1 a, cc. 48 Der "Beifahrer" i. S. der VO (EWG) kann also ebenso ein beruflich Selbständiger oder ein Familienangehöriger sein, vgl. Bethge, AR-Blattei "Kratffahrer I" B li 1 a, cc. 49 Vgl. Stiefel I Wussow, Kraftfahrtversicherung S. 399. so Insbes. Einweisen beim Rückwärtsfahren, Helfen beim Be- und Entladen, evtl. bei Reparaturen (z. B. Reifenwechsel) u. ä. 44 45
30
Teil1 : Allgemeines
111. Fahrpersonal von Straßen- und Eisenbahnen 1. Begriffe
Straßen- und Eisenbahnen lassen sich unter dem Begriff "Schienenfahrzeuge" zusammenfassen. Eisenbahnen sind nach § 1 I Allg.EisenbG vom 29. 3. 195151 "Schienenbahnen mit Ausnahme der Straßenbahnen und der nach ihrer Bau- oder Betriebsweise ähnlichen Bahnen, der Bergbahnen und der sonstigen Bahnen besonderer Bauart". Im weiteren Sinne (so z. B i. S. des RHG und der GewO) sind auch Straßenbahnen "Eisenbahnen", doch ist ihnen eigen, daß sie sich in Einrichtung und Betriebsart dem Straßenverkehr anpassen und jedenfalls überwiegend der Personenbeförderung im Nahverkehrsbereich dienen, vgl. § 4 I PBefG. Gemäß § 4 II PBefG gelten als Straßenbahnen ferner auch die Hoch-, Untergrund-, Schwebe- und ähnliche Bahnen, die zur Personenbeförderung im Orts- oder Nachbarschaftsbereich bestimmt sind52 • 2. Reclltsstellung: Arbeiter oder Angestellte? Vorauszuschicken ist zunächst, daß die weitaus meisten der bei Eisenbahnen (i. e. S.) im Fahrdienst Beschäftigten als Bundesbahn- und damit unmittelbare Bundesbeamte nicht dem Arbeits-, sondern eben dem Beamtenrecht unterliegen53• Auf sie wird daher im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. Einer Klärung bedarf dagegen die Rechtsstellung des Fahrpersonals der übrigen Bahnen: handelt es sich hier um Angestellte oder Arbeiter im Rechtssinne? Die in erster Linie maßgebende Vorschrift, § 3 I AVG54, gibt in diesem Fall keinen unmittelbaren Aufschluß. Auch hat der BMA von der Ermächtigung des § 3 III A VG, eine Rechtsverordnung mit der "näheren Bezeichnung" 55 von Angestellten-Berufsgruppen zu erlassen, bisher noch keinen Gebrauch gemacht. Die Aufzählung in § 3 A VG ist aber keineswegs erschöpfend, vielmehr nur beispielhaft; sie wird ergänzt durch den Berufsgruppenkatalog des Reichsarbeitsministers zum A VG56 • Die Bestimmungen dieses Katalogs haben Gesetzeskraft51, und sie sind auch heute noch anzuwendenss. BGBl I S. 225. Nicht jedoch Berg- und Seilbahnen, s. § 4 II PBefG (a. E.). 53 Vgl. § 19 Bundesbahngesetz (vom 13. 12. 1951, BGBl I S. 955); § 1 Bundesbesoldungsgesetz i. d. F. vom 5. 8. 1971 (BGBl I S. 1281) i. V. m. Anlage I (Bundesbesoldungsordnung A), wo u. a. ausdrücklich Bundesbahnschaffner, Triebwagen- und Lokomotivführer genannt sind. 54 Angestelltenversicherungsgesetz i. d. F. des AV-Neuregelungsgesetzes vom 23. 2. 1957 (BGBl I S. 88). 55 Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß eine solche RechtsVO nur feststellende Wirkung haben kann. 51
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A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
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In Abs. XVII des Katalogs59 werden Berufsgruppen im Verkehrswesen benannt, denen die Angestellteneigenschaft zugesprochen wird. Danach ergibt sich: a) von den Eisenbahnführern
werden als Angestellte angesehen Lokomotiv-, Triebwagen- und Zugführer auf Staatsbahnen60 , Staatsbahnanschlußgleisen oder "solchen Bahnen, die nach der Betriebsart Staatsbahnen entsprechen" (a. a. 0. Nr. 1). Unklarheiten bleiben dabei bei der letztgenannten, wörtlich zitierten Möglichkeit: wann entspricht eine Bahn, die nicht Staatsbahn ist, "nach der Betriebsart" der Staatsbahn? Nach einer Entscheidung des RVA vom 25. 6. 193061 ist "zum Vergleich der Betrieb auf einer Durchschnittsstrecke der Staatsbahn heranzuziehen". Diesen Maßstab wird man wohl als den allein zulässigen anerkennen müssen. Daraus folgt, daß z. B. ein Lokomotiv- und Triebwagenführer einer Industriebahn als Arbeiter anzusehen ist, wenn die Bahn im Gegensatz zur Bundesbahn nicht dem öffentlichen Verkehr dient und ihr Verkehr sich nicht auf der freien Strecke und auf Stationen abspielt- denn all dies sind typische Eigenschaften "der Betriebsart (von) Staatsbahnen"62. Andererseits wurde die Angestellteneigenschaft bejaht für die Lokomotivführer einer Werksbahn, "welche die von der Reichsbahn für das Befahren von Reichsbahnanschlußgleisen vorgeschriebene Prüfung abgelegt haben und Reichsbahnanschlußgleise mit einer gewissen Regelmäßigkeit und in nennenswertem Umfang befahren"63. Es gibt also durchaus brauchbare Maßstäbe, um die Rechtsstellung von Zugführern an Hand von Abs. XVII Nr. 1 des Berufsgruppenverzeichnisses im Einzelfall bestimmen zu können. Gerade hier wird aber auch besonders deutlich, wie fragwürdig die allgemeine rechtliche Trennung von Arbeitern und Angestellten ist; nur begrüßen kann man es daher, daß die rechtliche Unterscheidung in der Praxis ohnehin immer mehr an Bedeutung verliert. Vielleicht ist der Zeitpunkt nicht 58 Vom 8. 3. 1924 (RGBl I S . 274), einschließlich der hinzugekommenen Ergänzungen. 57 s. RAG 34 S. 233 (234) mit zust. Anm. von Dersch. ss Vgl. Hoernigk I Jorks, Rentenversicherung B Vl4, Erl. Nr. 8 zu § 3 AVG. 59 a.a.O. (RGBl 1924 I) S. 278. 60 =die früheren Staatseisenbahnen der Länder, die nach Art. 171 der Reichsverfassung i. V. m. dem Gesetz vom 30. 4. 1920 (RGBl I S. 113) auf das Reich übergegangen waren. 61 Auszugsweise abgedruckt bei Koch I Hartmann I v. Altrock I F ü rst, Da s A VG, Bd. I S. 114. 62 Vgl. auch RVA vom 20. 12. 1927 s. vorstehende Fußn. 63 RVA vom 11. 3. 1931, auszugsweise abgedr. bei Koch I Hartmann I . . ., Das AVG, Bd. I S. 114.
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Teill: Allgemeines
mehr allzufern, in dem derartigen Abgrenzungsfragen ausschließlich noch wissenschaftlicher Wert zukommen wird. b) Straßenbahnführer und -schaffner
Nach den vorstehenden Ausführungen steht bereits fest, daß ein Straßenbahnführer nicht Angestellter gemäß Abs. XVII Nr. 1 des Berufsgruppenverzeichnisses sein kann. Die Entscheidung des RVA vom 25. 6. 1930 bringt dies nochmals deutlich zum Ausdruck64 • Auch unter Abs. XVII Nr. 2 kann das Fahrpersonal von Straßenbahnen nicht gezählt werden. Hierfür fehlt es zum einen an einer "nicht lediglich vorübergehenden" leitenden oder beaufsichtigenden Tätigkeit. Die Fahrtätigkeit ist außerdem eine überwiegend körperliche, wenngleich nicht zu verkennen ist, daß dieser Beruf "Geistesgegenwart, schnelle Entschlußkraft, Umsicht und Gewissenhaftigkeit" 65 erfordert und dem Straßenbahnführer eine große Verantwortung zukommt. Diese Merkmale sind jedoch "mehr solche des Charakters als solche des Verstandes"66. Zwar mag diese Formulierung wenig glücklich erscheinen, doch ist im Ergebnis dem RAG zuzustimmen, da sonst z. B. auch jeder Kraftfahrer als Angestellter anzusehen wäre (müssen bei diesem die genannten Merkmale doch unzweifelhaft mindestens ebenso ausgeprägt vorhanden sein, da seinem Fahrzeug sogar noch die Bindung an eine feste Spur fehlt und seine geistige Anspannung daher eher noch größer sein muß). Eine Einreihung des Fahrpersonals von Straßenbahnen unter Abs. XVII Nr. 3 des Berufsgruppenkatalogs scheitert ebenfalls an der bereits erwähnten fehlenden Aufsichtstätigkeit; eine Einreihung unter Nr. 4 oder 5 schließlich setzt ,.schriftliche Arbeiten in größerem Umfang" voraus, und auch dieses Merkmal muß verneint werden: der Fahrkartenverkauf und die damit zusammenhängende Arbeit ist verhältnismäßig doch recht einfach und reicht nicht aus, um von einer "überwiegend geistigen Gesamttätigkeit" sprechen zu können&7• Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, daß Straßenbahnführer wie -schaffner die Rechtsstellung von Arbeitern innehaben. Für die meisten Fahrer von Eisenbahnen (i. e. S.)68 gilt dasselbe - es sei denn, die 64 Auszugsw. abgedr. bei Koch I Hartmann I . . ., Das AVG, Bd. I S. 114, für ,.Zugfahrer (Triebwagenführer) einer Hoch- und Untergrundbahn, welche die Triebwagen zu führen, die elektrischen Einrichtungen des Zuges zu bedienen, die Strecke zu beobachten, die Kupplungen zwischen den einzelnen Wagen nachzuprüfen ... und die Beleuchtungs- und Heizungsanlagen des Zuges zu bedienen haben". 65 So RAG 34 S. 233 (236). 66 RAG 34 S. 233 (236). 67 Vgl. RAG 34 S. 233 (236) und oben AI 1.
A. Rechtsstellung und Inhalt des Arbeitsverhältnisses
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Bahn dient dem öffentlichen Verkehr, ihr Betrieb wickelt sich auf der freien Strecke und auf Stationen ab und sie entspricht auch sonst "nach der Betriebsart Staatsbahnen'•69. 3. Weitere Besonderheiten für das Fahrpersonal der Straßenbahnen
a) A.nwendbarkeit gewerberechtlicher Vorschriften Auch Straßenbahnen sind Eisenbahnen im weiteren Sinne und als "Eisenbahnunternehmungen" i. S. des § 6 GewO daher von den gewerberechtlichen Bestimmungen grundsätzlich freigestellt. Jedoch ist in § 64 III PBefG ausdrücklich angeordnet, daß die Vorschriften des Titels VII der GewO auch für Straßenbahnbetriebe gelten. Dies bedeutet, daß die Mitglieder des Fahrpersonals von Straßenbahnen zwar an sich nicht gewerbliche Arbeiter sind, daß jedoch die Bestimmungen der §§ 105 ff. GewO über "gewerbliche Arbeiter" auch für sie zur Anwendung kommen. Dasselbe muß konsequenterweise auch für Bestimmungen bzw. Verordnungen gelten, die auf Grund der §§ 105 ff. GewO erlassen wurden70 • b)
Inhatt des Arbeitsverhältnisses
Besonderheiten ergeben sich auch hier daraus, daß auch dem Fahrpersonal, insbesondere dem Fahrzeugführer von Straßenbahnen beruflich andere Personen zur sicheren Beförderung anvertraut werden. Im Hinblick hierauf sind zahlreiche besondere Pflichten dem Fahrpersonal der Straßenbahnen in der BO-Strab71 auferlegt: so die Pflicht zur Beachtung einer "besonderen Sorgfalt" ganz allgemein (§ 56 II 2) und zur Beachtung der Vorschriften der StVO (§59 IV), ferner besteht ein Rauchverbot während der Fahrgastbeförderung und insbesondere auch ein Alkoholverbot (s. im einzelnen §§56 ff. BO-Strab). Zahlreiche weitere Pflichten enthält die gern. § 8 BO-Strab zu erlassende Dienstanweisung; eine solche ist gern. §§ 7 I 1, 8 I 1 BO-Strab in jedem Straßenbahnbetrieb zwingend durch den vom Unternehmer zu berufenden Betriebsleiter aufzustellen72• 73 • Die Verletzung einer in der os Die Bundesbahn bleibt hierbei außer Betracht, vgl. o. A III 2, Einleitungssatz. &9 Sprich: der Bundesbahn; vgl. auch Koch I Hartmann I ..., Das AVG, Bd. I
S.113.
10 Vgl. auch Stahlhacke, Das Arbeitsrecht in der Gewerbeordnung, Anm. I 2 zu § 139 b GewO; s. ferner unten Teil 2, BI 2 b und CI 1 b, bb. 11 VO über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen vom 31. 8. 1965 (BGBl I S. 1513); auch diese VO beruht auf § 57 I PBefG. 72 s. die "Dienstanweisung für den Fahrdienst der Straßenbahnen", herausgegeben vom Verband öffentlicher Verkehrsbetriebe ("DF-Strab").
3 Sohanbacber
Teil 1 : Allgemeines
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BO-Strab oder DF-Strab niedergelegten Pflicht durch ein Mitglied des Fahrpersonals bedeutet zugleich eine Verletzung seiner arbeitsvertragliehen Pflichten, denn diese Vorschriften werden unmittelbar zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses74 •
B. Besondere Zulassungsvoraussetzungen für die Mitglieder des Fahrpersonals, insbes.: Altersvorausseezungen I. Die gesetzlichen Bestimmungen Nicht jedermann kann ohne weiteres eine berufliche Tätigkeit als Mitglied des Fahrpersonals, insbesondere als Fahrzeugführer, aufnehmen. Zahlreiche Normen stellen nämlich besondere Anforderungen hierfür auf - die Aufnahme eines solchen Berufes steht nicht jedem rundweg freil. 1. Besondere Altersvoraussetzungen
In verschiedenen gesetzlichen Vorschriften verstreut findet sich das Erfordernis eines gewissen Mindestalters für die Mitglieder des Fahrpersonals. Der Zweck dieser Vorschriften ist in erster Linie darauf gerichtet, die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs und nicht das Fahrpersonal selbst zu schützen2 ; dementsprechend sind die gesetzlichen Altersvoraussetzungen in verkehrsrechtlichen Bestimmungen festgelegt3. Das Mindestalter für das Führen von Kraftfahrzeugen beträgt gern. §§ 5, 7 und 15 e I Nr. 2 StVZO bzw. Art. 5 VO (EWG) grundsätzlich bei Fahrzeugen bis zu 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht 18 Jahre, bei den übrigen Fahrzeugen 21 Jahre 4• Die im Personenverkehr eingesetzten 73 Dagegen ist eine Dienstanweisung im Bereich der BO-Kraft nur unter besonderen Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben, vgl. § 3 III BO-Kraft. 74 Vgl. auch oben AI 3 b. 1 Dazu, daß der Gesetzgeber grundsätzlich ermächtigt ist, Bedingungen festzulegen, unter denen ein Beruf ausgeübt werden darf, vgl. BVerwGE 1 8.50.
z Vgl. auch unten B II; C. Vgl. im Unterschied hierzu die Voraussetzungen für die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen: dort handelt es sich um arbeitsrechtliche Bestimmungen, s. Teil 2, D. 4 Abgesehen sei an dieser Stelle von den Fahr zeugklassen IV und V (vgl. §§ 5 I; 7 I StvZO), da diesen im Arbeitsrecht praktisch keine Bedeutung zukommt. 3
B. Besondere Zulassungsvoraussetzungen
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Fahrer müssen nach Art. 5 VO (EWG) grundsätzlich das 21. Lebensjahr vollendet haben; hierbei ist jedoch zu beachten, daß das nationale deutsche Recht in § 15 e I Nr. 2 StVZO mit 23 Jahren eine noch höhere Grenze festlegt 5 • Selbst für Beifahrer und Schaffner setzt Art. 5 VO (EWG) noch ein Mindestalter von 18 Jahren voraus. Ganz ähnliche Altersvoraussetzungen gelten für das Fahrpersonal von Bahnen gern. §§ 49 EB0 6 bzw. 56 IV BO-Strab7 • Auch in deren Geltungsbereich müssen Fahrzeugführer mindestens 21, "Zugbegleiter", Schaffner usw. mindestens 18 Jahre alt sein. 2. Weitere Anforderungen
Neben diesem Mindestalter müssen die Mitglieder des Fahrpersonals noch weitere Voraussetzungen erfüllen, um ihrer Tätigkeit nachgehen zu können. So ist für das Führen von Kraftfahrzeugen nach allgemeinem Straßenverkehrsrecht die Erteilung einer behördlichen Fahrerlaubnis8 erforderlich, welche ihrerseits von bestimmten körperlichen, geistigen und charakterlichen Erfordernissen abhängt9 • Das Fahrpersonal von Straßen- und Eisenbahnen muß in ähnlicher Weise seine "Tauglichkeit" im weitesten Sinne nachweisen können: das Fahrpersonal von Eisenbahnen muß beispielsweise "die besonderen Eigenschaften haben, die (der) Dienst erfordert", "körperlich tauglich" sein, ausreichende Seh- und Hörfähigkeit besitzen, und Fahrzeugführer haben außerdem gern. §54 III EBO "vor der ersten selbständigen Verwendung" ihre Befähigung durch eine Prüfung und Probefahrten nachzuweisen10• Ähnlich gestaltet ist die "Tauglichkeitsprüfung" auch für das Fahrpersonal von Straßenbahnen_ Ein Arzt muß die "körperliche und geistige Eignung" feststellen, in regelmäßigen Abständen finden Nachuntersuchungen statt, und es muß eine Ausbildung vorgenommen werden, die mit einer fachlichen Eignungsprüfung abgeschlossen wird11 •
5 Zu den Ausnahmefällen in speziellen Fällen (wie Krankenkraftwagen) s. § 15 e I Nr. 2 StVZO. o Eisenbahn - Bau- und Betriebsordnung vom 8. 5. 1967 (BGBl II S. 1563) i. d. F. vom 10. 6. 1969 (BGBl II S. 1141). 7 Straßenbahn- Bau- und Betriebsordnung vom 31. 8. 1965 (BGBl I S. 513). s = begünstigender VA, vgl. BGHZ NJW 1969 S. 213. s Wegen Einzelheiten muß hier auf einschlägige verkehrsrechtliche Literatur verwiesen werden, s. z. B. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. zu §§ 2, 4 StVG u. 4 StVZO. 1o s. im einzelnen §§ 47 - 54 EBO. n s. im einzelnen § 56 BO-Strab, bes. Abs. II -V.
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Teil 1: Allgemeines
II. Rechtliche Zulässigkeit der besonderen Anforderungen, insbes.: Mindestalter als subjektive Zulassungsvoraussetzung; Vcreinbarkeit mit Art.12 GG Die angesprochenen Anforderungen könnten als Zulassungsvoraussetzungen gegen den Grundsatz der freien Berufswahl (Art. 12 GG) verstoßen. Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß jede Art von Altersgrenzen einer beruflichen Tätigkeit eine Zulassungsvoraussetzung darstellt. Für Höchstaltersgrenzen hat dies das BVerfG12 mit überzeugender Begründung dargelegt, und konsequenterweise muß man dasselbe auch für Mindestaltersgrenzen entsprechend gelten lassen: denn wenn das BVerfG a. a. 0. eine Höchstaltersgrenze deshalb als Zulassungsvoraussetzung ansieht, weil darin eine Voraussetzung für das Zugelassen-Bleiben zum Beruf aufgestellt wird, so kann erst recht nichts anderes gelten. wenn eine Mindestaltersgrenze die Voraussetzung zum Zugelassen-Werden bildet. Man könnte nun v ersucht sein, solche Grenzen als objektive Zulassungsvoraussetzung anzusehen. Denn es läßt sich ja nicht ernsthaft behaupten, der einzelne könne auf sein Alter Einfluß nehmen- Umstände aber, auf die der Betroffene keinen Einfluß hat, sind regelmäßig objektive Voraussetzungen und dürfen damit nur aus ganz besonders gewichtigen Gründen zu Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden13. Eine solche Betrachtung wäre jedoch oberflächlich. Denn man muß sich den Grund solcher Mindestaltersgrenzen vor Augen halten: der Gesetzgeber geht hier davon aus, daß Personen mit einem bestimmten Alter durchschnittlich den Anforderungen der in Frage stehenden Tätigkeit noch nicht genügen14 . Die rechtliche Wirkung von Mindestaltersgrenzen besteht demnach darin, daß eine - häufig widerlegbare15 - Vermutung dafür begründet wird, daß dem Betroffenen auf Grund seines jugendlichen Alters noch die erforderliche Leistungsfähigkeit für eine bestimmte Tätigkeit fehle 16. Insoweit knüpft die 12 BVerfGE 9 S. 338 ff. (344 ff.). 1a Vgl. das bekannte "Apotheken-Urteil", BVerfGE 7 S. 377 ff. ; LeibhoLz I Rinck, Anm. 10 zu Art. 12 GG. 14 So entspr. für Höchstaltersgrenzen BVerfGE 9 S. 338 ff. (345 f.). 15 Dies braucht aber nicht zwingend so zu sein, s. BVerfGE 9 S. 338 ff. (345). 16 Vgl. auch die amtl. Begründung zu § 7 StVZO in VkBl 1960 S. 457 : "Die wachsenden Anforderungen des Straßenverkehrs legen den Führern schwerer Kraftfahrzeuge und Züge eine so hohe Verantwortung auf, daß man es nicht mehr rechtfertigen kann, solche Fahrzeuge minderjährigen Personen anzuvertrauen ... (eig. Anm.: das Volljährigkeitsalter betrug damals noch 21 J ahre) ... Neuerdings durchgeführte eignungstechnische Untersuchungen ergaben, daß diese Leistungsfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr oft nicht so groß ist, wie man sie vor allem bei Berufskraftfahrern fordern muß .. .".
B. Besondere Zulassungsvoraussetzungen
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Zulassung also durchaus an Umstände an, die in der Person selbst und nicht in objektiven äußeren Gegebenheiten beruhen. Und wo es dergestalt um den Besitz persönlicher Eigenschaften und Fähigkeiten geht, kann nur von subjektiven Zulassungsvoraussetzungen gesprochen werden17. Die Besonderheit bei Mindestaltersvoraussetzungen liegt also lediglich darin, daß der Nichtbesitz von erforderlichen Eigenschaften und Fähigkeiten vor Erreichen eines gewissen Alters generell vermutet wird. Aus dem Gesagten ergibt sich bereits, daß die übrigen angesprochenen Anforderungen an das Fahrpersonal ebenfalls subjektiver Art sind: körperliche und charakterliche Eignung (Zuverlässigkeit usw.) sind ohne Zweifel Eigenschaften, die in der Person des Betroffenen zu suchen sind und daher zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen gehören18• Als solche unterliegen sie den vor allem vom BVerfG in seinem bereits angeführten "Apotheken-Urteil" herausgearbeiteten Beschränkungen111• Demnach dürfen subjektive Zulassungsvoraussetzungen keine unzumutbaren Belastungen enthalten, da dies einen Verstoß gegen das Übermaßverbot bedeuten und somit zur Verfassungswidrigkeit führen würde20 • Sie müssen vielmehr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, also in einem angemessenen Verhältnis "zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit"21 stehen. Die Einhaltung dieser Schranken muß bei den Anforderungen an das Fahrpersonal bejaht werden. Denn die Berufstätigkeit des Fahrpersonals mit ihren vielen Risiken und Gefahren für die Verkehrssicherheit läßt besondere Vorsichtsmaßnahmen nicht nur berechtigt, sondern sogar geboten erscheinen. Die Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer und der Allgemeinheit rechtfertigt und fordert es, daß man bei den Mitgliedern des Fahrpersonals an die körperliche und charakterliche Eignung solche Anforderungen stellt, daß eine Gefährdung der Allgemeinheit soweit wie möglich ausgeschlossen wird22• Das geforderte Mindestalter ist ein Mittel zu diesem Zweck23 , es wird wirksam ergänzt von den weiteren besonderen Anforderungen an die körperlichen, geistigen und charakterlichen Eigenschaften und Fähigkeiten. 17 Vgl. BVerfGE 9 S. 338 ff. (345); Hamann I Lenz, Anm. B 5 c zu Art. 12 GG; Leibholz I Rinck, Anm. 9 und 14 zu Art. 12 GG.
Vgl. auch BVerwGE 2 S. 299; 9 S. 222. BVerfGE 7 S. 377 ff. (405 ff.). 20 Vgl. BVerfGE 7 S. 405; 9 S. 338 ff. (345); Leibholz I Rinck, Anm. 9 zu Art.12GG. 21 s. oben Fußn. 20. 22 Vgl. BVerfG vom 18. 11. 1966 = NJW 1967 S. 29 f. 23 Vgl. die amtl. Begründung zu § 7 StVZO a.a.O. (VkBl 1960 S. 457). 18
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Allerdings wird man verlangen müssen, daß immer wieder in gewissen zeitlichen Abständen "eignungstechnische Untersuchungen" 24 durchgeführt werden müssen. Denn man darf nicht einfach auf Grund einer einmaligen Untersuchung Beschränkungen für alle Zukunft anordnen und eventuell veränderte Umstände völlig unberücksichtigt lassen. Als Beispiel aus jüngster Zeit dafür, daß das Mindestalter einer generell "vermuteten Reife" keineswegs unveränderlich feststehen muß, sei hier nur genannt die Herabsetzung des Wahl- und anschließend des Volljährigkeitsalters von 21 auf 18 Jahre. Zu beachten ist außerdem auch, daß sich die Vorschriften bezüglich der Zulassungsvoraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht speziell an den berufsmäßigen, sondern an jeden Kraftfahrer überhaupt wenden. Die genannten Voraussetzungen - insbesondere die Erteilung einer Fahrerlaubnis, für welche wiederum das erörterte Mindestalter erforderlich ist - gelten für jeden, der im öffentlichen Verkehr ein Kraftfahrzeug führen will25 • Die gesetzliche Grundlage der Erlaubnispflicht ist § 2 StVG, und diese Vorschrift wendet sich an alle Verkehrsteilnehmer, sie hat daher- jedenfalls unmittelbar- keinen berufsregelnden Charakter26 • Die entsprechenden Bestimmungen für das Fahrpersonal der Bahnen schließen dagegen ausdrücklich an die berufliche Tätigkeit an27 • Im Ergebnis ändert dieser Unterschied allerdings nichts daran, daß die einen wie die anderen Vorschriften sachlich gerechtfertigt, zulässig und rechtswirksam sind.
C. Entlohnung des Fahrpersonals I. Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze 1. Die ,.normale" Entlohnung
Art und Höhe der Entlohnung des Fahrpersonals richten sich grundsätzlich wie bei allen Arbeitnehmern zunächst nach den einzelvertraglichen Abmachungen; dabei sind jeweils die auf den Arbeitsvertrag einwirkenden zwingenden gesetzlichen und kollektivvertragliehen Bestimmungen zu berücksichtigen1• Ausdruck aus der o. a. amtl. Begründung (VkBl 1960 S. 457). Vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 1 und 2 zu § 4 StVZO. 28 Vgl. BVerfG vom 18. 11. 1966 = NJW 1967 S. 29 f. (30). 27 §56 BO-Strab spricht von den "Betriebsbediensteten", §§ 47 ff. EBO von den "Betriebsbeamten" (womit keineswegs der staatsrechtliche Beamtenbegriff gemeint ist, sondern ein eigener Begriff des "Betriebsbeamten" i. S. d. EBO - vgl. § 47). 24
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C. Entlohnung des Fahrpersonals
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2. Die Zulässigkeit der Pauschalvergütung von Mehrarbeit, insbesondere in den Tarifverträgen für die Kraftfahrer des Bundes und der Länder2
In der Praxis findet man häufig- gerade für Kraftfahrer- Vereinbarungen von Gesamtvergütungen, mit denen dann gleichzeitig auch die geleistete Mehrarbeit pauschal abgegolten wird. So ist für Kraftfahrer des Bundes wie auch der Länder in dem jeweiligen § 3 der geltenden Tarifverträge3 bestimmt, daß für die Fahrer "ein Monatslohn und zur Abgeltung der Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ein Pauschalzuschlag (Gesamtpauschallohn)" festgesetzt wird und daß mit dieser Gesamtpauschale4 alle Ansprüche auf Lohn, insbesondere auf Zeitzuschläge (sprich: Mehrarbeitsvergütung) abgegolten sein sollen. Eine derartige Abgeltung von Mehrarbeit durch eine Pauschalsumme wird vom BAG und der überwiegenden Literaturmeinung grundsätzlich für zulässig erachtet5 • Doch es gibt auch kritische Gegenstimmen, die gewichtige Bedenken gegen die Zulässigkeit erheben. So machen insbesondere Herschel6 und Kerger 1 eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 GG geltend, da ein Arbeitnehmer u. U. wesentlich länger arbeiten müsse als sein Arbeitskollege, beide aber gleichermaßen dieselbe Gesamtpauschale erhielten. Auch sei bei pauschalierten Zuschlägen die - sicherlich nicht wünschenswerte - Versuchung des Arbeitgebers groß, seine Arbeitnehmer zu möglichst langem Arbeiten zu veranlassen, weil er ja gerade nicht konkret jede zusätzliche Arbeitsstunde, sondern eben (nur) die ohnehin fällige Pauschalsumme zu bezahlen habe. Dies sind in der Tat beachtenswerte Argumente. Besonders im Hinblick auf§ 15 AZO, dessen Sinn und Zweck nach allgemeiner Meinung8 1 s. zu den allg. Grundsätzen ausführlich G. Küchenhoff bei Erman, RdNr. 1-123 zu§ 612 BGB; Putzo bei Palandt, Anm. 6 zu § 611 BGB. 2 Tarifvertrag für die Kraftfahrer des Bundes und der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr vom 5. 4. 1965 i. d. F. vom 16. 3. 1974 bzw. Tarifvertrag für die Kraftfahrer der Länder vom 10. 2. 1965 i. d. F. vom 20. 6. 1974. a s. oben Fußn. 2; diese beiden Tarifverträge stimmen inhaltlich weitgehend überein. 4 Deren Höhe sich im einzelnen aus den Tabellen in den Anlagen zu den genannten Tarifverträgen ergibt. 5 Vgl. z. B. BAG AP Nr. 1 zu § 15 AZO (= BB 1956 S. 209), AP Nr. 5 zu § 611 BGB (= BB 1962 S. 221); Denecke, § 15 AZO Anm. 13; ZmarzHk, § 15 AZO Anm.33. 6 Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 15 AZO. 1 "Die Vereinbarung einer pauschalen Mehrarbeitsabgeltung", RdA 1971 S. 275 ff. m. w. Nachw. s So z. B. auch Denecke, § 15 AZO Anm. 1; dies wird also auch von den Befürwortern der Pauschalabgeltung anerkannt.
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dahin geht, die Mehrarbeit mit einer spürbaren zusätzlichen Belastung für den Arbeitgeber zu koppeln und hierdurch eine gewisse Eindämmung der Mehrarbeit zu erreichen, erscheint eine Pauschalabgeltung von Mehrarbeit generell nicht unbedenklich9• Andererseits darf aber auch nicht übersehen werden, daß gerade bei Kraftfahrern in der Praxis ein starkes Bedürfnis nach einer solchen Pauschalierung besteht: die Feststellung der tatsächlich geleisteten und erforderlichen Mehrarbeitsstunden stößt hier vor allem deshalb auf erhebliche Schwierigkeiten, weil der Kraftfahrer seine Tätigkeit meist außerhalb des Betriebes ausführt und der Arbeitgeber dadurch nur eine sehr beschränkte Kontrollmöglichkeit hat10• Die Fahrtzeit selbst wird von zahlreichen äußeren Umständen beeinflußt (Wetter, Straßenzustand, Verkehrsdichte etc.), es besteht für den Fahrer die Möglichkeit und die Versuchung zur praktisch unkontrollierbaren Manipulation: er kann "die schwankenden Verhältnisse geradezu ausnutzen, um Überstunden herauszuschlagen und sich einen Mehrverdienst zu verschaffen, ohne daß eine Nachprüfung im einzelnen möglich ist" 11 • Hieraus wird ersichtlich, daß ein Pauschalzuschlag für Kraftfahrer zumindest dem Betriebsfrieden förderlich ist; darüber hinaus vermag er jedoch - so widersprüchlich dies zunächst klingen mag - auch Mehrarbeitszeit einzuschränken, da - wie vorstehend dargelegt - der Arbeitnehmer auf diese Weise am ehesten von einer praktisch unkontrollierbaren, lohnsteigernden "künstlichen" Ausdehnung der Arbeitszeit abgehalten wird12• Man wird also doch zu dem Ergebnis kommen müssen, daß § 15 AZO der Pauschalierung von Mehrarbeitszuschlägen, wie sie in den beiden oben genannten Kraftfahrer-Tarifverträgen vereinbart wurde, auch sinngemäß nicht entgegenstehtt:t. Aber auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) kann jedenfalls bei diesen Kraftfahrer-Tarifverträgen nicht angenommen werden. Denn sie sehen gerade eine Differenzierung der Pauschalzuschläge und der Gesamtpauschallöhne vor14, wobei für die Ermittlung der jeweiligen Lohngruppen nach § 4 beider Tarifverträge die durchschnittliche Monatsarbeitszeit des vorangegangenen Kalenderhalbjahres zugrundezulegen ist. Es handelt sich insoweit also um eine 9 Vgl. Herschel, Anm. zu BAG AP Nr. 1 zu § 15 AZO; Kerger, RdA 1971 S. 275 ff.; auch Nikisch, Arbeitsrecht Bd. I, § 29 V 5. 1o Vgl. Nikisch, Arbeitsrecht Bd. I S. 347; Zmarzlik, § 15 AZO Anm. 33 a. E.; Denecke, § 15 AZO Anm. 13. 11 So zutreffend Denecke, Anm. zu LAG Frankfurt, in: AP 50 Nr.199
(S. 98).
12 Vgl. auch die von Denecke vorgenommene eingehende Abwägung in AP 50 S. 98 ff. 13 Dem Wortlaut nach ohnehin nicht. 14 Vgl. die Tabellen in den Avlagen zu den Tarüverträgen.
C. Entlohnung des Fahrpersonals
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sachgerechte und gebotene Andersbehandlung, die mit Hilfe eines praktikablen Maßstabes den unterschiedlichen Arbeitsleistungen der einzelnen Kraftfahrer weitgehend Rechnung trägt15• II. Besonderheiten nach dem Gesetz über das Fahrpersonal im Straßenverkehr16 1. Die gesetzliche Regelung a) Verbot von Akkordlöhnen und Prämien
Nach § 2 I 1 FahrpersGSt dürfen Mitglieder des Fahrpersonals im Straßenverkehr nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen. Unzulässig sind auch Umgehungen dieses Verbots etwa in der Weise, daß die Vergütung von der Anzahl von Fahrten abhängig gemacht wird, die in einer bestimmten Verkehrsverbindung zwischen zwei Zielpunkten auszuführen sind17. Das Verbot von Akkordlöhnen, Prämien und Zuschlägen gilt gern. § 2 II FahrpersGSt auch für diejenigen Mitglieder des Fahrpersonals, die der VO (EWG) Nr. 543/69 1 ~ nicht unterliegen. Es soll verhindern, daß die Verkehrssicherheit durch Kraftfahrer beeinträchtigt wird, die unter dem Druck bzw. Anreiz von derartigen Leistungslöhnen stehen und aus diesem Grund in die gefährliche Versuchung geführt werden könnten, Verkehrsvorschriften zugunsten ihres Einkommens zu mißachten19. Die Gefahr hierzu schien besonders groß, nachdem durch die VO (EWG) Nr. 543l69 (u. a.) die zulässigen Lenkzeiten begrenzt worden waren%0. Um diesem Schutzzweck-Sicherheit des Straßenverkehrs- gerecht zu werden, erschien es unumgänglich, das Verbot nicht allein auf die Fahrer selbst zu beschränken, sondern es auch auf die übrigen Mitglieder des Fahrpersonals (Beifahrer, Schaffner) zu erstrecken. Denn andernfalls wäre zu befürchten gewesen, daß diese "u. U. wegen des höheren Verdienstes, an dem sie ggf. auch den Kraftfahrer teilhaben 15 Bzgl. des o. a. Bundes-TV s. jetzt auch die Entscheidung des BAG vom
28. 11. 1973 (= BB 1974 S. 417): auch dort wird die Zulässigkeit dieser tarif-
lichen Vereinbarung bejaht. 16 FahrpersGSt vom 30. 3. 1971 (BGBl I S. 277). 17 Vgl. Lü.tkes, Straßenverkehr, Anm. 2 zu § 2 FahrpersGSt (= LZ 19). 1s s. o. A II 1 sowie bes. Teil 2, B II 1 und B VIII 1 a, cc. 19 Vgl. auch die amtl. Begründung der Bundesregierung, abgedr. in VkBl 1971 2o
s. 176.
s. hierzu ausführlich Teil 2, B II.
