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German Pages XII, 286 [291] Year 2020
Claudia Mast Klaus Spachmann
Content Management – für welche Kommunikationswege? Strategien der Stakeholderansprache in einer digitalisierten Welt
Content Management – für welche Kommunikationswege?
Claudia Mast · Klaus Spachmann
Content Management – für welche Kommunikationswege? Strategien der Stakeholderansprache in einer digitalisierten Welt Unter Mitarbeit von Katherina Georg Mit Beiträgen von Helena Stehle, Rainer Berghausen, Hauke Hannig, Andreas Möller, Jörg Schillinger, Bernadette Tillmanns-Estorf
Claudia Mast Institut für Sozialwissenschaften Universität Hohenheim Stuttgart, Deutschland
Klaus Spachmann FG Kommunikationswissenschaft Universität Hohenheim Stuttgart, Deutschland
ISBN 978-3-658-30440-9 ISBN 978-3-658-30441-6 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort
Wie können die Unternehmen ihre Stakeholder überzeugend ansprechen – in einer digitalisierten Welt mit überbordenden Medienangeboten? Für die Firmen stellt die enorme Zunahme der Kommunikationswege mit völlig unterschiedlichen Einfluss- und Gestaltungspotenzialen der Nutzer eine große Herausforderung dar. Die Unsicherheit ist groß, welche der neuen Kommunikationswege die relevanten Stakeholder auch noch in naher Zukunft intensiv nutzen werden. Ebenso groß sind die Herausforderungen, die sich aus dem zunehmenden Kontrollverlust über weite Bereiche des Kommunikationsgeschehens – vor allem im Netz – ergeben. Und welche Rolle spielen persönliche Kommunikationsprozesse dann noch in dieser medialen Welt? Eines ist klar: Die Unternehmen müssen jetzt strategische Entscheidungen für Morgen fällen, denn sie können nicht alle medialen und persönlichen Kommunikationswege gleichermaßen bearbeiten – und dies auch noch mit den Ablaufroutinen aus der Vergangenheit. Ein einfaches „Weiter-So“ würde die personellen und finanziellen Ressourcen „sprengen“ und wäre auch nicht effektiv. Denn letztlich zählt nur das, was die Stakeholder auch wahrnehmen und verarbeiten. Schließlich geht es um Aufmerksamkeit, Image, Reputation, Vertrauen – alles Konstrukte, die auf einer gelungenen Stakeholderansprache basieren. Die Unternehmen steuern in ihrer Kommunikationspraxis seit Jahren – Schritt für Schritt – um und konzentrieren sich auf das Management der Themen bzw. Inhalte sowie das Management der Kommunikationskanäle. Es geht um Content Management und die strategischen Entscheidungen, welche Inhalte in welcher Form über welche Kommunikationswege den Stakeholdern angeboten werden. Welche Strategien der Stakeholderansprache stehen den Unternehmen offen? Die Ausrichtung der täglichen Kommunikationsarbeit auf ein Content Management als Prozess, auf attraktive Themen, die die Unternehmensstrategie beleuchten und aktuelle Entwicklungen im Unternehmen abbilden, ist eine zentrale Antwort der Bereiche Unternehmenskommunikation auf den Medienwandel, das veränderte Kommunikationsverhalten der Stakeholder und die Anforderungen der Wirtschaftlichkeit. Content Management bedeutet die strategisch ausgerichtete Aufbereitung attraktiver Themen für alle verfügbaren Kommunikationswege mit einer klaren Stakeholderperspektive.
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Vorwort
Eine weitere Antwort der Unternehmen auf die Explosion der Kommunikationswege sind strategische und bewusste Entscheidungen, über welche Kommunikationswege die jeweiligen Stakeholder angesprochen werden. Sie wissen: Diese Wahl hat für die Stakeholder auch eine symbolische Bedeutung. „The medium is the message“ (McLuhan und Fiore 1967). Wie können und wie wollen also die Unternehmen in einer digitalisierten Welt ihre Stakeholder erreichen, die sich immer mobiler in den Kommunikationslandschaften bewegen? Welche Rolle spielen persönliche Kommunikationswege in den digitalisierten Medienlandschaften? Das vorliegende Buch bündelt theoretische Überlegungen und empirische Befunde zu den Grundsatzentscheidungen einer Kommunikationsstrategie. Welches sind die grundlegenden Fragen, die entschieden werden müssen, damit Inhalte auch die Aufmerksamkeit von Stakeholdern finden? Welche Erfahrungen haben die 500 größten Unternehmen Deutschlands auf diesem Weg gemacht und welche Schwerpunkte setzen sie in ihrer praktischen Kommunikationsarbeit? Welche Formen und Formate der persönlichen Kommunikation haben sich in der Praxis bewährt – und wie bewerten ausgewählte Stakeholder diese Kommunikationswege? Das Buch ist ein erster Wegweiser für strategische Entscheidungen im Kommunikationsmanagement von Unternehmen. Es führt theoretische Systematisierungen, empirische Studienergebnisse und praktische Erfahrungen von Kommunikationsverantwortlichen ausgewählter Unternehmen zusammen. Die Autoren bedanken sich für die Bereitschaft zur Mitarbeit und zur tatkräftigen Unterstützung dieses Buches im Besonderen bei den Gastautoren aus der Unternehmenspraxis, die über ihre strategischen Überlegungen und Erfahrungen sprechen. Unser Dank gilt im Besonderen: Rainer Berghausen, Celesio AG/McKesson Europe AG (2006-2018); Hauke Hannig, ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG; Dr. Andreas Möller, Trumpf GmbH + Co. KG; Dr. Jörg Schillinger, Dr. August Oetker KG; Dr. Bernadette Tillmanns-Estorf, B. Braun Melsungen AG. Ohne die tatkräftige Unterstützung aus dem Team des Fachgebietes Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) wäre die Durchführung der zahlreichen Studien und die Erstellung dieses Manuskriptes nicht möglich gewesen. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt Dr. Helena Stehle, die die Rolle der persönlichen Kommunikation in diesem Buch analysiert, und Dipl. rer. com. Katherina Georg, die an der Zusammenstellung von zentralen Befunden aus den regelmäßigen Umfragen bei den Top-500-Unternehmen maßgeblich mitgearbeitet hat. Darüber hinaus waren Alena Kirchenbauer, M. Sc. und Andreas Biesinger, M. A. bei der Erstellung
Vorwort
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des Manuskriptes beteiligt. Zoe Kögler und Franziska Hentschel haben als studentische Mitarbeiterinnen das Projekt insbesondere mit der Durchführung von Datenanalysen tatkräftig unterstützt. Auch bei Dipl. oec. Daisy Bartsch bedanken wir uns sehr herzlich für ihre unermüdliche, sorgfältige Bearbeitung des Manuskriptes und bei Rainer Bluthard für die Übernahme der Schlussredaktion. Stuttgart-Hohenheim, im Mai 2020 Claudia Mast Klaus Spachmann
Inhalt
Claudia Mast, Klaus Spachmann Content Management – für welche Kommunikationswege? Strategien der Stakeholderansprache in einer digitalisierten Welt
Vorwort .......... ................................................................................................ V 1
Einleitung: Zu diesem Buch ................................................................... 1
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Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt – eine Einführung ................................................................................... 7 2.1 Kommunikationsumfeld: Wie sich die Rahmenbedingungen ändern ...................................... 7 2.2 Kommunikationsstrategie: Welche Anforderungen steigen ............. 18 2.3 Handlungsfelder: Alte Herausforderungen und neue Aufgaben ...... 28
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Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern? Grundlegende Entscheidungen im Management der Kommunikation ................................................................................ 39 3.1 Content Management als Antwort auf den Medienwandel .............. 39 3.2 Wichtige Entscheidungen bei der Formulierung von Strategien ...... 44 3.2.1 Touchpoints – die Zugänge zu den Stakeholdern................... 45 3.2.2 Themen – worüber gesprochen werden soll ........................... 48 3.2.3 Formen – Strategien der Präsentation .................................... 52 3.2.4 Wege – medial oder direkt? .................................................... 55 3.3 Quo vadis Kommunikationsmanagement? ...................................... 58
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Inhalt
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor? Erfahrungen und Einschätzungen aus der Kommunikationspraxis............................................................. 63 4.1 Innovationen in der Unternehmenskommunikation – aktuelle Veränderungen und Projekte im Zeitverlauf .................................... 66 4.1.1 Wichtige Vorhaben in den Jahren 2012 bis 2018 ................... 67 4.1.2 Trendanalysen – Schwerpunkte der aktuellen Projekte ......... 76 4.1.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick .................. 83 4.2 Neue Themenschwerpunkte und Stakeholdergruppen: Worüber die Firmen sprechen und an wen sie sich richten .............. 86 4.2.1 Welche Themen aufgegriffen werden .................................... 87 4.2.2 Chancen und Hürden in der Stakeholderansprache ................ 93 4.2.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick ................ 103 4.3 Unternehmensverständnis als Arbeitgeber: Wie Employer Relations zum Handlungsfeld werden.................... 106 4.3.1 Wie die Firmen sich als Arbeitgeber präsentieren ............... 107 4.3.2 Zielgruppen und Themen in der Arbeitgeberkommunikation........................................ 111 4.3.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick ................ 121 4.4 Neue Strukturen, neue Abläufe: Wie Content Management die zunehmende Kommunikationsnachfrage bewältigen soll ........ 124 4.4.1 Inhalte, Akteure und Zuständigkeiten bei der Themenplanung ........................................................ 125 4.4.2 Herausforderungen im Themenmanagement ....................... 135 4.4.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick ................ 138 4.5 Nachdenken über die Zukunft der Unternehmenskommunikation: Welche Rolle, Einfluss, Gestaltungsmacht und welche Kooperationspartner? .................................................. 141 4.5.1 Zentrale Handlungsfelder im Kommunikationsmanagement und Perspektiven ................................................................... 142 4.5.2 Zukunftseinschätzungen und Aussichten ............................. 151 4.5.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick ................ 153 4.6 Einsatz von Multiplikatoren: Mitarbeiter und Führungskräfte als zentrale Kommunikatoren wiederentdeckt................................ 156 4.6.1 Welche Kommunikationswege wichtiger werden ................ 157 4.6.2 Im Mittelpunkt: Manager als Kommunikatoren ................... 164 4.6.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick ................ 171 4.7. Fünf Trends im Kommunikations-Mix ........................................... 174
Inhalt
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation? Face-to-Face-Austausch im digitalisierten Medienumfeld von Helena Stehle ........................................................................................ 179 5.1 Aus der Sicht von Kommunikatoren: Ergebnisse von Interviews mit Kommunikationsverantwortlichen .......................................... 180 5.1.1 Relevanz des Kommunikationswegs ................................... 181 5.1.2 Ziele, Adressaten und Akteure ............................................ 184 5.1.3 Umsetzung und Formate ...................................................... 186 5.2 Aus der Sicht von Multiplikatoren: Ergebnisse einer Befragung unter Führungskräften in Deutschland ........................................... 192 5.2.1 Bedeutung des Kommunikationswegs ................................ 193 5.2.2 Erwartungen und Wünsche an den persönlichen Austausch in und von Unternehmen .................................... 196 5.2.3 Zufriedenheit mit den Formen und Formaten ..................... 202 5.3 Aus der Sicht von Stakeholdern: Fallstudien-Ergebnisse aus Interviews mit Mitarbeitern, Führungskräften und Journalisten .... 206 5.3.1 Relevanz des Kommunikationswegs ................................... 209 5.3.2 Erwartungen und Wünsche an persönliche Kommunikation ........................................... 215 5.3.3 Bewertung von konkreten Formaten ................................... 221 5.4. Empirische Befunde zur persönlichen Kommunikation im Überblick ................................................................................... 224
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere. Beispiele und Erfahrungen der Unternehmenspraxis mit persönlichen Kommunikationsformaten ..................................... 229 6.1 Königsdisziplin der Unternehmenskommunikation. Die persönliche Kommunikation der Geschäftsführung wird wichtiger Rainer Berghausen, Celesio/McKesson Europe (2006-2018) ..................... 230 6.2 Mit neuen und alten Medien. Wie sich die Kultur des persönlichen Austauschs ändert Hauke Hannig, ebm-papst .................................................................... 236 6.3 Warum nicht alles digital wird. Persönliche Kommunikation in der Praxis eines Unternehmens Andreas Möller, Trumpf ...................................................................... 240
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Inhalt
6.4 Gespräche als unerlässliche Grundbausteine. Persönliche Kommunikation im Arbeitsalltag der Unternehmen Jörg Schillinger, Dr. August Oetker ...................................................... 245 6.5 Wissen wächst, indem wir es teilen. Plädoyer für einen lebendigen Dialog im Unternehmen Bernadette Tillmanns-Estorf, B. Braun Melsungen .................................. 249 7
Unternehmenskommunikation – Koordinaten für die Zukunft ..... 255 7.1 Die strategische Grundausrichtung ändert sich .............................. 255 7.2 Ein schneller Blick nach vorne ....................................................... 261 7.3 Drei Fragen – drei Antworten ......................................................... 263
Anhang Autoren ......................................................................................................... 271 Gastautoren ................................................................................................... 272 Verzeichnis der Abbildungen ....................................................................... 274 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 281
1.
Einleitung: Zu diesem Buch
Wie können die Stakeholder in einer digitalisierten Welt wirksam angesprochen werden? Wo setzt man am besten an? Welche Vorgehensweisen haben sich bewährt? Dieses Buch beschäftigt sich mit dem strategischen Kommunikationsmanagement. Darunter wird verstanden, wie Unternehmen und Organisationen Public Relations (PR) betreiben, wie sie ein Kommunikationssystem aufbauen und als Managementfunktion umsetzen. Kommunikation findet überall statt – sowohl innerhalb des Unternehmens zwischen den Führungskräften und Mitarbeitenden als auch in seinen Beziehungen nach außen, etwa wenn eine Kundenberaterin oder ein Kundenberater ein Verkaufsgespräch mit Kaufinteressierten führt. Organisationen basieren auf Kommunikation. Unternehmerisches Entscheiden und Handeln, welcher Art auch immer, und menschliche Kommunikation sind damit untrennbar miteinander verbunden (Mast 2019, S. 3). Strategische Kommunikation expandiert Als strategische Kommunikation ist Kommunikation jedoch auf spezielle Weise geplant, folgt etablierten und professionalisierten Handlungsmustern und ist systematisch mit Führung und Management eines Unternehmens verknüpft. Strategisches Kommunikationsmanagement ist damit ein eigenständiger Gegenstandsbereich geworden. In den Unternehmen und anderen Organisationen ist es inzwischen ein expandierendes Berufs- und Handlungsfeld. Es beinhaltet wichtige Entscheidungen u. a. über die Ziele, Zielgruppen und Vorgehensweisen in der Unternehmenskommunikation. Die Verantwortlichen müssen nämlich Kommunikationsmaßnahmen unter den Bedingungen der Unsicherheit planen und in einem komplexen ebenso wie dynamischen internen und externen Umfeld umsetzen. Das strategische Kommunikationsmanagement hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Entwicklung hinter sich. Die Unternehmen erkennen es mehr denn je als eine wichtige Aufgabe und bauen die entsprechenden Bereiche personell und konzeptionell aus. Strategische Kommunikation etabliert sich als Managementaufgabe – eben Kommunikationsmanagement (Mast 2019; Zerfaß 2014). Für die strategische Kommunikation und ihre operative Umsetzung haben sich im Rahmen der Konzeptions- und Managementlehre einheitliche Standards und Exzellenzmerkmale herausgebildet.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_1
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Einleitung: Zu diesem Buch
Professionalisierung: Exzellente Public Relations Das Communication Excellence Model (ECM) nennt vier generelle Kriterien für exzellente, erfolgversprechende PR, die den Anforderungen gerecht wird und sich auf der Höhe der Zeit befindet. Bei zwei von ihnen geht es um den Einfluss des Kommunikationsmanagements sowie um dessen Leistungen (Tench et al. 2017, S. XXVII). Demnach ist exzellentes Kommunikationsmanagement in die Entscheidungsfindung eines Unternehmens eingebunden („Executive Influence“), erfüllt beratende Funktionen und hat ein entsprechendes Standing im Unternehmen („Advisory Influence“), wird im Unternehmen als hilfreich wahrgenommen und trägt zum Erfolg des Unternehmens bei („Success“), der durch kompetente Fachleute gesichert wird („Competence“). Diese vier Kriterien können als wichtige, übergreifende Merkmale des strategischen Kommunikationsmanagements gesehen werden. Sie sind Referenzpunkte bzw. Benchmark für professionelle Kommunikation, welche die strategische Kommunikationsfunktion in den Unternehmen optimal umsetzt. Gesellschafts-, Wirtschafts- und Medienwandel als Herausforderung Gleichzeitig zur dauerhaften Professionalisierungs- und Optimierungsaufgabe steht das Kommunikationsmanagement derzeit vor zahlreichen Herausforderungen. Angesichts der Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Medien wird strategische Kommunikation wichtiger, aber auch komplexer und schwieriger umzusetzen. Sie muss sich an die grundsätzlichen Trends in Medien, Wirtschaft und Gesellschaft anpassen. Allen voran ist dies die Digitalisierung. Der Medienwandel sorgt dafür, dass sich die Bedingungen für öffentliche und private Kommunikation sehr grundsätzlich ändern. Dadurch verändern sich die Ansprache externer und interner Öffentlichkeit ebenfalls sehr stark. Die Digitalisierung eröffnet zahlreiche technische Möglichkeiten für die Kommunikation im Allgemeinen und das Kommunikationsmanagement im Speziellen. Dabei kommen nicht nur neue Medien bzw. neue Verbreitungskanäle zu den Bestehenden dazu. Vielmehr transformiert sich das gesamte Kommunikations- und Mediensystem. Es findet ein Paradigmenwechsel in der öffentlichen Kommunikation statt (Mast, Spachmann, und Georg 2017). Die mediale Vernetzung wertet die Rolle von Dialog und persönlicher Kommunikation auf. Neue Möglichkeiten und Formen der Kommunikation entstehen. Die klassische Medienlogik gilt nicht mehr – zumindest nicht mehr uneingeschränkt und überall.
Einleitung: Zu diesem Buch
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Hinzu kommen gesellschaftliche Trends. Unternehmensführung und Kommunikationsmanagement sind mit großen Herausforderungen konfrontiert und müssen mit Risiken, aber auch Chancen umgehen, die sich aus dem Medien-, Wirtschafts- und Gesellschaftswandel ergeben. Und: Es hängt viel davon ab, ob bzw. wie dem Kommunikationsmanagement diese Anpassungen gelingen. Denn mehr denn je entscheidet die Kommunikation über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens. Kein Zweifel: Die Anforderungen an Kommunikationsstrategien steigen. Aufgaben der Kommunikationsfunktion und deren Rolle im Unternehmen und für die Stakeholder verändern sich. Neue Handlungsfelder wie die SocialMedia-Kommunikation sind entstanden. Klassische Handlungsfelder – allen voran die Medienarbeit – stehen vor zum Teil weitreichenden Anpassungen. Die Rolle der persönlichen Kommunikation wird in digitalen, vernetzten Umfeldern neu justiert. TOPKOM-Studien als Gradmesser In dieser Situation liefern die TOPKOM-Studien Einblicke und Orientierung für das Kommunikationsmanagement. Das Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik begleitet das strategische Kommunikationsmanagement seit vielen Jahren mit Beratungs- und Forschungsprojekten. Seit 1999 führt das Fachgebiet regelmäßig Umfragen unter den Kommunikationsverantwortlichen der wichtigsten deutschen Unternehmen durch. Diese TOPKOM- (früher: Daxkom-) Studien liefern eine kontinuierliche Bestandsaufnahme des Kommunikationsmanagements in den großen Unternehmen Deutschlands, legen Herausforderungen für das Kommunikationsmanagement offen und beschreiben, wie die Kommunikationsverantwortlichen damit umgehen. Wichtige Ergebnisse aus den Studien 2001 bis 2009 sind im Buch „Innovationen in der Unternehmenskommunikation“ (Mast 2011) veröffentlicht. In dem nun vorliegenden Band werden die Ergebnisse der TOPKOM-Studien 2012 bis 2018 präsentiert, die belegen, wie sich die Koordinaten für die praktische Unternehmenskommunikation verändert haben. Die Kommunikationsverantwortlichen wurden u. a. gefragt, welche Entwicklungsprojekte in der Kommunikation sie in der kommenden Zeit beschäftigen. Diese Ergebnisse zu den laufenden Projekten der Unternehmenskommunikation werden für das vorliegende Buch neu ausgewertet.
4
Einleitung: Zu diesem Buch
Persönliche Kommunikation rückt ins Zentrum Ein zentrales Ergebnis dieser Untersuchung war: Nicht nur Kommunikation über Medien zählt, sondern zunehmend Face-to-Face Erlebnisse. Die Betrachtung der TOPKOM-Studien wird daher ergänzt durch den Schwerpunkt auf persönliche Kommunikation. Unter den Bedingungen einer digitalisierten Welt – wie relevant sind Formen und Formate persönlicher Kommunikation in und für Unternehmen? Wie geht das Kommunikationsmanagement mit ihr um? Welche Erwartungen haben insbesondere Stakeholder an diesen Kommunikationsweg? Das Fachgebiet führte zu diesen und anderen Fragen eine umfangreiche Studie durch. Die empirischen Erhebungen wurden von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation, Leipzig, einer unternehmens- und hochschulübergreifenden Initiative der Günter-ThieleStiftung für Kommunikation und Management im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, gefördert. Die Ergebnisse liefern eine systematische Bestandsaufnahme der persönlichen Kommunikation – sowohl aus Sicht des Kommunikationsmanagements als auch der Stakeholder. Dieser Teil des Buchs geht in Teilen zurück auf den Ergebnisbericht „Persönliche Kommunikationsformate in der Unternehmenskommunikation“ (Mast und Stehle, 2015), der in der Reihe „Forschungsberichte zur Unternehmenskommunikation“ veröffentlicht und für die vorliegende Publikation um weiterführende Auswertungen erweitert wurde. Ergänzt werden die empirischen Ergebnisse zur Rolle der persönlichen Kommunikation im Kommunikationsmanagement durch Gastbeiträge renommierter Kommunikationsverantwortlicher von Unternehmen. Sie eröffnen den Leserinnen und Lesern dieses Buches berufspraktische Einblicke in den Umgang mit persönlicher Kommunikation in Unternehmen und liefern wertvolle Hinweise, wie die persönliche Kommunikation in unterschiedlichen Handlungsfeldern des internen und externen Kommunikationsmanagements zum Einsatz kommen kann. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird im vorliegenden Buch die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein. Kapitel zwei führt in das Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt ein. Die veränderten Rahmenbedingungen werden analysiert, Anforderungen an die Kommunikationsstrategie diskutiert und die Entwicklung einzelner Handlungsfelder aufgezeigt.
Einleitung: Zu diesem Buch
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Kapitel drei stellt den Ansatz des Content Managements als Antwort auf den Medienwandel vor und beschreibt die verschiedenen Entscheidungsparameter bei der Formulierung von Strategien im Kommunikations- und Content Management. Kapitel vier präsentiert die Ergebnisse der TOPKOM-Studien 2012 bis 2018 und zeigt auf, welche Trends die Kommunikationsverantwortlichen sehen und wie sie in ihrer Kommunikationspraxis damit umgehen. Kapitel fünf geht auf die Ergebnisse einer zentralen Studie zur Bedeutung der persönlichen Kommunikation ein und bewertet ihre Rolle im strategischen Kommunikationsmanagement. In Kapitel sechs nehmen Kommunikationsprofis aus der Praxis Stellung zur Rolle der persönlichen Kommunikation und analysieren aus verschiedenen Perspektiven Chancen und Risiken dieses Kommunikationswegs. Kapitel sieben markiert schließlich Entwicklungslinien des strategischen Kommunikationsmanagements auf dessen Weg in die digitale Zukunft.
2.
Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt – eine Einführung
Kapitel 2.1 beschreibt den sozialen und medialen Wandel näher und analysiert die Konsequenzen für das Kommunikationsmanagement. Kapitel 2.2 geht auf die Anforderungen an die Kommunikationsstrategien ein und beschreibt, wie sich die strategischen Grundkoordinaten verschieben. Kapitel 2.3 diskutiert, welche Auswirkungen die veränderten Rahmenbedingungen auf ausgewählte Handlungsfelder des strategischen Kommunikationsmanagements haben und geht auf Schwerpunktverschiebungen in den Aufgabenbereichen ein. 2.1 Kommunikationsumfeld: Wie sich die Rahmenbedingungen ändern Wie lassen sich die verschiedenen Entwicklungen in Medien, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich auf die Tätigkeit von Unternehmen im Allgemeinen und ihre Kommunikation im Speziellen auswirken, beschreiben? Ein Punkt ist unstrittig: Zentral sind die Veränderungen im Kommunikationssystem. Ihren Ursprung haben sie in der Entwicklung der Computertechnologie und der Entstehung der Online-Medien und des Internets – also in dem, was verbreitet mit dem Begriff der Digitalisierung beschrieben wird. Digitalisierung löst grundlegenden Medienwandel aus Dabei ist die Digitalisierung zunächst eine rein technische Entwicklung, nämlich die Umstellung von analogen auf digitale Kommunikationstechnologien. Dies eröffnet für Quantität und Qualität von Kommunikation völlig neue Möglichkeiten (Kleinsteuber 2013, S. 62). Durch die Anwendung digitaler Kommunikationstechnologien verändert sich potenziell jedoch auch das gesamte soziale und wirtschaftliche Leben. Genau das ist gemeint, wenn von der Digitalisierung als allgemeinem Trend mit ganz unterschiedlichen Bezügen und Reichweiten (etwa Digitalisierung der Organisationen, der Märkte; auch: der Medien, der Unternehmenskommunikation) die Rede ist. Der durch die Digitalisierung ausgelöste Medienwandel ist jedenfalls sehr umfassend – manche Beobachter sprechen von der „digitalen Revolution“ oder der „kommunikativen Wende“ (Krotz 2012, S. 51, zit. n. Steinmaurer 2016, S. 2). Digitale Kommunikationstechnologien durchdringen Wirtschaft und Gesellschaft. Hinzu kommt als wichtiges Merkmal die mobile Vernetzung © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_2
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Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt – eine Einführung
der Menschen. Smartphones und andere mobile Geräte für Kommunikation, Information und/oder Computernutzung sind weit verbreitet. Diese Anwendungen dominieren mittlerweile weite Teile des beruflichen und privaten Alltags. Der Zugang zu unterschiedlichen Netzwerken und die damit verbundenen ständigen Möglichkeiten für Information und Kommunikation sind allgegenwärtig. Sie sind für die meisten Menschen heute etwas Selbstverständliches. Mobile Vernetzung prägt das Kommunikationssystem Diese mobile Vernetzung als „permanente, mediatisierte Konnektivität“, wie Steinmaurer (2016) es formuliert, verändert die Art und Weise, wie Menschen und Organisationen kommunizieren. Und sie beeinflusst die Kommunikation in der Gesellschaft: Unter den Bedingungen der medialen Vernetzung verwischen die Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation (Mast 1986) sowie zwischen Öffentlichkeit und Privatheit zunehmend. Jan Schmidt (2011, S. 107) verwendet hierfür den Begriff der „persönlichen Öffentlichkeiten“: Das sind „online zugängliche kommunikative Äußerungen zu Themen von vorwiegend persönlicher Relevanz […], mit deren Hilfe Nutzer Aspekte ihres Selbst ausdrücken und sich ihrer Position in sozialen Netzwerken vergewissern“. In diesen digitalen Netz-Öffentlichkeiten gelten die Logik der klassischen Medien und die journalistischen Nachrichtenfaktoren nicht bzw. sie spielen nur eine untergeordnete Rolle (ebd., S. 108). Das tragende Prinzip, das die Online-Kommunikation von den klassischen Medien deutlich unterscheidet, ist die Vernetzung. Sie gilt als „Gegenmodell zur Massenkommunikation“ (Mast 2018, S. 401), die nach eigenen, speziellen Regeln funktioniert und auf vielfältige Weise wiederum auf die Massenmedien zurückwirkt. Kommunikation wird schneller und individueller Unter den Bedingungen der mobilen Vernetzung wird Kommunikation insgesamt beschleunigt. Es entstehen neue Angebots- und Nutzungsformen, die die Grenzen von Raum und Zeit verschieben bzw. virtuell aufheben. Mediennutzung wird individueller. Und Mensch-Maschine-Interaktionen sind weit verbreitet. „Intelligente“ Computersysteme bzw. Algorithmen steuern die Ausgabe von Inhalten oder geben sogar Antworten auf individuell gestellte Fragen. Außerdem findet Kommunikation häufiger in „1-zu-1“-Situationen oder in Konstellationen mit wenigen Beteiligten bzw. kleinen Publika statt. Auf der gesellschaftlichen Ebene gibt es Tendenzen einer Fragmentierung und eines Rückgangs der Bindewirkung klassischer Medien, aber auch Möglichkeiten
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einer Re-Integration in kleineren Gemeinschaften bzw. Communitys (Steinmaurer 2016, S. 1). Für die klassischen Medien bzw. den Journalismus hat der Medienwandel weitreichende Auswirkungen (Mast et al. 2017, S. 18ff.). Verglichen mit der „alten“, analogen Medienwelt sind die Rollen zwischen gesellschaftlichen und ökonomischen Akteuren, Journalisten sowie Bürgern neu verteilt. Es entstehen direkte Kommunikationsbeziehungen und dynamische Formen der Netzwerkkommunikation, die ehemals klar getrennte Kommunikationsräume miteinander vermischen. Was früher etwa abgeschlossen im rein privaten Kontext ablief, kann unter den Bedingungen der ständigen medialen Vernetzung vielfältige Bezüge und Rückwirkungen auf die öffentliche Kommunikation haben. Wenn sich Kunden beispielsweise in einem Unternehmensblog negativ über die Qualität eines Produkts äußern, kann sich dies in den sozialen Netzwerken verbreiten und über verschiedene Mechanismen auch von den journalistischen Medien aufgegriffen werden. Auch die Reaktion des Unternehmens auf eine Kundenäußerung ist dann potenziell öffentlich. Eine neue Rolle für den Journalismus Die Folge: Der Journalismus hat keine exklusive Stellung mehr, wenn es darum geht, Informationen aufzubereiten und an die Bürger zu vermitteln (Neuberger 2008; Hoffjann und Arlt 2015). Er hat die Rolle als mächtiger Gatekeeper verloren, der entscheidet, welche Themen und Positionen Eingang in die gesellschaftliche Öffentlichkeit finden. In Angeboten und auf Plattformen des Internets findet öffentliche Kommunikation auch am Journalismus vorbei statt. Journalisten werden dann vielmehr zu Beobachtern, Kommentatoren und Kuratoren der Veröffentlichungs- und Nachrichtenströme im Netz. In der „neuen“ Medienwelt öffnet sich der Journalismus stärker gegenüber seinem Publikum ebenso wie gegenüber den gesellschaftlichen Akteuren und vernetzt sich mit der digitalen Öffentlichkeit. Er ist nicht mehr der eine, übermächtige Player und hat auch nicht immer das erste und das letzte Wort in der öffentlichen Kommunikation, wie dies in der „alten“ Medienwelt in aller Regel der Fall war. Zusätzlich zu den klassischen Medien haben sich in der NetzÖffentlichkeit neue Felder wie die Blogosphäre und die sozialen Medien etabliert, die eigenen Regeln gehorchen und eine ganz eigene Dynamik aufweisen. Die klassischen Medien sind auf vielfältige Weise mit den Bereichen der digitalen Öffentlichkeit verbunden. Mehr noch: Unter der Voraussetzung, dass sie im Internet präsent sind, sind der Journalismus und die klassischen Medien in letzter Konsequenz „nur noch Teil des gesamten Nutzungsspektrums [der digitalen Netzkommunikation] und finden als solcher Eingang in die Kommunikationsrepertoires mobil vernetzter Individuen“ (Steinmaurer 2016, S. 4).
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Medienangebote sind dann ein Knotenpunkt unter potenziell vielen Elementen in den medialen Kommunikationsnetzen der Menschen (Mast, Spachmann, und Georg 2019, S. 214). Das bringt eine Ausweitung der Aufgaben und eine Veränderung der Rolle des Journalismus mit sich. Das Spektrum journalistischer Leistungen erweitert sich um Kommunikation und Kooperation mit den Nutzern (Mast 2018, S. 414). Entsprechende Vorgehensweisen verbreiten sich, auch wenn es noch keine stabilen und allgemeinen gültigen Muster gibt, nach denen die Redaktionen diese neuen Aufgaben umsetzen. Aufmerksamkeit und Bindung der Nutzer an das Medienangebot – bildhaft gesprochen: die Größe, die der Knotenpunkt erreichen kann – ebenso wie ökonomische Wertschöpfung, die daraus zu erzielen sind, gehorchen jedenfalls ganz anderen Regeln als in der klassischen, linearen Medienwelt. Mediengesellschaft und Medialisierung Über längere Zeit – Jahrzehnte – betrachtet, gewinnen die Medien für die Menschen und das gesellschaftliches Leben immer mehr an Bedeutung. Dies kommt aktuell im Begriff der Mediengesellschaft zum Ausdruck. Medien sind demnach zentrales Merkmal des gesellschaftlichen Lebens. „Nichts ist relevant, was nicht in den Medien ist“, bringt Klaus Merten (2014, S. 4) das zentrale Kennzeichen der Mediengesellschaft auf den Punkt. Das Kommunikationssystem entwickle sich demnach zum wichtigsten Teilsystem der Gesellschaft. Medien erlangten ein Monopol für die Wirklichkeitsentwürfe der Menschen. Der dazugehörende, übergreifende Prozess ist die Medialisierung. Sie beschreibt einerseits die zunehmende Bedeutung der Medien im Kommunikationssystem selbst. Dieser Aspekt wird häufig auch als Mediatisierung bezeichnet. Andererseits geht es darum, wie die Verantwortlichen in anderen Bereichen – allen voran Politik und Wirtschaft – auf die zunehmende Bedeutung der Medien und den Medienwandel reagieren. Politiker und Unternehmensvertreter passen ihre Handlungen an die Medienlogik oder Veränderungen in den Medien an, weil sie um deren Wirkung wissen – oder zumindest davon ausgehen, dass Medien nicht wirkungslos sind (Meyen 2009, S. 23). Da Unternehmen von einer positiven Medienberichterstattung profitieren können und umgekehrt eine negative und kritische Berichterstattung ihnen schadet, versuchen sie, Medien und Öffentlichkeit zu beeinflussen und via strategischem Kommunikationsmanagement zu steuern. Unternehmensvertreter richten ihr Verhalten auf die erwartete Medienresonanz aus, etwa indem sie ihr Unternehmen öffentlichkeitswirksam inszenieren (Mast 2012, S. 48).
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Wenn es um eine so verstandene Medialisierung geht, richtete sich der Blick lange Zeit auf die klassischen Massenmedien. Die sich steigernde Leistungsfähigkeit von Presse, Radio und Fernsehen mit der Ansprache eines Massenpublikums und standardisierten Inhalten entfaltet zweifellos eine große Dynamik für das gesellschaftliche und private Leben. Leitsystem ist der Journalismus. Angesichts des aktuellen Medienwandels ist es darüber hinaus sinnvoll, auch die Medien der Individualkommunikation mit einzubeziehen (eine andere Position vertritt Meyen 2009, S. 27). Denn Online-Medien und die Verbreitung mobiler Geräte sorgen dafür, dass es immer mehr Möglichkeiten für interpersonale Kommunikation und ständige Vernetzung der Menschen gibt. Vor allem: Die Grenzen zwischen Massen- und Individualkommunikation verwischen. Neue Kommunikationsformen entstehen. Damit verändert sich Quantität und Qualität des gesamten Kommunikationssystems – inklusive der klassischen Massenmedien. Klassische Medienlogik: Medialisierung erster Ordnung Dementsprechend können zwei verschiedene Arten von Medialisierung unterschieden werden – zum einen eine, die sich auf die Massenmedien bezieht und zum anderen eine, die mit den Medien der Individualkommunikation und der medialen Vernetzung der Menschen zusammenhängt (s. Abb. 1): Bezogen auf die Massenmedien lässt sich von Medialisierung erster Ordnung sprechen. Sie beginnt mit der Entwicklung von Presse und Rundfunk und setzt sich bis heute fort. Bezugspunkt ist die gesellschaftliche Öffentlichkeit und der Journalismus, der sie als Gatekeeper herstellt und dominiert. Medialisierung bedeutet in diesem Fall, dass Journalismus stärker selbstbezüglich nach den eigenen Regeln und Routinen arbeitet und diese Medienregeln für andere Bereiche bedeutsamer werden. Festmachen lässt sich die journalistische Arbeitsweise etwa an den Nachrichtenfaktoren. Dazu zählen Kriterien wie Prominenz, Nähe, Human Interest und Negativismus. Im Zuge der Medialisierung erster Ordnung wird die Medienberichterstattung im Laufe der Zeit extensiver, d. h. Umfang und Häufigkeit nehmen zu. Außerdem ist sie thematisch breiter, stärker polarisiert und an Konflikten orientiert (Schäfer 2008, S. 207f.). Das trifft gerade auf Wirtschafts- und Unternehmensthemen zu. Ereignisse, z. B. die Meinungsverschiedenheiten um einen Wechsel an der Unternehmensspitze, die früher vielleicht nicht oder allenfalls am Rande in einer kleinen Meldung aufgegriffen wurden, finden heute sehr viel stärkere Beachtung in den Medien. Gerade in den letzten zehn bis 20 Jahren hat diese Art der Medialisierung stark zugenommen. Die Journalisten bestimmen mit ihren Selektionsregeln und Arbeitsweisen die öffentliche Kommunikation.
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Für das Kommunikationsmanagement bedeutet dies: Die Medienberichterstattung über das eigene Unternehmen wird wichtiger. Es kommt darauf an, dass, aber auch wie das Unternehmen in den Medien auftaucht. Der Kampf um Aufmerksamkeit, um Themen und die Deutungshoheit darüber sind wichtige Aufgaben. Sie sind in einer entfesselten Medienwelt, die durch Boulevardisierung und Kommerzialisierung geprägt ist, jedoch schwierig umzusetzen. Speziell um diese Aufgaben kümmert sich das strategische Kommunikationsmanagement. Die Medialisierung und der damit verbundene Bedeutungsgewinn der Öffentlichkeit für die Tätigkeit von Unternehmen haben dabei zu einer Expansion der Public Relations als eigenständigen Bereich der Unternehmenskommunikation geführt. Abb. 1: Medialisierung erster und zweiter Ordnung Medialisierung erster Ordnung
Medialisierung zweiter Ordnung
Journalistische Medien
Netzmedien
Selektionsregeln
Journalistische Nachrichtenfaktoren
Verhalten und Aktivitäten der Nutzerinnen und Nutzer
Ziele im Kommunikationsmangement
Aufmerksamkeit und Deutungshoheit
Austausch und Dialog
Bezugspunkt
Quelle: eigene Darstellung.
Netzwerklogik: Medialisierung zweiter Ordnung Mit Blick auf die Netzmedien und deren jüngere Entwicklung in Richtung Mitmach-Web („Web 2.0“) lässt sich von der Medialisierung zweiter Ordnung sprechen. Darunter ist die Bedeutungszunahme der Netzmedien sowie deren Rückwirkungen sowohl auf die klassischen Medien als auch auf sämtliche Akteure in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu verstehen. Dass ebenfalls Wirkungen auf die klassischen Massenmedien und den Journalismus bestehen, zeigt die reflexive Struktur und die große Durchschlagskraft dieser Form der Medialisierung, die Öffentlichkeit und das gesamte Mediensystem transformiert.
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Bei der Medialisierung zweiter Ordnung stehen nicht die Mechanismen und Regeln professioneller Medien und die ihnen zugrundeliegenden Arbeitsweisen der Journalisten im Blick. Vielmehr geht es darum, wie die Nutzer selbst in digital vernetzen Medienlandschaft mit eigenen und fremden Inhalten umgehen. Zentrales Merkmal ist die Interaktion, die in unterschiedlichen Angebotsformen – insbesondere in soziale Netzwerkplattformen, Weblogs und Messenger-Diensten – umfangreiche eigene Aktivitäten der Menschen ermöglicht. Die Nutzer können sich nach individuellen Bedürfnissen informieren, aber auch Beziehungen managen und Aspekte ihrer eigenen Person (Identitätsmanagement) zugänglich machen (Schmidt und Taddicken 2017, S. 32). Welche Aktivitäten können unterschieden werden? Die Nutzer veröffentlichen eigene Inhalte. Außerdem kommentieren, bewerten bzw. „taggen“ sie fremde Inhalte oder leiten sie weiter („teilen“ bzw. „sharen“). Hinzu kommt das Abonnieren von Angeboten, um über Aktualisierungen auf dem Laufenden zu bleiben sowie das Vernetzen als typische Funktionen sozialer Medien (ebd., S. 38). Insbesondere beim Vernetzen überschneiden sich interpersonale Kommunikation (sich mit einem Gegenüber austauschen) auf der einen Seite und Mediennutzung (Inhalte publizieren und/oder rezipieren) auf der anderen Seite. Viele soziale Netzwerkplattformen wie Facebook und MessengerDienste wie WhatsApp bieten Möglichkeiten für beide Funktionalitäten – wobei es fließende Übergänge gibt. Beim Vernetzen spielt das direkte Umfeld der Menschen, allen voran deren private und berufliche Kontakte, eine große Rolle. Dennoch gibt es auch zahlreiche Schnittstellen zu den klassischen Medien sowie zu Unternehmen und anderen Organisationen. Sie können fester Teil der individuellen Netzwerke sein, wenn sie zu den individuellen Kontakten hinzugefügt bzw. deren Angebote abonniert werden. Außerdem können sie in den Timelines und Newsstreams der sozialen Medien auftauchen, wenn deren Inhalte von anderen Nutzern weitergeleitet, „geteilt“ oder „geliked“ werden. Viele klassische Medienangebote nutzen diese Mechanismen und bauen mit ihren Digitalstrategien die Präsenz in den sozialen Medien systematisch aus. Im Zuge der Medialisierung zweiter Ordnung werden demnach die Regeln der digitalen Netzwerke für die öffentliche Kommunikation, aber auch für die Vorgänge in Wirtschaft und Gesellschaft immer bedeutsamer. Gleichwohl funktioniert die Netzwerklogik ganz anders als die klassische Medienlogik, denn sie wird nicht durch Handlungsweisen von professionellen Journalisten, sondern durch das Verhalten und die Aktivitäten der Nutzer bestimmt. Dies ist wiederum davon abhängig, welche Funktionalitäten die verschiedenen Plattformen anbieten und ermöglichen. Die digitalen Netzwerke gehorchen in vielen Fällen eher den Regeln der interpersonalen Kommunikation als denen der Massenmedien: Nutzer interagie-
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ren, bauen individuelle Netzwerke auf und tauschen sich innerhalb ihrer Lebenswelt aus. Als Kommunikationsmodus steht dementsprechend nicht das Publizieren im Vordergrund, sondern Austausch und Dialog – „Konversation Betreiben“, wie Jan Schmidt (2011, S. 108) es nennt. In dieser Kommunikation spielen emotionale und zum Teil irrationale Komponenten eine Rolle. Das sind Elemente, die idealtypisch verstanden in der klassischen Öffentlichkeit, die sich auf den rationalen Diskurs beschränkt, keine Rolle spielen. Zudem entstehen in der Netzwerkkommunikation soziale Formationen wie Schwärme und Communitys, die es in der analogen Welt so gar nicht gibt. Sie funktionieren nach eigenen Regeln und sind auf unterschiedliche Weise entscheidungs- und handlungsfähig (Schmidt und Taddicken 2017, S. 34f.). Hinzu kommen für die Netzmedien typische dynamische Phänomene. Dazu zählen insbesondere virale Effekte, bei denen sich Inhalte über die digitalen Medien schneeballartig verbreiten (ebd., S. 28). Mit solchen Effekten ist ein sprunghafter Anstieg von Reichweite und Aufmerksamkeit verbunden. Häufig werden sie auch von den klassischen Medien aufgegriffen. Schwerpunkte des Kommunikationsmanagements verschieben sich Für das strategische Kommunikationsmanagement stellen sich durch die Medialisierung zweiter Ordnung und die Omnipräsenz medialer Netzwerke grundsätzliche Herausforderungen. Weil sich die Entwicklungen auch auf die klassischen Massenmedien auswirken, sind die Konsequenzen für das strategische Kommunikationsmanagement enorm. War es in der Vergangenheit die Öffentlichkeit der klassischen Medien, die Dreh- und Angelpunkt der Aktivitäten war, verschiebt sich der Schwerpunkt nun immer mehr in Richtung der individuellen Mediennetze und der Öffentlichkeiten, die sie konstituieren, sowie deren Schnittstellen und Überschneidungsbereiche zur klassischen Öffentlichkeit. Eine Kommunikationsdisziplin, die sich berufsgeschichtlich als Öffentlichkeitsarbeit versteht und für die die journalistischen Medien traditionell eine große Bedeutung haben, stellt der aktuelle Medienwandel jedenfalls vor sehr grundsätzliche Fragen:
Wie kann sich PR in das mediale Netzwerk der Menschen einbringen – und welche Rolle spielen dabei andere Kommunikations- und Unternehmensbereiche wie Marketing, Vertrieb und Human Resources? Ist es sinnvoll, dass Unternehmen zu zentralen Knotenpunkten in den individuellen Netzwerken der Stakeholder werden – und wenn ja: wie kann dies gelingen?
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Welcher Kommunikationsmodus ist angemessen – das Publizieren oder der Austausch mit Kommunikationspartnern?
Die zentrale Frage lautet: Auf welche Weise soll die strategische Kommunikation in den medialen Netzwerken der Menschen präsent sein? Zum einen ergibt sich die Möglichkeit, die Stakeholder in ihren Netzwerken mit klassischen Medieninhalten individuell zu erreichen. Dann taucht beispielsweise der Bericht über ein Unternehmensevent in der Timeline der Nutzer auf. Zum anderen geht es darum, die sich daraus ergebenden Anschlusskommunikationen zu organisieren und sich mit den Nutzern direkt auszutauschen. Neue Rolle der persönlichen Kommunikation Gerade der letzte Punkt hat für die strategische Kommunikation eine große Tragweite, denn: auch wenn die PR in speziellen Situationen – etwa bei komplexen, erklärungsbedürftigen Themen oder beim Beziehungsmanagement mit Journalisten und anderen Multiplikatoren – durchaus den direkten Austausch mit den Stakeholdern sucht: In Standardsituationen spricht PR-Arbeit traditionell größere Zielgruppen an, spielt sich über räumliche und zeitliche Distanzen ab und verwendet standardisierte Kommunikationsinhalte. Nun sorgen die Medialisierung der Individualkommunikation und die zunehmende Verschmelzung zwischen Massen- und Individualkommunikation in den digitalen Netzwerken für veränderte Bedingungen. Für das strategische Kommunikationsmanagement eröffnen sich neue Möglichkeiten – insbesondere, wenn es um den Einsatz persönlicher Kommunikation geht. Dies gilt für die externe Kommunikation und – ganz besonders – auch für die Ansprache interner Stakeholder. Hier spielten Formen des persönlichen Austauschs – etwa die Rede des CEOs auf einem FührungskräfteTreffen oder einer Mitarbeiterversammlung – schon immer eine große Rolle. Im Zuge der digitalen Transformation rücken sie nun auch stärker in den Blick des strategischen Kommunikationsmanagements. Hinzu kommt: Journalistische Akteure sind ebenfalls in den digitalen Netzwerken aktiv und verändern damit ihre Leistungen und Vorgehensweisen. Dadurch sind klassische Handlungsfelder des Kommunikationsmanagements – allen voran die Medienarbeit – stark betroffen. Gesellschaftswandel: Stabilität und Gewissheiten schwinden Medienwandel und Medialisierung stehen nicht für sich. Sie sind eng verwoben mit dem gesellschaftlichen und sozialen Wandel, allen voran Individualisierung und Globalisierung. Kennzeichen dieser Entwicklungen ist eine enor-
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me Zunahme der Geschwindigkeit, der Häufigkeit und der Intensität von Veränderungen. Die Rede ist von der postmodernen bzw. hypermodernen Gesellschaft (Lipovetsky 2005) oder der flüchtigen Moderne (Bauman 2003). Demnach stehen die westlichen Gesellschaften an einem Scheideweg (Mast et al. 2019, S. 49): Die Soziologen sprechen von reflexiver Modernisierung. Wesentliche Prozesse der Modernisierung – u. a. Rationalisierung, Säkularisierung und Individualisierung – verlangsamen sich oder verkehren sich sogar ins Gegenteil (Tiberius 2012, S. 46). In der Risikogesellschaft herrscht Unsicherheit und Ungewissheit. Die moderne Gesellschaft kann ihre Versprechen wie Wohlstand, Ordnung und Sicherheit immer seltener einlösen. Der Soziologe Zygmunt Bauman (2003) versteht unter dem Begriff der „flüchtigen Moderne“ eine neue Phase der gesellschaftlichen Entwicklung. Während die erste, stabile Phase der Moderne durch den Versuch gekennzeichnet ist, eine vollständige, den Individuen zur Orientierung dienende Ordnung zu schaffen, ist diese Beständigkeit aktuell nicht mehr vorhanden (Frehe 2012, S. 92). Kennzeichen der flüchtigen Moderne ist vielmehr der ständige Wandel der sozialen Grundlagen, nach denen die Menschen ihr Leben und Verhalten ausrichten. Veränderungen „überschlagen“ sich, d. h. die Menschen können eine Veränderung gar nicht so schnell verarbeiten und ihr Verhalten darauf einstellen, bevor sich schon wieder die nächste ereignet (Bauman 2005, S. 1). Damit prägen Wandel, Umwälzung, Unsicherheit und Konflikt das Leben der Menschen. Begleitet und verstärkt wird dies durch die Globalisierung und die Ökonomisierung. Beide Trends stellen die Handlungsfähigkeit der Politik und des Nationalstaats infrage. Diese Umbrüche können zu einer Krise der Politik und des gesellschaftlichen Zusammenhalts führen. Die politischen, religiösen und sozialen Institutionen verlieren an Bindekraft und büßen an Verbindlichkeit ein. Die Menschen vertrauen nicht mehr selbstverständlich darauf, dass sie funktionieren und verlässlich sind (Beck 2002, S. 24). Weitere Konsequenzen dieser Entwicklung sind: Hierarchien und institutionelle Macht verlieren zugunsten von Netzwerken und Kooperation an Bedeutung. Die Menschen suchen stärker den Austausch untereinander. Sie greifen stärker auf ihr direktes Umfeld und die Weisheit der Vielen zurück. Experten in den etablierten Institutionen – seien es Regierungschefs, Unternehmensführer oder auch Lehrer und Pfarrer – begegnen sie zunehmend mit Skepsis (Deuze 2008, S. 858). Das gilt auch für die klassischen Medien und die traditionellen Informationsquellen. Die selektive und individualisierte Nachrichtennutzung steigt. Nutzer wenden sich stärker den Netzmedien zu, suchen alternative Informationsquellen und tauschen sich untereinander aus.
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An dieser Stelle schließt sich der Kreis zum Medienwandel. Denn der Ort, an dem Vernetzung und Austausch organisiert werden und ein individueller, aktiver und selektiver Zugriff auf Informationen erfolgt, ist das Internet. In der Zusammenschau der gegenwärtigen technischen und sozialen Veränderungen ist die Rede von der globalen Netzwerkgesellschaft (Castells 2004). Sie kann als Gegenentwurf zur nationalstaatlich organisierten und durch hierarchische Institutionen geprägten Industriegesellschaft gesehen werden. Rahmenbedingungen für Unternehmen ändern sich Auch für die Wirtschaft und die Unternehmen selbst haben diese Entwicklungen große Auswirkungen. Organisationen müssen offen und flexibel sein, um sich den ständig neuen Veränderungen und Erfordernissen anzupassen. Dabei sind sie einer Vielzahl sich zum Teil widersprechenden Anforderungen ausgesetzt. Die moderne Gesellschaft ist voll von Paradoxien, mit denen das Unternehmensmanagement ebenso wie die Unternehmenskommunikation umgehen muss, wie Tench et al. (2017, S. XXIV) analysieren. Diese Widersprüche sind auch innerhalb einzelner Personen sichtbar – als Konflikt zwischen kollektiven Normen und dem individuellen Handeln etwa dann, wenn eine Person Klimaschutz als wichtiges Ziel ansieht, aber dennoch Langstreckenflüge in den Urlaub bucht oder als Rollenkonflikt, beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer für bessere Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen ist, er aber als dessen Aktionär eine hohe Rendite erwartet. Unternehmen stehen somit unter Druck, sich zu transformieren und den neuen Bedingungen anzupassen. Agilität und Resilienz (Buchholz und Knorre 2019, 2012) sind die Stichworte. Sie beschreiben Anforderungen an Unternehmen und deren Kommunikation, sich schnell, flexibel und mit innovativen Lösungen an die dynamischen Bedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen. Aus Perspektive des betriebswirtschaftlichen Managements wird von so genannten VUCA-Umfeldern gesprochen. „VUCA steht als Akronym für die Eigenschaften ‚volatile, uncertain, complex, ambiguous‘, mithin Beschreibungen für eine Umwelt, in der es Unternehmen immer schwerer fällt, mit den üblichen, über Jahrzehnte hinweg bewährten Handlungsmustern der Managementlehre erfolgreich zu sein, ja überhaupt ihre Existenz als funktionierendes Wertschöpfungssystem zu sichern.“ (Buchholz und Knorre 2019, S. XIII) Unternehmensführung und Management sind dadurch sehr grundsätzlich herausgefordert. Insbesondere stellen sich auch für die Unternehmenskommunikation Fragen, wie sie unter den veränderten Bedingungen des medialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Wandels agieren soll: Was sind Rolle und Aufgaben des Kommunikationsmanagements? An welchen strategischen
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Leitlinien soll es sich orientieren und wie sollen Kommunikationsinstrumente und die Landschaft der Unternehmensmedien gestaltet werden? Wie geht strategische Kommunikation mit sich widersprechenden Anforderungen und zum Teil gegensätzlichen Erwartungen verschiedener Stakeholder an Unternehmenshandeln um? Kurzum: wie sieht ein modernes Kommunikationsmanagement aus, das den Herausforderungen des Wandels gerecht werden kann? 2.2 Kommunikationsstrategie: Welche Anforderungen steigen Die zunehmende Geschwindigkeit und Komplexität der Vorgänge außerhalb eines Unternehmens haben entsprechende Anpassungen innerhalb des Unternehmens zur Folge. Wenn sich die sozialen, medialen und wirtschaftlichen Bedingungen verändern, bedeutet das, dass sich auch die Unternehmensführung ebenso wie die Unternehmenskommunikation selbst verändern. Und: diese Anpassungen sind grundsätzlich erfolgskritisch. D. h., wenn sich die Unternehmen nicht genügend oder in die falsche Richtung verändern, laufen sie Gefahr, auf längere Sicht vom Markt zu verschwinden. Die betriebswirtschaftliche Managementlehre entwickelt dementsprechend Konzepte, die sich von eindimensionalen administrativen Ansätzen der Unternehmensführung, die Management als eine lineare Abfolge von Planung, Organisation/Steuerung und Kontrolle begreifen, immer weiter entfernen. Moderne Konzepte stellen die Mitarbeiter in den Fokus und sehen Wissen als die entscheidende Ressource eines Unternehmens an. Wissensmanagement und die lernende Organisation spielen als Aufgaben eine große Rolle. Dazu passen beispielsweise Agilitätskonzepte wie das Design Thinking (Biedermann 2017). Konsequenterweise bekommen Kommunikation im Allgemeinen und Kommunikationsmanagement im Speziellen in den jüngeren betriebswirtschaftlichen Modellen der Unternehmensführung eine herausgehobene Rolle. Dies geht soweit, das Kommunikationsmanagement neben den klassischen Zentralbereichen Personal, Organisation und Planung/Steuerung als Managementfunktion zu behandeln, wie es etwa Buchholz und Knorre (2019, S. 15) in ihrem Ansatz einer kommunikationszentrierten Managementlehre fordern und konzipieren. Verbindung von Kommunikations- und Unternehmensstrategie Aus Sicht des Kommunikationsmanagements ist dabei das Konzept des wertorientierten Kommunikationsmanagements zentral (Mast 2018, S. 18). Werte als Leitgrößen, aber auch als Ergebnis zur Beurteilung der Zielerreichung tre-
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ten in den Vordergrund. Kommunikation hat hier einen direkten Beitrag zur Wertschöpfung eines Unternehmens. Da Unternehmen neben einem marktlichen auch in einem gesellschaftlichen Umfeld agieren und sich in der Gesellschaft positionieren, geht dieser Beitrag weit über materielle Aspekte hinaus und schließt immaterielle Werte mit ein (Zerfaß 2014, S. 26). Diese Sichtweise hat weitreichende Konsequenzen, denn sie hebt Kommunikationsmanagement von einem taktischen und unterstützenden Element zu einem zentralen strategischen Werkzeug der Unternehmensführung. Der Wertbeitrag von Kommunikation bedeutet auch und in erster Linie, dass Kommunikationsstrategie und Unternehmensstrategie ausdrücklich miteinander verbunden werden – bzw. genauer: dass die erste aus der zweiten abgeleitet wird, denn Kommunikationsmanagement ist der Unternehmensführung untergeordnet (Bentele und Nothhaft 2014, S. 608). Diese systematische Rückbindung der Kommunikations- an die Unternehmensstrategie ist die erste, sehr grundlegende Anforderung an das Kommunikationsmanagement. Veränderte Rolle und neue Aufgabenschwerpunkte Damit gehen auch eine veränderte Rolle und neue Aufgabenschwerpunkte für das Kommunikationsmanagement einher. Eine weitere Anforderung ist deshalb, die Inhalte der Kommunikationsstrategie festzulegen – also zu formulieren, was genau das Kommunikationsmanagement zur Wertschöpfung und Wertsteigerung des Unternehmens beitragen kann. In der Vergangenheit agierte die Unternehmenskommunikation stärker passiv und auf sich selbst bezogen. Sie hatte im unternehmerischen Wertschöpfungsprozess eine unterstützende und abgeleitete Rolle inne. Strategisches Handeln geschah häufig „aus dem Bauch heraus“ und ist auf konkrete Aufgaben und Projekte bezogen. Nach diesem klassischen Verständnis bezieht sich die Kommunikationsstrategie auf die Binnenvorgänge im Kommunikationsmanagement selbst. Strategisches Vorgehen beschreibt dann entweder die grundlegende Ausrichtung der Kommunikation als systematisches, geplantes und evaluiertes Vorgehen – aber eben ohne den direkten Rückbezug auf die Unternehmensstrategie (HuckSandhu 2010, S. 6). Häufig stehen dann auch einzelne Elemente bzw. Schritte von Kommunikation im Blick – etwa wenn es um die Themen- bzw. ContentStrategie, die Medienstrategie oder die Strategie der Zielgruppenansprache geht. Oder das strategische Vorgehen bezieht sich auf den grundlegenden Prozess, wie das Kommunikationsmanagement an einzelne Kommunikationsaufgaben herangeht und grundsätzlich vorgeht. Als Orientierung können hier die Schritte des systematischen Problemlösens aus der PR-Konzeptionslehre die-
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nen – etwa in einem Vierschritt von Analysieren, Planen/Konzipieren, Umsetzen/Implementieren und Evaluieren. Wenn es nun darum geht, die Kommunikationsstrategie systematisch an die Unternehmensstrategie anzubinden und dabei auch Aspekte der Unternehmens- und Kommunikationskultur zu berücksichtigen, lassen sich vier grundlegende „Hebel der Wertschöpfung durch Kommunikation“ (Zerfaß 2014, S. 29) unterscheiden. Sie bringen Kommunikationsmanagement in eine zentrale, strategische Rolle für die gesamte Unternehmensführung, indem sie es mit dem Wertschöpfungsprozess verbinden (ebd., S. 29ff.):
Der erste Ansatzpunkt ist die Unterstützung der laufenden Leistungserstellung. Kommunikationsmanagement trägt dazu bei, das Verhalten interner und externer Stakeholder konstruktiv und positiv im Sinne der Unternehmenstätigkeit zu unterstützen. Dies gilt sowohl gegenüber externen Stakeholdern – allen voran den Kunden – als auch gegenüber internen Stakeholdern. Der zweite Ansatzpunkt ist der Aufbau immaterieller Erfolgspotenziale wie Bekanntheit, Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Reputation. Diese bilden allesamt kommunikativ zu vermittelnde Werte, von denen ein Unternehmen langfristig profitieren kann. Als verallgemeinerte Wahrnehmungen und Einstellungen bilden sie die Basis für das Handeln der Stakeholder und die konkreten Wertschöpfungsprozesse. In diesem Sinne sind sie Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens. Ein dritter Ansatzpunkt ist der Informationsfluss von außen in das Unternehmen hinein und der Aufbau von Wissen im Unternehmen. Zerfaß (2014, S. 31) zählt insbesondere das Monitoring der Meinungsbildung sowie die Identifizierung von für die Unternehmenstätigkeit relevanten Themen (Issues Management) dazu. Kommunikationsmanagement liefert auf diese Weise einen wichtigen Beitrag um über die Festlegung, Anpassung und Umsetzung der Unternehmensstrategie angemessen entscheiden zu können. Der vierte Ansatzpunkt ist schließlich die Sicherung der Handlungsspielräume des Unternehmens. Legitimität ist eine wichtige Zielgröße. Sie ist auf Märkten ebenso wichtig wie in der Gesellschaft und beim unternehmensinternen Agieren, wo es um die Unterstützung der Mitarbeiter geht. In dieser Hinsicht trägt Kommunikationsmanagement ganz wesentlich dazu bei, die grundsätzliche „licence to operate“ aufrechtzuerhalten und auszubauen.
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Auf Basis dieser vier übergreifenden Wertschöpfungsdimensionen kann die Kommunikationsstrategie abgeleitet und konkretisiert werden. Ein sehr umfassender Ansatz hierfür ist beispielsweise der „Communication Value Circle“ (Volk et al. 2017, S. 22). Er setzt ausdrücklich bei der Unternehmensstrategie an und nimmt dabei die Wertschöpfung von Kommunikationsarbeit grundsätzlich in den Blick. Dieser Ansatz betrachtet Kommunikationsmanagement als integralen Bestandteil der Wertschöpfungskette und als Werttreiber, weil es Handlungsräume für das Unternehmen ausbaut, das Unternehmen im Umfeld positioniert sowie tangible und intangible Vermögenswerte schafft. Daraus lassen sich in weiteren Schritten dann generische Kommunikationsziele ableiten, die direkt mit den Unternehmenszielen zusammenhängen. Reichweite und Zuständigkeiten weiten sich aus Mit diesem systematischen, ausdrücklich auf die unternehmerische Wertschöpfung bezogenen Ansatz ist auf Seite der Kommunikatoren auch ein anderes Verständnis von Kommunikationsstrategie und Kommunikation verbunden. Dies betrifft zunächst ein erweitertes Verständnis von Kommunikation. Klassisch hat Kommunikationsmanagement eine begrenzte Reichweite. Es geht darum, die verschiedenen Stakeholder über übergeordnete Themen, die das gesamte Unternehmen betreffen, zu informieren – und zwar vorrangig vom Management zu den Stakeholdern („Top-Down“). Diese Information findet hauptsächlich über zentral gesteuerte Kanäle und Medien statt. Die neuen Anforderungen an strategische Kommunikation bringen nun erweiterte Zuständigkeiten und eine größere Reichweite mit sich. Kommunikationsmanagement ist auch für die dezentral ablaufende Kommunikation „vor Ort“ zuständig (Mast 2014a, S. 1128). Dann werden Kommunikationsaktivitäten in verschiedenen Bereichen innerhalb und außerhalb des Unternehmens unterstützt und gefördert. Dies wird als „Enabling“-Funktion des Kommunikationsmanagements diskutiert (Zerfaß und Franke 2013; van Ruler und Verčič 2005; Heide und Simonsson 2011). Bentele und Nothhaft (2014, S. 627f.) konstatieren, dass das Ziel des Kommunikationsmanagements häufig gar nicht die direkte Ansprache von Individuen oder Gruppen ist, sondern die Steuerung und Initiierung von Diskursen. Dann rücken die „Kommunikationsflüsse zwischen den Stakeholdern untereinander“ in den Blick. Es geht dann darum, die Art und Weise zu beeinflussen, wie und in welchem Rahmen über ein Thema kommuniziert wird. Auch Buchholz und Knorre (2019, S. 264) bringen die Befähigung der Organisation und ihrer Mitglieder, Dialog und Diskurse organisations- und hierarchieübergreifend zu führen und einen Konsens zu erzielen, ausdrücklich als
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(neue) Aufgabe des – in diesem Falle internen – Kommunikationsmanagements ins Spiel. Sie verbinden dies mit dem strategischen Anspruch, ein Kontingenzverständnis zu unterstützen, also den Blick auf Entscheidungsalternativen im Unternehmen zu fördern und zu ermöglichen (ebd., S. 265). Wenn es aus dieser Perspektive um Enabling oder Befähigung geht, kümmert sich das Kommunikationsmanagement systematisch um Kommunikationsformen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die bislang zum Teil außerhalb ihrer Reichweite waren und für die – wenn überhaupt – andere Bereiche wie Human Resources, Marketing oder Vertrieb zuständig waren. Vor allem in der internen Kommunikation bieten sich vielfältige Möglichkeiten (Mast 2014a, S. 1128): Sie reichen von der Bereitstellung technischer Kanäle und Plattformen über die Optimierung von Medienkonzepten bis hin zur Schulung der Kommunikationskompetenzen von Führungskräften und dezentralen Kommunikatoren. Aber auch in der externen Kommunikation wird das Enabling wichtiger – etwa, wenn in sozialen Medien der Austausch zwischen Nutzern initiiert und gefördert wird. Auf diese Weise erhöht das Kommunikationsmanagement nicht nur seine Sprech- und Kampagnenfähigkeit, sondern ist insbesondere auch in der Lage, übergreifende, generische Kommunikationsziele wie die Sicherung und Erweiterung der Handlungsspielräume des Unternehmens oder den Aufbau von Wissen anzugehen. Abkehr von einfachen Kommunikationsmodellen Mit diesem erweiterten Blick des Kommunikationsmanagements auf die dezentralen Kommunikationsprozesse und den Austausch der Stakeholder untereinander hängt auch eine weitere, wichtige Veränderung zusammen: Die grundlegenden Vorstellungen, wie Kommunikationsarbeit funktioniert und welche Steuerungswirkungen sie haben kann, geraten in Bewegung. Traditionell ist strategisches Kommunikationsmanagement auf die Unternehmensbotschaften ausgerichtet, die idealerweise konsistent, kohärent und konstant gehalten werden (Christensen und Cornelissen 2013, S. 43). Das impliziert die Vorstellung von Unternehmen als einer Einheit, das den Stakeholdern mit fertigen Botschaften und eindeutigen Positionen gegenübertritt. Kontrolle und Steuerung vom Kommunikation im Sinne der Kommunikations- und Unternehmensziele sind wichtige Prinzipien. Dementsprechend dominiert das Modell der Informationsübermittlung als Einweg-Kommunikation vom Unternehmen zu den Stakeholdern. Die Vorgehensweise ist Kommunikator-orientiert. Einzelne Stakeholder wie Kunden oder Mitarbeiter werden zwar mit jeweils spezifischen Botschaften und Taktiken differenziert angesprochen. Innerhalb der einzelnen Gruppen werden die
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Vertreter jedoch weitgehend als homogen angesehen. Das Kommunikationsmanagement geht davon aus, dass die einzelnen Zielgruppen identische Erwartungen haben und mit den Botschaften auf die gleiche Weise umgehen. Bereits seit längerer Zeit hat das strategische Kommunikationsmanagement im Zuge der Professionalisierung des Feldes und der Entwicklung einer systematischen und differenzierten „Lehre der strategischen Kommunikation“ (Nothhaft und Bentele 2015, S. 709) allzu einfache, zum Teil naive Denkweisen und Steuerungsvorstellungen über Bord geworfen. Aktuell geht es nun als weitere Anforderung insbesondere darum, das Modell der Informationsübermittlung um ein Dialogmodell zu ergänzen – und in Teilen zu ersetzen (Mast 2019, S. 511): Es gilt, Abschied von der Vorstellung zu nehmen, dass die Unternehmenskommunikation alles unter Kontrolle hat, wenn sie nur im Sinne der an Botschaften orientieren Kommunikation und der althergebrachten Stimulus-Response-Modelle alles richtigmacht. Unternehmen halten sich dann offen, in kontinuierlichen Prozessen auf die Anliegen, Vorschläge und Kritik der internen und externen Stakeholder einzugehen. Das Ergebnis dieser Kommunikationsbeziehungen kann also nicht schon in vorher festgelegten Zielen formuliert werden, sondern muss sich letztlich im Laufe des Prozesses erst herausbilden. Chancen und Risiken der Prozesskommunikation Die Kommunikation über Prozesse, die noch nicht abgeschlossen sind, gewinnt dementsprechend für das strategische Kommunikationsmanagement an Bedeutung – und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen findet sie als entscheidungsherbeiführende Kommunikation zwischen den direkt Beteiligten und unter den Entscheidungsträgern statt. Im Zuge der oben beschriebenen EnablingFunktion hat dann das Kommunikationsmanagement die Aufgabe, diese Kommunikationsprozesse zu unterstützen, indem es den Informationsaustausch – bis hin zum Fachdiskurs – organisiert bzw. moderiert. Bezogen auf interne Bezugsgruppen gibt es hier eine große Überschneidung zur Routineund Arbeitskommunikation im Unternehmen. Kommunikation ist ein Mittel, um im Management- und Arbeitsalltag Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. In der externen Kommunikation geht es um Situationen, in denen ein Austausch mit Bezugsgruppen stattfindet – entweder individuell mit einzelnen Vertretern oder öffentlich beispielsweise in Versammlungen oder in digitalen Netzwerken. Kommunikation dient hier auch der Verständigung und dem Ausgleich von Interessen. Zum anderen handelt es sich um eine entscheidungsbegleitende Kommunikation. Hier geht es darum, Zielgruppen, die nicht direkt an der Entscheidung beteiligt sind, aber davon auf unterschiedliche Art und Weise betroffen sein
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können, über einen anstehenden oder laufenden Prozess zu informieren. Dies können die Mitarbeiter, die Kunden oder die Bürger sein. Nun sind vorbereitende und begleitende Kommunikation natürlich nichts Neues. Allerdings wird bislang vor allem dann viel, offen und transparent kommuniziert, wenn es um für das Unternehmen positive Themen geht und Kommunikationsrisiken minimiert sind (Mast 2018, S. 223). Vor dem Hintergrund moderner Verständnisse von Kommunikationsmanagement mit dem Ziel, Unterstützungs- und Problemlösungspotenziale zu aktivieren, ist eine solche Kommunikation aber auch und vor allem dann wichtig, wenn es um kritische Themen und weitreichende Veränderungen geht. Und gerade in diesen Situationen ist sie schwierig umzusetzen, denn Prozesskommunikation weckt Erwartungen und generiert Fragen, auf die das Kommunikationsmanagement angemessen reagieren muss. Letztlich geht es dabei darum, Kommunikation transparent und authentisch zu gestalten. Zum Teil ist das ein Widerspruch zu klassischen Verständnissen von strategischer Kommunikation (Tench et al. 2017, S. XXIV). Diesen Widerspruch aufzulösen und dabei die strategischen, professionellen Kommunikatoren angemessen einzusetzen, ist eine weitere wichtige Anforderung an modernes Kommunikationsmanagement. Auf die Umsetzung kommt es an Neben der neuen Rolle der Kommunikationsstrategie mit erweiterten Zuständigkeiten und Aufgaben sowie einem modernen Kommunikationsverständnis, das auf Dialog setzt und Anforderungen an eine authentische und transparente Kommunikation berücksichtigt, ergeben sich bei der Umsetzung der Kommunikationsstrategie weitere Herausforderungen an das Kommunikationsmanagement. Denn klar ist: Wenn die Strategien selbst anspruchsvoller werden und das Umfeld innerhalb und außerhalb des Unternehmens an Komplexität zunimmt, wird auch die Umsetzung der Strategien schwieriger. Die Implementierung der Kommunikationsstrategie betrifft den eigentlichen Kern der Kommunikationsarbeit: die Planung und Umsetzung von Kommunikationsmaßnahmen und -prozessen. Wie beschrieben steht hier die entwickelte Kommunikationsstrategie und ihr Beitrag zur Wertschöpfung am Ausgangspunkt. Allerdings beginnt an diesem Punkt die eigentliche Arbeit erst: Wie genau, d. h. mit welchen Mitteln, Wegen und mit welcher Art von Kommunikation, trägt die Kommunikationsarbeit zur Erreichung der Ziele bei? Das Kommunikationsmanagement hat heute sehr viele Möglichkeiten im Blick, um Kommunikation zu gestalten – neben der direkten, interpersonalen und medialen Kommunikation sind dies auch die Kommunikationsprozesse zwischen den Stakeholdern untereinander.
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Es gilt also, den einzelnen Zielen konkrete Kommunikationsmaßnahmen zuzuordnen und deren Einsatz zu planen. Mehr noch: Auch die vorhandenen Kommunikationsaktivitäten – und zwar sowohl eigene, von der Kommunikationsabteilung durchgeführte bzw. gesteuerte, als auch fremde, von internen oder externen Akteuren initiierte Maßnahmen – sind daraufhin zu prüfen, was sie für die verschiedenen Kommunikationsziele bedeuten. Tragen sie zur Zielerreichung bei – oder sind sie kontraproduktiv und dysfunktional? Wie können die bestehenden Kommunikationsaktivitäten gegebenenfalls verändert werden, damit sie besser zum aktuellen Zielkatalog passen? Mit diesen Fragen müssen sich die Kommunikationsmanager heute in einem komplexer werdenden Medien- und Kommunikationsumfeld viel mehr beschäftigen als dies früher der Fall war. Häufig zählt die Maßnahmenplanung sogar noch zur Strategieformulierung dazu. Jedenfalls sind die Übergänge zwischen der Formulierung und der Umsetzung einer Kommunikationsstrategie fließend. Denn Strategien bestehen ja nicht nur aus einer Zieldefinition, sondern auch aus der (flexiblen, d. h. je nach Entwicklung der Rahmenbedingungen mit Handlungsalternativen versehenen) Planung der Mittel und Wege, mit denen die Ziele erreicht werden sollen – und können. Link zwischen Kommunikation und Unternehmenswerten Für die auf die Unternehmensstrategie bezogenen, generischen Kommunikationsziele ist dieser Vorgang der „Operationalisierung“ bzw. Konkretisierung noch komplexer und voraussetzungsreicher als bei den stärker operativen, z. B. auf eine Kampagne bezogenen Kommunikationszielen. Denn letztere ergeben sich nicht aus dem unternehmerischen Wertschöpfungsprozess, sondern stehen als Wirkung am Ende des Kommunikationsprozesses selbst. So ist beispielsweise das Ziel, ein neues Produkt bei den Kunden bekannt zu machen, einfacher zu überblicken und in Kommunikationsmaßnahmen zu „übersetzen“ als wenn es darum geht, etwa über CSR-Kommunikation die „licence to operate“ des Unternehmens sicherzustellen. Entscheidend ist hier der Link zwischen Kommunikation und Unternehmenswerten. Das Kommunikations-Controlling ist der am weitesten bearbeitete Bereich, wenn es um die Verbindung zwischen strategischer Unternehmensführung und Kommunikationsmanagement geht. Es unterscheidet verschiedene Stufen der Erfolgsmessung und der Evaluation (Mast 2019, S. 139): Der so genannte Output und der Outcome beziehen sich auf Wirkungen von Kommunikation, die sich direkt bei den adressierten Bezugsgruppen entfalten. Beim Output geht es um die Reichweite einer Kommunikationsmaßnahme. Der Outcome beschreibt Wirkungen auf Wahrnehmung und Wissen (direkter Out-
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come) sowie auf Meinungen, Einstellungen und Verhalten (indirekter Outcome) der Stakeholder. Dagegen bezieht sich der so genannte Outflow auf Effekte, die beim Unternehmen selbst wirksam werden: Welche Wirkungen ergeben sich auf den Leistungsprozess und/oder auf die materiellen bzw. immateriellen Ressourcen des Unternehmens? An dieser Stelle wird deutlich, dass die beiden Phasen innerhalb des Prozesses im strategischen Kommunikationsmanagement – Strategieformulierung und Erfolgsmessung – eng zusammenhängen. Konzipiert als Kreislauf (Broom und Sha 2013, S. 264), Regelkreis (Leipziger 2009, S. 16) oder Fünfeck (Bentele und Nothhaft 2014, S. 625) verweisen sie direkt aufeinander. Rahmenbedingungen im Unternehmen Die bislang in diesem Kapitel besprochenen Fragen der Kommunikationsstrategie und ihrer Umsetzung sind mit weiteren wichtigen Aspekten verknüpft. Sie betreffen die Organisation, die Ressourcenausstattung, aber auch das Standing des Kommunikationsmanagements im Unternehmen. Aussagen darüber machen normativ oder deskriptiv begründete Exzellenzmodelle des Kommunikationsmanagements. Das Communication Excellence Model (ECM) umfasst neun Eigenschaften („commandments“), die Exzellenz im Kommunikationsmanagement ausmachen (Tench et al. 2017, S. XXVII). Die Exzellenz-Kriterien können als Anforderungen an ein modernes, professionelles und in diesem Sinne erfolgversprechendes strategisches Kommunikationsmanagement angesehen werden. Was zeichnet also heute exzellente Bereiche der Unternehmenskommunikation aus? Auf die Ebenen des Unternehmens, den Bereich Unternehmenskommunikation sowie die dort tätigen Kommunikatoren heruntergebrochen, sind jeweils drei Eigenschaften entscheidend und erst aus ihrem Zusammenspiel entstehen optimale Voraussetzungen für das Kommunikationsmanagement (Zerfaß 2017, 4f.; Tench et al. 2017, XXVIIIff.).
Erstens: Beginnend mit dem Unternehmen als Ganzes spielt die Verbundenheit („connected organisation“) eine entscheidende Rolle. Die Abteilung Unternehmenskommunikation hat immer dann einen Vorteil, wenn sie eingebettet sind in gut vernetzte Organisationen, die global aufgestellt sind und vor allem nicht ausschließlich innerhalb ihres eigenen Aktionsradius agieren, sondern aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen sind („globalization“). Die Kommunikationswege werden nicht nur zum Aussenden von Informationen eingesetzt, sondern sind auch eine Möglichkeit, den Stakeholdern zuzuhören. Neben bezahlten Kommunikationsformen und dem Weg über die Massenmedien
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etablieren diese Unternehmen eigene Medien und nutzen Social-MediaPlattformen („mediatised“). Außerdem sind die Unternehmen anpassungsfähig und verhalten sich Veränderungen in der Umwelt gegenüber flexibel („reflective“). Zweitens: Auf der Ebene des Bereichs Unternehmenskommunikation ist die Position im Unternehmen und der Einfluss entscheidend („influential departments“). Exzellente Bereiche der Unternehmenskommunikation sind in der Organisationsstruktur in unmittelbarer Nähe zum TopManagement angesiedelt. Aber auch die Vernetzung zu verwandten Funktionsbereichen wie den Abteilungen Personal, Marketing und Vertrieb ist nützlich, um Synergien schöpfen zu können. Letztlich ist die Präsenz der Bereiche Unternehmenskommunikation zentral, weil bei jeder Unternehmensaktivität Kommunikation implizit oder explizit mitschwingt („embedded“). Die Datafizierung macht auch vor der Unternehmenskommunikation keinen Halt. Vorbei sind die Zeiten, in welchen finanzielle Erfolgsnachweise vernachlässigt werden und die Kommunikationsverantwortlichen fernab von betriebswirtschaftlichem Controlling agieren („datafied“). Letztlich ist es aber vor allem die Anbindung an die Ziele und Ausrichtung des Unternehmens, die die Bereiche Unternehmenskommunikation und ihre Kommunikationsstrategie anschlussfähig an die Unternehmensstrategie machen („strategised“). Drittens: Auf der Ebene der Akteure sind ambitionierte Kommunikationsexperten gefragt („ambitious professionals“): Sozialwissenschaftliches und betriebswirtschaftliches Verständnis sind gleichermaßen erforderlich und es gilt, die richtige Balance zu finden („sagacious“). Das Netzwerk zu Kollegen ist ein weiterer Baustein („linked“) und schließlich ist bereits für das Individuum entscheidend, sich als verlässlicher Kommunikator zu positionieren („solid“). Dieses Bild kann dann auch auf den gesamten Bereich Unternehmenskommunikation sowie in einem nächsten Schritt auf das Unternehmen ausstrahlen.
Abbildung zwei fasst zusammen, wie die Bereiche Unternehmenskommunikation ihre Kommunikationsstrategie formulieren, die im Kern aus Zielen, Bezugsgruppen und den Themen bzw. Inhalten besteht. Im Kommunikationsmanagement geht es dann darum, die Kommunikationsstrategie umzusetzen und die Ergebnisse im Zuge des Kommunikations-Controllings zu monitoren. Auf das Kommunikationsmanagement wirken Rahmenbedingungen wie das Standing des Bereichs Unternehmenskommunikation im Unternehmen und das zugrundeliegende Kommunikationsverständnis ein.
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Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt – eine Einführung
Abb. 2: Kommunikationsstrategie als Ankerpunkt des Kommunikationsmanagements Unternehmensstrategie
Standing im Unternehmen
Evaluation
Kommunikationsverständnis
Umsetzung
Kommunikationsmanagement
Kommunikationsstrategie
Quelle: eigene Darstellung.
2.3 Handlungsfelder: Alte Herausforderungen und neue Aufgaben Die bisherige Diskussion der Kommunikationsstrategie hat gezeigt, dass es auf zwei zentrale Schnittstellen ankommt. Dies ist zum einen die Verbindung zwischen den Wirkungen von Kommunikation einerseits und den Effekten auf die übergreifenden Unternehmensziele und die unternehmerische Wertschöpfung andererseits. Entscheidend ist hier die Frage, was Kommunikation – genauer: Kommunikationsarbeit im Sinne von gestalteten Maßnahmen der dafür zuständigen Abteilung (Stehle 2016, S. 56) – überhaupt zur Problemlösung und Zielerreichung beitragen kann. Ein generelles Problem der Unternehmensführung muss also in ein kommunikativ zu lösendes Problem übersetzt werden. Zum anderen geht es darum, die in einer Kommunikationsstrategie enthaltenen Ziele bzw. die Leitideen mit einzelnen Kommunikationsmaßnahmen so zu verbinden, dass diese zur Umsetzung der Leitidee und Erreichung der Ziele beitragen. Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich aus PR-praktischer Sicht die Konzeptionslehre. Dabei kann es sich sowohl um eine übergreifende, generische Kommunikationsstrategie handeln (etwa die Entscheidung, in der Kommunikationsarbeit konsequent auf Dialog zu setzen) oder um konkrete Kommunikations- und Kampagnenziele (etwa die Festlegung, dass innerhalb eines Jahres das Image als attraktiver Arbeitgeber unter Hochschulabsolventen verbessert werden soll).
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Handlungsfelder in Bewegung Im Kommunikationsmanagement haben sich verschiedenen Arbeits- oder Handlungsfelder herausgebildet, die sich jeweils um spezielle Bereiche kümmern. Sie greifen bestimmte Aspekte der Kommunikationsarbeit heraus und spezialisieren sich darauf. So verstandene Handlungsfelder können nach Bezugsgruppen, Themen bzw. Situationen und nach Instrumenten bzw. Kommunikationsformen unterschieden werden (Röttger, Kobusch, und Preusse 2018, S. 154f.):
nach Bezugsgruppen sind dies beispielsweise Medienarbeit (Journalisten) und interne Kommunikation (Mitarbeiter); nach Themen bzw. Situationen sind dies beispielsweise Krisenkommunikation, Veränderungskommunikation und Issues-Management; nach Instrumenten bzw. Kommunikationsformen sind dies beispielsweise Online-Kommunikation und Corporate Publishing.
Die einzelnen Handlungsfelder sind in doppelter Hinsicht für die Kommunikationsstrategie bedeutsam. Zum einen sind sie Teil der übergreifenden Kommunikationsstrategie als spezielle Bereiche, um die sich die Kommunikationsarbeit explizit kümmert. Dann ist die Rolle der einzelnen Handlungsfelder in der Gesamtstrategie zu klären: Wie wichtig ist ein einzelnes Handlungsfeld und welche Aspekte der Gesamtstrategie werden damit bearbeitet? Zum anderen liegt jedem Handlungsfeld eine eigene, spezielle Strategie zugrunde. In diesem Sinne lassen sich dann Teilstrategien beschrieben – etwa der Medienarbeit, der Mitarbeiterkommunikation oder des Corporate Publishing bzw. der Unternehmensmedien. Sie legen fest, wie die einzelnen Bereiche funktionieren und arbeiten. Gestiegene Anforderungen durch den sozialen und technischen Wandel sowie die Professionalisierung der PR wirken sich nun direkt auf die einzelnen Handlungsfelder aus. Neue Bereiche wie Arbeitgeberkommunikation (Mast und Simtion 2016) oder Influencer Relations (Schach und Lommatzsch 2018) entstehen, etablierte Felder wie die Media Relations oder die interne Kommunikation bekommen ein verändertes Gewicht und greifen auf neue Instrumente, Bezugsgrößen und Vorgehensweisen zurück. Die gesamten Handlungsfelder sowie Bereichs- und Stellenspezialisierungen im Kommunikationsmanagement sortieren sich neu. Dabei verändert sich auch das Verhältnis der Handlungsfelder untereinander. Innerhalb einer breit verstandenen und in eine übergreifende Strategie eingebetteten Unternehmenskommunikation bzw. Corporate Communications werden die einzelnen Bereiche eng aufeinander und miteinander abgestimmt.
