Comic-Pioniere : Die deutschen Comic-Künstler der 1950er Jahre 9783941030633

Die Comics verdanken ihre ungeheure Beliebtheit in den Nachkriegsjahren einigen wenigen Talenten. Nie mehr war das Angeb

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Comic-Pioniere : Die deutschen Comic-Künstler der 1950er Jahre
 9783941030633

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GomitáPtoHiere

Reginald Rosenfeldt

GovnictiPioniere Die deutschen Comic-Künstler der 1950er Jahre

kCcH. A. BACHMANN “VERLAG

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Soweit möglich wurden Abdruckrechte für alle Abbildungen eingeholt, die nicht vom Zitatrecht (§51 UrhG) abgedeckt sind. In Fällen, bei denen es nicht gelungen ist, die Rechteinhaber ausfindig zu machen, bitten wir um Nachricht an den Verlag.

© 2016 Christian A. Bachmann Verlag, Berlin www.christian-bachmann.de

Einbandabbildung: © Willi Kohlhoff: Rotiruon Nr. 13: »Schiff'in Sicht«

Druck und Bindung: docupoint GmbH, Barleben Printed in Germany ISBN 978-3-941030-63-3 1. Auflage 2016

Inhalt 7

So war'sl Vorwort

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Die deutsche Comic-Ära nach 1946 Einführung

Die deutschen Comic-Zeichner und -Autoren der 1950er Jahre

39

Klaus Dill Bessy

57

Johannes Eduard Hegenbarth (Hannes Hegen) Mosaik

77

Wilhelm Hermann >Botx Heinz Jan Maat, Pit & Alf

95

Walter Kellermann Silberpfeil. Testpilot Speedy

107

Willi Kohlhoff Hot Jerry, Robinson

125

Roland Kohlsaat Jimmy das Gummipferd

137

Helmut Nickel Robinson. Winnetou

175

Manfred Schmidt Nick Knatterton

195

Hansrudi Wäscher Sigurd, Akim - Neue Abenteuer, Nick

Werkverzeichnisse

237

Klaus Dill Comics, Romanhefte, Leihbücher. Bücher. Buchillustrationen, Filmplakate, sonstige Werke

245

Johannes Eduard Hegenbarth (Hannes Hegen) Comics, sonstige Werke

246

Wilhelm Hermann >Botx Heinz Comics. Bücher, Buchillustrationen, sonstige Werke

251

Walter Kellermann Comics, Buchillustrationen

255

Willi Kohlhoff Comics, Romanhefte. Buchillustrationen, sonstige Werke

258

Roland Kohlsaat Comics. Buchillustrationen, sonstige Werke

260

Helmut Nickel Comics. Romanhefte, Buchillustrationen. wissenschaftliche Publikationen, sonstige Werke

271

Manfred Schmidt Comics. Bücher. Buchillustrationen, Zeichentrickfilme, sonstige Werke

275

Hansrudi Wäscher Comics. Romanhefte, Buchillustrationen. sonstige Werke, veriorengegangenes Material

So war's! Vorwort

Meine achtjährige Enkelin hatte bei mir übernachtet und saß nun am Früh­ stückstisch. Ihren Kakao trinkend, betrachtete sie nachdenklich die gegen­ überliegenden Wand und fragte dann unvermittelt: »Warum heißt das Heft in dem Bilderrahmen eigentlich die drei Musketiere, wenn doch vier Männer darauf sind? Und der alte Mann auf dem danebenhängenden Foto, wer ist das denn?« Das waren zwei durchaus berechtigte Fragen, und so erklärte ich ihr, dass es sich tatsächlich nur um drei Musketiere handelt. Der Vierte auf dem Cover ist der junge d’Artagnan, der sich bei ihnen verpflichten wollte, und der ältere Herr mit dem weißen Haar, heißt Helmut Nickel, und hat das Bild gezeichnet. Der Wissensdurst meiner Enkelin schien für den Moment gestillt, und während sie an einem weiteren Toastbrot knabberte, dachte ich an einige Freunde, die Nickel und sein Werk auch nicht gekannt hatten, und deshalb dieselben Fragen stellten. Auf ihre Kindheit angesprochen, erinnerten sie sich nur sehr vage an die ominösen Bilderheftchen, und fragten dann meistens nachdenklich: »War auf den Titelbildern nicht oft ein dunkelhäutiger Junge mit einem großen Turban abgebildet gewesen? Oder war es doch eher dieser Ritter mit der blonden Haartolle?« Aber wie auch immer, ihre Eltern hatten die Schundhefte sowieso verboten, und so schmökerte sie, wenn überhaupt, höchstens eine Micky Maus oder besser noch, einen Illustrierten Klassiker. Wahrscheinlich spielte es sich tatsächlich so ab, aber bei mir hatte die ferne Jugendzeit einen ganz anderen Eindruck hinterlassen. Jene Jahre, in denen meine Eltern weder ein Telefon, noch einen Kühlschrank oder Plattenspieler

7

So war’s!

besaßen, und Fernsehapparate nur im sagenhaften Amerika existierten. Wer also bewegte Bilder sehen wollte, ging Sonntagnachmittag zur Kindervorstel­ lung ins Kino, und gruselte sich bei den Märchenfilmen des Onkel Tobias vom RIAS. Nun ja, um ehrlich zu sein, dass Erschrecken war mehr eine Domäne der Mädchen, denn wir Jungen waren ja eine ganz andere, knallharte Unterhal­ tung gewohnt. Bei fast jedem Wetter trafen wir uns auf einem der zahllosen West-Berliner Ruinengrundstücke und tauschten untereinander unsere Picco­ los aus. Das sind schmale Streifenhefte, die uns tief in gefährliche Dschungel, oder zu grimmigen Rittern entführten, und die wir in schmuddeligen Läden für fünf Pfennige das Stück erstanden. Für die aktuellen Comics reichte unser Taschengeld leider nicht, aber wir betrachteten sie natürlich auf dem Weg zur Schule seufzend an den Kiosken. Dort hingen sie von hölzernen Wäsche­ klammern gehalten, und gaben uns eine Vorschau auf die nächsten Abenteuer unserer Helden, und auf vollkommen neue Serien, die bisher noch keiner von uns gelesen hatte. Fremde, vielversprechende Protagonisten, und vor allem mir noch unbe­ kannte Zeichner! Ich hatte nämlich sehr schnell erkannt, dass es mir weniger auf die Geschichten, als die Gestaltung der einzelnen Bilder ankam. Das lag auch ein bisschen an meinen Eltern, die beide künstlerisch begabt waren, und mir im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der Adenauer-Ära schon mit fünf Jahren ein Fix und Foxi geschenkt hatten. So ist es kein Wunder, dass ich mich noch heute an jenen Augenblick erin­ nere, als ich zum ersten Mal das nachdenkliche Gesicht »der Ente« betrachten durfte. Schon damals wusste ich, dass ihr Schöpfer ein besonderer Mensch sein musste; für mich ahnungslosen Knaben ein genialer Zeichner, genau wie dieser Hal Foster, dessen Name wenigstens auf den Prinz Eisenherz-Büchern stand. Aber wer zauberte nur Robinson auf das Papier? Seine Abenteuer raub­ ten mir nächtelang den Schlaf, da ich mich um Gracia sorgte, die ein Maha­ radscha für seinen Harem gekauft hatte. Es sollte in einigen Fällen Jahrzehnte dauern, bis sich die anonymen Stri­ che und Farben auf dem langsam vergilbenden Papier in reale Menschen ver­ wandelten. In Schicksale und Künstler, die eine bis dahin in Deutschland eher verpönte Kunstform nach 1945 wieder zum Leben erweckt hatten. Diese Zeichner und ihre Werke, das ist eine Leidenschaft, die mich trotz Familie und Beruf nie ganz verließ. Natürlich erweiterte sich im Laufe der Jahre mein Comic-Horizont über Belgien und Frankreich bis in die USA, und das ungewohnte Japan, und so erschien es mir nur folgerichtig, dass ich das angesammelte Wissen eines Tages auch weitervermitteln wollte. Der Anlass dazu lieferte René Mounajed, der mir .seine Ausgabe des Lexikon' der Comics gezeigt hatte. Auf meinen Hinweis, dass es überhaupt keine deutschen Künst­ ler enthielte, sagte er nur: »Dann schreib doch selber einen Artikel!«

Votwt

Zusammen wagten wir uns an diese Aufgabe und erwählten mutig für unsere erste Biografie den Titanen der deutschen Comic-Künstler: Hansrudi Wascher. Die Arbeit wurde angenommen, und Wascher kommentierte sie René gegenüber mit dem lakonischen Satz. »So war’s!« Dem geistigen Vater von Sigurd folgten weitere Künstler, und das detek­ tivische Aufspüren ihrer Lebensläufe gelang oft nur durch die Mithilfe an­ derer Comic-Begeisterter. Detlef Lorenz z.B. erzählte uns seine Erlebnisse mit Willi Kohlhoff, Gerhard Förster schickte mir sein Interview mit Walter Kellermann. Besondere Freude aber bereitet mir der Kontakt zu Helmut Ni­ ckel, der ausgestattet mit einem eidetischen Gedächtnis, bereitwillig alle noch offenen Fragen beantwortet. Auf diese Weise sind neun Lebensläufe und die dazugehörenden Wer­ kübersichten entstanden, die noch einmal jene Zeit aufleben lassen, als die Comics endlich auch Deutschland eroberten. Reginald Rosenfeldt

Berlin, September 2015

Die deutsche Comic-Ära nach 1945 Einführung

Die Geschichte des deutschen Nachkriegs-Comics ist untrennbar mit den Geburtswehen zweier deutscher Staaten verbunden. Ihnen ging die soge­ nannte Stunde Null voraus, die bedingungslose Kapitulation Deutschlands am 9. Mai 1945 in Berlin. Die Stadt lag ebenso wie das restliche Land in Trümmer. Fast sechzig Millionen Menschen waren durch die nationalso­ zialistische Terrorherrschaft und den vor ihr entfachten Krieg gestorben. Die drei Hauptsiegermächte - vertreten durch den britischen Premier Winston Churchill, den amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman und den Generalissimus der Sowjetunion Josef Stalin - bestimmten die weitere Entwicklung in Deutschland. Zu ihren vordringlichsten Aufgaben gehörten die Entmilitarisierung sowie die juristische Aufarbeitung der von den Nationalsozialisten und ihren Anhängern verübten Verbrechen. Im November 1945 klagte der alliierte Internationale Militärgerichts­ hof in Nürnberg insgesamt 185 Personen an, von denen zwölf zum Tode verurteilt wurden.1 Gleichzeitig begann die Entnazifizierung« der Bevöl­ kerung mittels Fragebogen und Anhörung. Bei den folgenden Prozessen kamen viele NS-Parteimitglieder glimpflich davon, da insbesonders die Amerikaner ihre eigenen politischen Ziele verfolgten. Ihre Vorgabe - po­ litische Säuberung und die Festigung einer marktwirtschaftlichen Bastion gegen den Sozialismus - relativierte die eigenen moralischen Anschau­ ungen genauso, wie die Ausnahmereglungen für viele der dringend be­ nötigten Techniker, Wissenschaftler und Fachkräfte. Diese Entwicklung

11

Die deutsche Comic-Ära nach 1945

beschrieb Manfred Schmidt in seinem Nick Knatterton-Comic, die Eckart Sackmann folgendermaßen kommentiert: »Die Bemerkungen, die Manfred Schmidt seinem Ganovenschreck in den Mund legte, erinnerten nur unterschwellig daran, dass im Zuge der Ade­ nauer-Ara längst nicht alles verschwunden war, was man mit dem Zusam­ menbruch des >Dritten Reichs« bewältigt glaubte. Vieles, was in diesen fort­ schrittsheischenden Nachkriegsjahren geschah, hatte seine Wurzeln in der Vergangenheit. Die Menschen waren ja noch dieselben, nur die Umstände hatten sich geändert.«2

Geändert hatten sich die Umstände insbesondere für die Jugend, wie eine Untersuchung des Senators für Schule und Erziehung ergab: »Laut einer Untersuchung des Senators für Schulen und Erziehung war in Bremen im Sommer 1947 bei 5.067 Schülerinnen und Schülern der Vater tot, bei 1.967 vermisst, bei 3.099 noch in Kriegsgefangenschaft, bei 2.310 aus an­ deren Gründen nicht bei der Familie. Nach einer im gleichen Jahr an Mün­ chener Volksschulen durchgeführten Erhebung waren dort 27,3 Prozent der Schülerinnen und Schüler »Schlüsselkinder«, das heißt, sie wuchsen weitge­ hend ohne elterliche Betreuung auf [...]. Mehr als die Hälfte der deutschen Männer war im Krieg gefallen oder noch in Kriegsgefangenschaft. Auch die Mutter war häufig abwesend, weil sie die Familie ernähren musste.«'

Die Notlage der Bevölkerung in den westlichen Besatzungszonen begann sich erst zu ändern, als Mitte 1947 US-Außenminister George C. Mar­ shall sein Wirtschaftsforderungsprogramm für Europa vorlegte. In ihm hieß es: »Für ein geordnetes und blühendes Europa sind die wirtschaft­ lichen Beiträge eines stabilen und produktiven Deutschlands ebenso not­ wendig wie die Beschränkungen, die die Garantie geben sollen, dass der destruktive Militarismus in Deutschland nicht wieder aufleben kann.«4 Im Rahmen des sogenannten Marshall-Plans erhielt Westdeutschland von 1948 bis 1952 ca. 1,4 Milliarden US-Dollar, durch die der Wiederauf­ bau des Landes eingeleitet wurde.5 Zuerst aber galt es, die elementarsten Be­ dürfnisse zu erfüllen, und dazu gehörte neben der geregelten Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen, u.a. auch die Modebranche. Einer ihrer maßgeblichen Wegbereiter war der Designer Heinz Oestergaard:6 »Als er 1946 aus russischer Gefangenschaft in seine Heimatstadt zurückkehr­ te, war niemandem nach Glamour zumute. Berlin lag am Boden, die Trüm­ merfrauen trugen beim Steine schleppen Kleiderschürzen, geflickte Strümp­ fe, geknotete Tücher auf dem Kopf und die grauen Wollmäntel ihrer Männer. Sein erster Gedanke war: »Ich will für diese Frauen Mode machen - etwas Schönes.« Er versetzte einen Flügel und eine goldene Uhr, mietete sich eine Wohnung, stellte Näherinnen ein und eröffnete einen Modesalon. [...] Als Berliner begegnete er dem Mangel mit Schnauze und gab seinen Entwürfen Namen wie »Schmerzmarkt und Stromsperre«.«7

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Abb. 1

Zeitungskiosk (Berlin, Plarz der Luftbrücke, Anfang der 1960er Jahre. Privatto­ to: Joachim Szymanski).

Mit der Sehnsucht nach einer Normalisierung des täglichen Lebens, und der damit einhergehenden Verdrängung der letzten Jahre, konnte sich aber insbesondere die junge Generation nicht identifizieren. Die von ihr ge­ stellten Fragen nach Moral und Verantwortung des Einzelnen fasste der Schriftsteller Wolfgang Borchert in seinem Drama. Draußen vor der Tür zu­ sammen? In ihm beschreibt er das Schicksal des Heimkehrers Beckmann, dem es nach einer dreijährigen Gefangenschaft nicht mehr gelingt, sich in die Nachkriegsgesellschaft einzugliedern. Mit den Problemen der Kriegs­ heimkehrer, und Themen wie »Schuld und Sühne«, »Armut und Leid« und dem ganz gewöhnlichen Alltag, befasste sich auch der sogenannte »Trümmcrfilm«. Seine Handlung spielte überwiegend in den Kriegsruinen deut­ scher Städte und spiegelte mit einem halbdokumentarischen Blick die Si­ tuation in den vier Besatzungszonen wider? Die zwischen 1946 und 1948 gedrehten Filme besitzen eine enge thematische Verwandtschaft zum ita­ lienischen Neorealismus, der auch Roberto Rossellinis Film Deutschland im Jahre Null (1948) auszeichnet. Die in den Filmen gezeigte Mangelwirtschaft erschwerte die Entste­ hung einer neuen Presselandschaft, obwohl der Infomations- und Unter­ haltungsbedarf der Bevölkerung angesichts der gesellschaftlichen Verän­ derungen enorm war. Wichtige Informationen lieferten von April 1945 bis September 1946 vor allem die »Heeresgruppenzeitungen« der Alliier­ ten. In ihnen standen amtliche Bekanntmachungen, wie die Aufhebung der NS-Gesetze, aber auch die Werke zuvor verfemter Literaten. Ab Juni 1945 ging die sich wieder formierende Presse zunehmend in die Hände

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945

deutscher Verleger über, die jedoch ein von der zuständigen Militärverwal­ tung ausgestellte Verlagslizenzen benötigten. Sinn dieser Anordnung war es, sowohl rechts- als auch linksgerichtete politische Gruppierungen von jeder publizistischen Tätigkeit auszuschließen. Der Verkauf der verschiedenen Presseerzeugnisse erfolgte größtenteils über die Zeitungskioske. Fred Decker, der im Kiosk seines Großvaters aus­ helfen durfte, erinnert sich noch sehr gut daran: »Diese »Buden« standen ja damals an jeder Ecke. Ganz Deutschland war in der Nachkriegszeit voll von diesen Kiosk-Buden. [...] 1955 gab es in Berlin 478 ortsfeste Straßenkioske zum Verkauf von Zeitungen, Zeitschriften, Broschü­ ren sowie der Comichefte.«10

An den Kiosken hingen neben den sepiafarbenen Titelbildern der groß­ formatigen Illustrierten auch bunte Bilderheftchen, die insbesondere den jugendlichen Lesern ein völlig neues Lebensgefuhl versprachen. Diese sogenannten Comics offerierten eine heile und abenteuerliche Welt, die nichts mit der tristen Realität der Nachkriegszeit gemein hatte. Wie in­ tensiv ihre Wirkung auf die unvorbereitete Leserschaft gewesen sein muss, beschreibt Gottfried Helnwein:11 »In meiner Erinnerung ist alles rostig und staubig. [...] Es war eine Welt, wie nach einem schlampigen Weltuntergang, wo eben doch ein paar überlebt hat­ ten, die nun vorsichtig und geduckt in den Trümmern weiter dahinvegetierten, in der Hoffnung, der Ewige Richter möge sie übersehen. Ich dämmerte in dieser Schattenwelt wie im Valiumrausch dahin, bis eines Tages mein Vater vom Büro nach Hause kam, ein in braunes Packpapier ein­ geschlagenes Paket vor mich hinstellte und die Schnur, die es zusammenhielt, mit seinem Taschenmesser durchtrennte. Vor mir quoll die bunte Pracht der ersten deutschen Micky Maushefte auf den Parkettboden. Als ich ein Heft öffnete, fühlte ich mich wie einer, der bei einem Grubenunglück verschüttet worden war und nach vielen Tagen Finster­ nis wieder ans Tageslicht trat. Ich blinzelte, weil sich meine Augen noch nicht an das gleißende Licht der Sonne von Entenhausen gewöhnt hatten, und sog gierig die frische Brise, die vom Geldspeicher Dagobert Ducks herüber wehte, in meine staubigen Lungen.«12

Die Helden der neuen Zeit hießen nun Micky Maus, Tarzan, Tom Mix und Prinz Eisenherz und sie entstammten ausnahmslos dem angloame­ rikanischen Kulturkreis.13 Einige der Protagonisten waren den Lesern al­ lerdings nicht ganz unbekannt, denn schon in den 1930er Jahren erschie­ nen erste Veröffentlichungen von Micky Maus'* und Prinz Eisenherz im deutschsprachigen Raum.15 Zu ihnen gesellten sich Bildergeschichten unterschiedlichster Couleur, die größtenteils zu den Kinder- und Wer­ beschriften gerechnet werden. Diese Hefte erhielt der Kunde als Zuga­ be beim Kauf bestimmter Artikel. Exemplarisch dafür sind u.a. Die Ra­ ma-Post, Der kleine Genossenschaftler, Der Globi, und Darbohne’s Erlebnisse.16 14

Die deutsche Comic-Ära nach 1945

Nach 1945 erlangten nur wenige der alten Bildergeschichten eine er­ neute Popularität, wie z.B. der Strip Vater und Sohn oder Lurchis Abenteu­ er.'' Die Werbehefte der Firma Salamander18 erlebten in den 1950er Jah­ ren ein Revival in einer von Heinz Schubei nachgezeichneten Version.” Den Anlass für die Neuinterpretatign der kleinformatigen, grünen Hefte erläutert der Lurchi-Experte Werner Fleischer: »In der Erstversion fliegt Lurchi noch mit einem Propellerflugzeug um die Welt, knappe 20 Jahre später sollte es ein Düsenflieger sein. Wahrend Lurchi 1938 mit seinem ersten Flugzeug einen Geier köpft, verliert der Vogel bei Schubei nur noch sein Federkleid. In der Erstversion ist etwas vom militäri­ schen Geist der 30er Jahre sürbar [sic]. Lurchi gerät in einen Marinekonflikt, fängt mit dem Lasso eine Granate und wird anschließend »mit Ehren über­ häuft««.20

Noch bezeichnender für den Umgang mit den deutschen Vorkriegscomics ist die Tatsache, dass das Cover des 1936 erschienenen Comic-Buches Vier treue Freunde im Jahre 2014 das Werbebanner der Spielzeugfirma »Die Spiegelburg« ziert, ohne dass der Warenkatalog auch nur einen Hinweis auf die originalen Protagonisten enthält.21 Insgesamt aber erreichten die deutschen Vorkriegs-Bildergeschichten auf Grund der politischen Verhältnisse nie jene enorme Popularität wie in den USA, Frankreich oder Italien. Diese Situation begann sich erst nach dem 9. Mai 1945 durch den unmittelbaren Einfluss der Alliierten in den drei westlichen Besatzungszonen zu ändern. Den trivialen Grund für die­ se Entwicklung erklärt Andreas C. Knigge in seinem Buch Comics - Eine Entdeckungsreise von den Höhlenbildem bis zum Manga'. »Nach dem Ende des Krieges kamen Kinder und Jugendliche vor allem durch die amerikanischen Gis mit Comics in Berührung. »Die Invasion dieser Hefte nimmt von den Kasernen ihren Ausgang, denn die amerikanischen Soldaten lesen sie in jeder Menge«, meldete 1952 der Wiesbadener Kurier. »Später ver­ schenken sie sie dann an Jugendliche, die dankbare Abnehmer sind.««22

Im Dezember 1945 erschien im Auftrag des Office of Military Govern­ ment for Germany (Verwaltungseinrichtung der US-amerikanischen Be­ satzungszone Deutschland) die Jugendzeitung Christmas Tree Christbaum. Die zweisprachige Ausgabe ist der erste direkt für Deutschland konzipier­ te Kinderzeitschrift nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und enthielt neben Kurzgeschichten, Rätseln und Einzelbildern Comics von Konstan­ tin Kusnezow, der 1948 das Bilderbuch Die Jagd nach dem Atomgeheimnis herausbrachte.23 Diese Ausgabe war aber genauso wie weitere mehr dem Jugendbuch zuzurechnende Bildergeschichten, nur eine Vorwegnahme der sich etablierenden Comic-Szene.

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945

Ab September 1951 hingen vermehrt immer neue Comic-Reihen an den Zeitungsläden, die größtenteils von Tochtergesellschaften ausländi­ scher Verlage gedruckt wurden. Die Konsequenz aus der sich damit ab­ zeichnenden Entwicklung beschreibt Martin Jurgeit in seinem Artikel Graphics aus dem Rennen - Die Neuordnung des Comic-Vertriebsmarktes: »Der beginnende deutsche Comic-Markt war ein Kind des Pressege­ schäfts, zumal alle Comic-Verleger ebenso Romane oder Zeitschriften in ihrem Sortiment anboten.«24 Micky Maus - Das bunte Monatsheft vertrieb Ehapa,25 ein Ableger des dänischen Egmont-Verlages und der ebenfalls in Dänemark beheimatete Aller-Verlag produzierte gleich eine ganze Palette von Comics, von denen Das Bunte Allerlei die ersten Superman-Storys in Deutschland veröffent­ lichte.26 Serieförlaget, Stockholm, brachte Tom Mix heraus, dessen Heft Nr. 8/1954 sich Jahrzehnte später mit einem Katalogpreis von 14000 Euro als teuerstes deutsches Comic-Heft erweisen sollte.27 Mit Tarzan - Die kühnsten Abenteuer des Urwaldmenschen hatte der Mondial-Verlag, die deutsche Tochtergesellschaft der französischen Les Editiones Mondiales, die wohl charismatischste Serie neben der Micky Maus auf den deutschen Markt gebracht, doch schon zum Jahreswechsel 1956/1957 musste er die Rechte an Tarzan und der Serie Der kleine She­ riffan den Rastätter Erich Pabel-Verlag abgeben.28 Tarzan, Micky Maus und Co! Innerhalb weniger Jahre wuchs das An­ gebot ausländischer Comic-Serien derart, dass sie zwangsläufig auch die Aufmerksamkeit einiger deutscher Verleger erregten, die bisher kei­ ne »Bilderheftchen« in ihrem Programm führten. Zu ihnen gehörte Wal­ ter Lehning, dessen in Hannover ansässiger Verlag seit 1948 verschiedene Zeitschriften und Heftromane herausbrachte.2’ Neben den bereits etab­ lierten Reihen suchte der umtriebige Lehning stets neue geschäftsträch­ tige Ideen und so konnte es nicht ausbleiben, dass er sein Augenmerk auf den boomenden Comic-Markt richtete. Besonders gefielen ihm die Tarzan-Hefte, denn er hatte sehr schnell erkannt, dass die phantastischen Urwaldabenteuer sehr gut bei den Jugendlichen ankamen. Die Mondi­ al-Ausgaben hatten nur den Nachteil, dass sie genauso wie die Micky Maus in einem teuren Kupfertiefdruck auf Hochglanzpapier hergestellt wurden und damit einen unerschwinglichen Endpreis für die jugendlichen Leser besaßen. Eine solche kostenintensive Produktion mit nur geringer Ge­ winnspanne widersprach vollkommen Lehnings Geschäftsauffassung und er hatte deshalb von der Herausgabe einer Comics-Serie Abstand genom­ men. Doch nun kam ihm der Zufall 2ur Hilfe, denn er entdeckte während eines Italienaufenthaltes an einem Kiosk die Urwaldserie Akim, ilfielio de­

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945

lla jungla (Akim - Der Sohn des Dschungels). Ursula Reuter, Sekretärin und spätere Redakteurin des Verlags erinnert sich: »Er war damals geschäftlich oder auch privat in Italien; dort hat er die Sachen gesehen und sofort mitTomasina undTorelli usw. Verträge abgeschlossen, weil er der Überzeugung war, die Piccolos lassen sich in Deutschland gut verkaufen. [...] Die Sache mit Italien war rein zufällig, und obendrein war es wohl sehr billig - denn es ging immer darum, so wenig Geld wie möglich auszugeben.«30

Die von Augusto Pedrazza gezeichnete und von Roberto Renzi getex­ tete Comic-Serie Akim - Der Sohn des Dschungels, erschien in Italien im sogenannten »Striscia (Streifen)-Format. Die Hefte besaßen bei einem Umfang von 32 Seiten ein Querformat von 8 «17 cm und wurden von verschiedenen Verlagen herausgebracht. Lehning erstand bei Marino Tomasina die Drucklizenz für dessen Akim und bei seinem Konkurrenten Tristano Torelli die Rechte für die Reihen Camera und El Bravo. Im Juli 1953 hingen dann erstmals an deutschen Zeitungskiosken die schmalen Hefte der Reihen Akim - Der Sohn des Dschungels, El Bravo — Der Schre­ cken der Banditen und Camera - Abenteuer eines Weltmeisters. Ab Septem­ ber 1953 gesellte sich dann noch eine vierte Serie dazu: Fulgor-Der Welt­ raumflieger. Alle vier Reihen trugen die von Walter Lehning selber kreierte und rechtlich geschützte Bezeichnung »Piccolo«. Die Bedeutung des Be­ griffs erklärt Klaus Spillmann in seinem Artikel für die Sprechblase. »Lehning war es dann wohl auch, der den Begriff PICCOLO kreierte; das Wort >Piccolo< ist dem italienischen Sprachschatz entlehnt und bedeutet so viel wie >klein< oder >geringTrivialliteratur« vom Urwald bis zum Weltenraum und so verwundert es nicht, dass Walter Lehning von 1953 bis 1955 insgesamt zwölf Lizenzausgaben im Piccolo-Format herausbrachte und zwei im Ko­ libri-Format (DIN-A5-Viertelblatt).33 Den enormen Umsatz der Lehning-Hefte beschreibt Fred Decker, der als Dreizehnjähriger 1954 im familiären Zeitungskiosk aushelfen durfte: »Gerade hatte er sich wieder hingesetzt, da kamen die nächsten Kunden und kurze Zeit später schellte auch das Telefon wieder. Es war der wieder ein Großhändler. Es war deijenige, der für die Lieferungen der Comicsendun­ gen zuständig war. Er wollte gerne wissen, wie viele Piccolos und Großbände er am nächsten Donnerstag liefern sollte. Opa holte seine Liste. Ich hörte wie er dann sagte, >70 Akim, 50 Sigurd, 20 El Bravo, Camera, Fulgor, Harry, Tom Bill,Tom Mix usw.< [...] Ein anderer Kiosk-Verkäufer aus Hamburg-Barmbek erzählte mir, dass zwei Tage nach Auslieferung der Comic-Hefte, die meisten Piccolos und Großbände ausverkauft gewesen wären. Die Barmbeker Schul­ kinder hätten nach Schulschluss seinen Kiosk im wahrsten Sinne des Wortes geradezu gestürmt. Er hätte dadurch pro Woche so an die 200 Piccolos und Großbände verkauft.«54

