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German Pages 187 [188] Year 2003
Corporate Governance Informations- und Früherkennungssystem
Von
Prof. Dr. Kuno Rechkemmer
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Für meine Frau Patricia und unsere Kinder R e m o und Sandra
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
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Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza ISBN 3-486-27445-7
INHALTSVERZEICHNIS
Seite Vorwort Abbildungsverzeichnis Teil I
VI XI
1 2 3
Einführung: Corporate Govemance, Spitzenmanager, Information Was ist Corporate Governance? Welche Rolle spielt der Informationsfaktor? Warum ein neues Informations- und Früherkennungssystem?
1 3 11 17
Teil II 4 5 6
Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern? Spitzenmanager und Spitzenorganisationen Informationsbedarf und Informationsversorgung Informationslücke
21 25 39 53
Teil III Wie ist die Informationsversorgung von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu verbessern? 7 Ausgangspunkte 8 Grundkonzept:: CGIFOS 9 Nutzen 10 Anwendung 11 Systemrealisierung
61 65 69 78 88 104
Teil IV Bisherige Aussagensysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht 12 Bisherige Aussagen und neuer Ansatz 13 Ursachen der Abweichungen
113 117 126
TeilV 14 15
137 139 144
Fazit und Executive Summary Fazit Executive Summary
Register Über den Autor
169 175
V
Vorwort
Die Ursprünge dieses Buchs gehen auf verschiedene Praxiserfahrungen zurück. Sein erster Ausgangspunkt ist meine Tätigkeit als Leiter eines Vorstandssekretariats in einem Großkonzern anfangs der 90er Jahre: Dieser Großkonzern war damals gerade dabei, seine strategische Ausrichtung grundlegend
zu
ändern.
Die
Auswirkungen
auf
die
Führungs-
und
Informationssysteme waren entsprechend. Viele der bisherigen Systeme waren veraltet, die meisten neuen waren noch nicht implementiert. Für meinen Vorstand war
diese
Situation
höchst
unbefriedigend.
Schließlich
war
seine
Informationsversorgung damit in kritischer Weise gestört. Nun hatte er zufällig von sogenannten
Topmanagement-Informationssystemen
(TIS) gehört.
Sie sollten
Probleme dieser Art einfach lösen können. Also beauftragte er mich, ihm ein solches System zu beschaffen. Mit diesem Auftrag lernte ich bald David Friend kennen, Gründer und Präsident der Pilot Executive Software Inc., Boston, USA, und einer der Pioniere auf dem TIS-Gebiet. Ich lud Friend ein, TIS auf der Internationalen Beteiligungstagung unseres Konzerns vorzustellen. Gastgeber dieser Tagung war mein Vorstand. Teilnehmerwaren die Präsidenten und/oder Finanzchefs der rd. 100 wichtigsten Beteiligungsgesellschaften unseres Konzerns. Meine Aufgabe war es, die Tagung zu organisieren.
Der Vortrag von Friend auf dieser Tagung wurde zu einem großen Erfolg. Alle Anwesenden waren von TIS begeistert. So kam es, dass ich als nächstes die Verantwortung für ein TIS-Pilotprojekt bekam. Dieses Projekt fand auf den obersten Führungsebenen des Konzerns zunächst vielfältige Aufmerksamkeit und Unterstützung. Die Erwartungen wurden aber dann doch sehr enttäuscht. Heute arbeiten die Spitzenmanager zwar mit einem computergestützten System, dies qualitativ und quantitativ jedoch in einer ganz anderen Weise als ursprünglich einschlägigen Seiten derzeit noch - unterstellt.
VI
und von
Ich selbst übernahm nach Abschluss der TIS-Pilotphase eine Führungsaufgabe im damaligen Beteiligungsressort des Konzerns, das dessen umfangreiche Akquisitionsaktivitäten koordinierte und fachlich unterstützte. In jener Zeit wurden mehr als 1000 Gesellschaften gekauft. Ein noch größeres Gesamtportfolio war zu verwalten. Hatte ich vorab schon eingehende Erfahrungen auf der Ebene des Spitzenmanagements und der Corporate Governance gewinnen können, so wurden diese in jener Zeit weiter vertieft.
Parallel hierzu ging ich aufgrund der Erfahrungen aus obigem Pilotprojekt mit der Frage um, warum Mythos und Fakt bezüglich der TIS-Potenziale auf Ebene des Spitzenmanagements
so
weit
auseinander
liegen?
Waren
die
tatsächlichen
Aufgaben und Bedarfe dieser Zielgruppe derart unbekannt? Und wenn dem so war, wie konnte man diese beschreiben und was konnte man tun, um die offensichtlichen Schwachstellen der Informationsversorgung auf dieser Ebene zu bereinigen? Dass es solche Schwachstellen gab, dafür stand nicht nur die begeisterte Aufnahme von TIS unter den Teilnehmern auf unserer Beteiligungstagung, dies fand ich auch in meinen weiteren Tätigkeiten bestätigt.
Letztendlich führten mich diese Fragen zu einem zweistufigen Forschungsprogramm: Als Erstes wollte ich den Fehlleitungen um TIS nachgehen und ermitteln, was es Spitzenmanagern
im
Normalfall
nutzt,
mit TIS
persönlich
zu
arbeiten.
Den
gewonnenen Befund stellte ich in verschiedenen Veröffentlichungen vor, vor allem in dem 1999 erschienenen Buch „Topmanagement-Informationssysteme.
Betriebs-
1
wirtschaftliche Grundlagen" . Als Zweites lenkte ich die Perspektive zurück zu meinem
eigentlichen
Interessens-
und
Erfahrungsgebiet,
dem
Corporate
Management. Die zentrale Frage lautete nun nicht mehr „Was nutzt TIS?", sondern „Was sind die typischen Merkmale und Herausforderungen von Spitzenmanagern unter besonderer Berücksichtigung der Vorgaben der Corporate Governance? Wie sind diese zu beschreiben? Und wie ist die Informationsversorgung ausgehend von dieser Beschreibung zu verbessern?". Ergebnis dieser zweiten Phase ist das vorliegende Buch. In seinem Mittelpunkt steht zweierlei:
VII
(1)
Ein ausgehend von den Vorgaben der Corporate Governance aus der spezifischen Sicht des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung entwickeltes
Modell
des
Spitzenmanagements
(Aufsichtsräte,
Vorstände,
Geschäftsführer etc.). (2)
Aufbauend auf diesem Modell ein Informations- und Früherkennungssystem ein inhaltliches Konzept, kein Computersystem -, das zur Verbesserung der Informationsversorgung dieser wichtigen Zieigruppe beitragen soll.
Der Weg hin zu diesem Informations- und Früherkennungssystem führte über mehrere Vorentwürfe, die von meinungsführender Seite bereits positiv aufgenommen wurden. Methodisch schließt die Lösung an ein Verfahren an, mit dem ich mich in früheren Arbeiten im Bereich der Konjunkturanalyse und -prognose befasste, zuletzt als Forschungsfellow an der Wharton Economic Research Unit, University of Pennsylvania, USA.
Das Buch wendet sich gleichermaßen an die Managementlehre und -forschung, wie an die Managementpraxis, wobei es insbesondere auch zur Führungskräfteaus- und -/Weiterbildung heranzuziehen sein soll. Sein Aufbau ist wie folgt: In Teil I wird in den Bereich der Corporate Governance und die Problematik der Informationsversorgung von Spitzenmanagern in diesem Zusammenhang eingeführt. In Teil II wird das Spitzenmanager-Modell entwickelt. In Teil III wird das auf diesem Modell aufbauende Informations- und Früherkennungssystem vorgestellt. In Teil IV wird den Abweichungen zwischen bislang vorherrschenden Aussagen und dem vorliegend gewonnenen Befund nachgegangen. In Teil V wird ein Fazit gezogen und das Grundkonzept des Informations- und Früherkennungssystems nochmals in einem Executive Summary zusammengefasst.
Die Arbeit wurde von vielen Seiten unterstützt. Sehr wertvolle Anregungen und mannigfaltige Hilfestellung verdanke ich insbesondere Prof. Dr. F. X. Bea, Universität Tübingen, Prof. em. Dr. E. Brauchlin, Universität St. Gallen, Prof. Dr. A. Kötzle, Europa Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Prof. Dr. Jan Kowalski, Universität Karlsruhe, Prof. Dr. P. Mertens, Universität Erlangen-Nürnberg und Prof. Dr. John F. Rockart, MIT, USA.
VIII
Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich zudem dem DaimlerChrysler-Konzern. Ohne die Freistellung für eine Tätigkeit in Lehre und Forschung wäre die Erstellung des Buchs in vorliegender Form nicht möglich gewesen.
Kuno Rechkemmer
Anmerkung 1
Rechkemmer, K.: Topmanagement-Informationssysteme: liche Grundlagen. Stuttgart, 1999
IX
betriebswirtschaft-
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1
Bezugssystem der Corporate Governance
Abb. 1.2
Corporate Governance-Standards
Abb. 2.1
Praxisbeispiel DaimlerChrysler
Abb. 2.2
Praxisbeispiel S A P
Abb. 3.1
Ausgewählte Lehrbuchauszüge und Presseüberschriften
Abb. 4.1
Informationsbedarf versus Informationsversorgung
Abb. 4.2
Modell der Spitzenorganisation
Abb. 4.3
Das Bruttosozialprodukt (BSP) ausgewählter Teilnehmerländer an der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 im Vergleich mit den Umsatzzahlen offizieller FIFA-Sponsoren
Abb. 4.4
Komplexität des DaimlerChrysler-Konzerns
Abb. 4.5
Terminplanung von Spitzenmanagern
Abb. 5.2
Grund- und Sonderinformationen
Abb. 5.3
Grundmodell der Informationsversorgung
Abb. 5.4
Defizite der Informationsversorgung und in Aussicht gestellte TISLösung
Abb. 6.1
Referenzsystem der Informationsversorgung und des Informationsbedarfs von Spitzenmanagern
Abb. 6.2
Allgemeine Ursachen der Defizite der Informationsversorgung
Abb. 7.1
CGIFOS: konzeptionelle Lücke und Überladung
Abb. 7.2
Auszug aus dem Ifo-Konjunkturtest
Abb. 7.3
Qualitative Ifo-Zeitreihen
Abb. 8.1
CGIFOS
Abb. 8.2
C G I F O S - Eckpunkte des Konzepts
Abb. 8.3
Geschäftsrahmen strategischer Information
Abb. 9.1
Informationslücken 1 und 2
Abb. 9.2
Ursachen der Defizite herkömmlicher Grundinformationssysteme
Abb. 9.3
Ansatz der Verschiebung der Grenzen herkömmlicher Grundinformationssysteme durch C G I F O S
Abb. 9.4
CGIFOS-Nutzen - Informationslücke 1
XI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 9.5
CGIFOS-Schwerpunkte
Abb. 10.1
Grundmerkmale einer CGIFOS-Anwendung
Abb. 10.2
Zeitpunkt-bezogener Ergebnisausweis
Abb. 10.3
Zeitreihen-bezogene Darstellung - hohe Korrelation zwischen Erwartung und „nachlaufendem Ist
Abb. 10.4
Zeitreihenbezogene Darstellung - geringe (negative) Korrelation zwischen Erwartung und „nachlaufendem Ist"
Abb. 10.5
Gewichtungsfaktoren - Beispiel
Abb. 10.6
Fragekatalog - Beispiel
Abb. 10.7
CGIFOS-Anwendungsmatrix
Abb. 11.1
CGIFOS-Führungsorganisation
Abb. 11.2
CGIFOS-Wertschöpfungskette
Abb. 11.3
CGIFOS Systemanalyse und -entwicklung
Abb. 11.4
CGIFOS Systemeinführung
Abb. 11.5
CGIFOS-Ablauforganisation
Abb. 11.6
Vorteile von CGIFOS gegenüber herkömmlichen Rechnungslegungssystemen
Abb. 12.1
Theorie I
Abb. 12.2
Theorie II für Topmanager A
Abb. 12.3
Theorie II für Topmanager Z
XII
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Teil I
Einführung: Corporate Governance Spitzenmanager Information
1
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
1
Was ist Corporate Governance? The system by which business corporations are directed and controlled.
OECD Corporate Covernance is about promoting corporate fairness, transparency and accountability.
J. Wolfenson, Präsident der Weltbank
Begriff
Corporate Governance ist ein in Fachkreisen gängiger Begriff. Eine direkte Übersetzung ins Deutsche liegt bislang nicht vor.1 Inhaltlich geht es bei Corporate Governance um die effiziente Leitung und Kontrolle vor allem börsennotierter Unternehmen durch deren Spitzenorganisation (z. B. Vorstand und Aufsichtsrat nach deutschem Recht) mit dem Ziel der langfristigen Wertsteigerung. In der Praxis sind in diesem Sinne über oben angeführte Beispiele hinaus Definitionen zu finden wie: Corporate Governance ... „comprises a broad spectrum of individual issues relating to company and capital market law, which are geared towards corporate management and control in order to achieve long-term value. PricewaterhouseCoopers2 Ein klares Regelwerk....", welches das gesamte System einer verantwortungsvollen, auf Wertschöpfung ausgerichteten Unternehmensleitung und Untemehmenskontrolle umfasst. Deutsche Bank3
Managementtheorie
In der Managementtheorie ist die Diskussion um Corporate Governance traditionell auf die Trennung von Management und Eigentümer (Shareholder) bzw. sonstig Betroffene (Stakeholder), wie Fremdkapitalgeber, Zulieferer, Mitarbeiter, Kunden, Gemeinden etc., und die damit verbundenen Konflikte konzentriert. Untersucht wird, welches diese Konflikte sind und wie sie am besten überwunden werden können. Neben der Institutionenökonomie nimmt dabei vor allem die Principal Agent-Theorie,
3
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
eine zentrale Stellung ein. Analysiert werden die Interessen der Unternehmenseigner (Principal) und des verantwortlichen Managements (Agent)4. Unterschieden wird allgemein zwischen interner und externer Governance. Die interne Governance umfasst die Gremienarbeit und Verhaltenspflichten auf Ebene der Spitzenorganisation, die externe Governance die Rechnungslegung inklusive der Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfer und die Publizität (Geschäftsberichte, Investors Relations, Hauptversammlung etc.). Die vorrangigen Governance-Akteure sind aus dieser Sicht:
•
die Mitglieder der Spitzenorganisation, fortan auch Spitzenmanager oder Spitzenmanagement genannt
•
die Eigen- und Fremdkapitalgeber
•
die Wirtschaftsprüfer
•
die den Spitzenmanagern zuarbeitenden Management-Ebenen
•
die durch die Governance-Aktivitäten tangierten Gruppen im Umfeld, wie Kunden, Zulieferer, Wettbewerber etc. (vgl. Abb. 1.1)
Derzeit ist das Feld der Corporate Governance vor allem auf die Wirtschafts- und Rechtswissenschaften
verteilt.
Da
die
institutionellen
Gegebenheiten
sich
international teils signifikant unterscheiden, dürften interdisziplinäre Ansätze, wie das Internationale Management, künftig an Bedeutung gewinnen. Entsprechendes gilt unter Informationsaspekten für die der Wirtschaftsinformatik nahen Bereiche. Der vorliegende Text nimmt hierauf Bezug, ist aber als solcher vornehmlich im Bereich des Managements im Allgemeinen und des Corporate Managements im Besonderen verankert. Managementpraxis In der Managementpraxis findet der Bereich Corporate Governance aktuell einerseits aufgrund einer Reihe spektakulärer Unternehmenskrisen und des dramatischen Verfalls der Börsenwerte und der damit verbundenen Frage nach der Verantwortung 4
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Abb. 1.1
Bezugssystem der Corporate Governance
UMFELDSYSTEM Kultur, Politik, Gesetze, Verordnungen, Kodizes,
Kunden, Zulieferer, Wettbewerber,...
UNTERNEHMENSSYSTEM Kultur, Politik, Unternehmensziele, Satzungen, Richtlinien,
Kapitalgeber
Wirtschaftsprüfer
Spitzenorganisation
Oberes Management Mittleres Management Operative
5
Spitzenmanager / Spitzenmanagement Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats, der Geschäftsführung etc.
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
des Spitzenmanagements besondere Aufmerksamkeit. Thematisiert werden Punkte wie: •
mangelnde Wahrnehmung der Überwachungsfunktion durch Aufsichtsräte
•
zu geringes Maß an Integrität und ethischem Verhalten
•
Ausnützung rechtlicher Grauzonen mit Unterstützung von Anwälten
•
mangelnde Unabhängigkeit und Integrität der Wirtschaftsprüfer
•
Überbetonung des Shareholder Value-Denkens durch Finanzwelt.5
Andererseits kommt dem Bereich der Corporate Governance im Zusammenhang der Globalisierung der Wirtschaft und dem damit einhergehenden Bestreben um die Schaffung gemeinsamer Standards zunehmende Bedeutung zu.6 1999 wurden von der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem ersten Schritt sogenannte „Principles of Corporate Governance"7 herausgegeben, die nunmehr in einzelnen Volkswirtschaften und Unternehmen umgesetzt werden (vgl. Abb. 1.2). Die Übernahme der OECDPrinzipien ist grundsätzlich freiwillig. Volkswirtschaften bzw. Unternehmen, die diese Standards zur Anwendung bringen, können allerdings mit einer wohlwollenderen Bewertung durch die internationale Finanz- und Geschäftswelt rechnen und ihre Wettbewerbsfähigkeit dadurch erhöhen. Corporate Governance Kodex in der Bundesrepublik Deutschland In der Bundesrepublik Deutschland wurde im Mai 2000 eine Regierungskommission unter der Bezeichnung „Corporate Governance. Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts" eingerichtet. Der neue Corporate Governance-Kodex8 - im Folgenden „Kodex" genannt - wurde im Februar 2002 vorgelegt und beansprucht seither Geltung. Angesprochen sind in erster Linie börsennotierte Gesellschaften. Aber auch nicht börsennotierten Gesellschaften wird der Kodex ausdrücklich empfohlen. Insgesamt sind in Deutschland damit u a r u n d 15000 Aktiengesellschaften und 750000 GmbHs tangiert. 6
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Abb. 1.2 Corporate Governance-Standards Internationale Ebene Übergreifende Standards und Kodizes (OECD, Weltbank etc.)
Nationale Ebene Anpassung der übergreifenden Standards und Kodizes auf nationale Gegebenheiten
Unternehmensebene Unternehmensspezifische Umsetzung der nationalen Standards und Kodizes
Die Ziele des Kodex sind in seiner Präambel wie folgt zusammengefasst: „Der ... Deutsche Corporate Governance Kodex ... stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften ... dar und enthält international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften fördern." Die
vorgegebenen
Regelungen
reichen
von
den
Grundelementen
der
verantwortlichen Unternehmensleitung und -Überwachung, über Vorgaben zur Offenheit und Transparenz der Darstellung der Unternehmenssituation, bis hin zu Fragen 7
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
der
Wirtschaftsprüfung
und
der
Art
des
Ausweises
der
Vergütung
der
Unternehmensspitze. An nationale Gegebenheiten anzupassen war u a das in der OECD-Vorlage unterstellte einstufige angelsächsische System der Spitzenorganisation an das hier geltende zweistufige System, im Rahmen dessen der Vorstand die Gesellschaft in eigener Verantwortung leitet und der Aufsichtsrat den Vorstand überwacht. Der Kodex ist ein „Soft-Law" im Sinne eines „Code of Best Practice". Nicht unwesentlich gefördert wird seine Anwendung allerdings durch das sogenannte Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG)9, das im Juli 2002 in Kraft trat und das börsennotierte Unternehmen verpflichtet, jährlich zur Anwendung der KodexEmpfehlungen Stellung zu nehmen. Zusätzlich förderlich dürfte sein, dass verschiedene Untersuchungen bereits belegen, dass Unternehmen, die den Standards der Corporate Governance folgen, auf den internationalen Märkten mit einem Bonus und damit letztendlich auch mit geringeren Kapitalkosten und einer höheren Börsenkapitalisierung rechnen können. In der Bundesrepublik Deutschland folgen bereits zahlreiche Unternehmen dem neuen Kodex. Die Umsetzung erfolgt in der Regel über die Vorgabe entsprechender Richtlinien, wobei nunmehr der nationale Standard auf die Gegebenheiten des einzelnen
Unternehmens
(Kultur,
Organisation,
Managementinstrumente
etc.)
übertragen wird. Was die Qualität der Corporate Governance angeht, so wurden die DAX-Konzerne hierauf
erstmals
im Jahr 2000
im Zuge
eines
Rankings
geprüft.10
Eine
uneingeschränkt überzeugende Einstufung der Corporate Governance-Leistung hat sich bislang jedoch noch nicht etabliert. Dies gilt auch für die jüngst veröffentlichte „Scorecard for German Corporate Governance".11
8
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Anmerkungen 1
Nahe Begriffe sind (vgl. www.dict.leo.org.) Corporate Governance body corporate corporate enterprizes corporate form corporate law corporate management
durch Großfirmen praktiziert Firmen-, Körperschafts- etc. das Regieren die Regierungsgewalt die Staatsführung die juristische Person die Kapitalgesellschaften die Rechtsform das Körperschaftsrecht Unternehmensmanagement
2
www.pwcglobal.com
3
www.deutsche-bank.de
4
vgl. u.a. Weston, J.R., Siu, J. A., Johnson, B.A., 2001, Takeovers, Restructuring & Corporate Governance, 3rd ed., Prentice-Hall, New Jersey, S. 595 ff.
5
vgl. Weidenbaum, M. (ehemaliger Wirtschaftsberater des US-Präsidenten Reagan): „Ein Weckruf für die Corporate Governance. Die amerikanische Unternehmenswelt vor neuen Herausforderungen." Neue Zürcher Zeitung, 27. Juli 2002
6
vgl. Financial Stability Forum www.fsforum.org
7
www.OECD.org
8
www.corporate-governance-code.de
9
Theisen, M. R., Grundsätze einer Aufsichtsrats, 3. Auflage, Stuttgart, 2002
10
Die Untersuchung wurde von der DWS Investment GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, und der Universität Nürnberg entwickelt und durchgeführt. Mit Stand September 2002 liegt die aktuelle Version vor (www.dws.de).
11
Die Corporate Governance-Scorecard wurde von der DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalysen und Asset Management e.V.) veröffentlicht (www.dvfa.de).
9
ordnungsmäßigen
Information
des
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Zusammenfassung Corporate Governance hat die effiziente Leitung und Kontrolle vor allem börsennotierter Unternehmen durch deren Spitzenorganisation mit dem Ziel der langfristigen Wertsteigerung zum Inhalt. Zentrale Treibkräfte der aktuellen Diskussion sind: (1) (2) (3)
eine Reihe spektakulärer Unternehmenskrisen der dramatische Verfall der Börsenwerte und damit die Frage nach der Verantwortung des Topmanagements die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und damit die Notwendigkeit der Schaffung gemeinsamer wirtschaftlicher Standards.
Der deutsche Corporate Governance-Kodex wurde in 2002 vorgelegt und beansprucht seither Geltung.
10
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
2
Welche Rolle spielt der Informationsfaktor?
Der Informationsfaktor spielt im Rahmen der Corporate Governance eine zentrale Rolle, dies insbesondere aus Sicht des Spitzenmanagements. Aufgaben wie Leitung, Überwachung, Offenheit und Transparenz sind ohne adäquate Information nicht verantwortlich wahrnehmbar. In diesem Sinne ist Information für Spitzenmanager ein Grundelement, eine Entität, ihrer Aufgabe.
Kodex Der bundesdeutsche Kodex spiegelt die zentrale Stellung des Informationsfaktors vielfach wider. Hinsichtlich der Überwachungsaufgabe beispielsweise werden in Anlehnung
an
die
geltende
Unternehmensverfassung1
folgende
konkreten
Empfehlungen zum Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gegeben: Grundsätzlich sollen allen Mitgliedern des Aufsichtsrats zwei Arten von Berichten in schriftlicher Form vorgelegt werden:
•
„Regelberichte"
über die Geschäftspolitik, die Unternehmensplanung,
die
Rentabilität der Gesellschaft und den Umsatz, die jährlich oder vierteljährlich vorzulegen sind.
•
„Sonderberichte" zu geplanten Maßnahmen, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind.
Ergänzend
zu
Informationen
diesen
Berichten
über jedwede
hat jedes Aufsichtsratsmitglied
Angelegenheit
im
das
Recht,
Unternehmenszusammenhang
anzufordern. Um Informationsasymmetrien zu verhindern, sind diese Informationen dann gleichfalls an alle Mitglieder zu verteilen. Der Aufsichtsrat bestimmt den Umfang und die Tiefe der ihm zugeleiteten Information. Falls ihm ein Bericht unzureichend erscheint, kann er ihn zur Überarbeitung zurückweisen oder weitere 11
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Informationen anfordern. Abb. 2.1 zeigt am Beispiel DaimlerChrysler, wie diese Vorgaben in unternehmensinterne Regelungen umgesetzt werden. Abb. 2.1 Praxisbeispiel DaimlerChrysler
Der Aufsichtsrat kann zur Durchführung seiner Überwachungspflichten die Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen und prüfen oder einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats oder Sachverständige hiermit beauftragen. Der Aufsichtsrat erhält vom Vorstand regelmäßig, zeitnah und umfassend Berichte über alle relevanten Fragen der Geschäftsentwicklung. Der Aufsichtsrat ist im Rahmen dieser Berichte über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung zu informieren (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung, die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals, den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft, Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können.)
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Hinsichtlich der Aufgabe der Transparenz und Offenheit wiederum gibt der Kodex Punkte vor, wie: •
Der
Vorstand
wird
neue
Tatsachen,
die
im
Tätigkeitsbereich
des
Unternehmens eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind, unverzüglich veröffentlichen, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf geeignet sind, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere der Gesellschaft erheblich zu beeinflussen.
12
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
•
Anteilseigner und Dritte werden vor allem durch den Konzernabschluss informiert. Sie sollen während des Geschäftsjahres durch Zwischenberichte unterrichtet werden.
•
Zur zeitnahen und gleichmäßigen Information der Aktionäre und Anleger soll die Gesellschaft geeignete Kommunikationsmedien, wie etwa das Internet, nutzen.
Der
Konzernabschluss
soll
binnen
90
Tagen
nach
Geschäftsjahresende, die Zwischenberichte sollen binnen 45 Tagen nach Ende des Berichtszeitraums, öffentlich zugänglich sein. Abb. 2.2 zeigt am Beispiel SAP, wie diese Vorgaben dort umgesetzt werden.
Abb. 2.2
Praxisbeispiel SAP
Der SAP-Vorstand beachtet bei der Weitergabe von Informationen an Unternehmensexterne die Grundsätze der Transparenz, Zeitnähe, Offenheit, Verständlichkeit, und gebotenen Gleichbehandlung. Er sorgt für die Existenz eines funktionsfähigen Kommunikationssystems, das sich auf die Informationsversorgung der tatsächlichen und potentiellen Aktionäre (Investor Relations), der Kunden (Customer Relatlons) und der Öffentlichkeit (Public Relations) erstreckt. Der SAP-Vorstand veröffentlicht unverzüglich neue Tatsachen, die im Tätigkeitsbereich der SAP eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind, wenn sie wegen der Auswirkung auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf der SAP geeignet sind, den Börsenpreis der SAP-Aktien oder von anderen SAP-Unternehmen ausgegebenen börsennotierten Wertpapieren erheblich zu beeinflussen.
www.sap-ag.de
13
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Schwachstellen Aus der spezifischen Sicht der Unternehmensleitung hat der bundesdeutsche Kodex - wie die OECD-Vorgabe selbst - allerdings auch Schwachstellen. Zur Aufgabe der Überwachung bzw. Transparenz und Offenheit werden vergleichsweise detaillierte Regelungen vorgegeben, die Aufgabe der Unternehmensleitung an sich bleibt im Vergleich hierzu weitgehend unberührt. Betont wird lediglich die Wichtigkeit des „Aufbaus eines Überwachungssystems zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen" und dass relevante neue Tatsachen „unverzüglich" veröffentlicht werden sollen. Wie dies zur erreichen, wie die Informationsversorgung
des
Spitzenmanagements insgesamt adäquat zu gestalten ist, bleibt indes offen.