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Kommunikationsmanagement in einer digitalisierten Welt – eine Einführung
Management der Medienwelten Dabei werden insbesondere die Medien und Kommunikationswege zum zentralen Element und zur Schlüsselgröße des strategischen Kommunikationsmanagements. Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens gibt es immer mehr Medienangebote und Möglichkeiten zu kommunizieren, die es im Blick zu halten und zu managen gilt. Dabei können grundsätzlich drei Medienwelten unterschieden werden (Mast 2019, S. 379):
Dies ist die klassische Medienwelt von Presse und Rundfunk inklusive ihrer jeweiligen Online-Ausgaben. Sie wird von Journalisten betrieben und gehorcht traditionellen Mediengesetzen und Regeln des Journalismus. Dazu kommt die Welt der digitalen Netzmedien, die seit vielen Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewinnt. Hier sind zahlreiche Akteure aktiv, die aus ganz unterschiedlichen Beweggründen und in vielfältigen Ausprägungen Medienangebote betreiben. Das Netzwerkprinzip dominiert. Mithin spielen Formen des Austauschs, der Kooperation und Kollaboration der Nutzer untereinander eine große Rolle. Dann gibt es schließlich die eigene Medienwelt der Unternehmen. Über diese Angebote haben die Unternehmen die volle Kontrolle. Sie können verschiedene Zielgruppen direkt ansprechen. Dabei können sowohl massenmediale, am Journalismus orientierte Medien, beispielsweise eine Kundenzeitschrift, als auch dialogorientierte, am Netzwerkprinzip orientierte Angebote, z. B. ein Corporate Social Network, umgesetzt werden.
Das übergreifende Management dieser Medien und Kommunikationskanäle wird wichtiger. Dabei geht es darum, die Aktivitäten in den verschiedenen Medienwelten aufeinander abzustimmen und die klassischen und neuen Handlungsfelder des Kommunikationsmanagements systematisch darauf auszurichten. Von Themen, Medien und Multiplikatoren Wie wirken sich nun die veränderten Bedingungen für die Unternehmenskommunikation auf die einzelnen Aktivitäten und Handlungsfelder im Einzelnen aus? Grundsätzlich stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, dass sie mit immer mehr Bezugsgruppen in Kommunikation treten müssen – und dies über immer mehr verschiedene Kommunikationswege geschieht (Mast 2019, S. 13). Entlang des Kommunikationsprozesses lässt sich aufzei-
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gen, wie sich die Rahmenbedingungen in Bezug auf die unterschiedlichen PRManagementphasen ändern (s. Abb. 3): Content steht am Ausganspunkt von Kommunikationsstrategien und den damit verbundenen Prozessen der Unternehmenskommunikation: Mit dem Content Management verbunden ist eine Ausrichtung der Kommunikationsplanung sowie der täglichen Kommunikation auf die Themen und den damit verbundenen Botschaften. Statt allen voran in Kommunikationswegen und kanälen zu denken, rücken die Themen an den Ausgangspunkt kommunikationsstrategischer Überlegungen. Erst in einem nächsten Schritt wird dann die Frage beantwortet, über welche Kanäle die als relevant ausgewählten und priorisierten Themen verteilt werden. Nicht mehr das medienspezifische Denken und Handeln bilden den Bezugspunkt für strategische Überlegungen, sondern contentorientierte Prozesse. Von der Botschaften- zur Stakeholderorientierung bei der strategischen Themenplanung: Themenstrategien setzten lange Zeit an „Inside-out“-Themen an: Welche Neuigkeiten gibt es aus dem Unternehmen? Welche Produkte bzw. Services werden angeboten? Heute geht es viel mehr als dies früher der Fall war darum, die Themeninteressen und Erwartungen der Stakeholder im Zuge einer umfassenden Analyse (z. B. Scanning- und Monitoringverfahren) zu antizipieren. Die Kommunikationsarbeit muss nicht mehr von innen, sondern grundsätzlich von außen gedacht und umgesetzt werden. Die Interessen und die Präferenzen der Stakeholder fließen in die Kommunikationsstrategie und konkret in die thematische Ausrichtung mit ein. Multiplikatoren und Influencer als wichtige Botschafter: Journalisten, z. B. der Fach- und Wirtschaftspresse sowie der regionalen und internationalen Redaktionen, sind wichtige Multiplikatoren der Unternehmenskommunikation. Allerdings kommen neue Akteure hinzu, die in bestimmten Situationen und Konstellationen in der Kommunikationsarbeit sogar die Überhand gewinnen. Dazu zählen Influencer und Blogger, die etwa zu Pressekonferenzen eingeladen und/oder über eigene, spezielle Formen angesprochen werden. Hinzu kommen interne Multiplikatoren wie Mitarbeiter und Führungskräfte, die sog. „Corporate Influencer“. Damit gewinnt auch die interne Kommunikation als Handlungsfeld an Bedeutung. Insgesamt steht die Unternehmenskommunikation einer Vielzahl potenzieller Multiplikatoren gegenüber, die sie bei der Umsetzung ihrer Kommunikation aktiv einbezieht und deren Aktivitäten sie auch ohne direkte Ansprache der entsprechenden Botschafter einkalkulieren sollte.
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Abb. 3: Mit PR-Managementphasen unterlegter Kommunikationsprozess Analyse und Evaluation
Themen und Botschaften
Botschaften
Themeninteressen
Kommunikatoren
Multiplikatoren
Stakeholder
Strategie
Umsetzung
Quelle: eigene Darstellung.
Neben der Medienkommunikation werden zunehmend persönliche Kommunikationsformate eingesetzt: Unternehmenskommunikation ist unter den aktuellen Bedingungen viel mehr als das Bespielen von Medienkanälen. In der Vergangenheit lag der Fokus auf standardisierten Inhalten, die über Massenmedien meist großen, dispersen Publikumsgruppen nahegebracht wurden. Heute spielen auch dezentrale Kommunikationsarenen und die persönliche Kommunikation eine Rolle. Das Kommunikationsmanagement erweitert seine Zuständigkeiten und kümmert sich auch um den Austausch mit den Kommunikationspartnern ebenso wie zwischen den Kommunikationspartnern. Dabei kommen neben oder ergänzend zu Face-to-Face-Formaten wie Veranstaltungen auch medial vermittelte Formen der persönlichen Kommunikation zum Einsatz. Diese veränderten Rahmenbedingungen wirken sich auf die verschiedenen Handlungsfelder des Kommunikationsmanagements zum Teil stark aus. Klassische Bereiche verändern ihre Bedeutung, passen ihre Arbeitsweise an und/oder entfalten im Zusammenspiel mit anderen Management- und Kommunikationsfunktionen im Unternehmen eine neue Dynamik. Aufgaben und Zuständigkeiten, die es in der „alten“ Medien- und PR-Welt noch nicht gab, kommen hinzu.
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Neuausrichtung der Medienarbeit Als klassisches Handlungsfeld mit sehr großer Bedeutung in der PR ist die Medienarbeit besonders stark von den aktuellen Entwicklungen betroffen. Traditionelle Medienarbeit ist „Journalismus-Arbeit“ (Mast 2019, S. 368). Lange Zeit waren es Journalisten, die hauptsächlich oder sogar exklusiv Öffentlichkeit herstellen und darüber bestimmten, welche Themen an die Öffentlichkeit gelangen. Über die Ansprache von Journalisten und die Beziehungspflege mit ihnen will die Unternehmenskommunikation für Themen, die für das Unternehmen wichtig sind, Öffentlichkeit herstellen oder verhindern (Röttger, Gehrau, und Preusse, 2013, S. 13). In der Medienarbeit geht es also darum, die öffentliche Berichterstattung und Meinungsbildung zu beeinflussen. In dem Zuge, wie sich nun Öffentlichkeit und Journalismus verändern, passt sich auch das Handlungsfeld der Medienarbeit an. Dessen Ziele und Vorgehensweisen verändern sich. Denn das Kommunikationsmanagement hat mit einem Journalismus umzugehen, der auf vielfältige Weise in der digitalen Netzwelt aktiv ist. Es gilt, den klassischen Medienangeboten auf ihren Wegen ins Netz zu folgen und die Medienarbeit auf innovative journalistische Berichterstattungs- und Kommunikationsformen, wie es sie etwa auf den eigenen Websites, in Blogs oder in den sozialen Medien gibt, auszurichten. So benötigt die Medienarbeit beispielsweise Antworten darauf, wie sie mit den Posts der Journalisten in sozialen Medien wie Facebook und den sich daraus ergebenden Kommunikationsströmen im Netz umgeht. Thesenjournalismus als Herausforderung Gleichzeitig muss sich die Medienarbeit auf sehr grundlegende Trends im Journalismus einstellen. Insbesondere die Medialisierung erster und zweiter Ordnung sorgen in Verbindung mit dem gestiegenen Wettbewerb für große Dynamik. Die Geschwindigkeit des journalistischen Arbeitens und der Druck darauf nehmen zu. Einerseits eröffnen sich dadurch für die Medienarbeit in bestimmten Bereichen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Redaktionen. Dies kann etwa in längerfristig angelegten Medienkooperationen geschehen oder indem durch geschickt aufbereitetes Footage-Material die eigenen Themen und Botschaften in der Berichterstattung platziert werden. Andererseits steigt in anderen Medienbereichen die Selbstbezüglichkeit des journalistischen Arbeitens stark an. Die Berichterstattung orientiert sich stärker an kurzfristigen Themenkarrieren und Aufmerksamkeitszyklen des Publikums. Zu Lasten der an Fakten orientierten Nachrichtenberichterstattung und der auch über längere Zeiträume hinweg konsistenten Einordnung und Analy-
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se eines Themas gewinnen Interpretation, Storytelling bis hin zu Inszenierung oder gar Fiktion an Bedeutung. Die Jagd nach Scoops und der sog. Thesenjournalismus breiten sich aus (Mast und Spachmann 2015, S. 134): Journalisten treten mit vorbereiteten Storylines und Thesen an die Pressestellen heran. Häufig sind sie nicht oder nur punktuell bereit, ihre Ausgangsthesen und Annahmen infrage zu stellen und im Lichte neuer Informationen zu ändern. In dem Maße aber, wie Volatilität und kurzfristige Story-Orientierung in der Berichterstattung zunehmen, sich der Thesenjournalismus ausbreitet und die Medienberichterstattung sich von den Denkwelten der Unternehmen entfernt, ist die journalistische Berichterstattung für die Unternehmen und die Medienarbeit immer schwieriger zu kalkulieren – und noch schwieriger zu managen. Das bedeutet, dass die Herausforderung, eigene Fakten, Bewertungen und Positionen zu den journalistischen Geschichten beizusteuern, deutlich größer wird. Die Medienarbeit benötigt neue Strategien, Taktiken und Instrumente. Erweiterte Aufgaben: Online-Kommunikation Doch nicht nur die Ansprache der Journalisten ist in Bewegung. Da in den Online-Medien zahlreiche neue Aggregatoren und Multiplikatoren aktiv sind, erweitert sich auch das Aufgabenspektrum der Medienarbeit. In den verschiedenen Bereichen des Internets gibt es zahlreiche Öffentlichkeiten. Auf diese digitalen Netz-Öffentlichkeiten kann sich eine – jetzt übergreifende verstandene – Medienarbeit ausrichten, indem sie sich dort in die Kommunikationsprozesse einbringt und damit die Meinungsbildung beeinflusst. Die Öffentlichkeiten im Internet sind sehr vielfältig. Einzelne Arenen sind meist klein und thematisch eng ausgerichtet, aber intern hoch vernetzt und damit für die beteiligten Nutzer potenziell sehr einflussreich. Deshalb kann es sich für das Kommunikationsmanagement lohnen, diese zu bearbeiten. In manchen Fällen – etwa, wenn es um Fan-Communitys geht – sind damit große Chancen, aber auch potenzielle Risiken verbunden. Hinzu kommt: Die Überschneidungen zwischen den digitalen Öffentlichkeiten und der klassischen, massenmedialen Öffentlichkeit werden immer größer – und zwar in beiden Richtungen. Influencer und Blogger Relations Entsprechende Aktivitäten des Kommunikationsmanagements in den OnlineRäumen werden u. a. als Influencer- oder Blogger-Relations bezeichnet (Mast 2018, S. 393ff.; Hoffjann und Haidukiewicz 2018). Auch die Social-MediaKommunikation zählt zum Teil dazu. In diesen Bereichen sind auch andere
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Unternehmens- und Kommunikationsbereiche aktiv – allen voran Marketing und Vertrieb –, sodass die gesamte Online-Kommunikation als integrierte Kommunikation zu betrachten und zu managen ist (Pleil und Zerfaß 2014, S. 736). Für das Kommunikationsmanagement ist die Herausforderung, sich auf diese Kommunikationsbereiche einzulassen und damit angemessen umzugehen. Denn klar ist: Blogs und die sozialen Medien folgen anderen Spielregeln als der Journalismus. Als Kommunikationsnetze folgen sie nicht der einfachen Logik eines Sender-Empfänger-Modells (Mast 2019, S. 153). Ihre Rolle in Kommunikationsstrategien und -kampagnen ist deshalb gut zu durchdenken: Was können sie zur Erreichung der Kommunikationsziele beitragen? Welche Chancen und Risiken sind mit den Aktivitäten und/oder deren Unterlassen verbunden? Zudem sind die einzelnen Multiplikatoren bzw. Kommunikatoren angemessen und effektiv anzusprechen. Das Instrumentarium der klassischen „Journalismus-Arbeit“ hilft hier nicht oder kaum. Für die Blogger und Influencer Relations müssen eigene, spezielle Taktiken und Vorgehensweisen entwickelt werden. Lange Zeit war Medienarbeit das entscheidende Aktionsfeld der Unternehmenskommunikation. Sie steht stellvertretend für das Kommunikationsmodell „One-to-Many“ und die traditionelle Verteilkommunikation der Unternehmen über Journalisten als Multiplikatoren (Mast 2019, S. 231). Als „fremde“ Medien (sog. „Earned Media“) haben Presse und Rundfunk zwar immer noch eine verhältnismäßig hohe Glaubwürdigkeit, verlieren aber angesichts von zunehmenden Medienrisiken an Attraktivität für die Unternehmen (Mast und Spachmann 2015, 68ff.). Die klassische Medienarbeit mit ihrem Fokus auf die Journalisten und den entsprechenden Kommunikationsregeln wird jedenfalls mehr und mehr erweitert und verändert ihr Gesicht. Im aktuellen Medien- und Gesellschaftswandel entwickelt sich die Medienarbeit stärker zu einem basalen Informationsdienst des Unternehmens (Mast 2019, S. 371; Mast und Spachmann 2015, S. 70): Kommunikationsmanagement organisiert und produziert dann offizielle Informationen und formuliert autorisierte Stellungnahmen des Unternehmens. Sie werden nicht mehr nur Journalisten angeboten, sondern auch anderen Multiplikatoren und Stakeholdern zur Verfügung gestellt. Online-Medien als Kommunikationskanäle Durch die Online-Medien und das Social Web wird das Spektrum der „fremden“ Medien, die Unternehmen nicht direkt kontrollieren können, größer (s. Abb. 4). Gleichzeitig kann das Kommunikationsmanagement die OnlineMedien auch als eigene Kommunikationskanäle nutzen. Dann betreiben Un-
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ternehmen etwa eine Internetseite, einen Corporate Blog oder bespielen ihre eigenen Social-Media-Kanäle. Hieraus ergeben sich Chancen, denn die Information der Stakeholder kann direkt und ungefiltert sowie schnell und zielgenau erfolgen. Neben den vielfältigen Möglichkeiten für individualisierte und personalisierte Informationen kann das Kommunikationsmanagement mit den Stakeholdern insbesondere via Social Media auch in den Dialog treten. Zumindest in der externen Kommunikation spielen diese Möglichkeiten jedoch noch keine große Rolle und finden selten als „echter“, symmetrischer Dialog statt (Pleil und Zerfaß 2014, S. 739). Die Online-Medien sind dabei nicht nur ein (weiterer) Kanal, der durch das Handlungsfeld Online-Kommunikation bespielt wird. Nahezu jede Kommunikationssituation, die früher in den Massenmedien Presse und Rundfunk oder in den klassischen Telekommunikationsmedien wie Telefon und Fax stattfand, findet sich heute in den Online-Medien wieder. Durch die digitale Transformation ergeben sich dabei häufig neue Möglichkeiten und Funktionalitäten. Je mehr sich Online-Medien und das Social Web aber auf diese Weise als selbstverständlicher Teil der Berufs- und Alltagswelt der Stakeholder etablieren, desto eher handelt es sich dabei um Querschnittsaufgaben des strategischen Kommunikationsmanagements. Sie spielen in allen Handlungsfeldern eine Rolle und müssen entsprechend eingesetzt werden. Unternehmen entwickeln sich zu Medienhäusern Ob in den klassischen Medien oder (exklusiv) in den Online-Medien: Ein Handlungsfeld, das im strategischen Kommunikationsmanagement stark an Bedeutung gewinnt, sind die unternehmenseigenen Medien. Lange Zeit spielten für die Ansprache unternehmensexterner Zielgruppen im sogenannten Corporate Publishing hauptsächlich Kundenzeitschriften eine große Rolle. Aktuell nutzen Unternehmen die Corporate Media immer intensiver, um öffentlich relevante Themen aufzugreifen und die Meinungsbildung der Stakeholder zu beeinflussen. Als Gegengewicht zum schwierigen Feld der Media Relations bauen Unternehmen eigene Medienlandschaften und Redaktionsstrukturen auf (Mast 2019, S. 13). Sie richten Corporate Newsrooms ein, geben Magazine für diverse Zielgruppen heraus, betreiben Blogs und verbreiten regelmäßig Videos. Unternehmen entwickeln sich in dieser Hinsicht zu Medienhäusern, die die Öffentlichkeit und verschiedene Bezugsgruppen mit für sie relevanten Informationen versorgen (Mast 2016a; Zurstiege 2015, S. 119).
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Abb. 4: Aus der Perspektive der Unternehmen: Fremde und eigene Medien
Quelle: eigene Darstellung.
Notwendig sind dann Medienstrategien und am Journalismus orientierte Medienkonzepte, die konsequent an den Bedürfnissen und Interessen des Publikums ausgerichtet sind – und nicht nur pure Unternehmens- oder gar Produktbotschaften an Kunden transportieren wollen. Aktuell entwickelt sich in vielen Unternehmen die redaktionelle Arbeit, eingebettet in Corporate-NewsroomStrukturen, zu einem Kernprozess der Unternehmenskommunikation. Damit verändern sich auch Rolle und Aussehen der traditionellen Kundenzeitschrift. Sie wird in Varianten für verschiedenen Zielgruppen produziert, bekommt Ableger im Internet und in den sozialen Medien und bietet den Nutzern – ähnlich dem Trend im Journalismus – Möglichkeiten zur Interaktion und Beteiligung. Neue Rolle und neue Aufgaben für die interne Kommunikation Auch das Handlungsfeld interne Kommunikation gewinnt an Bedeutung. Anders als in der externen Kommunikation spielen in diesem Bereich die zentralen, unternehmenseigenen Kanäle und Medien schon immer eine herausgehobene, häufig sogar exklusive Rolle. Lange Zeit ging es vor allem darum, offizielle Informationen im Unternehmen zu sammeln, angemessen aufzubereiten und den internen Zielgruppen – Mitarbeitern und Führungskräften – über effektiv gestaltete Kommunikationskanäle und Medien nahezubringen. Damit sorgt das interne Kommunikationsmanagement für Abstimmung und Koordination der Arbeitsabläufe sowie für Arbeitszufriedenheit, Motivationen, Identifikation und Orientierung der Mitarbeiter. Unter den aktuellen Bedingungen weiten sich die Aufgaben der internen Kommunikation aus. Kommunikationsflüsse im Unternehmen, die bislang im Verborgenen blieben oder zumindest vom Kommunikationsmanagement nicht systematisch bearbeitet wurden, geraten in den Blick. Das sind insbesondere
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Formen der interpersonellen und informellen Arbeitskommunikation sowie die Managementkommunikation – also der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Dabei steht im Vordergrund, die Partizipation der Mitarbeiter am Unternehmensgeschehen zu ermöglichen, Dialogprozesse anzustoßen sowie Prozesse der Entstehung und des Austauschs von Wissen zu organisieren (Buchholz und Knorre 2019, S. 9; Huck-Sandhu 2016, S. 7). Persönliche Kommunikation wird wichtiger In einem solchen Verständnis ist die interne Kommunikation über das Gestalten und Betreiben von klassischen, zentralen Medien mit ihrem im Kern einseitigen Informationsfluss hinaus dafür zuständig, den dezentralen und mobilen Austausch im Unternehmen zu initiieren, Netzwerke der Mitarbeiter aufzubauen und zu unterstützen. Elemente sind Veranstaltungen und Face-toFace-Kommunikation sowie insbesondere auch medial vermittelte Netzwerke und mediale Formen persönlicher Kommunikation. Mitarbeiter und vor allem die Führungskräfte werden als zentrale Multiplikatoren und Botschafter in leistungsfähige Kommunikationsnetze einbezogen (Mast 2019, S. 232): Sie fungieren als Kommunikatoren sowohl im internen betrieblichen Geschehen, aber auch bei den sog. „Earned Media“ im Netz – beim Kommentieren, Liken, Sharen oder Posten eigener Inhalte. Dem internen strategischen Kommunikationsmanagement kommt dann eine neue Rolle zu: als „Enabler“ von Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen und als Knotenpunkt im medialen Netzwerk der Mitarbeiter. So kann das Kommunikationsmanagement beispielsweise die Kommunikation der Führungskräfte unterstützen, indem sie entsprechende Tools und Hilfestellungen anbietet. Zudem können die internen Kommunikatoren selbst in den Dialog mit den Mitarbeitern treten. Ebenso ist es denkbar, dass das Kommunikationsmanagement im Corporate Social Network Diskussionen anstößt und dort den Austausch der Mitarbeiter mit dem Management sowie verschiedener Mitarbeitergruppen untereinander fördert und initiiert. Diese und andere Aufgaben können gemeinsam mit anderen Kommunikations- und Managementfunktionen wie Human Resources angegangen werden.
3.
Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern? Grundlegende Entscheidungen im Management der Kommunikation
Kapitel 3.1 erläutert anhand der veränderten Rahmenbedingungen in Folge des Medienwandels die Notwendigkeit eines an Inhalten orientierten Kommunikationsmanagements, das sog. Content Management. In Kapitel 3.2 werden die für die Stakeholderansprache wichtigen Bausteine der Touchpoints, Themen, Formen und Kommunikationswege eingeführt. In Kapitel 3.3 werden schließlich Perspektiven des Kommunikationsmanagements im Zusammenhang mit der Contentorientierung diskutiert. 3.1 Content Management als Antwort auf den Medienwandel Der Medien- und Gesellschaftswandel zwingt die Unternehmen zu einer neuen Perspektive in der Unternehmenskommunikation. Die strategischen Grundkoordinaten verschieben sich weg von einer Binnen- zu einer Außenperspektive. Denn die Erwartungen der Stakeholder verändern sich. Insbesondere die Kunden treten Unternehmen mit gestiegenen Ansprüchen und Anforderungen gegenüber. Das betrifft zunächst die Art und Weise, wie Menschen generell mit Kommunikation umgehen und was sie von ihr erwarten. Die enorme Zunahme der Kommunikationswege mit völlig unterschiedlichen Einfluss- und Gestaltungspotenzialen der Nutzer ist eine große Herausforderung für die Kommunikatoren. Besonders in der Online-Kommunikation tauchen immer neue Plattformen und Wege des Austauschs auf, die von einzelnen Gruppen temporär stark genutzt werden und dann oftmals auch wieder an Bedeutung verlieren. Unter diesen Bedingungen muss es der Unternehmenskommunikation zunächst einmal gelingen, die Aufmerksamkeit der Menschen zu bekommen und sie in die Lage zu versetzen, für die Inhalte aufnahmebereit zu sein. Hinzu kommen gestiegene Erwartungen der Menschen an eine transparente und dialogbereite Kommunikation. Wenn die Nutzer von einem Thema betroffen sind und sich dafür interessieren, wollen sie substanzielle, ehrliche und für sie relevante Informationen. Immer weniger geben sie sich mit Ausweichmanövern und Floskeln oder gar Nichts Sagen und Schweigen zufrieden. Die Menschen spüren, ob sie in der öffentlichen Kommunikation ernst genommen
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_3
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Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern?
und wertgeschätzt werden. Sie erwarten, dass Unternehmen ihre Beweggründe und Sorgen aufnehmen und mit ihnen entsprechend kommunizieren. Produkte und ökonomische Performanz reichen nicht mehr aus Die gestiegenen Erwartungen der Menschen betreffen aber nicht nur die Kommunikation, sondern auch das Verhalten und die Aktivitäten der Unternehmen generell. Ansprüche an Produktqualität ebenso wie an ökologisch und sozial verantwortliches Verhalten der Unternehmen werden höher. Die Menschen verstehen zwar, dass es den Unternehmen in erster Linie um ökonomische Ziele geht – und in aller Regel akzeptieren sie auch, dass dies kaum anders sein kann. Allerdings reicht es für die Unternehmen nicht mehr aus, sich auf gute Produkte und positive ökonomische Performanz zu konzentrieren. Die Menschen schreiben den Unternehmen heute auch eine gesellschaftliche Verantwortung zu. Sie sehen Unternehmen als Teil der Gesellschaft – und legen dementsprechend moralische, soziale und ökologische Maßstäbe an, wenn sie ihre Aktivitäten bewerten. Sie wollen, dass den Unternehmen die gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit eben nicht gleichgültig sind. Die Stakeholder sind zunehmend der Meinung, dass die Unternehmen durchaus etwas zur Problemlösung beitragen könnten – und sie erwarten auch, dass sie das tun (Mast et al. 2017, S. 296). Wie Studien zeigen, haben die Unternehmen aber gerade bei den gesellschaftlich relevanten Themen eine sehr geringe Glaubwürdigkeit (ebd.). Dieser Mentalitätswandel bei den Einstellungen der Menschen und in der öffentlichen Diskussion bei der Frage, welche Rolle Unternehmen zukommt und welche Maßstäbe an ihr Verhalten angelegt werden, ist grundlegend. Die damit verbundenen Herausforderungen betreffen die Unternehmensführung sehr grundsätzlich. Dann geht es darum, welches Menschenbild ein Unternehmen zugrunde legt und welches Unternehmensverständnis daraus abgeleitet ist (Mast 2019, S. 509ff.). Paradigmenwechsel in der Unternehmenskommunikation Für die Unternehmenskommunikation – Marketing und Vertriebskommunikation eingeschlossen – macht der Mentalitätswandel in der Bevölkerung weitreichende Anpassungen im Zugang und Verständnis von Kommunikation notwendig. Das angemessene Kommunikationsmodell wechselt von Informationsübermittlung und Persuasion hin zu Dialog und Argumentation (Mast 2019, S. 510f.). Es steht ein Paradigmenwechsel in der Kommunikationsarbeit an, bei dem eine unternehmenszentrierte Logik, die Gesellschaft und Wirtschaft als strikt getrennt Sphären behandelt und Kommunikation dominieren
Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern?
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oder gar aufzwingen will, von einer außenorientierten Logik abgelöst wird (Ehrhart 2011, S. 77). Dieses moderne Verständnis trägt der Tatsache Rechnung, dass Kommunikation letztlich nicht gesteuert werden kann und Unternehmen sich im Austausch mit ihren Stakeholdern erst konstituieren – und letztlich bewähren müssen. Für eine erfolgreiche Unternehmenskommunikation kommt gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bezügen eine entscheidende Bedeutung zu. Sie sind von den Fach-, Unternehmens- und Produktthemen immer weniger zu trennen. Auch die „eigenen“, selbst initiierten Themen wie Produkte oder interne Ereignisse wie Personal- und Managemententscheidungen hat die Kommunikationsarbeit immer weniger unter Kontrolle. Denn mit sozialen Medien und anderen Angeboten im Internet gibt es neben den klassischen journalistischen Angeboten zahlreiche weitere Kontexte, in denen Unternehmensthemen auftauchen und sich verbreiten können. Damit ist eine Vielfalt von Deutungen verbunden, die beim gleichen Thema auch schnell wechseln können. Wird z. B. ein neues Produkt in einem Fachportal noch als Innovation gefeiert, kann es gleichzeitig auf Facebook schon Diskussionen über die Angemessenheit der Bedingungen bei dessen Produktion geben. Ein anderes Beispiel ist ein Werbespot, der die Menschen auf einer unterschwelligen und emotionalen Ebene ansprechen will, aber in der Öffentlichkeit grundlegende Diskussionen über Werte und Moral des werbetreibenden Unternehmens hervorruft. Diese Beispiele zeigen: In der neuen Kommunikationswelt potenziert sich die Zahl möglicher Kontexte, in denen ein Inhalt auftauchen kann. Solche Anschlusskommunikationen waren letztlich von den Kommunikatoren noch nie zu kontrollieren. Dies rückt nun immer mehr auch ins Sichtfeld und ins Bewusstsein der Kommunikationsmanager. Content Management als Antwort auf den Medienwandel Die Konsequenz für das Kommunikationsmanagement lautet, die Themen konsequent von außen zu erschließen. Unternehmen müssen die verschiedenen Anforderungen und Erwartungen in der Kommunikation aufgreifen und angemessen in Themen übersetzen. Das bedeutet auch, dass der Themenmix der Unternehmenskommunikation vielfältiger wird. Zu den klassischen Produktund Unternehmensthemen kommen zahlreiche weitere Zugänge dazu. Das können „harte“ Themen – etwa die lokale Armut in einem Land und wie sich die Unternehmenstätigkeit darauf auswirkt – ebenso sein wie „weiche“ Themen – etwa die Geschichte über einen Manager im Unternehmen, die Beruf und Familie erfolgreich in Einklang bringt.
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Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern?
Als Antwort auf die Anforderungen in Medien, Wirtschaft und Gesellschaft und die Erwartungshaltungen der Stakeholder richtet die Unternehmenskommunikation ihre Kommunikationsarbeit konsequent auf Inhalte und Themen aus. Content Management lautet der entsprechende Ansatz, der dies systematisch durchdekliniert und in klare Strukturen und Prozesse übersetzt. Darunter wird ein Ansatz im Kommunikationsmanagement verstanden, bei dem die Themen strategisch ausgewählt und für alle verfügbaren Kommunikationswege mit einer klaren Stakeholderperspektive aufbereitet werden (Mast 2019, S. 233). Damit ist ein Richtungswechsel (Mast 2013) in der Unternehmenskommunikation verbunden. Er führt Denken und Umsetzung der Kommunikationsarbeit weg von einer Orientierung auf einzelne Medien – z. B. Mitarbeiterzeitschriften oder Websites – schrittweise hin zu einer vorrangigen Ausrichtung auf Inhalte: „Was wollen wir sagen?“ (Mast 2016a) Themen stehen am Startpunkt der Kommunikationsplanung (Mast 2019, S. 229). Die fünf Phasen des Content-Management-Prozesses Content Management führt weg von der bisherigen Medienbezogenheit des Denkens und Planens hin zu einer konsequenten Orientierung der Prozesse an den Interessen und Bedürfnissen der Stakeholder (Mast 2019, S. 233): Fünf Phasen des Content Managements lassen sich unterscheiden (ebd., S. 256ff., s. Abb. 5): Am Anfang stehen die Themen. Sie repräsentieren die „Realitäten“, wie sie von den Unternehmen und ihren Stakeholdern wahrgenommen werden. Themen werden zum einen aus der Unternehmensstrategie abgeleitet und aufeinander abgestimmt. Zum anderen ergeben sie sich aus den Erwartungen, Aktivitäten und Deutungen der internen und externen Stakeholder. Themen werden ergänzt um Botschaften, sog. „Corporate Messages“ (Huck-Sandhu 2014). Diese Botschaften fungieren als Verbindungsstücke zwischen den verschiedenen Themen. Sie „füllen die inhaltliche Dimension mit Leben und dienen als Orientierungsrahmen für Mitarbeiter, Kunden und andere Stakeholder“ (HuckSandhu und Kirchenbauer 2017, S. 365f.). Die zweite Phase bildet der Kontext, in den die Themen gestellt werden. In der digitalen Medienwelt entscheidet maßgeblich das Umfeld, welchen Wert ein Inhalt für das Unternehmen hat und welche Wirkungen er bei den Stakeholdern erzielen kann. Dabei handelt es sich um Medienangebote, also redaktionelle Kontexte. Sie leisten eine Bündelung von Inhalten zu in sich stimmigen Informationspaketen. In den eigenen Medien der Unternehmen können die Inhalte passgenau platziert und so distribuiert und miteinander kombiniert werden, dass sie sich nahtlos zusammenfügen, konsistente Botschaften entstehen und den Rezipienten ein einheitliches Nutzungserlebnis bieten. Bei den
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journalistischen Medien ist es eine klassische Aufgabe der Medienarbeit, für passende redaktionelle Kontexte etwa in Nachrichten-, Fach- und Wirtschaftsmedien zu sorgen und die Deutung der Botschaften entsprechend zu steuern. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Kontexte in den Arenen der Online-Welt – allen voran in den sozialen Medien. Professionelle Influencer und Multiplikatoren ebenso wie die Nutzer in ihrer digitalen Alltagskommunikation greifen die Inhalte auf unterschiedliche Weise auf, indem sie sie kommentieren, teilen oder darauf verlinken. Abb. 5: Phasen des Content Managements bei Unternehmen
Quelle: Mast 2019, S. 257.
In der nächsten Phase des Content Managements geht es darum, die Aufmerksamkeitsschwelle der Stakeholder zu überwinden. Die Inszenierung der Themen steht an. Dabei kommt es vor allem auf Spannung und Dramaturgie an. Eine zeitlich und dramaturgisch durchdachte Vermittlungsstrategie verspricht Aufmerksamkeit bei den Nutzern (Sammer 2017, S. 140ff.). Inhalte zu inszenieren, sie „in Szene zu setzen“, bedeutet, sie mit Bedeutung für die Zielgruppen zu versehen und sie in Storys zu packen und/oder multimedial aufzubereiten. Dramaturgie – als strukturelles Element innerhalb des Storytellings – ist bei der Vermittlung von Themen sehr wichtig geworden. Neben direkten, emotionalen Reaktionen, z. B. Freude, Stolz, Furcht oder Ärger (Wirth 2013, S. 234f.), spielen zudem die sog. Meta-Emotionen eine Rolle. Das sind Gefühle, die durch Emotionen verursacht werden, z. B. sich schämen, weil man Angst hat. Auf dem emotionalen Feld können Menschen neben Spannung bei
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der Rezeption Empathie mit den beteiligten Akteuren entwickeln und Unterhaltung erleben. Weiter geht es mit der konkreten Ausgestaltung der Inhalte. Sie basiert auf konkreten, nachvollziehbaren Beispielen und Anwendungsfällen. Je besser sich die angesprochenen Stakeholder in den Konkretisierungen selbst erkennen und emotionale Anknüpfungspunkte finden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Aufmerksamkeit dem Unternehmen gegenüber erhalten bleibt und sie sich den Botschaften öffnen. Eine wichtige Kommunikationstechnik ist das Storytelling: Akteure, ihre Handlungen und aufeinander folgende Ereignisse stehen im Vordergrund. Den Ausgangspunkt bildet die sog. Core Story, die die Perspektive der Stakeholder betont und insbesondere auch auf das Verhältnis zwischen Unternehmen und Bezugsgruppen eingeht (Herbst 2014, S. 84ff.). Sie umfasst das „Belohnungsversprechen“ an die Stakeholder sowie die Erfolgsfaktoren, wie sie diese Belohnung erreichen können und die Haltung des Unternehmens zu den Menschen, d. h. ob das Unternehmen als freundschaftlicher Partner oder fürsorglicher Experte auftritt. Den Abschluss des Content-Management-Prozesses bildet schließlich die Nutzungsphase: Wie gehen die adressierten Stakeholder mit den kommunizierten Inhalten um? In welchen Situationen werden sie erreicht? Hier spielen der Grad der Aktivierung, das Interesse und die Motivationen der Nutzer eine Rolle. Insbesondere im Hinblick auf die sozialen Medien lassen sich verschiedenen Aktivitätsgrade unterscheiden. Sie reichen von der rein konsumierenden Nutzung über Formen der Partizipation, bei denen sich die Nutzer mit den Inhalten auseinandersetzen und/oder sie sich mit Autoren bzw. anderen Nutzern austauschen bis hin zum Erstellen und Publizieren eigener Inhalte. Diese Nutzungsformen haben ein unterschiedliches Wirkungspotenzial der Kommunikation und lassen sich mit bestimmten Vermittlungszielen aufseiten der Unternehmen verbinden. 3.2 Wichtige Entscheidungen bei der Formulierung von Strategien Content-Strategien und Strategien der Stakeholderansprache sind ein zentraler Bestandteil der übergreifenden Kommunikationsstrategie. Generell lässt sich die Kommunikationsstrategie in zwei Ebenen betrachten. Auf der grundlegenden Ebene geht es darum, den Wertbeitrag und den Wertschöpfungsbeitrag der Kommunikationsstrategie zu klären, sie an die Unternehmensstrategie rückzubinden und die grundlegenden Kommunikationsziele zu definieren (s. Kapitel 2.2). Daran schließt sich die Ebene der Content-Strategie bzw. der Strategie der Stakeholderansprache an. Hier geht es um den Kommunikationsprozess selbst: Wie wird die Aufmerksamkeit der Stakeholder erreicht und wie werden
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die Zielgruppen dazu gebracht, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen – und das möglichst so, dass damit für das Unternehmen positive Kommunikationseffekte im Sinne der Kommunikationsziele erreicht werden? Die in der Kommunikationsstrategie festgelegten Kommunikationsziele und Zielgruppen sind damit der Ausgangspunkt für die Strategien der Stakeholderansprache. Sie lassen sich aus übergreifenden Dimensionen der Wertschöpfung im Unternehmen ableiten. Dann geht es etwa darum, Einstellungen und Verhalten von Kunden oder Mitarbeitern positiv zu beeinflussen, immaterielle Erfolgspotenziale wie Bekanntheit, Marken, Glaubwürdigkeit, Reputation, Vertrauen oder Legitimität aufzubauen oder für das Unternehmen erfolgskritische Themen zu identifizieren und zu bearbeiten, um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen (Volk et al. 2017, S. 22f.; Zerfaß 2014, S. 30). Dabei können sowohl interne als auch externe Zielgruppen in den Blick rücken. Auf dieser Basis legen die Strategien der Stakeholderansprache fest, wie die verschiedenen Kommunikationsziele erreicht werden sollen. Zu berücksichtigen sind dabei die Touchpoints als die Zugänge zu den Stakeholdern, die Themen, über die gesprochen werden soll, die Formen als die Arten der Präsentation und die Kommunikationswege, über welche die Inhalte an die Zielgruppen kommuniziert werden. 3.2.1 Touchpoints – die Zugänge zu den Stakeholdern Voraussetzung für den Kommunikationserfolg ist, dass die Unternehmenskommunikation überhaupt Zugang zu den Stakeholdern findet und ihre Aufmerksamkeit bekommt. In modernen Content-Management-Strategien geht es deshalb darum, die Themeninteressen der verschiedenen Stakeholder und ihre Problemwahrnehmungen in den verschiedenen Ansprachesituationen zu kennen. Grunig und Hunt (1984, S. 192) nannten dieses Ziel bereits vor Jahrzehnten „communication alone“ und betonten lange vor dem Siegeszug des Internets, dass die Herstellung eines Kommunikationskontaktes durchaus eine Herausforderung sein kann. Mit den ursprünglich aus dem Marketing stammenden sog. Touchpoints (Mast et al. 2017, S. 57ff.; Mast et al. 2014) steht ein Ansatz zur Verfügung, der die Themeninteressen der Menschen und deren Betroffenheit von Wirtschafts- und Unternehmensthemen für die gesamte Unternehmenskommunikation systematisiert (Mast 2019, S. 241): Entscheidend für den Kommunikationserfolg ist demnach nicht nur, was die Unternehmen den Menschen sagen, sondern auch, in welcher Situation sie dies tun und mit welcher Perspektive sie die Menschen ansprechen. Wenn die Stakeholderorientierung Wirklichkeit werden soll, muss die Aufmerksamkeit der Menschen mit passgenauen Themenausschnitten und -präsentationen erreicht werden. Die Themen müssen an
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der Lebenswirklichkeit der Menschen anknüpfen, deren aktuelle Befindlichkeit berücksichtigen und ihnen in konkreten Situationen einen Mehrwert bieten. Berührungspunkte der Menschen mit Wirtschafts- und Unternehmensthemen Touchpoints sind die Bezugspunkte, an denen Menschen mit einem Thema in Berührung kommen und die ihre Problemwahrnehmung prägen. Sie entscheiden, ob die Menschen sich den präsentierten Themen überhaupt zuwenden – und wenn ja: was die Kommunikation dann bewirkt. Der Touchpoints-Ansatz geht von drei grundlegenden Berührungspunkten der Menschen mit Wirtschafts- und Unternehmensthemen aus (Mast 2019, S. 242; Mast et al. 2017, S. 57ff.; s. Abb. 6):
Zum einen kommen die Menschen in den Medien mit Themen aus Wirtschaft und Unternehmen in Berührung (Medienthemen). Unternehmensthemen werden von Journalisten und anderen öffentlichen Kommunikatoren als aktuell und relevant markiert und auf bestimmte Weise bearbeitet und interpretiert. Entscheidend ist hier das Interesse der Bezugsgruppen, das sie einzelnen Themen entgegenbringen. Zum anderen können Menschen in speziellen Problemsituationen von Themen aus den Unternehmen direkt betroffen sein. Dabei kommt es auf das Ausmaß an, mit dem ein Problem den Einzelnen beschäftigt. Hier kann es sich um Situationen im Alltag handeln – dann sind die Menschen etwa als Arbeitnehmer, Konsument oder Sparer mit Herausforderungen konfrontiert, in denen sie selbst handeln können (individuelle Probleme). Ökonomische Problemsituationen können aber auch Gruppen oder das ganze Land betreffen. In diesem Fall sind kollektive, also politische und/oder gesellschaftliche Problemlösungen gefragt (allgemeine Probleme). Dieser Touchpoint repräsentiert die – auch gefühlte – soziale Relevanz von Themen aus Wirtschaft und Unternehmen und zeigt, welche gesellschaftsorientierten Probleme die Menschen im Zusammenhang mit Unternehmen überhaupt wahrnehmen.
Die Touchpoints haben also zwei übergreifende Bezugspunkte (Mast et al. 2017, S. 59): Einerseits beziehen sie sich auf die Themen der Berichterstattung in klassischen Medien wie auch im Netz. Die Menschen greifen hier auf eine vorgegebene Themenagenda zu, aus der sie auswählen – und die sie aber auch ignorieren können. Andererseits sind es auch individuelle und gesellschaftliche Probleme, die solche Touchpoints prägen. In diesem Fall fühlen sich die
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Menschen direkt betroffen und bestimmen ihre eigene Themenagenda auf ihre höchst individuelle Weise. Natürlich können sie sich auch aus den Medien über diese Themen informieren. Voraussetzung ist allerdings, dass Journalisten, Blogger u. a. solche Aspekte (angemessen) aufgreifen. Hinzu kommt: Die Menschen kommunizieren auch mit ihrem persönlichen Umfeld – und sie tauschen sich via soziale Medien zu diesen Problemen mit anderen aus und vernetzen sich. Abb. 6: Touchpoints für die Themen: Was die Menschen an Wirtschaft und Unternehmen interessiert Interesse an aktueller Wirtschaftsberichterstattung Wie die Menschen in die Wirtschaft Wie die Wirtschaft eingebunden sind und ihre Branchen dastehen Wofür die Politik zuständig ist
Individuelle Wahrnehmung von Wirtschaftsproblemen des Einzelnen
Vor welchen Herausforderungen die Wirtschaft steht
Wie sich die Wirtschaft auf das Was die Wirtschaft Zusammenleben für die Menschen auswirkt leistet
Allgemeine Wahrnehmung von Wirtschaftsproblemen in Deutschland
Quelle: Mast et al. 2017, S. 58.
Touchpoints stecken das Feld der Themen ab Wie können nun die Themen und Touchpoints systematisiert werden? In einer Langzeitstudie (Mast et al. 2017; Mast et al. 2014; Mast 2012) wurden die Menschen in repräsentativen Umfragen − offen, das heißt ohne Antwortvorgaben – zu Themeninteressen und Problemwahrnehmungen rund um Wirtschaft und Unternehmen gefragt. Ihre Antworten und Kommentare wurden zu sechs übergeordneten Bereichen verdichtet:
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wie die Wirtschaft den Alltag der Menschen betrifft; wie die Volkswirtschaft und Weltwirtschaft dastehen; wofür die Politik zuständig ist; was die Wirtschaft für die Menschen leistet; wie sich die Wirtschaft auf die Gesellschaft und das Zusammenleben auswirkt; vor welchen Herausforderungen die Wirtschaft steht.
Diese übergreifenden Kommunikationsbereiche betreffen mikro- oder makroökonomische Perspektiven und sind auf (Routine-)Vorgänge innerhalb von Unternehmen und der Wirtschaft oder auf deren Einbettung in das gesellschaftliche, politische und soziale Umfeld bezogen. Sie bilden die verschiedenen Schauplätze der Unternehmenskommunikation und ihre Verbindungen zu Politik, Gesellschaft und der Lebenswirklichkeit der Menschen ab (Mast et al. 2017, S. 59): Die Touchpoints mit den Kommunikationsbereichen zeigen auf, wo die Unternehmen Aufmerksamkeit der Stakeholder finden können. Eine Garantie allerdings haben sie nicht. Übertragen auf die Gestaltung der Unternehmenskommunikation – insbesondere das Content Management – bedeutet das Modell der Touchpoints (Mast 2019, S. 243): Für den Kommunikationserfolg ist es entscheidend, die Touchpoints zu kennen, über die die Bürger mit Unternehmensthemen in Berührung kommen und die entscheiden, welche Relevanz sie einem Thema beimessen. Es reicht dabei nicht aus, nur die relevanten Themen zu identifizieren. Um erfolgreich zu kommunizieren, gilt es, die Themenperspektiven der jeweiligen Stakeholder zu berücksichtigen. Denn je nach Blickwinkel kommt einem Thema in den Köpfen der Stakeholder ganz unterschiedliche Bedeutung zu – und diese kann sich je nach Situation und aktuellen Debatten in der Öffentlichkeit ändern. 3.2.2 Themen – worüber gesprochen werden soll Zentral für Content-Strategien sind die Themen, die kommuniziert werden sollen. Sie stehen am Ausgangspunkt der strategischen Überlegungen und des Kommunikationsprozesses. Wenn die Touchpoints mit den übergreifenden Bereichen gleichsam die „Andockstation“ für die Unternehmenskommunikation aufseiten der Stakeholder bilden, sind die Themen der eigentliche Gegenstand der Kommunikationsarbeit. Wozu will das Unternehmen etwas sagen – und welche Unternehmensbotschaften sind damit verbunden? Welche Wirkungen und Reaktionen bei den Stakeholdern sollen die Themen auslösen? Themen sind sehr dynamisch. Im Kommunikationsprozess können sie sich schnell verändern, ihre Perspektive wechseln oder gar verschwinden. Das gilt
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für öffentliche und für private Kommunikationsprozesse gleichermaßen. Die Kommunikationspartner können ein Thema mit unterschiedlichen Deutungen und Interpretationen versehen, von einem Thema zum anderen springen oder im Laufe des Kommunikationsvorgangs neue Themen kreieren. In der Kommunikationsforschung werden Themen deshalb als komplexe hierarchische Netzwerke beschrieben. Ihre Knotenpunkte bestehen sowohl aus allgemeinen Deutungen als auch aus konkretem Geschehen (Rössler 2015, S. 462; Yagade und Dozier 1990). Während eines Kommunikationsvorgangs können immer wieder neue und andere Knotenpunkte dieses Netzwerks und deren Verbindungen aktiviert werden, die dann in der Kommunikation sichtbar werden. Themen werden so auf ganz unterschiedliche Art und Weise konturiert, in weitere oder engere Kontexte eingeordnet und mit aktuellen Ereignissen oder der persönlichen Situation verknüpft (Rössler 2015, S. 462). Damit ist auch klar: Ein einzelner Kommunikator oder Kommunikationspartner kann in einem laufenden Kommunikationsprozess niemals ein Thema alleine bestimmen. Dies gilt umso mehr in der öffentlichen Kommunikation, wenn viele Akteure – Kommunikatoren ebenso wie Adressaten – beteiligt sind, die ein Thema auf unterschiedliche Weise aktualisieren – d. h. aufgreifen, in neue Kontexte stellen und ihre eigenen Aspekte und Deutungen einbringen. Das Netz der Themen in der Unternehmenskommunikation In Anlehnung an diese Erkenntnisse aus der Kommunikationswissenschaft wird für die Unternehmenskommunikation ein „Netz der Themen“ entworfen (Mast 2019, S. 254ff.; s. Abb. 7). Dieses Themennetz beinhaltet Knotenpunkte, die aus speziellen Ereignisklassen, Sinnzusammenhängen und Deutungsmustern rund um das Unternehmen und dessen Bezüge zu den Stakeholdern sowie zum Markt- und Gesellschaftsumfeld bestehen. Das Kommunikationsmanagement reagiert dabei zum einen auf Ereignisse außerhalb des Unternehmens und vorgegebene, „externe“ Themen, indem sie diese in der eigenen Kommunikation aufgreift, mit Deutungen versieht oder mit anderen Themen neu kombiniert. Zum anderen arbeitet es mit „eigenen“ Themen, die im Unternehmen entstehen oder die direkt etwas mit dem Unternehmen und dessen Aktivitäten zu tun haben. Die Unterscheidung von „externen“ und „eigenen“ Themen ist dabei jedoch nicht trennscharf, denn Themen beinhalten immer auch bestehende Deutungsmuster, die in einer Situation von den Kommunikationspartnern genutzt und aktualisiert werden. Letztlich geht es um die Frage, welche Kommunikationspartner – innerhalb oder außerhalb des Unternehmens – sich im Kommunikationsprozess so durchsetzen, dass sich ihre Themen und Deutungen ver-
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breiten – und sie von möglichst vielen am Kommunikationsprozess Beteiligten geteilt werden. Kommunikationsmanagement ist in dieser Sichtweise ein Akteur im Wettstreit um die Themensetzung und die Deutungshoheit in der öffentlichen Kommunikation und bei den Stakeholdern. Im zentralen Knotenpunkt des Netzes der Themen in der Unternehmenskommunikation steht das Unternehmen in der aktuellen Situation, in der es sich befindet. Es handelt sich um die Geschehnisse und Entwicklungen im Unternehmen sowie um dessen derzeitige soziale und personelle ebenso wie wirtschaftliche und finanzielle Lage. Dazu zählen die Aktivitäten des Unternehmens und Entscheidungen des Managements ebenso wie anderer Gruppen im Unternehmen – etwa des Betriebsrats. Ein zweiter Knotenpunkt, der mit Themen zu tun hat, die ihren Ausgangspunkt im Unternehmen haben, sind die Produkte und Problemlösungen des Unternehmens. Diese Themen sind ebenfalls sehr wichtig, denn sie beziehen sich auf den Gegenstand der ökonomischen Wertschöpfung und den Unternehmenszweck. Die gesamten Aktivitäten und Prozesse im Unternehmen drehen sich um die Produkte. Traditionell greift das Marketing Produkte als Leistungsversprechen des Unternehmens an die Kunden auf und kreiert Marken als entsprechende Konstrukte. Auch das Kommunikationsmanagement kann sich auf diese Weise um Produkt- und Markenthemen kümmern. Der Themenkranz geht jedoch noch weit darüber hinaus. So kann über Produktionsverfahren, soziale und ökologische Aspekte von Produkten und des Unternehmens insgesamt oder Geschichten von den Menschen, die etwa als Mitarbeiter oder Kunde vom Unternehmen und dessen Produkte profitieren, kommuniziert werden. Gesellschaftsorientierte Themen beschäftigen sich mit den Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf Menschen und die Gesellschaft. Dieser Knotenpunkt wird anders als die ersten beiden stärker von Themen bestimmt, die von außen auf das Unternehmen zukommen. Fragen der Akzeptanz und Legitimität werden aufgeworfen und mit den Stakeholdern und den Teilöffentlichkeiten diskutiert. Darüber hinaus spielen Aspekte wie der Umweltschutz, das sozial und gesellschaftlich angemessene Unternehmenshandeln oder die Regeltreue („compliance“) eine Rolle. Auch Fachthemen speisen sich vorwiegend aus externen Horizonten. Bezugspunkte sind Fachöffentlichkeiten und Professionen aus ganz unterschiedlichen Bereichen wie Wissenschaft, Technologie und Management. Aus diesen Bereichen schöpft das Unternehmen die Expertise, um die Wertschöpfung rund um Produkte und Prozesse angemessen und optimal umzusetzen. Forschung und Entwicklung sind ein klassischer Themenbereich in diesem Feld. Darüber hinaus handelt es sich um Branchen und Märkte, um neue Techniken und Technologien, rechtliche und finanzielle Fragen, Management und Orga-
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nisation. Im Vordergrund stehen meist viele Zahlen, Statistiken, Analysen und Erklärungen über Entwicklungen und ihre Hintergründe. Abb. 7: Netz der Themen in der Unternehmenskommunikation Produkte und Problemlösungen „Innovationen“, „neue Produkte“, „neue Prozesse und Abläufe“, „neue Erkenntnisse“, „neues Wissen“ u. a.
Fachthemen „Branchen“, „Technologien“, „Märkte“, „Recht“, „Management und Organisationen“, „Finanzen“ u. a.
Situation „Aktuelle Lage und Zukunft des Unternehmens“, „Planungen“, „Strategien“ u. a.
StakeholderThemen „Verbraucher“, „Kunden“, „Mitarbeiter“, „Bewerber“, „Nachbarn“, „Multiplikatoren“ u. a.
Gesellschaftsorientierte Themen „Umweltschutz und Soziales“, „Compliance“, „Auswirkungen“, „Akzeptanz“ u. a.
Quelle: Mast 2019, S. 255.
Ein weiterer Knotenpunkt im Themennetz betrifft schließlich die Stakeholderthemen. Sie ergeben sich aus der Perspektive der Menschen, die vom Unternehmenshandeln betroffen sind oder die es mitbestimmen und an die sich die Kommunikationsmaßnahmen richten. Hier stehen unterschiedliche Rollen in der Alltags- und Lebenswelt der Menschen im Blick – allen voran Verbraucher, Kunde, Mitarbeiter, Bewerber und Nachbar. Die Themenpalette speist sich direkt aus den jeweiligen Situationen und Handlungskontexten. Die fünf vorgestellten Knotenpunkte im Netz der Themen und die Verbindungen zwischen ihnen repräsentieren die Realitäten, wie sie von den Unternehmen und ihren Stakeholdern wahrgenommen werden (Mast 2019, S. 256).
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Daraus ergeben sich die Gegenstände der Unternehmenskommunikation. Die Wahl bestimmter Themen – Ereignisse und Deutungen – und deren Verknüpfung mit den Unternehmensbotschaften in der Kommunikationsarbeit orientiert sich dabei an den Kommunikationszielen. Die Themen sind zentraler Bestandteil der Content-Strategie, um die Stakeholder angemessen und attraktiv anzusprechen. 3.2.3 Formen – Strategien der Präsentation Um die festgelegten Themen in einem nächsten Schritt ansprechend für die Stakeholder aufzubereiten, liegt eine Orientierung an den redaktionellen Strategien der Publikumsansprachen nahe (Mast 2019, S. 262; 2012, 217f.; 2003, 128ff.). Dabei stellt die Strategie der Ereignisorientierung im Journalismus eine Basisstrategie dar. Mit einem Fokus auf Fakten und Informationen werden die für die Vorgänge bzw. Veränderungen relevanten Ereignisse und Prozesse vermittelt. Entscheidend ist dabei der sog. Neuigkeitswert. Bei der wissenszentrierten Strategie werden die Hintergründe der Vorgänge ausgeleuchtet, indem Zusammenhänge zwischen den Ereignissen herausgearbeitet und zusätzliche Erklärungen beigefügt werden. Ziel ist es, für die Stakeholder „wissenswerte“ Informationen zu vermitteln. Die handlungszentrierte Strategie rückt Herausforderungen und (Alltags-)Probleme der Menschen in den Vordergrund, die zugleich durch die angesprochenen Handlungsempfehlungen, Ratschläge und Tipps adressiert werden, sodass – wie für den Ratgeberjournalismus typisch – ein „Nutzwert“ gestiftet wird. Bei der gefühlszentrierten Strategie liegt der Schwerpunkt auf der narrativen Ausgestaltung und der Formulierung einer Story mit einem Fokus auf den an den Ereignissen beteiligten Protagonisten. Ziel ist es, auf diese Weise Emotionen und den „Gefühlswert“ eines Themas zu vermitteln. Eine insbesondere für den Thesenjournalismus typische Aufbereitungsform orientiert sich am „Aufmerksamkeitswert“ eines Themas. Im Rahmen der skandalorientierten Strategie geht es um die Inszenierung von Scoops und Zuspitzungen. Während diese Aufbereitungsform weniger für die Unternehmenskommunikation gilt, werden Unternehmen jedoch immer häufiger selbst zum Gegenstand einer solchen Medienberichterstattung (Mast und Spachmann 2015; Mast 2012). Während die Ereignisorientierung in der redaktionellen Berichterstattung als Basisstrategie gilt, erweitern die wissenszentrierte, handlungszentrierte und gefühlszentrierte Aufbereitung das Spektrum möglicher Vorgehensweisen, um Wirtschafts- und Unternehmensthemen den Nutzern nahe zu bringen. Ziel ist es, die Relevanz von Wirtschafts- und Unternehmensthemen aus Perspektive des Publikums bzw. bezogen auf die Unternehmenskommunikation aus Perspektive der Stakeholder herauszuarbeiten und auf diese Weise in ihre Le-
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benswelten zu übersetzen. Die drei Vorgehensweisen können daher als Ergänzung zur ereigniszentrierten Aufbereitungsstrategie gesehen werden. Wichtig ist dabei, einen Mix zwischen der Ereignis- und Faktenvermittlung auf der einen sowie der ansprechenden Aufbereitung, im Sinne emotionalisierender, nutzwertiger und hintergründiger Elemente, auf der anderen Seite zu finden. Auch das den Cultural Studies entliehene Konzept der Kommunikationsmodi liefert Erklärungen dafür, wie Themen und Inhalte vermittelt werden können (Lünenborg 2005, S. 126, 159). Sie stellen Zugänge der Menschen zur Wirklichkeit dar (Mast 2019). Für die Kommunikation ergeben sich daher unterschiedliche Perspektive auf ein Thema, die eingenommen werden können (ebd., S. 263):
Beim informativen Kommunikationsmodus („So ist es …“) werden Ereignisse und Tatsachen sowie die daraus resultierenden Ergebnisse thematisiert. Der erklärende bzw. argumentative Kommunikationsmodus („Es ist so, weil …“) rückt Hintergrundinformationen, Rahmenbedingungen und faktoren sowie weiterführende Erklärungen in den Mittelpunkt. Der bewertende Kommunikationsmodus („Es ist gut/schlecht, dass es so ist …“) setzt an Meinungen, Urteilen, Wertungen und darauf aufbauenden Einschätzungen bzw. Empfehlungen, Ratschlägen und Tipps an. Im narrativen Kommunikationsmodus („Erst ist dies geschehen, dann jenes …“) geht es um den Ablauf eines Geschehens und allen voran um die an den Vorgängen beteiligten Akteure. Im diskursiven Kommunikationsmodus („A streitet sich mit B, ob es wirklich so ist …“) überwiegen Szenarien, in denen Interaktionen wie Diskussionen und Debatten stattfinden.
Die Strategien der Publikumsansprache und die Kommunikationsmodi zeigen auf, wie Themen in der Unternehmenskommunikation vermittelt werden können. Sie fokussieren dabei jeweils unterschiedliche Schwerpunkte der journalistischen W-Fragen. Während die Ergebnisse, das „Was?“, bei der Ereignisorientierung bzw. dem informativen Kommunikationsmodus im Mittelpunkt steht, werden durch die Fragen nach dem „Wie?“ und „Warum?“ die Hintergründe, Einschätzungen und Bewertungen eines Themas adressiert (s. Abb. 8). Diese beiden Fragen veranschaulichen die wissens- und handlungszentrierten Strategien der Publikumsansprache sowie die erklärenden und bewertenden Kommunikationsmodi. Da bei der gefühlszentrierten Strategie bzw. dem narrativen Kommunikationsmodus schließlich die beteiligte/n Person/en im Mittelpunkt stehen, orientiert sich diese Form der Ausgestaltung allen voran an den Personen, d. h. wer im Zusammenhang mit den Ereignissen und Handlun-
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gen als Akteure auftritt. Für das Setting und die Inszenierung der Story sind außerdem zeitliche Abläufe („Wann?“) und die Handlungsorte („Wo?“) wichtige Stellschrauben bei der Story-Ausgestaltung. Diese drei Fragen sind zwar auch im Zuge der reinen Informationsvermittlung relevant, beschränken sich dann aber häufig z. B. auf die bloße Nennung der beteiligten Personen, dem Zeitpunkt und dem Ort. Schließlich dienen – häufig als vertraulich deklarierte – Insider-Informationen als Aufhänger einer skandalorientierten Strategie im Journalismus. Die Frage nach dem „Woher?“ nimmt einen wesentlichen Teil der Themenausgestaltung ein. Die Motive und Meinungen der beteiligten Akteure spielen auch beim diskursiven Modus hinein, sodass ihre Herkunft entscheidend auf ihre Haltung zum Thema einwirken und sich daher in ihren Meinungsäußerungen bzw. Diskussionspunkten wiederspiegeln. Abb. 8: Aufbereitungsformen – eine Orientierung an den W-Fragen Strategien der Publikumsansprachen
Kommunikationsmodi
•
Strategie der Ereignisorientierung
•
Informativer Kommunikationsmodus
• •
Wissenszentrierte Strategie Handlungszentrierte Strategie
•
Erklärender Kommunikationsmodus Bewertender Kommunikationsmodus
Wer? Wann? Wo?
•
Gefühlszentrierte Strategie
Woher?
•
Skandalzentrierte Strategie
Was?
Wie? Warum?
•
•
Narrativer Kommunikationsmodus
•
Diskursiver Kommunikationsmodus
Quelle: eigene Darstellung.
Beide vorgestellten Konzepte zeigen Aufbereitungsmöglichkeiten für die Inhalte der Unternehmenskommunikation auf. Sie betreffen wichtige Entscheidungen innerhalb einer Content-Strategie. Bei aller Unterschiedlichkeit in der Begrifflichkeit und theoretischen Basis weisen die beiden Ansätze Parallelen
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auf. Die zentrale Gemeinsamkeit ist die Orientierung an den Perspektiven der Stakeholder und deren Themeninteressen. Ausgangspunkt sind je nach identifiziertem Thema und Touchpoint die jeweiligen Bedürfnisse der Stakeholder, an denen sich die ausgewählte Vermittlungsstrategie messen muss. 3.2.4 Wege – medial oder direkt? Unternehmen werden zu Medienhäusern. Sie bauen ihre eigene Medienlandschaft für die direkte Kommunikation mit den Zielgruppen – ohne den Umweg über die klassischen Medien – aus. Ob über Corporate Blogs, OnlineMagazine, Social-Media-Kanäle, Newsletter oder andere Formen der digitalen Kommunikation – immer mehr Firmen setzen auf das Content Management und produzieren Inhalte, die sie dann über ihre Kommunikationskanäle direkt an die Zielgruppen verbreiten: ein Thema – viele Kanäle. Auf diese Weise werden die aufbereiteten Inhalte mehrfach verwertet. Einer Umfrage unter mehr als 1.000 Pressesprechern zufolge sind rund 90 Prozent der Unternehmenskommunikatoren der Meinung, dass sie mit den eigenen Medien die für sie relevanten Zielgruppen ebenso erreichen können wie mit der klassischen Pressearbeit (Mast und Spachmann 2015). Mit diesen Kommunikationswegen umgehen sie zudem die zunehmenden „Medienrisiken“ in der Unternehmensberichterstattung. Zur Systematisierung medialer und persönlicher Kommunikationswege Doch wie lassen sich die Kommunikationswege systematisieren? Denn durch die Entwicklung der Online-Kommunikation erweitert sich das Spektrum an Medienkanälen und Plattformen. Die Unternehmenskommunikation beeinflusst und gestaltet dabei unterschiedliche Öffentlichkeitsbereiche – von der persönlichen Begegnung („Encounter“) bis hin zur Medienkommunikation. Eine analytische Differenzierung zwischen drei Öffentlichkeitsebenen ist für die Deskription und als Überblick der Medienlandschaft von Unternehmen sehr nützlich (Jarren und Donges 2011, S. 105):
Interpersonale Kommunikation begreift Kommunikation als persönliche Begegnung (Encounter-Ebene). Sie findet zwischen zwei oder mehreren Personen statt, die als Sprecher oder Zuhörer auftreten. Diese beiden Rollen sind nicht vorab definiert bzw. festgelegt und können während des Austauschs wechseln. Auch die Themen können sich schnell ändern oder werden im Gespräch ausgehandelt. Die Ebene der Versammlungs- bzw. Themenöffentlichkeit kennzeichnet hingegen asymmetrische Kommunikationsprozesse. Dabei erläutert
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z. B. ein Sprecher des Unternehmens ein zuvor festgelegtes Thema im Rahmen einer Pressekonferenz. Auf die einzelne Veranstaltung oder das Thema bezogen wird ein Sachverhalt in die Tiefe gehend durchleuchtet. Für die Medienöffentlichkeit hingegen ist wiederum eine Themenvielfalt typisch, sodass Themen weniger in ihrer Tiefe, sondern in ihrer Breite bearbeitet werden. Im Vergleich zu den anderen beiden Öffentlichkeitsebenen weist die Medienöffentlichkeit den größten Formalisierungsgrad auf. Der Kommunikationsfluss von Sprechern zum Publikum – meist über Vermittler – ist festgelegt. Das Publikum ist dispers, d. h. räumlich und zum Teil auch zeitlich voneinander getrennt.
Abbildung neun zeigt, welche persönlichen und medialen Kommunikationswege in den verschiedenen Öffentlichkeitsbereichen eingesetzt werden können. In der Zusammenschau dieser beiden Dimensionen eröffnet sich eine Systematik zur Deskription und Analyse der Medienlandschaft von Unternehmen, die von persönlichen Face-to-Face-Interaktionen wie persönlichen Interviews oder Kamingesprächen bis hin zur medienvermittelten Massenkommunikation reicht (mediale Kommunikation/Medienöffentlichkeit), wie sie z. B. für redaktionelle Beiträge über ein Unternehmen in Nachrichtenmedien oder bei der Online-Kommunikation des Unternehmens über dessen Website der Fall ist. Insbesondere Formen und Formate der persönlichen Kommunikation werden wichtiger, sind zugleich aber schwierig zu planen und umzusetzen. Das Kommunikationsmanagement entdeckt das Feld der Face-to-FaceKommunikation zunehmend für sich. Zudem werden angesichts der zahlreichen Möglichkeiten in den Online-Medien auch und gerade medial vermittelte Formen der persönlichen Kommunikation zukünftig an Bedeutung gewinnen. Denn interpersonale Kommunikation – der direkte Austausch von Mensch zu Mensch – kann auch über Medien ablaufen. Unter den Bedingungen der Medialisierung zweiter Ordnung ist ihre Bedeutung und ihr Einsatz für das strategische Kommunikationsmanagement neu zu überdenken. In den Netzmedien ist öffentliche und private, interpersonale Kommunikation kaum mehr klar zu trennen. Misch- und Hybridformen breiten sich aus. Grundsätzlich spielt interpersonale Kommunikation – also die direkte Ansprache eines oder mehrerer Vertreter einer Stakeholdergruppe – in der PR vor allem dann eine Rolle, wenn es um komplexe und erklärungsbedürftige Themen und Aufgaben geht. In der Regel sind dann die Partner persönlich stark betroffen. Im engen Sinne ist dies der Fall, wenn Verständigung erzielt werden soll, also ein für beide Seiten ergebnisoffener Austausch stattfindet. Eine weitere Konstellation, in der direkte, interpersonale Kommunikation in der PR stattfindet, ist das Beziehungsmanagement. Dann geht es darum, sich in einer
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persönlichen und ganzheitlichen Beziehung näher kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Kurzfristige Anlässe des Kontakts und konkrete Ziele der Abstimmung untereinander geraten in den Hintergrund oder spielen gar keine Rolle. Abb. 9: Mediale und persönliche Kommunikationswege (Beispiele) Mediale Kommunikation
Indivdualkommunikation
Öffentliche Kommunikation
Persönliche Kommunikation
Briefe, E-Mails, Direktnachrichten in Social Media
Face-to-Face-Gespräche, z. B. Interviews, Kamingespräche, Vorstandsroadshow
Corporate Blogs, Kundenzeitschriften, Geschäftsberichte, Social-MediaPräsenzen
Veranstaltungen wie Pressekonferenzen, Town-HallMeetings und Betriebsversammlungen
Beiträge in Nachrichtenmedien, eigene Medien wie Website und Social Intranet
Nutzerkommentare in den Social Media, die durch die Kommunikatoren aufgegriffen werden
Quelle: eigene Darstellung.
Enabling-Aufgabe der Unternehmenskommunikation Hinzu kommt, dass sich im Zuge der sozialen Medien Kommunikationsräume öffnen, in denen (neue) Multiplikatoren aktiv sind. Die Verantwortlichen für Unternehmenskommunikation stehen vor der Herausforderung, diese zweiund mehrstufigen Kommunikationsprozesse zu gestalten und ein strategisches Management der Multiplikatoren zu etablieren. Auch ein persönlicher Austausch in der Arbeitswelt zwischen Führungskräften und ihren Mitarbeitern muss organisiert werden. Mit der Organisation und Optimierung von Formaten der persönlichen Kommunikation sowie der Unterstützung der Führungskräfte sowie Multiplikatoren, z. B. Influencern im Netz, Kunden und Mitarbeitern als Botschafter, wächst den Bereichen für Unternehmenskommunikation jedenfalls ein Aufgabenfeld zu, das weit über die reine Medienkommunikation hinausreicht. Sowohl im Beziehungsmanagement als auch im Themenmanagement gibt es für die Unternehmenskommunikatoren noch viel zu tun. Sie haben sich bislang gerne mit besonderen Nachdruck auf die Gestaltung der diversen Medi-
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enbereiche konzentriert. Mit dem gezielten Einfluss auf die Managementkommunikation ebenso wie auf Multiplikatoren innerhalb und außerhalb des Unternehmens gestalten sie ein Zukunftsfeld, das für den Kommunikationsund Unternehmenserfolg entscheidend ist. Wichtig ist, dass die Kernkompetenz der Unternehmenskommunikation mehr denn je auf dem Themenmanagement liegt. Gerade dann, wenn immer mehr Multiplikatoren ins Feld der Unternehmenskommunikation rücken, wird eine stringente Ausrichtung an den Themen in der Unternehmenskommunikation unerlässlich. Insbesondere Mitarbeiter und Führungskräfte im Unternehmen werden zu wichtigen Botschaftern auf diesem Kommunikationsfeld. Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist es, sie zu ermutigen und zu befähigen, ihre Botschafterrolle nach innen und außen auszufüllen. Leitplanken für diese Kommunikationsaktivitäten schafft der Bereich Unternehmenskommunikation durch Kommunikationsformate, die gezielt Themen an die jeweiligen Multiplikatoren herantragen. Darüber hinaus übernimmt die Unternehmenskommunikation – bezogen auf die Unternehmensumwelt – immer mehr die Aufgaben eines permanenten Radars, das Themen im Unternehmen und im Unternehmensumfeld aufspürt. Auch hier sind sie auf die persönliche Kommunikation mit Multiplikatoren als Themenlieferanten angewiesen. 3.3 Quo vadis Kommunikationsmanagement? Aus der „One-to-Many“-Kommunikatorenfunktion von früher wird nun eine „Many-to-Many“-Perspektive von sehr vielen Unternehmenskommunikatoren, die die Verantwortlichen für Corporate Communications aber möglichst gut orchestrieren wollen. Dazu organisieren sie ihre internen Abläufe um und konzentrieren sich auf ein Content Management als strategischen Prozess, das Themen als Startpunkt für vielfältige und variable Medienbeziehungen gestaltet. Manche Firmen etablieren Corporate Newsrooms nach dem Vorbild der Redaktionen und holen sich auf diesem Wege journalistische Ablaufroutinen ins Haus. Andere wiederum setzen auf eine offensive Themenplanung und Content-Produktion in bereits bestehenden Strukturen. In der strategischen Kommunikation sind Inhalte aber nur dann Erfolg versprechend, wenn sie von den Menschen auch wahrgenommen und – vor allem – aufgenommen werden. Dies gelingt etwa mit aus Sicht der Stakeholder nützlichen Inhalten, die ihnen helfen, ihren Alltag zu organisieren und sich zu orientieren, meist besser als mit werblichen Selbstdarstellungen und Präsentationen des Unternehmens und seiner Produkte (Mast et al. 2017; Mast 2013). Themen und Touchpoints machen Kommunikationsinhalte zu relevantem Content in der Unternehmenskommunikation. Neben der ebenfalls in der Con-
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tent-Strategie bzw. Publikumsansprache festgehaltenen Kommunikationsformen und -wege kommen in Bezug auf die übergeordnete Kommunikationsstrategie noch Kommunikationsziele und Zielgruppen als Bausteine hinzu (s. Abb. 10). Welches sind die Zielgruppen für die Kommunikationsarbeit? Da die Umwelt eines Unternehmens zunächst unübersichtlich und vielfältig ist, wird in der Unternehmenskommunikation zwischen Primärzielgruppen und Sekundärzielgruppen unterschieden (Bruhn 2015, S. 234). Primärzielgruppen sind solche, die als Meinungsführer und Multiplikatoren agieren (z. B. Vertreter von Medien oder von Umweltorganisationen). Sie dienen sozusagen als „Relaisstation“ zwischen dem Unternehmen und den Sekundärzielgruppen und wirken auf deren Meinungsbildung entscheidend ein. Unternehmen überlegen daher, mit welchen Akteuren ihrer Primärzielgruppen sie welche Sekundärzielgruppen erreichen können. Allen voran jenen Meinungsbildnern, welchen großer Einfluss auf das Unternehmensimage attestiert wird, ist bei der Planung und Optimierung von Konzepten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Segmentierung der Zielgruppen folgt, je nach theoretischem Ansatz und praktischen Erfordernissen, völlig unterschiedlichen Kriterien. Die jeweiligen Merkmale sollen Kommunikationssegmente definieren, die in sich möglichst homogen sind. Mögliche Kriterien sind (Mast, 2019, S. 122f.):
demografisch oder sozioökonomisch definierte Gruppen (z. B. nach Geschlecht, Alter, Einkommen, Berufen, Bildungsgrad), geografisch definierte Gruppen (z. B. Bewohner einer Stadt, eines Landes), durch psychografische Kriterien geprägte Gruppen (z. B. durch Einstellungen, Verhaltensweisen, Lebensstile), durch Beziehungen zum Unternehmen definierte Gruppen (z. B. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kapitalgeber), Nutzer bestimmter Medien oder Kommunikationswege (z. B. Zeitungsleser, Online-Nutzer, Besucher von Veranstaltungen) sowie durch bestimmte Anlässe geprägte Gruppen (z. B. Bahn-, Flugreisende).
Einen umfassenden Zielkatalog für das Kommunikationsmanagement legt der „Communication Value Circle“ (Volk et al. 2017, S. 22) vor. Er systematisiert die Ziele bzw. den Wertbeitrag der Unternehmenskommunikation und verbindet sie mit den übergreifenden Unternehmenszielen. Ausgangspunkt sind dabei vier Zieldimensionen. Das sind erstens die materiellen und zweitens die immateriellen Vermögenswerte. Sie tragen direkt dazu bei, den Unternehmenswert zu steigern. Hinzu kommen drittens der Handlungsspielraum und
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viertens die Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens mit dem Ziel, beide jeweils sukzessive auszubauen. Abb. 10: Content-Strategie als Teil der Kommunikationsstrategie
Content
Kampagnen-Ziele
Generelle Ziele
Quelle: eigene Darstellung.
Wie jede Managementfunktion eines Unternehmens trägt das strategische Kommunikationsmanagement zu jeder dieser Zieldimensionen bei. Im Einzelnen geht es dabei darum,
durch Kommunikation die Geschäftsvorgänge und Unternehmensaktivitäten und damit den Aufbau materieller Vermögenswerte zu unterstützen, immaterielle Unternehmenswerte wie Reputation oder Markenimage aufzubauen, über den Aufbau von Vertrauensbeziehungen Flexibilität und Handlungsspielräume („licence to operate“) zu sichern sowie zur Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie beizutragen, indem etwa die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen gestärkt wird.
Welche Inhalte? Welche Wege zu den Stakeholdern?
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Wenn die Kommunikationsziele aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden kann vom sog. Alignment-Prozess gesprochen werden (Volk et al. 2017, S. 29). Am Ausgangspunkt steht dann die aktuelle Situation des Unternehmens bzw. der Bereiche Unternehmenskommunikation („where are we now“) und die Zielformulierung wiederum macht sich am angestrebten SollZustand fest („where do we want to head to“). Diese generellen Kommunikationsziele, die eng verzahnt sind mit der Unternehmensstrategie und den darin definierten Geschäftszielen, kann die Unternehmenskommunikation die langfristige Kommunikationsplanung durch ad-hoc-Elemente wie Kommunikationskampagnen anreichern. Auch die kurzfristigen – oder: operativen – Kommunikationsziele fügen sich in die gesamte Kommunikationsstrategie ein und machen sich an ausgewählten Themen bzw. Touchpoints fest, die im Rahmen der Content-Strategie festgelegt wurden. Die Ausrichtung der täglichen Kommunikationsarbeit auf ein Content Management als Prozess, auf attraktive Themen, die die Unternehmensstrategie beleuchten und aktuelle Entwicklungen im Unternehmen abbilden – das ist die Antwort des Bereichs Unternehmenskommunikation auf den Medienwandel, das veränderte Kommunikationsverhalten der Stakeholder und die Anforderungen der Wirtschaftlichkeit.
4.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor? Erfahrungen und Einschätzungen aus der Kommunikationspraxis
Kapitel 4 stellt zentrale Ergebnisse der regelmäßigen Umfragen unter den Top-500-Unternehmen in Deutschland vor, die Einschätzungen und Schwerpunkte der Kommunikationsarbeit in der Praxis analysieren. Zunächst werden die wichtigsten Aktionsfelder in der Kommunikationspraxis im Zeitverlauf von sieben Jahren vorgestellt und Trends herausgearbeitet (Kapitel 4.1). Danach werden zentrale Handlungsfelder in der Unternehmenspraxis vertiefend analysiert. Das ist der Richtungswechsel in der Unternehmenskommunikation, ausgelöst durch den Wandel in der Medienlandschaft (Kapitel 4.2) sowie die Neujustierung der Unternehmen, die auf ihre Rolle als Arbeitgeber bedacht sind (Kapitel 4.3). Je mehr Medienangebote aber um die Aufmerksamkeit der Stakeholder ringen, desto wichtiger wurden neue Strukturen und Abläufe im Kommunikationsmanagement und eine konsequente Schwerpunktsetzung auf attraktive, überzeugende Inhalte. Kapitel 4.4. behandelt, wie Unternehmen mit Content Management die steigende Kommunikationsnachfrage bewältigen wollen. All diese Veränderungen stellen aber auch die Rolle, Gestaltungsmacht und das Selbstverständnis der Funktionsbereiche Unternehmenskommunikation auf den Prüfstand (Kapitel 4.5), die intensiv darüber nachdenken, wo ihr Platz in der Zukunft sein kann und wie viel Gestaltungsmacht sie in den digitalisierten Medienwelten (noch) haben Kapitel 4.6). Sie suchen nach Bündnispartnern im Kampf um Einfluss in der Zukunft und konzentrieren sich strategisch auf Multiplikatoren, in erster Linie auf die Mitarbeiter und Führungskräfte als zentrale Kommunikatoren (Kapitel 4.6). Zusammenfassend werden die wichtigsten Trends der Unternehmenskommunikation vorgestellt, wie sie sich aus den TOPKOM-Umfragen ergeben (Kapitel 4.7). Wie können die Unternehmen ihre Stakeholder überzeugend ansprechen – in einer digitalisierten Welt mit überbordenden Medienangeboten? Für die Firmen stellt die enorme Zunahme der Kommunikationswege mit völlig unterschiedlichen Einfluss- und Gestaltungspotenzialen der Nutzer eine große Herausforderung dar. Die Unsicherheit ist groß, welche der neuen Kommunikationswege die relevanten Stakeholder auch noch in naher Zukunft intensiv nutzen werden. Ebenso groß sind die Herausforderungen, die sich aus dem zunehmenden Kontrollverlust über weite Bereiche des Kommunikationsgeschehens – vor allem im Netz – ergeben. Und welche Rolle spielen persönliche Kommunikationsprozesse dann noch in dieser medialen Welt? © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_4
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Auf welche Handlungsfelder, Themen, Stakeholdergruppen und Multiplikatoren legen die Kommunikatoren in den Unternehmen besonderes Augenmerk – welche spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle? Und welche Entwicklungen zeichnen sich im Zeitverlauf ab? Um die Trends in der Unternehmenskommunikation zu identifizieren und im Zeitverlauf zu untersuchen, führt das Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik seit 2001 regelmäßig Umfragen unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands durch. Die TOPKOMErgebnisse der Jahre 2001 bis 2009 präsentiert Claudia Mast (2011) in ihrem Buch „Innovationen in der Unternehmenskommunikation“. Das vorliegende Kapitel schreibt diese Analyse fort und stellt die zentralen Ergebnisse aus den Folgejahren vor. Jede TOPKOM-Umfrage besteht aus zwei Komponenten (s. Abb. 11):
Das erste Modul widmet sich als regelmäßig wiederkehrende Frage den wichtigsten Vorhaben der befragten Unternehmenskommunikatoren für die jeweils kommenden zwölf Monate. Diese Frage signalisiert die Schwerpunkte der aktuellen Projekte und Vorhaben und zeigt, auf welchen Feldern besonders „investiert“ oder „nachgerüstet“ wird. Kapitel 4.1 beleuchtet die Projekte, die die Kommunikationsverantwortlichen hier zu Protokoll geben – und zwar sowohl innerhalb der einzelnen Jahre, als auch als Trendanalyse im Zeitverlauf. Das zweite Modul der regelmäßigen Umfragen unter den Top-500Unternehmen befasst sich jeweils mit einem aktuellen Schwerpunktthema und analysiert dies detailliert im Rahmen einer Querschnittsanalyse: Im Jahr 2012/13 stehen speziell die Themen der Kommunikationsarbeit und die Erreichbarkeit der verschiedenen Stakeholdergruppen als zentrale Koordinaten der Kommunikationsarbeit im Fokus (Kapitel 4.2). Die TOPKOM-Umfrage des Jahres 2014 beleuchtet das Handlungsfeld Employer Relations – also die Frage, wie sich die Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels kommunikativ als attraktive Arbeitgeber positionieren (Kapitel 4.3). Die Befragung des Jahres 2016 konzentriert sich auf die Kommunikationsinhalte, genauer das Content Management. Dabei steht auch die Organisationsform des Corporate Newsrooms im Blick, das in der Fachöffentlichkeit als wichtiger Trend diskutiert wird (Kapitel 4.4). Im Jahr 2017 stehen mit dem Themen- und Multiplikatoren-Management zwei wichtige Handlungsfelder im Blick – darüber hinaus aber auch die Einschätzungen der Kommunikationsverantwortlichen zur Zukunft der Unternehmenskommunikation als Ganzes (Kapitel 4.5). Die TOPKOM-Umfrage 2018 widmet sich schließlich den Multiplikatoren, insbesondere den Führungskräften, deren Kommunikation
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
mit Mitarbeitern und anderen Stakeholdergruppen eine Schlüsselrolle im Unternehmen zukommt (Kapitel 4.6). Abb. 11: TOPKOM-Umfragen im Überblick Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands Durchführung
Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart)
Methode
Umfragen mittels schriftlichem und Online-Fragebogen
Erhebungszeiträume
Dez. 2012 bis Januar 2013
Juni bis August 2014
Mai bis Juni 2016
März bis Mai 2017
April bis Juni 2018
Teilnehmende Unternehmen
120
131
114
145
121
Modul 1 Geplante Vorhaben in der Kommunikationsarbeit
Modul 2 Erfahrungen und Einschätzungen zu zentralen Handlungsfeldern in der Kommunikationsarbeit
Offene Frage: „Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden?“ Entwicklung im Zeitverlauf (Trendanalyse)
Standardisierte und offene Fragen: Ausrichtung auf Themen & Stakeholdergruppen
Employer Relations als neues Unternehmensverständnis
Content Management als neuer Ansatz
Detailbetrachtung (Querschnittsanalysen)
Quelle: eigene Darstellung.