Dass es sich bei den verkauften Comic-Heften größtenteils tatsächlich um Lehning-Erzeugnisse handelte, bestätigt ebenfalls Fred Decker: »Obwohl wir im Kiosk noch sehr viele andere Großbände und Piccolos von anderen Comicverlagen zur Auswahl hatten, kauften die Jungen aber nur die Lehning-Hefte. Die hatten meine Freunde und ich übrigens auch immer nur gekauft. Ab und zu einmal einen >Heiteren Fridolin« oder «Illustrierten Klas­ siker«, aber mehr auch nicht. Wir waren alle absolut Akim, Sigurd und Co. treu.«35

Deckers Bericht erwähnt ausschließlich eine männliche Kundschaft, und das gleiche gilt auch für seine Fotografien aus den 1950er Jahren. Die Auf­ nahmen zeigen überwiegend Zeitungskioske, vor denen Comics lesende Jungen zu sehen sind.36 Die plakative Schlussfolgerung aus diesen rein subjektiven Fakten besagt: Mädchen sind für das Thema »Comics in den 1950er Jahren« nicht relevant. Damit stellt sich die Frage: »Weshalb liest kaum eine Frau oder Mädchen Comics?«37 In einer Internet-Umfrage ant­ worten darauf eine Zeitzeugin: »Ich lese keine Comics - aber nicht, weil ich sie als zu kindisch abtun würde, sondern weil es keine gibt, die mich interessieren würden. Als Kind habe ich ab und an mal Mickey Mouse.Tim und Struppi oder Asterix und Obelix gelesen, heute habe ich weder Interesse an den Heften noch an den Büchern. Ich kenne auch keine Frau über 18 Jahre, die Comics liest.«3’

Die Pädagogin Mariethercs Doetsch*stellte bei einer 1958 durchgefuhrten Umfrage fest: »2,8% der 253 Volksschulmädchen, die Comics lesen, haben

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Abb. 2

Zeitungskiosk (Berlin, Platz eler Luftbrücke, Anfang der 1960er Jahre. Privatto­ to: Joachim Szymanski).

das Bilderheft Akim positiv bewertet.« Doetsch verweist außerdem auf fol­ gende Untersuchungen.’' »Weiter liegt eine unveröffentlichte Untersuchung von Prof. Dr. Sundhoff, Göttingen vor: Die Befragung von 18.000 Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren in einer norddeutschen Stadt hat folgendes statistisches Ergebnis: [...] Dabei lesen die Jungen etwa drei Hefte, die Mädchen zwei Hefte in der Wo­ che. |...] Die Untersuchungen eines Junglehrers, Hans Bunk in Witten, bei der 212 neun bis vierzehnjährige Volksschulkinder und 77 zwölf bis fünfzehn­ jährige Oberschüler mit Hilfe eines Fragebogens über ihre Beziehungen zum Film- und zu Bildserien befragt wurden, brachte bezüglich der Bildserien fol­ gende erwähnenswerte Ergebnisse: Rund 1/4 der Befragten kauft regelmä­ ßig eine oder mehrere Serien. |...] Die Kinder, die die Comics ablehnen, sind meistens Mädchen oder Oberschüler.«4'1

Untersuchungen zur Rolle von Gender und Geschlechterverhältnissen in den populären Medien ergaben ähnliche Ergebnisse.41 Beispielgebend sei hier die IGLU 2001 Studie zitiert: »Mädchen lasen etwas weniger oft Co­ mics als Jungen.«42

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945

Unabhängig von der geschlechtlichen Orientierung seiner Kunden wäre aber das enorme Angebot des Walter Lehning Verlages letztendlich auch durch die mindere Papier- und Druckqualität der Hefte zum Scheitern ver­ urteilt gewesen, wenn sich nicht im Sommer 1953 Hansrudi Wäscher mit der berühmten Sigurd-Seite als Zeichner beworben hätte.42 Mit der Beschäfti­ gung des gelernten Gebrauchsgrafikers begann für Lehning der Aufstieg zu einem der führenden deutschen Comic-Verlage, der Gerald Munier die fol­ gende Schlussfolgerung ziehen lässt: »Ich möchte die These wagen, dass vor allem die männlichen, in West Deutschland aufgewachsenen Jahrgänge zwi­ schen 1945 und 1960 das Gros ihrer Vorstellungswelt über die Ritterepoche aus Sigurd oder Falk Speisen.«44 Anfang der 1950er Jahre bestand für Lehning zumindest zeitweise die einzige ernsthafte Konkurrenz aus dem Gerstmayer-Verlag.45 In ihm erle­ digten zwei Brüder und ihre Frauen zusammen mit einem Vetter alle Ar­ beitsvorgänge von der Kolorierung bis hin zum Druck Seit den 1930er Jahren verlegte Gerstmayer ausschließlich Roman-Hefte, deren Cover ab 1946 der ehemalige Kriminalbeamte und Werbegrafiker Willi Kohlhoff zeichnete.46 Kohlhoff, der schon vor dem Krieg in Kontakt mit amerikani­ schen Comics gekommen war, schlug vor, auch Bilderhefte zu produzie­ ren, doch Hermann Gerstmayer Junior lehnte dies ab. So verlegte Kohl­ hoff seine Serie Texasreiter Hot Jerry als Eigenproduktion und scheiterte mit den noch recht dilettantisch wirkenden Heften nach nur vier Ausga­ ben. Daraufhin übernahm Gerstmayer die Reihe und stellte außerdem den Werbegrafiker Helmut Nickel ein.47 Nickel finanzierte sein Studium an der Freien Universität Berlin durch verschiedene Jobs und schuf nun für Gerstmayer innerhalb von sieben Jahren einige der wohl hervorragendsten deutschen Comic-Serien. Lehnings und Gerstmayers marktführende Positionen im Genre des Abenteuer-Comics erreichte im Funny-Sektor ansonsten nur Rolf Kauka.48 Kauka begann seine beispiellose Karriere 1947 mit der Gründung des Kauka-Verlages und verlegte zunächst Romanserien und Zeitungen,4’ bis er 1949 den niederländischen Kunstmaler Dorul van der Heide kennenlernte.50 Zu­ sammen mit ihm entwarf Kauka als Antwort auf die erfolgreiche Herausgabe der Midty Maus die Serie Till Eulenspiegel, deren erstes Heft im Mai 1953 erschien. Das Konzept dieser Reihe basierte auf der bildlichen Umsetzung beliebter deutscher Märchen- und Sagengestalten, um mit den volkstümli­ chen Protagonisten das im selben Jahr erlassene »Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften« zu unterlaufen.5’ Kaukas Rechnung ging auf und die in seinem Verlag gedruckten Hefte wurden nicht ein einziges Mal von der Prüfstelle gerügt. Im Eulenspiegel-Heft Nr. 6 erschien zum ersten Mal ein Zwillingspaar munterer Füchse, unter deren einprägsamen Namen Fix und Foxi die Rei­

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he ab der Nr. 29 weiterlief. Rolf Kauka brachte Fix und Foxi kontinuier­ lich bis Oktober 1994 heraus und erreichte eine Gesamtauflage von 750 Millionen Exemplaren. Zeitweise übertraf der Verkauf von über 400000 Exemplaren pro Einzelheft sogar den sonst unangefochtenen Marktfuhrer Micky Maus. Dieser geschäftliche Erfolg bescherte Kauka den Titel eines »deutschen Walt Disney«, der auch in künstlerischer Hinsicht mehr als zu­ treffend ist. Genau wie Disney, Vandersteen oder Hegen überließ Kauka die Gestaltung seines »Füchse-Universums« einer gewollt standardisier­ ten Studioproduktion, deren Mitarbeiter für die Leser möglichst anonym bleiben sollten.52 Rolf Kauka - der selber nicht professionell zeichnete schrieb bis ca. 1966 ausschließlich die Skripte der Fix und Foxi-Geschich­ ten. Die Comic-Hefte entwickelten in den frühen 1950er Jahren schnell eine solche Popularität, dass auch die neue deutsche Presselandschaft nicht umhin kam, »Bildergeschichten« in ihr Repertoire aufzunehmen. Aber entgegengesetzt zum bloßen Unterhaltungswert der »Kinderseiten« alter Prägung, dienten die Strips vor allem als Identiflzierungsmerkmal für die Illustrierten. Den Startschuss, für diese den Leser möglichst an eine Zeitung bindende indirekte Werbung, gab die im April 1948 gegrün­ dete Quick ab. Sie beauftragte den routinierten Pressezeichner des Ull­ stein-Verlags Manfred Schmidt mit der Schaffung einer prägnanten Co­ mic-Figur, die er prompt mit der Zweitverwertung seines Detektivs Nick Knatterton lieferte.53 Dem gewinnbringenden Beispiel folgte als nächs­ tes die Radioprogrammzeitung Hörzu mit der Aufwertung des Maskott­ chens Mecki.SA Der zunächst nur von Reinhold Escher gezeichnete Igel erhielt 1951 eine eigene Comic-Seite, die sich im Laufe der Jahrzehnte zum sogenannten »Mecki-Kosmos« entfaltete.55 Eschers Meck/-Familie ist durchaus mit dem von Carl Barks geschaffenen Entenhausen-Universum vergleichbar, das Eckart Sackmann folgendermaßen beschreibt: »Die Serie Mecki lebte nicht allein von ihrer titelgebenden Figur, dem schlauen Igel. Vielmehr waren es die weitgehend von Reinhold Escher und seiner Frau eingebrachten Nebenfiguren, die den Comic zu einem der schönsten der 50er und 60er Jahre werden ließen. Charly Pinguin und der Schrat sind bis heute in aller Munde, aber auch an Charlys Freundin Chilly, an den bösen Kokolastro, die freche Krähe Dora oder an den Raben Poppo erinnert man sich gern. [...] So wurde unter den Händen der Eschers aus einer Idee ein Mythos der Nachkriegszeit, geprägt von den Vorstellungen und Vorurteilen dieser Zeit, mit »Wilden«, mit »Negern« und bösen Arabern, aber doch in hohem Maße zeitlos.«56

Angeregt durch das Beispiel der Konkurrenz, präsentierte nun auch die Illustrierte stem in einer reinen Kinderbeilage verschiedene Bilderge­ schichten. Das mehrseitige Srerwfon-Heft (»Kinder haben Sternchen

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gern - Sternchen ist das Kind vom stem*) lag ab der Nr. 24/1953 dem wöchentlich erscheinenden Magazin bei und wurde erst 1961 von einer im stem integrierten Doppelseite ersetzt.57 1953 suchte der rrem-Chefredakteur Henri Nannen für sein ehrgeizi­ ges Projekt neue, unverbrauchte Zeichner und fand sie u.a. in Victor von Bülow (Loriot)58 und Roland Kohlsaat.59 Kohlsaat kreierte innerhalb we­ niger Tage den Gaucho Julio und sein aufblasbares Gummipferd Jimmy, und schuf damit eine der wohl fantastischsten deutschen Comic-Reihen. In nur wenigen Jahren war das Medium Comic zu einem festen Be­ standteil der deutschen Presselandschaft geworden. Bulls Pressedienst, der für einen großen Teil dieser Comics die Rechte besaß, kommentierte die Entwicklung mit der folgenden Feststellung:60 »daß das Interesse für Comic Strips in Deutschland spürbar im Zunehmen be­ griffen ist und dass die ablehnende Haltung Comics gegenüber, die sich früher an mehreren Stellen bemerkbar machte, nunmehr einer sachlichen Beurteilung und Wertschätzung weicht. Und Zeitungen, die die Idee der Comic Strips er­ fasst und die Strips zu einem natürlichen Bestandteil des Inhalts gemacht ha­ ben, sind damit sehr erfolgreich.«61

Um die als Fortsetzungsgeschichten konzipierten Strips lückenlos verfol­ gen zu können, tauschten die Leser oft einzelne Seiten untereinander aus. Ähnlich verhielt es sich mit den Comic-Heften, deren Sammlung erst die sogenannten »Roman-Boutiquen« ermöglichten. In den oft muffig rie­ chenden Geschäften stapelten sich auf Tapeziertischen diverse Kartons mit Romanen und Comics, die im Verhältnis zwei zu eins getauscht wur­ den. Viele Hefte erstanden die Leser dank einer schnellen Fluktuation schon wenige Wochen nach ihrem Erscheinen. Der Preise lag meistens bei 5 Pfennige (2,5 Cent) pro Piccolo und zwanzig Pfennige (10 Cent) pro Lehning-Großband. Oft zierte eine gestempelte »Zwanzig« die Cover von Sigurd, Akim und Nici, ebernso wie z.B. folgende Adressen: »Dieses Heft wurde im Spezialgeschäft für Romanhefte Berlin 61 gekauft«, »Ro­ man-Zentrale 1 Berlin 61 Solmstrstraße 23«, »Romane - Schallplatten An- und Verkauf Bergmannstraße 90«, »Schreibwaren und Heftetausch 8 München«. Eine literarische Würdigung Enden die Tauschläden in der Graphic Novel Böse Geister von Peer Meter.62 In der Inhaltsangabe heißt es: »In den 1950er Jahren residierte in besagter Lindenhofstraße >Geffes Bücher-BörseSchülerzeitung< druckte ne­ ben naturwissenschaftlichen Beiträgen und Berichten aus aller Welt, auch Bildergeschichten ab. Zu ihnen gehörten u.a. Importe aus Finnland und Frankreich, Wilhelm Busch und E.O. Plauens Vater und Sohn. Anfang der 1950er Jahre konnten beide Heftreihen mit ihrem biede­ ren, ideologisch gefärbten Inhalt natürlich nicht mit den circa 80 verschie­ denen Comic-Serien konkurrieren, die inzwischen an den westdeutschen,

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und insbesondere West-Berliner Zeitungskiosken hingen. Ihren nicht un­ erheblichen gesellschaftlichen Einfluss auf die gerade gegründete DDR erläutert Andreas C. Knigge unter Rückgriff auf Gerd Lettkemann: »Über die offene Grenze gelangte die »Gangsterliteratur« (Neues Deutschland) in den Ostsektor, die Berliner Grenzübergänge wurden zu »Brennpunkten des Comic-Schmuggels«, so Gerd Lettkemann: »Mit der S-Bahn konnte man bei­ spielsweise vom Bahnhof Schönhauser Allee bequem den Westsektor errei­ chen. Stieg man dort Gesundbrunnen aus, so befand man sich sofort im Zen­ trum der Buden mit den zerlesenen Roman- und Comic-Heften. Hier kaufte und tauschte der Ost-Berliner seinen Lesebedarf.««70

Die gebührende Antwort auf den »imperialistischen Schund« ließ nicht lange auf sich warten. Am »Internationalen Kindertag 1955« verbrannten Schüler der 18. Grundschule in Berlin-Pankow westliche Comic-Hefte und am 4. Ok­ tober 1955 erging folgende Anordnung zum Schutz der Jugend: »Wer vorsätzlich oder fahrlässig a) Schmutz- und Schunderzeugnisse in der deutschen demokratischen Republik herstellt, verbreitet oder in dieses Ge­ biet einfuhrt, b) als Erziehungspflichtiger den Besitz ... bei Kindern duldet oder fordert,... wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und Geldstrafen oder einer dieser Strafen bestraft ... Mit einer Ordnungsstrafe bis zu 500 Mark wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig ... als Erwachsener Schund- und Schmutzerzeugnisse, die Kindern oder Jugendlichen abgenommen wurden, für sich behält oder aufbewahrt.«71

Diese Maßnahmen, wie auch Walter Ulbrichts Ankündigung: »Wir se­ hen unsere Aufgabe darin, die deutsche Kultur gegen diese amerikanische Lebensweise zu verteidigen«, beendeten das gerade begonnene politische Tauwetter in der DDR. Nach dem Tode Josef Stalins am 5. März 1953 und dem Arbeiteraufstand im Juni des gleichen Jahres, hatte sich der in­ nenpolitische Druck in der DDR gelockert. Presseerzeugnisse sollten der Bevölkerung Informationen auch jenseits der Politik bieten, und zur Er­ füllung dieses Auftrages erschien nun das Jugendmagazin Fräst (»Fröhlich sein und singen«). Das monatlich herausgegebene Heft besaß einen Umfang von 24 bis 40 Seiten im DIN-A4-Format und war hauptsächlich für die Zielgrup­ pe der Pioniere zwischen 6 und 14 Jahren gedacht. Inhaltlich präsentier­ te es neben politischen, kulturellen und naturwissenschaftlichen Beiträ­ gen, auch Bastel-, Versuchs- und Rätselbeilagen, die zu einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung anregen sollten. Neben diesem Mix aus Lernen und Unterhaltung enthielt Fräst Bildergeschichten, die aus Importen (über­ wiegend Ungarn) und eigenen Produktionen stammten. Durch Comic­ figuren wie Mäxchen Pfiffig von Richard Hambach,72 Jürgen Günthers7' grünem Affen Otto und der Serie Käpt'n Lütt und Koko, des Berliner Ka­

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rikaturisten Horst Alisch, gehörte Fräst zu einer der beliebtesten Kinder­ zeitung in der DDR.74 Das Format eines Frösi-Heftes umfasste nicht den gesamten Druck­ bogen, so dass die restliche Seite für die Atomino-Piccolos verwendet wur­ de. Der italienische Kinderbuchautpr Marcello Argilli und der Zeich­ ner Vinicio Berti hatten Atomino von 1962 bis 1965 in der Tageszeitung L’Unita veröffentlicht. Ein bearbeiteter Nachdruck inklusive Bastelbögen und Spielen erschien in Frösi ab August 1965, und dazu gesellte sich von 1968 bis 1969 eine Beilage im Piccolo-Format mit den Erlebnissen des kleinen atomgetriebenen Roboters und seiner Freundin Smeraldina. Ato­ mino kämpfte gegen die aktuellen Probleme Italiens wie Arbeitslosigkeit und Auswüchse des Imperialismus, um dann Abenteuer bei verschiedenen Reisen in vornehmlich sozialistische Länder zu erleben. Formell betrachtet war Frösi ein Jugendmagazin, zu dem im Zeichen der »Schmutz- und Schund-Kampagne« zwei Comic-Heftreihen hinzu­ kamen. Im Januar 1955 erschien mityf/zz ein Comic-Magazin im klassi­ schen Sinn, das als Titelgeschichte stets eine sechs- bis achtseitige Story mit einem historischen oder politischen Hintergrund beinhaltete. Ver­ schiedene Fortsetzungs-Serien, wie Jürgen Kiesers Mäuse Fix und Fax oder Pats Reiseabenteuer von Harry Schlegel, ergänzten die belehrenden Geschichten. Die Erlebnisse des Wandergesellen Pat spielten in der ers­ ten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und enthielten regelmäßig im Text oder in den Zeichnungen versteckte, nicht zeitgemäße Gegenstände. Zu ihnen gehörten eine Taschenlampe, Konservendosen, Feuerlöscher und DDRBezeichnungen, wie »VEB« und »HO«. Beantworteten die Leser die mit den Bildern verbundene Frage: »Was gab es damals nicht?«, belohnte sie ein kleiner Preis. Den Grund für diese harmlosen, unpolitischen Serien innerhalb eines ansonsten ideologisch gefärbten Magazins, erläutert Guido Weißhahn: »>Atze< erschien zunächst nur ganze acht Seiten dünn. Mit den Jahren stieg der Umfang, allerdings auch der Anteil an propagandistischem Material: Ab Anfang der Siebziger jahre bestand etwa die Hälfte jeder monatlichen Ausga­ be aus einer politischen Titelgeschichte, die meist in realistisch gezeichneten Bildern vom Sieg der Sowjetmacht über Hitler, dem antifaschistischen Wi­ derstandskampf oder den Errungenschaften der sozialistischen DDR berich­ tete - und das stets ohne Sprechblasen. Dem damaligen Chefredakteur Wolf­ gang Altenburger war jedoch offenbar klar, dass ein so einseitig ausgerichteter Comic kein Publikum finden würde, und er pflegte deshalb zwei unpolitische Feigenblätter: Die Mäuseabenteuer von »Fix und FaxAmerikanisierung< vermeiden wollten. Die erste Bollmann-Ausgabe entspricht in­ haltlich dem US-Mickey Mouse Magazine vom 5. September 1936.

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945 15 Am 13. Februar 1937 erschien die erste Seite von Harold Fosters Printe Valiant in den Sonntagsbeilagen der US-Zeitungen. Die neue Serie des renommier­ ten Tarzan-Zeichners und Texters war vom Beginn an so erfolgreich, dass sie von der österreichischen Jugendzeitung Der Papagei (Nr. l,Mai 1926-Nr. 14, Juli 1941) übernommen wurde. Aus nicht geklärten Gründen ernannte der Herausgeber nicht Printe Va/iant zum Hauptprotagonisten, sondern überließ diesen Part Valiants blondhaarigen und mehr >arisch< wirkenden Gefährten Prince Arn. Unter dem Titel Prinz Waldemar - Abenteuer aus ritterlichen Tagen, wurden Valiants Abenteuer ab Heft Nr. 9, Mai 1939 bis Heft 22,1939 immer auf der letzten Seite des Papageis abgedruckt.

16 Die Rama-Post (Rama im Blauband, Die Rama-Post vom lustigen Fips 19251933?) gab es als Zugabe beim Kauf von Margarine. Die Abenteuer einer Kaf­ feebohne schilderte die Werbezeitung Darbohne's Erlebnisse von 1935 bis 1938 (Darbovens Bilderbogen 1930er Jahre). Der kleine Genossenschaftler 1933-1940, herausgegeben von der Deutschen Großeinkaufs Gesellschaft, enthielt sowohl Zeichnungen von Micky Maus als Filmfigur, als auch Strips von Reinhold Escher, und die von dem sorbisch-deutschen Maler und Grafiker Fritz Lattke gezeichneten Abenteuer von Hanni, Fritz, Putzi und dem Raben Kolk (Vier treue Freunde). 17 Der Schuhhersteller Salamander führte 1937 ein Werbe-Heft ein, um unruhi­ ge Kinder von Kunden während der Verkaufsgespräche zu beschäftigen. Held dieser in Reimen erzählten Bildergeschichte ist der Feuersalamander Lurchi und seine Freunde, der Frosch Hopps, der Zwerg Piping, die Maus Mäusepiep, der Igel, und die Unke Unkerich. Ihre gemeinsamen Abenteuer enden fast im­ mer mit dem Reim: »Lange schallt’s im Walde noch: Salamander lebe hoch!«

18 Die grünen LwrcAi-Hefte lagen an den Kassen der Salamander-Schuhgeschäf­ te aus. Von 1935 bis 1939 wurden sie in Sammelbände zusammengefasst, die in einer von Heinz Schubei nachgezeichneten Version ab Anfang der 1950er Jahre wieder erhältlich waren. Die einzelnen Folgen von E. O. Plauens Strip Vater und Sohn erschienen zuerst in der Berliner Illustrierten Zeitung, und dann im Ullstein-Verlag von 1935 bis 1938 jeweils in drei Sammelbänden. 19 Heinz Schubei (22.01.1906-11.12.1997) war ein deutscher Grafiker und Il­ lustrator, der 1951 von dem Schuhhersteller Salamander den Auftrag erhielt, die Vorkriegsausgaben der Werbeheftreihe Lurchis Abenteuer zu überarbeiten. Schubei modernisierte das Erscheinungsbild der Serie und schuf ein von De­ tailfreude und Ideenreichtum geprägtes Werk. 1972 erschien mit der Nummer 52 sein letztes Lurchi-Heft, das die Olympischen Sommerspiele in München zur Handlung hatte.

20 Werner Fleischer: Die Lurchi-Chronik. Das Rätsel um den ersten Zeichner. In: Die Sprechblase 218 (2010), S. 65. 21 Die Abenteuer der Vier treuen Freunde (s. Anm. 15) erschienen ab 1933 im Kleinen Genossenschafter. Von 1936 bis 1940 wurden sie in sieben Bänden nach­ gedruckt; 1991 erfolgte ein Reprint aller Ausgaben beim Vorschritt-Verlag.

22 Andreas C. Knigge: Alles über Comici. Eine Entdeckungsreise von den Höhlenbil­ dern bis zum Manga. Hamburg 2004, S. 31. 23 Noch im Dezember 1945 kam nach der Kinderzeitung Christmas Tree die Kin­ derpost im Brettschneider-Verlag heraus. Die Zeitschrift erschien bis zur Nr. 6

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Die deutsche Comic-Ära nach 1945

(1959). In den Ausgaben Nr. 3-8 und 10-26 (1950), wurden die Abenteuer von Prinz Eisenherz abgedruckt. Den Zeitungen folgten 1946: Die Globi-Bücher, 1947: Bumm macht das Rennen, 1947: Peterle als Reporter, 1948: Jäckel und Bastel, 1948: Die Jagd nach dem Atomgeheimnis. 24 Martin Jurgeit: Modem Graphics aus dem Rennen. Die Neuordnung des Co­ mic-Vertriebsmarktes. In: Comixene 84 (2005), S. 8. 25 Der in Dänemark ansässige Egmont-Verlag sicherte sich 1948 die Rechte an den Disney-Comics für verschiedene europäische Länder. 1951 wurde eigens für die Micky Maus der deutsche Ableger Ehapa gegründet, dessen Name sich aus den Initialen des dänischen Firmengründers Egmont Harald Petersen zu­ sammensetzt.

26 Der dänische Aller-Verlag produzierte seit 1938 erfolgreich Comics im Ma­ gazinformat. Ab 1952 vertrieb er über die eigens gegründete Aller GmbH, Hamburg, verschiedene Comic-Reihen in Deutschland: Phantom-Heft (April 1952— April 1955) u.a. Felix der Kater, Rip Karby. Buntes Allerlei (Jan. 1953Aug. 1954). Ab Nr. 42 (1953) bis Nr. 16 (1954) erschienen in jeder Ausgabe Supermann-Geschichten und eine Batman-Story. Prinz Eisenherz-Heft (Jan. 1954-Aug. 1955) u.a. mit Phantom, Bob und Frank und Blondie. 27 Der schwedische Verlag Seriefbrlaget gab von März 1953 bis April 1954 Tom Mix - Die Bildserien-Jugendzeitschrift heraus. Weitere Protagonisten in dem Magazin waren Buffalo Bill, Lash LaRue und Roland - Der Riese. Die Tom Mix-Hefte wurden in Schweden gedruckt und über eine in Bremen ansässige Kontaktadresse versandt.

28 Der Hamburger Mondial-Verlag brachte mehrere erfolgreiche Serien in einem farbintensiven Kupfertiefdruck heraus, bspw. Tarzan (Sept. 1952-Sept. 1958, die Hefte enthielten einen willkürlichen Zusammenschnitt der Tarzan-Sonntagsseiten und Tagesstreifen), Der kleine Sheriff (Feb. 1954—Juli 1957), Pecos Bill (April 1953-Feb. \95ff,Buffalo Bill (Feh. 1955-Feb. 1956). 29 Der Lehning-Verlag veröffendichte ab 1948 Skorpion, das literarische Magazin mit einem abgeschlossenen Roman (hierbei handelte es sich meistens um einen Liebesroman), sowie die Sonntagspost (sonntags erscheinende Wochenzeit­ schrift, die als Konkurrenz zum stern und der Quick gedacht waren). Ab 1949 erschienen dann auch die ersten Heftromane der Reihe Stella und ab 1950 die Reihen Gloria und Luna. 1952 verkaufte der Verlag für 1 DM das Lehningbuch, das im Gegensatz zu den anderen Publikationen tatsächlich bedeutende Auto­ ren abdruckte: Emile Zola, Leo Tolstoi oder Alexander Dumas. 30 Robert Marsche: Ursula Reuter - Eine Mitarbeiterin des Lehning-Verlages. In: Die Sprechblase 29 (1980), S. 9.

31 Klaus Spillmann: Die 50erJahre - das Jahrzehnt der Piccolos. In: Die Sprechblase 25 (1980), S. 16. 32 Wäschers FaÄ-Geschichte »vom großen Wolf« besaß einen Umfang von 34 Heften {Falk 1. Piccolo Serie Nr. 90- 123) und der 7’Mor-»Abal«-Plot erreich­ te sogar 39 Ausgaben (Tibor 1. Piccolo Serie Nr. 81- 119). 33 Piccolos: Akim - Der Sohn des Dschungels (A. Pedrazza & Roberto Renzi), Juli 1953- Dez. 1954. Blauer Pfeil (E. Chiomenti), Okt. 1954-April 1955. Blitz Der Zeitungsjunge (A. Pedrazza), Jan.-Nov. 1955. Camera - Abenteuer eines

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Die deutsche Comic-Ara nach 1945 Weltmeisters (Nino Puglisi, Scgna Pini, Franco Paludctti, Giovanni Sinchetto, Dario Guzzon, Pietro Sartoris), Juli 1953-Mai 1954. Der rote Adler (B. Resio), Okt. 1953-Okt. 1954. El Bravo - Der Schrecken der Banditen (F. Bignotti), Juli 1953-Feb. 1955. Fulgor - Der Weltraumflieger (A. Pedrazza), Sept. 1953—Juli 1954. Harry - Der Grenzreiter (Franco Paludctti Sc Ferdinando Tacconi), Okt. 1953-Feb. 1955. Herr des Dschungels (Wäscher 8c A. Pedraz­ za), Dez. 1954-Jan. 1956.Jezab (E. Chiomenti), Mai 1954-Feb. 1955. Peterle (A. Pedrazza), Okt. 1953-Feb. 1955. Raka (E. Chiomenti), Juli 1954-Mai 1955. Kolibris: Falkenauge - Der letzte der Apachen (P. Gamba), Sept. 1954-Jan. 1955. Der schwarze Reiter - Aus dem wilden Westen (Studio EsseGesse), Sept. 1954- Jan. 1955. 34 Fred Decker: Jugenderinnerungen und Kinderträume. In: Die Sprechblase 141 (1995), S. 32,37.