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Teill: Allgemeines
lassen können, diesen veranlassen, möglichst schnell und lange zu fahren" 21 • Die Erstreckung des Verbots auf alle Mitglieder des Fahrpersonals ist daher ebenfalls durch das Sicherheitsbedürfnis des allgemeinen Straßenverkehrs begründet und gerechtfertigt. Andererseits folgt aus diesem Schutzzweck auch, daß Prämien und Zusatzvergütungen insoweit zulässig bleiben, wie sie die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen; dies ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wird aber in § 2 I S. 2 FahrpersGSt nochmals ausdrücklich klargestellt. Erlaubt sind demnach auch weiterhin z. B. Prämien für sorgfältige Fahrzeugpflege und -erhaltung, für vorschriftsmäßiges Verhalten im Straßenverkehr, insbesondere für unfallfreies Fahren usw.22• b) Rechtsfolgen bei Verstößen Der Unternehmer, der dem Verbot des § 2 FahrpersGSt vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, begeht damit eine Ordnungswidrigkeit gern. § 5 I Ziff. 6 FahrpersGSt. Zu beachten ist, daß dem Arbeitnehmer bei einem Verstoß keine Sanktionen drohen: das Verbot ist nur gegenüber dem Unternehmer bußgeldbewehrt (vgl. §§ 2 i. V. m. 5 I Ziff. 6 FahrpersGSt). Diesem allerdings droht im Falle des Zuwiderhandeins eine empfindliche Geldbuße bis zu 10 000,- DM (§ 5 II FahrpersGSt). 2. Kritik
Zentraler Leitgedanke der vorstehend behandelten Bestimmungen ist die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs; daß dabei auch das Fahrpersonal selbst vor den Gefahren für Leib und Leben geschützt wird, die ein ständiger Wettlauf mit der Zeit im heutigen Straßenverkehr bedeuten müßte, war offensichtlich nicht das Hauptanliegen des Gesetzgebers. Dies gibt der bereits erwähnte § 2 I S. 2 FahrpersGSt deutlich zu erkennen: danach gilt das Verbot von Akkordlöhnen usw. nämlich nur dann, wenn die Sicherheit des Straßenverkehrs in Frage steht. Leistungslöhne auße?·halb des öffentlichen Straßenverkehrs, also z. B. bei Fahrten innerhalb geschlossener Großbaustellen, werden von dem Verbot dagegen nicht erfaßt23 • 21 Zitiert aus der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache VI Nr. 1060), auszugsweise abgedr. bei Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 1 zu § 2 FahrpersGSt (= LZ 19). 22 Vgl. Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch .. ., "Kraftfahrer" Anm. 5; Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 2 zu § 2 FahrpersGSt (= LZ 19). 23 Vgl. hierzu den Bericht des Verkehrsausschusses des deutschen Bundestages (BT-Drucksache VI Nr. 1624), auszugsweise abgedr. bei Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 1 zu § 2 FahrpersGSt (= LZ 19).
C. Entlohnung des Fahrpersonals
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Diese Beschränkung des Verbots erscheint aus zwei Gesichtspunkten nicht unproblematisch. Zum einen geht ja das Gesetz richtigerweise davon aus, daß durch Akkordlöhne usw. die Unfallgefahr erhöht wird. Dies ist aber außerhalb wie innerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs der Fall - und hiermit wird überdeutlich, daß mit dieser Vorschrift eine Unfallverhütung ausschließlich im verkehrs-, nicht jedoch im arbeitsrechtlichen Sinne bezweckt werden sollte. Die Richtigkeit dieser gesetzgeberischen Selbstbeschränkung erscheint hier doch recht zweifelhaft24. Zum anderen aber stellt sich die Frage, ob die dargelegte Beschränkung auf den Schutz des öffentlichen Verkehrs den letzteren nicht sogar beeinträchtigen kann. Denn es sind Fälle denkbar, in denen ein Kraftfahrer z. B. auf einer Großbaustelle - zulässigerweise, s.o.! im Akkord arbeitet und zwischendurch beauftragt wird, eine andere Fahrt auf öffentlichen Straßen durchzuführen. Hier wird doch dieser Fahrer geradezu verführt, so schnell wie möglich zur Baustelle zurückzukehren, um dort wieder seine höhere Verdienstmöglichkeit wahrnehmen zu können. Außerdem wird er in der Regel durch die Akkordarbeit mehr beansprucht sein, so daß bei einem etwaigen zwischenzeitlichen Verlassen der Baustelle sein Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr auch diesen verstärkt gefährdet. Mittelbar kann demnach auch ein außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs erlaubter Leistungslohn zu einer Beeinträchtigung der allgemeinen Verkehrssicherheit führen- womit der Ausgangspunkt des Problems wieder erreicht, nicht aber die angestrebte "lückenlose" Lösung gefunden wäre. Um zu einem wirklich befriedigenden Ergebnis hinsichtlich dieses Problems zu gelangen, sind daher folgende zwei Schlußfolgerungen zu ziehen bzw. als Forderung zu erheben: -
§ 2 I FahrpersGSt ist dahingehend auszulegen, daß das Verbot von Akkordlöhnen usw. nur dann nicht eingreift, wenn sich die Tätigkeit des Fahrpersonals ausschließlich (während einer Arbeitsschicht) außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs abspielt;
die angesprochenen Berufsgenossenschaften sollten nicht länger zögern, eine entsprechende, ergänzende Regelung auch für den Bereich außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs zu beschließen, um auch dort den dargelegten erhöhten Unfallgefahren (hier: im arbeitsrechtlichen Sinne!) wirksam zu begegnen.
24 Vgl. den o. a. Bericht des Verkehrsausschusses (a.a.O.): dort wird diese Frage sinngemäß mit dem Hinweis erledigt, außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs sei es eben Sache der Berufsgenossenschaften, die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten.
TEIL 2
Fahrpersonal und Arbeitsschutz A. Allgemeines zum Arbeitssdmtzremt und besondere Gesimtspunkte binsimtlim des Fahrpersonals I. Grundlegendes zum Arbeitsschutzrecht 1. Arbeitsschutz als zentraler Inhalt des Arbeitsrechts
Das historische Grundanliegen des Arbeitsrechts überhaupt ist unstreitig der Schutz des Arbeitnehmers1 . Dessen Schutzbedürftigkeit ergibt sich zum einen aus seiner wirtschaftlichen Unterlegenheit gegenüber dem Arbeitgeber, wodurch er der Gefahr der Ausbeutung seiner Arbeitskraft durch eine ungünstige Gestaltung der Arbeitsbedingungen ausgesetzt ist, zum anderen aber auch aus der Art der von ihm zu leistenden Tätigkeit, die Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit mit sich bringen kann2 • Der Schutz des arbeitenden Menschen vor diesen Gefahren gehört zu den vornehmsten Aufgaben eines jeden Gemeinwesens; kein Kultur- und erst recht nicht ein Sozialstaat3 kann sich daher den Aufgaben des Arbeitsschutzes entziehen4• 2. Rechtsnatur des Arbeitsschutzrechts
Wesen und Rechtsnatur des Arbeitsschutzrechts und sein Einfluß auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses wurden lange und heftig in der Literatur erörtert. Dabei wurde der Arbeitsschutz zunächst von den einen als Teil des Arbeitsvertragsrechts betrachtet5 , während die Vgl. hierzu insbes. Hueck. I N i pperdey, Lehrbuch Bd. I S. 25 ff. und 803 ff.; Arbeitsrecht Bd. I S. 30 ff.; Söllner, Arbeitsrecht S. 177 ff.; Herschel, Der Arbeitsschutz vor neuen Rechtsfragen, BB 1967 S. 929; Si tzler, AR-Blattei "Arbeitsschutz III" A, C; Kask.el I Dersch, Arbeitsrecht S. 255 ff. 2 Vgl. Hueck., Deutsches Arbeitsrecht S. 139; Sitzler, AR-Blattei "Arbeitsschutz III" A. s Vgl. Art. 20 I; 28 I 1 GG. 4 Vgl. schon Franck.e, Der internationale Arbeiterschutz S. 3; Herschel, Arbeitsschutz im sozialen Rechtsstaat, BABl 1955 S. 571 ff.; Olbersdorf, Sozialer Rechtsstaat u. Arbeitsrecht, AuR 1955 S. 129 ff. t
N i k.isch,
A. Allgemeines zum Arbeitsschutzrecht
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Gegenmeinung die Notwendigkeit einer klaren Trennung von Arbeitsvertrags- und Arbeitsschutzrecht betonte6 • Heute besteht in dieser Frage eine nahezu einmütige, ganz herrschende Meinung. Danach ist unter "Arbeitsschutzrecht" die Gesamtheit der Rechtsnormen zu verstehen, die den Arbeitgebern (teilweise auch den Arbeitnehmern selbst) öffentlich-rechtliche Pflichten zum Schutz der Arbeitnehmer auferlegen und deren Ge- und Verbote über die Brücke der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers unmittelbaren Einfluß auf das privatrechtliche Arbeitsverhältnis erhalten7 • Die öffentlich-rechtliche Gestaltung der Arbeitsschutznormen ermöglicht die behördliche Überwachung ihrer Einhaltung einschließlich der Möglichkeit ihrer zwangsweisen Durchsetzung (erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Arbeitnehmers) und die Ahndung von Verstößen8 • Daneben besteht ein klagbarer privatrechtlicher Anspruch des geschützten Arbeitnehmers auf Beachtung der öffentlich-rechtlichen Schutzvorschriften, da durch diese die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ausgestaltet und konkretisiert wird; bei Nichtbeachtung kann der Arbeitnehmer insbesondere seine Leistung verweigern, ohne in Verzug zu geraten, sowie ggf. Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung (§ 823 II BGB), aber auch wegen positiver Vertragsverletzung durch den Arbeitgeber verlangen9 • 3. Inhalt und Gliederung des Arbeitsschutzrechts
Die Vorschriften des Arbeitsschutzes werden nach ihrem Inhalt entsprechend den zu verhütenden Gefahren - allgemein in drei Bereiche untergliedert1°: a) Betriebs- oder Gefahrenschutz; hierher zählen die Vorschriften, die den Schutz gegen Gefahren bei der Ausführung der Arbeit beSo insbes. Lotmar, Der Arbeitsvertrag, Bd. I S. 299; 486; Bd. II S. 377 ff.; Was ist "Arbeiterschutz", Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie Bd. VI S. 133 ff., 317 ff., 501 ff. 6 Insbes. Kaskel, Die rechtliche Natur des Arbeiterschutzes, Berliner Festschrift für H. Brunner; vgl. zur Entwicklung der Lehrmeinungen Hueck I Fikentscher, Die Einwirkung von Arbeitsschutznormen auf das Arbeitsverhältnis, ArbSch 1957 S. 63 ff. m. w. Nachw. 7 Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 141 ff., 803 f.; Sitzler, ARBlattei "Arbeitsschutz III", A, B; Nipperdey, Die privatrechtliche Bedeutung des Arbeiterschutzrechts, Festgabe für das RG Bd. IV S. 203 ff.; Kaskel I Dersch, Arbeitsrecht S. 256; Dersch, Neue Entwicklung der Fürsorgepflicht im Arbeitsverhältnis, Festschrift für Hersehe! S. 71 ff.; Rewolle, Grenzen der Fürsorgepflicht, RdA 1954 S. 258 ff.; Hueck I Fikentscher a.a.O. (ArbSch 1957 5
Jastrow,
s. 64).
s Wie vorstehende Fußn.; vgl. auch Hueck I Nipperdey, Grundriß des Arbeitsrechts S. 95 und 146 ff. 9 Wie vorstehende Fußn.; vgl. auch § 6 JArbSchG sowie unten B VII. 10 Vgl. z. B. Sitzler, AR-Blattei "Arbeitsschutz III" D.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz zwecken und die insbesondere der Unfallverhütung, der Arbeitshygiene und der Sittlichkeit dienen11 ;
b) Arbeitszeitschutz; durch ihn soll der Arbeitnehmer vor übermäßiger Beschäftigungsdauer geschützt werden, die seine Gesundheit gefährden und seine Arbeitskraft frühzeitig verschleißen könnte12 ; c) Vertragsschutz; dieser umfaßt den Schutz gegen eine unsoziale Gestaltung der Arbeitsbedingungen13 • Gefahren- und Arbeitszeitschutz gelten aber nicht gleichmäßig für alle Arbeitnehmer, sondern es werden Abstufungen nach der Schutzbedürftigkeit besonderer Gruppen vorgenommen. Besonders schutzbedürftig sind schon von den körperlichen Voraussetzungen her weibliche und jugendliche Arbeitnehmer; aber auch die besonderen Eigentümlichkeiten und Gefahren in einzelnen Wirtschafts- oder Berufszweigen können einen Sonderschutz erfordern und rechtfertigen. So gibt es gerade auch für das Fahrpersonal diesbezügliche Besonderheiten, auf die im folgenden einzugehen sein wird.
II. Besondere Gesichtspunkte im Zusammenhang "Fahrpersonal und Arbeitsschutz" Die berufliche Tätigkeit des Fahrpersonals ist vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie sich nicht innerhalb einer festen Arbeitsstätte wie etwa in einem Betrieb - abspielt, sondern jedenfalls überwiegend im öffentlichen Verkehr. Der Verhütung von Arbeitsunfällen kommt dadurch eine ganz besondere Bedeutung zu. Denn nicht nur das Fahrpersonal selbst, nicht nur etwaige Fahrgäste (von den Sachwerten sei hier gänzlich abgesehen), sondern jeder Verkehrsteilnehmer überhaupt kann hiermit durch einen "Arbeitsunfall" in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies bringt es mit sich, daß eine betriebssichere "Arbeitsstätte" nicht nur zum Schutz der im Fahrdienst beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich ist, sondern zugleich auch ein berechtigtes Anliegen der Allgemeinheit im Interesse der Verkehrssicherheit sein muß. Entsprechendes gilt bezüglich der Arbeitszeit14 • Bei der heutigen Verkehrsdichte steht das Fahrpersonal unter hoher Anspannung und s. hierzu unten C. s. hierzu unten B. 13 Der Vertragsschutz hängt sachlich eng mit dem Arbeitsverhältnisrecht zusammen, vgl. Sitzler a.a.O., D I 3; Hueck I Nipperdey, Grundriß S . 149; auf ihn soll in diesem Zusammenhang daher nicht näher eingegangen werden, zumal für das Fahrpersonal insoweit keine Besonderheiten gelten. 14 s. hierzu auch oben Teil 1, AI 3 a. 11
12
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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besonders starken Belastungen, die bei unzureichenden Erholungszeiten auf Dauer zu Gesundheitsschädigungen führen können15 • Ein überlastetes und übermüdetes Fahrpersonal bedeutet aber gleichzeitig eine Gefährdung der Verkehrssicherheit und insoweit der Allgemeinheit. Diese grundlegenden Überlegungen bringen bereits zum Ausdruck, daß zwischen dem Arbeitsschutz für das Fahrpersonal und der allgemeinen Verkehrssicherheit ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Vorschriften zum Schutze des Fahrpersonals bewirken zumindest mittelbar auch eine Erhöhung der allgemeinen Verkehrssicherheit, und nichts anderes kann im umgekehrten Sinne gelten. Wie diese sachlich bedingte gegenseitige Wechselwirkung ihren arbeitsschutzrechtlichen Niederschlag findet, wird noch im einzelnen zu untersuchen sein. Der größeren praktischen Bedeutung Rechnung tragend, soll dabei zunächst und besonders ausführlich die Arbeitszeit des Fahrpersonals behandelt werden.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals I. Grundsätzliche Geltung der allgemeinen Arbeitszeitvorschriften 1. Zweclt, System und Grundzüge des Arbeitszeitschutzes
a) Zweck und System Durch die Vorschriften des Arbeitszeitschutzes soll ein Raubbau an der Gesundheit des Arbeitnehmers verhindert, seine Arbeitskraft vor übermäßiger Abnutzung geschützt werden 1 ; insoweit spielt der Gesichtspunkt der Volksgesundheit eine entscheidende Rolle 2 • Im modernen Sozial- und Kulturstaat wird daneben zunehmend ein weiterer Aspekt berücksichtigt, daß nämlich dem Arbeitnehmer im Interesse seiner Menschenwürde und der Entfaltung seiner Persönlichkeit ein angemessener Raum für Freizeit und Muße zu gewähren ist3 , ts So schon 1956 (!) Oels (ArbSch 1956 S. 201) für das Fahrpersonal der Straßenbahnen; dies gilt erst recht heute bei dem gestiegenen Verkehrsaufkommen und dabei in besonderem Maße für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen. 1 Vgl. Kaskell Dersch, Arbeitsrecht S. 263; Meisel l Hiersemann, AZO, Einleitung Anm. 76. 2 Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I " C II 2; dazu, daß dies zunächst alleiniger Beweggrund war, vgl. Meisel/ H i ersemann, AZO, Einleitung Anm.1 f. a Vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 4 AZO = Betr. 1957 S. 1202.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
in dem er sich privaten, familiären, gesellschaftlichen und kulturellen Angelegenheiten zuwenden kann. Dieser Gesichtspunkt läßt sich umfassend umschreiben als die Eröffnung der Möglichkeit zur Selbstverwirklichung des Arbeitnehmers, soweit diese von Freizeit abhängt. Diese angeführten Zweckbestimmungen sind bei Anwendung und Auslegung von Arbeitszeitvorschriften stets zu berücksichtigen. Nach ihnen richtet sich auch die Gliederung des Arbeitszeitschutzes in drei Hauptbereiche4 : - Festlegung einer Höchstgrenze für die tägliche (u. U. wöchentliche oder vierzehntägige) Arbeitszeit; - Garantierung von Pausen (im Laufe des Arbeitstages) und Ruhezeiten (nach der täglichen Arbeitszeit); - Verbot bzw. Beschränkung der Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
b) Grundzüge des Arbeitszeitschutzes Die bedeutendste Grundregelung des Arbeitszeitschutzes enthält § 3 AZO, wonach die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit höchstens acht Stunden betragen darf5 . An die Stelle des Achtstundentags kann die 48-Stunden-Woche oder die 96-Stunden-Doppelwoche treten, wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit verkürzt und infolgedessen eine entsprechende Aufteilung auf die anderen Werktage vorgenommen wird, § 4 AZ0 6 • Von diesem Grundsatz lassen die Vorschriften der AZO zahlreiche Ausnahmen zu. So können die Tarifvertragsparteien eine Verlängerung der zulässigen Arbeitszeit bis zu zehn Stunden vereinbaren, bei Anfallen von Arbeitsbereitschaft "in erheblichem Umfang" sogar darüber hinaus, § 7 AZ0 7 • Dieselben Verlängerungen können auch dur ch das Gewerbeaufsichtsamt zugelassen werden; Voraussetzung ist h ierbei allerdings, daß ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird (§ 8 AZO). 4 Nach Hueck I Nipperdey (Lehrbuch Bd. I S. 815 und Grundriß S. 151) soll als vierter Bereich hinzukommen die Regelung der "zeitlichen Lage der Arbeit innerhalb der Tagesstunden". Hierfür sind jedoch keine allgemeinen Bestimmungen vorgesehen, insbes. gibt es kein allgemeines Verbot von Nachtarbeit. Lediglich für besondere Fälle sind Beschränkungen vorgesehen, so für Frauen (§ 19 AZO) und Jugendliche (§ 16 JArbSchG), außerdem nach dem Ladenschlußgesetz vom 28. 11. 1956 (BGBl I S. 875) und nach dem BAZG vom 29. 6. 1936 (RGBl I S. 521); eine gewisse mittelbare Wirkung kommt insoweit auch § 12 I AZO zu, indem dort die Einhaltung bestimmter Ruhezeiten nach der täglichen Arbeitszeit festgesetzt wird. s Ruhepausen bleiben bei der Berechnung der Arbeitszeit außer Betracht, § 2 I AZO; dagegen sind sie in die Arbeitsschichtzeit einzubeziehen, vgl. § 10 S. 1 AZO und Ziff. 50 S. 4 AVAZO. 6 Die "Fünftagewoche" ist somit auch bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit arbeitszeitrechtlich durchführbar. 7 Vgl. hierzu ausführlich noch unten B V 1.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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Das Gesetz gestattet sogar dem Arbeitgeber selbst, an 30 seiner Wahl überlassenen Tagen im Jahr die Arbeitnehmer seines Betriebes oder einer Betriebsabteilung bis zu zehn Stunden zu beschäftigen, § 6 AZO; diese Mehrarbeit darf aber nicht für einzelne Arbeitnehmer an verschiedenen Tagen angeordnet werden, sondern muß mindestens für eine ganze Betriebsabteilung durchgeführt werden8 • Zulässig9 ist eine Verlängerung außerdem bei den sog. Vor- und Abschlußarbeiten gern. § 5 AZO; zu diesen Tätigkeiten sind insbesondere auch die Reinigungsund Instandsetzungsarbeiten an den Fahrzeugen zu rechnen10 • Neben dieser Begrenzung der Arbeitszeit auf im Regelfall acht bis zu höchstens zehn Stunden täglich (vgl. § 11 AZO) setzt die AZO auch einzuhaltende Erholungszeiten für die Arbeitnehmer fest. Nach § 12 müssen zwischen Beendigung und Wiederaufnahme der täglichen Arbeit grundsätzlich Ruhezeiten von elfstündiger Dauer liegen; bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden Dauer müssen ferner im Regelfall mindestens eine halb- oder zwei viertelstündige Ruhepausen gewährt werden. Die Zulässigkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen schließlich ist im wesentlichen in den §§ 105 a- i GewO geregelt. Hiernach ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen in den meisten Betrieben grundsätzlich verboten, doch sind zahlreiche Ausnahmen von diesem Grundsatz vorgesehen, die hier nicht im einzelnen aufgeführt werden sollen. 2. Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften auf die Arbeitszeit des Fahrpersonals und generelle Ausnahmebestimmungen für das Verkehrswesen
a) Werktägliche Arbeitszeit nach der AZO Gemäß § 1 I S. 1 AZO umfaßt der Geltungsbereich der AZO grundsätzlich alle Arbeitnehmer über achtzehn Jahren in Betrieben und Verwaltungen aller Art, soweit nicht in § 1 AZO ausdrücklich Ausnahmen bestimmt sind. Somit richtet sich auch die Arbeitszeit des Fahrpersonals grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen der AZO. Wichtig für das Fahrpersonal sind aber bereits einige in der AZO selbst vorgesehene Ausnahmen für das Verkehrswesen, zu dem im umfassenden Sinn jede Beförderung von Personen, Gütern oder Nachs Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 820; Denecke, § 6 AZO Anm. 2. 9 Zur Klarstellung sei nochmals darauf hingewiesen, daß es sich hier nur um die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit handelt; zum Umfang der privatrechtlichen Arbeitspflicht vgl. unten B V. to Vgl. Denecke, § 5 AZO Anm. 1 und 3 ff.; Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit III" B II 1 b. 4 Schanbacber
Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
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richten zählt11 • 12• So darf die ununterbrochene Ruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit im Verkehrswesen von üblicherweise elf auf zehn Stunden verkürzt werden, § 12 I S. 2 AZO. Bei dringendem Bedürfnis kann das Gewerbeaufsichtsamt sogar noch weitere Verkürzungen zulassen (§ 12 I S. 3 AZO). Außerdem gelten für die Arbeitnehmerinnen im Verkehrswesen weder die besondere Arbeitszeitbegrenzung vor Sonn- und Feiertagen (vgl. § 17 III i. V. m. § 17 II S. 2 AZO) noch das Nachtarbeitsverbot und der Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen (vgl. § 19 III i. V. m. § 19 I und II AZO). b) Sonn- und Feiertagsarbeit nach der GewO
Das grundsätzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit kommt gemäß § 105 i GewO im Verkehrsgewerbe nicht zur Anwendung. Dies gilt auch für das Fahrpersonal der Straßenbahnen, da diese gern. § 64 III PBefG den Vorschriften des Titels VII der GewO unterstehen13 • Für die Kraftfahrer des Werkverkehrs sind dagegen die §§ 105 a- h GewO bezüglich der Sonn- und Feiertagsarbeit heranzuziehen, je nachdem in welchem Gewerbezweig sie tätig sind. Für das Fahrpersonal der öffentlichen Eisenbahnen ergibt sich aus § 6 GewO die Nichtanwendbarkeit der §§ 105 ff. GewO, während die nichtöffentlichen Eisenbahnen14 nicht unter die Befreiungsvorschriften des § 6 GewO fallen, sondern rechtlich insoweit die Stellung des Unternehmens teilen, dessen Bestandteil oder Zubehör sie sind15• II. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen Vorbemerkung: Für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen gelten neben den allgemeinen Vorschriften der AZO zahlreiche Sonderregelungen, die der Eigenart dieser Tätigkeit Rechnung tragen. Der Schutz der Gesundheit s. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 223; Denecke, § 12 AZO Anm. 5. Insbes. also Eisenbahnen, Straßenbahnen, Kraftomnibusunternehmungen ohne Rücksicht darauf, ob sie privat oder von der öffentlichen Hand betrieben werden, Taxiunternehmen und alle Unternehmungen des Gütertransports, z. B. Speditionen und Fuhrunternehmungen (vgl. M eisel I Hiersemann, § 12 AZO Anm. 22 f., sowie Denecke, § 12 AZO Anm. 5). 13 •.• obwohl Straßenbahnen als "Eisenbahnen" im weiteren Sinn an sich nach § 6 GewO nicht der GewO unterliegen; vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhler I Neumann, § 105 i GewO Anm. 18, sowie Lütkes, Straßenverkehr, Anm. zu § 64 PBefG ( = LZ 29). 14 Also interne Werks- und Privatanschlußbahnen. 15 Vgl. Finger, Eisenbahngesetze S. 295 (Anm. 2 u. 4 zu§ 6 GewO); Haustein, Die Eisenbahnen im deutschen öffentlichen Recht, § 148 (S. 426) und § 150, 1 (S. 428); Fritsch, Eisenbahnrecht S. 181 ff. 11 12
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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dieser Arbeitnehmer, aber auch die Sicherheit des Straßenverkehrs erfordern eine Beschränkung der Lenkzeiten; zum anderen muß durch angemessene Erholungszeiten der Gefahr begegnet werden, daß das Fahrpersonal überanstrengt und somit abgespannt und unkenzentriert am Straßenverkehr teilnimmt und dadurch für diesen zum Sicherheitsrisiko wird. Gerade die letzten Jahre brachten zahlreiche und bedeutende Neuregelungen in diesem Bereich. 1. Die VO (EWG) Nr. 543/69
Als Rechtsquelle ist hier zunächst die VO (EWG) Nr. 543/69 des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 3. 1969 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr16 zu nennen. Diese VO (EWG) beruht auf Art. 75 des EWG-Vertrages; ihre Vorschriften sind in allen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft unmittelbar geltendes Recht17 und verdrängen die einschlägigen nationalen Regelungen, soweit diese ungünstiger sind18.
a) Geltungsbereich Gemäß Art. 2 gilt die VO (EWG) für alle Beförderungen im Straßenverkehr mit Fahrzeugen19 auf den innerhalb der Gemeinschaft zurückgelegten Beförderungs(teil-)strecken. Sie erfaßt alle Erwerbszweige20 und dabei - dies ist den in Art. 4 angeführten Ausnahmen zu entnehmen - im wesentlichen alle größeren Fahrzeugeinheiten21 • Sie gilt schließlich für alle "Mitglieder des Fahrpersonals", also für Fahrer, Beifahrer und Schaffner i. S. der Legaldefinition in Art. 1 Ziff. 3 a - c VO(EWG).
b) Lenkzeiten und Pausen Die höchstzulässige ununterbrochene Lenkzeit wird in Art. 7 I VO (EWG) auf vier Stunden beschränkt. Als Unterbrechungen bzw. "Lenkpausen" gelten dabei nur Zeiten, in denen der Fahrer tatsächlich 18 ABI (EG) Nr. L 77/49; geändert durch die VOen (EWG) Nr. 514/72 und Nr. 515/72 (Änderungen und Neufassung abgedr. in VkBl 1972 S. 162); im folgenden zitiert als VO (EWG). 17 Vgl. Zmarzlik, Die neuen "Sozialvorschriften" im Straßenverkehr, Betr. 1969 S. 1748; RöhsLer, Die Arbeitszeit S. 225. ts Vgl. Bethge, Die neuen EWG-Sozialvorschriften für den Straßenverkehr ..., BB 1969 S.1182; Denecke, § 7 AZO Anm. 8. 19 Zu den Begriffen s. im einzelnen die Legaldefinitionen in Art. 1 VO (EWG). 20 Vgl. Bethge, BB 1969 S. 1182. 21 s. im einzelnen Art. 4 Ziff. 1- 6; Zugmaschinen für land- und forstwirtschaftliche Arbeiten wurden erst durch die VO (EWG) Nr. 515/72 vom 28. 2. 1972 vom Geltungsbereich ausgenommen, vgl. Art. 4 Ziff. 7 VO (EWG).
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Gelegenheit zur Erholung hat, also auch nicht mit anderen Tätigkeiten beschäftigt ist22 • Die Lenkpause muß bei Fahrern der in Art. 6 angeführten Fahrzeuge mindestens eine Stunde oder zweimal mindestens je eine halbe Stunde betragen; bei den anderen Fahrzeugen müssen die Fahrer nach einer vierstündigen Lenkzeit eine mindestens halbstündige Unterbrechung einlegen, welche wiederum durch zwei 20- oder drei 15-minütige Pausen ersetzt werden kann (vgl. Art. 8 I und II). Nach Art. 7 II VO (EWG) darf die zwischen zwei aufeinanderfolgenden Tagesruhezeiten liegende Lenkzeit acht Stunden nicht überschreiten. Bei Berechnung dieser "täglichen Lenkzeit" ist also nicht von Kalendertagen, sondern von den Arbeitsschichten auszugehen. Eine Verlängerung der täglichen Lenkzeiten ist nur bei den nicht unter Art. 6 fallenden Fahrzeugen zulässig, und auch da nur zweimal innerhalb einer Woche auf höchstens neun Stunden, Art. 7 III. Die höchstzulässige wöchentliche Lenkzeit beträgt bei allen Fahrzeugen 48 Stunden; innerhalb zweier aufeinanderfolgender Wochen darf die Gesamtlenkzeit seit dem 1. 10. 1971 23 höchstens noch 92 Stunden betragen, wobei die Aufteilung wiederum so vorgenommen werden muß, daß auf keine Woche24 mehr als 48 Stunden entfallen dürfen.
c) Ruhezeiten Besondere Ruhezeiten schreibt Art. 11 VO (EWG) für die Mitglieder des Fahrpersonals vor. Dabei wird im einzelnen differenziert nach Güter- und Personenverkehr, nach Fahrzeugen mit Ein- und mit Zwei-Mann-Besatzung und hierbei noch weiter, ob das Fahrzeug mit einer Schlafkabine ausgestattet ist oder nicht26• Im Regelfall muß gern. Art. 11 Abs. 1 eine Tagesruhezeit von mindestens elf Stunden eingehalten werden, die unter bestimmten Voraussetzungen bis auf acht Stunden verkürzt werden kann26 ; für jede Verkürzung muß jedoch gern. Art. 11 Abs. VI ein Ausgleich gewährt werden. Einmal wöchentlich ist zusätzlich eine zusammenhängende Ruhezeit von 24 Stunden zu gewähren, die wiederum im Zusammenhang mit einer Tagesruhezeit liegen muß, so daß grundsätzlich für jedes Mitglied des Fahrpersonals einmal wöchentlich eine durchVgl. Zmarzlik, Betr. 1969 S. 1749; Bethge, BB 1969 S.1183. s. Art. 10 VO (EWG). 24 Zu beachten ist, daß hierbei als "Woche" jeder Zeitraum von 7 aufeinanderfolgenden Tagen anzusehen ist, Art. 1 Ziff. 4 VO (EWG). 2s Zur bes. Bedeutung des Art. 11 V für die Frage der arbeitszeitrechtlichen Bewertung der sog. Kabinenzeiten s. ausführlich unten B II 5 c. 26 Vgl. im einzelnen Art. 11 sowie auch die beispielhaften Berechnungen von Zmarzlik, Betr. 1969 S. 1749. 22
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B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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gehende Ruhezeit von 35 Stunden sichergestellt ist, die nur auf 32 Stunden verkürzt werden darf27 • Diese Vorschriften über die Ruhezeiten sind nicht zuletzt dadurch von Bedeutung, daß sie mittelbar auch die zulässigen täglichen Schichtzeiten für das Fahrpersonal begrenzen. Für diese ergibt sich nämlich dadurch im Regelfall eine Höchstdauer von 13 Stunden, die nur entsprechend länger sein darf, soweit die Ruhezeit gern. Art. 11 in zulässiger Weise verkürzt wird. 2. § 15 a StVZO
Für das Fahrpersonal der Fahrzeuge, die nicht in den Geltungsbereich der VO (EWG) fallen, kommen die nationalen Regelungen zur Anwendung. Zu beachten ist hier zunächst § 15 a StVZO, der durch die VO über Beschäftigungszeiten im Straßenverkehr vom 28. 10. 1971 28 neu gefaßt wurde. Durch diese VO wurden insbesondere die Beschäftigungszeiten und -nachweise des Fahrpersonals zum Zwecke der Vereinheitlichung weitgehend dem Gemeinschaftsrecht angeglichen29 und die Sc.l1ichtenbuch-V030 aufgehoben. Gleichzeitig wurde der Geltungsbereich des § 15 a StVZO erheblich ausgedehnt: er umfaßt nunmehr grundsätzlich alle Güterfahrzeuge von mehr als 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht (früher erst ab 7,5 t) 31 • Die tägliche und wöchentliche Lenkzeit ist nun in§ 15 a StVZO ebenso begrenzt wie in der VO (EWG). Verlängerungen sind ausnahmsweise in den in § 15 a Abs. II genannten Fällen zulässig, wenn dies im öffentlichen Interesse unerläßlich ist; der Arbeitgeber hat dann jedoch einen Ausgleich zu gewähren, der eine ausreichende Erholung des Fahrers ermöglicht (§ 15 a II S. 2). Auch bezüglich der höchstzulässigen ununterbrochenen Lenkzeit ist eine Anpassung an die Regelung der VO (EWG) erfolgt: sie beträgt gem. § 15 a IIT S. 1 vier Stunden, nur bei Kraftomnibussen im Linienverkehr sind viereinhalb Stunden zulässig. Ebenso wurde die Pausenregelung dem Gemeinschaftsrecht angeglichen; § 15 a III S. 3 verweist ausdrücklich auf Art. 8 III und IV VO (EWG). Nur für die Führer von Kraftomnibussen im Linienverkehr mit einem 27 Wie vorhergehende Fußn.; vgl. insbes. auch zu der Sonderregelung für den grenzüberschreitenden Personenverkehr (eingefügt durch VO [EWG] Nr. 514/72) den Text der VO. 2s BGBl I S. 1729. 29 Vgl. auch die amtl. Begründung in VkBl 1971 S. 561. so Verordnung über Schichtenbücher für Kraftfahrer und Beifahrer vom 8. 2. 1956 (BGBl I S. 65); s. auch unten B II 6. 31 Über 3,5 t gilt allerdings in der Regel die VO (EWG), s. dort Art. 4 Ziff. 2; zum Geltungsbereich des § 15 a StVZO im einzelnen s. dort Abs. I.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
durchschnittlichen Halteabstand bis zu 3 km ist in § 15 a IV eine detaillierte Sonderregelung der Pausen vorgesehen. Hinsichtlich der Ruhezeiten enthält die StVZO keine eigene Bestimmung; vielmehr verweist § 15 a V S. 1 diesbezüglich ausdrücklich auf die "arbeitsrechtlichen" (und tarifrechtlichen) Vorschriften32 • 3. Ziff. 50 ff. A V AZO
Weitere Sonderbestimmungen bezüglich der Arbeitszeit von Kraftfahrern und Beifahrern enthalten schließlich die Ziff. 50 ff. A V AZ033 • Diese Vorschriften beruhen auf § 9 II AZO, wonach der Reichs- (bzw. heute: Bundes-) Arbeitsminister für besonders gesundheitsgefährdende Beschäftigungsarten die Arbeitszeiten weiter beschränken kann34 • Sie sind vor allem35 von Bedeutung für die Fahrer von Personenkraftwagen (bes. Taxifahrer), die Fahrer anderer Kraftwagen bis zu 2,8 t Gesamtgewicht oder einer Beförderungskapazität bis zu höchstens neun Personen einschließlich des Fahrers, also insgesamt für das Fahrpersonal, für das weder die Bestimmungen der VO (EWG) noch des § 15 a StVZO zur Anwendung kommen.
a) Lenkzeiten und Pausen Die höchstzulässige Lenkzeit ist nach Ziff. 50 S. 3 A V AZO auf acht Stunden in jeder Arbeitsschicht begrenzt. Die ununterbrochene Lenkzeit darf dabei höchstens viereinhalb Stunden betragen; spätestens danach muß der Fahrer eine mindestens halbstündige Ruhepause einlegen (Ziff. 51 S. 3 bzw. 4). Darüber hinaus verlangt Ziff. 51 S. 1 A V AZO ganz allgemein. daß stets so lange Ruhepausen einzulegen sind, wie es für eine ausreichende Erholung erforderlich ist; als Ruhepausen können dabei nur solche Arbeitsunterbrechungen berücksichtigt werden, die mindestens 15 Minuten andauern36 •
b) Ruhezeiten und Schichtzeiten Die Regelung der Ruhezeiten in Ziff. 52 A V AZO gilt auch für das Fahrpersonal solcher Fahrzeuge, die unter § 15 a StVZO fallen 37 • Eine 32 Siehe hierzu unten B II 3 b und 4 b sowie B V 1. 33 Ausführungsverordnung zur Arbeitszeitordnung vom 12. 12. 1938 (RGBl I
S.1799).