Dies ist insofern problematisch, als das zwischen Leitung und Überwachung geltende Verhältnis in gleicher Weise auf das zwischen der Unternehmensleitung und den ihr zuarbeitenden Bereichen zu übertragen ist. Die Informationsasymmetrien und -probleme sind - dies vor allem in komplexen Unternehmen - analog.
Tatsächlich sind Vorstände und Geschäftsführer vielfach mit ihrer Informationsversorgung unzufrieden, erachten sie als unzureichend und suboptimal. Das heißt, die Corporate Governance-Regelungen setzen hier einen Sachstand voraus, der in der Praxis offensichtlich noch nicht die Norm ist, nämlich die angemessene Informationsversorgung des Spitzenmanagements unternehmensintern. Spitzenmanager sehen sich damit dem Dilemma gegenüber, dass sie einerseits für Offenheit, Transparenz und „richtige" Information „nach außen" direkt verantwortlich sind, sie andererseits jedoch unternehmensintern selbst unzureichend informiert werden. Wenn Spitzenmanager aber selbst suboptimal mit Information versorgt werden, wie sollen sie dann den im Kodex festgelegten Informationspflichten angemessen nachkommen können?
Was sind die Defizite der Informationsversorgung des Spitzenmanagements? Eine von PricewaterhouseCooper und dem Bundesverband der Deutschen Industrie jüngst herausgegebene Studie stellt beispielsweise fest:
14
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
„In der Praxis besteht ein Manko bei Vorständen und in der Konsequenz damit auch bei Aufsichtsräten darin, dass die Entscheidungsträger davon ausgehen, die Wirtschaftslage wird entsprechend wiedergegeben. Tatsächlich basieren die Übersichten in den Berichten oftmals auf mehrere Monate alten Rohdaten, weil deren Verdichtung in vielen Ressorts und die anschließende Aufbereitung zeitraubend sind. Ein anderes Defizit liegt in einem Universalitätsanspruch einiger Unternehmen, alle möglichen Kennzahlen abzubilden, so dass die Berichte wegen ihres immensen Umfangs nicht mehr gelesen werden oder die Veränderungen zu den vorangegangenen Berichten nicht hervorgehoben werden. Zu statische Berichte mit formelhaften Passagen ohne wirklichen Informationsgehalt für Entscheidungsträger sind ein anderer Mangel. Berichtssysteme mit transparenter Darstellung der wesentlichen Kennzahlen, graphisch aufbereitet und vergleichend für alle Unternehmensbereiche dargestellt, bilden keineswegs schon den Standard." 2 Abgestellt wird in diesem Befund auf (1) die mangelnde (teils nicht anders machbare) Aktualität von Berichten, (2) deren ungenügende
Fokussiertheit, was (3) zu
immensen Berichtsumfängen führt, (4) die Inhaltsleere einzelner Berichtspassagen, die den Umfang der Berichte zusätzlich aufblähen. Allgemein beklagte Defizite sind nach vorliegender Erfahrung:
ungenügende Früherkennung von Risiken und Chancen mangelnde Übersicht und Transparenz I nformationsüberlad ung unzureichende Handhabbarkeit der Komplexität Vergangenheitsorientierung mangelnde Zeitnähe Scheinexaktheit und/oder
„dicke"
(zahlenorientierte Berichte
Fundierung,
assoziieren
„professionelle"
umfassende
Darstellung
Durchdringung
und
„Richtigkeit" etc.) Prinicipal
Agent-Probleme
(in
„dicken"
Berichten
versteckte
Information,
unscharfe Formulierungen, gezielte Täuschungen etc.). Trotz
dieser
Informationsdefizite
soll
das
Spitzenmanagement
unmittelbare
Verantwortung tragen. In den U S A haftet das verantwortliche Vorstandsmitglied nach dem jüngst verabschiedeten Sarbanes-Oxley-Act sogar durch Eid für die Richtigkeit der Rechnungsführung. Und auf Ebene der Europäischen Union wird gerade an einer analogen Regelung gearbeitet. Gemäß der Empfehlungen der sogenannten 15
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Weber-Gruppe vom November 2002 könnte es hier - im Unterschied zu den USA zu einer gesamtschuldnerischen Haftung des Vorstands für die Richtigkeit der Finanzinformationen kommen. Dieses Dilemma des Spitzenmanagements zwischen Leitungs-, Kontroll- und Informationsverantwortung einerseits und unzureichender Informationsversorgung
andererseits
ist
aufzulösen.
Die
Zielrichtung
ist
offensichtlich: Die Informationsversorgung dieser für den Erfolg eines Unternehmens höchst wichtigen Zielgruppe ist zu verbessern. Anmerkungen 1
vgl. Theisen, M. R., Grundsätze einer ordnungsmäßigen Information des Aufsichtsrats, 3. Auflage, Stuttgart, 2002, Seite 28 ff.
2
Vgl. Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., PricewaterhouseCoopers (Hrsg.): Corporate Governance in Germany, 8/2002, www.pwcqlobal.com
Zusammenfassung Information ist ein zentraler Faktor im Bereich der Corporate Governance. Spitzenmanager können ihren diesbezüglichen Aufgaben nur nachkommen, wenn sie selbst bestmöglich mit Information versorgt werden. Die bislang vorgelegten Corporate Governance-Regelungen lassen die Problematik der Informationsversorgung der Unternehmensleitung weitgehend ausgeklammert. Betont wird zwar die Wichtigkeit des „Aufbaus eines Überwachungssystems zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen". Wie dies zur erreichen, wie die Informationsversorgung des Spitzenmanagements insgesamt adäquat zu gestalten ist, wird nicht konkretisiert. Viele Spitzenmanager sind mit ihrer Informationsversorgung jedoch unzufrieden. Folgerichtig setzen die Corporate Governance-Regelungen hier einen Sachstand voraus, der in der Praxis noch nicht die Norm ist, nämlich die angemessene Informationsversorgung des Spitzenmanagements unternehmensintern. Spitzenmanager sehen sich damit dem Dilemma gegenüber, dass sie einerseits für Offenheit, Transparenz und „richtige" Information „nach außen" direkt verantwortlich sind, sie andererseits jedoch selbst unzureichend informiert werden. Dieses Dilemma ist durch eine verbesserte Informationsversorgung zu lösen.
16
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
3
Warum ein neues Informations- und Früherkennungssystem?
In Managementtheorie und -praxis wurden und werden vielfältige Anstrengungen unternommen, um die Defizite der Informationsversorgung von Spitzenmanagern zu überwinden. Sie reichen von Verbesserungen im Bereich des Informations- und Wissensmanagements, über neue Maßgrößen und Kennzahlen, wie beispielsweise der Balanced Scorecard1, bis hin zu modernen computergestützten Topmanagement-lnformationssystemen (TIS). Keiner dieser Ansätze war bislang offensichtlich so erfolgreich, dass er die Informationsprobleme des Spitzenmanagements lösen konnte. Dies gilt insbesondere für TIS, auf dem seit Jahren die Hoffnungen ruhen und das insbesondere von technikorientierten Seiten bis heute gleichsam als „Wunderwaffe" der Unternehmensführung gehandelt wird, was dann auch so an Spitzenmanager herangetragen wird. Abb. 3.1 zeigt einige Beispiele. Nun ist im Zeitalter des Internets und der globalen Kommunikation offensichtlich, dass die Innovationen der Informations- und Kommunikationstechnik viele der ursprünglichen Erwartungen nicht nur erreicht, sondern sogar weit übertroffen haben. Andere indes bleiben bis heute enttäuscht. Dies gilt auch für TIS. Spitzenmanager arbeiten bis heute nicht annähernd in dem Umfang mit TIS, wie seit langem propagiert. Erklärt wird dies oftmals durch eine mangelnde Aufgeschlossenheit dieser besonderen Zielgruppe gegenüber den Möglichkeiten der Technik. So wird beispielsweise argumentiert, Spitzenmanager
wären nicht bereit, ihren Informationsbedarf offen zu legen, was aber die Voraussetzung für eine erfolgreiche Systemgestaltung sei, würden sich ihre Informationen immer noch am liebsten auf dem "Silbertablett" servieren lassen, wären sich ihres Informationsbedarfes zu wenig bewusst und damit auch nicht in der Lage, diesen zu artikulieren, würden sich um ihre Informationsversorgung nach wie vor zu wenig kümmern und "Information" als Bring- und nicht als Holschuld erachten, 17
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
würden nicht akzeptieren, dass sie selbst mit einem computergestützten System arbeiten sollten.2 Abb. 3.1
Ausgewählte Lehrbuchauszüge und Presseüberschriften
„Executive Support Systems (ESS) help senior executives monitor organizational performance, track activities of competitors, spot problems, identify opportunities, and forecast trends. ... Today, an ESS can bring together data from all parts of the organization and allow managers to select, access, and tailor them as needed using easy-to-use analytical tools and on-line-data displays. ... These systems put data and tools in the hands of executives without addressing specific problems or imposing solutions. Executives are free to shape the problems as necessary, using the system as an extension of their own thinking process." Laudon, Laudon, MIS, Prentice Hall, 2002 Information tools for CEOs see renaissance Computerworld 1999 "Instant data at managers' fingertips". Financial Times REVIEW, Spring 1994 "Fundiert entscheiden. Hochkomfortable Chefsysteme. So sorgfältig die Mitarbeiter Entscheidungen vorbereiten - in der Papierflut übersehen Topentscheider doch häufig wesentliche Punkte. Spezielle PC-Systeme lassen sie zügig zu den relevanten Informationen vorstoßen." Capital, 2/92
In der Praxis sind jedoch ganz andere
Erfahrungen zu machen.
Gerade
Spitzenmanager sind sich der erfolgskritischen Bedeutung des Informationsfaktors sehr wohl bewusst und bereit, alles Sinnvolle zu tun, diese zu verbessern. Wie anders wären sie in ihre Position gekommen? Wenn sie mit TIS nicht arbeiten, wie 18
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
vielfach erwartet, dann schlicht, weil dies für sie nicht sinnvoll ist - was in Teil II und IV weiter ausgeführt wird.3 Wenn
dem
so
Spitzenmanagern
ist,
dann
jedoch
in
ist
die
Lösung
anderen
des
Informationsproblems
Richtungen
zu
suchen.
Mit
von dieser
Grundüberlegung wird nachstehend dreierlei unternommen: (1) Die Zielgruppe „Spitzenmanager" wird unter dem spezifischen Aspekt des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung modelliert (vgl. Teil II). (2) Ausgehend von diesem Modell wird ein neues Konzept eines Informationsund Früherkennungssystems
entwickelt, das Spitzenmanager
in ihren
Aufgaben im Rahmen der Corporate Governance und darüber hinaus unterstützen und zur Überwindung der obigen Informationsdefizite beitragen soll (vgl. Teil III). (3) Es wird den Ursachen der Fehleinschätzungen um TIS nachgegangen und von den dabei festgestellten
Defiziten
unter
Einbezug von (1) ein
modelltheoretischer Bogen hin zu dem neuen Corporate Governance Informations- und Früherkennungssystem geschlossen (vgl. Teil IV).
Anmerkungen 1.
Vgl. Kaplan, R.S., Norton, D.P.: The balanced scorecard: translating strategy into action. Cambridge, USA, 1996
2.
vgl. Rechkemmer, K.: Topmanagement-Informationssysteme: betriebswirtschaftliche Grundlagen. Stuttgart. 1999, S. 15 und 16
3
vgl. zudem Rechkemmer, 1999, S. 38 ff.
Zusammenfassung Die Defizite der Informationsversorgung des Spitzenmanagements zeigen, dass bisherige Lösungskonzepte nicht genügen, um dem spezifischen Informationsbedarf dieser Zielgruppe gerecht zu werden. 19
Teil I Einführung: Corporate Governance, Spitzenmanager, Information
Dies gilt auch für computergestützte Topmanagement-Informationssysteme (TIS), auf denen seit Jahren viele, immer wieder jedoch enttäuschte Hoffnungen ruhen. Im Weiteren wird deshalb versucht, hier über einen neuen Ansatz zu einer Lösung zu kommen.
20
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Teil II
Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
21
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Die von Spitzenmanagern genannten Defizite der Informationsversorgung deuten auf eine Informationslücke bei gleichzeitiger Informationsüberladung hin. Auf der einen Seite hat man offensichtlich nicht alle Informationen, die man braucht. Auf der anderen Seite hat man mehr Informationen, als man braucht (vgl. Abb. 4.1).
Abb. 4.1
Informationsbedarf versus Informationsversorgung
INFORMATIONSVERSORGUNG
3
1
2
INFORMATIONSBEDARF
1 2 3
Bedarf und Versorgung stimmen überein Informationslücke (Bedarf bleibt offen) Informationsüberladung (Informationen über Bedarf)
Mit der Zielsetzung Bedarf und Versorgung weitmöglichst zur Deckung zu bringen sind beide Seiten mit Fragen zu untersuchen, wie: Welchen Bedarf haben Spitzenmanager im Allgemeinen, welcher Bedarf steht hinter der Informationslücke im Besonderen? Wie ist ihre Informationsversorgung organisiert? Warum wird ihr Bedarf nicht abgedeckt? etc.
23
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Hierzu wird im Weiteren von folgenden Prämissen ausgegangen: •
Die beklagten Informationsdefizite gelten insbesondere für Spitzenmanager komplexer
Unternehmen(-ssysteme).
Folgerichtig
sind
in
erster
Spitzenmanager solcher Unternehmen zu analysieren. Was
Linie
Komplexität
diesbezüglich bedeutet, ist noch zu erläutern. •
Ein allgemeines Merkmal von Spitzenmanagern ist die Mitgliedschaft in einer oder mehreren Spitzenorganisationen. Von Relevanz ist hierbei zweierlei: (a) Spitzenmanager
sind
in
dieser
Einbindung
„Gruppen-
bzw.
Gremien-
entscheider". (b) Die Informations- und Entscheidungsprozesse unterliegen spezifischen Strukturen und Regeln.
•
Der Informationsbedarf und die Informationsversorgung von Spitzenmanagern sind durch (a) die Komplexität des Unternehmens(-systems) und (b) die Mitgliedschaft in einer Spitzenorganisation in wesentlichen Punkten bestimmt. Wie die Defizite ihrer Informationsversorgung verursacht sind und wie ihre Versorgung verbessert werden kann, ist folgerichtig zunächst primär in diesem Rahmen zu analysieren.
•
Die Trennung zwischen der Leitungs- und Aufsichtsfunktion ausgehend vom deutschen Aktienrecht löst sich unter vorliegenden Aspekten insofern auf, als das vorliegend entwickelte Konzept beiden Funktionen gleichermaßen nützt, wobei der für die Aufsichtsfunktion relevante Informationsbedarf als eine Teilmenge des für die Leitungsfunktion erforderlichen Bedarfs zu betrachten ist.
24
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
4
Spitzenmanager und Spitzenorganisationen
Spitzenorganisationen
werden
allgemein
nach
verschiedenen
Merkmalen
unterschieden. Gängig ist die Trennung zwischen dem einstufigen und dem zweistufigen System, wie es im angelsächsischen bzw. deutschsprachigen Bereich vorherrschend ist. Üblich ist auch die Unterscheidung nach dem Führungsprinzip: Im angelsächsischen Raum das direktorale Prinzip mit der starken Stellung des Chief Executive Officers, im deutschsprachigen Raum das kollegiale Prinzip, nach dem die Organmitglieder gleichberechtigt sind, und Entscheidungen nach dem Einstimmigkeits- bzw. Mehrheitsgrundsatz getroffen werden.
Bei der nachstehenden Modellentwicklung wird von solchen Differenzierungen vereinfachend abgesehen und auch davon, dass Spitzenmanager innerhalb größerer Unternehmen
mehreren
Teilkonzern/Beteiligung,
Spitzenorganisationen Division etc.).
Die
angehören
Betrachtung
können
ist vielmehr
(Konzern/ auf
die
Bestimmung der typischen Merkmale des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung von Spitzenmanagern konzentriert. Dabei stehen zunächst die unter diesem Aspekt relevanten Charakteristika einer Spitzenorganisation im Vordergrund, wobei
das
Augenmerk
in erster Approximation
Unternehmensleitungsgremium
gilt (Vorstand,
der
Spitzenorganisation
Internal Directors des
als
Executive
Boards, Geschäftsführer etc.). Das auf diesem Befund aufbauende Informations- und Früherkennungskonzept kann dann allerdings in gleicher Weise auch Mitgliedern von Aufsichtsgremien etc. nutzen.
Struktur In der Struktur einer Spitzenorganisation sind drei Kernelemente zu unterscheiden (vgl. Abb. 4.2): Vorsitzender oder Sprecher (V/S), sonstige Mitglieder (M„) und Zentralsekretariat (Z).1 Der Vorsitzende bzw. Sprecher und die Mitglieder sind die konstituierenden Elemente der Spitzenorganisation. 2
25
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Abb. 4.2 Modell einer Spitzenorganisation
V/S
Vorsitzender/Sprecher
Ml..n
Mitglied 1 bis n
Z
Zentralsekretariat
PS
Persönlicher Stab
Bv/s
Geschäftsbereich des Vorsitzenden bzw. Sprechers des Vorstandsgremiums
Bl..n
Vorstandsbereiche 1 bis n 26
Teil II W a s ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Das Zentralsekretariat ist die geschäftsführende Instanz und Schaltzentrale der Spitzenorganisation. Es ist dem Vorsitzenden oder Sprecher direkt unterstellt. Seine Kernaufgaben
sind
die
Vorbereitung,
Begleitung
und
Nachbereitung
der
Organsitzungen. In der Regel besteht es aus einem Leiter sowie einigen Referenten und Sekretariatskräften. Die hierarchische Position des Leiters ist der Aufgabe entsprechend und kann bis zur ersten Ebene unterhalb der Spitzenorganisation reichen. 3
Für den Vorsitzenden bzw. Sprecher und die Mitglieder der Spitzenorganisation ist zudem üblich, dass sie:
einem
spezifischen
Verantwortungsbereich
vorstehen;
im
Fall
eines
Vorstandsgremiums sind dies auf der Ebene des Vorsitzenden oder Sprechers oftmals Funktionen wie Strategie, Rechtsabteilung, Öffentlichkeitsarbeit oder Interne Revision. Auf der Ebene der weiteren Mitglieder der Spitzenorganisation sind
dies
die
Ressorts
der funktional,
divisional,
regional
oder
sonstig
gegliederten Führungsorganisation.
durch einen persönlichen Stab unterstützt werden, der mehrere Schreibkräfte, Assistenten und für Sonderaufgaben zuständige Mitarbeiter (Redenschreiber, Public Relations, Bereichs-Controlling etc.) umfasst. Die hierarchische Position des Leiters dieses Stabs kann in großen Unternehmen bis zur zweiten Ebene unterhalb des Konzernvorstands reichen.
Komplexität
Die vorliegend betrachteten Spitzenmanager agieren in einem In-/Umfeld sehr hoher Komplexität. Diese Komplexität ist unter vorliegend relevanten Aspekten mit der von Volkswirtschaften vergleichbar. Schon der Umsatz solcher Unternehmen kann in der Größenordnung des Bruttosozialprodukts von Ländern sein (vgl. Abb. 4.3).
27
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Abb. 4.3
Das Bruttosozialprodukt (BSP) ausgewählter Teilnehmerländer an der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 im Vergleich mit den Umsatzzahlen offizieller FIFA-Sponsoren
LAND / UNTERNEHMEN
BSP / UMSATZ (Mrd. €)
Nigeria
43,3
Toshiba
40,6
Philips
32,3
Tunesien
22,6
Uruquay
22,3
Coca-Cola
20,1
McDonalds
16,6
Fuji
11,6
11,6
Costa Rica
Wie sich diese Komplexität in zweiter Annäherung darstellt, macht Abb. 4.4 am Beispiel des DaimlerChrysler-Konzerns deutlich. Das Vorstandsgremium, das diese Komplexität - das DaimlerChrysler - verantwortlich leitet, umfasst aktuell 13 Mitglieder einschließlich des Vorstandsvorsitzenden und den Verantwortlichen für die Geschäftsfelder und Zentralressorts. Das heißt, die von einem Mitglied dieses Gremiums durchschnittlich verantworteten Bereiche umfassen mehrere zehntausend
28
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Mitarbeiter und ein Umsatzvolumen von vielen Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat, der den Vorstand überwacht und wesentliche Entscheidungen mitträgt, umfasst zehn Aktionärsvertreter und - gemäß Mitbestimmungsgesetz - zehn Arbeitnehmervertreter. Zu berücksichtigen ist, dass die Darstellung gemäß Abb. 4.4 nach wie vor höchst vereinfacht gehalten ist. Schon die Hauptsparten oder Sparten in den verschiedenen Geschäftsbereichen eines solchen Unternehmenssystems sind für Einzelne letztlich nicht
mehr
überschaubar,
Spezialprodukte.
Hinzu
geschweige
kommt
die
denn
die
Baumuster
Komplexität
des
Umfelds
oder
eines
gar global
operierenden, in vielen Partnerschaften operierenden Konzerns. Nun ist die Komplexität von Unternehmen wie DaimlerChrysler natürlich von besonderer Dimension. Tatsächlich können aber auch Spitzenmanager sehr viel kleinerer
Unternehmen
(oder
Unternehmensbereiche)
aufgrund
von
deren
Internationalität, Produkt-Marktbeziehungen, Virtualität (viele strategische Partner), oder Art (z B. Venture Capital - Gesellschaften) sehr hohe Komplexität zu bewältigen haben.
Diese
Komplexität
bestimmt
den
Informationsbedarf
und
die
Informationsversorgung von Spitzenmanagern zusammen mit ihrer Mitgliedschaft in einer Spitzenorganisation aufgrund der dort geltenden Regeln und Prozesse in zentraler Weise. Wird diese Komplexität in Unternehmen organisatorisch reduziert, so bedeutet dies, dass Spitzenmanager auf Belange übergreifender Relevanz konzentriert sind und die hierfür erforderlichen Grundlagen von Stäben und Linien verantwortlich erarbeitet bzw. umgesetzt werden. Die von Spitzenmanagern zu bewältigende Komplexität ist trotzdem noch immens.5 Schließlich sind sie es, die letztlich für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens verantwortlich sind - und gegebenenfalls auch persönlich zur Verantwortung herangezogen werden.
29
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Abb. 4.4 Komplexität des DaimlerChrysler-Konzerns
Personenwagen-Marken
Maybach, Mercedes-Benz, Chrysler, Jeep, Dodge und smart
Nutzfahrzeug-Marken
Mercedes-Benz, Freightliner, Sterling, Western Star, Setra, Thomas Built Buses, Orion und American LaFrance
Personenwagen-Produktion
3.985.600 Einheiten
Nutzfahrzeug-Produktion
492.900 Einheiten
Mitarbeiter weltweit
372.500 Mitarbeiter
Umsatz weltweit
€ 152,9 Mrd.
Forschungs- und Entwicklungsaufwand
€ 5,348 Mrd.
Sachinvestitionen
€7,918 Mrd.
Geplante Investitionen 2002-2004
€ 41 Mrd.
Einkaufsvolumen
€106,5 Mrd.
Internationale Präsenz
Vertrieb in mehr als 200 Ländern Produktion in 37 Ländern
Anzahl Beteiligungen weltweit
mehr als 1000
Quelle Geschäftsbericht 2002 ( Zahlen für 2001)
30
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Prozesse Die Prozesse auf Ebene einer Spitzenorganisation sind mit hoher Dichte geregelt. Die Rahmenbedingungen hierzu sind unternehmensextern durch die Unternehmensverfassung und den jeweils geltenden Corporate Governance Kodex vorgegeben. Unternehmensintern ordnungen,
werden
diese
Vorgaben
Aufgabenbeschreibungen,
durch
Berichtswege
Satzungen,
und -systeme,
GeschäftsArbeitsan-
weisungen etc. detailliert und umgesetzt. Hinsichtlich der Sitzungen der Spitzenorganisation sind Punkte definiert, wie:
Art und Zeitpunkt der Einberufung der Sitzung Festlegung und Versand der Tagesordnung Vorsitz der Sitzung Abstimmungsmodus Protokollführung Redezeit und Berichterstattung Geschäftsführung zwischen den Sitzungen etc.
Gängig ist, dass das Zentralsekretariat im Auftrag des Vorsitzenden bzw. Sprechers die Organmitglieder schriftlich einlädt und zwar mit einem in der Geschäftsordnung der Spitzenorganisation definierten zeitlichen Vorlauf (z. B. sieben Tage vor Sitzung unter Beifügung der Tagesordnung und aller relevanten Sitzungsunterlagen). Vorab fragt das Zentralsekretariat die Persönlichen Stäbe der sonstigen Mitglieder nach Tagesordnungspunktanträgen
ab,
macht
dem
Vorsitzenden
oder
Sprecher
Vorschläge zur Tagesordnung, prüft die eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit und leitet diese den Mitgliedern rechtzeitig zu.
Im Normalfall kommt kein Punkt auf die Tagesordnung, der nicht im Vorfeld mit allen tangierten Ressorts abgestimmt worden ist. Im Zuge dieses Abstimmungsprozesses arbeiten die Persönlichen Stäbe und Bereiche eng zusammen, um ihre Meinung in den Entscheidungsfindungsprozess einzubringen und eine von allen getragene Lösung herbeizuführen. Insbesondere für die Persönlichen Stäbe ist dabei sehr
31
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
wichtig, möglichst frühzeitig über anstehende Tagesordnungspunkte informiert zu sein. Je früher dies der Fall ist, desto mehr Zeit haben sie, um die aus der Sicht „ihres" Chefs erforderlichen Stellungnahmen zu initiieren und zusammenzutragen. Das Zentralsekretariat ist für sie hierbei ein wichtiger Ansprechpartner, über das sie die von anderen
Ressorts eingebrachten Tagesordnungspunkte
in Erfahrung
bringen. In der Sitzung der Spitzenorganisation protokolliert üblicherweise der Leiter des Zentralsekretariats die Vorträge zur Tagesordnung sowie die sich anschließende Diskussion und Beschlussfassung. Bevor das Protokoll in der Folgesitzung zur Verabschiedung kommt, wird der Textentwurf in kritischen Punkten mit den Sitzungsteilnehmern abgestimmt. Sitzungskalender Üblich ist, dass in den Unternehmen von Spitzenmanagern ein die zentralen Termine des laufenden Geschäftsjahres ausweisender und dabei rollierend zunehmend auch in das Folgejahr hinein reichender Sitzungskalender geführt wird. Kernelemente dieses
Kalenders
sind die Termine
der
Sitzungen
der
Spitzenorgane
des
Unternehmens. Hat das Unternehmen die Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach deutschem Aktienrecht, dann sind die Eckpunkte des Sitzungskalenders die Termine der Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen.
Der Aufsichtsrat kommt innerhalb eines Geschäftsjahres periodisch zu ordentlichen Sitzungen zusammen. Die von ihm anlässlich dieser Sitzungen Tagesordnungspunkte
folgen
normalerweise
einem
festen
behandelten
Muster.
Es
kann
beispielsweise wie folgt aussehen: 1. Sitzung im Januar
Behandlung der Kurz- und Mittelfristplanung
2. Sitzung im April
Behandlung des Jahresabschlusses
3. Sitzung im Mai
Sitzung vor Hauptversammlung
4. Sitzung im November
Information über laufendes Geschäft und die Erwartungen bis zum Jahresende. 32
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Sind die Tagesordnungspunkte auf diese Weise festgelegt, sind damit auch die für die Behandlung der Tagesordnungspunkte relevanten Ausarbeitungen (Berichte, Pläne etc.) bekannt, was bereits eine Vielzahl zentraler unternehmensinterner Abläufe vorbestimmt. Wird im Aufsichtsrat - wie im obigen Beispiel - im Januar die Kurz- und Mittelfristplanung behandelt, dann ist diese Planung vorab im Gesamtvorstand des Unternehmens zu verabschieden, wobei über Einzelpläne wiederum, bevor sie dort zur Vorlage kommen, in den jeweils nachgeordneten Gremien zu befinden ist - eine Kette, die sich je nach Unternehmenskomplexität über mehrere Stufen nach "unten" fortsetzen kann (Tochter- und Enkelgesellschaften, Bereiche, Sparten etc.). Die Sitzungen des Vorstands haben oftmals den Charakter eines jour fix, z. B. alle zwei Wochen
am
Mittwoch.