35 Ebd., S. 40. 36 Ebd., S. 28-42. 37 Weshalb liest kaum eine Frau oder Mädchen Comics? http://www.cosmiq.de/ qa/show/3285626/Weshalb-liest-kaum-eine-Frau-oder-Maedchen-Comics/ (Zugriff: 16.09.2015).

38 Ebd. 39 Marietheres Doctsch: Comics und ihrejugendlichen Leser. Meisenheim am Glan: Hain Verlag 1958, zit. nach: Die Sprechblase 150 (1996), S. 21 ff.

40 Ebd.

41 »Lesevorlieben der Mädchen. Mädchen bevorzugen die Lektüre von Romanen, in denen emotionale Erzählungen von sozialen Beziehungen im Mittelpunkt stehen, sowie Liebesromane und Geschichten über die Familie und Freund­ schaften. Bei Zeitschriften bevorzugen sie die klassischen Jugendzeitschriften wie Bravo. Daraus kann man schließen, dass Mädchen eine höhere Affinität zu Medien haben, bei denen verbale Modi (Sprache und Schrift) im Vordergrund stehen und deren Inhalte sich durch lineare Lektüre erschließen. Lesevorlieben der Buben. Buben lesen zwar auch erzählende Literatur zu Themen wie Aben­ teuer, Fantasy, Horror oder Science Fiction, aber im Alter von 10 bis 12 Jahren kann man einen >Leseknick< beobachten. Bei Sachbüchern und Comics aller­ dings sind Buben Vielleser.« (http://wpll703655.server-he.de/m%C3%A4dchen-und-buben-lesen-anders, Leseland Niederösterreich) - »Mädchen setzen sich schwerpunktmäßig mit Fragen des sozialen Zusammenlebens auseinander und mit dem Thema >PferdeHeldengeschichtenZukunftsbuch< auf und schrei­ ben vorher das, was uns wichtig erscheint: ein >Sputnikbuchf-Weltraumserie« setzte auch inhaltlich den neuen Kurs der SED um, indem sie den Ost-West-Konflikt mit in den Plot integrierte. So besuchen die Digedags auf ihrer Reise ins All den von einem Atomkrieg zerstörten Planeten Nucleon und ermitteln dort als Verursacher der alles vernichtenden Katastrophe Aktienschieber und Großkapitalisten. Fassungslos stellen die Digedags in den Trümmern des ehemaligen Börsengebäudes fest: »Sicher waren die Kriegsvorbereitungen die Ursache, dass die Aktien der Atom-Gesellschaft so hoch im Kurs stan­ den, und die Landgewinnungs-Gesellschaft wurde von den Rüstungskonzemen ruiniert.«25 Hegen und Dräger übernahmen die aktuelle politische Situation des geteilten Deutschlands in ihre Utopie und schilderten eine Zukunft, die nur noch von zwei konträren politischen Systemen beherrscht wird: Der Re­ publikanischen Union, die aus einer friedlichen Vereinigung sozialistischer

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Johannes E Hegenbanh

Staaten besteht und dem Großneonischen Reich, einer aggressiven kapita­ listischen Hegemonialmacht. Diese schon sehr indoktrinierende Handlung begleitete ab Dezember 1958 ein ideologischer Beitrag zur Bildung und Erziehung der Jungen Pioniere. In der größtenteils von Lothar Dräger ver­ fassten vierseitigen Beilage Klaus unrfHein erzählen aus dem Pionierleben er­ läutern die beiden Protagonisten in vierzeiligen Versen die Umsetzung der von Margot Honecker angeordneten Aktionen zur Energieeinsparung oder zur Schweinemast. Die Beilage wurde zusammen mit den Afowül-Heften Nr. 25-108 ausgeliefert und nur in geringer Auflage gedruckt. Die ökonomischen Entscheidungen der 30. Tagung des SED-Zentral­ komitees im Januar 1957 tangierten auch im praktischen Sinn das Mosaik- Kollektiv. Uber zwei Jahre mussten die Künstler Großbaustellen wie das Eisenhüttenkombinat-Ost und das Petrochemische Kombinat Schwedt aufsuchen. Ein besonderes Augenmerk galt dabei dem geplanten Zent­ ralflughafen Berlin-Schönefeld den die Partei zum »Zentralen Jugendob­ jekt« der FDJ erklärt hatte. Da Mosaik seit 1960 im FDJ-Verlag erschien, war es nur folgerichtig, dass auch die Digedags mit der riesigen Baustelle in Berührung kamen. Das Mosaik-Heft Nr. 39 präsentierte deshalb auf den Seiten 20 und 21 ein Panorama des geplanten Flughafens Schönefeld, das auf den öffentlichen vorgestellten Modellen des »Pavillon der volksei­ genen Luftfahrtsindustrie« während der 1959 in Leipzig stattgefundenen Frühjahrmesse basierte. Kommentiert wurde die Doppelseite von Lexi, einer eigens von Hegen für die Weltraumserie eingeführten Figur. Lexi, das Lexikon, erläuterte wissenschaftliche Themen in den AfonnA-Heften Nr. 36-43. Den zukünftigen Flughafen Schönefeld beschreibt Lexi so: »Der Neos ist Euch Erdbewohnern, wie Ihr schon gemerkt haben werdet, in der Technik immer ein paar Jahre voraus, aber viele Dinge, die ich Euch er­ kläre, gibt es schon auf der Erde oder es wird sie dort bald geben. Auch die Anlage dieses Flugplatzes, an dessen Ausbau die Digedags mitgearbeitet ha­ ben [...] wird bald auf der Erde verwirklicht werden: Der Zentralflughafen Schönefeld.«26

Die von Hegen und Dräger vorgenommene literarische Umsetzung des Parteiauftrags erregte aber trotz der vorhandenen Linientreue das Missfal­ len des Chefredakteurs Hans Ehrhard. Schriftlich stellte er in einer Vorla­ ge an das Sekretariat der FDJ fest: »Ein besonders drastisches Beispiel ist das Heft 39 (Februar). Der Themenplan sah vor: Flughafenbau. [...] Grafisch wird die Anlage nach Zeichnungsunter­ lagen der Deutschen Lufthansa für den Flugplatz Berlin-Schönefeld gestaltet. Herr Hegenbarth machte daraus eine einzige primitive Geschichte mit einem halbblöden Studenten, obwohl sich die Gestaltung unseres zukünftigen Flug­ hafens Schönefeld regelrecht anbot und eine ausgezeichnete Gelegenheit war, die Kinder anhand dieses großartigen Objektes unseres Siebenjahresplans für

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre die sozialistische Perspektive zu begeistern und ein Stück Erziehungsarbeit für den Sozialismus zu leisten.«27

Tatsächlich wirkten die Mosaik-Hefte auf den ersten oberflächlichen Blick wie ein linientreues Organ der FDJ, doch beim näheren Hinsehen präsen­ tierten sie immer noch die von den Lesern geliebten alten Handlungsmus­ ter. Slapstick und harmlose Clownerien bestimmten auch weiterhin die Plots und forcierten so die nächste offizielle Kritik. Schonungslos verglich die Vorsitzende des Arbeitskreises »Zentralstelle für Kinder- und Jugend­ literatur« in einem Brief an das Ost-Berliner Ministerium Mosaik mit den Heften des Klassenfeindes und stellte fest: »Jede Comic-Offensive gegen den Klassenfeind müsse scheitern, denn Dreck ist nicht durch Dreck zu bekämpfen, nur durch revolutionäre Parteilichkeit.«28 Als Folge der nicht zu ignorierenden Kritiken drohte dem »unpoli­ tischen Mosaik» die totale Einstellung. Das Cover für das Abschiedsheft Mosaik Nr. 37 Letzte Ausgabe war schon gezeichnet, als man es sich an höherer Stelle noch einmal anders überlegte.29 Im Januar 1960 deutete dann der Titel Das letzte »Fest* darauf hin, dass ausgerechnet das Jubilä­ ums-Heft Nr. 50 das letzte sein könnte. Doch prominente Fürsprecher wie der Physiker Manfred von Ardenne und die Ehefrau des Politbüromitglie­ des Horst Sindermann setzten sich schriftlich für eine Weiterführung ein und so überlebte Mosaik auch diese Krise.30 Notgedrungen nahm Hegen nun einige formale und auch inhaltliche Änderungen vor und schuf zu­ sammen mit Dräger einen Plot, der den Bildungsauftrag der SED weitaus besser als die bisherigen Abenteuer umsetzen sollte. Die Digedags bega­ ben sich auf eine fast drei reale Jahre andauernde Weltraumexpedition, auf der sie die Evolutionsgeschichte der Menschheit auf mehreren prähis­ torischen Planeten nachvollzogen. Zwischen den Landungen plauderten die Digedags über ihre Erlebnisse mit Entdeckern und Erfindern in den unterschiedlichsten Epochen der Erde. So begegneten sie im Laufe der Zeit u.a. Konstantin Ziolkowski, James Watt und Werner von Siemens. Neben den ideologischen Korrekturen überarbeitete Hegen auch das grafische Format der Hefte. Ab der Nr. 62 verzichtete er auf die unge­ liebten Sprechblasen und entfernte damit ganz im Sinne der Partei ein wesentliches Merkmal der unerwünschten West-Comics. Dieser anschei­ nend rein politischen Entscheidung lag aber tatsächlich ein technisches Problem zu Grunde, denn das Handlettering der Sprechblasen hatte sich im Laufe der Zeit als zu zeitaufwändig erwiesen und so wurden die erwei­ terten Texte jetzt im Maschinenlettering unter die Panels gedruckt. Die sogenannte »Erfinder-Reihe« schien endlich den proklamierten »Kampf gegen die westlichen Comics mit eigenen humanistischen Mit­ teln« zu erfüllen, doch letztendlich wurde sie wieder kritisiert:

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Johannes E Hegenbarth

»Die Teilserie »Geschichte der Technik«, die sich an die stark ideologisierte Weltraum-Serie angeschlossen hatte, wies angeblich »eine Reihe von Män­ geln« auf: die Abenteuer seien »oft zum Selbstzweck« geworden, hinter den Ge­ schichten würden sich »teilweise unwissenschaftliche Natur-, Geschichts- und Moralauffassungen« verbergen.«31

Die unmittelbaren Auswirkungen dieser negativen Beurteilung bekam Hegen zu spüren, als er Anfang 1963 die Kurzkonzepte für die Mosa/¿-Hefte Nr. 86 bis Nr. 91 beim Verlagsleiter Rudolf Barbarrino einreich­ te. Die Manuskripte umfassten das Ende der Bauer-Episode (Erfindung des U-Bootes) und den Beginn der sogenannten »Marco Polo-Serie«. Bar­ barrino wiederum legte die Exposés dem stellvertretenden Vorsitzenden aller DDR-Pioniere und Mitglied im SED-Zentralkomitee Hans-Joa­ chim Hertwig zwecks Genehmigung vor und dieser befand im Sommer 1963: »Die U-Boot-Serie ist nicht besonders gut überlegt«; wenigstens mit der Marco Polo-Idee konnte er sich anfreunden, wenn er auch hier »unbedingt« eine Überarbeitung - »nicht so viel Klamauk« - forderte.“32 Hegen strich daraufhin die für die Moraül-Hefte Nr. 90 und 91 vorgese­ hene weitere U-Boot-Handlung und begann stattdessen mit der »Marco Polo-Serie«, die unter der Bezeichnung »Ritter Runkel-Serie« weitaus be­ kannter werden sollte. Die Abenteuer des Ritters Runkel von Rübenstein umfassten mit 62 Ausgaben die längste Episode der Digedags und be­ gannen mit einer offenen Provokation. Anders lässt sich die unerfüllbare Vision einer Venedig-Reise von den in der DDR eingeschlossenen Lesern ja auch kaum interpretieren: »Stellt euch vor, ihr hättet Schwingen wie ein Vogel und schwebtet über die blauen Wogen der Adria der Küste Italiens zu. [...] Ihr fliegt dem Schalle nach und seht vor euch aus dem Dunst, der über dem Meer liegt, eine Märchen­ stadt auftauchen, deren viele hunderte Turme mit gold- und silberglänzenden Dächern dieses Geläut aussenden. Auf Inseln in einer geschützten Lagune ist diese Stadt gebaut, von Kanälen durchschnitten, durch zahllose Brücken wie mit Klammern zusammengehalten. Ja, es ist kein Zweifel möglich: Wir befin­ den uns über Venedig ,..«33

Trotz dieser schon fast zynischen Einleitung sollte sich die »Runkel-Ge­ schichte« zur bisher populärsten Mosaik-Serie entwickeln. Die Abenteuer des jähzornigen Ritters und seiner beiden Knappen Dig und Dag im Jahre 1248 erinnerten nicht von ungefähr an Onkel Donald und zwei seiner Neffen. Wie bei Carl Barks manövriert sich der ungeschickte Ritter im­ mer wieder in die unmöglichsten Situationen, aus den ihn dann seine zwei kleinen, aber cleveren Begleiter befreien müssen. Der kommerzielle Erfolg der Episode zeigte sich auch daran, dass 1966 eine vierbändige Hardco­ ver-Ausgabe der Hefte Nr. 90 bis Nr. 115 in der DDR erschien.

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre

Ab August 1969 wandte sich das Kollektiv einem neuen Sujet zu und begann die sogenannte »Amerika-Serie«. In ihr reisten die Digedags 1860/61 als Zeitungsreporter von New Orleans aus durch den damals noch Wilden Westen bis nach New York Für die wissenschaftliche Betreuung dieses Plots war größtenteils Lothar Dräger zuständig, der in der (Ost-) Berliner Staatsbibliothek u.a. die Geschichte des Amerikanischen Bürger­ krieges auswertete und danach den »roten Faden« der Handlung erfand. Das Grafiker-Team setzte dann seine Vorgaben mit einer ungewöhnli­ chen Detailfreude um und so entstanden die wohl intensivsten Ausgaben der bisherigen Afonr/^-Reihe. Zu den stimmungsvollen Bildern gesellte sich ein Plot, der von einer Raddampfer-Wettfahrt auf dem Mississippi bis hin zum »Sklavenexpress« alle Aspekte der US-Historie umspannte. Geschickt verknüpften Hegen und Dräger die wechselhafte Geschichte des Kontinents mit Karl Mays Schatz im Silbersee und den Mythen des »Western« und schufen so ein Epos, das den Höhepunkt ihres Schaffens darstellte. Leider sollte die »Amerika«-Reihe aber auch die letzten künstlerisch gestalteten Mosaü-Hefte enthalten, denn Hegen kündigte Ende 1974 sei­ nen Vertrag mit dem Junge Hilt-Verlag. Die Gründe für diese Entschei­ dung sind vielfältig und größtenteils rein spekulativ, denn Hegen selbst hat sich nie zu öffentlich den näheren Umständen seines Ausscheidens geäußert. Die Hauptursache dürfte aber produktionstechnisch bedingt gewesen sein. Die Druckerei plante die bisher verwendete Bogenoffsetmaschine durch eine Rolloffsetmaschine zu ersetzen, so dass nur noch Hefte mit einem Umfang von zwanzig statt der bisherigen vierundzwanzig Seiten gedruckt werden konnten. Hegen missbilligte die Verringerung des Hef­ tumfanges aus künstlerischen Gründen und bot an, sechs Ausgaben pro Jahr mit zweiunddreißig Seiten herauszubringen. Verstärkt wurde seine Entscheidung durch die inzwischen eingetretene zeitliche Limitierung des Kollektivs, dessen Mitglieder größtenteils nur noch halbtags arbeiteten. Zu diesen formalen Schwierigkeiten gesellten sich nach unbewiesenen Ver­ mutungen Hegens überzogene Gehaltsvorstellungen, die er so wie in den letzten Jahren mit dem Hinweis auf seine Urheberrechte durchzusetzen versuchte.34 Doch diesmal ging der Verlag nicht auf seine Forderungen ein und schloss mit ihm einen letzten Vertrag, der die Zeit bis zum Anlaufen der Rolloffsetmaschine überbrückte. Als Folge dieser Vereinbarung schuf Hegen 1974/75 mit dem sogenannten »Orient-Zyklus« ein letztes Aben­ teuer der Digedags, das anstatt ambitionierter Hintergrundzeichnungen und liebevoll ausgearbeiteter Figurendarstellungen schlichte Konfektions­ ware bot. Die bisher aufwendig ausgefuhrte Kolorierung wirkte nun blass

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und die Textfelder ersetzten die einstmals so verpönten Sprechblasen. Um das Layout nicht zu sehr zu beeinträchtigen, lagen die jetzt rechteckigen Blasen unter dem jeweiligen Bild. Im Juni 1975 kam mit der Nr. 223 das letzte von Hegen mitgestaltete Afowi^-Heft heraus, in dem der Abgang der Digedags mit einem Nekro­ log zelebriert wurde. »Sie ließen sich durch keine Bitten zurückhalten und machten sich auf, diese Stadt der Märchen und Träume zu suchen, ihr Reich, aus dem sie vor langer Zeit gekommen waren und in das sie eines Tages wieder heimkehren mußten. Als die Digedags ihren Gastgebern ein letztes Lebewohl zuwinkten, da wus­ sten sie, dass dies auch ein Abschied für alle war, die sie kannten und liebten.«3’

Auf Grund einer lizenzrechtlichen Vereinbarung zwischen Hegen und dem Junge WWr-Verlag erschien in der Vorlaufzeit bis zum Start des nächs­ ten Zyklus in den Heften Nr. 224 bis 229 ein Nachdruck der »Ritter Run­ kel-Reihe«. Als prompte Reaktion auf die Neuauflage erreichte die Mosaik-Redaktion eine Flut von Leserbriefen, die ein am 5. September 1975 an die Abonnenten verschicktes Rundschreiben beantwortete. »Im Zusammenhang mit einigen Veränderungen bei Mosaik wurden uns in den letzten Wochen viele Fragen gestellt. Wir wollen sie offen und ehrlich beantworten. Der Nachdruck der Runkel-Hefte hat weder etwas mit Nostalgie noch mit Ideenlosigkeit zu tun. Es ist eine leider notwendige Überbrückungs­ maßnahme, die von Juli bis Dezember 1975 dauert. [...] 1974 kündigte der künstlerische Leiter von Mosaik und Schöpfer der Digedags, Herr Hannes Hegen, aus persönlichen Gründen seinen Vertrag mit unserem Verlag. Da er die Urheberrechte an den Digedags besitzt und diese dem Verlag trotz lan­ ger Verhandlungen nicht überließ, war der Verlag gezwungen, gemeinsam mit dem Grafiker-Kollektiv des Mosaik für Januar 1976 ein völlig neues Mosaik mit neuen Geschichten und neuen Figuren vorzubereiten. [...] Da der Vertrag mit Herrn Hegen mit dem Juni-Heft ablief, musste der Verlag zu dieser Über­ brückungsmaßnahme greifen, um die Zeit für die Vorbereitung der neuen Rei­ he zu gewinnen. Wir hätten, [...] auch lieber die alten Hefte der Römerserie herausgebracht. Das scheiterte aber daran, dass wir erstens von Herrn Hegen die Urheberrechte an diesen Heften nicht übertragen bekamen und zweitens, dass die fast 20 Jahre alten Druckunterlagen den technischen Anforderungen nicht mehr genügen.«36

Die Überbrückungsfrist von einem halben Jahr nutzte das von Lothar Dräger geleitete Kollektiv zum Entwerfen neuer Figuren und Plots. Drä­ ger schuf zusammen mit Lona Rietschel die drei koboldhaften Abrafaxe, die nicht von ungefähr an die beliebten Digedags erinnerten. Ihren ersten Auftritt kündigte das Mwaäi-Heft Nr. 229 folgendermaßen an: »Liebe Leser! Ab Januar 1976 erscheint, in einem neuen Gewand, mit lustigen Gestalten und neuen Abenteuern, ein neues Mosaik. [...] Hochverehrtes Pu­ blikum! Mein Name ist Harlekin, und ich habe die Ehre und das Vergnügen,

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre den Reigen der Spaßmacher zu eröffnen, der in den nächsten Jahren an Euch vorüberziehen soll. Dabei geht’s kreuz und quer durch alle Länder und Zeiten, wie Ihr hier schon an meinen werten Kollegen Hodscha Nasreddin, Ludas Mattyi, Eulenspiegel, Aesop, Iwanuschka und John Falstaff erkennen werdet. Und natürlich sind die Abrafaxe immer dabei!«37

Das »Neue Mosaik* umfasste wie geplant nur noch zwanzig Seiten und war grafisch derart gestaltet, dass es die Leser mühelos als Fortführung ihrer gewohnten Serie akzeptieren konnten. Hegen aber sah in ihm ein offensichtliches Plagiat und strengte eine Urheberrechtsklage an, die aber der Hausjurist des Verlages so abwendete, dass es nicht zu einem Prozess kam. Fortan durfte der Junge Welt-Vef\a.g den Titel Mosaik für seine neu­ gedruckten Hefte benutzen, während Hegen die Verwertung des von ihm geschaffenen Materials zustand. Als Folge dieser Vereinbarung führte der Verlag den schon 1974 begonnenen Nachdruck der sogenannten »Ame­ rika-Reihe« weiter, die als gebundene Buchausgabe 1974/78 in der BRD und West-Berlin herauskam und für die Hegen neue Covers schuf. Wei­ tere Lizenzausgaben seines Mosaik erschienen in folgenden Ländern: Al­ banien: Mozaik, Belgien und Niederlande: Dig en Dag op Stap, Finnland: Mosaiikki, Jugoslawien: Mozaik, Ungarn: Mozaik, USA: Mosaic.3* 1990 begann für Hegen, nach dem Fall der Mauer, ein neuer Lebens­ abschnitt. Erneut führte er einen Urheberrechtsprozess und scheiterte auch diesmal mit dem Vorwurf, die aktuellen Mosaik-Hefte seien ein of­ fensichtliches Plagiat der von ihm geschaffenen Figuren. Das neugestal­ tete Abrafaxe-Mosaik gab nach der Abwicklung des Junge Hi7/-Verlages zuerst die Procom Gesellschaft für Kommunikation und Marketing her­ aus und seit dem Heft Nr. 1/1992 erscheint es kontinuierlich im Berliner Steinchen für Steinchen-Verlag. Hegen widmete sich ab 1990 der Neuauflage seiner alten Mosaik-Hefte, für deren Vermarktung er einen kompetenten Partner suchte, den er 1991 im Tessloff-Verlag fand.3’ Der Verlag gründete für die Verwertung von Hegens Material das Tochterunternehmen Buchverlag Junge Welt, das bis Ende 2005 Sammelbände, Reprint-Mappen und Softcover der Digedags herausbrachte. Am 1. Januar 2006 ging dann der BVJW im Tessloff-Mutterverlag auf, der für alle weiteren Veröffentlichungen zuständig ist. Für die diversen Buchausgaben zeichnete Hegen neue Covers, Kapiteleinlei­ tungen und teilweise Seitenüberarbeitungen. Diese Illustrationen schie­ nen abgesehen von den Covers der DDR-»Amerika-Buchreihe« Hegens erste Arbeiten seit 1975 zu sein, doch der Eindruck täuschte. Hegen hatte als passionierter Theaterfreund schon seit den 1950er Jahren im Berliner Ensemble und Deutschen Theater berühmte Inszenierungen grafisch fest­ gehalten und genauso die Konzertsäle und Kneipen Ost-Berlins skizziert.

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Neben dem kulturellen Leben in der DDR fertigte Hegen Reiseimpressi­ onen an, die das sozialistische Ausland aus einem satirischen Blickwinkel Wiedergaben. So zeigten seine in Bulgarien entstandenen Bilder z.B. die Diskrepanz zwischen einer in Jahrhunderten gewachsenen Bauemkultur und den modernen Neubauten der J970er Jahre. Ab 1990 konnte Hegen zusammen mit seiner Frau auch nach Venedig reisen und den detailreich in den Mosaik-Heften wiedergegebenen Schauplatz so vieler Abenteuer endlich mit eigenen Augen betrachten. In die Lagunenstadt zog es Hegen vor allem wegen des berühmten Karnevals, dessen farbenprächtige Kos­ tüme er in einer Reihe von kolorierten Skizzen immer wieder abbildete. Johannes Hegenbarths grafisches Werk erfuhr erst 2008 eine erste Anerkennung durch die Verleihung des Max und Moritz-Preises.40 Zu­ sammen mit Hansrudi Wäscher erhielt Hegen die Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Comic-Künstler beim 13. Internationalen Co­ mic-Salon in Erlangen. In der offiziellen Begründung heißt es, dass Hegen und Wäscher »Pionierleistungen in Ost und West« erbracht haben. Hegen selbst konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Ehrung teilneh­ men, sodass zwei Mitarbeiterinnen des Tessloff-Verlages für ihn den Preis entgegennahmen. 2008 verstarb Hegens Frau Edith, und das mag mit einer der Gründe sein, dass er beschloss, ihr gemeinsames künstlerisches Werk dem Haus der Geschichte in Leipzig zu vermachen. Das Zeitgeschichtliche Forum hatte schon vom 14. Mai bis 21. Juli 2009 die Ausstellung Die Digedags, rasende Reporter durch Raum und Zeit präsentiert, in der die Besucher auch Original-MoMi^-Hefte lesen konnten. Als Folge von Hegens Entschei­ dung verkündete der seine Interessen vertretende Tessloff-Verlag am 15. Juli 2009 die Schenkung: »Im Berliner Atelier von Johannes Hegenbarth (Pseudonym: Hannes Hegen), dem Schöpfer der Digedags, wurde gestern ein Schenkungsvertrag unter­ zeichnet. Den Vertrag unterzeichneten Johannes Hegenbarth, Prof. Dr. Rainer Eckert, Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, und Dr. Thomas Seng, Geschäftsführer des TESSLOFF Verlages. Der in Nürnberg ansässige Verlag behält die Weltverlagsrechte und wird weiterhin das Mosaik von Han­ nes Hegen in Buchform publizieren. Die Schenkung an die Stiftung umfasst unter anderem alle erhaltenen Originale, wie Reinzeichnungen und Skizzen zu den Digedags, und Bücher aus Hegens Bibliothek, die er zu Recherchezwe­ cken nutzte. Ein Schatz, der nicht nur die Herzen der Digedag-Fans höher schlagen lässt. Ein Teil davon ist bereits in Leipzig angekommen, der Rest folgt demnächst, wird archiviert und im Anschluss der Öffentlichkeit zugäng­ lich gemacht. Außerdem geht ein Konvolut von Tausenden von Zeichnungen, das Lebenswerk von Johannes Hegenbarth und seiner Frau Edith, ehemals Kostümbildnerin an der Staatsoper Berlin und Hegens wichtigste Mitarbeite­ rin am Mosaik, mit nach Leipzig. Diese Zeichnungen zeigen den Schöpfer des

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre Mosaik von einer ganz anderen Seite und werden fur große Überraschungen in der Fachwelt sorgen.«41

Hegens großzügige Schenkung gehörte mit zu den Gründen, weshalb er am 30. November 2010 in Berlin mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde. Der Kulturstaatssekretär André Schmidt verlieh ihm im Auftrag des Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande, »... weil er über längere Zeit hinweg gegen teilweise stärksten Widerstand der Kulturbehörden seine eigenen Vorstellungen durchsetzte und so seinen Lesern in insgesamt 223 Heften >Reisen< ermöglichte, die den normalen Bürgern der DDR in der Alltagsrealität verboten waren. Sich und seinem Werk ist er stets treu geblieben [...]. Herrn Hegenbarths Verdienste um das Allgemeinwohl [...] werden dadurch noch erweitert, dass er - trotz des Angebots eines An­ kaufs - sein Gesamtwerk (das sehr viel mehr umfasst als die Originale zum Mosaik) dem Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig schenkte.«42

Offizielle Anlässe wie die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes oder die Übergabe seiner Werke an das Zeitgeschichtliche Forum sind einige der raren Gelegenheiten, in denen Johannes Hegenbarth noch einmal an das Licht der Öffentlichkeit trat. Seit 1975 hatte er sich in das Privatleben zu­ rückgezogen und gab weder Interviews noch Statements zu seiner Vergan­ genheit in der DDR. 2012 kam es zu einem Treffen mit Lona Rietschel. Sie erzählt: »Im Januar besuchte ich ihn in seinem Haus in Berlin-Karlshorst. Es war ein Wiedersehen nach 37 Jahren. Seit dem Ende der Digedags hatten wir keinen Kontakt mehr. Er schmollte damals und zog sich zurück. Doch jetzt hatte ich das Bedürfnis zu reden. Ich traf einen alten, schmalen Mann, der immer wieder jammerte, dass man ihm sein Lebenswerk genommen hat. Rührend war er da­ mit beschäftigt, alte Zeichnungen auf seinem Farbkopierer zu vergrößern und sich daran zu erfreuen. Er führte mir stolz seinen Treppenlift vor und wir saßen zusammen. Es wurde ein schönes, vertrautes Gespräch. Er tat mir Leid.«41

2012 erlitt Johannes Hegenbarth mehrere schwere Stürze, bei denen er sich viermal das Jochbein brach. Seitdem lebte er unter ständiger Betreu­ ung in einem Pflegeheim. Lona Rietschel, die ihn besuchen wollte, stellte resiginiert fest: »Es ist alles so mühsam für ihn. Er will keinen sehen, ist nur noch im Bett.«44 Lona Rietschels pessimistische Einschätzung sollte sich aber nur teil­ weise bewahrheiten, denn im April 2014 besuchte sie gemeinsam mit Johannes Hegenbarth die Eröffnungsveranstaltung der Ausstellung Dig, Dag, Digedag. DDR-Comic Mosaik in der Kulturbrauerei Berlin. Die Vernissage war Hegenbarth; letzter öffentlicher Auftritt. Am 8. November desselben Jahres verstarb er im Alter von 89 Jahren. Für Johannes Hegenbarth zählt allein sein künstlerisches Werk, in dem sich seiner Meinung nach alle Antworten auf die noch offenen Fragen fin70

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den lassen, wenn man es nur sorgfältig genug liest. Stellvertretend für ihn muss man nur die Digedags betrachten, um drei körperlich eher schwache Helden zu sehen, die vereint im Kollektiv jedem Gegner mit Witz und Pfiffigkeit überwinden. Geschützt durch ihre enorme Beliebtheit und ihre ökonomische Wertschöpfung wehrten sie sich gegen den allmächtigen Parteiapparat der DDR und überdauerten letztendlich sogar das Land, dessen politisches System sie doch vertreten sollten. Aus dem ehemali­ gen Prestigeobjekt der FDJ ist ein gesamtdeutsches Kulturgut geworden, das auch die Leser in den »Alten Bundesländern« verzaubert. Mosaik und die Digedags, das ist eine magische Welt, für die ihr Schöpfer genau wie Hansrudi Wascher oder Helmut Nickel inzwischen die ihm zustehenden Ehrungen erhalten hat.