Selbstverständnis & Zukunftseinschätzung
Multiplikatoren & Führungskräftekommunikation
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
4.1 Innovationen in der Unternehmenskommunikation – aktuelle Veränderungen und Projekte im Zeitverlauf Beschäftigen Projekte rund um Social-Media-Kanäle, Blogger, Influencer und Co. die Kommunikationsverantwortlichen der Firmen noch am meisten? Oder hat sich die Online-Kommunikation zwischenzeitlich so zum Standardkanal der Unternehmenskommunikation entwickelt, dass die Kommunikatoren andere Entwicklungen wie den Datenschutz oder das Content Management ganz oben auf ihre To-Do-Liste setzen? Um die Trends in der Unternehmenskommunikation aufzuspüren, stellen die TOPKOM-Umfragen den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands bei jeder Befragungswelle dieselbe Frage: „Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden?“ Die Kommunikatoren werden gebeten, ihre Antworten auf diese offene Frage in eigenen Worten zu notieren, denn diese Vorgehensweise liefert besonders aussagekräftige Ergebnisse. Anschließend werden ihre Antworten systematisiert, Kategorien zugeordnet und ausgezählt. Um eine vollständige Vergleichbarkeit in der Längsschnittbetrachtung zu gewährleisten, werden die Antworten für die Ergebnispräsentation in diesem Kapitel anhand eines vereinheitlichten Kategoriensystems neu ausgewertet. Die Nennungen werden dabei auf drei Abstraktionsebenen erfasst: Auf der untersten Ebene wird beispielsweise kodiert, dass ein Befragter „Social Media/Web 2.0 in der externen Kommunikation“ angesprochen hat. Auf der mittleren Ebene (s. Abb. 12 bis 16) wird diese Nennung zusammen mit anderen dazugehörigen Aspekten wie der Nutzung von „Social Media/Web 2.0 in der internen Kommunikation“ zum übergreifenden Thema „Digitale Kommunikation/Online-PR“ zusammengefasst. Auf der obersten Abstraktionsebene erfolgt eine Aggregation mit den Aspekten „audiovisuelle Kommunikation“, „eigene (gedruckte) Medien/Corporate Publishing“ und „persönliche Kommunikation“ zum übergreifenden Thema „Kommunikationskanäle“. Der erste Teil des vorliegenden Kapitels zeichnet die wichtigsten Vorhaben nach, die die befragten Kommunikationsverantwortlichen in den einzelnen Jahren zu Protokoll geben. Er liefert damit einen Trendmonitor der Unternehmenskommunikation für die Jahre 2012/13, 2014, 2016, 2017 und 2018. Im zweiten Teil des Kapitels werden ihre Antworten im Zeitverlauf untersucht. Der Blick richtet sich hier also auf die Veränderungen, die sich im Vergleich der Einzeljahre ergeben.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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4.1.1 Wichtige Vorhaben in den Jahren 2012 bis 2018 Was sind die wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation im Jahr 2012/13? Ganz oben auf der Agenda der Kommunikationsverantwortlichen steht die digitale Kommunikation (s. Abb. 12). Knapp sechs von zehn befragten Kommunikatoren wollen sich um die Online-PR ihrer Firma kümmern (57 %). Vordergründig steht dabei das Web 2.0 auf dem Plan, und zwar konkret der Einsatz sozialer Netzwerke in der externen Unternehmenskommunikation. So skizziert etwa ein Befragter, dass er die „Erweiterung der OnlineKommunikation um Social-Media-Elemente“ vorhabe. Zudem denken die Befragten hier an die Optimierung, den Ausbau und den Relaunch des Intranets, gefolgt vom Internetauftritt der eigenen Firma. Mit deutlichem Abstand folgt die interne Kommunikation auf Platz zwei des Rankings. Rund ein Viertel der befragten Kommunikatoren spricht Projekte in diesem Bereich an (25 %). In erster Linie streben die Kommunikationsverantwortlichen dabei die Optimierung der Mitarbeiter- aber auch der Führungskräftekommunikation an. Als konkrete Maßnahme skizziert etwa ein Befragter, er wolle „Bottom-UpKanäle schaffen, insbesondere auch für Mitarbeiter ohne täglichen PCZugang“. Ein anderer legt den Schwerpunkt auf die „Motivation der Mitarbeiter“ und beschreibt damit eine Zielgröße der internen Kommunikation, an der er arbeiten möchte. Auf Platz drei reiht sich die Optimierung des Kommunikationsmanagements ein, die 22 Prozent der Befragten anpacken wollen. Strategische Fragen spielen dabei die größte Rolle. So beschreibt ein Kommunikationsverantwortlicher, dass er sich die „konsequente Umsetzung strategisch geplanter Kommunikationsplanung vs. (kurzfristige) Reaktion auf neue Themen“ zum Ziel gesetzt habe. Aber auch die integrierte Kommunikation wird in diesem Zusammenhang angesprochen, etwa die „stärkere Vernetzung von Offline- und Online-Kommunikation“ oder das „stärkere Einbinden der einzelnen Fachbereiche mit ihren spezifischen Themen in die Gesamtkommunikation“. Weitere 21 Prozent der Kommunikatoren wollen sich den Leitgrößen der Kommunikation annehmen, die den vierten Platz des Rankings belegen. Die Befragten haben dabei vor allem die Marke im Blick und, etwas seltener, das Image und die Reputation ihrer Firma. Ein Kommunikationsverantwortlicher beschreibt hier etwa, er wolle an der „Markenpositionierung mit neuen Inhalten“ arbeiten. Auf Platz fünf richten die Kommunikatoren ihren Blick über die Landesgrenzen hinaus und sprechen die internationale Kommunikation an (19 %). Die Media Relations (14 %) als klassisches Handlungsfeld der Corporate Communications nehmen den sechsten Platz des Rankings ein. Während einige Kommunikatoren dabei allgemein die „Intensivierung des Journalistennetzwerks und der Beziehungspflege“ ansprechen, werden andere konkreter und zielen beispielsweise auf eine „bessere Vernetzung mit den lokalen Medi-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
en“ ab. Change Communication und die Gegenstände der Kommunikation teilen sich Platz sieben (jeweils 12 %). Bei den Gegenständen geht es den Befragten darum, das Unternehmen selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Die Positionierung von Produkten, Marken aber auch des Vorstands bzw. CEOs spielt hier eine geringere Rolle. Auch der achte Platz ist doppelt belegt, denn hier werden zwei Bereiche gleich häufig angesprochen: Zum einen handelt es sich dabei um die Nachhaltigkeitskommunikation (11 %), etwa um Projekte wie die „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ oder die „Etablierung einer Corporate-ResponsibilityKommunikation“. Zum anderen wollen sich die Kommunikatoren hier Veränderungen der Organisationsstruktur annehmen (11 %). Diese stehen vor allem in der Kommunikationsabteilung an, strukturelle Veränderungen auf Ebene des gesamten Unternehmens werden deutlich seltener thematisiert. Auf dem neunten Platz finden sich Vorhaben rund um eine große Bandbreite verschiedener themenorientierter Aspekte, die die Kommunikationsverantwortlichen anpacken wollen (7 %). Die Befragten nennen hier beispielsweise die „Bedeutung heimischer Rohstoffe“, die „globale Konjunktur“, die „Kommunikation zu Infrastrukturprojekten“ oder, kurz und knapp, „China“. Der zehnte Platz des Rankings ist erneut mehrfach belegt: Mit den Investor Relations (6 %) und der Kundenkommunikation (6 %) finden sich hier zwei stakeholderorientierte Handlungsfelder. Mit der persönlichen Kommunikation (6 %) wird ein konkreter Kommunikationskanal angesprochen. Im Detail geht es den Befragten dabei in erster Linie darum, die Mitarbeiter als Markenbotschafter einzusetzen, Messekommunikation zu betreiben und Pressekonferenzen abzuhalten. Und was sind die wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation im Jahr 2014? Die digitale Kommunikation führt in diesem Jahr das Ranking der zehn wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation weiterhin an (s. Abb. 13). Mehr als zwei Drittel der befragten Kommunikationsverantwortlichen setzen es auf ihre Agenda für die kommenden zwölf Monate (36 %). Externe Kommunikation in den Social Media spielt dabei die größte Rolle, gefolgt von Projekten im Bereich Intranet. Ersteres verdeutlicht ein Befragter, indem er die „kommunikative Begleitung bei der Einführung einer social business platform“ anspricht. Auf die interne Kommunikation zielt ein anderer Kommunikator ab, der ein „interaktives Mitarbeiternetzwerk“ plant. Auf den zweiten Platz wählen die Kommunikationsverantwortlichen die Leitgrößen der Kommunikation (28 %). Zentral ist dabei vor allem die Positionierung der Marke, gefolgt vom Image und dem Leitbild des Unternehmens. Die Optimierung des Kommunikationsmanagements steht für 21 Prozent der Befragten im Vordergrund (Platz 3). Primär haben die Kommunikatoren dabei strategische Fragen, wie etwa die „Entwicklung einer Content-Strategie“ im Auge oder sie wollen die „Strategie- und Beratungskompetenz stärken“. Aber auch die Pro-
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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zesse im Alltag des Kommunikationsmanagements spielen hier eine wichtige Rolle. Kommunikation im internationalen Umfeld haben sich 20 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen auf die Fahnen geschrieben (Platz 4). Die interne Kommunikation steht auf Platz fünf für 18 Prozent der Befragten im Vordergrund. Die Kommunikatoren haben dabei vor allem die Mitarbeiter im Blick und wollen sich beispielsweise um Vorhaben wie die „Mitarbeiterinformation und -motivation“ kümmern oder eine „MA-Umfrage“ durchführen. Die Gegenstände der Kommunikation reihen sich auf dem sechsten Platz ein. 15 Prozent der Befragten planen dabei in erster Linie ihre Rolle als Arbeitgeber in den Mittelpunkt zu rücken, nachrangig aber auch das Unternehmen als Ganzes und dessen Vorstand. Auf dem siebten Platz stehen mit jeweils 14 Prozent der Nennungen die Kommunikation über Veränderungsprozesse im Unternehmen und das Employer Branding. Was die Change Communications anbelangt, erläutert beispielsweise ein Befragter, dass er die „derzeit laufende umfassende Restrukturierung des Unternehmens kommunikativ begleiten und erläutern (nach innen und außen)“ will. Im Bereich der Arbeitgeberkommunikation wollen die Kommunikatoren etwa die „Bekanntheit für Kunden und potenzielle Mitarbeiter steigern“ oder, ganz allgemein, an ihrer „Arbeitgeberpositionierung“ arbeiten. Die Nachhaltigkeitskommunikation zählt für zehn Prozent der Befragten zu den zentralen Vorhaben (Platz 8). Konkret wollen sie dabei beispielsweise die eigene „ökologische Profilierung stärken“ oder planen, die „kommunikative Verbreitung des Nachhaltigkeitsgedankens im internationalen Bereich“ zu forcieren. Der neunte Platz ist erneut doppelt besetzt, nämlich durch die Kundenkommunikation und die Megatrends in der Unternehmenskommunikation (jeweils 8 %). Bei Letzterem beschäftigen sie insbesondere Projekte zur Digitalisierung, gefolgt von der Etablierung eines Corporate Newsrooms. Abschließend sprechen sieben Prozent der Befragten Vorhaben an, die sich auf verschiedene Kommunikationskanäle beziehen (Platz 10). Diese Nennungen spannen eine große Bandbreite auf: von konkreten Formulierungen wie „Ausbau der crossmedialen Kommunikation“ oder „zielgruppenadäquate Kanäle“ bis hin zu einem allgemeineren Blickwinkel wie „Update/Überprüfung der bisherigen Medien/Kanäle, Einführung neuer Kanäle, Abschaffung veralteter Kanäle“. Was sind die wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation im Jahr 2016? Beinahe jeder zweite Kommunikationsverantwortliche sagt, dass die Online-PR das wichtigste Vorhaben ist, das er in den kommenden zwölf Monaten anpacken will (48 %; s. Abb. 14). Die digitale Kommunikation ist und bleibt damit die mit Abstand größte Herausforderung, mit der sich die Befragten konfrontiert sehen – insbesondere mit der externen Kommunikation in
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
den sozialen Netzwerken, gefolgt von der Optimierung des firmeneigenen Intranets. Die Befragten erläutern hier beispielsweise, dass die „Professionalisierung Social Media“ oder die „Nutzung weiterer Social Media Plattformen“ anstehe. Mit 28 Prozent der Nennungen folgen Megatrends der Unternehmenskommunikation auf dem zweiten Platz, allen voran die Digitalisierung. Während einige Kommunikatoren dabei konkrete Projekte wie die „Forcierung Digitalisierung interner Kommunikation“ im Blick haben, sprechen andere eine generelle „Digitalisierung von Unternehmen und Kommunikation“ an. Auf dem dritten Platz reiht sich die interne Kommunikation ein (27 %). Hier skizziert etwa ein Befragter, dass er „bei Führungskräften und Mitarbeitern ein gemeinsames Verständnis vom Wandel in der Kommunikationswelt schaffen“ will. Die Optimierung des Kommunikationsmanagements wählen die Kommunikatoren auf den vierten Platz des Rankings (25 %). Ihre Gedanken kreisen dabei in erster Linie um strategische Fragen, gefolgt von Aspekten, die sich auf die Prozesse des Kommunikationsmanagements und die integrierte Kommunikation beziehen. Ein Befragter beschreibt diese Herausforderungen etwa mit den Worten „Anpassung der Kommunikation an veränderte Anforderungen der Stakeholder“. In 20 Prozent der befragten Unternehmen stehen Veränderungsprozesse an, die kommunikativ begleitet werden wollen (Platz 5). Für jeweils 18 Prozent der Kommunikatoren liegt die größte Herausforderung in der internationalen Kommunikation und den Leitgrößen, an denen sich die Unternehmenskommunikation ausrichtet (Platz 6). Letzteres bezieht sich in erster Linie auf eine Stärkung der Marke, aber auch auf die Reputation der eigenen Firma sowie auf deren Werte bzw. Leitbild. Auf dem siebten Platz des Rankings geht es um Veränderungen der Organisationsstruktur (13 %), und zwar primär auf Ebene des gesamten Unternehmens und erst nachrangig innerhalb der Kommunikationsabteilung. Die Media Relations als klassisches Handlungsfeld der Unternehmenskommunikation beschäftigen nur noch elf Prozent der Befragten (Platz 8). Der neunte Platz des Rankings ist doppelt belegt. Jeweils zehn Prozent der Kommunikatoren sprechen hier Kommunikationstechniken und das Management der Kommunikationsinhalte an. Bei Ersterem spielt die Technik des Storytellings mit Abstand die größte Rolle. Bei Letzterem stehen aktiv vom Unternehmen gesetzte Themen klar im Vordergrund. Den letzten Platz des Rankings belegen Projekte, die sich um die Gegenstände der Kommunikation drehen (8 %). Hier denken die meisten Befragten an die Positionierung der Marke oder der Produkte und des Unternehmens als Ganzes – nur wenige sprechen die Attraktivität der Firma als Arbeitgeber oder die Positionierung des Vorstands an.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Welches sind die wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation in 2017? Die digitale Kommunikation steht nach wie vor auf Platz eins der Vorhaben, die die befragten Kommunikatoren in diesem Jahr am meisten beschäftigen (47 %; s. Abb. 15). Online-Kanäle in der externen Kommunikation – allen voran die sozialen Netzwerke, gefolgt von der Unternehmenswebsite – spielen dabei eine größere Rolle als das Intranet und der Einsatz von Social Media in der internen Kommunikation. So konkretisiert etwa ein Befragter, dass er das „Unternehmens-Facebook“ forcieren wolle. In einem Abstand von zehn Prozentpunkten folgen Aspekte, die sich als Megatrends in der Unternehmenskommunikation (Platz 2; 37,2 %) und Optimierung des Kommunikationsmanagements (Platz 3; 36,6 %) beschreiben lassen. Auf dem zweiten Platz führen die Kommunikatoren in erster Linie das Thema Digitalisierung ins Feld, gefolgt vom Corporate Newsroom als strukturellem Trend in der Unternehmenskommunikation. Was die drittplazierte Optimierung des Kommunikationsmanagements anbelangt, beschäftigen die Kommunikationsverantwortlichen vor allem Prozesse und strategische Fragen – etwa die „Einführung agiler Prozesse“ und die „Strategiekommunikation“. Grenzüberschreitende Kommunikation reiht sich auf dem vierten Platz des Rankings ein. 19 Prozent der Befragten sprechen dieses Thema als wichtiges Vorhaben ihrer Kommunikationsarbeit für die kommenden zwölf Monate an. Es folgen Aspekte, die die Leitgrößen der Kommunikation betreffen (Platz 5; 17 %). In diesem Zusammenhang beschäftigt die Kommunikatoren vor allem die Reputation ihrer Firma. So schildern einige Befragte, dass sie die „Reputation erlebbar machen“ oder ein „aktives Reputationsmanagement etablieren“ wollen. Mit jeweils 16 Prozent der Nennungen folgen Projekte, die sich auf die Gegenstände der Kommunikation und die interne Kommunikation beziehen (Platz 6). Was die in der Kommunikation thematisierten Objekte anbelangt, entfallen die meisten Nennungen auf die Positionierung der Marke und der Produkte, gefolgt vom Unternehmen selbst und dessen Leitungsebene. Im Bereich der internen Kommunikation wird die Ansprache der Mitarbeiter deutlich häufiger genannt als die der Führungskräfte. Der achte Platz des Rankings ist ebenfalls doppelt belegt. Zum einen thematisieren die Befragten hier das Management von Kommunikationsinhalten (14 %) und legen dabei den Schwerpunkt klar auf Themen, die vom Unternehmen aktiv gesetzt werden. Zum anderen werden in diesem Zusammenhang Veränderungen der Organisationsstruktur angesprochen (14 %), insbesondere auf Ebene des gesamten Unternehmens wie etwa ein „neues Restrukturierungsprojekt von Konzernseite“. Auf Platz acht sprechen die Kommunikationsverantwortlichen ebenfalls Projekte an, die sich auf Veränderungen beziehen – allerdings konkret auf deren kommunikative Begleitung. Change Communications werden von zwölf Prozent der Befragten als zentrale Herausforderung für das kommende Jahr
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
genannt. Kommunikationstechniken spielen eine noch etwas geringere Rolle (Platz 9). Nur neun Prozent der Nennungen entfallen auf diesen Themenkomplex, insbesondere auf das Storytelling. Auf dem letzten Platz des Top-10Rankings finden sich schließlich die Media Relations (6 %). Während manche Befragte dabei allgemein auf eine stärkere „Bindung an Pressevertreter“ oder eine „Kontaktintensivierung zu Leitmedien“ abzielen, betonen andere konkrete Vorhaben wie die „Adaption auf unterschiedliche journalistische Verhaltensweisen weltweit“. Welches sind die wichtigsten Vorhaben der Unternehmenskommunikation in 2018? Im Top-10-Ranking dieses Jahres liegen die ersten beiden Plätze dicht beieinander. 46 Prozent der Befragten wollen sich in den kommenden zwölf Monaten der digitalen Kommunikation annehmen (Platz 1; s. Abb. 16). In einem Abstand von lediglich zwei Prozentpunkten folgen die Megatrends in der Unternehmenskommunikation, die für 44 Prozent der Kommunikatoren in naher Zukunft tonangebend sind (Platz 2). Bei der erstplatzierten Online-PR geht es den Kommunikationsverantwortlichen in erster Linie um die externe Kommunikation in den sozialen Netzwerken. Aber auch die Optimierung des Intranets und der Einsatz von Social Media in der internen Kommunikation wird dabei angesprochen. Ein Blick auf die Einzelnennungen zu den zweitplazierten Megatrends zeigt, dass die Befragten hier in vor allem die Digitalisierung im Kopf haben, gefolgt vom in der Fachöffentlichkeit intensiv diskutierten Trend des Corporate Newsrooms. Deutlich weniger Befragte sagen in diesem Zusammenhang, dass sie die Unternehmenskommunikation – im Sinne eines Content Marketings – stärker an den Inhalten ausrichten wollen. Ein knappes Drittel der Kommunikatoren nennt Projekte, die sich auf eine Optimierung des Kommunikationsmanagements beziehen (Platz 3; 30 %). Im Vordergrund stehen dabei Strategiefragen wie eine „strategische Neuausrichtung der Kommunikation“ oder eine „strategische Kanalsteuerung“. Einige Befragte beziehen sich auch auf Abläufe innerhalb der Kommunikationsarbeit, etwa auf eine „Prozessoptimierung“ oder „neue Formen der agilen Zusammenarbeit“. Die interne Kommunikation, insbesondere die Mitarbeiterkommunikation, hat rund einer von vier Befragten auf seine Agenda gesetzt (Platz 4; 24 %). 18 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen nennen ein Vorhaben, das einen Gegenstand der Kommunikation beschreibt (Platz 5). Die meisten rücken dabei den Vorstand bzw. CEO ihrer Firma in den Mittelpunkt. Auf dem sechsten Platz des Rankings stehen Veränderungen der Organisationsstruktur, vor allem auf Ebene des Unternehmens wie etwa eine „noch stärkere Vernetzung/Verzahnung der Produktion (Effizienz leben)“ (13 %). Der siebte Platz ist mit den kommunikativen Leitgrößen und dem Content Management doppelt belegt (jeweils 10 %). Im Zusammenhang mit den Leitgrößen gehen die
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Befragten vor allem auf den Aufbau und „Schutz der Reputation“ ein, gefolgt von Aspekten rund um die eigene Marke wie beispielsweise eine „engere Verzahnung Corporate- und Brand-Themen“. Beim Management der Kommunikationsinhalte werden in erster Linie Projekte angesprochen, die sich auf das aktive Agenda-Setting des eigenen Unternehmens beziehen. Jeweils neun Prozent der Kommunikatoren sehen sich in naher Zukunft durch Change Communications und Kommunikationstechniken wie das Storytelling herausgefordert (Platz 8). Sich verstärkt um die grenzüberschreitende Kommunikation kümmern wollen sieben Prozent der Kommunikationsverantwortlichen (Platz 9) – etwa durch ein „globales Themenmanagement“ oder durch das „Verstehen und Benutzen von WeChat in China“. Die Media Relations und Aspekte rund um sonstige Kommunikationskanäle bilden das Schlusslicht des Rankings (Platz 10; jeweils 7 %). Während sich einige Befragte im Rahmen der Pressearbeit darum bemühen wollen, dass ein „verstärkter Austausch mit Journalisten (Hintergrundgespräche)“ stattfindet oder sich die Erzeugung von „Vertrauen und Zustimmung in Geschäftsziele durch Pressearbeit“ zum Ziel gesetzt haben, gehen andere auf aus ihrer Sicht problematische Entwicklungen im Journalismus ein. So schildert beispielsweise ein Kommunikationsverantwortlicher, dass er eine besondere Herausforderung im „Umgang mit dem sinkenden Einfluss der Journalisten und mangelndem Interesse“ sehe. Ein anderer beklagt in diesem Zusammenhang die aus seiner Sicht „abnehmende Professionalität der Medien“. Die Nennungen, die unter dem Stichwort „sonstige Kommunikationskanäle“ zusammengefasst werden, fächern sich breit auf: Einige Befragte gehen hier speziell auf CrossmediaProjekte ein, so will ein Kommunikator beispielsweise „Inhalte crossmedial verbreiten (z.B. PM + begleitendes Videointerview)“. Ein anderer Kommunikationsverantwortlicher möchte „Konsequenzen aus Divergenz der Kanäle ziehen“. Auf der Agenda eines dritten Kommunikationsverantwortlichen steht, „Formate für Metathemen (Talkrunden, etc.) [zu] entwickeln“.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 12: Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2012/13 57,0
Digitale Kommunikation / Online‐PR 24,8
Interne Kommunikation Kommunikationsmanagement optimieren
21,5
Leitgrößen der Kommunikation
20,7 19,0
Internationale Kommunikation
14,0
Media Relations
11,6
Gegenstand der Kommunikation Change Communication
11,6
Nachhaltigkeitskommunikation / CSR
10,7 10,7
Organisationsstruktur verändern Sonstige themenorientierte Kommunikation
6,6
Investor Relations
5,8
Kundenkommunikation
5,8
Persönliche Kommunikation
5,8
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Die Kommunikation von Unternehmen steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 121 Befragte, die geantwortet haben.
Abb. 13: Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2014
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Die Kommunikation von Unternehmen steht vor neuen Herausforderungen. Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 131 Befragte, die geantwortet haben.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 14: Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2016 48,2
Digitale Kommunikation / Online‐PR 28,1
Megatrends in der Unternehmenskommunikation
27,2
Interne Kommunikation
25,4
Kommunikationsmanagement optimieren 20,2
Change Communications
18,4
Internationale Kommunikation
18,4
Leitgrößen der Unternehmenskommunikation 13,2
Organisationsstruktur verändern
11,4
Media Relations Kommunikationstechniken Management der Kommunikationsinhalte Gegenstand der Kommunikation
9,6 9,6 7,9
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Die Kommunikation von Unternehmen steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 114 Befragte, die geantwortet haben.
Abb. 15: Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2017 46,9
Digitale Kommunikation / Online‐PR 37,2
Megatrends in der Unternehmenskommunikation
36,6
Kommunikationsmanagement optimieren 18,6
Internationale Kommunikation Leitgrößen der Unternehmenskommunikation
16,6
Gegenstand der Kommunikation
15,9 15,9
Interne Kommunikation
13,8
Management der Kommunikationsinhalte
13,8
Organisationsstruktur verändern
11,7
Change Communications Kommunikationstechniken Media Relations
9,0 6,2
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Die Kommunikation von Unternehmen steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 145 Befragte, die geantwortet haben.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 16: Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2018 46,3
Digitale Kommunikation / Online‐PR
43,8
Megatrends in der Unternehmenskommunikation 29,8
Kommunikationsmanagement optimieren 24,0
Interne Kommunikation 18,2
Gegenstand der Kommunikation 13,2
Organisationsstruktur verändern 9,9
Leitgrößen der Unternehmenskommunikation
9,9
Management der Kommunikationsinhalte Change Communications Kommunikationstechniken Internationale Kommunikation
9,1 9,1 7,4
Media Relations
6,6
Sonstige Kommunikationskanäle
6,6
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Die Kommunikation von Unternehmen steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 121 Befragte, die geantwortet haben.
4.1.2 Trendanalysen – Schwerpunkte der aktuellen Projekte Woran arbeiten die Bereiche Unternehmenskommunikation, um sich über die Jahre fit zu machen für die Zukunft? Die wichtigsten Vorhaben von 2012 bis 2018 lassen einige Trends erkennbar werden, die in Projekten aufgegriffen und von der Praxis aktiv bearbeitet werden. Im Folgenden werden einige Trendanalysen zu wichtigen Entwicklungen aus diesem Datenmaterial vorgestellt. Digitale Kommunikation und Megatrend Digitalisierung als zentrale Vorhaben Bei Betrachtung der Top-10-Rankings im Zeitverlauf springt ein Befund zuallererst ins Auge: Die digitale Kommunikation steht in jedem der Einzeljahre – wenn auch mit schwankenden Zustimmungswerten – ganz oben auf der Agenda der Kommunikationsverantwortlichen (2012/13: 57 %; 2014: 36 %; 2016: 48 %; 2017: 47 %; 2018: 46 %). Die Etablierung des Internets liegt zwar bereits Jahrzehnte zurück. Allerdings handelt es sich dabei um einen Medienwandel von beispiellosem Ausmaß, und vor allem: Er ist bis heute keineswegs
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abgeschlossen, denn noch immer kommen und gehen ständig neue digitale Kommunikationskanäle. Obwohl sich die Unternehmenskommunikation bereits seit Längerem bemüht, die digitalen Kanäle vollständig in ihr Portfolio zu integrieren und deren Nutzung zu perfektionieren, ist aus Sicht der Kommunikatoren noch kein Ende in Sicht. Die Online-PR muss sich ständig weiterentwickeln, um mit dem stetig voranschreitenden Medienwandel Schritt zu halten – und ist deshalb über alle untersuchten Jahre hinweg das Vorhaben, dem die Experten künftig die größte Aufmerksamkeit widmen. Ein Blick auf die einzelnen Aspekte, die die befragten Kommunikationsverantwortlichen im Zusammenhang mit der digitalen Kommunikation ansprechen, zeigt: Projekte rund um soziale Netzwerke in der externen Kommunikation beschäftigen die Experten im Zeitverlauf tendenziell immer weniger. Während bei der Befragung im Jahr 2012/13 noch 40 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen diesen Aspekt ansprechen, sind es im Jahr 2018 nicht einmal mehr halb so viele (17 %). Die Relevanz von Social Media in der internen Kommunikation hat sich im Zeitverlauf hingegen mehr als verdreifacht (2 % 2012/13; 7 % 2018). Hier wollen die Kommunikatoren beispielsweise ein „interaktives Mitarbeiternetzwerk“ (2014) einführen oder sich um die „Implementierung eines unternehmensweiten, rollenbasierten, dialogorientierten Wissens- und Kommunikationsportals“ (2017) kümmern. Auch die mobile Kommunikation, beispielsweise über Apps, wird tendenziell bedeutsamer (0,8 % 2012/13; 7 % 2018) – etwa durch das „Go-Live einer eigenen App“ (2017) oder die „Einführung einer App für die Kommunikation zu den Mitarbeitern (PR)“ (2018). Anhand beispielhafter Einzelnennungen lässt sich veranschaulichen, wie sich die Vorhaben zur digitalen Kommunikation im Zeitverlauf verändern: Das Jahr 2012/13 steht noch im Zeichen des Aufbaus. Die Befragten wollen in diesem Jahr beispielsweise „die Unternehmenskommunikation den heutigen Anforderungen anpassen, die die sozialen Medien an uns stellen, also Social Media-Kanäle ausbauen“, oder sagen etwa, dass sie „das Unternehmen fit für ‚Social Media‘ machen“ wollen. In den Folgejahren geht es bereits tendenziell mehr um strategische Fragen wie die „Erarbeitung und Umsetzung einer kohärenten Social Media-Strategie“ (2014) oder die konkrete „Ausweitung der Social Media-Kanäle“ (2017). Im Jahr 2018 haben sich soziale Netzwerke in der Unternehmenskommunikation nochmals weiter etabliert, sodass sich die Kommunikationsverantwortlichen z. B. auch um die „Effizienzsteigerung bei der Nutzung von Social-Media-Kanälen“ kümmern wollen. Ein zentraler Befund bei der Analyse der Top-10-Rankings im Zeitverlauf ist auch der ebenso stetige wie deutliche Anstieg der Nennungen von Megatrends in der Unternehmenskommunikation. Projekte aus diesem Bereich rangieren seit dem Jahr 2016 durchgängig auf dem zweiten Platz der Rankings
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(2012/13: 2 %; 2014: Platz 9, 8 %; 2016: Platz 2, 28 %; 2017: Platz 2, 37 %; 2018: Platz 2, 44 %). Die größte Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung. Im Jahr 2012/13 erwähnt noch kein einziger Befragter dieses Vorhaben. Im Jahr 2014 sprechen es bereits sieben Prozent der Kommunikatoren an, in den Jahren 2016 (17 %), 2017 (28 %) und 2018 (31 %) steigt dieser Wert weiterhin deutlich an. Manche Kommunikationsverantwortliche beziehen sich dabei allgemein auf die Auswirkungen auf das Unternehmenshandeln, indem sie beispielsweise „die Folgen der Digitalisierung für das Unternehmen: Kommunikation nach innen und außen“ (2017) fokussieren. Andere haben konkret Veränderungen in der Kommunikationsarbeit im Blick und erläutern etwa, dass sie sich die „Digitalisierung der Kommunikationsarbeit/integriertes Medienmanagement“ (2018) zum Ziel gesetzt haben oder eine „Digitalisierungsstrategie für die Kommunikation entwickeln“ (2018) wollen. Ein weiterer, wenn auch etwas schwächer ausgeprägter, Megatrend in der Unternehmenskommunikation ist der Corporate Newsroom. Während im Jahr 2012/13 kaum ein Befragter plant, sich mit dieser Organisationsform künftig stärker auseinanderzusetzen (2 %), ist die Zahl dieser Nennungen im Jahr 2018 auf mehr als das Fünffache angestiegen (11 %). Einige Kommunikationsverantwortliche haben dabei die Redaktionen im Blick, an deren Vorbild sich der Corporate Newsroom orientiert. So gibt ein Experte etwa zu Protokoll, dass er einen firmeneigenen „Newsroom als Infoquelle für Journalisten etablieren“ (2016) will. Andere möchten die internen Strukturen beispielsweise durch den „Umbau des Bereichs in eine Newsroom-Organisation“ (2018) optimieren oder haben die „Einführung eines Newsroom-Tools zur Unterstützung der Multichannel-Kommunikation“ (2018) auf ihre Agenda gesetzt. Beim strategischen Kommunikationsmanagement werden vor allem Optimierungen vorgenommen Welche weiteren Entwicklungen zeichnen sich ab, wenn man speziell Aspekte des strategischen Kommunikationsmanagements betrachtet? Zentral sind dabei vor allem Projekte, die eine Optimierung des Kommunikationsmanagements im Blick haben: In allen fünf Rankings – mit Ausnahme des Jahres 2016 (Platz 4; 25 %) – rangieren solche Vorhaben auf dem dritten Platz (2012/13: 22 %; 2014: 21 %; 2017: 37 %; 2018: 30 %). Strategische Fragen spielen hier die größte Rolle. Der Anteil der Experten, die solche Projekte ansprechen, hat sich im Zeitverlauf verdoppelt (2012/13: 8 %; 2018: 16 %). Manche Befragte planen etwa eine „verstärkte Ausrichtung an der Unternehmensstrategie“ (2012/13), andere haben sich die „Erarbeitung eines ganzheitlichen Kommunikationsfahrplans“ (2017) vorgenommen oder auch die „Erarbeitung globaler Kommunikationskonzepte in der Verzahnung von Unternehmenskommunika-
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tion und Marketingkommunikation“ (2018). Auch die Prozessoptimierung in der Kommunikation wird im Zeitverlauf bedeutsamer – genauer: Die Nennungen verdreifachen sich (2012/13: 3 %; 2018: 9 %). Hier geht es den befragten Kommunikationsverantwortlichen beispielsweise um die „Optimierung der Prozesse bei interner und externer Kommunikation“ (2016) oder um „Synergien zwischen Corporate Communications und Marketing“ (2017). Die internationale Kommunikation spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, wenn es um künftige Vorhaben aus dem Bereich des strategischen Kommunikationsmanagements geht. Mit Ausnahme des Jahres 2018 (Platz 9; 7 %), sprechen in jeder Befragung rund zwei von zehn Kommunikatoren Projekte der grenzüberschreitenden Kommunikation an (2012/13: Platz 5, 19 %; 2014: Platz 4, 20 %; 2016: Platz 6, 18 %; 2017: Platz 4, 19 %). Konkret wollen die Experten in diesem Zusammenhang etwa das „Involvement der Mitarbeiter weltweit“ (2012/13) erhöhen, haben sich eine bessere „internationale Abstimmung der konzernweiten Kommunikation“ (2012/13) zum Ziel gesetzt oder planen das „Ausbalancieren der globalen und nationalen Themenschwerpunkte“ (2014). Unternehmenskommunikation, die sich an den Gegenständen ausrichtet, über die gesprochen wird, zählt ebenfalls in allen fünf Befragungen zu den Top-10-Vorhaben der Kommunikationsverantwortlichen (2012/13: Platz 7, 12 %; 2014: Platz 6, 15 %; 2016: Platz 10, 8 %; 2017: Platz 6, 16 %; 2018: Platz 5, 18 %). Eine wichtige – und im Zeitverlauf zunehmende (2012/13: 2%; 2018: 8 %) – Rolle spielen hier Vorstände bzw. CEOs, die ins Zentrum der Kommunikation gerückt werden. Auslöser kann ein Personalwechsel sein, wie etwa diese Aussage eines Befragten verdeutlicht: „CEO Communications – Präsentation eines neuen CEOs und die entsprechende Kommunikation in Richtung der Stakeholder“ (2012/13). Andere Experten arbeiten kontinuierlich an der „Positionierung des CEO / Entwicklung einer Storyline“ (2018). Auch Vorhaben, die die Leitgrößen der Kommunikation betreffen, sind in allen fünf Top-10-Rankings vergleichsweise prominent vertreten (2012/13: Platz 4, 21 %; 2014: Platz 2, 28 %; 2016: Platz 6, 18 %; 2017: Platz 5, 17 %; 2018: Platz 7, 10 %). Während sich die Aussagen der Kommunikationsverantwortlichen hier in den ersten drei Befragungen vor allem auf die Positionierung der Marke beziehen, büßen die „Schärfung des Markenprofils“ (2014) oder etwa der „Fokus auf Markenkommunikation mit Zielgruppe Meinungsführer und Kapitalmarkt“ (2016) in den beiden Folgejahren etwas an Bedeutung ein. Interessant ist, dass die Kommunikatoren in diesem Zusammenhang die bei den Stakeholdern verorteten Zielgrößen Akzeptanz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen sehr selten bis gar nicht ansprechen. Veränderungen der Organisationsstruktur und das Management der Kommunikationsinhalte spielen ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle, wenn es
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um die zentralen Projekte geht, die die Kommunikationsverantwortlichen in den kommenden zwölf Monaten anpacken wollen. Beim Themenmanagement fällt allerdings auf, dass das aktive Setzen von Themen durch das Unternehmen ab dem Jahr 2016 sprunghaft an Bedeutung gewinnt. Der Anteil der Experten, die das Agenda-Setting ansprechen, hat sich im Untersuchungszeitraum beinahe verdreifacht (2012/13: 3 %; 2018: 8 %). Die Experten planen hier etwa eine „Verfeinerung des Themenmanagements“ (2016), die „Produktion von attraktivem Content“ (2017) oder die „Vernetzung von Inhalten und Kanälen“ (2018). Interne Kommunikation gewinnt an Bedeutung – Media Relations verlieren Relevanz Was die Projekte der Kommunikationsexperten anbelangt, die an den verschiedenen Stakeholdergruppen ausgerichtet sind, geht die Schere weit auseinander. Die auf die Mitarbeiter fokussierte interne Kommunikation rangiert in allen fünf Ranglisten auf den vorderen Plätzen der Top-10-Vorhaben (2012/13: Platz 2, 25 %; 2014: Platz 5, 18 %; 2016: Platz 3, 27 %; 2017: Platz 6, 16 %; 2018: Platz 4, 24 %). Im Durchschnitt über alle Befragungswellen hinweg sprechen rund 22 Prozent der Kommunikatoren Projekte aus diesem Bereich an. Die interne Kommunikation erweist sich damit als das stakeholderorientierte Handlungsfeld, dem die Kommunikationsexperten künftig besonders viel Aufmerksamkeit schenken möchten – und die Mitarbeiter als eine der zentralen Stakeholdergruppen der Unternehmenskommunikation. Tendenziell spielen die Mitarbeiter dabei eine größere Rolle als die Führungskräfte. Mit Blick auf Erstere wollen die Kommunikationsexperten beispielsweise „die interne Kommunikation so verbessern, dass über die Geschäftsgruppen hinweg eine gleichartige Info beim Mitarbeiter ankommt“ (2016) oder die „interne Kommunikation deutlich Feedback- und dialogorientierter aufstellen“ (2012/13). Was die Kommunikation der Führungskräfte anbelangt, plant ein Befragter etwa eine verbesserte „Kaskadierung wichtiger Themen an alle 40.000 Mitarbeiter“ (2012/13) – ein anderer findet kritische Worte: „Leadership Communications (Führungskräfte sind die wichtigsten Akteure der internen Kommunikation – aber oft keine Guten)“ (2012/13). In vier der fünf Top-10-Rankings finden sich Vorhaben rund um das Handlungsfeld Media Relations. Dabei fällt auf: Deutlich weniger Kommunikationsverantwortliche planen, sich in naher Zukunft bei Projekten zu engagieren, die auf die Zielgruppe Journalisten ausgerichtet sind, als das bei der internen Kommunikation der Fall ist. Zudem werden Vorhaben im Bereich Media Relations im Zeitverlauf tendenziell eher seltener thematisiert. Während bei der Befragung im Jahr 2012/13 noch 14 Prozent der Kommunikatoren ein am
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Journalismus orientiertes Projekt zu Protokoll geben, hat sich dieser Wert im Jahr 2018 mit einem Anteil von nur noch sieben Prozent halbiert. In den Rankings der Jahre 2017 und 2018 bilden die Media Relations das Schlusslicht, im Jahr 2014 sind solche Vorhaben gar nicht im Top-10-Ranking vertreten. Neben neutral formulierten Nennungen wie der „Kontaktintensivierung zu Leitmedien“ (2017) liefern einige Kommunikationsverantwortliche Hinweise für die Gründe, warum Media Relations nicht das primäre Handlungsfeld sind, auf dem die kommunikativen Anstrengungen intensiviert werden sollen. So erklärt ein Befragter beispielsweise, „in einem schrumpfenden Markt für Qualitätsmedien Top-Quality-Platzierungen erzielen“ (2016) zu wollen. Ein anderer plant die „Intensivierung des Kontakts zu und Briefing der Redaktionen“ und ergänzt: „Diese haben kaum mehr Zeit für Recherchen“ (2012/13). Die Kundenkommunikation spielt eine ebenso untergeordnete Rolle wie die Investor Relations und das Employer Branding. Vorhaben rund um die Abnehmer der Produkte und Dienstleistungen der befragten Unternehmen rangieren immerhin noch in zwei der Top-10-Rankings auf den letzten Plätzen (2012/13: Platz 10, 6 %; 2014: Platz 9, 8 %; 2016: 3 %; 2017: 3 %; 2018: 5 %). Die Geldgeber (2012/13: Platz 10, 6 %; 2014: 2 %; 2016: 4 %; 2017: 2 %; 2018: 4 %) und Bewerber (2012/13: 3 %; 2014: Platz 7, 14 %; 2016: 4 %; 2017: 3 %; 2018: 1 %) schaffen es nur in jeweils einem der Rankings unter die zehn wichtigsten Projekte der Kommunikationsverantwortlichen. Change Communications wird ständiger Begleiter – aber auf eher niedrigem Niveau „Nichts ist beständiger als der Wandel“ – dieser vielzitierte Spruch trifft auch auf die Befunde zu Vorhaben im Bereich der situationsorientierten Kommunikation zu. Projekte der Change Communications, die sich um konkrete Veränderungssituationen drehen, reihen sich – mit Ausnahme des Jahres 2012/13 – in allen Rankings unter den Top-10-Vorhaben ein (2014: Platz 7, 14 %; 2016: Platz 5, 20 %; 2017: Platz 8, 12 %; 2018: Platz 8, 9 %). Change-Prozesse erweisen sich damit als ständiger Begleiter der Kommunikatoren. Während deren kommunikative Begleitung phasenweise zweifelsohne ein sehr intensives Engagement des jeweiligen Kommunikationsverantwortlichen erfordert, rangieren solche Projekte im Durchschnitt betrachtet allerdings nur im hinteren Mittelfeld der Ranglisten.
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Digitale und persönliche Kommunikation sind relevant Im Bereich der Kommunikationskanäle dominieren klar Vorhaben, die sich auf die digitale Kommunikation beziehen (s. o.). Alle anderen Kommunikationskanäle spielen eine vergleichsweise geringe Rolle. Mit der persönlichen Kommunikation taucht immerhin ein weiterer konkreter Kommunikationskanal in der Rangliste des Jahres 2012/13 auf (Platz 10, 6 %). Neben dem Austausch auf Messen und im Rahmen von Pressekonferenzen haben die Kommunikationsverantwortlichen dabei vor allem die Mitarbeiter im Blick – insbesondere in ihrer Rolle als Multiplikatoren. So findet etwa ein Befragter: „Mitarbeiter sollten in der Lage sein, als informierte Botschafter des Unternehmens zu agieren“. Ein anderer formuliert als Frage, die er in den kommenden zwölf Monaten beantworten will: „Wodurch werden Mitarbeiter zum Botschafter eines Unternehmens?“. In den Top-10-Rankings der Jahre 2014 und 2018 finden sich auf dem jeweils letzten Platz ebenfalls einige Nennungen zu Kommunikationskanälen. Allerdings handelt es sich dabei um wenige Einzelnennungen zu so unterschiedlichen Vorhaben, dass diese unter der Restkategorie sonstige Kommunikationskanäle zusammengefasst werden. Ein Befragter plant hier beispielsweise den „Ausbau der crossmedialen Kommunikation“ (2014), ein anderer will „Formate für Metathemen (Talkrunden, etc.) entwickeln“ (2018). Bei der Umsetzung liegt Storytelling vorne – bei den Themen die Nachhaltigkeit Nur sehr wenige Kommunikationsverantwortliche planen sich in den kommenden zwölf Monaten mit Vorhaben zu beschäftigen, die der operativen Umsetzung zuzuordnen sind. Kommunikationstechniken werden hier noch am häufigsten thematisiert, sodass sie in immerhin drei der fünf Top-10-Rankings auftauchen (2012/13: 4 %; 2014: 2 %; 2016: Platz 9, 10 %; 2017: Platz 9, 9 %; 2018: Platz 8, 9 %). In erster Linie beziehen sich die Kommunikatoren dabei auf „Storytelling abseits des Mainstreams“ (2016). Projekte aus dem Bereich der themenorientierten Kommunikation spielen ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle. Als konkret benannter Themenbereich kann sich einzig die Nachhaltigkeit bzw. Corporate Social Responsibility immerhin in zwei der fünf Top-10-Rankings einreihen (2012/13: Platz 8, 11 %; 2014: Platz 8, 10 %; 2016: 4 %; 2017: 6 %; 2018: 4 %). Die Befragten planen hier etwa allgemein die „Etablierung einer Corporate-ResponsibilityKommunikation“ (2012/13) oder die „kommunikative Verbreitung des Nachhaltigkeitsgedankens im internationalen Bereich“ (2014). Im Zeitverlauf hat die Nachhaltigkeitskommunikation jedoch tendenziell an Bedeutung verloren,
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wie folgende Aussage illustriert: „Schrittweises Zurückfahren von Engagement im Bereich Umwelt, Ethno, LGBT, Diversity“ (2018). Ansonsten landen nur noch im Jahr 2012/13 in der Restkategorie zusammengefasste Einzelnennungen zu themenorientierten Aspekten, z. B. die „Bedeutung heimischer Rohstoffe“ oder die „globale Konjunktur“, auf dem neunten Platz der Rangliste (11 %). 4.1.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick „Was sind die drei wichtigsten Vorhaben, die Sie in den kommenden zwölf Monaten in Ihrer Kommunikationsarbeit anpacken werden?“ Die befragten Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands beantworten diese Frage einstimmig: Für sie haben Projekte aus dem Bereich Online-PR eindeutig die größte Dringlichkeit – egal ob man die Top-10-Liste ihrer wichtigsten Vorhaben im Jahr 2012/13, 2014, 2016, 2017 oder 2018 betrachtet. Zwar ist das Internet seinen Kinderschuhen längst entwachsen. Und die Unternehmenskommunikation hat in der Vergangenheit bereits große Anstrengungen unternommen, um die digitalen Kanäle in ihr Portfolio zu integrieren. Der Medienwandel, den die digitale Kommunikation ausgelöst hat, ist aus Sicht der Kommunikatoren aber noch lange nicht abgeschlossen. Die Kommunikationsverantwortlichen wollen sich hier deshalb weiterhin besonders intensiv engagieren.
Damit geht ein zentraler Megatrend in der Unternehmenskommunikation einher, der die befragten Kommunikationsexperten ebenfalls stark beschäftigt: die Digitalisierung. Denn diese ebenfalls sehr grundlegende Transformation betrifft nicht nur das Handeln der Firmen, sondern eben auch in erheblichem Maße deren Kommunikationsarbeit. Ein weiterer Trend, der sich in den Ranglisten der wichtigsten Vorhaben widerspiegelt, die die Kommunikationsverantwortlichen in den kommenden zwölf Monaten anpacken wollen, ist der Corporate Newsroom. Im Bereich des strategischen Kommunikationsmanagements setzen die Kommunikatoren vor allem Projekte auf ihre To-do-Liste, die sich mit der zunehmend wichtiger werdenden Strategieoptimierung beschäftigen – beispielsweise mit der Verbesserung globaler Kommunikationskonzepte. Auch die Prozessoptimierung, z. B. die Verzahnung von Corporate Communications und Marketing, gewinnt im Zeitverlauf ebenso an Relevanz wie die internationale Kommunikation. Was die Gegenstände der Kommunikation angeht, planen die Kommunikationsverantwortlichen insbesondere die Vorstände bzw. CEOs ihrer Firmen künftig noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Vorhaben, die sich auf die Leit-
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größen der Kommunikation beziehen, haben insbesondere die Markenpositionierung im Blick, deren Bedeutung allerdings im Zeitverlauf abnimmt. Was die stakeholderorientierte Kommunikation betrifft, spielen die Mitarbeiter eine ganz zentrale Rolle. Projekte aus dem Bereich Media Relations werden von den Kommunikationsexperten nicht nur deutlich seltener angesprochen als Vorhaben der internen Kommunikation. Auch im Zeitverlauf betrachtet haben sich tendenziell immer weniger Kommunikatoren Vorhaben auf die Fahnen geschrieben, die sich um Journalisten drehen. Situationsorientierte Vorhaben aus dem Bereich Change Communications finden sich in allen fünf Befragungen unter den zehn wichtigsten Projekten, denen sich die Kommunikationsverantwortlichen in naher Zukunft annehmen wollen – rangieren dabei aber stets im hinteren Mittelfeld. Veränderungsprozesse erweisen sich damit als ständiger Begleiter der Kommunikatoren, sind aber, wie zu erwarten ist, nur bei wenigen Befragten Top-of-Mind bzw. werden nur von Einigen aktuell forciert. Abgesehen von der Online-PR spielen andere Kommunikationskanäle nur eine untergeordnete Rolle, wenn es um die wichtigsten Vorhaben der Kommunikationsverantwortlichen für die kommenden zwölf Monate geht. Ansonsten werden lediglich noch Projekte der persönlichen Kommunikation so häufig thematisiert, dass sich dieser Kanal in einem der Erhebungsjahre unter den Top-10-Vorhaben einreihen kann. Vorhaben, die sich auf Kommunikationstechniken beziehen, werden nur selten angesprochen – wenn, dann geht es dabei in erster Linie um das Storytelling. Gleiches gilt für die themenorientierte Kommunikation, bei der die Nachhaltigkeitskommunikation bzw. Corporate Social Responsibility noch die vergleichsweise größte Rolle spielt.
Die Ergebnisse belegen: Die Unternehmenskommunikation steht unter erheblichem Veränderungsdruck. Die Rahmenbedingungen, unter denen die Firmen wirtschaften und kommunizieren, verändern sich ebenso schnell wie grundlegend. Der Medienwandel fordert die Kommunikationsverantwortlichen dabei besonders heraus. Denn ständig entstehen neue digitale Kanäle, die in die eigene Kommunikationsstrategie integriert werden wollen. Damit einher gehen weitere Herausforderungen (Mast 2015, S. 51): Die Stakeholder agieren freier, individueller und sind für die Firmen immer schwerer erreichbar, nicht zuletzt, weil die Gruppen mehr und mehr zersplittern. Nicht nur die Anzahl einzubeziehender Multiplikatoren wie Blogger und Influencer wächst stetig, sondern auch die der Akteure, die als Kommunikatoren der Unternehmen auftreten.
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Für die Kommunikationsverantwortlichen geht dies mit einem Kontrollverlust einher. Verschärft wird diese Situation durch die sinkende Glaubwürdigkeit der klassischen Medien. Gleichzeitig wächst in der Bevölkerung das Misstrauen gegenüber den Institutionen. Dadurch verändert sich auch ihre Haltung gegenüber der Wirtschaft im Allgemeinen und den Firmen im Speziellen. Die Unternehmen agieren also, sowohl in der ökonomischen als auch in der kommunikativen Sphäre, in einem Umfeld von Unsicherheiten und Risiken (Mast 2015, S. 51). Für die Kommunikationsverantwortlichen der Firmen stellt sich deshalb die zentrale Frage nach der künftigen Rolle der Unternehmenskommunikation. Die Ergebnisse der Trendanalyse zu den wichtigsten Vorhaben der Kommunikatoren für die kommenden zwölf Monate liefern Hinweise, wo die Experten bei dieser „Selbstfindung“ ansetzen: Projekte im digitalen Bereich stehen ganz oben auf ihrer Agenda. Zum einen wollen sich die Experten in naher Zukunft verstärkt den Herausforderungen stellen, die mit dem Megatrend Digitalisierung einhergehen. Zum anderen beschäftigen sie konkrete Projekte rund um die operative Umsetzung der digitalen Kommunikation. Dabei planen sie beispielsweise den künftigen Einsatz von Social Media in der internen und externen Kommunikation, aber auch die Weiterentwicklung des Intranets oder von Apps. Und welches Augenmerk legen die Kommunikationsverantwortlichen auf klassische Handlungsfelder wie die interne Kommunikation und die Media Relations? Mitarbeiter spielen eine ganz zentrale Rolle, wenn es um die geplanten Projekte der Kommunikatoren geht. Die interne Kommunikation macht also Karriere, denn motivierte und loyale Mitarbeiter werden mehr und mehr zum kritischen Erfolgsfaktor (Mast 2013, S. 64, 66). Demgegenüber wollen deutlich weniger Befragte künftig Vorhaben im Bereich Media Relations forcieren, mit fallender Tendenz. Denn die Firmen finden sich immer seltener in der Medienberichterstattung wieder, sie haben mit einer sinkenden Fachkompetenz in den Redaktionen zu kämpfen und machen die Erfahrung, dass redaktionelle Strategien mehr und mehr auf Scoops und Skandalisierung ausgerichtet sind (Mast 2013, S. 65). Die klassischen Medien bleiben zwar einer der zentralen Verbreitungswege der Unternehmenskommunikation und sind deshalb aus den Top-10-Rankings der wichtigsten Vorhaben nicht wegzudenken – ihr Engagement zu intensivieren, planen hier aber vergleichsweise wenige Kommunikatoren. Neben diesen zentralen Trends finden sich unter den wichtigsten Vorhaben für die nahe Zukunft noch eine ganze Reihe von Handlungsfeldern, die den Alltag der Kommunikationsverantwortlichen abbilden. So will beispielsweise das strategische Kommunikationsmanagement ebenso stetig weiterentwickelt werden wie die Positionierung des eigenen CEOs oder die Unternehmensreputation. Insgesamt zeigt sich (Mast 2015, S. 51): Die Unternehmen sind auf der
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Suche nach Antworten, wie sie im Zeitalter des Internets mit der neuen Logik von Öffentlichkeit umgehen können. Ihr zentraler Ansatzpunkt ist es, sich den digitalen Herausforderungen offensiv zu stellen und alle verfügbaren Kräfte in deren Steuerung und Weiterentwicklung zu investieren. 4.2 Neue Themenschwerpunkte und Stakeholdergruppen: Worüber die Firmen sprechen und an wen sie sich richten Die Kommunikationsarbeit der Unternehmen richtet sich zunehmend an zwei zentralen Koordinaten aus: den Themen, über die sich die Firmen äußern, und den Stakeholdern, die angesprochen werden. Die Auswahl und Platzierung der Inhalte bestimmt, ob die Firmen im durch das Internet mittlerweile nahezu unbegrenzten Informationsangebot überhaupt gehört werden – oder in der Flut aus Trendthemen und Hashtags einfach untergehen. Und die Stakeholder entscheiden letztendlich nicht nur über den ökonomischen Erfolg von Unternehmen, sondern eben auch über die Ausrichtung ihrer Kommunikationsarbeit. Die Befragung der Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland nimmt im Jahr 2012/13 daher die Themen und Stakeholder in den Blick (s. Abb. 17). Die Fixierung auf die Kommunikationsperspektive („Das wollen wir sagen“) wird nach und nach zu einer Ausrichtung an den Wünschen und Interessen der Stakeholder („Was interessiert?“). Dieses Kapitel beleuchtet die Ergebnisse der Umfrage und geht zunächst der Frage nach, welche Themen die befragten Kommunikatoren im Folgejahr auf ihre Agenda setzen wollen. Dabei wird auch untersucht, welche Inhalte sich aus ihrer Sicht eher gut vermitteln lassen – und bei welchen Themen sie diesbezüglich häufiger auf Probleme stoßen. Der zweite Teil des Kapitels analysiert, wie gut die verschiedenen Stakeholder zu erreichen sind. In diesem Zusammenhang wird auch den Gründen nachgegangen, warum die Stakeholderansprache den Kommunikationsverantwortlichen manchmal gut und manchmal weniger gut gelingt.
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Abb. 17: Steckbrief TOPKOM 2012/13 Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärks‐ ten Unternehmen Deutschlands Teilnahme 120 Unternehmen Inhaltlicher Schwer‐ Themen der Kommunikationsarbeit & Erreichbarkeit punkt der Stakeholdergruppen Methode Umfrage mittels schriftlichem und Online‐Fragebogen; offene und standardisierte Fragen Durchführung Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) Erhebungszeitraum Dezember 2012 bis Januar 2013 Quelle: Mast 2013, S. 71.
4.2.1 Welche Themen aufgegriffen werden Was sind die drei wichtigsten Themen für die Kommunikationsarbeit der Unternehmen im kommenden Jahr? Diese Frage wird den Kommunikationsverantwortlichen offen, also ohne vorgegebene Antwortoptionen, gestellt. Diese Fragetechnik hat den Vorteil, alle spontanen Gedanken der Befragten zu erfassen, ohne eine bestimmte Richtung vorzugeben. Insgesamt betrachtet deuten die Antworten der Kommunikatoren auf einen Kurswechsel in der Unternehmenskommunikation hin: Neben klassischen, aus Perspektive der Firmen gedachten Themen, rücken auch andere Aspekte in den Blick – und die Unternehmenskommunikation damit näher an ihre Stakeholder heran (s. Abb. 18). Geplante Themen: Unternehmensbezug dominiert, gesellschaftspolitische Inhalte aber auf dem Vormarsch Die von den Kommunikatoren genannten Themen werden im Rahmen der Datenauswertung zu drei Dimensionen sortiert (Mast 2013, S. 68): den unternehmensbezogenen, den gesellschaftspolitischen sowie den produkt- und leistungsbezogenen Aspekten. Das Hauptaugenmerk der Kommunikationsverantwortlichen liegt auf der Dimension, die unternehmensbezogene Themen zusammenfasst. Dabei handelt es sich um Inhalte, die das Unternehmen selbst zum Gegenstand haben, bei denen also die Firma der Ausgangspunkt ist („Inside-out“-Perspektive). Diese Themen beschreiben beispielsweise die Identität, Strategie oder die Umsetzung der Vorhaben eines Unternehmens. An vorderster Stelle stehen in dieser Dimension die Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik (36 %) sowie die finanzielle Entwicklung der Unternehmen
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(30 %). Auf den folgenden Rangplätzen geht es um die Unternehmensorganisation (18 %) sowie um Werte- und Kulturaspekte (15 %). Bei 14 bzw. acht Prozent der Unternehmen stehen nicht zuletzt Mitarbeiter- und Kundenthemen im Mittelpunkt. Insgesamt beschreiben alle diese firmenbezogenen Themen zum einen das Handeln der Unternehmen. Zum anderen werden aber auch die Beziehungen der Unternehmen zu wirtschaftsnahen Stakeholdern thematisiert – insbesondere zu ihren Mitarbeitern, Kunden und Investoren (Mast 2013, S. 67). Abb. 18: TOPKOM 2012/13 – Die wichtigsten Themen der Kommunikationsarbeit im Folgejahr Unternehmensbezogene Themen Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik
36,4
Finanzielle Entwicklung des Unternehmens
29,7
Organisationsentwicklung und Restrukturierung
17,8
Unternehmenswerte und ‐kultur
15,3
Personalpolitik und Mitarbeiterführung Kundenorientierung und Marketing
14,4 7,6
Gesellschaftspolitische Themen Ökologische Verantwortung
21,2
Wirtschaftspolitik
12,7
Soziale Verantwortung Energiewende
11,0 5,9
Produkt‐ und leistungsbezogene Themen Innovationen
22,0
Servicequalität und Beratungskompetenz
5,1
Markenpolitik
5,1
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Wenn Sie jetzt an die Inhalte Ihrer Kommunikationsarbeit denken: Was sind für Sie die drei wichtigsten Themen, über die Sie im kommenden Jahr kommunizieren werden?“; Mehrfachnennungen; aufgeführt sind alle Kategorien mit Anteilen über 4%; Basis: n = 118 Befragte, die geantwortet haben.
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Bei den genannten Themen, die der Dimension gesellschaftspolitischer Aspekte zuzuordnen sind, steht nicht der Blickwinkel der Firmen im Vordergrund, sondern die Erwartungen und Ansichten des Unternehmensumfelds. Bei diesen „Outside-in“-Themen stehen vor allem Ökologiethemen auf der Agenda der Kommunikationsverantwortlichen – beispielsweise konkrete Projekte zum Umwelt- und Klimaschutz, CO2-Bilanzen, Energie- und Ressourceneffizienz sowie Elektromobilität (21 %). Die Unternehmen wollen aber auch zu wirtschaftspolitischen Fragen Stellung nehmen. Die befragten Kommunikatoren sprechen in diesem Zusammenhang z. B. die Regulierung des Finanzmarkts an, die Bürgerbeteiligung, den Mindestlohn oder die Eurokrise und ihre Folgen (13 %). Auch die soziale Verantwortung der Firmen wird vergleichsweise häufig erwähnt. Hierunter fallen Nennungen, die sich z. B. auf einen respektvollen Umgang mit Mitarbeitern oder Bürgern beziehen, das soziale Engagement von Unternehmen thematisieren oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ansprechen (11 %). Die Energiewende steht immerhin bei sechs Prozent der Kommunikationsverantwortlichen auf der Agenda. In erster Linie geht es den Befragten dabei um deren Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland, die Höhe der Strompreise sowie um die Fragen, wie die Energieversorgung sichergestellt und künftig gestaltet werden kann. Manche Befragte begreifen die Energiewende auch als kommunikative Chance, indem sie über das Produktportfolio ihres Unternehmens im Bereich erneuerbarer Energien oder ihren Beitrag zur Energieeffizienz sprechen wollen. Zusammenfassend zeigt sich: Die gesellschaftspolitischen Themen auf den Agenden der befragten Kommunikatoren betonen vor allem die soziale Verantwortung der Firmen und präsentieren ihre Unternehmen damit als Mitglieder der Gesellschaft. Diese Themendimension entwickelt sich – neben den unternehmensbezogenen Themen – allmählich zu einem weiteren Pfeiler der Unternehmenskommunikation (Mast 2013, S. 68). Bei der dritten Dimension, den Themen rund um das Produkt- und Leistungsportfolio der Unternehmen, stehen erneut die Firmen selbst im Mittelpunkt. Den größten Stellenwert messen die Kommunikatoren dabei der Innovationskommunikation bei, über die 22 Prozent der Befragten sprechen wollen. Im Detail thematisieren sie hier Fortschritte im Bereich der Forschung, Neuheiten bei Produkten und Prozessen, aber auch Weiterentwicklungen sowie insbesondere Technologien. Bei fünf Prozent der Unternehmen steht die Service- und Beratungsqualität auf der Agenda. Diese Inhalte zielen in erster Linie darauf ab, die Kunden zu überzeugen (Mast 2013, S. 68). Die Markenpolitik richtet sich ebenfalls an Kunden, wird aber – obwohl ein ebenfalls traditioneller Schwerpunkt der Unternehmenskommunikation – nur von fünf Prozent der befragten Unternehmen ins Visier genommen. Eine vergleichs-
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weise geringe Rolle spielen auch Projekte, die Dachmarken stärken, den Markenauftritt überarbeiten oder das Unternehmen neu positionieren sollen. Im Vergleich zu den unternehmensbezogenen und gesellschaftspolitischen Themen kommt den Aspekten des Produkt- und Leistungsportfolios etwas weniger Bedeutung zu. Auch wenn mit den unternehmensbezogenen Themen ein „Inside-out“-Blickwinkel dominiert, rücken gesellschaftspolitische Themen auf der Agenda der Kommunikationsverantwortlichen nach oben – und spielen sogar eine größere Rolle als produkt- und leistungsbezogene Inhalte. Der gesellschaftspolitische Blickwinkel und damit die „Outside-in“Perspektive, werden zu einer wichtigen Säule der Unternehmenskommunikation. Mit anderen Worten: Die Unternehmenskommunikation wird, angesichts des veränderten Umfelds, stärker gesellschaftspolitisch aufgeladen und interpretiert (Mast 2013, S. 68). Schwierige Kommunikationsfelder: Gesellschaftspolitische Themen und Gehälter als Herausforderung Die Kommunikationsverantwortlichen werden auch dazu befragt, welche Themen sich in der Kommunikationsarbeit eher gut vermitteln lassen – und bei welchen sich dies eher schwierig gestaltet. Ihre Antworten zeigen, dass durchaus nicht alle gesellschaftspolitischen Themen gleichermaßen auf offene Ohren stoßen (s. Abb. 19): Rund vier von zehn Befragten geben an, dass Aspekte rund um die Zusammenarbeit mit der Politik und ihren Entscheidungsträgern eher sehr schwierig oder schwierig zu vermitteln sind (44 %). Laut etwa ebenso vielen Kommunikationsverantwortlichen trifft dies auch auf die Ansichten der Unternehmen zu gesellschaftspolitischen Themen zu, wie z. B. zu währungs- oder bildungspolitischen Fragen (40 %). Mit dem Handeln der Unternehmen in der Euro- und Verschuldungskrise beinhaltet ein dritter Themenbereich (zumindest auch) gesellschaftspolitische Aspekte und gilt bei über einem Drittel der Kommunikationsverantwortlichen als problematisch (35 %). Hier tun sich DAX-Unternehmen leichter: Nur 24 Prozent geben an, dass ihnen die Kommunikation über diesen Themenbereich schwerfällt. Bei den Unternehmen, die nicht im Deutschen Aktienindex notiert sind, sind es dagegen schon 43 Prozent, die das Thema der Euro- und Verschuldungskrise als sehr schwierig oder schwierig vermittelbar empfinden. Doch auch bei zwei der unternehmensbezogenen Themenbereiche stoßen die Kommunikatoren nach eigenen Angaben auf Schwierigkeiten: Jeder zweite Befragte – und damit mehr als bei allen anderen abgefragten Themen – findet die Gehälter und die Vergütungspraxis der Unternehmen eher sehr schwierig oder schwierig zu vermitteln (49 %). Die kritischen Stimmen in der Öffentlichkeit, die in den vergangenen Jahren wiederholt die Höhe von Managerge-
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hältern angeprangert oder zumindest in Frage gestellt haben, hallen hier offensichtlich nach. Allerdings wird das Thema Vergütung von den befragten Kommunikatoren der DAX-Unternehmen (26 %) als deutlich weniger problematisch wahrgenommen als bei nicht DAX-notierten Firmen (61 %). Laut 42 Prozent aller Kommunikatoren sind auch interne Abläufe und Prozesse, z. B. in der Produktion, schwer kommunizierbar. Bei diesen fünf Themen sagen am meisten Befragte, dass diese in der Kommunikationsarbeit (sehr) schwierig zu vermitteln sind. Immerhin drei davon sind zumindest in Teilen gesellschaftspolitisch orientiert. Gut vermittelbare Themen: Unternehmens- und leistungsbezogene Inhalte besonders leicht kommunizierbar Die Kommunikationsverantwortlichen halten aber keineswegs alle gesellschaftspolitischen Themen für schwer transportierbar (s. Abb. 19). So empfinden mehr als zwei Drittel der Kommunikatoren die Verantwortung in Sachen Umweltschutz als sehr gut oder gut vermittelbar (70 %). Für immerhin jeden zweiten Befragten gilt dies auch, wenn es um die soziale Verantwortung geht, d. h. die Verpflichtungen der Firmen gegenüber der Gesellschaft (54 %). Die weiteren Themen, die nach Ansicht der Kommunikationsverantwortlichen gut zu transportieren sind, lassen sich mehrheitlich der unternehmensoder der leistungsbezogenen Dimension zuordnen. Nach Einschätzung der Befragten sind aktuelle Geschäftszahlen (90 %), Innovationen im Leistungsportfolio (85 %) sowie die Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklungen (79 %) am leichtesten zu kommunizieren. Auch bei den Werten des Unternehmens sehen mehr als zwei Drittel der Kommunikatoren keine größeren Schwierigkeiten (68 %). Bei Personalfragen rund um das Management und die Rekrutierung von Mitarbeitern sind die Befragten hingegen skeptischer. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten sehen ihre Vermittlung als weitgehend problemlos an (56 bzw. 55 %). 41 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen gehen nicht zuletzt davon aus, dass grundsätzliche Maßstäbe der Unternehmenstätigkeit – wie z. B. Compliance-Regeln und gesetzliche Vorschriften – einfach zu kommunizieren sind. Zusammenfassend zeigt sich: In der Wahrnehmung der Kommunikationsverantwortlichen sind traditionelle Themen mit starkem Unternehmens- oder Leistungsbezug tendenziell leichter zu vermitteln. Demgegenüber stehen gesellschaftspolitische Themen eher auf der Seite der Kommunikationsinhalte, die die Befragten als problematisch beurteilen. Allerdings finden sich auf bei-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 19: TOPKOM 2012/13 – Wie gut Themen in der Kommunikationsarbeit zu vermitteln sind Eher sehr gut zu vermitteln Aktuelle Geschäftszahlen wie z. B. Umsätze, Gewinne, Kosten
Eher sehr schwierig zu vermitteln
57
33
7 4 0
Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen
38
47
9 4 2
Geschäftspolitik und Unternehmens‐ entwicklungen
26
Verantwortung des Unternehmens in Sachen Umwelt
25
Werte des Unternehmens, d. h. was ihm wichtig ist
53
13
45
21
16
47
16
71
11 3
12 4
Führungskräfte und Management
14
42
28
15 1
Rekrutierung von Personal, z. B. Nachwuchs‐, Fach‐ und Führungskräfte
15
40
31
10 4
Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Gesellschaft
21
Grundsätzliche Regeln der Unternehmenstätigkeit, z. B. Compliance‐Vorschriften, Gesetze
13
Handeln des Unternehmens speziell in der Euro‐ und Verschuldungskrise
11
Ansichten des Unternehmens zu gesellschaftspolitischen Themen, z. B. zu Währungs‐ oder Bildungspolitik
8
33
26
28
34
20
Zusammenarbeit mit der Politik und ihren Entscheidungsträgern
3
19
Gehälter und Vergütungspraxis
3
17
Abläufe und Prozesse im Unternehmen 3 12
35 34 31
44
3
22
34
18
4
16
20
15
25
15
34
10
14
35
33
9
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Bleiben wir bei den Inhalten Ihrer Kommunikationsarbeit: Welche der folgenden Themen lassen sich in Ihrer Kommunikationsarbeit eher gut vermitteln, bei welchen ist das eher schwierig?“; 5-stufige Skala von „eher sehr gut zu vermitteln“ bis „eher sehr schwierig zu vermitteln“; Basis: n = 110-120 gültige Antworten.
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den Seiten auch Ausnahmen. Die Einschätzungen der Kommunikatoren werden offenbar in nicht unerheblichem Maße davon beeinflusst, inwieweit ein Thema in der öffentlichen Diskussion bereits etabliert ist – und ob die Tendenz in der Debatte eher positiv oder eher negativ ausfällt. Denn Gehälter werden beispielsweise, insbesondere mit Blick auf die Managementebene, seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert und halten nicht selten Einzug in die journalistische Berichterstattung. Nachvollziehbar, dass dieses Thema von den Befragten als schwer kommunizierbar eingestuft wird. Der Umwelt- und Klimaschutz hingegen wurde unter dem Dach der Nachhaltigkeitsdebatte eingeführt, ist mittlerweile in der Öffentlichkeit etabliert und gewünscht – und wird von den Kommunikationsverantwortlichen als gut vermittelbar eingeschätzt. 4.2.2 Chancen und Hürden in der Stakeholderansprache Nicht nur die Themen sind eine zentrale Stellschraube der Unternehmenskommunikation. Die Stakeholder sind ein ebenso wichtiger Dreh- und Angelpunkt, an dem sich die Kommunikationsarbeit ausrichtet. Aber welche Stakeholder sind dabei eher leicht, welche eher schwer anzusprechen – und was sind die Gründe für deren gute, oder eben schlechte Erreichbarkeit? Erreichbarkeit der Stakeholder: Unternehmens- und wirtschaftsnahe Gruppen liegen vorne Bei der Frage, welchen Zugang die Kommunikationsverantwortlichen zu wichtigen Stakeholdern finden, ist eine klare Tendenz erkennbar (s. Abb. 20): Vor allem zu Gruppen, zu denen Unternehmen enge Beziehungen pflegen, haben die Befragten einen „guten Draht“. Allen voran sind dies die firmeninternen Gruppen. Hierzu zählen insbesondere Führungskräfte und die übrigen Mitarbeiter im Unternehmen. Mehr als neun von zehn Kommunikatoren geben an, diese beiden Gruppen mit den eigenen Themen und Botschaften sehr gut oder gut erreichen zu können (94 bzw. 91 %). Ähnlich gut zu anzusprechen sind für die Unternehmen Journalisten von Fachmedien (92 %), Kunden (82 %) und Kapitalgeber (79 %). Dabei fallen Investor Relations den befragten DAX-Unternehmen besonders leicht. Hier geben 90 Prozent der Kommunikatoren an, dass Kapitalgeber für sie sehr gut oder gut zu erreichen sind. Bei Unternehmen, die nicht im Deutschen Aktienindex notiert sind, geben dagegen nur 72 Prozent der Kommunikatoren an, dass Kapitalgeber leicht zu erreichen sind. Es zeigt sich: In der Wahrnehmung der Kommunikationsverantwortlichen ist der enge Kern der Stakeholder gleichzeitig auch am leichtesten anzu-
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sprechen – also diejenigen, die innerhalb oder nah an den Unternehmen agieren und unmittelbar von deren Entscheidungen betroffen sind. Die restlichen Stakeholdergruppen folgen erst in deutlichem Abstand. Für fast zwei Drittel der Befragten sind Journalisten aus General-Interest- und Wirtschaftsmedien mit den eigenen Themen und Botschaften gut erreichbar (61 bzw. 60 %). Diese beiden Zustimmungswerte fallen damit rund ein Drittel geringer aus als bei den Redakteuren von Fachmedien. Ein Grund für diese ausgeprägte Differenz scheint in der Nähe zu Unternehmensthemen zu liegen: Fachjournalisten verfügen in der Regel über Fachkenntnisse. Durch ihren Fokus auf Spezialthemen recherchieren und berichten sie zudem auch Einzelheiten zu technischen Prozessen und Abläufen innerhalb der Firmen. Journalisten von Wirtschaftsmedien konzentrieren sich zwar noch auf die ökonomische Sphäre, gehen allerdings bei vielen Themen bereits weniger ins Detail. Noch etwas weiter entfernt von den Unternehmen berichten die Redakteure von General-Interest-Medien, die neben ihrer Unternehmensberichterstattung noch viele andere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen aufgreifen. Je näher an den Unternehmen die Journalisten also berichten, desto aufgeschlossener sind sie für Informationen, die ihnen die Kommunikatoren zukommen lassen. Bei der Erreichbarkeit von Journalisten aus Wirtschaftsmedien fällt zudem auf, dass die befragten DAX-Unternehmen (84 %) diese sehr viel einfacher erreichen können als Firmen, die nicht im DAX notiert sind (49 %). Dieser Befund ist vermutlich auf die Selektionskriterien der Wirtschaftsjournalisten zurückzuführen. Denn die Berichterstattung über DAX-Unternehmen stößt bei deren Zielgruppen – und damit auch bei den Redakteuren – auf größeres Interesse. Dieser Effekt zeigt sich in abgeschwächter Form auch, wenn es um die Erreichbarkeit von Journalisten aus General-Interest-Medien geht. 73 Prozent der Befragten, die für DAX-Unternehmen kommunizieren, empfinden diese Stakeholdergruppe als sehr gut oder gut zu erreichen. Bei den befragten Kommunikatoren aus Firmen, die nicht im Deutschen Aktienindex notiert sind, sind es hingegen nur 56 Prozent. Die Entscheidungsträger von Wirtschaftsverbänden – die ja zum Teil die Interessen der Firmen gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten – sind nur noch für etwas mehr als die Hälfte der Kommunikationsverantwortlichen leicht erreichbar (54 %). Bei potenziellen Mitarbeitern (46 %), Bürgern und Anwohnern an den Standorten (45 %) sowie Entscheidungsträgern aus Parteien und Politik (35 %) ist nur eine Minderheit der Befragten der Ansicht, dass diese Gruppen mit den eigenen Themen und Botschaften (sehr) gut anzusprechen sind.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 20: TOPKOM 2012/13 – Wie gut Stakeholder mit den eigenen Themen zu erreichen sind Eher sehr schwierig zu erreichen
Eher sehr gut zu erreichen Führungskräfte im Unternehmen
60
Journalisten von Fachmedien, z. B. Fachzeitschriften
55
Mitarbeiter im Unternehmen
Entscheidungsträger von Wirtschaftsverbänden Nachwuchskräfte und Bewerber
7
Bürger/Anwohner an den Standorten
11
Entscheidungsträger aus Parteien und Politik
7
Entscheidungsträger aus Ministerien und Verwaltungen
7
Entscheidungsträger gesellschaftspolitischer Organisationen, z. B. aus Umwelt‐ oder Verbraucherschutz
3
Meinungsführer im Internet, z. B. auf Blogs, in Facebook
3
22
39
16
16
38
34
26
32
24
11
4
21
52
43
8
24
33
20
3
14
38
28
2
11 2
34
39
9
12 2
25
39
15
5
16
43
21
3
16
47
18
Journalisten von Wirtschaftsmedien, z. B. Wirtschaftsmagazine
8 2
53
32
Journalisten von General‐Interest‐Medien, z. B. Tageszeitungen
6 2
52
29
Kapitalgeber
5
37
39
Kunden
1
34
28
16
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Welche der folgenden Stakeholdergruppen erreichen Sie mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, bei welchen ist es eher schwierig, sie zu erreichen?“; 5-stufige Skala von „eher sehr gut zu erreichen“ bis „eher sehr schwierig zu erreichen“; Basis: n = 114-119 gültige Antworten.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Und welche Stakeholdergruppen sind besonders schwierig zu erreichen? In der Wahrnehmung der Kommunikatoren handelt es sich dabei insbesondere um Meinungsführer im Internet – beispielsweise von Blogs oder auf Facebook. 44 Prozent der Befragten geben an, dass diese Multiplikatoren sehr schwierig oder schwierig mit der eigenen Kommunikationsarbeit anzusprechen sind. Aber auch zu Entscheidungsträgern aus Ministerien und dem Verwaltungssektor (35 %) sowie aus gesellschaftspolitischen Organisationen wie dem Umwelt- oder Verbraucherschutz (25 %) können die Kommunikationsverantwortlichen kaum durchdringen. Bei diesen drei Stakeholdergruppen handelt es sich um die traditionellen „Gegenspieler“ und potenziellen Kritiker der Firmen. Es überrascht daher nicht, dass die Befragten Schwierigkeiten haben, diese Gruppen mit den eigenen Themen anzusprechen oder gar mit ihren Botschaften zu überzeugen. Zusammenfassend lässt sich das von den Kommunikationsverantwortlichen skizzierte Stakeholderumfeld der Unternehmen – mit Blick auf deren Erreichbarkeit mit den eigenen Themen – in vier Bereiche aufteilen (s. Abb. 21):
den unternehmens- und wirtschaftsnahen engen Zirkel, der für die Firmen gut zu erreichen ist, den wirtschaftsaffinen oder zumindest ökonomisch interessierten Zirkel der Vermittler, zu dem die Mehrheit der Unternehmen Zugang hat, den Kreis der Stakeholder, die in Beziehungen zu den Firmen stehen oder von deren Handeln betroffen sind, die aber (noch) keine unmittelbaren Konsequenzen für die Unternehmenstätigkeit haben, sowie den Kreis der „Unerreichbaren“ oder potenziellen „Kritiker“, die entweder Distanz wahren oder möglicherweise sogar auf Konfrontationskurs gehen.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Abb. 21: TOPKOM 2012/13 – Der Stakeholder-Zirkel Distanzierte oder konfrontative Stakeholder Meinungsführer im Internet, Entscheider aus Ministerien / Verwaltungen und gesellschaftspolitischen Organisationen
Von Wirtschaft betroffene Stakeholder Potenzielle Mitarbeiter, Bürger, Anwohner an Standorten, Entscheider aus Parteien und Politik
Wirtschaftsinteressierte Stakeholder General‐Interest‐ und Wirtschaftsmedien
Wirtschaftsnahe Stakeholder
Unter‐ nehmen
Führungskräfte, Fachmedien, Mitarbeiter, Kunden, Investoren
Quelle: eigene Darstellung.
Diese Systematisierung macht deutlich: Je weiter entfernt die Stakeholder von der unmittelbaren Unternehmenstätigkeit und ökonomischen Interessen angesiedelt sind, desto schwieriger sind sie aus Sicht der Befragten mit den eigenen Themen zu erreichen. Die Durchlässigkeit für Botschaften der Unternehmenskommunikation nimmt dabei stetig ab, je weiter die Stakeholder von den Firmen entfernt sind. Eine Ausnahme bilden die Vertreter der Verbände. Denn obwohl deren Tätigkeitsfeld inhaltlich vergleichsweise nah an dem der Unternehmen angesiedelt ist, finden die Befragten sie mit den eigenen Themen eher schwer anzusprechen – was vermutlich an der Heterogenität der Mitgliedsunternehmen solcher Verbände liegt.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Erfolgsfaktoren der Stakeholderansprache: Auf das Stakeholderinteresse, Beziehungsmanagement und den Nachrichtenwert kommt es an Die verschiedenen Stakeholdergruppen verfügen von vornherein über unterschiedliche Kenntnisse und Erwartungen, konfrontieren die Firmen deshalb auch mit verschiedenen Anspruchshaltungen. Unternehmens- und wirtschaftsnahe Stakeholder etwa haben einen vergleichsweise tiefen Einblick in unternehmensinterne Abläufe und Prozesse. Dieses technische oder betriebswirtschaftliche Verständnis dürfte beispielsweise bei vielen Bloggern im Internet deutlich geringer ausgeprägt sein. Das Firmenhandeln wird deshalb tendenziell in der Blogosphäre eher unter wirtschaftsfernen, moralischen oder politischen Gesichtspunkten kommentiert – und damit zu einer größeren Herausforderung für die Unternehmenskommunikation, als etwa die Vermittlung des Bilanzergebnisses an den eigenen Investorenkreis, der bereits gespannt auf diese Information wartet. Die Adressaten der Kommunikation beeinflussen also maßgeblich deren Erfolg. Aber welche anderen Faktoren spielen hier noch eine Rolle? Um dieser Frage nachzugehen werden die Kommunikationsverantwortlichen in einer offenen, d. h. ohne Antwortvorgaben gestellten Frage gebeten, die Gründe für die gute Erreichbarkeit von Stakeholdern zu nennen. Wenig überraschend (s. Abb. 22): Die meisten Befragten sagen, dass die Ansprache dann besonders gut gelingt, wenn sich die jeweiligen Stakeholder für die kommunizierten Themen interessieren (41 %). Bei der Systematisierung ihrer Antworten im Rahmen der Datenauswertung kristallisieren sich darüber hinaus drei Einflussbereiche für ein Gelingen der Stakeholderansprache heraus:
Faktoren, die von den Unternehmen selbst gut und unmittelbar beeinflusst werden können, da sie innerhalb ihres Einflussbereichs liegen, Faktoren, die aufseiten der Stakeholder angesiedelt sind und von den Firmen nur mittel- und langfristig in kontinuierlichen Kommunikationsbeziehungen beeinflusst werden können, sowie Rahmenbedingungen und Gegebenheiten, die sich dem Einfluss der Unternehmen weitgehend entziehen und deshalb hingenommen werden müssen.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 22: TOPKOM 2012/13 – Die zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren der Stakeholderansprache Unternehmensbezogene Einflüsse 37,9
Kontinuierliches Beziehungsmanagement Themen mit Nachrichtenwert, z. B. Aktualität, Nähe (vorhandenes) Wissen über Stakeholder / klare Zielgruppenabgrenzung
17,2
Vielfalt etablierter Kommunikationskanäle
17,2
31,0
Zielgruppenspezifische Aufbereitung und Ansprache Zielgruppengerechte Kanäle Glaubwürdigkeits‐ und Vertrauensvorschuss
15,5 9,5 7,8
Stakeholderbezogene Einflüsse 40,5
Interesse der Stakeholder Vorwissen bei Stakeholdern
6,9
Allgemeine Gegebenheiten Relevanz und Bekanntheit des Unternehmens
17,2
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Nennen Sie uns die aus Ihrer Sicht drei zentralen Gründe, warum manche Stakeholder mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, andere aber eher schwierig zu erreichen sind.“; Mehrfachnennungen; aufgeführt sind alle Kategorien mit Anteilen über 6%; Basis: n = 116 Befragte, die geantwortet haben.