Die
im
Rahmen
der Vorstandssitzungen
zu
behandelnden Punkte sind teils durch die Aufsichtsratssitzungen vorgegeben, ansonsten durch die Geschäftssituation bestimmt. Welche Punkte zur Behandlung kommen, wird im Zuge des oben skizzierten Prozesses mit angemessenem zeitlichen Vorlauf festgelegt und zwar so, dass ihre Behandlung sachgerecht vorbereitet und alle Sitzungsteilnehmer sich - unterstützt durch im Vorfeld verteilte Unterlagen - umfassend auf die Sitzung vorbereiten können. Haben Spitzenmanager über die
ihnen zur Vorbereitung
auf die
Sitzung vorgelegten
Unterlagen
hinausgehenden Informationsbedarf, fordern sie diesen je nach Situation vor der Sitzung ein. Sonstige im Sitzungskalender ausgewiesene Termine können andere periodische bzw.
schon
weit
im
Vorfeld
absehbare
außerordentliche
Aktivitäten
von
übergreifender Bedeutung sein, wie z B. Klausurtagungen des Vorstands, Topmanagement-Tagungen,
Presseveranstaltungen
oder
unternehmensexterne
Ereignisse, wie Verkaufsausstellungen, Messen etc., anlässlich derer die Mitglieder der Spitzenorganisation anwesend sein sollten.6
33
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Die Mitglieder der Spitzenorganisation übernehmen die Sitzungskalendertermine inklusive der mit ihnen verbundenen Vor- und Nachbereitungsaktivitäten in ihre Terminplanung und richten ihre weiteren Aktivitäten an diesen aus. Charakteristisch für diese weiteren Aktivitäten ist, dass sie im Regelfall gleichfalls lange vorab bekannt und inhaltlich festgelegt sind (vgl. Abb. 4.5). Anders wird auf Ebene des Spitzenmanagements kein Termin vereinbart, was teils durch den Umfang der Verpflichtungen, teils durch die für die Wahrnehmung dieser Termine erforderlichen Vorbereitungen bedingt ist. Abb. 4.5
Terminplanung von Spitzenmanagern
Folgewoche
Fixierte Termine Anteile an Wochenarbeitszeit in %, (Erfahrungswerte)
1
99
2
95
3
90
4
85
5
80
6
80
Was die Zeitdauer und die Art der Wahrnehmung dieser Termine angeht, so ist wie bei den Sitzungen der Spitzenorganisation davon auszugehen, dass diese im Normalfall relativ viel Zeit beanspruchen (eine oder mehrere Stunden bis hin zu ganzen
Tagen,
wie
beispielsweise
im
Falle
von
Strategiesitzungen
oder
Hauptversammlungen), von außen nur in Ausnahmefällen gestört und unterbrochen werden und inhaltlich überwiegend streng strukturiert und klar gegliedert sind.
34
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Termingegenstände Spitzenmanager behandeln im Zuge der Wahrnehmung ihrer Termine Gegenstände sehr
hoher
Relevanz
sowie
vornehmlich
ganzheitlich-politischer
Natur
(Geschäftsfeld- und/oder Internationalisierungsstrategien, Aufbau/Schließung von Standorten, Investitionen in neue Technologien, Akquisition von Wettbewerbern mit grundlegender Reorganisation der Führungsstruktur etc.) und dies im Umfang von Millionen-
oder
Milliarden-Euro.
Zudem vertreten
sie ihr Haus
auf
höchsten
politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Ebenen.
Die
verantwortliche
Wahrnehmung
solcher
Termine
erfordert
herausragende
Qualitäten in verschiedenster Hinsicht. In der einschlägigen Literatur werden neben fachlichen Aspekten u. a. Persönlichkeitsmerkmale genannt wie: Passion, Intelligenz, Kommunikationsfähigkeit,
Energie,
innere
Fokus und eine gute „Parkettfestigkeit".
Balance,
positive
Einstellung,
Fleiß,
7
Der durch Termine dieser Art bedingte Informationsbedarf ist entsprechend, wobei operativ-analytische
Aspekte
oftmals
von
ganzheitlich-politischen
Belangen
überlagert sind.
Was
die
Entscheidungsfindung
angeht,
ist
zu
berücksichtigen,
dass
Spitzenmanager im Normalfall alle wesentlichen Entscheidungen nicht als Einzelsondern als Gruppen- bzw. Gremienentscheider treffen. Neben der Spitzenorganisation können hierzu eine Reihe weiterer Gremien tätig sein, wie Ausschüsse des Vorstands oder des Aufsichtsrats, Geschäftsführungsgremien auf Divisions- oder Spartenebene, Projektlenkungsausschüsse etc.
Anmerkungen 1
Die Ausschussbildung ist hier vereinfachend nicht berücksichtigt. Sie bildet gleichsam eine Subebene der Spitzenorganisation.
2
Spitzenorganisationen von komplexen Unternehmen und Regierungssysteme weisen unter vorliegend relevanten Aspekten enge Analogien auf. Bezogen
35
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
auf einen Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und dem Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland liegen beispielsweise folgende Gegenüberstellungen nahe: Bundeskanzler Bundeskanzleramt Persönlicher Stab Bundeskabinett Minister Ministerium Abteilungen etc. 3
Vorstandsvorsitzender Zentralsekretariat Persönlicher Stab Vorstandsgremium Vorstandsmitglied Vorstandsressort Direktionen, Fachbereiche etc.
Die Schaltzentrale innerhalb des Regierungssystems der Bundesrepublik Deutschland ist analog das Bundeskanzleramt. Es wirkt als das Sekretariat des Kabinetts, koordiniert die Arbeit der Ministerien und versorgt den Bundeskanzler mit den für ihn wichtigen Informationen: Übertragen auf die Regierungssysteme anderer Länder wäre seine Funktion beispielsweise vergleichbar mit dem Executive Office des US Präsidenten, dem Cabinet Office in England oder dem Büro des Präsidenten des Ministerrates in Frankreich. In seiner Sekretariatsfunktion bereitet es die Kabinettsitzungen vor: fragt bei den Ministerien nach geplanten Vorlagen, prüft die Vorlagen auf Entscheidungsreife, legt die Tagesordnung in Einvernehmen mit dem Kanzler fest (was nicht auf der Tagesordnung steht, kann im Kabinett auch nicht beschlossen werden, der Punkt "Verschiedenes" lässt keine Vorlagen zu), lädt die Minister zur Sitzung ein, protokolliert die Sitzung und gibt das verabschiedete Protokoll an die Kabinettsmitglieder zur Veranlassung weiter. In seiner Koordinationsfunktion versucht es die Aktivitäten in den einzelnen Ressorts möglichst frühzeitig aufeinander abzustimmen - beispielsweise indem es an den Abteilungsleiterbesprechungen in den Ministerien vertreten ist. In seiner Informationsfunktion sammelt und filtert es die relevanten Informationen des Tages und leitet sie an den Kanzler weiter; bearbeitet die von außen an den Kanzler gerichteten und ihm über dessen persönliches Sekretariat weiter geleiten Schreiben: leitet sie selbst entweder an andere Bereiche weiter oder bereitet eigene Stellungnahmen vor; fasst die aus den Ministerien kommenden Kabinettsvorlagen zusammen: skizziert ein Problem, weist auf entgegenstehende Argumente hin, gibt Handlungsempfehlungen etc.
4
Der Leiter des Bundeskanzleramtes der Bundesrepublik Deutschland hatte in früheren Legislaturperioden teils den Rang eines Staatssekretärs; teils aber auch Ministerrang.
5
Das nachstehend entwickelte Corporate Governance Informations- und 36
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Früherkennungssystem ist allen Fällen anzuwenden, in denen diese Voraussetzungen gegeben sind. Da die Kapazität der Komplexitätsverarbeitung von Menschen begrenzt ist, kommt es letztlich darauf an, ob bzw. inwieweit diese Kapazitätsgrenze überschritten wird. Vorliegend ist relevant, dass die Überschreitung derart ist, dass die Bewältigung der „Überschusskomplexität" eine Organisation der modellierten Art erfordert und der Informationsbedarf und die Informationsversorgung der Mitglieder der Spitzenorganisation entsprechend sind. 6
Zu den weiteren Verpflichtungen der Mitglieder der Spitzenorganisation sind in erster Linie sich über kürzere oder längere Perioden erstreckende Programme zu zählen. Diese sind teils periodischer, teils situativer Natur. Periodische Programme sind aufgrund ihrer regelmäßigen Wiederkehr frühzeitig bekannt, wie beispielsweise ressortinterne Planungsrunden oder Jahresabschlussgespräche. Ihre Vorbereitung und Durchführung erfolgt nach bewährten Regeln und Mustern. Situative Programme resultieren aus der Geschäftsentwicklung. Manche dieser Projekte sind mit relativ langem zeitlichen Vorlauf absehbar, wie etwa ein Reorganisationsvorhaben. Andere werden oftmals erst kurzfristig konkret, wie beispielsweise ein Akquisitionsprojekt. Die mit solchen Programmen verfolgten Ziele können teils klar formuliert, teils noch unscharf gehalten sein. In beiden Fällen erfolgt ihre Abarbeitung jedoch in typischen Schritten, wie: Definition des Auftrages, Festlegung von Zuständigkeiten und Kapazitäten, Heranziehung von Mitarbeitern und Experten, Abgrenzung von Arbeitspaketen, Abarbeitung der Arbeitspakete unter Fortschreibung bzw. Konkretisierung von Zielen, Aufgaben und Methoden etc. Sind situative Projekte von besonderer Bedeutung, erfordern sie zudem die Einbindung der Spitzenorganisation, wofür wiederum spezifische Abläufe gelten. Neben diesen Programmterminen haben die Mitglieder der Spitzenorganisation schließlich noch verschiedene Einzeltermine wahrzunehmen, wie beispielsweise das Führen von Personalgesprächen oder die Teilnahme an internen und externen Veranstaltungen.
7
vgl. u. a. Aguilar, F. J.: General Managers in Action. Policies and Strategies. New York, Oxford, 1992. Kotter, I. P.: John Kotter on What Leaders Really do? Boston, 1999. Neff, T. J., Citrin, J. M.: Lessons from the Top. New York, 2000.
Zusammenfassung Die primären Merkmale der vorliegend betrachteten Spitzenmanager sind (1) Verantwortung in hoher Komplexität, (2) Mitgliedschaft in einer oder mehreren Spitzenorganisationen. Beide Punkte bestimmen den Informationsbedarf und die Informationsversorgung der Zielgruppe in zentraler Weise. 37
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Wesentliche weitere Bestimmungsgrößen sind in diesem Rahmen: die Struktur und Prozesse der Spitzenorganisation der organisatorische Unterbau ihrer Mitglieder der Sitzungskalender des Unternehmens die Termingegenstände auf Ebene des Spitzenmanagements.
38
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
5
Informationsbedarf und Informationsversorgung
Was
sind
die
typischen
Merkmale
des
Informationsbedarfs
und
der
Informationsversorgung von Spitzenmanagern? Aufbauend auf obige Erkenntnissen wird unterstellt: Informationsbedarf Das zentrale Referenzsystem für den Informationsbedarf von Spitzenmanagern ist ihr Terminkalender. Die im Terminkalender von Spitzenmanagern aufgeführten Termine indizieren die Inhalte und die Taktung ihres Informationsbedarfs:
•
Spitzenmanager brauchen entsprechende ihres Terminkalenders Informationen für zwei grundlegende Zwecke: (1) um auszuwählen, welche Termine sie wahrnehmen wollen und wann, (2) um diese Termine wahrzunehmen.
•
Die Informationsversorgung von Spitzenmanagern ist vereinfachend in zwei Typen zu trennen: (1) Informationen, die sie schon haben und (2) Informationen, die sie für obige Zwecke zusätzlich brauchen bzw. bekommen. Zu den Informationen, die sie haben, ist sowohl das in ihrem Gedächtnis abgespeicherte Erfahrungs- und Faktenwissen zu rechnen, das sich bei ihnen über die Jahre hinweg angesammelt hat und das sie immer wieder neu aktualisieren und verfeinern, wie auch alle externen Informationen, auf die sie unmittelbar zugreifen können (Berichte, Handbücher etc.). Die Informationen, die sie bekommen, aktualisieren und/oder ergänzen die Informationen, die sie bereits haben, für obige Zwecke.
•
Spitzenmanager entwickeln auf Basis der Informationen, die sie haben und bekommen, (1) das mentale Modell1 fort, das sie von ihrem Unternehmen und ihrer Verantwortung haben, wählen (2) die Termine aus, die sie wahrnehmen wollen bzw. anstreben, und nehmen (3) diese letztlich dann auch wahr, wobei zu berücksichtigen ist, dass viele dieser Termine speziell unter Informationsbedarfsaspekten ausgewählt werden (Besuchsprogramme, Briefings etc.). Abb. 5.1 stellt 39
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
das Grundmodell des Informationsbedarfs von Spitzenmanagern in diesem Sinne dar.
Abb. 5.1
Grundmodell des Informationsbedarfs
Mentales Modell Terminvorbereitung
Terminwahrnehmung
•
Termindefinition
Termin 1
Termin 2
Wie der Terminprozess, so sind auch die Termininhalte von Spitzenmanagern generell gut strukturiert. Die Ziele und Inhalte der Termine sind im Vorfeld abgeklärt und festgelegt. Anders wird im Regelfall kein Termin vereinbart.
•
Die
Gegenstände
der
Termine
von
Spitzenmanagern
besondere Verantwortung wie auch ihren spezifischen
indizieren
deren
Informationsbedarf.
Dieser ist von hoher inhaltlicher Relevanz und teils operativ-analytischer, vor allem aber ganzheitlich-politischer Natur.
•
Der Informationsbedarf von Spitzenmanagern ist zudem überwiegend dadurch bestimmt, dass wesentliche Entscheidungen nicht als Einzel- sondern als Gruppenentscheider im Rahmen der Spitzenorganisation getroffen werden, was zusätzliche Abstimmungserfordernisse notwendig macht.
Da die Termine von Spitzenmanagern mit langem zeitlichen Vorlauf eingeplant und inhaltlich bekannt bzw. vorbereitet sind, ist auch ihr Informationsbedarf
40
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
entsprechend frühzeitig bekannt. Entscheidungen wären auf der Spitzenebene nicht anders verantwortlich zu treffen, Handlungen nicht anders verantwortlich auszuüben. •
Die Abarbeitung der Termine erfolgt mit hoher Intensität und Durchgängigkeit, sowie im Regelfall mit relativ langer Termindauer. Nennenswerte ad-hocAufgaben sind die seltene Ausnahme und nicht die Norm.
Allgemein ist zwischen zwei Arten von Information zu unterscheiden, die Spitzenmanager brauchen und bekommen: Grund- und Sonderinformationen (vgl. Abb. 5.2). Abb. 5.2
Grund- und Sonderinformationen
Grundinformationen
Sonderinformationen
periodisch
situativ
standardisierte Berichte
spezifisch angefertigte Stellungnahmen, Analysen, Empfehlungen etc.
Papier, TIS?
•
Papier, Gespräche
Grundinformationen sind diejenigen unternehmensinternen und -externen Informationen, Aktivitätsbezug
die
Spitzenmanager
periodisch
in
standardisierter
Form,
und
z. B.
ohne
als
spezifischen
Wochen-
oder
Monatsberichte, bekommen. Spitzenmanagern ist damit die Möglichkeit gegeben, aktuelle Entwicklungen zu verfolgen, z. B. bei Durchsicht von Unterlagen oder in Vorbereitung eines Termins, schnell und einfach auf spezifische Grunddaten zuzugreifen, sowie ihr mentales Modell auf Basis solcher
Berichte fortzuschreiben
bzw. zu verfeinern. Der Bedarf von
Spitzenmanagern an solchen vorstrukturierten Grundinformationen variiert je 41
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
nach persönlicher
Präferenz
und Führungsstil.
Manche schätzen
ihren
Stellenwert geringer ein, z. B. weil sie ihre Aufgabenstellung mehr im visionärstrategischen als im operativen Bereich sehen, oder weil ihnen im Rahmen ihres Verantwortungsfeldes solche Grundinformationen weniger nutzen (z. B. Forschung und Entwicklung versus Finanz- und Rechnungswesen oder Vertrieb). Kein Spitzenmanager kommt jedoch ohne Grundinformationen aus. Gängiges Berichtsmedium ist bislang das Papier. Eine aktuelle Ergänzung hierzu ist TIS (computergestützte Topmanagement-Informationssysteme) im Sinne eines elektronischen Berichtssystems, auch Briefing-Book2 genannt.
•
Sonderinformationen sind diejenigen Informationen, die Spitzenmanager über diese Grundinformationen hinaus brauchen und bekommen, also beispielsweise gesondert angefertigte Stellungnahmen und Berichte, Tagesordnungen mit Unterlagen, Gutachten, Empfehlungsschreiben, mündliche
Briefings etc. Die
Versorgung mit Sonderinformationen erfolgt bislang vorrangig via Papier (Notizen,
Vorlagen,
Berichte
etc.)
oder
gesprächsweise
Vieraugengespräch, Lagebericht im engen Kreis,
(persönliches
Bereichssitzung etc.).
Moderne Medien wie E-Mail oder Electronic Conferencing werden dabei zunehmend genutzt, ihre Bedeutung ist jedoch auch nicht zu überschätzen. Spitzenmanager wollen und brauchen zentrale Elemente ihres Bedarfs in schriftlicher Form und zwar unabhängig davon, ob sie vorab bereits oder anschließend
noch mündlich vermittelt wurden
bzw. werden.
Die von
Spitzenmanagern als optimal erachtete Länge solcher Schriftstücke hängt vom Zweck und ihren Präferenzen ab. Manche lassen sich Details und Hintergründe vor allem mündlich erläutern und sind nicht bereit, sich vorab durch umfangreiches Papierwerk durchzuarbeiten. Andere bevorzugen, sich zunächst auf schriftlicher Basis alleine und in Ruhe einzuarbeiten - vor allem wenn es kritische Themen betrifft. Die schriftlichen Ausarbeitungen, die sie hierzu brauchen,
sind allgemein detaillierterer Art. Auch solche
detaillierteren
Unterlagen sind jedoch im Normalfall auf die Kernanliegen fokussiert und möglichst kurz und präzise gefasst. Manche Spitzenmanager kommen mit relativ wenigen schriftlichen Unterlagen aus. Auf die intensive Kommunikation
42
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
mit Kollegen, Mitarbeitern oder Beratern kann hingegen kein Spitzenmanager verzichten, sei es um verschiedene Meinungen zu hören und zwischen diesen abzuwägen, sei es um sich bestimmte Sachverhalte aus unterschiedlichen Blickwinkeln erklären zu lassen und dabei die Gelegenheit zu haben, persönlich und
unmittelbar
nachzufragen,
sei es um sich über
Hintergründe
oder
Zusammenhänge "verdeckt" zu informieren, sei es um die Meinung von Kollegen zu hören und sich mit diesen im Vorfeld bestimmter Programme auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Sonderinformationen können dabei auf Grundinformationen basieren und diese umfassen oder sich auf vollkommen andere, gegebenenfalls auch gänzlich neue Felder beziehen.
In diesem Sinne ist der Informationsbedarf von Spitzenmanagern insgesamt relativ gut strukturiert und prognostizierbar - was bislang vorherrschenden Lehrmeinungen diametral gegenüber steht.3
Informationsversorgung
Spitzenmanager
werden
Informationsmaschinerie
4
mit
den
Informationen
ihres
Bedarfs
durch
eine
umfassend versorgt. Zu dieser Informationsmaschinerie
werden die Elemente der Versorgung im weitesten Sinne gerechnet, d. h. Stäbe, Linien und Teams, wie auch Berichtsysteme, formelle und informelle Berichtswege, Gespräche, computergestützte Systeme, Handlungsempfehlungen etc.:
•
Jeder Spitzenmanager hat „seine" Informationsmaschinerie. Maschinerie
mit
Unterstützung
seines
Persönlichen
Er führt diese
Stabs,
im
Fall
des
Vorsitzenden oder Sprechers der Spitzenorganisation zudem mit Hilfe des Zentralsekretariats.
Abb.
5.3
stellt
das
Zusammenwirken
Informationsaustausch zwischen Spitzenmanagern
und ihren
und
den
Informations-
maschinerien in diesem Sinne dar.
•
Die sonstigen Elemente der Informationsmaschinerie sind (1) die weiteren Elemente der Führungsorganisation des Spitzenmanagers, die ihm entweder 43
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
direkt oder indirekt zuarbeiten und mit Informationen versorgen, sowie (2) seine sonstigen
unternehmensinternen
und
-externen
Verbindungen
und
Informationsquellen (Freunde und Kollegen in anderen Unternehmen, Partner in Verbänden etc.).
Abb. 5.3
Grundmodell der Informationsversorgung SPITZENMANAGER
Mentales Modell
Termindefinition
Informationsbedarf
Termin 1
Termin 2
1
Î
Koordination und Leitung Informationsversorgung Infoerhebung
InfoIrrfbVerarbeitung weiterleitung
INFORMATIONSMASCHINERIE
44
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
•
Die Arbeitsweise der Informationsmaschinerie ist mit hoher Dichte geregelt. Unternehmensexterne Governance
Kodizes
Vorgaben
(Unternehmensverfassung,
etc.) geben
Spitzenorganisation
vor.
unternehmensinterne
Regelungen,
den
Gefüllt
Rahmen
wird wie
auf der
dieser
Satzungen,
Corporate Ebene
Rahmen
der durch
Geschäftsordnungen,
Richtlinien, Aufgabenbeschreibungen etc. Informelle Netzwerke sind in diese formelle Struktur eingepasst. •
Die Informationsmaschinerie hat die Aufgabe, „ihren" Spitzenmanager mit den „richtigen" Informationen zum „richtigen" Zeitpunkt zu versorgen und zwar derart, dass er diese in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit in adäquater Weise verarbeiten kann, über das für ihn Relevante informiert ist und gegebenenfalls
noch Abstimmungen bzw. Korrekturen vornehmen oder
veranlassen kann. Spitzenmanager werden derart gleichsam nach dem „Bienenköniginnen-Prinzip" mit den Informationen ihres Bedarfs versorgt - und dies rund um die Uhr und weltweit.5 •
Viele Termine werden von Spitzenmanagern zusammen mit Vertretern ihrer Informationsmaschinerie (Linienverantwortliche, Experten, Stabsvertreter) wahrgenommen. Ihr Informationsbedarf und ihre Informationsversorgung sind dann entsprechend
zusätzlich
geprägt.
Üblich
ist,
dass
der
Vertreter
der
Informationsmaschinerie die Detailfragen abdeckt und der Spitzenmanager die übergeordneten Belange. •
Den im unmittelbaren Umfeld von Spitzenmanagern arbeitenden Stäben und Linien sind in vielfacher Hinsicht über das normale Maß hinausgehende Anforderungen
gestellt.
Die
Arbeitsabläufe
auf
der
Ebene
des
Spitzenmanagements deshalb als hektisch oder unstrukturiert zu bezeichnen, wäre allerdings unzutreffend. •
Die Abhängigkeit eines Spitzenmanagers von seiner Informationsmaschinerie ist hoch. Dies erfordert Führung und eine gute Personalauswahl. Dessen 45
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
ungeachtet
resultieren daraus
nicht zu vermeidende
Unsicherheiten
und
Einschränkungen (Principal Agent-Dilemma).
•
Der Leistung einer Informationsmaschinerie sind in der Praxis ansonsten dort Grenzen gesetzt, wo der Nutzen einer verbesserten Informationsversorgung unter dem hierfür erforderlichen Aufwand liegt.
•
Ist die Leistung einer Informationsmaschinerie suboptimal, kann dies durch verschiedene Ursachen bedingt sein, wie eine mangelnde Ausgestaltung in personeller
und/oder
materieller
Hinsicht
oder
eine
ungünstige
Informationskultur oder eine besondere Umfelddynamik.
•
Über obige Einschränkungen hinaus sind Spitzenmanager grundsätzlich mit der Problematik konfrontiert, dass die Anliegen und Empfehlungen, die an sie im eigenen oder fremden Interesse herangetragen werden, meist sehr plausibel sind - denn nur so können sie bis auf ihre Ebene vordringen. Trotzdem können sie zu von anderer Seite vorgebrachten Argumenten und Hinweisen im Widerspruch stehen. Für Spitzenmanager ergeben sich daraus Unscharfen in der Beurteilung. Eine ihrer schwierigsten Aufgaben besteht darin, aus der Vielzahl von Argumenten diejenigen herauszufiltern, die nicht nur isoliert betrachtet überzeugend sind, sondern der Sache insgesamt am besten gerecht werden. 6
Exkurs: Computergestützte Topmanagement-Informationssysteme (TIS) In der sich zwischenzeitlich nahezu über fünf Jahrzehnte erstreckenden Diskussion um
TIS
wurden
Spitzenmanagern
immer
wieder
nutzen
sollte,
weitreichende persönlich
Visionen mit
einem
propagiert,
was
es
computergestützten
Informationssystem zu arbeiten. Hinsichtlich der von Spitzenmanagern beklagten Defizite der Informationsversorgung werden von einschlägiger Seite die mit Abb. 5.4 gezeigten Lösungen in Aussicht gestellt.
46
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Abb. 5.4
Defizite der Informationsversorgung und in Aussicht gestellte TIS-Lösung
In Aussicht gestellte TIS-Lösung
Defizite der Informationsversorgung
Zur
1 nformationsüberlad ung
„Intelligente" Systemgestaltung mit „drilldown"-Elementen über verschiedene Hierarchieebenen der Informationsrelevanz hinweg
Mangelnde Übersicht und Transparenz
Übersichtliche Systemgestaltung
Unzureichende Handhabbarkeit der Komplexität
Einfache Navigationsmöglichkeit durch alle Verästelungen des Systems
Ungenügende Früherkennungsmöglichkeit von Risiken und Chancen
Identifikation von Chancen und Risiken durch technisch-basierte Analyseverfahren (On-Line-AnalyticalProcessing etc.)
Vergangenheitsorientierung
Entwicklung von Prognosen und Szenarien
Mangelnde Zeitnähe
TIS gewährleistet als Computersystem bestmögliche Zeitnähe der Information
Principal Agent-Probleme
TIS ist ein zusätzlicher Berichtsweg, was Kontrollmöglichkeiten erweitert und Prinzipal-Agent-Probleme eindämmt
vorherrschenden
Lehrmeinung
gehört,
dass
Spitzenmanager
ihre
Informationsversorgung durch persönliches Arbeiten mit TIS nicht nur nennenswert verbessern, sondern ihre Stäbe und Linien auf diese Weise - wenn nicht 47
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
substituieren -
so zumindest doch wesentlich reduzieren könnten. Dies ist aus
vorliegender Sicht nicht erkennbar. Teil IV führt die Gründe hierfür detailliert aus. 7 Für die weitere Analyse ist an dieser Stelle lediglich festzustellen:
Grundsätzlich macht es für Spitzenmanager nur dann Sinn, persönlich mit TIS zu arbeiten, wenn sie damit ihre Informationsversorgung in einem sinnvollen Nutzen/Aufwandsverhältnis verbessern können. Der Nutzen ergibt sich aus den potentiellen Vorteilen
von TIS
gegenüber
ihrer
Informationsmaschinerie
sowie
aus
dem
zusätzlichen Beitrag zur Deckung des Informationsbedarfs. Der Aufwand ist vor allem
durch
die
Opportunitätskosten
des
Arbeitens
mit
TIS
bestimmt.
Spitzenmanager arbeiten nur dort mit TIS, wo dies in einem sinnvollen Verhältnis steht.
Im
Abgleich
dieser
Spitzenmanager -
Nutzen-/Aufwandsrelation
sind
die
TIS-Potentiale
für
neben der elektronischen Kommunikation (E-Mail, Electronic
Conferencing etc.), deren Anwendung unter Informationsbedarfsaspekten trivial ist für den Regelfall auf einen relativ engen Bereich beschränkt, nämlich den Zugriff auf vorstrukturierte Grundinformationen im Sinne eines Briefing-Books und/oder in Form eines geeignet gestalteten Intranets8.
Andere mit TIS propagierte Anwendung von
Funktionalitäten, wie Modellrechnungen
oder die
Datenbank- oder Büroprogrammen sind für sie ohne Relevanz.