34 Vgl. hierzu Denecke, § 9 AZO Anm. 6, 7; Meisel I Hiersemann, § 9 AZO Anm. 20, 21. ss Zur Bedeutung der Ziff. 50 ff. AVAZO auch im Geltungsbereich der VO (EWG) und des § 15 a StVZO s. unten B II 4 c. 36 Dazu, ob hierunter auch Wartezeiten zu rechnen sind, die der Fahrer bei abgestelltem Motor im Fahrzeug verbringt, vgl. ausführlich unten B II 5 b. 37 Vgl. oben B II 2 a. E.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zwischen zwei Arbeitsschichten ist dabei die Regel; im Verkehrswesen ist eine Verkürzung auf 10 Stunden zulässig, Ziff. 52 S. 1. Diese Bestimmung entspricht insoweit inhaltlich der in § 12 I S. 1 und 2 AZO getroffenen allgemeinen Regelung. Zu beachten ist jedoch Ziff. 52 S. 2, wonach innerhalb zweier Wochen jedem Mitglied des Fahrpersonals je eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens einmal 36 und einmal 24 Stunden zu gewähren ist. Außerdem wird schließlich in Ziff. 50 S. 4 A V AZO die höchstzulässige Schichtdauer für Kraftfahrer und Beifahrer auf 12 Stunden begrenzt. Diese Beschränkung gilt auch für das Fahrpersonal solcher Fahrzeuge, die in den Geltungsbereich des § 15 a StVZO fallen, da dort keine eigene Regelung hinsichtlich der Arbeitsschichten getroffen wurde38 • 4. Die zulässige Gesamtdauer der Arbeitszeit
a) Gegenstand der o. a. Sondervorschriften Aus den bisherigen Ausführungen wurde ersichtlich, daß die VO (EWG) Nr. 543/69 die ununterbrochenen, die täglichen und die wöchentlichen Lenkzeiten begrenzt und Bedingungen für die tägliche und wöchentliche Ruhezeit des Fahrpersonals festlegt; zudem enthält sie nähere Bestimmungen über die einzuhaltenden Pausen39 • Entsprechend regelt in seinem Geltungsbereich § 15 a StVZO Lenkzeiten und Pausen der Fahrzeugführer, nicht dagegen die Ruhezeiten40 • Keine dieser beiden Sonderregelungen enthält hingegen Vorschriften über die Gesamtdauer der Arbeitszeit des Fahrpersonals. Lediglich mittelbar wird in der VO (EWG) die Dauer der Arbeitsschichten durch die festgesetzten Ruhezeiten begrenzt, in § 15 a StVZO sind selbst hierüber keine Bestimmungen enthalten. Damit wird bereits deutlich, daß trotz dieser Sondervorschriften das allgemeine Arbeitszeitrecht, wie es in der AZO und der A VAZO niedergelegt ist, auch für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen von grundlegender Bedeutung bleibt.
b) Die Beziehung der VO (EWG) und des § 15 a StVZO zum Arbeitszeitschutz Die VO (EWG) wie auch § 15 a StVZO haben ohne Zweifel einen gewichtigen Einfluß auf die Arbeitszeit des Fahrpersonals, indem sie 38 Zur mittelbaren Begrenzung der Schichtzeiten im Geltungsbereich der VO (EWG) vgl. oben B II 1 c (bes. a. E.); vgl. auch zur Bedeutung von Ziff. 50 S. 4 im Hinblick auf § 7 II AZO unten B V 1 a, bb. 39 s. im einzelnen oben B li 1. 40 s. im einzelnen oben B II 2.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
bestimmte Grenzwerte für Lenkzeiten, Pausen und Ruhezeiten festsetzen; denn diese müssen von Arbeitgebern bzw. Arbeitnehmern stets beachtet werden41, u. Die genannten Vorschriften regeln jedoch nur einen Teil der von einem Berufskraftfahrer zu leistenden Arbeit, eben den Dienst am Steuer, und erfassen somit auch nur einen Teil seiner Arbeitszeit. Zu dieser gehören ja neben der Lenkzeit auch die Vor- und Abschlußarbeiten (z. B. Reinigung des Fahrzeugs), sonstige Hilfsarbeiten (z. B. Mithilfe beim Beladen) und die Arbeitsbereitschaft43 . Ferner wird von diesen Vorschriften nur der Verkehr auf den öffentlichen Straßen erfaßt44, sie greifen also nicht ein, soweit der Fahrer z. B. ausschließlich innerhalb eines privaten Werksgeländes oder einer Großbaustelle beschäftigt wird. Schließlich und nicht zuletzt gelten die Bestimmungen der VO (EWG) wie auch des § 15 a StVZO unabhängig davon, ob etwa der Fahrzeugführer Arbeitnehmer ist oder aber selbstfahrender Unternehmer45. All dies sind eindeutige Hinweise darauf, daß beide Vorschriften keine unmittelbar und ausschließlich arbeitsschutzrechtliche Zielsetzung verfolgen. Sie wollen in erster Linie nicht den Kraftfahrer als Arbeitnehmer, ja nicht einmal den jeweiligen Fahrzeugführer als solchen schützen, vielmehr ist ihr vorrangiger Schutzzweck ausgerichtet auf Leben, Gesundheit und Sicherheit aller Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr. Mit der VO (EWG) sollte zudem auch dem Gesichtspunkt der Wettbewerbs-Chancengleichheit innerhalb der Gemeinschaftsstaaten Rechnung getragen werden46 , da ja ihre Vorschriften mittelbar beträchtliche Auswirkungen auf Schnelligkeit und Kosten von Transporten haben. Bei beiden Vorschriften ist als zentraler Begriff der Straßenverkehr zu sehen, ihr Einfluß auf das Arbeitszeitrecht ist eher reflexartig. Trotz ihrer großen praktischen Bedeutung und obwohl sie in ihrer Wirkung derjenigen von Arbeitszeitschutzbestimmungen nahezu gleichkommen, bleiben sie rechtssystematisch gleichwohl von den letzteren zu unterVgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 232. Zu den Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung s. unten B VIII. 43 Vgl. Ziff. 50 S. 2 AVAZO und oben Teil 1, AI (bes. 3 a). 44 Vgl. für die VO (EWG): Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" B II 1 a, aa; für§ 15 a StVZO: Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 2 zu § 15 a StVZO (= LZ 18). 45 Für die VO (EWG) vgl. Bethge, AR-Blattei "Kraftfahrer I" B II 1 a, cc; für § 15 a StVZO s. Lütkes, Anm. 2 zu § 15 a StVZO (= LZ 18). 46 Vgl. die Präambel der VO (EWG), wonach die VO auch gestützt wird "auf die Entscheidung des Rates vom 13. 5. 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im ... Straßenverkehr ... beeinflussen" (ABI Nr. 88 vom 24.5.1965 8.1500); denselben Gedanken hebt auch Bethge hervor (BB 1969 S. 1182, Einleitung). 41
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B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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scheiden. Dies kommt insbesondere auch durch die bei Verstößen vorgesehene Ahndung zum Ausdruck: bei Nichteinhaltung der in Art. 11 und 12 VO (EWG) festgelegten Mindestruhezeiten zum Beispiel kann auch jedes Mitglied des Fahrpersonals mit einer Geldbuße bis zu 10 000,- DM (!) belegt werden47 , und auch der Kraftfahrzeugführer, der gegen eine Vorschrift des § 15 a I StVZO über die zulässigen Lenkzeiten verstößt, muß mit einer Geldbuße rechnen48 • Das ist aber mit den arbeitsschutzrechtlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen: nach letzteren richten sich die Ahndungsnormen auch im Arbeitszeitschutz - da der Arbeitnehmer die geschützte und der Arbeitgeber die verpflichtete Person ist - ja grundsätzlich nur gegen den Arbeitgeber (bzw. Aufsichtspersonen usw.) 4D. Insgesamt ist daher festzuhalten, daß die VO (EWG) und§ 15 a StVZO Umfang und Aufteilung der Arbeitszeit des Fahrpersonals zwar wesentlich beeinflussen und bestimmen, daß aber gleichwohl rechtssystematisch -insbesondere nach ihrem Normzweck- zwischen diesen Vorschriften und dem eigentlichen Arbeitszeitschutzrecht keine echte Beziehung besteht50 • Im Gegensatz hierzu trifft auf die Ziff. 50 ff. A V AZO keines der oben geltend gemachten Bedenken zu. Diese Vorschriften gelten nur für Arbeitnehmer, erfassen deren gesamte Tätigkeit, beschränken sich nicht auf den Verkehr auf öffentlichen Straßen, verpflichten - wie es den Arbeitsschutzbestimmungen eigen ist - zuvörderst den Arbeitgeber51. Sie beeinflussen die Arbeitszeit des Fahrpersonals nicht nur reflexartig, sondern sind "reine" Arbeitszeitschutzvorschriften, was ja auch schon daraus zu entnehmen ist, daß sie auf der Rechtsgrundlage des § 9 II AZO beruhen52.
47
s. § 5 II i. V. m. § 5 I Ziff. 1 Buchst. b FahrpersGSt; vgl. auch unten
B VIII 2.
48 s. § 69 a I Ziff. 7 StVZO i. V. m. § 24 StVG; ausführlich zu den Rechtsfolgen bei Verstößen s. unten B VIII. 49 In aller Regel macht sich daher ein Arbeitnehmer nicht strafbar, wenn er Mehrarbeit leistet- allg. Meinung, vgl. z. B. RAG ARS 8 S. 332; Denecke, § 25 AZO Anm. 4 f.; Zmarzlik, § 25 AZO Anm. 3 ff.; M eisel I Hiersemann, § 25 AZO Anm. 4 ff.; Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 826 f., bes. Nr. 2 und Fußn. 73 ff.; s. auch unten B VIII. 50 Ebenfalls in dem Sinne, daß beide Vorschriften verkehrsrechtlichen Charakter haben, allerdings ohne nähere Ausführungen, OLG Hamm vom 16. 7.1954 = VRS 7 S. 394 - bzgl. § 15 a StVZO - bzw. OLG Hamm vom 17. 5. 1973 = VRS 45 S. 228 f. - bzgl. der VO (EWG); bzgl. § 15 a StVZO ebenso Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 17 zu§ 15 a StVZO. 51 Zur Pflicht der Arbeitnehmer zur Führung eines Arbeitszeitnachweises nach Ziff. 54 AVAZO s. unten B II 6. 52 Vgl. oben B II 3 (vor a) m. w. Nachw.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
c) Die zulässige Gesamtdauer der Arbeitszeit unter Berücksichtigung des Einflusses der Sondervorschriften Wie aus den bisherigen Darlegungen hervorgeht, enthalten weder die VO (EWG) noch § 15 a StVZO Bestimmungen über die zulässige Gesamtdauer der Arbeitszeit. Diese richtet sich demnach auch für die Mitglieder des Fahrpersonals nach den Vorschriften der AZO bzw. der AVAZ053 . aa) Die grundsätzliche Regelung nach Ziff. 50 AVAZO Die grundsätzliche Regelung der zulässigen Gesamtdauer enthält Ziff. 50 AVAZO; danach darf die Arbeitszeit von Kraftfahrern und Beifahrern die in den §§ 3 - 11 und 17 AZO festgesetzten Grenzen nicht überschreiten. Innerhalb dieser Grenzen besteht demzufolge hinsichtlich der zulässigen Gesamtarbeitszeit kein Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern. Es bleibt somit auch für das Fahrpersonal bei einer zulässigen täglichen Arbeitszeit von in der Regel acht bis zu zehn Stunden54• Zur Arbeitszeit zählen dabei der Dienst am Steuer, Vor- und Abschlußarbeiten, sonstige HUfsarbeiten und die Arbeitsbereitschaft, nicht jedoch die Ruhepausen55 • Durch Ziff. 50 AVAZO wird unmittelbar nur die zulässige Höchstdauer der Arbeitsschicht und des Dienstes am Steuer bestimmt, während für die Grenzen der Arbeitszeit insgesamt lediglich auf die §§ 3 - 11 und 17 AZO verwiesen wird. Bei der Festlegung der Arbeitszeit im einzelnen müssen dann aber stets die gesetzlichen Mindestregelungen der VO (EWG) und des § 15 a StVZO beachtet werden56 , d. h. innerhalb der allgemeinen arbeitszeitrechtlichen Vorschriften sind zusätzlich noch die oben behandelten Sonderregelungen57 über die Lenkzeiten, Ruhepausen und Ruhezeiten einzuhalten. bb) Abweichende Regelungen nach Ziff. 53 AVAZO Nach Ziff. 53 AVAZO können Regelungen getroffen werden, die hinsichtlich der Lenkzeiten, Arbeitsschichten, Ruhepausen und Ruhezeiten von den Ziff. 50 - 52 abweichen, und zwar insbesondere durch Tarifvertrag (Ziff. 53 S. 1)M sowie bei Nachweis eines dringenden BeBzw. nach den einzelnen Tarifverträgen; vgl. hierzu noch unten B V 1. Zur Verlängerung über zehn Stunden hinaus durch Tarifvertrag gern. § 7 II AZO vgl. ausführlich unten B V 1. ss Ziff. 50S. 2 AVAZO; zur arbeitszeitrechtlichen Bewertung verschiedener besonderer Zeiten vgl. ausführlich unten B II 5. 56 Vgl. Röhster, Die Arbeitszeit S. 232. 57 s. o. B I1 1 - 3. 58 Eine abweichende tarifvertragliche Regelung der Arbeitszeit sieht Ziff. 53 AVAZO nicht vor; durch die Verweisung auf§§ 3-11 AZO wird jedoch auch die tarifvertragliche Verlängerung der Arbeitszeit nach § 7 AZO ermöglicht: s. hierzu ausführlich unten B V 1 a, bb. 63 54
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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dürfnisses durch das Gewerbeaufsichtsamt (Ziff. 53 S. 2). Die Vorschriften der Ziff. 50- 52 sind insoweit also nicht zwingend. Die VO (EWG) und § 15 a StVZO behalten aber auch und gerade hier ihre Bedeutung. Denn diese Vorschriften selbst sehen entsprechende Ausnahmeregelungen nicht vor, jeder Tarifvertrag hat daher ihre Mindestbestimmungen zu beachten59, und sie können auch nicht etwa durch das Gewerbeaufsichtsamt ausgeschlossen werden60 • 5. Die arbeitszeitrecbtlicbe Bewertung von Liege-, Warte- und insbesondere Kabinenzeiten
Vorbemerkung: Von der arbeitszeitrechtlichen ist die lohnrechtliche Bewertung dieser Zeiten scharf auseinanderzuhalten. Wenn z. B. die Tarifvertragsparteien vereinbaren - was ihnen unbenommen ist - , daß gewisse Zeiten wie volle Arbeitszeiten zu entlohnen sind, so ist damit noch nichts darüber ausgesagt, wie diese Zeiten arbeitszeitrechtlich zu bewerten sind61 • Die folgenden Ausführungen aber beziehen sich ausschließlich auf die arbeitszeitrechtliche Seite des Problems. Ferner sei bereits vorab angedeutet, daß sich durch die VO (EWG) Nr. 543/69 für die Auseinandersetzung um die Bewertung der genannten Zeiten teilweise wesentliche Hinweise zur Lösung strittiger Fragen ergeben haben.
a) Liegezeiten Wenig problematisch ist die Bewertung sog. Liegezeiten. Hierunter sind die Zeiten zu verstehen, in denen der Fahrer in der Schlafkabine ausruhen oder sich sonst frei bewegen kann, während das Fahrzeug abgestellt ist62 • Der Fahrer hat hier eine "freie" Zeit, über die er nach seinem Gutdünken verfügen kann, in der er sich auch vom Fahrzeug entfernen und sich erholen kann. Damit steht fest, daß diese Zeiten jedenfalls als Ruhepausen anzusehen sind63 ; häufig sogar, wenn nämlich die hierfür vorgeschriebene Mindestdauer erreicht wird, sind sie als Ruhezeiten zu bewerten64 • so
Vgl. Meisel I Hiersemann, § 2 a AZO Anm. 120; Röhsler, Die Arbeitszeit
s. 232.
Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 232. Vgl. Bächle, Arbeitszeit, Ruhezeit und Pausen der Kraftfahrer, BB 1966 S. 1400 f.; Bauer, Arbeitszeitrechtliche Bewertung verschiedener Zeiten im Kraftverkehr, BB 1967 S. 339; s. auch unten B V 1. 62 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 121 m. w. Nachw. 63 Vgl. Herschel, Der Begriff der Ruhepause, Betr. 1965 S. 515; Zmarzlik, § 12 AZO Anm. 30m. w. Nachw.; s. auch Art. 8 III VO (EWG). 64 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 121, sowie Art. 1 Ziff. 5; 11 Abs. V VO (EWG). 60
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz b) Wartezeiten
Wartezeiten sind die - mehr oder minder kurzfristigen - Unterbrechungen der Arbeit (im engeren Sinne) aus arbeitsablaufbedingten Gründen65 , beim Fahrpersonal z. B. die Zeiten des Abwartens bis die Fahrgäste zurückkehren, bis das Fahrzeug beladen oder etwa am Zoll abgefertigt wird. Die arbeitszeitrechtliche Bewertung solcher Zeiten kann nicht einheitlich für alle Fälle erfolgen; dies wird deutlich, wenn man sich die zahlreichen hierbei möglichen Varianten vor Augen führt. So mag z. B. der Taxifahrer wissen, daß sein Fahrgast, auf den er zu warten hat, in frühestens einer Stunde zurückkehrt; daß dann der Erholungswert dieser Zeit ein ganz anderer ist, als wenn er jeden Moment mit der Rückkehr des Fahrgastes und demzufolge mit der Wiederaufnahme seiner eigentlichen Tätigkeit rechnen muß, ist offensichtlich. aa) Wartezeiten als ("reine") Arbeitszeit Eindeutig ist zunächst der Fall, wenn der Fahrer z. B. selbst beim Be- oder Entladen mithilft; hier liegt überhaupt keine Wartezeit im eigentlichen Sinne vor66 , sondern da der Fahrer Hilfsarbeiten leistet, handelt es sich um "reine" Arbeitszeit67 • bb) Wartezeiten als Arbeitsbereitschaft Anderes ergibt sich, wenn der Fahrer - ohne i. e. S. zu arbeiten sich stets bereithalten muß, um erforderlichenfalls die Weiterfahrt aufnehmen zu können. Er muß hier in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs bleiben, ist in seiner Bewegungsfreiheit entsprechend beschränkt und muß ständig damit rechnen, wieder zur vollen Arbeitsleistung herangezogen zu werden; unter solchen Umständen kann der nach dem Ruhepausenbegriff erforderliche Ruhe- und Erholungszweck nicht erfüllt werden68 • Dabei kann es nicht ausschlaggebend sein, daß für den Fahrer tatsächlich in gewissem Maße die Möglichkeit zum Entspannen und Ausruhen gegeben sein mag: das jederzeitige Bereithaltenmüssen, um die eigentliche Arbeitsleistung erbringen zu können, ist mit dem Wesen der Arbeitsruhe unvereinbar69 • Wartezeiten sind daher in solchen Fällen als Arbeitsbereitschaft der Arbeitszeit zuzurechnen. 65 s. Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 113 f., 125 f.; vgl. auch BAG AP Nr. 6 zu § 12 AZO. se Vgl. Mössner, Arbeitszeitfragen bei Kraftfahrern, BB 1967 S. 675 f. (bes. Anm. 5); s. auch Art.14 II! a VO (EWG). 61 Vgl. Ziff. 50 S. 2 AVAZO und Mössner, BB 1967 S. 675 f. 68 Vgl. Bächte, BB 1966 S. 1401; Denecke, Rechtsgutachten, in: Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Güterfernverkehr im Bundesgebiet e.V. Heft 7, S. 73 f.; vgl. auch Art. 8 III i. V. m. Art. 14 II! d und !II a VO (EWG).
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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cc) Wartezeiten als Ruhepausen oder Ruhezeiten Schließlich bleiben die Wartezeiten, zu deren Beginn der Fahrer weiß, daß er nunmehr für eine bestimmte Zeit von jeder Arbeitsleistung freigestellt ist und sich auch nicht "auf Abruf" zur jederzeitigen Wiederaufnahme der Arbeit bereithalten muß. Als Beispiel sei der Busfahrer genannt, der mit seiner Reisegruppe um 11 Uhr am Ausflugsort angelangt ist und von vornherein weiß, daß die Rückfahrt um 15 Uhr beginnen wird. In der dazwischenliegenden Zeit kann er sich daher beliebig vom Fahrzeug entfernen, er kann sie nach eigenem Gutdünken einteilen und nutzen und frei über sie verfügen. Somit sind für derartige Wartezeiten alle Merkmale der arbeitsfreien Zeit, der Arbeitsruhe also, gegeben70 • Es bleibt deshalb nur noch die Frage, ob sie als Ruhepausen oder Ruhezeiten zu werten sind. Dies wiederum hängt lediglich davon ab, ob die jeweils erforderliche Mindestdauer erreicht wird71 • Nichts anderes kann sich auch daraus ergeben, daß die Arbeitsruhe hier auf betrieblichen Gründen beruht72 ; denn der Zweck der Ruhepause bzw. Ruhezeit wird unabhängig davon erreicht, welcher Anlaß letztlich zugrundeliegt. Es ist kein ernsthafter sachlicher Grund ersichtlich, weshalb arbeits- bzw. betriebsablaufbedingte Pausen nicht arbeitszeitrechtlich als Ruhepausen eingestuft werden könnten73• Wartezeiten der hier bezeichneten Art sind daher arbeitszeitrechtlich je nach ihrer zu Beginn feststehenden Dauer als Ruhepausen oder als Ruhezeiten zu bewerten, jedenfalls aber als arbeitsfreie Zeit.
c) Kabinenzeiten Heftig umstritten ist seit langem besonders die Bewertung der sog. Kabinenzeiten, d. h. der Zeiten, die ein Kraftfahrer in der Schlafkabine des fahrenden Fahrzeugs verbringt. aa) Bewertung als Ruhezeiten? Als Vertreter der Auffassung, daß Kabinenzeiten als Ruhezeiten zu bewerten seien, hat sich vor allem Denecke hervorgetan74 • Zu diesem 69 Vgl. Denecke, Rechtsgutachten S. 74; Nipperdey, Rechtsgutachten S. 84 f.; Mössner, BB 1967 S. 676; Röhsler, Die Arbeitszeit S. 34; Bächle, BB 1966 S. 1401 f.; Böhm, RdA 1959 S . 273 ff.; Matthes, RdA 1960 S. 101; a. A. jedoch Denecke, § 9 AZO Anm. 7 (!). 70 Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 34; Mössner, BB 1967 S. 676; Bächle,
BB 1956 S. 1401 f. 71 Vgl. Art. 8 und 11 VO (EWG); Ziff. 51 S. 2 ; 52 AVAZO. 72 So aber H ersch el, Der Begriff der Ruhepause, Betr. 1965 S. 515. 73 Wie hier Mössner, BB 1967 S. 676; Röhsler, Die Arbeitszeit S. 34; Bächle, BB 1966 S. 1401.
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Tei12: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Schluß kommt er, weil während dieser Zeiten "keinerlei dem Wesensgehalt eines Kraftfahrers entsprechende Tätigkeit" vorzunehmen sei15 • Diese Ansicht ist nach dem Inkrafttreten der VO (EWG) Nr. 543/69 nicht mehr haltbar. Nach der materiellen Regelung des Art. 11 Abs. V VO (EWG) können Kabinenzeiten nur dann als Ruhezeiten gelten, wenn das Fahrzeug stillsteht. Diese Vorschrift erfaßt unmittelbar die weitaus überwiegende Anzahl dieser Fälle, da Schlafkabinen in aller Regel nur in den größeren und damit der VO (EWG) unterliegenden Fahrzeugen eingerichtet sind. Zwar ist richtig, daß diese Regelung "nicht ohne weiteres" auch im Bereich der AZO und AVAZO gilt76 ; doch erscheint es wenig verständlich, wenn Denecke meint, es bedürfe einer "gesetzlichen Normierung", um diese Regelung auf die AZO bzw. AVAZO erstrecken zu können77. Vielmehr steht Ziff. 52 AV AZO einer solchen Auslegung nicht entgegen, so daß die in der VO (EWG) getroffene Bestimmung ohne Bedenken auch auf die Kraftfahrer und Beifahrer übertragen werden kann, die dem EWG-Recht nicht unterliegen78. Für eine unterschiedliche Behandlung ist ein sachlich-überzeugender Grund nicht erkennbar; aber es kann vor allem auch keine Rede davon sein, daß beim Aufenthalt in der Schlafkabine eines rollenden Fahrzeuges der richtig und zeitgemäß verstandene Zweck einer Ruhezeit erfüllt würde: denn neben einem schlichten "Ausruhen" soll die Ruhezeit dem Arbeitnehmer ja auch die Möglichkeit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit geben, die zu seiner Selbstverwirklichung erforderliche Freizeit79 • Daß solchen Zwecken der "Zwangsaufenthalt" in einer Kabine gerecht werden könnte, läßt sich aber wohl schwerlich ernsthaft behaupten. Die Kabinenzeiten im rollenden Fahrzeug können daher arbeitszeitrechtlich nicht als Ruhezeiten bewertet werden. bb) Kabinenzeit als Arbeitsbereitschaft? Nach der wohl (noch) überwiegenden Ansicht soll die Kabinenzeit als Arbeitsbereitschaft der Arbeitszeit zuzurechnen sein80 . Begründet 74 Rechtsgutachten S. 74 ff. ; § 9 AZO Anm. 7 a ; § 12 AZO Anm. 1; Zur Frage der Arbeitsbereitschaft, RdA 1958 S. 447 ff. ; - zum gleichen Ergebnis kommt auch Galperin, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst S. 11 f. 75 Vgl. § 9 AZO Anm. 7 a. 76 So Denecke, § 9 AZO Anm. 7 a. 77 Ebd. (§ 9 AZO Anm. 7 a). 78 Ebenso Röhsler, Die Arbeitszeit S. 231 f.; Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 123. 79 Vgl. o. BI 1 a und BAG AP Nr. 1 zu § 4 AZO = Betr. 1957 8. 1202. 80 Vgl. Nipperdey, Rechtsgutachten S. 85 und 89 ; Böhm, Betr. 1956 S. 161 f. und RdA 1959 S. 275; Mössner, BB 1967 S. 676; Fechner, Probleme der Arbeitsbereitschaft S. 86; Matthes, Arbeitsbereitschaft, RdA 1960 S. 98 ff. (102); Frey, Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst ..., S. 11.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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wird dies vor allem damit, daß der Fahrer örtlich an das Fahrzeug gebunden und so in seiner Bewegungsfreiheit entscheidend eingeschränkt sei; ferner müsse er sich als Ablösungsfahrer stets zu Zwecken des Betriebes bereithalten81 cc) Kritik und Ergebnis Wenn auch die Bewertung der Kabinenzeit als Ruhezeit abzulehnen ist82, so kann doch nicht geleugnet werden, daß der Kraftfahrer während dieser Zeit tatsächlich keine dem Wesensgehalt des Kraftfahrers entsprechende Tätigkeit auszuführen hat83• Er ist von jeder Verantwortung frei, braucht auch nicht auf den Verkehr zu achten, er kann nach Belieben lesen, essen, Radio hören oder sogar schlafen, und er muß vor allen Dingen keineswegs "jederzeit bereit sein ... für Zwecke des Betriebs" 84 • Sollte sein plötzliches Eingreifen z. B. bei einer Panne erforderlich sein, so entspricht dies gerade nicht dem Wesen der Kabinenzeit - vielmehr erinnert dies doch stark an die Regelung für die Ruhepausen, in denen der Arbeitnehmer zur Leistung von Arbeit, abgesehen von plötzlich eintretenden Not- und Eilfällen85 , nicht herangezogen werden darf. Das Bereithaltenmüssen zu jederzeitigem Eingreifen ist für Kabinenzeiten völlig atypisch; mit diesem Argument kann eine Verbindung zur Arbeitsbereitschaft nicht hergestellt werden86 • Der Kraftfahrer ist vielmehr während der Kabinenzeit frei von jeglicher Inanspruchnahme durch seinen Arbeitgeber. Seine Bewegungsfreiheit allerdings ist in der Tat erheblich dadurch eingeschränkt, daß er das Fahrzeug nicht verlassen kann. Doch auch aus diesem Zwang zur körperlichen Anwesenheit an der Arbeitsstätte läßt sich nicht einfach folgern, daß damit bereits Arbeitsbereitschaft vorläge87 • Der richtige Ansatzpunkt zur Lösung dieser Frage ist vielmehr darin zu sehen, daß bei jeder Ruhepause die Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers eine gewisse tatsächliche Beschränkung dadurch findet, daß der Arbeitnehmer nach der Pause an seinem Arbeitsplatz sein muß, um dort seine Tätigkeit fortzusetzen - oder mit anderen Worten: die Bewegungsfreiheit jedes Arbeitnehmers während der Pausen ist aus zeitlichen Gründen auch räumlich eingeschränkt. Daß So bes. Mössner, BB 1967, S. 676. s. o. B II 5 c, aa. 83 Vgl. auch BAG AP Nr. 5 zu § 7 AZO. 84 Was bes. Mössner (BB 1967 S. 676) und Nipperdey (RechtsgutachtenS. 89) fälschlicherweise unterstellen. 85 Allg. Meinung, vgl. Denecke, § 2 AZO Anm. 10; Röhsler, Die Arbeitszeit 81
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s. 34.
Vgl. auch Bauer, BB 1967 S. 339; Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 123. Dieser Schluß wird aber häufig - und voreilig - gezogen, vgl. oben B II 5 c, bb und die dort angegebenen Literaturnachweise. 86 87
64
Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
diese räumlichen Grenzen beim Kraftfahrer besonders eng gezogen sind, hängt aber schlicht mit der Eigenart seiner beruflichen Tätigkeit zusammen: auch er muß nach Beendigung einer Pause wieder an seiner Arbeitsstätte sein - und das ist sein Fahrzeug, das sich in der Zwischenzeit fortbewegt. Um seine Tätigkeit nach der Pause wieder aufnehmen zu können, ist es daher unumgänglich, daß er das Fahrzeug eben nicht verlassen kann. Diese besondere Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist daher als berufsbedingte Erschwernis anzusehen, die lohnrechtlich Berücksichtigung finden mag88 • Arbeitszeitrechtlich gesehen aber bedeutet die Kabinenzeit nicht Arbeit, sondern Arbeitsruhe. Da andererseits eine Bewertung als Ruhezeit nicht in Betracht kommt89 , muß die Kabinenzeit somit arbeitszeitrechtlich als Ruhepause angesehen werden90 • Dieses rechtliche Ergebnis führt auch in der Praxis zu sachlich angemessenen Lösungen. Der weitreichenden Erholungsmöglichkeit des Kraftfahrers wird durch Nichtanrechnung der Kabinenzeiten zur Arbeitszeit Rechnung getragen91 • Gleichzeitig findet aber die beschränkte Bewegungs- und Betätigungsfreiheit dadurch Berücksichtigung, daß die in der Kabine verbrachte Zeit in die Arbeitsschicht einzuberechoen ist, die sich ja aus Arbeitszeit und Ruhepausen zusammensetzt92. Insgesamt dürfte somit die arbeitszeitrechtliche Bewertung der Kabinenzeiten als Ruhepausen sowohl die Interessen der Arbeitnehmer wie auch diejenigen der Arbeitgeber und der Verkehrssicherheit in ausgewogener und befriedigender Weise wahren. 6. Besondere Beschäftigungsnachweise
Die praktische Wirksamkeit aller Vorschriften hängt entscheidend davon ab, daß ihre Einhaltung möglichst ständig und zuverlässig überwacht werden kann. Gerade die weitreichenden Sonderregelungen für das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen erfordern daher, daß über alle Tätigkeiten dieser Arbeitnehmer genaue, umfassende und nachprüf88 So kann tarifvertraglich selbstverständlich vereinbart werden, daß die Kabinenzeiten voll zu vergüten sind - wie es in der Praxis auch der Fall ist, vgl. § 15 Buchst. a S. 2 des BMT für den Güter- u. Möbelfernverkehr vom 2. 12. 1965 i. d. F. vom 9. 6. 1971 (s. u. B V 1 b, aa). 89 s. hierzu oben B li 5 c, aa. 90 Im Ergebnis ebenso Zmarzlik, § 12 AZO Anm. 39; Meisel I Hiersemann, § 2 AZO Anm. 123; ungenau Röhsler, Die Arbeitszeit S. 231, der jedoch ebenfalls dieser Meinung zuzuneigen scheint. 91 Vgl. Ziff. 50 S. 2 AVAZO, wichtig also hinsichtlich der nach der AZO zulässigen Höchstarbeitszeiten. 92 Vgl. Ziff. 50 S. 4 AVAZO, wichtig also hinsichtlich der zulässigen Schichtdauer bzw. der erforderlichen Ruhezeiten nach deutschem wie auch nach Gemeinschafts-Recht, vgl. Art. 11, 12 VO (EWG).
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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bare Aufzeichnungen geführt werden. Da das Fahrpersonal stets mehr oder minder weit vom Betriebssitz entfernt tätig ist, hat der Arbeitgeber über die jeweilige Tätigkeit des Fahrpersonals aber nur einen sehr beschränkten groben Überblick. Deshalb müssen sich Vorschriften über das Führen von Tätigkeitsnachweisen hier zu einem wesentlichen Teil an die Arbeitnehmer selbst wenden; nur durch ihre Mitwirkung kann eine wirksame Überwachung sichergestellt werden93 •
a) Nachweise nach der VO (EWG) und§ 15 a StVZO aa) Persönliches Kontrollbuch; Fahrtschreiber Aus den genannten Erwägungen heraus sind die Mitglieder des Fahrpersonals, die der VO (EWG) oder § 15 a StVZO unterliegen, gemäß Art. 14 VO (EWG) bzw. § 15 a VII StVZO grundsätzlich zur Führung eines "persönlichen Kontrollbuchs" verpflichtet. In dieses sind alle Werte einzutragen, welchen gemäß den Sonderregelungen Bedeutung zukommt, also die täglichen Ruhezeiten, Pausen, Lenkzeiten sowie andere Zeiten der Anwesenheit am Arbeitsplatz94 • Das persönliche Kontrollbuch ersetzt als Nachweis das früher erforderliche Schichtenbuch95. Vom Führen solcher Kontrollbücher befreit ist das Fahrpersonal von Fahrzeugen im Linienverkehr, da für diese Arbeitnehmer bereits vom Unternehmer ein inhaltlich entsprechender Arbeitszeitplan aufgestellt werden muß, Art. 15 VO (EWG) 96 . Um die Überprüfung der Zeitwerte zu ermöglichen, müssen die Kontrollblätter zunächst vom Fahrpersonal selbst, nach zwei Wochen vom Unternehmer (ein Jahr lang) aufbewahrt werden; dadurch wird es ermöglicht, die Kontrollen für die aktuellen Zeitwerte unmittelbar im Straßenverkehr, ansonsten im nachhinein im Betrieb durchzuführen. Solche Kontrollen anhand persönlicher Aufzeichnungen des Fahrpersonals haben jedoch einen Unsicherheitsfaktor, der auf menschlicher Unzulänglichkeit beruht. Denn nicht selten mag ein Kraftfahrer versucht sein, zugunsten eines höheren Einkommens längere Lenk- und Arbeitszeiten auf Kosten der vorgeschriebenen Ruhezeiten und Pausen anzustreben und aus solchen Beweggründen seine Aufzeichnungen in den Kontrollbüchern zu manipulieren. Zuverlässiger, unbestechlicher und daher wünschenswert ist aus diesem Grunde eine möglichst weit93 Vgl. auch Böhm I Rugo, Die Regelung der Arbeitszeit durch Gesetz und Tarifvertrag, 1. Teil, E VIII. 94 Einzelheiten über Gestaltung, Registrierung etc. ergeben sich aus der DVO (EWG) vom 22. 8. 1969 (BGBl I S. 1307, 1791). 95 Zur Schichtenbuch-VO vom 8. 2.1956 (BGBl S. 65) bzw. deren Außerkrafttreten s. o. B II 2. 96 Vgl. auch Röhsler, Die Arbeitszeit S. 233.
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Scbanbacher
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
gehende mechanische Festhaltung der Arbeitszeitwerte - ganz davon abgesehen, daß dies auch eine Erleichterung für das Fahrpersonal mit sich bringt. Deshalb sehen § 6 DVO (EWG) bzw. § 15 a VIII StVZO bereits bisher die Entbehrlichkeit von persönlichen Kontrollbüchern vor, wenn in dem Fahrzeug ein entsprechendes Kontrollgerät (Fahrtschreiber) eingebaut ist, das während der gesamten Arbeitsschicht in Betrieb ist und die Dauer der Lenkzeit aufzeichnet; auch die Schicht- und Pausenzeiten müssen dabei leicht erkennbar sein und ggf. besonders vermerkt werden. Solche eingebauten Kontrollgeräte werden schon in naher Zukunft die bisherigen Kontrollbücher weitgehend ablösen; für manche Fahrzeuge sind sie bereits seit dem 1. 1. 1975, für weitere ab dem 1. 1. 1978 im Geltungsbereich der VO (EWG) obligatorisch97 • Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß auch die nationalen deutschen Vorschriften in absehbarer Zeit im selben Sinne geändert werden- nicht nur um eine Vereinheitlichung herbeizuführen, sondern auch aus den genannten sachlichen Gründen. Verkehrssicherheit und Schutz des Fahrpersonals gebieten es gleichermaßen, dem Arbeitgeber nach einer angemessenen Umstellungsfrist die Pflicht zum Einbau zuverlässiger moderner Kontrollgeräte aufzuerlegen. bb) Die rechtliche Besonderheit des Nachweises für Beifahrer nach§ 15 a VII und VIII StVZO Nach § 15 a VII und VIII StVZO besteht die Pflicht zur Führung der genannten Nachweise für "Kraftfahrer und Beifahrer". Hierzu ist festzustellen, daß gern. § 6 I Nr. 6 StVG98 nach dem Straßenverkehrsrecht zwar Kraftfahrzeugführer, nicht jedoch Beifahrer zur Führung solcher Nachweise verpflichtet werden können. Beifahrern kann dagegen diese Pflicht auf Grund arbeitsrechtlicher Vorschriften auferlegt werden, nämlich gern. §§ 9 und 29 AZO bzw. § 16 BAZG. Denn nach diesen Vorschriften ist der BMA zum Erlaß von Rechtsverordnungen über die Beschäftigung von Kraftfahrern und Beifahrern ermächtigt. Hieraus aber folgt, daß Beifahrer nur dann Arbeitszeitnachweise führen müssen, wenn sie Arbeitnehmer sind. Oder anders ausgedrückt: soweit § 15 a VII und VIII StVZO Beschäftigungsnachweise für Beifahrer zum Gegenstand hat, enthält er Arbeits- und nicht Verkehrsrecht99,1oo. 97 Siehe hierzu die VO (EWG) Nr. 1463/70 über die Einführung eines Kontrollgerätes im Straßenverkehr vom 20. 7. 1970 (ABl-EG Nr. L 164 = VkBl 1970 S . 630) sowie die VO des BMV vom 22. 12. 1971 (BGBl I S. 2023) über die EWG-Bauartgenehmigungen für Kontrollgeräte und Schaublätter. es Straßenverkehrsgesetz in der durch das FahrpersGSt vom 30. 3. 1971 (BGBl I S. 277) geänderten Fassung. 99 Ebenso Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 2 zu § 15 a StVZO (= LZ 18); vgl. hierzu auch die amtl. Begründung in VkBl 1971 S. 561.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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b) Nachweise nach Ziff. 54 AVAZO Von den übrigen Mitgliedern des Fahrpersonals von Kraftfahrzeugen - die also weder der VO (EWG) noch § 15 a StVZO unterliegen haben einen Arbeitszeitnachweis nur zu führen die Taxen- und Mietwagenfahrer sowie die Fahrer des Ausflugs- und Ferienzielreiseverkehrs von Personenkraftwagen mit mehr als vier Fahrgastplätzen101 • Früher bestand für diese Fahrer nach der Schichtenbuch-VO überhaupt keine Nachweispflicht, so daß eine Überwachung praktisch unmöglich war. Auch in diesem Bereich können jedoch die Arbeitnehmer veranlaßt werden, über die zulässige Schichtdauer hinaus zu arbeiten, ohne daß dies durch einen Tarifvertrag gerechtfertigt wäre102 • Um den Aufsichtsbehörden die Kontrolle über die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchst- bzw. Mindestzeiten zu ermöglichen, wurde daher mit der bereits genannten VO über Beschäftigungszeiten im Straßenverkehr103 die Ziff. 54 AVAZO geändert. Mit der Neufassung wurde nun auch für die Fahrer der oben bezeichneten Fahrzeuge ein einfacher Arbeitszeitnachweis eingeführt, in welchen Beginn und Ende von Arbeitszeit und Pausen eingetragen werden müssen; zulässig ist auch hier, daß die Eintragungen auf das Schaublatt eines Fahrtschreibers erfolgen. Diese Nachweise sind insgesamt drei Tage vom Fahrer selbst mitzuführen, danach wiederum vom Arbeitgeber ein Jahr lang aufzubewahren. Auch hier können die zuständigen Behörden nun also sowohl unmittelbar im Verkehr als auch später im Betrieb die Einhaltung der vorgeschriebenen Zeitwerte überwachen.
111. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht des Fahrpersonals von Straßenbahnen I. Die werktägliche Arbeitszeit
a) Allgemeines Daß die allgemeinen Vorschriften der AZO auch für das Fahrpersonal der Straßenbahnen gelten, wurde bereits dargetan; auch auf die in der AZO enthaltenen besonderen Regelungen für das Verkehrswesen 1oo Insoweit sind daher die oben zu B II 4 gemachten Ausführungen zu ergänzen, womit sich aber insgesamt an der dort vorgetragenen rechtlichen Einstufung nichts Grundsätzliches ändert. 1o1 Zu beachten ist allerdings, daß Fahrer von Kraftomnibussen bereits der VO (EWG) oder § 15 a StVZO unterliegen. 102 Vgl. Ziff. 50, 53 AVAZO sowie die amtliche Begründung in VkBl 1971 S. 562; s. auch unten B V 1. 1oa Vom 28. 10. 1971 (BGBl I S. 1729).
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
wozu die Straßenbahnen zu zählen sind- wurde dabei hingewiesen104. Hierauf braucht daher nicht mehr besonders eingegangen zu werden.
b) Ruhezeiten und Pausen In einer Sonderregelung für das Fahrpersonal der Straßenbahnen hatte der Reichsarbeitsminister mit Anordnung vom 4. 4. 1940105 auf Grund der §§ 27 IV i. V. m. 12 I, II und 20 III AZO bestimmt, daß die ununterbrochene Ruhezeit auf regelmäßig neun, in Ausnahmefällen auf acht Stunden verkürzt werden durfte. Ferner durften die Ruhepausen der im Fahrdienst Beschäftigten entsprechend der Dauer der Wendezeiten der Straßenbahnen bis auf sechs Minuten verkürzt werden. Dieser Erlaß, der in den kriegsbedingten Schwierigkeiten begründet war, diente noch bis 1956 für zahlreiche Straßenbahnbetriebe als Rechtsgrundlage, um Ruhezeiten und Pausen des Fahrpersonals zu verkürzen. Erst durch die VO vom 9. 8. 1956106 , ergangen auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes vom 21. 3. 1952107, wurden diese generellen Ausnahmen von den Bestimmungen der AZO beseitigt. Verkürzungen der Ruhezeiten und Pausen sind seitdem auch für das Fahrpersonal der Straßenbahnen nur noch in besonderen Fällen durch das Gewerbeaufsichtsamt zulässig108. Dabei muß jedoch in jedem Fall sorgfältig geprüft werden, ob eine solche Verkürzung durch andere zurnutbare Maßnahmen abgew endet werden kann, z. B . durch Einstellung zusätzlichen Personals, Änderung der Fahrzeiten oder Einsatz von Reservepersonal zur Ablösung109. 2. Besonderheiten zur Sonn- und Feiertagsarbeit
Der Titel VII GewO gilt nach § 64 III PBefG auch für Straßenbahnbetriebe, so daß gemäß § 105 i GewO das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit für Straßenbahnführer und -schaffner nicht eingreift. Zu beachten ist darüber hinaus, daß in Straßenbahnbetrieben Sonntagsarbeit nicht nur zulässig, sondern auch üblich ist. Daher gilt für die weiblichen Mitglieder des Fahrpersonals die Befreiungsvorschrift von Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 3 I FreizeitA0 110 nicht; allerdings muß 104 s. hierzu oben B I, bes. 2. 105 RABl III S. 104 ("Erlaß betreffend: die Ruhezeiten und Pausen für das Fahrpersonal der Straßenbahnen"). 106 VO zur Aufhebung von Vorschriften über die Ruhezeiten und Pausen für das Fahrpersonal der Straßenbahnen (BAnz. Nr. 161 vom 21. 8. 1956 S. 1). 1o1 BGBl I S. 146. 1os Vgl. § 12 AZO. 1o9 Vgl. Oels, Ruhezeit und Pausen für das Fahrpersonal der Straßenbahnen, ArbSch 1956 S. 201.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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diesen Arbeitnehmerinnen, wenn sie - zulässigerweise - an Sonnund Feiertagen beschäftigt werden, einmal wöchentlich eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden gewährt werden, die zeitlich im Anschluß an eine Nachtruhe liegen muß 111 • 112 • IV. Besonderheiten im Arbeitszeitrecht des Fahrpersonals von Eisenbahnen (i. e. S.) 1. Die werktägliche Arbeitszeit
a) Allgemeines Für das Fahrpersonal von Eisenbahnunternehmungen - dies gilt auch für die öffentlichen Eisenbahnen113 - finden ebenfalls die Vorschriften der AZO Anwendung114 ; da die Eisenbahnen zum Verkehrswesen gehören, sind die hierfür in der AZO enthaltenen Sonderbestimmungen zu beachten115 •
b) Ruhezeiten bei Privat- und Kleinbahnen Ausnahmsweise darf aus dringenden betrieblichen Gründen die ununterbrochene Ruhezeit zwischen zwei Dienstschichten für das Fahrpersonal der Privat- und Kleinbahnen von zehn auf acht Stunden verkürzt werden; dies beruht auf der Anordnung des Reichsarbeitsministers vom 18. 3. 1939116• Über die verkürzten Ruhezeiten und die hiervon betroffenen Arbeitnehmer müssen Verzeichnisse geführt werden, um Kontrollen zu ermöglichen und einer mißbräuchlichen Verkürzung vorzubeugen. 2. Besonderheiten zur Sonn- und Feiertagsarbeit
Bezüglich der Sonn- und Feiertagsarbeit ist zunächst zu beachten, daß die einschlägigen Vorschriften der GewO (§§ 105 a ff.) für die öffentlichen (auch nichtbundeseigenen) Eisenbahnen nicht gelten117• uo Anordnung über Arbeitszeitverkürzung für Frauen, Schwerbeschädigte und minderleistungsfähige Personen (Freizeitanordnung) vom 22. 10. 1943 (RABl I S. 508), i. d. F. der Veröffentlichung in BGBl III Nr. 8050-9. 111 § 3 IV FreizeitAO; vgl. hierzu auch Schnorr von Carolsfeld, Arbeitsrecht s. 315. 112 Zur Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit der Beschäftigung von Frauen auf Straßenbahnen s. unten D. 113 s. Haustein, Die Eisenbahnen ... , § 151 Nr.l3 (S. 434). 114 Vgl. OVG Harnburg VerwRspr. 4 Nr. 180 und 5 Nr. 185; Schnorr von Carolsfeld, Arbeitsrecht S. 310. 115 Vgl. oben B I 2. 116 RABl III S. 292. 117 § 6 GewO; vgl. Haustein, Die Eisenbahnen ..., § 150 Nr. 1 (S. 428); Finger, Eisenbahngesetze, Anm. 2 und 4 zu § 6 GewO (S. 295).
Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
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Die nichtöffentlichen Eisenbahnen, also vor allem interne Werksbahnen und Privatanschlußbahnen, fallen demgegenüber nicht unter die Befreiungsvorschrift des§ 6 GewO; das Fahrpersonal dieser Bahnen teilt vielmehr gewerberechtlich die Stellung des Unternehmens, bei dem es beschäftigt ist118 • Die §§ 105 a ff. GewO finden somit je nachdem Anwendung, zu welchem Unternehmen die Bahn im Einzelfall gehört119 •
V. Gesetzliche Arbeitszeitregelung und privatrechtliche Arbeitspflicht Vorbemerkung: Allen vorstehend behandelten Bestimmungen über die Arbeitszeit ist gemeinsam, daß sie der zulässigen Beschäftigung von Arbeitnehmern öffentlich-rechtliche Schranken setzen. Bereits aus dem Schutzzweck dieser Vorschriften läßt sich entnehmen, daß sie die Beschäftigungsdauer begrenzen, keinesfalls jedoch eine Verpflichtung des Arbeitnehmers begründen wollen, während dieser - zulässigen - Zeit nun auch arbeiten zu müssen. Eine solche gesetzliche Regelung bzgl. einer Arbeitspflicht besteht nicht und wäre auch mit unserem freiheitlichen Gesellschaftssystem nicht in Einklang zu bringen120 • Der zeitliche Umfang der Arbeitspflicht folgt vielmehr allein aus dem Arbeitsverhältnis, so daß den kollektiv- und einzelvertraglichen Vereinbarungen entscheidende Bedeutung zukommt121 • Hierbei ist dann aber wiederum zu beachten, daß der Vertragsfreiheit der Parteien durch die öffentlichrechtlichen Vorschriften nur ein beschränkter Spielraum zur Verfügung steht1 22• 1. Arbeitszeltregelung durch Tarifverträge
a) Bedeutung und besondere rechtliche Probleme Als bedeutendster Bestimmungsfaktor für die Dauer der Arbeitspflicht sind die Tarifverträge zu nennen, in denen in aller Regel der zeitliche Umfang der Arbeitspflicht näher festgelegt wird. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren dabei häufig nicht nur die tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit (wie die heute übliche 40-Stunden-Woche), Vgl. Haustein, § 148 (S. 426); Finger, Anm. 2 und 4 zu § 6 GewO (S. 295). Insoweit besteht also eine Parallele zu den "branchefremden" Kraftfahrern. 120 Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C IV 3 a. 121 h. M., vgl. z. B. Meiset I H i ersemann, AZO, Einleitung Anm. 25; Röhster, Die Arbeitszeit S. 24; Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 207; Denecke, § 3 AZO Anm. 5. 122 s. auch unten B V 7 und B VII. 118
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B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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sondern auch deren zeitliche Lage (so insbes. die 5-Tage-Woche) sowie auch Voraussetzungen und Lohnzuschläge für Mehr-, Nacht-, Schichtund Sonn- und Feiertagsarbeit Praktisch besonders wichtig - gerade für das Fahrpersonal - sind in diesem Zusammenhang zwei Vorschriften, die daher im folgenden näher untersucht werden sollen: § 7 AZO, wonach durch Tarifvertrag die regelmäßige Arbeitszeit verlängert werden kann, sowie Ziff. 53 A VAZO, wonach für Kraftfahrer und Beifahrer im Tarifvertrag gewisse Regelungen getroffen werden können, die von den Ziff. 50 - 52 A V AZO abweichen. aa) Die tarifliche Arbeitszeitverlängerung nach§ 7 AZO § 7 AZO läßt es zu, daß die Tarifvertragsparteien die regelmäßige Arbeitszeit über die gesetzliche Normaldauer von acht Stunden täglich (§ 3 AZO) verlängern. Im allgemeinen ist dabei eine Verlängerung bis auf zehn Stunden täglich zulässig, und sogar darüber hinaus gern. § 7 Abs. II AZO unter der Voraussetzung, daß in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Damit soll die Möglichkeit eröffnet werden, betrieblichen Bedürfnissen in einzelnen Gewerbezweigen Rechnung zu tragen123 ; begrenzt wird die Befugnis der Tarifvertragsparteien dabei insbesondere durch den Schutzzweck des Arbeitszeitrechts, d. h. Gesundheit und andere soziale Belange der Arbeitnehmer müssen stets hinreichend gewährleistet bleiben 124•
Die Rechtsnatur dieser tarifvertragliehen Arbeitszeitverlängerung ist heftig umstritten. Dabei haben sich vor allem zwei Hauptmeinungen gebildet125: -
nach der öffentlich-rechtlichen Theorie ist eine solche Verlängerung Ausfluß staatlicher Gesetzgebungsbefugnis, die an die Tarifpartner delegiert wurde. Die im Rahmen dieser Ermächtigung geschaffene Arbeitszeitregelung hat demzufolge dieselbe Bedeutung wie die gesetzliche, an deren Stelle sie tritt: es handelt sich - nach dieser Auffassung - bei der tarifvertragliehen Arbeitszeitverlängerung nicht etwa (nur) um eine Tarifnorm i. S. des TVG, sondern um eine öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzbestimmung mit der Wirkung eines staatlichen Gesetzes128.
Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit III" AI. Vgl. Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 2 sowie oben BI 1. 125 Auch innerhalb beider Gruppen treten noch verschiedene Abweichungen auf, die aber in diesem Rahmen keiner weiteren Erörterung bedürfen. 12s Vgl. Hessel, Die Rechtsnatur einer Arbeitszeitverlängerung nach § 7 I AZO, AuR 1965 8 . 176; Trieschmann, Die Verlängerung der Arbeitszeit durch Tarifvertrag, RdA 1954 S. 335; Trabandt, Arbeitszeitverlängerung in Tarifverträgen . .., BB 1954 S. 470; früher auch Denecke, AZO (6. Aufl. 1965) Anm.3 zu §7. 123
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-
Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz nach der im Vordringen befindlichen privatrechtliehen Theorie dagegen bleibt die tarifliche Arbeitszeitverlängerung ein Akt privatrechtlicher autonomer Normsetzung, wozu die Tarifpartner aufgrund des TVG befugt sind127• Die Verlängerung gehört hiernach zum normativen Teil des Tarifvertrages und gilt als Betriebsnorm nach § 3 II TVG für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden sind.
Dieser letzteren, also der privatrechtliehen Auffassung ist vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen zuzustimmen. Nach dem Grundgesetz ist die Normsetzung allein dem Gesetzgeber vorbehalten, selbst Rechtsverordnungen sind an den engen Rahmen des Art. 80 GG gebunden. Der Gesetzgeber ist nicht befugt, das Recht, öffentlich-rechtliche Normen zu setzen, ohne Kontrolle und ohne genaue Anhaltspunkte für die Regelung auf private Stellen zu übertragen128• Auch eine Übertragung der Rf?chtssetzungsbefugnis im Rahmen der Sozialautonomie kommt hier nicht in Betracht. Das Recht zur autonomen Normsetzung leitet sich aus Art. 9 III GG ab1211, wonach den Berufsverbänden die Gestaltung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen weitgehend überlassen wird. Da der Zusammenschluß dieser Verbände aber auf freiwilliger Grundlage beruht, kann ihre Normsetzungsbefugnis auch nicht über ihren Mitgliederbereich hinausgehen130 • Sollen Tarifnormen auch für Nichtmitglieder gelten, so ist daher eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach § 5 TVG erforderlich. Für eine öffentlich-rechtliche Normsetzung durch die Tarifpartner fehlt es somit an einer gesetzlichen Ermächtigung. Vielmehr wird die Erweiterung der zulässigen Höchstarbeitszeit bereits durch § 7 AZO selbst festgelegt: unter gewissen Voraussetzungen darf ein Arbeitgeber zulässigerweise länger arbeiten lassen, als es in der AZO üblicherweise vorgesehen ist, und zu diesen Voraussetzungen zählt hier das Vorhandensein einer entsprechenden wirksamen tariflichen Vereinbarung. Das bedeutet, daß die Vorschrift des § 7 AZO der Tarifnorm nur noch als eines Tatbestandsmerkmales bedarf, um als Ausnahmeregelung eingreifen zu können131 • 127 Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit III" D II; Hueck I Nipperdey I Stahlhacke, § 1 TVG Anm. 59 ff.; Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 4 ff.; Meisell Hiersemann, § 7 AZO Anm. 8 ff.; Schröder, Arbeitszeitverlängerung durch Tarifvertrag, BB 1960 S. 53; jetzt auch Denecke, AZO (7. A.) Anm. 3 ff. zu § 7. 12s Vgl. Denecke, § 7 AZO Anm. 3 a. i211 Vgl. Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie S. 102 ff.; Galperin, Fest-
schrift für Molitor S. 143 ff. 1ao Von ausdrücklichen gesetzlichen Ausnahmen - wie § 3 II TVG - abgesehen. 131 Vgl. Herschel, Die Zulassungsnormen des Tarifvertrages, RdA 1969 S. 211 ff. (214); Röhsler, Die Arbeitszeit S. 78; Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 6; jetzt auch Denecke, § 7 AZO Anm. 3 d.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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Die tarifliche Arbeitszeitverlängerung betrifft unmittelbar die allgemeine Ordnung im Betrieb und kann vernünftigerweise nur einheitlich im Betrieb vorgenommen werden; sie ist daher als Betriebsnorm zu werten132. Gemäߧ 3 II TVG gilt sie für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden sind, während die nichtorganisierten Arbeitgeber nur dann die erweiterten Grenzen in Anspruch nehmen können, wenn der Tarifvertrag nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt wird133. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, so gilt die erweiterte zulässige Höchstarbeitszeit für alle Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes (dies folgt aus § 3 II TVG) - es dürfen also auch die sog. "Außenseiter"134 länger beschäftigt werden. Eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zu der tariflich vereinbarten regelmäßigen längeren Arbeitszeit kommt für "Außenseiter" dagegen nur in Betracht, wenn eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung vorliegt135 oder eine entsprechende einzelvertragliche Abmachung getroffen wurde; denn die Arbeitsverpflichtung stellt eine reine Inhaltsnorm dar und wirkt daher grundsätzlich nur für tarifgebundene Arbeitnehmer136• bb) Setzt Ziff. 50S. 4 AVAZO den Tarifpartnern eine zwingende Höchstgrenze für die Verlängerung der Arbeitszeit von Kraftfahrern und Beifahrern? Nach § 7 Abs. II AZO kann, sofern in entsprechender Weise Arbeitsbereitschaft anfällt, "die Arbeitszeit auch über zehn Stunden täglich verlängert werden". Dabei wird in der AZO keine obere Grenze für eine solche Verlängerung genannt, insbesondere bezieht sich § 11 AZO und die dort genannte Höchstgrenze ausdrücklich nicht auf § 7 Abs. II AZO. Wenn auch der Normzweck des Arbeitszeitschutzes den Tarifparteien gewisse Grenzen auferlegt137 , so bleibt doch festzuhalten, daß eine ausdrückliche gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit im Falle des § 7 Abs. II AZO nicht besteht. Für Kraftfahrer und Beifahrer besagt nun aber Ziff. 50 S. 4 A V AZO, daß ihre Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen täglich höchstens zwölf Stunden betragen darf. Aus dieser Vorschrift schließt Nipper132 Ebenso Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 10; Meisel I Hiersemann, § 7 AZO Anm. 12; Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit III" D II; - a. A. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 79; Denecke, § 7 AZO Anm. 3d. 133 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 7 AZO Anm. 13; Zmarzlik, § 7 AZO Anm.10. 134 d. h. die nichttarifgebundenen Arbeitnehmer. 135 Selbstverständlich muß auch dann noch als Voraussetzung hinzukommen, daß der Tarifvertrag nicht nur eine längere Arbeitszeit erlaubt, sondern auch unzweideutig die Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in dem erweiterten Umfang zum Ausdruck bringt. 136 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 7 AZO Anm. 16. 137 s. hierzu Nikisch, Rechtsgutachten S. 94 ff.; Nipperdey, Rechtsgutachten S. 78 f.; vgl. auch oben B I 1 a.
Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
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dey138, daß damit für Kraftfahrer und Beifahrer "im Gegensatz zu anderen sich in Arbeitsbereitschaft befindlichen Arbeitnehmern eine Höchstgrenze gesetzlich festgelegt" sei; diese gesetzliche Sonderregelung sei auch zulässig, da sie die Arbeitszeit der Kraftfahrer im Verhältnis zu der "dehnbaren Vorschrift des § 7 II AZO" zugunsten der Arbeitnehmer einschränke139 • Diese Folgerung Nipperdeys scheint zunächst überzeugend; für sie scheint auch der Wortlaut von Ziff. 53 S. 1 AVAZO zu sprechen, wonach tarifliche Regelungen getroffen werden können, die von den Ziff. 50 - fi2 A VAZO bezüglich Lenkzeiten, Arbeitsschicht, Ruhepausen und Ruhezeiten abweichen- daß dabei auch Abweichungen bezüglich der Arbeitszeit zulässig sein sollten, wird nicht erwähnt. Man könnte hieraus folgern, daß Ziff. 50 S. 4 A VAZO in der Tat eine zwingende Höchstgrenze für die Arbeitszeit von Kraftfahrern und Beifahrern festsetze. Dabei würde man jedoch verkennen, daß Ziff. 50 S. 4 AV AZO unnur die Dauer der Arbeitsschicht zum Gegenstand hatl 40 ; es wird in dieser Vorschrift lediglich umschrieben, daß sich die Arbeitsschicht zusammensetzt aus der Arbeitszeit und den Ruhepausen. Die Dauer der Arbeitsschicht wird allerdings in der Tat in Ziff. 50 S. 4 AVAZO auf zwölf Stunden begrenzt - insofern jedoch wird den Tarifvertragsparteien in Ziff. 53 S. 1 A V AZO ausdrücklich gestattet, die zulässige Schichtdauer zu verlängern141 . mittelbar
Somit folgt schon aus genauer Beachtung des Gesetzeswortlautes, daß die von Nipperdey zu dieser Frage vertretene Ansicht nicht haltbar ist. Ziff. 50 S. 4 A VAZO regelt unmittelbar nur die Dauer der Arbeitsschicht, die sich aus Arbeitszeit und Ruhepausen zusammensetzt; daß diese Regelung der Schichtdauer aber nicht zwingend sein will, ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut von Ziff. 53 S. 1 AVAZO. Hinsichtlich der Arbeitszeit dagegen bestimmt Ziff. 50 S. 1 A VAZO, daß es insoweit auch für Kraftfahrer und Beifahrer bei den in §§ 3 - 11 AZO festgesetzten Grenzen verbleiben soll. Dies schließt aber auch die Verlängerung der Arbeitszeit nach § 7 AZO ein142• Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, können also die Tarifpartner auch für Kraftfahrer und Beifahrer eine Verlängerung der Arbeitszeit über zehn und trotz Ziff. 50 S. 4 A VAZO Rechtsgutachten S. 80 f. Nämlich auf äußerstenfalls zwölf Stunden täglich, vgl. Nipperdey, Rechtsgutachten S. 80 f. Ho Vgl. Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 38. 141 Vgl. Nikisch, RechtsgutachtenS. 99, sowie auch den Wortlaut von Ziff. 53 AVAZO. 142 Vgl. Nikisch, Rechtsgutachten S. 98; Zmarztik, § 7 AZO Anm. 38; ebenso im Ergebnis, wenn auch mit ungenauer, unzureichender Begründung Meisel I Hiersemann, § 7 AZO Anm. 40. 1as
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B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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auch über zwölf Stunden täglich vereinbaren; eine Höchstgrenze wird ihnen durch Ziff. 50 ff. AVAZO dabei nicht auferlegt143• Die Ziff. 50 ff. A V AZO stehen somit einer Arbeitszeitverlängerung nach § 7 Abs. II AZO für Kraftfahrer und Beifahrer nicht entgegen, sondern sind als Ergänzung anzusehen. Nach § 7 Abs. II AZO können die Tarifpartner eine längere Arbeitszeit vereinbaren, und Ziff. 50 S. 1 AVAZO bestimmt, daß diese Vorschrift auch für Kraftfahrer und Beifahrer gilt. Ziff. 50 S. 4 AVAZO könnte einer angemessenen Verlängerung im Wege stehen, da dort die Schichtzeit auf zwölf Stunden begrenzt ist; deshalb gestattet Ziff. 53 S. 1 ausdrücklich auch die Verläntterung der Schichtzeit für Kraftfahrer und Beifahrer durch entsprechendP tarifliche Vereinbarungen. b) Die wichtigsten tarifvertragliehen Regelungen für das Fahrpersonal
Nahezu unmöglich, zugleich aber auch wenig sinnvoll wäre es, hier auf alle tarifvertragliehen Abmachungen bezüglich der Arbeitszeit des Fahrpersonals eingehen zu wollen, denn die Anzahl der in Betracht kommenden Vereinbarungen ist allzu groß. Zum einen nämlich können Mitglieder des Fahrpersonals als "branchenfremde" Arbeitnehmer den verschiedensten Einzelgewerkschaften angehören und damit den jeweiligen unterschiedlichen Abmachungen unterliegen144 ; zum anderen bestehen allein im engeren Bereich des Verkehrswesens noch zu viele vor allem regionale Tarifverträge auf Bezirksebene, als daß sie in diesem Rahmen auch nur erwähnt werden könnten145• Deshalb erscheint eine Beschränkung auf die wesentlichsten überregionalen Tarifverträge angezeigt. aa) Der BMT Fernverkehr Die wohl größte Bedeutung kommt dem Bundesmanteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr (BMT Fernverkehr)1 4 6 zu, dessen 143 Grenzen werden den Tarifpartnern jedoch stets durch den Zweck des Arbeitszeitschutzes auferlegt, vgl. Zmarzlik, § 7 AZO Anm. 39, und N i kisch, Rechtsgutachten S. 94 ff. ; außerdem müssen jeweils die zwingenden Regelungen der VO (EWG) und des § 15 a StVZO eingehalten werden, vgl. o. BII4 und unten BV7. 144 Dies ist eine Folge des sog. Industrieverbandsprinzips, nach welchem die DGB-Gewerkschaften organisiert sind (Schlagwort: "Ein Betrieb, eine Gewerkschaft"), vgl. z. B. Bobrowski I Gaul, Das Arbeitsrecht im Betrieb S. 702 (M II RdNr. 37) und S. 723 (MIX RdNr. 6); Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. II, 1. Halbbd. S. 513 f. (jeweils m. w. Nachw.). 145 Vgl. die Zusammenstellung der wichtigsten Manteltarifverträge bei Müller, Das Arbeitsrecht der Gegenwart Bd. 11 (Dokumentation 1973), insbes. die Manteltarifverträge im Verkehrswesen, S. 166 ff. (bes. Nr. 1072 ff.). 146 Vom 2. 12. 1965 i. d. F. vom 9. 6. 1971.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
persönlicher Geltungsbereich diejenigen gewerblichen Kraftfahrer und Beifahrer umfaßt, die überwiegend im Fernverkehr tätig sind1 47. Die höchstzulässige Arbeitszeit darf nach § 3 a BMT Fernverkehr "im Hinblick auf die Arbeitsbereitschaft" bis zu 120 Stunden in der Doppelwoche betragen148. Dazu können zusätzlich noch Kabinenzeiten hinzukommen, allerdings seit dem 1. 1. 1973 höchstens noch bis zu einem Umfang von 36 Stunden. Zulässig ist es auch, diese Arbeitszeit ungleichmäßig zu verteilen, wobei jedoch auf keine Woche mehr als 86 Stunden entfallen dürfen (§ 4 b BMT Fernverkehr). Die Schichtzeit darf gern. § 5 bis zu 12 Stunden betragen, nur für den Fall, daß das Fahrzeug "mit zwei anderen (!) Fahrern" besetzt ist, wird eine Ausdehnung auf 22 Stunden zugelassen. § 6 BMT Fernverkehr, der Lenkzeiten und Lenkpausen zum Gegenstand hat, enthält bezüglich dieser Zeiten inhaltlich praktisch eine Wiederholung der in der VO (EWG) bzw. § 15 a StVZO getroffenen Regelung. Auch die Vereinbarungen über die Ruhezeiten(§§ 10, 11) sind der VO (EWG) angepaßt worden. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß die ausdrückliche Festlegung der Ruhezeiten im Tarifvertrag keineswegs überflüssig ist, wie dies auf den ersten Blick scheinen mag, weil inhaltlich praktisch nur die Regelung der VO (EWG) wiedergegeben wird. Vielmehr sind die tariflichen Vereinbarungen über die arbeitsfreie Zeit in Verbindung mit der tariflichen (verlängerten) Arbeitszeit zu sehen: als Ausgleich für die längere Arbeitszeit sollen für die Arbeitnehmer längere arbeitsfreie Zeiten gewährleistet werden. Diese Vereinbarungen treten dann aber auch insgesamt an die Stelle der in der AZO vorgesehenen Regelungen und verdrängen diese in vollem Umfang149• Folge hiervon ist aber, daß dadurch für die tariflich vereinbarten arbeitsfreien Zeiten der staatlic."'!e Schutz über § 25 AZO als Ahndungsnorm eingreifen kann150. Dies wiederum ist insofern von Bedeutung, als Verstöße gegen die VO (EWG) nur Ordnungswidrigkeiten darstellen151, während -- wie vorstehend ausgeführt - die tariflichen Bestimmungen über die arbeitsfreien Zeiten unter dem stärkeren 147 Für die gewerblichen Kraftfahrer und Beifahrer, die nicht überwiegend im Fernverkehr tätig sind, gelten die jeweiligen bezirkliehen Tarifverträge für das private Verkehrsgewerbe (Güternahver kehr, Fuhrgewerbe, Spedition und Lagerei, Möbeltransport), vgl. § 1 c BMT Fernverkehr. 148 Zum Vergleich: im BMT Fernverkehr vom 25. 11. 1957 wurden in § 2 Ziff. 1 a noch 132 Stunden zugelassen. 149 Vgl. Schröder, Arbeitszeitverlängerung durch Tarifvertrag, BB 1960 S. 53 ff. (bes. 55). 1so Vgl. OLG Stuttgart vom 19. 3. 1974 = BB 1974 S. 649; s. auch unten B VIII.
1s1 Vgl. § 5 FahrpersGSt sowie unten B VIII 1 a, cc.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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Schutz des § 25 AZO stehen und ihre Einhaltung daher insgesamt doch noch nachdrücklicher gewährleistet wird152 • Von erheblicher praktischer Bedeutung ist ferner § 7, in dem die Tarifvertragsparteien vereinbart haben, daß alle Wartezeiten bis zu zwei Stunden als Arbeitsbereitschaft anzusehen und voll zu bezahlen sind; darüber hinausgehende Wartezeiten werden für den Fall, daß das Fahrzeug mit zwei Fahrern besetzt ist, nur mit 50 Ofo bewertet und vergütet. Voll zu bezahlen sind gern.§ 15 a S. 2 BMT Fernverkehr auch die Kabinenzeiten; dies ist jedoch eine rein lohn- und keine arbeitszeitrechtliche Regelung153. Beachtenswert ist schließlich. daß im BMT Fernverkehr den Arbeitnehmern ebenfalls ausdrücklich Pflichten auferlegt werden. So sind sie nach § 13 verpflichtet, bis zu den eingangs genannten Grenzen Mehrarbeit zu leisten154, und in § 12 wird ihre Verpflichtung, Arbeitszeitnachweise entsprechend den gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu führen, auch vertraglich festgehalten. Zudem sind gern. § 9 Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Einhaltung der regelmäßigen Pausen gleichermaßen verantwortlich. Durch diese letzteren Vereinbarungen wurde in angemessener Weise den berufsbedingten Besonderheiten Rechnung getragen; denn im Interesse des Arbeitgebers und im Interesse eines ordnungsgemäßen wie auch wirtschaftlichen Erfordernissen genügenden Betriebsablaufs ist es zurnutbar und sinnvoll. diesen Mitgliedern des Fahrpersonals die genannten Pflichten aufzuerlegen. Sie sind letztlich lediglich eine durch die berufliche Eigenart bedingte nähere Ausgestaltung der allgemeinen Treuepflicht der Arbeitnehmer. bb) Der BMT-G (=für Arbeiter der Gemeinden) Von großer Bedeutung ist auch der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter der Gemeinden155, und hierbei für das Fahrpersonal vor allem die gern. § 2 a BMT-G getroffene Sondervereinbarung für die Arbeiter im Betriebs- und Verkehrsdienst von Nahverkehrsbetrieben156• Für die im Fahrdienst solcher gemeindlicher Betriebe tätigen Arbeiter darf die dienstplanmäßige tägliche Arbeitszeit höchstens achteinhalb Stunden in der Dienstschicht betragen und auch in Ausnahmefällen neuneinhalb Stunden nicht übersteigen (§ 1 der Sondervereinbarung). 152 Auch der neue § 25 AZO enthält noch Strafvorschriften, s. ausführlich unten B VIII 1 a, aa. 153 Vgl. oben B II 5 (bes. die dortige Vorbemerkung). 154 Also bis zu maximal 86 Stunden in einer Woche bzw. 120 Stunden in der Doppelwoche, vgl. §§ 3 bzw. 4 BMT Fernverkehr. 155 Im folgenden abgekürzt BMT-G. 156 In der Fassung vom 18. 12. 1973.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Die Dienstschicht ihrerseits soll innerhalb eines Zeitraums von zwölf Stunden liegen (§ 2 I) und darf in Ausnahmefällen bis zu 18 Stunden einschließlich der Arbeitsbereitschaft verlängert werden, jedoch höchstens zweimal in einer Woche (§ 6). Beachtenswert ist dabei, daß die Dienstschicht nach § 2 Abs. I der Sondervereinbarung die "reine Arbeitszeit, Pausen und Wendezeiten" umfaßt- die Wendezeiten werden demnach weder als "reine Arbeitszeit" noch als "Pausen" angesehen. In § 4 III wird jedoch klargestellt, daß die Wendezeiten "in die Arbeitszeit eingerechnet" werden. Liest man diese beiden Vereinbarungen im Zusammenhang, so ist daraus zu entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien die Wendezeiten als Arbeitsbereitschaft ansehen und bewerten157. Auch hierbei wird man unter Zugrundelegung des oben158 ausgeführten Gedankens zu dem Schluß kommen müssen, daß dieses "Einrechnen" der Wendezeiten in die Arbeitszeit für die tarifgebundenen Parteien auch in arbeitsschutzrechtlicher Hinsicht zwingend ist. Sieht man die Vereinbarungen über die Wendezeiten nämlich im Zusammenhang mit der verlängerten Arbeitszeit, so läßt sich wiederum unterstellen, daß das eine nicht ohne das andere vereinbart worden wäre. Läßt also ein (tarifgebundener) Arbeitgeber z. B. ein Mitglied des Fahrpersonals regelmäßig achteinhalb Stunden täglich arbeiten159 und beruft er sich gleichzeitig darauf, daß Wendezeiten nach Arbeitszeitrecht keine Arbeitszeit darstellten, so verstößt er damit nicht allein gegen die Sondervereinbarung, sondern setzt sich zugleich einer Ahndung nach § 25 AZO aus160. Zwischen zwei Dienstschichten muß eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zehn Stunden liegen, § 2 Abs. III. Für Kraftfahrer bestimmt§ 5 der Sondervereinbarung, daß der Dienst am Steuer höchstens acht Stunden in der Schicht dauern darf. Schließlich ist noch § 10 besonders anzuführen, wonach die im Fahrdienst tätigen Arbeiter auch an Sonn- und Feiertagen zur Arbeitsleistung verpflichtet sind. Diese Vereinbarung ist nicht etwa überflüssig; denn es wurde bereits darauf hingewiesen, daß aus der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit der Sonnund Feiertagsarbeit allein noch keine Verpflichtung der Arbeitnehmer hierzu begründet wird, vielmehr kann sich eine solche Verpflichtung allein aus privatrechtliehen Abmachungen ergeben161. 157 Vgl. auch § 7 II AZO und Ziff. 50 S. 2 AVAZO. 158 s. B V 1 b, aa. 159 Von einem etwa bereits nach der AZO zulässigen Ausnahmefall sei hier abgesehen. 160Allein diese Auslegung wird dem Schutzcharakter der AZO gerecht; vgl. auch OLG Stuttgart a.a.O. (BB 1974 S. 649). 161 s.o. B V - Vorbemerkung (m. w. Nachw.).