Die meisten Gründe für leichte Erreichbarkeit, die die Kommunikationsverantwortlichen ansprechen, zählen zum unternehmensbezogenen Einflussbereich. Innerhalb dieses Sektors spielt das kontinuierliche Beziehungsmanagement die größte Rolle. Über die drei Dimensionen hinweg betrachtet ist dies, nach dem Interesse der Stakeholder, der zweitwichtigste Erfolgsfaktor. Die
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Pflege bestehender und möglichst langfristiger Kontakte wird von mehr als einem Drittel der Befragten thematisiert (38 %). Für knapp ein Drittel der Befragten sind Themen mit Nachrichtenwert ein weiterer Erfolgsfaktor der Kommunikationsarbeit (31 %). Beispielsweise können Aktualität oder Nähe als Nachrichtenfaktoren bei den Stakeholdern Betroffenheit herstellen und Interesse erzeugen. Auch Praxisbeispiele oder Emotionalität nutzen die Kommunikatoren gerne zu diesem Zweck. Der Nachrichtenwert ist damit in den Augen der Befragten der drittwichtigste Erfolgsfaktor einer erfolgreichen Stakeholderansprache. Weitere 17 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen setzen beim Zuschnitt der Zielgruppen an, wenn es um Erfolgsfaktoren für die Kommunikationsarbeit geht. Die Stakeholderansprache gelingt ihrer Einschätzung nach dann besonders gut, wenn die Firmen ihre Zielgruppen so identifizieren und voneinander abgrenzen, dass deren Mitglieder tatsächlich dieselben Merkmale aufweisen – etwa dieselben Erwartungshaltungen. So wird sichergestellt, dass passgenaue, einheitliche Informationen über die Zielgruppen vorliegen und die ausgewählten Themen tatsächlich auch bei allen Mitglieder auf Interesse stoßen. Die Befragten empfehlen außerdem die Größe der einzelnen Gruppen so zuzuschneiden, dass noch Beziehungen auf einer persönlichen Ebene entstehen können. Dies ist beispielsweise bei Fachöffentlichkeiten oder Anwohnern der Fall, die sich für die vor Ort relevanten Themen interessieren und über lokale Medien angesprochen werden können. Für ebenfalls 17 Prozent der befragten Kommunikatoren sind bereits etablierte Kommunikationskanäle wichtige Erfolgsfaktoren. Denn die Vielfalt ihrer Stakeholdergruppen macht in ihren Augen einen Mix aus unterschiedlichen, bereits bewährten und bei den Stakeholdern beliebten Kanälen notwendig. Durch den Einsatz vielfältiger Kommunikationskanäle bieten sich laut 16 Prozent der Befragten nicht zuletzt auch Möglichkeiten für eine zielgruppenspezifische Aufbereitung der Themen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine „Zielgruppenschärfe“ – also ein Zuschnitt dieser Gruppen beispielsweise entlang einheitlicher Gewohnheiten oder Präferenzen der Mediennutzung. Für zehn Prozent der Kommunikationsverantwortlichen schließt dies auch die Auswahl zielgruppengerechter Kommunikationskanäle ein. Diese sollten bereits etabliert sein und von der jeweiligen Zielgruppe geschätzt werden. Im Optimalfall übermitteln diese Kommunikationswege allein durch die Wahl des Mediums eine Botschaft an die Stakeholder. So erklären einige Befragte, dass dies der Grund ist, warum sie stakeholdernahe Kanäle wie Social Media nutzen – auch wenn diese, wegen des damit verbundenen Kontrollverlusts, eigentlich nicht ihre erste Wahl sind. Acht Prozent der Kommunikatoren führen außerdem im Vorfeld bereits erarbeitete Glaubwürdigkeits- und Vertrauensvorschüsse als Erfolgsfaktor ins
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Feld. Denn diese können als Katalysator für die Kommunikation wirken. „Gelebte Glaubwürdigkeit“ und damit einhergehendes Vertrauen der Stakeholder in die Firmen sind demnach gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation. Sieben der zehn zentralen Erfolgsfaktoren für eine gelungene Stakeholderkommunikation haben die Unternehmen also selbst in der Hand. Bei den stakeholderbezogenen Faktoren ist ihr Einfluss hingegen begrenzt. Zu Letzteren zählen das Interesse an den Firmen, ihren Produkten bzw. Dienstleistungen oder der Branche (41 %) und das Vorwissen der Stakeholder (7 %). Diese Einflussfaktoren können bestenfalls mittel- oder langfristig von den Unternehmen geprägt werden. Hinzu kommen die Relevanz und der Bekanntheitsgrad des Unternehmens als allgemeine Rahmenbedingung. Diesen Faktor nennen 17 Prozent der Befragten. Die Erfahrungen der Kommunikationsverantwortlichen zeigen, dass große und börsennotierte Firmen leichter Zugang zu ihren Stakeholdern finden. Denn diese Unternehmen sind bereits in der Öffentlichkeit bekannt und genießen daher von vornherein mehr Aufmerksamkeit. Dies gilt allerdings ebenso für das lokale Umfeld der Unternehmen. Denn sie sind den Menschen vor Ort bereits ein Begriff und müssen deshalb eine geringere Schwelle überwinden, um als relevant wahrgenommen zu werden. Kann eine Firma darüber hinaus eine gute Reputation vorweisen oder ist in einer Branche aktiv, die gerade auf der öffentlichen Agenda mit positiven Themen und Deutungen präsent ist, verschafft ihnen dieser Umstand einen Vorsprung – vor den unbekannten oder gar negativ wahrgenommenen Unternehmen. Hürden bei der Stakeholderansprache: Mangelndes Interesse und Akzeptanzdefizite Die Kommunikationsverantwortlichen werden – ebenfalls mit einer offenen gestellten Frage – gebeten, die Gründe für Fehlschläge in der Stakeholderansprache zu benennen. Bedenkt man, dass sie ein ausgeprägtes Interesse der Stakeholder als wichtigste Ursache für deren gute Erreichbarkeit bezeichnen, überrascht folgendes Ergebnis nicht (s. Abb. 23): Die Kommunikatoren haben dann die größten Schwierigkeiten mit ihren Themen und Botschaften zu den Stakeholdern durchzudringen, wenn diese sich nicht oder wenig für das Unternehmen interessieren und ihm keine oder nur geringe Akzeptanz entgegenbringen (29 %). Die Antworten der Kommunikationsverantwortlichen werden bei der Datenauswertung ebenfalls in die drei Bereiche unternehmensbezogener Faktoren, stakeholderbezogener Einflüsse sowie allgemeiner Rahmenbedingungen unterteilt. Im Bereich der unternehmensbezogenen Einflüsse verweist knapp
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
ein Fünftel der Kommunikationsverantwortlichen auf schwierige und erklärungsbedürftige Themen (18 %). Zwölf Prozent der Befragten führen eine unzureichende Orientierung an den Erwartungen und Ansprüchen der Stakeholder ins Feld. Einige Unternehmen verweisen sogar explizit darauf, dass sie diese nur schwer identifizieren und fassen können. Ebenfalls zwölf Prozent begründen Erreichbarkeitsprobleme durch einen geringen Nachrichten- oder Nutzwert ihrer Themen. Einer von zehn Kommunikationsverantwortlichen ist der Ansicht, dass Fehlschläge der Stakeholderansprache auf ein unzureichendes Beziehungsmanagement ihres Unternehmens zurückzuführen sind (10 %). Abb. 23: TOPKOM 2012/13 – Die zehn wichtigsten Hürden der Stakeholderansprache Unternehmensbezogene Einflüsse 17,5
Schwierige und erklärungsbedürftige Themen (fehlendes) Wissen über Stakeholder / unklare Zielgruppenabgrenzung
12,3
Geringer Nutzwert der Themen
12,3
Fehlendes Beziehungsmanagement
9,6
Stakeholderbezogene Einflüsse Mangelndes Interesse und Akzeptanz bei den Stakeholdern Vorurteile und Fehleinschätzungen bei den Stakeholdern
28,9 10,5
Allgemeine Gegebenheiten Geringe Relevanz und Bekanntheit des Unternehmens
17,5
Informationsüberflutung der Stakeholder
11,4
Haltung und Verhalten der Redaktionen
11,4
Komplexes Geschäftsmodell, z. B. im BtB‐Bereich
10,5
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Nennen Sie uns die aus Ihrer Sicht drei zentralen Gründe, warum manche Stakeholder mit Ihren Themen und Botschaften eher gut, andere aber eher schwierig zu erreichen sind.“; Mehrfachnennungen; aufgeführt sind alle Kategorien mit Anteilen über 9%; Basis: n = 114 Befragte, die geantwortet haben.
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Bei den stakeholderbezogenen Einflüssen wird von den Befragten vor allem mangelndes Interesse und eine geringe Akzeptanz seitens der Stakeholder zu Protokoll gegeben. Mit 29 Prozent sind die meisten Kommunikatoren der Ansicht, dass dies den Austausch und Dialog blockiere. Gleiches gilt für Vorurteile und Fehleinschätzungen aufseiten der Stakeholder, die weitere elf Prozent der Kommunikationsverantwortlichen ansprechen. Im Bereich allgemeiner Rahmenbedingungen sprechen die Befragten folgende Ursachen für eine misslungene Stakeholderansprache an: Defizite in der Bekanntheit und Relevanz ihres Unternehmens (18 %), komplexe Geschäftsmodelle wie im Business-to-Business-Bereich (11 %) und die Informationsüberflutung der Stakeholder (11 %). Weiteren elf Prozent der Kommunikationsverantwortlichen bereiten die Haltung und das Verhalten von Journalisten Schwierigkeiten. Aus Sicht dieser Befragten sind die Redaktionen häufig unterbesetzt und deshalb überfordert. Außerdem lasse die Fachkompetenz der Journalisten oftmals zu wünschen übrig. Deren Jagd nach Tagesaktualität erschwere zudem eine erfolgreiche Medienarbeit. Denn es sei nahezu unmöglich, Themen zu lancieren, die die Redaktionen nicht als Mainstream-Inhalte einstufen. Einige Befragte beklagen auch, dass sie ihre eigenen Themen in der Berichterstattung manches Mal kaum wiedererkennen – weil die Journalisten komplexe Themen so stark zuspitzen, dass nur noch wenige provokative Botschaften übrigblieben. 4.2.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick
Unternehmensbezogene Themen, die die jeweilige Firma in den Mittelpunkt rücken, stehen ganz oben auf der Agenda der für die Kommunikationsarbeit geplanten Themen. Im Detail handelt es sich dabei vor allem um die Unternehmensstrategie und die Geschäftspolitik sowie um die finanzielle Entwicklung der Firmen. Die „Inside-out“-Perspektive bleibt also vorherrschend – die Unternehmen möchten vorrangig Inhalte kommunizieren, die aus ihrem eigenen Blickwinkel heraus gedacht sind. Dabei machen sie zum einen das Unternehmenshandeln zum Gegenstand der Kommunikationsarbeit. Zum anderen thematisieren die Firmen ihre Beziehungen zu wirtschaftsnahen Stakeholdern – allen voran zu ihren Mitarbeitern, Kunden und Geldgebern. Gesellschaftspolitische Themen rücken auf Platz zwei der wichtigsten geplanten Kommunikationsinhalte vor. Die „Outside-in“-Perspektive, also das konsequente Aufgreifen des Blickwinkels firmenexterner Gruppen, hält somit verstärkt Einzug in die Unternehmenskommunikation. Die größte Rolle spielen dabei Ökologiethemen wie etwa konkrete
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Projekte der Firmen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz oder ihre CO2-Bilanzen. Auf dem dritten Platz der Themenagenda rangieren produkt- und leistungsbezogene Kommunikationsinhalte. Hier rücken erneut die Unternehmen selbst in den Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang wollen die Befragten in erster Linie über Innovationen wie Forschungsfortschritte oder Produktneuheiten kommunizieren. Schwierig zu vermitteln sind aus Sicht der Kommunikationsverantwortlichen insbesondere gesellschaftspolitische Inhalte wie die Zusammenarbeit der Firmen mit der Politik sowie Aspekte der Währungs- und Bildungspolitik. Vor einer besonders großen Herausforderung stehen die Kommunikatoren allerdings auch dann, wenn sie über das unternehmensbezogene Thema (Manager-)Gehälter und Vergütungspraxis sprechen müssen. Firmeninterne Abläufe und Prozesse empfinden die Befragten ebenfalls als schwierig zu vermitteln. Als leicht zu vermittelnde Themen führen die Kommunikationsverantwortlichen in erster Linie unternehmens- und leistungsbezogene Inhalte ins Feld – allen voran ihre aktuellen Geschäftszahlen, Innovationen im Leistungsportfolio sowie die Geschäftspolitik und Unternehmensentwicklungen. Im Bereich der gesellschaftspolitischen Themen erweisen sich Kommunikationsinhalte rund um das Thema Umweltschutz als eher leicht kommunizierbar. Die bei der Themenagenda dominierende „Inside-out“-Perspektive spiegelt sich auch in der Erreichbarkeit der einzelnen Stakeholdergruppen wieder: Je näher die Stakeholder an der Unternehmenstätigkeit und ökonomischen Interessen angesiedelt sind, desto leichter gelingt es den Kommunikatoren mit ihren Themen und Botschaften zu diesen durchzudringen. Als besonders gut zu erreichende Gruppen erweisen sich die Führungskräfte und sonstigen Mitarbeitern im Unternehmen, aber auch Journalisten von Fachmedien, Kunden und Kapitalgeber. Die größten Hürden zeigen sich erwartungsgemäß bei traditionellen „Gegenspielern“ der Firmen wie gesellschaftspolitischen Organisationen oder Meinungsführern im Internet, in Verwaltungen und Ministerien. Ein zentraler Grund für die gute Erreichbarkeit von Stakeholdern ist den Erfahrungen der Kommunikationsverantwortlichen zufolge ein hohes Interesse der Stakeholder für die kommunizierten Themen. Insgesamt betrachtet sprechen die Befragten aber vor allem Ursachen an, die vom Unternehmen selbst beeinflusst werden können. Den größten Stellenwert schreiben die Befragten dabei dem kontinuierlichen Beziehungsmanagement der Firmen zu. Eine besonders wichtige Rolle spielt aber auch der Nachrichtenwert der zu kommunizierenden Themen.
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Als Ursache für eine schwierige Erreichbarkeit von Stakeholdern führen die Kommunikationsverantwortlichen in erster Linie mangelndes Interesse und Akzeptanzdefizite seitens der Stakeholder an (stakeholderbezogener Grund). Darüber hinaus kristallisieren sich sowohl schwierige und erklärungsbedürftige Themen (unternehmensbezogener Grund), als auch die als gering wahrgenommene Relevanz und mangelnde Bekanntheit von Firmen (allgemeine Gegebenheit), als weitere zentrale Hürden der Stakeholderansprache heraus.
Die Ergebnisse der TOPKOM-Umfrage zum Themenmanagement belegen: Verständlicherweise fühlen sich die Kommunikatoren am wohlsten, wenn sie über die eigene Firma sprechen können, beispielsweise über deren Unternehmensstrategie oder finanzielle Entwicklung. Sie wollen vor allem über „Inside-Out“-Themen kommunizieren, die aus dem Blickwinkel der Firma gedacht sind. Aber nicht nur die Kommunikatoren bewegen sich bei diesen Themen auf sicherem Terrain – auch ihren Stakeholdern geben diese Kommunikationsinhalte Sicherheit (Mast 2013, S. 67ff.): Denn je mehr Informationen über das Handeln und den Zustand des Unternehmens den Stakeholdern vorliegen, desto besser wird die Firma als Player für sie kalkulierbar. Darüber hinaus können speziell produkt- und leistungsbezogene Kommunikationsinhalte dazu beitragen, die eigenen Kunden zu überzeugen. Indem die Firmen zusätzlich gesellschaftspolitische Themen auf die Agenda ihrer Kommunikationsarbeit setzen, rücken sie die soziale Verantwortung der Unternehmen in den Vordergrund – und präsentieren sich dadurch als Mitglieder der Gesellschaft. Die Unternehmenskommunikation zeigt sich damit insgesamt stärker gesellschaftspolitisch aufgeladen und rückt näher an die Erwartungen und Bedürfnisse der Bürger heran. Die Nähe der einzelnen Stakeholdergruppen zum Unternehmen im Speziellen und zur ökonomischen Sphäre im Allgemeinen hat entscheidenden Einfluss darauf, wie gut die Kommunikationsverantwortlichen diese mit ihren Themen und Botschaften erreichen können. Bei den eigenen Führungskräften und Mitarbeitern gelingt dies erwartungsgemäß am einfachsten. Dadurch bekommt dem häufig zitierten Satz „PR begins at home“ eine neue Bedeutung zu (Mast 2013, S. 66): Die interne Kommunikation wird zum Schlüssel einer erfolgreichen Kommunikationsarbeit. Schließlich spielen die internen Kommunikationsabläufe eine entscheidende Rolle für die Motivation und das Commitment der Belegschaft – und damit letztendlich für den wirtschaftlichen Erfolg einer Firma. Für die Unternehmen wird es immer wichtiger, Fluktuation zu reduzieren, die Mitarbeiter als Botschafter der Firma auftreten zu lassen und dem Whistleblowing vorzubeugen. Eine überzeugende, durchlässige und
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leistungsfähige interne Kommunikation wird dadurch zu einem zentralen Erfolgsfaktor. Intern wie extern gelingt die Ansprache der Stakeholder dabei besonders gut, wenn die Unternehmen ihr instrumentelles Verständnis als „Sender“ überdenken (Mast 2013, S. 69): Ein partnerschaftliches Kommunikationsverständnis, das die Stakeholder ernst nimmt und ihr Feedback einbezieht, ist ein weiterer Schlüssel zu einer erfolgreichen Kommunikationsarbeit. 4.3 Unternehmensverständnis als Arbeitgeber: Wie Employer Relations zum Handlungsfeld werden In Zeiten des Fachkräftemangels stehen die Unternehmen in einem harten Wettbewerb: im Kampf um die besten Köpfe. Die Frage, wie attraktiv sie als Arbeitgeber sind, wird zu einer zentralen Orientierungsmarke. Für die Firmen reicht es nicht mehr aus, Image und Reputation in diesem Bereich nur durch punktuelle Einzelmaßnahmen sporadisch aufzubauen. Um von den High Potentials als reizvoller Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, bedarf es einer strategischen Verankerung und systematischen Kommunikation. Allein strukturell stellt dies die Unternehmenskommunikation vor eine Herausforderung. Denn das neue Handlungsfeld Employer Relations ist an der Schnittstelle zwischen Personal- und Kommunikationsabteilung angesiedelt. Vor diesem Hintergrund untersucht die TOPKOM-Umfrage 2014, mit welchem Konzept der Employer Relations sich die 500 umsatzstärksten deutschen Unternehmen als Arbeitgeber kommunikativ präsentieren (s. Abb. 24). Im Rahmen dieser Befragung werden sowohl die Einschätzungen der Kommunikations- als auch der Personalverantwortlichen der Firmen erhoben. Zusätzlich wird auch der Blickwinkel der Stakeholder, also der potenziellen Bewerber ausgeleuchtet. Die Ergebnisse zu dieser Stakeholderperspektive werden in Mast und Simtion (2016) präsentiert. Das vorliegende Kapitel konzentriert sich auf die Antworten der befragten Kommunikatoren. Zu Beginn des Kapitels wird ermittelt, wie wichtig das Ziel Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Kommunikationsverantwortlichen für ihre Firmen ist. Dabei geht es auch um die Frage, inwieweit es bereits in die Unternehmens- und Kommunikationsstrategie implementiert wurde und welche Abteilungen in den Firmen federführend für dieses Handlungsfeld verantwortlich sind. Der zweite Teil des Kapitels nimmt zunächst die Zielgruppen der Employer Relations in den Blick. Anschließend werden die Themen und Kommunikationskanäle beleuchtet, die die Unternehmen bei der Arbeitgeberkommunikation ansprechen und einsetzen. Den Abschluss bilden die Ein-
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schätzungen der Kommunikationsverantwortlichen zu den Herausforderungen des Handlungsfelds Employer Relations. Abb. 24: Steckbrief TOPKOM 2014 Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der DAX-30-/MDax-/TecDAXUnternehmen sowie der 500 umsatzstärksten Unternehmen, Banken und Versicherungen Deutschlands Teilnahme 131 Unternehmen Inhaltlicher Schwer- Relevanz und strategische Verankerung des Ziels Arbeitgeberattraktivität & punkt Zuständigkeiten, Zielgruppen, Themen, Kommunikationskanäle und Herausforderungen der Employer Relations Methode Umfrage mittels schriftlichem und Online-Fragebogen; offene und standardisierte Fragen Durchführung Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) Erhebungszeitraum Juni bis August 2014
Quelle: eigene Darstellung.
4.3.1 Wie die Firmen sich als Arbeitgeber präsentieren Die befragten Kommunikationsverantwortlichen haben die Relevanz von Arbeitgeberthemen für die Positionierung der Unternehmen erkannt. Nahezu alle Befragten (93 %) sehen das Ziel, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern, als zumindest wichtig an – 60 Prozent sogar als sehr wichtig. Lediglich sieben Prozent der Kommunikatoren sagen, dass dieses Ziel weniger wichtig ist. Kein einziger Befragter entscheidet sich für die Antwortoption „nicht wichtig“. Diese hohe Bedeutung des Themas verdeutlicht, dass sich die befragten Unternehmen eben nicht nur als Hersteller von Produkten und Dienstleistungen, Geschäftspartner anderer Firmen, Kapitalanlageobjekt, Standort-Nachbar oder Teil der Gesellschaft wahrnehmen, sondern durchaus auch in der Rolle des Arbeitgebers (Mast 2017a, S. 49f.): Diese Rollenwahrnehmung ist keineswegs neu, sie wird in Zeiten des Fachkräftemangels allerdings neu akzentuiert und betont. Schließlich verfolgt die Arbeitgeberkommunikation drei für den Unternehmenserfolg ganz zentrale Ziele, nämlich die Motivation und Bindung der eigenen Mitarbeiter sowie die Rekrutierung von neuem Personal. Nicht zuletzt kann eine erfolgreiche Arbeitgeberkommunikation zu einer erheblichen Kostenersparnis beitragen. Denn hohe Fluktuationsraten können die Firmen ebenso teuer zu stehen kommen wie Headhunter (ebd., S. 48, 51).
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Unternehmen als Arbeitgeber: Wichtiges und strategisch verankertes Ziel Wie gehen die Firmen nun mit der Arbeitgeberattraktivität um, wie bearbeiten sie dieses Thema – systematisch oder eher sporadisch? Um dieser Frage nachzugehen, werden die Kommunikationsverantwortlichen gebeten, sich für eines von vier vorgegebenen Szenarien zu entscheiden – oder, wenn sie sich in keiner der Aussagen wiederfinden, unter „Sonstiges“ den Stellenwert der Arbeitgeberattraktivität in ihrer Firma in eigenen Worten zu beschreiben. Die Ergebnisse zeigen (s. Abb. 25): Bei fast sechs von zehn befragten Unternehmen – und damit bei der deutlichen Mehrheit – ist das Ziel Arbeitgeberattraktivität bereits fest in der Unternehmens- bzw. Kommunikationsstrategie verankert (58 %). Kleinere Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern tun sich hierbei jedoch schwer: Nur 15 Prozent der Kommunikatoren geben an, dass die Arbeitgeberattraktivität bereits in der Strategie verankert sei. Auch Unternehmen aus der Chemie- und Pharmabranche geben nur ein Fünftel der Kommunikatoren an, dass dies der Fall sei (21 %). Ein Viertel der Kommunikationsverantwortlichen gibt zu Protokoll, dass in ihrer Firma immer wieder entsprechende Projekte gestartet werden (25 %). Lediglich eine Minderheit von 12 Prozent der befragten Firmen bearbeitet dieses Thema nur, wenn gerade Kapazitäten dafür frei sind (8 %) oder sagt, dass es hierfür weder eine Strategie noch ein Kommunikationskonzept gibt (4 %). Insbesondere kleinere Unternehmen geben bei Ersterem an, dass dies auf sie zutreffe (23 %). Fünf Prozent aller Kommunikationsverantwortlichen entscheiden sich für die Antwortoption „Sonstiges“. Die Hälfte dieser Befragten notiert im offenen Eingabefeld, dass eine entsprechende Strategie derzeit in Vorbereitung sei. Die andere Hälfte schildert konkrete Maßnahmen, beschreibt dieses Ziel als Aufgabe der Personalabteilung oder erläutert, dass es für eine diversifizierte Unternehmensgruppe schwer möglich ist, eine einheitliche Strategie für alle Einzelunternehmen zu entwickeln. Bereits hier wird deutlich: Das Handlungsfeld Arbeitgeberkommunikation stellt die Unternehmen vor eine durchaus große Herausforderung – strukturell, weil es an der Schnittstelle zwischen Personal- und Kommunikationsabteilung angesiedelt ist, und strategisch, da es sich um eine hochkomplexe Aufgabe handelt, bei der verschiedene Anforderungen in Einklang gebracht werden müssen. Insgesamt zeigen die Antworten der Kommunikatoren, dass die Arbeitgeberattraktivität von den Firmen als wichtiges Ziel erkannt und deshalb bereits mehrheitlich strategisch verankert wurde. Die Employer Relations etablieren sich damit als Handlungsfeld der Unternehmenskommunikation.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 25: TOPKOM 2014 – Strategische Verankerung des Ziels Arbeitgeberattraktivität
Das Ziel, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern, ist bereits fester Bestandteil der Unternehmens‐ und Kommunikationsstrategie.
Es laufen immer wieder Projekte mit dem Ziel, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern.
58
25
8 Sonstiges
4 5
Wir kümmern uns um das Ziel, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern, wenn wir gerade Zeit und Kapazitäten frei haben. Es gibt aber kein spezielles Projekt dazu.
Es gibt bei uns keine Strategie und kein Kommunikationskonzept mit dem Ziel, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern.
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Im Folgenden haben wir Aussagen formuliert, wie Unternehmen mit dem Ziel, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern, umgehen können. Bitte kreuzen Sie an, welche Aussage der aktuellen Situation in Ihrem Unternehmen am besten entspricht.“; Einfachauswahl; Basis: n = 118 gültige Antworten.
Personal- und Kommunikationsabteilung teilen sich die Verantwortung – der Lead liegt bei den Human Resources Die Zuständigkeiten für das Thema Arbeitsgeberattraktivität sind in den befragten Unternehmen klar geregelt (s. Abb. 26): In fast drei Viertel der befragten Unternehmen zeichnet die Personalabteilung federführend dafür verantwortlich (73 %). In kleinen Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern ist Human Resources nicht so stark beteiligt wie im Gesamtdurchschnitt. Nur 58 Prozent der Kommunikatoren dieser Unternehmen geben an, dass die Abteilung federführend für Arbeitgeberattraktivität zuständig sei. In etwas mehr als einem Viertel aller Firmen liegt der Lead beim Bereich Unternehmenskommunikation (27 %), bei zwei von zehn befragten Unternehmen bei der Geschäftsführung zu (19 %). Dass das Marketing bei der Arbeitgeberattraktivität tonangebend ist, sagen hingegen lediglich sechs Prozent der Kommunikationsverantwortlichen. Zumindest beteiligt sind in etwa drei Viertel der befrag-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
ten Firmen die Kommunikationsabteilung (73 %) und die Geschäftsführung (76 %), in der Hälfte der Unternehmen gilt dies für die Marketingabteilung (52 %). Die internen Zuständigkeiten werden nochmals deutlicher, wenn man sich die Anteile der Befragten vor Augen führt, in deren Unternehmen bestimmte Bereiche überhaupt nicht an den Employer Relations beteiligt sind. Während dies für die Abteilungen Personal und Unternehmenskommunikation in keiner einzigen der befragten Firmen zutrifft, stimmen dem bei der Geschäftsleitung fünf Prozent zu – beim Marketing hingegen 42 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen: Die Arbeitgeberattraktivität ist primär ein Thema der Abteilung Personal und, an zweiter Stelle auch der Unternehmenskommunikation. Entlang dieses Themas lebt offenbar eine alte Allianz zwischen der Personalabteilung und der Unternehmenskommunikation neu auf (Mast 2015, S. 51). Das primär auf den Absatzmarkt ausgerichtete Marketing ist bestenfalls involviert, hat aber äußerst selten den Lead inne, wenn es um Employer Relations geht. Abb. 26: TOPKOM 2014 – Interne Zuständigkeiten für Arbeitgeberkommunikation federführend zuständig Human Resources / Personal
nicht beteiligt
76
19
6
0
73
27
Vorstand / Geschäftsleitung
0
27
73
Corporate Communications / Unternehmenskommunikation
Marketing
beteiligt
52
5
42
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Unabhängig vom aktuellen Stellenwert der Zielsetzung in Ihrem Unternehmen: Welcher Bereich ist derzeit dafür zuständig, die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern?“; 3-stufige Skala; Basis: n = 85-115 gültige Antworten.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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4.3.2 Zielgruppen und Themen in der Arbeitgeberkommunikation Welche Zielgruppen stehen für die Kommunikationsverantwortlichen im Vordergrund, wenn es um das Thema Arbeitgeberattraktivität geht? Die TOPKOM-Umfrage 2014 untersucht die Zielgruppen der Employer Relations entlang von vier unterschiedlichen Merkmalen (s. Abb. 27):
Externe Zielgruppen mit einem unterschiedlichen Ausmaß an Berufserfahrung; Interne Zielgruppen, die verschiedene Positionen im Unternehmen bekleiden; Zielgruppen, die in unterschiedlich enger Beziehung zur Firma stehen; Zielgruppen, die für Mitarbeiter und Bewerber als Multiplikatoren und Botschafter wirken.
Personen in der Ausbildungsphase besonders relevant Im Bereich der externen Zielgruppen mit unterschiedlich vorangeschrittener Berufserfahrung werden von den Unternehmen vor allem Personen ins Visier genommen, die sich noch in der Ausbildungsphase befinden. Fast acht von zehn befragten Kommunikatoren geben an, dass sie regelmäßig Studierende (78 %) und Auszubildende (76 %) während deren Ausbildungszeit mit Arbeitgeberthemen ansprechen. An Absolventen der Universitäten, Fachhochschulen und dualen Hochschulen wenden sich die Unternehmen mit 61 Prozent Zustimmung noch mehrheitlich regelmäßig. Andere externe Zielgruppen mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung werden nur noch von Minderheiten der befragten Unternehmen angesprochen. Das zeigt: Für die Arbeitgeberkommunikation sind besonders die Personen interessant, die noch ganz am Anfang ihres Berufslebens stehen. So können High Potentials optimalerweise gleich zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn an die eigene Firma gebunden werden. Ein weiterer Grund für diesen Befund dürfte darin liegen, dass Berufserfahrene und insbesondere Führungskräfte oftmals über Personalvermittler angesprochen und deshalb seltener direkt von den Firmen adressiert werden. Betrachtet man die internen Zielgruppen auf verschiedenen Hierarchieebenen sind es die Auszubildenden, Volontäre und Trainees (79 %) sowie die Mitarbeiter mit (65 %) und ohne Führungsverantwortung (59 %), die von der Mehrheit der befragten Firmen regelmäßig angesprochen werden. Praktikanten und Zeitarbeiter spielen hier eine geringere Rolle (45 %). Einer von zehn Kommunikationsverantwortlichen gibt sogar zu Protokoll, dass sich sein Unternehmen nie mit Arbeitgeberthemen an Letztere wendet (10 %). In Unter-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
nehmen mit maximal 2.000 Mitarbeitern werden Mitarbeiter mit oder ohne Führungsverantwortung allerdings weniger häufig angesprochen. Diese werden nur in knapp einem Drittel der Fälle regelmäßig adressiert (31 % bzw. 33 %). Und welche Zielgruppen stehen regelmäßig im Visier der befragten Kommunikatoren, wenn man die Nähe der Beziehung zum Unternehmen als Unterscheidungskriterium heranzieht? Etwa sieben von zehn befragten Firmen wenden sich regelmäßig an potenzielle Bewerber (68 %) und Personen, die bereits Mitarbeiter des eigenen Unternehmens sind (68 %). In kleineren Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern ist das weniger stark der Fall. Erstere Zielgruppe sprechen nur 38 Prozent an, letztere immerhin noch 46 Prozent. Die Hälfte der befragten Kommunikationsverantwortlichen wendet sich zudem regelmäßig an Bewerber, zu denen bereits Kontakt hergestellt wurde (51 %). Ehemalige Mitarbeiter sind nicht nur bereits aus dem aktiven Dienst in den Firmen ausgeschieden – ihnen kommt auch bei der Kommunikationsarbeit eine deutlich geringere Relevanz zu. Die Mehrheit der befragten Firmen spricht bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer bestenfalls gelegentlich mit Arbeitgeberthemen an (52 %). In Chemie- und Pharmaunternehmen geben sogar 43 Prozent der befragten Kommunikatoren an, diese Zielgruppe nie anzusprechen. Wenn es um die Frage geht, wer als Multiplikator und Botschafter für Mitarbeiter und Bewerber angesprochen wird, zeigt sich: Bei keiner der hier abgefragten Zielgruppen gibt eine Mehrheit der befragten Kommunikationsverantwortlichen an, sich regelmäßig an diese Gruppe zu wenden. Selbst bei den Journalisten, die ja eine ganz zentrale Zielgruppe der Unternehmenskommunikation sind, sind es nur 44 Prozent. Knappe 20 Prozent der befragten Unternehmen sprechen sogar nie Journalisten an, wenn es um Arbeitgeberthemen geht (19 %). Insbesondere Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeiter wenden sich nur selten an Journalisten. Nur 15 Prozent geben an, diese Zielgruppe regelmäßig anzusprechen. Insgesamt fällt allerdings auf, dass alle anderen hier zur Abstimmung gestellten Zielgruppen von einer Mehrheit der befragten Kommunikatoren gelegentlich angesprochen werden. Das bedeutet: Die Ansprache von Multiplikatoren erfolgt beim Thema Arbeitgeberattraktivität nicht regelmäßig, sondern wird von den Kommunikationsverantwortlichen eher als sporadische Maßnahme eingesetzt. Auch die Media Relations als klassischer Verbreitungsweg für Botschaften der Unternehmenskommunikation sind für sie nicht die erste Wahl, wenn es darum geht, sich als Arbeitgeber zu positionieren. Über alle Unterscheidungskriterien hinweg betrachtet, erweisen sich folgende Gruppen als zentrale Adressaten der regelmäßigen Arbeitgeberkommu-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 27: TOPKOM 2014 – Zielgruppen der Arbeitgeberkommunikation regelmäßig
gegelentlich
nie
Berufserfahrung Studierende von Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien, die sich im Studium befinden
78
Azubis, die sich in einer gewerblichen, technischen oder kaufmännischen Ausbildung befinden
76
Absolventen von Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien, die ein Studium bereits abgeschlossen haben
17
61
Berufserfahrene ohne Führungsverantwortung
3
47
42
Azubis, die eine gewerbliche, technische oder kaufmännische Ausbildung bereits abgeschlossen haben
7
36
46
Berufserfahrene mit Führungsverantwortung
2
20
7
52
32
5
51
16
Position im Unternehmen Auszubildende, Volontäre, Trainees
79
Mitarbeitende mit Führungsverantwortung
65
Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung
2
33
59
Praktikanten und Zeitarbeiter
0
21
1
40
45
45
10
Beziehung zum Unternehmen Potenzielle Bewerber, die Sie auf das Unternehmen aufmerksam machen möchten
68
Mitarbeitende Ihres Unternehmens
68
Bewerber, zu denen bereits Kontakte bestehen Ehemalige Mitarbeitende Ihres Unternehmens (z. B. Rentner)
51 21
30
2
28
4 2
47 52
27
Multiplikatoren und Botschafter Journalisten
44
Dozenten, die mit Mitarbeitenden oder Bewerbern Kontakt haben (z. B. Ausbildungsleiter, Lehrer, Hochschullehrer) Personalvermittler (z. B. private Personal‐ vermittlungsagenturen)
37
37 25
Persönliches Umfeld von Mitarbeitenden und Bewerbern (z. B. Familie, Partner)
22
Arbeitsvermittler (Agentur für Arbeit)
21
19
54
10
67 61 55
8 17 24
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Wenn es um das Ziel geht, die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern, können ganz verschiedene Zielgruppen eine Rolle spielen – von den eigenen Führungskräften bis hin zu Hochschulabsolventen als Bewerber. Wie ist das bei Ihnen? Im Folgenden haben wir vier Merkmale festgelegt, nach denen man die Zielgruppen unterscheiden kann. In der unten stehenden Liste sind einzelne Zielgruppen genannt, die sich danach unterscheiden, wie viel Berufserfahrung sie haben .../Im Folgenden sind nun einzelne Zielgruppen genannt, die sich danach unterscheiden, welche Position sie in Ihrem Unternehmen haben .../Und wie ist das mit Zielgruppen, die sich danach unterscheiden, wie eng deren Beziehung zu Ihrem Unternehmen ist? .../Schließlich gibt es auch Zielgruppen, die für Mitarbeiter und Bewerber als Multiplikatoren und Botschafter wirken ... Wenn es darum geht, die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern: Inwieweit sprechen Sie die folgenden Zielgruppen derzeit an?“; 3-stufige Skala; Basis: n = 119-121 gültige Antworten.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
nikation: Studierende und Auszubildende, die ihre Qualifizierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen haben, bereits im Unternehmen tätige Auszubildende, Volontäre und Trainees sowie potenzielle Bewerber und Mitarbeiter der Firmen. Gelegentlich mit Themen der Arbeitgeberattraktivität angesprochen werden insbesondere Personalvermittler, das persönliche Umfeld von Mitarbeitern und Bewerbern sowie Arbeitsvermittler. Dass sich die Employer Relations nie an eine Zielgruppe wendet, trifft in erster Linie auf bereits ausgeschiedene Mitarbeiter zu. Themen der Arbeitgeberkommunikation: Zukunftsperspektiven im Fokus Mit welchen Themen sprechen die Unternehmen ihre Zielgruppen an, wenn sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern wollen? Um dieser Frage nachzugehen, werden die Kommunikationsverantwortlichen gebeten, in eigenen Worten die wichtigsten Themen zu skizzieren, mit denen sie sich einerseits an die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte sowie andererseits an externe Bewerber wenden. Ihre Antworten werden im Rahmen der Auswertung systematisiert, zu Kategorien zusammengefasst und anschließend ausgezählt (s. Abb. 28). Für die Ansprache interner Zielgruppen thematisiert rund eine von drei befragten Firmen, wie die Situation des Unternehmens in Zukunft aussehen wird (34 %), welche Möglichkeiten sich den Firmenangehörigen bieten um sich selbst weiterzuentwickeln (33 %) und wie es um die Work-Life-Balance, z. B. um die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben bestellt ist (31 %). Etwas über 20 Prozent der befragten Kommunikationsverantwortlichen notieren hier die Unternehmenskultur und -werte (26 %) sowie Sozial- und Zusatzleistungen (23 %) als wichtige Inhalte. Bei den Zusatzleistungen handelt es sich insbesondere um Gesundheits- und Sportangebote, die den Mitarbeitern offeriert werden. Im Bereich der externen Zielgruppen steht ein Thema klar an vorderster Stelle: die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten für die Bewerber. Die Hälfte der befragten Kommunikatoren sagt, dass Weiterbildungsmaßnahmen, Talentförderungsprogramme, Aufstiegschancen und Co. ein zentrales Argument sind, um das eigene Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren (50 %). Dass die Firma auf stabilen Beinen steht und sich seine wirtschaftliche Situation in Zukunft positiv entwickeln wird – der Bewerber also Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz hat –, ist wenig überraschend ebenfalls ein zentrales Thema der externen Arbeitgeberkommunikation (36 %). Aufgabengebiete (31 %), die Unternehmenskultur und -werte (26 %) und die Work-Life-Balance (19 %) zählen ebenfalls zu den wichtigsten Themen, die
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 28: TOPKOM 2014 – Themen der Arbeitgeberkommunikation interne Arbeitgeberkommunikation externe Arbeitgeberkommunikation 33,9 36,4
Entwicklung des Unternehmens
33,1
Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen
50,4 30,6
Work‐Life‐Balance
19,0 26,4 25,6
Kultur und Werte des Unternehmens
23,1
Sozial‐ und Zusatzleistungen
11,6 19,8
Aufgabengebiete
31,4 15,7 17,4
Arbeits‐ und Betriebsklima
Vergütung
7,4 6,6
Situation der Branche
4,1 5,0
Menschen im Unternehmen
3,3 4,1
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Bleiben wir beim Ziel, die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern: Mit welchen Themen sprechen Sie derzeit Ihre Zielgruppen an? Denken Sie dabei einerseits an Ihre eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte und andererseits an externe Bewerber. Welche sind die wichtigsten Themen, mit denen Sie diese Gruppen jeweils ansprechen? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 121 Befragte, die geantwortet haben.
die Kommunikationsverantwortlichen gegenüber externen Zielgruppen ansprechen. Interessant ist, dass das Thema Vergütung sowohl intern (7 %) als auch extern (7 %) vergleichsweise selten kommuniziert wird, wenn es um die Attraktivität als Arbeitgeber geht. Gleiches gilt für die allgemeine Situation der
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Branche (4 und 5 %), in der das eigene Unternehmen aktiv ist, und die Menschen, die in der Firma arbeiten (3 und 4 %). Die Themen der Arbeitgeberkommunikation haben somit insgesamt einen perspektivischen Fokus, der den Zielgruppen vor allem Sicherheit vermitteln soll – schließlich ist dieser Aspekt ein zentrales Entscheidungskriterium, wenn es darum geht, einen neuen Arbeitgeber auszuwählen oder eben beim Bisherigen zu bleiben. Denn der Blick auf die künftige Entwicklung steht sowohl dann im Vordergrund, wenn die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte angesprochen werden als auch bei den Botschaften an Bewerber. Die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten sind dabei das zentrale Argument der externen Arbeitgeberkommunikation, in der internen Kommunikation spielt die Entwicklung der Firma eine in etwa gleich wichtige Rolle wie die auf individueller Ebene. Kanäle und Instrumente der Arbeitgeberkommunikation: Veranstaltungen und elektronische Kanäle vorne Über welche Kanäle und mit welchen Instrumenten sprechen die Firmen ihre jeweiligen Zielgruppen an, um die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern? Wie bereits bei den Themen der Arbeitgeberkommunikation, wird auch dieser Aspekt in Form einer offenen Frage erhoben, um die spontanen Gedanken der Kommunikationsverantwortlichen zu erfassen. Trotz einiger Parallelen zeigen sich deutliche Unterschiede, wenn es um die Wege geht, über die interne und externe Zielgruppen mit Arbeitgeberthemen angesprochen werden (s. Abb. 29 u. 30). Für rund zwei Drittel der Kommunikatoren sind das Intranet (72 %) und regelmäßig erscheinende interne Medien (64 %) die erste Wahl, wenn Botschaften an interne Zielgruppen übermittelt werden sollen. In diesem Zusammenhang werden Medien wie etwa die Mitarbeiterzeitschrift oder der Personalbericht thematisiert. Veranstaltungen und Events werden hierzu von der Hälfte der befragten Firmen eingesetzt (51 %). Die Bandbreite reicht dabei von Meetings über Feste bis hin zu Coffee Talks. Sporadische interne Mitteilungen und Aushänge (22 %) sowie persönliche Gespräche (22 %) werden nur noch von etwa 20 Prozent der Kommunikatoren als wichtige Kanäle genannt. Bei Social Media sind es sogar nur noch 15 Prozent der Befragten. Mit Blick auf externe Zielgruppen erweisen sich Messen, Events und Kampagnen (58 %) sowie die eigene Website inklusive Newsletter (50 %) für die Hälfte der befragten Unternehmen als die zentralen Kanäle der Arbeitgeberkommunikation (s. Abb. 30). Anzeigen im Print-Bereich oder auch in OnlineJob-Portalen (38 %) und Social Media (38 %) führen rund vier von zehn Befragten ins Feld, redaktionelle Beiträge in Tageszeitungen oder Fachpublikationen (28 %) und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen (25 %) rund jeder
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Vierte. Eigene Publikationen (17 %) spielen eine ebenso untergeordnete Rolle wie der direkte Austausch, z. B. zwischen Bewerbern und bereits im Unternehmen arbeitenden Personen (9 %). Arbeits- und Personalvermittler landen abgeschlagen auf dem letzten Platz (3 %). Beim Vergleich der internen und externen Kanäle zeigt sich zum einen, dass Veranstaltungsformate ebenso wie die elektronischen Kanäle Intranet und Website mehrheitlich als wichtige Verbreitungswege eingestuft werden. Obwohl es auch den Mitarbeitern freisteht, sich über die öffentlich zugängliche Unternehmenswebsite zu informieren, denken die Kommunikatoren bei der internen Kommunikation nur an das Intranet – mit anderen Worten: Die Homepage wird von den Kommunikationsverantwortlichen klar als Kanal der externen Arbeitgeberkommunikation eingestuft, das Bestandspersonal interessierende Informationen werden in das Intranet verlagert. Ein deutlicher Unterschied fällt auch dann ins Auge, wenn man die Anteile der Befragten einander gegenüberstellt, die Social Media nennen. Denn mit 38 Prozent Zustimmung wird diesem Kanal im Bereich der externen Arbeitgeberkommunikation eine deutlich höhere Relevanz zugesprochen als bei der internen, bei der lediglich 15 Prozent die Sozialen Netzwerke ansprechen. Offenbar bauen hier die Kommunikationsverantwortlichen wie auch beim Intranet darauf, dass sich der elektronische Informationsfluss unter den Mitarbeitern auf internen Plattformen abspielt. In umgekehrter Richtung gilt dies auch für die persönliche Kommunikation: Während dieses Instrument von 22 Prozent der befragten Kommunikatoren als zentral erachtet wird, um interne Zielgruppen zu erreichen, finden nur neun Prozent diesen Verbreitungsweg bei den externen Zielgruppen wichtig. Im Detail werden hier im Bereich der internen Kommunikation Mitarbeiter- oder andere Vier-Augen-Gespräche genannt. Bei der Kommunikation mit externen Stakeholdern denken die Kommunikationsverantwortlichen an einen Austausch im Sinne von „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“. Dieses Ergebnis überrascht nicht, schließlich ist eine zentrale Voraussetzung für persönliche Kommunikation, dass bereits Kontakte geknüpft und eine funktionierende Kommunikationsbeziehung etabliert wurde – mit Bewerbern, die noch nicht ins Unternehmen integriert sind, lässt sich dies schwieriger bewerkstelligen als bei der Belegschaft. Gleichzeitig wird die persönliche Kommunikation für die Unternehmenskommunikation aber immer wichtiger, je mehr digitale Medien genutzt werden (Mast 2017b).
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 29: TOPKOM 2014 – Kanäle und Instrumente der internen Arbeitgeberkommunikation Intranet
71,9
Regelmäßige interne Medien und Kanäle
63,6
Veranstaltungen und Events
51,2
Sporadische interne Mitteilungen und Aushänge
21,5
Persönliches Gespräch
21,5
Social Media Sonstiges
14,9 0,8
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Nun geht es um die Kommunikationskanäle und -instrumente. Über welche Kanäle und mit welchen Instrumenten sprechen Sie die jeweiligen Zielgruppen an, um die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern? Denken Sie dabei einerseits an Ihre eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte und andererseits an externe Bewerber. Welche sind die wichtigsten Kanäle und Instrumente, mit denen Sie diese Gruppen jeweils ansprechen? Bitte nennen Sie Stichworte.“ Mehrfachnennungen; Basis: n = 121 Befragte, die geantwortet haben.
Abb. 30: TOPKOM 2014 – Kanäle und Instrumente der externen Arbeitgeberkommunikation Messen, Events und Kampagnen
57,9
Eigene Website (inkl. Newsletter)
50,4
Anzeigen in Print und Online (inkl. Job‐Portale)
38,0
Social Media
38,0
Redaktionelle Beiträge
28,1
Kooperationen mit Bildungseinrichtungen
24,8
Eigene Publikationen
16,5
direkte Ansprache (z. B. durch eigene Mitarbeiter) Arbeits‐ und Personalvermittler
9,1 2,5
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Nun geht es um die Kommunikationskanäle und -instrumente. Über welche Kanäle und mit welchen Instrumenten sprechen Sie die jeweiligen Zielgruppen an, um die Attraktivität Ihres Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern? Denken Sie dabei einerseits an Ihre eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte und andererseits an externe Bewerber. Welche sind die wichtigsten Kanäle und Instrumente, mit denen Sie diese Gruppen jeweils ansprechen? Bitte nennen Sie Stichworte.“ Mehrfachnennungen; Basis: n = 121 Befragte, die geantwortet haben.
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Herausforderungen der Arbeitgeberkommunikation: Externe Positionierung fällt am schwersten Was sind die zentralen Herausforderungen für die Kommunikatoren, wenn es darum geht, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern? Auch diese Frage wird den Kommunikationsverantwortlichen offen gestellt, um ihre Antworten nicht durch vorgegebene Kategorien einzuschränken und somit möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Die Auswertung fördert drei zentrale Dimensionen zu Tage, in denen die Befragten Hürden wahrnehmen (Mast und Simtion 2016, S. 114ff.; s. Abb. 31): Es handelt sich dabei um Vorhaben,
die sich auf die externe Positionierung des Unternehmens auswirken, die interne Verankerung der Arbeitgeberkommunikation und entsprechende Strategien betreffen oder das kommunikative Angebot der Unternehmen an den Stakeholdererwartungen ausrichten.
Auf Ebene der Einzelthemen besteht mit Blick auf die externe Positionierung der eigenen Firma die größte Herausforderung darin, das Image des eigenen Unternehmens und seines Standorts zu verbessern. Ein Viertel der Kommunikatoren will sich dieser Aufgabe annehmen (25 %). Für diese Befragten steht dabei die Authentizität im Vordergrund, sie sind also bemüht, die Aussagen des Unternehmens mit seinen Handlungen in Einklang zu bringen. Weitere rund zehn Prozent der Befragten haben sich zum Ziel gesetzt, das Image der Branche zu optimieren (9 %), sich gegenüber den Wettbewerbern durchzusetzen (9 %) und die Bekanntheit der eigenen Firma zu steigern (8 %). Die Unternehmen beschäftigen sich aber auch mit Herausforderungen im Binnenverhältnis – also der internen Verankerung der Arbeitgeberkommunikation. Hier gilt es, Konzepte zu formulieren und strukturelle Fragen zu klären, beispielsweise wer für dieses Handlungsfeld primär zuständig ist sowie in welcher Form die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen geregelt und koordiniert wird. In diesem Zusammenhang sagen knapp 20 Prozent der Befragten, dass die Formulierung einer internen Strategie bzw. eines Managementplans sie am meisten beschäftigt (19 %). Konkret gehen die Kommunikationsverantwortlichen hier darauf ein, dass das Thema Arbeitgeberkommunikation in die Unternehmensstrategie integriert werden muss. Zudem verweisen sie darauf, dass genügend Ressourcen für dieses Handlungsfeld akquiriert werden müssen, damit entsprechende Maßnahmen auch wirksam umgesetzt werden können. Dass Arbeitgeberthemen stärker nach Außen
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 31: TOPKOM 2014 – Herausforderungen der Arbeitgeberkommunikation Externe Positionierung
41,9
Image des Unternehmens und des Standortes verbessern
25,0
Image der Branche verbessern
8,9
Sich gegenüber Wettbewerbern durchsetzen
8,9
Bekanntheit steigern
8,1
Interne Verankerung
30,6
Integrierte Arbeitgeber‐Strategien intern definieren und verankern
18,5
Arbeitgeber‐Themen stärker nach außen kommunizieren (v. a. Pressearbeit, Social Media)
8,1
Gegensatz zwischen Job‐Attraktivität und Stellenabbau intern und extern thematisieren
4,8
Eigene Mitarbeiter als Botschafter aktivieren
4,8
Zielgruppen‐Orientierung
34,7
Spezielle (interne und externe) Zielgruppen für sich gewinnen (Hochqualifizierte, Frauen, Techniker, …) Angebot als Arbeitgeber an veränderte Ansprüche der (internen und externen) Zielgruppen anpassen
24,2
13,7
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Und wenn es darum geht, die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern: Was ist Ihrer Einschätzung nach die wichtigste Herausforderung, die sich derzeit für Ihr Unternehmen stellt und die Sie lösen müssen?“ Mehrfachnennungen; Basis: n = 124 Befragte, die geantwortet haben.
kommuniziert werden müssen, empfinden acht Prozent der Befragten als Herausforderung. Mit einem sehr heiklen Problem sehen sich weitere fünf Prozent der Kommunikationsverantwortlichen konfrontiert: Wie kann man auf der einen Seite glaubwürdig die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber an Bewerber vermitteln – wenn man gleichzeitig in der internen und externen
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Kommunikation Stellung zum Abbau von Arbeitsplätzen beziehen muss (5 %)? Außerdem haben es sich fünf Prozent der Befragten zum Ziel gesetzt, die eigenen Mitarbeiter als Botschafter zu gewinnen (5 %). Eine große Herausforderung der Arbeitgeberkommunikation liegt aber auch im Bereich der Zielgruppen-Orientierung. Ein knappes Viertel der Befragten findet es schwierig, spezielle Zielgruppen wie hochqualifizierte Arbeitskräfte für sich zu gewinnen (24 %). Für 14 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen ist es nicht immer unproblematisch, ihr Angebot als Arbeitgeber an die veränderten Ansprüche der Zielgruppen anzupassen. Fasst man die Nennungen der Einzelthemen zu den oben genannten drei Dimensionen zusammen, zeigt sich: Die externe Positionierung bereitet den Kommunikationsverantwortlichen die größten Schwierigkeiten. Mehr als vier von zehn Befragten sprechen Einzelaspekte an, die dieser Dimension zuzuordnen sind (42 %). Etwas mehr als ein Drittel der Kommunikatoren geht auf Themen ein, die die Orientierung an den Zielgruppen betreffen (35 %). Und rund einer von drei Befragten fühlt sich von Problemen herausgefordert, die die interne Verankerung der Arbeitgeberkommunikation mit sich bringt (31 %). Diese Befunde machen deutlich: Im Jahr 2014 haben die Kommunikationsverantwortlichen noch eine Reihe von Herausforderungen zu lösen, wenn es um die Arbeitgeberkommunikation geht. Als noch vergleichsweise neues Handlungsfeld muss dies erst noch gestaltet und institutionalisiert werden. 4.3.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick Den befragten Kommunikationsverantwortlichen ist voll und ganz bewusst, dass Arbeitgeberthemen für die Positionierung ihres Unternehmens eine zentrale Rolle spielen. Nahezu alle befragten Kommunikatoren bewerten das Ziel, die eigene Arbeitgeberattraktivität zu steigern, als wichtig – kein einziger findet es unwichtig. Naheliegend, dass dieses Thema deshalb bereits mehrheitlich in der Unternehmens- und Kommunikationsstrategie verankert wurde. Die Employer Relations etablieren sich damit als Handlungsfeld der Unternehmenskommunikation.
Federführend verantwortlich für das Thema Arbeitgeberattraktivität ist in den befragten Unternehmen vor allem die Personalabteilung, gefolgt von den Bereichen Unternehmenskommunikation. Das Handlungsfeld Employer Relations wird damit primär von einer Allianz dieser beiden Abteilungen bearbeitet und vorangetrieben. Der Geschäftsleitung kommt eine deutlich geringere Bedeutung zu. Die Marketingabteilung ist bestenfalls involviert, wenn es um die Arbeitgeberkommunikation geht.
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Zielgruppen, die regelmäßig im Fokus der Employer Relations stehen, sind in erster Linie Studierende und Auszubildende, die ihre Qualifizierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen haben, bereits im Unternehmen tätige Auszubildende, Volontäre und Trainees sowie potenzielle Bewerber und Mitarbeiter der Firmen. Gelegentlich angesprochen werden insbesondere Personalvermittler, das persönliche Umfeld von Mitarbeitern und Bewerbern sowie Arbeitsvermittler. Dass sich die Unternehmen mit Arbeitgeberthemen nie an eine Zielgruppe wenden, trifft vor allem auf bereits ausgeschiedene Mitarbeiter zu. Wenn Bewerber angesprochen werden sollen, nutzen die befragten Kommunikatoren die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten für den Einzelnen als zentrales Argument. Wenden sich die Kommunikationsverantwortlichen an die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte, spielt dieses Thema eine in etwa gleich wichtige Rolle wie die künftige Entwicklung der Firma. Die wichtigsten Themen der Arbeitgeberkommunikation sind somit perspektivisch angelegt und vermitteln dadurch in erster Linie Sicherheit. Die Unternehmen positionieren sich damit als attraktive Arbeitgeber. Denn Sicherheit ist schließlich ein zentrales Entscheidungskriterium – für Bewerber, die einen neuen Arbeitgeber auswählen, und für die Belegschaft, die abwägt ob sie ihren Arbeitsplatz weiterhin behalten oder wechseln soll. Was die Kanäle und Verbreitungswege der Arbeitgeberkommunikation anbelangt, bauen die befragten Kommunikatoren in erster Linie auf Veranstaltungsformate und elektronische Kanäle. Bei der internen Kommunikation nutzen die Kommunikationsverantwortlichen in erster Linie das Intranet und regelmäßig erscheinende interne Medien wie die Mitarbeiterzeitschrift oder den Personalbericht. Um externe Zielgruppen anzusprechen, benennen die Befragten Messen, Events und Kampagnen sowie die Firmenwebsite als wichtigste Kanäle. Formate der persönlichen Kommunikation spielen eine deutlich wichtigere Rolle, wenn die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte angesprochen werden sollen, als das bei Bewerbern der Fall ist. Als Herausforderung der Employer Relations sehen die Kommunikationsverantwortlichen in der Außenwahrnehmung vor allem die Optimierung des Images von Unternehmen und Standort. Bei der Frage, wie das Handlungsfeld Arbeitgeberkommunikation innerhalb der Firma verankert werden kann, bereitet es ihnen die größten Schwierigkeiten, integrierte Arbeitgeberstrategien zu formulieren. Und mit Blick auf die Orientierung an den Zielgruppen erweist es sich als besonders problematisch, spezielle Zielgruppen wie hochqualifizierte Fachkräfte für sich zu gewinnen.
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Die Ergebnisse zu den Chancen und Hürden der Arbeitgeberkommunikation belegen: Fach- und Führungskräfte sind nicht nur rar geworden, sie sind auch anspruchsvoller als früher und fordern dadurch die Unternehmen in besonderer Weise heraus. Es ist keine Frage des Wollens oder Sollens mehr, ob sich die Firmen als attraktive Arbeitgeber positionieren, sondern ein unabdingbares Muss (Mast 2017a, S. 48ff.): Hohe Fluktuationsraten sind ein ebenso großer Kostenfaktor wie Personalvermittler. Und letztendlich hängt der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens entscheidend davon ab, ob es qualifiziertes Personal rekrutieren und langfristig an sich binden kann. Insofern überrascht es nicht, dass sich die Kommunikationsverantwortlichen der Schlüsselrolle der Arbeitgeberkommunikation bewusst sind. Die Unternehmen sprechen dabei eine Vielzahl von Stakeholdergruppen über ebenso viele Kanäle und Instrumente an. Das Kommunikationsfeld ist also hochkomplex. Eindeutig ist aber aus Sicht der Kommunikationsverantwortlichen, welche Themen sich für die Arbeitgeberkommunikation am besten eignen (Mast und Simtion 2016, S. 110): Um interne wie externe Stakeholder gleichermaßen zu überzeugen, sind attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen sowie eine positive Unternehmensentwicklung eine gute Wahl. Das Themenfeld bewegt sich damit zwischen den Polen Zukunftsperspektiven und Stabilität. Allerdings ist noch nicht abschließend geklärt, in wessen Hoheitsgebiet dieses wichtige Handlungsfeld fällt (Mast 2017a, S. 50): in das der Personal- oder das der Kommunikationsabteilung. Aktuell arbeiten beide Bereiche bei diesem Querschnittsthema Hand in Hand, der Lead liegt (noch) bei den Human Resources. Wer bei diesem Zusammenspiel aus personalpolitischen Entscheidungen und kommunikativen Erklärungen letztendlich das Sagen hat oder ob es auch weiterhin eine Kooperationsaufgabe bleibt, wird die Zukunft zeigen. Die Marketingabteilung wird dabei aber wohl außen vor bleiben. So oder so – dem Funktionsbereich Corporate Communications wird dabei auch künftig eine wichtige Rolle zukommen (Mast und Simtion 2016, S. 265): Denn über die kurzfristige Attraktivität als Arbeitgeber entscheiden auch stellenbezogene Merkmale. Langfristige Attraktivitätskriterien wie Image und Reputation entstehen durch die Kommunikation über Unternehmensattribute und Unternehmensrollen – beispielsweise als Produzent, Nachbar, verantwortlicher Teil der Gesellschaft oder eben als attraktiver Arbeitgeber. Und dies fällt klar in den Zuständigkeitsbereich der Kommunikationsabteilungen.
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4.4 Neue Strukturen, neue Abläufe: Wie Content Management die zunehmende Kommunikationsnachfrage bewältigen soll Im digitalen Medienzeitalter steht die Unternehmenskommunikation mehr denn je in einem ständigen Kampf um Aufmerksamkeit. Nicht mehr nur Journalisten und professionelle Kommunikatoren von Firmen und anderen Organisationen melden sich öffentlich zu Wort. Auch Blogger und Influencer haben im Netz ein gehöriges Wörtchen mitzureden und setzen die Kommunikationsverantwortlichen der Firmen dadurch unter Zugzwang. Ganz zu schweigen von enttäuschten Mitarbeitern oder Kunden, die im Handumdrehen durch Negativkommentare in Foren oder sozialen Netzwerken neue Krisenthemen auf die Agenda der Unternehmenskommunikation katapultieren können. Hashtags und Co. sind zu einer neuen Währung lanciert. Das Themenmanagement der Unternehmenskommunikation wird dadurch zum kritischen Erfolgsfaktor. Denn nur wem es gelingt, sich im ständig schneller fließenden Strom von Trendthemen optimal zu positionieren, hat auch eine Chance gehört zu werden. Die Befragung der Kommunikationsverantwortlichen im Jahr 2016 befasst sich mit dem Themenmanagement der 500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland (s. Abb. 32). Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Umfrage und beleuchtet zuerst die inhaltlichen Schwerpunkte, die im Mittelpunkt ihrer Kommunikationsarbeit stehen. Anschließend rücken die Orientierungsgrößen in den Blick, an denen sich die Themenplanung ausrichtet. Schließlich wird den Kriterien nachgegangen, die die Themenauswahl der Kommunikationsverantwortlichen leiten. Danach wird geklärt, welche UnternehmensbereiAbb. 32: Steckbrief TOPKOM 2016 Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der DAX-30-/MDax-/TecDAXUnternehmen sowie der 500 umsatzstärksten Unternehmen, Banken und Versicherungen Deutschlands Teilnahme 114 Unternehmen Inhaltlicher Schwer- Inhaltliche Schwerpunkte der Unternehmenskommunikation & punkt Orientierungsgrößen, Auswahlkriterien, Zuständigkeiten, Input-Quellen und Herausforderungen des Themenmanagements & Verbreitung des Corporate Newsrooms Methode Umfrage mittels schriftlichem und Online-Fragebogen; offene und standardisierte Fragen Durchführung Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) Erhebungszeitraum Mai bis Juni 2016
Quelle: in Anlehnung an Mast 2016, S. 49.
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che primär für die Festlegung und Aufbereitung der Themen zuständig sind – und welche Stakeholdergruppen und Angebote inhaltlichen Input für die Kommunikationsabteilungen liefern. Abschließend beschreiben die Kommunikationsverantwortlichen die Herausforderungen des Themenmanagements und beantworten die Frage, inwieweit sich der Trend Newsroom im Bereich Unternehmenskommunikation bereits durchgesetzt hat. 4.4.1 Inhalte, Akteure und Zuständigkeiten bei der Themenplanung Den Unternehmen steht eine große Bandbreite verschiedener Themen zur Verfügung, über die sie kommunizieren können: von firmeninternen Entwicklungen wie Personalfragen oder Geschäftszahlen, über absatzmarktorientierte Inhalte wie Produktportfolio oder Innovationen, bis hin zu gesellschaftspolitischen Themen wie den eigenen Beitrag zur Beschäftigungslage oder zum Umweltschutz. In der TOPKOM-Umfrage 2016 werden die Kommunikationsverantwortlichen gebeten, die inhaltlichen Schwerpunkte in eigenen Worten zu skizzieren, die im Mittelpunkt ihrer Kommunikationsarbeit stehen – sowohl in der Retrospektive auf das vergangene Jahr, als auch mit Blick auf die kommenden zwölf Monate. Ihre Antworten werden im Rahmen der Auswertung systematisiert, zu Kategorien verdichtet und quantifiziert. Inhaltlicher Schwerpunkt der Kommunikationsarbeit: Inside-Out-Themen dominieren Das Top-10-Ranking im Zeitvergleich zeigt (s. Abb. 33): Themen, die ausgehend vom Standpunkt des Unternehmens gedacht sind, dominieren. Mit der Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik (34 und 32 %) steht zu beiden Zeitpunkten ein klassisches „Inside-Out“-Thema auf dem ersten Platz. Jeweils rund ein Drittel der befragten Kommunikationsverantwortlichen benennt dieses Thema als wichtigen inhaltlichen Schwerpunkt der eigenen Kommunikationsarbeit. Aber auch auf den folgenden Rangplätzen finden sich eine Reihe weiterer firmenbezogener Themen wie die Organisationsentwicklung (27 und 26 %), die Unternehmenskultur (13 und 14 %), die Personalpolitik (11 und 12 %), Change-Prozesse (13 und 9 %) oder das Produktportfolio (13 und 19 %). „Outside-In“-Themen, die aus Perspektive der Unternehmensumwelt formuliert sind, sind in den Rankings hingegen spärlich vertreten. Wirtschaftspolitische Aspekte (8 und 7 %) und die unternehmerische Verantwortung (10 und 6 %) spielen nur eine geringe Rolle. Gleiches gilt für die Kundenorientierung (9 und 6 %), die an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Absatzmarkt angesiedelt ist. Die Digitalisierung (17 und 28 %), die eine wichtige externe Rahmenbedingung für das Unternehmenshandeln aber auch speziell
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
für die Kommunikationsarbeit darstellt, liegt im Ranking allerdings weit vorne (Platz 3 und 2). Bei diesem Thema zeigt sich zudem der größte Anstieg, wenn man den Anteil der Nennungen für das Vorjahr mit dem für das Folgejahr vergleicht – nämlich um stolze zehn Prozentpunkte. Mit anderen Worten: Bereits im Vorjahr spielte die Digitalisierung eine zentrale Rolle in der Kommunikationsarbeit der befragten Unternehmen. Im Folgejahr planen die Kommunikatoren diesen Aspekt aber sogar nochmals deutlich intensiver zu behandeln. Die Unternehmenskommunikation fühlt sich also im heimischen Terrain am wohlsten – wenn es gilt Themen anzusprechen, bei denen die Firma selbst im Mittelpunkt steht. Denn das Ranking der Top-10-Themen der Kommunikationsarbeit wird klar von „Inside-Out“-Aspekten dominiert. Dagegen schaffen Abb. 33: TOPKOM 2016 – Inhaltlicher Schwerpunkt der Kommunikationsarbeit im Vorjahr und im Folgejahr 34,4 31,6
Unternehmensstrategie / Geschäftspolitik 17,3
Digitalisierung
27,6 27,3 25,6
Organisationsentwicklung / Restrukturierung 13,2
Produktportfolio
19,4 13,2 14,3
Unternehmenskultur und ‐werte
11,1 12,2
Personalpolitik / Mitarbeiterführung
13,1
Veränderungen / Change Wirtschaftspolitische Themen Kundenorientierung Unternehmerische Verantwortung
9,2 8,1 7,1
im vergangenen Jahr im kommenden Jahr
9,1 6,1 10,1 6,1
„Und welcher inhaltliche Schwerpunkt ist für die kommenden 12 Monate geplant? Was wird wohl das wichtigste Thema für Ihr Unternehmen sein? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; n Vergangenheit = 99, n Zukunft = 98
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; offene Frage: „Nun noch einmal zurück zu den Themen: Welcher inhaltliche Schwerpunkt stand im vergangenen Jahr im Mittelpunkt Ihrer Kommunikationsarbeit? Was war das wichtigste Thema für Ihr Unternehmen? / Und welcher inhaltliche Schwerpunkt ist für die kommenden 12 Monate geplant? Was wird wohl das wichtigste Thema für Ihr Unternehmen sein? Bitte nennen Sie Stichworte.“; Mehrfachnennungen; Basis: nVorjahr = 99, nFolgejahr = 98 Befragte, die geantwortet haben.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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es nur wenige „Outside-In“-Themen unter die Top-10. Wenn ein firmenexternes Thema eine wichtige Rolle in der Unternehmenskommunikation spielt, dann ist es die Digitalisierung – Tendenz steigend. Themenmanagement: Kommunikationsstrategie als zentrale Orientierungsgröße Das Umfeld der Unternehmenskommunikation ist einem ebenso stetigen wie grundlegenden Wandel unterworfen (Mast 2019, S. 229ff.): Im Internet entstehen ständig neue Kommunikationskanäle. Genauso schnell, wie sie erschienen sind, können sie auch wieder verschwinden – sobald das Interesse der Menschen nachlässt und diese sich neuen Kommunikationstrends zuwenden. Die Unternehmenskommunikation muss nicht nur versuchen, mit diesen rasanten Veränderungen Schritt zu halten. Sie ist oftmals auch gezwungen, sich mit einem erheblichen Kontrollverlust zu arrangieren. Denn die Kommentare der User folgen nun einmal nicht den Regeln, die die Kommunikationsstrategie der Firmen vorgibt. Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma des Medienwandels führt weg vom Denken und Planen entlang einzelner Medien, hin zur Orientierung der Kommunikationsprozesse an den Inhalten. Die Frage „Was wollen wir sagen?“ – und damit das Themenmanagement – wird so zum Startpunkt der Kommunikationsarbeit. Aber an welchen Orientierungsgrößen richtet sich die Unternehmenskommunikation aus, wenn es darum geht, die Themen der eigenen Kommunikationsarbeit zu planen? Um dieser Frage nachzugehen, werden die Kommunikationsverantwortlichen gebeten, fünf vorgegebene Orientierungsgrößen in eine Rangfolge zu bringen (s. Abb. 34): Bereits geplante Themen werden von den Kommunikatoren am häufigsten auf den ersten Platz gewählt. So orientiert sich ein Drittel der Befragten in erster Linie an ihrer eigenen Themenplanung (33 %). Unmittelbar dahinter reihen sich bereits festgelegte Botschaften ein, die von 30 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen als wichtigste Orientierungsgröße eingestuft werden. Etwas mehr als ein Fünftel der Befragten arbeitet primär mit Ereignissen (23 %). Das Interesse der Stakeholder ist für etwa ein Achtel der Kommunikatoren eine primäre Orientierungsgröße (13 %). Mit Abstand am seltensten werden Medien und Kanäle als entscheidende Richtgröße genannt. Nur ein marginaler Anteil von drei Prozent der Befragten konzentriert sich bei der Planung auf die zur Verfügung stehenden Verbreitungskanäle. Das Themenmanagement der Firmen orientiert sich also in erster Linie an Richtgrößen der eigenen Kommunikationsstrategie, nämlich an bewusst geplanten Themen und formulierten Botschaften. Dies macht deutlich, dass die Unternehmenskommunikation von den meisten Firmen klar aus der Kommu-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
nikatorperspektive geplant und umgesetzt wird. Äußere Einflüsse wie aktuelle Ereignisse oder das Stakeholderinteresse spielen eine untergeordnete Rolle. Abb. 34: TOPKOM 2016 – Orientierungsgrößen der Themenplanung 1.
Themen, die geplant sind
2.
Botschaften, die festgelegt sind
3.
Ereignisse, die sich zutragen
33 30 23
Interesse, das von Stakeholdern geäußert wird Medien und Kanäle, die uns zur Verfügung stehen
13 3
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Und woran orientieren Sie sich am stärksten, wenn Sie die Themen Ihrer Kommunikation planen? Bitte sortieren Sie die unten stehenden Orientierungsgrößen nach Wichtigkeit für Ihre Kommunikationsarbeit. Erstellen Sie ein Ranking von Platz 1 bis Platz 5, wobei „1“ die wichtigste Orientierungsgröße und „5“ die mit der geringsten Wichtigkeit bezeichnet.“; Basis: n = 111-112 gültige Antworten; icons designed and distributed by Flaticon.
Kriterien der Themenauswahl: Unternehmen als Dreh- und Angelpunkt Auf welche Weise und entlang welcher Orientierungsmarken wählen die Kommunikationsverantwortlichen die Inhalte aus, die die Unternehmenskommunikation an die internen und externen Zielgruppen heranträgt? Um dieser Frage nachzugehen, unterscheidet die TOPKOM-Umfrage 2016 zwischen zwei Arten von Auswahlkriterien:
Zum einen stehen die Bezugspunkte der Themen im Blick. Sind die Kommunikationsinhalte primär vom Unternehmen her gedacht? Oder ist die Perspektive ihrer Stakeholder bzw. der gesellschaftspolitischen Öffentlichkeit der Ausgangspunkt? Zum anderen werden Kriterien zur Abstimmung gestellt, die auf der operativen Ebene angesiedelt sind. Dabei geht es um die Frage, wie gut sich Themen im Kommunikationsalltag bearbeiten lassen.
Was die Bezugspunkte der Kommunikationsinhalte anbelangt, zeigen die Ergebnisse (s. Abb. 35): Wie bereits bei den Orientierungsgrößen der Themen-
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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planung dominiert auch hier die Kommunikatorperspektive. Die Unternehmen selbst sind also Dreh- und Angelpunkt der Themenauswahl. Die „Inside-Out“Perspektive hat Vorrang. Externe Kriterien – wie etwa die Stakeholder oder die öffentliche Debatte – spielen nur eine untergeordnete Rolle. Mehr als neun von zehn Befragten nennen aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in direktem Zusammenhang mit dem Unternehmen als ausschlaggebendes Kriterium, das immer oder zumindest häufig auf die Themenselektion zutrifft (93 %). Bei kleineren Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern fällt dieser Wert um zehn Prozentpunkte geringer aus (83 %). Die Unternehmensstrategie hat für 89 Prozent der befragten Unternehmensvertreter einen zentralen Stellenwert, die Expertenrolle der Firma bei bestimmten Themen für 82 Prozent. Das Selektionskriterium Unternehmensstrategie spielt für die mittelgroßen Unternehmen mit 2.000 bis 9.999 Mitarbeitern eine geringere Rolle. In dieser Gruppe geben nur 79 Prozent der befragten Kommunikationsexperten an, dass sich dieses Kriterium immer oder zumindest häufig auf ihre Themenwahl auswirkt. Gut drei Viertel aller Kommunikationsverantwortlichen orientieren sich bei der Selektion an thematischen Schwerpunkten, die auf Grundlage einer speziellen Kommunikationsstrategie entwickelt wurden (78 %). In der Branche Chemikalien und Pharma geben sogar beinahe neun von zehn Befragten die Kommunikationsstrategie als Einflussgröße an (88 %). Erst anschließend kommen stakeholderorientierte Selektionskriterien ins Spiel. Der Unterhaltungswert der Themen für die eigenen Zielgruppen wird von 77 Prozent aller Befragten ins Feld geführt, der Nutzen für den Alltag der Stakeholder von 70 Prozent. Inhalte, die den Stakeholdern im Alltag weiterhelfen, sind bei den kleineren Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern unterdurchschnittlich relevant (58 %). Eine vergleichsweise geringe Rolle spielen außerdem solche Themen, die im Unternehmensumfeld diskutiert werden. Nur etwa zwei von fünf aller Kommunikationsverantwortlichen greifen solche Themen häufig in der Kommunikationsarbeit auf (43 %). Auch in Bezug auf die operative Ebene erweist sich der direkte Unternehmensbezug eines Themas als wichtigste Orientierungsmarke (s. Abb. 36). Mit 98 Prozent sprechen beinahe alle befragten Kommunikationsverantwortlichen diesem Kriterium großen oder sogar sehr großen Einfluss zu. Immerhin fast drei Viertel der Kommunikatoren lassen sich bei der Auswahl davon leiten, ob das Risiko eines Themas für sie gut kalkulierbar ist (74 %). Eine Ausnahme bilden hier kleinere Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern. Deren Kommunikationsverantwortliche sprechen diesem Kriterium nur zu 58 Prozent Relevanz zu. Die Crossmedialität eines Kommunikationsinhalts – also die Frage, ob er für die Verbreitung in mehreren Medien brauchbar ist – spielt für knappe 70 Prozent aller Befragten eine große Rolle (69 %). Auch hier zeigt sich bei den befragten Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern ein
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
unterdurchschnittlicher Wert (58 %). Deutlich abgeschlagen folgt die Eignung eines Themas für die Vermittlung im Rahmen einer Kampagne (39 %). Für nur noch etwa ein Viertel aller Kommunikationsverantwortlichen ist die einfache inhaltliche Aufbereitung eines Themas ausschlaggebend für die Selektion (25 %). Insgesamt zeigt sich: Vor allem inhaltliche Kriterien – wie der direkte Bezug zum Unternehmen oder das Risikopotenzial – spielen eine zentrale Rolle, wenn es um die Kriterien der Themenauswahl auf der operativen Ebene geht. An Maßstäben, die bei der Umsetzung und der Vermittlung über Kampagnen wichtig werden, müssen sich Themen demgegenüber in allen befragten Firmen deutlich seltener messen lassen. Abb. 35: TOPKOM 2016 – Bezugspunkte der Themenauswahl trifft immer zu trifft häufig zu Wir greifen Themen auf, die aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in unserem Unternehmen betreffen.
44
Wir leiten Themen aus der Unternehmens‐ strategie (Werte, Ziele, Positionierung) ab.
49
40
Wir greifen Themen auf, bei denen wir als Experte gelten.
28
Wir entwickeln Themen aus einer Kommunikationsstrategie heraus.
28
Wir greifen Themen auf, die für unsere Stakeholder spannend und unterhaltsam sind.
16
Wir greifen Themen auf, die unseren Stakeholdern im Alltag Nutzen bringen.
16
Wir greifen Themen auf, die aktuell in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutiert werden.
trifft gelegentlich zu trifft nie zu
5
7
49
11
54 50
3
19
61
23
54 38
1
17
2
29 49
8
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Kommen wir nun zu den Inhalten, die Sie an die internen und externen Zielgruppen herantragen. Uns interessiert dabei die Art und Weise, wie Sie die Themen auswählen und woran Sie sich bei der Auswahl im Allgemeinen orientieren. Unten sind einige Aussagen zur Auswahl von Themen aufgeführt. Stufen Sie bitte ein, wie häufig die folgenden Aussagen auf die Kommunikationsarbeit in Ihrem Unternehmen zutreffen.“; 4-stufige Skala; Basis: n = 114 gültige Antworten.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 36: TOPKOM 2016 – Operative Kriterien der Themenauswahl sehr großen Einfluss großen Einfluss Die Themen haben einen direkten Bezug zum Unternehmen.
geringen Einfluss keinen Einfluss
73
1
25
1 Die Risiken der Themen sind gut einzuschätzen.
12
Die Themen können in mehreren Medien „gespielt“ werden.
62
20
Die Themen können durch eine Kampagne vermittelt werden.
2
Die Themen lassen sich einfach aufbereiten.
4
49
3
28
37
21
2
25
53
61
9
14
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Bleiben wir bei den Themen der Unternehmenskommunikation. Was hat Einfluss darauf, mit welchen Themen Sie Ihre Zielgruppen ansprechen? Bitte stufen Sie ein, welchen Einfluss die folgenden Kriterien auf Ihre Themenwahl haben.“; 4-stufige Skala; Basis: n = 113-114 gültige Antworten.
Zuständigkeit und Input: Kommunikationsabteilung und Top-Management federführend Welcher Unternehmensbereich ist für die Festlegung und Aufbereitung der Themen zuständig, die die ganze Firma betreffen? In mehr als neun von zehn befragten Firmen – und damit am häufigsten – zeichnet die Abteilung Unternehmenskommunikation federführend für das Themenmanagement verantwortlich (94 %; s. Abb. 37). In rund einem Drittel der Unternehmen ist primär die Geschäftsführung oder der Vorstand für das Themenmanagement zuständig (34 %). Weitere Unternehmensbereiche wie Marketing und Personal sind demgegenüber nur selten die Hauptverantwortlichen, werden aber häufig am Themenmanagement beteiligt. Je etwa sieben von zehn Kommunikationsverantwortlichen geben an, dass die Abteilungen Human Resources (75 %) und Marketing (72 %) das Themenmanagement mitgestalten. Eine deutliche Abweichung vom Durchschnittswert zeigt sich hier bei den kleineren Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern. Die Personalabteilung ist nur in 63 Prozent dieser Firmen an der Themengestaltung beteiligt. Die Abteilung Marketing spielt in den kleineren Unternehmen hingegen eine größere Rolle (83 %).
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Und wie wird die Unternehmenskommunikation auf Themen aufmerksam? Welche Stakeholdergruppen und Angebote geben häufig den Anstoß dafür, dass die Kommunikationsverantwortlichen ein Thema auf ihre Agenda setzen? Und von welcher Seite kommen nur selten inhaltliche Hinweise? Erwartungsgemäß spielen interne Akteure bei dieser Frage eine entscheidende Rolle – schließlich kennen sie die Abläufe, Stärken aber auch potenziellen Risikothemen im Unternehmen am besten (s. Abb. 38): Allen voran wird die inhaltliche Ausgestaltung der Kommunikation maßgeblich durch das Top-Management bzw. den Vorstand (95 %) sowie die Führungskräfte (92 %) im Unternehmen geprägt. Jeweils mehr als neun von zehn Kommunikatoren benennen diese Stakeholdergruppen als häufige oder zumindest gelegentliche Ideengeber. 85 Prozent der Befragten berichten auch, dass sie durch die Mitarbeiter auf Themen stoßen, die anschließend in der Kommunikation aufgegriffen werden. Bemerkenswert ist: Die Führungskräfte einer Firma spielen als Input-Geber der Unternehmenskommunikation eine deutlich wichtigere Rolle als die professionellen Kommunikatoren – also als die Pressesprecher (85 %) und Kommunikationsmanager für spezielle Medienkanäle (74 %). Während Pressesprecher etwa gleich häufig als Themenquelle genannt werden wie die Mitarbeiter, sind Kommunikationsmanager für spezielle Medienkanäle etwas seltener am Auffinden von Themen beteiligt. Auch durch Hinweise der Kollegen aus anderen Abteilungen werden oftmals Themen identifiziert. Drei Viertel aller Kommunikatoren geben an, dass die Marketingabteilung sie häufig oder zumindest gelegentlich auf Themen aufmerksam macht (75 %). Über alle Befragten hinweg betrachtet, berichten sieben von zehn Kommunikationsverantwortlichen von Vertriebsmitarbeitern (70 %) als Themenlieferanten und etwas mehr als zwei Drittel aller Befragten gehen zumindest gelegentlich Themenhinweisen der Personalabteilung (67 %) nach. In den Firmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern fällt dieser Wert deutlich geringer aus (50 %). Dass die Abteilung Kundenservice und Beschwerdemanagement (39 %) sowie der Betriebsrat bzw. Gewerkschaften (28 %) Input für die Corporate Communications liefern, kommt hingegen in allen befragten Unternehmen deutlich seltener vor – mit Ausnahme der kleineren Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern, von denen immerhin 58 Prozent der Befragten gelegentlich oder häufig Hinweisen des Kundenservice und Beschwerdemanagements nachgehen. Insgesamt betrachtet bilden diese beiden Gruppen das Schlusslicht der internen Akteure, die die Kommunikationsabteilungen mit inhaltlichen Ideen beliefern. Die unternehmensexterne Gruppe, die am häufigsten als Inspirationsquelle für mögliche Themen dient, sind Journalisten klassischer Medien. 73 Prozent der Kommunikationsverantwortlichen sagen, dass sie in Presse und Rundfunk
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 37: TOPKOM 2016 – Zuständigkeiten beim Themenmanagement federführend zuständig Corporate Communications / Unternehmenskommunikation
nicht beteiligt
94
Vorstand / Geschäftsleitung
34
Marketing Human Resources / Personal
beteiligt
1
65
11 2
6
72 75
17 23
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Allgemein gefragt: Welcher Bereich ist in Ihrem Unternehmen für die Festlegung und Aufbereitung der Themen zuständig, die das ganze Unternehmen betreffen?“; 3-stufige Skala; Basis: n = 111-112 gültige Antworten.
fündig werden, wenn sie potenzielle Inhalte für die Unternehmenskommunikation suchen. Ähnlich wichtig ist auch die Gruppe der Kunden. 70 Prozent aller befragten Firmen werden durch Akteure im Absatzmarkt auf Themen aufmerksam. Andere externe Stakeholder (61 %), die sozialen Medien (54 %) und Online-Angebote (55 %) beliefern nur noch rund die Hälfte aller befragten Kommunikatoren zumindest gelegentlich mit neuen Themenideen. Auch hier fördert der Gruppenvergleich Unterschiede zu Tage: Andere externe Stakeholder sind nur für 44 Prozent der mittelgroßen Unternehmen (2.000 bis 9.999 Mitarbeiter) zumindest gelegentlich ein Themenlieferant. Aus OnlineAngeboten kann weniger als ein Drittel der Kommunikatoren von kleineren Firmen (unter 2.000 Mitarbeiter) Ideen schöpfen (27 %). Agenturen und freie Mitarbeiter (37 %) sowie Bewertungsportale im Internet (17 %) spielen nochmals eine deutlich geringere Rolle. Allerdings leisten die Agenturen speziell für kleinere Firmen (weniger als 2.000 Mitarbeiter) einen deutlich größeren Beitrag zur Themenfindung (58 %), als wenn man den über alle Befragten hinweg berechneten Durchschnittswert betrachtet. Diese Ergebnisse zeigen: Die befragten Unternehmen folgen – wie bereits bei den Bezugspunkten und den operativen Kriterien der Themenwahl – auch bei den Quellen der Themenfindung einer klaren „Inside-Out“-Strategie. Zwar orientiert sich das Themenmanagement bei der Identifikation potenzieller Kommunikationsinhalte beispielsweise auch an Journalisten klassischer Medien und Kunden, d. h. an Akteuren aus dem Unternehmensumfeld. Die Themen, die die öffentliche Agenda und den Absatzmarkt aktuell prägen, werden damit zu einer Orientierungsmarke des Themenmanagements der Firmen.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 38: TOPKOM 2016 – Akteure bei der Themenfindung häufig
gelegentlich
selten
nie
48
37
Mitarbeiter
32
53
Pressesprecher/in
Marketing
28
47
Kommunikationsmanager für spezielle Medienkanäle (Social Media Manager etc.)
29
45
Klassische Medien
21
52
Vertrieb
20
50
Kunden
19
51
12
3
12
4
21
4
21
4
26
2
24
5
27
3
31
50
17
Personalabteilung
7 1
45
47
Führungskräfte
50
26
69
Vorstand / Topmanagement
2
32
47
Andere externe Stakeholder
14
Soziale Medien
13
41
41
5
Online‐Angebote (Websites, Blogs etc.)
14
41
39
6
Kundenservice / Beschwerdemanagement
Bewertungsportale
1
16
16
58
27
Betriebsrat / Gewerkschaften 1
12
47
30
7
Agenturen / freie Mitarbeiter
49
36
3
6
51
14
32
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Themen der Unternehmenskommunikation kommen ja auf ganz unterschiedliche Art und Weise zusammen. Wie ist das im Allgemeinen in Ihrem Unternehmen? Wie häufig werden Sie durch die folgenden Gruppen bzw. Angebote auf Themen aufmerksam?“; 4-stufige Skala; Basis: n = 106-113 gültige Antworten.