Einerseits kann es nicht Sinn des technischen Fortschritts sein, solche Tätigkeiten an die ohnehin hoch belasteten Spitzenmanager zurückzudelegieren. Hierfür haben sie ihre Informationsmaschinerie. Andererseits können sie zentrale Teile ihres Bedarfs über TIS nicht annähernd abdecken. Die Informationsmaschinerie ist durch TIS weder teilweise noch ganz zu ersetzen. Wenn TIS nur einen engen Bereich des Bedarfs von Spitzenmanagern befriedigen kann, dann sind die Schwachstellen ihrer Informationsversorgung mit TIS aber auch nur
in diesem
engen
Bereich zu
lösen,
nicht insgesamt.
Die
allgemeinen
Informationsdefizite von Spitzenmanagern sind mit TIS auf diese Weise jedenfalls nicht zu überwinden. 48
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Bezogen auf die in Abb. 5.4 aufgelisteten Punkte gilt dies allgemein für das Problem der Informationsüberladung, der mangelnden Übersicht und Transparenz sowie der unzureichenden Handhabbarkeit von Komplexität. Zudem macht es für Spitzenmanager auch keinen Sinn, die mangelnde Früherkennungsmöglichkeit Vergangenheitsorientierung
von
Risiken
herkömmlicher
und
Chancen
oder
Berichtssysteme
die durch
persönliches Erstellen von Prognose- und Szenariomodellen überwinden zu wollen. Die mangelnde Zeitnähe ist zum einen höchstens in dem Bereich zu verbessern, in dem TIS zur Anwendung kommt; zum anderen ist diese in relevanten Bereichen durch notwendige Aufbereitungs-, Abstimmungs- und Verabschiedungsprozesse bedingt, die durch TIS nicht abzukürzen sind. Principal Agent-Probleme sind nicht durch computergestützte
Systeme,
sondern vor allem durch Führung zu lösen. Will die Informationsmaschinerie ihren Spitzenmanager falsch oder unvollständig informieren, kann sie dies auch via TIS. Aus dieser Sicht sind die Potentiale von TIS für Spitzenmanager in quantitativer Hinsicht gering, in qualitativer Hinsicht jedoch nicht zu vernachlässigen. Schließlich ist angesichts der Verantwortung dieser Zielgruppe jede Verbesserung der Informationsversorgung von Bedeutung. Anmerkungen 1
Spitzenmanager machen sich - wie alle Manager - ein ganzheitlich vereinfachendes Bild von ihrem Verantwortungsfeld. Auf Basis dieses Bildes entscheiden sie über die Relevanz der ihnen vorgelegten Informationen und Empfehlungen. Zum einen wird dieses Bild durch die von ihnen wahrgenommenen Termine geprägt. Zum anderen wird ihnen hierzu von ihren Mitarbeitern oftmals ein auf ihren Bedarf speziell zugeschnittenes 49
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Tabellenwerk, z. B. in Form eines kleinen, wöchentlich oder monatlich aktualisierten Handbuchs, erstellt, das sie permanent bei sich führen und z. B. auf Reisen oder auch während Sitzungen, immer wieder zur Hand nehmen, um sich aktuelle Strukturen zu internalisieren. Zudem ist gängig, dass Spitzenmanager sich eigens Termine vorhalten, um ihr mentales Modell fortzuschreiben bzw. zu aktualisieren, was etwa das nachstehende Beispiel des US-Präsidenten Clinton deutlich macht: "The most significant advance in Clinton's management came when his aides carved out three hours of "private time" late each afternoon. During this unstructured segment, he can read, write, nap or hit the putting green on the South Lawn - anything but go to meetings. ... Most important, the afternoon free time has given Clinton a chance to do what White House officials call "processing and synthesizing" the data he is constantly gathering on big decisions." (Time International, February 1994, S. 16) 2
Ein Briefing-Book ist eine technisch vergleichsweise einfache, inhaltlich aber durchaus anspruchsvolle Basisfunktionalität von TIS. Ein Briefing Book umfasst vorstrukturierte Grundinformationen. Wird es auf den Bedarf des Anwenders maßgerecht zugeschnitten, wird es für ihn gleichsam zu einer elektronischen Handbibliothek, mit Hilfe derer er in vertrauter Weise, schnell und einfach auf bestimmte Informationen seines Bedarfs zugreifen kann. TIS vereinigt dabei zwei Vorteile: (a) Die Vorteile des Computers in der Informationsverarbeitung im Allgemeinen - sind die Verarbeitungs- und Auswertungsschritte definiert, und ist der elektronische Datenfluss realisiert, dann ist selbst umfangreichstes Datenmaterial schnell und zuverlässig aufzubereiten und darzustellen, (b) Der spezifische Vorteil moderner Softwaresysteme durch umfangreiche Information schnell und einfach navigieren zu können: •
um eine bestimmte Information schnell abzurufen, z. B. während eines Gesprächs oder bei Durchsicht von Unterlagen (und zwar schneller, und für den Spitzenmanager selbst einfacher, als dies von seinen Mitarbeitern zu leisten wäre; ohne TIS müsste er vielleicht erst seinen Assistenten rufen, dieser wiederum müsste erst die richtigen Unterlagen heraussuchen etc.), oder
•
um nach erster Information schnell weitere Informationen abzufragen, z. B. weil die erste Information den Spitzenmanager noch nicht zufrieden stellt oder bei ihm neue Fragen aufwirft (oft präzisiert sich seine Fragestellung im Zuge eines solchen Prozesses schrittweise, so dass er, wenn er an die Grenzen von TIS stößt, die Fragen, mit denen er sich an seine Mitarbeiter wendet, bereits fokussiert formulieren kann), oder
•
um durch diesen umfangreichen Grundbestand insgesamt schnell und einfach navigieren zu können, z. B. um sein mentales Modell zu aktualisieren oder zu verfeinern. 50
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Spitzenmanager können auf diese Weise mit Hilfe des Computers die Komplexität, mit der sie konfrontiert sind, besser bewältigen als ohne diesen. Der Anteil von TIS an ihrer Informationsversorgung ist dabei in quantitativer Hinsicht zwar als relativ gering anzusetzen, dessen ungeachtet ist dieser Anteil in qualitativer Hinsicht und angesichts der besonderen Verantwortung von Spitzenmanagern doch wertvoll und wichtig. Hinzu kommt, dass die Kosten der Systeme (Hard- und Software) zwischenzeitlich in einer für diese Zielgruppe nicht mehr relevanten Größenordnung liegen. 3
Gängige Lehrmeinung ist, dass der Arbeitsalltag von Managern hektisch und von vielen ad-hoc-Aufgaben durchbrochen sei. Daraus wiederum wird geschlossen, ihr Informationsbedarf sei schlecht strukturiert und im Grunde nicht prognostizierbar (siehe Teil IV).
4
Der Begriff „Informationsmaschinerie" wurde in Analogie zu der in der Regierungslehre gängigen Bezeichnung "machinery of government" gewählt. Die Struktur und Prozesse dieser Regierungsmaschinerie kommen denen der Management- und Informationsmaschinerie von Spitzenmanagern nach vorliegender Einschätzung sehr nahe, was letztlich auch die Begriffe Corporate Governance und Governance (Regierung, Staatsführung etc.) indizieren. Der Grundgedanke der Analogie ist - neben der Vergleichbarkeit der auf diesen Ebenen zu bewältigenden Komplexität - darüber hinaus, dass die Restriktionen des Menschen in der Handhabung von Komplexität typische Grundmuster bezüglich des Aufbaus und der Funktionsweise solcher "Maschinerien" bedingen, d. h. Komplexität auf der Ebene der Regierung eines Staates und der Ebene der Spitzenorganisation eines komplexen Unternehmens letztlich in analoger Weise bewältigt wird. Als Vorteil kommt in vorliegendem Zusammenhang hinzu, dass die Struktur und Arbeitsweise der "machineries of government" in der Regierungslehre ungleich umfangreicher dokumentiert und analysiert sind als in der Managementlehre.
5
In der Managementlehre wird die Existenz dieser Informationsmaschinerie bislang kaum thematisiert. Ganz im Gegenteil: Stäbe werden nicht selten als Ausdruck suboptimaler Organisation betrachtet. Gängige Lehrmeinung ist zudem, dass Spitzenmanager ihre Stäbe und Linien mit TIS nennenswert reduzieren oder gar substituieren könnten (vgl. Teil IV).
6
Kissinger (1979, S. 48) führt in diesem Zusammenhang in seinen Memoiren beispielsweise aus: "Vor meiner Tätigkeit als Berater Kennedys hatte ich wie die meisten Akademiker geglaubt, der Entscheidungsprozess sei in erster Linie eine intellektuelle Sache und man brauche nur in das Büro des Präsidenten zu gehen und ihn von der Richtigkeit der eigenen Auffassung zu überzeugen. Sehr bald aber erkannte ich, dass diese Auffassung ebenso gefährlich unreif wie verbreitet ist. Es ist eine Tatsache, dass in unserem System der Präsident 51
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
die Vollmacht hat, endgültige Entscheidungen zu treffen; er hat eine größere Entscheidungsfreiheit als die Regierungschefs aller anderen großen Länder und das schließt wahrscheinlich sogar die Sowjetunion ein. Aber der Arbeitsplan eines Präsidenten ist so intensiv, dass er für abstrakte Überlegungen nur wenig Zeit hat. Fast jeder der ihn besucht, kommt mit seinen Anliegen im eigenen oder fremden Interesse, und meist sind diese Anliegen sehr plausibel - denn nur dann können diese Leute bis zum ovalen Zimmer vordringen. Deshalb besteht eine der schwierigsten Aufgaben des Präsidenten darin, aus der Vielzahl von Argumenten die herauszufinden, die auch überzeugend sind. Er findet sie aber nicht selbst; sie werden auf niedrigeren Ebenen ausgearbeitet. Daher gründet ein Präsident seine Entscheidungen während seiner Amtszeit außer in extrem kritischen Situationen immer mehr auf das Vertrauen, das er seinen Beratern entgegenbringt. "..., wobei er im direkten Anschluss im Sinne des Principal Agent-Dilemma ergänzt: ...". Die Entscheidung des Präsidenten ist immer das Ergebnis einer Mischung aus eigenem Urteil, Vertrauen zu seinen Mitarbeitern und an einem gewissen Zweifel an ihrer Moral." 7
vgl. Rechkemmer, Topmanagement-Informationssysteme: schaftliche Grundlagen. Stuttgart, 1999
betriebswirt-
8
Ein auf der Internet-Technik basierendes unternehmensinternes Informations- und Kommunikationssystem. Solche Intranets kommen zunehmend zur Anwendung. Querverbindungen bestehen zum Wissensanagement und dem Konzept des sogenannten Knowledge-Enterprise.
Zusammenfassung Spitzenmanager brauchen und bekommen Grund- und Sonderinformationen. Deren Inhalte sind hoch relevant und komplex, dabei teils analytischoperativer, überwiegend aber ganzheitlich-politischer Natur. Der Informationsbedarf von Spitzenmanagern ist insofern gut prognostizierbar, als ihre Termine, die ihren Bedarf bestimmen, mit hohem zeitlichen Vorlauf geplant und inhaltlich festgelegt sind. Spitzenmanager werden durch eine Informationsmaschinerie (Stäbe, Linien, Berater etc.) gleichsam nach dem Bienenköniginnen-Prinzip mit den Informationen ihres Bedarfs versorgt. Für Spitzenmanager ist diese Unterstützung unverzichtbar. Computergestützte Topmanagement-Informationssysteme (TIS) können diese Informationsmaschinerien auch mit weitem Blick in die Zukunft nicht ersetzen. Ihr Beitrag ist im Normalfall - sieht man von dem Bereich der elektronischen Kommunikation ab, der unter Informationsbedarfsaspekten trivial ist - auf einen relativ engen Bereich konzentriert, nämlich den Zugriff auf vorstrukturierte Grundinformationen (Briefing-Book, Intranet etc.).
52
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
6
Informationslücke
Welche Informationslücke ist aus dem bisherigen Befund abzuleiten? Halten wir zunächst nochmals fest: Erstens:
Spitzenmanager
haben
aufgrund
der
Charakteristika
ihrer
Terminplanung einen vergleichsweise gut strukturierten und prognostizierbaren Informationsbedarf. Zweitens: Spitzenmanager werden mit den Informationen ihres Bedarfs umfassend durch eine Informationsmaschinerie versorgt und zwar gleichsam nach dem Bienenköniginnen-Prinzip rund um die Uhr und weltweit. Wenn der
Informationsbedarf von Spitzenmanagern aber überwiegend gut
strukturiert und prognostizierbar ist und ihre Informationsmaschinerie sie gleichsam nach dem Bienenköniginnen-Prinzip mit den Informationen ihres Bedarfs versorgt, dann müssen die allgemein beklagten Defizite durch Probleme verursacht sein, die entweder nicht zu überwinden sind oder die bislang noch nicht erkannt bzw. gelöst wurden. Problembereiche Bindet man die obigen Grundmodelle des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung gemäß Abb. 6.1 in ein ganzheitliches In-/Umfeld ein, werden allgemein folgende potentielle Problembereiche deutlich: Im In-/Umfeld: können kurzfristig Situationen aufkommen, die nicht vorherzusehen sind („11. September", Streiks, technische Störungen etc.). Spitzenmanager können überfordert sein (Fähigkeiten, Erfolgsdruck etc.) und Situationen und Entwicklungen deshalb falsch einschätzen (mentale Modellbildung) bzw. falsche Entscheidungen treffen. 53
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Abb. 6.1 Referenzsystem der Informationsversorgung und des Informationsbedarfs von Spitzenmanagern
UMFELD Volkswirtschaft, Wettbewerb, Zulieferer, Kunden etc.
INFELD Unternehmen, Teilkonzern, Division etc.
SPITZENMANAGER
!
t
54
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Termine können aufgrund der Überforderung eines Spitzenmanagers (oder der Schwächen seines Apparats) nicht adäquat ausgewählt oder wahrgenommen werden. Zudem können Termine natürlich immer auch nicht vorhergesehene und damit nicht vorbereite Richtungen nehmen. Die
Informationsmaschinerie
von
Spitzenmanagern
kann
unzureichend
ausgestattet sein. Die Ursachen können von nicht bereinigten
Altlasten
(Personal, Organisation, Systeme etc.) bis hin zu Budgetrestriktionen etc. reichen. Denkbar sind aber auch Leistungsdefizite aufgrund
mangelnder
Motivation, interner Führung, Principal Agent-Problemen oder konzeptioneller Schwächen. Spitzenmanaaer und Informationsmaschinerie: Spitzenmanager können ihre Informationsversorgung
zu
sehr
als
„Bringschuld"
begreifen
und
ihre
Maschinerie nicht hinreichend aktiv fordern. Umgekehrt ist es möglich, dass die Vertreter der Informationsmaschinerie nicht in der Lage sind, die Ziele und Schwerpunktsetzungen
„ihres" Spitzenmanagers
und damit auch
dessen
Informationsbedarf nachzuvollziehen.
Spitzenmanaqer/Informationsmaschinerie und In-/Umfeld: Spitzenmanager und ihre Informationsmaschinerien können Veränderungen im In-/Umfeld übersehen oder falsch einschätzen, wie etwa die herausragende Bedeutung einer neuen Technologie (z. B. das Internet) oder allgemeine Marktveränderungen (z. B. Rezession,
Globalisierung
etc.).
Umgekehrt
kann
das
In-/Umfeld
einen
Spitzenmanager vor Aufgaben stellen, die praktisch nicht zu lösen sind, ohne dass dies bei einzelnen Gruppen auf Widerstand oder Unverständnis stößt.
Nun werden in Theorie und Praxis zwar zahlreiche Anstrengungen unternommen, diesen Problemen entgegenzuwirken, erfahrungsgemäß ist dabei allerdings ein gleichsam natürliches Niveau an empfundener oder tatsächlicher Suboptimalität nicht zu vermeiden:
55
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Die Möglichkeiten des Menschen als informationsverarbeitendes System sind begrenzt. Seine Prognosefähigkeit ist eingeschränkt. Principal Agent-Probleme sind systemimmanent. Selbst kritische Entscheidungen sind letztlich unter Unsicherheit zu treffen. Spitzenmanager können dies als Suboptimalität empfinden, auch wenn hier tatsächlich eher Persönlichkeit und Führungskraft gefordert ist. Hinzu kommen können operationelle und konzeptionelle Einschränkungen: Operationelle Belange sind in der Praxis überwiegend mit Kompromissen verbunden. Dies gilt gleichermaßen für die Besetzung von Spitzenmanagementpositionen wie für die Ausgestaltung der Informationsmaschinerie. Zudem scheint auf der Ebene des Spitzenmanagements eine gleichsam natürliche Tendenz der Informationsüberflutung gegeben zu sein, wodurch das Empfinden der Suboptimalität der Informationsversorgung nahezu naturgesetzlich mit ansteigt
(Internationalisierung
der
Märkte,
vermehrt
dezentralisierte
Organisationsformen, steigende Zahl interner und externer Vernetzungen, Informationsexplosion durch die „Maschinisierung" des Informationsfaktors etc.). Dem Bedarf an zeitgerechten Informationen wiederum steht gegenüber, dass es für manche Berichte keine Alternative gibt, als dass sie teils auf mehrere Wochen alten Rohdaten basieren. Ihre Erhebung, Verdichtung, Aufbereitung und Verabschiedung in den relevanten vorgelagerten Gremien ist nicht schneller zu schaffen.
Konzeptionelle Defizite sind in unserer dynamischen Welt unumgänglich. Teils geht die Theorieentwicklung der Realität voraus, teils läuft sie ihr nach. Hinzu kommt speziell für die Managementlehre, dass deren Erkenntnisgegenstand sich höchst dynamisch entwickelt und immer wieder neue Herausforderungen stellt.
56
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Fokus der weiteren Analyse Um zu den Ansatzpunkten der Verbesserung der Informationsversorgung von Spitzenmanagern vorzudringen, wird gemäß Abb. 6.2 zunächst weiter zwischen subjektiv empfundenen und objektiven Defiziten unterschieden. Letztere wiederum werden in einen operationeilen und einen konzeptionellen Bereich geteilt, wobei davon auszugehen ist, dass das subjektive Empfinden von Informationsdefiziten durch die objektiven Ausgestaltung der Informationsversorgung mitbestimmt ist: Sind die objektiven Elemente bestmöglich gestaltet, stärkt dies im Normalfall auch die subjektive Disposition. Abb. 6.2
Allgemeine Ursachen der Defizite der Informationsversorgung
SUBJEKTIVE DEFIZITE
OBJEKTIVE DEFIZITE operationell
Restriktionen des Menschen als informationsverarbeitendes System Persönlichkeitsmerkmale
Suboptimalität von Organisation, Führung etc. Principal-AgentProbleme
konzeptionell Schwachstellen der Theoriebildung (Informationsinhalte, Informationsprozesse etc.)
Sonstige Praxisrestriktionen und -kompromisse
Ausgehend von dieser Differenzierung wird die weitere Analyse auf die inhaltliche Verbesserung der Informationsversorgung von Spitzenmanagern im konzeptionellen Bereich fokussiert, was, wie Teil III zeigen wird, die Möglichkeit der Überbrückung situativer Defizite auf anderen Ebenen nicht ausschließt.
57
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
Für die Suche nach neuen Lösungen in diesem konzeptionellen Bereich sind im Rahmen der vorliegenden Analyse fürs
Erste zwei Überlegungen
richtungs-
bestimmend:
•
Primärere Orientierungspunkte der Verbesserung der Informationsversorgung von Spitzenmanagern sind die von diesen beklagten Defizite, wie ungenügende Früherkennung Transparenz,
von
Risiken
und
Chancen,
Informationsüberladung,
mangelnde
unzureichende
Übersicht
und
Handhabbarkeit
der
Komplexität, Vergangenheitsorientierung, mangelnde Zeitnähe, Scheinexaktheit und Prinicipal Agent-Probleme.
•
Grundlegender Ansatzpunkt der Verbesserung ist der Bereich der Grundinformationen. Sonderinformationen basieren entweder auf diesen, oder werden durch die Informationsmaschinerie sonstig erstellt.
Hinzu
kommt
eine Abgrenzung
gegenüber TIS: Ein zentrales
Element
der
Diskussionen um TIS ist das Konzept des „Gläsernen Unternehmens". Unterstellt wird, dass es von Vorteil sei, auf alle nachgeordneten Ebenen durchgreifen zu können. Nun mag ein solcher Durchgriff für operativ eingebundene Manager nützlich sein, für Spitzenmanagern ist er es im Regelfall nicht. Ihre Informationsversorgung ist nicht durch die Erweiterung bestehender Systeme "nach unten" in vermehrte Details zu verbessern - letztendlich würde dies ihre Informationsüberladung nur noch verstärken -, sondern gerade umgekehrt durch Erweiterungen "nach oben" in eine vermehrte Ganzheitlichkeit. 1 Hier
zeigt
sich
ein
Bedarf
an
einem
neuen,
qualitativ
orientierten
Informationskonzept an einer Stelle, an der die bisherige Informationsversorgung gleichsam in eine Wissensversorgung übergeht.
Würde Spitzenmanagern auf diese Weise die Möglichkeit gegeben, sich in erster Approximation auf das übergeordnete Ganze zu konzentrieren, könnten sie zunächst Überblick gewinnen und anschließend - soweit erforderlich - ihrem Bedarf an 58
Teil II Was ist die Informationslücke von Spitzenmanagern?
weiteren Informationen zu bestimmten Feldern in fokussierter Weise nachgehen. Dies würde den Umfang der von ihnen aufzunehmenden und zu verarbeitenden Daten wesentlich reduzieren und damit auch ihre Informationsversorgung insgesamt signifikant verbessern. Anmerkungen 1
vgl. Rechkemmer, Topmanagement-Informationssysteme: schaftliche Grundlagen. Stuttgart, 1999
betriebswirt-
Zusammenfassung Wird ein gut strukturierter und prognostizierbarer Informationsbedarf durch die Informationsmaschinerie nicht befriedigt, muss die Informationslücke von Spitzenmanagern durch spezifische Probleme verursacht sein: Ansatzpunkte der weiteren konzeptionellen Optimierung werden im Bereich der Grundinformationen verfolgt. Die im TIS-Zusammenhang unterstellte Möglichkeit der Verbesserung durch die Erweiterung traditioneller Grundinformationssysteme "nach unten" in vermehrte Details wird allerdings als nicht zielführend erachtet. Angestrebt wird vielmehr deren Erweiterung "nach oben" in eine vermehrte Ganzheitlichkeit und zwar an einer Stelle, an der Informations- in Wissensversorgung übergeht.
59
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Teil III
Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
61
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Aufbauend auf den obigen Überlegungen wird nachstehend ein neues Konzept eines Informations- und Früherkennungssystems vorgestellt, fortan Corporate Governance Information and Forecasting System (CGIFOS1) genannt. Das
mit
CGIFOS
primär
verfolgte
Ziel
ist
es,
den
Defiziten
der
Informationsversorgung von Spitzenmanagern entgegenzuwirken, diese Informationsversorgung zu verbessern, (vgl. Abb. 7.1). Allgemein ist das Grundkonzept von CGIFOS überall dort von Nutzen, wo Verantwortung in hoher Komplexität zu tragen ist. Abb. 7.1
CGIFOS: konzeptionelle Lücke und Überladung
INFORMATIONSBEDARF
CGIFOS
®
INFORMATIONSVERSORGUNG
Der
Weg
hin
zu
meinungsführender
CGIFOS Seite
führte
positiv
über
mehrere
aufgenommen
Vorentwürfe, 2
wurden.
Die
die
von
vorliegende
Darstellung des Konzepts ist an den für ein Lehrbuch üblichen Vorgaben orientiert.3
63
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Anmerkungen 1 '
CGIFOS
®
ist eine eingetragene Marke.
2
vgl. Rechkemmer, K., Qualitatives Rechnungswesen - Grundzüge aus Sicht der Wirtschaftsinformatik, WIRTSCHAFTSINFORMATIK, 40 (1998) 5, S. 380 -385. Rechkemmer, K., Topmanagement-Informationssysteme: betriebswirtschaftliche Grundlagen, Stuttgart, 1999, S. 83-89 Mertens, P., Griese, J., 2002, Integrierte Informationsverarbeitung 2, Planungs- und Kontrollsysteme in der Industrie, 9. Auflage, S. 233 f.
3
Die Implementierung und der Betrieb von CGIFOS in der Praxis werden durch spezifische Services inkl. umfassender Aus- und Fortbildungsprogramme unterstützt: [email protected]
64
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
7
Ausgangspunkte
Die vorliegend betrachteten Spitzenmanager agieren in einem In-/Umfeld, dessen Komplexität mit der von Volkswirtschaften vergleichbar ist. Folgerichtig liegt es nahe, auf volkswirtschaftlicher Ebene bewährte Verfahren der Komplexitätsbewältigung insbesondere der Konjunkturanalyse und -prognose - auch für diese Zielgruppe zu nutzen. Vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Überlegungen bieten sich hierfür die qualitativen Wirtschaftserhebungen des Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München, in besondererweise an.1 Typisch für die Art der Ifo-Abfragen ist der mit Abb. 7.2 dargestellte Fragekatalog. Abb. 7.2
Auszug aus dem Ifo-Konjunkturtest
Beurteilung und Entwicklung im Monat Wir beurteilen unsere Geschäftslage für XY z. Z. als gut befriedigend bzw. saisonüblich schlecht
O O O
Pläne und Erwartungen Unsere Geschäftslage für XY wird in den nächsten 6 Monaten in konjunktureller Hinsicht - also unter Ausschaltung rein saisonaler Schwankungen O O O
eher günstiger etwa gleich bleiben eher ungünstiger
Quelle: Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung
65
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Auffällig und zugleich kennzeichnend ist die Einfachheit der Fragen. Angestrebt wird die Erhebung der ganzheitlichen Einschätzungen der Entscheidungsträger und nicht die buchhalterisch exakte Abbildung im Detail. Die qualitativen Ifo-Konjunkturdaten werden monatlich in allen volkswirtschaftlich relevanten Sektoren in Form von Stichproben erhoben. Die Rückmeldungen werden nach der einfachen Saldenmethode, die sich in der Praxis hierfür bewährt und durchgesetzt hat, quantifiziert und in Beurteilungs-, Erwartungs- und Klimaindizes übergeführt: Als erstes werden die gemeldeten Antworten in eine "-1, 0, +1"-Skala umgesetzt. Als nächstes werden diese Skalenwerte entsprechend der Größe des jeweiligen
Unternehmens
innerhalb
des
betrachteten
Segments
gewichtet.