Anmerkungen 1

In dem im heutigen Tschechien gelegenen Bömisch-Kamnitz wurden u.a. die Komponisten Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Anton Dvorak und der Maler und Grafiker Josef Hegenbarth geboren.

2

Aussage des deutschen Comic-Autors Lothar Dräger (http://www.mosapedia. de/wiki/index.php/Digedags, Zugriff: 13.05.2011).

3

Ebd.

4

Der Comic-Strip Dig et Dag, Vagabonds wurde Anfang der 1940er Jahre von dem belgischen Comic-Zeichner J. Closters geschaffen und u.a. in dem Maga­ zin Wrill abgedruckt (ebd.).

5

Die seit 1946 erscheinende satirische Zeitschrift Frischer Wind übernahm 1954 den Titel Eulenspiegel von der eingestellten, unabhängigen Zeitschrift Ulen­ spiegel. Als einzige Satirezeitschrift der DDR überstieg die Nachfrage häufig die auf 50000 Stück limitierte Auflage.

6

Dig, Dag, Digedag. DDR-Comic Ausstellung, Berlin 11.04.-03.08.2014

7

Reinhard Seidler: Die Mosaik-Story. In: Die Sprechblase 122 (1992), S. 50.

8

Joachim Arfert (geb. 1930) studierte ab 1951 Gebrauchsgrafik. Mit seinem Freund und Studienkollegen Heinz Handschick war er von dem ersten Mo­ saik-Weh an für die Kolorierung verantwortlich, zeichnete aber auch einzelne Szenen. Als Leiter der Farbabteilung legte er die Vorgaben fest, um eine ein-

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Die deutschen Comic-Künster und Autoren der 1950er Jahre hcitliche Kolorierung der Hefte zu gewähren. Nach 40 Jahren Mosaik ging Arfert 1995 in den Ruhestand.

9

Pressematerial Buchverlag Junge Welt (1992) Berlin.

10 http://www.mosapedia.de/wiki/index.php/Digedags.

11 Der DEFA-Märchenfilm Die Geschichte vom kleinen Muck (1953, Regie: Wolf­ gang Staudte) gehört zu den erfolgreichsten Produktionen der DEFA-Filmgeschichte. Seine Handlung basiert auf Wilhelm Hauffs Märchen Der kleine Muck, eine volkstümliche Bearbeitung des Epos Tausend und eine Nacht. 12 Die von Walter Madel und Roland Becker geschaffene Reihe Froggy Frogg erzählt die Abenteuer einer anthropomorphen Hundemeute. Die Hefte er­ schienen im Lehning-Verlag von 1953 bis 1955. 13 Lothar Dräger (geb. 19.01.1927) studierte ab dem Herbst 1947 Gesang an der Hochschule für Musik in der Berliner Fasanenstraße und erhielt in den 1950er Jahren Engagements in Nordhausen und dem Potsdamer Hans-Otto-Theater. 1957 bewarb er sich bei Hannes Hegen als Texter für dessen Comic-Serie Mosaik. 14 1957 hatten die Hollywoodstudios noch nicht die großen maßgeblichen Monumental-Filme gedreht. Ben Hur, Spartacus oder Cleopatra befanden sich erst in der Produktionsphase und in Deutschland liefen bis 1957 u.a. folgende Filme: Das Gewand (The Robe, Twentieth Century Fox 1953), Die Gladiato­ ren (Demetrius and the Gladiators, Twentieth Century Fox 1954). Neben den aufwendigen US-Produktionen zeigten die Kinos auch die aus Italien und Frankreich stammenden sogenannten Sandalenfilme (Herkules- und MacisteAbenteuer).

15 Quo vadisf (Quo Fadis, 1951 MGM). Der Film schildert den Märtyrertod der beiden Apostel Petrus und Paulus unter dem von Peter Ustinov dargestellten Kaiser Nero. 16 Augusto Pedrazza: eliim - der Sohn des Dschungels (Piccolo-Serie) Nr. 18-26. Harold Foster: Prince Faliant, Sunday Pages 187-201. 17 David Ensikat: Buntes Gegengift, http://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/ buntes-gegengift/3793456.html (Zugriff: 13.05.2011).

18 Der Schriftsteller Karl Ewald Böhm (05.03.1913-16.05.1977) war Leiter der Hauptverwaltung Verlagswesen beim Ministerium für Kultur (Zensurbehörde der DDR). 1960 wurde er mit dem Nationalpreis der DDR und 1973 mit dem Vaterländischen Verdienstorden ausgezeichnet. 19 Karl Böhm/Rolf Dörge: Unsere Welt von morgen. Berlin: Verlag Neues Leben 1959, Schutzumschlag, Rückseite.

20 Im Impressum von Böhm/Dörges Buch Unsere Welt von morgen steht fol­ gender Hinweis: »Ausstattung: Kollektiv unter Leitung von Hannes Hegen«. Damit wurde erstmals bestätigt, dass die Majaii-Hefte das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Teamarbeit waren, während in den Comics nur Hannes Hegen bis 1961 als alleiniger Künstler angegeben war. 21 Schautafeln in den Moraii-Heften der Weltraumserie: Nr. 25 »Die Plane­ tenbahnen«, Nr. 26 »Die Gefahren im Weltraum«, »Die Milchstraße«, Nr. 28 »Welche Aufgaben hat eine Weltraumstation zu erfüllen?«, Nr. 29 »Betrieb

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der Einschienenbahn«, Nr. 31 »Fische der Tiefsee«, »In geheimnisvolle Tie­ fen«, Nr. 32 »Vom Bauxit zum Kochtopf«, »Blitz versorgt Stadt mit Strom«, Nr. 33 »Das Atomschiff«, »Kraftquelle Atom«, Nr. 34 »Vom Erz zum Eisen«, Nr. 35 »Aus der Geschichte des Menschenfluges«, Nr. 36 »Flugzeugmoto­ ren«, »Wettflug mit Muskeln und Maschinen«, Nr. 37 »Anatomie eines Pas­ sagierflugzeuges«, »Windkanaltest«, Nr. 38 »Experimentalflugzeuge«, »Flugs­ imulator«, Nr. 39 »Flugplatz Berlin Schönefeld«, »Instrumentenlandung«, Nr. 40 »Kunststoffherstellung«, Einsatzmöglichkeiten für Kunststoffe«, Nr. 41 »Großbagger im Tagebau«, »Kohle als Rohstoff und Energieträger«, Nr. 42 »Bohrturm«, »Bodenschatzsuche«, Nr. 43 »Erdölverarbeitung«, »Geschichte des Erdöls«, Nr. 44 »Spinnfaserherstellung«, »Kunstfaser-Verwendung«. 22 Einschienenbahn wird Wirklichkeit, in: Hobby 5 (Mai 1957). 23 Verschiedene SF-Magazine wiesen in den 1950er Jahren Cover mit in den Morai^-Heften verwendeten Themen auf: Pabel Utopia-Magazin Nr. 1, 3-5. Pabel Utopia-Kriminal Nr. 16.

24 Moewig Galaxis - Geschichten aus der Welt von Morgen. Die Cover von Nr. 2,4, 8,12 und 14 zeigen eine deutliche Übereinstimmung mit den AforaM-Heften (Raumschiffe in Skelettbauweise). Siehe auch »Gebrüder Weiss-Verlag«: Ro­ bert A. Heinlein: Abenteuer im Sternenreich. 25 Mosaik Nr. 27, S. 11. 26 Mosaik Nr. 39.

27 Thomas Kramer: http://www.freitag.de/datenbank/freitag/2011/06/1960-digedags-in-schönefeld/print (Zugriff: 13.05.2011). 28 Andreas Platthaus: Zeichnen im Kollektiv. In: FAZ, 26.11.2010, http://www. faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/mark-lehmstedtdie-geheime-geschichte-der-digedags-zeichnen-im-kollektiv-11071419.html (Zugriff: 13.05.2011). 29 http://www.ndr.de/regional/mecklenbure-vorpommern/dieedael01.html (Zugriff: 13.05.2011).

30 Die Digedags - größte deutsche Comic-Legende. Katalog Filmmuseum Potsdam (1995), S. 3. 31 Michael F. Scholz: Mosaiks, die nie erschienen. In: Die Sprechblase 135 (1994), S. 40. 32 Ebd. 33 Mosaik 90, S. 1.

34 Bspw. bei David Ensikat: Abenteuer hinterm Horizont, http://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/hannes-hegen-abenteurer-hinterm-horizont/10977786. html (Zugriff: 16.09.2015).

35 Mosaik 223, S. 24. 36 http://www.mosapedia.de (Zugriff: 13.05.2011).

37 Mosaik 229, S. 24. 38 1965 wurde ein Werbeheft für den US-Markt hergestellt. Das Mosaic enthielt

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Die deutschen Comic-Künsttet und Autoren der 1950er Jahre einen Nachdruck des Originalheftes Nr. 105 unter dem Titel The Pirates Cast­ le. 1982 bis 1990 erschien The Digedags in America als zehnbändige britische Buchausgabe. 39 1956 gründete Ragnar Tessloff den Tessloff-Verlag, der zunächst US-Comics wie Tom undJerry, Dennis und die »Fernsehabenteuer« (Lassie, Fury) heraus­ brachte. 1959 schloss er einen Lizenzvertrag für die US-Buchreihe How and Why ab, die ab 1961 unter dem Titel Was ist Was erfolgreich mit über 130 Bänden Wissen für Kinder vermittelt. 40 Der Max-und-Moritz-Preis wird seit 1984 alle zwei Jahre während des Co­ mic-Salons Erlangen an den besten deutschsprachigen Comic-Künstler verlie­ hen und ist mit einer Geldsumme verbunden. 41 Die Digedags ziehen nach Leipzig! www.tessloff.com/fileadmin/user_ upload/ dokumente/Presse/Unternehmen/Digedags_ZeitgeschichtlForum.pdf (Zu­ griff: 13.05.2011).

42 http://www.mosafilm.de/pdf/Bundesverdienstkreuz.pdf(Zugriff: 13.05.2011).

43 Bild. Regionalausgabe Leipzig, 30.03.2012. 44 Ebd.

Abb. 7 Bob 1 leinz, Cover für Horrido Nr. 21.1 lorrido-Jugcndschriftverlag. © 0.1 leinz/becker-illustrators

Wilhelm >Bob< Heinz 25 Januar 1923-24. Juli 1984

Wilhelm Hermann Heinz wurde am 25. Januar 1923 geboren. Seine frü­ heste Jugend verbrachte er im Sudetenland (dem heutigen Tschechien), bevor seine Eltern mit ihm nach Dresden umzogen. Dort besuchte er die Schule und begann nach seiner Immatrikulation auf Wunsch des Vaters ein Architekturstudium. In dieser Zeit zeigte sich erstmals sein künst­ lerisches Talent, denn er kritzelte kleine »Männchen« an den Rand der von ihm angefertigten Architekturzeichnungen. 1943 veröffentlichte er als erste professionelle Arbeit einen Satz Wehrmachtspostkarten für die Winterhilfe, die er mit »Willi Heinz« signierte.1 Neben dem Studium widmete er sich besonders dem Sport und wurde dank seiner hervorra­ genden Leistungen als Turmspringer in die deutsche Olympiamannschaft aufgenommen. Über Zugehörigkeit zur NSDAP oder anderer national­ sozialistischer Organisationen gibt es bislang keine Aussagen, auch nicht von 1 leinz selbst. Heinz nahm am Zweiten Weltkrieg teil und geriet in Kriegsgefangen­ schaft. Nach der Entlassung stand er laut seiner eigenen Aussage vor der Wahl: »Entweder studieren und hungern oder erstmal eine Arbeit ergrei­ fen.«' Heinz entschied sich dafür, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und nahm in Plön eine Stellung als Sportlehrer an, durch die er u.a. zu seinem berühmten Pseudonym kam.

»Nach dem Krieg war ich in Plön auf der Englischen Schule als Sportlehrer, und dort haben mich alle Bob genannt. Anschließend fing ich mit Zeichnun-

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre gen an und nannte mich zuerst Willi Heinz. Später stellte sich heraus, dass meine Signatur der von Willi Kleppe, einem anderen Karikaturenzeichner, äh­ nelte. Es ist zu Verwechslungen gekommen [...]. Außerdem habe ich daraus das Kürzel HeiBo entwickelt, mit dem ich manchmal meine Arbeiten signiere. So ist es bei dem Namen Bob Heinz geblieben, der auch in meinem Paß als Künstlername eingetragen ist.«1

1949 änderte Heinz durch den Tod des Vaters seine Zukunftspläne ra­ dikal, da er sich nun nicht mehr dessen Wünschen verpflichtet fühlte. Er kündigte seine Stellung und verzichtete auf eine Wiederaufnahme des Ar­ chitekturstudiums, um sich nur noch dem Zeichnen zu widmen. Schon im Herbst desselben Jahres erschienen erste Cartoons von ihm in der Lübecker Zeitung Sportmegaphon und er arbeitete professionell als Kari­ katurist. Um besser in das Geschäft zu kommen, zog Heinz nach Ham­ burg und verkaufte Bildergeschichten an die Funkwacht (Vorgänger von tv - Hören und Sehen). Die Reihen Hein Mück und sein Äffchen Fips sowie die Abenteuer von Flipp und Flapp stellten die Prototypen seiner späteren Comicserien Jan Maat und Pit & Alfdas. Die einzelnen Folgen setzen sich jeweils aus drei Bildern ohne Text zusammen. Aber schon 1951 erschien in dem Werbeheft Knattermax eine erste Version von Pit&Alf in der die einzelnen Panels mit gereimten Texten kommentiert waren: »Pitt und Alf, die beiden Rangen, - sehen eine Torte prangen. - Pitt denkt: das wird ein Genuss! - Aber schnell macht Mutter Schluss: - Das ist nichts für Deine Zunge, - Darum raus mit Dir, mein Junge! - Alf, der unterm Tisch ge­ steckt, - sich schon seine Pfoten leckt, - unhörbar, fast wie ein Geist - er die Torte schnell verspeist.«4 1952 begann Heinz seine Zusammenarbeit mit Eduard Wildhagen, dem Herausgeber des 7c£i4o-Magazins, die über zwanzig Jahre andauern sollte. Das von der gleichnamigen Kaffeefirma herausgegebene Heft er­ schien monatlich und wurde allen Kafleelieferungen kostenlos beigelegt. Inhaltlich bot es eine Mischung aus belehrenden Artikeln (»Wenn Fische singen«, »Baumwolle, Lieblingskind der neuen Sommermode«), Rezepten, Literaturbearbeitungen (Die Irrfahrten des Odysseus) und Comics. Wildhagen hatte Heinz ermuntert, nicht nur Cartoons zu zeichnen und so schuf er für das Magazin Comic-Geschichten, die aus jeweils zwei Seiten mit drei Panels und handgeletterten Sprechblasen bestanden. Eine Ausnahme bildete die Gold-Mocca-Werbeseite auf dem Rückcover. Unter dem Titel Tchibo aufReisen erschienen hier die kolorierten One Pager des 7cAi£o-Maskottchens, die Heinz mit einem gereimten Text versah: »Hänschen hat Geburtstag morgerf. Mutter hat noch große Sorgen. - Kann sie’s Geschenk noch fertig stricken? Schon spät ist’s; sie droht einzunicken! Da kommt auch schon der Tchibo-Mohr und zupft die Mutter sacht am Ohr. - Er gießt von seinem Mocca ein; Bald wird sie wieder munter sein!«5

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Wilhelm >Botx Heinz

Heinz erfand für das 7?Z>r£o-Magazin unterschiedliche Charaktere. Spre­ chende Tiere (Brumm Junior, Fridolin - der kleine Fuchs), die im Gegensatz zu Kaukas und Disneys anthropomorphen Mischwesen immer Tiere mit den ihnen angeborenen Eigenschaften blieben und die er in ihrer natürli­ chen Umgebung darstellte. Antihekjen - das war ein für die 1950er Jahre ungewöhnliches Konzept - wie die beiden Räuber Ach & Krach. Dem päd­ agogischen Beispiel von Wilhelm Buschs Max und Moritz folgend, sollten die beiden optisch den Räuber Hotzenplotz vorwegnehmenden Protago­ nisten die jugendlichen Leser durch »Abschreckung« erziehen. Jede ihrer schon im Ansatz zum Scheitern verurteilten Schandtaten endete in einem Fiasko, das obendrein auch noch durch den Effekt der »Schadenfreude« verstärkt wurde. Außer den Funnys zeichnete Heinz für Tchibo auch einen realistischen Comic: Bob Evans. Die Detektivgeschichte war eine Auftragsarbeit, die nicht Bob Heonz’ Intentionen entsprach: »Ja, das wollte Dr. Wildhagen damals haben. Er sagte zu mir: »Können wir nicht noch was anderes machen?» Aber ich habe es dann bald aufgegeben. Ich musste feststellen, dass mein Talent mehr bei den lustigen Geschichten lag. Ich hätte mich vollkommen umstellen müssen, und deshalb habe ich es gelassen.«6

Neben dem 7i7»Mo-Magazin verlegte Wildhagen die Jugendzeitschrift Das Zelt, für die Heinz die Abenteuer von Flipp und Flapp neu aufleben ließ und drei weitere Reihen beisteuerte: Texas Jack, Hein - der Angeber, Herlock Sholmes & Co. Die kurzen Episoden füllten ihn aber arbeitsmäßig nicht aus, sodass er sich nach einem weiteren Auftraggeber umsah und ihn im Waso-Verlag fand. Dieser brachte die Jugendzeitung Dalia heraus, die als Ableger der Welt am Sonnabend zuerst nur redaktionelle Beiträge enthielt (»Wir besuchen Familie Rheinschiffer«, »Wie und wo lebt ein Cowboy?«, »Von wilden und zahmen Elefanten«). Ab der Nr. 18 des ersten Jahrgangs besaß Dalia einen umfangreichen Comic-Anteil und veröffent­ lichte als erstes Magazin in der BRD auch franko belgisches Material.7 Heinz zeichnete für Dalia die beiden Reihen SniJJy und Texas Jack. Anfang 1954 gab Bob Heinz die Arbeit für Dalia auf und begann län­ gere Geschichten zu konzipieren, für die er einen neuen Verleger suchte. Von einer Verbindung mit dem in seiner Heimatstadt ansässigen Semrau-Verlag hatten ihm alle Bekannten abgeraten und so kontaktierte er den ebenfalls in Hamburg sitzende Danehls-Verlag. Dieser wurde von Rudolf Glöss und Richard Danehls geleitet, die in den boomenden deut­ schen Comicmarkt einsteigen wollten und deshalb talentierte Zeichner suchten. Die Jugendzeitschrift Horrido war ihr erstes Projekt, für das sie den aus Schweden stammenden Grafiker Charlie Bood gewonnen hat­ ten. Bood konzipierte für Horrido zwei Abenteuerreihen: Tilo - Heldenta-

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ten und Abenteuer, die im antiken Rom zur Zeit Julius Cäsars spielte, und Ralf- derjunge Entdecker, eine in der Jetztzeit angesiedelte Geschichte, die wie die Vorwegahme der Abenteuer des »Jungen Indiana Jones« wirkt. Als Gegenpart zu den realistischen Serien sollte Bob Heinz für die humoris­ tische Note des Magazins zuständig sein und so präsentierte er gleich in der ersten Ausgabe von Horrido den Westernhelden Jerry. Der Umfang der einzelnen Episoden schwankte zwischen fünf bis sechs Seiten und heft­ langen Geschichten, die auch Fortsetzungsepisoden enthielten. Inhaltlich boten sie die harmlose Situationskomik der typischen knollnasigen Fi­ guren, deren erkennbar feuchte Aussprache ein Markenzeichen von Bob Heinz waren: »Ja, ich weiß, diese Tropfen... vielleicht ist das eine Eigenart; ich mache das nicht immer. [...] Das ist eigentlich ein Aktionszeichen, zum Beispiel, wenn man ins Schwitzen gerät, oder diese Striche, Bewegungsstriche, die Bewegun­ gen andeuten. Da kann man sich eine ganze Menge ersparen, man macht z.B. einen Strich und die Leser erkennen: diese Figur dreht sich jetzt herum. Wenn dann Wassertropfen noch mit hereinkommen ... ich finde, es unterstreicht so ein bißchen. Ich will nicht sagen, daß das Schweißtropfen sein sollen. Ich kann’s nicht erklären. Ich hab’s mal angefangen, es unterstützt irgendwie das Bild.«’

Der Danehls-Verlag hatte die Lizenz für den US-Funny Basil erwor­ ben, den er aber nur in der ersten /Zorrñ/o-Ausgabe abdruckte.9 Schon im nächsten Heft übernahm Heinz den anthropomorphen Kater mit der Krone und ließ ihn eine Reihe von slapstickartigen Abenteuern erleben. Ab Horrido Nr. 5 besaß Basil nur noch einen Umfang von zwei Seiten, von denen eine das kolorierte Rückcover belegte (Horrido wurde abgesehen von der letzten Seite ausschließlich in schwarzweiß gedruckt). Auf den promi­ nenten Platz setzte der Verlag ab Horrido Nr. 24 Vandersteens Kuno - Der tolle Gladiator, um mit der im antiken Rom spielenden Geschichte ein Funny-Pedant zu Boods Tilo im Programm zu haben.10 Das im Original als BobetBobette erschienene Abenteuer wurde in einseitige Fortsetzungen zerschnitten und begann ungefähr in der Mitte der Handlung, so dass die Leser die tatsächlichen Zusammenhänge nicht nachvollziehen konnten. Genauso lieblos behandelte Danehls auch die von Graton (Michel Vaillant) und Weinberg (Dan Cooper) in Lizenz abgedruckten Comics und bewies damit ein verlegerisches Unvermögen, das letztendlich zur Einstellung des Magazins fuhren sollte.11 Neben den regulären Horrido-Ausgaben erschienen die Horrido-Son­ derhefte, für deren erste Nummer Heinz die 32 Seiten lange Geschich­ te Jerry - der Banditenschreck zeichnete. Mit den Sonderheften, nach der Nr. 4 als Ifadfinder Jim weitergeführt, versuchte Danehls eine möglichst breite Produktpalette zu bedienen und zu diesen Bestrebungen gehörte 80

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die Liliput-Serie, ein Vorläufer der Lehning-Kolibris. Heinz schuf für die Reihe ebenfalls ein Jerry Abenteuer. Bob Heinz hatte sich trotz seiner zahlreichen Verträge und der Arbeit für Danehls auch in Hannover beim Lehning-Verlag beworben. Lehning war besonders an der für die Funkwacht entworfenen Comicfigur Hein Mück interessiert und kündigte ihr Erscheinen im Pinocchio Sammelbil­ der-Album an. Die Herausgabe des im Querformat geplanten Heftes wur­ de aber von Danehls verhindert: »Danehls bekam irgendwie heraus, daß ich Lehning HEIN MÜCK als groß­ formatige Serie angeboten hatte. Daraufhin ließ er sich den Namen HEIN MÜCK schützen, so daß Lehning kein Heft unter diesem Namen heraus­ bringen durfte. [...] Ich habe den Seemann dann JAN MAAT genannt. So gingen wir den rechtlichen Problemen aus dem Weg. Weil Lehning die Serie als Kolibri-Heft herausbringen wollte, mußte ich das bereits fertiggezeichne­ te querformatige HEIN MÜCK Nr. 1 noch einmal neu zeichnen. Die Jan Maat-Kolibris liefen wohl ganz gut.«12

Der Erfolg bei Lehning bestärkte Heinz in dem Entschluss, seine Tä­ tigkeit für Danehls zu beenden. Der Verlag hatte die zweiwöchentliche Erscheinungsweise von Horrido auf monatlich umgestellt und die Reihe mit Pfadfinder Jim zusammengelegt. Das bedeutete eine starke Zunahme von Lizenzcomics und reinen Textbeiträgen, die allmählich die von Bood und Heinz geschaffenen Geschichten verdrängten. Angesichts dieser gra­ vierenden Änderungen kündigte Heinz bei Danehls und widmete sich hauptsächlich seinen Jan Maar-Heften. Zehn Monate nach seinem Weg­ gang verließ auch Charlie Bood Horrido und begann auf Heinz’ Empfeh­ lung ebenfalls bei Lehning, wo er sowohl Die Abenteuer der Weltgeschichte als auch das Harry-Magazin gestaltete. Das Comicprogramm des Lehning-Verlages bestand seit 1953 aus italienischen Importen, die ab 1955 zunehmend von deutschen Eigen­ produktionen verdrängt wurden. Vor allem Hansrudi Wäscher, aber auch Walter Kellermann und Charlie Bood vertraten das Abenteuersegment, während Bob Heinz die Funnys betreute. Einmal allerdings machte er eine Ausnahme von dieser Regel und schuf für Lehning noch einmal eine re­ alistische Serie, obwohl er nach seinen Erfahrungen mit Bob Evans dieses Genre nie mehr zeichnen wollte. Ronny und die Rauschgiftschmuggler er­ schien als One Page im Luna-Kriminalroman und ersetzte den Nachdruck der Camera-Piccolos.'3 Im September 1954 veröffentlichte Lehning wie vorgesehen Jan Maatder lustige Seefahrer im neuen Kolibri-Format und bot mit der Reihe die für ein Heinz-Comic typische Mensch-Tier-Partnerschaft: Jan Maat, der Seemann mit der Kapitänsmütze, und Fips, das Äffchen mit der Matro­ senmütze. Fips gehörte zur Spezies der sprechenden Tiere, die sich zwar 81

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mit dem Protagonisten verbal verständigen konnten, aber trotzdem reale Tiere blieben.14 Zusammen erlebten Maat und Fips in Fortsetzungen er­ zählte Abenteuer, die wie eine Funny-Variante der Wäscher-Protagonisten wirkten. Dass diesen Geschichten innewohnende humoristische Konzept erläuterte ein von Bob Heinz verfasstes Vorwort auf der zweiten Seite der Großbände: »Allen unseren Lesern möchten wir uns nochmals vorstellen damit sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ich bin Jan Maat, der lustige Seefahrer, und das Äffchen ist Fips, mein treuer Freund und Begleiter. Wir haben schon vie­ le Abenteuer zusammen erlebt und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Auch Freude und Leid haben wir miteinander geteilt. Zur Sorte >Rauhbein< gehören wir beide nicht, denn unser Herz sitzt auf dem rechten Fleck. Überall dort sind wir zu finden, wo es gilt, das Böse zu bekämpfen und dem Guten zum Siege zu verhelfen.«”

Heinz gestaltete die Abenteuer seines Duos ohne Szenario oder Vorgaben seitens des Lehning-Verlages. »Ich habe einfach drauflos gezeichnet. Im Verlag interessierte man sich für nichts. Hauptsache, die Zeichnungen kamen pünktlich an. Wenn ich mir die Sachen von damals heute so ansehe... naja, einige sind ganz lustig, aber wenn ich heute so etwas zeichnen würde - das würde ich nicht abliefern. Es lag damals natürlich auch an der schlechten Bezahlung und dem enormen Zeit­ druck. Ich fing frühmorgens an, zeichnete bis in die Nacht und raste zum Zug - damals gab es ja noch diese Zugbriefkästen. [...] Wenn ich mit dem einen Heft fertig war, wußte ich meistens noch nicht, wie es in der nächsten Woche weitergehen sollte. Aber irgendwie ist mir immer etwas eingefallen.«1'’

Bob Heinz’lockere Arbeitsweise bestätigt auch sein Freund Charlie Bood: »Bob hatte schon einige Jahre für den Lehning Verlag gearbeitet. Er rief mich einmal an, um sich mit mir in einem bestimmten Lokal zu treffen. Dort saß er am Tisch, kaffeetrinkend und zeichnend. Er saß einen ganzen Nachmittag lang dort und vollendete sein JAN MAAT-Heft, samt Titelbild. Und er bekam dafür seine 350,- DM.«17

Jan Maat war kommerziell so erfolgreich, dass er zur Belebung der Froggy Frogg-Großbände herangezogen wurde. Die Funny-Reihe hatte Lehning 1954 dem Masta-Verlag abgekauft, der als Kleinverlag nicht über einen ausreichenden Vertriebsweg verfugte. Inhaltlich präsentierten die Hefte die Abenteuer des dicken Frosches Froggy Frogg und der Bully Boys - einer anthropomorphen Hundemeute - die Romanautor Walter Madel textete und Roland Becker größtenteils zeichnete. Die Hefte imitierten bewusst den erfolgreichen Disney-Stil. Doch eine Woche vor ihrem Start veröf­ fentlichte Rolf Kauka sein erstes Fix und Foxf-Heft. Wegen der Aben­ teuer der beiden Füchse musste Madel den Titel der Zweitserie ändern,