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Dominierend ist jedoch eindeutig der inhaltliche Input der unternehmensinternen Akteure. Dieses „Inside-Out“-Themenmanagement wird vom Unternehmen her gedacht – und durch einzelne Impulse aus dem Unternehmensumfeld ergänzt. Interessant ist dabei auch, dass die professionellen Unternehmenskommunikatoren eine geringere Rolle spielen als die Geschäftsführung und das mittlere Management. Der Kommunikationsabteilung kommt damit mehr die Rolle eines Radars zu, das potenziell relevante Themen aufspürt, sammelt und aufbereitet – als die eines Thinktanks, der neue Themenideen generiert. 4.4.2 Herausforderungen im Themenmanagement Themen planen, aufbereiten und Stakeholder präsentieren – dies ist in der Praxis keinesfalls einfach. Denn woher sollen die Themen kommen? Und wie kann man sie aufbereiten, damit sie von den Menschen, die angesprochen werden, auch wahrgenommen werden? Stakeholdergerechte Aufbereitung und Timing bereiten die größten Schwierigkeiten Die Kommunikationsverantwortlichen werden auch gefragt, welche Herausforderungen mit dem Themenmanagement einhergehen und sie beschäftigen (s. Abb. 39): Die größte Hürde besteht laut 80 Prozent der Befragten darin, Themen stakeholdergerecht aufzubereiten. Für drei Viertel aller Kommunikatoren ist das Timing – also die Frage, wann der optimale Zeitpunkt ist ein bestimmtes Thema zu „spielen“ – eine Herausforderung, die sie sehr stark oder stark beschäftigt (76 %). Kleinere Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern haben mit dem Timing deutlich weniger zu kämpfen (42 %). Weitere jeweils sieben von zehn aller Kommunikationsverantwortlichen führen die Abstimmung und Vernetzung einzelner Medien (72 %) sowie den internen Abstimmungs- und Freigabeprozess (70 %) ins Feld. Mit Blick auf die verschiedenen Unternehmensgruppen zeigt sich: Die Interaktion der Medien tangiert kleinere Unternehmen weniger als den Durchschnitt (50 %). Die internen Prozesse werden dagegen in der Branche Chemikalien und Pharma überdurchschnittlich häufig als Herausforderung genannt (88 %). Fragen, die konkrete Maßnahmen und deren Umsetzung betreffen, führen insgesamt das Ranking der Herausforderungen im Themenmanagement an. Das Budget, als weiterer umsetzungsrelevanter Aspekt, wird hingegen nur von einem Drittel aller Befragten angeführt (33 %). Wenn es um die strategische Ausrichtung des Themenmanagements geht, spielt das Besetzen von Themen mit eigenen Positionen die größte Rolle. 74
136
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Abb. 39: TOPKOM 2016 – Herausforderungen im Umgang mit Themen sehr stark
stark
Passende Aufbereitung von Themen für die Stakeholder
weniger
29
Timing bei der Kommunikation von Themen
(fast) gar nicht
51
24
52
19
2
25
0
Besetzen von Themen mit eigenen Positionen
19
55
24
2
Abstimmung und Vernetzung der einzelnen Medien
20
52
27
2
Interner Abstimmungs‐ und Freigabeprozess
22
48
27
3
Aufspüren von Themen, die für das Unternehmen relevant sind
19
51
29
2
Erkennen, welche Themen die Stakeholder interessieren
19
51
29
2
Themen auf die jeweilige Agenda der Stakeholder zu bringen
14
45
36
5
Messung, was Themen bei den Stakeholdern bewirken
4
32
54
10
Messung, wie intensiv Themen und Inhalte von den Stakeholdern genutzt werden
4
30
55
11
57
10
Verhandeln und Rechtfertigen des Budgets
9
24
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Schließlich gibt es auch Herausforderungen, die das Management der Themen mit sich bringt. Wenn Sie einmal an Ihre tägliche Arbeit denken, wie sehr beschäftigen Sie dabei die folgenden Herausforderungen in Bezug auf den Umgang mit Themen?“; 4-stufige Skala; Basis: n = 110-112 gültige Antworten.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
137
Prozent der Kommunikationsverantwortlichen sehen hierin eine besondere Herausforderung, die sie (sehr) stark beschäftigt. Die Suche und Identifikation von Themen wird ebenfalls von einem Großteil der Kommunikationsverantwortlichen als schwierige Aufgabe empfunden. Sieben von zehn Befragten fällt es schwer, unternehmensrelevante Inhalte (70 %) aufzuspüren und Themen zu erkennen, die für die Stakeholder interessant sind (70 %). Etwas geringere Schwierigkeiten bereitet den befragten Unternehmen hingegen die Aufgabe, Themen auf die Agenda ihrer Stakeholder zu setzen. Hierin sehen nur noch 59 Prozent der Befragten eine Herausforderung, die sie in ihrem Arbeitsalltag zumindest stark beschäftigt. Vergleichsweise wenig Kopfzerbrechen bereitet den befragten Kommunikationsverantwortlichen die Erfolgskontrolle. Die Nutzungs- (34 %) und Wirkungsmessung (36 %) der Maßnahmen wird jeweils nur von rund einem Drittel der Befragten als besondere Herausforderung eingeschätzt. Umsetzung in der Praxis mit und ohne Newsroom Und wie genau wird das Themenmanagement in der Praxis umgesetzt? Eine neue Organisationsform orientiert sich am Vorbild der Redaktionen von Presse und Rundfunk und bündelt in einem Kommunikationszentrum, dem sog. Newsroom, sämtliche Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens. So sollen schnelle Abstimmungen und eine bessere Zusammenarbeit erreicht werden. Im Newsroom kümmern sich Content Manager um das Themenmanagement. Außerdem sind Media Manager für jeweils unterschiedliche Plattformen und Medienkanälen verantwortlich. Beim Zuschnitt der ThemenDesks orientieren sich Unternehmen häufig an ihren Geschäftsfeldern und greifen Inhalte auf, die das jeweilige Unternehmen, seine Produkte, aktuellen Schwerpunkte des Geschäfts, Krisenfelder u. a. betreffen. Im Rahmen der TOPKOM-Umfrage 2016 werden die befragten Kommunikatoren gebeten, sich für eine von fünf Aussagen rund um den Corporate Newsroom zu entscheiden. Die Ergebnisse zeigen (s. Abb. 40): Bei etwa einem Fünftel der befragten Unternehmen ist die Kommunikationsabteilung bereits als Newsroom organisiert (19 %). Weitere zwölf Prozent der Kommunikationsverantwortlichen berichten, dass für die nächsten ein bis zwei Jahre eine Newsroom-Einführung geplant ist. Ein Drittel der befragten Unternehmen spielt mit dem Gedanken, einer Umstrukturierung hin zum Corporate Newsroom – hat aber noch keine konkrete Planung (32 %). Und ein weiteres Drittel der Kommunikatoren gibt zu Protokoll, dass für ihre Firma die Einführung eines Newsrooms nicht in Frage kommt (32 %). Als Begründung für diese ablehnende Haltung werden vor allem die Größe der Kommunikationsabteilung, die Unternehmenskultur und unternehmensindividuelle Lösungen ins Feld ge-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
führt. Insgesamt erweist sich der Corporate Newsroom damit aus Sicht der befragten Kommunikatoren als eine durchaus interessante Organisationform für die Unternehmenskommunikation. Eine deutliche Mehrheit der befragten Firmen verfügt im Jahr 2016 aber noch nicht über ein derartiges Kommunikationszentrum. Abb. 40: TOPKOM 2016 – Der Newsroom als Organisationsform für das Themenmanagement
Wir haben bereits einen Corporate Newsroom etabliert.
19
In den nächsten 1 bis 2 Jahren werden wir einen Corporate Newsroom einführen.
12
Wir spielen mit dem Gedanken einen Newsroom aufzubauen, haben aber noch keine Planungen dahingehend.
32
Ein Corporate Newsroom kommt für uns nicht in Frage.
32
Keine Angabe
4
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Nun noch zur Organisation der Kommunikation in Ihrem Unternehmen: Haben Sie in Ihrem Unternehmen einen sog. Corporate Newsroom, also eine zentrale, räumlich zusammengefasste Organisationseinheit für die kontinuierliche Produktion von Inhalten, mit getrennten Verantwortlichkeiten für Themen und Medienkanäle? Diskutieren Sie die Einführung eines solchen Newsrooms oder gibt es keine Planung dafür? Bitte entscheiden Sie sich für eine der Aussagen.“; Einfachauswahl; Basis: n = 114 gültige Antworten.
4.4.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick Die inhaltlichen Schwerpunkte der Kommunikationsarbeit liegen vor allem bei „Inside-Out“-Themen wie der Unternehmensstrategie oder der Organisationsentwicklung. „Outside-In“-Themen, die von der Unternehmensumwelt her gedacht sind, spielen eine deutlich geringere Rolle – mit Ausnahme des Them-
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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as Digitalisierung, dem die befragten Kommunikationsverantwortlichen eine steigende Relevanz bescheinigen.
Die Themenplanung der befragten Unternehmen richtet sich in erster Linie an den von der Kommunikationsabteilung geplanten Inhalten und festgelegten Botschaften aus. Erst nachrangig orientiert sich die Kommunikationsarbeit an aktuellen Ereignissen sowie den Interessen der Stakeholder. Die eigene Kommunikationsstrategie steht damit klar im Vordergrund, wenn es um die Orientierungsgrößen der Themenplanung geht. Diese Zentrierung auf das Unternehmen kommt auch bei den Kriterien der Themenauswahl klar zum Ausdruck. Mit Blick auf die Bezugspunkte der ausgewählten Themen kommt aktuellen Ereignissen und Entwicklungen in der Firma sowie der Unternehmensstrategie die größte Bedeutung zu. Neben diesen strategischen Überlegungen spielen stakeholderbezogene Aspekte nur punktuell eine Rolle, z. B. in Form von Unterhaltungsaspekten oder einer Nutzenorientierung. Auch wenn es um Selektionskriterien auf der operativen Ebene geht, ist die Firma der Dreh- und Angelpunkt. Der direkte Unternehmensbezug eines Themas ist das mit Abstand wichtigste Kriterium dafür, ob es als Kommunikationsinhalt ausgewählt wird. Insgesamt haben die Auswahlkriterien, an welchen Themen gemessen werden, ihren Ursprung somit primär im Unternehmen und sind daher „Inside-Out“-geprägt. Federführend zuständig für die Festlegung und Aufbereitung der Themen zeichnet in den befragten Unternehmen zu allererst die Abteilung Corporate Communications. Während auch dem Vorstand hier noch eine wichtige Rolle zukommt, sind die Abteilungen Marketing und Personal eher beteiligt als verantwortlich. Unternehmensinterne Akteure sind die mit Abstand wichtigsten Quellen für die Themenfindung. Sie spielen erwartungsgemäß eine weit größere Rolle als Akteure aus dem Firmenumfeld, wenn es darum geht, von wem Themen an die Kommunikationsabteilung herangetragen werden. Allen voran liefern der Vorstand und das Top-Management bzw. die Führungskräfte des Unternehmens inhaltlichen Input. Das Themenmanagement bringt für die befragten Kommunikatoren eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich. Die größten Schwierigkeiten bereiten ihnen konkrete Maßnahmen und deren Umsetzung – insbesondere die stakeholdergerechte Aufbereitung von Themen und das richtige Timing bei der Kommunikation. Was die strategische Ausrichtung des Themenmanagements betrifft, fällt es den befragten Kom-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
munikationsverantwortlichen besonders schwer, Themen mit eigenen Positionen zu besetzen. Der Corporate Newsroom ist aus Sicht der befragten Kommunikatoren eine durchaus attraktive Option. In einer deutlichen Mehrheit der befragten Firmen ist aber die Kommunikation im Jahr 2016 noch nicht in Form eines solchen Kommunikationszentrums organisiert.
„Content is king“ – dieser neue Ansatz der Unternehmenskommunikation wird in der Fachöffentlichkeit intensiv diskutiert. Aber was verbirgt sich hinter dem schillernden Begriff Content-Management? In erster Linie ist damit ein Umdenken gemeint (Mast 2016a, S. 48ff.): Statt einzelne Medien an den Ausgangspunkt der Kommunikationsarbeit zu stellen und die Folgeschritte an den spezifischen Herausforderungen des jeweiligen Kanals auszurichten, bilden die Themen den Startpunkt. Erst wenn festgelegt wurde, was gesagt werden soll, kommen die Kommunikationswege ins Spiel – und damit auch die Frage, welches Thema sich am besten für welchen Kanal eignet und in welcher Weise es dafür aufbereitet werden muss. Ein zentraler Vorteil dieser Vorgehensweise sind Synergieeffekte. Denn die Themen werden nicht mehr von einzelnen Teams für verschiedene Kanäle mehrfach medienspezifisch aufbereitet, sondern zentral. Dies vermeidet Doppelarbeit und vereinfacht die internen Abstimmungsprozesse – erhöht also die Effizienz der Kommunikationsarbeit. Viele Wege führen zu diesem Ziel. Entscheidend ist letztendlich, dass die Produktionsprozesse medienübergreifend organisiert und die Verantwortlichkeiten für Medien und Themen separiert werden. Bislang hat nur eine Minderheit der Unternehmen hierfür einen, am Vorbild des Journalismus angelehnten Corporate Newsroom eingeführt. Die Kommunikationsverantwortlichen scheinen sich zu fragen, ob ein solches Kommunikationszentrum tatsächlich das Potenzial hat, die aktuellen Probleme der Unternehmenskommunikation zu lösen (Mast 2016a, S. 52f.): Auch wenn viele positive Effekte denkbar sind, z. B. eine beschleunigte Abstimmung oder eine optimierte Kooperation zwischen den Abteilungen Kommunikation, Marketing und Personal – konkrete Belege, dass die gewünschten Effekte tatsächlich eintreten, liegen bislang noch nicht vor. Klar ist allerdings: Die Orientierungsgrößen und Auswahlkriterien, die die Themenplanung der Kommunikationsverantwortlichen im Jahr 2016 leiten, sind eindeutig „Inside-Out“-geprägt. Sie stellen also die Firmen selbst in den Mittelpunkt, nicht etwa die Stakeholderinteressen. Die Unternehmenskommunikation nimmt dadurch folgende Rollen ein (Mast 2016a, S. 53f.): Als „Inside-Out“-Informationsvermittler tragen die Firmen die Abläufe im Unternehmen nach Außen und stellen damit Transparenz über das Geschehen her. Sie zeigen den Stakeholdern auf, welchen Kurs das Unternehmen einschlagen
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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wird und welche Handlungen von ihm künftig zu erwarten sind. Indem sich die Firmen als Experten zu Fachthemen wie die Digitalisierung äußern, vermitteln sie Fach- und Handlungskompetenz. Die Zielgruppen kommen erst ins Spiel, wenn es darum geht, eigene Kommunikationsverbindungen zwischen Firma und Stakeholdern aufzubauen und langfristig aufrecht zu erhalten. Dann fungiert die Unternehmenskommunikation als Unterhalter, der spannende Inhalte liefert und dadurch Aufmerksamkeit weckt, aber auch als Ratgeber, der bei seiner Themenauswahl den Nutzen für den Alltag der Menschen im Blick hat. 4.5 Nachdenken über die Zukunft der Unternehmenskommunikation: Welche Rolle, Einfluss, Gestaltungsmacht und welche Kooperationspartner? Welche Aufgaben bestimmen den Arbeitsalltag der Kommunikationsverantwortlichen in den Firmen? Welche Aktionsfelder des Themenmanagements sind für die Kommunikatoren besonders leicht umzusetzen und welche stellen sie vor große Herausforderungen? Wie wird die Kooperation mit Multiplikatoren künftig ablaufen? Und in welche Richtung wird sich die Unternehmenskommunikation generell entwickeln? Für die Zukunft der Corporate Communications sind viele Szenarien denkbar – bis hin zur futuristisch anmutenden Vorstellung, dass die Arbeit der Kommunikationsabteilungen vielleicht künftig von Bots und Algorithmen dominiert wird. Die Befragung der Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands skizziert im Jahr 2017 das Handlungsfeld rund um die zentralen Trends Content Management und Umgang mit Multiplikatoren (s. Abb. 41). Sie geht außerdem den Fragen nach, welche Aktionsfelder die Kommunikationsarbeit heute beschäftigen und wie die Kommunikationsexperten die künftige Rolle der Unternehmenskommunikation einschätzen. Dieses Kapitel beleuchtet die Ergebnisse der Umfrage. Der erste Teil widmet sich zwei zentralen Handlungsfeldern: der heutigen Situation des Themenmanagements und den Zukunftseinschätzungen der Kommunikatoren, wenn es speziell um die Zusammenarbeit mit Multiplikatoren geht. Der zweite Teil des Kapitels nimmt die Unternehmenskommunikation als Ganzes in den Blick. Zunächst geht es um die Frage, welchen Aktionsfeldern sich die Kommunikationsverantwortlichen aktuell besonders intensiv widmen und welche eine untergeordnete Rolle spielen. Den Abschluss bilden die Einschätzungen der Kommunikatoren zu Szenarien über die Zukunft der Unternehmenskommunikation.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 41: Steckbrief TOPKOM 2017 Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der DAX-30-/ MDax-/TecDAX-Unternehmen sowie der 500 umsatzstärksten Unternehmen, Banken und Versicherungen Deutschlands Teilnahme 145 Unternehmen Inhaltlicher Schwerpunkt Methode Durchführung Erhebungszeitraum
Aktionsfelder von Themenmanagement und Unternehmenskommunikation & Zukunftseinschätzungen zu Multiplikatoren und Unternehmenskommunikation Umfrage mittels schriftlichem und Online-Fragebogen; offene und standardisierte Fragen Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) März bis Mai 2017
Quelle: in Anlehnung an Mast 2017c, S. 71.
4.5.1 Zentrale Handlungsfelder im Kommunikationsmanagement und Perspektiven Welche Herausforderungen bringen das Kommunikationsmanagement und die Themenplanung für die Verantwortlichen mit sich? Welche Aktionsfelder sind dabei in der Kommunikationspraxis eher einfach umzusetzen – und welche stellen für die Unternehmenskommunikation eine echte Hürde dar? Kommunikationsmanagement: Klassische und neue Aktionsfelder Erwartungsgemäß gehen den befragten Kommunikationsexperten alltägliche Routineaufgaben vergleichsweise leicht von der Hand (s. Abb. 42). So finden mehr als neun von zehn Kommunikatoren aktuelle Anfragen von Journalisten und anderen Stakeholdern, die tagtäglich die Kommunikationsabteilungen erreichen, eher einfach zu beantworten (94 %). Die Befragten haben auch keine größeren Schwierigkeiten bei der Kooperation mit anderen Unternehmensbereichen wie Human Relations und Marketing (70 %) sowie beim Einhalten von Terminen, Budgets oder anderen Vorgaben (68 %). Etwa sieben von zehn aller befragten Kommunikationsverantwortlichen gelingt es mühelos, Schwerpunktthemen zu planen (77 %), potenziell oder aktuell kritische Inhalte zu identifizieren (73 %) sowie komplizierte Themen verständlich zu machen (73 %) und für die verschiedenen Medienkanäle aufzubereiten (70 %).
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Für rund sechs von zehn aller Befragten ist es auch vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen, wenn Themen in den Deutungsrahmen des Unternehmens eingeordnet (65 %), ausreichend Content beschafft (65 %), eigene Themen gesetzt (58 %) und Stellungnahmen in Krisensituationen abgegeben (58 %) werden müssen. Auf Ebene der über alle Befragten hinweg berechneten Durchschnittswerte ist eine klare Mehrheit der Kommunikationsverantwortlichen der Ansicht, dass die genannten Aktionsfelder einfach umzusetzen sind. Es fällt jedoch auf: Je größer die Firma ist, desto leichter fällt ihr die Kommunikation in Krisensituationen. Beinahe drei Viertel der Kommunikatoren von Unternehmen ab 10.000 Mitarbeitern beurteilen diese Aufgabe als einfach (72 %). Ein Grund hierfür dürfte sein, dass größere Firmen stärker im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – und deshalb häufiger mit Kommunikationskrisen konfrontiert sind und eine entsprechende Routine bei deren Bearbeitung entwickelt haben. Nur noch einen kleinen Überhang positiver Einschätzungen gibt es hingegen, wenn es darum geht, Formate der Face-to-Face-Kommunikation zu organisieren (54 %). Rund die Hälfte aller Befragten stuft diese Aufgabe als eher einfach ein, während die andere Hälfte sie als eher anspruchsvoll empfindet. Bei Betrachtung der verschiedenen Unternehmensgruppen zeigt sich: Eindeutig außerhalb der Komfortzone kommunikativer Routineaufgaben angesiedelt ist schließlich die Formulierung übergreifender Strategien für die vielen Themen, über die die eigene Firma spricht. Nur noch vier von zehn aller befragten Kommunikatoren geben hier zu Protokoll, dass ihnen dies leicht von der Hand geht (40 %). Und wie bewerten die Kommunikationsverantwortlichen Aktionsfelder des Themenmanagements, die explizit die Stakeholder der Unternehmen in den Blick nehmen? 68 Prozent aller Befragten stellt es vor keine besonders große Herausforderung Themen zu finden, die bei den eigenen Zielgruppen gut ankommen –Wenn es darum geht, mit Stakeholdern in Dialog zu treten, lässt sich dies der Erfahrung der Kommunikatoren nach bei internen Gruppen wie Mitarbeitern, Fach- und Führungskräften vergleichsweise einfach realisieren – und auch deutlich leichter als bei externen Zielgruppen. Drei Viertel der Befragten stufen den Dialog mit Unternehmensmitgliedern als eher einfache Kommunikationsaufgabe ein (75 %). Bei externen Stakeholdern trifft dies nur zu 56 Prozent zu – und sogar nur zu 41 Prozent, wenn es sich um Firmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern handelt. Die Initiierung eines Stakeholderdialogs ist die eine Sache. Stakeholder zu motivieren, selbst Inhalte für die Unternehmenskommunikation beizusteuern, ist eine ganz andere. Wie zu erwarten ist, sehen nur wenige der Befragten den „User-generated Content“ als ein einfach zu realisierendes Aktionsfeld an – mehr noch: Die beiden zur Abstimmung gestellten Aussagen, die sich mit die-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
ser Thematik beschäftigen, bilden das Schlusslicht des Rankings. Überraschend ist allerdings, dass es die Kommunikationsexperten nicht deutlich weniger Mühe kostet, die eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter zum Erstellen von Inhalten zu bewegen, als das bei den externen Stakeholdern der Fall ist. Nur 24 Prozent aller befragten Kommunikatoren finden dies bei Firmenangehörigen einfach zu bewerkstelligen, bei externen Stakeholdern wie insbesondere Kunden sind es 28 Prozent. Nochmals deutlicher wird dieser Befund, wenn man sich folgenden Einzelwert vor Augen führt: Marginale ein Prozent der Befragten – und damit weniger als bei allen anderen abgefragten Aktionsfeldern – entscheiden sich für die positivste Ausprägung der Skala, wenn es um die Motivation der Belegschaft zur Content-Produktion geht. In diesem Punkt besteht also dringender Handlungsbedarf. Denn durch die immer zahlreicheren Kanäle benötigt die Unternehmenskommunikation mehr Inhalte – die dafür den Kommunikationsabteilungen zur Verfügungen stehenden Budgets und Produktionskapazitäten sind aber begrenzt, weshalb sie hier auf Unterstützung angewiesen sind (Mast 2017c, S. 76). Auch hier zeigen sich allerdings Unterschiede in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens: Kleinere Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern finden es auffallend schwierig, Führungskräfte und Mitarbeiter zur Content-Produktion zu motivieren. Hier geben nur neun Prozent der Befragten an, dass dies keine Herausforderung darstellt. Diese Ergebnisse zeigen: Die Kommunikationsexperten bewegen sich in ihrem Arbeitsalltag im Spannungsfeld zwischen Themenidentifikation und management sowie der Umsetzung der Inhalte in persönliche Kommunikationsformate. Im Umgang mit Themen – von der Planung der Schwerpunkte, über das Erkennen kritischer Inhalte bis hin zur Aufbereitung komplizierter Themen − sind die Kommunikationsexperten routiniert. Selbst die höchst anspruchsvolle Aufgabe des Agenda-Settings, bei der es darum geht, Inhalte in die öffentliche Themenagenda einzuspeisen, empfinden die Kommunikatoren mehrheitlich als gut machbar. Die persönliche Kommunikation hingegen fordert sie deutlich stärker – insbesondere wenn es darum geht, Face-to-FaceKommunikationsformate zu organisieren oder den Dialog mit externen Stakeholdern zu gestalten. Gleiches gilt für die Königsdisziplin des Themenmanagements, das Konzipieren einer übergreifenden Content-Strategie. Bislang liegt das Auffinden und Aufbereiten von Themen fast ausschließlich in den Händen der Kommunikationsabteilungen. Deshalb ist es für die Kommunikationsexperten auch nicht immer einfach, genügend Inhalte für die vielen Medienkanäle zu beschaffen. Sie tun sich noch schwer damit, auch andere potenzielle Themenlieferanten davon zu überzeugen, selbst Inhalte einzubringen. Insbesondere das Potenzial der sozialen Netzwerke, die ja davon
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Abb. 42: TOPKOM 2017 – Aktionsfelder des Themenmanagements Eher einfach umzusetzen Aktuelle Anfragen, z. B. von Journalisten, bewältigen
Eher schwierig umzusetzen 6 1
37
57
Schwerpunktthemen planen
29
48
20
3
Mit internen Stakeholdern in den Dialog treten
28
47
24
1
Themen erkennen, die kritisch werden
16
57
25
2
Komplizierte Themen verständlich machen
14
59
24
3
Mit anderen Bereichen, z. B. HR und Marketing, kooperieren
23
6
53
23
7
47
28
4
39
31
Inhalte für die unterschiedlichen Medienkanäle aufbereiten
17
Vorgaben, z. B. Termine und Budget, einhalten
21
Themen finden, die bei den Stakeholdern ankommen
17
51
28
4
Themen in den Deutungsrahmen (Story) des Unternehmens einordnen
16
49
30
5
28
7
Genügend Content / Themen für die vielen Kanäle beschaffen
42
22
Agenda‐Setting: Eigene Themen setzen
48
10
In Krisensituationen sprechen
17
Mit externen Stakeholdern in den Dialog treten
14
42
Formen der Face‐to‐Face Kommunikation organisieren und gestalten
13
41
Übergreifende Strategien für die vielen Themen formulieren
6
Externe Stakeholder motivieren, Inhalte für das Unternehmen zu produzieren
8
Führungskräfte und Mitarbeiter motivieren, selbst Inhalte zu produzieren
1
41
23
10
35
7 3
40
6
40 16
44
34 20
31
40 50
32 26
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Und nun werfen wir einen Blick auf die heutige Situation und die Themen der Unternehmenskommunikation. Es geht also um die Inhalte – um das, „Was“ gesagt wird. Wie ist da Ihre Einschätzung? Bitte sagen Sie uns, welche der nachfolgenden Aktionsfelder Sie in der täglichen Praxis eher als schwierig oder einfach empfinden. Was ist Ihrer Erfahrung nach eher schwierig umzusetzen und was eher einfach?“; 4-stufige Skala von „eher schwierig umzusetzen“ bis „eher einfach umzusetzen“; Basis: n = 141-145 gültige Antworten.
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
leben, dass sie von verschiedenen Seiten mit Inhalten „gefüllt“ werden, wird offenbar noch nicht voll ausgeschöpft. Noch bedenklicher ist allerdings der Befund, dass selbst Firmenangehörige wie Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmensexperten nur schwer zur Content-Erstellung zu motivieren sind. Zusammenarbeit mit Multiplikatoren ist eingespielt Neben dem Themenmanagement ist auch der Umgang mit Multiplikatoren eine Aufgabe, mit der sich die Kommunikationsverantwortlichen tagtäglich auseinandersetzen. Für die Unternehmenskommunikation ist dabei von entscheidender Bedeutung, wie gut es gelingt, diese Meinungsführer anzusprechen und zu überzeugen – und letztendlich für die Kommunikation ihrer Botschaften an die Zielgruppen einzusetzen. Welche Multiplikatoren glauben die Kommunikatoren in Zukunft leichter für ihre Zwecke gewinnen zu können? Und bei welchen ist dies mit größerer Mühe verbunden? Die Ergebnisse der TOPKOM-Umfrage 2017 zeigen (s. Abb. 43): Die Beziehungen zu den relevanten Multiplikatoren sind offenbar gut etabliert. Denn die Kommunikatoren erwarten diesbezüglich keine allzu großen Veränderungen. Bei allen abgefragten Multiplikatoren stimmen mehr Kommunikationsverantwortliche für eine künftig unverändert funktionierende Kooperationsbeziehung. Sie erwarten nicht, dass es einfacher oder schwieriger wird. Besonders deutlich kommt diese Stabilitätserwartung zum Vorschein, wenn es um firmeneigene Experten (80 %), zielgruppenspezifische Medien (73 %) und eigenständige Online-Plattformen (73 %) geht. Dass sich die Zusammenarbeit im Vergleich zur heutigen Situation weder verschlechtern noch verbessern wird, glauben viele Befragte auch bei den Journalisten aus Presse und Rundfunk (72 %). Sie vertrauen somit auf diese über viele Jahrzehnte eingespielte Kooperation zwischen Unternehmenskommunikation und den traditionellen Massenmedien. Bei Social-Media-Kanälen gehen mit einem knappen Drittel noch am meisten Befragte davon aus, dass es die Unternehmenskommunikation in Zukunft leichter haben wird (30 %). Für die Firmen war es mit einem erheblichen Aufwand verbunden, die Kommunikationsabteilungen strukturell wie personell an die Spielregeln der sozialen Netzwerke anzupassen. Die Befragten blicken nun positiv in die Zukunft und gehen davon aus, dass sich diese Anstrengungen auszahlen – und die Kommunikationsarbeit in den Social Media mit weniger Mühe verbunden sein wird. Ein Vergleich der Branchen zeigt, dass es aber durchaus unterschiedliche Auffassungen über die künftige Nutzung der sozialen Netzwerke in der Unternehmenskommunikation gibt: Kommunikatoren aus Unternehmen der Branche Chemie und Pharma denken zu 43 Prozent, dass deren Nutzung in Zukunft
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einfacher wird, gleichzeitig stufen sie aber auch 36 Prozent als künftig schwieriger ein – mit anderen Worten: Die Einschätzungen gehen hier sehr weit auseinander, je nachdem, um welches Unternehmen es sich im Einzelnen handelt. Die Firmen des Groß- und Einzelhandels hingegen sind sich recht einig, denn hier sind 73 Prozent der Befragten der Auffassung, dass der Umgang mit Facebook, Twitter, YouTube und Co. unverändert bleibt. Nach den sozialen Netzwerken sind die Mitarbeiter (24 %) und Führungskräfte (23 %) diejenigen Multiplikatoren, bei denen ebenfalls noch mehr als zwei von zehn Kommunikatoren eine künftig reibungslosere und fruchtbarere Zusammenarbeit prognostizieren – dies ist nachvollziehbar, denn dabei handelt es sich schließlich um zentrale interne Stakeholdergruppen. Doch auch hier sind nicht alle Kommunikatoren gleich optimistisch gestimmt. In Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern denken zwar auch 23 Prozent der befragten Kommunikationsverantwortlichen, dass der Umgang mit Mitarbeitern als Botschaftern in Zukunft einfacher werden wird, doch gleichzeitig ist ein Drittel auch vom Gegenteil überzeugt (32 %). Bei welchen Multiplikatorengruppen erwarten die Kommunikationsexperten, dass es für die Unternehmenskommunikation künftig schwieriger wird? Etwas mehr als ein Drittel aller Befragten glaubt, dass es mühevoller wird, Blogger und Influencer zu überzeugen (34 %). Ein Grund für diese Einschätzungen dürfte darin liegen, dass sich diese Multiplikatoren mittlerweile emanzipiert haben – weg von kommunikativen Nischen hin zu Angeboten, die unter Umständen über größere Followerzahlen und damit höhere Reichweiten verfügen als die Firma selbst. Viele Influencer haben sich positioniert, haben keine Erwartungen an die Zusammenarbeit mit Unternehmen und sind selbstbewusster geworden. Mit einzelnen Personen, die sich im Internet äußern, schließt ein weiterer Netzakteur an. 29 Prozent aller Befragten gehen hier von einer künftig höheren Hürde aus. Zudem glauben die Kommunikationsexperten, dass es sie mehr Mühe kosten wird, wenn Kunden als Testimonials für die Unternehmenskommunikation auftreten sollen. 26 Prozent aller Befragten sind dieser Ansicht – bei den Firmen aus dem Bereich Chemie und Pharma sind es sogar stolze 50 Prozent.
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Abb. 43: TOPKOM 2017 – Überzeugungskraft der Unternehmenskommunikation bei den Multiplikatoren künftig wichtiger
künftig gleich wichtig
künftig unwichtiger
Social‐Media‐Kanäle, z. B. Facebook, Twitter, Youtube
70
26
3
Mitarbeiter als Botschafter
70
28
2
62
Blogger / Influencer im Netz Führungskräfte als Multiplikatoren
49
Website des Unternehmens
47
Kunden als Testimonials
40
Organisierte Formen des persönlichen Austauschszwischen Unternehmens‐ vertretern und Stakeholdern
39
Fachleute / Experten des Unternehmens als Referenten / Autoren
35
Kundenmedien („owned media“)
34
Medien für spezielle Zielgruppen, z. B. Entscheider, Experten
33
Einzelne Personen, die im Netz ihre Meinung sagen und werten (Kommentare, Foren…)
33
Eigenständige Online‐Plattformen, z. B. Huffington Post Journalisten aus Presse und Rundfunk Zufällige Kontakte von Unternehmens‐ vertretern und Stakeholdern
26 48
3
46
8
48
12
58
3
56
8
52
14
58 49
27
54
9 6
12
8 18 19
80 69
11 25
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Bleiben wir bei den Multiplikatoren. Bei den einen hat es ein Unternehmen leichter, sie anzusprechen und zu überzeugen. Bei den anderen kann es schwieriger werden. Was glauben Sie: Bei welchen Multiplikatoren wird es in Zukunft wohl für die Unternehmenskommunikation einfacher oder schwieriger, sie zu überzeugen und bei welchen wird es gleich bleiben?“; 3-stufige Skala; Basis: n = 141-145 gültige Antworten.
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Wichtige Aufgaben: Media Relations und Beratung der Unternehmensleitung Von Information und Sprechertätigkeit über internes Coaching und Moderation bis hin zu Aufbau und Pflege von Beziehungen zu externen und internen Gruppen – das Leistungsportfolio der Unternehmenskommunikation fächert sich breit auf. Klar ist deshalb, dass sich die Kommunikationsabteilungen nicht zu jeder Zeit allen Aufgaben gleichermaßen annehmen können. Welche Aktionsfelder spielen für die Kommunikationsverantwortlichen im Jahr 2017 eine sehr wichtige Rolle? Und um welche Bereiche kümmern sich die Kommunikatoren kaum oder gar nicht? Die Beziehungspflege zu den Journalisten schätzen die Kommunikationsverantwortlichen als elementar ein und setzen sie auf Platz eins des Rankings (s. Abb. 44). Für 95 Prozent der Befragten ist dieses Aktionsfeld wichtig oder sehr wichtig. Interessant ist, dass die Interaktion mit Bloggern und Influencern demgegenüber nur für 60 Prozent aller Kommunikationsexperten eine bedeutsame Aufgabe ist – und dieser Wert fast um ein Drittel geringer ausfällt als bei den Journalisten. Trotz des Siegeszugs des Internets investieren die Kommunikatoren deutlich mehr Zeit in die klassische Media Relations als in die Beziehungen zu Netz-Multiplikatoren. An zweiter Stelle der Aktionsfelder steht die Beratungsfunktion für die Unternehmensleitung. Neun von zehn aller befragten Kommunikationsverantwortlichen geben an, dass diese interne Coaching-Leistung eine (sehr) wichtige Rolle spielt (91 %). Eine Anlaufstelle für Firmenmitglieder auf unterhalb des Top-Managements angesiedelten Hierarchieebenen – nämlich für Führungskräfte und Kommunikatoren – zu sein, steht hingegen bei deutlich weniger Befragten auf dem Plan (78 %). Den dritten Platz des Rankings belegt die Funktion als Frühwarnsystem. 88 Prozent aller befragten Kommunikationsverantwortlichen sehen es als wichtige Aufgabe, auf kritische Entwicklungen aufmerksam zu machen. Weitere 75 Prozent aller Kommunikatoren verstehen die Unternehmenskommunikation als permanenten Krisenmanager. Kommunikative Gefahren rechtzeitig zu erkennen, spielt demnach eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag der befragten Experten. Allerdings fällt bei Betrachtung der verschiedenen Unternehmensgruppen auf: Kleinere Firmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern stufen die Rolle als Krisenmanager mit 59 Prozent Zustimmung als deutlich weniger wichtig ein als der Durchschnitt. Um diese Warnfunktion ausüben zu können, ist es auch wichtig, einen Dialog mit externen Stakeholdern zu etablieren. Denn im Dialog zu stehen, bedeutet nicht nur zu sprechen, sondern auch zuzuhören. So können Beobachtungen aus diesen Austauschprozessen in das Unternehmen zurückgespiegelt und gegebenenfalls erfolgskritische Themen rechtzeitig identifiziert werden. 87 Prozent aller befragten Kommunikationsverantwortlichen verstehen sich
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als Ansprech-, Gesprächs- und Dialogpartner für externe Stakeholder. Ebenfalls nach außen gerichtet sind die Funktionen des Sprechers für die Unternehmensleitung (85 %) und die des Publizisten, der eine eigene Medienlandschaft unterhält (78 %). Weiter unten im Ranking rangiert die Funktion des Moderators – zwischen der Geschäftsführung und externen Stakeholdern (70 %) sowie intern zwischen den unterschiedlichen Interessen im Unternehmen (57 %). Abb. 44: TOPKOM 2017 – Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation Die Unternehmenskommunikation …
Sehr wichtig
Weniger wichtig
… pflegt Beziehungen zu Journalisten.
73
60
22
0
… berät die Unternehmensleitung.
59
8 1
32
0
… warnt vor kritischen Entwicklungen.
48
12 0
40
0
… gestaltet den Dialog mit externen Stakeholdern.
43
13 1
44
0
… spricht für die Unternehmensleitung.
51
34
2
11 2
… betreibt eine eigene Medienlandschaft.
36
… coacht die Führungskräfte und hilft den Kommunikatoren im Unternehmen.
42
46
… agiert als ständiger Krisenmanager.
32
40
35
16
33
14
4 4
21
3 1
… moderiert zwischen der Geschäftsführung und externen Stakeholdern.
28
… pflegt Beziehungen zu Bloggern und Influencern im Netz.
22
… vermittelt intern zwischen unterschiedlichen Interessen.
20
42
38
37
19
25
29
7 4
8
8
8
5
spielt keine Rolle Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Die Unternehmenskommunikation hat sehr viele unterschiedliche Aufgaben, kann sich aber nicht um alle gleichermaßen kümmern. Wie wichtig sind die nachfolgenden Aktionsfelder der Unternehmenskommunikation derzeit in Ihrer Kommunikationsarbeit? Mit den Kästchen dazwischen können Sie Abstufungen vornehmen.“; 4-stufige Skala (mit zusätzlicher Antwortoption „spielt keine Rolle“); Basis: n = 143-145 gültige Antworten.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
151
4.5.2 Zukunftseinschätzungen und Aussichten Wohin geht die Reise der Unternehmenskommunikation? Welche Zukunftsvisionen haben die Kommunikationsverantwortlichen, wenn es um die Kommunikation ihrer Firma in etwa fünf Jahren geht? Beinahe alle befragten Experten finden die Aussage zutreffend oder voll und ganz zutreffend, dass immer mehr Kanäle mit Inhalten gefüllt werden müssen und die Unternehmenskommunikation deshalb an Vielfalt gewinnt (95 %; s. Abb. 45). Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung, die die Kommunikation in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat, überrascht diese Einschätzung nicht: Zuerst brauchten die Unternehmen eine Website, um im neuen Medium Internet präsent zu sein. Dann waren es die mobilen Endgeräte, für die Anwendungen entwickelt und Inhalte adaptiert werden mussten – ganz zu schweigen von den ständig neuen Online-Plattformen, die wie Pilze aus dem Boden schossen und jeweils eigenständige Spielregeln der Kommunikation diktierten. Mit einer Unternehmenskommunikation, die sich allein auf die altbewährten Media Relations und die Regeln der klassischen Medien verlässt, kommen die Firmen heute nicht mehr weit. Die Kommunikationsverantwortlichen gehen davon aus, dass diese Entwicklung noch nicht angeschlossen ist – und dass die Vielfalt an Kommunikationskanälen und damit auch der Bedarf an Inhalten deshalb weiter steigen wird. Die Befragten prognostizieren außerdem einen grundlegenden Wandel im Bereich der internen Kommunikation. Mehr als acht von zehn Kommunikationsexperten gehen davon aus, dass sich künftig an der Praxis der Führungskräftekommunikation entscheiden wird, wie gut die interne Kommunikation gelingt (83 %). Damit wären die Kommunikationsabteilungen hier weniger als Sprecher gefordert – sondern mehr als Coach und Berater, der die Kommunikation der Führungskräfte unterstützt. Auf Ebene der Belegschaft stellt sich die Hälfte der Befragten (50 %) auf einen zunehmenden Kontrollverlust ein. Denn insbesondere durch die Möglichkeiten der Online-Kommunikation kann jeder einzelne Mitarbeiter zum Kommunikator werden. Der Einfluss der Corporate Communications und anderer zuständiger Abteilungen wie Human Resources oder IT auf die interne Kommunikation würde dadurch beschnitten. Mit Blick auf die externe Kommunikation geht nur noch etwas mehr als ein Drittel aller Befragten (36 %) davon aus, dass die allgegenwärtige Möglichkeit zur Interessensartikulation sich negativ auf den Stellenwert der Unternehmenskommunikation auswirkt. Knapp die Hälfte aller Kommunikationsexperten (49 %) führt Ressourcenkämpfe mit anderen Abteilungen als Grund dafür ins Feld, dass es die Unternehmenskommunikation künftig schwerer haben wird. Besonders kleine Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern sind von dieser Entwicklung überzeugt (73 %), während große Unternehmen mit
152
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
mindestens 10.000 Mitarbeitern dem gelassen entgegentreten (36 %). Dass speziell der Marketingabteilung die Verantwortung über immer mehr Bereiche der Unternehmenskommunikation in die Hände fallen könnte, befürchten hingegen weniger als drei von zehn aller Kommunikatoren (29 %). Die Mehrheit der Kommunikationsverantwortlichen sieht zwei weitere Gefahren von außen auf das Unternehmen zukommen: Für jeweils zwei Drittel Abb. 45: TOPKOM 2017 – Einschätzungen zur Zukunft der Unternehmenskommunikation Trifft künftig voll und ganz zu
Trifft künftig überhaupt nicht zu
Immer mehr Kanäle müssen mit Inhalten gefüllt werden. Die Unternehmenskommunikation wird vielfältiger und bunter.
61
34
0
Die Praxis der Führungskommunikation wird zum Dreh‐ und Angelpunkt, ob die Unternehmens‐ kommunikation im Inneren gelingt.
48
35
Empörungswellen in den Social Media werden eine Gefahr für die Reputation des Unternehmens.
19
47
Journalisten arbeiten immer mehr thesengeleitet und spitzen Storys zu. Sie werden zum Risikofaktor für das Unternehmen.
20
45
Jeder Mitarbeiter wird zum Kommunikator. Die Unternehmenskommunikation verliert an Einfluss auf die internen Kommunikationsabläufe.
19
Es gibt mehr Ressourcenkämpfe mit anderen Bereichen. Die Unternehmens kommunikation hat es schwerer. Presse und Rundfunk verlieren an Bedeutung. Das Unternehmen kommuniziert hauptsächlich über eigene Kanäle („owned media“) mit den Stakeholdern. Jeder artikuliert seine Interessen. Die Unternehmens‐ kommunikation verliert an Einfluss auf die externen Kommunikationsabläufe im Umfeld.
3
24
5
40
10
37
14
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15
Das Marketing bekommt die Verantwortung über immer mehr Bereiche der Unternehmenskommunikation. Bots und Algorithmen werden die Arbeit der Unternehmens‐ kommunikation bestimmen.
4
12
50
34
14
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22
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Wagen wir einen Blick in die Zukunft – etwa in fünf Jahren. Wohin geht wohl die Reise der Unternehmenskommunikation? Wir haben einige Szenarien formuliert und Sie sagen uns bitte, wie sehr diese Zukunftsbilder wohl einmal auf Ihr Unternehmen zutreffen werden. Sie können Ihre Einschätzung abstufen.“; 4-stufige Skala; Basis: n = 141-145 gültige Antworten.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
153
aller Befragten stellen Empörungswellen in Social Media (66 %) und die zunehmend thesengeleitete Arbeitsweise von Journalisten (65 %) einen Risikofaktor für die Firma bzw. dessen Reputation dar. Als mögliche Konsequenz könnten die Unternehmen künftig vorrangig über eigene Kanäle, sogenannte „owned media“, mit ihren Stakeholdern kommunizieren. Besonders Banken, Finanzinstitute und Versicherungen fürchten diese beiden Entwicklungen. Mit 85 Prozent Zustimmung schätzen hier überdurchschnittlich viele Kommunikatoren Empörungswellen in den sozialen Netzwerken als Gefahr ein, den Thesenjournalismus sehen mit 84 Prozent fast genauso viele als Risikofaktor. Die kritischere Auseinandersetzung mit dem Bankenwesen, die seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 in der Öffentlichkeit stattfindet, hat hier offenbar deutliche Spuren hinterlassen. Immerhin 42 Prozent aller Befragten halten es für möglich, dass Presse und Rundfunk in den kommenden Jahren an Bedeutung für die Unternehmenskommunikation verlieren. Mit lediglich 27 Prozent Zustimmung bewerten die Kommunikationsexperten das Szenario als am unwahrscheinlichsten, das Bots und Algorithmen künftig eine tragende Rolle in der Arbeit der Kommunikationsabteilungen zuspricht. Insgesamt zeigen die Ergebnisse: Die Kommunikationsverantwortlichen rechnen damit, dass sich die Unternehmenskommunikation in den kommenden fünf Jahren durch mehrere Spannungsfelder manövrieren muss – von internen und externen Multiplikatoren, über mannigfaltige Medienkanäle und dem zunehmenden Kontrollverlust in den sozialen Netzwerken bis hin zu Kompetenzgerangel mit anderen Unternehmensbereichen. Die Unternehmenskommunikation ist deshalb auch in Zukunft in besonderem Maße gefordert – denn es schlummern noch einige Herausforderungen, die angegangen werden wollen (Mast 2017c, S. 80). 4.5.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick Im Kontext des Themenmanagements sind die befragten Kommunikationsverantwortlichen besonders routiniert darin, eingehende Anfragen von Journalisten oder anderen Stakeholdern zu beantworten. Schwerpunktthemen zu planen, kritische Themen zu erkennen und schwer verständliche Themen aufzubereiten, stellen für rund drei Viertel der Kommunikationsexperten ebenfalls verhältnismäßig einfache Aufgaben im Kontext des Themenmanagements dar. Besonders schwierig wird es jedoch, wenn die eigenen Mitarbeiter, Führungskräfte und Fachleute oder externen Stakeholder motiviert werden sollen, Content beizusteuern. Gerade vor dem Hintergrund, dass rund ein Drittel der Kommunikationsverantwortlichen von der Herausforderung berichtet, genügend Inhalte für die vielen Medienkanäle aufzutreiben, gewinnt das Einbezie-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
hen der Stakeholder in die Content-Erstellung für die Unternehmenskommunikation jedoch an Relevanz.
Die befragten Kommunikatoren erwarten in Zukunft keine gravierenden Veränderungen bei der Zusammenarbeit mit Multiplikatoren. Die Unternehmenskommunikation hat also ihre Hausaufgaben gemacht und stabile Kooperationsbeziehungen etabliert. Tendenziell etwas einfacher wird in Zukunft, der Prognose der Experten nach, der Umgang mit sozialen Netzwerken sowie mit Mitarbeitern und Führungskräften. Eine tendenziell schwierigere Zusammenarbeit erwarten sie bei Bloggern und Influencern sowie bei Einzelpersonen, die das Internet als Plattform für ihre Meinungsäußerungen nutzen. Was die konkreten Aufgaben der Unternehmenskommunikation betrifft, spielt die Beziehungspflege zu Journalisten die wichtigste Rolle, gefolgt von der Funktion als Berater der Unternehmensleitung. Vor kritischen Entwicklungen zu warnen und den Dialog mit externen Stakeholdern zu gestalten, ist für die befragten Kommunikationsverantwortlichen ebenfalls ein besonders wichtiges Aktionsfeld. Die geringste Aufmerksamkeit kommt den Aufgaben zu, zwischen den unterschiedlichen Interessen im Unternehmen als Mediator zu vermitteln sowie die Beziehungen zu Bloggern und Influencern zu pflegen. Wohin geht die Reise der Unternehmenskommunikation in den nächsten fünf Jahren? Die befragten Kommunikationsverantwortlichen beantworten diese Frage nahezu einstimmig: Das künftige Bild der Unternehmenskommunikation wird in erster Linie von der Vielfalt der Medienkanäle geprägt – und von einem damit einhergehenden wachsenden Bedarf an Inhalten. In der internen Kommunikation prognostizieren die Kommunikationsexperten insbesondere einen steigenden Stellenwert der Führungskommunikation. Außerdem glauben die Befragten, dass auch die Mitarbeiter künftig verstärkt zu Kommunikatoren werden und der Einfluss der Unternehmenskommunikation auf die internen Kommunikationsabläufe dadurch schwindet. Im Bereich der externen Kommunikation sehen sie Gefahren auf die Unternehmensreputation zurollen – vor allem durch Empörungswellen in den sozialen Netzwerken und die zunehmend thesengeleitete Arbeitsweise der Journalisten.
Die Herausforderungen für das Content Management der Unternehmen liegen im Medienwandel. Er hat die Rahmenbedingungen des Journalismus drastisch verändert (Mast 2017c, S. 70): Die Print-Auflagen sinken, neue Anbieter drängen im Internet zuhauf auf den Informationsmarkt und machen den traditionellen journalistischen Angeboten Konkurrenz. Journalisten als alleinige
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
155
Herrscher über die öffentliche Agenda? Das war einmal. Denn nicht zuletzt werden auch Bürger im Internet zu Content-Produzenten – und sind nicht selten schneller damit als Augenzeugen aktuelle Ereignisse zu posten, als die Redakteure. Die bloße Nachricht ist damit kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr. Die Journalisten müssen neue Wege beschreiten. Dies kann durch Hintergrundinformationen und Einordnung geschehen, die den Bürgern einen Mehrwert bieten, aber auch durch veränderte Recherchetechniken, die exklusive Storys hervorbringen. Und die Unternehmenskommunikation? Die Firmen sehen sich zunehmend mit einem thesengeleiteten Journalismus konfrontiert, der eher storygetrieben als ergebnisoffen recherchiert (Mast und Spachmann 2015). Die Medienberichterstattung wird für die Unternehmen dadurch immer unkalkulierbarer. Langfristige und vor allem vertrauensvolle Beziehungen zu Journalisten werden in dieser von Unsicherheit geprägten Situation wichtiger denn je. Dass die Kommunikatoren die Beziehungspflege zu Journalisten als wichtigste Aufgabe der Unternehmenskommunikation einstufen, überrascht daher nicht. Nicht zuletzt ist die Abwehr oder zumindest Eindämmung von Medienrisiken aber auch ein gewichtiges Argument gegenüber der Unternehmensleitung, wenn es um die Budgetzuteilung geht (Mast 2017c, S. 74). Gleichzeitig setzt der Medienwandel die Firmen unter denselben Zugzwang wie den Journalismus (Mast 2017c, S. 76): Wie sollen sie sich die Unternehmen noch Gehör verschaffen, wenn sich immer neue Akteure im Netz zu Wort melden – und gleichzeitig die traditionelle Allianz mit dem Journalismus ebenso bröckelt wie dessen Einfluss auf die öffentliche Agenda? Und woher sollen sie die Inhalte für die immer zahlreicheren Kanäle nehmen, die die Firmen deshalb als direkten Zugang zu ihren Stakeholdern nutzen müssen? Schließlich sind die Produktionskapazitäten der Kommunikationsabteilungen begrenzt. Sie sind daher mehr denn je auf die Zulieferung von Inhalten angewiesen – von Mitarbeitern und Führungskräften aber auch von externen Stakeholdern wie Kunden und Experten –, empfinden die Content-Akquirierung aber als größtes Problem des Themenmanagements. Nachvollziehbar, dass die Kommunikatoren das zentrale Problem der Zukunft deshalb darin sehen, dass immer mehr Kanäle mit Inhalten gefüllt werden müssen. Die Reise der Unternehmenskommunikation ist also geprägt von Unsicherheiten und Risiken. Die personellen wie finanziellen Ressourcen wachsen aber nicht ebenso rasant wie der Aktionsradius und das Aufgabenspektrum der Kommunikationsabteilungen (Mast 2017c, S. 77). Mit einem einfachen „weiter so“ ist es deshalb nicht getan (Mast 2017c, S. 80): Ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist es, die Führungskräfte und Mitarbeiter als Botschafter und Content-Produzenten zu gewinnen. Damit einher geht die Suche nach neuen Formen der internen Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen wie Personal,
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Marketing, Vertrieb und IT. Die Unternehmenskommunikation der Zukunft ist der Vielfalt an Kanälen und dem gestiegenen Bedarf an Inhalten nur durch ein „Hand in Hand“ gewachsen. 4.6 Einsatz von Multiplikatoren: Mitarbeiter und Führungskräfte als zentrale Kommunikatoren wiederentdeckt Man muss kein Pressesprecher sein, um einem Unternehmen in der Öffentlichkeit eine Stimme und ein Gesicht zu verleihen. Spätestens seit Etablierung der sozialen Medien kann jedes einzelne Firmenmitglied seine Meinung im Netz kundtun – vom CEO, über die Führungskraft, bis hin zum bislang namenlosen Mitarbeiter. Hinzu kommen Akteure im Internet, die dem Unternehmen nicht angehören, aber es als Blogger oder Influencer zum Gegenstand ihrer eigenen Kommunikation machen und die Zielgruppen der Firma erreichen können. Für die Kommunikationsverantwortlichen der Unternehmen ist diese Entwicklung Segen und Fluch zugleich: Die Botschaften dieser firmeninternen Nicht-Kommunikatoren und Netz-Multiplikatoren kommen oftmals gut, vielleicht sogar besser bei den Stakeholdern an. Denn im Zweifel wirken sie authentischer und damit glaubwürdiger als die glattgeschliffene Rhetorik der Corporate Communications. Die Kommunikationsabteilungen gewinnen dadurch einerseits ein neues, machtvolles Instrument – büßen aber andererseits an Deutungshoheit ein. Ihre Rolle verändert sich grundlegend, weg vom einzig legitimierten Sprachrohr hin zum Dienstleister. Denn es ist an ihnen, die Multiplikatoren zu unterstützen, zu beraten und in die Lage zu versetzen, erfolgreich und vor allem im Sinne der firmeneigenen Kommunikationsstrategie mit den Stakeholdern zu kommunizieren. Abb. 46: Steckbrief TOPKOM 2018 Regelmäßige Vollerhebung unter den Kommunikationsverantwortlichen der DAX-30-/MDax-/ TecDAX-Unternehmen sowie der 500 umsatzstärksten Unternehmen, Banken und Versicherungen Deutschlands Teilnahme 121 Unternehmen Inhaltlicher Relevanz und Bewertung verschiedener Multiplikatoren & Schwerpunkt Unterstützung und Bewertung der Führungskräftekommunikation Methode Umfrage mittels schriftlichem und Online-Fragebogen; offene und standardisierte Fragen Durchführung Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) Erhebungszeitraum April bis Juni 2018 Quelle: in Anlehnung an Mast und Spachmann 2019, S. 74.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
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Aber wie genau kann die Unternehmenskommunikation Multiplikatoren wie Führungskräfte, Mitarbeiter oder Blogger ansprechen und zugleich in ihrer Funktion als Kommunikatoren unterstützen? Die Befragung der Kommunikationsverantwortlichen der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands beleuchtet im Jahr 2018 das Handlungsfeld rund um Multiplikatoren in der Kommunikation und legt dabei den Schwerpunkt auf Führungskräfte als zentrale Botschafter (s. Abb. 46). Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Umfrage. Zunächst stehen unternehmensinterne wie -externe Kommunikationswege im Blick, über die in den kommenden Jahren Unternehmensbotschaften an die Zielgruppen vermittelt werden sollen. Anschließend wird untersucht, wie wichtig Journalisten, Blogger und Influencer sowie Mitarbeiter verschiedener Hierarchieebenen als Multiplikatoren für die Unternehmenskommunikation sind. Der zweite Teil des Kapitels widmet sich speziell dem Thema Managementkommunikation. Neben der Bewertung der Kommunikationspraxis der Führungskräfte geht es dabei auch um die Frage, mit welchen konkreten Maßnahmen die Kommunikationsverantwortlichen ihre leitenden Angestellten dabei unterstützen. 4.6.1 Welche Kommunikationswege wichtiger werden Online-Medien haben sich längst als fester Bestandteil des Kommunikationsportfolios der Bürger etabliert. Dadurch stehen auch den Unternehmen – neben Journalisten und Co. – zusätzliche digitale Verbreitungskanäle zur Verfügung, um ihre Botschaften an die Zielgruppen zu transportieren. Aber zählen Online-Kanäle auch zu den Kommunikationswegen, die aus Sicht der Unternehmen in den kommenden fünf Jahren an Bedeutung gewinnen? Oder sehen die Kommunikatoren deren Zenit bereits überschritten – und prognostizieren deshalb, dass ihre Bedeutung gleichbleibt oder sogar sinkt? Kommunikationswege: Bedeutungszuwachs der Online-Kommunikation erwartet Aus den Ergebnissen der TOPKOM-Umfrage 2018 lässt sich eine klare Antwort auf diese Frage ablesen (s. Abb. 47): Die Kommunikationsverantwortlichen gehen davon aus, dass es insbesondere die Online-Kommunikation ist, die künftig eine (noch) größere Rolle im Kommunikationsmix der Unternehmen spielen wird. Denn sowohl die Social-Media-Kommunikation (69 %) als auch für die Online-Medienlandschaft typischen Multiplikatoren wie Blogger und Influencer (53 %) sowie Journalisten von Online-Medien (49 %) werden nach Einschätzung der befragten Kommunikatoren künftig wichtiger. Insbesondere kleine Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern schätzen mehr
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
noch als der Durchschnitt die Journalisten von Online-Medien als künftig wichtiger ein (68 %). Im Branchenvergleich wiederum weichen Unternehmen, die im Bereich Transport und Logistik tätig sind, in ihren Prognosen ab. Social-Media-Kommunikation und Journalisten von Online-Medien sehen sie weit weniger häufig als künftig wichtiger an (38 % bzw. 31 %). Und wie ist es um die Journalisten aus Presse und Rundfunk – einen der klassischen Verbreitungswege der Unternehmenskommunikation – bestellt? Verlieren diese zugunsten von Bloggern und Co. künftig an Bedeutung? Zwar gehen gerade einmal vier Prozent der Befragten davon aus, dass die klassische Media Relations in Zukunft wichtiger wird. Gleichzeitig ist aber mit drei von vier Kommunikatoren eine deutliche Mehrheit der Ansicht, dass die Journalisten aus Presse und Rundfunk (75 %) auch weiterhin eine wichtige Rolle für die Unternehmenskommunikation spielen werden. Einen Bedeutungsverlust der Media Relations prognostizieren die Kommunikationsverantwortlichen also keineswegs. Allerdings rücken auch weitere Multiplikatoren wie die Mitarbeiter (60 %), Kunden (48 %) und Führungskräfte (46 %) künftig verstärkt in den Blick der Unternehmenskommunikation. Somit sind für die befragten Kommunikatoren – neben der Online-Kommunikation – in Zukunft sowohl interne als auch externe Multiplikatoren wichtig. Diese sind für die Unternehmenskommunikation nicht nur wichtige Stakeholdergruppen als Adressaten, sondern eben auch als Kommunikatoren, die selbst die Botschaften der Firmen verbreiten. Diese Stakeholder als „Enabler“ in ihren vielfältigen Kommunikationsaktivitäten zu unterstützen und zu lenken, wird damit zu einer zentralen Aufgabe der Unternehmenskommunikation und ergänzt deren Rolle als „Sprecher“. Im Vergleich zwischen den einzelnen Unternehmen sind allerdings auch hier Unterschiede zu erkennen. Kleine Unternehmen mit weniger als 2.000 Mitarbeitern rechnen weniger stark damit, dass Mitarbeiter als Botschafter wichtiger werden (41 %). Die Befragten glauben außerdem, dass auch Betriebsräte (76 %), Vorstände bzw. Geschäftsführer (69 %), firmeneigene Experten (53 %) und unternehmenseigene Medien (56 %) künftig unverändert wichtige Kanäle der Unternehmenskommunikation sein werden. Insgesamt gehen die Kommunikatoren jedoch davon aus, dass das Feld der Multiplikatoren vielfältiger wird – und dass in den kommenden fünf Jahren, neben der zentralen OnlineKommunikation, eine Vielzahl anderer Multiplikatoren als Kommunikationswege der Corporate Communications genutzt werden.
159
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Abb. 47: TOPKOM 2018 – Bedeutung der Kommunikationswege in den kommenden fünf Jahren künftig wichtiger
künftig gleich wichtig
Social Media
künftig unwichtiger
Mitarbeiter als Botschafter
1
40
60
Blogger / Influencer im Netz
3
28
69
7
41
53
Journalisten von Online‐Medien
49
Kunden als Testimonials
48
46
Führungskräfte als Multiplikatoren
46
51
2
Fachleute / Experten des Unternehmens
44
53
3
Unternehmenseigene Medien
Betriebsräte Journalisten aus Presse und Rundfunk
8 2
69
29 76
8 4
6
56
37
Vorstände / Geschäftsführer
0
51
75
16 21
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage „Schauen wir mal auf die Kommunikationswege, über die Sie die Botschaften Ihres Unternehmens an die Zielgruppen vermitteln können. Was glauben Sie, wie sie sich entwickeln werden? Werden sie in den nächsten fünf Jahren eher wichtiger, unwichtiger oder wird es keine Veränderung geben?“; 3-stufige Skala; Basis: n = 119-121 gültige Antworten.
Multiplikatoren: Journalisten und Mitarbeiter wichtiger als Blogger und Influencer Multiplikatoren können der Unternehmenskommunikation Türen öffnen – etwa, weil sie eine hohe Glaubwürdigkeit genießen und deshalb besonders gut zu den Zielgruppen der Firmen vordringen. Andererseits können Meinungsführer für die Kommunikationsarbeit der Firmen aber auch zu einem nicht unerheblichen Risiko werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich deren Äußerungen weitgehend der Kontrolle der Unternehmen entziehen oder nicht die gewünschte Wirkung zeigen. Diese Vor- und Nachteile beleuchtet die TOPKOM-Umfrage 2018 anhand dreier zentraler Multiplikatorengruppen: den Journalisten aus Presse, Rundfunk und Online-Medien, den Bloggern und Influencern im Netz sowie den Mitarbeitern der Firmen. Die Ergebnisse zeigen (s. Abb. 48): Wenn es um die Frage geht, wie wichtig diese drei Gruppen
160
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
derzeit als Multiplikatoren der Unternehmenskommunikation sind, spielen insbesondere die Journalisten eine zentrale Rolle. Abb. 48: TOPKOM 2018 – Journalisten, Blogger und Mitarbeiter als Multiplikatoren im Vergleich Über … erreichen wir gut die Zielgruppen, die wichtig für uns sind.
Trifft künftig voll und ganz zu
Trifft künftig überhaupt nicht zu
30
Journalisten Blogger und Influencer im Netz
7
Mitarbeiter
11
32
42
19
2
12
57
7
34
48
Aussagen von … werden als sehr glaubwürdig wahrgenommen. 30
Journalisten Blogger und Influencer im Netz
3
14
50
2
12
48
39
Mitarbeiter
2
13
55
32
Die Wirkung der zweistufigen Kommunikation über … ist groß.
Blogger und Influencer im Netz
9
Mitarbeiter
14
21
44
26
2
18
58
23
Journalisten
27
52
7
… als Multiplikatoren sind für uns gut plan‐ und steuerbar. Journalisten Blogger und Influencer im Netz Mitarbeiter
34
21 11
34
3
48
43
6 3
42 46
8
Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Fragen: „Kommen wir zu den Journalisten aus Presse, Rundfunk und Online-Medien. Wie wichtig sind Journalisten als Multiplikatoren derzeit für die Kommunikation Ihres Unternehmens?/Nun zu Bloggern und Influencern im Netz: Wie wichtig sind diese Multiplikatoren derzeit für die Kommunikation Ihres Unternehmens?/Im Online-Zeitalter werden auch aus Mitarbeitern Kommunikatoren, die in ihren persönlichen Netzwerken und in den sozialen Medien über das Unternehmen erzählen oder Posts teilen. Welche Rolle spielen derzeit die Mitarbeiter für die Kommunikation Ihres Unternehmens? Bitte geben Sie bei den unten stehenden Aussagen jeweils an, ob diese Ihrer Einschätzung nach voll und ganz oder überhaupt nicht zutreffen.“; 4-stufige Skala von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft voll und ganz zu“; Basis: n = 117-121 gültige Antworten.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
161
So geben fast 90 Prozent der befragten Kommunikatoren an, dass sie via Journalisten (87 %) die für das Unternehmen wichtigen Zielgruppen erreichen. Mit deutlichem Abstand sehen drei von fünf Kommunikationsverantwortlichen in den Mitarbeitern (59 %) wichtige Multiplikatoren zur Ansprache der eigenen Zielgruppen. Bei Bloggern und Influencern (26 %) stimmt dem lediglich ein Viertel der Befragten zu. Dasselbe Muster von Journalisten als wichtigsten und Bloggern und Influencern als am wenigsten wichtigen Multiplikatoren zeigt sich, wenn man die Kommunikatoren nach der Wirksamkeit der zweistufigen Kommunikation über diese drei Gruppen fragt. Acht von zehn Befragten bestätigen die Aussage, dass Journalisten als Multiplikatoren eine große Durchschlagskraft aufweisen (81 %). Die Zustimmungswerte bei den Mitarbeitern (66 %) fallen bereits deutlich geringer aus, bei den Bloggern und Influencern (35 %) halbiert sich dieser Wert nochmals. Was die Plan- und Steuerbarkeit der Multiplikatoren anbelangt, liegen Journalisten (49 %) und Mitarbeiter (45 %) nahezu gleichauf – jeweils knapp die Hälfte der Befragten bewertet die Einflussmöglichkeiten der Unternehmenskommunikation hier positiv. Besonders kleine Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern empfinden Journalisten als gut plan- und steuerbar (68 %). Demgegenüber lassen sich die Erfahrungen der Kommunikationsverantwortlichen mit Bloggern und Influencern treffender mit dem Schlagwort „Kontrollverlust“ umschreiben. Denn lediglich ein knappes Viertel der Befragten stimmt der Aussage zu, dass diese Netz-Akteure als Multiplikatoren für die Unternehmenskommunikation berechen- und steuerbar sind (24 %). In puncto Glaubwürdigkeit werden Mitarbeiter (87 %) und Journalisten (85 %) ebenfalls beinahe gleichermaßen positiv bewertet, während die Blogger und Influencer erneut deutlich schlechter abschneiden. Nur etwas mehr als ein Dritter der Befragten geht davon aus, dass die Aussagen dieser Netz-Multiplikatoren als aufrichtig wahrgenommen werden (35 %). Auch wenn die Befragten glauben, dass die Relevanz der OnlineKommunikation für die Kommunikationsarbeit der Firmen in den kommenden fünf Jahren steigen wird – die Bedeutung von Journalisten als klassische Multiplikatoren ist derzeit ungebrochen. Wenn es um die Erreichbarkeit der eigenen Zielgruppen und die Wirksamkeit der zweistufigen Kommunikation geht, stehen Journalisten für die Befragten klar an erster Stelle. Mitarbeiter werden als ähnlich effektive Multiplikatoren für die Firmen eingeschätzt, wenn man die Kommunikatoren deren Glaubwürdigkeit und Steuerbarkeit durch die Unternehmenskommunikation bewerten lässt. Blogger und Influencer schneiden dagegen in allen abgefragten Punkten deutlich schlechter ab. Diese Ergebnisse zeigen: Was die Netz-Multiplikatoren anbelangt, steht die Unternehmenskommunikation vor einer großen Herausforderung. Einerseits führt kaum mehr ein Weg an Bloggern und Influencern vorbei, wenn die Firmen ihre
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
Zielgruppen ansprechen wollen – insbesondere die Digital Natives, die sich primär online informieren und austauschen. Andererseits haben die Kommunikatoren noch Schwierigkeiten damit, diese Multiplikatoren in ihre Kommunikationsarbeit einzubinden und zu steuern. Mit Blick auf die Bedeutung von Mitarbeitern als Multiplikatoren der Unternehmenskommunikation untersucht die Umfrage außerdem, welche Unterschiede die Kommunikationsverantwortlichen zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen wahrnehmen. Die Befragten werden dazu gebeten auf einer vierstufigen Skala – von „geringe Bedeutung“ bis „große Bedeutung“ – anzugeben, wie wichtig die einzelnen Mitarbeitergruppen jeweils als Multiplikatoren sind. Es zeigt sich, dass das Top-Management das Feld anführt – mehr noch: Je niedriger die Hierarchiestufe der Mitarbeiter, umso geringer wird deren Relevanz als Multiplikatoren eingeschätzt. Während beinahe alle Befragten den Vorständen und Geschäftsführern (97 %) Bedeutung beimessen, sinkt dieser Anteil bei Abteilungsleitern und anderen Führungskräften des mittleren Managements (89 %) bereits unter 90 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgen Teamleiter und Co. auf der untersten Führungsebene (70 %) sowie Mitarbeiter (64 %), die von weniger als zwei Dritteln der Kommunikationsverantwortlichen als wichtige Multiplikatoren eingestuft werden. Egal auf welcher Hierarchieebene die Mitarbeiter angesiedelt sind, sie stehen im Zentrum der Unternehmenstätigkeit – und damit auch im Fokus der Unternehmenskommunikation. Je nachdem, welche Rolle sie dabei einnehmen, ist auch die Kommunikationsabteilung in unterschiedlicher Art und Weise gefordert (s. Abb. 49; Mast 2014b, S. 217f.):
In Zeiten des Fachkräftemangels sind qualifizierte Mitarbeiter eine knappe Ressource und somit ein zentraler Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen. Damit sie sich im „War for talents“ behaupten können, unternehmen die Firmen erhebliche Anstrengungen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Die Unternehmenskommunikation ist dabei in besonderer Weise gefordert – sowohl intern als auch extern. Denn es gilt nicht nur, die besten Köpfe als neue Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu rekrutieren, sondern auch das vorhandene Personal langfristig an die Firma zu binden. Gut funktionierende interne Kommunikationsprozesse sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen. Die „Performance“ der Firmen hängt entscheidend davon ab, wie effizient Informationen von den Führungskräften und Mitarbeitern verarbeitet sowie in Entscheidungen und Handeln übersetzt werden. Die interne Kommunikation nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein.
Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
163
Abb. 49: TOPKOM 2018 – Rollen der Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation
Quelle: in Anlehnung an Mast 2014b, S. 217f.
Die Mitarbeiter sind Kommunikatoren und Botschafter des Unternehmens. Sie haben entscheidenden Einfluss auf die Abläufe, das Kommunikationsklima und die Arbeitsmoral in der Firma. Gleichzeitig vertreten sie, nach innen wie nach außen, das Unternehmen als Sprecher. In diesem Zusammenhang gilt es für die Kommunikationsabteilungen die Rolle eines Unterstützers einzunehmen und die Mitarbeiter zu einer erfolgreichen Kommunikation zu befähigen. Außerdem müssen die professionellen Kommunikatoren der Belegschaft Vertrauen entgegenbringen und den Kontrollverlust bewältigen, der unweigerlich mit dieser Vervielfältigung der Sprecher einhergeht. Dass Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation neue Chancen eröffnen, wenn sie auf authentische Weise deren Botschaften verbreiten, ist die eine Sache. Dass sie aber möglicherweise – bewusst oder unbe-
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Wie gehen die Top-500 Unternehmen vor?
wusst – als „Whistleblower“ auch sensible Interna nach außen tragen und damit zu einem Risiko werden, das die Reputation der Firma gefährdet, ist eine ganz andere. Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist es in diesem Zusammenhang zum einen ein Bewusstsein für die große Verantwortung und die möglichen Negativfolgen zu schaffen. Zum anderen trägt ein positives Kommunikationsklima in diesem Zusammenhang ebenso zur Risikominimierung bei, wie eine gut funktionierende interne Kommunikation und ein angemessenes Verhalten der Führungskräfte. 4.6.2 Im Mittelpunkt: Manager als Kommunikatoren Die bisher präsentierten Befunde machen deutlich, dass die Befragten beim Thema interne Multiplikatoren vor allem an eines denken: die Kommunikation der Führungskräfte. Aber wie bewerten sie deren Kommunikationspraxis? Und welche Herausforderungen haben die Kommunikationsabteilungen zu bewältigen, wenn es um die Managementkommunikation geht? Fest steht, dass die Kommunikationsverantwortlichen hier vor einer ebenso komplexen wie hochsensiblen Aufgabe stehen (Mast und Spachmann 2019, S. 70): Zum einen geht es dabei um ein Handlungsfeld, bei dem sich der Zuständigkeitsbereich der Unternehmenskommunikation mit der Kommunikationspraxis und dem Handeln der Führungskräfte überschneidet. Die Expertise der Kommunikatoren ist bei der Unterstützung der Manager zwar in hohem Maße gefragt. Allerdings haben sie nur begrenzten Einfluss darauf, wie die Führungskräfte ihre Kommunikation letztendlich in die Tat umsetzen. Zum anderen handelt es sich um einen Tätigkeitsbereich, von dem der Geschäftserfolg der Firmen maßgeblich abhängt. Denn nur wenn es den Führungskräften gelingt, ihre Mitarbeiter kommunikativ einzubinden und dadurch zu motivieren, kann sich das Unternehmen erfolgreich auf dem Markt behaupten. Führungskräfte: Optimierungspotenzial vor allem beim Themen-Input für die Kommunikationsabteilung Um detaillierte Einblicke in die Einschätzungen der Kommunikationsverantwortlichen zu gewinnen, untersucht die TOPKOM-Umfrage 2018 das Handlungsfeld im Rahmen dreier typischer Situationen (s. Abb. 50):
der Kaskadenkommunikation, bei der Führungskräfte als „Vehikel“ für Botschaften dienen, die von einer höheren Hierarchieebene an die tieferen Stufen weitertransportiert werden; der Dyadenkommunikation, bei der sich Führungskräfte als Kommunikatoren direkt an ihre Mitarbeiter wenden;
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der Rolle der Führungskräfte als Themenlieferanten für die Unternehmenskommunikation.
In jeder dieser Situationen sehen die befragten Kommunikationsexperten unterschiedliche Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten. Zwei Drittel der Kommunikatoren halten die Kaskadenkommunikation dann für besonders wichtig, wenn Veränderungen (66 %), also Change-Prozesse kommuniziert werden sollen. Solche Veränderungssituationen fordern die Unternehmenskommunikation in besonderer Weise heraus, denn sie sind bei den Mitarbeitern mit Erinnerungen an einen erhöhten Arbeitsaufwand, Überanstrengung, Ängsten, Umbrüche ihrer Arbeitssituation und der Gefährdung ihrer aktuellen Position oder gar ihres Arbeitsplatzes verknüpft (Mast 2017c, S. 6). Mit der Umsetzung der Kaskadenkommunikation in ihrer Firma sind die Befragten mehrheitlich zufrieden. Fast acht von zehn Kommunikationsverantwortlichen attestieren den Managern ihres Unternehmens, dass sie über aktuelle Themen Bescheid wissen (80 %). Drei Viertel der Befragten geben zu Protokoll, dass der „Top-Down“-Informationsfluss von oben nach unten funktioniert (75 %). Und über die Hälfte der Kommunikatoren hält den Führungskräften zugute, dass sie sich des positiven Einflusses bewusst sind, den ihre gelungene Kommunikation auf die Mitarbeiter hat (54 %). Die Kommunikation in der Dyade – also der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern – erweist sich insbesondere mit Blick auf deren Regelmäßigkeit als noch ausbaufähig. Denn zum einen berichten knapp drei Viertel der befragten Kommunikationsverantwortlichen, dass die Führungskräfte ihre Kommunikation erst intensivieren, wenn Probleme auftreten (74 %). Und zum anderen beobachten drei von fünf Befragten, dass sich die Führungskräfte zu wenig Zeit nehmen, um regelmäßig Themen mit den Mitarbeitern zu besprechen (61 %). Manager nehmen ihre Rolle als Kommunikatoren also noch nicht so umfangreich wahr, wie es sich die Kommunikationsexperten wünschen würden. Wenn diese Form der Kommunikation allerdings stattfindet, stufen die Befragten sie mehrheitlich als gelungen ein. Denn nur etwas mehr als ein Drittel der Kommunikatoren ist der Ansicht, dass die Führungskräfte nicht die Sprache der Mitarbeiter sprechen (36 %). Die Hälfte der Befragten geht außerdem davon aus, dass die Führungskräfte die wichtigste Informationsquelle für die Mitarbeiter sind (56 %). In kleinen Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern weichen die Kommunikatoren von dieser Ansicht etwas ab. Hier gehen nur 41 Prozent davon aus, dass Führungskräfte die wichtigste Informationsquelle für die Mitarbeiter sind.
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Abb. 50: TOPKOM 2018 – Zentrale Bereiche der Führungskräftekommunikation Trifft künftig voll und ganz zu
Trifft künftig überhaupt nicht zu
Kommunikation in der Kaskade Führungskräfte sind über aktuelle Themen gut informiert.
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In unserem Unternehmen funktioniert der Kommunikationsfluss von oben nach unten.
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12
Führungskräfte sind aktive Kommunikatoren, wenn Veränderungen anstehen. Führungskräfte sind sich bewusst, welchen Einfluss sie mit guter Kommunikation auf die Mitarbeiter haben.
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Kommunikation in der Dyade Führungskräfte intensivieren ihre Kommunikation erst dann, wenn Probleme auftreten. Führungskräfte nehmen sich zu wenig Zeit, um Themen mit den Mitarbeitern regelmäßig zu besprechen. Führungskräfte sind für die Mitarbeitern die wichtigste Informationsquelle. Führungskräfte sind häufig abgehoben und sprechen nicht die Sprache der Mitarbeitern.
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Führungskräfte als Themenlieferanten Führungskräfte machen uns regelmäßig auf offene Fragen oder neue Themen aufmerksam. Führungskräfte nennen uns häufig Themen, zu denen sie mehr Informationen haben möchten. Führungskräfte nehmen Stimmungen und Themen ihrer Mitarbeitern auf und transportieren sie nach oben. In unserem Unternehmen funktioniert der Informationsfluss von unten nach oben.
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Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Und nun noch einige Szenarien, die sich auf die Kommunikationspraxis der Führungskräfte in Ihrem Unternehmen beziehen. Wie schätzen Sie sie ein? Treffen die untenstehenden Aussagen eher zu oder nicht? Mit den Kästchen dazwischen können Sie Abstufungen vornehmen.“; 4-stufige Skala von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft voll und ganz zu“; Basis: n = 118-121 gültige Antworten.
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Was die Rolle der Führungskräfte als Themenlieferanten anbelangt, zeigt sich der größte Optimierungsbedarf. Denn nur rund zwei von fünf Kommunikatoren beobachten, dass ihre Führungskräfte die Stimmungen der Mitarbeiter aufnehmen und in die oberen Hierarchieebenen transportieren (43 %). Dass Führungskräfte der Kommunikationsabteilung häufig Themen nennen, zu denen sie mehr Informationen benötigen, kommt ebenfalls nur bei einer Minderheit der befragten Firmen vor (44 %). Gleiches gilt für die Frage, ob Führungskräfte regelmäßig Themen und offene Fragen an die Kommunikationsverantwortlichen herantragen, die ihre Mitarbeiter bzw. sie selbst bewegen (47 %). Am schlechtesten schneidet die Kommunikation von unten nach oben ab, die nur ein knappes Drittel der Befragten als gelungen einstuft (31 %). Diese Befunde weisen insgesamt auf einen dringenden Handlungsbedarf hin (Mast und Spachmann 2019, S. 75): Denn zum einen ist die Unternehmenskommunikation auf den Input der Führungskräfte angewiesen, um diese bei der Kommunikation unterstützen und relevante interne Themen für die Kommunikationsarbeit identifizieren zu können. Zum anderen stellen insbesondere Blockaden im „Bottom-Up“-Informationsfluss ein erhebliches Risiko dar. Werden Probleme und Sorgen der Mitarbeiter im Unternehmen nicht gehört, stört dies nicht nur die firmeninternen Abläufe – daraus kann sich auch schnell eine ausgewachsene Kommunikationskrise entwickeln, etwa, wenn die enttäuschten Mitarbeiter ihrem Unmut stattdessen in den sozialen Netzwerken Luft machen. Handlungsfeld Managementkommunikation: Unterstützende Rolle von Führung und Kommunikation Wie genau sind die Kommunikationsabteilungen involviert, wenn es um die Managementkommunikation geht? Was sind die Aufgaben der Unternehmenskommunikation – und was haben die Führungskräfte in diesem Zusammenhang zu leisten? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, ist es zunächst hilfreich, zwischen zwei Feldern zu unterscheiden (s. Abb. 51; Mast und Spachmann 2019, S. 73ff.): den Managern als Kommunikatoren im Feld der Führungskommunikation und den Führungskräften als Kommunikatoren in der Unternehmenskommunikation. Das Herzstück der Managementkommunikation ist der direkte Austausch zwischen Führungskräften und ihren Mitarbeitern. Hierbei handelt es sich um die Dyadenkommunikation, bei der beispielsweise Aufgaben delegiert oder Probleme diskutiert werden. Die Kommunikationsabteilungen rufen dabei den Managern ins Bewusstsein, dass Kommunikation ein ganz wesentlicher Teil ihrer Führungsaufgabe ist. Dazu gehört auch die Unterstützung ihrer Kommunikationspraxis, beispielsweise durch gezielte Coachings von kommunikativen
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Kompetenzen. Die sog. Regelkommunikation ist ebenfalls ein Handlungsfeld der direkten Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Hierbei handelt es sich um formelle Anlässe der Kommunikation, wie sie etwa im Rahmen von Abteilungs- und Team-Meetings stattfindet. Dabei werden Informationen kaskadenartig von den oberen Führungsetagen nach unten weitergegeben – aber ebenfalls in der umgekehrten Richtung von den Mitarbeitern bis in die obersten Führungsebenen. Die Kommunikationsabteilungen nehmen dabei die Rolle eines Unterstützers ein. Die Managementkommunikation umfasst außerdem zwei weitere Handlungsfelder, die im Bereich der Unternehmenskommunikation angesiedelt sind. Hier sind es nicht mehr die Kommunikationsverantwortlichen, die eine unterstützende Rolle einnehmen, sondern die Führungskräfte. Zum einen agieren die Manager dabei als Kommunikatoren, indem sie als aktive Teilnehmer oder Sprecher bei verschiedenen Kommunikationsformaten auftreten. Zum anderen liefern sie der Kommunikationsabteilung wichtigen Input in Form von Themen oder zitierfähigen Aussagen. Dadurch werden die Manager selbst zum Gegenstand der Kommunikation – und unterstützen damit die Arbeit der Kommunikationsverantwortlichen. Abb. 51: TOPKOM 2018 – Das Handlungsfeld der Managementkommunikation
in der Führungskommunikation Kommunikationspartner in der Dyadenkommunikation mit den Mitarbeitern
Regelkommunikation über die Ebenen von oben nach unten und von unten nach oben
Manager als Kommunikatoren
Kommunikatoren bei internen und externen Kommunikationsformaten
Informationsquellen und Themenlieferanten
in der Unternehmenskommunikation Quelle: in Anlehnung an Mast und Spachmann 2019, S. 73.
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Unterstützung der Führungskräfte: Austauschformate und Individual-Coachings am wichtigsten Wie genau nehmen die Kommunikationsabteilungen ihre unterstützende Rolle im Rahmen der Managementkommunikation wahr? Welche Maßnahmen spielen dabei die größte Rolle? Die Ergebnisse der TOPKOM-Umfrage 2018 zeigen (s. Abb. 52): Am häufigsten organisieren die befragten Kommunikatoren Veranstaltungen, um den Führungskräften eine Plattform für den Austausch untereinander zu bieten. In mehr als neun von zehn der befragten Unternehmen werden solche Formate mindestens gelegentlich eingesetzt (93 %). Ebenso viele Kommunikationsverantwortliche richten auch Informationsveranstaltungen für Führungskräfte aus (90 %). Von organisierten Treffen – beispielsweise sog. „Business Lunches“ –, die Führungskräfte bzw. das TopManagement mit den Mitarbeitern zusammenzubringen, berichten 85 Prozent der befragten Kommunikatoren. Neben Veranstaltungsformaten wird aber auch die individuelle Beratung der Führungskräfte großgeschrieben, etwa in Form von persönlichen Schulungen und Beratungsterminen. Solche Coachings offerieren ebenfalls mehr als neun von zehn befragten Unternehmen zumindest gelegentlich (92 %). Außerdem haben die Führungskräfte den Angaben der befragten Kommunikatoren zufolge in rund vier von fünf Unternehmen die Möglichkeit, an Schulungen für die Kommunikationspraxis teilzunehmen (85 %) und werden durch die Kommunikationsabteilung mit speziellen Unterlagen versorgt (87 %). Letzteres kommt in der Transport- und Logistikbranche aber weniger häufig vor als in den anderen Branchen (69 %). Deutlich seltener setzen die befragten Kommunikatoren verbindliche Schwerpunktthemen für die Führungskräftekommunikation (66 %). Damit überlassen sie die Inhalte der Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern ein stückweit dem Zufall oder den individuellen Vorlieben und Einschätzungen der Manager. Wenn es um die Frage geht, wie die Kommunikatoren ihre Führungskräfte unterstützen, spielen also Face-to-Face-Kommunikationsformate – allen voran in Form von Veranstaltungen – die wichtigste Rolle. Diese können jedoch nur punktuell stattfinden, weshalb die Kommunikationsverantwortlichen auch die Möglichkeiten von Nicht-Präsenzveranstaltungen ausloten. So notieren einige Befragte bei der zusätzlich angebotenen Antwortoption „Sonstiges“, dass sie Newsfeeds und eigene Plattformen für Führungskräfte bzw. Communities innerhalb des Intranets etabliert haben. Hier könnten dann Q&As, Hintergrundinformationen, Monitoring-Berichte usw. angeboten werden. Im Sinne einer strategisch ausgerichteten Managementkommunikation, wie sie etwa in Change-Situationen kurzfristig nötig wird, bereiten die Kommunikationsverant-
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wortlichen auch Schwerpunktthemen vor – und nehmen so strategisch Einfluss auf die Kommunikationspraxis der Führungskräfte. Abb. 52: TOPKOM 2018 – Unterstützung der Kommunikationspraxis von Führungskräften häufig
gelegentlich
nie
Veranstaltungen, um den Austausch der Führungskräfte untereinander zu fördern
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Angebot von individueller Beratung, z. B. bei Kommunikationsproblemen
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Informationsveranstaltungen speziell für Führungskräfte
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Bereitstellen von Unterlagen, speziell aufbereitet für das Gespräch mit den Mitarbeitenden
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Organisierte Treffen mit dem Top‐ Management (z. B. Business Lunch)
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Angebot von Schulungen für Führungskräfte zum Training ihrer Kommunikations‐ kompetenz Festlegung von verbindlichen Schwerpunktthemen (z. B. Thema des Monats) für die Kommunikation mit den Mitarbeitenden
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Quelle: eigene Darstellung, Angaben in Prozent der Befragten; Frage: „Kommen wir auf die Führungskräfte zurück. Wie unterstützen Sie – ganz praktisch – Ihre Führungskräfte bei ihren Kommunikationsaufgaben? Geben Sie bitte an, ob Sie die folgenden Formen der Unterstützung häufig, gelegentlich oder nie einsetzen.“; 3-stufige; Basis: n = 105-121 gültige Antworten.