Anschließend werden die gewichteten Skalenwerte saldiert. Schließlich werden die dabei ermittelten Salden als Indizes ausgewiesen und zwar einfach in Form des Prozentanteiles gegenüber dem jeweils maximal zu erreichenden Wert (vgl. Abb. 7.3). Abb. 7.3
Qualitative Ifo-Zeitreihen
Geschäftsklima
+
2000
2001
2002
2003
in Anlehnung an Ifo Wirtschaftskonjunktur, Monatsberichte
66
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Bezüglich der Aussagequalität der Ifo-Verfahren ist einerseits einschränkend festzustellen:
(a)
Beurteilungen
an
Konjunkturwendepunkten
sind
meist
unzuverlässiger als in längeren Perioden des Auf- oder Abschwungs. (b) Kurzfristige Antizipationen sind zuverlässiger als langfristige - und die Eintreffwahrscheinlichkeit beider variiert mit den Turbulenzen im Umfeld, (c) Voraussagen für sogenannte Instrumentvariablen (z. B. Produktion) fallen besser aus als für Erwartungsvariablen (z. B. Nachfrage). Hinzu kommen teils allgemeine, teils spezifisch auf der Makroebene geltende Einschränkungen,
wie:
(d)
Die
qualitativen
Abfragen
sind
keine
Repräsentativerhebungen; dies ist bei den auf freiwilliger Basis durchgeführten Umfragen nicht realisierbar; eine Berechnung von Fehlergrenzen ist damit nicht möglich, (e) Kategorien wie "mehr", "etwa gleich" oder "weniger" sind unscharf; z. B. kann ein geplanter Absatzanstieg von 1 % der Kategorie "mehr" oder auch "etwa gleich" zugeordnet werden, (f) Die Kompetenz der befragten Firmen und Personen ist im Einzelfall ungeprüft. So können beispielsweise mittelfristige Investitions-'Pläne" von Firmen abgefragt werden, die ihre Investitionen nur kurzfristig konkret planen. Gleichermaßen kann die objektive und subjektive Antizipationsfähigkeit situativ variieren: die objektive Antizipationsfähigkeit beispielsweise nach vertikalem Standort des Unternehmens (verbrauchsnah oder verbrauchsfern) oder nach Art des Produktionszweiges (z. B. Mode- oder wetterabhängige Branchen); die subjektive Antizipationsfähigkeit
beispielsweise
nach dem
Grad der
Informiertheit
des
Befragten, dessen Ausbildung, dessen Fingerspitzengefühl oder seiner Bereitschaft, entsprechende Informationen zu geben (geheime Projekte; Abneigung gegen Fragen, die den Gewinn betreffen etc.). Dessen ungeachtet ist andererseits festzustellen, dass die qualitativen ifo-Abfragen sich zwischenzeitlich als Instrument der Konjunkturanalyse und -prognose bestens bewährt haben. Die qualitativen Indizes bilden das ökonomische Geschehen signifikant ab und erweitern dabei nicht nur das Informationsspektrum
des
Beobachters um ganzheitliche Aspekte, sondern wirken auch als Frühindikatoren, die die Perzeption aktueller Ereignisse oder kurzfristig erwarteter Veränderungen
67
Teil III Wie ist die Iriformationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
(Streiks, politische Umbrüche etc.) zum Ausdruck bringen. Hinzu kommt, dass die Ifo-Daten vergleichsweise kostengünstig, flexibel und schnell zu ermitteln und in transparenter Form zu berichten sind, was ihre Zeitnähe und Aussagekraft zusätzlich erhöht. Die
Vorteile
der
qualitativen
Ifo-Erhebungen
stehen
den
Defiziten
der
Informationsversorgung von Spitzenmanagern offensichtlich ergänzend gegenüber. Somit liegt nahe, deren herkömmliche Berichtssysteme analog mit einem auf betriebswirtschaftliche Belange angepassten Ansatz zu ergänzen.
Anmerkungen 1
Das in 1949 gegründete Ifo-Institut hat wesentliche Pionierarbeiten auf dem Gebiet qualitativer Konjunkturerhebungen geleistet und nimmt auch heute noch eine weltweite Führungsrolle in diesem Bereich ein. Dargestellt werden die Ifo-Vorgehensweisen und -Erfahrungen u.a. in: Oppenländer, K. H., Poser, G. (Hrsg.): Handbuch der Ifo-Umfragen. Berlin, 1989.
Zusammenfassung Die von Spitzenmanagern zu bewältigende Komplexität ist mit der von Volkswirtschaften zu vergleichen. Folgerichtig liegt es nahe, auf volkswirtschaftlicher Ebene bewährte Verfahren der Komplexitätsbewältigung nach entsprechender Anpassung auch auf der Ebene des Spitzenmanagements zu nutzen. Die qualitativen Ifo-Erhebungen bieten sich hierfür in besonderer Weise an. Ihre Vorteile stehen den Defiziten der Informationsversorgung von Spitzenmanagern diametral gegenüber.
68
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
8
Grundkonzept: CGIFOS
CGIFOS ist ein analog zu den Ifo-Verfahren entwickeltes, ganzheitlich-qualitative Grundinformationen umfassendes Konzept. Im Mittelpunkt von CGIFOS steht die systematische Erhebung, Verarbeitung und Berichterstattung des Wissens ausgewählter
Führungskräfte um die aktuelle
Situation und die weitere Entwicklung ihres Verantwortungsbereichs auf Basis eines den situativen
Erfordernissen „maßgeschneidert"
angepassten
Fragekatalogs.
CGIFOS kann und soll bisherige Berichtssysteme nicht ersetzen, sondern sie „nach oben" ergänzen und zwar an der Stelle, an der Information in Wissen übergeht, (vgl. Abb. 8.1).
Abb. 8.1 CGIFOS
CGIFOS
/ Traditionelle \ Information ' Grundinformationssysteme
69
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Eckpunkte Die Eckpunkte des CGIFOS-Konzepts sind in zwei Dimensionen zu skizzieren: Prozess und Inhalte (vgl. Abb. 8.2). Abb. 8.2 CGIFOS - Eckpunkte des Konzepts Prozess
Inhalte
direkte Informationsverantwortung
qualitativ-ganzheitlich
mehrstufige Ermittlung
zukunftsorientiert
Saldenmethode und situatives Rechensystem
„einfach-intelligenter" Fragekatalog
Zielgruppenfokussierung
Zeitpunkt- und ZeitreihenInformation
Top-down-Orientierung
maßgeschneidert
flexibler Erhebungsrhythmus
qualitative versus quantitative Zeitreihen
schnell und kostengünstig
Geschäfte und Projekte
Prozess Direkte Informationsverantwortung Ein Grundprinzip von CGIFOS ist, dass die Fragen von denjenigen Führungskräften persönlich beantwortet werden, die für den abgefragten Bereich zuständig sind, also beispielsweise die Leiter von Geschäftsbereichen, die Finanz- oder Vertriebschefs von Beteiligungsgesellschaften, die Leiter von Projekten etc. Die ausgewählten Führungskräfte sind für die Richtigkeit ihrer Angaben unmittelbar verantwortlich.
70
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Mehrstufige Ermittlung Die Ermittlung
der CGIFOS-Ergebnisse
folgt der üblichen
Vorgehensweise:
Datenerhebung, Datenverarbeitung, Ergebnisaufbereitung und Ergebnisbericht. Die Datenerhebung erfolgt auf Basis eines den Zielen des Systems gemäß definierten Fragekatalogs. Die Befragten leiten ihre Antworten an die Stelle weiter (z. B. via Fax oder E-Mail), die diese auswertet und in einen Ergebnisbericht überführt. Der Ergebnisbericht wird - ggf. kurz kommentiert - dem Spitzenmanager tagesaktuell vorgelegt. Saldenmethode und situatives Rechensvstem Für die Verarbeitung der qualitativen Abfragen ist die vergleichsweise einfach zu handhabende Saldenmethode anzuwenden. Das zugrundeliegende Rechenmodell ist den situativ gegebenen Strukturen anzupassen. Die Abfragen sind vorab derart zu gestalten, dass die Einzelwerte zu einer übergreifenden Bewertung hochgerechnet werden können, wie etwa die Geschäftsklimawerte einzelner Tochtergesellschaften zu dem "Unternehmensklima insgesamt". Zielgruppenfokussierung CGIFOS soll die Defizite der Informationsversorgung „seines" Spitzenmanagers überwinden. Dass die hierfür entwickelte CGIFOS-Anwendung auch anderen Gruppen nutzen kann, ist wahrscheinlich, darf aber die Erreichung des eigentlichen Ziels nicht beeinträchtigen. Top-down-Orientierung CGIFOS ist entsprechend seiner Zielgruppenfokussierung konsequent top-down zu orientieren. Methodisch ist die Möglichkeit hierzu durch die Unabhängigkeit des Ansatzes von Vorsystemen gewährleistet. Flexibler Erhebungsrhvthmus Wöchentliche oder monatliche Erhebungen sind der Normalfall. Gleichwohl können in spezifischen Feldern oder in Krisensituationen auch kurzfristigere - im Extrem selbst stündliche - Erhebungen sinnvoll sein.
71
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Schnell und kostengünstig CGIFOS ist schnell und kostengünstig zu entwickeln, einzuführen und zu betreiben und dies bei Bedarf weltweit. Als Einstieg ist die Entwicklung eines Pilotsystems zu empfehlen, das gemäß den Vorgaben des Spitzenmanagers iterativ so lange fortentwickelt wird, bis es dessen Vorstellungen entspricht.
Inhalte Qualitativ-ganzheitlich CGIFOS erhebt die übergreifenden Einschätzungen der Verantwortungsträger in qualitativ-ganzheitlicher Form. Operativ-analytische Details sind bottom-up über die herkömmlichen Rechnungslegungssysteme zu ergänzen. Zukunftsorientiert Abgefragt wird sowohl das Wissen um die aktuelle Lage wie auch die Einschätzung der Entwicklung in der Zukunft. Beide Abfragen sind durch eine geeignete Saldierung zu einem Klimawert mit entsprechender Frühindikatorqualität zusammenzufassen. „Einfach-intelligenter" Fragekataloq Der Fragekatalog ist möglichst unkompliziert und auf das Wesentliche konzentriert zu gestalten. Wird CGIFOS überstrapaziert, z. B. durch zu viele oder zu komplizierte Fragen, verliert es an Fokus und Akzeptanz. Entsprechendes gilt für den Aufbau der Fragen. Er sollte möglichst übersichtlich und einheitlich sein. Eine Beschränkung auf die "Beurteilung der aktuellen Lage" und die Einschätzung der "Entwicklung in den nächsten Wochen oder Monaten" mit Antworten in Kategorien wie "gut, zufriedenstellend,
schlecht"
bzw.
"besser,
gleich,
schlechter"
ist
allgemein
hinreichend. Das System darf nicht überfrachtet werden. Das Ziel ist der qualitativganzheitliche Überblick und nicht die buchhalterische Detailinformation. Zeitpunkt- und Zeitreihen-Information Die im Rahmen von CGIFOS ermittelten Ergebnisse sind sowohl als Zeitpunkt- wie auch als Zeitreihen-Information relevant. Die Zeitpunkt-bezogene Darstellung gibt
72
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Aufschluss über die aktuelle Einschätzung der Lage, wobei - beispielsweise im Rahmen einer Ampeldarstellung - die Situation in verschiedenen Feldern auf einen Blick überschaubar zu machen ist (vgl. Abb. 10.2). Die
Zeitreihen-bezogene
Darstellung gibt einerseits Auskunft über die Entwicklung der Einschätzungen in der Zeit. Andererseits zeigt sie die Qualität dieser Einschätzungen auf, wozu die qualitativen
Indizes
um
die
nachlaufenden
korrespondierenden
quantitativen
Zeitreihen zu ergänzen sind (vgl. Abb. 10.3 und 10.4). Maßgeschneidert Jede
CGIFOS-Anwendung
Spitzenmanagers
ist
auszurichten.
maßgeschneidert Was
dieser
auf
Bedarf
den
umfasst,
Bedarfs ist
in
„ihres" direkter
Abstimmung mit dem Spitzenmanager zu definieren.
Qualitative und quantitative Zeitreihen Die Korrelation1 zwischen den qualitativen Zeitreihen und den korrespondierenden Zahlen des traditionellen Rechnungswesens zeigt die Qualität der „vorauslaufenden Einschätzung" im Vergleich mit dem „nachlaufenden Ist", wobei die Ist-Zahlen den Indexwerten vielfach mit deutlichem Abstand folgen2. Aus der Korrelation zwischen beiden Zeitreihen sind weitere wichtige Informationen abzuleiten:
1. Die Korrelation ist hoch. Das heißt, die Einschätzungen waren bislang signifikant. Die aktuellen Werte dürften ebenfalls hohe Eintreffwahrscheinlichkeit haben. Der Entscheidungsträger schätzt die Entwicklung offensichtlich zutreffend ein - ob er, beispielsweise bei ungünstigen Entwicklungen, die Lage auch „im Griff' hat, ist damit allerdings noch nicht sicher.
2. Die Korrelation ist niedrig. Das heißt, die Einschätzungen waren nicht zutreffend und werden dies wahrscheinlich auch weiterhin nicht sein. Ursache hierfür kann dreierlei sein: (a)
Die Situation ist derart turbulent, dass die Entwicklung nur zufällig richtig einzuschätzen ist.
73
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
(b)
Der Verantwortungsträger ist inkompetent.
(c)
Der Verantwortungsträger kennt die tatsächliche Entwicklung, informiert darüber aber nicht entsprechend.
Im Fall von (a) sind gemeinsame Aktionen zur Sicherung der Interessen erforderlich. In den Fällen von (b) und (c) kommt es normalenweise zu Personalmaßnahmen. Geschäfte und Projekte Eine Kemanwendung von CGIFOS
ist das Monitoring der Entwicklung
Geschäften (Beteiligungen, Geschäftsfelder,
Regionen,
von
Funktionsbereiche etc.)
und/oder Projekten (Mergers & Aquisitions, Reorganisationen, kritische technische Neuentwicklungen etc.). Weitere Anwendungsfelder sind möglich und fallweise zu bestimmen (vgl. Kapitel 10). Wechselbeziehungen zur Managementlehre Das CGIFOS-Konzept weist in dieser Form u. a. folgende Wechselbeziehungen zur Managementlehre auf: •
Aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik und der einschlägigen MIS-Literatur steht CGIFOS für ein ausschließlich an dem Bedarf des
Spitzenmanagements
orientiertes Konzept; die Innovationen der Informations- und Kommunikationstechnik sind für die Konzeptentwicklung kein relevanter Orientierungspunkt. 3
•
Aus Sicht des Strategischen Informationsmanaqements steht CGIFOS für die Dimension der Früherkennung von Risiken und Chancen(vgl. Abb. 8.3).4
•
Aus Sicht des Wissensmanagements steht CGIFOS für die Fortentwicklung der Informationsversorgung des Spitzenmanagements hin zu einer sorgung.5
74
Wissensver-
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
•
Aus Sicht der "weak signals" und des ungerichteten strategischen "environmental scanning" des Strategischen Managements steht CGIFOS für die systematische Erhebung, Verarbeitung und Dokumentation der Urteile und Erwartungen relevanter Verantwortungsträger bezüglich kritischer Entwicklungen und Projekte mit kurz- bis mittelfristigem Zeithorizont.6
Abb. 8.3 Geschäftsrahmen strategischer Information Wertbeiträge Kunden und Märkte
RisikoManagement
•
Früherkennung von Transaktionen, Risiken und Chancen (Absatz, Finanzen, Prozesse etc.)
Kostenreduzierung
Prozesse
Schaffung neuer Realitäten Neue Produkte, neue Dienstleistungen, neue Geschäftsideen Quelle: Marchand, IMD •
Aus Sicht des Konzepts Integriertes Management steht CGIFOS für eine integrale Information qualitativer Art zu einer komplexen Problemlage in Ergänzung herkömmlicher quantitativer und qualitativer Daten.7
•
Aus Sicht der Principal Agent-Theorie steht CGIFOS für den Versuch der Überwindung „versteckter" oder falscher Information durch ein fokussiert-
75
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
einfaches und damit höchst transparentes System einhergehend mit direkter Zuordnung von Informationsverantwortung auf zuständiger Ebene. 8 •
Aus Sicht des Enterprise Information-Managements steht CGIFOS für ein von herkömmlichen Datenmanagement-Problemen unabhängiges Konzept.
•
losgelöstes, von Vorsystemen
9
Aus Sicht des Risiko-Managements steht CGIFOS für die frühzeitige Identifikation von Risiken (und Chancen) in top-down als relevant identifizierten Kategorien.10
•
Aus Sicht des Konzepts des Real-Time-Management bzw. des Real-TimeEnterprise steht CGIFOS für ein Konzept kritischer Führungsinformationen mit höchstmöglicher Zeitnähe. 11
•
Aus Sicht der Balanced Scorecard steht CGIFOS für die Zusammenfassung operativ relevanter Einzelperspektiven auf quantitativer und qualitativer Basis zu ganzheitlich-übergreifenden Wertungen in Kategorien wie "gut, befriedigend, schlecht" und ist in diesem Sinne der nächste Schritt über die Balanced Scorecard hinaus.12
Anmerkungen 1
„Korrelation" ist ein statistisches Maß, das die Gleich- bzw. Gegenläufigkeit der Entwicklung zweier Variablen erfasst. Bei einem Wert von +1 verläuft die Entwicklung völlig gleichgerichtet, bei einem Wert von - 1 völlig entgegengesetzt.
2
Der deutsche Corporate Governance-Kodex beispielsweise fordert, dass der Konzernabschluss binnen 90 Tagen und die Zwischenberichte binnen 45 Tagen vorliegen (vgl. Abb. 2.1). Dies dürfte allgemein das Maximum nach oben sein. Unternehmensintern liegen die Zahlen naturgemäß früher vor, wobei nach Branche und Beobachtungsfeld wesentliche Unterschiede bestehen können.
3
vgl. Rechkemmer, Topmanagement-Informationssysteme: schaftliche Grundlagen. Stuttgart, 1999
76
betriebswirt-
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
4
Marchand, D. A. (ed.): Competing with Information A Manager's Guide to Creating Business Value with Information Content. Chichester. 2000
5
vgl. u.a. Willke, H.: Systemisches Wissensmanagement, Stuttgart, 1998
6
vgl. u.a. Bea, F.X., Haas, J. H., Strategisches Management. 2. Auflage, Stuttgart, 1997
7
Bleicher, K.: Das Konzept Integriertes Management, 2. Aufl., Frankfurt, New York, 1992
8
vgl. u.a. Weston, J.R., Siu, J. A., Johnson, B.A., Takeovers, Restructuring & Corporate Governance, 3rd ed., New Jersey. 2001,
9
vgl. u.a. Davenport, T. H.: Saving IT's Soul: A new aaproach to information promises buisness benefits that few managers could concieve of when focusing strictly on technology. In: Harvard Business Review, March-April, 1994
10
Das Konzept des "Realtime Enterprise" erreicht aktuell den Softwaremarkt: Vgl. u. a. Scheer Magzin, August, 2002. Ansonsten geht die Diskussion um Real-Time-Management bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. (Vgl. u. a. Dearden, J.: Myth of Real-Time-Management. In: Harvard Business Review, May-June, 1966.)
11
vgl. u.a. Schierenbeck, H., Lister, M.: Value Controlling, München, Wien, 2. Auflage, 2002
12
Kaplan, R.S., Norton, D.P: The Balanced Scorecard. Boston, 1996 Ein interessantes Beispiel der Fortschreibung der Balanced Scorecard in der Richtung von CGIFOS ist das durch den President's Management Council in den USA definierte Scoring System (vgl. www.results.gov)
Zusammenfassung CGIFOS (Corporate Governance Information and Forecasting System) ist ein in Anlehnung an auf volkswirtschaftlicher Ebene bewährte Verfahren der Komplexitätsbewältigung entwickeltes Konzept eines Informations- und Früherkennungssystems für Spitzenmanager. CGIFOS soll herkömmliche Grundinformationssysteme nicht ersetzt, sondern ergänzen. Allgemein ist CGIFOS in all jenen Situationen nützlich, in denen Verantwortung in hoher Komplexität wahrzunehmen ist.
77
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
9
Nutzen
Spitzenmanager interessiert an CGIFOS erfahrungsgemäß dreierlei: Was nutzt es? Was kostet es? Und wie schnell kann man es haben?
Die beiden letzten Fragen sind einfach zu beantworten: CGIFOS ist schnell und flexibel zu realisieren - dies selbst als weltweites System. Die Kosten sind gering, im Vergleich zu traditionellen Grundinformationssystemen geradezu vernachlässigbar. Die Frage des Nutzens hingegen ist mehrschichtiger zu behandeln. A priori sind zwei Fälle zu unterscheiden:
(1)
Die herkömmlichen Grundinformationssysteme eines Spitzenmanagers sind optimal. CGIFOS trägt zur Verschiebung von deren Grenzen und damit zur Überwindung der konzeptionellen Defizite der Informationsversorgung von Spitzenmanagern bei.
(2)
Die herkömmlichen Grundinformationssysteme eines Spitzenmanagers haben Schwachstellen. CGIFOS nutzt darüber hinaus diese zu überbrücken.
Mit dieser Unterscheidung ist die Informationslücke von Spitzenmanagern weiter in zwei Kategorien zu trennen (vgl. Abb. 9.1):
Die
Informationslücke
1 ist allgemein
gegeben
und
resultiert
aus
den
konzeptionellen Grenzen herkömmlicher Grundinformationssysteme. Ihr werden vorliegend
die
von
Spitzenmanagern
allgemein
beklagten
Defizite
der
Informationsversorgung zugeordnet, wie ungenügende Früherkennung von Risiken
und
Chancen,
Informationsüberladung,
mangelnde
unzureichende
Vergangenheitsorientierung,
mangelnde
Übersicht
und
Handhabbarkeit Zeitnähe,
der
Transparenz, Komplexität,
Scheinexaktheit
und
verschiedene Principal Agent-Probleme (vgl. Kapitel 3).
Die Informationslücke 2 ist situativ bestimmt und resultiert aus operationeilen Suboptimalitäten der vorhandenen Grundinformationssysteme.
78
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 9.1 Informationslücken 1 und 2
CGIFOS
Informationslücke 1 „Grenzen" Informationslücke 2 „Schwachstellen"
gegebene Grundinformationssysteme
V
Was sind die Ursachen der Defizite herkömmlicher Grundinformationssysteme und wie wirkt CGIFOS diesen Ursachen entgegen? Nachstehend werden zunächst die aus vorliegender Sicht vorrangigen Defizite dieser Systeme im Raster der Informationslücken 1 und 2 zusammengefasst (vgl. Abb. 9.2):
79
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 9.2 Ursachen der Defizite herkömmlicher Grundinformationssysteme
Informationslücke 1
Informationslücke 2
Bottom-up-Orientierung mit analytisch-operativer Schwerpunktsetzung
Suboptimale Systemgestaltung
Vergangenheitsorientierung
Suboptimaler Systembetrieb
Sachbearbeiterperspektive
(Personen, Prozesse, Instrumente etc.)
Prozessdauer Anonymisierung und Mangel an Fokussierung
Informationslücke 1 Bottom-up-Orientierung mit analytisch-operativer Schwerpunktsetzung Herkömmliche Grundinformationssysteme werden ausgehend von der operativen Ebene entwickelt. Ergebnis ist eine umfangreiche, analytisch-operativ geprägte Kennzahlen-Palette.
Der
ganzheitlich-politische
Informationsbedarf
von
Spitzenmanagern ist damit allein nicht abzudecken. Die hierfür erforderliche Erweiterung „nach oben" in eine vermehrte Ganzheitlichkeit ist auf keinem dieser Wege zu realisieren. Vergangenheitsorientierung Herkömmliche Grundinformationssysteme sind vornehmlich vergangenheitsorientiert. Teils wird dies durch zukunftsorientierte Planungs- und Ist-Erwartungssysteme ausgeglichen. Die Daten hierfür werden aufgrund des mit ihnen verbundenen zusätzlichen Aufwands im Regelfall allerdings - wenn überhaupt - in weiteren
80
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Erhebungsabständen abgefragt. Eine durchgängige zukunftsorientierte Information ist aufwendig und liegt üblicher Weise nicht vor. Sachbearbeiterperspektive Herkömmliche Grundinformationssysteme sind vornehmlich quantitativ-analytisch ausgerichtet und detailorientiert. Dies ist wichtig, aber allein nicht hinreichend. Der ganzheitlich-politische Informationsbedarf von Spitzenmanagern ist damit nicht zu befriedigen.1
Prozessdauer In den Unternehmen von Spitzenmanagern werden Grundinformationen
über
mehrere Stufen hinweg erstellt und verabschiedet. Ein Teil dieser Informationen unterliegt
Gestaltungsüberlegungen, wie Quartals- oder Jahresabschlüsse etc.
Hinzu kommt diverser Abstimmungsbedarf bottom-up (z. B. Land, Region, Konzern). Umgekehrt sind solchen Prozessen im Regelfall spezifische Prämissen top-down vorgegeben (Wechselkurse, Absatzniveaus, Preisstellungen etc.), die bereits obsolet sein können, bis die Planung abgeschlossen ist und dem Spitzenmanagement zur Verabschiedung vorliegt. Eine zeitnahe Information im strengen Sinne ist in diesem Kontext faktisch nicht zu erreichen, zumal das langsamste Glied in der Kette in der Regel die Geschwindigkeit der Berichterstattung insgesamt bestimmt.
Anonymisierung und Mangel an Fokussierung Spitzenmanager müssen immer damit rechnen, unvollständig und/oder falsch informiert
zu werden
(Principal Agent-Dilemma).
Herkömmliche
Grundinforma-
tionssysteme fördern diese Problematik durch eine weitgehende Anonymisierung und einen Mangel an Fokussierung der Berichterstattung, was Raum für versteckte und/oder irreführende Information lässt.
Informationslücke 2 Die Informationslücke 2 umfasst Suboptimalitäten der Svstemgestaltung und/oder des Systembetriebs (Personen, Prozesse, Instrumente etc.). Sie können teils auf ungünstige Ausgangsbedingungen zurückzuführen sein. Zudem haben Grund81
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Informationssysteme allgemein nicht nur die Tendenz inhaltlich zu degenerieren, was sich u. a. in immer „dicker" werdenden Berichten zeigt, sondern auch zu „verbürokratisieren". Ist dies der Fall, entsteht eine Eigendynamik, bei der die Einhaltung von Abläufen und Vorgaben wichtiger wird, als die Richtigkeit von Inhalten.2 Überlagert wird dieses Phänomen durch die Erfahrung, dass „gut" geführte, d.h. nachhaltig erfolgreiche Unternehmen allgemein bessere Informationssysteme haben, als „schlecht" geführte3, wobei allerdings auch länderspezifische Unterschiede zu beachten sein können, die teils mit obigen Ausgangsbedingungen in Zusammenhang stehen.4 Wie wirkt CGIFOS diesen Defiziten entgegen? Was die Grenzen herkömmlicher Grundinformationssysteme (Informationslücke 1) angeht, so stellt Abb. 9.3 die Ansätze von deren Verschiebung durch CGIFOS dar.
Abb. 9.3
Ansatz der Verschiebung der Grenzen herkömmlicher Grundinformationssysteme durch CGIFOS
Ursachen der Grenzen
Ansatz der Verschiebung
Bottom-up-Orientierung mit analytisch-operativer Schwertpunktsetzung
Top-down-Orientierung mit ganzheitlich-politischer Schwerpunktsetzung
Vergangenheitsorientierung
Zukunftsorientierung
Sachbearbeiterperspektive
Spitzenmanagementperspektive
Prozessdauer
kurze Prozesse mit minimalem Zeitbedarf
Anonymisierung und Mangel an Fokussierung
Fokussiertes, transparentes System mit direkter, persönlicher Zuordnung der Informationsverantwortung
82
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 9.4 stellt die hierüber bei geeigneter Umsetzung der qualitativen Ifo-Verfahren zu erzielenden Nutzenpotentiale den von Spitzenmanagern beklagten Defiziten der Informationsversorgung gegenüber.
Abb. 9.4 CGIFOS-Nutzen - Informationslücke 1
Defizite der Informationsversorgung
CGIFOS-Nutzen
Informationsüberladung
Qualitativ-ganzheitliche Informationen, die auf den spezifischen Bedarf des Spitzenmanagements fokussiert sind, Überblick verschaffen und Komplexität besser handhabar machen
mangelnde Übersicht mangelnde Handhabbarkeit der Komplexität
unzureichende Früherkennungsmöglichkeit von Risiken und Chancen
Qualitativ-ganzheitliche Informationen mit Zukunftsorientierung und Frühindikatorqualität
Vergangenheitsorientierung des traditionellen Rechnungswesens mangelnde Zeitnähe
Tages- oder gar stundenaktuelle Informationen ermöglicht durch unmittelbare Erhebung beim Verantwortungsträger auf Basis eines fokussiert-einfachen Erhebungsverfahrens
Scheinexaktheit
fokussierte Abfrage der Einschätzungen der relevanten Verantwortungsträger
Principal Agent-Probleme
Kontrolle der persönlichen Einschätzungen durch Abgleich mit „nachlaufendem Ist"
83
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Was die Überbrückung situativer Schwachstellen angeht (Informationslücke 2), so spricht für CGIFOS in der Regel nicht nur die Leistungsfähigkeit des Konzepts an sich, sondern auch dessen einfache Handhabung und Kostengünstigkeit. Wird es beispielsweise als zu aufwendig erachtet, Ist-Erwartungen häufiger als vierteljährlich zu erheben, kann CGIFOS die Lücke füllen und monatlich oder wöchentlich entsprechende
Einschätzungen
liefern.
Entsprechendes
gilt
für
andere
Schwachstellen, wie die Verbürokratisierung des Grundinformationssystems, der durch die persönliche Berichterstattung der Verantwortlichen entgegenzuwirken ist.