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die ursprünglich Foxy, Coon und Baddy hieß. Nun wurde Foxy in Roxy umbenannt, um einen Rechtsstreit mit Kauka zu vermeiden. Froggy Frogg gelang es auch nach dem Verlagswechsel nicht, die Kon­ kurrenz zu überflügeln, und deshalb integrierte Lehning nun den popu­ lären Jan Maat in die Reihe, für die. Bob Heinz neue Abenteuer schrieb. Die Geschichten waren so erfolgreich, dass Froggy Frogg ab der Nr. 11 Die Bully Boys und der lustige Käpt'nJan hieß und schon zwei Hefte danach Der lustige Käpt'n Jan und die Bully Boys. Um seinen Protagonisten wenigstens etwas von dem gewohnten Kolibri-Helden abzugrenzen, stattete Heinz den ansonsten glattrasierten Jan Maat mit buschigen Koteletten und einer qualmenden Pfeife aus. Im Juni 1955 kam mit der Nr. 19 das letzte Froggy Frogg-Heft heraus und auch die Jan Maat- Kolibris endeten nur einen Monat später. Damit folgten sie nur der allgemeinen Einstellung der Kolibris, die sich nicht ge­ gen die erfolgreichen Piccolos durchsetzen konnten. Jan Maat erlebte al­ lerdings noch im Juli 1955 die Umwandlung in eine Großbandreihe, die wie ursprünglich für Hein Mück geplant - ein Querformat besaß. Nach 72 Ausgaben folgte eine zweite Großbandreihe, deren erste Ausgaben in einem Schwarzweiß-Druck erschienen, damit die Käufer sie kolorieren konnten. Mit diesem cleveren Trick sparte Lehning die Produktionskos­ ten für eine Farbausgabe und band außerdem seine Leser an den Verlag. Die meist jugendlichen Käufer sollten die Hefte nach den auf dem Rück­ cover vorgegebenen Farbmustern ausmalen und außerdem die dort abge­ druckten Sammelmarken ausschneiden und in einen Ausweis kleben. Auf dem Rück-Cover der Hefte befand sich dann die folgende Instruktion: •Achtung, liebe Freunde! Hier zeige ich euch, wie ihr die Figuren von Jan Maat, Fips, dem falschen und dem richtigen Mandarin und dem Drachen ausmalen könnt. Ich will euch auch gleich verraten, daß ihr für einen vollen Ausweis, den ihr von eurem Zeitschriftenhändler oder dem Walter Lehning Verlag, Han­ nover, Postfach 339, beziehen könnt, einen schönen Farbstiftkasten bekommt. Und nun an die Arbeit und recht viel Freude beim Ausmalen dieses Heftes.«”

Die Jan Maat-Hefte gehörten mit zu den ersten Großbandserien des Lehning-Verlages, dessen Hauptumsatz in den 1950er Jahren immer noch die Piccolos erzielten. So konnte es nicht ausbleiben, dass Lehning Heinz aufforderte, eine Piccolo-Reihe zu entwerfen. Heinz erinnert sich an den Auftrag: •Lehning wollte eine zweite Serie von mir. PIT UND ALF liefen dann zuerst im Piccolo-Format, später ebenfalls als Großbände. [...] Für das ZELT hatte ich schon eine Detektivserie gezeichnet, die bei den Kindern sehr gut ankam: HERLOCK SHOLMES UND CO. Ich merkte, solche Themen - wie ja auch EMIL UND DIE DETEKTIVE - interessieren die jungen Leser, und so machte ich Lehning den Vorschlag für PIT UND ALF.«1’

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Die Serie Pit & Alf- Die beiden De/eÄ/rue schildert die Abenteuer des Jun­ gen Pit und seines sprechenden Schäferhundes Alf. Mehr noch als bei Jan Maat konnten sich die jugendlichen Leser mit dem Pärchen identifizieren, das die kindliche Erfahrungswelt mit ihnen teilte. Pit und Alfs Abenteuer spielen sich stets im Bereich der Kleinkriminalität ab, die den Lesern zu­ mindest theoretisch vertraut erschien und ihn nicht allzu sehr erschreckte. Im März 1957 endeten die Pit & Alf Piccolos, um noch im gleichen Mo­ nat als farbige Großbände fortgesetzt zu werden. Diese enthielten eine Pit Ü’yi^-Club-Seite, die Knopp gestaltete, der bei Lehning die Ressorts Lektorat, Leserkontakt und Preisausschreiben leitete. Der Lehning-Verlag zahlte Heinz für ein Piccolo zwischen 250 und 300 DM sowie für einen Großband 500 DM. Dass sich diese Summen im Endeffekt rechneten, verdankte Heinz nur seinem enormen Arbeitspens­ um und der Tatsache, dass er die Seitenaufteilung der Großbände mit zwei Bildern pro Seite sehr großzügig gestaltete. »Ich konnte ja nicht 14 Tage oder drei Wochen in so ein Heft investieren. Wie schon erwähnt, das alles war Lehning egal. Hauptsache, die Seiten lagen pünktlich vor.«20 Ein weiteres Problem erwuchs für Heinz aus der bei Lehning gängigen Praxis der Zweitverwertung. So druckte der Verlag seine Serien in Harry und Hömi nach, ohne Tantiemen für sie zu bezahlen. »Lehning war der Ansicht, wenn er einmal bezahlt hatte, dann gehörte ihm alles. Man mußte ihm erst mal klar machen, daß das nicht der Fall ist. [... ] Wir haben uns dann dahingehend geeinigt, daß er die Rechte für jeden verlags­ internen Abdruck bekommen sollte. Bei Verkäufen nach »außerhalb« sollten dann die Zeichner profitieren. Plötzlich erschienen die Comics dann in Frank­ reich: PIT UND ALF und auch JAN MAAT, glaube ich. Wir stellten ihn zur Rede, was denn nun wäre, er müßte doch an uns zahlen? »Nein, nein«, hat er geantwortet, »an dem französischen Verlag bin ich ja beteiligt!««21

Neben den finanziellen Unkorrektheiten musste Heinz bei Lehning auch noch eine Rüge der »Freiwilligen Selbstkontrolle für Serienbilder« ertra­ gen. Er hatte nämlich in den Pit & yi^Großbänden in der Zweitserie Meister Lampe ein Wildschwein als Polizisten agieren lassen. Diese Kons­ tellation kritisierte die SFK nun als zu polemisch, denn ein Polizist durfte einfach nicht als Schwein bzw. Eber dargestellt werden. Heinz konterte daraufhin: »Das hat nichts damit zu tun, ich habe ihn genommen, weil er das stärkste Tier dort ist, vor dem alle Respekt haben.«22 Zu diesen Unstimmigkeiten gesellten sich die verschiedenen Konkurse des Verlages, durch die Heinz eine größere Summe verlor. Er hatte die Hälfte seiner Honorare bei Lehning stehen lassen, weil er das angespar­ te Geld für eine Weltreise verwenden wollte. Der Betrag floss mit in die Konkursmasse ein und Heinz erhielt keinen Pfennig von dem ihm recht­ mäßig zustehenden Lohn. Damit sich dieser Vorgang nicht wiederholen 84

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konnte, erhielt Lehning vom Konkursverwalter die Auflage, künftig alle Honorare sofort auszuzahlen. Die monatliche Summe rechtfertigte in Heinz’ Augen aber nicht mehr den Arbeitsaufwand und so beschloss er 1959 seine Tätigkeit für den Lehning-Verlag aufzugeben. »Es lohnte sich einfach nicht mehr. Ick arbeitete zu dieser Zeit auch für andere Verlage, und dort bekam ich für zwei Witzzeichnungen genausoviel wie bei Lehning für ein ganzes Comic-Heft. Und wenn man bei Lehning mehr Geld verlangte, biß man auf Granit.«21

Heinz behielt nach der Lehning-Zeit die Rechte an seinen Figuren, die er geschickt weitervermarktete. So belebte er für die Kundenzeitung des Edeka-Konzerns Die kluge Hausfrau noch einmal Jan Maat und Fips. Un­ ter dem Alternativtitel Jimmy und Bobby ließ er die beiden Abenteuer als Cowboy, Indianer und Raumfahrer erleben. Neben diesen Comics zeich­ nete er auch Cartoons für verschiede deutsche Zeitschriften, wie die Bunte Illustrierte, Bild und Funk oder die Burda-Moden. Im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der Comicverlage, blieben die Rechte an den Original­ zeichnungen bei Heinz, so dass er seine Cartoons mehrmals finanziell aus­ werten konnte. »Für die NEUE REVUE habe ich eine Zeit lang regelmäßig gezeichnet, und wenn ich die Originale zurückbekommen hatte, konnte ich sie ja weitergeben. [...] Für kleine Zeitungen konnte ich keine neuen Zeichnungen anfertigen. Die zahlen so wenig, daß es sich nicht lohnt, sich stundenlang hinzusetzen. [...] Ich werde für den einmaligen Abdruck bezahlt. Wenn die Zeitschriften das gleiche noch einmal bringen, müssen sie es noch einmal honorieren, zu­ mindest mit fünfzig Prozent. Wenn ich Zeichnungen selbst Weiterverkäufe, kann ich den vollen Preis nehmen. Die Preise sind natürlich unterschiedlich. Manche Verlage zahlen 200,- Mark, manche 300,-, andere wieder nur 50,oder 40,-. Es gibt Verlage, die möchten am liebsten Hunderte von Zeichnun­ gen von mir haben, nur - ich habe sie nicht.«24

Charlie Bood hatte inzwischen bedingt durch eine schwere Erkran­ kung ebenfalls bei Lehning gekündigt und kehrte mit seiner Frau nach Schweden zurück. Nach seiner Genesung zeichnete er für verschiedene Zeitungen und erreichte einen hohen Bekanntheitsgrad.25 Bood nutzte diese Popularität für seinen Freund Heinz, dem er einen Kontakt mit dem in Schweden ansässigen Semic-Press vermittelte. Semic brachte u.a. die schwedische Edition von Dennis heraus, für die der Verlag einen Zeich­ ner suchte. Im Original gestaltete Hank Ketcham den Zeitungsstrip, der seit 1951 in 43 Ländern herauskam.26 In den USA erschien Dennis ne­ ben den Cartoons auch als eigenständiges Comic-Heft, das verschiedene Ghost-Zeichner in Ketchams Stil herstellten. In Schweden fand Heinz nun die selbe Arbeitsweise vor:

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre »Ich war einer der beiden schwedischen DENNIS-Zeichner; mein Kolle­ ge ging dann später nach Spanien, und ich habe alleine weitergemacht. Der DENNIS erschien nie unter meinem Namen. An jeder Zeichnung, die ich machte, hat sein Schöpfer Hank Ketcham mitverdient, vielleicht sogar noch mehr als ich. Das amerikanische DENNIS-Material ist in Schweden komi­ scherweise nicht gut angekommen.«'27

Heinz übernahm so gekonnt Ketchams Stil, dass sogar sein Freund Char­ lie Bood bald seine Zeichnungen nicht mehr von den Originalseiten un­ terscheiden konnte. Als Resultat dieser hervorragenden Arbeit schickte Ketcham aus seiner Schweizer Wahlheimat begeisterte Briefe an Heinz. Zeitweilig versuchte Heinz auch, sein enormes Arbeitspensum durch die Einstellung eines Assistenten zu erleichtern. Dieser zeichnete aus­ schließlich die Hintergründe der Dennw-Bilder, die er zuerst auch ganz im vorgegebenen Ketcham/Heinz-Stil ausfuhrte. Mit der Zeit erledigte er die Arbeiten aber immer unkorrekter, so dass Heinz die vom Verlag be­ anstandeten Seiten erneut gestalten musste. Diese Erfahrung bestärkte ihn darin, seine Comics lieber alleine auszuarbeiten, zumal er in der bei vielen Verlagen praktizierten Teamarbeit noch eine ganz andere Gefahr sah. »Ein Kollege in Schweden hatte auch einen Assistenten. Der hat schließlich seine ganze Art, seinen Stil, angenommen, dann hat er gekündigt und dem Verlag seine eigenen Arbeiten angeboten - zu niedrigen Preisen. Mit Assis­ tenten zieht man sich also praktisch die eigene Konkurrenz hoch. Ich bin froh, daß es fast niemanden gibt, der die Sachen so zeichnet wie ich. Die Verlage wollen die Comics genauso haben, wie ich sie zeichne.«28

Heinz schwedische Dennis-Hefte sind leider nie in Deutschland erschie­ nen, aber ihre perfekte Gestaltung veranlasste den Bastei-Verlag, die Cover einer eigenen Dennis-Reihe von Heinz zeichnen zu lassen.2’ Charlie Bood vermittelte neben den Kontakt zur Semic-Press auch eine Verbindung zu dem schwedischen Williams-Verlag. Dieser suchte einen versierten Zeichner für eine neue Comicfigur und bestellte Heinz an einem Samstag in die Redaktion. Heinz erinnert sich so an den Vor­ stellungsbesuch: »Der Redakteur sah sich meine Zeichnungen an und sagte: >Ja, das ist in Ord­ nung. Ich hätte da eine Figur für SieBob< Heinz

Die Lajban-Hefte brachte in Deutschland der Bildschriftenverlag unter dem Titel Kalle & Cäsar und seine Freunde heraus. Die Gestaltung des Lajban überzeugte auch Rune Andreasson, der für Williams die Pelefant-Kinderbücher zeichnete. Andreasson bot Heinz an, in sein Team einzutreten, aber Hein? lehnte ab, da er lieber eigenverant­ wortlich arbeiten wollte. Aus demselben Grund hatte er auch einige Jahre zuvor ein Angebot der Kauka-Studios nicht angenommen. »Ich war auch einmal in München, wo der Verlag damals noch saß. Aber dort wäre ich Zeichner Nr. 28 oder Nr. 35 gewesen, und das wollte ich nicht. Ich wollte meine Ideen selbst erarbeiten und auch selbst daran verdienen - nicht meine Ideen anderen geben, damit die daran verdienen.«31

Heinz hatte es sowohl bei Kauka als auch bei Andreasson vorgezogen, seine künstlerische Unabhängigkeit nicht gegen ein Angestelltenverhält­ nis einzutauschen. Im Falle Andreasson hinderte ihn diese Einstellung aber nicht daran, den Schöpfer des kleinen Elefanten in seinem Haus in Helsingborg zu besuchen und über diesen Kontakt einen Auftrag für Williams Kinderbilderbuch-Produktion zu erhalten. Heinz schuf mehrere Geschichten über den Seemann Hans, der eine unübersehbare Ähnlich­ keit mit Jan Maat besaß. Als Zugeständnis an die neue Figur stattete er sie mit einem Vollbart aus und stellte ihr statt des bewährten Äffchens Fips den kleinen Matrosen Hansi zur Seite. Während seiner schwedischen Konsolidierungsphase nahm Heinz noch einmal einen Auftrag in Deutschland an. Für die Jumbo & Di­ xie-Hefte des Billhöfer-Verlages schuf er die Reihe Wachtmeister Klecks und sein bester Freund. Der gedrungene Polizist und sein Schäferhund wirkten wie eine Variation von Pit & Alf für die Heinz teilweise die Ideen seiner früheren Geschichten erneut einsetzte. Leider war aber die Arbeit an der Miniserie vom unerfreulichen Geschäftsgebaren Billhöfers begleitet: »Billhöfer schrieb mich einfach an. Das war ein ganz kleiner Verlag, anfangs wohl nur ein Drucker, der diese Hefte nebenbei herausbrachte. Auch mit dem war es wieder das alte Lied. Manchmal mußte ich nach Nürnberg fahren, um mein Honorar zu holen, geschickt hat er’s nicht. Nach einiger Zeit habe ich es dann aufgegeben. Es lohnte sich einfach nicht. Ich kann ja nicht ständig Fahrtund Hotelkosten investieren, um an das Geld zu kommen, das mir zusteht.«33

Bob Heinz teilte sich in den ersten Jahren in Schweden ein Atelier mit ei­ nem Freund von Charlie Bood und arbeitete danach zusammen mit Bood in dessen eigenem Atelier. In dieser Zeit pendelte Heinz permanent zwi­ schen Schweden und Deutschland, so dass er sich nach sechs bis acht Wo­ chen in Schweden höchstens acht bis vierzehn Tage in Hamburg aufhielt. Dieser Rhythmus ermüdete ihn auf die Dauer und da seine Familie ständig allein in Deutschland zurückblieb, siedelte er mit ihr ganz nach Schweden

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über. Dort entstanden für Williams und Semic mehrere Reihen: Dennis, Peo, Lajban, Kalle Kula und die Kaptn Afanr-Bilderbücher. Für einige der Geschichten musste Heinz nach einem vorgegebenen Drehbuch arbeiten; eine Arbeitsweise, die ihm nach seinen eigenen Worten nicht leicht fiel: »Das war nicht so einfach. Manuskriptautoren sehen eine Geschichte ganz an­ ders. Die stellen sich zum Beispiel Massenszenen vor; sie denken nicht daran, daß es zum einen schlecht zu zeichnen ist und zum anderen auf die Bildquali­ tät drückt, denn es muß dann alles sehr klein dargestellt werden. Meine Mei­ nung ist: Alles muß klar, groß und lustig gezeichnet sein.«11

Anfang der 1970er Jahre zog sich Williams aus dem Comicgeschäft zu­ rück und verkaufte den Verlag an den Konkurrenten Semic-Press. Dieser begann nach der Übernahme die unrentablen Serien auszusortieren - ein langwieriger Vorgang, dessen Ende Heinz nicht abwarten wollte. Ent­ täuscht erinnert er sich: »Ich war zu dieser Zeit völlig auf den schwedischen Markt eingestellt, hatte mir gedacht, das sei eine Lebensstellung. Und nun ging’s zurück nach Deutschland, wo ich praktisch von vorne anfangen mußte. Gottseidank bin ich gleich gut bei Bauer eingestiegen.«1,1

Heinz hatte schon in den 1950er Jahren für den Bauer-Verlag gezeichnet und so nahm er den Kontakt wieder auf und kreierte für dessen Illustrierte tv - Hören und Sehen die Reihe Raul und Paul. Diesem Strip folgten vor­ wiegend Cartoons für verschiedene Zeitungen, die Bauer kontinuierlich der Konkurrenz abkaufte. (Neue Revue, Quick, Femsehwoche). Die gute Zu­ sammenarbeit mit dem Bauer-Verlag sollte bis zu Heinz’ plötzlichem Tod anhalten, da sie ihm auch aus geografischen Gründen sehr gelegen kam. Heinz wohnte in Norderstedt und konnte so jederzeit den in Hamburg ansässigen Verlag kontaktieren. Neben dem Bauer-Verlag arbeitete Heinz vor allem für Wolfgang M. Biehler, für dessen Moewig-Humorhefte er schon in den 1960er Jahren Bilderwitze erdacht und gezeichnet hatte. Ab 1975 übernahm Biehler für den Condor-Verlag die Vermarktung der populären Zeichentrickfigu­ ren von William Hanna und Joseph Barbera (Flintstones, Jetsons, Huckleberry Hound, Yogi Bear), für deren Comic-Reihen Yogi Bär, Tom undJerry, Schweinchen Dick Heinz die Cover im Stil der Originalfiguren gestaltete. Einige der Titelbilder signierte er mit einem unauffälligen H, um die Ur­ heberschaft der Zeichnungen wenigstens anzudeuten. Wolfgang Biehler hatte in seiner Jugend eifrig Bob Heinz-Comics ge­ lesen und wünschte sich deshalb füj das Condor-Kinderrateheft Rate-Spass ein Detektivrätsel ä la Pit & Alf. Heinz reaktivierte daraufhin seine alten Helden und passte sie den Gegebenheiten des Coni/sr-Materials an.

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»Da halte ich mich manchmal an die alten PIT UND ALF-Geschichten aus den Lehning-Zeiten und wandele sie etwas ab. Aber das geht nicht immer, weil die alten Geschichten viel länger waren - ich kann also höchstens eine bestimmte Szene übernehmen.«35

Jede dieser Stories hörte mit einem offenen Ende auf und es blieb dem Leser überlassen, den dargestellten Kriminalfall selber zu lösen. Als kleine Hilfe präzisierte Heinz die wesentlichsten Fakten der Handlung und klei­ dete sie in eine Frage. Ein Beispiel: »Was hat Pit beobachtet, dass seinen Verdacht erregt hat, und wodurch hat sich der Kontaktmann verraten?« Die für den Rate-Spass geschaffenen Pit & ^^Geschichten zeigten außerdem, wie sehr sich Heinz unverwechselbarer Zeichenstil im Laufe der Jahre gewandelt hatte. Die für seine Protagonisten typischen Spuckund Schweißtropfen fehlten nun völlig und Pit glich mehr Dennis als seiner früheren Erscheinung. Noch deutlicher ist Heinz grafische Wei­ terentwicklung in den 1979 fiir die Sprechblase gezeichneten vier Pit läAlfOne-Pager zu erkennen. Die beiden Detektive benutzte Heinz außerdem, um sich selbst mehrmals in die Handlung einzufügen und auf einem Bild sogar seine inzwischen nostalgischen Piccolos zu präsentieren. Die Arbeit für die beiden Großverlage hinderte Heinz nicht daran, sich weiteren Projekten zu widmen. Anfang der 1980er Jahre veröffent­ lichte er das Buch Für kleine Zeichner, das innerhalb von zehn Jahren in einer Gesamtauflage von über 300000 Stück verkauft wurde. Dieser Zei­ chenschule für Kinder folgte dank des großen Erfolges sehr schnell die Malschulejur Erwachsene, die alle Sparten des grafischen Ausdruckes wie Landschaften, Stilleben, Aktzeichnen, Karikaturen usw. umfasste. Heinz ließ keine Gelegenheit ungenutzt, um für seine Werke auch völ­ lig neue Vermarktungskonzepte auszuprobieren. So schuf er Sex-Cartoons für die Glückwunschkarten des Sury-CanZ-Verlages, deren Konzeption er einem unglücklichen Anlass zu verdanken hatte. »In den sechziger Jahren habe ich mal in München bei Peter Frankenfeld Fernsehen gemacht. Auf dem Rückweg von einer Sendung hatte ich einen Un­ fall - Kniescheibe gebrochen. Ich lag dann im Krankenhaus in Northeim, und dort fiel mir ein Ärztekalender in die Hände. Ich dachte mir, so etwas könnte man doch auch attraktiver gestalten - mit Illustrationen und Bilderwitzen. Mit der Idee ging ich dann etwa im Herbst 1965 zu SUSY-CARDS. Die Chefin sagte spontan. >Das mache ich!« Es war ein Riesenerfolg. Die Witze - Sexwit­ ze - waren fiir die damalige Zeit ziemlich hart, eigentlich die ersten, die durch die Zensur gingen.«36

Der Ärztekalender HUSTEN SIE MAL durfte genauso wie diverse Ärzte-Heftchen nur nichtkommerziell als Werbematerial vertrieben werden. Trotzdem waren diese Erzeugnisse so erfolgreich, dass Heinz sie vier­ zehn Jahre lang gestaltete. Uber eine Merchandising-Firma wurden seine

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Sex-Cartoons auf Spielkarten, Gläser und Toilettenpapier nachgedruckt, ohne dass er dafür auch nur einen Pfennig Tantiemen erhielt. In den 1980er Jahren arbeitete Heinz hauptsächlich für den Bauer-Ver­ lag und schuf für ihn neben einer Unzahl von Cartoons und Bilderrätseln vor allem für die Programm-Zeitschrift tv - Hören und Sehen Comics. In der Weltenraumserie Winkt und F/inki begegnet der kleine Junge Winkt dem putzigen Außerirdischen Flinki, der ihn mit seinem einer Kaffee­ tasse gleichenden Raumschiff ins All entfuhrt. Die Erlebnisse der beiden erreichten schnell die gleiche Beliebtheit wie die Abenteuer von Schnipp­ chen Schleicher. Für dessen Gestaltung ließ der Verlag Heinz freie Hand und machte nur die Auflage, dass die Schnippchen ScA/eicAcr-Geschichten möglichst nicht grausam sein durften. Für die Bilderrätseln gab es dagegen bestimmte Vorgaben: »Bei den Rätseln kann es mal vorkommen, dass es heißt: >Das ist für die Kinder etwas zu kompliziert« - andererseits lesen auch Erwachsene diese Rätsel. Aber die Zielgruppe sind wohl Kinder von 8 bis 14 Jahren.«’7 Schnippchen Schleicher sollte nur ein Jahr lang in der TV-Illustrierten laufen, aber dann entwickelte er sich zu einem Dauer­ brenner. Erheitert bemerkte Heinz: »So viele Kriminalfälle, wie der schon gelöst hat, gibt’s gar nicht!«39 Für eine Comicseite Schnippchen Schleicher benötigte Heinz ungefähr einen Arbeitstag, wobei er drei Stunden für die Vorzeichnungen und drei Stunden für das Inken ansetzte. Diese Zeit­ vorgaben variierten natürlich, denn wenn Heinz viele kleine Figuren zu zeichnen hatte, saß er manchmal drei, vier Stunden länger an dem Blatt, ohne es zu bemerken. Bob Heinz arbeitet an beiden Serien bis zu seinem Lebensende. Am 24. Juli 1984 erlag er einem Herzinfarkt. Peter Mathy von tv - Hören und Sehen'. »Sein Tod kam völlig überraschend. Am Tag davor hat er uns noch in der Redaktion besucht, weil ein Mitarbeiter Geburtstag hatte. [...] Zur Zeit be­ kommen wir viele Briefe von Kindern - aber auch von Erwachsenen - die traurig darüber sind, daß die Serien nicht weiterlaufen. Bob Heinz wird uns als Kollege und Freund unvergesslich bleiben.«39

Peter Müller, der Bob Heinz für die Sprechblase interviewt hatte und seit­ dem in lockerer Verbindung mit ihm stand, schilderte ihn als einen ruhi­ gen, gemütlichen Menschen. Am meisten wunderte es Heinz, dass sich seine alten Serien aus den 1950er Jahren noch immer einer so großen Beliebtheit erfreuten. Für ihn waren sie einfach Comics, die er bedingt durch den großen Zeitdruck meistens nur flüchtig gezeichnet hatte. Im Nachhinein betrachtete er sie sogar eher kritisch, da es ihm einfach nicht lag, mit dem Ruhm zu kokettieren, den ihm Jan Maat und Co. inzwischen einbrachten.

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Von allen deutschen Comic-Zeichnern der 1950er Jahre ist Bob Heinz der wohl Unterschätzteste. Die Quantität seines künstlerischen Werkes lässt sich ohne Weiteres mit dem Hansrudi Wäschers vergleichen, wo­ bei Bob Heinz einen weitaus vielseitigeren Comic-Kosmos geschaffen hat. Seine für Lehning geschaffenen Heftreihen sind im selben Abenteu­ er-Genre wie die anderen Produkte des Verlages angesiedelt - wenn auch weitaus humoristischer - und müssen keinen Vergleich mit den Werken Wäschers scheuen. Noch bemerkenswerter sind die von ihm ausgeführten Auftragsarbeiten, in denen er bis zur Nicht-Identifizierbarkeit den Stil anderer Comiczeichner übernahm und ihre Serien nahtlos weiterfiihrte. Das Gros des künstlerischen Werkes von Bob Heinz wartet noch fast 25 Jahre nach seinem Tod auf eine Wiederentdeckung (oder Erstveröf­ fentlichung). Besonders die unzähligen, für die verschiedenen Illustrierten geschaffenen Cartoons und Mini-Serien sind bisher weder zusammen­ gefast noch katalogisiert worden. Dem stets der Zukunft zugewandten Künstler Bob Heinz lagen allerdings mehr seine neuesten Projekte am Herzen. So befasste er sich in seinen letzten Lebensmonaten mit der Idee von Winkt und Flinki Plüsch- oder Gummifiguren herauszubringen, und in einer Schublade ruhten die Entwürfe für eine neue Comicserie über eine Fernsehfamilie. An die mit diesen Plänen verbundene optimistische Lebenseinstellung erinnert sich Peter Müller, der mit ihm eine lockere Verbindung pflegte: »Ich habe Bob Heinz seinerzeit vorgeschlagen, dass große Interview anläßlich seines 60. Geburtstages herauszubringen. Er wehrte ab: >Vielleicht bin ich sechzig, aber ich fühle mich nicht wie sechzig.« Wir haben dann auf eine Al­ tersangabe verzichtet. Und seine Comics beweisen es: Bob Heinz ist immer jung geblieben. Bis zum Schluß.«*

Anmerkungen 1

Das »Winterhilfswerk des deutschen Volkes« sammelte ab 1933 Sach- und Geldspenden für bedürftige »Volksgenossen«. Hilfsaktionen für die notlei­ dende Bevölkerung gab es schon seit 1923. »Wintersammlung des Arbeiterrat Groß-Hamburg« 1924. »Volkshilfe«-Liga der Freien Wohlfahrtspflege (Cari­ tas, Innere Mission, Deutsches Rotes Kreuz, Zentralwohlfahrtsstelle der deut-

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre sehen Juden).

2

Peter Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 55 (1983), S. 11.

3

Ebd.

4

Bob Heinz: Knattermax - Die bunte ZeitungjurJungen und Mädchen 6 (1951).

5

Bob Heinz: Tchibo aufReisen. In: Tchibo-Magazin 56 (1956), Rückcover.

6

Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 18.

7

Vandersteen: Der lachende Wolf. In: Dalia 25 (1953). Herge: Tim, der pfiffige Reporter - Die schwarze Znre/(Farbversion von 1943). In: Dalia 5 (1954).

8

Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 19.

9

Basil the royal Cat. Nr. l.Jan. 1953-Nr. 4, Sept. 1953.

10 Kuno - Der tolle Gladiator. In: Horrido 24-46. Le Gladiator mystire von Van­ dersteen. Diese in Fortsetzungen erschienene Geschichte ist der einzige teil­ weise Abdruck des Bob et BoAerte-Albums Nr. 3 in Deutschland. Die weiteren Abenteuer der Beiden erschienen in den Fe/ix-Heften unter dem Namen Ulla und Peter und danach im Rädler-Verlag, bei Feest-Comics und PSW-Comic unter dem Serientitel: Suske und Wiske.