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cc) TVe für die Kraftfahrer des Bundes und der Länder Wegen ihres überregionalen Geltungsbereiches seien schließlich noch erwähnt der Tarifvertrag für die Kraftfahrer des Bundes und der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr162 sowie der Tarifvertrag für die Kraftfahrer der Länder16 3 • Diese beiden Vereinbarungen stimmen inhaltlich praktisch voll miteinander überein. Bezüglich der Arbeitszeit verweisen sie grundsätzlich auf die Bestimmungen der AZO, jedoch wird "im Hinblick auf die darin enthaltene Arbeitsbereitschaft" eine Verlängerung bis zu "durchschnittlich 12 Stunden täglich" zugelassen. Allerdings ist eine monatliche Höchstgrenze festgelegt, die seit dem 1. 1. 1971 bei 2801/2 Stunden je Monat liegt (s. § 2 der beiden Tarifverträge). Bei wenigen ausdrücklich genannten Fahrern darf die monatliche Arbeitszeit bis zu 300 Stunden betragen164• Aus den jeweiligen §§ 3 und 4 i. V. m. der jeweiligen Anlage 1 ergibt sich schließlich der Gesamtlohn dieser Fahrer, wobei die Zuschläge für die Mehr-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit pauschal abgegolten werden; die Zulässigkeit dieser Pauschalierung wurde bereits dargetan165 • 2. Arbeitszeitregelung durch Betriebsvereinbarung
Arbeitszeitrechtliche Fragen können grundsätzlich auch von den Betriebspartnern- also Betriebsrat und Arbeitgeber - durch Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Diese Vereinbarungen gelten dann gern. § 77 IV BetrVG 166 "unmittelbar und zwingend". Das bedeutet, daß sie normative Wirkung besitzen, also unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse der in ihrem Geltungsbereich beschäftigten Arbeitnehmer einwirken167, ohne jedoch Bestandteil der einzelnen Arbeitsverträge zu werden168• Dabei wird der mögliche Inhalt von Betriebsvereinbarungen zunächst durch das zwingende Gesetzesrecht begrenzt169• Außerdem ist zu beVom 5. 4. 1965 i. d. F. vom 16. 3. 1974. Vom 10. 2. 1965 i. d. F. vom 20. 6. 1974. 164 Vgl. § 5 II des Bundes- bzw. § 3 III des Länder-TV; zur Verlängerung aus "zwingenden dienstlichen Gründen" vgl. auch § 2 des Bundes-TV. 165 Insbes. stellt diese Pauschalierung keinen Verstoß gegen § 15 AZO dar, vgl. oben Teil 1, CI 2 und BAG in BB 1974 S. 417. 166 Betriebsverfassungsgesetz vom 15. 1. 1972 (BGBl I S. 13). 167 h. M., vgl. BAG AP Nr. 1 zu §57 BetrVG a. F.; Brecht, BetrVG, § 77 Anm. 14; Erdmann I Jürging I Kamman, BetrVG, § 77 Anm. 3 und 75. 168 Etwas differenzierend hierzu Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 77 BetrVG Anm. 139. 169 Allg. Meinung, vgl. z. B. Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 30m. w. Nachw.; Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese,§ 77 BetrVG Anm. 56. 162 163
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achten, daß der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien gegenüber den Betriebspartnern die vorrangige Kompetenz eingeräumt hat: Arbeitsentgelte und sonstige materielle Arbeitsbedingungen170, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nach § 77 III BetrVG nicht Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sein171 • Soweit Tarifüblichkeit vorliegt- und gerade die Dauer der Arbeitszeit wird als eine elementare materielle Arbeitsbedingung "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregeltm - , ist daher jede hiergegen verstoßende Betriebsvereinbarung, besonders auch eine freiwillige nach§ 88 BetrVG, nichtig (§ 134 BGB), und zwar selbst dann, wenn sie günstigere als die tariflichen Regelungen vorsieht 173• Nur wenn der Tarifvertrag ausdrücklich ergänzende Betriebsvereinbarungen zuläßt, entfällt ausnahmsweise diese Sperrwirkung (§ 77 III S. 2 BetrVG); selbst in diesem Falle können aber zwingende Regelungen des einschlägigen Tarifvertrages nicht durch die Betriebsvereinbarung abgedungen werden114• 3. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsbzw. Personalrates hinsichtlich der Arbeitszeit
a) Mitbestimmung des Betriebsrates Nach § 87 I Ziff. 2 BetrVG unterliegen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Beginn und Ende der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Davon wird nicht nur die regelmäßige betriebsübliche Lage der Arbeitszeit erfaßt, vielmehr besteht das Mitbestimmungsrecht auch bei einmaligen Arbeitszeitverlegungen175. Ferner hat der Betriebsrat nach § 87 Ziff. 3 BetrVG mitzubestimmen über eine vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist eingeschränkt, soweit eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung besteht (§ 87 I, 11o Nur die sog. materiellen Arbeitsbedingungen werden von der Sperrwirkung des § 77 III erfaßt; h. M., vgl. hierzu Boewer, Das Initiativrecht des Betriebsrats ... , Betr. 1973 S. 522 ff. (bes. 525 f.) m. w. Nachw. 171 Vgl. hierzu Zöllner, Die Sperrwirkung des §59 BetrVG (a. F.), Festschrift für Nipperdey Bd. II S. 699. 172 Tarifüblichkeit ist nach h. M. dann anzunehmen, wenn sich die Tarifpartner "der in Frage stehenden Regelungsmaterie angenommen haben und sich deren Regelung eingebürgert hat", vgl. Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 77 BetrVG Anm. 94 ff. m. w. Nachw. 173 Vgl. Monjau, Der Vorrang der Tarifvertragsparteien ... , BB 1965 S. 632; Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 77 BetrVG Anm. 100 ff. m. w. Nachw. 174 s. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 25; Meisel I H i ersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 40. 176 Vgl. Erdmann I Jürging I Kamman, § 87 BetrVG Anm. 43.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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Einleitungssatz); der Vorrang des Tarifvertrages gilt damit auch bezüglich der in § 87 BetrVG angeführten formellen Arbeitsbedingungen178. Jedoch reicht hier - im Gegensatz zu § 77 BetrVG - eine Tarif"üblichkeit" nicht aus, um die Sperrwirkung auszulösen. Auch ist das Mitbestimmungsrecht nur ausgeschlossen, "soweit" eine tarifliche Regelung gilt. Letzterem ist aber zu entnehmen- und das entspricht auch dem Sinn der Regelung - , daß die Betriebspartner in diesem Bereich durchaus Vereinbarungen treffen können, die über den gesetzlichen bzw. tariflichen Mindestschutz hinausgehen117• Die Zustimmung des Betriebsrats ist Wirksamkeitsvoraussetzung, d. h. jede Regelung des Arbeitgebers, die der nach § 87 BetrVG notwendigen Mitbestimmung entbehrt, ist rechtswidrig und unwirksam; auch die nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats kann diese Unwirksamkeit nicht heilen17s. Die Mitbestimmung nach § 87 I Ziff. 2 und 3 BetrVG besteht nur im Rahmen der zwingenden gesetzlichen Schutznormen über die Arbeitszeit179. Innerhalb der gesetzlich oder tariflich festgelegten Höchstgrenzen jedoch sind nach§ 87 I Ziff. 2 und 3 BetrVG praktisch alle Maßnahmen und Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig180. So hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (also vor allem bei Einführung der FünfTage-Woche)181, bei Einführung der gleitenden Arbeitszeit182, bei Einführung, Veränderung oder Abbau von Schichtarbeit183 und insbesondere auch bei der Aufstellung von Dienstplänen für die im Fahrdienst tätigen Arbeitnehmer von Verkehrsbetrieben184. Dieses Mitbestimmungsrecht besteht auch unabhängig davon, ob es sich um eine dauernde oder nur vorübergehende Regelung handelt, ob der ganze Betrieb oder nur eine Betriebsabteilung mit wenigen Arbeitnehmern 176 Vgl. Boewer, Betr. 1973 S. 525. Vgl. Fabricius I Kraft I Thi ele I Wiese, § 87 BetrVG Anm. 21; Erdmann I Jürging I Kamman, § 87 BetrVG Anm. 29 (jeweils m. w. Nachw.). 178 h. M., vgl. Erdmann I Jürging I Kam man, § 87 BetrVG Anm. 5 u. 21; Simitis I Weiss, Zur Mitbestimmung des Betriebsrates bei Kurzarbeit, Betr. 1973 S. 1240 ff. (1243); Brecht, § 87 BetrVG Anm. 7 (m. w. Nachw.). 179 s. Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 87 BetrVG Anm. 69; Erdmann I Jürging I Kamman, § 87 BetrVG Anm. 44; - vgl. auch unten B V 7. 1so Dagegen besteht hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit kein Mitbestimmungsrecht, BAG vom 15. 12. 1961 = BB 1962 S. 371; s. auch Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 87 BetrVG Anm. 70 mit zahlreichen Nachweisen; vgl. auch oben B V2. 181 Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 27; Erdmann I Jürging I Kamman, § 87 BetrVG Anm. 44. 182 Vgl. Neumann, Die gleitende Arbeitszeit, RdA 1971 S. 106 ff. (108); Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" E VI 1. 183 Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 27. 184 Vgl. Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 87 BetrVG Anm. 73. 111
6 Schaabacher
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betroffen ist; lediglich sog. Individualmaßnahmen sind insofern mitbestimmungsfrei, die "Einzelfälle", wenn also die Arbeitszeit eines oder mehrerer einzelner Arbeitnehmer auf Grund des Direktionsrechts oder entsprechender Vereinbarung verlegt wird185. b) Mitbestimmung des Personalrates
Obgleich Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht sich nicht schlechtweg gleichsetzen lassen186 , ist die Mitbestimmung des Personalrates hinsichtlich der Arbeitszeit derjenigen des Betriebsrates sehr ähnlich. In den neuen Personalvertretungsgesetzen des Bundes187 und der Länder 188 wird auch dem Personalrat das Recht zuerkannt, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen (§ 75 TII Ziff. 1 BPersVG bzw. Art. 75 III Ziff. 1 BayPersVG). "Gegebenenfalls" können hierüber nach beiden genannten Vorschriften Dienstvereinbarungen abgeschlossen werden. Da es sich bei diesen Angelegenheiten nur um die zeitliche Lage der Arbeit, also um lediglich formelle Arbeitsbedingungen handelt1 89, dürften diesbezüglich Dienstvereinbarungen in der Praxis kaum durch § 75 V BPersVG bzw. Art. 75 IV BayPersVG ausgeschlossen sein190 • Zu beachten ist allerdings, daß sich die Mitbestimmung des Personalrates "auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne" beschränkt, wenn für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (i. S. d. jeweiligen Abs. III Ziff. 1) nach Erfordernissen, welche die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden muß. Durch diese Einschränkung in § 75 IV BPersVG bzw. Art. 751II S. 2 BayPersVG wird es ermöglicht, den besonderen Erfordernissen des öffentlichen Dienstes (z. B. im Polizeidienst) in angemessener \Veise Rechnung zu tragen191 •
185 Vgl. Fabricius I Kraft I Thiele I Wiese, § 87 BetrVG Anm. 8 und 72 m. w. Nachw.; Röhsler, Die Arbeitszeit S. 27. 1ss Vgl. hierzu Fürst, Gesamtkmtr. Öffentliches Dienstrecht Bd. V, Einleitung S. 15. 187 BPersVG vom 15. 3. 1974 (BGBl I S. 693). 188 Hier sei nur Bezug genommen auf das angepaßte, neue bayerische Gesetz, BayPersVG vom 29. 4. 1974 (GVBl S. 157, ber. S. 272). 189 Vgl. dazu oben B V 2 und 3 a sowie Boewer, Betr. 1973 S. 522 ff. 190 Diese Vorschriften betonen wiederum den Vorrang von Tarifverträgen, in denen jedoch über die zeitliche Lage der Arbeit (im Gegensatz zur Arbeitsdauer) meist keine Regelung enthalten ist. 191 Vgl. auch Röhsler, Die Arbeitszeit S. 28.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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4. Arbeitszelt und Einzelarbeitsvertrag
Zwingende gesetzliche Regelungen einerseits und kollektivvertragliehe Regelungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen andererseits lassen nur wenig Spielraum für einzelvertragliche Abmachungen bezüglich der Arbeitszeit; die Vertragsfreiheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist insoweit recht begrenzt192• In der Praxis wird deshalb in den Einzelarbeitsverträgen auch zumeist lediglich auf die entsprechenden Regelungen hingewiesen und vereinbart, daß sie in ihrer jeweiligen Fassung auch für das einzelne Arbeitsverhältnis gelten sollen. Zweckmäßig sind solche Verweisungen vor allem bei Verträgen mit nichttarifgebundenen Arbeitnehmern, denen dann dadurch ausdrücklich vertraglich zugesichert wird, daß auch sie nur entsprechend den tariflichen Regelungen zur Arbeit verpflichtet sind198• Ansonsten aber kommt solchen einzelvertraglichen Abmachungen erst dann eine eigentliche Bedeutung zu, wenn die Arbeitszeit gerade im Einzelfall von den üblichen Verhältnissen abweichen soll, insbesondere also bei Teilzeitbeschäftigung. Als Beispiel aus dem Bereich des Fahrdienstes seien hier die sog. Kurzdienstfahrer und Kurzdienstschaffner genannt, deren regelmäßige Arbeitszeit laut tariflicher Vereinbarung194 durchschnittlich weniger als 24, mindestens aber 12 Stunden wöchentlich betragen und auf durchschnittlich mindestens drei Tage in der Woche verteilt sein muß. Hier bleibt den Arbeitsvertragsparteien ein offenkundiger, beträchtlicher Spielraum, sowohl hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit als auch hinsichtlich der Lage an den einzelnen Wochentagen. 5. Der Umfang der Arbeitspftlcbt bei Fehlen einer ausdrückHeben Vereinbarung
Enthalten weder Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung noch der Einzelvertrag eine Regelung über die Arbeitszeit, so stellt sich die Frage, wonach sich in diesem Falle der Umfang der Arbeitspflicht bestimmen läßt. Früher wurde hierzu teilweise angenommen, daß dann die normale gesetzliche Höchstdauer- also der Achtstundentag- als stillschweigend vereinbart gelten solle195• Nach Nikisch 11Hl dagegen soll 19 2 Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 207; Meisell Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 63. 193 s. auch Röhsler, Die Arbeitszeit S. 25 f. 194 s. § 19 der Sondervereinbarung für Arbeiter im Betriebs- und Verkehrsdienst von Nahverkehrsbetrieben (beruhend auf § 2 a BMT-G, vgl. oben B V 1 b, bb). 195 So noch Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I, 6. Aufl. S. 206. 196 Arbeitsrecht Bd. I S. 288 ff.
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hier der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts die Arbeitszeit bestimmen können, wobei er allerdings den Rahmen der zwingenden gesetzlichen Vorschriften sowie die ihm obliegende Fürsorgepflicht zu beachten habe. Diese Auffassung Nikischs widerspricht jedoch dem zeitgemäßen Grundverständnis über die Stellung der Parteien im Arbeitsverhältnis; ein derartiges Alleinbestimmungsrecht des Arbeitgebers in einem Kernpunkt des Arbeitsverhältnisses kann heute nicht mehr befürwortet werden197. Vielmehr sollte auch hier zunächst auf die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 157, 242 BGB zurückgegriffen werden, wobei dann - um dem Einzelfall möglichst gerecht werden zu können - die jeweilige branchen-, orts- oder betriebsübliche Arbeitszeit mit heranzuziehen ist198 • Entscheidender Anknüpfungspunkt ist dabei in aller Regel die betriebliche Übung. Denn im Arbeitsleben gilt es als selbstverständlich, daß jeder Arbeitnehmer die allgemein geltende Art des Ablaufs des Betriebes, in den er eintritt, hinzunehmen hat- und damit auch die betriebliche Ordnung bezüglich der Arbeitszeit199. Will er sich der betrieblichen Übung nicht von vornherein stillschweigend unterwerfen oder will der Arbeitgeber ihn zu abweichenden Bedingungen beschäftigen, so muß im Einzelvertrag eine entsprechende anderweitige Regelung der Arbeitszeit vereinbart werden. Andernfalls ist die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart anzusehen. 6. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers
Dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, das ja allgemein nur die vertragliche ArbeitspRicht konkretisiert200 , kann nach den bisherigen Ausführungen nur eine geringe Bedeutung bezüglich der Arbeitszeit zukommen. Gesetzliche Vorschriften sowie die in der Regel umfassenden kollektiv- und einzelvertraglichen Vereinbarungen lassen für Weisungen des Arbeitgebers auf diesem Gebiet wenig Spielraum, da solche Regelungen dem Direktionsrecht vorgehen201 • Anders ist es natürlich, wenn - was recht häufig vorkommt - dem Arbeitgeber gerade vertraglich das Recht zugestanden wird, unter bestimmten Voraussetzun197 Vgl. Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 17; grundlegend zum Problem dieses Grundverständnisses auch G. Küchenhoff, Das Arbeitsverhältnis im Gemeinschaftsstaat würdigen Schaffens, AuR 1964 S. 225 ff. 198 Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 26; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 17; jetzt auch Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I (7. Aufl.) S. 208. 199 Vgl. BAG vom 21. 12. 1954 = BB 1955 S. 869; Röhsler, Die Arbeitszeit S. 26; Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO Anm. 65; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 17; Denecke, § 3 AZO Anm. 5. 2oo Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 26. 201 s. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 158 ff.; Molitor, Grund und Grenzen des Weisungsrechts, RdA 1959 S. 2 ff.
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gen Dauer oder Lage der Arbeitszeit einseitig zu ändern, um betrieblichen Erfordernissen gerecht werden zu können2il2 • Hier kommen in der Regel allerdings nur kurzfristige, vorübergehende Maßnahmen in Betracht, etwa Anordnungen in Not- oder Eilfällen2ll3• Will der Arbeitgeber dagegen eine dauerhafte Änderung der Arbeitszeit durchführen, so muß er sich hierüber mit seinem Vertragspartner einigen, eventuell auch eine Änderungskündigung erklären2ll4 • 7. Zeitliebe Grenzen der Arbeitspfficbt Der Umfang der Arbeitspflicht richtet sich allgemein - wie dargelegt- nach den vertraglichen Vereinbarungen; diese aber müssen sich stets an den gesetzlich vorgegebenen Rahmen halten205 • Insbesondere sind die zwingenden Vorschriften der AZO zu beachten. Dabei gelten gern. Ziff. 50 A V AZO auch für Kraftfahrer und Beifahrer die Höchstgrenzen der §§ 3 - 11 und 17 AZO, und innerhalb dieser Grenzen müssen wiederum die zwingenden Sondervorschriften der VO (EWG) und des § 15 a StVZO über Arbeitsschichten, Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Diese gesetzlichen Mindestregelungen müssen auch von den Tarifvertragsparteien bei abweichenden Vereinbarungen nach Ziff. 53 A VAZO eingehalten werden, denn weder die VO (EWG) noch § 15 a StVZO lassen eine für die Arbeitnehmer ungünstige Abweichung zu2ll6 • Eine besondere Beschränkung enthält dabei noch § 15 a Abs. X StVZO für Kraftfahrzeugführer: diese Bestimmung verpflichtet den Fahrer, nur so lange das Fahrzeug zu lenken, wie er es sicher führen kann. Die Pflicht zur Einlegung der hiernach erforderlichen Pausen geht in jedem Falle der etwaigen privatrechtliehen Pflicht zur Fortführung der Arbeit vor2ll 7 ; dies entspricht dem Grundsatz des Vorrangs des öffentlichen Rechts vor dem Privatrecht. VI. Gesetzliche Arbeitszeitregelung und privatrechtlicher Beschäftigungsanspruch Die gesetzlichen Vorschriften begründen nach allgemeiner Auffassung keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer während 2o2 2oa
Vgl. die o. a. Tarifverträge für das Fahrpersonal (B V 1 b). Röhsler, Die Arbeitszeit S. 26; s. auch BAG vom 8. 10. 1962 = BB 1962
S.1433.
Vgl. Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 73. Vgl. auch unten B VII und VIII. Für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen sind stets möglich; dies folgt schon aus Sinn und Zweck der Vorschriften, wird außerdem aber nochmals ausdrücklich in Art. 13 Abs. I VO (EWG) (". . . höhere Mindestwerte oder geringere Höchstwerte ... ") bzw. § 15 a Abs. IX StVZO ("Weitergehende ... Beschränkungen und Pflichten zugunsten der Arbeitnehmer bleiben unberührt") betont. 201 Vgl. Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 11 zu § 15 a StVZO ( = LZ 18). 204 205 206
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der vollen zulässigen Zeit zu beschäftigen (und entsprechend zu entlohnen)208. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen und stellt praktisch nur die Kehrseite davon dar, daß das Gesetz auch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung enthält209. Auch die tariflichen Bestimmungen über die Arbeitszeit setzen in der Regel nur Höchstgrenzen für den Umfang der Arbeitspflicht; eine Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers auf Grund eines Tarifvertrages kann nur angenommen werden, wenn dies ausdrücklich aus dem Vertrag hervorgeht210. Für den privatrechtliehen Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber sind vielmehr grundsätzlich nur die einzelvertraglichen Abmachungen maßgebend211.
VII. Auswirkungen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften auf das Arbeitsverhältnis 1. Die gesetzlieben Bestimmungen als Verbote i. S. des§ 134 BGB
Die öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitnormen beschränken den möglichen Inhalt der Arbeitsverträge hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Arbeitspflicht. Sie sind gesetzliche Verbotsvorschriften im Sinne des § 134 BGBm; dies hat zur Folge, daß vertragliche Vereinbarungen, die diesen gesetzlichen Verboten widersprechen, nichtig sind. Entgegen der allgemeinen Regelung des§ 139 BGB erfaßt die Nichtigkeit jedoch nicht den gesamten Vertrag, sondern der Vertrag ist in einem solchen Fall ohne die verbotene Vereinbarung über die Arbeitszeit aufrechtzuerhalten. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt dann die gesetzliche Regelungm. Diese Folgerung ist aus dem Schutzzweck der Arbeitszeit208 Vgl. z. B. Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 19; Denecke, § 3 AZO Anm. 3; von der hier behandelten Frage ist im übrigen scharf zu trennen die Frage des Anspruchs des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung, d. h. auf tatsächliche Inanspruchnahme der Dienste des Arbeitnehmers - vgl. hierzu Nikisch, Arbeitsrecht Bd. I S. 512 ff. m. w. Nachw.; Rewolle, Grenzen der Fürsorgepfticht, RdA 1954 S. 258 ff. (259). 200 s.o. Vorbemerkung zu B V. 210 Vgl. Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO Anm. 75; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 19 m. w. Nachw. u1 Wie vorstehende Fußnote. 212 Allg. Meinung, vgl. Farthmann, AR-Blattei .,Arbeitszeit I" C III 1; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 23; Röhsler, Die Arbeitszeit S. 23; Herschel, Die rechtliche Bedeutung schutzgesetzlicher Vorschriften im Arbeitsrecht, RdA 1964
s. 44.
21s Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 23; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 24; differenzierend, aber im Ergebnis ebenso Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 17.
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vorschriften zu ziehen: dieser Zweck würde ja nicht etwa dadurch erfüllt, daß nunmehr der Arbeitsvertrag und das Arbeitsverhältnis insgesamt nichtig wären; damit wäre weder dem Arbeitnehmer noch der Allgemeinheit gedient. Der Normzweck wird vielmehr erfüllt und der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, wenn der den gesetzlichen Bestimmungen "angepaßte" Arbeitsvertrag im übrigen aufrechterhalten wird. Folge der Nichtigkeit verbotswidriger Vereinbarungen ist, daß keiner der Vertragspartner sich auf ihre Einhaltung berufen kann. Eine Weigerung des Arbeitnehmers zur Leistung solchermaßen verbotener Arbeit stellt keine Vertragsverletzung dar, und ebensowenig kann der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten, wenn er die vom Arbeitnehmer verbotswidrig angebotene Arbeitsleistung ablehnt214 • 2. Die gesetzlichen Bestimmungen als Schutzgesetze I. S. des § 823 D BGB
Die öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften dienen auch dem Schutz des einzelnen Arbeitnehmers und sind daher Schutzgesetze i. S. des § 823 II BGB215 • Der Arbeitgeber macht sich daher schadensersatzpflichtig, wenn er eine solche Bestimmung schuldhaft verletzt. Für ein rechtswidriges Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen haftet er gemäß § 831 BGB, wobei ihm allerdings die Entlastungsmöglichkeit nach § 831 II BGB verbleibF16• Der Umfang der Schadensersatzpflicht richtet sich entsprechend dem allgemeinen Deliktsrecht nach §§ 249 ff., 842 ff. BGB. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch auch, daß u. U. gern. § 254 BGB eine Minderung oder gar ein Ausschluß des Ersatzanspruches in Betracht kommt, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers gegen Treu und Glauben verstößt217 • Hieran ist insbesondere zu denken, wenn der Arbeitnehmer, um einen höheren Lohn erarbeiten zu können, seinen Arbeitgeber zum Verstoß gegen das Schutzgesetz geradezu aufgefordert oder gebeten hat. 3. Die gesetzlichen Bestimmungen als Konkretlslerung der Fürsorgepßlcht
Privatrechtliche Wirkung erhalten die öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften schließlich über die allgemeine Fürsorgepflicht des 214 s. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 1; ZmarzLik, § 3 AZO Anm. 26; Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 18; Herschel, RdA
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s. 45.
Allg. Meinung, vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 23; Zmarztik, § 3 AZO Anm. 30; Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 2. 216 Vgl. Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 18. 217 Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 2. 21s
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Arbeitgebers. Diese Fürsorgepflicht umfaßt nach heute ganz herrschender Ansicht218 alles, was vom Arbeitgeber zum Schutz seiner Arbeitnehmer verlangt werden kann, insbesondere aber gerade all das, was dem Arbeitgeber sogar als öffentlich-rechtliche Pflicht aufgetragen ist219• Folge hiervon ist zum einen, daß der Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Einhaltung dieser Vorschriften hat220 • Daneben aber - und dies ist die praktisch wichtigere Folge - bedeutet dies, daß der Arbeitnehmer bei schuldhafter Verletzung dieser Vorschriften auch einen vertraglichen Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung geltend machen kann. Hierbei haftet der Arbeitgeber nach § 278 BGB für alle Personen (z. B. Betriebsleiter), deren er sich zur Erfüllung seiner Vertragspflichten bedient221 • Eine Entlastungsmöglichkeit, wie sie § 831 BGB für den deliktischen Anspruch vorsieht, besteht hiernach nicht, so daß der vertragliche Anspruch für den Arbeitnehmer häufig von Vorteil ist. Jedoch ist zu beachten, daß sich der Umfang dieses Ersatzanspruches allein nach den §§ 249 ff. BGB richtet222, Schmerzensgeld also mit dem vertraglichen Anspruch nicht verlangt werden kann. Schließlich kann der Anspruch wiederum nach § 254 BGB gemindert sein, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers gegen Treu und Glauben verstößt2 2!. VIII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Vorschriften über die Arbeitszeit; Überwachungsbehörden 1. Verstöße seitens des Arbeitgebers a) Öffentlich-rechtliche Folgen
aa) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen AZO und AV AZO Ein Arbeitgeber, der einer Vorschrift der AZO oder einer auf Grund der AZO ergangenen Verordnung oder Anordnung224 schuldhaft zuwiderhandelte, machte sich früher nach § 25 AZO strafbar. Das StrafVgl. o. AI 2 m. w. Nachw. Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S . 143 und 410; Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 3; Zmarzlik, § 3 AZO Anm. 28. 22o Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 143 (Fußn. 8). 221 Vgl. Meisell Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 24. m Vgl. Röhsler, Die Arbeitszeit S. 23; Zmarlik, § 3 AZO Anm. 31. 223 Vgl. oben B VII 2 sowie Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 3 (a.E.). 224 Hierher sind z. B. einschränkende Bedingungen zu zählen, mit denen das Gewerbeaufsichtsamt die Genehmigung längerer Arbeitszeiten verbinden kann, vgl. § 8 AZO i. V. m. Ziff. 11 AVAZO sowie Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 826 Fußn. 74. 218 219
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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maß betrug danach im "Normalfall" bis zu 6 Wochen Freiheitsstrafe oder bis zu 500,- DM Geldstrafe (§ 25 AZO a. F.), für "besonders schwere Fälle" drohte § 25 AZO a. F. Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und Geldstrafe oder eine dieser beiden Strafen allein an. Diese unbedingte Strafbarkeit bei schuldhaftem Zuwiderhandeln besteht nach dem neuen § 25 AZ0 225 nun nicht mehr. Denn entsprechend der allgemeinen neueren Tendenz226, wonach "geringwertige" Gesetzesverstöße nicht mehr als kriminelles Unrecht eingestuft werden sollen, stellen nunmehr auch "einfache" Verstöße gegen Arbeitszeitschutzbestimmungen nur noch Ordnungswidrigkeiten dar. Vorsätzliche Verstöße können gern. § 25 III AZO mit einer Geldbuße bis zu 5 000,- DM geahndet werden. Geahndet werden können auch fahrlässige Verstöße227, jedoch höchstens mit einer Geldbuße bis zu 2 500,- DM228 • Mit Strafe bedroht bleiben jedoch auch nach neuem Recht alle vorsätzlichen Verstöße2 29, sofern dadurch Arbeitnehmer in ihrer Arbeitskraft oder Gesundheit gefährdet werden. Der Arbeitgeber, der eine solche Gefährdung vorsätzlich verursacht, muß nach § 25 IV AZO mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen230 rechnen; verursacht er die Gefahr fahrlässig, so kann die Freiheits- oder Geldstrafe bis zur Hälfte dieser Höchstmaße betragen231 . Das Zuwiderhandeln des Arbeitgebers kann sowohl in aktivem Tun (=Anordnen) als auch in einem Unterlassen(= Dulden) bestehen; denn der Arbeitgeber hat grundsätzlich die Verantwortung dafür zu tragen, daß die gesetzlichen Bestimmungen in seinem Betrieb eingehalten werden232. Auf Unkenntnis über die Rechtsnormen kann er sich nicht berufen, da er verpflichtet ist, sich Kenntnis über die Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verschaffen233 • Ebensowenig kann eine etwaige Einwilligung des Arbeitnehmers als Rechtfertigungsgrund für den Arbeitgeber eingreifen; denn die öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitbestimmungen dienen (jedenfalls auch) dem Schutz der Volksgesundheit, sie sind somit nicht (nur) im Interesse des Arbeitnehmers ergangen und daher seiner Dispositionsbefugnis entzogen234 • 225 ... welcher gern. Art. 240 EGStGB vom 2. 3. 1974 (BGBl I S. 469) die Abs. I und II von § 25 a. F. ersetzt. 226 Vgl. das 2. StrRG vom 4. 7. 1969 (BGBl I S. 717) und das EGStGB vom 2. 3. 1974 a.a.O. 227 Vgl. § 5 OWiG und § 25 I und II AZO (jeweils den Einleitungssatz). 22s Dies folgt aus § 13 II OWiG. 229 Mit Ausnahme von Verstößen gegen Vorschriften mit bloßem formellem Inhalt (wie Anzeige-, Aushangs- und Nachweispftichten), vgl. § 25 Abs. IV und Abs. I Nr. 7 und 8. 2ao Vgl. § 25 IV AZO i. V. m. § 40 StGB (i. d. F. des 2. StrRG, s.o.). 231 s. § 25 V AZO. 232 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 25 AZO Anm. 17. 233 Vgl. Denecke, § 25 AZO Anm. 4.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Die Verantwortlichkeit von vertretungsberechtigten Organen juristischer Personen und von Mitgliedern solcher Organe, von vertretungsberechtigten Gesellschaftern von Personengesellschaften sowie von gesetzlichen Vertretern richtet sich nunmehr nach § 10 I OwiG bzw. nach § 14 I StGB235• Gemäß § 10 II OWiG bzw. § 14 II StGB richtet sich die Bußgeld- bzw. Strafdrohung auch gegen denjenigen, welcher beauftragt ist, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, sowie gegen den, der ausdrücklich dazu beauftragt ist, den Betriebsinhaber treffende Pflichten236 in eigener Verantwortung zu erfüllen. Allerdings kann keineswegs schlechthin jegliche Verantwortung auf diese Weise durch Benennung solcher Beauftragter abgewälzt werden: hat es der Betriebsinhaber237 an der gehörigen Aufsicht oder an der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl oder Überwachung der Aufsichtspersonen fehlen lassen, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit nach § 33 I OWiG, welche wiederum nach Maßgabe des § 33 IV OWiG mit einer Geldbuße geahndet werden kann. bb) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen die§§ 105 b -105 g GewO Der Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer unter Verstoß gegen die §§ 105 b -105 g GewO oder gegen eine auf Grund dieser Vorschriften erlassene Anordnung an Sonn- und Feiertagen beschäftigte, wurde früher mit einer Geldstrafe bis zu 10 000,- DM bestraft (§ 146 a I GewO a. F.). Bei vorsätzlicher Wiederholung nach zweimaliger rechtskräftiger Verurteilung konnte gegen ihn auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung weniger als drei Jahre vergangen waren (§ 146 a II GewO a. F.). Durch das Gesetz zur Änderung der GewO vom 13. 6. 1974238 wurden nunmehr auch diese früher unbedingten Kriminalstraftaten grundsätzlich in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt. Verstöße gegen Sonntagsarbeitsvorschriften sind nach dem neuen § 147 Gew0239 in der Regel nur noch mit Bußgeld bedroht, dessen Höhe allerdings ebenfalls 234 Vgl. Arning, Strafsanktionen im Arbeitsschutzrecht, Der Arbeitgeber 1958 S. 228 ff. (229); Denecke, § 25 AZO Anm. 4; Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 827. 235 In der seit 1. 1. 1975 geltenden Fassung des Art. 1 des 2. StrRG vom 4. 7. 1969 (BGBl I S. 717); zuvor gleichlautend in §50 a StGB (a. F .).
Hier also: für die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen zu sorgen. Dem Betriebsinhaber stehen insoweit die in § 33 II OWiG genannten Personen gleich; ferner sind gern. § 33 III OWiG die öffentlichen Unternehmen ebenfalls als Betriebe i. S. dieser Vorschrift anzusehen. 238 BGBl I S. 1281; vgl. hierzu auch Nöthlichs, Neue Arbeitsschutzvorschriften in der GewO, ArbSch 1974 S. 283 ff. 239 In Kraft getreten am 1. 1. 1975, vgl. Art. VI Abs. I des o. a GewOÄnderungsgesetzes. 236 237
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bis zu 10 000,- DM betragen kann, § 147 Abs. IV Gew0240. Hierzu sei noch angemerkt, daß in den Fällen, die statt als Straftaten jetzt nur noch als Ordnungswidrigkeiten gelten, bereits eingeleitete Strafverfahren nach Art. :n 7 EGStGB vom 2. 3. 1974241 in Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten übergeleitet werden, sofem die Strafe noch nicht rechtskräftig verhängt ist242. Ähnlich wie bei § 25 AZ0 24:! können aber auch nach dem neuen Recht Zuwiderhandlungen gegen Sonntagsarbeitsvorschriften der in § 147 II GewO bezeichneten Art unter besonderen Umständen nach § 148 Ziff. 2 GewO zu Straftaten werden. Wenn nämlich durch den Verstoß das Leben oder die Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert244 gefährdet werden, so droht dem Arbeitgeber gern. § 148 GewO Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen245. Nach dem ebenfalls neuen § 105 j Gew02" hat nun die zuständige Überwachungsbehörde im Einzelfall eine Anordnungsbefugnis hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung bzw. Einhaltung der §§ 105 b -105 g GewO. Bei Mißachtung einer solchen Anordnung kann die Behörde nach dem neuen § 25 II Gew0 247 den Betrieb bis zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes ganz oder teilweise untersagen, falls durch die Mißachtung Gefahren für die Arbeitnehmer entstehen. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Vertretem kann hier auf die bereits dargelegten Grundsätze verwiesen werden248 ; die ehemalige Sonderregelung nach § 151 GewO a. F. ist bereits durch Art. 150 II Nr. 14 EGOWiG vom 24. 5. 1968249 aufgehoben worden. In diesem Zusammenhang sei jedoch nochmals darauf hingewiesen, daß das grundsätzliche generelle Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit gern. § 105 i GewO im Verkehrsgewerbe keine Anwendung findet. Soweit die Mitglieder des Fahrpersonals im Verkehrsgewerbe tätig sind, kann sie der Arbeitgeber also grundsätzlich auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigen, ohne sich einer Ahndung oder Bestrafung nach den gewerberechtlichen Vorschriften auszusetzen25°. 240 Bzw. bei fahrlässigen Verstößen bis zu höchstens 5.000,- DM, vgl. § 147 GewO i. V. m. § 13 II OWiG. 241 BGBl I S. 469. 242 Vgl. §§ 2 III StGB, 3 OWiG sowie Nöthtichs, ArbSch 1974 S. 285. 243 244 245 246 247 248 249
s. o. B VIII 1 a, aa. Unvollständig insoweit Nöthtichs, ArbSch 1974 S. 285. Vgl. § 148 GewO, Einleitungssatz, i. V. m. § 40 StGB. Eingefügt durch das o. a. Gesetz vom 13. 6. 1974 (BGBl I S. 1281). Eingefügt durch das o. a. Gesetz vom 13. 6. 1974 (BGBl I S. 1281). s. o. B VIII 1 a, aa. BGBl I S. 503.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz cc) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen die VO (EWG) Nr. 543/69
In der VO (EWG) Nr. 543/69 sind keine Ahndungsnormen enthalten. Jedoch weist Art. 18 I VO (EWG) den einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Aufgabe zum Erlaß von Durchführungsvorschriften zu, welche sich ausdrücklich auch "auf die Ahndung im Falle von Zuwiderhandlungen" erstrecken müssen (Art. 18 I S. 2). Dieser Verpflichtung ist die Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz über das Fahrpersonal im Straßenverkehr251 nachgekommen. In § 5 I FahrpersGSt sind die einzelnen Tatbestände angeführt, die mit Bußgeld geahndet werden können. Danach begeht der Arbeitgeber eine Ordnungswidrigkeit, wenn er Mitglieder des Fahrpersonals unter Verstoß gegen die Mindestbestimmungen über Ruhezeiten in Art. 11 und 12 VO (EWG) beschäftigt, wenn er gegen Vorschriften über die ununterbrochene, tägliche oder wöchentliche Lenkzeit252 verstößt oder wenn er die in § 5 I Ziff. 4 und 5 FahrpersGSt bezeichneten Vorschriften über die Arbeitszeitnachweise verletzt. Zum letzteren Punkt - Arbeitszeitnachweise - sei noch besonders angemerkt, daß hierzu auch die Bestimmungen des Art. 15 I- IV VO (EWG) und des § 3 II DVO (EWG) über Arbeitszeitpläne und Fahrpläne im Linienverkehr zählen253 • In allen Fällen kann nicht nur vorsätzliches, sondern auch fahrlässiges Handeln geahndet werden. Die Geldbuße kann dabei bis zu 10 000,DM betragen254, bei Verstößen hinsichtlich der Arbeitszeitnachweise allerdings nur bis zu 1 000,- DM (§ 5 II FahrpersGSt)255 • Erfolgsqualifizierte Fälle waren ursprünglich nach § 6 FahrpersGSt mit Strafe bedroht, wenn nämlich ein Verstoß gegen die MindestruhezeHen bzw. Höchstlenkzeiten bei einem Mitglied des Fahrpersonals zur Schädigung seiner Arbeitskraft oder Gesundheit führte. Diese Vorschrift wurde aber nun durch Art. 287 Nr. 80 EGStGB vom 2. 3. 1974 wieder aufgehoben2M. 250 Dies gilt selbstverständlich nur im Rahmen des § 105 i Abs. II GewO, also nur für Arbeiten, die "nach der Natur des Gewerbebetriebs einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten". 251 FahrpersGSt vom 30. 3. 1971 (BGBl I S. 277). 252 Vgl. Art. 7 und 8 VO (EWG). 253 Vgl. § 5 Abs. I Ziff. 5 e FahrpersGSt. 254 Bei Verstößen gegen Mindestruhe- oder Höchstlenkzeiten. 2ss Bzw. bei fahrlässigen Verstößen wiederum jeweils die Hälfte, vgl. § 13 II OWiG. 256 BGBl I S. 469.