Managementkommunikation als neues Aufgabenfeld der Unternehmenskommunikation? Auch wenn die Ergebnisse der TOPKOM-Umfrage 2018 zeigen, dass sich die Managementkommunikation zu einem neuen Feld der Unternehmenskommunikation entwickelt – das Handlungsfeld wird bislang noch nicht systematisch bearbeitet oder gar voll ausgeschöpft. Viele Unternehmen versuchen die Mitarbeiter mit den Führungsebenen sowie die Führungskräfte untereinander zusammenzubringen. Neben dem Ausbau dieser Netzwerke spielt aber auch die Information der Führungskräfte und das Enabling – also die Förderung ihrer Kommunikationsfähigkeiten – eine entscheidende Rolle. Zusammenfassend sind die Kommunikationsabteilungen hier also in drei Bereichen gefragt (s. Abb. 53): Erstens versorgen sie die Führungskräfte mit Informationen und entsprechenden Materialien. Zweitens leisten einen Beitrag
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zur Vernetzung, indem sie den Austausch unter den Managern fördern. Und drittens optimieren sie als Enabler die Kommunikationskompetenzen der Führungskräfte, indem sie spezielle Schulungen anbieten und den Managern beratend zur Seite stehen. Dies kann in verschiedenen Formaten, d. h. auf verschiedenen Ebenen geschehen, etwa im Rahmen von Veranstaltungen mit kleinerem oder größerem Teilnehmerkreis, oder aber durch medienvermittelte Kommunikation. Abb. 53: TOPKOM 2018 – Ziele und Formate der Managementkommunikation im Überblick
Formate der Management‐ kommunikation
Ziele der Managementkommunikation Information
Enabling
Vernetzung
Veranstaltungen im kleinen Kreis
Individuelle Unterlagen
Individuelle Beratung
Business Lunch, Kamingespräche
Veranstaltungen im größeren Kreis
Informations‐ veranstaltungen
Schulungen, Workshops
Town Hall Meetings, Roadshows
Medienvermittelte Kommunikation
Plattformen, Newsfeeds
Webinare, Tutorials
Führungskräfte‐Blog, Foren im Intranet
Quelle: eigene Darstellung.
4.6.3 In Kürze: Die zentralen Ergebnisse im Überblick
Online-Kommunikation wird den Einschätzungen der befragten Kommunikationsverantwortlichen zufolge in den kommenden fünf Jahren eine (noch) größere Rolle als Kommunikationsweg der Unternehmen spielen. Daneben setzen die Kommunikatoren aber verstärkt auch auf Multiplikatoren wie Mitarbeiter, Kunden und Führungskräfte. Den Journalisten aus Presse und Rundfunk – als dem klassischen Verbreitungsweg der Unternehmenskommunikation – bescheiden die Befragten zwar keine steigende Relevanz, aber zumindest eine gleichbleibend wichtige. Insgesamt prognostizieren die Kommunikationsexperten damit einen künftig noch vielfältigeren Kommunikationsmix der Unternehmen, der neben der Online-Kommunikation auch eine Vielzahl anderer Multiplikatoren als Kommunikationswege einsetzt.
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Journalisten sind für die Kommunikationsexperten die wertvollsten Multiplikatoren, wenn es um die Erreichbarkeit der Zielgruppen und die Wirksamkeit der zweistufigen Kommunikation geht. Mitarbeiter ziehen mit den Journalisten in puncto Glaubwürdigkeit und Steuerbarkeit gleich. Blogger und Influencer hingegen schneiden im direkten Vergleich in allen Punkten am schwächsten ab. Wenn es speziell um Mitarbeiter geht, schätzen die befragten Kommunikationsexperten die Unternehmensvertreter als umso wichtigere Multiplikatoren ein, je höher deren Hierarchiestufe ist. Die Antworten der Kommunikationsverantwortlichen zeichnen ein durchaus positives Bild der Führungskräftekommunikation. Die Befragten sind vergleichsweise zufrieden damit, wie ihre Führungskräfte die Kaskadenkommunikation umsetzen, bei der Botschaften von den oberen Hierarchieebenen zu den Mitarbeitern transportiert werden. Die Dyadenkommunikation, also der Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, ist aus ihrer Sicht allerdings noch ausbaufähig, was deren Regelmäßigkeit anbelangt. Den größten Optimierungsbedarf sehen die Kommunikationsexperten, wenn es um Führungskräfte als Themenlieferanten für die Kommunikationsabteilung geht – insbesondere beim Informationsfluss von den Mitarbeitern in Richtung Management. Die befragten Experten unterstützen die Kommunikation ihrer Führungskräfte in erster Linie durch Face-to-Face-Formate – allen voran durch Veranstaltungen zum Austausch und zur Information. Aber auch individuelle Beratungen und Coachings werden in den Firmen häufig angeboten. Die befragten Kommunikationsexperten engagieren sich damit primär als Enabler der Führungskräftekommunikation. Ihre strategischen Einflussmöglichkeiten spielen sie noch zurückhaltend aus. Denn eine verbindliche Setzung von Schwerpunktthemen für die Führungskräftekommunikation findet vergleichsweise selten statt.
Führungskräfte nehmen also nicht nur eine Schlüsselrolle im Unternehmen ein, wenn es um die Abwicklung von Aufträgen und anderen Projekten geht (Mast und Spachmann 2019, S. 70): Die leitenden Angestellten sind auch dann gefordert, wenn Unternehmensziele und -strategien an die Mitarbeiter vermittelt werden sollen. Das Verhalten der Manager trägt zudem entscheidend zur Motivation, zum Commitment und letztendlich auch zur Arbeitsqualität der Mitarbeiter bei. Die Kommunikation der Führungskräfte wird damit zu einem entscheidenden Erfolgfaktor für die Unternehmen. Für die leitenden Angestellten gilt es, die richtigen Themen anzusprechen – und zwar nicht nur aus Sicht der Firma, sondern auch aus der der Mitarbeiter. Denn auch die Fragen
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der Untergebenen wollen beantwortet werden, und zwar nicht nur zwischen Tür und Angel. Die Führungskräfte rücken – als Kommunikatoren und als Multiplikatoren – damit ins Zentrum einer Neuausrichtung der internen Kommunikation (Mast und Spachmann 2019, S. 78): Die Abteilung Unternehmenskommunikation keineswegs nur dann gefordert, wenn es um medial vermittelte Kommunikation geht. Im Rahmen der Führungskräftekommunikation wird dieser Funktionsbereich auch zum Informationsdienstleister und Berater innerhalb des Unternehmens. Er kann die Manager wirkungsvoll bei deren Kommunikationsaufgaben unterstützen – und sollte dabei auch mit der Personalabteilung zusammenarbeiten. Die Unternehmenskommunikation hat somit nicht mehr nur die Aufgabe mit den Führungskräften zu kommunizieren, sondern auch die Kommunikation von Führungskräften zu begleiten. Eine so verstandene moderne interne Kommunikation erfüllt folgende Aufgaben (Mast und Spachmann 2019, S. 78):
Es gilt die Führungskräfte zu vernetzen und zu einer optimalen Kommunikation zu befähigen, denn dies trägt entscheidend zur Agilität der Prozesse innerhalb des Unternehmens bei. Zudem benötigen die leitenden Angestellten spezielle Informationen darüber, wie genau sie mit den Themen umgehen sollen – und was, wann und wie sie an die Mitarbeiter kommunizieren sollen. Neben der medialen Kommunikation, beispielsweise über einen Führungskräfte-Newsletter, spielt auch der Austausch auf der persönlichen Ebene eine entscheidende Rolle. Workshops, Veranstaltungen und Formate der persönlichen Kommunikation können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass alle Führungskräfte auf dem gleichen Informationsstand sind und an einem Strang ziehen. Das Selbstverständnis und das Aufgabenportfolio der Kommunikationsabteilung muss überprüft und gegebenenfalls neu justiert werden. Denn die professionellen Kommunikatoren sind bei Weitem nicht mehr nur als Sprecher, sondern in erheblichem Maße auch als Berater, Unterstützer, Coach und Partner der Führungskräfte gefordert. Schließlich kommt der Kommunikation an den Schnittstellen der Verantwortungsbereiche eine besonders wichtige Rolle zu. Um einen optimalen Informationsfluss zu gewährleisten, sollten sich beispielsweise die Abteilungen Corporate Communications und Human Resources, die Kommunikationsabteilung und die operativen Geschäftsbereiche aber auch das Top-Management und die mittleren Führungsebenen intensiv austauschen.
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4.7 Fünf Trends im Kommunikations-Mix Je schneller sich das Umfeld wandelt, desto mehr konzentrieren sich die Firmen auf ihre (Marken-) Positionierung, Werte und Identität, investieren in eine überzeugende interne Kommunikation, damit die Führungskräfte und Mitarbeiter als Botschafter überzeugen und nutzen die Chancen der digitalen Medien. „Content first“ und eine konsequente „Inside-out“- Kommunikationsplanung – das sind die Devisen. Die TOPKOM-Umfragen zeichnen klare Bilder, an welchen Projekten in der Unternehmenspraxis mit Hochdruck gearbeitet wird. Die meisten Firmen setzen weiterhin auf eine konsequente Digitalisierung der Kommunikation. Dabei geht es in erster Linie darum, die Websites und das Intranet so zu überarbeiten, dass sie als Hub für die Kommunikationsbeziehungen auch überzeugen. Die Kommunikation über die sozialen Netzwerke und Online-Plattformen (vor allem YouTube, Facebook, Twitter und WhatsApp) wird ebenso forciert wie der Einsatz von Videos, Apps, Newsletter und Blogs. Darüber hinaus konzentrieren sich die Unternehmen wieder verstärkt auf ihre Identität und Positionierung. Visionen oder Leitbilder werden z. B. überarbeitet, Marken neu positioniert oder die Unternehmen als attraktive Arbeitgeber präsentiert. All diese Maßnahmen sollen verdeutlichen, wofür ein Unternehmen, seine Produkte und Dienstleistungen „stehen“. Darüber hinaus überarbeiten die Firmen ihre Kommunikationsstrategien und internen Ablaufstrukturen und verbessern die interne Kommunikation – von den Intranets bis hin zur Führungskommunikation. Denn: Mitarbeiter und Führungskräfte werden als Botschafter in den neuen Kommunikationsarchitekturen dringend benötigt. Mit Blick auf die TOPKOM-Umfragen (vgl. auch Mast 2011) können – über die jeweils „aktuellen Baustellen“ und Projekte in der Unternehmenskommunikation hinaus – übergreifende Trends in der Kommunikationspraxis beobachtet werden, die den Weg der Unternehmen in die Zukunft prägen. Trend 1: Die klassische Medienarbeit (Presse, Rundfunk, Online) wird schwieriger und ihre Bedeutung im Kommunikationsmix sinkt. Der Kampf der Redaktionen um die Aufmerksamkeit ihres Publikums hat Konsequenzen, die auch die Firmen zu spüren bekommen: Schnell wechselnde Ansprechpartner, neue und schwerer durchschaubare redaktionelle Strukturen in den Newsrooms, Personalknappheit und weniger fachkundige bzw. eingearbeitete Partner auf Seite des Journalismus sowie eine Aufsplitterung der redaktionellen Konzepte – auch innerhalb der Tages- und Fachpresse. Hinzu kommt, dass viele Firmen die „storygetriebenen Journalisten“ (Mast 2017c, S. 73) bzw. den thesengeleiteten Journalismus, der immer seltener er-
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gebnisoffen recherchiert, als Medien- und Reputationsrisiko betrachten (Mast und Spachmann 2015). Bereits 65 Prozent der befragten Firmen sagen, dass die Journalisten ihrer Einschätzung nach künftig zum Risikofaktor für die Firmen werden (vgl. Kap. 4.5.2). Auf die Frage, welche Kommunikationswege künftig noch wichtiger werden, nennen 62 Prozent die Blogger und Influencer im Netz (Mast 2017c, S. 74). Der Umgang mit dem Multiplikator „Journalismus“ hat jedoch für die Firmen durchaus ambivalente Auswirkungen. Einerseits bereitet die zunehmend unkalkulierbare Medienberichterstattung Probleme. Andererseits haben sich die Kommunikationsabteilungen in der Vergangenheit durch das Management der „schwierigen und gefährlichen Journalisten“ internes Ansehen – vor allem gegenüber den Unternehmensleitungen – verschafft und ihre Arbeit legitimiert. Wenn aber die Pressearbeit auf lange Sicht gesehen unwichtiger wird, brauchen die Bereiche Unternehmenskommunikation dringend eine Kompensation für ihre interne Legitimation. Der massive Aufbau interner redaktioneller Strukturen und den Ausbau der eigenen Medien weisen in diese Richtung. Denn das Feld der Social Media – das die Firmen kaum kontrollieren können – bietet hier wenige Chancen. Trend 2: Die Unternehmen werden zum Corporate Publisher. Sie bauen ihre eigene Medienlandschaft für die direkte Kommunikation mit den Zielgruppen – ohne den Umweg über die klassischen Medien – aus. Ob über Blogs, Online-Magazine, Social-Media-Kanäle, Newsletter oder andere Formen der digitalen Kommunikation – immer mehr Firmen setzen auf das Content Management und produzieren Inhalte, die sie dann über ihre Kommunikationskanäle direkt an die Zielgruppen verbreiten: ein Thema – viele Kanäle. Auf diese Weise können Inhalte effizient mehrfach verwertet werden. Unternehmen werden auf diese Weise zu Medienhäusern und journalistische Arbeitsweisen bzw. Ablaufroutinen durchdringen mehr und mehr die Kommunikationspraxis in der PR. Eine Umfrage unter über 1.000 Pressesprechern belegt: gut 90 Prozent der Unternehmenskommunikatoren glauben, dass sie mit den eigenen Medien die für sie relevanten Zielgruppen ebenso erreichen können wie mit der klassischen Pressearbeit (Mast 2019, S. 376f.; 2016b, S. 365f.). Mit diesen Kommunikationswegen umgehen sie zudem noch die zunehmenden „Medienrisiken“ in der Unternehmensberichterstattung. Die Website des Unternehmens als Visitenkarte nach außen bzw. als Drehscheibe und Ankerpunkt für viele Kommunikationsbeziehungen wird künftiger noch wichtiger, sagen 47 Prozent der befragten Firmen (Mast 2017c, S. 74).
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Ob in Form von Newsrooms, durch Einsetzung von speziellen Projektteams oder die Etablierung von Chef-vom-Dienst-Positionen – die Firmen unterscheiden im aktiven Content Management grundsätzlich zwischen Themenund Kanalverantwortlichen in den Teams. Die Erwartungen an diese neuen Organisationsstrukturen und Prozesse sind hoch: Man will von einer reaktiven Pressearbeit zu einer aktiven Themenpolitik gelangen. Die Zusammenarbeit von bislang getrennten Bereichen im Unternehmen soll verbessert werden. Die meist schwerfälligen Abstimmungsprozesse in den Unternehmen sollen schneller und das „crossmediale Bespielen“ der eigenen Medienkanäle möglich werden. Allerdings dienen spektakuläre Projekte, wie die Einrichtung von Newsrooms, auch der Symbolik und senden die Botschaft in die Unternehmen hinein: Veränderung ist notwendig. Trend 3: Nach anfänglichem Zögern setzen viele Unternehmen nun auf einen breiten Ausbau von Social-Media-Kanälen. Mit diesem Schritt wagen sich die Unternehmen auf ein Feld vor, in dem die Macht der User groß, der Einfluss der Unternehmen aber eher überschaubar ist. 70 Prozent der Unternehmen glauben, dass diese Kommunikationswege künftig noch wichtiger werden (Mast 2017c, S. 74). Die Social-MediaStrategien der einzelnen Firmen sind immer noch sehr vielfältig. Besonders häufig werden die Plattformen YouTube, Facebook, Twitter und WhatsApp in die Unternehmenskommunikation eingebaut. Die TOPKOM-Umfrage 2017 belegt, dass die Firmen ihre Social-Media- Aktivitäten weiterhin forcieren und sich nun verstärkt mit der Erfolgskontrolle dieser Maßnahmen beschäftigen. Trend 4: Mitarbeiter und Führungskräfte werden zu den wichtigsten Multiplikatoren für die Unternehmenskommunikation. Die interne Kommunikation hat – so die TOPKOM-Umfragen – in den letzten Jahren enorm Karriere gemacht, ist in eine „leading position“ aufgestiegen und zum Hauptaktionsfeld in der Unternehmenskommunikation bei den meisten Firmen geworden (Mast 2014b). Nahezu jede vierte Firma arbeitet z. B. 2018 an Projekten zur Verbesserung der Mitarbeiterkommunikation – vom Ausbau der internen Medien mit z. B. dialogbasierten Plattformen für Mitarbeiter und Apps über ein verstärktes Aufgreifen von Personalthemen im Employer Branding bis hin zur crossmedialen Vernetzung der vorhandenen Medien (vgl. Kap. 4.1.1). 83 Prozent der Unternehmen sind überzeugt, dass die Praxis der Führungskräftekommunikation zum Dreh- und Angelpunkt wird, ob die Kommunikation im Innern gelingt (vgl. Kap. 4.5.2). 70 Prozent der Unternehmen verweisen auf die entscheidende Kommunikationsrolle der
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Mitarbeiter als Botschafter und gut die Hälfte der Befragten auch auf die Führungskräfte als Meinungsbildner (Mast 2017c, S. 74). Trend 5: Die Bedeutung der „Face-to-Face“-Kommunikation wächst, je mehr digitale Medien in der Unternehmenskommunikation zur Verfügung stehen. Formen und Formate der persönlichen Kommunikation werden wichtiger, aber zugleich auch schwieriger. Eine Studie zum Schwerpunktthema persönliche Kommunikation (vgl. Kap. 5) zeigt, dass auf diesem Kommunikationsfeld noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. Das Potenzial unzufriedener Führungskräfte in der internen Kommunikation liegt – je nach Format und Kommunikationsmaßnahme – zwischen 20 und 32 Prozent (Mast und Stehle 2015, S. 18f.). Diese Kommunikationsmaßnahmen werden – so die Führungskräftebefragung – mit Werten assoziiert, die z. B. von Wertschätzung, Ehrlichkeit, Offenheit und Nähe bis hin zu „Show-Veranstaltung“, „Pflichtübung“ oder „leere Versprechungen“ reichen können. Erst langsam entdecken in den letzten Jahren die befragten Unternehmen das Feld der „Face-to-Face“-Kommunikation, dem sie aber für die Zukunft eine zentrale Bedeutung zuschreiben. 39 Prozent der Firmen sind überzeugt, dass die persönliche Kommunikation in Zukunft noch weit wichtiger wird (Mast 2017c, S. 74). Ein persönlicher Austausch in der Arbeitswelt aber muss organisiert werden. Mit der Organisation und Optimierung von Formaten der persönlichen Kommunikation sowie der Unterstützung der Führungskräfte als Kommunikatoren wächst den Bereichen für Unternehmenskommunikation ein Aufgabenfeld zu, das über die reine Medienkommunikation hinausreicht.
5.
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation? Face-to-Face-Austausch im digitalisierten Medienumfeld von Helena Stehle
Das Kapitel behandelt den Stellenwert und die verschiedenen Formen der persönlichen Kommunikation. Es geht zunächst auf Ergebnisse von Leitfadeninterviews mit Kommunikationsverantwortlichen für Unternehmenskommunikation ein (Kapitel 5.1). Anschließend steht die Sicht der Stakeholder im Mittelpunkt, indem Ergebnisse einer Online-Panel-Befragung von Führungskräften vorgestellt werden (Kapitel 5.2). Dann werden die Ergebnisse von Fallstudien in einzelnen Firmen gezeigt (Kapitel 5.3). Die persönliche Kommunikation bietet Chancen für das Kommunikationsmanagement von Firmen, ist aber auch mit Risiken verbunden. Sie wird im Folgenden verstanden als Kommunikation einer Organisation mit ihren internen und externen Stakeholdern, die direkt erfolgt, d. h. im unmittelbaren Kontakt (Face-to-Face), und sowohl Eins-zu-Eins-, Eins-zu-einigen- als auch Einszu-vielen (1-zu-n)-Kommunikationssituationen einschließt.1 Dabei werden insbesondere Formate betrachtet, d. h. geplante Aktivitäten, die vom Bereich Unternehmenskommunikation systematisch initiiert und begleitet werden. Die Bedeutung für das Kommunikationsmanagement wird sowohl von Kommunikationsverantwortlichen als auch von internen wie externen Stakeholdern betont. Im Folgenden werden empirische Befunde vorgestellt, die persönliche Kommunikation in Unternehmen betrachten. Dabei stehen beide Seiten – sowohl die Sicht der Kommunikatoren als auch die der Stakeholder – im Mittelpunkt. Es handelt sich um Ergebnisse eines Forschungsprojekts, das die persönliche Kommunikation als Teilbereich der internen und externen Unternehmenskommunikation analysiert und sowohl die Perspektive der Kommunikatoren als auch die von zentralen Stakeholdern aufgreift. Die Ausführungen gehen auf den Ergebnisbericht „Persönliche Kommunikationsformate in der Unternehmenskommunikation“ (Mast und Stehle 2015) zurück, der in der Reihe 1 Auch Eins-zu-vielen-Konstellationen werden in Teilen einbezogen, wenn z. B. Feierveranstaltungen mit externen Teilnehmern thematisiert werden. Ergänzend wird aus einer „Eins-zu“-Konstellation eine „Gruppezu“-Konstellation, wenn auf Seiten der Kommunikatoren mehrere Individuen involviert sind wie z. B. mehrere Vorstandsmitglieder oder sowohl ein Vorstand als auch ein Pressesprecher. Damit wird nicht die Organisation insgesamt als Akteur betrachtet, sondern die in ihrem Namen handelnden Individuen.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_5
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
„Forschungsberichte zur Unternehmenskommunikation“ veröffentlicht und für die vorliegende Publikation um weiterführende Auswertungen ergänzt wurde.2 5.1 Aus der Sicht von Kommunikatoren: Ergebnisse von Interviews mit Kommunikationsverantwortlichen Welche Bedeutung haben persönliche Kommunikationsformate in der Praxis? 17 Kommunikationsverantwortliche der ersten und zweiten Führungsebene von Unternehmen in Deutschland werden vom Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik, Universität Hohenheim, zu ihrer Einschätzung von persönlicher Kommunikation befragt. Sie charakterisieren Formate, bewerten ihre Relevanz und Leistung und thematisieren StakeholderErwartungen, die aus ihrer Sicht gegeben sind. Ziel ist, das Feld der persönlichen Kommunikation aus Sicht von Kommunikationsverantwortlichen auszuleuchten. Design der Interviews mit Kommunikationsverantwortlichen Die Stichprobe setzt sich aus Kommunikationsverantwortlichen der ersten und zweiten Führungsebene von Unternehmen in Deutschland zusammen. Es handelt sich um zwölf männliche sowie fünf weibliche Verantwortliche, die als Leiter der Unternehmenskommunikation und/oder Pressesprecher fungieren. Eine Person wird als Leitung interne Kommunikation bezeichnet, eine zweite leitet die Kommunikation eines Unternehmensbereichs. Die Unternehmen setzen sich aus acht Aktiengesellschaften (AG), zwei Aktiengesellschaften in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum (SE), sechs Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Compagnie Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) zusammen. Es handelt sich um Top-500-Unternehmen sowie ein mittelständisches Unternehmen aus Industriegüter-, Konsumgüter-, Mischgüter- und Dienstleistungsbranchen, um eine heterogene Betrachtung zu ermöglichen. Die Interviews werden vorwiegend telefonisch von Sommer 2013 bis Frühjahr 2014 geführt und greifen persönliche Kommunikation in ihren Charakteristika auf. Mittels offen gestellter Fragen werden Ziele, Stakeholder sowie Situationen, in denen persönliche Kommunikation aus Sicht der Unternehmenskommunikation zum Einsatz kommt, untersucht. Formate und Instrumente persönlicher Kommunikation stehen ebenso im Fokus wie Kommunikatoren 2 Ausgesprochener Dank gilt Dr. Claudia Beutmann und B. A. Pia Pflichthofer für die Erhebung der empirischen Materialien und die Unterstützung bei der Auswertung im Rahmen des Forschungsprojekts.
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und Inhalte sowie eigene Erfahrungen. Nicht zuletzt wird nach der Einschätzung der Stakeholder gefragt und was diese aus Sicht der Kommunikationsverantwortlichen von persönlicher Kommunikation in und von Unternehmen erwarten. Die Auswertung der Interviews erfolgt mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse, die um quantitative Auszählungen ergänzt und mit dem Programm MAXQDA durchgeführt wird.
5.1.1 Relevanz des Kommunikationswegs Zu Beginn werden die Befragten gefragt, was persönliche Kommunikation aus ihrer Sicht überhaupt ausmacht. Knapp die Hälfte der Befragten weist bei ihrem Verständnis auf Face-to-Face-Kommunikation hin, d. h. auf den direkten Austausch zwischen mindestens zwei Akteuren, der die Möglichkeit zu unmittelbarem Feedback und ungefiltertem Meinungsaustausch, aber auch zu wechselseitiger Wertschätzung beinhaltet. Sie konzentriert sich damit auf die Frage des Kanals, wenn es um persönliche Kommunikation geht. Die Befragten definieren diese Form der Kommunikation über den direkten Weg zum Partner. Jeweils fünf Nennungen und damit die zweithäufigste Anzahl der Antworten auf die offen gestellte Frage entfallen jedoch auf den Eins-zu-EinsAustausch (oftmals auch als interpersonale oder dyadische Kommunikation bezeichnet), z. B. zwischen einem Vorstandsmitglied und einem politischen Entscheidungsträger, sowie auf den Aspekt, dass eine Person als Individuum mit seiner Persönlichkeit in der Kommunikation sichtbar wird. Drei Befragte erweitern den Eins-zu-Eins-Austausch auf Eins-zu-Gruppe und schließen auch diese Konstellation in ihr Verständnis von persönlicher Kommunikation ein. Je zwei Mal werden darüber hinaus Authentizität und Dialog – im Gegensatz zu Einwegkommunikation und Monologen – genannt, wenn es um persönliche Kommunikation geht. Nicht zuletzt entfallen einzelne Nennungen auf das Kriterium der zielgruppenspezifischen Ansprache, der Personalisierung in dem Sinne, dass die Personen selbst die Inhalte der Kommunikation sind, sowie auf den Formalisierungsgrad der Kommunikation. Damit zeigt sich, dass der Face-to-Face-Kontakt sowie ein Eins-zu-EinsAustausch vorrangig genannt werden, wenn es um persönliche Kommunikation geht. Nicht zuletzt fällt auf, dass bei den Kommunikationsverantwortlichen auch der Aspekt, dass ein Kommunikator als Individuum mit seiner Persönlichkeit sichtbar wird, für die Definition von persönlicher Kommunikation als relevant angesehen wird.
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Wird nach der Relevanz persönlicher Kommunikation gefragt, so bezeichnet die Mehrheit der Kommunikationsverantwortlichen sie als wichtigste Form von Kommunikation überhaupt. Sie könne und solle nicht ersetzt werden. Der Grund für diese Einschätzung ist das vermutete Wirkpotenzial, das mit persönlicher Kommunikation verbunden wird. So beschreibt ein Befragter: „[I]m persönlichen Gespräch habe ich die Chance, alle Wirkmächtigkeiten des persönlichen Austausches in Einklang zu bringen.“ Face-to-Face-Kommunikation verbinden die Befragten mit einer Möglichkeit zum unmittelbaren Feedback und ungefilterten Meinungsaustausch, aber auch zu wechselseitiger Wertschätzung. „[E]s ist kein reines Verlautbarungsformat“, so ein Befragter. Sie soll Dialog statt Monolog anregen und ermöglichen. Die Kommunikationsverantwortlichen sind sich zwar auch der Risiken persönlicher Kommunikation bewusst, konzentrieren sich jedoch stärker auf ihre positiven Eigenschaften. So wird der persönlichen Kommunikation nicht zuletzt im Vergleich zu anderen Kommunikationsformen mehr Authentizität und Emotionalität zugeschrieben. Die Bedeutung persönlicher Kommunikation ergibt sich für die Befragten auch aus bestimmten Situationen und Konstellationen, die einen Anstoß zu persönlicher Kommunikation darstellen (s. Abb. 54). Nahezu alle Kommunikationsverantwortlichen weisen auf eine Krisensituation hin, die aus ihrer Sicht persönliche Kommunikation zwingend erforderlich macht. So verweist ein Befragter auf „eher kritische Themen, bei denen man Gegenwind erwartet“. Ein weiterer thematisiert „kritische Themen, die man nicht schriftlich verbreiten möchte“. Auch Veränderungssituationen oder Konstellationen mit hoher Unsicherheit (z. B. im Hinblick darauf, was zu erwarten ist oder wie reagiert wird) sind für die Befragten mögliche Anlässe, um persönliche Kommunikation zu wählen. Ein Befragter spricht dabei auch an, dass sie bei allen Themen zum Einsatz kommt, „die die Veränderungsbereitschaft der Führungskräfte adressieren sollen“. Ein dritter Anlass ist für die Befragten gegeben, wenn es um Themen geht, die relevant, ernst oder komplex sind. So verweist ein Kommunikationsverantwortlicher darauf, dass persönliche Kommunikation vor allem dann gewählt werde, wenn es um ernst zu nehmende Themen und Antworten gehe. Weitere Befragte nennen „wirklich strategische Themen, die sehr wichtig sind“, sowie Themen, „die größere, teils sogar drastische Auswirkungen auf viele Mitarbeiter haben“. Ein Kommunikationsverantwortlicher spricht dabei auch Aspekte an, „bei denen die Glaubwürdigkeit eine Rolle spielt, z. B. weil der Sachverhalt komplex ist“. Einen weiteren Anlass sehen die befragten Kommunikatoren bei Themen, die sich noch entwickeln. So werden beispielsweise Hintergrundgespräche mit
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Journalisten zu noch nicht vollständig „entwickelten“ Themen angeführt. Ein Befragter verweist auf Themen, die man „im Vorfeld noch in der Hand hat“ Abb. 54: Anlässe für persönliche Kommunikation aus Sicht von Kommunikationsverantwortlichen
In Krisen und kritischen Situationen Bei „eher kritische[n] Themen, bei denen man Gegenwind erwartet“ „Oft sind es kritische Themen, die man nicht schriftlich verbreiten möchte“
Bei strategisch relevanten, ernsten und komplexen Themen „Wenn es wirklich strategische Themen sind, die sehr wichtig sind“ „Bei Aspekten, bei denen die Glaubwürdigkeit eine Rolle spielt, z. B. weil der Sachverhalt komplex ist“ „Bei Themen, die größere, teils sogar drastische Auswirkungen auf viele Mitarbeiter haben“
In Veränderungssituationen und Situationen mit hoher Unsicherheit „Wenn es um Veränderungsthemen geht“ „Bei allen Themen, die die Veränderungsbereit‐ schaft der Führungskräfte adressieren sollen“
Bei Themen, die sich entwickeln
„Je kitzliger das Thema und je besser man es im Vorfeld noch in der Hand hat, man nicht getrieben wird, sondern treiben kann“ „Um sich in einer Diskussion weiterzuentwickeln, denn Rede und Gegenrede bringen einen weiter, wenn man auch Argumente der Zielgruppe aufgreifen kann“
Quelle: eigene Darstellung.
und entsprechend „treiben kann“. Nicht zuletzt spricht ein Kommunikationsverantwortlicher auch Themen an, die in einer Diskussion mit Stakeholdern weiterentwickelt werden können, „denn Rede und Gegenrede bringen einen weiter, wenn man auch Argumente der Zielgruppe aufgreifen kann“. Zwei Befragte fassen schlussendlich zwei Grundthematiken zusammen, die persönliche Kommunikation veranlassen. So formuliert ein Kommunikationsverantwortlicher: „Je anspruchsvoller die Thematik wird, je missverständlicher die Aufnahme werden kann, umso mehr werden Menschen dazu neigen, miteinander persönlich im Gespräch zu sein.“ Ein zweiter ergänzt: „Die Einordnung, einen Kontext […]. […] das Erläutern – dieses ‚What’s in for me – what does it mean for me?‘, das geht nur persönlich.“
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5.1.2 Ziele, Adressaten und Akteure Im Hinblick auf die Ziele persönlicher Kommunikation zeigt sich bei den Befragten eine Hierarchisierung. Als übergeordnetes Ziel persönlicher Kommunikation nennen die Kommunikatoren mehrheitlich Vertrauen (s. Abb. 55). Abb. 55: Ziele persönlicher Kommunikation aus Sicht von Kommunikationsverantwortlichen
Orientierung
Verständnis
Glaubwürdigkeit
Vertrauen
Authentizität
Zustimmung Überzeugung
Quelle: eigene Darstellung.
Durch die Möglichkeit zu wechselseitigem Feedback sowie die enge Anbindung an Personen, die z. B. als vertrauenswürdig wahrgenommen werden, soll Vertrauen etabliert und gestärkt werden. Dazu werden Glaubwürdigkeit und Authentizität als weitere wichtige Ziele persönlicher Kommunikation genannt und um Aspekte der Orientierung und des wechselseitigen Verständnisses ergänzt. So betont ein Kommunikationsverantwortlicher: „Persönliche Kommunikation kann – wie wahrscheinlich keine andere Form der Kommunikation – Verständnis schaffen. Es geht um die Art und Weise, wie ich die Inhalte mei-
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nem Gegenüber erklären kann.“ Durch die Möglichkeit zum unmittelbaren Austausch könne eine gemeinsame Orientierung geschaffen werden. Neben diesen übergreifenden und gängigen Zielen der Unternehmenskommunikation wird vereinzelt auch auf instrumentellere Zielsetzungen verwiesen. So nennen einzelne Befragte auch die Zustimmung zu eigenen Ansichten und Vorhaben, wenn sie wichtige Ziele persönlicher Kommunikation benennen. Eine solche Perspektive betont die Sicht der Kommunikatoren. Sie geht mit der Absicht einher, das Gegenüber zu überzeugen, d. h. möglichst nachdrückliche, nachvollziehbare Argumente zu finden und diese durch persönliche Kommunikation wirken zu lassen. Ein Kommunikationsverantwortlicher verweist darauf, dass man mit persönlicher Kommunikation „besser Ton und Tenor setzen“ könne als mit anderen Kommunikationswegen und -formen. Im Hinblick auf die Kommunikation nach innen, in ein Unternehmen hinein, unterscheiden die Befragten weitere Ziele der persönlichen Kommunikation. So sollen Mitarbeiter durch Face-to-Face-Kommunikation intensiver beteiligt und motiviert werden. Eine verstärkte Identifikation mit einem Unternehmen, Loyalität und Unterstützung seitens der Mitarbeiter werden als wichtige Ziele erachtet. Ein Befragter fasste die dabei angenommene Wirkkette wie folgt zusammen: Es geht um „[e]motionale Teilhabe am Unternehmen und damit Engagement und damit wiederum Verstärkung des Erfolgs“. Wenn es um die Stakeholder geht, mit denen die Kommunikationsverantwortlichen mittels persönlicher Kommunikation in Kontakt treten wollen, kann grundsätzlich zunächst jeder Stakeholder Adressat persönlicher Kommunikation sein, so die Befragten. Wenn es um eine Priorisierung der Stakeholder geht, die ein Unternehmen ansprechen möchte, so stehen für sie auf den ersten Plätzen jedoch diejenigen, die für den unternehmerischen Erfolg ausschlaggebend sind. Dies gilt insbesondere für interne Stakeholder wie Führungskräfte und Mitarbeiter, die von den Befragten als zentral angesehen werden. In diesem internen Kommunikationsfeld nennen die Kommunikationsverantwortlichen auch die meisten Formate, die in der Praxis eingesetzt werden. Auf die internen Stakeholder folgen externe Stakeholder, bei der die Mehrheit der Befragten insbesondere auf Journalisten verweist. Ein Kommunikationsverantwortlicher ergänzt nicht zuletzt, dass es sich bei den Adressaten persönlicher Kommunikation um „die wichtigsten Kunden, die wichtigsten Zulieferer und die wichtigsten Investoren“ handelt. Für die Ansprache der externen Zielgruppe werden bislang aber weniger Formate der persönlichen Kommunikation in der Praxis eingesetzt. Wird die Frage nach denjenigen Akteuren gestellt, die bei persönlicher Kommunikation nach Ansicht der Kommunikationsverantwortlichen aktiv eingebunden werden, so wird vor allem die Unternehmensführung als zentra-
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ler Kommunikator genannt. Neben dem eigenen Kommunikationsteam verweisen die Befragten aber auch auf Führungskräfte des eigenen Unternehmens als wichtige Akteure, die über persönliche Kommunikation eingebunden werden. Intern treten diese dabei vorrangig in ihrer Rolle als Vorgesetzte auf. In der externen persönlichen Kommunikation werden sie als fachliche Experten eingesetzt, so die Befragten. 5.1.3 Umsetzung und Formate Im Hinblick auf die Umsetzung persönlicher Kommunikation im Unternehmen nennen die befragten Kommunikationsexperten zahlreiche Formate und Instrumente der Face-to-Face-Kommunikation. Dabei wird zunächst danach unterschieden, welche Stakeholder adressiert werden sollen: interne oder externe. Ergänzend sollen im Folgenden Formate, die an eine kleinere Gruppe gerichtet sind, von jenen unterschieden werden, die sich laut den Befragten an ein großes Plenum innerhalb einer oder mehrerer Stakeholder richten (s. Abb. 56). In der internen Kommunikation sind mit einem großen Plenum beispielsweise alle Mitarbeiter eines Unternehmens gemeint. In der externen Kommunikation werden darunter z. B. alle Investoren eines Unternehmens gefasst. Wenn interne Stakeholder wie z. B. Führungskräfte und Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen, so nennen die Befragten zahlreiche Formate persönlicher Kommunikation, die von Angesicht zu Angesicht stattfinden und sich vor allem an kleinere Gruppen richten. Sie reichen von eher informellen Kamingesprächen oder -abenden, die dem Vertrauensaufbau oder der Vernetzung dienen, über formale und fachlich ausgerichtete Schulungsveranstaltungen bis hin zu sogenannten „Daily Walks“, die Führungskräfte jeden Tag an den Arbeitsplätzen ihrer Mitarbeiter vorbeiführen. In „Hearings“ oder „Coffee Talks“ stehen Führungskräfte, auch aus dem Top-Management, für Austausch und Fragen seitens der Mitarbeiter zur Verfügung, während in „Work Cafés“ Kleingruppen diskutieren und sich austauschen. Bei diesen Formaten trifft ein in der Regel kleinerer Personenkreis aufeinander, z. B. Führungskräfte untereinander, Manager mit der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand oder Mitarbeiter mit der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand oder ihren direkten Führungskräften. Besonders ausgeprägt sind laut den Befragten auch Formate, die sich speziell an Führungskräfte eines Unternehmens richten. Hier werden auf fachlicher Ebene beispielsweise Strategiedialoge, Führungskräftetagungen, -werkstätten oder Informationsveranstaltungen des Vorstands für leitende Angestellte genannt. Auf informeller, sozialer Ebene finden beispielsweise „Business Breakfasts“ oder „Business Lunches“ mit der Unternehmensleitung statt. Diese wer-
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den auch für Mitarbeiter angeboten. „Hier geht es dann um grundsätzliche Dinge“, so ein Kommunikationsverantwortlicher: „Zuhören, Kennenlernen, weniger Vermitteln. Es geht darum zu erzählen sowie zuzuhören, was die Mitarbeiter einem erzählen und wie sie die Firma sehen.“ Abb. 56: Formate persönlicher Kommunikation für interne und externe Stakeholder Interne Formate persönlicher Kommunikation Face‐to‐Face
Externe Formate persönlicher Kommunikation Face‐to‐Face Hintergrundgespräch* Interview mit Medien*
Eins‐zu‐Eins
An eine kleinere Gruppe gerichtet
Kamingespräch Stakeholder‐Dialog Schulungsveranstaltung Round Table Daily Walk Konferenz Hearing Coffee Talk* Work Café Strategiedialog Führungskräfteveranstaltung (z. B. Local Management Forum, Business Review, Meet the Board) Business Breakfast / Lunch
An ein großes Plenum gerichtet
Town Hall Meeting Betriebsversammlung* Führungskräfteveranstaltung (z. B. Bilanzpräsentation) Feierveranstaltung (z. B. Jubilarfeier)
Hauptversammlung* Pressekonferenz* Messe* Roadshow Kundenveranstaltung Feierveranstaltung (z. B. Tag der offenen Tür)
* Diese Formate können laut den Befragten auch über Medien wie z. B. Telefon oder Onlinedienste vermittelt werden. Vereinzelt werden auch ausschließlich medienvermittelte Formate wie z. B. Virtual Classrooms oder Webcasts genannt.
Quelle: eigene Darstellung.
Formate persönlicher Kommunikation, die sich an ein größeres Plenum im Unternehmen richten, sind laut den Kommunikationsverantwortlichen z. B. „Town Hall Meetings“ oder Betriebsversammlungen. Neben den bereits angesprochenen Führungskräfteveranstaltungen, die sich auch an ein großes Plenum, z. B. alle Führungskräfte des Unternehmens, richten können, sind Feiern jeder Art nach Ansicht der Befragten ein weiteres wichtiges Format persönlicher Kommunikation mit einer größeren Stakeholdergruppe. Sie reichen von
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Jubilarfeiern über Firmenjubiläen bis hin zu Familientagen oder Tagen der offenen Tür, die sich an der Schnittstelle zwischen interner und externer Kommunikation bewegen. Bei Letzteren kann sogar die Grenze zur Massenkommunikation überschritten werden, wenn die Teilnehmer weder eng begrenzt noch klar definiert sind. Formate in der internen Kommunikation Bei den Formaten, die die Kommunikationsverantwortlichen für interne Kommunikation nennen, zeigt sich, dass es sich vor allem um Formate handelt, die auf einen „gesammelten“ Austausch
der Führungskräfte untereinander sowie mit der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand oder von Mitarbeitern mit der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand oder mit ihren direkten Führungskräften abzielen.
Diese werden von der Organisationseinheit bzw. Abteilung Unternehmenskommunikation organisiert oder zumindest mitbetreut. Die Kommunikationsverantwortlichen konzentrieren sich auf die interne PR, wenn es um persönliche Kommunikation geht. Es geht ihnen um einen überzeugenden Austausch mit den Führungskräften und Mitarbeitern. Formate in der externen Kommunikation Im Hinblick auf die externe Kommunikation wird deutlich, dass Face-to-FaceKommunikation nur bei zentralen Stakeholdern praktiziert wird. So verweisen die Befragten vor allem auf Hintergrundgespräche, die häufig mit Journalisten, Investoren oder Politikern geführt werden. Sie dienen nach Ansicht der Kommunikationsverantwortlichen dazu, sich vertraulich auszutauschen und Themen bei diesen Meinungsführern „vorzubereiten“. Die Gespräche werden dabei oftmals als Eins-zu-Eins-Gespräche geführt und können laut den Befragten auch medienvermittelt, z. B. telefonisch oder mittels Videotelefonie, stattfinden. Dies gilt auch speziell natürlich für Interviews mit Journalisten, denen eine ähnlich hohe Relevanz zugeschrieben wird. Sie werden ebenfalls als Eins-zu-Eins-Formate umgesetzt. Während Hintergrundgespräche vor allem mit zentralen Stakeholdern eines Unternehmens geführt werden, richten sich Formate wie z. B. StakeholderDialoge, „Round Tables“ oder Konferenzen an ein breiteres Publikum. Zu sog. Nachhaltigkeitstagen oder Tagungen zu sozialen Themen werden beispielsweise auch Anwohner oder Bürger im Allgemeinen eingeladen. Die Grenze zu
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einem größeren Plenum kann dabei schnell überschritten sein. Dies gilt nicht zuletzt auch für Formate wie Hauptversammlungen oder Pressekonferenzen, die sich jeweils gezielt an eine größere, wenn auch spezifische Anspruchsgruppe richten. Mit Messen, Roadshows und anderen Kundenveranstaltungen werden vor allem die Kunden eines Unternehmens angesprochen. Wenn die Befragten größere Feierlichkeiten als Format nennen, so haben diese oftmals weder einen klaren Themenrahmen (im Sinne einer fachlichen Ausrichtung) noch formale Regeln des Austauschs oder Ablaufs. In den Nennungen zu externer Kommunikation wird sichtbar, dass die Befragten ihre Verantwortlichkeit vor allem bei gesellschaftspolitischen Stakeholdern und dabei nach wie vor insbesondere bei Journalisten sehen. Mit Blick auf das Marktumfeld weist ein Befragter z. B. auf die persönliche Kommunikation hin, schränkt aber seine Zuständigkeit ein. So beschreibt er: „Das ist dann auch nichts mehr, was von unserer Seite aus initiiert werden kann. Da können wir unter Umständen unterstützend und vielleicht auch ein bisschen steuernd eingreifen, aber da ist unsere Organisation zu verästelt, um im Einzelfall noch Einfluss nehmen zu können.“ Face-to-Face wird auch medial ergänzt Neben der Face-to-Face-Kommunikation weisen die Befragten bei einigen Formaten auf deren ergänzende Verbreitung, Aufbereitung oder Fortführung mittels Medien hin. So können z. B. zu „Coffee Talks“, die zwischen Mitarbeitern und Management stattfinden, andere Standorte per Telefon oder Videokonferenz zugeschalten werden. Auch „Town Hall Meetings“, Betriebs- und Hauptversammlungen können an andere Standorte übertragen werden und dort in Aussprachen vor Ort „eingebettet“ sein. „Virtual Classrooms“, von einem Befragten als „durch Bild und Ton begleitete Telefonkonferenzen“ bezeichnet, die in der Regel dem fachlichen Austausch dienen, finden sogar ausschließlich medienvermittelt statt. Dies gilt auch, wenn sich die Unternehmensführung per Webcast an die gesamte Belegschaft richtet. Ein solch medienvermittelter Austausch kann Face-to-Face-Kommunikation zwar nicht ersetzen, so die Kommunikatoren, aber ergänzen. Die Vorteile der medienvermittelten Eins-zu-Eins-Kommunikation liegen dabei nach Ansicht der Kommunikationsverantwortlichen in ihrer größeren Reichweite bei zugleich geringerem Ressourceneinsatz sowie in ihrer Schnelligkeit und Effizienz.
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Herausforderungen von Dialogformaten Das Spektrum der genannten Kommunikationsformate zeigt auch, wie unterschiedlich die konkrete Ausgestaltung persönlicher Kommunikation im Unternehmenskontext sein kann (s. Abb. 57). Sie beginnen mit eher monologisch ausgerichteten Formaten wie z. B. Betriebsversammlungen, die oftmals auf Informationsweitergabe ausgelegt sind und damit – trotz des Potenzials zu wechselseitigem Austausch – nicht auf „echten“ Dialog abzielen. Die MögAbb. 57: Persönliche Kommunikationsformate als Dialog Einflusspotenzial der Stakeholder
z. B. Round Table
hoch
z. B. Pressegespräch mittel
z. B. Betriebsver‐ sammlung gering informativer „Dialog“
Wissen
argumentativer „Dialog“
Verständnis, Zustimmung
kooperativer Dialog (im engen Sinne)
Kompromiss, offenes Ergebnis
Ziel des Austauschs
Quelle: eigene Darstellung.
lichkeiten der Stakeholder, in diesem Fall von Mitarbeitern, sind bei solchen Formaten persönlicher Kommunikation durch Regeln und Strukturen (z. B. hinsichtlich des Ablaufs) eingeschränkt. Die Formate sind vor allem vonseiten der Kommunikatoren geplant und gesteuert. Auch eine weitere Ausprägung persönlicher Kommunikation trägt oftmals nur den Titel „Dialog“. Formate wie beispielsweise Pressegespräche sind nach Ansicht der Befragten häufig argumentativ angelegt und wollen ein besseres Verständnis oder sogar Zustimmung für die Positionen des Unternehmens erreichen. Die Einflussmöglichkeiten der jeweiligen Stakeholder sind zwar im Vergleich ausgeprägter, durch – offene oder stillschweigende – Regeln und Rituale jedoch oftmals beschränkt. Dieses Format ist es auch, das die meisten Kommunikati-
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onsverantwortlichen als Dialog bezeichnen und verstehen. Die Befragten betonen einen wechselseitigen Austausch und eine Interaktion, die auch wechselseitiges Feedback einschließt. Einen echten Dialog ermöglichen diese Formate jedoch nicht. Vielmehr können sie als polylogisch bezeichnet werden. Kommunikationsmaßnahmen, die auf Kompromisse oder sogar ergebnisoffen angelegt sind, nennen die Befragten kaum. Am Beispiel von „Round Tables“ zeigt sich ein möglicher Grund, warum solche Formate in der Praxis in der alltäglichen Kommunikation eher selten umgesetzt werden. Sie bergen das Risiko – insbesondere bei komplexen, schwierigen und emotionalen Themen – von persönlichen Angriffen, unvorhersehbaren Dynamiken und der Konfrontation mit möglicherweise den Unternehmenszielen entgegenstehenden Erwartungen der Stakeholder. Zentrale Erwartungen – offen, ehrlich und transparent Was die Erwartungen der Stakeholder an persönliche Kommunikation und ihre Formate anbelangt, so werden die Kommunikationsverantwortlichen auch hier nach ihren Einschätzungen gefragt. Die Befragten nennen unabhängig von der jeweiligen Anspruchsgruppe Offenheit und Transparenz, auch bei Problemen, sowie Ehrlichkeit als zentrale Erwartungen. Ergänzend werden Wünsche nach Informationen aus erster Hand, Schnelligkeit sowie vereinzelt der Unterhaltungswert der Kommunikation angeführt. Darüber hinaus wollen Stakeholder aus Sicht der Kommunikationsverantwortlichen kommunikationsbereite und glaubwürdige Akteure aufseiten des Unternehmens erleben, denen sie vertrauen können und die ihnen eine inhaltliche Einordnung von Informationen ermöglichen. Ein Kommunikationsverantwortlicher bringt es auf den Punkt. Er sagt: „Beim Town Hall erwartet der Mitarbeiter, dass kein – wie wir es nennen – Bullshit-Bingo gespielt wird und irgendein neumodisches Manager-Gelaber kommt. Die Mitarbeiter auf der Führungsebene wie auch an der Maschine erwarten klare Aussagen. Das heißt: Wo steht das Unternehmen? Wo steht das Projekt? Was läuft gut, was schlecht? Was lernen wir daraus? Was sind die Maßnahmen? Womit muss ich rechnen im Guten wie im Schlechten?“ Nicht zuletzt werden die Möglichkeit des wechselseitigen Austauschs bis hin zu Einflussmöglichkeiten der Stakeholder und deren Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt gegenüber ihren Ängsten, Sorgen und Wünschen betont. Sie haben aus der Perspektive der Stakeholder eine enorme Bedeutung – und sind häufig wichtiger als die Unternehmenskommunikatoren glauben. Neben spezifischen Einschätzungen zu einzelnen Stakeholdern, z. B. der Orientierung an redaktionellen Nachrichtenwerten bei Journalisten, beziehen sich die befragten Kommunikationsverantwortlichen zusammengefasst vor
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allem darauf, was ihre Stakeholder vom „Wie“ der Kommunikation erwarten. Wie sehen dies die Stakeholder selbst? Welche Formate persönlicher Kommunikation nehmen diese wahr und wie bewerten sie sie? Was ist ihnen dabei wichtig oder unwichtig? Im Folgenden steht die Perspektive der Stakeholder im Mittelpunkt, die anhand einer quantitativen Online-Befragung von Führungskräften sowie anhand von Fallstudien zu weiteren Stakeholdern betrachtet wird. 5.2 Aus der Sicht von Multiplikatoren: Ergebnisse einer Befragung unter Führungskräften in Deutschland Führungskräfte sind – so die Einschätzung der befragten Kommunikationsverantwortlichen – eine zentrale Anspruchsgruppe persönlicher Kommunikationsformate in Unternehmen. Für sie werden zahlreiche und vielfältige Angebote erarbeitet und etabliert. 670 Führungskräfte werden daher zu ihren Erfahrungen mit und Erwartungen an persönliche Kommunikation befragt. Die Ergebnisse bieten ein erstes Schlaglicht auf die Erwartungen aus der Perspektive der Manager. Design der Befragung von Führungskräften Die Stichprobe umfasst Führungskräfte, die bei Unternehmen in Deutschland mit mindestens 1.000 Mitarbeitern angestellt sind und dem oberen, mittleren oder unteren Management angehören. Die Stichprobe streut hinsichtlich der Unternehmensgröße nach Mitarbeiterzahl nahezu gleichmäßig über vier Gruppen (1.000-1.999 Beschäftigte: 23 %, 2.000-4.999: 26 %, 5.000-19.999: 29 %, mehr als 20.000 Beschäftigte: 22 %). Auch in Bezug auf die Zugehörigkeit zu Branchen zeigt sich eine annehmbare Streuung. 45 Prozent der Befragten können Dienstleistungsbranchen zugeordnet werden (z. B. Tourismus, Transport, Kommunikation, Umwelt-, Gesundheits- und soziale Dienstleistungen). Es folgen Industrie- und Investitionsgüterunternehmen (26 %) sowie Finanzdienstleistungs- (16 %) und Konsumgüter-Branchen (14 %). Im Hinblick auf die Befragten sind fast drei Viertel männlich (72 %). Das Durchschnittsalter der Führungskräfte liegt bei 43,3 Jahren. Die Mehrheit der Befragten ist bereits mehrere Jahre – meist zwischen sechs und 15 Jahren – in ihrem Unternehmen tätig. Etwa ein Fünftel ist bereits mehr als zwanzig Jahre im gleichen Unternehmen tätig. Über die Hälfte der Befragten gehört dem mittleren Management an. Knapp ein Drittel ist Teil des unteren, zehn Prozent sind Teil des oberen Managements. Nahezu drei Viertel der Befragten haben
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Budgetverantwortung. Nur ein Prozent der Führungskräfte gibt an, keine Personalverantwortung zu haben. Im Hinblick auf die Abteilung oder den Funktionsbereich, in dem die Führungskräfte tätig sind, sind die IT/EDV (19 %), der Vertrieb (16 %), die Produktion (9 %) und allgemeine Verwaltung/Organisation (9 %) führend. Kommunikation/PR (2 %) und das Rechtswesen (1 %) belegen hingegen die beiden hinteren Plätze. Die Führungskräfte werden im Frühjahr 2014 befragt und ihnen werden Fragen nach der Bedeutung von persönlicher Kommunikation in und von Unternehmen gestellt sowie nach ihrer Zufriedenheit mit Formen und Formaten. Nicht zuletzt werden ihre Erwartungen und Wünsche hinsichtlich persönlicher Kommunikation allgemein sowie bezogen auf konkrete Formate persönlicher Kommunikation abgefragt. Diese Formate decken spezifische Konzepte persönlicher Kommunikation innerhalb der Führungsebene ab, die – in Anlehnung an die Aussagen der befragten Kommunikationsverantwortlichen – ausschließlich oder vorrangig Face-to-Face stattfinden und ausschließlich oder zumindest teilweise von der Kommunikationsabteilung organisiert werden. Sie werden für die Befragung anhand der folgenden Kriterien variiert: an eine kleinere Gruppe oder ein größeres Plenum gerichtet; formell oder informell; ausschließlich an Führungskräfte oder auch an Mitarbeiter gerichtet. Aus der Vielfalt der Formate ergeben sich bei diesem Kriterienkatalog vier prototypische Formate, die sogenannte „Business Conference“, ein Führungskräfte-Meeting, ein „Town Hall Meeting“ sowie ein „Business Breakfast“ bzw. „Business Lunch“. Neben diesen Formaten wird persönliche Kommunikation im internen Unternehmenskontext ergänzend in drei Bereichen abgefragt: als an Führungskräfte gerichtete Kommunikation seitens der Unternehmensleitung; als an die eigene unmittelbare Führungskraft, die eigenen Mitarbeiter oder andere Führungskräfte gerichtete Kommunikation der Befragten sowie als die externe Kommunikation der befragten Führungskräfte mit externen Partnern wie z. B. Kunden, Journalisten oder der allgemeinen Öffentlichkeit. Die Auswertung erfolgt mittels quantitativer Analysen und mit dem Programm SPSS.
5.2.1 Bedeutung des Kommunikationswegs Im Hinblick auf die Relevanz von Formen und Formaten persönlicher Kommunikation, die Unternehmen anbieten, unterscheiden die befragten Führungskräfte deutlich zwischen jenen, die zu ihrer täglichen Aufgabe und Funk-
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tion gehören, d. h. Bestandteile der Linienkommunikation sind, und solchen, die diese nur indirekt tangieren. Mehr als 90 Prozent der Befragten sehen Gespräche mit ihren Mitarbeitern (98 %), ihren unmittelbaren Vorgesetzten (96 %) sowie mit Führungskräften anderer Unternehmensbereiche und Hierarchieebenen (91 %) als wichtig oder sogar sehr wichtig an. Dieses Votum geben mehr als zwei Drittel der Führungskräfte auch ab, wenn es sich um informelle Gespräche der Unternehmensleitung mit einigen Führungskräften (78 %) sowie um Veranstaltungen handelt, bei denen sie selbst mit externen Stakeholdern wie z. B. Kunden oder Lieferanten sprechen (76 %). 68 Prozent der Befragten nehmen Veranstaltungen der Unternehmensleitung mit allen Führungskräften als wichtig oder sehr wichtig wahr. 64 Prozent der Befragten sehen schließlich Versammlungen, bei denen die Unternehmensleitung vor allen Mitarbeitern spricht, als besonders wichtig an. Nur 52 Prozent äußern sich in ähnlicher Form, wenn es um PRVeranstaltungen geht, bei denen sie selbst ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit vertreten. Diese Einschätzungen zeigen, dass Führungskräfte persönliche Kommunikation generell als wichtig einschätzen. Dies gilt jedoch vor allem für jene persönliche Kommunikation, die unmittelbar ihre Arbeit berührt. Allgemeine Veranstaltungen ihres Unternehmens im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erachten die Befragten als weniger relevant. Führungskräfte der oberen Managementebene messen dabei allen Formen der persönlichen Kommunikation tendenziell mehr Bedeutung zu als mittlere und untere Ebenen. Dies gilt vor allem auch für die persönliche Kommunikation, die sich an externe Partner oder die Öffentlichkeit allgemein richtet. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn nach der zukünftigen Bedeutung der Formen und Formate persönlicher Kommunikation gefragt wird. Hier geht rund ein Viertel der Befragten davon aus, dass Gespräche mit ihren Mitarbeitern (27 %), anderen Führungskräften im Unternehmen (25 %) oder ihren Vorgesetzten (24 %) weiter an Bedeutung gewinnen. Unmittelbar danach folgen externe PR-Veranstaltungen, denen 18 Prozent der Befragten eine steigende Bedeutung zumessen. Vor allem beim Format „Gespräch zwischen Top-Management und einem kleinen Kreis an Führungskräften“ glauben die Manager der oberen Hierarchieebenen deutlich stärker, dass dieses künftig wichtiger wird, als die Führungskräfte der darunterliegenden Ebenen. Die Bedeutung persönlicher Kommunikation wird ergänzend deutlich, wenn nach der Häufigkeit gefragt wird, mit der die Befragten an entsprechenden Formen und Formaten teilhaben. Auch hier sprechen Führungskräfte am häufigsten mit ihren Mitarbeitern (93 %), Vorgesetzten (86 %) und anderen Führungskräften (71 %). Nur 46 Prozent nehmen häufig oder sehr häufig (d. h. mehrfach im Monat, wöchentlich oder sogar täglich) an Veranstaltungen mit
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externen Partnern und 45 Prozent an informellen Gesprächen mit der Unternehmensleitung teil. Abgeschlagen sind Veranstaltungen der Unternehmensleitung mit allen Führungskräften (27 %), PR-Veranstaltungen, die sich an die allgemeine Öffentlichkeit richten und bei denen die Befragten selbst nach außen auftreten (25 %), sowie Veranstaltungen der Unternehmensleitung mit allen Mitarbeitern (23 %). Die Ursachen können dabei sowohl daran liegen, dass diese als unbedeutend eingeschätzt werden, als auch daran, dass solche und weitere Formate in der Praxis weniger angeboten werden. Generell gilt: Führungskräfte der oberen Managementebene nehmen häufiger an verschiedenen Formen persönlicher Kommunikation teil als Führungskräfte der mittleren und unteren Ebenen (s. Abb. 58). Abb. 58: Formen und Formate persönlicher Kommunikation, an denen Führungskräfte häufig teilnehmen 99 % 93 % 91 %
Gespräch / Besprechung zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern
91 % 83 % 90 %
Gespräch / Besprechung zwischen einer Führungskraft und ihren unmittelbaren Vorgesetzten Abstimmung zwischen Führungskräften verschiedener Hierarchieebenen und Bereiche
64 %
Informelles Gespräch zwischen der Unternehmens‐ leitung und einigen Führungskräften Veranstaltung, bei der eine Führungskraft mit externen Partnern, z. B. Lieferanten oder Kunden, spricht Veranstaltung der Unternehmensleitung mit allen Führungskräften
12 %
PR‐Veranstaltungen, in denen eine Führungskraft ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit vertritt
11 %
Versammlung mit Ansprache der Unternehmensleitung vor der gesamten Mitarbeiterschaft
51 %
33 %
12 %
26 %
62 %
51 %
32 %
29 %
83 %
79 %
50 %
24 %
72 %
43 %
40 %
oberes Management mittleres Management unteres Management
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie jetzt einmal die folgenden, durchaus unterschiedlichen Kommunikationsformen durchschauen: Wie häufig nehmen Sie im Allgemeinen an solchen Kommunikationsformen teil – sehr häufig, häufig, ab und zu, selten oder nie?“; Basis: noberes Management = 65 gültige Fälle, nmittleres Management = 390 gültige Fälle, nunteres Management = 215 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
Große Unterschiede zwischen den Führungskräften verschiedener Ebenen fallen dabei insbesondere bei informellen Gesprächen zwischen Unternehmensleitung und ausgewählten Führungskräften sowie bei Veranstaltungen der Unternehmensleitung mit allen Führungskräften auf. Während das obere Ma-
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nagement daran häufiger teilnimmt, gilt dies für das mittlere und insbesondere das untere Management bereits deutlich weniger. Allerdings: Die Führungskräfte sagen nicht nur, dass für sie der persönliche Austausch sehr wichtig ist und sie bei vielen Formaten aktiv und passiv beteiligt sind, sondern auch, dass sie mit diesen Formaten, wie sie umgesetzt werden, nicht per se zufrieden sind. Unzufriedenheit kann die Folge sein von noch so gut gemeinter persönlicher Kommunikation, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden. Daher ist es umso wichtiger, nach den Wünschen und Präferenzen der Stakeholder zu forschen. 5.2.2 Erwartungen und Wünsche an den persönlichen Austausch in und von Unternehmen Wenn die Führungskräfte nach ihren Erwartungen und Wünschen an persönliche Kommunikationsformate gefragt werden, so zeigen sich klare Präferenzen. Sollen die Befragten z. B. ihre Idealvorstellung von einer Veranstaltung mit der Unternehmensleitung benennen, so plädieren sie verstärkt für einen Austausch der Teilnehmer untereinander und weniger für Vorträge der Unternehmensführung (Mittelwert (MW): 2,82; Skalierung von 1 bis 5; s. Abb. 59). Im Hinblick auf die Größe des Teilnehmerkreises sind sie nahezu unentschlossen (MW: 3,09). Hinsichtlich des Ablaufs fällt das Votum etwas ausgeprägter aus. Der Ablauf sollte dabei eher festgelegt sein (MW: 3,14) und Veranstaltungstermine sollten eher nach einem regelmäßigen Rhythmus statt nach Bedarf geplant werden (MW: 3,20). Auch in der Veranstaltung wünschen sich die Befragten eine feste Agenda mit einem vorgegebenen Thema (MW: 3,47). Hinsichtlich des Veranstaltungsinhaltes plädieren die Befragten eher für operative und konkrete Inhalte anstelle von strategischen, allgemeinen Themen (MW: 3,42). Diese sollten dabei im Detail und tiefgehend besprochen werden (MW: 3,43). Das Votum für bestimmte Akteure fällt hingegen nicht eindeutig aus. Die Befragten können sich sowohl fachliche Experten als auch Personen, die Verantwortung tragen, als Kommunikationspartner vorstellen (MW: 3,09). Führungskräfte des oberen Managements erwarten jedoch vor allem Präsentationen von Personen, die Verantwortung tragen. Sie plädieren darüber hinaus am stärksten für Themen, die inhaltlich in die Tiefe gehen, und für eine feste Agenda mit einem vorgegebenen Thema. Die Führungskräfte der unteren Hierarchieebene wünschen sich am stärksten Veranstaltungen mit größerem Teilnehmerkreis und Veranstaltungen, die den Austausch der Teilnehmer in den Mittelpunkt stellen.
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Abb. 59: Aus Sicht von Führungskräften: Wie die persönliche Kommunikation mit der Unternehmensführung im Idealfall ablaufen sollte Austausch der Teilnehmer
kleinere Teilnehmerzahl (ausgewählte Führungskräfte) flexibler Ablauf Veranstaltungstermine nach Bedarf
Vortrag der Unter‐ nehmensleitung größere Teilnehmerzahl (alle Führungskräfte) festgelegter Ablauf regelmäßige Veranstaltungstermine
offene Agenda ohne vorgegebenes Thema
feste Agenda mit einem vorgegebenen Thema
Agenda mit strategischen, allgemeinen Themen
Agenda mit operativen, konkreten Themen
Themen, die inhaltlich in die Breite gehen (Überblick) Präsentation von fachlichen Experten
Themen, die inhaltlich in die Tiefe gehen (Details) Präsentation von Personen, die Verantwortung tragen
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie sich einmal vorstellen, Sie nehmen an einer Veranstaltung mit dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung Ihres Unternehmens über aktuelle Themen und Entwicklungen teil: Wie sollte eine solche Veranstaltung gestaltet sein?“; Basis: n = 670 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
Um die Erwartungen von Führungskräften an persönliche Kommunikationsformate von Unternehmen noch detaillierter betrachten zu können, werden diese ergänzend um ihre Einschätzung zu vier Formaten persönlicher Kommunikation in Unternehmen gebeten. Diese greifen die von den befragten Kommunikationsverantwortlichen benannten wichtigen Formate auf. Sie werden von einer Abteilung Unternehmenskommunikation mindestens mitorganisiert. Diese typischen Formate werden zusätzlich nach den Dimensionen Veranstaltungsgröße (kleinere Gruppe, großes Plenum), Art des Teilnehmerkreises (Führungskräfte, Mitarbeiter), inhaltlicher Ausrichtung (sozial, fachlich) sowie Formalisierungsgrad (formell, informell; s. Abb. 60) variiert. Die befragten Führungskräfte nehmen jeweils zu zwei Formaten Stellung. An jedes Format persönlicher Kommunikation richten sie konkrete Erwartungen. Einige Erwartungen beziehen sich auf alle vier Formate, z. B. dass diese neue Informationen bieten sowie Meinungs- und Erfahrungsaustausch zulassen sol-
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Abb. 60: Ausgewählte Formate persönlicher Kommunikation Business Conference (n = 297)
Format:
Veranstaltung
Teilnehmer: alle Führungskräfte Ablauf:
Unternehmensleitung gibt Überblick über aktuelle Lage / künftige Strategie, abschließend Möglichkeit für Fragen und Diskussion
Führungskräfte‐Meeting (n = 341)
Format:
Besprechung
Teilnehmer: wenige ausgewählte Manager Ablauf:
Austausch und Diskussion mit Unter‐ nehmensleitung zu strategischen The‐ men, Entscheidungen und Zielen
Town Hall Meeting (n = 375)
Format:
Veranstaltung
Teilnehmer: alle Führungskräfte und Mitarbeiter eines Standorts / Unternehmens Ablauf:
Unternehmensleitung gibt allgemeinen Einblick in aktuelle Lage, abschließend Plenum für Fragen
Business Breakfast / Lunch (n = 330)
Format:
Gesprächsrunde
Teilnehmer: wenige ausgewählte Manager und / oder Mitarbeiter Ablauf:
informeller Austausch mit Unterneh‐ mensleitung zu Themen, die die Führungskräfte / Mitarbeiter bewegen
Quelle: eigene Darstellung.
len. Andere Erwartungen sind jedoch formatspezifisch (s. Abb. 61). Die Erwartungsprofile der Befragten variieren je nach Größe sowie Zusammensetzung des Teilnehmerkreises eines Formates. Von einer „Business Conference“ erwarten Führungskräfte vorrangig eine sachliche Ausrichtung. Sie soll der Weitergabe neuer Nachrichten dienen und Meinungs- und Erfahrungsaustausch sowie die Weitergabe eigener Erfahrungen und Informationen an die anderen Führungskräfte ermöglichen. Darüber hinaus erwarten die Befragten, dass dieses Format Ergebnisse und Lösungen erbringt, die gemeinsam erarbeitet werden. Konkrete Zielsetzungen zu aufgaben- und kontextbezogenen Inhalten stehen im Mittelpunkt. Wenn die Führungskräfte nach Managementebenen verglichen werden, so zeigt sich, dass es den Befragten aus der oberen und unteren Managementebene vor allem um neue Informationen geht. Das mittlere Management sieht hingegen den Abbau von Konflikten und Meinungsverschiedenheiten und damit einen sozialen Aspekt als am wichtigsten an. Die Erwartungslage ist bei den Führungskräften unterschiedlich. Das könnte mit ein Grund dafür sein, dass 26 Prozent der Befragten mit diesem Format unzufrieden sind.
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Abb. 61: Top-5-Erwartungen von Führungskräften bei ausgewählten Formaten persönlicher Kommunikation Führungskräfte‐Meeting Besprechung mit ausge‐ wählten Führungskräften
Business Conference Veranstaltung mit allen Führungskräften
Town Hall Meeting Veranstaltung mit allen Führungskräften und Mitar‐ beitern
Business Breakfast / Lunch Gesprächsrunde mit ausge‐ wählten Führungskräften und / oder Mitarbeitern
1
Erhalt von Nachrichten, die neu sind
Meinungs‐ und Erfahrungsaustausch
2
Meinungs‐ und Erfahrungsaustausch
Gegenseitiges Einschätzen
3
4
5
Weitergabe eigener Erfahrungen und Informationen
Weitergabe eigener Erfahr‐ ungen und Informationen Gegenseitiges Einschätzen
Entwicklung gemeinsamer Ideen und neuer Wege
Erarbeiten von Ergebnissen und Lösungen
Entwicklung gemeinsamer Ideen und neuer Wege
Erhalt von Nachrichten, die neu sind
Weitergabe eigener Erfahrungen und Informationen
Gegenseitiges Kennenlernen Werbung für Akzeptanz
Entwicklung gemeinsamer Ideen und neuer Wege
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Was erwarten Sie persönlich, wenn Sie sich die Zeit nehmen und an einer solchen Veranstaltung teilnehmen – was ist Ihnen sehr wichtig, wichtig, eher unwichtig oder nicht wichtig?“; Basis: nBusiness Conference=295-296 gültige Fälle, nFührungskräfte-Meeting = 338-340 gültige Fälle, nTown Hall Meeting = 369-374 gültige Fälle, nBusiness Breakfast/Lunch = 323-325 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
Ähnliche Erwartungen zeigen sich gegenüber „Town Hall Meetings“, die sich an die gesamte Belegschaft, z. B. eines Standortes, richten. Auch hier geht es nach Ansicht der Befragten vor allem um Informationserhalt und Austausch zwischen Teilnehmern. Es steht jedoch nicht nur das Erarbeiten gemeinsamer Lösungen für Herausforderungen und Entwicklungen im Zentrum. Vielmehr geht es verstärkt auch darum, sich auszutauschen und für die Akzeptanz von Zielen, Strategien und Entscheidungen zu werben. Während dem unteren Management bei diesem Format neue Informationen am wichtigsten sind, legen Führungskräfte der oberen Managementebene vor allem Wert auf die Erarbeitung konkreter Ergebnisse und Lösungen. Den Führungskräften der mittleren Hierarchiestufe ist der Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit anderen Teilnehmern mit am wichtigsten. Das Format des „Town Hall Meeting“ trifft bei 35 Prozent der Befragten jedoch auf Unzufriedenheit. Ein Grund könnte darin liegen, dass Führungskräfte bei diesem Format – von der Geschäftsführung abgesehen – oftmals eher eine „Zuschauer“-Rolle spielen. Bei einem Führungskräfte-Meeting rücken zunehmend soziale Aspekte in den Blick der Befragten. Zwar stehen nach wie vor neue Informationen an ers-
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ter Stelle, wenn es um die eigenen Erwartungen geht. Es folgen jedoch mit den Wünschen nach Meinungs- und Erfahrungsaustausch, der Weitergabe eigener Erfahrungen und Informationen sowie dem Einschätzen der anderen Teilnehmer und ihrer Positionen, Meinungen und Einstellungen vornehmlich soziale Gesichtspunkte. Auch das Werben um Akzeptanz, z. B. für Strategien oder Lösungswege, ist für die Führungskräfte bei diesem Format wichtig. Dabei sind sich die Befragten über alle Managementebenen hinweg einig, dass neue Informationen bei diesem Format am wichtigsten sind. Mit diesem Format werden somit Erwartungen sowohl sozialer als auch fachlicher Natur verbunden. Erwartungen vorrangig sozialer Art stehen hingegen im Vordergrund, wenn Führungskräfte an einem Business Breakfast oder Business Lunch teilnehmen. Sie wollen sich dabei mit den anderen Teilnehmern austauschen, diese kennenlernen und ihre Positionen einschätzen können. Erst dann geht es um Sachfragen wie z. B. neue Informationen. Bei diesem Format sind sich die Führungskräfte über alle Management-Ebenen hinweg einig, dass der Meinungsund Erfahrungsaustausch mit anderen Teilnehmern an erster Stelle steht. Austausch unter den Führungskräften wird erwartet Im Vergleich der Formate zeigt sich, dass bei Veranstaltungen mit einem kleineren Teilnehmerkreis soziale Aspekte des Austauschs eine größere Rolle spielen als bei Formaten mit einem großen Teilnehmerkreis. Bei Formaten, die nicht nur Führungskräfte, sondern auch für Mitarbeiter geöffnet sind, stehen soziale Aspekte noch deutlicher im Mittelpunkt als bei Formaten, die sich ausschließlich an Führungskräfte richten. Bei Letzteren erwarten die Befragten verstärkt eine fachliche Ausrichtung und stärker aufgaben- und kontextbezogene Inhalte. Im Vergleich der Formate wird dennoch auch deutlich, dass die befragten Führungskräfte generell großen Wert auf Austausch legen. Dass sie mit der Unternehmensführung selbst ins Gespräch kommen, wird nur von weniger als einem Drittel der Befragten als wichtig erachtet. Der Austausch mit anderen Teilnehmern ist den Befragten deutlich wichtiger. Kommt der Kontakt mit der Unternehmensleitung jedoch zustande, so haben die Befragten profilierte Erwartungen an die zentralen Akteure. Wertschätzung der Gesprächspartner Bei allen vier Formaten persönlicher Kommunikation – „Town Hall Meeting“, Führungskräfte-Meeting, „Business Breakfast“ oder „Business Lunch“ und „Business Conference“ – ist für die befragten Führungskräfte entscheidend,
201
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
dass die Unternehmensleitung Wertschätzung gegenüber ihren Gesprächspartnern zeigt (s. Abb. 62). Auch das Interesse für die Anliegen des Gegenübers findet sich bei allen Formaten unter den drei wichtigsten Erwartungen. Beim Format der „Business Conference“ steht diese Erwartung sogar an erster Stelle, gefolgt vom Wunsch nach Wertschätzung sowie nach einer sachlichen und überzeugenden Argumentation. Letztere dominiert nach Ansicht der Befragten die Erwartungen, wenn es um ein „Town Hall Meeting“ geht. Hier ist für die Führungskräfte wichtig, dass die Unternehmensleitung ihre Argumente sachlich vorbringt und überzeugt. Bei einer „Business Conference“ oder einem „Town Hall Meeting“ erwarten Führungskräfte aller drei Hierarchieebenen, dass die Unternehmensführung ihren Gesprächspartnern eine ausgesprochene Beachtung entgegenbringt. Führungskräfte der mittleren und unteren Ebenen erwarten außerdem, dass die Unternehmensleitung vor allem sachlich argumentiert und überzeugt. Führungskräfte der oberen Managementebene wünschen sich, dass Konzepte und Zusammenhänge erklärt werden. Bei einem Führungskräfte-Meeting sollte nach Ansicht der Befragten der Wissensstand der Unternehmensleitung offengelegt werden. Es geht bei diesem Format mit einem kleinen Kreis ausgewählter Führungskräfte um eine Abb. 62: Top-3-Erwartungen von Führungskräften an die Unternehmensführung Business Conference Veranstaltung mit allen Führungskräften
Führungskräfte‐Meeting Besprechung mit ausge‐ wählten Führungskräften
Town Hall Meeting Veranstaltung mit allen Führungskräften und Mitar‐ beitern
Business Breakfast / Lunch Gesprächsrunde mit ausge‐ wählten Führungskräften und / oder Mitarbeitern
1
Interesse für die Anliegen der Gesprächspartner
Offenes Aussprechen des eigenen Wissensstandes
Sachliche und überzeugende Argumentation
Wertschätzung gegenüber Gesprächspartnern
2
Wertschätzung gegenüber Gesprächspartnern
Sachliche und überzeugende Argumentation
Wertschätzung gegenüber Gesprächspartnern
Interesse für die Anliegen der Gesprächspartner
3
Sachliche und überzeugende Argumentation
Wertschätzung gegenüber Gesprächspartnern
Interesse für die Anliegen der Gesprächspartner
Sachliche und überzeugende Argumentation
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie nun speziell an die Kommunikation und das Auftreten des Vorstands/der Geschäftsführung bei [dem jeweiligen Format] denken – was ist Ihnen dann sehr wichtig, wichtig, eher unwichtig oder nicht wichtig?“; Basis: nBusiness Conference = 295 gültige Fälle, nFührungskräfte-Meeting = 338 gültige Fälle, nTown Hall Meeting = 371-372 gültige Fälle, nBusiness Breakfast/Lunch = 325-326 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
202
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
offene, sachliche und fachorientierte Diskussion, so die Befragten – auch wenn die Wertschätzung für die Teilnehmer nicht zu kurz kommen darf. Bei einem „Business Breakfast“ oder „Business Lunch“ steht hingegen die Erwartung an erster Stelle, dass die Unternehmensführung den Teilnehmern Wertschätzung und Interesse entgegenbringt. Erst anschließend ist es nach Ansicht der befragten Führungskräfte wichtig, dass sachlich und überzeugend argumentiert wird. Sowohl beim Format „Business Breakfast“ bzw. „Business Lunch“ als auch beim Format des Führungskräfte-Meetings erwarten Führungskräfte der oberen Managementebene, dass Vorstand oder Geschäftsführung selbst viele Informationen und Einschätzungen einbringen, zugleich aber zuhören und sich in die Lage der Gesprächspartner versetzen. Befragte der unteren Managementebene wünschen sich vorrangig, dass sachlich argumentiert und den Gesprächspartnern Wertschätzung entgegengebracht wird. Die Unternehmensführung soll sich für die Anliegen seines Gegenübers interessieren. Das mittlere Management erwartet nicht zuletzt, dass begründet wird, warum so und nicht anders gehandelt wird. Die Befragten haben also unterschiedliche Erwartungen an die persönliche Kommunikation, die in einem Unternehmen organisiert wird. Wenn es um die Formate geht, die sich auch an Mitarbeiter richten, stehen verstärkt Aspekte der Wertschätzung und der Überzeugungskraft im Vordergrund. Bei Formaten, die sich an die Führungskräfte richten, erwarten die Befragten eher einen fachlichen Austausch mit „offenem Visier“ sowie Interesse für ihre Anliegen. 5.2.3 Zufriedenheit mit den Formen und Formaten Wie zufrieden sind die Führungskräfte mit der persönlichen Kommunikation, die sie in ihren Unternehmen erleben? Zur Bewertung aus Sicht der Stakeholder gehört auch deren Zufriedenheit mit Formen und Formaten persönlicher Kommunikation. Bezogen auf die vier spezifischen Formate persönlicher Kommunikation – „Business Conference“, Führungskräfte-Meeting, „Town Hall Meeting“ sowie „Business Breakfast“ bzw. „Business Lunch“ – werden die Führungskräfte um eine Bewertung sowohl dieser Formate als auch der beteiligten Akteure gebeten. Wie gut werden ihre Erwartungen erfüllt?
203
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Abb. 63: Potenzial der Führungskräfte, deren Erwartungen nicht erfüllt werden Town Hall Meeting (= Veranstaltung mit allen Führungskräften und Mitarbeitern)
35 %
Business Conference (= Veranstaltung mit allen Führungskräften)
26 %
Business Breakfast / Lunch (= Gesprächsrunde mit ausgewählten Führungskräften und / oder Mitarbeitern)
24 %
Führungskräfte‐Meeting (= Besprechung mit ausgewählten Führungskräften)
23 %
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie selbst schon einmal an einer solchen Veranstaltung teilgenommen haben oder dies regelmäßig tun: Alles in allem – wie wurden bei solchen Veranstaltungen Ihre Erwartungen erfüllt?“; Anteile der Befragten in Prozent, deren Erwartungen bei den jeweiligen Formaten eher weniger oder gar nicht erfüllt worden sind; Basis: nBusiness Conference = 270 gültige Fälle, nFührungskräfte-Meeting = 292 gültige Fälle, nTown Hall Meeting = 339 gültige Fälle, nBusiness Breakfast/Lunch = 256 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
Am schlechtesten schneidet bei dieser Frage das Format des „Town Hall Meeting“ ab. 35 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Erwartungen daran eher weniger oder gar nicht erfüllt wurden (s. Abb. 63). 26 Prozent geben diese Wertung für die „Business Conference“ ab. Die Formate mit größerem Teilnehmerkreis schneiden damit etwas schlechter ab. Etwa ein Viertel der Befragten ist mit den Formaten „Business Breakfast“ bzw. „Lunch“ (24 %) sowie Führungskräfte-Meeting (23 %) unzufrieden. Damit steht fest: Der Anteil unzufriedener Führungskräfte in der internen Kommunikation liegt bei den konkreten Formaten zwischen 23 und 35 Prozent. Wie Führungskräfte die persönliche Kommunikation der Unternehmensleitung bewerten Die persönliche Kommunikation der Unternehmensführung mit Mitarbeitern und Führungskräften bewerten die befragten Manager zurückhaltend positiv. Am negativsten wird das Gespräch mit der Unternehmensführung bewertet, wenn diese gegenüber Führungskräften Anerkennung und Wertschätzung ausdrücken möchte (Schulnote: 2,7; Skala: 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend)). Am
204
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
positivsten wird die persönliche Kommunikation von Vorstand oder Geschäftsführung wahrgenommen, wenn es um die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen geht, die verbessert werden soll (Schulnote: 2,5). Die Durchschnittsnoten schwanken nur in geringem Ausmaß. Im Schnitt vergeben rund sieben Prozent der Führungskräfte die Noten fünf (mangelhaft) oder sechs (ungenügend) und sind damit hochgradig unzufrieden, was die Kommunikation ihrer Unternehmensleitung im persönlichen Austausch anbelangt. Je niedriger die Managementebene, desto schlechter fällt tendenziell die Notenvergabe aus. Führungskräfte der oberen und unteren Managementebene vergeben sehr gute Noten an die Unternehmensführung und deren persönliche Kommunikation, wenn das Unternehmen eine neue Strategie oder einen neuen Kurs einschlagen will. Die mittlere Managementebene bewertet die persönliche Kommunikation von Vorstand oder Geschäftsführung am besten, wenn es um eine verbesserte Qualität von Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens geht. Wie zufrieden oder unzufrieden sind die befragten Führungskräfte mit den weiteren, z. T. übergreifenden Formen persönlicher Kommunikation? Am zufriedensten zeigen sich die Befragten, wenn es um Gespräche mit ihren jeweiligen Mitarbeitern geht (92 %). An zweiter Stelle folgen Gespräche mit anderen Führungskräften aus dem Unternehmen sowie Veranstaltungen, bei denen sie selbst mit externen Partnern wie z. B. Kunden oder Lieferanten kommunizieren (jeweils 88 %). Auch PR-Veranstaltungen für eine externe Öffentlichkeit werden von 80 Prozent der Befragten durchaus positiv beurteilt, wenngleich sie eher selten wahrgenommen werden. Auf dem letzten Platz hingegen finden sich Versammlungen, bei denen sich die Unternehmensleitung an die gesamte Belegschaft wendet. Darunter fällt auch das Format des „Town Hall Meeting“. Auch bei der übergreifenden Abfrage dieser Veranstaltungskategorie sind die Führungskräfte am unzufriedensten. Solche Veranstaltungen stehen auf Platz eins der Negativliste (s. Abb. 64). Knapp ein Drittel der befragten Führungskräfte ist mit diesen unzufrieden (32 %). 31 Prozent geben auch ein negatives Votum ab, was Veranstaltungen der Unternehmensführung mit allen Führungskräften eines Unternehmens allgemein anbelangt. Auf Platz drei folgen schließlich informelle Gespräche zwischen Unternehmensleitung und einigen Führungskräften, mit denen knapp ein Viertel der Befragten nicht zufrieden ist (24 %). Mit diesen kritischen Einschätzungen stehen immerhin gleich drei Formatkategorien persönlicher Kommunikation an erster Stelle, die maßgeblich von der Unternehmensführung geprägt sind. Bei Formen persönlicher Kommunikation, bei denen die Führungskräfte selbst stark beteiligt und aktiv sind, ist
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Abb. 64: Formen und Formate persönlicher Kommunikation, mit denen Führungskräfte unzufrieden sind Versammlung mit Ansprache der Unternehmensleitung vor der gesamten Mitarbeiterschaft
24 %
Veranstaltung der Unternehmensleitung mit allen Führungskräften
26 %
Informelles Gespräch zwischen der Unternehmens‐ leitung und einigen Führungskräften
19 %
Abstimmung zwischen Führungskräften verschiedener Hierarchieebenen und verschiedener Bereiche
Gespräch / Besprechung zwischen einer Führungskraft und ihren unmittelbaren Vorgesetzten
5%
5%
22 %
PR‐Veranstaltungen, in denen eine Führungskraft ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit vertritt Veranstaltung, bei der eine Führungskraft mit externen Partnern, z. B. Lieferanten oder Kunden, spricht
8%
32 %
31 %
24 %
2 % 24 %
17 %
3 % 20 %
11 %
12 % 1%
10 %
12 % 2%
Gespräch / Besprechung zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern
7%
8 % 1%
eher unzufrieden nicht zufrieden
Quelle: eigene Darstellung, Onlinepanelbefragung unter 670 Führungskräften aus deutschen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie einmal Ihre Erfahrungen in der letzten Zeit zusammenfassen: Alles in allem – wie zufrieden sind Sie in der Regel mit den folgenden Veranstaltungen: sehr zufrieden, eher zufrieden, eher unzufrieden, nicht zufrieden?“; Basis: n = 609-655 gültige Fälle; Datenerhebung durch YouGov.
hingegen weniger als ein Fünftel der Befragten unzufrieden. Eine Ausnahme bildet dabei die Abstimmung mit anderen Führungskräften, die mit knapp 24 Prozent an Platz vier der Formen und Formate steht, mit denen die Befragten unzufrieden sind. Insgesamt zeigt sich, dass Führungskräfte der oberen Hierarchieebene tendenziell eine höhere Zufriedenheit zeigen als die Befragten aus mittleren und unteren Managementebenen. Was ein Format erfolgreich macht Wenn sie offen gefragt werden, welche Aspekte ein Format der persönlichen Kommunikation erfolgreich machen bzw. Erwartungen erfüllen oder nicht erfüllen, dann wird persönliche Kommunikation vonseiten der befragten Führungskräfte positiv assoziiert mit Wertschätzung, Nähe und einem Interesse für den anderen und seine Anliegen. Es geht darum, das Gegenüber ernst zu nehmen und seinen Wünschen und Erwartungen Interesse gegenüberzubringen.