11 Jean Graton. In: Horrido 34,35: »Die Postkutsche von Faverstone«. In Nr. 3739 »Blondin«. In Nr. 40, 41: »Bleriot«. In Pfadfinder Jim Nr. 1: »Rabintra der bengalische Jäger«. In Nr. 2 »Oliver Cromwell«. In Nr. 3: »Mit Nuvolari im Rennen«. 12 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 12.

13 In den Luna-Kriminalromanen Nr. 79-100 wurden die Camera - Abenteuer eines Weltmeisters-PvxoXos Nr. 1-6 nachgedruckt. 14 Die bekanntesten Vertreter der von Heinz geschaffenen Mensch/Tier-Part­ nerschaften sind: Jerry und sein sprechendes Pferd Goliath und Pit und sein sprechender Schäferhund Alf.

15 Bob Heinz: Jan Maat [Großband 2. Serie] 2 (1959), S. 2. 16 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 13.

17 Gerhard Förster: Charlie Booderinnert sich. In: Die Sprechblase 130 (1993), S. 22.

18 Heinz: Jan Maat 2, Rückcover. 19 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 12 ff.

20 Ebd., S. 15. 21 Ebd.,S. 14.

22 Ebd., S. 16. 23 Ebd., S. 16.

24 Peter Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 56 (1983), S. 10. 25 Charlie Bood begann 1964 den Zeitungs-One-Pager Wunder der Natur. Die

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Wilhelm )Bob< Heinz

Reihe wurde auch in deutschen Zeitungen veröffentlicht und erschien über Bulls Pressedienst in der ganzen Welt. Mit 47 Seiten Wunder der Natur ver­ diente Bood pro Jahr zwischen 150000,- DM bis 200000,- DM. 26 Hank Ketchams Dennis the Menace erschien bis zum Ende der 1960er Jahre weltweit in über 700 Zeitungen. Werktags als einfacher Cartoon, sonntags als Comic-One-Pager.

27 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 16. 28 Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 56 (1983), S. 15. 29 Der Bastei-Verlag brachte 1977 in Deutschland die Serie Dennis ist der Beste heraus. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Popularität der Comic-Figur bereits ihren Zenit überschritten und die Reihe wurde nach einem Jahr eingestellt.

30 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 16.

31 Ebd.,S. 15. 32 Ebd.,S. 17 ff. 33 Ebd.,S. 13.

34 Ebd.,S. 18.

35 Peter Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 56 1983), S. 13. 36 Müller: Bob Heinz - Ein Interview, S. 18. 37 Peter Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 56 (1983), S. 13. 38 Peter Müller: Bob Heinz - Ein Interview mit Peter Müller. In: Die Sprechblase 56 (1983), S. 13.

39 Peter Müller: Bob Heinz gestorben. In: Die Sprechblase 62 (1984), S. 52. 40 Ebd.

93

Abb. 8

Walter Kellermann, Testpilot Speedy. In: Robinson 56, S. 17. Gerstmayer Verlag.

Walter Kellermann 1923-1990

Walter Kcllermann wurde 1923 in Hannover geboren. Uber seine ersten Lebensjahre sind keine Details bekannt. Er selber äußerte sich nur über die Schulzeit, in der er seinen Freund Hansrudi Wäscher kennenlernte:

»Hansrudi ist in Lugano groß geworden und dort gab es >PinocchioTitanusTITANUS< nunmehr wieder alle Mo­ nate. Aus vielen Leserzuschriften haben wir erfahren, dass das erste 3-D-Heft zu anstrengend war und dass es unseren Freunden lieber wäre, wenn die Hefte in Zukunft bunt erscheinen. Wir haben uns danach gerichtet und werden die Hefte also auch in Zukunft bunt erscheinen lassen. Die lange Pause war not­ wendig, um die Zeichnungen von 3-D wieder umarbeiten zu lassen.«1“

Das angeblich »bunte Heft« besaß eine in gelb, rot und grau gehaltene Kolorierung, die den einzelnen Bildern einen schmutzigen Anstrich ver­ lieh, und die Neubearbeitung erwies sich als eine lieblose Montage der ursprünglichen Ausgabe. So wurden ab der Seite 8 die Zeichnungen in ihrer Originalgröße abgedruckt, was eine Umstellung von drei auf zwei Panels pro Seite bedingte und zu einem Wegfall von mehreren Bildstreifen führte.31 Die dadurch entstandenen Sprünge in der Handlung überbrück­ ten reine Textpassagen und minderten damit die Qualität des laienhaft zusammengeschnittenen Comics. Trotz dieser Mängel muss das Heft aber gewinnbringend verkauft worden sein, denn nur einen Monat später er­ schien die dritte Ausgabe von Titanus. Das Heft besaß nun eine vorbildli­ che Kolorierung, und sowohl der Plot als auch die Zeichnungen erreichten durch die geschilderte Landung auf dem Mond einen unerwarteten Hö­ hepunkt. Doch Nickel musste aufgrund der Übernahme von Robinson die Serie Titanus an Hansrudi Wascher abgeben. Wäscher änderte nun den Plot vollständig, indem er Niflheim durch eine Atomexplosion vernichte­ te, Titanus für tot erklärte, und mit Terry Star einen neuen Protagonisten

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Helmut Nickel

einfiihrte. Sieht man einmal von dem radikalen Bruch der Handlung ab, bleibt immer noch die Tatsache bestehen, dass Titanus die einzige Heftrei­ he ist, an der sowohl Nickel als auch Wäscher beteiligt waren. Das finanziell erfolgreichste Produkt des Verlages war ohne jeden Zweifel die Robinson-Reihe. 1953 h^tte Gerstmayer Willi Kohlhoff be­ auftragt, neben seinem Hot Jerry eine zweite Comic-Serie auszuarbeiten und bestimmte als Protagonisten Robinson Crusoe. Dessen Abenteuer besaßen einen hohen Bekanntheitsgrad und konnten außerdem ohne eine Abdrucklizenz vermarktet werden, da kein Copyright mehr für den Na­ men Robinson existierte. Die neue Serie basierte auf Daniel Defoes zweibändigem Roman, in dem die Robinsonade nur einen - wenn auch wesentlichen - Bestandteil der Handlung ausmachte, deren Konzept schon die Büchertitel umrissen hatten:’2 »1. Band: Das Leben und die unerhörten Abenteuer des Robinson Crusoe ei­ nes Seemanns aus York, der achtundzwanzig Jahre lang ganz allein auf einer Insel vor der Küste von Amerika lebte, nahe der Mündung des großen Orin­ oko-Stromes, wohin er durch einen Schiffbruch verschlagen worden war, bei dem alle Mann außer ihm umkamen. Mit einem Bericht, wie er zuletzt auf ebenso merkwürdige Weise durch Piraten befreit wurde. Von ihm selbst be­ schrieben.«33

Der ehemalige Kriminalbeamte Kohlhoff hielt sich zunächst an die von Defoe vorgegebene Handlung und schuf eine besonders realistisch ge­ zeichnete Version von Robinsons Abenteuern. Da Anfang der 1950er Jahre noch kein staatliches Kontrollorgan existierte, nahmen seine Plots immer drastischere Züge an, bis sie die Grenze des tolerierbaren erreicht hatten. So tummelten sich in Robinson Nr. 8 bis auf das Skelett abgema­ gerte Mumienmenschen und raubtierhafte Tiermenschen versuchten eine wehrlose junge Indianerin zu zerfleischen. Diese für ein Jugendheft völlig ungeeignete Horror-Story wurde von Kohlhoff vorgezeichnet und dann an seine Urlaubsvertretung Helmut Nickel weitergegeben: »Bei der Übernahme des berüchtigten Robinson-Heftes 8 habe ich Willi Kohl­ hoff (damals noch Krüger-Kohlhoff) für einen Nachmittag kennengelernt. Ich war sehr beeindruckt über seine sorgfältig ausgearbeiteten Bleistiftvorzeich­ nungen, die fast druckreif waren. (Meine eigenen Verzeichnungen waren da­ gegen nur ganz flüchtig angelegt und die Details wurden mit der Feder aus­ geführt). «M

Nickels schon zu diesem Zeitpunkt perfekte grafische Umsetzung verlieh dem Heft eine weitaus erschreckendere Präsenz, als sie Kohlhoff trotz seiner unbestreitbaren Zeichenkunst je erreicht hätte. Dazu gesellte sich noch Nickels logisch fundierter Story-Background, der auf seinen histo­ rischen und ethnologischen Kenntnissen beruhte. So verwandelte er ein 147

Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre

von Kohlhoff lapidar als Inkatempel bezeichnete Bauwerk in eine »Aillak Huasi«, einen vergessenen Vorposten des untergegangenen Inkareichs und staffierte die vorher nur mit einem Lendenschurz bekleideten Wilden mit historischen Kostümen aus. Nickels sorgfältige Gestaltung rettete das Heft aber nicht vor der Indizierung durch die gerade gegründete Bundes­ prüfstelle, die es zusammen mit Robinson Nr. 7 und HotJerry Nr. 2 auf die Liste der verbotenen Comics setzten. Kohlhoff führte nach Nickels Intermezzo die Robinson-Serie weitere neun Hefte lang fort, bis er dann wieder seine Arbeit als Tatortzeichner bei der Berliner Kriminalpolizei aufhahm und die vorgezeichnete Nr. 19 von Nickel vollenden ließ. Dieser wertete den simplen Plot durch ein fundier­ tes folkloristisches Ambiente auf und prädestinierte sich damit geradezu als Nachfolger Kohlhoffs, doch Gerstmayer überließ die Serie Helmut Steinmann. Dessen Zeichenstil wirkte allerdings so dilettantisch, dass der Verlag sich bei seinen Lesern für die mangelhafte Qualität entschuldigten musste und die Reihe nun endlich an Nickel weitergab. Steinmann hatte in seinem letzten Heft Robinsons wrackgeschlagenes Schiff »Sturmvogel« nach der »Katastrophe im Stillen Ozean« (Nomen est Omen!) an einer ungenannten Küste stranden lassen und noch den Titel des nächsten Bandes angekündigt.35 Belastet mit dieser Vorgabe, begann Nickel den Start seiner Ro^inron-Variante, an den er sich folgendermaßen erinnert: »Für Heft 22 existierte eine Handlungsvorgabe im Tempel der Glückseligkeit, da aber der Sturmvogel in Heft 21 zum Wrack geworden war, musste eine gefan­ gene Prinzessin her, die dann nach ihrer Befreiung und Wiedereinsetzung in Dankbarkeit Robinson einen neuen Sturmvogel bauen lässt.«36

Die javanische Prinzessin Tuanila bot Nickel außerdem die Gelegenheit, seinen an der Freien Universität Berlin belegten Malaiisch-Kurs praktisch anzuwenden und so fügte er gleich einen kleinen Sprachunterricht in das Heft mit ein (Prinzessin Puteri Tuanila heißt z.B. Prinzessin Nachthim­ melblau). Außerdem benutzte er seine als Volontär am Berliner Völker­ kundemuseum erworbenen Kenntnisse - dort führte er zweimal wöchent­ lich Schulklassen u.a. durch die Südseeabteilung - so dass alle Ausleger­ boote im Robinson den Originalen im Museum glichen. Nachdem Nickel den noch auf Steinhoffs Ideen beruhenden Plot been­ det hatte, begann er endlich seine eigenen Ideen umzusetzen und schuf als erstes eine Reminiszenz an seine in der Kriegsgefangenschaft gezeichnete Bildergeschichte Tigerhai. Unter dem Pseudonym »H. Humbert« (Hum­ bug) ersann er ein Piratenabenteuer und konfrontierte Robinson mit dem weiblichen Kapitän der Fregatte »Tigerhai«: Belladonna Hothouse, ge-

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nannt »Bloody Belly«, die optisch der Schauspielerin Lana Turner (Myla­ dy Winter in der US-Verfilmung der Drei Musketiere von 1948) ähnelte. Das mit vielen ethnologischen Erläuterungen versehende Sumat­ ra-Abenteuer bildete den Auftakt für eine zweimalige Erdumsegelung, an deren Ende Robinson mit seinen Freunden im Heft Nr. 100 in den Londo­ ner Docks vor Anker ging.17 Der in dem Jubiläumsband dargestellte Prot­ agonist ähnelte allerdings nicht mehr dem ursprünglichen Helden aus den Anfängen der Serie, den jeder der Zeichner hatte der Figur seinen eigenen Stempel aufgeprägt. So gestaltete Willi Kohlhoff das von Defoe nicht nä­ her definierte Erscheinungsbild des Protagonisten ganz nach dem eigenen Vorbild, denn wie der Comic-Äo^injow war Kohlhoff ein hervorragender Sportsmann und Boxer. Sein Robinson wirkte optisch wie ein junger Sieg­ fried, der eine kompromisslose »Law and Order«-Mentalität vermittelte, in der der Protagonist Judikative und Legislative in einer Person vertrat. Diese moralisch bedenkliche Einstellung korrigierte dann Nickel, dessen Held nur noch zum Selbstschutz oder zur Verteidigung Schutzloser die körperliche Auseinandersetzung suchte. Dabei maß er sich keine mora­ lischen Wertungen seiner Kontrahenten an und seine Kämpfe prägte ein feiner Humor, der Kohlhoffs Robinson völlig abging. Statt dessen der­ be Scherze nachzuahmen, duellierte sich Nickels Robinson mit einer im wahrsten Sinne des Wortes eleganten Klinge und vermittelte damit dem eher nüchtern angelegten Naturell eine ungewohnte Leichtigkeit. Über­ haupt gestattete sich Robinson des öfteren ein herzhaftes Lachen, das ihn deutlich von den klassischen Comic-Helden unterschied. Humor ist bei jenen oftmals die Domäne der geistig schlichteren Side-Kicks, die wie Obelix, Kapitän Haddock oder Fantasio für die burlesken Scherze zustän­ dig sind; bei Nickel hingegen verteilten er sich auf das gesamte Ensemble der RobinsonSctK. Optisch versah Nickel seinen Protagonisten mit einem durchaus mus­ kulösen, aber trotzdem hageren Körperbau, klassischen Gesichtszügen und einer hellblonden Haartolle, die etliche Gegner immer wieder bis aufs Blut reizte. Texte wie »Knallt ihm eins drauf auf sein Strohhaar!« gehör­ ten deshalb in leicht abgewandelter Form zum Repertoire von Robinsons Kontrahenten.18 Ähnliche Sprüche musste auch Hansrudi Wäschers Si­ gurd ertragen, den so mancher Raubritter nicht ungestraft als »Blond­ löckchen« titulieren durfte. Dieser bei Wäscher als sanfte Ironie gedachte Bemerkung besaß bei Nickel eine weitaus persönlichere Bedeutung, wenn man sein Portrait mit dem Konterfei seines Helden vergleicht. Das Ergeb­ nis verblüfft, und lässt sich mit demselben Ergebnis bei Kohlhoff wieder­ holen. Beide Varianten des Protagonisten sind absolute Ebenbilder ihrer Schöpfer!

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Abb. 13a undb

Helmut Nickel, 1954 (l’rivarioto)/Robinson Nr. 157 (Cover).

Wenn die Wiederspiegelung realer Persönlichkeiten schon für Robinson galt, traf sie noch kompromissloser auf Donna Gracia de Selva y Pereiras zu. Die portugiesische Adlige und ewige Begleiterin Robinsons besitzt nämlich eben­ falls ein reales Vorbild und verdankte ihre Existenz einem recht vergnüglichen Anlass: »Da ist eine Geschichte über Gracias Blätterröckchen. Gracia kam zu Robinson in der Nr. 30 und blieb in allen folgenden Ausgaben, weil Hildegard, seit weni­ ger als einem Jahr meine Frau (inzwischen sind wir seit 54 Jahren verheiratet), der Meinung war, dass es ftir Robinson Zeit war, einen weiblichen Gelahrten zu haben, um die Geschichte auch für Mädchen interessant zu machen. Diese Idee von Gracia als ein weiblicher Gefährte kam Hilde zur Faschingszeit, als wir entschieden hatten, zur Party des Kunsthistorischen Instituts als Robinson Crusoe (im Stile Defoes) und Gefährte zu gehen. An Stelle von .Man Fri day/Freitag« bot sich Hilde als ein >Girl Friday« an, im Blätterröckchen und nicht viel mehr. Klarer Fall, dass >Girl Friday« ein Knüller bei der Party war. Deshalb ist die Ähnlichkeit zwischen Gracias Blätterröckchen und Hildes >Girl Friday«-Kostüm kein Zufall. (Gracia musste allerdings ein Hemdchen tragen, wegen der Bundesprüfstelle!)«'''

Nickel führte die schöne Condesa in die laufende Handlung ein, indem er das Hauptmotiv von Defoes Roman variierte und Robinson erneut auf ei­ ner einsamen Insel stranden ließ. Donna Gracia, die Tochter des portugie­ sischen Gouverneurs der Molukken war schon drei Monate vor Robinson auf der Insel gestrandet und nun ersetzte sie auf sehr ansehnliche Weise den von Defoe und Kohlhoff geschilderten »Freitag«. Gracias Erlebnisse an der Schildkrötenquelle nötigten der Bundesprüfstelle sogar ein Lob ab, während andererseits ihre zerfledderte »fast nicht vorhandene Kleidung«« in Heft Nr. 32 streng gerügt wurde. Nach dem Abenteuer auf der'Insel Rietja nahm sich Robinson der inzwischen heimatlos gewordenen Adligen selbstlos an und segelte mit ihr über fast alle sieben Meere, wobei Gracia die schwierige Aufgabe be-

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wältigen musste, sowohl für Robinson ein geschlechtlich neutraler Gefährte, als auch eine kameradschaftliche Ubermutter und Smutje für die Schiffscrew zu sein. Au­ ßerdem geriet sie mit schöner Regelmä­ ßigkeit in die Gewalt orientalischer Mäd­ chenhändler und bereicherte nach ihrem Verkauf auf dem Sklavenmarkt sowohl die Harems eines indischen Fürsten, als auch den eines afrikanischen Häuptlings. Mit Robinson und Gracia hatte Nickel das perfekte Paar der deutschen Comics geschaffen, dessen unterschwellige sexuel­ le Ausstrahlung er allerdings mit bewusst neutralen Dialogen verharmloste. Zu die­ sen angeblich der Höflichkeit geschulde­ ten Umgangsformen gesellten sich außer­ dem die jede peinliche Situation überspie­ lenden Streiche von Robinsons Side-Kick Xurv. Den quirligen Jungen hatte Defoe als zeitweiligen Begleiter Robinsons ein­ geführt, doch im Comic agierte er von seinem ersten Auftritt an permanent als Identiflkationsflgur für jugendliche Leser. Da in Defoes Roman keine Personenbe­ schreibung Xurys existiert, kopierte Kohlhofl einfach die Sarotti-Werbefigur, und übernahm neben dem gestreiften Turban auch ihre Pluderhosen und die Schna­ Abb. 14,i und b Gracia, in: Robinson Nr. belschuhe der Figur.4" Zu der vertrauten 138, S. 8 - Unten: Hildegard und Helmut Nickel. Sarotti-Optik gesellte sich außerdem eine grammatikalisch völlig verdrehte Aus­ druckweise, wie sie schon Defoe ansatz­ weise für das Original verwendet hatte. Im Laufe der weiteren Handlung bereicherte Nickel die Mannschaft des »Sturmvogel« noch um drei weitere Mitglieder: den schweigsamen, hünenhaften norwegischen Harpunier Lars Larsen, den quirligen Italiener Beppo Buletti, sowie zeitweilig den spleenigen Professor Hiatus Hickup von der Königlich Britischen Akademie. Diese zusammen mit Robinson, Gracia und Xury aus fünf Nationen stammende Menschengruppe umse­ gelte nun zweimal die Erde, und diente dabei Nickel als Aufhänger für

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seine ethnologisch geprägte Darstellung des siebzehnten Jahrhunderts. Defoes Vorgabe folgend, ließ er seinen Protagonisten die exotischsten Länder erkunden, wobei er die Handlung stets den historischen und völkerkundlichen Aspekten des jeweils geschilderten Kulturkreises un­ terwarf. So erzählt im Mexiko-Abenteuer die fiktive Gestalt des Fürsten Nezahualcoyotl das tragische Schicksal seines Volkes anhand einer im Stil aztekischer Zeichnungen ausgefiihrten Comicsequenz, die von einer Er­ klärung der Bilderschrift ergänzt wird: »Im Namen des Fürsten erkennt man coyotl » Wolf (Kojote!) Kennt ihr die aztekischen Worte: chocolatl, cacaoatl, tomatl?«41 Die gleiche Authentizität besitzt Nickels Umsetzung des indischen Nationalepos Ramajana, das er im Stil der berühmten Fresken der ceylonesischen Felsenfestung Sigirija wiedergab. Die akribisch ausgefiihrten Zeichnungen dienten ihm außerdem als Aufhänger fiir einen Plot, indem er zwangsläufig eine Inkarnation des legendären AfiFengottes Hanuman erscheinen ließ und so Robinsons Abenteuer als eine konsequente Fortset­ zung der mythologisch verbrämten Historie ausgab. Noch ausführlicher il­ lustrierte Nickel das wechselhafte Schicksal der Bundeslade, das er mit der Geschichte Salomons und der Königin von Saba verquickte. An anderer Stelle integrierte er den Alltag der Walfänger in die laufende Handlung, oder schilderte in seitenlangen Sequenzen die Gazellenjagd in Marokko sowie die Falkenjagd des portugiesischen Adels und die Zähmung wilder Elefanten im indischen Dschungel. Selbst einzelne Bilder waren Nickel nicht zu schade für eine kurze Erläuterung über den Schützenfisch, Pal­ menkrebse, den Balztanz des Arguspfaus und die verheerende Wirkung chinesischer Stinktöpfe. Diese immer unaufdringlich eingefügten Infor­ mationen bereicherten fast jede Heftseite, ohne dass sie dabei den Rah­ men der laufenden Handlung verlangsamten oder behinderten. Der Plot selbst zeigt deutliche Einflüsse von Kipling, Stevenson und vor allem Karl May, deren Duktus Nickel kongenial in seine von der Ethnologie diktier­ ten Geschichten einfügte. Die oftmals belehrende Wirkung seiner Comics lockerte Nickel mit humoristischen Dialogen auf und wandte einen ähnlichen Kunstgriff auch bei der grafischen Gestaltung an. Hier sind es die vordergründigen Actionszenen, die den Leser geschickt zu den sorgfältig konstruierten Ethnologie-Panoramen hinführen. Diese Bilder reihen Helmut Nickel in die kleine Gruppe jener Künstler ein, bei denen der didaktische Wert des Comics mehr aus der eigenständigen Zeichnung als dem ansonsten dominanten Plot besteht. Fosters detailverliebte romantisch verklärte His­ torienmalerei gehört ebenso dazu, wie Hogarths an Michelangelo erin­ nernde Anatomiestudien und Hampsons fotorealistische Science Fiction.

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Bei jedem dieser Künstler verleitet ihre Ausnahmegrafik zu einer inten­ siven Betrachtung des einzelnen Bildes, die zwangsläufig den für einen Comic typischen Lesefluss unterbricht. In den Robinson-Heften werden solche Bilder allerdings nur behutsam eingesetzt, und so offenbart sich der bewusst integrierte geschichtshistorische und ethnologische Inhalt eines Panels erst auf den zweiten Blick. Nickel rückt nämlich seine Pro­ tagonisten mit einem simplen handwerklichen Kunstgriff* aus dem Zent­ rum des Geschehens und ermöglicht damit ein intuitives Erfassen der im Bildhintergrund, der wie ein Diorama gestalteten Bilder. Beeindruckende Beispiele für diese liebevoll ausgeführten Zeichnungen finden sich in der Acapulco Marktplatzszene und dem chinesischen Drachenumzug. Selbst in Schwarzweiß gelingt es Nickel, die romantische Stimmung eines hawaiianischen Sonnenunterganges hervorzuzaubern oder ein Feuerwerk auf Ceylon zu zeichnen. Bei Robinsons Aufenthalt an der afrikanischen Goldküste ist König Quibokus Hütte nur der Rahmen für eine Zurschau­ stellung der verschiedensten Fetische, Schnitzereien, Kultgegenstände und nativen Dessins. Eine Karte des Amazonas ist mit Originalzeichnungen der dort ansässigen indigenen Völker verziert und die mehrmaligen Ex­ kursionen in die Südsee präsentieren eine ganze Kollektion der unter­ schiedlichsten Stammestätowierungen und Kriegsbemalungen. Besondere Sorgfalt widmet Nickel dem islamischen Kulturkreis, den er anhand der Gebräuche Marokkos und der arabischen Halbinsel schildert. Neben die­ sen Schauplätzen zeigt sich das speziell in der Sulima-Episode, die fast als ein aus dem Rahmen der sonstigen Ro^inron-Abenteuer herausgelöstes eigenständiges Epos zu betrachten ist. Plot, Dialog und Grafik verdichten sich hier zu einem Gesamtkunstwerk, das eindrucksvoll die wechselhafte Geschichte Persiens mit der Kurdistans, und des Osmanischen Reiches verknüpft. Nickel schrieb mit seinen Robinson-Heften in den 1950er Jahren Comic-Geschichte und schuf außerdem das einzige ernsthafte Konkur­ renzangebot in einem ansonsten von Wascher-Serien dominierten Co­ mic-Markt. Die Qualität der RoAinron-Hefte weckte allerdings nicht nur das gewünschte Interesse der Leser, sondern auch den Geschäftssinn des Verlegers Walter Lehning, dessen Kontaktversuche Nickel so schilderte: »Lehning hatte gemerkt, daß mit meinen Zeichnungen Geld zu machen war, und er hat in Berlin nach mir rumgefragt. Daraufhin ist Gerstmayer, weil er vermutlich Lehning Geld schuldete, zu ihm gekommen und hat ihm gesagt, ich pumpe dir meinen Zeichner. Ich vermute sehr stark, dass es so gewesen ist, kann es natürlich nicht beschwören.«42

Lehning verlegte ab Oktober 1958 neben seinen Fortsetzungscomics auch das Comic-Magazin Harry - Die bunte Jugendzeitung, für das er neben

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Charlie Bood auch Hansrudi Wäscher verpflichtet hatte. Nun fehlte nur noch ein Geschichtscomic, den ihm nun Nickel lieferte: Francis Drake Der Korsar der Königin. Nickel sagt zu der Entstehung: »Einer der Gründe, daß »Francis Drake« für Lehning interessant war, war, daß Lehnings Geschäftsgebäude in Berlin-Lichterfelde ausgerechnet in der Drakestraße gelegen war (wobei aber zu bedenken ist, daß der Drake, der Schöp­ fer der Siegessäule im Tiergarten war). Die Geschichte des Seehelden Francis Drake hat genug Abenteuer in sich, um ein gutes Garn spinnen zu können. Sie hat außerdem den Vorteil, historisch belegbar zu sein.«4'

Genau diese Authentizität ließ den Comic leider wie eine trockene Ge­ schichtsstunde wirken, der zudem noch im Uberformat - in schwarzweiß auf minderwertigem Papier gedruckt wurde. Die qualitativ hervorragenden Zeichnungen verfugten daher trotz des historischen Hintergrunds einfach nicht über das Flair von Nickels anderen Reihen; und so entschwand der allzu edelmütig geschilderte Pirat - der Begriff- des Antihelden existierte in den 1950er Jahren noch nicht - nach nur 17 Folgen aus der Jugend-Zei­ tung. Neben Francis Drake erschien noch eine zweite Serie von Nickel in Harry. Der Einseiter Peters seltsame Reisen. Diese humoristische Reihe bot Nickel die Gelegenheit, die Protagonisten der Weltliteratur in einer fiktiven Rahmenhandlung zum Leben zu erwecken, ohne dabei die li­ terarischen Sujets mit einzubeziehen. Grundlage für diese Idee war der Einseiter Bluthand und Revolver-Garry aus Hot Jerry, mit dem Nickel die Hany-Redaktion überredet hatte, eine Parodie bekannter Comics abzu­ drucken. Die einzelnen Zeichnungen glichen eher Karikaturen als realisti­ schen Darstellungen, und teilweise wirkten sie sogar wie Illustrationen der entsprechenden Originalbücher. Dem Schüler Peter - ein Pendant Xurys - begegneten ununterbrochen Comic- und Jugendbuchhelden, die ein nicht näher erklärtes Schicksal in die reale Welt verschlagen hatte. Meistens geriet Peter dann während sei­ ner Abenteuer in die Originalszenerie des gerade aktuellen Protagonisten, die Nickel in Form einer überspitzten Persiflage gestaltete. So taucht z.B. ein dicker, farbiger Häuptling namens »Wum« auf, der aus einem Gedicht Erich Kästners entlehnt wurde.44 Neben diesen fiktiven Geschehnissen lieferte Nickel aber auch ein geradezu nostalgisches Bild der 1950er Jahre, das mit der Ansicht einer anonymen deutschen Kleinstadt begann und bei dem Pferdeschwanz von Peters Schwester endete. In der Reihenfolge ihres Auftretens: Akim und seine Gefährten Rita, Kar und Zig. Nick, der Weltraumfahrer. Die drei Musketidre. Münchhausen. Sindbad der Seefah­ rer und der Geist aus der Flasche. Goldpfeil, der Herr der blauen Berge. Phileas Fogg. Robinson Crusoe. Kapitän Nemo. Don Quixote. Gottfried