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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Die Verantwortlichkeit von Vertretern (Betriebsleiter, Aufsichtspersonen) richtet sich wiederum nach § 10 OWiG. Hierfür gelten die bereits dargelegten Grundsätze entsprechend25i. dd) Öffentlich-rechtliche Folgen bei Verstößen gegen§ 15 a StVZO Nach § 15 a StVZO darf der Arbeitgeber - in seiner Eigenschaft als Fahrzeughalter -- eine Überschreitung der Höchstlenkzeiten, eine Unterschreitung der Mindestruhezeiten oder die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechungen weder anordnen noch zulassen. Verstößt er hiergegen, so begeht er damit gemäß § 69 a I Ziff. 8 StVZO eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 24 StVG; Fahrlässigkeit ist auch hier ausreichend für die Ahndung. In seiner Eigenschaft als Arbeitgeber - also nicht als Fahrzeughalter- werden dem Arbeitgeber in§ 15 a VII und VIII StVZO Pflichten bezüglich der Aushändigung, Registrierung, Aufbewahrung und Vorlegung von Arbeitszeitnachweisen der Kraftfahrzeugführer auferlegt; auch ein Verstoß hiergegen stellt gern. § 69 a I Ziff. 8 StVZO eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 24 StVG dar. In diesem Zusammenhang muß aber noch besonders auf§ 69 b StVZO hingewiesen werden. Nach dieser Vorschrift werden Verstöße des Arbeitgebers gegen § 15 a VII und VIII StVZO, soweit diese die Pflicht des Arbeitgebers zur Aufbewahrung und Vorlage von Arbeitszeitnachweisen der Beifahrer betreffen, nach § 25 AZO geahndet bzw. bestraft258 • Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß die StVZO auf § 6 I Nr. 6 StVG beruht; diese Ermächtigungsgrundlage reicht aber nur aus, um die Fahrzeugführer, nicht jedoch um die Beifahrer zu erfassen. Daher mußte die VO über Beschäftigungszeiten im Straßenverkehr vom 28.10. 1971 259 , die zur jetzigen Fassung des § 15 a StVZO führte, auch auf die Ermächtigungsgrundlage der §§ 9 und 29 AZO gestützt werden: Verordnungen über Beschäftigungszeiten und -nachweise von Beifahrern können danach vom BMA erlassen werden260• Es liegt daher insoweit eine VO vor, die auf Grund der AZO ergangen ist, so daß der Anwendungsbereich des § 25 AZO (s. Abs. II Nr. 1) eröffnet ist. § 69 b StVZO stellt dies also lediglich klar und trägt damit zur Rechtssicherheit bei. s. o. B VIII 1 a, aa. Dazu, daß hiernach auch eine Bestrafung möglich ist, vgl. § 25 Abs. II Nr. 1 i. V. m. Abs. IV AZO i. V. m. den folgenden Ausführungen zur Ermächtigungsgrundlage. 259 s. hierzu oben B II 2 und B II 6 a, bb. 260 Vgl. auch die amtl. Begründung zur VO über Beschäftigungszeiten .. ., in: VkBl 1971 S. 561, sowie oben B II 6 a, bb. 257 258
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
b) Arbeits-, privat- und versicherungsrechtliche Folgen Bezüglich der privatrechtliehen Auswirkungen von Verstößen auf das Arbeitsverhältnis kann im wesentlichen auf bereits Erörtertes zurückgegriffen werden: es können hierdurch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers aus unerlaubter Handlung (§ 823 II BGB i. V. m. der verletzten Schutzvorschrift) wie auch aus positiver Vertragsverletzung begründet werden261 . Außerdem sind den zwingenden gesetzlichen Regelungen zuwiderlaufende Vereinbarungen oder Anordnungen des Arbeitgebers nach § 134 BGB nichtig262, so daß dem Arbeitnehmer in solchen Fällen ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Denn zu gesetzeswidrigen Arbeitsbedingungen braucht der Arbeitnehmer nicht zu arbeiten, in einer solchen Weigerung kann insbesondere keine Vertragspflichtverletzung liegen, die den Arbeitgeber etwa zur Kündigung berechtigen könnte263 . Vielmehr kann gerade umgekehrt wiederhoHes oder grobes Verstoßen des Arbeitgebers gegen die Arbeitszeitvorschriften einen wichtigen Grund i. S. des § 626 BGB264 darstellen, der den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt265• Schließlich kann die Nichteinhaltung von Arbeitszeitbestimmungen auch Dritten und insbesondere den Versicherungen gegenüber nachteilige Folgen für den Arbeitgeber zeitigen. So kann er, wenn er nicht für die Einhaltung der Vorschriften sorgt, für den Schaden Dritter ersatzpflichtig sein, der durch die Übermüdung des Arbeitnehmers verursacht wird~6 ; hat er seinen Fahrer zu verbotener Mehrarbeit veranlaßt, so trifft ihn -- wenn es zu einem Unfall infolge Übermüdung des Fahrers kommt - ein überwiegendes Verschulden, und er muß damit rechnen, den Schaden allein tragen zu müssen267. Bei Verletzung von Vorschriften über Mindestruhepausen und -ruhezeiten liegt zudem eine Gefahrerhöhung i. S. des § 23 VVG vor, was die fristlose Kündigung des Versicherungsverhältnisses durch den Versicherer sowie dessen Freiwerden von der Leistungspflicht zur Folge haben kann (§§ 24 bzw. 25 VVG) 268 . Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber seinen Fahrer 261 s. o. B VII 2 und 3 m. w. Nachw. 262 s. hierzu B VII 1 m. w. Nachw. 263 Vgl. LAG Düsseldorf vom 19. 4. 1967 = BB 1967 S. 922. 264 i. d. F. des Arbeitsrechtsbereinigungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl I s. 1106). 265Vgl. Putzo bei Palandt, Anm. 6 zu § 626 BGB; Meisel I Hiersemann, Einleitung zur AZO, Anm. 22 f. 266 Vgl. OLG Karlsruhe VersR 1957 S. 477; Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 6 zu § 15 a StVZO. 267 Vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 6 zu § 15 a StVZO; Walter, Die Fahrerhaftung ... , KVR "Fahrer, Haftung, Erl. 2" C III 2; LAG Frankfurt Betr. 1956 S. 355; OLG München VersR 1969 S. 140. 268 Für Ruhezeiten s. BGHZ VersR 1966 S. 131 und VersR 1971 S. 433 ; für Ruhepausen s. OLG Stuttgart VersR 1968 S. 935; vgl. auch Lütkes, Straßenverkehr, Anm. 10 zu§ 15 a StVZO (= LZ 18).
B. Die Regelung der Arbeitszeit des Fahrpersonals
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wochenlang überbeansprucht hat269 ; auch eine solche Gefahrenerhöhung ist nach Treu und Glauben nicht mehr von der Versicherung mit gedeckt270. Lediglich einzelne Verstöße gegen Vorschriften über die Lenkzeiten bedeuten dagegen keine Gefahrenerhöhung i. S. des § 23 VVG, wenn der Fahrer eigenmächtig und ohne Weisung des Arbeitgebers bzw. Halters gehandelt hat271 ; allerdings wird selbst in diesen Fällen stets zu prüfen sein, ob der Arbeitgeber seiner Aufklärungs-, Überwachungs- und Kontrollpflicht in genügendem Maße nachgekommen ist. 2. Verstöße seitens des Arbeitnehmers
a) Öffentlich-rechtliche Folgen Aus dem Schutzzweck der AZO ergibt sich, daß die Straf- und Bußgeldvorschriften des § 25 AZO sich grundsätzlich nur gegen den Arbeitgeber richten, nicht aber gegen den Arbeitnehmer, der ja durch die Arbeitszeitbestimmungen geschützt werden soll 272 • Gegen den Arbeitnehmer kann § 25 AZO daher nur dann zur Anwendung kommen, wenn er gegen Pflichten verstößt, die gerade auch ihm auf Grund der AZO aufgegeben sind. Als solche Pflichten sind hier zu nennen die Auskunftspflicht gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt nach Ziff. 37 A VAZO sowie die Pflichten hinsichtlich der Arbeitszeitnachweise für Kraftfahrer in Ziff. 54 A VAZ0 27:r. Dagegen stellt die Überschreitung der in der AZO bzw. ihren Ausführungsbestimmungen festgelegten Beschäftigungsgrenzen für den Arbeitnehmer keine Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat i. S. des § 25 AZO dar274 . Dasselbe gilt entsprechend für die Sonn- und Feiertagsarbeit nach den §§ 105 b ff. GehO; auch hier richtet sich die staatliche Sanktionsdrohung der §§ 147, 148 GewO gemäß ihrem Schutzzweck nicht gegen den Arbeitnehmer. Deutlich hiervon zu schriften, in denen die nicht als Arbeitnehmer, sind275 • Im Mittelpunkt
unterscheiden sind dagegen diejenigen VorMitglieder des Fahrpersonals in erster Linie sondern als Verkehrsteilnehmer angesprochen dieser Vorschriften steht die allgemeine Ver-
269 Vgl. BGHZ VersR 1965 S. 846; Prölls I Martin, § 23 VVG Anm. 2 e (m. w. Nachw.). 21o s. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 6 zu § 15 a StVZO. 271 Vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, Anm. 6 zu § 15 a StVZO; OLG Düsseldorf VersR 1963 S. 941. 272 Vgl. RAG ARS 8 S. 332; Zmarzlik, § 25 AZO Anm. 3; Meisel I Hiersemann, § 25 AZO Anm. 4; Denecke, § 25 AZO Anm. 4. 273 Vgl. Zmarzlik, § 25 AZO Anm. 7; Meisel I Hiersemann, § 25 AZO Anm. 4 (m. w. Nachw.). 274 Vgl. bzgl. § 25 AZO a. F. OLG Hamm vom 26. 7. 1963 = BB 1963 S. 1017. 275 Vgl. o. B II 4, bes. unter b.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
kehrssicherheit, die gerade auch durch die Mitglieder des Fahrpersonals beeinträchtigt werden kann. Folgerichtig richten sich ihre Ge- und Verbote auch und gerade unmittelbar an die Mitglieder des Fahrpersonals, welche somit bei Verstößen gegen diese Vorschriften zur Verantwortung gezogen werden können. Bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Nichteinhalten der Bestimmungen der VO (EWG) über Mindestruhezeiten276 oder Höchstlenkzeiten277, bei Verstößen gegen die Pflicht zur Führung von Arbeitszeitnachweisen und gegen die Auskunftsoder Vorlagepflicht nach § 3 III FahrpersGSt begehen daher auch diese Arbeitnehmer eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 5 I FahrpersGSt278 . Bei Verstößen gegen § 15 a StVZO hinsichtlich der zulässigen Lenkzeiten und der Arbeitszeitnachweise begeht der Kraftfahrzeugführer gemäߧ 69 a Ziff. 7 StVZO eine Ordnungswidrigkeit i. S. des§ 24 StVG; für Arbeitnehmer gilt insoweit nichts Abweichendes. Dagegen ist wiederum zu beachten, daß bezüglich der Arbeitszeitnachweise für Beifahrer gern.§ 69 b StVZO aus den bereits dargelegten Gründen auch für Arbeitnehmer§ 25 AZO zur Anwendung kommt279 • Schließlich droht dem Arbeitnehmer als Fahrzeugführer u. U. eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren nach der allgemeinen Strafvorschrift des§ 315 c StGB wegen Gefährdung des Straßenverkehrs. Dabei kommt es allerdings nicht auf die formale Einhaltung oder Nichteinhaltung der in den Arbeitszeitbestimmungen festgelegten Ruhezeiten usw. an, sondern allein auf die Verfassung des jeweiligen Fahrers: Übermüdung ist dabei stets ein "Mangel" i. S. des§ 315 c I Ziff. 1 b StGB280.
b) A1·beits- bzw. privatrechtZiehe Folgen Im wesentlichen kann hier auf bereits Erörtertes verwiesen werden; insbesondere gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn er die vom Arbeitnehmer verbotswidrig angebotene Leistung nicht annimmt281. Verstößt ein Kraftfahrer gegen eine Bestimmung der VO (EWG) oder des § 15 a StVZO, so kann er sich ferner schadensersatzpftichtig machen, wenn er damit gegen die Anweisung seines Arbeitgebers und auch ohne dessen Duldung handelt: diese Besonderheit folgt daraus, daß die Einhaltung der verkehrsrechtlichen Vorschriften zu den Vertragspflichten des Kraftfahrers gehört282 • 276 Art. 11 und 12 VO (EWG). 277 Art. 7 und 8 VO (EWG). 278 s. im einzelnen § 5 I Ziff. 1 b, 3, 4 und 7 FahrpersGSt; zur Höhe der Geldbuße vgl. § 5 II FahrpersGSt und oben B VIII 1 a, cc. 279 Vgl. hierzu oben B II 6 a, bb sowie B VIII 1 a, dd (a. E.). 280 s. BGH VersR 14 S. 284; Schänke I Schröder, § 315 c StGB Anm. 14. 281 Vgl. oben B VII (bes. 1 a. E.) m. w. Nachw. 282 Vgl. oben Teil 1, AI 3 b.
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz
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3. Die zuständigen Aufsichtsbehörden
Die grundsätzliche Zuständigkeit der Gewerbeaufsichtsämter für die Überwachung der Arbeitszeitvorschriften283 gilt auch hinsichtlich des Fahrpersonals. Wenn sich die Beschäftigung des Fahrpersonals - was häufig der Fall ist - in mehreren verschiedenen Bezirken und Bundesländern abspielt, so ist örtlich zuständig dasjenige Gewerbeaufsichtsamt, in dessen Bezirk der eigentliche Beschäftigungsort des Arbeitnehmers liegt, also das Gewerbeaufsichtsamt des Betriebssitzes284. Besonderheiten gelten jedoch auch hier wieder im Straßenverkehr. Hier ist zum einen für Kontrollen auf der Straße allgemein die Polizei zuständig285, daneben hat speziell im Bereich des gewerblichen Güterfernverkehrs die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr die Arbeitszeitvorschriften für Kraftfahrer und Beifahrer zu überwachen286 ; gemäß § 54II Ziff. 3 GüKG soll dies im Zusammenwirken mit den Gewerbeaufsichtsämtern geschehen. Die Aufsichtsbehörden hinsichtlich der VO (EWG), der DVO (EWG) und des FahrpersGSt sind gern. § 3 I FahrpersGSt von den Ländern zu bestimmen; für Bayern sind dies nach der VO über den Vollzug des FahrpersGSt287 bzgl. der§§ 4 und 5 I! DVO (EWG) die Dienststellen der Polizei, ansonsten grundsätzlich die Gewerbeaufsichtsämter288.
C. Fahrpersonal und Gefahrensdmtz Vorbemerkung: Die Bezeichnung .. Gefahrenschutz" weist bereits auf Inhalt und Zweck der hierher zu rechnenden Vorschriften hin: sie sollen den Arbeitnehmer gegen die bei der Ausführung seiner beruflichen Tätigkeit auftretenden Gefahren schützen. Da sie im wesentlichen die Einrichtung und Ausgestaltung des Betriebes zum Gegenstand haben, werden sie häufig auch unter dem Begriff "Betriebsschutz" zusammengefaßt1. 283 Vgl. § 27 I AZO; R öhsZer, Die Arbeitszeit S. 252; Denecke, § 27 AZO Anm. 1 ff.; die Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes gilt auch für die kommunalen Betriebe - dies folgt aus § 27 VI AZO. 284 Vgl. MeiseZ I Hiersemann, § 27 AZO Anm. 4; ZmarzZik, § 27 AZO Anm. 3. 285 Vgl. § 26 I StvG sowie für Bayern § 3 der VO über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht vom 27. 7. 1971 (GVBl S. 260). 286 Vgl. Katwa, AR-Blattei "Arbeitsschutz V" B IV. 287 GVBl 1971 S. 317. 288 Die Zuständigkeit nach § 54 GüKG bleibt im übrigen unberührt, s. § 3 II FahrpersGSt. 7 Schaubacher
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Im folgenden kann und soll keineswegs eine umfassende Betrachtung des Gefahrenschutzes vorgenommen werden. Auch auf die verschiedenen verkehrsrechtlichen Vorschriften2 wird nicht weiter einzugehen sein, wenngleich auch sie letztlich zum Schutz des Fahrpersonals vor Betriebsgefahren beitragen3• Es sollen vielmehr die Besonderheiten dargelegt werden, die gerade im Zusammenhang von "Fahrpersonal und Gefahrenschutz (im eigentlichen arbeitsrechtlichen Sinne)" beachtenswert erscheinen. Allgemein geltende Grundlagen werden dabei nur angesprochen, soweit dies zum besseren Gesamtverständnis angezeigt erscheint. I. Staatlicher Gefahrenschutz 1. Die Rahmenbestimmungen der GewO
a) Inhalt und Rechtsnatur Als "Kernstück des Betriebsgefahrenschutzes" 4 verpflichten die §§ 120 a ff. GewO den Unternehmer, seinen Betrieb sicherheitstechnisch und gewerbehygienisch einwandfrei zu führen. Dabei besteht inhaltlich zwischen diesen Vorschriften und der privatrechtliehen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, wie sie besonders in den §§ 618 BGB bzw. 62 HGB konkretisiert ist, praktisch kein Unterschied. Die geschützten Rechtsgüter sind auch hier Leben, Gesundheit und Sittlichkeit, die Schutzpflicht ist begrenzt auf das Mögliche und Zumutbare5 , und sie erfaßt einerseits die Einrichtung und Unterhaltung der sachlichen Betriebsmittel sowie andererseits die Regelung der Arbeitsleistung6. Entscheidend ist jedoch, daß damit neben die vertragliche nun auch eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Arbeitgebers tritt, deren Erfüllung durch staatliche Aufsicht überwacht und erforderlichenfalls durch hoheitliche Zwangsmittel durchgesetzt wird und deren Nichtbeachtung mit Bußgeld oder gar Strafe bedroht ist7. Dabei sind zwar in den Vorschriften der GewO die Pflichten des Arbeitgebers soweit präzisiert, daß 1 Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 810 Fußn. 4; Sitzler, AR-Blattei "Arbeitsschutz III" D I 1; treffender und unmißverständlicher wäre es allerdings, von "Betriebsgefahrenschutz" zu sprechen - so z. B. Radler, AR-Blattei "Arbeitsschutz VII" A III 1 a. 2 z. B. StVO, StVZO, BO-Kraft, BO-Strab, EBO usw. 3 Insoweit kann und muß hier auf die einschlägigen verkehrsrechtlichen Kommentare und Abhandlungen verwiesen werden. 4 So treffend Radler, AR-Blattei "Arbeitsschutz VII" A 1111 a. 5 Vgl. §§ 120 a I GewO 618 I BGB - 62 I HGB (" ... wie es die Natur des Betriebs gestattet"; " ... , als die Natur der Dienstleistung es gestattet"; " ... soweit die Natur des Betriebs es gestattet"). 6 Vgl. §§ 120 a I, IV GewO; 618 I BGB; 62 I HGB. 7 Vgl. o. Teil 2, AI 2.
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz
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der Arbeitgeber für ihre Einhaltung wie auch die Behörde für gegebenenfalls von ihr zu treffende Maßnahmen ausreichende Hinweise erhaltene. Andererseits hat der Gesetzgeber - mit gutem Grund - davon abgesehen, in diesen Vorschriften genaue Einzelheiten zu regeln; dies würde nur eine ständige Anpassung des Gesetzes an den jeweiligen technischen Fortschritt erfordern9 • Die §§ 120 a ff. GewO sind daher in der typischen Form von Rahmenbestimmungen gehalten. b) Anwendbarkeit und Besonderheiten für das Fahrpersonal
aa) Kraftfahrer (und Beifahrer) Kraftfahrer, die in einem Gewerbebetrieb beschäftigt sind, sind gewerbliche Arbeitnehmer i. S. der §§ 105 ff. Gew010• Sowohl für die "branchenfremden" wie für die im Verkehrsgewerbe tätigen Kraftfahrer kommen daher auch die Schutzvorschriften der §§ 120 a ff. GewO zur Anwendung. Insbesondere ergibt sich hierbei für den Arbeitgeber aus § 120 a GewO die Pflicht, dem Fahrer nur ein betriebssicheres, den Verkehrsvorschriften entsprechendes Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen und das Fahrzeug durch regelmäßige, sachkundig durchgeführte Kontrollen stets in vorschriftsmäßigem Zustand zu erhalten11 • bb) Fahrpersonal von Straßenbahnen Straßenbahnen unterliegen nach§ 6 GewO als "Eisenbahnen" i. w. S.12 an sich nicht den Vorschriften der Gewerbeordnung. Jedoch ist in § 64 III PBefG für Straßenbahnbetriebe die Anwendbarkeit des Titels VII der GewO ausdrücklich angeordnet; es gelten daher unzweifelhaft die Schutzbestimmungen der §§ 120 a ff. GewO auch für das Fahrpersonal der Straßenbahnen1s. cc) Fahrpersonal von Eisenbahnen Nichtöffentliche Eisenbahnen, das sind vor allem die rein internen Werksbahnen oder Privatanschlußbahnen, sind keine "Eisenbahnunternehmungen" i. S. des § 6 GewO und daher auch nicht von den gewerberechtlichen Bestimmungen freigestellt14 • Sie haben vielmehr s Vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhter I Neumann, Anm. 1-3 zu § 120a GewO. 9 Vgl. auch Radler, AR-Blattei "Arbeitsschutz VII" A III 1 b.
1o Vgl. oben Teil 1, AI 1 m. w. Nachw. u Vgl. Bürger I Oehmann I Stübing, Handwörterbuch ... , "Kraftfahrer" Anm. 2; Watter, Die Fahrerhaftung ..., KVR, "Fahrer, Haftung" Erl. 2 C III 2. 12 Vgl. o. Teil 1, A III 1. 1 3 s.o. Teil 1, A III 3 a; Teil 2, BI 2 b m. w. Nachw.; vgl. auch St ahthacke, Das Arbeitsrecht in der GewO, Anm. I 2 zu § 139 b GewO. 14 Vgl. Finger, Eisenbahngesetze, Anm. 1 d zu § 6 GewO (S. 487), u. oben Teil 2, B IV 2.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
gewerberechtlich dieselbe Stellung wie das Unternehmen, zu dem sie gehören und dem sie zugeordnet sind. Hinsichtlich der Mitglieder des Fahrpersonals solcher Bahnen drängt sich somit der Vergleich mit den "branchenfremden" Kraftfahrern auf; auch in diesem Bereich finden die §§ 120 a ff. GewO also Anwendung15. Für Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs - auch für die nichtbundeseigenen16 - gilt hingegen § 6 I GewO; sie sind daher grundsätzlich von den Vorschriften der GewO freigestellt 17• Dies hat nun aber nicht zur Folge, daß in diesem Bereich jeglicher öffentlich-rechtliche Schutz entfiele. Denn auch hier sind Arbeitnehmer und Betriebseinrichtungen vorhanden, für die gleichwertige Schutzvorschriften erforderlich sind wie sie nach der GewO bestehen. Hier werden vielmehr Yerschiedene verkehrsrechtliche Sonderbestimmungen von Bedeutung, die unter anderem die Betriebssicherheit zum Gegenstand haben. So bestimmt z. B. § 2 EB0 18 allgemein, daß Bahnanlagen und Fahrzeuge in ihrer Beschaffenheit "den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen" müssen, und entsprechende Vorschriften finden sich auch in den Eisenbahngesetzen der Länder19. Insofern kann man also auch in diesem Bereich von "staatlichen Rahmenbestimmungen" hinsichtlich des "Gefahrenschutzesa sprechen - auch wenn diese Sonderregelungen rechtssystematisch dem Verkehrsrecht zuzuordnen sind, bewirken sie doch im Ergebnis den Schutz auch dieser Arbeitnehmer vor mit ihrer Berufstätigkeit zusammenhängenden Gefahren. 2. Das Gesetz über technische Arbeitsmittel
Diesem sog. "Maschinenschutzgesetz" vom 24. 6. 196820 kommt auf dem Gebiet des Gefahrenschutzes im allgemeinen eine erhebliche Bed eutung zu. § 1 II Ziff. 1 des Gesetzes bestimmt jedoch, daß von seinem Geltungsbereich Fahrzeuge ausgenommen sind, soweit sie verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen21 . Da letzteres sowohl für Kraft15 s. oben Fußn. 14. 16 Für die Bundesbahn wird die Nichtanwendbarkeit der GewO in § 41 BundesbahnG ausdrücklich erklärt. 17 Vgl. Finger, Eisenbahngesetze, Anm. 1 c zu § 6 GewO; Haustein, Die Eisenbahnen im deutschen öffentlichen Recht, § 148, 1 (S. 425 f.). 18 Eisenbahn - Bau- u. Betriebsordnung vom 8. 5. 1967 (BGBl II S. 1563). 19 s. für Bayern : Bayer. Eisenbahn- und Bergbahngesetz vom 17. 11. 1966 (GVBl S. 429), dessen Art. 12 ebenfalls eine allgemeine Regelung der Betriebssicherheit zum Inhalt hat; - vgl. auch Haustein, Die Eisenbahnen .. ., § 150 (S. 428 f.).
20 BGBl I S. 717; s. hierzu Gteiss I Hetm, Das neue Gesetz über technische Arbeitsmittel, BB 1968 S. 814 f. 21 Denn durch diese kann der angestrebte Zweck bereits ebenso erreicht werden.
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz
101
fahrzeuge wie auch für Eisen- und Straßenbahnen zutrifft, braucht auf dieses Gesetz hier weiter nicht eingegangen zu werden. 3. Das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit22
Obwohl für das Fahrpersonal im Hinblick auf dieses neue Gesetz keine Besonderheiten gelten, soll es hier nicht gänzlich unerwähnt bleiben. Wegen näherer Einzelheiten muß allerdings auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen werden23 • Dieses Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen, die durch Anwendung und Verwirklichung arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Erkenntnisse zu einem wirkungsvollen, umfassenden Arbeits- und Unfallschutz im Betrieb beitragen sollen. Dabei kann der Arbeitgeber zur Erfüllung dieser Verpflichtung auch einen überbetrieblichen Dienst heranziehen; als praktische Lösung ist hier z. B. an verschiedene regionale Zentren zu denken. zu deren Einrichtung und Finanzierung sich interessierte Arbeitgeber jeweils zusammenschließen könnten. Es kann wohl bereits heute vorhergesagt werden, daß diesem Gesetz nach gewissen Übergangsschwierigkeiten in der Praxis eine stetig wachsende Bedeutung zukommen wird. Als wichtige staatliche Flankierungs- und Ergänzungsmaßnahme neben den gewerberechtlichen Rahmenvorschriften wird es einen wesentlichen Teil dazu beitragen, das Arbeitsleben sicherer, weniger gesundheitsgefährdend und - angesichts der zum Ausdruck kommenden erheblich erweiterten bzw. konkretisierten Fürsorgepflicht -- insgesamt menschlicher, menschenwürdiger zu gestalten. II. Berufsgenossenschaftlicher Gefahrenschutz 1. Allgemeines
Die Berufsgenossenschaften sind grundsätzlich gemäß § 646 I RV0 24 Träger der allgemeinen Unfallversicherung 25 • Von den ihnen zugewiesenen Aufgaben wird in den folgenden Ausführungen allein auf Sog. "Betriebsärztegesetz" vom 12. 12. 1973 (BGBl I S. 1885). s. insbes. Giese I Ibels I Rehkopf, Gesetz über Betriebsärzte ... , G. Kii.chenhoff, Der Werksarzt, RdA 1972 S. 340 ff.; Kliesch I Schmidt, Gesundheitsschutz und Sicherheitstechnik in Betrieben. 24 i. d. F. des UVNG vom 30. 4. 1963 (BGBl I S. 241). 25 Von den Ausnahmefällen der §§ 653 - 657 RVO sei hier abgesehen, zumal gern. § 767 li Nr. 5 RVO die im folgenden zu behandelnden Unfallverhütungsvorschriften auch in diesen Fällen zu berücksichtigen sind. 22
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die Verhütung von Arbeitsunfällen einzugehen sein (vgl. §§ 537, 546, 708 ff. RVO). Nicht umsonst ist diese Aufgabe auch in § 537 RVO an erster Stelle genannt: ist es doch stets die bessere Hilfe, schädigende Ereignisse vorab zu verhindern, als im nachhinein deren Folgen zu mildern. Die Berufsgenossenschaften26 haben gern. § 546 I RVO "mit allen geeigneten Mitteln" auf die Verhütung von Arbeitsunfällen hinzuwirken. Sie haben dabei nicht etwa die Pflicht, selbst und unmittelbar Unfälle zu verhüten; vielmehr genügen sie ihrer Verpflichtung dadurch, daß sie gern. § 708 RVO Unfallverhütungsvorschriften (UVVen) erlassen und dafür Sorge tragen, daß in den ihnen angehörenden Betrieben die Unternehmer die erforderlichen Maßnahmen treffen (vgl. §§ 712 ff. RVO). Bei den hiernach zu erlassenden UVVen handelt es sich nach heute ganz herrschender Ansicht um autonome Rechtssätze 27• Dabei wenden sich diese Vorschriften sowohl an den Arbeitgeber wie auch an den Arbeitnehmer (vgl. §§ 708 I, 710 RVO); inhaltlich findet sich in ihnen praktisch eine Zusammenstellung aller Maßnahmen, die nach längerer einschlägiger Erfahrung in den Betrieben erforderlich und geeignet sind, um typische Gefahrenquellen weitestgehend ausschalten zu können. Zu beachten ist jedoch, daß die UVVen trotz ständiger Anpassung an veränderte technische Umstände keine abschließende Regelung von Sicherheitsvorkehrungen treffen können und dies auch nicht wollen. Sie stellen ähnlich wie die gesetzlichen Schutzbestimmungen nur Mindestnormen dar; darüber hinaus kann also der Arbeitgeber durchaus noch verpflichtet sein, nach eigener Einsicht und Sorgfaltspflicht aus seiner allgemeinen Fürsorgepflicht heraus weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen2s. 2. Die wichtigsten UVVen für das Fahrpersonal
In der Anlage 1 zu § 646 RVO sind die heute bestehenden 36 BGen aufgeführt29 • Für das Fahrpersonal sind davon insbesondere zuständig die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen30 und die BG für Fahrzeughaltungen31 • Zu beachten ist hierbei aber, daß für die große 26 Im folgenden abgekürzt: BG(en). Vgl. z. B. Asanger, Die rechtliche Bedeutung der Unfallverhütungsvorschriften, Festschrift für Lauterbach S. 297 ff.; Andn?e, Die UVVen - Entstehung, rechtliche Bedeutung und Folgen ihrer Nichtbeachtung, Betr. 1963 s. 831 ff., 866 ff. 2s Wie vorstehende Fußn. 29 s. auch Gotzen I Doetsch, Unfallversicherung S. 344. ao Nr. 32 der Anlage. 27
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz
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Zahl der "branchenfremden" Mitglieder des Fahrpersonals gern.§ 647 I RVO die BG zuständig ist, der das Hauptunternehmen angehört.
a) Die UVV ".4llgemeine Vorschriften" (VBG 1)32• 33 Diese allgemeinen Vorschriften haben sich auch die beiden o. a. BGen zueigen gemacht. In den §§ 2-10 VBG 1 werden die grundlegenden Pflichten des Unternehmers aufgeführt. Eine Art Generalklausel enthält dabei § 2, der den Unternehmer verpflichtet, alle Baulichkeiten, Arbeitsstätten, Betriebseinrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzurichten und zu erhalten, daß die Arbeitnehmer gegen Unfälle und Berufskrankheiten geschützt sind34 • Des weiteren hat er durch Aufklärung, Anweisungen und Überwachung seine Arbeitnehmer zur Beachtung der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen anzuhalten. Wichtig ist auch § 7 VBG 1, wonach die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten den Unternehmer35 nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortung befreien kann36• Für den Arbeitnehmer ist besonders§ 11 VBG 1 von Bedeutung. Von der Ermächtigungsgrundlage des § 708 I Nr. 2 RVO ausgehend, wird ihm ausdrücklich als Pflicht auferlegt, die UVVen zu befolgen und Anweisungen seiner Vorgesetzten hinsichtlich der Arbeitssicherheit gewissenhaft zu beachten. Dabei handelt es sich für den Arbeitnehmer nicht nur um eine bloße Obliegenheit; er kann vielmehr bei Verstoß gegen diese Pflicht zum einen gern. § 710 RVO mit einer Ordnungsstrafe belegt werden, zum anderen nach privatrechtliehen Grundsätzen wegen Nicht- oder Schlechterfüllung seiner Vertragspflichten vom Arbeitgeber ersatzpflichtig gemacht werden37•
b) Die besonderen UVVen der BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen Von den insgesamt rund 180 UVVen, die von den 36 BGen erlassen hat sich die BG der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen
wurden~ 8 ,
Nr. 33 der Anlage. VBG bedeutet: Vorschriftenbuch der Einzelunfallverhütungsvorschriften der gewerblichen BGen. 33 Gültig seit 1. 4. 1934, i. d. F. vom 1. 6. 1967. 34 Als maßgebendes Kriterium hierfür ist der jeweilige Stand der Technik anzusehen. as Bzw. seinen Stellvertreter, vgl. § 775 RVO. ae s. auch die für die Praxis sehr gut geeignete Schrift von Sitter: Verantwortung im Unfallschutz - Was sie bedeutet, wer sie trägt, wie sie sich auswirkt (hrsg. von der BG der Feinmechanik und Elektrotechnik). 37 Vgl. Jäger, Sozialversicherungsrecht S. 104. as s. das Verzeichnis im Anhang 1 zu VBG 1 der o. a. BG für Bahnen (Stand: 1. 1. 1972). 3t
32
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
für ihren Geltungsbereich 32 zueigen gemacht39• Die speziellsten und wichtigsten hiervon sind die UVVen "Eisenbahnen" (VBG 11 a)40 und "Straßenbahnen" (VBG 11 b) 41 • Dabei verdienen die erstgenannten aus zwei Gründen besondere Würdigung. Einmal wurden durch sie vier verschiedene, jahrzehntealte UVVen42 endlich zusammengefaßt und auf einen angemessenen neuen Stand gebracht. Außerdem sind sie ausführlich mit Durchführungsregeln und Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen versehen, die für Unternehmer wie Arbeitnehmer Hinweise geben, das Verständnis in Einzelheiten und dadurch die Befolgung der Vorschriften erleichtern und somit insgesamt zur Unfallverhütung einen sinnvollen, ergänzenden Beitrag leisten. Der Geltungsbereich der VBG 11 a umfaßt - mit Ausnahme der Bundesbahn - diejenigen Schienenbahnen, die den Eisenbahn-Bauund Betriebsordnungen des Bundes oder der Länder unterliegen43 oder jedenfalls diesen Bestimmungen entsprechend gebaut sind und betrieben werden44 • § 4 VBG 11 a bestimmt, daß Anlagen und Fahrzeuge nach den Vorschriften der VBG 11 a (§§ 5 -17 bzw. 18- 21) und im übrigen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik45 beschaffen sein müssen. Bis ins Detail gehende technische Regelungen des Betriebsablaufs, insbesondere auch Verhaltensmaßregeln für die Arbeitnehmer, enthalten die §§ 22 ff., auf die näher einzugehen daher hier nicht sinnvoll erscheint. Erwähnenswert ist immerhin die Pflicht des Unternehmers, für den Betrieb Anweisungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen aufzustellen und sie den Beschäftigten bekanntzugeben; über die notwendigen Gegenstände solcher Anweisungen gibt § 22 VBG 11 a nähere Hinweise. Für Straßenbahnbetriebe galt früher ebenfalls die alte UVV "Bahnneo" von 1934. Erst am 1. 4. 1964 ist für sie eine eigene UVV in Kraft getreten: die VBG 11 b. Dabei sind Straßenbahnen i. S. dieser UVV Schienenbahnen, die nach dem PBefG genehmigt sind46 • ss Laut Verzeichnis vor VBG 1 dieser BG (Stand: 1. 10. 1973). 40 In Kraft seit 1. 7. 1968. 41 In Kraft seit 1. 4. 1964 (i. d. F. vom 1. 9. 1968). 42 Die UVV "Bahnen" von 1934 sowie drei UVVen der ehern. PrivatbahnBQ von 1904, 1909 bzw. 1915 (!). 43 s. für den Bund: EBO, BOS, vBOS; für die Länder: Verordnungen über den Bau und Betrieb von Anschlußbahnen (BOA) - vgl. für Bayern die BOA vom 6. 6. 1968 (GVBl S. 171). 44 Vgl. § 1 VBG 11 a; für elektrisch betriebene Eisenbahnen ist eine besondere UVV in Vorbereitung. 45 Vor allem DIN-Normen, VDE-Bestimmungen usw., aber auch die verkehrsrechtlichen Vorschriften (in der EBO usw.) sind hier als Maßstab heranzuziehen. 46 Vgl. Anm. 1 der BG zu § 1 VBG 11 b.