206
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Auf jeden Fall soll nicht eintreten, was die befragten Führungskräfte mit den Begriffen „nichts Handfestes“ und „Gelaber“ umschreiben. Auch „Kritikunfähigkeit“, „vorgefertigte Argumentationen“ und „Kompromisslosigkeit“ werden assoziiert, ebenso wie „Distanz“ und „Arroganz“, „keine Veränderungen im Anschluss“, sowie „Small Talk“ und „Oberflächlichkeit“ oder gar „Farce“ und „Alibi-Veranstaltung“. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden weiterführend auf die Erwartungen und Wünsche von Stakeholdern an persönliche Kommunikation in und von Unternehmen eingegangen werden. Fallstudien und Leitfadeninterviews ermöglichen ein drittes Schlaglicht, das ebenfalls die Perspektive der Stakeholder in den Mittelpunkt stellt. 5.3 Aus der Sicht von Stakeholdern: Fallstudien-Ergebnisse aus Interviews mit Mitarbeitern, Führungskräften und Journalisten Fallstudien bei vier Unternehmen geben einen weiteren Einblick in die Erwartungen von Stakeholdern an persönliche Kommunikation. Dabei werden über Führungskräfte hinausgehend auch Mitarbeiter als interne Stakeholder einbezogen. Als externe Stakeholder werden Journalisten befragt, die in den Leitfadeninterviews mit Kommunikationsverantwortlichen als weitere zentrale Stakeholder persönlicher Kommunikation genannt werden. Die für die Fallstudien angefragten Unternehmen werden aus der ersten Analyse der Interviews mit Kommunikationsverantwortlichen ausgewählt. Ziel ist erneut, Heterogenität abzubilden. So sind zwei Aktiengesellschaften, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Compagnie Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) enthalten. Zwei Fallstudien konzentrieren sich auf die externe Anspruchsgruppe der Journalisten, zwei auf die internen Stakeholder der Mitarbeiter und Führungskräfte. Dabei werden insgesamt vier spezifische, zielorientierte Instrumente der persönlichen Kommunikation im Unternehmenskontext betrachtet (s. Abb. 65).
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Abb. 65: Formate persönlicher Kommunikation in den Fallstudien Fachpressetag
Jahrespressekonferenz
Bilanzpräsentation
Mittagessen mit Vorstand
Stake‐ holder
Journalisten
Journalisten
Führungskräfte
Mitarbeiter und Führungskräfte
Befragte
Sieben (Chef‐) Redakteure der Fachpresse
Sechs Journalisten der Publikums‐, Wirtschafts‐ und Fachpresse
Sechs Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen und Hierarchieebenen unterhalb der Geschäfts‐ führung
23 Mitarbeiter und sechs Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmensberei‐ chen und Hierarchie‐ ebenen
Beschrei‐ bung
Formelle und in‐ formelle Elemente Fachvorträge von Un‐ ternehmensvertretern mit Fokus auf For‐ schung und Entwick‐ lung im Wechsel mit Frühstücks‐ und Mittagsimbiss sowie Aktionen vor Ort Dauer: ca. 240 Min.
Formelle und in‐ formelle Elemente Begrüßung, Präsen‐ tationen von Vor‐ standsmitgliedern, Fragerunde, infor‐ meller Austausch mit Unternehmensver‐ tretern in den Pausen Dauer: ca. 120 Min.
Informeller Aus‐ Vorabinformation für tausch bei Mittag‐ Führungskräfte zu essen‐Buffet mit aktuellen Zahlen, Entwicklungen und einem Vorstands‐ Kontexten, dabei mitglied, dabei Be‐ Kommentar des Vor‐ grüßung, Vorstel‐ standsvorsitzenden, lungsrunde, Impuls Gespräch aller Vor‐ von Vorstand zu stände in einer Talk‐ Thema, Fragen sei‐ runde mit Fragen aus tens und Austausch dem Publikum (Teil 1), der Teilnehmer dann Netzwerken aller Pro Runde acht bis Teilnehmer un‐ zwölf Teilnehmer aus tereinander (Teil 2) unterschiedlichen Dauer: ca. 120 Min. für Bereichen und Teil 1 und ca. 120 Min. Hierarchieebenen für Teil 2 Dauer: ca. 90 Min.
Quelle: eigene Darstellung.
Design der Leitfadeninterviews mit externen und internen Stakeholdern Bei den Fallstudien handelt sich erstens um ein Unternehmen für Automatisierungs- und Energietechnik mit rund 11.000 Mitarbeitern in Deutschland, das Medienvertreter zu einem Fachpressetag einlud. Sieben Journalisten, die der Chefredaktion oder Redaktion unterschiedlicher Fachzeitschriften der jeweiligen Branchen angehören, werden befragt. Zwei der Journalisten nehmen zum zweiten Mal an einem Fachpressetag des Unternehmens teil, einer zum vierten oder fünften Mal, alle weiteren mehr als fünf Mal bis hin zu „immer“. Das Format des Fachpressetages umfasst Fachvorträge von Unternehmensvertretern zu Themen aus der Forschung und Entwicklung. Informelle Elemente wie Imbisse, Pausen sowie Aktionen vor Ort wie z. B. eine Besichtigung oder eine Produktdemonstration ergänzen diese. Die Veranstaltung dauert rund 240 Minuten.
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Im Rahmen der zweiten Fallstudie lädt ein Unternehmen der Elektrotechnik mit rund 12.000 Mitarbeitern weltweit Journalisten ein. Bei dem betrachteten Instrument handelt es sich um eine Jahrespressekonferenz. Drei Journalisten sind Mitglied der Chefredaktion bzw. Redaktion von Fachzeitschriften, zwei sind Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein Befragter ist freier Wirtschaftsjournalist, der für Fach- und Publikumspresse arbeitet. Die Pressekonferenz greift den traditionellen Ablauf aus Begrüßung, Vorstandsreden bzw. -präsentationen, Fragerunde und informellem Austausch aus und dauert rund 120 Minuten. Die dritte Fallstudie bezieht sich auf ein Unternehmen der Pharma- und Medizinbedarfbranche mit rund 50.000 Mitarbeitern weltweit. Es lädt Führungskräfte des Unternehmens zu einer Bilanzpräsentation ein. Von diesen werden sechs aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen befragt. Bei der Bilanzpräsentation handelt es sich um eine Vorabinformation der Führungskräfte zu aktuellen Zahlen, Entwicklungen und Kontexten des Unternehmens. Auf einen Vortrag des Vorstandsvorsitzenden folgt eine Gesprächsrunde aller Vorstandsmitglieder, die zugleich Fragen aus dem Publikum aufgreift. Dieser Veranstaltungsteil umfasst 120 Minuten. Der gleiche Zeitrahmen wird für anschließende Gespräche und den Austausch der Führungskräfte untereinander veranschlagt. In der vierten Fallstudie wird ein Dienstleistungsunternehmen mit rund 17.000 Mitarbeitern weltweit untersucht, das Mitarbeiter und Führungskräfte zu einem informellen Austauschformat mit dem Vorstand einlädt. 29 der Teilnehmer, davon sechs Führungskräfte, werden mittels Leitfadeninterviews befragt. Bei dem Format handelt es sich um eine Veranstaltung des Formats „Business Lunch“, d. h. einen informellen Austausch eines Vorstandsmitglieds mit einem heterogenen Kreis von acht bis zwölf Teilnehmern, die aus unterschiedlichen Bereichen und Hierarchieebenen des Unternehmens kommen. Auf eine Begrüßung und einen Impuls des Vorstandsmitglieds zu Veranstaltung und einem gesetzten Thema folgen Fragen seitens der Teilnehmer, die in einen Austausch aller mit dem Vorstandsmitglied einerseits und den anderen Teilnehmern andererseits münden sollen. Der zeitliche Rahmen beträgt rund 90 Minuten. Die Erhebungen finden jeweils mittels Leitfadeninterviews unter den Teilnehmern der genannten spezifischen Formate der persönlichen Kommunikation im Frühjahr 2014 statt. Das Augenmerk der Fragen liegt auf den Wünschen und Erfahrungen der Befragten. Darüber hinaus werden die Bedeutung persönlicher Kommunikation sowie die Bewertung des jeweiligen Instruments und der handelnden Akteure erfragt. Die Auswertung der Interviews erfolgt erneut mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse, die um quantitative Auszählungen ergänzt wird. Wie bei den
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Leitfadeninterviews mit den Kommunikationsverantwortlichen wird das Programm MAXQDA verwendet. Im Folgenden werden jeweils zunächst aus der Perspektive der Stakeholder die Bedeutung persönlicher Kommunikation sowie die Erwartungen der Befragten an die Formate geschildert. Anschließend werden die Erfahrungen der Befragten mit der jeweiligen Veranstaltung und den handelnden Akteuren zusammengefasst. 5.3.1 Relevanz des Kommunikationswegs Im Hinblick auf die Bedeutung persönlicher Kommunikation in und von Unternehmen sind sich nahezu alle Befragten der externen und internen Stakeholder einig, dass diese sehr wichtig ist. Nur eine Führungskraft und ein Mitarbeiter schränken sie in Abhängigkeit vom Inhalt und Kontext der Kommunikation ein. Journalisten suchen nach verwertbaren Informationen Bei den befragten Journalisten stehen unmittelbar arbeitsrelevante Aspekte an erster Stelle, wenn sie die Bedeutung des jeweiligen Instruments persönlicher Kommunikation beschreiben (s. Abb. 66). Acht Antworten entfallen dabei auf die Möglichkeit, individuelle Fragen zu stellen. Es geht dabei neben der Fragerunde im Plenum insbesondere um Eins-zu-Eins-Gespräche ohne weitere Medienvertreter, z. B. im zweiten Teil der Pressekonferenz. An zweiter Stelle wird der Erhalt von Zusatzinformationen genannt wie z. B. Hinweise auf exklusive Themen oder Einblicke in Herausforderungen des Unternehmens und Optimierungsmöglichkeiten. Ein Journalist beschreibt dies wie folgt: „Das Besondere ist, wenn die Geschäftsführer von ihren vorgegebenen Redetexten ein bisschen abweichen und einen tieferen Einblick geben oder Statements abgeben, die nicht durch Juristen und PR-Abteilungen völlig glattgebügelt und unpersönlich gemacht sind.“ An dritter Stelle finden sich zwei Aspekte mit jeweils drei gültigen Antworten.
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Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
Abb. 66: Aus Sicht der Journalisten: die wichtigsten Gründe für persönliche Kommunikationsformen
Individuelle Fragen stellen
8
Zusatzinformationen erhalten
4
Das eigene Medium / die eigene Person repräsentieren
3
Kontakt halten / Beziehung pflegen
3
unmittelbare Relevanz mittelbare Relevanz
Quelle: eigene Darstellung, Leitfadenbefragung von 13 Journalisten; Fragen: „Was macht für Sie den Wert der persönlichen Kommunikation hierbei aus?“/„Warum wählen Sie das Format?“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 34 gültige Antworten; Top-3-Gründe.
Während die bislang genannten Gründe unmittelbare Relevanz für die journalistische Arbeit haben, spielen die im Folgenden aufgeführten Gründe eher eine mittelbare, mittel- bis langfristige Rolle. So ist für drei Journalisten bei solchen Formaten und Instrumenten der persönlichen Kommunikation auch wichtig, das eigene Medium bzw. die eigene Person gegenüber dem Unternehmen in Erinnerung zu rufen und zu repräsentieren, z. B. um Vorteile wie Exklusivkontakte zu erhalten. Nicht zuletzt wird der Aspekt genannt, über die Teilnahme an solchen Formaten persönlichen Kontakt zu den Unternehmen zu halten und die Beziehung zu diesen zu pflegen. Auf die wichtigsten Gründe entfallen jeweils mindestens drei Antworten der Befragten, insgesamt 18 von 34 Antworten. Aspekte, die jeweils von zwei Journalisten genannt werden, umfassen z. B. die Einholung von Statements bzw. O-Tönen oder der unmittelbare Kontakt zu Experten als künftige Ansprechpartner für spezifische Themen. Auch die erhöhte Effektivität, Authentizität und Glaubhaftigkeit der persönlichen Kommunikation wird angesprochen, wenn ein Journalist z. B. formuliert: „Der persönliche Kontakt ist immer der intensivste und authentischste.“ Einzelnennungen entfallen z. B. auf den unmittelbaren Kontakt zur Geschäftsführung oder darauf, dass das Thema bereits für die Journalisten aufbereitet ist. Ein Journalist beschreibt: „Der Vorteil ist, dass man wirklich da ist und sich mit dem Thema intensiv beschäftigt, das in schöner, aufbereiteter Form serviert wird. Wenn ich mir die Informationen
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selber zusammensuchen muss, ist es für mich natürlich sehr viel anstrengender und fällt auch einmal herunter.“ Zusammengefasst beschreiben alle befragten Journalisten die große Bedeutung persönlicher Kommunikation seitens eines Unternehmens. „Der persönliche Kontakt ist wichtiger. Nur über Pressemeldungen und E-Mails die Dinge eines Unternehmens zu kommunizieren, das hat auf Dauer meines Erachtens keinen Bestand. Dann kann ich auch eine Zeitschrift nicht halten“, zieht ein Fachpressevertreter Bilanz und spricht dabei ergänzend die unmittelbare Bedeutung für sein eigenes Magazin an. Mitarbeiter suchen nach einem persönlichen Eindruck Auch bei den befragten Mitarbeitern wird dem Kommunikationsformat große Bedeutung zugesprochen. Auf die Top-3-Gründe entfallen mindestens sechs Antworten der Befragten, insgesamt 27 von 44 gültigen Antworten (s. Abb. 67). An vorderster Stelle steht dabei, dass während des persönlichen Austauschs ein umfassender Eindruck und ein Gefühl für die Person des Gegenübers gewonnen werden kann. Sieben Antworten entfallen anschließend darauf, dass eigene Ideen, Meinungen und Informationen aus der Arbeitsebene direkt an das Gegenüber – im vorliegenden Fall das Vorstandsmitglied – vermittelt werden können. Für sechs Befragte ist es sehr wichtig, dass ein zweiseitiger Austausch, eine Diskussion möglich ist und das Vorstandsmitglied zuhört. So beschreibt ein Befragter seinen Wunsch, dass „es wirklich einen Austausch, ein Gespräch gibt, dass der Vorstand zuhören kann. Einfach all das, was ein persönliches Gespräch besser vermittelt. Medien – das sind eher Informationen und Informationsweitergabe. Natürlich kann man da auch reagieren und auch diskutieren, aber es ist nicht das Gleiche wie wenn man in einer Runde sitzt“. Ebenfalls sechs Antworten verweisen darauf, dass während der Veranstaltung direkte Fragen und Rückfragen gestellt werden können. Ein Befragter bezieht dabei auch die Bedeutung persönlicher Kommunikation in Veränderungssituationen ein: „Wir haben im Moment einen Umbau der Firma. In dem Rahmen finden viele Informationsveranstaltungen statt. Es gibt Informationen im Intranet, die hierarchisch gestaffelt sind. Aber sehr viele Informationen kommen nicht unten [bei den Mitarbeitern, d. Verf.] an oder werden zurückgehalten. Und so [mit dem Format, d. Verf.] gibt es die Möglichkeit, direkt zu fragen.“ Im Anschluss an die wichtigsten Gründe verweisen vier Antworten darauf, dass im Rahmen des Formates „Off the record“-Informationen und unmittelbare Einschätzungen des Vorstandsmitglieds in einer „unbearbeiteten“ Form erhältlich sind, z. B. zu Problemen und der Notwendigkeit von Verbesserun-
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Abb. 67: Aus Sicht der Mitarbeiter: die wichtigsten Gründe für persönliche Kommunikationsformen
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Umfassenden Eindruck des Vorstandes gewinnen
Eigene Ideen, Meinungen etc. an Vorstand vermitteln
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Sich mit Vorstand austauschen
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Individuelle Fragen stellen
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Quelle: eigene Darstellung, Leitfadenbefragung von 23 Mitarbeitern; Fragen: „Was macht für Sie den Wert der persönlichen Kommunikation hierbei aus?“/„Warum wählen Sie das Format?“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 44 gültige Antworten; Top-3-Gründe.
gen. Für drei Befragte ist wichtig, dass sie direktes Feedback von einem Vorstandsmitglied erhalten. Je zwei Antworten entfallen auf die Gegensicht, dass das Vorstandsmitglied ungefiltertes Feedback aus der Belegschaft erhalten kann, sowie darauf, dass erklärende und weiterführende Informationen, z. B. zu Kontexten, gegeben werden. Einzelantworten betonen nicht zuletzt z. B. die Atmosphäre der Vertraulichkeit und des ungezwungenen, informellen Austauschs oder die schnellere, effizientere und effektivere Vermittlung von arbeitsrelevanten Informationen. Unterschiedliche Erwartungen bei Führungskräften Im Vergleich zu den befragten Journalisten und Mitarbeitern zeigen die zwölf befragten Führungskräfte ein heterogeneres Antwortverhalten. Nur zwei Aspekte werden von jeweils zwei Führungskräften genannt. Die weiteren Antworten sind Einzelaussagen. Jeweils zwei Antworten entfallen darauf, dass ein dialogischer Austausch mit dem Vorstandsmitglied möglich ist und dass das Vorstandsmitglied Feedback aus der Belegschaft erhält. Zwei Einzelantworten gehen ebenfalls auf die Interaktion mit dem Vorstand ein, wenn sie das persönliche Kennenlernen bzw. den persönlichen Eindruck und ein besseres Gespür für das Vorstandsmitglied als Person ansprechen. Zwei weitere Einzelantworten entfallen auf unmittelbar arbeitsrelevante Gründe, wenn sie Erklä-
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rung von Informationen und Kontexten für das eigene Verständnis oder die schnellere und sicherere Informationsvermittlung in kurzer Zeit aufgreifen. So beschreibt eine Führungskraft: „Man kann in einem Gespräch viel mehr Informationen in kurzer Zeit vermitteln. Man kann sie auch gegenseitig bewerten und merkt dann, ob das Gegenüber verstanden hat, was ich ihm sagen will – und ob das umgekehrt ebenfalls gilt.“ Nicht zuletzt thematisieren vier Einzelantworten die Wirkung persönlicher Kommunikation, wenn z. B. die eigene Sichtbarkeit beim Vorstandsmitglied, Wertschätzung, Glaubwürdigkeit und erhöhte Motivation angesprochen werden. Während Mitarbeiter stark die Interaktion mit dem Vorstandsmitglied betonen und Journalisten stärker unmittelbar arbeitsrelevante Aspekte in den Blick nehmen, zeigt sich bei den befragten Führungskräften, dass auch Wirkungsfragen eine Rolle spielen, wenn es um die wahrgenommene Bedeutung persönlicher Kommunikation seitens der Stakeholder geht. Die spezielle Situation bei Journalisten Fünf Journalisten vermuten, dass die Bedeutung des persönlichen Austausches als Instrument der Unternehmen abnehmen werde. Als Hauptgrund werden die Arbeitsbelastung und die geringen Ressourcen von Medien und Journalisten genannt. Vier Befragte gehen hingegen von einer Zunahme aus. Sie argumentieren, dass angesichts des Ressourcendrucks auf journalistischer Seite und der Zunahme von PR-Arbeit der Zugang zu Medien und Journalisten schwieriger wird. „Insofern kämpfen viele PR-Verantwortliche um dieses eine Gate und werden sich immer mehr einfallen lassen müssen, um da dran zu kommen“, so ein Befragter. Ergänzend verweisen zwei Befragte darauf, dass Journalisten „nicht nur Standardinformationen, sondern speziellere Informationen“ benötigen und der Nutzwert bei einem Pressegespräch höher sei als bei einer Pressekonferenz. Ein Journalist verweist hingegen auf die Abwägung von Kosten und Nutzen: „Presseabteilungen werden immer sagen, dass es ein viel besserer, spannenderer und direkterer Austausch gewesen ist, wenn man sich gesehen hat und live dabei war. Aber natürlich gibt es Controller und die sagen, wenn das Ganze nur ein Zehntel kostet, dann muss man überlegen, ob eine OnlinePressekonferenz nicht besser ist. Das heißt, vermutlich werden aus Kostengründen immer mehr Aktivitäten – gerade wenn man nicht viel zu erzählen hat – ins Internet verlegt. Die wichtigen und erfolgreichen Dinge werden nach wie vor über den persönlichen Kontakt laufen. Denn da, wo es menschelt, ist der Erfolg – nicht da wo keine Menschen sind.“
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Mitarbeiter und Führungskräfte hoffen auf mehr Austausch Werden die Mitarbeiter nach der künftigen Bedeutung persönlicher Kommunikation und entsprechender Formate gefragt, so gehen vier von 15 davon aus, dass sie gleich bleiben wird. Drei Befragte nehmen an, dass sie eher zunehmen wird, z. B. da der Vorstand „Nachholbedarf“ erkannt habe oder die „Vorteile von einem direkten Gespräch doch überwiegen“. Ein Mitarbeiter vermutet hingegen, dass sie aus Kostengründen und aufgrund der technischen Möglichkeiten, z. B. zur Videoübertragung, eher abnehmen wird. Elf der Befragten äußern jedoch den Wunsch, dass die persönliche Kommunikation im Unternehmen nicht abnehmen bzw. eher zunehmen solle. Als Gründe werden z. B. Veränderungsprozesse und entsprechender Kommunikationsbedarf sowie die Bedeutung „menschlicher Aspekte“ bei Kooperationen genannt. Ein Befragter beschreibt: „In Bezug auf den Vorstand finde ich auch diese gewisse Nahbarkeit sehr spannend. Wichtig ist, dass das nicht immer solche abgehobenen Elefantenrunden sind, wo du einfach nur Entscheidungen kommuniziert bekommst, sondern dass du auch ein Gefühl dafür bekommst: ‚Wir sind auch Menschen‘.“ Elf befragte Führungskräfte plädieren dafür, dass persönliche Kommunikation in und von Unternehmen künftig nicht abnehmen bzw. eher zunehmen solle. Sie sprechen dabei komplexe und schwierige Situationen an, z. B. „wenn es Probleme gibt oder die Zahlen vielleicht nicht perfekt sind“, und adressieren das Bedürfnis nach persönlicher „Anbindung“ sowie die Effektivität persönlicher Kommunikation. Zwei Führungskräfte meinen, dass die persönliche Kommunikation eher abnehmen werde oder bereits abgenommen habe. Jeweils ein Befragter nimmt eine gleichbleibende bzw. eine zunehmende Bedeutung wahr. Eine Führungskraft fasst die mehrheitliche Erwartung zusammen: „Es wäre sicher gut, weiterzumachen. Nicht zuletzt müssen die Jungs und Mädels vom Vorstand sowieso essen. Deshalb können sie das ruhig mit Treffen mit Mitarbeitern verbinden.“ Die Mehrheit der befragten Stakeholder spricht sich dafür aus, dass die jeweiligen Formate und Instrumente der persönlichen Kommunikation beibehalten werden und das Angebot eher ausgebaut wird. Allerdings geben einzelne Befragte aus allen drei befragten Gruppen zu bedenken, dass dies mit Augenmaß geschehen müsse. Denn, so eine Führungskraft: „Ich habe nicht immer Zeit und der Vorstand kann auch nicht immer. Das heißt: das Format auf jeden Fall [beibehalten bzw. ausbauen, d. Verf.], aber immer im Rahmen des Möglichen.“
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5.3.2 Erwartungen und Wünsche an persönliche Kommunikation Die Erwartungen der Stakeholder an die spezifischen Instrumente persönlicher Kommunikation hängen eng mit der Bedeutung zusammen, die sie diesen beimessen. Was Journalisten erwarten Für die befragten Journalisten stehen vor allem zwei Aspekte im Mittelpunkt, auf die jeweils fünf Antworten entfallen: die Möglichkeit, eigene Fragen stellen zu können – auch hier möglichst individualisiert und exklusiv –, sowie den Kontakt zu Vorständen und Fachexperten des Unternehmens zu erhalten. So formuliert ein Befragter: „Im Internet Zugängliches ist alles durch eine Marketingabteilung oder zumindest durch eine PR-Abteilung gegangen. Da steckt immer viel weniger drin, als wenn man die Möglichkeit hat, nochmals mit den Leuten vor Ort selbst zu reden und gegebenenfalls ein Interview, ein Gespräch oder einen Artikel auszumachen.“ Während der erste Aspekt eine Frage der Umsetzung und Ausgestaltung – das „Wie“ der persönlichen Kommunikation – thematisiert, bezieht sich die zweite Erwartung auch darauf, wer als Kommunikator zur Verfügung steht. An zweiter Stelle erwarten die befragten Journalisten, dass sie zusätzliche Informationen neben den bereits verfügbaren erhalten, z. B. persönliche Statements und Einschätzungen seitens der Geschäftsführung oder in Exklusivinterviews, die im Rahmen oder am Rande des Formats geführt werden (4 Antworten). Eine weitere Erwartung an den Inhalt des jeweiligen Formates findet sich an dritter Stelle mit drei Antworten, wenn ein Überblick über aktuelle Entwicklungen und entsprechende Informationen erwartet werden. Weitere inhaltliche Erwartungen gehen auf jeweils zwei Antworten oder auf Einzelantworten zurück, die auf Vorabinformationen zu Themen, Hintergrundwissen zu eigenen Fortbildungszwecken, Inspiration für neue Themen sowie generell die Orientierung an journalistischen Informationsbedürfnissen hinweisen. Einzelantworten verweisen nicht zuletzt auch auf weitere Erwartungen an die Ausgestaltung des Formates, z. B. auf eine Bündelung von Informationen und darauf, dass ein inhaltlicher Zusammenhang („roter Faden“) erkennbar sein soll. Ein Journalist merkt zum Fachpressetag an: „In diesem Fall war es – so kann man es formulieren – wie eine geführte Wanderung und das war sehr positiv.“ Nicht zuletzt erwartet ein Befragter praktische Bezüge, z. B. durch Demonstrationen oder Produktionsbesuche: „Es ist eine Mischung aus Sehen, Hören und Erfahren. Die Erwartung ist, dass man hinter die Kulissen schauen kann.“
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Was Führungskräfte erwarten Für die Führungskräfte, die sich zu der Frage nach ihren Erwartungen geäußert haben, ist am wichtigsten, dass die Persönlichkeit und Identität des Vortragenden, insbesondere aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung, sichtbar wird (s. Abb. 68). Gleich viele Antworten entfallen darauf, dass persönliche Einschätzungen seitens des Kommunizierenden erwartet werden, die über Zahlen, Daten und Fakten hinausgehen. Eine Führungskraft erwähnt z. B. „die Einschätzung, die Nuancen. Was ich über andere Medien bekomme, ist der formale Sprech. Das ist das, worauf man sich verständigt hat. Das ist das Grundwissen. Aber wie schätzt der Vorstand das denn ein und wo wird er den Fokus legen, was liegt ihm besonders am Herzen, wie bewertet er etwas?“. An zweiter Stelle steht die Erwartung, eigene Themen einbringen und direkt an den Vorstand bzw. die Geschäftsführung richten zu können. An dritter Stelle nennen die Führungskräfte hingegen, dass sie Impulse für sich selbst und ihr Abb. 68: Aus Sicht der Führungskräfte: die wichtigsten Erwartungen an die Formate der persönlichen Kommunikation
Persönlichkeit / Identität des Kommunikators wird sichtbar
6
Persönliche Einschätzungen werden gegeben
6
5
Eigene Themen können eingebracht werden
Vorbildcharakter wird erkennbar
Interessante Zahlen, Daten und Fakten werden gegeben
4
3 Erwartung an: Kommunikator
Netzwerken mit Kollegen ist möglich
3
Inhalt Ausgestaltung
Quelle: eigene Darstellung, Leitfadenbefragung von 11 Führungskräften; Frage: „Wenn Sie jetzt noch einmal an solche Formate der persönlichen Kommunikation wie [Format] denken: Was erwarten Sie da allgemein?“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 34 gültige Antworten; Gründe, auf die mehr als eine Antwort entfallen.
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Führungsverhalten seitens des Kommunizierenden erwarten, z. B. inhaltlich oder in Sachen Kommunikation – im Sinne eines „Vorlebens“ und Vorbildcharakters. Eine Führungskraft beschreibt: „Es ist auch wichtig, wie etwas kommuniziert wird, da das eine Anleitung sein kann, wie man es selbst ins Unternehmen weiterkommuniziert und natürlich auch nach außen. Es ist natürlich schon die Vorgabe einer gewissen Tonalität, wie man die Zahlen, die dort präsentiert werden, zu bewerten oder zu kommunizieren hat.“ Die befragten Führungskräfte erwarten an vierter Stelle interessante Zahlen, Daten und Fakten, die Neuigkeitswert für die Führungskräfte haben, sowie dass ein Netzwerken untereinander im Rahmen der Veranstaltung möglich ist. Einzelantworten entfallen nicht zuletzt z. B. auf die Erwartung einer Vision im Sinne „einer künftigen Marschrichtung“, so eine Führungskraft, auf die Möglichkeit, des direkten Feedbacks vonseiten des Vorstands bzw. der Geschäftsführung sowie auf die Informalität der Veranstaltung und ihr begrenzter Teilnehmerumfang. Werden die Erwartungen der Befragten kategorisiert, so zeigen sich Erwartungen an den Kommunikator bzw. die Kommunikatoren, an die thematisierten Inhalte sowie die Ausgestaltung des Instruments. Während die befragten Journalisten starke Erwartungen an die behandelten Inhalte haben, verweisen die befragten Führungskräfte nahezu gleichwertig auf alle drei Erwartungskategorien. Bei den befragten Mitarbeitern zeigt sich demgegenüber, wie wichtig ihnen die konkrete Ausgestaltung sowie der Kommunikator ist. Was Mitarbeiter erwarten Zwei Erwartungen stehen für die befragten Mitarbeiter an erster Stelle: Zwölf Antworten entfallen wie bei den Führungskräften darauf, dass der Vorstand bzw. die Geschäftsführung als Person und Persönlichkeit sichtbar wird, dass „der Vorstand oder die Vorstände sich so nahbar machen“, so ein Befragter (s. Abb. 69). „Einfach um zu wissen, wie auf dieser Ebene die Menschen ticken“, formuliert ein weiterer. Ebenfalls zwölf Antworten entfallen auf die Erwartung, dass eigene Themen eingebracht und direkt an den Vorstand gerichtet werden können. An zweiter Stelle wünschen sich sieben Mitarbeiter, dass der Vorstand bzw. die Geschäftsführung persönliche Einschätzungen zu Entwicklungen und Themen abgeben. Es geht darum, „Eindrücke über das hinaus mitzubekommen, was man im Alltag erfährt“, so ein Befragter. Die ersten drei Erwartungen sind somit bei Führungskräften und Mitarbeitern deckungsgleich, wenn auch in leicht veränderter Reihenfolge.
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Abb. 69: Aus Sicht der Mitarbeiter: die wichtigsten Erwartungen an die Formate der persönlichen Kommunikation
Persönlichkeit / Identität des Kommunikators wird sichtbar
12
Eigene Themen können eingebracht werden
12
Persönliche Einschätzungen werden gegeben
7
Kleiner Kreis an Teilnehmern gegeben
5 Erwartung an: Kommunikator
Vorstand nimmt Impulse und Anregungen auf
4
Inhalt Ausgestaltung
Quelle: eigene Darstellung, Leitfadenbefragung von 20 Mitarbeitern; Frage: „Wenn Sie jetzt noch einmal an solche Formate der persönlichen Kommunikation wie [Format] denken: Was erwarten Sie da allgemein?“; Mehrfachnennungen; Basis: n = 53 gültige Antworten; Gründe, auf die mehr als drei Antworten entfallen.
Für die Mitarbeiter schließen sich dann die Erwartungen an, dass der persönliche Austausch in einem kleinen Teilnehmerkreis stattfindet sowie dass der Vorstand Impulse und Anregungen vonseiten der Mitarbeiter wahr- und aufnimmt. Ein Mitarbeiter begründet diese Erwartung damit, dass „Führungskräfte – und das trifft Vorstände nochmals ganz besonders – sehr in einem Elfenbeinturm sitzen. Sie haben zwar einen ganz engen Kontakt mit den Mitarbeitern, die ihnen unterstellt sind, aber wünschen sich oft, einmal ein Ohr an der Basis zu haben und zu erfahren, wie es denn eigentlich den Mitarbeitern geht“. Die Befragten sind sich dabei uneins, ob ein konkretes Ergebnis aus diesen Treffen erwartet werden kann. So formuliert ein Mitarbeiter: „Ich sehe es ganz klar so, dass es keine konkreten Ergebnisse gab. Wie ich das aber bewerte, weiß ich nicht. Vielleicht ist das in diesem Format auch gar nicht hilfreich, da man sonst gewissermaßen gezwungen ist, auf ein Ergebnis hinzuarbeiten. Vielleicht sind der informelle Austausch und das offene Gespräch schon Ergebnis in sich selbst.“ Ein weiterer Befragter beschreibt seine Skepsis: „Das eigene Thema kann man ansprechen und dadurch Bewusstsein schaffen für Unzufriedenheit, aber mehr nicht. Bewusstsein schaffen – das ist das, was man
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erreichen kann. Und dann hoffen, dass wenn der Vorstand es 500 Mal hört, dass dann auch etwas passiert.“ Mit jeweils drei Antworten nennen die befragten Mitarbeiter nicht zuletzt, dass sie sich nicht nur Einschätzungen des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, sondern auch von den anderen Teilnehmern des Austauschs wünschen, dass ein Austausch und Vernetzung auch mit diesen möglich ist sowie dass das Format selbst informell angelegt ist. Einzelantworten entfallen z. B. darauf, dass Formate einen stärkeren Arbeitscharakter haben und dass der Vorstand „offen und natürlich“ kommunizieren soll. Für die befragten Mitarbeiter geht es also darum, dem Vorstand, aber auch den anderen Teilnehmern näherzukommen und diesen bzw. diese in einem informellen Rahmen kennenzulernen. Der zentrale Wert der Veranstaltung ist für einen Befragten, „dieses Beieinandersein mit Blickkontakt, den anderen sehen und hören zu können und nicht über irgendwelche technischen Hilfsmittel hinweg“. An zweiter Stelle wollen die Teilnehmer als Menschen mit ihren eigenen Sorgen, Problemen und Vorschlägen gehört werden. Zusammenfassend lassen sich die individuellen Wünsche der befragten externen und internen Stakeholder an ausgewählte Formate persönlicher Kommunikation anhand von drei Dimensionen betrachten: Erwartungen an die Inhalte, an die Kommunikatoren sowie an die Aufbereitung.
Die Erwartungen, die die befragten Mitarbeiter, Führungskräfte und Journalisten an die Inhalte persönlicher Kommunikationsformate äußern, sind von der individuellen Rolle der Befragten abhängig. Zwei Gemeinsamkeiten werden in den Gesprächen jedoch offenkundig: So wünschen sich zahlreiche Befragte auf der einen Seite einen fachlichen Austausch als Ausgangspunkt des jeweiligen Formates. Dieser solle möglichst über Zahlen, Daten und Fakten hinausgehen und Einschätzungen und Kontext vermitteln. Konkrete, neue Informationen sollen um Hintergrundinformationen ergänzt werden. Ergänzend geht es den Befragten auch darum, nicht nur offizielle Statements zu erhalten, sondern darüberhinausgehende Einschätzungen des kommunizierenden Menschen, z. B. eines Vorstandes. Dies gilt nicht nur für die inhaltlich ausgerichteten Formate wie die Jahrespressekonferenz, sondern auch für den eher an sozialen Aspekten orientierten „Business Lunch“, bei dem sich einige Teilnehmer konkrete Informationen zum thematischen „Aufhänger“ erhoffen. Fachliche Kommunikation – auch mit den „großen Chefs“, so ein Befragter – alleine reicht jedoch nicht. Denn die Befragten sagen auf der anderen Seite mehrheitlich, dass soziale Aspekte den fachlichen Austausch ergänzen sollen. Dies gilt auch bei stark informationsorientierten
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Formaten wie der internen Bilanzpräsentation oder der Jahrespressekonferenz. Auch hier erwarten die Teilnehmer, dass persönliche Kommunikation eng an die Idee des wechselseitigen Austausches angebunden ist. So gehen mit den inhaltlichen Erwartungen auch besondere Anforderungen an die Kommunikatoren und die Ausgestaltung der persönlichen Kommunikation einher. Im Hinblick auf die Kommunikatoren wünschen sich die Befragten aus den internen und externen Anspruchsgruppen Kommunikationsbereitschaft und ein offenes Ohr für ihre Interessen und Fragen (im Falle der Journalisten) sowie für ihre Ängste, Wünsche und Sorgen (im Falle von Mitarbeitern und Führungskräften). Sie wollen vor allem aber auch das Gegenüber als Mensch kennenlernen. Das gilt insbesondere für die internen Stakeholder der Führungskräfte und Mitarbeiter. Kommunikatoren müssen angesichts dieser Erwartungen einen Spagat zwischen Kommunizieren und Zuhören bewältigen. Nicht zuletzt ist es sowohl den internen als auch den externen Befragten wichtig, dass genügend Raum für den Austausch und das Netzwerken untereinander sowie für das Gespräch mit den kommunizierenden Akteuren bleibt. Das verbinden sie mit persönlicher Kommunikation. Daher begrüßen insbesondere Journalisten die Idee, neben den Kommunikationsverantwortlichen auch fachliche Ansprechpartner aus dem Unternehmen kennenzulernen und in direkten Kontakt mit diesen zu treten, um z. B. Fragen zu stellen oder persönliche Statements zu erhalten. So betont ein Journalist: „Es ist ja nicht nur die Information, die man als Journalist sucht. Man sucht ja auch die Kontakte, die Experten, möchte diese kennen, um auch für spätere Vorhaben Ansprechpartner zu haben.“ Ein weiterer ergänzt: „Vor Ort treffe ich die entsprechenden Entwickler und Projektmanager, die ich im Internet nicht treffe.“ Zahlreiche Äußerungen der Befragten beziehen sich auf das „Wie“ der Kommunikation, d. h. ihre konkrete Ausgestaltung. Sowohl die internen als auch die externen Befragten erwarten dabei einen echten Austausch, der die Möglichkeit zu Nachfragen, Feedback oder auch kritischer Diskussion bietet. Die befragten Führungskräfte und Mitarbeiter legen auch Wert auf einen gewissen Grad an Emotionalität, Wertschätzung und Gemeinschaftsgefühl. So beschreibt eine Führungskraft: „Auf einer solchen Veranstaltung ist ‚Sharing Expertise‘ nicht einfach nur so ein Claim, den man so daher spricht, sondern man fühlt sich einfach mit in das Boot genommen.“ Ihnen ist dabei aber auch bewusst, dass es sich bei derartigen Kommunikationsformaten auch um eine „Schön-WetterVeranstaltung“ handeln kann, wie ein Mitarbeiter beschreibt: „Was soll
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man erwarten bei einem Mittagessen mit dem Vorstand? Das wird natürlich eine Schön-Wetter-Veranstaltung.“ 5.3.3 Bewertung von konkreten Formaten Wie nehmen die Befragten vor diesem Hintergrund die Formate persönlicher Kommunikation wahr? Wie bewerten sie diese? Journalisten begrüßen Eins-zu-Eins-Austausch und Zeit für Fragen Die befragten Journalisten äußern sich mit großer Mehrheit zufrieden mit den beiden Formaten des Fachpressetages sowie der Jahrespressekonferenz. Als Gründe werden vor allem die Zeit für Fragen und für Eins-zu-Eins-Austausch sowie die inhaltliche Relevanz genannt. Für die Journalisten ist zentral, dass Fragen gestellt werden können und dafür genügend Zeit ist. „Wichtig ist wirklich, dass nachher noch genug Zeit für Fragen ist und dass man auch die Möglichkeit hat, unter vier Augen mit jemandem zu sprechen“, so ein Teilnehmer des Fachpressetages. Auch bei Pressekonferenzen ist dies für die Journalisten zentral. Ein Teilnehmer der Jahrespressekonferenz formuliert: „Der Ablauf ist immer ähnlich: Es gibt Statements und dann die Fragerunde und diese war sehr schön ausgiebig, das fand ich sehr gut. Da wurde keine Frage abgewürgt oder auf die Uhr geschaut. Es gibt immer auch Presseveranstaltungen, bei denen nur noch Platz für drei Fragen ist. Das darf nicht passieren.“ Die Befragten verweisen dabei auch auf die Bedeutung von Pausen, in denen man ins Gespräch kommen kann, und darauf dass „es mehrere Gesprächspartner gibt, die auch aus einem einzelnen Bereich detailliert informieren können“. Die inhaltliche Relevanz für die eigene Arbeit steht für die Befragten an zweiter Stelle, wenn sie an das besuchte Format und dessen Bewertung denken. „Aus dem Ablauf muss ersichtlich sein, dass es nichts Ausuferndes ist und nichts Fachfremdes. Wenn z. B. sechs Referate angemeldet sind und ich kann nur ein oder zwei Punkte verwenden, dann ist es schon fraglich, ob ich mir dafür die Zeit nehme. Das ist das Hauptkriterium“, beschreibt ein Teilnehmer ebenfalls des Fachpressetages. Dazu zählt auch, dass es eine gute Mischung aus „neuen Aspekten und Ausblick auf Forschung und Entwicklung sowie aus aktuellen Produkten und Lösungen ist. Wenn es nur letzteres wäre, dann ist es für uns immer weniger spannend“, so ein weiterer Befragter. Ein Teilnehmer der Pressekonferenz betont hingegen, dass nicht nur Wirtschaftszahlen genannt werden sollen, sondern auch technische Aspekte und dass das für ihn eine große Rolle spiele. Ein Journalist, der nur teilweise zufrieden war mit dem Format, verweist an dieser Stelle darauf, dass er sich noch „mehr
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Technik gewünscht [hätte, d. Verf.]. [...] Alle Herren standen aber noch für persönliche Gespräche bereit“. Im Hinblick auf organisatorische Aspekte verweisen nicht zuletzt zwei Journalisten darauf, dass die Kompatibilität mit dem Redaktionsalltag gegeben war, d. h. nicht mehr als ein Tag inkl. An- und Abreise aufgebracht werden musste. Führungskräfte schätzen Atmosphäre und Diskussion Auch die befragten Führungskräfte äußern sich mehrheitlich zufrieden, wenn es um die Bilanzpräsentation bzw. den „Business Lunch“ geht. Die Teilnehmer der Bilanzpräsentation verweisen dabei insbesondere auf die Gesprächsrunde der Vorstandsmitglieder, die damit als Personen und mit ihren individuellen Einschätzungen sichtbar wurden. „Auch wenn nicht viele Fragen aus dem Auditorium kamen, vermittelt das Gespräch sehr viel Atmosphäre. Es vermittelt einen Blick, wie gehen die einzelnen Vorstandsmitglieder miteinander um. Wird das auch gelebt, was man gerne möchte, dieses Miteinander im Gespräch sein? Wie sprechen sie miteinander? Das kann man ja zwischen den Zeilen alles erspüren“, so ein Teilnehmer. Für zwei Befragte war im Hinblick auf organisatorische Aspekte der zeitliche Rahmen optimal. Je ein Befragter verweist auf den wichtigen Austausch untereinander und darauf, dass die Zahlen lebendig dargestellt wurden und dass Mitarbeiter durch Ehrungen einbezogen wurden. Für die Führungskräfte, die am „Business Lunch“ teilnahmen, sticht insbesondere hervor, dass „jeder die Gelegenheit hatte zu sprechen. Darauf wurde sehr sorgfältig geachtet“. Ein weiterer Befragter ergänzt: „Das war keine Diskussion im Sinne eines Streitgesprächs, sondern jeder konnte seine Perspektive einbringen. Es war auch keine reine Abfrage von Wünschen, sondern es kam direkt ein Gespräch zwischen allen Beteiligten zustande.“ Die informelle, offene und lockere Gesprächsatmosphäre ist für die Führungskräfte ein weiteres wichtiges Element: „Die Veranstaltung war geprägt von einer offenen Gesprächskultur. Man hatte den Eindruck, dass man offen sprechen und durchaus Kritik üben kann. Das wurde dann auch vom Vorstand konstruktiv aufgenommen.“ Einzelne Führungskräfte verweisen dazu positiv auf die Teilnehmerbegrenzung, die einen Austausch im kleinen Kreis ermöglicht, und auf die Heterogenität der Teilnehmer sowie auf die Leistung des Vorstandsmitglieds zu moderieren, Teilnehmer zu integrieren und zuzuhören. Letzteres ist laut den Befragten jedoch stark abhängig vom jeweiligen Vorstandsmitglied, das am „Business Lunch“ teilnimmt. So macht ein Befragter seine Unzufriedenheit mit dem Format daran fest, dass der Vorstand viel Gesprächszeit beanspruchte und wenig Zeit für die Teilnehmer blieb.
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Auch Mitarbeiter schätzen offenen und konstruktiven Austausch Wie die Journalisten und Führungskräfte äußern sich auch die befragten Mitarbeiter mehrheitlich zufrieden mit dem angebotenen Format persönlicher Kommunikation, dem „Business Lunch“. Ähnlich wie die Führungskräfte loben die Mitarbeiter insbesondere die lockere, lebhafte und informelle Atmosphäre. Einer der zwölf Mitarbeiter, die sich dazu geäußert haben, beschreibt: „Es war ein offener, freundschaftlicher, sympathischer Austausch. Das lag auch daran, dass der Vorstand sehr unkompliziert da dran gegangen ist und keine Vorbehalte, etwas zu sagen, aufgebaut hat. Es war wirklich eine sehr schöne Stunde. Man hat zusammengesessen, sich kennengelernt und hat auch das gesagt, was einen bewegt hat. Das war angenehm.“ An zweiter Stelle wird mit zehn Antworten von den Mitarbeitern positiv angemerkt, dass der Teilnehmerkreis heterogen zusammengesetzt war. Ein Mitarbeiter begründet diese Wahrnehmung wie folgt: „In einem so multinationalen, multikulturellen, multi-Gender-Unternehmen braucht man das einfach, da wir hier nicht alle 50 Jahre alt und männlich sind und mit dem Anzug durch die Gegend laufen.“ An dritter Stelle liegt die Begründung, dass jeder zu Wort kam und auf ausgewogene Gesprächsanteile geachtet wurde. Sieben Mitarbeiter verweisen in Anlehnung an die informelle Atmosphäre auf eine offene, konstruktive Diskussion, die sich an einem Oberthema anlehnte, aber auch andere Aspekte zuließ. Auch der Vorstand und dessen Moderation wird von fünf Teilnehmern positiv angemerkt. Weitere Begründungen für die Zufriedenheit mit dem Format entfallen z. B. auf die Zusicherung von Vertraulichkeit, die Orientierung an einem Oberthema oder den kleinen Kreis der Teilnehmer – dadurch ist die Veranstaltung „sehr persönlich“, so ein Befragter. Drei der befragten Mitarbeiter sind allerdings nur teilweise mit dem Format zufrieden. Sie weisen vor allem darauf hin, dass der zeitliche Rahmen zu knapp bemessen sei. Dem stimmen auch drei Mitarbeiter zu, die sich insgesamt zufrieden gezeigt haben. Ein Befragter begründet, dass es sich seiner Ansicht nach um einen fest vorgegebenen Ablauf handelt und nur eine Frage pro Person gestellt werden kann. Nicht zuletzt verweisen die Befragten darauf, dass das Ergebnis des Formats unklar sei: „Ob wir da in einem Thema weitergekommen sind – jeder für sich oder gemeinsam –, das möchte ich dann doch in Frage stellen. Ich glaube nicht, dass sich bei den einzelnen oder beim Vorstand etwas wesentlich geändert oder geklärt hat.“ Grundsätzlich wird bei der Gegenüberstellung der Erwartungen von Stakeholdern und konkreten Formen von persönlicher Kommunikation offensichtlich: Die Mehrheit der Teilnehmer ist zufrieden. Als zentrale Begründung für ihre Zufriedenheit betonen die Befragten, dass ein Gespräch und Austausch möglich war bzw. zustande kam, sei es im Eins-zu-Eins-Kontakt, in kleinerer
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Runde oder durch eine ausführliche Fragerunde im Rahmen einer Pressekonferenz. Von den internen Stakeholdern werden vor allem die Informalität eines Formates sowie die Heterogenität des Teilnehmerkreises beim „Business Lunch“ positiv vermerkt. Bei kritischen Aspekten verweisen die befragten Journalisten vor allem auf inhaltliche Aspekte, während die Mitarbeiter den engen zeitlichen Rahmen ansprechen, der in ihrer Wahrnehmung zu wenig Raum für Austausch bietet. 5.4 Empirische Befunde zur persönlichen Kommunikation im Überblick Empirische Schlaglichter – die Befragung der Kommunikationsverantwortlichen, Führungskräfte, Mitarbeiter und Journalisten – geben erste Einblicke sowohl in die Sicht der Kommunikatoren als auch die der Stakeholder und nehmen bewusst beide Seiten in den Blick. Sie zeigen Einschätzungen, Wünsche und Bewertungen der persönlichen Kommunikation als Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Die Perspektive der Unternehmenskommunikatoren Das erste Schlaglicht konzentriert sich auf die Sicht der Kommunikatoren: Qualitative Experteninterviews mit 17 Verantwortlichen für Unternehmenskommunikation der Top-500-Unternehmen sowie eines mittelständischen Unternehmens in Deutschland geben Einblick in ihre Wahrnehmung zur Bedeutung und den Zielen persönlicher Kommunikation, zu den Gründen für ihren Einsatz, ihre Planung und Umsetzung sowie den Erwartungen, die den Stakeholdern zugeschrieben werden. Knapp die Hälfte der Befragten versteht dabei unter persönlicher Kommunikation den direkten Austausch zwischen mindestens zwei räumlich und zeitlich Anwesenden. Die Mehrheit bezeichnet sie als wichtigste Form der Kommunikation, die als übergeordnetes Ziel insbesondere Vertrauen schaffen soll. Mit persönlichen Kommunikationsmaßnahmen sollen insbesondere Führungskräfte und Mitarbeiter als interne Stakeholder sowie Journalisten als externe Stakeholder angesprochen werden. Die Umsetzung erfolgt laut den Befragten mittels zahlreicher Formate und Instrumente der Face-to-FaceKommunikation, die im Eins-zu-Eins-Austausch stattfinden kann oder an eine kleinere Gruppe oder ein größeres Plenum gerichtet ist. Die Kommunikationsverantwortlichen nennen vor allem für die interne Kommunikation zahlreiche Formate, z. B. „Business Breakfasts“ oder „Town Hall Meetings“. Besonders ausgeprägt sind Formate, die sich speziell an Führungskräfte eines Unternehmens richten.
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Was die Erwartungen der Stakeholder anbelangt, so verweisen die Kommunikationsverantwortlichen unabhängig von der jeweiligen Stakeholdergruppe auf Offenheit und Transparenz, auch bei Problemen, sowie Ehrlichkeit. Ergänzend werden Wünsche nach Informationen aus erster Hand, Schnelligkeit sowie vereinzelt der Unterhaltungswert der Kommunikation genannt. Damit charakterisieren die befragten Kommunikationsverantwortlichen die Erwartungen ihrer Stakeholder vorrangig danach, „wie“ Kommunikation aussehen soll. Die Perspektive der Führungskräfte als Multiplikatoren Mit den Führungskräften wird zunächst eine zentrale Gruppe der internen Stakeholder analysiert. Im Rahmen eines Online-Panels des Sozialforschungsinstitutes YouGov werden 670 Führungskräfte, die bei Unternehmen in Deutschland mit mindestens 1.000 Mitarbeitern angestellt sind sowie dem unteren, mittleren oder oberen Management angehören, befragt. Sie geben Auskunft zu ihren Einschätzungen und Erwartungen an persönliche Kommunikation im Unternehmen. Führungskräfte sehen vor allem jene Formen persönlicher Kommunikation als gegenwärtig und künftig relevant an, die zu ihrer täglichen Aufgabe und Funktion gehören, d. h. Teil der Linienkommunikation sind: Gespräche mit ihren Mitarbeitern, ihren unmittelbaren Vorgesetzten sowie mit anderen Führungskräften. An diesen Formen nehmen sie auch am häufigsten teil, wobei Führungskräfte der oberen Managementebene häufiger an verschiedenen Formen persönlicher Kommunikation partizipieren als Führungskräfte der mittleren und unteren Ebenen. Im Hinblick auf ihre Erwartungen plädieren die Befragten verstärkt für einen Austausch der Teilnehmer untereinander und weniger für Vorträge der Unternehmensführung. Bezogen auf vier konkrete Formate („Business Conference“, „Town Hall Meeting“, Führungskräfte-Meeting, „Business Breakfast/Lunch“) zeigt sich, dass ein Meinungs- und Erfahrungsaustausch eine der wichtigsten Erwartungen bei allen Szenarien ist. Dies gilt auch für den Erhalt von Nachrichten, die neu sind, und – bezogen auf die Unternehmensführung – dafür, dass den Führungskräften Wertschätzung gegenüber gebracht wird sowie sachlich und überzeugend argumentiert wird. Weitere Erwartungen variieren je nach Größe sowie Zusammensetzung des Teilnehmerkreises. Die Ergebnisse der Führungskräfte-Umfrage zeigen, dass bei den ausgewählten Formaten persönlicher Kommunikation in und von Unternehmen das Potenzial der unzufriedenen Manager mit 23 bis 35 Prozent hoch ist. Die Befragten sind dabei am unzufriedensten, wenn es um „Town Hall Meetings“ geht. Dies gilt grundsätzlich auch für weitere Formate, die maßgeblich von der
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Unternehmensleitung geprägt sind, z. B. Veranstaltungen mit allen Führungskräften oder auch ein informelles Gespräch mit einigen Führungskräften. Unterschiedliche Erwartungen – je nach Format Eine weitere Erhebung von Einschätzungen seitens der Stakeholder wird anhand von vier Fallstudien durchgeführt, die spezifische Formate persönlicher Kommunikation in der Unternehmenspraxis in den Mittelpunkt stellen. Während sich zwei Fallstudien auf die Stakeholder der Unternehmensmitglieder konzentrieren, setzen sich zwei mit Journalisten auseinander. Diese werden mittels eines Leitfadens befragt und geben Einblick in ihre Einschätzungen und Erwartungen an persönliche Kommunikation. Als Formate stehen eine interne Bilanzpräsentation (Interviews mit sechs Führungskräften), ein „Business Lunch“ (Interviews mit sechs Führungskräften und 23 Mitarbeitern), eine Jahrespressekonferenz (Interviews mit sechs Medienvertretern) sowie ein Fachpressetag (Interviews mit sieben Medienvertretern) im Mittelpunkt. Die Zusammenstellung des Fallstudien-Samples aus DAX- und Großunternehmen sowie mittelständischen Unternehmen soll auch heterogene Einblicke ermöglichen. Im Hinblick auf die Bedeutung persönlicher Kommunikation seitens Unternehmen sind sich nahezu alle Befragten der externen und internen Stakeholder einig, dass diese sehr wichtig ist. Während die Journalisten vorrangig unmittelbar arbeitsrelevante Aspekte anführen, z. B. die Möglichkeit zu individuellen Fragen, geht es den Mitarbeitern eher darum, während des Formats einen umfassenden Eindruck von der Unternehmensführung zu gewinnen. Die meisten internen und externen Stakeholder sprechen sich dafür aus, dass persönliche Kommunikation und entsprechende Formate beibehalten und möglicherweise sogar ausgebaut werden. Die Wünsche der Stakeholder an das jeweilige Format persönlicher Kommunikation hängen eng mit der Bedeutung zusammen, die sie ihm beimessen. Für die Journalisten stehen vor allem zwei Aspekte im Mittelpunkt: die Möglichkeit, eigene Fragen stellen zu können – auch hier möglichst individualisiert und exklusiv –, sowie den Kontakt zu Vorständen und Fachexperten des Unternehmens her- und sicherzustellen. Für die Führungskräfte ist am wichtigsten, dass die Persönlichkeit und Identität des Vortragenden, insbesondere aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung, sichtbar wird. Die Mitarbeiter erwarten an erster Stelle, dass der Vorstand bzw. die Geschäftsführung als Person und Persönlichkeit sichtbar werden sowie dass man eigene Themen einbringen und direkt an den Vorstand richten kann. Die Mehrheit der befragten Journalisten, Führungskräfte und Mitarbeiter sind mit den jeweiligen Formaten der persönlichen Kommunikation zufrieden.
Welche Bedeutung hat persönliche Kommunikation?
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Als zentrale Begründung dafür nennen sie, dass ein Gespräch und Austausch möglich war bzw. zustande kam, sei es in kleinerer Runde oder durch eine ausführliche Fragerunde im Rahmen einer Pressekonferenz. Persönliche Kommunikation lebt eben vom gegenseitigen Austausch, vom Miteinandersprechen und Zuhören.
6.
Ein Kommunikationsweg macht Karriere. Beispiele und Erfahrungen der Unternehmenspraxis mit persönlichen Kommunikationsformaten
Persönliche Kommunikation hat viele Formen und Formate. Dies zeigt auch der Blick in die Kommunikationspraxis der Unternehmen, die in dem Forschungsprojekt untersucht werden. Neben verschiedenen Formaten, die sich an interne und externe Bezugsgruppen richten, treten ganz unterschiedliche Akteure der Kommunikation auf oder es tun sich gar grundlegende Kulturfragen auf, die mit der Praxis der persönlichen Kommunikation verbunden sind. Fünf Kommunikationsverantwortliche aus mittelständischen und großen Unternehmen in Deutschland sowie aus unterschiedlichen Branchen geben im Folgenden einen Einblick in ihr Verständnis von persönlicher Kommunikation. Sie thematisieren ihre Einschätzung und Wahrnehmung von persönlichen Kommunikationsformen in ihren Unternehmen. Die Beiträge der Vertreter aus der Unternehmenspraxis geben damit einen Eindruck, wie Firmen mit persönlicher Kommunikation umgehen und welche Rolle den Abteilungen für Unternehmenskommunikation dabei zukommt. Die Bedeutung, Ausprägung und Umsetzung der persönlichen Kommunikation aus Sicht der Unternehmenskommunikation und -praxis stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels. Rainer Berghausen (Celesio AG/McKesson Europe AG von 2006 bis 2018) berichtet aus dieser Zeit über die persönliche Kommunikation der Geschäftsführung. Heute ist er für ein anderes Unternehmen tätig. Hauke Hannig (ebmpapst Mulfingen GmbH & Co. KG) setzt sich mit dem persönlichen Austausch und der Unternehmenskultur auseinander, während Andreas Möller (Trumpf GmbH + Co. KG) die Frage diskutiert, inwiefern persönliche Kommunikation eine „schützenswerte Spezies“ im Schatten der Digitalisierung ist. Jörg Schillinger (Dr. August Oetker KG) diskutiert dann, welche Wirkung persönliche Kommunikation im Wechselspiel verbaler und nonverbaler Faktoren entfalten kann. Bernadette Tillmanns-Estorf (B. Braun Melsungen AG) geht abschließend darauf ein, welchen Beitrag persönliche Kommunikation im Rahmen innovativer Arbeitsformen zum Wissensmanagement eines Unternehmens leisten kann.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_6
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere
6.1 Königsdisziplin der Unternehmenskommunikation. Die persönliche Kommunikation der Geschäftsführung wird wichtiger Rainer Berghausen, Head of Group External Communications, Celesio AG/McKesson Europe AG (2006-2018), Stuttgart
Mittlerweile ist es unbestritten, dass persönliche Kommunikation die Königsdisziplin der Unternehmenskommunikation ist. Die Sicht auf die persönliche Kommunikation hat sich in den zwölf Jahren, in denen ich bei der Celesio AG/McKesson Europe AG tätig war, deutlich verändert. Zu Beginn meiner Tätigkeit für das Unternehmen war es üblich, die Pressemitteilung als das Kommunikationsmittel der Wahl einzusetzen. War das Ereignis für das Unternehmen oder die Institution enorm wichtig, wurde ein Zitat gerne dem CEO zugeordnet. „Wie das Unternehmen heute bekanntgab …“ – in vielen anderen Fällen sprach das Unternehmen selbst in indirekter Rede zur Öffentlichkeit. Neben dieser Verlautbarungskommunikation – in der es Zitate gab – wurden Mitarbeiter der Fachebenen oder der anonyme Pressesprecher als persönliche Kommunikatoren eingesetzt. Geschäftsführer als Gesicht des Unternehmens Ich will nicht behaupten, dass es unüblich geworden ist, in der Pressemitteilung (so es diese überhaupt noch gibt) die Fachebene oder den Sprecher zu zitieren. Doch die Kommunikation über den Geschäftsführer als Gesicht des Unternehmens hat in dieser Zeit stark zugenommen – wenn schon Zitat, dann gleich von ganz oben. Diese Entwicklung ist aus meiner Sicht auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen gibt es vonseiten der klassischen Medien eine deutlich größere Nachfrage nach Originaltönen der Geschäftsführung als noch vor zehn Jahren. Zum anderen scheint auch aufseiten der Geschäftsführung der Druck zur medialen Präsenz gewachsen zu sein, wenngleich Celesio seit der Übernahme durch McKesson im Jahr 2014 in der medialen Öffentlichkeit weniger stark präsent ist. Gründe dafür sind u. a. der Rückzug von den Börsen sowie eine grundsätzlich stärkere mediale Zurückhaltung des neuen Mutterkonzerns McKesson. Doch nicht nur in der externen Kommunikation hat die Bedeutung der persönlichen Geschäftsführungskommunikation massiv zugenommen, sondern auch in der internen. Auch hier sind nach meiner Beobachtung sowohl „push“ von Seiten der Geschäftsführer („Wir wollen uns direkt an die Mitarbeiter richten.“) wie auch „pull“ seitens der Mitarbeiter („Das wollen wir von unserer Geschäftsführung wissen.“) Ursachen für diese Entwicklung.
Ein Kommunikationsweg macht Karriere
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Nicht zuletzt ist natürlich der Unternehmens- bzw. Pressesprecher nach der Geschäftsführung der sichtbarste persönliche Kommunikator eines Unternehmens. Allein diese Aspekte zeigen mehr als deutlich, dass persönliche Kommunikation in der Unternehmenskommunikation nicht wichtig genug genommen werden kann. Schließlich geht es im Kern um eines – nämlich um den Erhalt und Ausbau der Unternehmensreputation. Paradies für Journalisten: der persönliche Kontakt zum CEO Persönliche Kommunikation, vor allem des Vorstands, hat bei der Celesio AG/McKesson Europe AG immer schon eine bedeutsame Rolle gespielt – manchmal sogar im wortwörtlichen Sinne. So erzählte mir der Redakteur einer Nachrichtenagentur beim ersten Zusammentreffen im Jahr 2006, vor meiner Zeit sei es einfacher gewesen, den CEO zu erreichen. Der habe sich um die Journalisten selbst gekümmert; fast jeder habe seine direkte Durchwahl gehabt. Persönliche Kommunikation in Reinform und möglicherweise ein Paradies für Journalisten. Auf die Risiken werde ich weiter unten kurz eingehen. Seit vielen Jahren sind auch bei Celesio die üblichen Mittelsmänner, Unternehmens- bzw. Pressesprecher, dazwischengeschaltet. Formate persönlichen Austauschs im Überblick In den vergangenen Jahren haben sich bei der Celesio AG/McKesson Europe AG einige übliche Formate persönlicher Kommunikation fest etabliert (s. Abb. 70). Teilweise spiegelt sich darin auch der Wandel vom MDAX-notierten Konzern zu einer nicht mehr börsennotierten Aktiengesellschaft und zum europäischen Arm der US-basierten, jedoch international tätigen McKessonGruppe wider. Die abnehmende Bedeutung von Hauptversammlungen, Pressekonferenzen und Interviews steht in direktem Zusammenhang mit dem Rückzug der Celesio AG von den deutschen Börsen in den Jahren 2015 bis 2017. Ein börsennotiertes Unternehmen dieser Größe, das in einem der deutschen Indizes, hier dem MDAX, notiert ist, genießt automatisch eine „Pflichtaufmerksamkeit“ seitens der Medien. Im Gegenzug gibt es auch Pflichtkommunikation, beispielsweise Investorenkonferenzen, bei denen vonseiten der Investoren auch erwartet wird, mit dem Vorstandsvorsitzenden und dem Finanzvorstand direkt sprechen zu können.
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere
Abb. 70: Externe Formate persönlicher Kommunikation bei der Celesio AG/McKesson Europe AG Format
Stakeholder
Kommunikator
Bedeutung
Kamin‐ / Hinter‐ grundgespräch
Medien
Vorstand / Geschäftsführung / Fachebene / Sprecher
gleichbleibend
Interview
Medien
Vorstand / Geschäftsführung
abnehmend
Pressekonferenz
Medien
Vorstand / Geschäftsführung / Fachebene / Sprecher
abnehmend
Hauptversammlung
Aktionäre / Investoren
Vorstandsvorsitzender / abnehmend Aufsichtsratsvorsitzen‐der (bzw. Vertreter)
Investorencall / ‐konferenz
Investoren / Medien
Vorstandsvorsitzender / ‐‐‐ Finanzvorstand / Investor Relations
(Fach‐, Branchen‐) Konferenz
Fachöffentlichkeit
Vorstand / Geschäftsführung / Fachebene
gleichbleibend
Vorstand / Geschäftsführung
zunehmend
Kunden‐veranstaltung Apotheker / verschiedene Fachöffentlichkeiten
Quelle: eigene Darstellung.
Vonseiten der Medienvertreter ist trotz geringerer (Pflicht-)Aufmerksamkeit der Wunsch nach direkter Kommunikation durch den Vorstandsvorsitzenden weiterhin vorhanden. Diese findet aber nicht mehr in Pressekonferenzen mit Nachrichtenagenturen und Tagesmedien statt, sondern in der Regel in eher informellem Rahmen, z. B. bei Frühstücken oder Mittagessen mit wenigen, ausgewählten Journalisten. Ziel dabei ist weniger, eine hohe Reichweite zu generieren, sondern unternehmensstrategische und/oder branchenspezifische Themen mit Branchen- bzw. Fachmedien zu diskutieren. Dies kann sowohl ein reines Hintergrundgespräch als auch eine Mischform sein, aus der sich dann wörtliche Zitate in Veröffentlichungen finden.
Ein Kommunikationsweg macht Karriere
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Viele Formate in der internen Kommunikation Deutlich mehr Formate der persönlichen Kommunikation gibt es mittlerweile aber in der internen Kommunikation (s. Abb. 71). Neben dem Neujahrsempfang mit Ansprache des Vorstandsvorsitzenden und dem Sommerfest gab es im Unternehmen bis 2009 überhaupt kein Format interner persönlicher Kommunikation für Mitarbeiter der Hauptverwaltung. Auf Konzernebene wurde für eine ausgewählte Gruppe an Top-Führungskräften im Jahresrhythmus eine Führungskräftekonferenz veranstaltet. Diese diente vorwiegend der TopDown-Information zu strategischen Themen. Noch heute gibt es die Veranstaltung für die Top 80-Führungskräfte des Konzerns. Der Schwerpunkt im Top-Down-Ansatz ist dem Austausch von Best-Practice der Geschäftseinheiten in den Ländern sowie dem informellen Austausch auf persönlicher Ebene gewichen. 2009 haben wir bei Celesio das Format „Meet the Board“ eingeführt. Seinerzeit zwar gewollt als Dialogformat, blieb es bedingt durch eine meist formelle Rede des Vorstandsvorsitzenden überwiegend bei einer eher vorstandsmonologischen Veranstaltung. Dies hat natürlich auch mit der Kultur im Unternehmen zu tun. Es hat Jahre gebraucht, bis es für Mitarbeiter üblich wurde, viele Fragen zu stellen. Das Format ist heute im internationalen „Town Hall Meeting“ aufgegangen, das in alle Länder des Konzerns per Videostream übertragen wird und international (wenn auch technisch leider etwas eingeschränkt) die Möglichkeit zum spontanen Fragen-Antworten-Dialog bietet. Der Lunchdialog diente ursprünglich dazu, den Vorstandsvorsitzenden abteilungsweise persönlich kennenzulernen und den direkten Dialog zwischen allen Mitarbeitern und Vorstand zu entwickeln. Abhängig von tagesaktuellen Themen haben sich häufig spannende Diskussionen auch abseits des Tagesgeschäfts ergeben. Ein daraus weiterentwickeltes, dialogorientiertes (Lern-) Format ist „Lunch and Learn“. Mitarbeiter mit speziellen Themen oder Kenntnissen berichten aus ihrem Arbeitsalltag oder stellen aktuelle Projekte vor. Das reicht vom Einkauf bis hin zu IT- oder Compliance-spezifischen Themen. Auf diese Weise lassen sich einfach und schnell wichtige Businessinhalte vermitteln. Teilnehmen am „Lunch and Learn“ kann jeder Mitarbeiter. Limitierender Faktor ist die Größe des Besprechungsraums. Technisch etwas aufwändiger ist das eben erst als Pilot gestartete Format „Chat with the Chairman“, das im Gegensatz zur quartalsweisen Videobotschaft den Dialog mit dem Vorstandsvorsitzenden in den Mittelpunkt rückt. Die positiven Rückmeldungen sowohl der Mitarbeiter als auch des Vorstands zeigen, dass diese Art persönlicher Kommunikation sicher an Bedeutung zunehmen wird. Denn im Gegensatz zum „Town Hall Meeting“ senkt das Chatformat die Hemmschwelle, Fragen zu stellen.
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere
Abb. 71: Interne Formate persönlicher Kommunikation bei der Celesio AG/McKesson Europe AG Format
Stakeholder
Kommunikator
Bedeutung
Meet the Board
Mitarbeiter vor Ort
Vorstand
‐‐‐
Town Hall Meeting
Mitarbeiter international
Vorstand / Fachebene
gleichbleibend
Lunchdialog
Mitarbeiter vor Ort
Vorstandsvorsitzender
‐‐‐
Lunch and Learn
Mitarbeiter vor Ort
Fachebene / Spezialist
gleichbleibend
Chat with the Chairman
Mitarbeiter vor Ort / international
Vorstandsvorsitzender
zunehmend
Videocast
Mitarbeiter international
Vorstandsvorsitzender
gleichbleibend
Feierveranstaltung
Mitarbeiter vor Ort
Vorstand
gleichbleibend
Group Management Meeting
Top 80‐Führungs‐ kräfte / Konzern‐ geschäftsführer
Vorstand
gleichbleibend
Quelle: eigene Darstellung.
Herausforderungen in der Praxis Die persönliche Kommunikation der Geschäftsführung hat also enorm an Bedeutung im Unternehmen gewonnen und wird weiterhin wichtiger. Allerdings ist diese Kommunikationsform nicht nur enorm nachgefragt, sondern auch zeitintensiv. Die zeitlich limitierte Verfügbarkeit des Vorstands zählt daher nicht nur heute, sondern auch in Zukunft zu den großen Herausforderungen der persönlichen Kommunikation – sowohl nach innen als auch nach außen. In der externen Kommunikation entstehen Schwierigkeiten auch im direkten Zugang zum Vorstand und zur Geschäftsführung, da es dann ja eine Art
Ein Kommunikationsweg macht Karriere
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Reputationsfilter in Form des Sprechers nicht mehr gibt. Und in gewisser Weise entstehen Herausforderungen auch umgekehrt – im Zugang der Geschäftsführung zu Kommunikationsinstrumenten, die direkt und persönlich sind. Der rege Gebrauch von Twitter durch den derzeitigen amerikanischen Präsidenten zeigt sehr deutlich, wo die Herausforderungen dieser Art persönlicher Kommunikation für ein Unternehmen insgesamt liegen können. Chancen bleiben bestehen Die Chancen persönlicher Kommunikation haben sich in den letzten Jahren nicht verändert. Zum Aufbau von Unternehmensreputation nach innen wie nach außen ist diese Art der Kommunikation unabdingbar. Denn letztlich entscheiden Persönlichkeit, Authentizität und Glaubwürdigkeit von Geschäftsleitung (und Sprecher). Der hohe Entwicklungstand von Kommunikationstechnologien unterstützt die Umsetzung persönlicher Kommunikation in Richtung Dialogorientierung enorm – Chattechnologien machen es einfacher. Live-Kommunikation wird wertvoller Welche Bedeutung wird die persönliche Kommunikation künftig haben? In der externen direkten Kommunikation mit Kunden wird die Wahrnehmung der Geschäftsleitung eine untergeordnete Rolle einnehmen. Schon heute ist die persönliche Kommunikation auf Chatbots verlagert, die als „Silvia“ oder „Robert“ dem Ratsuchenden auf B2C-Websites Hilfe per Chat anbieten. Ich bin überzeugt, dass wir in deutlich mehr Bereichen eine andere Art der „persönlichen“ Kommunikation durch Robotisierung der Kommunikation erfahren werden. Künftige Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz sowie der Darstellungsmöglichkeiten virtueller Realitäten werden die heutige Science Fiction zur kommunikativen, doch abstrakten Alltagsnormalität werden lassen. Live-Kommunikation bekommt somit eine neue Bedeutung. Umso wertvoller wird dann aus heutiger Sicht die persönliche Kommunikation durch reale Personen – vor allem mit ausgewählten Anspruchsgruppen kann deren Wirkung durch bewusste Wahl nicht-fiktionaler Kommunikatoren gesteigert werden.
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere
6.2 Mit neuen und alten Medien. Wie sich die Kultur des persönlichen Austauschs ändert Hauke Hannig, Leiter Unternehmenskommunikation und Politik, Pressesprecher, ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG, Mulfingen
Die persönliche Kommunikation hat in der Kommunikationsarbeit bei ebmpapst seit jeher einen besonderen Stellenwert. Sie ist geprägt von einer hohen Dialogbereitschaft, Nahbarkeit und Offenheit. Denn: Ein lebendiges Netzwerk mit persönlichen und vertrauten Kontakten ist ein wesentliches Element einer auf Langfristigkeit ausgelegten Kommunikationsarbeit. ebm-papst unterscheidet im Bereich der persönlichen Kommunikation zwischen dem klassischen „Face-to-Face“-Austausch mit internen und externen Stakeholdern, der persönlichen Mitarbeiterkommunikation sowie der digitalen Kommunikation. Gerade in der zunehmend digitalisierten und virtuellen Welt mit immer neuen Kommunikationskanälen und -instrumenten öffnen sich auch stetig neue Wege der persönlichen Kommunikation, die über den klassischen Austausch zwischen zwei physisch anwesenden Individuen hinausgehen. Aufgrund dieses Trends nimmt die Bedeutung von „Face-to-Face“-Kontakten wiederum zu – sei es innerhalb der Organisation oder in langjährig gefestigten Beziehungen zu Journalisten. Schließlich können individuelle Bedürfnisse des Gesprächspartners im Dialog leichter erkannt und mögliche Unklarheiten beseitigt werden, sodass gemeinsam Lösungen für schwierige Situationen entwickelt werden können. Die Kultur des persönlichen „Face-to-Face“-Austausches, wie sie bei ebmpapst noch heute praktiziert wird, hat ihren Ursprung beim Unternehmensgründer Gerhard Sturm. Dieser hatte den heutigen Technologieführer von Ventilatoren 1963 mit 35 Mitarbeitern ins Leben gerufen und betrieb die persönliche Kommunikation „par excellence“. Er ebnete eine Kultur des persönlichen Austauschs über Hierarchieebenen und Arbeitsbereiche hinweg. In Mulfingen, dem Sitz der Unternehmenszentrale, erreichte Sturms eine unprätentiöse und nahbare Informationsverteilung per „Management by Walking Around“, sodass Mitarbeiter stets einbezogen wurden und sich anerkannt fühlten. Diese Anerkennung des einzelnen Mitarbeiters hatte, im Umkehrschluss, eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen zur Folge. Dieses Vorgehen ist auch heute noch zentral bei ebm-papst. Das Mitarbeitermagazin „one“ – Beispiel einer persönlichen Zusammenarbeit Das Mitarbeitermagazin „one“ steht beispielhaft für eine persönliche, nahbare Kommunikation bei ebm-papst. Bei diesem Projekt treffen unterschiedliche Zielgruppen und Bereiche aufeinander, die Gehör finden wollen und müssen.
Ein Kommunikationsweg macht Karriere
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Sei es der Ingenieur, der detaillierte Informationen in einem technischen Artikel erwartet, oder der internationale Standort, der in der Veröffentlichung ausreichend dargestellt werden möchte. Viermal jährlich erhalten alle Mitarbeiter weltweit im „one“ aktuelle Informationen zur Unternehmensgruppe. Die deutschen Standorte werden darüber hinaus mit einem Lokalbeileger zu regionalspezifischen Themen versorgt. Der Entstehungsprozess einer Ausgabe, deren Inhalte mittlerweile auch über das globale Intranet gespielt werden, beginnt stets in regionalen Redaktionsmeetings der Standorte. In diesen sitzen Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen von Produktion über Entwicklung bis hin zu Personal zusammen und diskutieren Themen, die für alle Mitarbeiter Interesse erwarten lassen. Die Geschichten kommen dabei auf zweierlei Wegen in die Redaktion. Viele werden von Mitarbeitern im persönlichen Gespräch vorgeschlagen und eingereicht, andere durch regelmäßige Abfragen eingeholt. Leitlinie bei der Themenauswahl ist dabei, stets eine möglichst optimale Mischung von Inhalten aus der gesamten Gruppe zu erhalten und die unterschiedlichen internationalen Zielgruppen gleichberechtigt zu bedienen. Stehen die Themenpläne aus den Regionalmeetings für die Global- und die jeweilige Lokalausgabe, setzt sich die Hauptredaktion – bestehend aus Vertretern der drei deutschen Hauptstandorte und unterstützenden Dienstleistern – zusammen. Im persönlichen Umfeld wird über die Inhalte, die sich später im Magazin wiederfinden sollen, gleichberechtigt diskutiert. Hat der Seitenplan einer Ausgabe Konsens gefunden, wird das geplante Heft in kurzen Meetings der Geschäftsführung, Betriebsrat und Personalbereich vorgestellt. Die Geschichten des Hefts entstehen nun in persönlichen Interviews mit den Protagonisten, werden getextet, bebildert und nach Ausrichtung sowie Inhalt abgestimmt. Auch in diesem Prozess steht der personale Austausch genauso im Fokus wie die Freigabe des finalen Leseexemplars mit dem Entscheidungsgremium. Die Priorität von persönlichem Austausch gilt auch für soziale Medien bei ebm-papst. Social Media, Collaboration Tools und Videokonferenzen – digitale Wege der persönlichen Kommunikation Social Media nimmt nicht nur unter jungen Menschen einen immer höheren Stellenwert ein. In der Kommunikation sowie Marketingwelt von B2BUnternehmen wie ebm-papst ermöglicht Social Media eine nie dagewesene Form des persönlichen Austauschs mit verschiedenen Stakeholdern, darunter Kunden, Mitarbeiter, Wettbewerber und Multiplikatoren. Durch zielgruppenoptimierte Inhalte können diese einzelnen Stakeholder persönlich und direkt angesprochen werden. Des Weiteren bietet Social Media – durch aktives
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Ein Kommunikationsweg macht Karriere
Community Management sowie durch „User-generated Content“ – eine Form des persönlichen Austauschs und des „Miteinanders“, die sonst nur in der „Face-to-Face“-Kommunikation möglich wäre. Das heißt: Durch Social Media ergeben sich neue Wege, den Kunden, Mitarbeiter oder allgemein „User“ aktiv teilhaben zu lassen. Im Social-Media-Bereich ist ebm-papst auf allen bedeutsamen Kanälen vertreten und betreibt aktiv die beschriebene Kommunikation in Form des Dialogs mit den Usern. Das Team des Ventilatorspezialisten achtet dabei, je Kanal, auf eine passende Tonalität sowie auf durch Fachexperten unterlegten zielgruppengerechten Content. Eine weitere Form der digitalen persönlichen Kommunikation sind Collaboration Tools wie „Confluence“ (eine spezielle Wiki-Software, die die Zusammenarbeit in Teams enorm erleichtert), die bei ebm-papst täglich zum Einsatz kommen. Diese Tools erlauben es den Mitarbeitern, in Teams zu arbeiten und durch Kommentare, Blog- und Chat-Funktionen mit Kollegen in einen persönlichen Austausch zu treten. Somit können – ungeachtet des Aufenthaltsortes der jeweiligen Teammitglieder – Probleme diskutiert und Lösungen entwickelt werden. Bei einem global agierenden Unternehmen mit rund 15.000 Mitarbeitern in 46 Ländern wird diese Form des persönlichen Austauschs zwischen den Mitarbeitern immer wichtiger. Letztlich kommen vermehrt Videokonferenzen und Webinare zum Einsatz. Diese Art der Kommunikation ermöglicht es, wie die beiden zuvor beschriebenen digitalen Kommunikationswege, Besprechungen über verschiedene Länder, Kontinente und Zeitzonen hinweg zu absolvieren – ohne dass eine oder mehrere Parteien dafür eine weite Anreise auf sich nehmen müssen. Auch im Hinblick auf die „GreenTech“-Philosophie und die gelebte Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz von ebm-papst stellen diese digitale Formen der persönlichen Kommunikation eine effektive Ergänzung zu teils aufwendigen und zeitintensiven persönlichen Treffen dar. Natürlich kann und soll dadurch eine „Face-to-Face“-Kommunikation aber nicht gänzlich ersetzt werden. Persönliche Kontakte – zum Aufbau von externen Netzwerken Nicht zuletzt steht besonders in der externen Unternehmenskommunikation der persönliche „Face-to-Face“-Kontakt bei ebm-papst im Fokus. Zu den Stakeholdern zählen im Schwerpunkt Medien-, Organisations- und Verbandsvertreter, zu denen über kontinuierliche Treffen ein Netzwerk entwickelt und gefestigt wird. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit Medienvertretern hat ein persönliches Kennen und Achten langfristig Einfluss auf die Berichterstattung über das Unternehmen. Zielsetzung der Unternehmenskommunikation ist
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daher stets, bei Geschichten bzw. Recherchen „mit im Medienboot zu sitzen“ und nicht „daneben herzuschwimmen“. Die Verfügbarkeit für regelmäßige Hintergrundgespräche, die Präsenz bei Netzwerkveranstaltungen, eine sehr gute Erreichbarkeit sowie Schnelligkeit, Glaubwürdigkeit und Authentizität sind ebenso bedeutend für eine gute Pressearbeit wie das Anbieten von Experteninterviews sowie ein unkomplizierter und persönlicher Zugang zum CEO oder zur Geschäftsführung. Förderlich beim Aufbau von Kommunikationsnetzwerken sind darüber hinaus Organisationen und Verbände wie beispielsweise der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sowie die Industrie- und Handelskammern (IHK). Diese werden von den Mitarbeitern der ebm-papst Unternehmenskommunikation regelmäßig genutzt, um neue Kontakte zu gewinnen, Wissen aufzubauen und Erfahrungen auszutauschen. Persönlicher Austausch – das A & O Ein persönlicher Austausch ist für ebm-papst ganz entscheidend für eine nachhaltige und vertrauensvolle Kommunikationsarbeit. Etabliert durch seinen Unternehmensgründer und aufgegangen in der Unternehmenskultur ist der direkte Austausch das „A & O“ und somit tragende Säule in der Unternehmenskommunikation. Gerade aufgrund einer fortschreitend digitalisierten und anonymen Welt wird der persönliche Meinungsaustausch und Kontakt wichtiger und fördert ein positives Kommunikationsergebnis. Ob dieser im Social-Media-Bereich durch „User-generated Content“, im Journalistenkontakt durch persönlichen Austausch oder bei der Mitarbeiterkommunikation durch ein Miteinander auf Augenhöhe gegeben ist – wesentlich ist, dass die Stakeholder erkennen, dass ein Dialog stattfindet und sie verstanden und wahrgenommen werden.
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6.3 Warum nicht alles digital wird. Persönliche Kommunikation in der Praxis eines Unternehmens Andreas Möller, Leiter Unternehmenskommunikation und Politik, TRUMPF GmbH + Co. KG, Ditzingen
Entwickelt sich persönliche Kommunikation in der Unternehmenspraxis zu einer schützenswerten Spezies? Die fortschreitende Digitalisierung scheint ein Indiz dafür zu sein, dass der direkte Austausch zugunsten anderer Kommunikationsformen in den Hintergrund tritt. Die Erfahrung zeigt indes, dass auch die Kommunikation ein Kind ihrer Zeit ist und nicht auf ein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch hinausläuft. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen, in denen Worte oder Waren getauscht werden, hat die Zunahme der Möglichkeiten das Bestehende nicht substituiert, sondern ihm weitere Optionen hinzugefügt. Ein traditioneller Discounter verschwindet bekanntlich nicht, nur weil ein Bio-Markt um die Ecke eröffnet. Ebenso wenig hat die Präsenz von Tablet-PCs oder Smartphones zum Erlöschen der Wertschätzung für klassische Schreibgeräte und gutes Papier geführt. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall. Geht es doch zunehmend weniger um den praktischen Nutzen der Dinge als um die individuelle Botschaft dahinter: um Distinktion in einem sozialen System. Im Resonanzraum des digitalen Grundrauschens Eine (vielleicht erwartbare) These zu Beginn: Die Frage nach dem Zustand persönlicher Kommunikation ist vom Medium zu trennen. Sie hängt von der Bereitschaft zur Fokussierung und zielgruppenspezifischen Ansprache ab. Nicht anders als bei Supermärkten oder Schreibgeräten geht es bei der persönlichen Kommunikation darum, je nach Zielgruppe und Zeitpunkt das geeignete Medium zu finden – und mit der Varianz der Instrumente bewusst zu arbeiten. Ungeachtet des digitalen Grundrauschens findet persönliche Kommunikation deshalb nicht nur „statt“: Sie war nie weg und erfährt in gewisser Weise sogar eine Bedeutungssteigerung. Die im kleinen Kreise vorgetragene Rede kann, wenn auch vom Wunsch der nahbaren Geste getragen, bekanntlich weit hinter den Möglichkeiten eines Blogs oder Videobotschaft zurückbleiben, wenn diese den richtigen Nerv treffen. Die Faszination der Nähe, um die es im Kommunizieren wohl immer geht, ist nicht an ein Format gebunden. Jeder kennt die Sterilität eines routiniert wirkenden Live-Konzerts – und den Zauber von Aufnahmen „vom Band“, die einen besonderen Moment der Geschichte eingefangen haben.