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von Bouillon und Richard Löwenherz. Aladin und Ali Baba und die vier­ zig Räuber. Sherlock Holmes. Tarzan. Herkules, Hermes, Odysseus und die Argonauten. SirTristram aus Camelot. Ein besonderes Vergnügen bereitete es Nickel, mit der klassischen Figur des Sherlock Holmes eine Hpmmage an den genauso populären Nick Knatterton zu zeichnen. Nickel bemerkt zu Knatterton und seinem Schöpfer: »An Manfred Schmidt kam niemand vorbei!«45 Ursprünglich hatte sich Nickel hauptsächlich den Figuren aus der Lehning-Produktion zuwenden wollen, doch aufgrund einer Vorgabe der Redaktion änderte er dann den Plot. »Allerdings wurde mir seitens von Lehning mitgeteilt, daß sich Hansrudi Wä­ scher über die missbräuchliche Benutzung seiner Figuren beklagt hätte. Da ich das in der Folge unterlassen habe und mehr Figuren der Literatur herein­ brachte, hörte ich keine weiteren Klagen mehr. Dies war übrigens der einzige Kontakt (indirekt), den ich je mit Hansrudi Wäscher hatte.«46

Angesprochen auf seine vorsichtige Kritik an Hansrudi Wascher, vertiefte Nickel seine frühere Aussage: »Wie gesagt, naiver weise hatte ich gedacht, dass es im Interesse des Lehning-Verlages sei, wenn Personen aus ver­ lagseigenen Comics aufgefuhrt würden, aber leider war das bei Hansrudi Wäscher falsch angekommen.«47 Die Persiflage von Waschers Protagonis­ ten sollte aber nicht der einzige indirekte Kontakt zwischen den beiden Künstlern bleiben, denn Nickel letterte auch die holländischen Ausgaben der Akim - Neue Abenteuer-P\cco\os. Die Produktion der Aiim - Nieuue Avonturen Nr. 1-35 erfolgte im Druckhaus Berlin-Lichterfelde, während die Ausgaben Nr. 36-160 direkt in Holland hergestellt wurden. Das Lettering der Hefte erfolgte in Nickels unverwechselbarer Handschrift: »Der Letteringauftrag für die holländischen Aiim kam von Lehning. Ich habe keine Ahnung, wie ich dazu kam. Wie es bei Lehning so zuging, hat mich der Redakteur in Lichterfelde gefragt, als ich irgendeine fertige Arbeit ablieferte [...], ob ich auch für holländisches Lettering einspringen könnte. Da ich drei Jahre nach dem Kriege in Belgien PoW war, war ich mit flämisch vertraut, und da ein kleiner Nebenjob immer willkommen war, habe ich zugesagt. [...] Ich habe keine Ahnung, wie viele Hefte, geschweige welche Nummern ich gelettert habe. Sobald ein Job abgeliefert war, wurde er manchmal bezahlt, öfters auch nicht, und nicht mehr darüber geredet. Belegexemplare gab es häufig nicht. [...] Wie ich schon wiederholt feststellen musste, ging es bei Lehning mit der Auftragserteilung oft ziemlich schludrig zu. Man hatte zwar einige mehr oder minder feststehende Aufträge, aber zwischendurch wurden immer (»Eilig, eilig! Bis Sonnabend Mittag!«) ein paar kleinere Überraschungen dazwischen geschoben, seien es Taschenbuchtitelbilder, Postkarten, »Verbesserungen« wie die sattsam bekanntgewordenen zweiten Träger an den BHs der diversen Ur­ waldköniginnen oder eben solch fremdsprachiges Lettering.«4’

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Ab November 1959 gab Lehning ein Tarzan-Comic heraus, nachdem er das Copyright für die deutsche Ausgabe vom Mondial/Pabel-Verlag übernommen hatte. Die über ein Jahr zuvor beendete Mondial-Ausgabe hatte aus einem kruden Zusammenschnitt der verschiedensten Tarzan-Sunday-Pages bestanden, die Lehning so nicht fortfuhren wollte. Stattdessen präsentierte er die Dailys von Rex Maxon, die allerdings über keine Cover verfugten. Lehning löste das Problem, indem er die recht höl­ zern wirkenden Bilder Maxons durch von Nickel gezeichnete Titelbilder aufwerten ließ. Die Cover zeigten einen Protagonisten, der sich von Ni­ ckels gewohnter Robinson-Darstellung nur durch eine wilde Haarmähne und einen bis fast zur Kniekehle reichenden Lendenschurz unterschied: »Der lange Lendenschurz war vorgeschrieben von der Freiwilligen Selbstkon­ trolle [wohl wegen der sonstigen sittlichen Gefährdung der Jugend in Bayern und ähnlich exponierten Gegenden]. Ich mußte außerdem den leichtbekleide­ ten Damen im Comic [ Jane, Tarzcela; Anm. d. Vf.] einen zweiten Träger an den Büstenhalter malen, den Lendenschurz seitlich schließen, usw.«49

Außer den Tarzan-Covers malte Nickel zwischen 1956 und 1960 auch 16 Cover für die verschiedenen Taschenbuchreihen des Lehning-Verlages. Nicht immer ließen sich diese Arbeiten als »jugendfrei« bezeichnen; so bildete z.B. das Panther-Buch Nr. 103 {Inselder Wilden) ein Robinson und Gracia gleichendes Paar in einer unmissverständlichen Pose ab, die Nickel in den Comic-Heften nie so hätte darstellen dürfen: »Bei dem Cover für die Taschenbuchreihe gab es besondere Schwierigkeiten, da ich keine Ahnung vom Inhalt hatte, weil der Text noch bei der Übersetzerin in Arbeit war. Insel der Wilden war mir auf Befragen vage als >auf einem tropi­ schen Paradies< handelnd beschrieben worden, worunter ich mir eine Szenerie wie auf Gauguins Tahiti vorstellte. Die Story war aber stark an Sabatinis Captain Blood angelehnt und fand unter Piraten auf einer karibischen Insel statt.«5"

Für Nickel war es kein leichtes Zeitmanagement, die Gestaltung der ver­ schiedenen Serien mit seinem Hochschulstudium zu verbinden, was ihm aber letztlich sehr erfolgreich gelang. Nach seinem Abschluss als Ethnolo­ ge und Kunsthistoriker, reichte er seine Dissertation zum Thema Der mit­ telalterliche Reiterschild des Abendlandes bei der Philosophischen Fakultät der Freien Universität Berlin unter dem Dekan Eduard Neumann ein. Als Doktorvater stand Nickel der Kunsthistoriker Edwin Redslob zur Seite, der von 1920 bis 1933 Generaldirektor der württembergischen Museen gewesen war, bevor ihn die Nazis wegen Förderung »entarteter Kunst« aus allen Ämtern entließen. 1948 gehörte Redslob zu den Gründern der Ber­ liner Tageszeitung Der Tagesspiegel und zu den Initiatoren der Freien Uni­ versität, die er als Rektor von 1949 bis 1950 leitete. Für die 1954 erschiene-

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ne Festschriftfür Edwin Redsloh verfasste Nickel den Beitrag Die Grabplatte des Großkomturs Kuno von Liebenstein zu Neumark in Westpreußen. Helmut Nickel schloss seine mündliche Prüfung am 28. Februar 1958 mit »magna cum laude« ab. Seine Doktorarbeit ist nicht nur im Disserta­ tionsdruck erschienen, sondern auch 1959/60 in der wissenschaftlichen Zeitschrift Der Herold - Vierteljahresschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Der Herold ist die Vereinszeitschrift des Berliner heraldischen Vereins Herold, bei dem Nickel seit 1954 Mitglied ist. Von 1958 bis 1960 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Lipperheideschen Kostümbibliothek Berlin tätig.51 Aufgrund der dortigen Beschäftigungsbedingungen durfte er allerdings keinerlei Nebentätigkei­ ten nachgehen, und so gab er im Juli den Robinson sehr widerstrebend auf, der nun unter seinem Nachfolger Fritz Tasche einen absoluten Tiefpunkt erreichte. Um die Umsatzzahlen wieder zu heben, wandte sich Gerstmayer erneut an Nickel, der die Serie auch noch einmal übernahm, da sein ein­ jähriger Vertrag mit dem Museum inzwischen abgelaufen war. 1960 suchte der Direktor des Metropolitan Museum of Art einen möglichst aus Deutschland stammenden Nachfolger für den Posten des »Curator of Arms and Armor« (Verwalter für Waffen und Rüstungen) und entschied sich für Nickel, der das Metropolitan mit seiner Dissertation überzeugte hatte.52 Nickel erhielt eine Berufung als Curatorial Assistant, und während er seine Umsiedlung nach New York vorbereitete, trug ihm Lehning die Konzeptionierung eines Karl May-Comic an. Das Nickels Intentionen entgegenkommende Angebot basierte auf der Tatsache, dass die Urheberrechtsschutzfrist an Karl Mays Büchern aus Anlass seines 50. Todestages gerade erlosch.53 »Als der Lehning-Verlag mit »Harry« auch >Peters seltsame Reisen« einstellte, fragte man mich, ob ich dafür eine Karl May-Serie zeichnen wolle. Trotz der nicht gerade ermutigenden Erfahrungen mit diesem Verlag, stimmte ich zu, [...] Die Serie mit «Winnetou I« zu beginnen, war mein Vorschlag. »Winnetou« wurde ab August 1960 sozusagen auf Vorrat gezeichnet, damit man bei Ablauf des Copyrights 1962, sofort auf dem Markt sein konnte.«54

Nickels Entscheidung hatte den Abbruch von Robinson zur Konsequenz, den er nicht auch noch neben Winnetou und seiner hauptberuflichen Tä­ tigkeit produzieren konnte. So endete Robinson wie alle Nickel-Serien ohne Abschluss und er widmete sich ganz dem letzten von ihm realisierten Comic-Projekt. Die fertiggezeichneten Seiten schickte Nickel per Luft­ post nach Deutschland. »Wie Sie wissen, habe ich den »Winnetou« in den USA gezeichnet, als ich bereits beim Museum angestellt war. Das war natürlich eine beträchtliche Be­ lastung, aber ich habe es gerne getan, weil mich der Stoff besonders faszinierte.

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Die deutschen üm-Künsder und Autoren der 1950er Jahre Allerdings ging die Begeisterung nicht so weit, es ganz ohne Bezahlung zu tun, von der geringen Wertschätzung seitens des Lehning-Verlages ganz zu schweigen.«55

Trotz der verschiedenen Schwierigkeiten begann Nickel mit der Bearbei­ tung des Winnetou-Stoffes, indem er die Haupthandlung aus den Roma­ nen Winnetou I, II, und III herausschälte. Der erste Band enthielt einen Originaltext, den May extra für seine bei Fehsenfeid erschienenen Reiseer­ zählungen geschrieben hatte und der die erste Begegnung Old Shatterhands und Winnetous schilderte, während Band II und III aus mehreren für die Reihe bearbeiteten, älteren Novellen bestand.56 Nickel straffte nun die über drei Bücher gehende Jagd nach dem Mörder Nscho-Tschis und strich vor allem Winnetous Todesszene, da er ihn ja noch für die weitere Reihe benötigte. Außerdem hoffte er eingedenk seiner Erfahrungen mit plötzlich eingestellten Serien, so die Winnetou-Santer-Story in einem Stück darstellen zu können, ehe Lehning sie vielleicht auch abbrach. Als Quelle für seinen Plot verwendete Nickel die Karl May-Bücher der soge­ nannten Grünen Reihe, von der er Winnetou I mit sieben Jahren zu Weih­ nachten geschenkt bekommen hatte. »>Mein< Winnetou I ist dann, als ich beim Kommiss war, an einen viel jüngeren Vetter weitergeleitet worden. Darum habe ich meine Comic-Version einfach aus der Erinnerung machen müssen, da die Taschenbuchausgabe erst heraus­ kam, als die Zeichnungen längst fertig waren. Der dramatische Tod Santers in meiner Version ist aber aus dem Freilichtspiel der Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz entlehnt. In den Jahren 1938 bis 1940 habe ich das Spiel mehrmals gesehen; jedesmal mit kleinen Änderungen, vermutlich damit es für Wiederholer wie mich nicht zu langweilig werden sollte. In allen Fassungen war aber der Schlusshöhepunkt, dass Winnetou, als er auf der Sanier-Verfolgung fast am Ziel war, durch einen Schuss aus dem Hin­ terhalt getroffen wird. Als ihm Old Shatterhand zur Hilfe eilte, rief Santer, auf einem Felsen im Rücken der Zuschauer stehend (!) triumphierend: >Ich habe das Gold gefunden! Der Schatz des Nugget-tsil ist mein!« Darauf Old Shat­ terhand im Bühnenflüster: >Um ihn nicht zu warnen, muss ich den Knieschuss anwenden!« (Jeder Leser von Winnetou I weiß natürlich, was ein Knieschuss ist!) Der Bärentöter kracht - und Santer stürzt in die Versenkung!«57

Nach dem fFöine/ou-Komplex bearbeitete Nickel Mays sogenannte Ju­ gendbücher, die zwar schon Old Shatterhands Abenteuer enthielten, aber diese noch nicht in der gewohnten Ich-Form der späteren »Reiserlebnisse« präsentierten. In diesen Romanen erschien Old Shatterhand nur als ein prominenter Westman in einer bunten Schar von Helden des Westens, wie May die erste (rote) Ausgabe, erschienen im Union-Verlag, betitelte. Den zweiten Teil des aus zwei abgeschlossenen Geschichten bestehenden Bu­ ches - Der Geist des Llano estakado - wählte Nickel nun für die nächsten Winnetou-Hefte aus und setzte erst dann die Handlung mit dem ersten

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Teil fort: Der Sohn des Bärenjägers. Um einige dramaturgische Lücken in der Handlung des Bärenjägers zu überbrücken, füllte er sie mit der wenig beachteten Kurzgeschichte Die Söhne der Upsaroka, und wandte sich dann Mays wohl bekanntesten Jugendbuch zu, dem Schatz im Silbersee.™ Die Startnummer von Nickels Karl May-Adaption erschien im Fe­ bruar 1963 mit dem Serientitel: Winnetou - nach Karl May und koste­ te 75 Pfennige. Diesen Preis forderte sonst nur ein Vierfarbmagazin wie die Micky Maus, und er war trotz des Umfangs von 32 Seiten kaum für ein Lehning-Produkt gerechtfertigt. Die Winnetou-Geschichte besaß in den Heften höchstens einen Umfang von 22 Seiten, der Rest wurde durch Lehnings Italienimporte - z.B. Jim der Cowboy - gefüllt. Dazu kam eine (zeittypische) minderwertige Druckqualität, in teilweise nur braunroter Kolorierung. Die erste Seite der Startnummer zeigte Nickels berühmte Winne­ tou-Interpretation und einen von ihm selbst verfassten Einleitungstext, in dem er ganz im Stile Mays fabuliert: »In der vorliegenden Heftreihe »Winnetou« hat sich unser Zeichner bemüht, getreu dem Vorbild Karl Mays zu folgen und auf Grund jahrelanger Studien und Beobachtungen, die z.T. an Ort und Stelle in Amerika getroffen wurden, ein lebenswahres Bild aus den Tagen des Heldenkampfes des roten Mannes zu entwerfen.«5’

Nickels ethnologisches Fachwissen berechtigte ihn natürlich zu dieser Aussage und die angeblichen, an Mays berühmte Reisen erinnernden USA-Studien, erklärte er augenzwinkernd damit, dass er den Winnetou schließlich schon in Amerika gezeichnet hatte.60 Mit der Nr. 9 wurde die Reihe in Karl May-Bildheft umgetitelt und al­ ternierend zu Nickels Winnetou erschienen außerdem die von Harry Ehrt gezeichneten Karl May-Geschichten Kara Ben Nemsi und Old Shurehand. Die wie Nickel-Kopien wirkenden Serien bestritten dann ab der Nr. 36 den gesamten Inhalt, nachdem Nickel ein Heft zuvor den Sohn des Bären­ jägers abgeschlossen hatte. Im September 1964 brachte Lehning neben den Karl May- Heften das Winnetou-Magazin heraus, das zuerst nur Nachdru­ cke der May-Reihe enthielt. Mit der Magazin Nr. 21 wurden dann beide Serien vereinigt, und nachdem alle Winnetou-Episoden diesmal in besserer Farbqualität erneut abgedruckt worden waren, setzte Nickel die Reihe mit dem Schatz im Silbersee fort. Nach nur fünf neuen Folgen beendete er al­ lerdings endgültig seine Arbeit für Lehning, der sich geweigert hatte, das Nickel zustehende Honorar zu bezahlen. Nickels Winnetou zeichnete sich durch eine konsequente Umsetzung von Mays Originaltext aus, die sich besonders bei den handelnden Perso­ nen zeigte. So folgte auch die Darstellung der Mitspieler und Bystander

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von Old Shatterhand und Winnetou eindeutig den literarischen Vorgaben Mays, und die gesprochenen Texte übernahm Nickel oft wortwörtlich aus den Romanvorlagen. Dabei scheute er sich auch nicht vor in Mundart geführten Dialogen - so lässt sich z.B. Hobble-Frank auch in der Co­ mic-Adaption verbal eindeutig dem sächsischen Sprachraum zuordnen. Auch bei der optischen Gestaltung der beiden Hauptfiguren Old Shat­ terhand und Winnetou richtete sich Nickel exakt nach Mays detaillierten Beschreibungen. Er selbst kommentiert: »Die Figuren Karl Mays waren mir, wie gesagt, schon als Jungen vertraut und dadurch fast so gegenwärtig wie lebende Personen. Deshalb habe ich mich auch bemüht, in den Bildern so viel wie möglich von dieser Lebendigkeit dar­ zustellen. Die Figurenentwicklung bei Karl May ist nicht so schwer, da er ja genaue Beschreibungen der Personen gibt und so lebendige Schilderungen liefert, daß man die Figuren wirklich leibhaftig im Geiste sehen kann. [...] Meine Frau war entzückt zu sehen, wie sehr Lex Barker und Marie Versini, meinen bereits früher entstandenen Darstellungen von Old Shatterhand und Nscho-Tschi ähnelten.«61

Neben Mays Vorgaben setzte Nickel auch seine ethnologischen Kennt­ nisse ein und verwendete außerdem Mays angebliche »Originale«, wie die im May-Museum gezeigten berühmten Gewehre Old Shatterhands und Winnetous. Die exakte Spezifizierung der »Büchsen« erläutert Nickel so: »Die Silberbüchse war nach KMs Angaben von dem Büchsenmacher Max Fuchs in Kötzschenbroda bei Dresden gefertigt worden. Der »Henrystutzen«, den Patty Frank den staunenden Besuchern vorfuhrte, war ein 16-schüssiger Mehrlader, der von B.T. Henry patentierte Vorläufer der Winchester. [... ] Der ►Henrystutzen« war also NICHT für KM extra angefertigt worden.«62

Zusätzlich zu diesen Fakten stützte sich Nickel auf das Winnetou-Portrait, das bis 1945 das Cover von Winnetou I geziert hatte. Das Bild war eine leicht überarbeitete Version des Cover der 1910 erschienenen Union-Ausgabe von Mays Der Schatz im Silbersee. Nickel variierte es nun für sein Vorwort in Winnetou Nr. 1, und orientierte sich auch bei Old Shatter­ hands hirschlederner Jagdkleidung an Oskar Herrfurths Farbbild im Öl­ prinzen. Einzig die dort abgebildeten, bis zum Knie reichenden schweren Reitstiefel - die May exakt so beschrieb - ersetzte er durch folkloristische Mokassins und erklärt diese Änderung wie folgt: »Für »meinen« Old Shatterhand hatte ich, wie schon andernorts gesagt, die Episode aus Winnetou / erwählt, in der Nscho-tschi Old Shatterhand seinen Jagdanzug aus weißgegerbten Wildleder fertigt - aber keine Stiefel, die erst später auftauchen und bei den vielen Anschleichpositionen eigentlich sehr hinderlich gewesen sein müssten. [...] Die hohen Stiefel waren eine »trademark« von Buffalo Bill. Da aber BB und KM nie persönlichen Kontakt hatten, so waren entstandene Ähnlichkeiten wohl reiner Zufall???«61

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Abt' /i Cover: Der Schatz im Sitbmee. Stuttgart/Berlin/Leipzig: Union deutsche Verlagsgcscllschal t 1910. / Winnetou I. Karl May Verlag 1929. / Winnetou Nr. 1, S. 3.1 .chning Verlag.

Wie genau Nickel Mays Schilderungen tatsächlich umsetzte, lässt sich erst ermessen, wenn man sein Werk mit dem von Walter Neugebauer (Winne­ tou) vergleicht, indem Old Shatterhand durch seinen weißen Stetson eher wie Steward Granger in der Verfilmung von Old Shurehand aussieht.'’4 Nickel versuchte in den Karl May-Heften - wie in fast allen seinen Comic-Serien - den Lesern neben der reinen Handlung auch Wissens­ wertes über die geschilderten Völker und Kulturen zu vermitteln, indem er belehrende Schautafeln und Landkarten einfiigte, die der Lehning-Verlag bis auf eine Ausnahme leider nicht im Lfmzte/cw-Magazin nachdruckte. Die in den Karl May-Hcftcn abgedruckten Extraseiten ermöglichten dem Leser einen Überblick über die Kultur der nordamerikanischen Indianer

und besaßen die Informationsfulle der ähnlich gestalteten Seiten in Hot Jerry/Don Pedro.1'’ Die Zeichnungen waren akribisch bis in das kleinste Detail ausgeführt und der erläuternde Text erklärte dem Leser die eigent­ lich zur Allgemeinbildung gehörenden Fakten, wie z.B. in dem Artikel über die Herkunft der Bezeichnung »Rothäute«:

»Die Piraguas der Kariben sind etwa 15-20 Meter lange, 2-3 Meter breite Einbäume, die durch Plankenaufsätze seetüchtiger gemacht wurden. In jedem Boot waren rund fünfzig Krieger, dazu noch eine Frau, die während der oft wochenlangen Kriegsfahrten für die Bootsmannschaft kochte und die Krie­ ger zum Schutz gegen das beißende Seewasscr mit »Urukü-, einem fettigen, tiefroten Farbstoff bemalte. (Daher gaben die alten Entdecker den ersten »In­ dianern-, die sie sahen, nämlich den seefahrenden Kariben, den Namen »Rot­ häute-, der dann auf alle Ureinwohner Amerikas übertragen wurde. Ihre ei­ gentliche Hautfarbe ist bekanntlich braun.«“ Nickels kulturgeschichtliche Anmerkungen rundeten auch seine anderen Comic-Serien ab, so z.B. besonders in Robinson. Aber auch seine kleineren Reihen profitierten von solchen Zusatzinformationen, wie die 3 Musketie­ re, wo er eine Skizze der Bleikammern einfiigte und d’Artagnans afrikani-

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sehe Reiseroute beschrieb. Im Grafen von Monte Christo erläuterte er z.B. die Organisationsstruktur der türkischen Janitscharen und schilderte das Rom des Kirchenstaates. Den SF-Comic Titanus nutzte er wiederum, um nicht nur einen Mondatlas abzubilden, sondern ihn auch gleich mit india­ nischen und afrikanischen Mond-Mythen zu verknüpfen. All diese Extras variierten vom Umfang her zwischen einem Bild oder mehreren Seiten, im Extremfall wie bei Hot Jerry/Don Pedro Nr. 30, konnten sie sogar ganze acht Seiten füllen. Nickels Comic-Serien wurden aber nicht nur von geschichtswissen­ schaftlichen Quellen und Darstellungen inspiriert, sondern durchaus auch von zeitgenössischen Medien. So beeinflusste z.B. die Anfang der 1960er Jahre ausbrechende Karl May-Filmwelle die Fertigung von Nickels Win­ netou-Heften-, Nickel berichtet dazu folgendes: »Als wir 1962 zu unserem jährlichen Familienbesuch nach Berlin kamen, sa­ hen wir vom Taxi aus, das uns vom Flugplatz Tempelhof nach Hause brachte, daß im Kino an der Ecke >Der Schatz im Silbersee« gespielt wurde. Das war um 14:00 Uhr und wir waren bereits in der 16:00 Uhr Vorstellung! Es war ein reines Vergnügen. Besonders beeindruckt waren wir, daß Marianne Hoppe Mrs. Butler bei der Belagerung von Butlers Farm spielte, und augenscheinlich einen Riesenspaß dabei hatte.«67

Nickel zeichnete die Episode Der Schatz im Silbersee erst drei Jahre nach seinem Kinobesuch für das JF/nwe/ow-Magazin, das bislang nur Nach­ drucke der Karl May-Hefte veröffentlicht hatte, und hielt sich nun zum ersten Mal nicht mehr vollständig an Mays Originaltext. Unübersehbar orientierte er sich dafür an dem Spielfilm und begann die Handlung mit dem Überfall auf Butlers Farm. Mrs. Butler glich bis zur blauen Bluse Marianne Hoppe und Cornel Brinkley wirkte wie eine Mischung aus Nickels Standartschurken und dem englischen Filmstar Herbert Lorn. Selbst Loms rotkariertes Hemd verwendete Nickel. Auch kürzte er er­ heblich die besonders stimmungsvolle Anfangssequenz des Romans: Das Szenario »Arkansas-River«, das bei May immerhin 107 Buchseiten füllte, wurde bei Nickel auf 10 Comic-Seiten regelrecht abgehakt, um wieder an das Geschehen auf Butlers-Farm anknüpfen zu können. Den dort vo­ rangegangenen Kampf hatte Nickel in einem für ihn völlig untypischen Ausdruck geschildert, - »[i]m hämmernden Kugelhagel des Henrystutzen werden die Angreifer förmlich hinweggefegt...« -, der natürlich ebenfalls eine deutlich Reminiszenz an die Actionszenen des Spielfilms darstellt.6H Der Schatz im Silbersee war aber nicht Nickels erster Kontakt mit Karl May-Filmen, schließlich hatte er bereits im Alter von elfJahren die Verfil­ mung von Durch die Wüste gesehen. Dieser Film beeindruckte ihn laut sei­ ner eigenen Aussage so sehr, und insbesondere die Szene mit der Rettung

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Senitzas, dass er diese Episode in leicht veränderter Form in seiner Serie Der Grafvon Monte Christo verwendete.69 Dort entführte nun anstatt Mays Abrahim-Mamur, Mahmud-Mamur die schöne Aydee, die der Graf na­ türlich befreite, der seinem filmischen Vorbild (Jean Marais) stark ähnelte. Aber auch d’Artagnan entsprach besonders in der Anfangs-Sequenz der 3 Musketiere, bis zur Feder an der Kappe, Gene Kelly im gleichnamigen Film und Nickels Lady Winter strahlte unübersehbar Lana Turners kalte Schönheit aus.70 Im Film Hauptmann von Kastilien hießen der Protagonist Pedro {Don Pedro im Comic) und seine Freundin Catana (Catalina im Comic).71 Diese Ähnlichkeit kam nicht von ungefähr, denn Nickel orientierte sich bewusst am Film-Plot: »Die Idee war schon lange in Vorbereitung, als aber der >Hauptmann von Kastilien« über die Berliner Leinwände lief (die Azteken, die Cortez als Bot­ schafter entgegenkommen und für die Donna Marina übersetzt, sprechen im Film übrigens wirklich aztekisch!). Durch den Film habe ich mich aber ver­ leiten lassen, die weibliche Nebenfigur Catalina aufzunehmen. Pedro stand jedoch bereits fest.«72

Dass die Botschafter Montezumas im Film tatsächlich aztekisch sprachen, erkannte Nickel deshalb, weil er auf der Freien Universität Berlin mehre­ re Seminare Nahuatl belegt hatte (zur Nahuatl-Sprache gehören u.a. das Aztekische und Toltekische). Aber nicht nur aus diesem Grund hatte das Don Pedro-Thema Nickel schon lange vorher beschäftigt. »Schon lange ehe ich den Hauptmann von Kastilien in Berlin gesehen hatte, spielte ich mit der Idee einen Helden Don Pedro zu schaffen. Dazu halfen Sal­ vador de Madriagas Herz von Jade und natürlich besonders Eduard Stuckens Die weißen Götter*.™

Nickel beschreibt an anderer Stelle ganz unverblümt sein Verhältnis zum Kino: »Dabei bin ich damals viel in Abenteuerfilme gegangen, nicht so sehr wegen der Anregung, sondern um zu sehen, was >schon da« ist, damit mögliche Plagi­ ate vermieden werden. Andererseits konnte man «entstehende Ähnlichkeiten« ausnutzen, wenn ein Film sozusagen schon «vorgearbeitet« hatte.«74

Diese Duplizitäten zeigten sich auch bei Robinson, dessen Hawaii-Aben­ teuer deutliche Ähnlichkeiten mit dem Film Insel der zornigen Götter auf­ weisen.75 Dies gilt auch für die »Weiße Sklaven«-Episode:76 In dieser Ge­ schichte verkleidet sich der Sultan von Marokko genau wie der legendäre Harun al Raschid als Bettler, um die wahre Meinung seines Volkes zu hören. Im Verlauf der weiteren Handlung wird er von dem schurkischen Wesir Faruk - der lange vor Isnogud Sultan anstelle des Sultans werden wollte - in den Kerker geworfen und zum Tode verurteilt. Der stark an 163