C. Fahrpersonal und Gefahrenschutz
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In Aufbau und sachlichem Inhalt ist diese UVV derjenigen für Eisenbahnen sehr ähnlich, von den eher technischen Unterschieden abgesehen, die in Einzelheiten bei den Straßenbahnen einer speziellen Regelung bedürfen. Dennoch ist bei einem Vergleich der VBG 11 b mit der VBG 11 a festzustellen, daß die UVV "Eisenbahnen" genauer, sorgfältiger ausgearbeitet ist und damit den an sie zu stellenden Ansprüchen besser gerecht wird. Vor allem fällt auf, daß bei der VBG 11 b die erwähnten hilfreichen, erläuternden Anmerkungen wesentlich dürftiger gehalten sind. Aber auch die einzelnen Vorschriften selbst sind teilweise weniger klar und ausführlich formuliert. So wird beispielsweise in § 16 VBG 11 b nur ganz allgemein verlangt: "Für den Betrieb von Straßenbahnen müssen Anweisungen aufgestellt und in geeigneter Weise bekanntgegeben werden", wogegen der vergleichbare § 22 VBG 11 a hierzu doch recht konkrete Hinweise in einzelnen Punkten enthält und zusätzlich noch mit Anmerkungen erläutert wird. Ähnliche Beispiele ließen sich noch genügend anführen47 • Dieser qualitative Unterschied mag damit zusammenhängen, daß zwischen 1964 (Erlaß der VBG 11 b) und 1968 (Erlaß der VBG 11 a) einfach Erfahrung hinzugewonnen wurde. Man sollte sich bei der zuständigen BG jedoch bemühen, in einer baldigen entsprechenden Neufassung der VBG 11 b die gewonnene Erfahrung ebenfalls zum Ausdruck zu bringen und damit auch die Arbeitssicherheit in Straßenbahnbetrieben weiter zu erhöhen. c) Die besonderen UVVen der BG für Fahrzeughaltungen
Neben den bereits angesprochenen Allgemeinen Vorschriften- VBG 1 - ist im Bereich dieser BG besonders die einschlägige UVV "Nichtschienengebundene Fahrzeuge" (VBG 12) zu beachten. Die früher ebenfalls wichtige UVV "Ausbesserungswerkstätten und Garagen für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren" (VBG 13) wurde mit Wirkung vom 31. 3. 1972 außer Kraft gesetzt48 • Das am 1. 7. 1968 in Kraft getretene neue VBG 12 hat gleichzeitig die frühere UVV "Fahrzeuge" vom 1. 10. 1943 außer Kraft gesetzt. Der Inhalt dieser UVV ist allerdings auf vergleichsweise zweitrangige technische Bestimmungen beschränkt. Dies kann nicht verwundern, wenn man bedenkt, daß hinsichtlich der Betriebssicherheit dieser Fahrzeuge ausführliche Regelungen bereits in den verkehrsrechtlichen Vorschriften (StVO, StVZO, BO-Kraft usw.) getroffen sind. Auf Einzel47 z. B. ein Vergleich von §§ 25, 26 VBG 11 b mit §§ 29, 30 VBG 11 a (bzgl. Verhalten bei Fahrzeugen in Bewegung bzw. Warnen von Personen). 48 Dafür sind nun seit 1. 4. 1972 die Sicherheitsregeln für Fahrzeuginstandhaltung (lnstandsetzen, Warten, Pflegen und ähnliche Arbeiten) zu beachten; vgl. auch unten C II 3.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
heiten soll deshalb hier ebensowenig eingegangen werden wie auf die übrigen 24 UVVen dieser BG. 3. Richtlinien, Sicherheitsregeln u. ä.
Rechtlich zu unterscheiden von den UVVen sind die zahllosen Richtlinien, Sicherheitsregeln, Merkblätter und ähnliche Schriften, die von den BGen ebenfalls mit dem Ziel der Verhütung von Arbeitsunfällen herausgegeben werden. Denn diese Richtlinien usw. besitzen nicht dieselbe Verbindlichkeit, sie sind keine UVVen im Rechtssinne49 , ihre Nichtbeachtung führt daher auch nicht zu einer Ordnungsstrafe nach § 710 RVO. Wohl aber kann in einem Verstoß gegen sie ein Hinweis50 dafür gesehen werden, daß die allgemeine Sorgfaltspflicht nicht beachtet wurde. Insgesamt gibt es Hunderte solcher Schriften51 • Neben den bereits genannten Sicherheitsregeln für Fahrzeug-Instandhaltung seien hier nur erwähnt ein Merkblatt für Neueingestellte bei Bahnen und verschiedene Merkblätter der BG für Fahrzeughaltungen, die sich mit Einzelheiten typischer gefährlicher Arbeitsvorgänge befassen (z. B. Sicherheit bei Kupplungsvorgängen, sicherem Anbringen der Ladung, sicherem Transport von Langholz u. ä.). Im Entwurf befindet sich außerdem eine sog. "Arbeitsstätten-Richtlinie", der erhebliche Bedeutung zukommen wird, weil in ihr allgemeine Grundsätze für arbeitshygienische und unfallschutztechnische Anforderungen an Arbeitsstätten zusammengeiaßt werden sollen.
111. Gefahrenschutz im Betriebsverfassungsgesetz Im Rahmen der Gesetze und UVVen hat der Betriebsrat gern. § 87 I Ziff. 7 BetrVG ein volles Mitbestimmungsrecht in Fragen der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie des Gesundheitsschutzes. Die in§ 89 II und III BetrVG zum Ausdruck kommenden Beteiligungsrechte beschränken sich hingegen auf ein Anhörungsund Informationsrecht, dem in § 89 I BetrVG die Pflicht des Betriebsrats entspricht, durch Anregungen und Auskünfte von sich aus aktiv den Gefahrenschutz im Betrieb zu fördern. Abgerundet wird das positive Zusammenwirken aller Kräfte im Betrieb durch das Informationsrecht des Betriebsrates gern. § 80 I Ziff. 152 sowie durch die Vgl. Lauterbach., Gesetzliche Unfallversicherung, Anm. 4 i zu § 708 RVO. eines widerlegbaren Anscheinsbeweises, vgl. Lauterbach., Gesetzl. Unfallvers., Anm. 4 i zu § 708 RVO. 51 Vgl. die Zusammenstellung im Prospekt ZH 1 des Hauptverbandes der gewerblichen BGen - Zentralstelle für Unfallverhütung (Bonn) (Stand: Oktober 1973). 49
so i. S.
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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Belehrungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer gern. § 81 I S. 2 BetrVG. Besonderheiten für das Fahrpersonal bestehen insoweit nicht; bezüglich näherer Einzelprobleme aus diesem Bereich kann daher auf die einschlägigen Kommentare zum BetrVG verwiesen werden53•
D. Der besondere Sd10tz für das weiblime Fahrpersonal, insbes.: die VO über die Besmäftigung von Frauen auf Fahrzeugen I. Die Problematik eines besonderen Schutzes für weibliche Arbeitnehmer Für weibliche Arbeitnehmer gelten zunächst dieselben Schutzvorschriften wie für die männlichen. Zusätzlich hierzu wurde jedoch schon frühzeitig versucht, ihrer vor allem körperlich bedingten erhöhten Schutzbedürftigkeit Rechnung zu tragen, indem verschiedene Beschäftigungsverbote und -beschränkungen erlassen wurden1 • Die Kehrseite solcher besonderer Schutzmaßnahmen ist zwangsläufig, daß dadurch die Freiheit der Berufswahl, der Berufsausübung (Art. 12 GG) und damit auch die Chancengleichheit (Art. 3 II GG) der Frauen beeinträchtigt wird. Damit jene Grundrechte der Frauen nicht ohne zwingenden Grund - welcher hier in der Erhaltung der Volksgesundheit zu sehen ist ·- eingeschränkt werden, ist die Erforderlichkeif von Beschäftigungsverboten bzw. -beschränkungen ständig zu überprüfen. Technische Fortschritte in der Arbeitswelt, veränderte Auffassungen zur Stellung der :B.,rau in Beruf und Gesellschaft, neue medizinische Erkenntnisse - all diese Gesichtspunkte sind in Betracht zu ziehen, wenn es um Aufrechterhaltung, Abbau oder Ergänzung derartiger Sondervorschriften zum Schutze der berufstätigen Frau geht.
II. Die Entwicklung zur BeschFraFaVO vom 2.12.1971 Was die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen betrifft, so blieb ihnen die Tätigkeit als Führerinnen von Schienenbahnen, Omnibussen und Lastkraftwagen jahrzehntelang verschlossen. Ausgehend von den damals bestehenden Erkenntnissen war man der Auffassung, das 52 Daß nur ein Informationsrecht besteht, obwohl Ziff. 1 von "überwachen" spricht, folgt aus Abs. II dieser Vorschrift. 53 s. z. B. die oben zu B V 2 und 3 angeführten Kommentare zum BetrVG. t s. hierzu Hueck !Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 837 m. w. Nachw.
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Tei12: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Führen solcher schwerer Fahrzeuge bedeute für eine Frau generell körperlich wie auch geistig und nervlich eine insgesamt unvertretbarP. Überbeanspruchung, die jedenfalls im Laufe der Zeit die Gesundheit der Frau erheblich gefährden und beeinträchtigen könne. Folgerichtig entschied man sich in der Anordnung über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen vom 30. 10. 19402 für ein generelles Verbot, Frauen als Führerinnen auf den genannten Fahrzeugen zu beschäftigen. Seitdem haben Verkehrsdichte und Fahrgeschwindigkeiten erheblich zugenommen, womit sich einerseits die Anforderungen an das Fahrpersonal noch erhöht haben. Dem stehen aber andererseits insbesondere enorme technische Weiterentwicklungen, Verbesserungen und Erleichterungen sowie neue (arbeits-)medizinische Erkenntnisse gegenüber. Daher kam man auf Grund neuer Untersuchungen3 zu dem Ergebnis, daß man heute von einer unvertretbaren Gesundheitsgefährdung von Frauen beim Führen auch solcher schwerer Fahrzeuge nicht mehr generell ausgehen könne; vielmehr sind danach Frauen für diese Tätigkeit bei entsprechenden gesundheitlichen, physischen und psychischen Voraussetzungen ebenso geeignet wie Männer4 • Zwar ist eine besondere Rücksichtnahme auf die Gesundheit der Frauen nach wie vor unerläßlich; notwendig, aber auch ausreichend zur Erreichung dieses Zweckes erscheint allerdings eine auf die gesundheitliche Verfassung der einzelnen Frau abstellende individuelle RegelungS. Aus diesen Gründen - die auch unter den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Notwendigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs zu sehen sind - wurde das bis dahin geltende generelle Beschäftigungsverbot abgelöst durch ein individuelles Verbot in der VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen vom 2. 12. 19716 , wobei auf die jeweils im Einzelfall drohende gesundheitliche Gefährdung abgestellt wird. 111. Die BeschFraFaVO vom 2. 12. 1971 im einzelnen 1. Rechtsgrundlagen und Geltungsbereich
a) Rechtsgrundlagen Die materiellrechtlichen Bestimmungen der VO beruhen auf der Ermächtigung des § 16 III AZO. 2 RABl III S. 283. s Vgl. die Untersuchung über .,Frauen als Straßenbahnführerinnen" von Mooren, ArbSch 1970 .S. 6 ff. 4 Vgl. auch die amtliche Begründung zur neuen BeschFraFaVO, VkB11971 S. 645 ff. unter I. s s. auch Votmer, VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen, ZFA 1973 S. 101 ff. (102 f.). 6 BGBl I S. 1957 (im folgenden abgekürzt: BeschFraFaVO).
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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Laut Präambel der VO wurde sie zusätzlich auf die Aufhebungsermächtigung des § 76 V i. V. m. § 37 II JArbSchG7 gestützt; der Grund hierfür ist aber nur darin zu sehen, daß dadurch in § 14 II BeschFraFaVO die Anordnung vom 30. 10. 1940 auch insofern außer Kraft gesetzt werden konnte, als sie auf § 20 I des Jugendschutzgesetzes von 1938 beruhte8.
b) Geltungsbereich Aus der Ermächtigungsgrundlage des § 16 III AZO ergibt sich eine Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der BeschFraFaVO auf Arbeitnehmerinnen innerhalb des persönlichen Geltungsbereichs der AZO, die gern. § 1 I S . 1 AZO nur für über Achtzehnjährige gilt. Eine weitere - mittelbare - Beschränkung folgt zudem aus denjenigen verkehrsrechtlichen Vorschriften, die ein Mindestalter für die verschiedenen Fahrzeugarten festlegen 9 , also aus der VO (EWG), der StVZO, der BO-Strab und der EB0 10• Sachlich findet die BeschFraFaVO grundsätzlich nur Anwendung auf Kraftfahrzeuge mit über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht (sprich: Lastkraftwagen) und auf Schienenfahrzeuge (§ 1 I); als Arbeitsschutzvorschrift gilt sie selbstverständlich nicht nur bei der Teilnahme am öffentlichen Verkehr, sondern z. B. auch für Fahrten auf Werksgelände11. Zu beachten ist jedoch, daß § 11 der VO (Heben und Tragen von Lasten) auch bei Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht unter 3,5 t gilt, und zwar auch für die Beifahrerinnen12• Dagegen gelten die §§ 2- 10 und 12 der VO nur bzgl. solcher Fahrzeuge, die in § 1 I angeführt sind13 . Räumlich gilt auch für diese VO- wie für die AZOgrundsätzlich das Territorialitätsprinzip 14 : ihre Vorschriften kommen danach stets, aber auch nur dann zur Anwendung, wenn die Arbeitnehmerio in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt wird.
1 Jugendarbeitsschutzgesetz vom 9. 8. 1960 (BGBI I S. 665); vgl. auch unten E. s Vgl. Zmarzlik, Zur VO über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen, ArbSch 1972 S. 1 Sp. 2. 9 Vgl. oben: "Altersvoraussetzungen für das Fahrpersonal", Teil 1, BI 1. 10 18 bzw. 21 oder 23 Jahre, s. im einzelnen oben (wie vorstehende Fußn.). 11 Vgl. Volmer, ZFA 1973 S. 105. 12 Vgl. §§ 1 II und 11 der VO sowie näher unten D III 5. 13 Vgl. Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 1 Sp. 2. 14 Vgl. hierzu noch näher unten F.
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz 2. Die ärztliche Untersuchung
a) Die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach§ 2 Auch die neue BeschFraFaVO enthält grundsätzlich ein Verbot der Beschäftigung von Frauen auf den in § 1 I genannten Fahrzeugen. Das Verbot greift jedoch nun nicht mehr ein, wenn eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung hinsichtlich der angestrebten Fahrtätigkeit beigebracht werden kann, § 2 I. Diese muß auf einer höchstens sechs Monate15 zurückliegenden Untersuchung beruhen und von einem gern. § 4 BeschFraFaVO i. V. m. § 27 AZO hierzu ermächtigten Arzt ausgestellt sein. Den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs entspricht es hierbei, daß dem Arzt die Möglichkeit eingeräumt wird, je nach gesundheitlicher Verfassung der einzelnen Frau die ihm erforderlich erscheinenden Abstufungen und Einschränkungen vorzunehmen (§ 2 I S. 2). So kann er z. B. festlegen, daß die Arbeitnehmerin das Fahrzeug nur bis zu fünf Stunden lenken darf, wenn er darüber hinaus gesundheitliche Schädigungen befürchtet, oder er kann die Unbedenklichkeitsbescheinigung auf eine bestimmte Fahrzeuggröße begrenzen16. Durch diese Flexibilität in der Ausgestaltung der Bescheinigung wird es in geradezu beispielhafter Weise ermöglicht, eine dem Einzelfall weitestgehend gerecht werdende Lösung zu finden.
b) Erst- und Nachuntersuchungen Die in § 2 I geregelte Erstuntersuchung wird nur einmal durchgeführt und braucht auch bei Wechsel des Arbeitgebers nicht wiederholt zu werden17. Allerdings ist, soll die Weiterbeschäftigung zulässig bleiben, nach jeweils 12 bis 18 Monaten eine Nachuntersuchung erforderlich (§ 2 II). Dadurch können Veränderungen im Gesundheitszustand der Arbeitnehmerin gegebenenfalls durch Abänderung der Unbedenklichkeitsbescheinigung berücksichtigt werden.
c) Veranlassung, Durchführung und Kosten der Untersuchung; die behördliche Entscheidung nach§ 5 Gern. § 3 S. 1 hat der Arbeitgeber die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen zu veranlassen; dieser Pflicht tut er in der Reg el genüge, 15 Röhsler (Die Arbeitszeit S. 234) spricht zwar von 6 Wochen, doch beruht dies mit Sicherheit nur auf einem Versehen, da in § 2 I S. 1 eindeutig eine 6-Monats-Frist festgesetzt wird; unverständlich daher auch die Ausführung Volmers (ZFA 1973 S. 108), die Untersuchung müsse "innerhalb eines Jahres(!) vor der Aufnahme der Beschäftigung" erfolgen. 1s Vgl. auch die Beispiele bei Volmer, ZFA 1973 S. 109. 17 Vgl. Volmer, ZFA 1973 S. 108.
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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wenn er im entsprechenden Sinne nachdrücklich auf die Arbeitnehmerin einwirkt18 • Ferner kann die nach § 27 AZO zuständige Behörde19 vom Arbeitgeber verlangen, eine Nachuntersuchung auch außerhalb der F'risten des § 2 II zu veranlassen. Hierfür wird man allerdings voraussetzen müssen, daß auf Grund konkreter Anhaltspunkte eine Gesundheitsgefährdung der Arbeitnehmerin zu befürchten ist und die Behörde ihr Verlangen nicht willkürlich vorbringen darf20• Zu beachten ist aber, daß die Behörde keine Anforderungs- und damit auch keine Durchsetzungsbefugnis bzgl. der ärztlichen Untersuchung selbst hat, sondern lediglich vom Arbeitgeber deren Veranlassung verlangen kann. Es besteht auch nicht etwa eine öffentlich-rechtliche Pflicht der Frau, sich untersuchen zu lassen. Die Begründung einer derartigen Pflicht wäre nur durch Einschränkung des Grundrechtes aus Art. 2 li S. 1 GG möglich, da die Untersuchung eines Menschen gegen seinen Willen ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wäre21 • Veranlassen kann die Behörde eine ärztliche Untersuchung aber dann, wenn Arbeitgeber oder Arbeitnehmerin bei ihr um eine Entscheidung nachsuchen, weil sie eine ärztliche Bescheinigung für unzutreffend halten, § 5. Die ärztliche Bescheinigung stellt ja keinen Verwaltungsakt dar und ist daher auch nicht "anfechtbar". Die in § 5 vorgesehene behördliche Entscheidung ist also unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung des Rechtsschutzes für die hier Betroffenen zu sehen 22 • Damit besteht die Möglichkeit, einen ärztlichen Irrtum zu korrigieren. Die behördliche Entscheidung ersetzt dann insoweit die ärztliche Bescheinigung2:r. Die Kosten der ärztlichen Untersuchungen sowie ggf. die im Rahmen des § 5 anfallenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen, § 8. Er hat außerdem der Arbeitnehmerin die für die Untersuchung erforderliche Freizeit24 zu gewähren, wobei er für die hierbei ausfallende Arbeitszeit vergütungspflichtig bleibt, § 7 li. Voraussetzung für die Vergütungspflicht ist allerdings, daß bereits ein Arbeitsvertrag abgeschlossen Vgl. Zmarztik, ArbSch 1972 S. 3 Sp. 1. Also in aller Regel das örtlich zuständige Gewerbeaufsichtsamt. 2o Ebenso Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 3 Sp. 1; etwas ungenau, aber im Ergebnis wohl ebenso Volmer, ZFA 1973 S.109. 21 Vgl. Paulsen, Die Pflicht des Arbeitnehmers, sich ärztlich untersuchen zu lassen, AuR 1961 S. 206 ff. (207). 22 Vgl. auch die amtl. Begründung zu § 5 in VkBl 1971 S. 646. 23 Allerdings nur für die in Frage stehende Untersuchung; Nachuntersuchungen gern. § 2 II bleiben hiervon unberührt. 24 Diese umfaßt neben der reinen Untersuchungszeit auch die anfallenden Warte- und Wegezeiten, vgl. Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 3 Sp. 2, und Volmer, ZFA 1973 S. 111. 18
tu
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
wurde: das ist schon daraus zu entnehmen, daß § 7 von "der Arbeitnehmerin" spricht. Im übrigen entspricht diese Kostenzuweisung dem Grundgedanken des Arbeitsschutzrechts, daß es dem Arbeitgeber obliegt, alle Maßnahmen durchzuführen, die zum Schutze seiner Arbeitnehmer erforderlich, möglich und zurnutbar sind; letztlich liegt ja auch das Beibringen der Unbedenklichkeitsbescheinigung in seinem Interesse, da er sonst die Frau nicht als Fahrerin beschäftigen darf. 3. Arbeitsverhältnis und ärztliche Bescheinigung
In der Regel wird ein entsprechender Arbeitsvertrag erst abgeschlossen werden, wenn die erforderliche ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt ist. Da sich das Verbot jedoch nur auf die Beschäftigung als solche bezieht, ist es auch denkbar und zulässig, daß der Arbeitsvertrag bereits vor einer Untersuchung abgeschlossen wird. In diesem Fall ist der Vertrag auf eine nach § 2 I BeschFraFaVO verbotene Leistung gerichtet und seine Erfüllung daher, solange keine Bescheinigung ausgestellt ist, unmöglich; die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages an sich bleibt hiervon jedoch nach den allgemeinen Regeln der §§ 309, 308 BGB unberührt. Läßt sich die Arbeitnehmerin nun untersuchen und erhält sie dann die erforderliche Bescheinigung, so wird hierdurch die Unmöglichkeit behoben25 , die Erfüllung des Vertrages also möglich. Das Beibringen der Beischeinigung obliegt der Arbeitnehmerin auch ohne ausdrückliche Abrede auf Grund ihrer Treuepflicht, nach der sie die Interessen des Arbeitgebers und des Betriebs nach besten Kräften im Rahmen des Zurnutbaren wahrzunehmen hat26 : bei Verletzung dieser Beibringungspflicht darf die Arbeitnehmerin nicht als Fahrerin beschäftigt werden, so daß in diesem Fall ein Grund zur f ristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber zu bejahen ist27• Auch Schadensersatzansprüche können aus einer solchen Verletzung der Treuepflicht für den Arbeitgeber begründet werden. Hingegen liegt Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages gern. § 134 BGB dann vor, wenn der Arzt gesundheitliche Bedenken bzgl. der Beschäftigung auf solchen Fahrzeugen bescheinigt, wie sie in dem betreffenden Betrieb ausschließlich zur Verfügung stehen. Beide Parteien können dann jederzeit die Nichtigkeit geltend machen und das Arbeitsverhältnis mit ex-nunc-Wirkung fristlos beenden. Vgl. hierzu Heinrichs bei Palandt, Anm. zu §§ 308, 309 BGB. Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 242. 27 Ebenso Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 2 Sp. 2; im Ergebnis übereinstimmend, jedoch etwas ungenau hierzu Röhsler, Die Arbeitszeit S. 234. 25 26
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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Ähnliches gilt im Hinblick auf die Nachuntersuchungen. Auch hier ist zu beachten, daß das sozusagen "turnusmäßig wiederauflebende" Beschäftigungsverbot die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages zunächst unberührt läßt; es ruhen dann lediglich Arbeits-, Beschäftigungs- und Lohnzahlungspflichten28 • Dementsprechend leben diese also wieder auf, sobald die Arbeitnehmerin nunmehr doch noch die erforderliche Bescheinigung beibringt. Anders ist es natürlich, wenn in der Zwischenzeit das Arbeitsverhältnis wirksam gekündigt und hierdurch aufgelöst wurde. Dabei kann der Arbeitgeber bei Nichtbeibringung der Bescheinigung durch die Arbeitnehmerin grundsätzlich wiederum fristlos kündigen; man wird hier allerdings verlangen müssen, daß er zunächst die Arbeitnehmerin unter Hinweis auf § 2 II BeschFraFaVO bezüglich der Nachuntersuchung ermahnt und die möglichen Folgen der Nichtbeachtung androht29 • Ferner kann sich dann auch hier wegen Verletzung der Treuepflicht durch die Arbeitnehmerin ein Schadensersatzanspruch gegen sie ergeben. 4. Bescllaffenheit der Fahrzeuge
Die Fahrerin darf gern. § 9 BeschFraFaVO nur auf solchen Fahrzeugen beschäftigt werden, deren Beschaffenheit und Ausrüstung eine Gefährdung ihrer Gesundheit nicht erwarten lassen. Einige wichtige Kriterien hierfür sind in § 9 I angeführt30• Die Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach dem jeweiligen Stand der Technik zu beantworten31 • Entspricht ein Fahrzeug dem neuesten technischen Stand, so wird daher in aller Regel diesen Anforderungen Genüge getan. Hat die gemäß § 27 AZO zuständige Behörde Zweifel, so kann sie vom Arbeitgeber verlangen, daß er - auf seine Kosten - eine Bescheinigung gemäß § 9 II S. 1 BeschFraFaVO über das Vorliegen der Voraussetzungen beibringt. Kommt der Arbeitgeber diesem Verlangen nicht nach, so kann die Behörde die Beschäftigung der Frau als Fahrerin ebenso untersagen, wie wenn das Fahrzeug den Anforderungen des § 9 I nicht entspricht. 5. Heben und Tragen von Lasten
Nach § 11 I der VO darf eine Frau nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie Lasten von mehr als 10 kg ohne mechanische Hilfsmittel zu heben oder zu tragen hat; stehen mechanische Hilfsmittel Vgl. ZmarzHk, ArbSch 1972 S. 2 Sp. 2. Ebenso Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 3 Sp. 1. ao s. im einzelnen den Wortlaut der Vorschrift. 31 Vgl. die amtl. Begründnug zu § 9, VkBl 1971 S. 647. 28
2u
8 Schanbacher
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
zur Verfügung, so darf die körperliche Beanspruchung auch dann nicht größer sein32. Dieses Verbot gilt nicht, wenn solche Tätigkeiten nur gelegentlich anfallen. Andererseits kann die nach § 27 AZO zuständige Behörde das zulässige Höchstgewicht noch niedriger ansetzen, wenn sie im Einzelfall die Gesundheit der Frau gefährdet sieht, § 11 II; auch insoweit kann also ein Höchstmaß an individueller Anpassung erzielt werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Lasten-Bestimmung für die Gesundheit der Frauen ist die Verbindlichkeit des § 11 auf alle Fahrerinnen und Beifahrerinnen ausgedehnt worden (§ 1 II). Entsprechend dem Geltungsbereich der BeschFraFaV033 werden von diesem Verbot an sich nur Arbeitnehmerinnen über 18 Jahren erfaßt. Für jüngere Arbeitnehmerinnen gilt insofern § 37 I JArbSchG, in welchem ebenfalls auf die körperlichen Kräfte im Einzelfall abgestellt wird. In jedem Fall wird man aus § 11 BeschFraFaVO aber den Schluß ziehen müssen, daß die höchstzulässige Last bei Jugendlichen noch unter 10 kg liegen muß3 4• 6. Sonstige öffentlich-rechtliche Pflichten des Arbeitgebers, aber auch der Arbeitnehmeritt
Weitere öffentlich-rechtliche Pflichten werden den Vertragspartnern in den§§ 6, 10, 11 II und 12 der VO zugewiesen. Die in § 10 niedergelegte schriftliche Anzeigepflicht des Arbeitgebers soll gewährleisten, daß die nach § 27 AZO zuständige Behörde von jeder Arbeitnehmerin, die als Fahrerin beschäftigt wird, Kenntnis erhält und dadurch in ihrer aufsichtliehen Tätigkeit insoweit unterstützt wird. Die Aushangs- und Aushändigungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 12 soll sicherstellen, daß jede Fahrerin Einsicht in die BeschFraFaVO nehmen und sich hierdurch über Rechte und Pflichten informieren kann. Zu beachten ist ferner § 6 III der VO, weil hier ausnahmsweise auch der Arbeitnehmerin eine öffentlich-rechtliche Pflicht auferlegt wird35 : sie hat die Zweitschrift der jeweils letzten, also der jeweils geltenden Unbedenklichkeitsbescheinigung - die sie gemäß § 6 II vom Arbeitgeber ausgehändigt erhält - bei ihrer Fahrtätigkeit mit sich zu führen und auf Verlangen den zuständigen Beamten vorzuzeigen. Auch 32 Vgl. hierzu auch das arbeitsmedizinische Gutachten von Hettinger: "Heben, Tragen sowie Umsetzen von Lasten durch Frauen", ArbSch 1971 S. 89 ff., das laut amtl. Begründung zu § 11 I (VkBl 1971 S. 647) bei der Festlegung dieser Grenze zugrundegelegt wurde. 33 Vgl. oben D 111 1. 34 Vgl. VoLmer, ZFA 1973 S. 116, sowie ZmarzHk, ArbSch 1972 S. 4 Sp. 1. as Vgl. hierzu auch unten D 111, 7.
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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diese Vorschrift dient der Erleichterung der Aufsicht darüber, ob die Vorschriften des § 2 eingehalten werden. Schließlich ist noch zur Unterweisungspflicht des Arbeitgebers gern. § 11 III zu bemerken, daß man von ihm mindestens verlangen muß, der Arbeitnehmerin das vom Bundesinstitut für Arbeitsschutz herausgegebene einschlägige Merkblatt zur Kenntnis zu bringen38• 7. Rechtsfolgen bei Verstößen
Da die BeschFraFaVO auf§ 16 III AZO beruht37, greift bei Verstößen wiederum§ 25 AZO ein. Grundsätzlich richtet sich diese Vorschrift nur gegen den Arbeitgeber38 ; da jedoch in§ 6 III der VO ausdrücklich auch der Arbeitnehmerin Pflichten auferlegt werden39, kann auch sie nach § 25 AZO zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie die Zweitschrift der jeweils gültigen ärztlichen Bescheinigung während der Fahrt nicht mit sich führt. Aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Schutzvorschriften folgt, daß auch das Einverständnis der Arbeitnehmerin ein Zuwiderhandeln des Arbeitgebers nicht rechtfertigen kann. Er macht sich also auch dann eines Verstoßes schuldig, wenn er die freiwillig geleistete, verbotswidrige Tätigkeit der Fahrerin duldet, denn als Unternehmer ist er verpflichtet, für die Beachtung der Arbeitsschutzbestimmungen zu sorgen40. Ebensowenig kann er sich auf Irrtum oder Unkenntnis berufen, da er als Arbeitgeber die Pflicht hat, sich über Schutzvorschriften zugunsten seiner Arbeitnehmer zu informieren41 • Da die VO auf Grund des § 16 III AZO erlassen wurde, kann das Gewerbeaufsichtsamt auch nach § 25 a AZ0 42 vorgehen, also gegebenenfalls die Einstellung des betreffenden Betriebsteils anordnen, um erhebliche Gefahren oder Nachteile von den betroffenen Arbeitnehmerinnen abzuwenden. IV. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal nach dem Mutterschutzgesetz Ein weiterer besonderer Schutz für das weibliche Fahrpersonal ergibt sich aus dem Mutterschutzgesetz43, dessen Vorschriften durch die BeschFraFaVO nicht berührt werden44 • 36 37
38
39
s.Volmer, ZFA 1973 S.ll4; Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 4 Sp. 2. Vgl. o. D III 1. Vgl. RAG ARS 8 S. 232 sowie oben B VIII 1 a, aa m. w. Nachw.
s. o. D 111 6.
Vgl. Denecke, § 25 AZO Anm. 4; Meisel I Hiersemann, § 25 AZO Anm. 19 ff. 41 Vgl. Denecke, § 25 AZO Anm. 4. 42 § 25 a AZO entspricht dem bisherigen § 25 Abs. 3 (a. F.), vgl. Art. 240 EGStGB vom 2. 3. 1974 (BGBl I S. 469). 40
s•
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz 1. Die Besrhäftigungsverbote narh §§ 3 und 4 MuSrhG
In erster Linie ist hier § 4 II Nr. 7 MuSchG zu nennen, wonach werdende Mütter nach Ablauf des dritten Schwangerschaftsmonats generell auf Beförderungsmitteln nicht mehr beschäftigt werden dürfen. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß die Arbeitnehmerin dort ständig Erschütterungen und Stößen ausgesetzt wäre45 • Stellt sich die Tätigkeit als schwere körperliche Arbeit dar oder ist die Schwangere bei ihrer Arbeit Einwirkungen ausgesetzt, die sich für den normalen Verlauf der Schwangerschaft besonders schädlich auswirken können46 , so greift bereits von Beginn der Schwangerschaft an das Beschäftigungsverbot des § 4 I MuSchG ein. Schließlich kommt noch - ebenfalls bereits vom Beginn der Schwangerschaft an - ein individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 I MuSchG in Betracht, soweit eine Weiterbeschäftigung nach ärztlichem Zeugnis eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bedeuten würde. Der Unterschied der Beschäftigungsverbote nach § 3 I bzw. § 4 I MuSchG liegt darin, daß § 4 I eingreift, wenn die Arbeit generell für werdende Mütter zu schwer und damit gesundheitsgefährdend ist, wogegen ein Beschäftigungsverbot nach § 3 I auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses dann zur Geltung kommt, wenn nicht die Tätigkeit generell, sond ern nur bei einer bestimmten Arbeitnehmerirr - z. B. wegen ihrer körperlichen Schwäche - die genannten Gefahren mit sich bringt47• 2. Rerhtsfolgen bei Verstößen
Die Nichtbeachtung der Beschäftigungsverbote wird auch nach dem MuSchG mit staatlichen Sanktionen bedroht. In der Regel hat der Arbeitgeber nach ~ 21 Abs. I Nr. 1 i. V. m. Abs. II MuSchG eine Geldbuße bis zu 5 000,-- DM zu gewärtigen. Wird durch vorsätzliches Zuwiderhandeln die Frau in ihrer Arbeitskraft oder Gesundheit gefährdet, so handelt es sich nicht nur um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um einen Straftatbestand, vgl. § ~1 Abs. III und IV MuSchG4s. In diesem Fall kann gegen den Arbeitgeber eine Freiheitsstrafe bis zu einem 43 44
45
Mu8chG i. d. F. vom 18. 4. 1968 (BGBl I 8. 315). Zmarzlik, Arb8ch 1972 8. 4 8p. 2; Volmer, ZFA 1973 8.103. Vgl. Meisel I Hiersemann, § 4 MuSchG Anm. 22; Mäder, Beschäftigung
von werdenden Müttern auf Beförderungsmitteln nach Ablauf des dritten Monats, BB 1972 8.319 f. 46 s. hierzu Meisel I Hierseman n, § 4 Mu8chG Anm. 7. 47 Vgl. M eisel I H iersemann, § 4 MuSchG Anm. 6; Frey, Die Beschäftigung von werdenden Müttern auf Beförderungsmitteln, BB 1972 8. 623 (624). 48 In der geänderten Fassung nach Art. 246 EG8tGB vom 2. 3. 1974, BGBl I 8. 469.
D. Der besondere Schutz für das weibliche Fahrpersonal
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Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen49 verhängt werden, § 21 III; bei fahrlässiger Verursachung der Gefahr ist das mögliche Strafmaß auf die Hälfte beschränkt, § 21 IV MuSchG. Was die privatrechtliche Seite anbelangt, so kann die Arbeitnehmerin insbesondere eine verbotswidrige Beschäftigung ablehnen, ohne ihrerseits nach §§ 284 ff. BGB in Leistungsverzug zu geraten. Soweit ihr aus der Mißachtung des Beschäftigungsverbotes ein Schaden entsteht, kann sie diesen ggf. wegen positiver Vertragsverletzungen (Verletzung der Fürsorgepflicht) wie auch nach § 823 II BGB geltend machen, da die Beschäftigungsverbote Schutzgesetze i. S. des § 823 II BGB darstellen5°. Ersatzpflicht wie auch Strafbarkeit des Arbeitgebers können allerdings immer nur dann eintreten, wenn er den Verstoß tatsächlich verschuldet hat. Hat er von der Schwangerschaft unverschuldet keine Kenntnis gehabt, so kann ihm kein Schuldvorwurf gemacht werden. Dagegen kann er sich auf Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen nicht berufen, da ihm insoweit eine Erkundigungspfticht obliegt51 • Ein etwaiges Mitverschulden der Arbeitnehmerin kann der Arbeitgeber zwar gemäß § 254 BGB einem Schadensersatzanspruch entgegenhalten, nicht jedoch einer Ahndung bzw. Bestrafung nach§ 21 MuSchG. Dies folgt wiederum aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Schutzvorschriften.
V. Besonderheiten nach §§ 17 ff. AZO Die §§ 17 ff. enthalten ebenfalls besondere Schutzvorschriften für weibliche Arbeitnehmer. Hier ist hervorzuheben, daß die achtstündige Höchstarbeitszeit vor Sonn- und Feiertagen nach § 17 II S. 2 AZO sowie die Bestimmungen des § 19 Abs. I und II AZO bezüglich Nachtruhe und Frühschluß für Frauen vor Sonn- und Feiertagen für das Verkehrswesen nicht gelten52•
§ 18 AZO enthält Mindestanforderungen hinsichtlich der Ruhepausen für weibliche Arbeitnehmer, die auch für das Fahrpersonal gelten. Zum T.!nterschied der Pausen nach § 12 AZO müssen sie jeweils im voraus feststehen und mindestens 15 Minuten dauern (vgl. § 18 I, II AZO). Für die Fahrerinnen und Beifahrerinnen von Kraftfahrzeugen gelten insoweit allerdings bereits die Sonderregelungen nach der VO (EWG) Vgl. § 40 StGB (i. d. F. des 2. StrRG vom 4. 7. 1969, BGBl I S. 717). Vgl. Mei sel I Hiersemann, Vorbemerkung vor § 3 MuSchG, Anm. 18. Vgl. Meisel I Hiersemann, Vorbemerkung vor § 3 MuSchG, Anm. 19, sowie auch oben B VIII 1 a, aa und D III 7. 62 s. §§ 17 III bzw. 19 III AZO. 49
so st
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Teil 2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
Nr. 543169 bzw. § 15 a StVZO und Ziff. 51 AVAZO, die ausreichende Ruhepausen gewährleisten53• Im übrigen bleibt hier noch zu beachten, daß § 18 - ebenso wie § 12 - AZO gern. Ziff. 42 AVAZO ggf. auch für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen gilt, obgleich ja ansonsten die AZO nur für Werktage Geltung hats4•
E. Fahrpersonal und Jugendarbeitssdmtz Im allgemeinen Arbeitsschutzrecht von erheblicher Bedeutung ist der Schutz jugendlicher Arbeitnehmer, der im wesentlichen im sog. Jugendarbeitsschutzgesetz1 zusammengefaßt ist. Gemäߧ 2 II JArbSchG gelten als Jugendliche i. S. dieses Gesetzes alle noch nicht 18jährigen Personen, die nicht mehr Kinder i. S. des§ 2 I JArbSchG sind. Für die Mitglieder des Fahrpersonals bestehen jedoch nach verschiedenen verkehrsrechtlichen Vorschriften bereits besondere Altersvoraussetzungen, wonach das Mindestalter - je nach Fahrzeug und Tätigkeit - in der Regel zwischen 18 und 23 Jahren liegen muß2 • Selbst wenn in einzelnen Fällen dennoch ausnahmsweise auch Jugendliche zum Fahrpersonal gehören mögen3 , so soll doch unter dem Gesichtspunkt des Regelfalles -- wonach dies eben grundsätzlich nicht zulässig ist - auf Fragen des Jugendarbeitsschutzes hier nicht näher eingegangen werden. Seine praktische Bedeutung ist für das Fahrpersonal aus den angeführten Gründen sehr gering.