Neben diesen unmittelbaren Vorteilen gehen von CGIFOS wichtige mittelbare Nutzenpotentiale aus. Zentrale Punkte sind:
CGIFOS fördert das allgemeine Verständnis der Belange auf der Ebene des Spitzenmanagements in einem Unternehmen und wirkt damit den Defiziten dessen Versorgung indirekt entgegen - dies gilt um so mehr, als die bislang dominierenden
diesbezüglichen
Aussagesysteme
von
den
spezifischen
Belangen auf dieser Ebene in kritischen Bereichen abweichen (vgl. Teil IV). CGIFOS stärkt die Position des Spitzenmanagements durch die Zuweisung der unmittelbaren Informationsverantwortung auf nachgelagerte Ebenen. Dies ist auch
im Zusammenhang
mit dem
in den
USA jüngst
verabschiedeten
Sarbanes-Oxley-Act und der im Rahmen der Europäischen Union aktuell durch die
Weber-Gruppe
vorgeschlagenen
gesamthaften
Verantwortung
des
Vorstands für die Finanzberichterstattung zu sehen ist. CGIFOS führt über den Abgleich zwischen der persönlichen Einschätzung des Verantwortungsträgers und dem „nachlaufendem Ist" zu neuen Führungsansätzen und fördert durch die unmittelbare Informationsverantwortung die Management- und Informationskultur in einem Unternehmen insgesamt.
Grenzen des CGIFOS-Konzepts
Natürlich hat das CGIFIOS-Konzept auch Grenzen, die zu beachten sind: CGIFOS ist auf das Segment der Grundinformationen konzentriert. Das wichtige Segment der
84
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Sonderinformationen wird lediglich insofern berücksichtigt, als dass diese vielfach auf Grundinformationen basieren. Und auch CGIFOS kann den Faktor „Mensch" nicht ausschalten und durchgängig „richtige" Information garantieren. Abb. 9.5 fasst die Schwerpunkte von CGIFOS in dem gegebenen Definitionsraster diesbezüglich nochmals zusammen. Abb. 9.5
CGIFOS-Schwerpunkte INFORMATIONSBEDARF / INFORMATIONSVERSORGUNG I
I
I
Grundinformationen I
l
Sonderinformationen i
Objektive Defizite
Subjektive Defizite
I
I Operationelle Defizite
I Konzeptionelle Defizite
I Informationslücke 2
t
_
Informationslücke 1
CGIFOS
^
Was die Informationslücke 1 als solche angeht, so ist zudem offensichtlich, dass CGIFOS weder beanspruchen kann, die dortigen Probleme der Informationsversorgung umfassend zu lösen, noch der alleinige Ansatz zu sein, über den die Grenzen bisheriger Grundinformationssysteme zu verschieben sind. Dies relativiert den Nutzen des Konzepts, mindert ihn in absoluter Betrachtung aber nicht. 85
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Anmerkungen 1
Die Balanced Scorecard liefert hierfür zwar erste Ansätze, geht aber entweder nicht über die operativ-analytische Ebene hinaus oder wird letztlich im Rahmen der Wertorientierten Unternehmensführung auf quantitative Maßzahlen reduziert (Discounted Cash Flow, Gewinn etc.).
2
Planungsprozesse sind in komplexen Unternehmen nicht nur vielschichtig, sondern tendieren häufig auch zu einer Eigendynamik im Abgleich von topdown-Vorgaben und bottom-up-Aussagen, was letztlich in kaum erfüllbaren Planvorgaben münden kann. Zusätzlich gefördert wird dieses Phänomen aktuell durch das mit der Balanced Scorecard verbundene Konzept der „streched targets", d. h. Budgetvorgaben, die höchst ehrgeizig sind und weit über das normal erreichbare Niveau hinausgehen. Problematisch ist hierbei, wenn diese Budgetvorgaben in die integrierte Planung eingestellt, letztendlich aber nicht gehalten werden, kann dies die Planung insgesamt in kritischer Weise aus der Balance bringen. Beispiel: Es wird ein Absatz- und Umsatzzuwachs von 40 % über zwei Jahre vorgegeben. Um dies zu erreichen wird die Produktion entsprechend ausgebaut. Tatsächlich werden aber nur 20 % Zuwachs realisiert. Damit brechen zugleich das Ergebnis und eine Reihe weiterer kritischer Kennzahlen ein (Cash Flow, EVA, Bilanzstrukturen etc.). Nicht selten ist die Tendenz seitens des Apparats, über solche Einbrüche zunächst „geschönt" zu berichten. C G I F O S bietet dem Verantwortungsträger in diesem Fall den Vorteil, dem Druck des Apparats ausweichen und diesen damit letztendlich auch mindern zu können. Umgekehrtes gilt für Plan-Nichterfüllungen in abgeleiteten Bereichen, insbesondere dem Ergebnisbereich. Solche Plan-Nichterfüllungen werden erfahrungsgemäß oftmals erst kurz vor Ende der Referenzperiode (Quartal, Halbjahr, Jahr) gemeldet. C G I F O S fordert von dem verantwortlichen Management hier klare Aussagen vorab und macht dieses hierfür unmittelbar haftbar.
3
Nach den Erfahrungen des Verfassers ist die Korrelation zwischen der Qualität der Grundinformationssysteme des Spitzenmanagements und der Qualität der Unternehmensführung insgesamt im Regelfall hoch. Lernt man diese Systeme - beispielsweise im Rahmen eines Merger & AcquisitionVorhabens - kennen, gibt dies bereits wichtige Hinweise darüber hinaus. Letztlich kommt hier der Stellenwert von Information als Entität unserer Welt zum Tragen, in der sich Realität spiegelt.
4
In westlichen Industriestaaten sind Planungs- und Berichtssysteme - wie die Corporate Governance insgesamt - allgemein weiter fortgeschritten als beispielsweise in Mittel- und Osteuropa.
86
Teil III Wie ist die Informationslücke durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Zusammenfassung CGIFOS nützt Spitzenmanagern, in dem es die Grenzen herkömmlicher Grundinformationssysteme verschiebt und damit zur Überwindung der konzeptionellen Defizite der Informationsversorgung beiträgt (Informationslücke 1), zu zeitnahen, zukunftsorientierten, ganzheitlich-qualitativen Grundinformationen führt, die Risiken und Chancen früher erkennen lassen, bessere Übersicht verschaffen und Komplexität insgesamt besser handhabbar machen. im Einzelfall gegebene Schwachstellen herkömmlicher mationssysteme zu überbrücken hilft (Informationslücke 2), die in einem Unternehmen vorherrschende Informationskultur optimiert durch (1) (2)
Grundinfor-
Management-
und
die Fokussierung der Berichtsinhalte auf den Bedarf des Spitzenmanagements die Herstellung des Abgleichs zwischen der persönlichen Einschätzung des Verantwortungsträgers und dem „nachlaufendem Ist"
die Position des Spitzenmanagements durch die unmittelbare Zuordnung von Informationsverantwortung auf nachgeordneten Ebenen stärkt. Die Leistungsfähigkeit von CGIFOS hat allerdings auch Grenzen, die zu beachten sind.
87
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
10
Anwendung
Die Grundmerkmale einer CGIFOS-Anwendung umfassen allgemeine und situative Aspekte (vgl. Abb. 10.1): Abb. 10.1
Grundmerkmale einer CGIFOS-Anwendung Allgemeines
Situatives
Keine zusätzlichen Kapazitäten
Füllung des konzeptionellen Rahmens
Keine Datenmanagement-Probleme
Übeiwindung organisatorischer Widerstände
Keine Hard-Software-Investitionen
Allgemeines Keine zusätzlichen Kapazitäten CGIFOS kann im Normalfall durch den Stab des Spitzenmanagers betrieben werden. Der Aufbau eines eigenen Bereichs ist nicht erforderlich. Wird CGIFOS in einem Unternehmen in verschiedenen Segmenten eingesetzt (Finanzen, Entwicklung, Vertrieb,
Projekte
zusammenzulegen
etc.),
kann
es
sinnvoll
und
damit
auch
sein,
die
operativen
CGIFOS-Know-How
zu
Aktivitäten
bündeln.
Zu
gewährleisten ist, dass die Einzelsysteme durch eine solche Zusammenfassung nicht an Fokus und damit letztlich an Wert für „ihren" Spitzenmanager verlieren. Keine Datenmanaaement-Probleme CGIFOS kennt keine der üblichen Datenmanagementprobleme. Insbesondere die in komplexen Unternehmen bzw. im internationalen Management häufig anzutreffende Problematik definitorischer Differenzen tritt letztlich nicht auf. Andere Probleme, wie beispielsweise die Eingeschränktheit von Zeitreihendarstellungen im Fall organisatorischer Restrukturierungen oder von Mergers & Akquisitons-Aktivitäten sind pragmatisch zu lösen (z.B. durch ex-post Einschätzungen).
88
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Keine Hard-Software-Investitionen C G I F O S ist mit den heute üblichen computergestützten Bürosystemen problemlos zu betreiben. Darüber hinausgehende Investitionen sind nicht erforderlich. Probleme der Inkompatibilität mit Vorsystemen sind nicht gegeben, da C G I F O S diese top-down ergänzt. Ob der CGIFOS-Bericht über das herkömmliche Medium „Papier" und/oder über TIS vorgelegt wird, ist fallweise zu entscheiden. Situatives Füllung des konzeptionellen Rahmens C G I F O S ist im Detail situativ gemäß des spezifischen Bedarfs des jeweiligen Spitzenmanagers
zu
definieren.
Erfolgskritisch
hierfür
ist
der
unmittelbare
persönliche Kontakt zum Spitzenmanager. Auf Seiten des Spitzenmanagers setzt dies entsprechende Zeit für solche Gespräche voraus (ca. 4-5 Stunden insgesamt bis zum ersten Systemanlauf). Auf Seiten des Projektteams erfordert dies die Fähigkeit, solche Gespräche auf der Spitzenebene fachlich fundiert zu führen und entsprechende persönliche Akzeptanz zu finden. Überwindung organisatorischer Widerstände C G I F O S ist aufgrund der Zuordnung der unmittelbaren Informationsverantwortung und der Gegenüberstellung der Einschätzungen zum „nachlaufenden Ist" ein relativ „scharfes"
Führungsinstrument.
volkswirtschaftlicher
Ebene
Seine
Aussagekraft
gegebenen
geht
Möglichkeiten
weit hinaus.
über
die
Dies
auf kann
organisatorischen Widerstand hervorrufen, der durch geeignete Maßnahmen zu überwinden ist. Die „Einfachheit" und Kostengünstigkeit der Anwendung
von
C G I F O S ist hier von Vorteil. Das letztendlich „ausschlaggebende" Argument indes sind die Nutzenpotentiale von C G I F O S an sich. Anwendungsbeispiele Die Anwendung von C G I F O S
ist am besten von seinem Ergebnis
her zu
verdeutlichen. Zwei Ergebnisausweise stehen im Vordergrund: eine Zeitpunkt-
89
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
bezogene (vgl. Abb. 10.2) und eine Zeitreihen-bezogene Darstellung (vgl. Abb. 10.3 und 10.4). Abb. 10.2
Zeitpunkt-bezogener Ergebnisausweis
K
schlecht
zufriedenstellend
gut grün
gelb
rot
CGIFOS
Die Zeitpunkt-bezoqene Darstellung gibt dem Spitzenmanager schnellen Überblick über die Einschätzung der aktuellen und zukünftigen Situation, was durch einen .Ampelausweis" (grün = gut, gelb = zufriedenstellend, rot = schlecht) zusätzlich zu unterstützen ist. Die Einschätzungen zu Gegenwart und Zukunft können separat
90
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
ausgewiesen
werden.
Im
Fall
von
Abb. 10.2
wird
ein
zusammenfassender
„Klimawert" ermittelt und allein dieser gezeigt. CGIFOS macht auf diese Weise die Situation in allen als relevant definierten Einheiten auf einen Blick erkennbar.
Hat der Spitzenmanager sich Überblick verschafft, kann er interessierenden
Bereichen fokussiert
nachgehen.
anschließend den ihn
Ist CGIFOS
auf
TIS-Basis
implementiert, sind die .Ampeln" hierzu als intelligente Bildschirmbereiche (Icons) zu programmieren. Ist der Spitzenmanager an Hintergründen interessiert, kann er hierauf
durch
einfaches
Hintergrundinformationen
„anklicken"
dieser
Ampeln
direkt
können Daten des herkömmlichen
zugreifen.
Die
Rechnungswesens
und/oder sonstige Beschreibungen (Statutarisches, Organigramme, Planzahlen etc.) umfassen.
Zudem ist dem Spitzenmanager eine Zeitreihen-bezoqene Darstellung anzubieten, aus der er die bisherige Qualität der Einschätzungen entnehmen kann, was im Abgleich mit dem „nachlaufenden Ist" in einfacher Weise realisierbar ist.
Stößt der Spitzenmanager im Abgleich zwischen Einschätzung und Ist auf eine Entwicklung ähnlich Abb. 10.3 bedeutet dies, dass die Einschätzungen in der Vergangenheit zutreffend waren (hohe Korrelation) und sie es daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aktuell sind, was für eine gute Frühindikatorqualität spricht.
Einen anderen Fall zeigt Abb. 10.4. Hier weisen Klima und „nachlaufendes Ist", das Ergebnis betreffend, eine negative Korrelation auf. Die Einschätzungen stimmen offensichtlich
nicht
mit
dem
Ist
überein
und
haben
damit
auch
keine
Frühindikatorqualität. Grundsätzlich kann die Ursache hierfür, wie oben bereits angemerkt, dreierlei sein:
(1)
Die Situation hat sich überraschend geändert.
(2)
Der Verantwortungsträger ist inkompetent.
(3)
Der Verantwortungsträger berichtet bewusst falsch.
91
Teil Iii Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 10.3 Zeitreihen-bezogene Darstellung - hohe Korrelation zwischen Erwartung und „nachlaufendem Ist"
BETEILIGUNG A
+ Ergebnis
1
7
2
9
10 11 12
KLIMA 2005
Monate
Umsatz
Ergebnis
IST 2005 1
2
3
7
8
9 10 1 12
Monate
Umsatz
CGIFOS®
92
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 10.4 Zeitreihenbezogene Darstellung - geringe (negative) Korrelation zwischen Erwartung und „nachlaufendem Ist"
BETEILIGUNG B
+ Ergebnis
KLIMA 2005
Umsatz
IST 2005
Umsatz Ergebnis
CGIFOS
93
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
(1) kann erfordern, dass man gemeinsam nach Gegenmaßnahmen sucht. (2) und (3) deuten auf ein Führungsproblem
hin, was -
neben des Sachproblems
entsprechende Maßnahmen auch in personeller Richtung notwendig macht.
Die
Darstellungen 10.2 bis 10.4 korrespondieren mit folgendem Fallbeispiel: Fallbeispiel Der Example-Konzem ist in drei Divisionen (1,2 und 3) gegliedert. Division 1 umfasst die Beteilungen A bis D, Division 2 die Beteiligungen E bis J und Division 3 die Beteiligungen K und L. Die Muttergesellschaft ist eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht. Für den Finanzvorstand des Gesamtkonzems wurde eine CGIFOS-Anwendung entwickelt, über die er die Umsatz- und Ergebnisentwicklung in diesen Beteiligungen zeitnah verfolgen kann. Er wird über die Erhebungsergebnisse sowohl in Form eines Berichts auf Papier informiert wie auch direkt via TIS. Ob die Ergebnisse auch den anderen
Mitgliedern
des
Konzemvorstands
Mitgliedern des Aufsichtsrats
und
gegebenenfalls
sogar
den
zur Verfügung gestellt werden, ist noch nicht
entschieden.
Die in Abb. 10.2 gezeigte Ampel-Darstellung gibt dem Finanzvorstand schnellen Überblick über die Situation. Ausgehend hiervon interessiert er sich nun aus spezifischen Gründen insbesondere für Beteiligung A und B. Zuerst „klickt" er auf seinem TIS-Bildschirm Beteiligung A an und erhält die Darstellung gemäß Abb. 10.3. Er erkennt, die Ergebnisentwicklung der Beteiligung ist positiv, die Umsatzentwicklung negativ. Der Umsatzrückgang ist auf Seiten der Verantwortungsträger bekannt und im Hinblick auf das Ergebnis möglicherweise hingenommen. Die Einschätzungen waren bislang signifikant (hohe Korrelation mit „nachlaufendem Ist"). Ihre Frühindikatorqualität ist wahrscheinlich weiterhin hoch. Ist der Spitzenmanager an Hintergründen interessiert, kann er nunmehr Ursachen und Strategien gezielt nachgehen. Entsprechende Informationen mögen für ihn teils über
94
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
TIS verfügbar sein, teils wird er hierzu seine Informationsmaschinerie beauftragen oder auch die Verantwortlichen vor Ort direkt kontaktieren. Anschließend geht der Finanzvorstand zu Beteiligung B über. Abb. 10.4 zeigt, dass die Korrelation zwischen „Einschätzung" und „Ist", das Ergebnis betreffend, hier negativ ist. Das heißt, der Verantwortungsträger ist entweder inkompetent oder er informiert unzutreffend. Ansonsten hätte er die negative Ergebnisentwicklung früher erkennen und berichten müssen. Der Finanzvorstand sieht Handlungsbedarf und geht der Sache auf dieser Basis nunmehr weiter nach. Auf welchem Weg sind Ergebnisse wie diese zu erzielen? Als
Erstes
sind
Spitzenmanager
die als
Inhalte der dem
CGIFOS-Daten
Systemnutzer
nach
in Abstimmung
oben
dargestelltem
mit
dem
Konzept
festzulegen. Zu klären ist, wer zum Kreis der Befragten gehören und welche Fragen beantwortet werden sollen. Zudem sind die für die Gestaltung des Rechenmodells relevanten Parameter zu definieren.
Die
Befragten
füllen
den
vereinbarten
Fragebogen
in
den
vorgesehenen
Zeitabständen aus und schicken die Ergebnisse an die Zentrale. Dort werden die Daten in das Rechenmodell eingegeben und die CGIFOS-Ergebnisse in Form obiger Abbildungen
ermittelt
und an den
Systemnutzer
in einem
Ergebnisbericht
weitergeleitet. Fallbeispiel (Fortsetzung) Der Kreis der Befragten umfasst die Geschäftsführer der Beteiligungen A bis L. Das Ergebnis für die jeweilige Division und den Gesamtkonzern wird auf Basis der Meldungen
von
den
Beteiligungen
ermittelt.
Da
die
Beteiligungen
von
unterschiedlichem „Gewicht" sind, werden die Werte vorab entsprechend gewichtet. Als Gewichtungsfaktor wird der jeweilige Umsatzanteil am Gesamtumsatz gemäß Abb. 10.5 herangezogen.
95
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 10.5 Gewichtungsfaktoren - Beispiel
Beteiligung
Umsatz in Mio €
Gewichtungsfaktor
A B C D E F G H I J K L
64 16 22 5 8 44 89 18 24 43 121 11
0,14 0,03 0,05 0,01 0,02 0,90 0,19 0,04 0,05 0,09 0,26 0,02
Summe
465
1,00
Erhoben werden die Werte auf Basis des mit Abbildung 10.6 dargestellten Fragekatalogs. Bei den Berechnungen nach der Saldenmethode kommen die nachfolgenden „Schlüssel" zur Anwendung:
Bewertung
Schüssel
gut
1
zufriedenstellend
0
schlecht
-1
besser
1
gleich
0
schlechter
-1
96
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 10.6 Fragekatalog - Beispiel
I
Einschätzung im Monat Umsatz Wie schätzen Sie Gesellschaft ein? gut ? zufriedenstellend ? schlecht ?
die
gegenwärtige
Umsatzsituation
ihrer
o o o
Wie wird sich der Umsatz ihrer Gesellschaft in den nächsten zwei Monaten entwickeln? besser? gleich ? schlechter ?
o o o
Ergebnis Wie schätzen Sie die gegenwärtige Gesellschaft ein? gut ? zufriedenstellend ? schlecht ?
Ergebnissituation
ihrer
o o o
Wie wird sich das Ergebnis ihrer Gesellschaft in den nächsten zwei Monaten entwickeln? besser? gleich ? schlechter ?
Datum
o o o
Unterschrift des Verantwortungsträgers
CGIFOS 97
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Die CGIFOS-Erhebung wird im Exampie-Konzern monatlich durchgeführt und zwar jeden ersten Arbeitstag im Monat. Die Verantwortlichen schicken die ausgefüllten Fragebögen per E-Mail an das Sekretariat des Finanzvorstands. Dort werden die Daten
in
das
CGIFOS-Auswertungsmodell
überführt.
Im
Sekretariat
des
Finanzvorstands ist dessen persönlicher Assistent für den Betrieb des Systems federführend verantwortlich. Er wurde bei der Systemimplementierung über die Funktionsweise des CGIFOS-Rechenmodells informiert. Das Rechensystem ermittelt als Erstes für jede Beteiligung das jeweilige Umsatzund
Ergebnisklima
durch
Mittelung
des
Gegenwarts-
und
Zukunftswerts.
Anschließend werden die Werte für die Divisionen und den Gesamtkonzern mit den vorab berechneten Gewichtungsfaktoren hochgerechnet. Die Farbcodierung der Ampeldarstellung erfolgt durch Vorgabe entsprechender Wertekorridore abhängig von dem Anteil des tatsächlichen Klimawerts an dem maximalen (+2) bzw. minimalen (-2) Niveau. Das eine Extrem steht für die Aussage „die Lage ist gut und wird noch besser", das andere für „die Lage ist schlecht und wird noch schlechter". Die Farbverteilung wird wie folgt vorgenommen:
Klimawert k
Ampelfarbe
k > 0,5
grün
k < -0,5
rot
k sonst
gelb
Das Sekretariat des Finanzvorstands hat die Auswertung der Erhebung in kurzer Zeit fertiggestellt. Die Ergebnisse werden von dem Assistenten des Finanzvorstands geprüft und noch am gleichen Tag dem Finanzvorstand vorgelegt bzw. ihm via TIS in direkten Zugriff gestellt.
98
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Die Anwendungsbereiche von CGIFOS auf der Ebene des Spitzenmanagements sind in erster Linie das Monitoring von Geschäftsentwicklungen und Projekten. Je höher die Komplexität und Dynamik, um so höher ist sein Nutzen. Das Beispiel des Konzerns
EXAMPLE
zeigt
das
Monitoring
von
Beteiligungen.
Typisch
für
Anwendungen im Bereich des Monitoring von Geschäften sind zudem:
General Management: Monitoring der relevanten Funktionen und/oder Bereiche (Entwicklung,
Finanzen,
Produktion,
Vertrieb
und/oder
Geschäftsfelder,
Regionen, Divisions) Internationales
Management:
Monitoring
ausgewählter
internationaler
Aktivitäten (Vertrieb, Beteiligungen, Joint Ventures etc.) Portfolio-Management: Monitoring verschiedener Geschäfte oder finanzieller Engagements (z. B. aus Sicht einer Holding oder Finanzgesellschaft) Management
von
Funktionen:
Monitoring
einer
spezifischen
Funktion
(Produktion, Finanzen, Vertrieb etc.) Venture Capital Management: Monitoring von Start-ups und/oder sonstigen Beteiligungen
Darüber hinaus ist CGIFOS für das Monitoring von komplexen Projekten einzusetzen, wie:
Post-Akquisiton/Merger-Integration Aufbau eines neuen Werks Durchführung eines Auftrags im Anlagenbau Einführung der Gemeinkostenwertanalyse Entwicklung und Implementierung eines Supply-Chain-Management-Systems Kritische Entwicklungen im Bereich neuer Technologien Krisenmanagement (Monitoring der kritischen Felder in bedrängten Situationen) etc.1
99
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Fallbeispiel: Post- Akquisition-Integration (Fortsetzung) Example hat den Konkurrenten Elpmaxe übernommen. Um die Post-AquisitionIntegration (PAI) optimal durchzuführen und die erwarteten Synergien in Höhe von € 20 Mio. im Mittelfristzeitraum bestmöglich zu erreichen, wird ein PAI-Projekt aufgesetzt, im Rahmen dessen die Integration innerhalb von 8 Monaten realisiert werden soll. Das Projekt wird aufgrund seiner kritischen Bedeutung zur „Chefsache" gemacht und durch den dem Vorsitzenden des Konzemvorstands zugeordneten Strategiebereich organisiert und geleitet. Insgesamt werden im Rahmen des Projekts 8 Kembereiche der Integration ausgemacht
(Finanz-
Datenverarbeitung,
und
Rechnungswesen,
Personal,
Forschung und Entwicklung, Einkauf,
Organisation
und
Produktionsstrategie,
Vertrieb, Unternehmenskultur). Das erwartete Synergiepotential wird nach einem Masterplan auf diese Bereich verteilt. In jedem Kernbereich werden durchschnittlich 40 Arbeitspakete definiert, die von untemehmensintem gebildeten Teams abzuarbeiten sind. Die Aufgabe der Teams ist es, die zur Realisation der Synergien notwendigen Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen. Jedes Arbeitsteam hat zunächst abzuschätzen, in welchen Zeitschritten es sein Synergiebudget realisieren wird. Die Abarbeitung der Aufgabe wird über eine CGIFOS-Anwendung verfolgt. Jedes Team meldet wöchentlich seine Einschätzung des aktuellen
Projektfortschritts
zusammen mit einer Beurteilung der weiteren Entwicklung in den folgenden drei Wochen. Die Angaben werden wie gehabt nach der Saldenmethode ausgewertet. Das Ergebnis wird dem Projektverantwortlichen via TIS in der oben gezeigten Form in den Zugriff gestellt und von diesem an den Vorsitzenden des Konzemvorstands weitergeleitet. Treten Probleme in dem Verantwortungsbereich eines Vorstandsmitglieds auf, wird dieses hierüber umgehend informiert. Das Vorstandsmitglied ist dann aufgefordert, sich der Sache gegebenenfalls auch persönlich anzunehmen. Die 100
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Arbeit der Teams und letztlich auch der Vorstandsmitglieder wird im Abgleich zwischen Einschätzungen und „nachlaufendem Ist" bewertet und incentiviert. Zudem sind situativ weitere Anwendungsformen von CGFOS möglich, wobei grundsätzlich
zwei
Dimensionen
zu
unterscheiden
sind:
Zielgruppe
und
Anwendungsfeld (vgl. Abb. 10.7). Im Rahmen vorliegender Betrachtung liegt der Schwerpunkt auf den Ausprägungen „Spitzenmanager" und „Monitoring". Allgemein ist CGFOS jedoch überall dort von Nutzen, wo Verantwortung in hoher Komplexität wahrzunehmen
ist.
Beispiele weiterer
CGIFOS-Anwendungen
auf
vermehrt
operativer Ebene sind der Einsatz als ein Prognosesystem, z. B. mit der Schwerpunktsetzung
auf die
Einschätzung
der
Entwicklung
der
relevanten
Erfolgstreiber, oder die Verfolgung von Tagesvorgaben, z. B. in der Produktion.
Abb. 10.7 CGIFOS - Anwendungsmatrix (Prämisse: hohe Komplexität)
Spitzenmanager
Obere Führungskräfte
Zielgruppe Mittleres Management
andere
andere
Prognosesystem
Monitoring von Projekten
Anwendungsfelder
101
Monitoring von Geschäften
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
CGIFOS kann auf diese Weise in einem Unternehmen mehrfach zur Anwendung kommen.
Je
größer
das
Unternehmen,
desto
größer
ist
hierfür
die
Wahrscheinlichkeit. So sind allein auf Ebene des Spitzenmanagements und dessen unmittelbar nachgeordneten Hierarchien beispielsweise folgende jeweils spezifische Anwendungen denkbar: General Management: Aufsichtsrat Gesamtkonzern, Vorstand Gesamtkonzern, Aufsichtsräte Teilkonzerne, Vorstände Teilkonzerne, Geschäftsbereichsleiter, Aufsichtsräte, Präsidenten, Geschäftsführer etc. von Beteiligungen Internationales Management: Regionalverantwortliche auf Vorstandsebene, Regionalverantwortliche
auf nachgeordneter
Ebene, Leiter der
Konzern-
repräsentanzen etc. Portfolio-Management: Aufsichtsrat/Geschäftsführung
Holding-Gesellschaften,
Aufsichtsrat/Geschäftsführung Venture Capital, Leiter Strategisches Controlling Management von Funktionen: Vorstände, Geschäftsführer etc. mit funktionaler Verantwortung (Finanzen, Vertrieb etc.) Projektmanagement: Geschäftsfelder, Zusammenarbeit
Integration von Akquisitionen, Turnaround
Entwicklung mit
neuer
Lieferanten,
Techniken,
Konzentration
auf
kritischer
Optimierung
der
Kerngeschäfte
und
Unternehmensverkäufe, Aufbau Corporate University etc. Markt-/Absatzprognose: Identifikation und Monitoring der Entwicklung der relevanten Markt-Absatz-Treiber etc. Das Ziel von CGIFOS in solchen und anderen Anwendungen ist die bessere Bewältigung von Komplexität. Ob bzw. wie das Konzept darüber hinaus zur Überbrückung situativer Defizite hilfreich sein kann, ist fallweise zu prüfen.