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Dazu nachfolgend einige Beobachtungen aus der Welt eines Industrieunternehmens. Personalisierung in den Wirtschaftsmedien Wenn es im Kontext persönlicher Kommunikation einen Trend in der Wirtschaftsberichterstattung der vergangenen Jahre gibt, so ist es jener der Personalisierung. Was noch vor Jahren nur einige wenige Magazine für sich beanspruchten – die Lenker von Firmen in ihren Licht- und Schattenseiten zum Ausgangsmotiv der Berichterstattung zu machen –, ist mittlerweile als ein roter Faden erkennbar. Man mag darüber streiten, ob dies den veränderten Lesegewohnheiten, dem Kampf um Aufmerksamkeit oder auch der so behaupteten Zunahme an Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge geschuldet ist: Der Transport von Inhalten hängt nicht unwesentlich davon ab, inwieweit diese sich mit Einzelpersonen koppeln lassen. Nur eine sichtbare Folge dessen ist der Stellenwert von Interviews mit Wirtschaftsvertretern, die zumindest stärker als in der Vergangenheit auch fachfremde Aspekte zu Privatleben, Hobbys, Herkunft u. a. reflektieren. Geht es doch auch immer ein Stück weit darum, neben den Zahlen den Menschen hinter dem Amt sichtbar zu machen, die Grenzen der Nähe (und nicht selten Diskretion) dabei auszuloten. Hinzu kommt ein wirtschaftlich zunehmend relevantes Standbein von Verlagen, das unter dem Schlagwort der „Live-Kommunikation“ firmiert. Die Zunahme von Kongressen, Podien, Kaminabenden und Empfängen nutzt in noch stärkerem Maße als die „vorgeschaltete“ Unternehmensberichterstattung die Aura von Marken und charismatischen Unternehmenslenkern. Wer seinen Arbeitssitz etwa in Berlin hat, kann sich tagelang gut damit beschäftigen, von einer zur nächsten Veranstaltung zu springen. Von „House of Cards“ oder dem Credo der Bonner Republik haben die Runden freilich wenig. Sie erinnern im positiven Sinne daran, dass die Meinungsbildung heute stärker den Gesetzen der Transparenz verpflichtet ist – mit einer immer größeren Anzahl an Akteuren. Die Erkenntnis, dass die sprunghafte Zunahme der Verbands- und Hauptstadtbüros möglicherweise in einem umgekehrt proportionalen Zusammenhang mit den Einflussmöglichkeiten auf die Politik stehen könnte, lässt sich auf die Unternehmenskommunikation dabei bemerkenswerterweise nicht übertragen. Wer Präsenz will, bekommt diese auch.
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Lokal- und Regionalmedien Dieser Mechanismus nimmt sinnbildlich mit der Zahl an Fahrtkilometern zu, die man zwischen sich und das Hauptstadtgeschehen bringt – und sich dorthin begibt, wo Unternehmen angestammte Sitze haben. So ist die Bedeutung der je nach Region auch personell z. T. noch gut ausgestatteten Lokal- und Regionalmedien gerade für Firmen mit langer Standortbindung unverändert hoch; zielgruppenabhängig auch höher als jene der sozialen Medien zusammengenommen. Regionalzeitungen berichten auch jenseits der großen tagespolitischen Themen, sind über Jahre Nachbarn und Anteilnehmende, wenn es um Fragen des sozialen Engagements von Unternehmen geht, um Ausbildungsplätze oder Ferienjobs. Unternehmensleitungen investieren darum nicht ohne Grund Zeit und Engagement in diese Nachbarschaftspflege. Die jährliche Bilanzpressekonferenz bekommt so schnell den Charakter eines persönlichen Treffens, bei dem es um mehr als die Bilanz geht. Hierin liegt, so ließe sich zuspitzen, eine Daseinsberechtigung angesichts der ansonsten nachlassenden Bedeutung von Pressekonferenzen. Pressekonferenzen versus Calls Nicht nur in den USA ist es mittlerweile Praxis: Wortlautinterviews werden nicht mehr autorisiert und es finden mit Ausnahme von Produktmessen auch immer weniger Pressekonferenzen statt. Auch TRUMPF bietet zur Bilanzpressekonferenz mittlerweile einen Livestream an und macht die Pressekonferenz anschließend im Internet verfügbar. Die Erfahrung zeigt dabei, dass dieses Angebot die persönliche Teilnahme bislang nicht ersetzt. Im Gegenteil: Journalisten sagen, dass sie Stimmung und Tonalität mitbekommen möchten und dass sie gerne die Möglichkeit nutzen, die Unternehmensführung am Rande der Pressekonferenz zu sprechen. Die Behauptung, dass die klassische Pressekonferenz tot sei, ist deshalb ebenso wahr wie falsch. Die Pressekonferenz als Ort der Informationsweitergabe verliert an Relevanz zugunsten kurzfristig einberufener Calls und OnlineKonferenzen. Quotes etwa zu aktuellen politischen Ereignissen werden selbstverständlich per E-Mail angefragt und beigesteuert. Dafür erhält die Pressekonferenz eine andere Funktion, die man angesichts der täglichen Nachrichtenmengen nicht geringschätzen sollte. Sie liegt – dosiert man die Pressekonferenz ein wenig – auf der Ebene des persönlichen Zusammentreffens „beim Gastgeber“, sprich jenseits der vielen öffentlichen Veranstaltungen.
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Erwünschte Nebeneffekte Eine profane Konsequenz der Digitalisierung ist deshalb, das Eine zu tun, ohne das Andere zu lassen – nicht um des „Wir auch“ willen, sondern weil absehbar ist, dass immer mehr Journalisten angesichts des Kosten- und Zeitvorteils auf digitale Informationen zurückgreifen. Das Neue wird ohne Zweifel zur Normalität. Eine Synchronisierung von Ereignissen wird – wie auch im Alltag – zumindest stellenweise dem „On Demand“-Verhalten weichen. Der Stream genau wie das Mitarbeitervideo zu Weihnachten oder die Ansprache nach einer Messe sind überdies gute Möglichkeiten, sich an die Normalität bewegter Bilder in vergleichsweise gefälligen Situationen zu gewöhnen – und nicht erst in einer krisenhaften Situation. Bei internationalen Unternehmen hat das Streaming den Effekt, weltweit aktive Kommunikatoren in den Tochtergesellschaften zumindest ein- oder zweimal im Jahr in die mediale Realität des Headquarters zu ziehen – und das nicht nur bei Videokonferenzen oder Workshops. So ist das Streaming ganz nebenbei auch ein Vehikel der internen Kommunikation, um Eindrücke von wichtigen Veranstaltungen in die Tochtergesellschaften zu transportieren. Persönliche Kommunikation über digitale Kanäle Da die überwiegende Zahl der Mitarbeiter nicht zuletzt aufgrund der eigenen Lebens- und Arbeitszeitplanung (mobiles und agiles Arbeiten) zumindest in einigen Unternehmensbereichen immer weniger ortsgebunden arbeiten wird, gewinnt die persönliche Kommunikation über digitale Kanäle zwangsläufig an Bedeutung. Wenn Meetings per Webkonferenz stattfinden oder die Bereitstellung von Informationen auf digitalen Plattformen erfolgt, ist es angebracht, sich im Vorfeld über Zielgruppe und Ansprache Gedanken zu machen. Nicht nur in der produzierenden Industrie ist man etwa mit der Tatsache konfrontiert, dass viele Mitarbeiter keinen stationären Intranet-Zugang haben oder über keine Zugangsberechtigung verfügen. Ein „Responsive Intranet“ bzw. Mitarbeiter-Apps auf privaten Smartphones zeigen hier einen (mit der IT auszuhandelnden) Weg auf, eine Erreichbarkeit herzustellen, die weder das klassische Intranet noch die Mitarbeiterzeitschriften, seien sie gedruckt oder digital, leisten können. Und die schiere Zahl der Informationen verschärft diesen Trend: Während diese früher mit dem „Gießkannen-Prinzip“ verteilt wurden, können Nachrichten heute dank digitaler Plattformen zielgruppenspezifischer gesteuert werden. Ein Unternehmen ist schließlich nichts anderes als ein Spiegel des sonstigen Medienkonsums, in dem sich aufgrund einer immer stärkeren Ausdifferenzie-
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rung vor allem die Special-Interest-Angebote durchsetzen. So gesehen sind die Personalisierung und der zielgruppenspezifische Zuschnitt – um die Eingangsthese zu verstärken – bereits heute nicht nur „vorhanden“, sondern geradezu ein Muss, will die Unternehmenskommunikation auch in Zukunft eine relevante Rolle spielen. Klassische Formate bleiben So digital daher auch alles werden mag: Angestammte Formate wie das Mitarbeiterjahresgespräch werden auch in Zukunft persönlich durchgeführt und von Empathie und Vorbereitung leben. Dasselbe gilt für Team- und Abteilungsbesprechungen. Auch die meisten Projektabstimmungen finden nach wie vor persönlich statt. Und wenn der Eindruck nicht täuscht, dann nehmen Meetings und Dokumentationspflichten sowie Abstimmungen in einem Maße zu, dass es unfreiwillig beim alten Quantum an persönlichem Austausch bleibt. Mindestens. Die persönliche Kommunikation spielt also nach wie vor eine wichtige Rolle, auch bei Betriebsversammlungen. TRUMPF hat zudem eine monatliche Mitarbeiterinformationsveranstaltung zur aktuellen Geschäftslage, der Weltwirtschaft und anderen Themen eingeführt. Die Mitarbeiter schätzen es, dass sie die Geschäftsführung bei diesen Veranstaltungen „live“ erleben. Man kann zusammenfassend sagen: Je zielgruppenspezifischer die Ansprache erfolgt, umso persönlicher ist sie – in welchem Format auch immer.
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6.4 Gespräche als unerlässliche Grundbausteine. Persönliche Kommunikation im Arbeitsalltag der Unternehmen Jörg Schillinger, Leiter Hauptabteilung Öffentlichkeitsarbeit/ Pressesprecher, Dr. August Oetker KG, Bielefeld „The single biggest problem in communication is the illusion that it has taken place.“ (George Bernard Shaw)
Die Fähigkeit, miteinander mittels Sprache zu kommunizieren, gehört zu den grundlegenden Wesenszügen des Menschseins. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Kommunikationstheorien und der Kommunikationspsychologie hat darüber im Laufe der Zeit eine Fülle an Modellen über die Abläufe und Hintergründe der zwischenmenschlichen Kommunikation hervorgebracht. Die Kunst der Rhetorik und ausgefeilte Konventionen der Konversation sind zu allen Zeiten in allen Kulturkreisen und Gesellschaften entwickelt und gepflegt worden. Damit einhergehend entwickelte sich die technische Unterstützung der Kommunikation weiter, um es immer mehr Menschen in immer kürzerer Zeit und in immer besserer Qualität zu ermöglichen, miteinander zu kommunizieren. Seit dem Anbruch des Internetzeitalters existiert nun eine Unzahl von Kommunikationskanälen, von denen die meisten jedem Menschen, der die technischen Voraussetzungen für ihre Nutzung besitzt, für wenig finanziellen Aufwand zur Verfügung stehen. Ungeahnte Möglichkeiten der Technik locken Gerade für die professionelle Kommunikation ergeben sich vor diesem Hintergrund bislang ungeahnte Möglichkeiten, Botschaften zu emittieren, zu empfangen, zu verarbeiten und weiterzuleiten. Unentwegt entstehen neue Formate für Push- und Pull-Kommunikation. Dialogformate sind seit Langem etabliert. Von der Homepage über seitenlange Blogs bis hin zu Kurztext-, Bild- und Tonformaten scheint es aus Sicht der Technik keine Grenzen für Kommunikation zu geben. Gleichwohl sollte gerade im professionellen Kommunikationsalltag nicht vergessen werden, welch wichtige Bedeutung die persönliche Kommunikation zwischen Menschen hat. Gerade jüngere, technikaffine Kommunikatoren laufen permanent in Gefahr, von den faszinierenden Möglichkeiten der modernen Kommunikationswege und -geräte in die Falle gelockt zu werden. Längst haben wir festgestellt, dass die weitaus größte Masse der Kommunikation kom-
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muniziert wird, nicht weil sie inhaltlich bedeutsam wäre, sondern allein deshalb, weil sie technisch machbar ist. Diese Feststellung soll nicht ein Ausdruck defätistischer Technikfeindlichkeit sein. Doch der Aufwand, der sehr häufig für die Beherrschung und Nutzung von ausgefeilten Kommunikationswegen betrieben wird, steht nur zu oft nicht im gesunden Verhältnis zu dem, was eigentlich kommuniziert wird. Auf Neudeutsch: Der Content ist oftmals so dünn, dass der schöne Schein des Kommunikationsmittels oder -weges zwar alles überstrahlt, der Kommunikationszweck vom Empfänger jedoch überhaupt nicht wahrgenommen wird. Von der oft fehlenden Möglichkeit der Kontrolle, ob die Botschaft beim richtigen Empfänger angekommen ist, einmal ganz abgesehen. Es genügt eben nicht, nur auf den Knopf zu drücken und zu glauben, man habe damit alles getan, um alle wichtigen Empfänger ausreichend informiert zu haben. Wenn sich dazu eine fehlende Sensibilität des Kommunikators hinzugesellt und dieser sich nicht – gemäß der alten PR-Weisheit „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“ – in die Situation des Rezipienten versetzen kann, dann ist der gesamte Kommunikationsvorgang schön anzusehen, gegenüber Controllern oder Vorgesetzten eindrucksvoll anhand von Kennzahlen nachweisbar, kommunikativ gesehen jedoch vollkommen sinnlos. Persönliche Gespräche für wichtige Botschaften Es mag eine ganze Reihe von Kommunikationsinhalten geben, bei denen man eine gewisse Streuwirkungslosigkeit einkalkulieren kann, ohne dass Schäden entstehen, oder bei denen man weiß, irgendetwas wird bei irgendjemandem schon hängen bleiben. Geht es aber um wirklich wichtige, essenzielle Botschaften, die bedeutende Auswirkungen auf Unternehmen, Vorgänge und vor allem Menschen, haben, dann ist das persönliche Gespräch in den meisten Fällen das einzig richtige Mittel der Wahl. Dies gilt sowohl in der internen als auch in der externen Kommunikation. Die Gründe dafür liegen auf der Hand und entsprechen den einfachsten Erkenntnissen der Kommunikationspsychologie: Es geht um die verbale und nonverbale Kommunikation bei der Übermittlung von besonderen Botschaften. Kein anderer Kommunikationskanal kann menschliche Empfindungen wie Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft, Ehrlichkeit, Empathie, Verbindlichkeit oder Widerspruch und Ablehnung so effektiv und wirkungsvoll übermitteln wie ein persönliches Gespräch. Nirgendwo sonst ist das Verhältnis von Sender und Empfänger so eng wie im direkten, persönlichen Aufeinandertreffen. Nirgendwo sonst liegen die Chancen, aber auch die Gefahren von Kommunikation so eng beieinander. Auch dies hat mit der Gleichzeitigkeit von
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verbaler und nonverbaler Kommunikation zu tun und muss von jedem professionellen Kommunikator bedacht werden. Wirkungen von persönlichen Begegnungen Viele Faktoren beeinflussen das direkte Gespräch, die meisten davon in subjektiver Wahrnehmung, was sich auf das Verhältnis der Kommunikationspartner sowohl positiv als auch negativ niederschlagen kann. Ein Beispiel: Das klassische Hintergrundgespräch eines Vorstandsvorsitzenden ist dazu gedacht, einem Journalisten eine Deutungshilfe für die Situation eines Unternehmens oder seiner handelnden Personen zu vermitteln, natürlich stets in der Absicht der positiven oder wenigstens neutralen Beeinflussung einer Situation. Doch schon bei der Wahl des Ortes der Zusammenkunft vollzieht sich eine nonverbale Kommunikation, die erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Gespräches haben kann: Ein vor Pracht strotzendes Restaurant im Luxushotel, eine schummerige Hafenbar, ein stattliches Chefbüro oder ein bescheidener Besprechungsraum – allein der Ort kommuniziert nonverbal eine Haltung, eine Atmosphäre, die enormen Einfluss auf den Ausgang des Gespräches haben kann. Garderobe, Frisur, Händedruck, Teint oder Eau de Parfum des Vorstandsvorsitzenden kommunizieren lange bevor das erste Wort überhaupt gewechselt wurde. In all dem liegen, wohlgemerkt, große Chancen, aber auch ebenso große Risiken. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um ein wirkliches physisches Aufeinandertreffen handelt oder um eine Skype- oder Videoübertragung – es ist das alte Spiel der Wirkung der ersten Begegnung. Wechselspiel von verbalen und nonverbalen Faktoren Im Gespräch selbst spielen dann alle hinlänglich bekannten nonverbalen und verbalen Kommunikationsfaktoren eine Rolle, angefangen vom Tonfall der Stimme, der Geschwindigkeit beim Sprechen, bis hin zur Verwendung von branchenspezifischen Fachtermini oder Fremdwörtern. Gerade hier zeigt sich, wie wichtig die minutiöse Vorbereitung eines persönlichen Gespräches ist. Denn der Sprechende muss nicht nur wissen, wie er sich selbst darstellen soll, worüber er sprechen darf, kann oder will, sondern er muss vor allem auch sein Gegenüber kennen. Das gilt sowohl im Falle nur eines Gesprächspartners als auch für den Fall, dass mehrere Personen an einem Gespräch teilnehmen, sei es im Rahmen eines Pressegesprächs oder bei einem Treffen mit Mitarbeitern. Ob intern oder extern, ein gutes persönliches Gespräch lebt von der Wechselwirkung aus aktivem Sprechen und ebenso aktivem Zuhören, denn nur so bietet sich dem Absender der Kommunikation die Möglichkeit, die Wirkung seines Sprechens unmittelbar zu kontrollieren und zu reflektieren: Ist die aus-
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gesandte Information beim Gegenüber angekommen, ist sie richtig verstanden worden oder muss blitzschnell – und dies ist ein gewichtiger Vorteil des persönlichen Gesprächs – nachjustiert werden, weil die Empfänger verbal oder nonverbal signalisiert haben, dass etwas nicht oder anders verstanden wurde? Voraussetzung: kommunikative Persönlichkeiten Dieses Wechselspiel im Dialog macht das persönliche Gespräch als Mittel der professionellen Kommunikation so wertvoll. Gut vorbereitet, bietet es weitreichende Chancen einer effektiven, schnellen und – sogar gegenüber den modernen Internetmedien – zeitsparenden, glaubwürdigen Kommunikation. Das persönliche Gespräch verlangt allerdings vom Absender der Botschaften, der sich darauf einlässt, vor allem eines: eine kommunikative Persönlichkeit. Anders als bei der Verwendung von unpersönlichen Kommunikationskanälen, seien es der klassische Brief auf Papier oder elektronische Kurz- oder Langformate, kann man sich beim persönlichen Gespräch nicht in der Anonymität des Mediums schutzsuchend verbergen oder verstecken. Mit offenem Angesicht muss der Sprecher in der Lage sein, Positives und Negatives zu kommunizieren und muss gleichzeitig charakterlich fähig sein, Positives wie auch Negatives zu empfangen. Das gelingt nicht jedem. In der heutigen Zeit der anonymen Massenmedien, in denen vielfach feige und hinterhältig auf unflätige Weise kommuniziert wird, ohne dass Reaktionen oder Sanktionen möglich wären, fällt es vielen Menschen schwer, offen zu sprechen und dabei auch das Aushalten von Konfliktsituationen mit einzukalkulieren. Zum Glück muss diesen anonymen Medien nicht immer die Bedeutung und der Wahrheitsgehalt zugemessen werden wie der Übermittlung von Informationen auf anderen Wegen, beispielsweise im persönlichen Gespräch. Bei aller Freude über technische Errungenschaften und moderne Kommunikationskanäle sollte daher nicht vergessen werden, dass es den Menschen ein Urbedürfnis ist, offen und direkt mit ihresgleichen zu kommunizieren. Die Grundvoraussetzungen dazu bringt nahezu jeder Mensch qua Geburt mit. Sie zu entwickeln und für sich einzusetzen zu wissen, ist nach wie vor eine wichtige Aufgabe der professionellen Kommunikatoren. Das persönliche Gespräch gehört daher zu den unerlässlichen Grundbausteinen für das Alltagsgeschäft der Unternehmenskommunikation.
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6.5 Wissen wächst, indem wir es teilen. Plädoyer für einen lebendigen Dialog im Unternehmen Bernadette Tillmanns-Estorf, Direktorin Corporate Communications und Corporate Human Resources, B. Braun Melsungen AG, Melsungen
Welchen Beitrag leistet die Kommunikation zum Erfolg des Unternehmens? Wie kommunizieren wir unter Kollegen? Wie mit Kunden? Und wie sprechen wir mit der allgemeinen Öffentlichkeit, z. B. mit Nachbarn, Journalisten, Verbänden und Vereinen? Für 63.000 Mitarbeiter, die bei B. Braun in 64 Ländern der Erde täglich millionenfach in Kontakt sind, gibt es als Antwort auf diese Fragen bei aller Unterschiedlichkeit der Kulturen ein gemeinsames Motto, eine gemeinsame Richtung. Und die lautet: „Sharing Expertise“. Zwei Worte, die seit 2003 beschreiben, worauf es uns ankommt: auf aktives Teilen, auf ein Aufeinanderzugehen, auf lebendigen Dialog. Ein Ziel ist allen Kollegen dabei gemeinsam: der Wille und der Anspruch, die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern und zu schützen. Könnte es eine schönere Daseinsberechtigung geben? Richtpfeiler für das Miteinander Innovation, Effizienz und Nachhaltigkeit sind die Werte, die unser Wirken bei B. Braun bestimmen. Von unseren Mitarbeitern wünschen wir uns, dass sie diese Werte täglich anhand unzähliger Beispiele belegen. Und sich täglich selbst überprüfen: Ist der Weg, den ich beschreite, modern, innovativ, „State of the Art“? Ist der Prozess, nach dem ich arbeite, effizient und effektiv? Ist das Ergebnis, an dem ich tüftele, nachhaltig, und habe ich sichergestellt, dass es mehr ist als eine „Eintagsfliege“? Beschrieben haben wir auch die Richtpfeiler unserer Zusammenarbeit, die von Vertrauen, Transparenz und Wertschätzung geprägt sein sollen. Hier versteht es sich von selbst, dass die persönliche Kommunikation die wichtigste und stärkste Rolle spielt, in Zeiten von Social Media stärker denn je. Seit fast 180 Jahren ist die B. Braun-Familie stetig gewachsen und umfasst mittlerweile über 60.000 Mitarbeiter. Da ist es immer wieder auch die Aufgabe der Unternehmenskommunikation, dafür zu sorgen, dass das Persönliche im Miteinander erhalten und der Charakter des Familienunternehmens spürbar bleibt. Sie unterstützt damit die Unternehmerfamilie und den Vorstand in ihrem Bestreben, die besondere Kultur bei B. Braun zu erhalten und zu fördern.
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Rolle der Führungskräfte Kommunikation im beschriebenen Sinne ist damit zunächst einmal Sache der Führungskräfte. Vertrauen in die Kompetenzen und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter, aktive und transparente Vermittlung von Informationen und wertschätzende Kommunikation können sich im Unternehmen nur durchsetzen, wenn die Vorgesetzten täglich beweisen, was wir mit „wertorientierter Führung“ bei B. Braun meinen. Hierzu bieten die Bereiche Corporate Communications und Corporate Human Resources Formate und Instrumente, die das Management auf allen Ebenen nutzen und anwenden kann. Neue Ideen werden öffentlich gemacht, damit andere davon lernen können. Ein Beispiel: Vorstandsmitglieder sind jederzeit per E-Mail und telefonisch erreichbar. Darüber hinaus bieten sie Mitarbeitern in unterschiedlichen Formaten Gelegenheit zum persönlichen Austausch und zur Diskussion. Egal, ob „Kamingespräch“, „Frühstücksrunde“ oder das spontane, zufällige Treffen und Gespräch im Betriebsrestaurant – Beispiele wie diese zeigen, dass es uns im Unternehmen wichtig ist, Chancen zum Austausch zu bieten und dass Hierarchien dabei keine Grenze bilden dürfen. Innovative Arbeitsformen Persönliche Kommunikation braucht Raum zur Entfaltung – auch im engeren Sinne. Vor gut 15 Jahren hat B. Braun mit dem „Bürokonzept 2010“ bereits innovative Arbeitsformen eingeführt. Offene Bürobereiche, flexible Arbeitsplätze sowie ein kreatives, hochwertiges Umfeld stellen sicher, dass sich Ideen, persönliche Gespräche und Kontakte entfalten können. In einer Befragung ein Jahr nach der Einführung des Konzeptes gaben 90 Prozent der Befragten an, dass sich die Kommunikation ihrer Ansicht nach verbessert hat. 80 Prozent stellten eine Optimierung des Informationsflusses fest. Das Bürokonzept hat sich bewährt, weil es Raum für Teamarbeit, Einzelarbeit, Besprechungen und spontane Abstimmungen bietet. Die Rolle der Führungskraft ist damit klar: Sie ist Teil des Teams und fördert den transparenten, wertschätzenden Austausch. Im Personalbereich sind wir derzeit mit großer Freude dabei, dieses Konzept in die Zukunft zu überführen und unsere Arbeitsformen weiter zu modernisieren. Teamübergreifende Zusammenarbeit „Wissen wächst, indem man es teilt“, ist eine Überzeugung, die bei B. Braun allen gemeinsam ist und die auch die Organisation unserer Arbeit beeinflusst. Corporate Communications und Corporate Human Resources verfolgen einen
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„Tasks and Teams“-Ansatz, der die Qualität und Kreativität der Arbeitsergebnisse erhöht. Der Gedanke: Für eine Aufgabe stellen wir das beste Team zusammen, unabhängig davon, wo wer im Organigramm angesiedelt ist oder war. Mitarbeiter mit verschiedenen Aufgabenbereichen und aus unterschiedlichen Hierarchiestufen arbeiten teamübergreifend zusammen. Zum Beispiel unterstützen Kollegen mit Event-Erfahrung bei der Planung von Fortbildungsveranstaltungen und können neue Impulse setzen. Ein Mitarbeiter aus dem Presseteam kann beim globalen Rollout der Website unterstützen und gleichzeitig Einblicke in neue, andere Tätigkeitsfelder gewinnen. So erhalten viele Kollegen die Möglichkeit, neben ihren originären Aufgaben ihre Kompetenzen in interdisziplinäre Projekte einzubringen und dabei über den eigenen Bereich hinaus Expertise zu erwerben. Persönliche Kommunikation ist nicht nur intern die stärkste Form der Informationsvermittlung, sondern auch ein starkes Instrument im Verhältnis zu unseren Kunden – Ärzten, Krankenhausmanagern und -apothekern, Pflegekräften und vielen anderen, die im Gesundheitswesen Verantwortung tragen. Zielgruppenspezifische Formate Zahlreiche Veranstaltungsformate wurden auf die jeweilige Bezugsgruppe „zugeschnitten“ und helfen, komplexe, erklärungsbedürftige Zusammenhänge deutlich zu machen, die durch andere Kommunikationsformen weniger gut dargestellt werden können. So analysiert das Management auf unserer jährlich stattfindenden „Bilanzpräsentation“ mit Kunden den aktuellen Medizinprodukte-Markt und diskutiert im Anschluss mit den Führungskräften die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Die Umsetzung von Veränderungsprozessen und andere themenbezogene Inhalte werden auf dem „Management Jour Fixe“ vorgestellt, zu dem alle Mitarbeiter eines Standorts eingeladen sind. Die Referententeams bestehen meist aus Fachabteilungen des Unternehmens oder sind externe Impulsgeber, z. B. aus der Medizin- oder Gesundheitsforschung. Kunden und Partner sowie Menschen aus Politik, Bildung und Gesellschaft laden wir zu Werkführungen ein, in denen wir meist im kleinen Kreis unsere „Brand Spaces“ vorstellen, Gesprächspartner zu den unterschiedlichsten Themen vermitteln und unser Werteverständnis, Therapiefelder und Produktionsprozesse erklären. Viele Besucher geben uns das Feedback, dass der Einblick in unsere Werkanlagen das Vertrauen in B. Braun stärkt und für das Thema Medizintechnik allgemein fasziniert. Diese Erfahrungen machen wir auch mit Medienvertretern, die uns besuchen. Gespräche mit Journalisten nutzen wir, um zu erklären, wie wir unsere Verantwortung als nachhaltiges Unternehmen und als großer Arbeitgeber in der Region Nordhessen verstehen.
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Dialog via Intranet Als Unternehmen, das den Dialog sucht und fördert, sind wir stolz auf unser „Social Intranet“, in dem Mitarbeiter die Gelegenheit haben, Informationen zu teilen und zu kommentieren. Wichtig ist es uns, Kanäle miteinander zu vernetzen und beispielsweise aus Veranstaltungen ins Intranet zu verlinken, LiveChats zu nutzen und persönliche Kommunikation über Reden oder Präsentationen durch Live-Elemente wie Votings zu unterstützen und noch lebendiger zu machen. Ein Beispiel, das zeigt: Auch bei der persönlichen Kommunikation geht es oft nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern um ein „Sowohl-alsauch“. Guidelines für die Grenzen der Erreichbarkeit Kommunikation über mehrere Kanäle führt schnell zu einem „immer online“ und damit auch dazu, dass in einer Besprechung mobile Geräte automatisch mit von der Partie sind. Die dadurch entstehende Parallelkommunikation schränkt die Aufmerksamkeit ein. Das B. Braun-Management hat hier 2016 ein Signal gesetzt: „Digital Devices“ werden in den Vorstandssitzungen nur noch in klar definierten Zeitfenstern genutzt. Dies ist eine Handlungsempfehlung an alle Mitarbeiter, für die wir natürlich auch über Guidelines zum Thema Erreichbarkeit verfügen und klar formulieren, was wir als Unternehmen erwarten – und was auch nicht. Face-to-Face wird wichtiger Die großen Kommunikationstrends zeigen für mich ganz klar: Persönliche Kommunikation wird an Bedeutung gewinnen. Inhalte werden immer erklärungsbedürftiger, in ihrer Aufbereitung gleichzeitig emotionaler und mit Geschichten erzählt. Die Face-to-Face-Kommunikation bietet die Chance dazu, mit den Bezugsgruppen ins Gespräch zu kommen. Wir können Informationen und Botschaften aktiv vermitteln und sehen und spüren, wie sie aufgenommen werden. Sie werden nicht nur gelesen, sondern gehört, in oft starken Bildern betrachtet und durch Nachfragen verinnerlicht. Das ist eine Kommunikationseffizienz, die andere Kanäle nicht bieten können. Egal, auf welchem Wege wir unsere Botschaften an die Frau oder den Mann bringen: Wir brauchen Mitarbeiter und Kollegen, die Interessantes von Unwichtigem unterscheiden können, die präzise und allgemein verständlich formulieren und nicht nur den Verstand, sondern auch die Herzen der Mitarbeiter und Kunden erreichen. Wir brauchen Teamarbeiter, die mit kreativen Ideen Bewährtes weiterentwickeln und neue Ideen in die Tat umsetzen. Diesen
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Mitarbeitern und Kollegen im B. Braun-Team widme ich diesen Artikel und freue mich auf viele weitere Aufgaben mit unserem gemeinsamen Ziel: die Gesundheit von Menschen zu schützen und zu verbessern.
7. Unternehmenskommunikation – Koordinaten für die Zukunft
In diesem Kapitel werden Schlussfolgerungen aus den vorgestellten Befunden gezogen mit Blick auf die Frage: Wohin geht die Reise in der Unternehmenskommunikation? Welche Vorgehensweisen werden wichtiger? Welche Kommunikationswege werden bevorzugt? Kapitel 7.1 stellt vor, welche strategischen Grundkoordinaten sich für die Bereiche Unternehmenskommunikation auf ihrem Weg in die Zukunft ändern. Kapitel 7.2 wagt einen kurzen Blick in die nahe Zukunft auf der Basis der Erfahrungen bzw. Einschätzungen der Top500-Unternehmen. Kapitel 7.3 gibt kurze Antworten auf aktuelle Fragen des Kommunikationsmanagements in einer digitalisierten Welt. 7.1 Die strategische Grundausrichtung ändert sich Wohin steuert die Unternehmenskommunikation und das Content Management? Auf welche Kommunikationswege werden strategische Schwerpunkte gesetzt? Welcher Kurs wird eingeschlagen? Geht man von den Ergebnissen der TOPKOM-Umfragen in den letzten zwei Jahrzehnten (Mast 2011; 2013; 2016a; 2017c; Mast und Simtion 2016; Mast und Spachmann 2019) aus, so ist die strategische Grundausrichtung für den Weg in die Zukunft eindeutig (Mast 2017c, 2019). Wichtiger werden die „Inside-out“-Perspektive in der Kommunikationsplanung und damit die Mitarbeiter- und Führungskräftekommunikation sowie eine klare Ausrichtung der Strategie auf Themen, Botschaften, Argumente und Aussagen, die überzeugen und ankommen. Man kann es auf die Formel bringen: Was wollen wir sagen? Erstens: Der Bedeutungsgehalt der Inhalte („WAS“) wird ausschlaggebend, ihre Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Mit leeren Rhetorikfloskeln oder Buzzwords kommen die Unternehmen nicht mehr weiter. Zweitens: Wichtige Kommunikatoren sind nicht mehr nur die Pressesprecher und PR-Profis, sondern die Führungskräfte und Mitarbeiter („WIR“) gestalten die Kommunikation aktiv. Die Rolle und die Aufgaben der Kommunikationsabteilungen ändern sich. Kein Wunder, dass der Umbau in den Kommunikationsabteilungen wie auch die flankierenden – meist intern durchgeführten – Weiterbildungsmaßnahmen für die Kommunikationsteams im vollen Gange sind. Viele Aufgaben, die in den sich wandelnden Kommunikationslandschaften anfallen, stufen die befragten Kommunikationsprofis der Top-500-Unter© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6_7
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nehmen mehrheitlich als eher leicht zu bewältigen ein: z. B. Anfragen von Journalisten beantworten, Schwerpunktthemen planen, kritische Themen erkennen oder Kompliziertes den Zielgruppen verständlich machen. Auf diesen Handlungsfeldern haben die Unternehmenskommunikatoren Erfahrungen und Kompetenzen angesammelt. Das ist ihre „alte“ Welt. Ihre Einschätzung ändert sich jedoch gravierend, wenn es um Aufgaben im Content Management geht (vgl. Kap. 4.5.1), das sich zum übergreifenden, zentralen Ansatz im strategischen Kommunikationsmanagement in Theorie und Praxis entwickelt. Das ist die „neue“ Welt, die es noch gilt, zu erobern. Woher wollen die Unternehmen z. B. all die attraktiven Inhalte nehmen, die sie über die immer zahlreicheren Kanäle verbreiten? Die Produktionskapazitäten der Kommunikationsteams sind – auch wenn sie freie Autoren hinzuziehen – angesichts der wirtschaftlichen Restriktionen begrenzt. Die Unternehmenskommunikation der Zukunft ist daher darauf angewiesen, dass andere – Mitarbeiter, Führungskräfte, Kunden, Experten u. a. – ihnen Inhalte zuliefern. Ohne „User-generated content“ wird es nicht gehen. Aber genau in diesem Punkt bekennen die befragten Unternehmen, dass sie enorme Probleme in der Praxis haben. Als schwierige Aufgabe sehen es Dreiviertel der Befragten an, die Führungskräfte und Mitarbeiter zu motivieren, dass diese selbst Inhalte für die diversen Kanäle und Plattformen erstellen. Gleiches gilt für die externen Stakeholder, vor allem die Kunden (vgl. Kap. 4.5.1). Die befragten Top-500-Unternehmen sprechen offen an, dass für sie die Formulierung von übergreifenden Strategien für die vielen Themen keineswegs einfach ist. Im Gegenteil: Die Entwicklung einer Content-Strategie ist in ihren Augen ausgesprochen mühsam, denn sie muss unterschiedliche Ziele gleichzeitig erfassen – die Anbindung an die Unternehmens- und Geschäftsstrategie, eine Struktur für die Vielfalt der Themen und eine weitgehende Einbindung der wichtigsten Funktionsbereiche wie Unternehmenskommunikation, Personal, Marketing und zunehmend auch IT. „Content Marketing“ oder Content Management als Schlagworte sind in aller Munde. Wenn einzelne Unternehmen Corporate Newsrooms nach dem Vorbild von Medienredaktionen etablieren, finden diese Projekte in der Fachöffentlichkeit große Beachtung. Meist sind es große Firmen wie Siemens, Daimler, Telekom oder Microsoft, die diese neuen Formen der ContentProduktion erproben. Sehr viele Firmen machen sich angesichts der begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen aber durchaus Sorgen, woher sie den attraktiven und medienspezifisch aufbereiteten Content bekommen. Der Inhalt dessen, was gesagt wird, steht ganz im Vordergrund der verschiedenen Formen und Formate der „Face-to-Face“-Kommunikation, die die Unternehmenskommunikatoren (mit-)gestalten. Auf diesem Aufgabenfeld aber haben die professionellen Kommunikatoren (bislang) noch kaum Erfah-
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rungen gesammelt oder spezielle Kompetenzen aufgebaut. Dennoch: Mitarbeiter und Führungskräfte legen gerade auf diesen Kommunikationsweg besonders Gewicht (Mast und Spachmann 2019; Mast und Stehle 2015). Kein Wunder, dass das Management von persönlichen Kommunikationsformen und formaten von knapp der Hälfte der Top-500-Unternehmen in der praktischen Umsetzung als besonders schwierig eingestuft wird (vgl. Kap. 4.5.1). Möglicherweise wird es sogar gemieden, denn viele Kommunikatoren denken in erster Linie an Medienprojekte, wenn sie die Kommunikation in ihren Unternehmen verbessern wollen. Die professionellen Kommunikatoren wissen: Was die Mitarbeiter oder Kunden bereits aus den Online-Medien kennen, wollen sie in einer Veranstaltung des Unternehmens nicht nochmals hören. Sie haben klare Erwartungen an die Konkretheit von Aussagen, den Ablauf von Diskussionen oder Austauschprozessen und die Einstellung derer, die sprechen (vgl. Kap. 5; Mast und Stehle 2015). Die persönliche Kommunikation als Aktionsfeld zu organisieren und zu optimieren, ist deswegen für Unternehmenskommunikatoren ein schwieriges und ungewohntes Terrain gleichermaßen – letztlich weit schwieriger als die mediale interne oder externe Kommunikation. Aber auf diesem Feld fällt möglicherweise die Entscheidung, welche Rolle und welchen Einfluss die Unternehmenskommunikation in Zukunft haben wird. Die Reise der Unternehmenskommunikation ist geprägt von zunehmenden Unsicherheiten, steigenden Medien- und Kommunikationsrisiken und neuen Kommunikationswegen, die es zu beachten und gegebenenfalls mit Inhalt zu versorgen gilt. Das heißt: der Aktionsradius sowie das Aufgabenspektrum in der Unternehmenskommunikation wachsen, wohingegen die personellen und finanziellen Ressourcen begrenzt bleiben. Aus dieser Perspektive ist eine Strategie des „Weiter-So“ ebenso gefährlich wie der Versuch, all diese Möglichkeiten – zumindest ein wenig – auszuprobieren. Das führt zu einem Verzetteln und die Unternehmen schaffen es dann auf keinem Feld mehr, die Aufmerksamkeitsschwelle zu durchbrechen. Grundlegende Entscheidungen im Management der Kommunikation sind unvermeidbar (vgl. Kap. 3). Die Kommunikationsverantwortlichen in den Firmen brauchen einen Kompass für ihren Weg in die Zukunft und Koordinaten für die täglichen Entscheidungen. Die strategischen Koordinaten ändern sich, wie in diesem Buch beschrieben. Allerdings fordern diese Veränderungen das Denken und Handeln der Kommunikationsprofis ebenso heraus wie die Prozesse und Abläufe in den Organisationsstrukturen, die in den Unternehmen gegebenenfalls überdacht und geändert werden müssen. Welches sind die strategischen Grundkoordinaten, die nach unseren Analysen in die Zukunft führen können (s. Abb. 72)? Sie beziehen sich auf einen Richtungswechsel in grundlegenden Fragen, z. B. der Ausrichtung von Kom-
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munikationsstrategien oder im Selbst- und Aufgabenverständnis der Bereiche Unternehmenskommunikation wie auch bei speziellen Schwerpunktsetzungen der Vorgehensweisen und Kommunikationswege (Mast 2019, S. 529ff.). Abb. 72: Die strategischen Grundkoordinaten ändern sich
Quelle: eigene Darstellung.
1. Von der Nachrichtenvermittlung zur Antizipation von Themeninteressen und Erwartungen der Stakeholder Ausgangspunkt von Themenstrategien war bisher häufig die reine Nachrichtenübermittlung: Was ist im Unternehmen geschehen? Welche neuen Produkte gibt es? Was hat sich geändert? Mit dieser Haltung konnten Unternehmen lange Zeit die Medienberichterstattung beeinflussen. Ein Unternehmen überlegte, welche Nachrichten können wir heute veröffentlichen? Die Firmen verkündeten Neuigkeiten und die Journalisten berichteten darüber. Ein deutliches Indiz dafür, dass die Zeit der Verkündigung von Unternehmensnachrichten vorbei
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ist, sind schlecht besuchte Pressekonferenzen oder Pressemitteilungen, die in den Redaktionen immer weniger beachtet werden. Dafür werden die Themeninteressen und Medienpräferenzen der Stakeholder wichtiger. Nur wenn die Firmen deren Aufmerksamkeit finden, wird ihr Content beachtet. Um z. B. die für die Wirtschaft so wichtige Generation Z (1995 und später Geborene) zu erreichen, haben die Firmen in einer Ansprachesituation meist nur wenige Sekunden Zeit. Denn diese Generation entscheidet blitzschnell, ob es sich für sie lohnt, einer Information auf den Smartphones Aufmerksamkeit zu schenken oder nicht. Wenn es also um einen Wettbewerb geht, wer die Aufmerksamkeit von Stakeholdern gewinnen kann, dann wird das Wissen um die Themeninteressen der Stakeholder genauso erfolgskritisch wie die Kenntnis der Medienpräferenzen. Über welche Kommunikationswege und auf welche Weise wollen die Stakeholder angesprochen werden? 2. Von der klassischen Medienarbeit zur Fokussierung auf neue Gatekeeper und Multiplikatoren Journalisten z. B. der Fach- und Wirtschaftspresse sowie der regionalen und internationalen Redaktionen bleiben für viele Unternehmen weiterhin wichtig, wenngleich sie ihr Augenmerk auch auf andere Felder legen. Sie laden z. B. Blogger zu Pressekonferenzen ein oder betreiben spezielle Blogger Relations. Die Firmen agieren in einem Spannungsfeld zwischen internen Multiplikatoren wie Mitarbeitern und Führungskräften sowie den externen Gatekeepern und Meinungsbildnern wie Journalisten, Bloggern und anderen Influencern. Dabei ist unübersehbar, wie sich die Gewichtsverhältnisse verlagern – vom Journalismus hin zu einem Set an internen und externen Meinungsbildnern. Die klassische Medienarbeit wird zwar von den meisten Unternehmen weiterhin betrieben, aber andere Kommunikationswege, z. B. die eigenen Medien werden energisch ausgebaut und erreichen bereits heute schon wichtige Stakeholdergruppen (Mast 2019, S. 376f.; 2016b, S. 365f.). Das führt langfristig betrachtet zu einem Bedeutungsverlust der klassischen Medienarbeit im Kommunikationsmix der Firmen. 3. Von der Medien- zur Contentorientierung im Denken und Handeln der Unternehmenskommunikatoren Die enorme Ausdehnung der medialen Möglichkeiten und der schnelle Wandel in den Kommunikationslandschaften machen es für die Unternehmenskommunikation unmöglich, ihren Weg aus der Vergangenheit einfach so weiterzugehen. Einzelne Kommunikationswege können ebenso wenig mehr am
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Ausgangspunkt von Kommunikationskonzepten stehen wie isolierte Teams, die nur für einzelne Medien arbeiten – nach dem Motto: Mit welchen Themen füllen wir dieses Mal die Ausgabe der Mitarbeiterzeitschrift? Doppelarbeit prägte in der Vergangenheit häufig die Themenfindung und Recherche in den Unternehmen. Und die Mehrfachverwertung von vorhandenen Inhalten war meist kaum möglich. Es geht nun darum, das medienspezifische Denken und Handeln der Vergangenheit zu überwinden und sich dafür auf die Inhalte zu konzentrieren – darauf, was ein Unternehmen sagen will. Die Ausrichtung der täglichen Kommunikation auf das Content Management als Prozess bringt Flexibilität und stellt die Themen an den Anfang der Überlegungen. Erst dann wird die Frage beantwortet, über welche Kanäle sie verteilt werden. Dieser Wechsel der Koordinaten ist eine Antwort der Unternehmenskommunikation auf den schnellen Medienwandel, das veränderte Kommunikationsverhalten der Stakeholder und auf die Anforderungen der Wirtschaftlichkeit. 4. Von der Konzentration auf die Mediengestaltung zur Einbeziehung der persönlichen Kommunikation Die Aufgaben der Unternehmenskommunikation erweitern sich. Im Herzen fühlen sich heute noch viele Kommunikationsverantwortliche vorrangig als „Medienprofis“, die wissen, wie man mit den verschiedenen Kanälen – auch mit den Social Media – umgehen und sie gestalten kann. Aber auch schon in der Vergangenheit wurden sie als „Changemanager“ gebraucht, die Probleme im Unternehmenswandel lösen und vor allem als „Krisenmanager“, die sich auch bei gravierenden Reputationskrisen bewähren. Heute sind die Unternehmenskommunikatoren in erster Linie als „Kommunikationsmanager“ gefragt – im Sinne des Wortes. Das heißt als Experten, die die Kommunikationsabläufe im Unternehmen als Ganzes analysieren und verbessern, sich auch mit der Kommunikationspraxis der Führungskräfte beschäftigen und in der Lage sind, attraktive Formen und Formate der persönlichen Kommunikation zu gestalten – von Führungskräftemeetings über dialogorientierte Mitarbeiterveranstaltungen oder nützliche Journalisten-Workshops bis hin zu spannenden Kundeneinladungen. Unternehmenskommunikation ist jedenfalls heute mehr als das Bespielen der (digitalen) Medienkanäle. Sie muss sich aus der Fokussierung auf die Medienkommunikation lösen und bereit wie auch fähig sein, das Kommunikationsfeld des Face-to-Face-Austausches in ihre Managementüberlegungen einzubeziehen. Denn für viele Stakeholder wird die persönliche Kommunikation wichtiger.
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5. Vom Silo-Denken zur Zusammenarbeit mit anderen Bereichen Jeder für sich – war lange Zeit die Devise in vielen Unternehmen, zumal die Beziehungen zwischen Unternehmenskommunikation und Marketing oft spannungsreich sind. Spätestens mit der Arbeitgeberkommunikation bilden sich vielerorts intensive Beziehungen zwischen den Bereichen Personal und Unternehmenskommunikation, zum Teil unter Einbeziehung des Marketings (Mast und Simtion 2016). Der neue strategische Ansatz des Content Managements und des Managements der Kommunikationswege aber ist nur sinnvoll, wenn möglichst alle Bereiche zusammenarbeiten, damit sowohl Doppelstrukturen wie auch Doppelarbeit entfallen. Außerdem machen es die Herausforderungen durch den Medienwandel und das veränderte Kommunikationsverhalten der Zielgruppen notwendig, dass alle Kräfte an einem Strang ziehen, um das Unternehmen durch die Turbulenzen in der Öffentlichkeit und die Gefahren für die Reputation zu steuern. Neue Organisationsformen, vor allem neue Formen der Zusammenarbeit, sind zukunftsentscheidend geworden. Wenn umfassende Content-Strategien in den Unternehmen formuliert werden, ist das meist auch die Grundlage für bereichsübergreifende Formen der Zusammenarbeit. Ein solch kooperatives Vorgehen der Kommunikationsbereiche in den Unternehmen stärkt erfahrungsgemäß auch die interne Akzeptanz, insbesondere bei der Unternehmensleitung und den Aufsichtsgremien. 7.2 Ein schneller Blick nach vorne „Wenn man ständig das Wesentliche dem Dringlichen opfert, vergisst man die Dringlichkeit des Wesentlichen“, mahnt der französische Philosoph Edgar Morin. Die Verantwortlichen für Kommunikation sollten – trotz der vielen drängenden Entscheidungsfragen im Alltag – erkennen, dass sich die Koordinaten für ihre Arbeit ändern und somit die Ausgangspunkte für ihre Überlegungen und Entscheidungen. Die Unternehmenskommunikation wird durch die Zunahme der Medienkanäle auf jeden Fall bunter und vielfältiger. Diese Kanäle aber müssen gefüllt werden, was vielen Firmen bereits jetzt Probleme bereitet. Die Kommunikationsarbeit bewegt sich zwischen internen und externen Meinungsbildnern, die – jeder für sich – durchaus das Kommunikationsgeschehen maßgeblich beeinflussen. Dabei wird die Praxis der Führungskommunikation zum Dreh- und Angelpunkt, ob die Kommunikation im Innern der Unternehmen gelingt (vgl. Kap. 4.5.2). Die Manager entscheiden mit ihrem Kommunikationsverhalten also maßgeblich über den Erfolg der Arbeit von
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Unternehmenskommunikatoren, werden aber bislang von vielen Firmen noch wenig in ihrer Kommunikationsfunktion gegenüber den Mitarbeitern unterstützt. Weit über 60 Prozent der Top-500-Unternehmen stufen die Journalisten bereits als Risikofaktor ein (vgl. Kap. 4.5.2). Die Stellung der klassischen Medienarbeit im Kommunikationsmix ändert sich in vielen Firmen. Wenn die ergebnisoffene Recherche in der Praxis abnimmt und die Journalisten zunehmend thesengeleitet vorgehen, geraten die Kommunikationsbereiche zudem in ein unangenehmes Spannungsfeld zwischen den internen Kommunikatoren Mitarbeitern und Führungskräften auf der einen Seite und den externen Kommunikatoren Journalisten und Bloggern auf der anderen Seite. Hinzu kommt, dass Empörungswellen jederzeit in den Social Media ausbrechen können und auch in die klassischen Medien vordringen. Ein Posting eines verärgerten Kunden kann auf diese Weise die Reputation von Unternehmen gefährden. Und die Bereiche für Unternehmenskommunikation können solche Krisen meist nicht verhindern und kaum beeinflussen. Sie suchen nach Auswegen und finden sie meist in den eigenen Medien – von der Website, über YouTube-Kanäle oder andere Angebote –, die sie selbst initiieren und gestalten können. Kein Wunder, dass fast 40 Prozent der Top-500-Firmen daher sagen, dass sie künftig hauptsächlich über die eigenen Kanäle („owned media“) mit den Stakeholdern kommunizieren wollen (vgl. Kap. 4.6.1). Für sie verlieren Presse und Rundfunk dann endgültig an Bedeutung. Auch wenn nur knapp 30 Prozent der befragten Kommunikationsverantwortlichen glauben, dass das Marketing als Sieger aus den internen Machtkämpfen hervorgehen wird und die Verantwortung über die Unternehmenskommunikation bekommt (vgl. Kap. 4.5.2) – in einem Punkt ist die Zustimmung groß: Etwa die Hälfte der Top-500-Unternehmen geht davon aus, dass es die Unternehmenskommunikation künftig schwerer haben wird, weil die Ressourcenkämpfe im Unternehmen härter werden. Technische Einflüsse wie Bots und Algorithmen werden zwar von den Kommunikationsprofis wahrgenommen, werden aber noch nicht als besondere Herausforderung eingestuft. Wohin führt die Reise in der Unternehmenskommunikation? Die zentralen Trends im Kommunikationsmix sind schon heute sichtbar. Ebenso deutlich erkennbar sind die Koordinaten für die praktische Kommunikationsarbeit, die sich ändern und neue Strategien, Abläufe und Prozesse, aber auch neue Formen des Selbstverständnisses in der Unternehmenskommunikation anstoßen. Die Kommunikationsbereiche haben ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg in die Zukunft erreicht, wenn es ihnen gelingt, die Führungskräfte und Mitarbeiter als Botschafter zu gewinnen und ihr Kommunikationsverhalten zu beeinflussen.
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Ein weiteres, wichtiges Etappenziel sind die Formen und Formate der persönlichen Kommunikation, die in den digitalisierten Arbeitswelten generell an Einfluss gewinnen. Bei strategischen oder kritischen Themen, bei Prozessen der Veränderung und bei Themen mit gravierenden Auswirkungen für Stakeholder sind sie ohnehin gänzlich unerlässlich. Angesichts der tief greifenden Veränderungen und der Schnelligkeit des Wandels in der Unternehmenskommunikation kommt es vor allem auf Kooperation und Bündelung der Kräfte an. Denn richtig zukunftsfest werden die Bereiche für Unternehmenskommunikation erst, wenn sie ihre Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie Marketing, Personal, Vertrieb und IT selbstbewusst einbringen und zu neuen Formen der internen Zusammenarbeit finden. Es geht schließlich um ein effizientes Content Management, das überzeugende Inhalte generiert, und um ein sensibles Management der Kommunikationswege, das die Interessen und Präferenzen der Stakeholder in den Mittelpunkt stellt. Kein Zweifel: Das strategische Kommunikationsmanagement steht angesichts der Ausbreitung der digitalen Netzmedien sowie der voranschreitenden Medialisierung erster und zweiter Ordnung vor weitreichenden Herausforderungen. Die in diesem Buch präsentierten theoretischen Analysen und empirischen Studien – allen voran die TOPKOM-Befragungen – zeigen, in welche Richtung sich das Kommunikationsmanagement bewegt. Die aktuellen Entwicklungen und Diskussionen im Forschungs- und Praxisfeld lassen sich abschließend an drei ausgewählten Fragen festmachen: Wie bringt sich das strategische Kommunikationsmanagement in die Netzwerke der Menschen ein? Welche Rolle spielt die persönliche Kommunikation – wird Face-to-Face wichtiger? Ist Content Management nur ein neuer Hype oder eine überfällige Korrektur des strategischen Kommunikationsmanagements? 7.3 Drei Fragen – drei Antworten Wie bringt sich das strategische Kommunikationsmanagement in die Netzwerke der Menschen ein? Das strategische Kommunikationsmanagement verstanden als PR spricht die Menschen in unterschiedlichen Rollen – insbesondere als Mitarbeiter, Verbraucher, Bürger und Anwohner – und in den damit verbundenen Situationen an. Ziel ist es, mit überzeugenden Inhalten längerfristige Beziehungen, Vertrauen und Reputation aufzubauen (Mast 2019, S. 56). Diese grundsätzliche Orientierung ist auch ein wichtiger Unterschied gegenüber dem Marketing.
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Für das Kommunikationsmanagement ist deshalb neben der Öffentlichkeit und der Medienwelt auch die Lebenswelt der Menschen ein wichtiger Ausgangspunkt bei den strategischen Überlegungen rund um die Stakeholderansprache. Die Menschen sind aufgrund ihrer Kommunikationsbeziehungen zu anderen Akteuren, allen voran zu Personen in ihrem familiären und beruflichen Umfeld, Organisationen und Institutionen etc., in Kommunikationsnetzwerke eingebunden. Innerhalb der Netzwerken wiederum entscheiden die beteiligten Akteure über die Zusammensetzung der Kommunikationspartner, die Inhalte und den Zeitpunkt der Kommunikation. Die Chance für das strategische Kommunikationsmanagement besteht darin, Akteure innerhalb der unterschiedlichen Kommunikationsnetzwerke zu identifizieren und sie zu Multiplikatoren von Themen zu machen, für die das Unternehmen steht. In ausgewählten Netzwerke bringen sich Unternehmen bzw. die entsprechenden Kommunikatoren wie CEOs, Vorstände bzw. Geschäftsführer, Fachexperten oder Mitarbeiter außerdem selbst mit ihren Themen und Botschaften ein. Durch die Ausbreitung der digitalen Netzmedien und unter den Bedingungen der Medialisierung zweiter Ordnung gibt es für die Ansprache von Multiplikatoren ebenso wie für die eigene Kommunikation in Netzwerken zahlreiche Möglichkeiten und Ansatzpunkte. Auf Portalen, Weblogs und den sozialen Netzwerk-Plattformen sowie über die Messenger-Dienste werden Kommunikationsnetze und einzelne Kommunikationsbeziehungen sichtbar. Anders als in der analogen Welt bekommen die Unternehmenskommunikatoren darauf potenziell Zugriff – entweder, indem sie selbst Teil eines Netzwerks werden oder, indem sie entsprechende Vermarktungsmodelle der Anbieter in Anspruch nehmen. Dabei können professionelle oder zumindest herausgehobene Multiplikatoren wie Blogger oder Influencer, z. B. auf YouTube und Instagram, angesprochen werden, aber auch Nutzerinnen und Nutzer, die in den sozialen Medien aktiv sind und dort über Follower verfügen. Welcher Modus der Kommunikation ist jedoch angemessen, wenn das strategische Kommunikationsmanagement in den digitalen Netzwerken aktiv ist? Neben dem aus den klassischen Massenmedien bekannten Publizieren – also dem Verbreiten von standardisierten Inhalten an größere Nutzergruppen – gibt es in der Netzkommunikation weitere Möglichkeiten. Allen voran können Unternehmen mit den Nutzern in den Dialog treten und sich austauschen. Die Frage, welche Kommunikationsmodus in einem digitalen Netzwerk angemessen ist, hängt neben den verfolgten Kommunikationszielen von den Erwartungen der Nutzer, der Beschaffenheit des Themas und den Rahmenbedingungen der Situation ab. Klar ist jedenfalls: Unternehmen und Unternehmenskommunikation können in den digitalen Netzwerken der Menschen ganz unterschied-
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liche Rollen einnehmen – noch ist eine standardisierte oder gar ideale Vorgehensweise für die Unternehmenskommunikation kaum zu erkennen. Die TOPKOM-Befragungen zeigen, dass sich Unternehmen allen voran bei unternehmens- und portfoliobezogenen Inhalten leichttun, ihre entsprechenden Themen zu kommunizieren (vgl. Kap. 4.2.1) und dabei vor allem gerne ihre eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte als Multiplikatoren einsetzen (vgl. Kap. 4.6.1; Mast 2017c, S. 74). Denn zwar steigt auch die Bedeutung von Influencern und Journalisten (von Online-Medien) den Einschätzungen der befragten Kommunikationsexperten zufolge künftig an, doch sind vor allem Blogger und Influencer sehr viel schwieriger in ihrer Kommunikation planund steuerbar (vgl. Kap. 4.6.1). Die Glaubwürdigkeit der Aussagen sowie die Wirkung der zweistufigen Kommunikation, die die befragten Kommunikationsexperten den Multiplikatoren bzw. deren Kommunikationsleistungen attestieren, sprechen wiederum eindeutig für den strategischen Einsatz von Multiplikatoren in der Kommunikation. Dabei sind die Bereiche Unternehmenskommunikation bei ihrem Themenmanagement auf Zulieferungen der Fachbereiche angewiesen. Allen voran das Top-Management und die Führungskräfte sind für nahezu alle befragten Unternehmen wichtige Sparring-Partner bei der Themensuche. Die Bereiche Marketing, Vertrieb und Human Resources sind in rund sieben von zehn Firmen zumindest gelegentliche Themenlieferanten (vgl. Kap. 4.4.1). Dies zeigt, wie wichtig in der digitalen Kommunikation die Zusammenarbeit des Kommunikationsmanagements mit den verschiedenen Fachbereichen im Unternehmen ist. Wenn es um die Netzwerk-Kommunikation geht, stellt gerade auch die Aufbereitung der Themen eine Herausforderung dar und ist für die Unternehmenskommunikatoren eine schwierig umzusetzende Aufgabe (vgl. Kap. 4.4.2). Menschen erleben ihre Umwelt subjektiv. Das Erlebte verarbeiten sie in Form von Erzählungen und auch in der Alltagskommunikation spielen Geschichten bzw. Erzählungen eine wichtige Rolle. Um die Stakeholder in ihrer Lebenswelt zu erreichen, sind deshalb narratives Denken und die entsprechenden Kommunikationstechniken wichtig. Das Storytelling als Kommunikationstechnik gehört zu den Top-10-Vorhaben der letzten drei TOPKOMBefragungen (vgl. Kap. 4.1.1). Damit rücken Daten und Fakten bei der Themenvermittlung in den Hintergrund, während Handlungszusammenhänge und Erklärungen bzw. Ursachen als für Geschichten typische Elemente bei der Stakeholderansprache wichtiger werden.
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Welche Rolle spielt die persönliche Kommunikation – wird Face-to-Face wichtiger? Das strategische Kommunikationsmanagement kann die ganze Bandbreite von medialer bis zu interpersonaler Kommunikation nutzen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Häufig kommuniziert es über Medien mit der Öffentlichkeit oder mit größeren Gruppen. Dann spielt sich die Kommunikation über räumliche und zeitliche Distanzen ab und verwendet standardisierte Inhalte. Aber auch Dialog und direkter Austausch mit Stakeholdern spielen eine Rolle. Neben der entscheidungsvorbereitenden Kommunikation und dem Beziehungsmanagement mit Multiplikatoren ist dies vor allem in Situationen der Fall, bei denen die Themen komplex und erklärungsbedürftig sind oder es um einen Interessenausgleich geht. Das Kommunikationsmanagement kann dann selbst in den Austausch mit den Stakeholdern treten oder es nutzt dafür Unternehmensvertreter als Kommunikatoren und organisiert entsprechende Kommunikationsformate, die sie kommunikationsstrategisch steuert. Hinzu kommt die Möglichkeit, den Austausch innerhalb der Stakeholder – also zwischen Nutzerinnen und Nutzern – zu initiieren und zu fördern. Die Analyse des Medienwandels im ersten Teil des vorliegenden Buchs hat gezeigt: Die Medialisierung der Individualkommunikation und die zunehmende Verschmelzung zwischen Massen- und Individualkommunikation in den digitalen Netzwerken sorgen für veränderte Bedingungen. Für das strategische Kommunikationsmanagement eröffnen sich zahlreiche Möglichkeiten, wenn es um den Einsatz von Face-to-Face und persönlicher Kommunikation geht. Dies gilt sowohl für die externe Kommunikation als insbesondere auch für die Ansprache interner Stakeholder. Dabei gibt es viele unterschiedliche Erscheinungsformen und Einsatzmöglichkeiten der persönlichen Kommunikation: Das Kommunikationsmanagement kann auf verschiedene Formate der Faceto-Face-Kommunikation zurückgreifen, die im „1-zu-1“-Austausch stattfinden, an eine kleinere Gruppe oder ein größeres Plenum gerichtet sind. Zudem kann Live-Kommunikation auch (zusätzlich) über digitale Medien stattfinden bzw. über Medien vor- und nachbereitet werden. Die empirischen Studien ebenso wie die Gastbeiträge der Kommunikationsverantwortlichen belegen die große Bedeutung der persönlichen Kommunikation im Kommunikationsmanagement. Einsatzschwerpunkt der Face-toFace-Kommunikation von Unternehmen ist vor allem die interne Kommunikation des Top-Managements mit den Führungskräften, der Führungskräfte untereinander sowie der Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern. Hier dominieren Formate wie die „Business Conference“ (d. h. alle Führungskräfte versammeln sich), „Business Breakfast/Lunch“ (d. h. wenige Führungskräfte oder Mitarbeiter treffen sich mit der Unternehmensleitung), das sog. „Town Hall Mee-
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ting“ (d. h. die Versammlung aller Mitarbeiter und Führungskräfte) sowie informelle Meetings (d. h. Treffen einiger Führungskräfte oder Mitarbeiter vor einem wichtigen Termin; Mast 2019, S. 169). Die Vielfalt von Formaten der persönlichen Kommunikation ist in der Binnenkommunikation der Unternehmen am größten. In der externen Unternehmenskommunikation werden vergleichsweise wenige entsprechende Formate regelmäßig eingesetzt. Face-to-Face-Formen sind in erster Linie bei Journalisten als Multiplikatoren zu finden (z. B. Pressekonferenzen, Hintergrundgespräche, Interviewtermine oder Besichtigungen bzw. Werksführungen), aber auch bei Stakeholdern wie Anwohnern/Nachbarn, Gewerkschaften oder beim Dialog mit den NGOs. Als übergeordnetes Ziel persönlicher Kommunikationsformate bzw. explizit Face-to-Face-basierter Formen nennen die in der Studie zu persönlicher Kommunikation befragten Unternehmenskommunikatoren mehrheitlich Vertrauen (vgl. Kap. 5.1.2). Im Hinblick auf die Kommunikation nach innen, in ein Unternehmen hinein, unterscheiden die Befragten weitere Ziele der persönlichen Kommunikation. So sollen Mitarbeiter durch „Face-to-Face“Kommunikation intensiver beteiligt und motiviert werden. Den Ergebnissen der Befragung unter den Kommunikatoren zufolge sind „Face-to-Face“Formate im Unternehmen vor allem an die Stakeholdergruppe der Führungskräfte gerichtet (vgl. Kap. 5.1.3). Aus der TOPKOM-Umfrage 2018 kann ergänzend angeführt werden, dass allen voran Veranstaltungen zum Austausch der Führungskräfte untereinander, Informationsveranstaltungen, individuelle Beratungen und organisierte Treffen wie „Business Lunches“ durch die Bereiche Unternehmenskommunikation geplant und begleitet werden (vgl. Kap. 4.6.2). Den Einschätzungen von Führungskräften deutscher Unternehmen zufolge, die im Rahmen einer repräsentativen Umfrage befragt wurden, werden vor allem Gespräche – mit ihren Mitarbeitern, anderen Führungskräften sowie den direkten Vorgesetzen – künftig wichtiger (vgl. Kap. 5.2.1). Insgesamt werden Wünsche nach Austauschformaten laut, während monologartige Vortragsveranstaltungen weniger beliebt sind (vgl. Kap. 5.2.2). Für Mitarbeiter in Unternehmen ist wichtig, dass Face-to-Face-Formate mit dem Top-Management ihnen einen umfassenden Eindruck von den am Gespräch beteiligten Vorständen ermöglichen und sie außerdem ihre eigenen Ideen und Vorschläge einbringen können (vgl. Kap. 5.3.1). Gerade diese beiden Aspekte – dass die Persönlichkeit der Kommunikatoren erlebbar wird und die Teilnehmer eigene Themen ansprechen können – sind es auch, die sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte explizit von Face-to-Face-Formaten erwarten (vgl. Kap. 5.3.2).
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Die Mehrheit der befragten Stakeholder spricht sich dafür aus, dass die jeweiligen Formate und Instrumente der persönlichen Kommunikation beibehalten werden bzw. das Angebot insgesamt ausgebaut wird. Face-to-FaceKommunikation wird daher wichtiger. Zusätzlich zu den kleinen oder großen Veranstaltungsrunden gewinnen medienvermittelte Kommunikationsmaßnahmen, die sich persönlich an ausgewählte Stakeholder wie Mitarbeiter und/oder Führungskräfte im Unternehmen richten, an Bedeutung. Hierzu zählen personalisierte Newsfeeds – z. B. im Social Intranet –, ebenso wie spezielle Foren im Intranet, Führungskräfte-Blogs oder speziell für Führungskräfte vorbereitete Unterlagen für den Austausch mit ihren Mitarbeitern (vgl. Kap. 4.6.2). Ist Content Management nur ein neuer Hype oder eine überfällige Korrektur des strategischen Kommunikationsmanagements? Content als neue Währung der strategischen Unternehmenskommunikation muss für die Stakeholder relevant und nützlich sein (Mast 2019, S. 279). Die Inhalte müssen den Stakeholdern Orientierung liefern und/oder die Organisation ihres Alltags erleichtern. Content Management als Ansatz in der Unternehmenskommunikation findet sich aktuell vor allem bei großen Unternehmen (Mast 2016a, S. 55). Damit ist ein grundsätzliches Umdenken bei der Themenund Medienplanung verbunden. Ausgangspunkt sind die (Schwerpunkt-) Themen und das, was ein Unternehmen sagen will. Erst dann kommen die Kommunikationswege sowie potenzielle Multiplikatoren ins Spiel und die Frage, welches Thema für welchen Kanal geeignet ist und wie es aufbereitet werden kann. Die TOPKOM-Studien zeigen, dass in vielen Unternehmen noch „Insideout“-geprägte Kommunikationsverständnisse und -prozesse dominieren. Laut den befragten Kommunikationsverantwortlichen ist es wichtig, dass aktuelle Ereignisse mit Bezug zum Unternehmen kommuniziert werden, die Themen in Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie stehen oder sie die Expertise des Unternehmens belegen (vgl. Kap. 4.4.1). Weniger wichtig ist hingegen, dass die kommunizierten Themen für die Stakeholder attraktiv sind, ihnen einen Nutzwert im Alltag bieten oder sie anschlussfähig an aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen sind. Hier bietet das Content Management mit einer zusätzlichen „Outside-in“Orientierung Chancen für die Unternehmenskommunikation. Denn noch fällt es den Unternehmen schwer, die Schnittmengen-Themen zu identifizieren, die sowohl für das Unternehmen relevant sind als auch die Stakeholderinteressen und -erwartungen abbilden (vgl. Kap. 4.4.2). Doch nicht nur die Themenidentifikation stellt die Unternehmenskommunikation vor Herausforderungen, sondern auch die passende Aufbereitung (vgl. Kap. 4.4.2) sowie die Motivati-
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on der Multiplikatoren – externer ebenso wie interner –, „User-generated content“ zu erstellen (vgl. Kap. 4.5.1). Ohne „User-generated Content“ wird es jedoch aufgrund der Vielzahl an Medienkanälen und -plattformen nicht gehen. Content Management beschreibt ein Programm für das angesichts des laufenden Medienwandels notwendige Umsteuern in der Unternehmenskommunikation (Mast 2016a, S. 51): Unternehmen bauen redaktionelle Strukturen wie Newsrooms auf und entwickeln die eigenen Unternehmensmedien zu schlagkräftigen Kommunikationskanälen. Medienarbeit wird ganzheitlich verstanden – und bezieht neben der Ansprache journalistischer Medien den Umgang mit den digitalen Netzmedien und das Management der eigenen Kommunikationswege mit ein. Aus der lange Zeit vorherrschenden „One-tomany“-Kommunikation wird eine „Many-to-many“-Perspektive von zahlreichen unterschiedlichen Unternehmenskommunikatoren, die das strategische Kommunikationsmanagement aber möglichst gut orchestriert. Hierfür sind interne Strukturen und Abläufe notwendig, die Themen in den Mittelpunkt stellen und sie als Startpunkt für vielfältige und variable Medienbeziehungen gestaltbar machen. Insgesamt bietet der Content-Management-Ansatz einen großen Vorteil für jedes Unternehmen – ob Großkonzern oder kleine Firma: Einmal produzierte Inhalte können mehrfach – in Varianten – weiter verwertet werden. Dieses Potenzial gilt es nun noch auszuschöpfen durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Fachbereichen bzw. den für diese Abteilungen tätigen Führungskräfte und Mitarbeiter als Themenlieferanten und Kommunikatoren bzw. Multiplikatoren gleichermaßen. „Content first“ lautet die Devise für die Unternehmenskommunikation. Dabei geht es um attraktive Inhalte, für die die jeweiligen Stakeholder auch bereit sind, Zeit zu investieren. Denn im Wettbewerb um Aufmerksamkeit haben die Stakeholder das letzte Wort.
Autoren
Prof. Dr. Dr. Claudia Mast ist Geschäftsführerin der C. M. Gesellschaft für strategisches Kommunikationsmanagement (München) und leitete bis 2020 das Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart). Die Kommunikationswissenschaftlerin wurde 2015 zur »Professorin des Jahres« gewählt. Schwerpunkte ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit sind Innovationen im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation, redaktionelle Strategien der Publikumsansprache, strategische Kommunikations- und Themenplanung sowie Wirtschaftsjournalismus und Unternehmensberichterstattung. Die em. Universitätsprofessorin war viele Jahre in leitender Position bei der Siemens AG tätig und hat zahlreiche Fachbücher publiziert, unter anderem das Handbuch für Redaktionen »ABC des Journalismus« (13. Auflage) sowie ein Standardwerk zur »Unternehmenskommunikation« (8. Auflage). Sie ist in verschiedenen Gremien tätig, unter anderem im Verwaltungsrat der Deutschen Welle (Bonn). Dr. Klaus Spachmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim (Stuttgart). Er studierte Politikwissenschaft sowie Wirtschaftswissenschaften und promovierte zum Thema »Wirtschaftsjournalismus in der Presse«. Seine Arbeitsschwerpunkte sind redaktionelle Konzepte im Journalismus und interne Unternehmenskommunikation. Dipl. rer. com. Katherina Georg war bis 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart). Sie studierte Kommunikationswissenschaft und ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Wirtschaftskommunikation sowie Entwicklungen im Journalismus. Dr. Helena Stehle ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim (Stuttgart). Sie studierte Kommunikationswissenschaft und promovierte zu Unternehmenskommunikation in interorganisationalen Beziehungen. Im Wintersemester 2017/2018 vertrat sie die Professur am Lehrstuhl Print- und Onlinemedien der Universität Tübingen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Feldern Public Relations und Organisationskommunikation sowie Journalismusforschung.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6
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Gastautoren
Rainer Berghausen, M. A., war von 2006 bis 2018 Pressesprecher und Leiter der konzernweiten externen Kommunikation der Celesio AG/McKesson Europe AG, eines internationalen Groß- und Einzelhandelsunternehmen im Pharma- und Gesundheitssektor. Davor war er sechs Jahre geschäftsführender Gesellschafter einer auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Kommunikationsberatung. Heute ist Rainer Berghausen Leiter Group Communications bei der TRUMPF GmbH + Co. KG. Er begann seine Laufbahn in der Kommunikationsbranche als Reporter im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk, als Redakteur bei der Motor-Presse Stuttgart sowie als Leiter Kommunikation für einen Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen. Er studierte Politik-, Rechts- und Literaturwissenschaften in Freiburg. Hauke Hannig verantwortet seit 2007 die Unternehmenskommunikation der ebm-papst Gruppe. Nach einem Wirtschaftsingenieursstudium an der Hochschule Heilbronn (Campus Künzelsau) fand der aus Bremen stammende Hannig seinen Weg vor 25 Jahren nach Baden-Württemberg. Über Würth Elektronik, Tochterunternehmen der Würth Gruppe, Künzelsau, gelangte Hauke Hannig im Jahr 2001 zum Ventilatorspezialisten ebm-papst. Seine Zuständigkeitsbereiche liegen u. a. in der internen und externen Unternehmenskommunikation sowie beim Ressort „Politik und Verbände“. Ehrenamtlich engagiert sich Hauke Hannig u. a. im Bundesverband deutscher Pressesprecher e. V. (BdP). Er war lange Jahre Landesgruppensprecher für Baden-Württemberg. Andreas Möller ist Leiter Unternehmenskommunikation und Politik des Werkzeugmaschinen- und Laserherstellers TRUMPF. Neben Media Relations und interner Kommunikation verantwortet er das gesellschaftliche Engagement und die Politikbeziehungen des Familienunternehmens. Möller berichtet an die Vorsitzende der Geschäftsführung, Nicola Leibinger-Kammüller. Bis 2014 war Andreas Möller Public Affairs-Chef des Rohstoffkonzerns Aurubis. Bis 2011 leitete er die Politik- und Gesellschaftsberatung von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Er verantwortete u. a. die Geschäftsstelle des „Innovationsdialogs“ mit Bundeskanzlerin Merkel. Von 1999 bis 2005 arbeitete Andreas Möller als Journalist für die Nachrichten-Redaktion des Deutschlandradios. Er wurde 2005 an der HumboldtUniversität zu Berlin promoviert. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Mast und K. Spachmann, Content Management – für welche Kommunikationswege?, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30441-6
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Jörg Schillinger ist promovierter Historiker und ausgebildeter PR-Berater. Seine berufliche Laufbahn als Unternehmens-Kommunikator begann er in einem Handelskonzern, danach folgten Stationen bei einem OutsourcingDienstleister und einem internationalen Brauereikonzern. Seit 2008 leitet er die Unternehmenskommunikation der Bielefelder Oetker-Gruppe. Als Gründungsmitglied des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher (BdP) engagiert sich Schillinger für berufsständische Fragen und ist von 2013 bis 2017 Präsident des Verbandes. Daneben war er Mitglied im Deutschen Rat für Public Relations (DRPR) und Vorsitzender des Trägervereins des DRPR. In seiner Freizeit widmet er sich ehrenamtlich sozialen Projekten. Bernadette Tillmanns-Estorf ist Direktorin Corporate Communications und Corporate Human Resources der B. Braun Melsungen AG. Sie verantwortet u. a. die interne, externe und digitale Kommunikation des Medizintechnikund Pharmaherstellers, der mit rund 63.000 Mitarbeitern in 64 Ländern tätig ist. Bei B. Braun arbeitet sie seit 1996 und trug seitdem Verantwortung in verschiedenen Funktionen. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften sowie der spanischen und portugiesischen Philologie in Bonn und Lissabon mit abschließender berufsbegleitender Promotion war Bernadette Tillmanns-Estorf von 1990 bis 1995 zunächst journalistisch und dann in verschiedenen Positionen im deutschen Bundestag tätig, zuletzt in leitender Funktion mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Finanzpolitik.
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Verzeichnis der Abbildung
Abbildung 1 Medialisierung erster und zweiter Ordnung .................................................. 12 Abbildung 2 Kommunikationsstrategie als Ankerpunkt des Kommunikationsmanagements ................................................................ 28 Abbildung 3 Mit PR-Managementphasen unterlegter Kommunikationsprozess ............... 32 Abbildung 4 Aus der Perspektive der Unternehmen: Fremde und eigene Medien ............ 37 Abbildung 5 Phasen des Content Managements bei Unternehmen .................................... 43 Abbildung 6 Touchpoints für die Themen: Was die Menschen an Wirtschaft und Unternehmen interessiert ........................................................................ 47 Abbildung 7 Netz der Themen in der Unternehmenskommunikation .... ............................ 51 Abbildung 8 Aufbereitungsformen – eine Orientierung an den W-Fragen ........................ 54 Abbildung 9 Mediale und persönliche Kommunikationswege (Beispiele) ........................ 57 Abbildung 10 Content-Strategie als Teil der Kommunikationsstrategie .............................. 60 Abbildung 11 TOPKOM-Umfragen im Überblick ............................................................... 65
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Abbildung 12 Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2012/13 .............................................................................................. 74 Abbildung 13 Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2014 .................................. ................................................................. 74 Abbildung 14 Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2016 ................................................................................................... 75 Abbildung 15 Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2017 ................................................................................................... 75 Abbildung 16 Die Top-10-Vorhaben der Unternehmenskommunikatoren im Jahr 2018 ................................................................................................... 76 Abbildung 17 Steckbrief TOPKOM 2012/13 ....................................................................... 87 Abbildung 18 TOPKOM 2012/13 – Die wichtigsten Themen der Kommunikationsarbeit im Folgejahr .............. ......................................... 88 Abbildung 19 TOPKOM 2012/13 – Wie gut Themen in der Kommunikationsarbeit zu vermitteln sind ........................................................................................... 92 Abbildung 20 TOPKOM 2012/13 – Wie gut Stakeholder mit den eigenen Themen zu erreichen sind ............................................................................................ 95 Abbildung 21 TOPKOM 2012/13 – Der Stakeholder-Zirkel ............................................... 97 Abbildung 22 TOPKOM 2012/13 – Die zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren der Stakeholderansprache ........ ...................................................................... 99
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Abbildung 23 TOPKOM 2012/13 – Die zehn wichtigsten Hürden der Stakeholderansprache ............. ............................................................... 102 Abbildung 24 Steckbrief TOPKOM 2014 ............... ........................................................... 107 Abbildung 25 TOPKOM 2014 – Strategische Verankerung des Ziels Arbeitgeberattraktivität ................................................................................ 109 Abbildung 26 TOPKOM 2014 – Interne Zuständigkeiten für Arbeitgeberkommunikation .................................................................... 110 Abbildung 27 TOPKOM 2014 – Zielgruppen der Arbeitgeberkommunikation ................ 113 Abbildung 28 TOPKOM 2014 – Themen der Arbeitgeberkommunikation ....................... 115 Abbildung 29 TOPKOM 2014 – Kanäle und Instrumente der internen Arbeitgeberkommunikation ......................................................................... 118 Abbildung 30 TOPKOM 2014 – Kanäle und Instrumente der externen Arbeitgeberkommunikation ......................................................................... 118 Abbildung 31 TOPKOM 2014 – Herausforderungen der Arbeitgeberkommunikation ...... 120 Abbildung 32 Steckbrief TOPKOM 2016 .......................................................................... 124 Abbildung 33 TOPKOM 2016 – Inhaltlicher Schwerpunkt der Kommunikationsarbeit im Vorjahr und im Folgejahr ............. .......................................................... 126 Abbildung 34 TOPKOM 2016 – Orientierungsgrößen der Themenplanung ............... ...... 128
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Abbildung 35 TOPKOM 2016 – Bezugspunkte der Themenauswahl ................................ 130 Abbildung 36 TOPKOM 2016 – Operative Kriterien der Themenauswahl ....................... 131 Abbildung 37 TOPKOM 2016 – Zuständigkeiten beim Themenmanagement .................. 133 Abbildung 38 TOPKOM 2016 – Akteure bei der Themenfindung .................................... 134 Abbildung 39 TOPKOM 2016 – Herausforderungen im Umgang mit Themen ................ 136 Abbildung 40 TOPKOM 2016 – Der Newsroom als Organisationsform für das Themenmanagement .............................................................................. 138 Abbildung 41 Steckbrief TOPKOM 2017 .......................................................................... 142 Abbildung 42 TOPKOM 2017 – Aktionsfelder des Themenmanagements ....................... 145 Abbildung 43 TOPKOM 2017 – Überzeugungskraft der Unternehmenskommunikation bei den Multiplikatoren ............. ................................................................... 148 Abbildung 44 TOPKOM 2017 – Handlungsfelder der Unternehmenskommunikation ....................................................... ..............150 Abbildung 45 TOPKOM 2017 – Einschätzungen zur Zukunft der Unternehmenskommunikation ............................................................... 152 Abbildung 46 Steckbrief TOPKOM 2018 .......................................................................... 156
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Abbildung 47 TOPKOM 2018 – Bedeutung der Kommunikationswege in den kommenden fünf Jahren .................................................................... 159 Abbildung 48 TOPKOM 2018 – Journalisten, Blogger und Mitarbeiter als Multiplikatoren im Vergleich ................................................................. 160 Abbildung 49 TOPKOM 2018 – Rollen der Mitarbeiter in der Unternehmenskommunikation ........................................................... 163 Abbildung 50 TOPKOM 2018 – Zentrale Bereiche der Führungskräftekommunikation .. 166 Abbildung 51 TOPKOM 2018 – Das Handlungsfeld der Managementkommunikation ... 168 Abbildung 52 TOPKOM 2018 – Unterstützung der Kommunikationspraxis von Führungskräften .................................................................................... 170 Abbildung 53 TOPKOM 2018 – Ziele und Formate der Managementkommunikation im Überblick ................................................................................................. 171 Abbildung 54 Anlässe für persönliche Kommunikation aus Sicht von Kommunikationsverantwortlichen .......................................... ..............183 Abbildung 55 Ziele persönlicher Kommunikation aus Sicht von Kommunikationsverantwortlichen ........................................................ 184 Abbildung 56 Formate persönlicher Kommunikation für interne und externe Stakeholder ............................................................................... 187 Abbildung 57 Persönliche Kommunikationsformate als Dialog ........................................ 190
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Abbildung 58 Formen und Formate persönlicher Kommunikation, an denen Führungskräfte häufig teilnehmen ................................................ 195 Abbildung 59 Aus Sicht von Führungskräften: Wie die persönliche Kommunikation mit der Unternehmensführung im Idealfall ablaufen sollte ......................... 197 Abbildung 60 Ausgewählte Formate persönlicher Kommunikation .................................. 198 Abbildung 61 Top-5-Erwartungen von Führungskräften bei ausgewählten Formaten persönlicher Kommunikation ............................... 199 Abbildung 62 Top-3-Erwartungen von Führungskräften an die Unternehmensführung ............. .......................................................... 201 Abbildung 63 Potenzial der Führungskräfte, deren Erwartungen nicht erfüllt werden ........................................................................ ..............203 Abbildung 64 Formen und Formate persönlicher Kommunikation, mit denen Führungskräfte unzufrieden sind ................................................ 205 Abbildung 65 Formate persönlicher Kommunikation in den Fallstudien .......................... 207 Abbildung 66Aus Sicht der Journalisten: die wichtigsten Gründe für persönliche Kommunikationsformen ..................................................... 210 Abbildung 67 Aus Sicht der Mitarbeiter: die wichtigsten Gründe für persönliche Kommunikationsformen ..................................................... 212 Abbildung 68 Aus Sicht der Führungskräfte: die wichtigsten Erwartungen an die Formate der persönlichen Kommunikation ....................................... 216
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Abbildung 69 Aus Sicht der Mitarbeiter: die wichtigsten Erwartungen an die Formate der persönlichen Kommunikation ....................................... 218 Abbildung 70 Externe Formate persönlicher Kommunikation bei der Celesio AG/McKesson Europe AG ............................................................. 232 Abbildung 71 Interne Formate persönlicher Kommunikation bei der Celesio AG/McKesson Europe AG ............. ................................................ 234 Abbildung 72 Die strategischen Grundkoordinaten ändern sich ............. ........................... 258
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Literaturverzeichnis
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