F. Der Arbeitssdmtz für das Fahrpersonal bei Fahrten ins Ausland I. Problemstellung Immer weniger wird der Betätigungsraum des Arbeitnehmers noch durch die staatlichen Grenzen eingeschränkt. Dies wird besonders deutlich bei dem Kraftfahrer, der im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses s. hierzu ausführlich oben B II 1 - 4. Vgl. Denecke, § 3 AZO Anm. 2 und 2 a. t JArbSchG vom 9. 8. 1960 (BGBl I S. 665). 2 s. hierzu oben Teil 1, B I 1. a s. z. B. § 7 II StVZO; in solchen Ausnahmefällen kann ggf. das Gewerbeaufsichtsamt "durch gezielte Einzelverfügungen" die Beschäftigung der Jugendlichen auf Fahrzeugen gem. § 37 I und III JArbSchG beschränken oder verbieten, vgl. VoLmer, ZFA 1973 S. 104. 53 54
F. Arbeitsschutz bei Fahrten ins Ausland
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Fahrten ins Ausland durchzuführen hat- man denke nur an die zahllosen Urlaubsreisen mit Bussen zu außerdeutschen Zielen und an den Güterfernverkehr im internationalen Bereich. Hierbei stellt sich die Frage, welcher Rechtsordnung die Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit im Ausland unterliegen: gilt bei Auslandsarbeit weiterhin das deutsche Recht oder das jeweilige örtliche Recht des Arbeitsortes? Oder kommen gar die Normen beider Rechtsordnungen nebeneinander zur Anwendung? Die Erörterung umfaßt im folgenden nicht alle Probleme der Auslandsarbeit. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Frage, welche Arbeitszeit- und Gefahrenschutzregelung für das Fahrpersonal gilt, wenn es von seinem inländischen Arbeitgeber nur vorübergehend zu einer Fahrt ins Ausland entsandt wird; denn dies ist der typische Fall der Auslandsarbeit des Fahrpersonals. II. Die Rechtsfigur der "Ausstrahlung" und ihre Bedeutung für das anzuwendende Recht 1. Begriff der "Ausstrahlung" und Bestimmung des Arbeitsstatuts
Für die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsstatuts, d. h. des Rechts, "das die sachlichen Voraussetzungen und Wirkungen des Arbeitsvertrages bzw. des Arbeitsverhältnisses beherrscht" 1, wurden mangels gesetzlicher Regelung von Rechtsprechung und Lehre bestimmte Grundsätze entwickelt. Als wesentlichste Anknüpfungspunkte gelten danach der Sitz des Betriebes als Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses2 und vor allem der ausdrückliche bzw. stillschweigende Wille der Arbeitsvertragsparteien3. Für den hier zu erörternden Fall einer nur vorübergehenden Entsendung ins Ausland hat sich darüber hinaus der Begriff, die Rechtsfigur der "Ausstrahlung" durchgesetzt4 • Damit wird ausgesagt, daß sich in dem vertraglichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich nichts verändert, wenn der Arbeitnehmer für einen begrenzten Zeitraum im Ausland beschäftigt wird; eine bloß vorübergehende Verlegung des Arbeitsortes soll grundsätzlich keinen Einfluß auf das anzuwendende Recht haben. Das inländische Arbeits1 Gamillscheg, IAR Nr. 98 (S. 113). _ 2vgl. Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" B III a und b (m. w. Nachw.). a s. Isete, Auslandsmontage im Arbeitsrecht, Festschrift für Ficker S. 241 ff. (243) m. w. Nachw. 4 Vgl. Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" BI 4; Gamillscheg, IAR Nr. 157 (S. 180 f.); Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. II S. 523 m. w. Nachw. aus der Rspr.
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
verhältnis bleibt weiterhin Beschäftigungsgrundlage, es "strahlt aus". Dieser Meinung kann man sich unbedenklich anschließen. Die auswärtige Tätigkeit stellt sich in diesen Fällen nur als eine Fortsetzung der inländischen dar, die Arbeitnehmer werden in keiner Weise einem selbständigen Auslandsbetrieb eingegliedert, das Arbeitsverhältnis hat seine Wurzel nach wie vor am Betriebssitz im Inland5 • Es ist deshalb davon auszugehen, daß das Arbeitsverhältnis der Mitglieder des Fahrpersonals auch bei Fahrten ins Ausland an die deutsche Rechtsordnung anzuknüpfen ist, also unter deutschem Arbeitsstatut steht. 2. Bedenken gegen die Anwendbarkelt nationaler Schutzvorschriften Im Ausland
Nach der zuletzt getroffenen Feststellung (deutsches Arbeitsstatut) könnte man versucht sein anzunehmen, daß auch die deutschen Arbeitsschutzvorschriften uneingeschränkt bei der Tätigkeit im Ausland zur Anwendung kommen. Doch ergeben sich Bedenken hiergegen daraus, daß diese Schutzbestimmungen öffentlich-rechtlicher Natur sind6 • Diese öffentlich-rechtlichen Normen, die ihre besondere Wirksamkeit durch die Androhung staatlicher Zwangs- bzw. Strafmaßnahmen erhalten, sind Ausfluß der StaatshoheiF; letztere wiederum erstreckt sich zwar einerseits auf alle im Staatsgebiet befindlichen Personen und Sachen, endet jedoch andererseits an den räumlichen staatlichen Grenzen, weil dort die Gebietshoheit des Nachbarstaates beginnt8 • Das Völkerrecht gebietet die Achtung fremder Souveränität und verbietet dementsprechend die Anwendung staatlichen Zwangs im Gebiet eines fremden Staates9 • Jeder Staat hat auf seinem Gebiet das "Monopol des physischen Zwangs" 10 , so daß jede Ausübung hoheitlicher Maßnahmen im Ausland eine Verletzung des Völkerrechts bedeuten würde11 • Aus all dem folgt, daß deutsche Behörden die Einhaltung deutscher Arbeitsschutzvorschriften im Ausland nicht erzwingen können. Die auslän5 Andere Gesichtspunkte wären heranzuziehen, wenn z. B. eine Einstellung des Arbeitnehmers ausschließlich für eine Tätigkeit im Ausland erfolgt dies ist hier aber nicht zu untersuchen. a s. hierzu oben A I 2. 7 Vgl. Gamillscheg, !AR Nr. 161 (S. 187). s Vgl. hierzu G. u. E. Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre S. 31 ff. s Wie vorstehende Fußn.; vgl. auch Schnorr v . Carolsfeld, Arbeitsrecht,
s. 54f.
!AR Nr. 161 (S. 187). u Anders natürlich, wenn der betr. Staat dem anderen die Erlaubnis hierzu erteilt hat (sog. Staatsservituten), vgl. G. u. E. Küchenhoff, Allgemeine Staatslehre S. 32. to Gamillscheg,
F. Arbeitsschutz bei Fahrten ins Ausland
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dischen Behörden ihrerseits greifen nur nach Maßgabe ihrer eigenen Rechtsordnung ein12• Es kann somit nicht davon gesprochen werden, daß inländische Arbeitsschutznormen auch im Ausland "gelten" und angewendet würden. Der Geltungsbereich dieser Vorschriften ist vielmehr auf das inländische Territorium begrenzt, ihr räumlicher Schutzbereich ist derselbe wie der Tätigkeitsbereich der Behörde13• Für den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz gilt daher aus völkerrechtlichen Erwägungen grundsätzlich das Territorialitätsprinzip14 ; es kommen insoweit also jeweils die Bestimmungen des tatsächlichen Arbeitsortes zur Anwendung. Davon zu unterscheiden bleibt allerdings die Fra,ge, ob den deutschen Vorschriften über die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers privatrechtliche Bedeutung zukommt; dies wird unten (s. III) noch näher zu erörtern sein. 3. Sonderregelung für den Sonderfaii "Ausstrahlung"? a) Die Auffassung Gamillschegs
Auch Gamillscheg 15 vertritt grundsätzlich die oben dargestellte Auffassung, daß selbst bei deutschem Arbeitsstatut das deutsche öffentliche Recht auf das Inland beschränkt bleibt. Jedoch will er hiervon eine Ausnahme gelten lassen, wenn es sich um nur vorübergehende EntSE:>ndung handelt, also gerade in den Fällen der Ausstrahlung. Die deutschen Arbeitsschutzvorschriften sollen danach den Arbeitnehmer auch im Ausland .,begleiten" und "als öffentliches Recht" weitergelten, ihre Verletzung soll deshalb auch "die Strafsanktion auslösen" 16 • Das "begleitende Recht" könne nur "in Einzelheiten" zurücktreten, soweit das örtliche Recht einen gleichwertigen Schutz gewähre. b) Kritik und Ergebnis
Eine nähere Begründung für die dargestellte Ansicht gibt Gamillscheg nicht; er führt lediglich an anderer Stelle an, es liege "im Interesse der Gleichmäßigkeit der rechtlichen Beurteilung, daß vorübergehende Verlegungen des Arbeitsplatzes ohne Einfluß auf das anwendVgl. GamUlscheg, IAR Nr. 161 (S. 188). Vgl. GamiHscheg, IAR Nr. 164 (S. 192). 14 Allg. Meinung, vgl. z. B. Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" B III; grundsätzlich ebenso auch Gammscheg, IAR Nr. 164 (S. 192); Schnorr v. Carolsfeld, Arbeitsrecht S. 54 f.; für die AZO: Denecke, § 1 AZO Anm. 2; Zmarzlik, § 1 AZO Anm. 4; Meisel I Hiersemann, § 1 AZO Anm. 63. 15 s. insbes. IAR Nr. 172 b (S. 201). 16 So GamiHscheg, IAR Nr. 172 a (S. 201). 12 13
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
bare Recht bleiben sollen" 17• Dem ist für den privatrechtliehen Bereich bereits zugestimmt worden18 ; hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzrechts steht dies aber im Widerspruch zu den o. a. völkerrechtlichen Erwägungen, wonach die inländischen Schutzvorschriften zwar auf jede Arbeit im Inland, aber eben auch nur auf diese Anwendung finden19 • Weshalb dieser Grundsatz bei Ausstrahlungsfällen durchbrachen werden soll, ist nicht einzusehen. Daß die inländischen Aufsichtsbehördennicht etwa "an Ort und Stelle nach dem Rechten sehen" können, räumt Gamillscheg selbst ein20• Aber der Begriff der "Ausstrahlung" ist auch zu unbestimmt, um eine so schwerwiegende Andersbehandlung von Ausstrahlungs- und sonstigen Fällen rechtfertigen zu können21 : so hat in einem Bescheid vom 16. 12. 1959 der BMA die Meinung vertreten, von einer "vorübergehenden" Auslandsarbeit könne unter Umständen auch dann noch gesprochen werden, wenn diese länger als sechs Monate dauert 22 • Die Rechtsunsicherheit, die hier entstünde, wäre unerträglich, für den Arbeitgeber, aber auch für den Arbeitnehmer, soweit das deutsche Recht auch ihm Pflichten auferlegt. Schließlich muß hier daran erinnert werden, daß die Ausstrahlungstheorie für den Bereich der Sozial- bzw. Unfallversicherung entwickelt worden isf~ 3 , wo ganz andere Fragen und Rechtsfolgen zu bedenken sind. Der Ansicht Gamillschegs können gerade auch die besonderen Vorschriften für das Fahrpersonal entgegengehalten werden, bei denen ja die allgemeine Verkehrssicherheit eine erhebliche Rolle spielt (bzw. sogar teilweise im Vordergrund steht); dieser Gesichtspunkt entfällt im Ausland nämlich, es sei denn die deutschen Behörden wollten insoweit die Rolle einer "überstaatlichen Verkehrspolizei" übernehmen. In diesem Zusammenhang wird die von Gamillscheg vertretene Meinung auch von der ausdrücklichen Regelung des Art. 2 VO (EWG) Nr. 543/69 widerlegt: danach gilt diese VO nämlich allein "für die innerhalb der Gemeinschaft zurückgelegte Beförderungsstrecke oder Beförderungsteilstrecke". Damit richtet sich die VO (EWG) unmißverständlich nach dem Territorialitätsprinzip; ihre Regelungen kommen ausschließlich 17
18
IAR Nr. 157 (S. 180).
s. o. F li 1.
Vgl. F li 2 m. w. Nachw. IAR Nr. 172 a (S. 201). 21 Immerhin drohen bei Verstößen gegen die deutschen Schutzbestimmungen empfindliche Geldbußen, ja sogar Geld- und Freiheitsstrafen, vgl. z. B. § 25 AZO; §§ 147, 148 GewO. 22 BABl 1960 S. 7; vgl. zur Problematik einer genauen Abgrenzung der "Ausstrahlung" auch Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. II s. 521 ff. 23 s. hierzu ausführlich Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. li S. 514 ff., 521 ff. mit zahlreichen Hinweisen auf Entscheidungen des RVA und des RG aus der Zeit um die Jahrhundertwende. 19
2o
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im Bereich der Europäischen Gemeinschaft zur Anwendung, von irgendwelchen Ausnahmefällen kann keine Rede sein. Aus all dem folgt, daß die Auffassung Gamillschegs hinsichtlich der Ausstrahlungsfälle nicht geteilt werden kann. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften "begleiten" den Arbeitnehmer auch bei nur vorübergehender Auslandstätigkeit nicht, sie gelten keineswegs "unbeschadet des zeitweiligen Auslandsaufenthaltes weiter als öffentliches Recht", wie Gamillscheg meint24 • Es ist vielmehr daran festzuhalten, daß auch in den Fällen der Ausstrahlung die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Arbeitsortes- und allein diese- anzuwenden sind2li.
111. Das anzuwendende Recht im einzelnen 1. Gefahrensrhutzvorsdlriften
a) Anwendbarkeit der deutschen Vorschriften?
Die deutschen Gefahrenschutzvorschriften26 gehören dem öffentlichen Recht an27. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen erfassen sie jede Arbeit im Inland, auch wenn sie nur vorübergehend erfolgt, gleich welchem Arbeitsstatut das Arbeitsverhältnis unterliegt, und sie verpflichten den Arbeitgeber gegenüber den zuständigen Behörden und Berufsgenossenschaften. Deutsche Behörden aber können die Einhaltung dieser Bestimmungen am ausländischen Arbeitsort nicht durch Verwaltungsakte erzwingen, sie können Verstöße nicht durch Strafen ahnden, und sie versuchen auch nicht, "durch Druck im Inland" 28 die Schutzbestimmungen durchzusetzen. Die deutschen Gefahrenschutzvorschriften haben somit im Ausland keine- jedenfalls keine öffentlich-rechtliche- Bedeutung29. b) Anwendung der örtlichen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen
Vielmehr sind für den Gefahrenschutz die jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsortes maßgebend, ihnen ist die Bes. IAR Nr. 172 a (S. 201). Vgl. Schnorr v. Carolsfeld, Arbeitsrecht S. 54 f.; Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" B III; Meise! I Hiersemann, § 1 AZO Anm. 63 ff. ; Denecke, § 1 AZO Anm. 2; Zmarzlik, § 1 AZO Anm. 4. 26 Titel VII der GewO und die hierzu ergangenen DVOen, sowie die UVVen der Berufsgenossenschaften. 27 Vgl. o. AI2;C. 28 Gamil!scheg, IAR Nr. 214 b (S. 253), der dort die Richtigkeit dieser "freiwilligen Selbstbeschränkung" der deutschen Behörden in Frage stellt. 29 Vgl. auch Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" B II 1; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. II S. 286 ff. (bes. 292, 295). 24
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
schäftigung der entsandten Arbeitnehmer auch bei deutschem Arbeitsstatut unterworfen30• Denn jeder Staat achtet darauf, daß die von ihm aufgestellten Normen von allen eingehalten werden, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhalten. Verstöße werden ohne Rücksicht darauf geahndet, ob etwa den Schutzvorschriften des Herkunftlandes Genüge getan ist. Die ausländischen öffentlich-rechtlichen Schutzbestimmungen müssen also in jedem Falle beachtet und eingehalten werden31 • c) Der Einfluß der deutschen Vorschriften auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Daß das deutsche Recht bei nur vorübergehender Tätigkeit im Ausland Arbeitsstatut ist, bleibt aber nicht ohne Bedeutung. Denn damit steht fest, daß die privatrechtliehen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers auch nach den im deutschen Recht geltenden Grundsätzen zu bestimmen sind. Nach diesen Grundsätzen aber ist der Arbeitgeber auch vertraglich verpflichtet, alles zum Schutz des Arbeitnehmers Erforderliche zu tun, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften zu beachten32• Die Gefahrenschutzbestimmungen haben also, soweit sie unmittelbar den Schutz der Arbeitnehmer bezwecken, auch privatrechtliche Bedeutung, indem sie die vertragliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ausgestalten und konkretisieren33 • Insoweit, nämlich über die privatrechtliche Fürsorgepflicht, wirken die inländischen Gefahrenschutzvorschriften daher auch bei der Auslandsarbeit weiter. d) Der Einfluß der jeweiligen örtlichen Vorschriften auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers wird - außer durch die deutschen Bestimmungen - aber auch durch den Gefahrenschutz des Arbeitsortes konkretisiert; auch die ausländischen örtlichen Bestimmungen können eine unmittelbare privatrechtliche Verpflichtung gegenüber den entsandten Arbeitnehmern begründen34• Wie weit die Fürsorgepflicht durch die deutschen Schutzvorschriften einerseits und durch die jeweiligen ausländischen andererseits geprägt wird, muß dabei 30 Vgl. Beitzke, AR-Blattei "Rechtsquellen III" B II 2; Isele, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. II
s. 290.
Vgl. Isele, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1. Vgl. oben AI 2 und Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 410. 33 Vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 410; Isele, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1. 34 Vgl. Isete, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1. 31
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einer Wertung im Einzelfall vorbehalten bleiben35: gewähren die deutschen Bestimmungen einen größeren Schutz, so ist die Fürsorgepflicht hiernach auszurichten, wobei die örtlichen Gegebenheiten angemessen zu berücksichtigen sind36 ; der Arbeitgeber ist dann - wohlbemerkt: privatrechtlich - verpflichtet, weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen, als dies nach dem örtlichen öffentlichen Recht erforderlich wäre. Keinesfalls wird die Fürsorgepflicht durch die am Arbeitsort geltenden Vorschriften also eingeschränkt37• Umgekehrt kann sich aber eine Ausweitung der Fürsorgepflicht ergeben, wenn das örtliche Recht weitergehenden Schutz gewährt38 • Somit läßt sich schlagwortartig sagen, daß sich die Ausgestaltung der Fürsorgepflichten für den entsandten Arbeitnehmer aus dem Günstigkeitsprinzip ergibt. Jedoch wäre es ebenso unpraktisch wie auch unbillig, diese Pflichten des Arbeitgebers schlechterdings kumulieren zu wollen: verlangen beide Rechtsordnungen unterschiedliche Schutzmaßnahmen, die in ihrer Wirkung den gleichen oder jedenfalls gleichartigen Schutz gewährleisten, so müßte es unsinnig erscheinen, vom Arbeitgeber die Durchführung beider IMaßnahmen zu verlangen. Es ist daher Gamillscheg insofern zuzustimmen, daß die Fürsorgepflicht nicht mit letzter Konsequenz von diesen oder jenen Schutzvorschriften geprägt wird, sondern daß man "dem Richter einen weiten Spielraum zur Beurteilung lassen muß" 39 • 2. Arbeitszeitbestimmungen
a) Höchstarbeitszeit, Ruhezeiten und -pausen aa) Anwendung der örtlichen Vorschriften Bezüglich der öffentlich-rechtlichen deutschen Vorschriften über Höchstdauer der Arbeitszeit, Ruhepausen und -zeiten ist, entsprechend dem zu den Gefahrenschutzbestimmungen Ausgeführten, zunächst einmal festzustellen, daß auch sie im Ausland "als solche", d. h. als öffentlich-rechtliche Ge- bzw. Verbote, keine Geltung haben können. Wegen Ebenso GamiHscheg, IAR Nr. 214 a. E. (S. 255). s. Gamillscheg, IAR Nr. 214 (S. 255). 37 Ebenso Isele, AR-Blattei ,.Auslandsarbeit I" D V 1. 38 Denn die Fürsorgepflicht umfaßt ja (im Rahmen des Zumutbaren) alle möglichen und erforderlichen Maßnahmen zum Schutze des Arbeitnehmers, insbesondere (und dies ist hier gleichbedeutend mit "mindestens") aber die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Schutzbestimmungen - vgl. Hueck I Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 143 und 410. 39 So GamiHscheg, IAR Nr. 214 a. E. (S. 255); ob man allerdings von einem "weiten" Spielraum sprechen sollte, muß angesichts des doch ziemlich konkreten Rahmens, der durch die jeweiligen Vorschriften abgesteckt wird, in Frage gestellt werden. 35
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Überschreitens der nach deutschem Recht zulässigen Höchstarbeitszeit kann der Arbeitgeber also in diesem Fall nicht belangt werden40• Auch die inländischen Arbeitszeitbestimmungen behalten nur auf privatrechtlicher Ebene ihre Bedeutung im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers41 • Je nach ihrem Inhalt sind dabei aber wiederum die örtlichen Arbeitszeitvorschriften zu berücksichtigen. bb) Die Fürsorgepflicht bei fehlenden örtlichen Vorschriften Fehlt nach örtlichem Recht jeder Arbeitszeitschutz, so richtet sich die Fürsorgepflicht grundsätzlich nach den deutschen Regelungen, wobei die besonderen Verhältnisse am Arbeitsort aber mitberücksichtigt werden müssen. So wird man bei einer Beschäftigung unter extremen klimatischen Bedingungen unter Umständen auch dann bereits von einer Verletzung der Fürsorgepflicht sprechen können, wenn an sich die nach deutschem Recht zulässigen Höchstgrenzen noch eingehalten sind42• Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht Gamillschegs insoweit, als er offensichtlich die Möglichkeit einer Einschränkung der Fürsorgepflichten durch Einverständnis des Arbeitnehmers zulassen will43 • Zwar setzt er dabei voraus, daß dadurch "der Schutzzweck des Arbeitsrechts nicht gefährdet" werden dürfe, doch mit dieser Voraussetzung widerspricht er gerade seiner vorher genannten Ansicht. Denn die Fürsorgepflicht umfaßt alles, was vom Arbeitgeber zum Schutze des Arbeitnehmers verlangt werden kann, und zwar anerkanntermaßen insbesondere und gerade auch die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Schutzbestimmungen44, die ja bewußt als Mindestbedingungen öffentlich-rechtlich gestaltet und damit der Disposition der Beteiligten entzogen wurden45 • Das Einverständnis des Arbeitnehmers kann folglich nicht zur Einschränkung der Fürsorgepflicht führen, wohl allerdings u. U. zur Minderung oder gar zum Ausschluß einer Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers gern. § 254 BGB46 • Dies mag praktisch zum 40 Vgl. Denecke, § 1 AZO Anm. 2; Meisel I Hiersemann, § 1 AZO Anm. 63; Zmarzlik, § 1 AZO Anm. 2 ff.; Gami!lscheg, IAR Nr. 237 b (S. 276). 41 s. Gamillscheg, IAR Nr. 237 b B (S. 277); Isele, AR-Blattei "Auslands-
arbeit I" D V 2. 42 Ebenso Gamillscheg, IAR Nr. 237 b B (S. 278). 43 IAR Nr. 237 S. 278: "Nicht ganz ohne Einfluß kann dabei sein, ob der Arbeitnehmer die Mehrarbeit gern geleistet . .. hat, um höhere Löhne zu erzielen; ... (solche Erwägungen) ganz beiseitezuschieben, hieße den Arbeitnehmer einem Unmündigen gleichstellen." 44 Ganz h. M., vgl. Hueck /Nipperdey, Lehrbuch Bd. I S. 143 m. w. Nachw. sowie oben A I 2. 45 Vgl. auch oben B VIII 1 a, aa. 46 Vgl. Farthmann, AR-Blattei "Arbeitszeit I" C III 1 und oben B VII 1 - 3.
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gleichen Ergebnis führen wie die Auffassung Gamillschegs, stellt jedoch rechtlich einen erheblichen Unterschied dar. Denn nach Gamillscheg müßte in solchen Fällen bereits eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers verneint werden, während richtigerweise die Frage nur so gestellt werden kann, ob die - eindeutig zu bejahende - Pflichtverletzung des Arbeitgebers wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers ausnahmsweise zu keiner oder nur zu einer geminderten Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers führt. Fehlen örtliche Arbeitszeitbestimmungen, so kommen also die deutschen Regelungen als Ausprägung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zur Geltung. cc) Die Fürsorgepflicht bei vergleichbaren örtlichen Vorschriften Gewährt das ausländische Arbeitszeitrecht einen vergleichbaren Schutz, so wird dadurch das deutsche Recht verdrängt und auch die privatrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist in diesem Fall dem örtlichen Recht zu entnehmen47• Auch für vertragliche, für den Arbeitnehmer ungünstige Regelungen ist in diesem Fall das ausländische Recht maßgebend: wäre eine solche Abmachung zwar nach deutschem Recht zulässig (z. B. auf Grund des § 7 AZO), nach den örtlichen Bestimmungen jedoch unzulässig, so ist letzteres entscheidend, die Abmachung daher gegebenenfalls unwirksam48 • Beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer solchen vertraglichen Regelung, so setzt er sich also nicht nur den Maßnahmen der ausländischen Behörden aus, sondern verletzt zugleich seine Fürsorgepflicht. dd) Die Fürsorgepflicht bei weitergehenden örtlichen Vorschriften Ist schließlich der Schutz nach dem ausländischen Recht weitergehend als nach dem deutschen, so ist nach öffentlichem Recht der Arbeitgeber den ausländischen Behörden gegenüber ohne Zweifel zur Einhaltung der örtlichen Vorschriften verpflichtet. Fraglich erscheint aber, ob auch die Fürsorgepflicht nunmehr durch diese weitergehenden Vorschriften bestimmt wird. Gamillscheg49 lehnt dies mit der Begründung ab, daß eine Verletzung der Fürsorgepflicht nicht in Betracht kommen könne, "solange sich ein deutschem Arbeitsrecht unterstelltes Arbeitsverhältnis in den Grenzen des in Deutschland geltenden Rechts" bewege; eine Mißachtung des Arbeitsstatuts liege in einem solchen Fall 47 Vgl. Gamillscheg, IAR Nr. 237 b B arbeit I" D V 2 a, aa. 48 Wie vorstehende Fußn. 49 IAR Nr. 237 b B (S. 278 f.).
(S. 277);
Isele, AR-Blattei "Auslands-
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Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
nicht vor. Zum selben Ergebnis, wenn auch ohne nähere Begründung, kommt Isele 50 : der Umfang der Fürsorgepflicht sei nur dem deutschen Recht zu entnehmen. Die Argumentation Gamillschegs scheint auf den ersten Blick logisch zutreffend und sogar zwingend; dennoch kann diese Ansicht nicht unbedacht übernommen werden. Zum einen bestreiten weder Gamillscheg51 noch Isele52, daß weitergehende ausländische Gefahrenschutzbestimmungen durchaus Einfluß auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besitzen53 ; die - unbegründet gelassene - Andersbehandlung von Arbeitszeit- und Gefahrenschutzvorschriften muß schlechterdings willkürlich erscheinen. Zudem nehmen sowohl Gamillscheg wie auch Isele im Falle vergleichbarer Arbeitszeitschutzbestimmungen an, daß die Fürsorgepflicht dem örtlichen Recht zu entnehmen sei54• Warum dies nicht ebenso zu handhaben sein soll, wenn die örtlichen Bestimmungen einen größeren Schutz gewähren, ist insgesamt schwerlich einzusehen. Sinn und Zweck der öffentlich-rechtlichen deutschen Schutzvorschriften können ja nicht etwa darin gesehen werden, daß sie die allgemeine Fürsorgepflicht beschriinken; sie enthalten vielmehr nur den Mindestinhalt der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepfiichtenss. Es sollte schließlich auch bedacht werden, daß es der Arbeitgeber ist, der in seinem Interesse den Arbeitnehmer ins Ausland entsendet. Dann muß es nur billig erscheinen, daß er auch gegenüber dem Arbeitnehmer die Pflicht übernimmt, ihn jedenfalls unter Beachtung der Schutzbestimmungen zu beschäftigen, die in dem Entsendungsland Geltung habensa. Im Ergebnis ist somit daran festzuhalten, daß auch weitergehende ausländische Arbeitszeitschutzvorschriften in die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eingehen; es bedeutet eine Verletzung dieser Pflicht, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 2 a, cc. s. IAR Nr. 214 b (S. 254). s2 s. AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1. 53 So Gammscheg, IAR Nr. 214 b (S. 254): man könne sie nicht gänzlich außer acht lassen; noch deutlicher Isele, AR-Blattei "Auslandsarbeit I" D V 1: sie würden die Fürsorgepflicht konkretisieren. 54 s. oben 2 a, cc. 55 Vgl. oben F III 1 d. 56 So meint Gamillscheg selbst (IAR Nr. 170, S. 199): "Ganz gleich, was das Arbeitsstatut bestimmen mag, hat der Arbeitnehmer stets mindestens (!) die Rechte, die ihm das inländische Recht (eig. Anm.: gemeint ist hier das jeweilige örtliche Recht des Arbeitsortes) gibt: er kann die Arbeit verweigern, ohne vertragsbrüchig zu werden, ... " - Es erscheint unverständlich, wie Gamillscheg von diesem Ausgangspunkt aus zu dem o. a. Ergebnis gelangt: wenn dem Arbeitnehmer wegen Nichteinhaltung der örtlichen Schutzvorschriften ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, so drängt es sich doch geradezu auf, eine Verletzung der Fürsorgepflicht zu bejahen, wenn ihn der Arbeitgeber gleichwohl unter Nichtbeachtung dieser Schutzvorschriften beschäftigt! so
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wenn er den Arbeitnehmer länger arbeiten läßt als es nach den örtlichen Vorschriften erlaubt ist. Allerdings wird man auch hier die Pflichten des Arbeitgebers nicht durch einfache Kumulierung übersteigern dürfen. Läßt z. B. das örtliche Recht eine etwas höhere tägliche Arbeitszeit zu und gewährleistet es dafür vermehrte Pausen, so kann man vom Arbeitgeber nicht generell verlangen, sowohl die kürzere Höchstarbeitszeit des deutschen als auch die längeren Pausenzeiten des örtlichen Rechts einzuhalten67•
b) Sonn- und Feiertagsarbeit Auch die öffentlich-rechtlichen deutschen Vorschriften über die Sonn- und Feiertagsruhe (s. §§ 105 a- i GewO) können nur über die Fürsorgepflicht privatrechtliche Bedeutung erlangen. Andererseits muß der Arbeitgeber die am Arbeitsort geltenden Feiertage - soweit eine öffentlich-rechtliche Regelung besteht- einhalten, wenn er keine Bestrafung riskieren will. Hieraus ergibt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer an allen Feiertagen sowohl der einen wie auch der anderen Rechtsordnung von der Arbeit freigestellt werden muß: denn vor allem in fremden Kulturbereichen - man denke an ein islamisches Land könnte dies zu einer Anhäufung führen, die den Arbeitgeber ungebührlich belastet. Die Einhaltung der dortigen Feiertage wird gegebenenfalls durch Strafandrohung erzwungen, hinzu kämen noch sämtliche christlichen und nationalen deutschen Feiertage (z. B. der Tag der deutschen Einheit)58 • In solchen Fällen muß ebenfalls eine Lösung unter dem Gesichtspunkt beiderseitiger Zumutbarkeit angestrebt werden; wenn der Arbeitnehmer gewisse zusätzliche freie Tage erhält, kann man von ihm durchaus verlangen, daß er an weniger hohen, aber nach deutschem Recht an sich geschützten Feiertagen arbeitet, z. B. am Reformations- oder Josefstag oder am sog. Tag der Arbeit59 • Dagegen wird auch in solchen Fällen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erfordern, den Arbeitnehmer an Ostern, Pfingsten und Weihnachten von der Arbeit freizustellen, auch wenn diese Tage nach örtlichem Recht keine Feiertage sind. Besteht im Lande des Arbeitsortes keine öffentlich-rechtliche Feiertagsregelung, so gebietet wiederum die Fürsorgepflicht die Freistellung des Arbeitnehmers entsprechend der deutschen Feiertagsregelung60 ; zu einem Interessenausgleich besteht in diesem Falle kein Anlaß. 57 Auch hier ist der Gedanke eines billigen Interessenausgleichs zugrundezulegen, vgl. dazu oben 1 d und 2 a, bb. 58 An dieser Stelle sei allerdings nochmals daran erinnert, daß das grundsätzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit nach deutschem R echt im Verkehrsgewerbe gern. § 105 i GewO nicht gilt (anders im Werkverkehr; vgl. hierzu oben BI 2 b). 59 Vgl. Gamillscheg, IAR Nr. 242 b (S. 284).
9 Schanbacher
Teil2: Fahrpersonal und Arbeitsschutz
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c) Besonderheiten bei Lenk- und Schichtzeiten für Kraftfahrer Eine Besonderheit im Rahmen der Arbeitszeitregelung stellen bei den Kraftfahrern die Vorschriften über die höchstzulässigen Lenkzeiten, Arbeitsschichten etc. dar111• Dabei ist in diesem Zusammenhang besonders für den grenzüberschreitenden Fernverkehr zu beachten, daß hier in jedem Land bei der Berechnung dieser Zeiten nicht etwa nur die innerhalb seiner Grenzen, sondern die insgesamt geleisteten Lenkzeiten bzw. Arbeitsschichtzeiten zu berücksichtigen sind. Denn nach dem Schutzzweck dieser Vorschriften kann es keinen Unterschied machen, wo die bisherigen Fahrzeiten verbracht wurden. Arbeitsschutz wie auch der Schutz der Allgemeinheit vor Unfällen infolge Übermüdung verlangen hier, die im In- und Ausland geleisteten Arbeitszeiten zusammenzurechnen; in der arbeitszeitrechtlichen Bewertung sind sie daher als eine Einheit anzusehen. Es müssen insoweit also die Vorschriften des In- wie des Auslandes beachtet und eingehalten werdene!. 3. Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen im Ausland
Öffentlich-rechtlicher Natur ist schließlich auch das individuelle Verbot über die Beschäftigung von Frauen auf Fahrzeugen nach der BeschFraFaVO. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß diese VO materiellrechtlich auf § 16 III AZO beruht63 ; ihr räumlicher Geltungsbereich ist somit derselbe wie derjenige der AZO. Entsprechend dem Territorialitätsprinzip kommen die Vorschriften dieser VO also ebenfalls stets, aber auch nur dann zur Anwendung, wenn die Arbeitnehmerin in der Bundesrepublik Deutschland auf einem Fahrzeug beschäftigt wird64 • Beschäftigt der Arbeitgeber eine Frau im Ausland entgegen diesen Vorschriften, so kommt ein Vorgehen deutscher Behörden gegen ihn nicht in Betracht; jedoch bedeutet eine solche verbotswidrige Beschäftigung in jedem Fall eine Verletzung der ihm obliegenden Fürsorgepflicht: die Arbeitnehmerin kann daher also auch im Ausland diese Arbeitsleistung verweigern und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Strafbar kann sich der Arbeitgeber dagegen nach ausländischem Recht machen, wenn er eine Arbeitnehmerin unter Mißachtung der örtlichen Vorschriften beschäftigt: einem etwaigen Verbot nach dem Recht des Arbeitsortes muß er sich stets beugen. ao Vgl. Gamillscheg, IAR Nr. 242 b (S. 284). 61 Vgl. oben B II. 62 Vgl. Meisel I Hiersemann, § 1 AZO Anm. 64, 65; Zmarzlik, § 1 AZO Anm. 2;
GamiHscheg, 63
64
IAR Nr. 237 a (S. 275).
s. o. D III 1.
Vgl. Zmarzlik, ArbSch 1972 S. 2 Sp. 1.
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4. Zusammenfassendes Ergebnis
Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Mitglieder des Fahrpersonals auch bei vorübergehender Entsendung ins Ausland an die deutsche Rechtsordnung anzuknüpfen ist; an den Arbeitsvertragsbeziehungen ändert sich dabei grundsätzlich nichts, man spricht insoweit von einer "Ausstrahlung" der deutschen Vorschriften. Dagegen können die öffentlich-rechtlichen deutschen Gefahren- und Arbeitszeitschutzbestimmungen nicht als solche angewendet werden, die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Arbeitgebers richten sich insoweit vielmehr ausschließlich nach dem jeweiligen örtlichen Recht. Die deutschen Vorschriften behalten ihre Bedeutung jedoch im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, welche durch die örtlichen Bestimmungen keinesfalls eingeschränkt werden kann. Sie kann dagegen durch das örtliche Recht erweitert werden, da man vom Arbeitgeber durchaus verlangen kann, seinen Arbeitnehmer, den er im eigenen Interesse ins Ausland entsendet, in jedem Fall auch unter Beachtung derjenigen Schutzvorschriften zu beschäftigen, die in dem Entsendungstand Geltung haben.
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133
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