102
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Anmerkung 1
Herkömmlich in diesem Zusammenhang zur Anwendung kommende „Scorecards" sind als eine dem CGIFOS-Konzept vorgelagerte Stufe zu sehen (vgl. u. a. die Scorecard des President's Management Council www.results.gov). Wesentliche Unterschiede sind u. a. die unmittelbare Informationsverantwortung und der Abgleich zwischen der persönlichen Einschätzung des relevanten Verantwortungsträgers und dem „nachlaufendem Ist".
Zusammenfassung Die Anwendung kostengünstig.
von
CGIFOS
ist
vergleichsweise
unkompliziert
und
Im Ergebnis führt CGIFOS zu Zeitpunkt- und Zeitreihen-bezogenen Darstellungen, die schnellen Aufschluss geben über (a) die Einschätzung der aktuellen und künftigen Situation, (b) die Korrelation zwischen der persönlichen Einschätzung des Verantwortungsträgers und dem „nachlaufendem Ist". Primäre CGIFOS-Anwendungen für Spitzenmanager sind das Monitoring von Geschäften und Projekten.
103
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
11 Systemrealisierung CGIFOS ist technisch ein vergleichsweise einfach zu realisierendes System. Seine Herausforderungen liegen im inhaltlichen Bereich. Wichtig ist sein maßgerechter Zuschnitt auf den Bedarf des Spitzenmanagers bei gleichzeitiger fokussierter Einfachheit. Um dies zu erreichen ist es unverzichtbar, dass (1) der Spitzenmanager das Projekt im Sinne eines Executive Sponsor persönlich begleitet und (2) die operative Verantwortung für CGIFOS beim Persönlichen Stab des Spitzenmanagers oder einem diesem unmittelbar berichtenden Mitglied der Informationsmaschinerie liegt. Abb. 11.1 zeigt eine einfache Führungsorganisation in diesem Sinne. Abb. 11.1 CGIFOS-Führungsorganisation
Executive Sponsor Spitzenmanager
Projektleitung z. B. Leiter des Persönlichen Stabs
Operative Untemehmensinterne/externe Fachkräfte
Ansonsten umfasst der Weg hin zu CGIFOS die üblichen Schritte: Systemanalyse, Systementwicklung, Systemimplementierung und Systembetrieb. Im Zuge dieser Schritte sind organisatorische (Zuständigkeiten, Prozesse etc.), konzeptionelle und informationstechnische
Belange
(Informationsinhalte,
Datentransfer
etc.)
zu
untersuchen und zu gestalten und zwar über insgesamt sechs Prozessstufen
104
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
hinweg:
Informationserhebung,
Informationstransfer,
Informationsverarbeitung,
Ergebnisanalyse, Berichterstellung und Berichtstransfer (vgl. Abb. 11.2): Abb. 11.2
CGIFOS-Wertschöpfungskette
Die Mehrzahl der Umsetzungsarbeiten sollte mit unternehmensinternen Kräften durchgeführt werden können. Sind die Kapazitäten des Persönlichen Stabs des Spitzenmanagers hierfür nicht hinreichend, sind zu dessen Unterstützung tangierte Funktionsbereiche heranzuziehen (Controlling, Finanzbuchhaltung, Informations- und Kommunikationstechnik
etc.). Extern zu ergänzen sind in der Aufbauphase
gegebenenfalls einführende Schulungsmaßnahmen sowie die Parametrisierung und Programmierung des Auswertungsmodells. CGIFOS-Startprojekt Abb. 11.3 und 11.4 fassen die bis hin zur Systemimplementierung abzuarbeitenden Aufgaben zusammen. Erfolgskritisch sind vor allem folgende Faktoren1:
105
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 11.3
CGIFOS - Systemanalyse und -entwicklung
Prozessschritte
Aufgaben
Informationserhebung
Identifikation der Anwendungsziele Analyse und Definition der Informationseinheiten (Beteiligungen, Geschäftsfelder etc.) Informationsfelder (Umsatz, Ergebnis etc.) - qualitativen Fragen (Inhalte, Zeithorizont etc.) - Periodizität der Erhebung (wöchentlich, monatlich etc.) Informationsgeber (Präsidenten, Geschäftsführer etc.) korrespondierenden quantitativen Maßgrößen Erstellung/Test des Erhebungssystems
Informationstransfer
Analyse und Definition des adäquaten Transfersystems ( E-Mail, Fax oder InternetPortal) der erforderlichen Maßnahmen bzgl. Datensicherheit (Verschlüsselung) Erstellung/Test des Transfersystems
Informationsverarbeitung
Strukturierung und Parametrisierung des Auswertungssystems Programmierung/Anpassung des CGIFOS Softwaresystems Test des Systems
Ergebnisanalyse
Testrechnungen
Berichterstellung
Gestaltung des Berichts Ggf. Gestaltung von TIS als CGIFOS-Medium Entwicklung und Test des Berichtssystems
BerichtTransfer
Ergebnisbericht auf Papier, ggf. zudem TIS Definition/Erstellung/Test des Transfersystems (E-Mail, InternetPortal etc.) Datensicherheit Ggf. Erstellung/Test von TIS
106
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Abb. 11.4
CGIFOS - Systemeinführung
Prozessschritte
Aufgaben
Informationserhebung
Information der tangierten Bereiche/Personen über Prozesse, Aufgaben und Zuständigkeiten
Informationstransfer
wie definiert Testlauf
Informationsverarbeitung
Implementierung der CGIFOS - Software Information der verantwortlichen Mitarbeiter über Prozesse, Aufgaben und Zuständigkeiten Schulung und Testlauf
Ergebnisanalyse
Information der verantwortlichen Mitarbeiter über Prozesse, Aufgaben und Zuständigkeiten Schulung und Testlauf
Berichterstellung
Information der verantwortlichen Mitarbeiter über Prozesse, Aufgaben und Zuständigkeiten Ggf. Implementierung von TIS auf operativer Seite Schulung und Testlauf
BerichtTransfer
Information der verantwortlichen Mitarbeiter über Prozesse, Aufgaben und Zuständigkeiten Ggf. Implementierung von TIS auf Seiten des Spitzenmanagers Schulung und Testlauf
Der Spitzenmanaaer als Executive Sponsor: Er muss bereit sein, die Entwicklung und Einführung des Systems persönlich zu begleiten und falls erforderlich auch direkt zu unterstützen bzw. durchzusetzen.
107
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Die CGIFOS-Proiektleitunq: Sie muss mit den Belangen auf der Topebene des Managements vertraut und in der Lage sein, die Kernelemente des Systems in unmittelbarem Dialog mit dem Spitzenmanager zu bestimmen, was ein entsprechendes Maß an Erfahrung, Kompetenz und Akzeptanz erfordert. Die
inhaltliche
Gestaltung
des
Systems: Wichtig
ist die
maßgerechte
Orientierung am Bedarf des Spitzenmanagers. CGIFOS braucht intelligente Einfachheit. Es darf nicht überfrachtet werden. Dieser Bedarf ist kompromisslos abzudecken. Technische oder andere Raffinessen überflüssiger Art sind zu vermeiden. Für andere Bedarfe (z. B. andere Spitzenmanager, Stab, Linie etc.) sind gegebenenfalls eigene Systeme zu entwickeln, was angesichts des geringen Aufwandes, den CGIFOS erfordert, problemlos machbar ist. Integrierte Lösungen
sind dabei anzustreben,
dies aber
nicht auf
Kosten eines
Einzelsystems. Die Überwindung organisatorischer Widerstände. Die Einführung von CGIFOS kann nicht unbeträchtliche organisatorische Widerstände hervorrufen. Ein Beweggrund kann beispielsweise die „Schärfe" des Instruments aufgrund der unmittelbaren Informationsverantwortung und des nachhaltigen Vergleichs von Einschätzung und Ist sein, ein anderer, wenn CGIFOS als Konkurrenz und nicht als Ergänzung zu herkömmlichen Grundinformationssystemen empfunden wird. Diese Widerstände zu überwinden ist zunächst Sache der operativen CGIFOSProjektleitung. In kritischen Fällen kann zudem der Spitzenmanager gefordert sein. Wenn ein Spitzenmanager CGIFOS will, dann gibt es faktisch keinen Grund, dass er es nicht umgehend bekommt: Der mit CGIFOS verbundene Aufwand ist gering. Datenmanagement-Probleme
sind
nicht
existent.
Eine
Abhängigkeit
von
Vorsystemen ist nicht gegeben. Empfehlenswert ist allerdings, mit einem auf ausgewählte Bereiche konzentrierten Pilotsystem zu beginnen. Ob und gegebenenfalls wie dieses Pilotsystem erweitert
108
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
oder mit anderen Grundinformationssystemen verbunden werden soll, ist im Einzelfall zu entscheiden. CGIFOS-Betrieb CGIFOS ist selbst als weltweites System einfach zu betreiben. Federführend sollte der Persönliche Stab des Spitzenmanagers sein. Die Einschätzungen der Berichtsverantwortlichen
werden in der definierten
Zeitpunkten erhoben und an die verantwortliche
Form zu vorbestimmten CGIFOS-Koordinationsstelle
transferiert. Dort werden sie in einem computergestützten Auswertungssystem verarbeitet. Die Ergebnisse werden analysiert und aufbereitet und schließlich dem Spitzenmanager als Systemnutzer vorgelegt (vgl. Abb. 11.5). Abb. 11.5 CGIFOS-Ablauforganisation
Spitzenmanager
CGIFOSKoordinationsstelle
CGIFOS Auswertungssystem/-team
Berichtsverantwortlicher n
Berichtsveranwortlicher 1
109
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Inwieweit es sinnvoll ist, das System Ubergreifend zu automatisieren, so dass beispielsweise eine direkte Anbindung zwischen den Berichtsverantwortlichen und dem Auswertungssystem erfolgt, ist im Einzelfall zu prüfen. Je höher die Berichtsverantwortlichen hierarchisch angesiedelt sind, desto kritischer dürften primär technikorientierte Optimierungen allerdings zu sehen sein. Ist CGIFOS in einer ersten Version installiert, ist es einerseits je nach Bedarf schrittweise zu erweitern, andererseits ist es dynamisch mit den Veränderungen des Unternehmenssystems fortzuentwickeln, wozu auch die Anpassung der Parametrisierung des computergestützten Auswertungssystems gemäß der Geschäftsentwicklung gehört. Andere Anlässe können strukturelle Veränderungen sein, wie beispielsweise der Verkauf eines Geschäftsfelds oder eine neue Führungsorganisation.
Anpassungen von CGIFOS dieser Art sind einfach vorzunehmen.
Abhängigkeiten von Vorsystemen existieren nicht. Dies ist vor allem auch dann von Vorteil, wenn signifikante Differenzen in der Organisation und den Prozessen zu überbrücken sind, wie etwa im Zuge eines Mergers oder einer Akquisition (vgl. Abb. 11.6). Abb. 11.6
Vorteile von CGIFOS gegenüber herkömmlichen Rechnungslegungssystemen CGIFOS
Herkömmliche Rechnungslegungssysteme Geringe Flexibilität
Hohe Flexibilität
Hohe Kosten (Entwicklung und Betrieb)
Geringe Kosten (Entwicklung und Betrieb)
Kritische Datenmanagementprobleme
Keine Datenmanagementprobleme
Abhängigkeit von Unterstützung durch die Organisation
Weitgehende Unabhängigkeit von Unterstützung durch die Organisation
110
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Kommt C G I F O S Einrichtung
eines
Erfahrungen
und
Fortentwicklung
in einem Unternehmen mehrfach zur Anwendung, kann die zentralen das der
CGIFOS-Experten-Teams
Wissen
um
gegebenen
CGIFOS
bündelt,
Anwendungen
sinnvoll den
sein,
das
die
Betrieb
und
die
unterstützt
und
CGIFOS-
Informationsveranstaltungen bzw. -Schulungen im Hinblick auf neue Applikationen durchführt.
Um
die
konsequente
Top-down-Orientierung
zu
gewährleisten,
sollte
dieses
CGIFOS-Team organisatorisch dem Verantwortungsbereich des Vorsitzenden oder Sprechers der Spitzenorganisation direkt zugeordnet sein, dies entweder im Rahmen des Persönlichen Stabs oder des Zentralsekretariats. Unter Umständen kann auch eine Einbindung in dessen sonstigen Verantwortungsbereich sinnvoll sein, was allerdings die Gefahr der Vermischung von Interessen birgt.
Welcher Lösungsweg auch immer genommen wird, wichtig ist, dass die primäre Anbindung an den Spitzenmanager als Systemnutzer gewährleistet bleibt. Diesen bestmöglich mit Information zu versorgen, das allein ist es, was im Rahmen von C G I F O S zählt. 2
Anmerkungen 1
Die kritischen Erfolgsfaktoren der CGIFOS-Impelmentierung entsprechen weitgehend den im Zusammenhang mit TIS diskutierten Faktoren, (vgl. u. a. Rockart, J. F., DeLong, D.W.: 1988, Executive Support Systems. The Emergence of Top Management Computer Use. New York). Die entscheidende Bedeutung der unmittelbaren Einbindung des Spitzenmanagers ist dabei allerdings in besondererweise zu betonen.
2
Bislang wird allgemein davon ausgegangen, dass ManagementInformationssysteme die Anforderungen mehrerer Anwender abdecken sollten. Dies ist bezüglich CGIFOS nicht vorauszusetzen bzw. abzulehnen.
111
Teil III Wie ist die Informationslücke von Spitzenmanagern durch ein neues Informations- und Früherkennungssystem zu füllen?
Zusammenfassung CGIFOS ist einfach und kostengünstig zu realisieren und dies gegebenenfalls weltweit. Dessen ungeachtet ist es inhaltlich ein vergleichsweise anspruchvolles System, für dessen Ausgestaltung die persönliche Einbindung des Spitzenmanagers unabdingbar ist. Letztendlich ist es allein die bestmögliche Informationsversorgung „seines" Nutzers - hier des Spitzenmanagers -, was im Rahmen von CGIFOS zählt.
112
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Teil IV
Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
113
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Das Spitzenmanagement wird in der betriebswirtschaftlichen Managementlehre mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen analysiert und modelliert. Die Perspektiven reichen von der Untersuchung der Aufgaben und Rollen von Managern, über die Analyse von
Karriereentwicklungen
und
Karrieredeterminanten,
bis
hin zur
Darstellung der Arten und Aufgaben von Spitzenorganisationen und der dabei auftretenden Principal Agent-Herausforderungen. Bezüglich des spezifischen Felds des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung kommen Beiträge aus dem Bereich der Wirtschaftsinformatik hinzu, die sich mit dem Einfluss der Informationsund Kommunikationstechnik auf Organisationen im Allgemeinen - und damit auch mit der sich wandelnden Stellung des Spitzenmanagements - sowie den Potentialen von TIS im Besonderen befassen. Eine übergreifende, alle Richtungen integrierende Theoriebildung liegt bislang nicht vor. Dessen ungeachtet ist in dem gemeinsamen Feld von Aufgaben und Arbeitsalltag Informationsbedarf und Informationsversorgung Nutzen computergestützter Topmanagement-Informationssysteme ein spezifisches Vorgehen und Grundverständnis festzustellen. Die vorliegende Analyse des Spitzenmanagements aus Corporate Governance-Sicht führt zu einem Befund, der sich von diesem bislang vorherrschenden Verständnis nicht unwesentlich unterscheidet. Nachstehend werden zunächst die wichtigsten Abweichungen zusammengefasst. Anschließend wird deren Ursachen nachgegangen, was letztlich den Kreis zurück zu CGIFOS schließt. In erster Linie wird auf diese Weise versucht, einen Beitrag zur einschlägigen Diskussion in Lehre und Forschung zu leisten. Aber auch Spitzenmanager und ihre Mitarbeiter sollten mit diesen Abweichungen vertraut sein. Schließlich dürfte in der Praxis durch die bisherige Sichtweise ein nicht unerheblicher Schaden durch suboptimal
aufgesetzte
TIS-Projekte
entstanden
115
sein.
Außerdem
ist
nicht
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
auszuschließen, dass viele Spitzenmanager aufgrund dieser Fehlleitungen bis heute suboptimal mit dem Erfolgsfaktor Information versorgt sind.
Als weiterer Aspekt kommt hinzu: Ruft die Einführung von CGIFOS organisatorischen Widerstand hervor, dürfte dieser, soweit er argumentativ auftritt, vor allem auf die bisherigen Aussagesysteme rekurrieren, beispielsweise um aus technikorientierter Sicht zu behaupten, dass CGIFOS zu wenig anspruchsvoll und die Lösung der Zukunft in ganz anderen Bereichen zu sehen sei (Künstliche Intelligenz, Integrierte Datenbanken, On-Line-Analytical-Processing etc.). Solchen Versuchen ist am besten mit „harten", konzeptionell fundierten Argumenten zu begegnen.
116
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
12
Bisherige Aussagen und neuer Ansatz
Aus Sicht der vorliegenden Analyse werden in den bislang gängigen Aussagen eine Reihen von „falschen Bildern" deutlich. Im Vordergrund stehen in Schlagworten die folgenden „Mythen":
•
Hektik/Ad-hoc-Mvthos Spitzenmanager
hätten
hektische,
durch
viele
ad-hoc-Aufgaben
geprägte
Arbeitsabläufe.
•
Einsamer-Entscheider-Mvthos Spitzenmanager hätten als vorrangige Aufgabe in ihrem Arbeitsalltag vor allem Entscheidungen zu treffen - und dies in erster Linie als Einzelentscheider und zwar immer schneller aufgrund der zunehmenden Umfelddynamik.
•
Nicht-Proqnostizierbarkeit-Mvthos Spitzenmanager hätten aufgrund ihrer vielen ad-hoc-Aufgaben einen nicht zu prognostizierenden Informationsbedarf und dies um so mehr, als diese ad-hocAufgaben
in einem immer dynamischer werdenden
Umfeld
immer weiter
zunehmen würden.
•
Gläsernes-Unternehmen-Mvthos Spitzenmanager wollten und müssten im Sinne eines „Gläsernen Unternehmens" über alles in ihrem Unternehmen informiert sein und zwar bis in jede Verästelung hinein.
•
Informationsselbstversorger-Mythos Spitzenmanager hätten sich mit den Informationen ihres Bedarfs selbst zu versorgen. Dort, wo dies noch nicht der Fall sei, wäre es, da am effizientesten, besonders anzustreben.
117
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
•
Hands-on-TIS-Mvthos Spitzenmanager
könnten
durch
persönliches
Arbeiten
mit
TIS
ihre
Informationsversorgung signifikant verbessern.
•
Bürosubstituierunq-Mythos Spitzenmanager könnten ihren persönlichen Stab nennenswert reduzieren oder gar substituieren, wenn sie nur selbst mit TIS „hands-on" arbeiten würden.
•
Rationalisierung-Mythos Spitzenmanager könnten ihr Stäbe und Linien nennenswert rationalisieren, wenn sie mit TIS persönlich arbeiten würden.
•
Autonomie-Mythos Spitzenmanager hätten Bedarf an einem zusätzlichen Berichtsweg via TIS, da sie ihren Mitarbeitern nie völlig vertrauen und sich daher auch nicht auf deren Information verlassen könnten.
•
TIS-Verantwortung-Mythos Spitzenmanager könnten sich und ihrem Unternehmen durch persönliches Arbeiten mit TIS wesentliche Nutzenpotentiale erschließen. Folgerichtig hätten sie auch die Verantwortung, mit TIS umfassend zu arbeiten.
•
Schwarzer-Peter-Mythos Wenn Spitzenmanager nicht annähernd in dem erwarteten Maße mit TIS arbeiteten, dann läge die Schuld hierfür bei ihnen selbst.
War die Diskussion um „Spitzenmanager und TIS" durch diese Mythen bislang nachhaltig geprägt, so ist ihnen nunmehr folgender neuer Ansatz gegenüber zu stellen1:
118
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Hektik/Ad-hoc-Mythos
Bisherige Aussagen
Neuer Ansatz
Bruchstückhafte Arbeitsabläufe mit vielen Unterbrechungen
Höchst strukturierte und kontrollierte Arbeitsabläufe, Unterbrechungen sind auf Ausnahmefälle beschränkt
Viele ad-hoc-Aufgaben
Kaum relevante ad-hoc-Aufgaben; Aktivitäten sind im Regelfall mit weitem zeitlichen Vorlauf geplant
Einzelaktivitäten von überwiegend kurzer Dauer
Aktivitäten im Regelfall von relativ hoher Dauer (Mehrstündige Sitzungen der Spitzenorganisation, Verhandlungen mit Geschäftspartnern etc.)
Einsamer-Entscheider-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Einzelentscheider
Gruppen- bzw. Gremienentscheider
eindeutige Problemsituation
unscharfe Problemsituation
operativ-analytische Perspektive / Entscheidungsfindung
ganzheitlich-politische Perspektive / Entscheidungsfindung
119
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Nicht-Prognostizierbarkeit-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Informationsbedarf ist insofern gut prognostizierbar, als
Informationsbedarf ist im Grunde nicht prognostizierbar
(1) es kaum ad-hoc-Aufgaben gibt, (2) die Termine und damit der Informationsbedarf überwiegend mit weitem zeitlichen Vorlauf festgelegt sind.
Informationsbedarf ist ganzheitlicher Natur über alle Aufgaben (Termine) hinweg
Informationsbedarf ist in erster Linie entscheidungs- und kontrollorientierter Natur
—.
-
•
—
1
•
Gläsernes-Unternehmen-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Bedarf an Möglichkeit des Zugriffs auf alle Details in allen Verästelungen des Unternehmens
J Ä J J
Bedarf an mehr ganzheitlichübergreifenden Informationen, nicht an mehr Details (Informationsüberladung)
120
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Hands-on-TIS-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Spitzenmanager könnten die Defizite ihrer Informationsversorgung überwinden, wenn sie sich nur die Mühe machten, persönlich mit TIS zu arbeiteten.
Die Nutzenpotentiale von TIS für Spitzenmanager sind auf einen engen Bereich konzentriert. Die Defizite ihrer Informationsversorgung sind anderer Art, als dass sie mit TIS zu überwinden wären.
TIS befreit Spitzenmanager von Informationsüberladungen
TIS kann in seinem Segment Informationsüberladungen in der Tat entgegenwirken. Es ist auf Ebene des Spitzenmanagements jedoch nur eines von vielen Informationsversorgungssystemen. Arbeitet ein Spitzenmanager mit TIS, dann ist seine Informationsüberladung von anderer Seite damit noch nicht eingedämmt.
TIS verschafft Transparenz und Überblick.
TIS ist abhängig von den ihm zugrundeliegenden Rechnungslegungssystemen. In der Schaffung von Transparenz und Überblick sind herkömmlichen Systemen dieser Art Grenzen gesetzt.
TIS ermöglicht zeitnähere Information
TIS ist abhängig von den ihm zugrundeliegenden Rechnungslegungssystemen. Der Zeitnähe der Information sind durch den Zeitbedarf der diesen Systemen zugrundeliegenden Prozesse Grenzen gesetzt.
121
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Für Spitzenmanager ist der Persönliche Stab unverzichtbar.
Arbeiten Spitzenmanager persönlich mit TIS, können sie dadurch ihren Persönlichen Stab (Sekretariate, Assistenten etc.) substituieren.
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Die relevanten Nutzenpotentiale von TIS für Spitzenmanager sind auf einen engen Bereich konzentriert (Briefing-Book).
Arbeiten Spitzenmanager persönlich mit TIS, können sie dadurch die Linien und Stäbe ihres Verantwortungsbereichs rationalisieren.
Der Anteil dieses Bereichs an der Informationsversorgung von Spitzenmanagern ist quantitativ gering, qualitativ allerdings durchaus signifikant. Dessen ungeachtet ist dieser Anteil nicht derart, dass das persönliche Arbeiten mit TIS von Spitzenmanagern zu einer nennenswerten Rationalisierung von Stäben oder Linien führen könnte.
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Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Govemance-Sicht
Autonomie-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Versuchen Informationsmaschinerien „ihre" Spitzenmanager unzureichend oder gar falsch zu informieren, dann können sie dies auch über TIS tun.
TIS nutzt Spitzenmanagern als zusätzlicher Berichtsweg über den sie sich von der Abhängigkeit ihrer Apparate frei machen und Prinzipal-Agent-Problemen entgegenwirken können.
Schließlich sind es auch sie, die die Informationen für TIS liefern und dieses betreiben.
TIS-Verantwortung-Mythos
Neuer Ansatz
Bisherige Aussagen
Spitzenmanager sind an jeder sinnvollen Verbesserung ihrer Informationsversorgung höchst interessiert.
Spitzenmanager haben die Verantwortung, umfassend mit TIS zu arbeiten, da sie auf diese Weise sich und ihrem Unternehmen erhebliche Nutzenpotentiale erschließen können.
Sie arbeiten nicht in dem vielfach erwarteten Maß mit TIS, weil ihnen dies nichts nützt und die dahinterstehende Lehrmeinung ihren Bedarf nicht trifft.
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Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Schwarzer-Peter-Mythos
Bisherige Aussagen
Neuer Ansatz
Spitzenmanager sind nicht interessiert bzw. hinreichend bemüht, ihre Informationsversorgung zu verbessern, ansonsten würden sie umfassend mit TIS arbeiten.
Spitzenmanager sind allgemein sehr an der Verbesserung ihrer Informationsversorgung interessiert und um diese auch bemüht. Sie arbeiten nicht in dem vielfach erwarteten Maß mit TIS, weil ihnen dies nichts nützt (siehe oben).
Anmerkungen 1
Die Entwicklungslinien der bisherigen Modellbildung sind u. a. über folgende Harvard-Business-Review-Aufsätze nachzuzeichnen: Leavitt, H. J., Whistler, T. L.: Management in the 1980's. In: Harvard Business Review, 1958, November-December, pp. 41-48 Rockart, J. F.: Chief executives define their own data needs. In: Harvard Business Review, 1979, March-April, pp. 81- 93 Rockart, J. F., Treacy, Michael E.: The CEO goes on-line. In: Harvard Business Review, 1982, January-February, pp.82-88 Kotter, J. P.: What effective general managers really do. In: Harvard Business Review, 1982, November-December, pp. 156-167 Isenberg, D. J.: How senior managers think. In: Harvard Business Review, 1984, November-December, pp. 80-90 Luconi, F. L., Malone, T. W.: Expert Systems: The Next Challenge for Managers. In: Harvard Business Review, 1986, June-August, Applegate, L. M., Cash, Jr. J. I.: Information Technology and Tomorrow's Manager. In: Harvard Business Review, 1988, November-December, pp. 128-136 124
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Mintzberg, H.: The Manager's Job: Folklore and Fact. In: Harvard Business Review, 1990, March-April, pp. 163-176
2
Weitere Aussagen zu TIS wurden im Zusammenhang von Abb. 5.4 erörtert.
Zusammenfassung Der aus Corporate Governance-Sicht ermittelte Befund weicht von den bislang dominierenden Aussagen um Spitzenmanager und TIS nicht unwesentlich ab. In Schlagworte gefasst werden folgende Mythen identifiziert: Hektik/Ad-hoc-Mythos. Einsamer-Entscheider-Mythos: Nicht-Prognostizierbarkeit-Mythos Gläsernes-Unternehmen-Mythos Informationsselbstversorger-Mythos. Hands-on-TIS-Mythos Bürosubstituierung-Mythos Rationalisierung-Mythos Autonomie-Mythos TIS-Verantwortung-Mythos Schwarzer-Peter-Mythos
125
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
13
Ursachen der Abweichungen
Die
Ursachen
der Abweichungen
sind im Kern auf zwei
Schwachstellen
zurückzuführen: Unscharfen in den Begriffen und insignifikante Referenzsysteme.1 Begriffe Eine zentrale Schwachstelle der Theoriebildung ist in den Unscharfen der Begriffe zu sehen. Problematisch erscheint insbesondere die Zielgruppendefinition. Begriffe wie Manager, Geschäftsführer, Topmanager, General Manager oder Executive werden vielfach beliebig verwandt und ausgetauscht. Weder nach Hierarchie noch nach Unternehmensgröße und -art wird hinreichend differenziert: Im ungünstigen Fall ist damit nicht zu unterscheiden, ob der Manager eines kleinen bis mittleren Unternehmens gemeint ist, oder gar der Vorstandsvorsitzende eines Großkonzems. Managergruppen dieser Art unterscheiden sich hinsichtlich ihres Informationsbedarfs und ihrer Informationsversorgung jedoch signifikant. Was TIS angeht, so kommen vor allem in technikorientierten Beiträgen oftmals folgende Unscharfen hinzu: Systembezeichnungen: Üblich sind Begriffe wie Executive Information System, Executive Support System, Management Support System und andere mehr. Auf welche Zielgruppen diese Systeme abzielen und wie sie sich damit inhaltlich-konzeptionell unterscheiden, wird nur unzureichend differenziert. Funktionalität:
Implizit
oder
explizit
wird
angenommen,
dass
jeder
Funktionsbereich von TIS in der Praxis relevant sei. Kommen im Zuge des technischen Fortschritts neue Instrumente hinzu, werden diese einfach ergänzt. Aktuelle Beispiele sind das Data Mining oder das On-Line-AnalyticalProcessing. Erweist sich eine Anwendung im konkreten Anwendungsfall als nicht signifikant, wird dies als situative Präferenz erklärt. Ob dies Ausdruck
126
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
eines für spezifische Gruppen geltenden Bedarfsmusters ist, wird nicht hinterfragt. TIS-Erfolg: Oftmals wird schon dann von einem TIS-Erfolg gesprochen, wenn ein Spitzenmanager gelegentlich E-Mails liest oder auf ein Intranet zugreift. Auf diese Weise sind Erfolge einfach zu vermelden. Die mit TIS ursprünglich verbundenen Visionen indes sind damit nicht annähernd erreicht. Unmittelbare
und
mittelbare
Nutzenpotentiale:
Beide
werden
häufig
durchmengt. Unmittelbare Nutzenpotentiale eröffnen sich dadurch, dass Spitzenmanager persönlich ("hands-on") mit dem Computer arbeiten; bei mittelbaren Nutzenpotentialen arbeitet "nur" ihre Maschinerie mit TIS und leitet die
Ergebnisse
an
den
Spitzenmanager
weiter.
Unscharf
bleibt
bei
unzureichender Differenzierung an dieser Stelle, warum ein Spitzenmanager tatsächlich auch „hands-on" mit TIS arbeiten soll.2 Referenzsysteme Üblich ist, dass von den allgemeinen Aufgaben eines Managers auf dessen Informationsbedarf geschlossen wird. Die Informationslücke wird exogen definiert und letztlich mit den Potenzialen von TIS gleichgesetzt. Dieses Vorgehen kommt durchgängig zur Anwendung, auch für Spitzenmanager. Im Wesentlichen ergibt sich damit das mit Abb. 12.1 skizzierte Aussagesystem - fortan auch Theorie I genannt: Was die Aufgabenarten von Spitzenmanagern angeht, so werden die in der Betriebswirtschaftslehre üblichen Aufgabenmodelle herangezogen, vor allem der sogenannte
„Fünfer
Personaleinsatz,
Kanon"
mit
den
Kategorien
„Planung,
Organisation,
Führung und Kontrolle", aber auch das Metasystem des
Entscheidens oder die Aufgaben im Rahmen der Büroorganisation und die der Kommunikation.
127
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Abb. 12.1 Theorie I
AUFGABEN
tI INFO-BEDARF
Prozesse/Inhalte schlecht strukturiert bruchstückhaft viel ad-hoc analytisch-operativ
Arten Planung Kontrolle etc. Entscheidung Büroorganisation Kommunikation
1
t1
i
schlecht strukturiert nicht prognostizierbar
gemäß AufgabenArten
1
i i
INFO-LÜCKE
TIS
alle Funktionalitäten
umfassender Nutzen
Bezüglich der Aufgabenprozesse und -inhalte wird gemäß obiger Mythen unterstellt, dass Spitzenmanager einen hektischen Arbeitsablauf hätten, viele Aufgaben ad-hoc kämen und die Aufgabeninhalte im Allgemeinen sehr umfassend, vielschichtig und bezogen auf das Tagesgeschäft im Grunde nicht prognostizierbar seien. Mit diesen Annahmen ist das Bild des Informationsbedarfs von Spitzenmanagern und der Nutzenpotentiale von TIS weitgehend determiniert. Abgeleitet wird üblich, dass Manager im Allgemeinen wie auch Spitzenmanager im Besonderen
128
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
vornehmlich Informationen brauchten um planen, kontrollieren und ihre sonstigen allgemeinen Aufgaben erfüllen zu können, ihre Informationen vorrangig entscheidungsorientiert sein müssten, ihr Informationsbedarf im Tagesgeschäft nicht oder kaum prognostizierbar sei, da viele Aufgaben unvorhersehbar anfielen. Auf Grundlage dieses Informationsbedarfsmodells wird hinsichtlich der Nutzenpotentiale von TIS schließlich unterstellt, dass im Grunde alle Funktionalitäten für einen Spitzenmanager relevant seien und es für Spitzenmanager erfolgskritisch sei, persönlich umfassend mit TIS zu arbeiten. Dieses Aussagesystem bestimmt seit mehreren Jahrzehnten das einschlägige Bild von - und die Mythen um - Spitzenmanager und TIS. Dessen ungeachtet hat es kritische Defizite als Folge der ausgeführten begrifflichen und definitorischen Schwächen. Aus Sicht des Spitzenmanagements eines großen Konzerns sind vor allem zwei Punkte problematisch: (1)
Die Heranziehung der allgemeinen Managementaufgaben als „Schlüssel" für TIS.
(2)
Die Vernachlässigung der Seite der Informationsversorgung.
ad (1): Die in der Betriebswirtschaftslehre gängigen Modelle können und wollen hier einerseits nicht den Anspruch deskriptiver Gültigkeit im Detail erheben. Aus allgemeinen Modellen sind andererseits aber letztlich auch nur allgemeine Aussagen abzuleiten. Wenn diese in spezifischen Kontexten signifikant sind, ist dies zufällig. In ungünstigen Fällen können sie falsch, ja sogar irreführend sein. Kommen gängige Ansätze beispielsweise zu dem Schluss, TIS könnte vor allem die Aufgaben der Planung und Kontrolle sowie bei der Entscheidungsfindung nutzen, so mag dies für vornehmlich operativ tätige Managergruppen gelten, nicht aber für Spitzenmanager. Für diese Zielgruppe sind Aufgaben wie Planung, Kontrolle und Entscheidung keine abgeschlossenen Einzelaktivitäten, sondern stehen für vielschichtige Prozesse, was
129
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
bezüglich des Informationsbedarfs und der Informationsversorgung dieser Zielgruppe von grundlegender Bedeutung ist. Ähnliches gilt für das Bild der Hektik der Arbeitsprozesse und die Vielfalt der ad-hocAufgaben mit der Folgerung der Nicht-Prognostizierbarkeit des Informationsbedarfs. In der Regel wird hier - direkt oder indirekt - auf eine prominent gewordene Grundlagenarbeit von Mintzberg3 abgestellt. Nicht berücksichtigt wird dabei jedoch, dass die Stichprobe der Untersuchung Mintzbergs sehr spezifisch war. Sie umfasste fünf Manager (A bis E): A ist Chairman einer Beratungsfirma; B ist Präsident einer Unternehmung mit US$ 60-70 Mio. Umsatz; C leitet ein Krankenhaus; D ist Präsident einer Unternehmung mit über US$ 100 Mio. Umsatz; E leitet eine Vorortschule.
Entsprechendes gilt für viele einschlägige Folgeuntersuchungen. Wird als Befund solcher
Untersuchungen
überwiegend
die
Unstrukturiertheit
bzw.
Bruchstückhaftigkeit sowie die vergleichsweise hohen Anteile an ungeplanten Aufgaben in den Vordergrund gestellt, so ist dieses Ergebnis aus vorliegender Perspektive indes nicht zu verallgemeinem. Zu berücksichtigen sind vielmehr die durch die Größe eines Unternehmens bestimmten Besonderheiten, wozu auch Mintzberg wie folgt Stellung nimmt:
"The larger the overall organization, the more time the top manager spends in formal communications (memos, scheduled meetings), the less brief and fragmented his activities, the greater the range of external contacts, the more developed his formal communications network (ceremony, external board work), the less his involvement with internal operations, and the less time he spends substituting for subordinates. Managers of small firms spend more time on the roles of specialists and substitute operators." Leider ging diese Differenzierung später in seinem zum Klassiker gewordenen Harvard Business Review Artikel „The Manager's Job: Folklore and Fact"4 verloren. ad (2): Auf die Seite der Informationsversorgung wird vorherrschend entweder überhaupt nicht eingegangen oder es wird ohne weitere Differenzierung unterstellt, dass die traditionellen Informationsversorgungssysteme durch TIS - wenn nicht substituiert - so doch zumindest nennenswert rationalisiert werden könnten. 130
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Nun ist gleichfalls nicht auszuschließen, dass dies für operativ tätige Manager gilt. Für Spitzenmanager hingegen ist auch dieses Bild unzutreffend. Manager dieser Kategorie werden durch eine umfassende Informationsmaschinerie Informationen
ihres
Bedarfs
versorgt.
Die
Zuarbeit
durch
mit den diese
Informationsmaschinerie ist für sie unverzichtbar. Ohne sie wären sie nicht arbeitsfähig. Dass TIS diese Informationsmaschinerien ersetzen könnte, ist auch mit weitem Blick in die Zukunft nicht erkennbar. TIS kann schon von daher also auf keinen Fall die vielfach propagierte Wunderwaffe auf dieser Ebene sein, was obige Analyse unterlegt. Wie also sind die Schwachstellen der bisherigen Theorieentwicklung zu überwinden? Vorliegend wird das bislang vorherrschende Aussagesystem in zwei zentralen Punkten modifiziert: Zielgruppe und Referenzsystem. Zielgruppe: Hier ist offensichtlich vermehrt nach spezifischen Subgruppen zu differenzieren. Vorliegend wird im Rahmen einer so genannten Theorie II vereinfachend zwischen zwei Typen unterschieden: Topmanager A und Z. A steht einem kleinen bis mittleren Unternehmen vor. Er ist nicht Mitglied einer Spitzenorganisation und überwiegend Einzelentscheider. Z gehört der Spitzenorganisation eines komplexen (im Regelfall börsennotierten) Unternehmens an. Er ist Spitzenmanager nach vorliegendem Verständnis. Dass zwischen A und Z noch weitere Abstufungen sinnvoll sein könnten, ist augenscheinlich, für vorliegende Zwecke aber ohne Belang. Referenzsvstem: In dem bislang vorherrschenden Ansatz ist offensichtlich der Bezug auf die allgemeinen Aufgaben des Managements und die Vernachlässigung der Seite der Informationsversorgung kritisch. Im Rahmen von Theorie II werden diese Punkte gemäß obiger Vorgehensweise wie folgt modifiziert:
131
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Der Bezug auf allgemeine Aufgaben wird durch eine Orientierung an den Terminen des Managers ersetzt, was zu den tatsächlichen Tätigkeiten und damit auch zu dem konkreten Informationsbedarf hinführt. Das Referenzsystem wird um das Element der
Informationsversorgung
ergänzt. Was ergibt sich in diesem neuen Ansatz für Topmanager A? Die bisherigen Aussagen bleiben letztlich unverändert (vgl. Abb. 12.2): Abb. 12.2 Theorie II für Topmanager A
TERMINE
I INFO-BEDARF
Arten aufgabengesteuert
Prozesse/Inhalte schlecht strukturiert bruchstückhaft viel ad-hoc analytisch-operativ
l
l
gemäß AufgabenArten
schlecht strukturiert nicht prognostizierbar
l
I
INFO-LÜCKE
TIS alle Funktionalitäten
Î
Î INFO-VERSORGUNG
umfassender Nutzen
Selbstversorger-Prinzip
132
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
die Aufgaben auf dieser Ebene sind derart operativ, dass sie unter vorliegend relevanten Aspekten mit Terminen vergleichbar sind die Annahmen bzgl. der Aufgabenprozesse und -inhalte gelten weiterhin entsprechendes gilt für den Informationsbedarf die Ergänzung der Informationsversorgungskomponente
ist für A ohne
Bedeutung; A hat keine Stäbe, die ihn mit Informationen versorgen, er ist Einzelentscheider, für ihn gilt sozusagen das Selbstversorger-Prinzip. Augenscheinlich und plausibel ist, dass TIS für A in dieser Situation sehr hilfreich sein kann. Theorie I ist so gesehen ein Spezialfall von Theorie II bezogen auf A. Wie sieht der Befund aber nun für Z aus (vgl. Abb. 12.3)? Zunächst zu den Terminen. Betrachtet man den Terminkalender und den Arbeitsalltag von Z, so stellt man fest: Die Arbeit von Z ist überwiegend durch vereinbarte Termine bestimmt, wobei vereinfachend drei Arten zu unterscheiden sind: Organtermine, Projekttermine und Einzeltermine.5 Die überwiegende Mehrzahl der Termine ist mit langem zeitlichen Vorlauf bekannt. Ihre Ziele und Inhalte sind im Vorfeld festgelegt. Anders würde kein Termin vereinbart werden. Die Termininhalte selbst sind einerseits gut strukturiert, andererseits aber auch hoch komplex sowie überwiegend ganzheitlich-politischer Natur und von sehr weitreichender Bedeutung. Der Terminablauf ist durchgängig und konzentriert. Die Termine folgen zwar eng aufeinander, werden jedoch keineswegs hektisch abgearbeitet, sondern ruhig und kontrolliert, wozu auch eine vergleichsweise lange Termindauer beiträgt.
133
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Govemance-Sicht
Die Terminplanung wird im Regelfall strikt eingehalten. Ad-hoc-Aktivitäten sind eine seltene Ausnahme. Abb. 12.3 Theorie II für Topmanager Z
TERMINE
Arten Organtermine Projekttermine Einzeltermine
1
1 INFO-BEDARF
I
ganzheitlich-politisch hoch relevant und komplex
I
gut strukturiert gut prognostizierbar
1
INFO-LÜCKE
CGIFOS
t
Î
INFO-VERSORGUNG
Der
Prozesse/Inhalte gut strukturiert durchgängig höchst selten ad-hoc ganzheitlich-politisch mit langem Vorlauf geplant
Informationsbedarf
Bienenköniginnen-Prinzip
von
Z
ist folgerichtig
relativ
gut
strukturiert
und
prognostizierbar. Inhaltlich ist er hoch relevant und komplex und vor allem von ganzheitlich-politischer Natur.
134
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
Die Informationsversorgung von Z erfolgt definitionsgemäß durch eine Informationsmaschinerie nach dem Bienenköniginnenprinzip. Dessen ungeachtet hat sie nach bisheriger
Norm
offensichtlich
Grenzen
und ggf. auch
Defizite,
zu
deren
Verschiebung bzw. Überbrückung CGIFOS beitragen soll.
Anmerkungen 1 Warum werden die Schwachstellen der Theoriebildung nicht durch empirische Untersuchungen aufgedeckt? Eine Ursache ist, dass die Schwachstellen der Theoriebildung, insbesondere was die Begriffe angeht, hier gleichsam fortgeführt werden. Eine andere Ursache sind die mit empirischen Untersuchungen grundlegend verbundenen Einschränkungen: Fallstudien haben unter dem Aspekt der Zielgruppendifferenzierung den Vorteil, dass der Systemanwender entweder benannt oder zumindest gut beschrieben wird. Ihr Nachteil ist, dass sie nicht repräsentativ sein können. Ob die Beispiele die Ausnahme oder die Regel sind bleibt offen. Hinzu kommt, dass die Befunde gerade auf der Spitzenebene vielfach relativ unscharf sind, was mit der eingeschränkten Zugänglichkeit dieser Zielgruppe einhergehen dürfte. -
Stichprobenerhebungen lassen vielfach unbestimmt, in welcher Verteilung unterschiedliche Topmanagementgruppen in der Stichprobe repräsentiert sind bzw. von welchen Personen die Informationen erhoben wurden - ob beispielsweise von Spitzenmanagern unmittelbar oder von eher operativen Bereichen. Die Einschätzungen und Aussagen dieser Gruppen sind oft grundlegend verschieden.
2 Mertens beispielsweise erklärt das Zustandekommen solcher Schwachstellen wie folgt: ..."im Tagesgeschäft" der Wirtschaftsinformatik (Wl) [werden] sowohl von Forschem als auch von Praktikern immer wieder [ökonomische Sachverhalte in Verbindung mit dem Zielsystem des Unternehmens] übersehen. Die Ursache hierfür kann in "routine- oder gewohnheitsmäßigen Reaktionen" liegen oder auch darin, daß modische Werbebotschaften aufgesogen und unreflektiert wiedergegeben werden. vgl. Mertens, P.: Operiert die Wirtschaftsinformatik mit den falschen Unternehmenszielen - 15 Thesen? In: Becker, J. et. al.: Die Bedeutung der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftswissenschaften - diskutiert am Beispiel der Wirtschaftsinformatik. Wiesbaden. 1998 (www down-load)) 135
Teil IV Bisherige Aussagesysteme und der neue Ansatz aus Corporate Governance-Sicht
3 Mintzberg, H.: The Nature of Managerial Work. New York. 1973 4 Mintzberg, H.: The Manager's Job: Folklore and Fact. In: Harvard Business Review, 1990, March-April, pp. 163-176 5 Vgl. Rechkemmer, K.: Topmanagement-Informationssysteme: betriebswirtschaftliche Grundlagen. Stuttgart, 1999, S. 47 ff.
Zusammenfassung Die Abweichungen zwischen dem Befund des neuen Ansatzes aus Corporate Governance-Sicht und bislang gängigen Aussagesystemen sind auf Schwachstellen in der bisherigen Theoriebildung zurückzuführen. Kritische Defizite sind: (1) Unscharfen in den Begriffen, (2) insignifikante Referenzsysteme. Die Korrektur dieser Defizite führt (a) zu einem allgemeinen Grundmodell für Spitzenmanager und andere Topmanager-Gruppen, (b) von anderer Seite auf CGIFOS hin.
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Teil V Fazit und Executive Summary
Teil V
Fazit und Executive Summary
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Teil V Fazit und Executive Summary
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Fazit
Die im Bereich der Corporate Governance bislang vorgelegten Regelungen lassen die Problematik der Informationsversorgung der Unternehmensleitung weitgehend ausgeklammert.
Betont
wird
zwar
die
Wichtigkeit
des
„Aufbaus
eines
Überwachungssystems zur Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen" und die Notwendigkeit der zeitnahen Information über relevante Ereignisse. Wie dies zur erreichen, wie die Informationsversorgung des Spitzenmanagements insgesamt adäquat zu gestalten ist, wird indes nicht konkretisiert.
Viele Spitzenmanager sind mit ihrer Informationsversorgung jedoch unzufrieden. Gerade die ungenügende Möglichkeit der Früherkennung von Risiken und Chancen sowie die mangelnde Zeitnähe der zugeleiteten Information wird oftmals beklagt. Weitere
Defizite sind: Informationsüberladung,
unzureichende
Übersicht
und
Transparenz bei hoher Komplexität, Vergangenheitsorientierung, Scheinexaktheit, verschiedene Principal Agent-Probleme.
In anderen Worten: Die Corporate Governance-Regelungen setzen einen Sachstand voraus, der in der Praxis noch nicht die Norm ist, nämlich die angemessene Informationsversorgung des Spitzenmanagements unternehmensintern. Spitzenmanager sehen sich damit dem Dilemma gegenüber, dass sie einerseits für die Überwachung, Leitung, Transparenz und „richtige" und umgehende Information „nach außen" direkt verantwortlich sind, sie andererseits jedoch selbst unzureichend informiert werden. Hier setzt das vorgestellte Corporate Governance Informationsund Früherkennungssystem - CGIFOS genannt - an. Sein Ausgangspunkt ist ein aus der
spezifischen
Perspektive
des
Informationsbedarfs
und
der
Informationsversorgung entwickeltes Spitzenmanager-Modell.
Spitzenmanager-Modell
Die Modellentwicklung erfolgt in zwei Etappen: Als erstes wird der Informationsbedarf und die Informationsversorgung von Spitzenmanagern auf seine typischen Merkmale
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Teil V Fazit und Executive Summary
hin analysiert. Anschließend wird im Abgleich der beiden Seiten die für diese Zielgruppe im Regelfall geltende Informationslücke identifiziert. Der auf diese Weise gewonnene Befund weicht von bislang dominierenden Aussagen teils wesentlich ab. Festgestellt wird insbesondere, dass der Informationsbedarf von Spitzenmanagern insofern gut strukturiert und gut prognostizierbar ist, als deren Termine, die ihren Informationsbedarf bestimmen, mit hohem zeitlichen Vorlauf geplant und inhaltlich vorbestimmt sind. Nach bisheriger Lehrmeinung ist der Informationsbedarf von Managern überwiegend schlecht strukturiert und kaum prognostizierbar. die Informationsversorgung von Spitzenmanagern (a) durch eine umfassende Informationsmaschinerie (Stäbe, Linien, Teams etc.) erfolgt und zwar gleichsam nach dem Bienenköniginnen-Prinzip rund um die Uhr und weltweit und (b) diese Informationsmaschinerie für die Arbeit von Spitzenmanagern höchst wichtig und unverzichtbar
ist.
In
bislang
dominierenden
Ansätzen
wird
diese
Informationsmaschinerie entweder nicht reflektiert, oder es wird unterstellt, dass Spitzenmanager diese Maschinerie durch persönliches Arbeiten mit einem computergestützten Topmanagement-Informationssystem wesentlich rationalisieren, wenn nicht gar substituieren könnten, was aus vorliegender Sicht auch mit weitem Blick in die Zukunft nicht erkennbar ist. Wenn
der
Informationsbedarf
von
Spitzenmanagern
aber
überwiegend
gut
strukturiert und prognostizierbar ist, und ihre Informationsmaschinerie sie gleichsam nach dem Bienenköniginnen-Prinzip mit den Informationen ihres Bedarfs versorgt, dann müssen die allgemein beklagten Defizite der Informationsversorgung von Spitzenmanagern - so die vorliegende Folgerung - durch Probleme verursacht sein, die entweder nicht zu überwinden sind oder die bislang noch nicht erkannt bzw. gelöst wurden. Hier soll CGIFOS einen Beitrag leisten.
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Teil V Fazit und Executive Summary
In der zweiten
Etappe wird das Spitzenmanager-Modell
als
Referenzsystem
herangezogen, um (a) die Schwachstellen in den bisherigen Entwicklungslinien der Theorieentwicklung Identifizierung
aufzuzeigen
und
der Informationslücke
(b) zu
einem
unterschiedlicher
allgemeinen
Raster
Managementgruppen
der zu
kommen, was für die Zielgruppe des Spitzenmanagements letztlich den Bogen zurück zu CGIFOS schließt.
CGIFOS
Methodischer Ausgangspunkt des CGIFOS-Konzepts ist die Überlegung, dass die von Spitzenmanagern zu verantwortende Komplexität unter vorliegend relevanten Aspekten mit der von Volkswirtschaften vergleichbar ist und es sich somit anbietet, auf volkswirtschaftlicher Ebene bewährte Verfahren der Komplexitätsbewältigung nach entsprechender Anpassung auf Unternehmensebene zu nutzen. Mit diesem Vorgehen führt CGIFOS zu zeitnahen, zukunftsorientierten, ganzheitlich-qualitativen Grundinformationen, die
Risiken und Chancen früher erkennen lassen, bestmögliche Zeitnähe garantieren, Informationsüberladungen reduzieren, Komplexität übersichtlicher und besser handhabbar machen, zukunfts- und nicht vergangenheitsorientiert sind und Scheinexaktheiten aufgrund des konzeptionellen Ansatzes ausschließen.
Zudem gehen von CGIFOS wichtige mittelbare Nutzenpotentiale, wie:
die Stärkung der
Position des Spitzenmanagements durch die eindeutige
Zuordnung der unmittelbaren Informationsverantwortung auf nachgelagerter Ebene, was zugleich verschieden
Principal Agent-Problemen
(in
Berichten versteckte oder unscharfe Information etc.) entgegenwirkt.
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„dicken"
Teil V Fazit und Executive Summary
das
bessere
Verständnis
des
Bedarfs
von
Spitzenmanagern
unternehmensintem, die durch beide Faktoren zu erwartende Verbesserung der Management- und Informationskultur des Unternehmens insgesamt. Das primäre Ziel von CGIFOS ist es, durch die Verschiebung der konzeptionellen Grenzen
herkömmlicher
Grundinformationssysteme
zur
Verbesserung
der
Informationsversorgung von Spitzenmanagern beizutragen - und zwar an einer Stelle, wo Informationsversorgung in Wissensversorgung übergeht. Zudem kann CGIFOS die Überbrückung operativer Defizite herkömmlicher Grundinformationssysteme unterstützen, wobei die Flexibilität und Kostengünstigkeit des Konzepts von zusätzlichem Vorteil sind. Die vorrangige Zielgruppe von CGIFOS ist das Spitzenmanagement (Aufsichtsräte, Vorstände, Geschäftsführer etc.). Seine typischen Anwendungsbereiche auf dieser Ebene sind das Monitoring von Geschäften und Projekten. Allgemein ist das Konzept indes überall dort anzuwenden, wo Verantwortung in hoher Komplexität auszuüben ist. Dessen ungeachtet hat das CGIFOS-Konzept natürlich auch Grenzen: Auch CGIFOS kann den Faktor „Mensch" nicht ausschalten und durchgängig „richtige" Information garantieren. CGIFOS ist auf das Segment der Grundinformationen konzentriert. Das wichtige Segment der Sonderinformationen wird lediglich insofern berücksichtigt, als dass diese vielfach auf Grundinformationen basieren. In
anderen
Worten:
versorgungssysteme
CGIFOS des
kann
und
soll
Spitzenmanagements
ergänzen. Hinzu kommt:
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herkömmliche nicht
ersetzen,
Informationssondern
sie
Teil V Fazit und Executive Summary
CGIFOS ist inhaltlich ein vergleichsweise anspruchvolles Instrument. Erfolgskritisch für seine Einführung in der Praxis sind einschlägige Fachkenntnisse und hinreichende Erfahrungen auf Ebene des Spitzenmanagements. CGIFOS ist infolge (a) der direkten Zuordnung der Informationsverantwortung und
(b)
des Abgleichs zwischen
der
persönlichen
Einschätzung
des
Verantwortungsträgers und „nachlaufendem Ist" ein vergleichsweise „scharfes" Instrument, dessen Einführung organisatorischen Widerstand hervorrufen kann. Erfolgskritisch ist, dass diesem Widerstand geeignet begegnet wird. Vor diesem Hintergrund wäre wertvoll und dienlich, wenn im Rahmen der Corporate Governance-Vorgaben
den
derzeit
noch
gegebenen
Defiziten
der
Informationsversorgung des Spitzenmanagements vermehrt Rechnung getragen und die Implementierung eines Systems wie CGIFOS explizit empfohlen würde. Im Grundsatz indes gilt davon unabhängig: Wenn ein Aufsichtsrat, Vorstand oder Geschäftsführer seine Informationsversorgung zu verbessern sucht, dann bietet CGIFOS hierfür eine Lösung. Und wenn er CGIFOS will, dann gibt es keinen Grund, dass er es nicht umgehend bekommt - und zwar kostengünstig und flexibel seinem spezifischen Bedarf maßgerecht entsprechend.
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Teil V Fazit und Executive Summary
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Executive Summary
Nachstehende Übersichten fassen die Grundelemente des CGIFOS-Konzepts für Spitzenmanager und deren Mitarbeiter zusammen. Die Eckpunkte der Darstellung sind: Corporate Governance Why a new information system?
CGIFOS
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Operational issues
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Teil V Fazit und Executive Summary
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Teil V Fazit und Executive Summary
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Teil V Fazit und Executive Summary
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