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Tausend und eine Nacht erinnernde Plot war aber auch eine Reminiszenz an Sir Alexander Kordas legendären Dieb von Bagdad, in dem Prinz Achmad das gleiche Schicksal wie Nickels Sultan erlitt.77 Neben der Anleihe beim Film enthielt die Episode außerdem eine Reihe von Namensverdrehungen und Wortspielereien, wie sie für Nickels Humor einfach typisch sind. So hieß der mit der Hinrichtung des Sultans beauftragte Scharfrichter »Nisch el Ab«, was im berlinerischen Dialekt »Kopf ab« bedeutet. Oder ein in Robinsons China-Abenteuer weit ent­ fernter Tempel trug den treffenden Namen »Yo-Twe-Dee« (JWD, ber­ linerisch: »janz weit Draußen«); ein niedergeschlagener Räuber hörte die Tempelglocken von »Ao-Wei-Ya«. Nickel verwendete seine Anspielungen natürlich auch in den anderen Reihen, wie etwa in den 3 Musketiere, wo die Namen Kapitän Vinorosso und Marchese Fuccicato für sich selbst sprachen.78 Nickels unverzicht­ barer Humor bereicherte all diese Serien, und ihr Auslöser war meistens der jugendliche Begleiter der Helden, ein etwa zwölfjähriger Junge, der als Identifikationsfigur für die Leser diente. Diese Nebenfiguren ähnelten sich auch optisch, - egal ob sie nun Xury, Bob, Nabuco oder Peter hießen und ihre listigen Streiche verwendete Nickel oft als Aufhänger für seine wissenschaftlichen Erklärungen, indem er die Jungen nach einer ertappten Tat mit einem Vortrag des Protagonisten bestrafte. Abgesehen von diesem belehrenden Nebeneffekt, besaßen die »heimlichen Hauptfiguren« eine so starke Präsenz, dass sich ihr Fehlen negativ auf die ohne sie gestalte­ ten Serien auswirkte. Besonders bei Der Graf von Monte Christo gehörte die absolute Humorlosigkeit des Comics wohl mit zu den Gründen für seinen geschäftlichen Misserfolg und auch bei den 3 Musketieren wurde die durchaus vorhandene Situationskomik leider von dem falschen Hand­ lungsträger verursacht. Nickel besetzte nämlich die Rolle der Identifika­ tionsfigur mit Guys Diener Lambert, der d’Artagnans Lakaien Planchet nachempfunden war. Seine humorvollen Dialoge prädestinierten ihn aber leider nicht automatisch für den Part des Sidekicks, denn auf die jugend­ lichen Leser wirkte er trotz seiner unbestreitbaren Bauernschläue nur wie ein trotteliger Erwachsener. Dass Nickel, der bei den 3 Musketieren ja noch am Anfang seines künstlerischen Gestaltens stand, erst seinen eigenen Stil finden musste, ist verständlich. Maßgeblich half ihm dabei seine Urlaubsvertretung für Kohlhoff, denn durch die Arbeit am Robinson lernte er die Vorzüge eines Sidekicks wie Xury kennen. Eine ähnliche Figur fügte er sehr schnell in der Gestalt des Jungen Nabocarioftex in Don Pedro ein, und dem aus ver­ ständlichen Gründen nur Nabuco genannten Sympathieträger folgte nur einen Monat später der 13-jährige Bob Miller. Bob geriet als blinder Pas­

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sagier in die von Titanus erbaute Geheimstadt Niflheim, und dort erfüllte er neben seiner komischen Rolle noch die weitaus schwierigere Aufgabe, in aller >Unschuld< den sexuellen Aspekt des Comics vorzustellen. Nickel ging nämlich im Gegensatz zu Wäscher, dessen allzu weiblich gezeichne­ ten Frauen schon einmal den Unwillen des Jugendschutzes erregten, weit­ aus geschickter vor. Weder von der Handlung, noch in den Zeichnungen, präsentierte er auf den ersten Blick auch nur den Hauch eines unmora­ lischen Umtriebes, und so musste man schon zwischen den Zeilen lesen können, um seine Anspielungen zu erkennen. So wurde z.B. Bob nach einem Sturz in einen See von der nur mit einem Badeanzug bekleideten Barbara fürsorglich abgetrocknet, und der arme Xury musste immer wie­ der den verschiedenen weiblichen Handlungsträgerinnen beim Ankleiden helfen. Natürlich mit einer Augenbinde versehen, die er allerdings nicht auf Hawaii benötigte, denn dort war es schließlich völlig normal, wenn die Damen ihre Brüste nur mit einem Blumenkranz schmückten. Ja, selbst die Robinson stets nur mit »Sie« ansprechende Gracia ließ des öfteren ihre attraktiven Beine aufblitzen, um, wie Nickel selbst bekannte, ihrem Zeich­ ner eine kleine Freude zu bereiten.7’ Die für die heutige Zeit doch recht steif wirkenden Umgangsformen zwischen Robinson und Gracia erklärt Nickel in einem Brief an René Mounajed: »[...] erwähnen Sie,dass Gracia Robinson stets mit >Sie< anspräche.Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die korrekte Anrede, nicht nur Gracia gegenüber Robinson, sondern besonders Robinson zu Gracia immer nur >Ihr< war, wie es sich im 17. Jhdt. geziemte!«90

Dezente Erotik, Humor, Wissensvermittlung und künstlerisches Geschick bildeten die Essenz von Nickels Comics, die er in der ihm eigenen Weise mit verschiedenen Pseudonymen unterzeichnete. Der Gerstmayer-Verlag druckte im Gegensatz zu Lehning, der bis zum Konkurs Waschers Namen verschwieg, die Namen seiner Mitarbeiter auf der letzten Heftseite ab. Nickel, der Schwierigkeiten von Seiten der verschiedenen wissenschaft­ lichen Intuitionen wie der Freien Universität oder dem ethnologischen Museum, befürchtete, nannte sich nun »H. Humbert« und wählte für den Hot Jerry den noch unmissverständlicheren Namen »Hugh I. Haffspoke« (»Howgh, I have spoken«). Ursprünglich hatte er sogar »Tom A. Hawk« benutzen wollen, aber das erschien ihm dann doch zu durchsichtig. Diese unterschiedlichen Namen führten dann allerdings im Verein mit den auch noch von Kohlhoff verwendeten Pseudonymen und Fritz Kleins und Zorrs Nennung dazu, dass die deutsche Comicforschung sich jahrzehntelang über die Urheberschaft verschiedener Hefte im Unklaren war. Nickel hatte mit diesen nicht leicht zu identifizierbaren Heften im Alter von ungefähr

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28 Jahren das Comic-Zeichnen begonnen, für die er sich eine besondere Technik erarbeitet hatte: »Gewöhnlich teilte ich mir die verfügbaren Seiten in fünf bis sechs Einzelbil­ der ein, wobei größere Bilder wenn möglich nach graphischen Gesichtspunk­ ten verteilt wurden, um eine einigermaßen ansprechende Gesamtwirkung zu haben. Zuerst schrieb ich den Text mit Bleistift in die entsprechenden Käst­ chen oder Sprechblasen, mit leicht angelegter Skizze des Bildes. [...] Dann zeichnete ich die Bilder ein, indem ich die Gesamtkomposition noch einmal mit Bleistift etwas genauer festlegte, und dann wurde die endgültige Fassung mit Feder und Tusche ausgeführt. Wegen der gedrängten Zeit (normalerweise zwei Wochen für 16-20 Seiten, manchmal aber - je nach Serie - auch nur eine Woche) konnte man sich keine großen Korrekturen leisten.«81

Nach 12 Jahren beendete Nickel, der am Maßstab anderer Künstler ge­ messen, ein quantitativ geringes, aber dafür grafisch brillantes, geradezu einzigartiges Werk geschaffen hatte, seine Karriere als Comiczeichner. Dazu führte einerseits eine sich verstärkende Augenschwäche, anderer­ seits die steten Auseinandersetzungen mit dem Lehning-Verlag. An diese erinnert sich Nickel wie folgt: »Die ständigen Nörgeleien,daß meine Serien zu anspruchsvoll seien und daher schlecht gekauft würden, folglich das Honorar gekürzt werden müße (zuletzt ließ mir Lehning schlichtweg ausrichten, er dächte nicht daran für die letzten fünf Fortsetzungen Winnetou überhaupt etwas zu zahlen!), waren nicht gera­ de dazu angetan, zu selbstlosen Leistungen anzustacheln. - Als Winnetou für mich aufhörte, ist niemand mehr an mich herangetreten eine Serie zu zeich­ nen, und so hat sich meine Comic-Tätigkeit sozusagen von selbst aufgelöst.«8-’

Für Helmut Nickel stellte das Comic-Zeichnen stets nur eine - wenn auch mit Herzblut betriebene - Nebentätigkeit dar, schließlich bekleidete er hauptberuflich seit 1968 den Posten eines Kurators im Metropolitan Museum.” Dort leitete er die Abteilung »Arms and Armor«, deren ein­ zigartige Bestände er 1969 in dem Bildband Arms and Armour through the Ages präsentierte. Neben den zahlreichen Abbildungen der ausgestellten Objekte, befinden sich in dem Band 17 Illustrationen, die noch einmal in Nickels realistischem Zeichenstil ausgeführt sind. Helmut Nickel ist seit 1977 Professor am Institute of Fine Arts der New Yorker Universität und darüber hinaus Mitglied zahlreicher wissen­ schaftlicher Vereinigungen.84 Er verfasst Sachbücher und Aufsätze zum Thema Waffen und Rüstungen, und seine besondere Vorliebe gilt dabei dem Themenkreis der Arthus-Sage. Dieser Sagen-Komplex diente auch als Motiv für ein Poem, das er 1972 als Beitrag für einen Literaturwettbewerb schrieb.85 Den gereimten Text illustrieren Zeichnungen im Stile mittelalterlicher Handschriften, die nicht von ungefähr an Peters seltsame Reisen erinnern und Nickels letzte comicähnliche Arbeit darstellen. Un-

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terschrieben ist das Poem mit einem Pseudonym, das wieder einmal von Nickels Humor zeugt: »Ich muss gestehen, dass ich vergessen hatte zu erwähnen, dass mein Pseud­ onym in der Society of Creative Anachronism »Ysengrim of the Ivory Tower« [Ysengrim vom Elfenbeinturm] ist. Es war als ziemlich durchsichtiges Pseu­ donym gewählt worden. >Ysengrim< bedeutet >EisenhelmHelmet< verdreht, vor allem weil ich Curator of Arms and Armor war und viele das für einen sehr passenden Namen fanden. Der Elfenbeinturm spielt natürlich auf meine Position im Museum an.«*6

Nach seiner Pensionierung 1989 verlegte Nickel seinen Wohnsitz von New York nach Florida. Dort ist er nach wie vor wissenschaftlich tätig und widmet sich neben der Fertigung weiterer kunsthistorischer Publikationen auch der Naturwissenschaft, einer Leidenschaft seit seiner Jugendzeit. »Übrigens, mein [...] Traum Naturforscher zu werden, hat sich auch insoweit verwirklicht, dass ich hier auf der Insel im Golf von Mexiko, Manatees (See­ kühe) direkt vor unserem Bootsdock beobachten kann und ein Log darüber führe, das ich dann an das Florida Marine Research Institute in St. Petersburg weiterleite. Auf dieser Liste sind fast 150 Individuen (leider sind sie vornehm­ lich an den Narben erkennbar, die von Bootszusammenstößen herrühren).«87

Neben der Beobachtungen der Manatees betreuen Helmut und Hilde­ gard Nickel in ihrer neuen Heimat als ständige Kuratoren das Key Marco Museum: »Hier auf Marco-Island ist vor über 100 Jahren eine der kulturell und auch künstlerisch höchststehenden prä-columbianischen Kulturen Nordamerikas, die Calusa-Kultur entdeckt worden. Seit über zehn Jahren hat unsere Historical Society daran gearbeitet, ein »richtiges« Museum einzurichten (bisher hatten wir nur ein Minimuseum in einer ehemaligen Motelsuite zustande ge­ bracht), aber jetzt ist es soweit! Zum Jahresabschluss hat uns ein großzügiger Spender anderthalb Millionen gestiftet, und in der nächsten Woche wird der erste Spatenstich stattfinden!«”

Im Laufe der Jahre besuchte Nickel wie sein literarisches Vorbild Karl May auch die Wirkungsstätten seiner Protagonisten: »Bei unserem Marokko-Besuch war es natürlich selbstverständlich Saleh [Hei­ mat von Robinsons Sidekick Xury] zu besuchen. Marokko war damals (1966) so wie einem der Nahe Osten sein sollte, wenn man Karl May gelesen hat. Das Gefühl Tobago [Die Ro£inron-Insel] zu betreten, kam dem in eine Kathedrale einzutreten, sehr nahe. [...] Das Kiowa Grasland war ein gleich­ wertiges Erlebnis wie Tobago zu betreten - mit Rudel von Gabelantilopen (die KM kaum beachtete) und Pferdeherde, in der zwei Hengste buchstäblich auf Leben und Tod um die Führerschaft kämpften (der Schimmel gewann). Auf einem Parkplatz begegnete mir ein alter Indianer und sagte im Vorbeigehen »Inschotschi«! Mir blieb fast das Herz stehen!«”

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre

»Inschotschi« ist eine profane Grußformel, die »Guten Tag« bedeutet. Karl May übersetzte sie aber als »Schöner Tag« und benutzte sie als Vorbild für den Namen von Winnetous Schwester Nscho-tschi.90 Nickels wissenschaftliche Monografien sind abgesehen von ihrem In­ halt auch deswegen interessant, weil sie seine einzigen Zeichnungen seit der Beendigung der Winnetou-Serie enthalten. Dass die akribischen, bis in das letzte Detail ausgeführten Illustrationen von einem der bedeutends­ ten deutschen Comic-Künstler stammen, scheint aber nicht einmal den Verlegern bewusst gewesen zu sein, für die Nickel >nur< ein anerkannter Wissenschafder ist. Besonders deutlich wird das im Fall des Ullstein Waf­ fenbuches, indem die schwarzweißen Federzeichnungen mit dem lapidaren Hinweis »Die Zeichnungen stammen vom Autor« aufgelistet werden. Diese Ignoranz ist bezeichnend für den Umgang mit Nickels Werk, das - bis auf wenige stückmäßig begrenzte Ausnahmen - erst 2011 durch die von Comicplus* und Salleck Publications herausgegebenen Reprints ein verdientes Revival erfuhr.’1 Dazu gesellte sich dann noch der bedau­ erliche Umstand, dass Nickel schon aus gesundheitlichen Gründen leider kein neues Material mehr vorlegen konnte, während Wäscher noch im Alter von 65 Jahren eine 100-bändige neue Sigurd-Piccolo Serie schuf und selbst mit nunmehr über 85 Jahren noch künstlerisch tätig ist. Nickels Comic-CEuvre lässt sich als eine äußerst vielseitige Mischung aus Unterhaltung und Belehrung, Fantasie und historischer Genauigkeit, beschreiben. Den nachhaltigen Eindruck, den seine Comics schon zu Zei­ ten ihrer Entstehung auf die jugendlichen Leser gemacht haben, bestätigt eine Anekdote Nickels, die zeigt, wie sehr eine ganze Generation wenigs­ tens ein rudimentäres Basiswissen aus den damals so verpönten >Heftchen< zog: »An Reaktionen aus der Leserschaft sind mir nur die begeisterten Kommen­ tare von befreundeten Kindern, die sich auf meine Belegexemplare stürzten, bekannt geworden. Einmal allerdings, als wir (1954 oder 1955) im Zoo waren, hörte ich zwei kleine Jungen vor einem Käfig mit weißen Kakadus sagen: »Das sind sone wie Robinson einen hat!«. Wegen Unerfreulichkeiten mit dem Verlag hatte ich mich damals schon mit dem Gedanken getragen, die Comic-Zeichnerei an den Nagel zu hängen, aber dieser Kommentar der beiden Jungen (unterstrichen von einem bedeutungsschweren Blick meiner lieben Frau), hat mich dann doch bewogen, weiterzumachen [... ].«”

Dieses »Weitermachen« wurde erst fast sechzig Jahre später gebührend ge­ würdigt. Am 25. Juni 2011 erhielt Dr. Helmut Nickel für sein Lebenswerk den PENGl-Preis des Comicfesdyals in München verliehen. Außerdem präsentierte die Ausstellung Helmut Nickel - Mit Robinson und Winnetou in die Welt der Abenteuercomics mit Drucken und Originalzeichnungen eine Übersicht über sein künstlerisches-Werk.”

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Helmut Nickel

Anmerkungen 1

Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz).

2

Die dem Karl May-Museum angegliederte völkerkundliche Ausstellung in dem Wild West Blockhaus beherbergt seit 1928 etwa 850 museale Objekte aus dem Lebens- und Kulturkreis der nordamerikanischen Indianer.

3

Gerhard Förster: Das Interview mit Helmut Nickel. In: Die Sprechblase 99 (1989), S. 12.

4

Helmut Nickel: Dissertation, Lebenslauf (1958).

5

Brief von Helmut Nickel (2010) an Gerhard Förster.

6

Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 13 f.

7

Der Familienname der Kollegin Uli ist gegenwärtig auch Helmut Nickel nicht mehr bekannt.

8

Kohlhoff verwendete Nickels Skizze als Vorlage fur das Cover der ersten Aus­ gabe von Klaus Störtebeker - Der kühnste Pirat aller Zeiten. Romanheft, 8 Aus­ gaben. Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 14.

9

Es handelt sich hierbei hauptsächlich um die Adaption von: Die drei Musketie­ re (1843 f.), Zwanzigjahre später (1845).

10 Brief von Helmut Nickel (2009) an Reginald Rosenfeldt (Unveröffentlicht, im Privatbesitz).

11 Zorr ist der Familienname des Verlobten von Nickels Kollegin Uli. Uli und Zorr schufen später unter dem gemeinsamen Pseudonym Roxy Royal eine der vielen Zweitserien der Robinson-Hefte (Raumpilot Speedy). 12 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz).

13 Helmut Nickel: Robinson Nr. 61-64. Berlin: Gerstmayer 1957. 14 Karl May: Der Karawanenwürger, Berlin: Verlag von H. Liebau 1894, Karl May: Die Sklavenkarawane. Stuttgart/Berlin/Leipzig: Union Deutsche Ver­ lagsgesellschaft 1893.

15 Brief von Helmut Nickel (2009) an Reginald Rosenfeldt (Unveröffentlicht, im Privatbesitz). 16 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 17 Buffalo Bill, Mondial 1955-1956/£/ Bravo, Lehning 1953-1955/Kinowa, Semrau 1953-1954/Tom Mix, Serieforlaget 1953-1954/ Wild West, Semrau 1953-1958/W«, Semrau 1955-1957.

18 Eduard Stucken (18.03.1865-09.03. 1936) schrieb erschüttert vom Grauen des ersten Weltkriegs 1918 sein Epos vom Untergang des Aztekenreiches Die weißen Götter (Paul Zsolnay-Verlag 1949). 19 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 17f.

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Die deutschen Comic-Künster und Autoren der 1950er Jahre 20 Brief von Helmut Nickel (2009) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 21 Brief von Helmut Nickel (2009) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz).

22 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 23 Helmut Nickel: Die Abenteuer des Grafen von Monte Christo 1 (1977), S. 20, Karl May: Der verlorene Sohn. Dresden: H.G. Münchmeyer 1883-1885. Ein Teil des originalen Lieferungsromans erhielt in der Bearbeitung des Karl May-Verlages den Titel Der Fremde aus Indien. 24 Helmut Nickel: Die Abenteuer des Grafen von Monte Christo 2 (1977), S. 20, Karl May: Giölgeda padishanün. In: Deutscher Hausschatz. VII. Lieferung. Re­ gensburg: Verlag Friedrich Pustet 1881. Nickel übernahm den Spruch nicht korrekt, denn in seiner Version wird padishanün mit sch, statt wie bei May mit sh geschrieben. 25 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 19.

26 3-D-Bilderhefte Nr. 1 (P. Terry: Mighty Mouse), 3-D-Bilderhefte Nr. 2 (Joe Kubert: Tor und Chee-Chee) Mondial-Verlag 1954. 27 Claus Eiglc Der Tag Null (1950), Das rote Rätsel (1955), Ufer im Weltenraum (1957). Berlin: Gebrüder Weiss Verlag.

28 Hans Dominik: Flug in den Weltenraum. Berlin: Gebrüder Weiss Verlag 1954. K.H. Scheer: Sprung ins All / Kampf um den Mond. Frankfurt a.M.: Reihen­ buch-Verlag 1954. 29 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 19 f. 30 Helmut Nickel: Titanus 2 (1955), Rückcover.

31 Das verschwundene Material wurde zumindest teilweise in Gerstmayers Pic­ colo-Nachdruck der 77/anur-Hefte eingefugt. Helmut Nickel: Titania. Berlin 1957.

32 Zu Defoe s. Anm. 11 im Kapitel über Willi Kohlhoff. 33 Daniel Defoe: Robinson Crusoe. Roman in zwei Bänden, Erster Band. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1989.

34 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, in Pri­ vatbesitz). 35 Helmut Steinmann: Robinson 21 (1955): Katastrophe im Stillen Ozean.

36 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 37 Ethnologische Erläuterungen in Robinson Nr. 2628: Der Kali-Kult und die Sekte der Thugs,Tschakra, eine indische Wurfscheibe, Kochen in ausgehöhlten Bambusstämmen, Schema einer Raubtierfalle. 38 Nickel: Robinson 78 (1958), S. 5.

Helmut Nickel 39 http://www.hollandmeetserb.nl/erb/ArtistNickel_nl.html (Stand vom 19.10. 2008. Übersetzung Reginald Rosenfeldt). 40 Helmut Nickel erläuterte die Kopierung des Sarotti-Mohren durch Kohlhoff bei seinem Vortrag am 25.06.2011 im Deutschen Jagd- und Waffenmuseum München. 41 Nickel: Robinson 46 (1957), S. 17. 42 Hartmut Becker: Walter Lehning, 4. Folge: Die freien Mitarbeiter. In: Die Sprechblase 72 (1985), S. 23. 43 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 22f.

44 Eine Entlehnung »Wums« aus Hergés umstrittener Produktion Tim im Kongo (1930/31), die ihm häufig unterstellt wurde, verneint Nickel und verweist auf Erich Kästners Gedicht Ursula hängt in der Luft (in: Das verhexte Telefon. Ber­ lin: Williams ÔC Co. 1931). 45 Aussage Helmut Nickels bei seinem Vortrag am 25.06.2011 im Deutschen Jagd- und Waffenmuseum München.

46 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 22 f. 47 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 48 Jürgen Hüfner: Die Entdeckung: Nickel/e/rer/e Wäschers Akim. In: Die Sprech­ blase 230 (2014), S. 60 f.

49 Förster: Dasinterview mit Helmut Nickel, S. 23. 50 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). Zu »Captain Blood« vgl. Rafael Sabatini: Captain Blood, his Odys­ sey. New York: P.F. Collier &. Son 1922, deutsche Ausgabe: Peter Bluts Odyssee. Leipzig/Zürich: Grethlein-Verlag 1929.

51 Franz von Lipperheide (1838-1906) schuf eine umfangreiche Kunstbiblio­ thek, die in das Kunstgewerbe Museum Berlin integriert wurde. Das 1899 ge­ gründete KM besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen des europäischen Kunsthandwerkes vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 52 Das Metropolitan Museum gehört zu den größten Museen der Welt und ist gleichzeitig das größte Privatmuseum Amerikas. 53 Ab dem 31.12.1962 konnten die unbearbeiteten Originaltexte ohne Erlaubnis der May-Erben von jedem nachgedruckt oder anderweitig verwertet werden.

54 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 23. 55 Ebd., S. 16.

56 Karl May: Old Firehand. Dresden: Verlag H.G. Münchmeyer 1875, Deadly Dust. Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 1880, Im »wilden Westen» Nordame­ rikas. Köln: Heinrich Theissing 1883, Der Scout. Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 1888, Winnetou, der rote Gentleman. Freiburg: Friedrich Ernst Fehsen­ feid 1893. 57 Brief von Helmut Nickel (2010) an Reginald Rosenfeldt (Unveröffentlicht, im Privatbesitz).

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Die deutschen Comic-Künsta und Autoren der 1950er Jahre 58 Karl May: Der Sohn des Bärenjägers. Stuttgart/Berlin: Verlag von W. Spemann 1890. In der späteren Bearbeitung des Karl May-Verlages erhielt der Roman den Titel: Unter Geiern / Der Schatz im Silbersee. Stuttgart/ Berlin: Verlag von W. Spemann 1890-1891, Die Söhne der Upsaroka. In: Das Zauberwasser. Bam­ berg: Karl May-Verlag 1954. 59 Helmut Nickel: Winnetou 1 (1963), S. 1.

60 Aussage Helmut Nickels bei seinem Vortrag am 25.06.2011 im Deutschen Jagd- und Waffenmuseum München .

61 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 24. 62 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, in Pri­ vatbesitz).

63 Brief von Helmut Nickel (2010) an Reginald Rosenfeldt (Unveröffentlicht, in Privatbesitz). 64 Walter Neugebauer: Zeichenfilmbuch Nr. 1 Winnetou. Schaan-Lichtenstein: Europress Verlagsanstalt 1963. 65 Informationstafeln in Winnetou/Karl May. Medizin/Travois, Wie wohnt der rote Mann?/Die Wohngebiete der wichtigsten Stämme der nordamerikani­ schen Indianer/Die Feuerwaffen im Wilden Westen/Medizinmänner/Die Friedenspfeife/ Indianischer Kopfschmuck/Schilde, Skalpe und Skalpmesser/Der Tomahawk/Der Büffel/ Haartrachten des roten Mannes/Medizin. - Informationstafeln in Hot Jerry! Don Pedro-. Hieroglyphen/Rüstung der (spanischen) Fußsoldaten/Der Sattel/Der rote Mann/Das Kanu/Der Tomahawk/Mexikanische Krieger/Die sprechenden Federn/Der Schild/ Haartrachten und Kopfschmuck/Altmexikanische Krieger/Medizinmänner/Zaubergeräte, Masken/Die Friedenspfeife/Tenochtitlän (Stadtansicht)/ Jagdzauber/Die Büffeljagd/Gepanzerte indianische Krieger/Aztekische Feldzeichen/Wie mache ich mir einen Colt-Gürtel?/Völkerkarte von NordAmerika/Neunteilige Karte von Mittel-Amerika.

66 Helmut Nickel: HotJerry/Don Pedro 20 (1954), S. 27. 67 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 28. 68 Helmut Nickel: Winnetou-Magazin 52 (1965), S. 8. 69 Durch die Wüste. Spielfilm, Deutschland 1935. Nickel: Die Abenteuer des Grajen von Monte Christo 2 (1977), S. 10. Karl May: Durch Wüste und Harem. Freiburg: Friedrich Ernst Fehsenfeid 1892.

70 The three Musketeers. Spielfilm, USA, MGM 1948.

71 Captainfrorn Castile. Spielfilm, USA, 20th Century Fox 1947 72 Förster, Gerhard: Das Interview mit Helmut Nickel. In: Die Sprechblase (1989) Nr. 99, S. 18.

73 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz).

74 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel., S. 22.

75 Bird ofParadise. Spielfilm, USA 1951, dt. Insel der zornigen Gotter.

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Helmut Nickel 76 Hawaii-Abenteuer: Helmut Nickel: Robinson 40-42 (1956-1957). Weiße Sklaven-Abenteuer: Robinson 52-55 (1957). 77 The ThiefofBagdad. Spielfilm, UK 1940. 78 Helmut Nickel: Robinson 52 (1957). Nr. 68 (1958). .3 Musketiere 6 (1954). 79 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 22. 80 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz.).

81 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 14. 82 Ebd.,S. 16 f. 83 Das Museum beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen ihrer Art und zeigt 25 000 Gegenstände aus allen Kulturen der Erde. Dazu gehören europäi­ sche Waffen und Rüstungen vom Fall Roms bis zur Einrichtung der stehenden Heere und Exponate aus den Ländern des Islams, Indiens, Indonesiens, China und vor allem Japan.

84 Helmut Nickel ist Mitglied in folgenden kulturhistorischen Vereinigungen: (1) Gesellschaft für historische Waffen- und Kostümkunde, seit 1951. (2) HEROLD, seit 16.12.1954. (3) The Armor and Arms Club, New York, seit 1960 (Ehrenmitglied seit 1989). (4) American Association of Arms Collectors, seit 1968 (Ehrenmitglied). (5) Société Internationale Arthurienne, seit 1976. (6) Canadian Flag Association, seit 1986. (7) Marco Island Historical Society, seit 1994. (8) SW Florida Archaeol. Society, seit 1997.

85 Histoire of Sir Tristram and ye Dragon. Gedicht mit Illustrationen. Beitrag zum Literaturwettbewerb »Meistersang« der Society of Creative Anachronism. 1972 86 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 87 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz). 88 Helmut Nickel: Der besondere Leserbrief. \n: Die Sprechblase 212 (2008), S. 76. 89 Brief von Helmut Nickel (2008) an René Mounajed (Unveröffentlicht, im Pri­ vatbesitz).

90 Helmut Nickel erläuterte den Ursprung von Nscho-tschis Namen während seines Vortrags am 25.06.2011 im Deutschen Jagd- und Waffenmuseum München.

91 Die von Helmut Nickel und Harry Ehrt gestaltete Winnetou-Serie erscheint bei Eckart Sackmanns Comicplus-Verlag in drei Bänden und einer zusätz­ lichen Volksausgabe. Die Hardcover Nr. 1-3 besitzen die Optik der grünen Ausgabe des Karl May-Verlages. Bei Salleck-Publications erscheinen Peters seltsame Abenteuer in einer neukolorierten Hardcover-Ausgabe. 92 Förster: Das Interview mit Helmut Nickel, S. 16. 93 Ausstellung im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum 08.06.201110.07.2011: Helmut Nickel - Mit Robinson und Winnetou in die Welt der Abenteuercomics.

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Abb. 16 Manf red Schmidt, A/nZ Knatterton - Weiblicher Akt (leckt Taschendiebstahl. Aus: Die aufregenden Aben­ teuer des berühmten Meisterdetektivs*, Nick Knatterton. CO 2(X)7 Lappan Verlag, Oldenburg.

Manfred Schmidt 15. April 1913-28. Juli 1999

Manfred Schmidt wurde am 15. April 1913 in Bad Harzburg geboren. Dort lebte er sechs Jahre lang mit seinen zwei Geschwistern, bis die Mut­ ter nach der Scheidung mit den Kindern in ihre Heimatstadt Bremen zu­ rückzog. In der Hansestadt erhielt Schmidt auf Grund seiner frühzeitig erkannten Begabung im Alter von neun oder zehn Jahren ein Stipendium des Bremer Neuen Gymnasiums. Während der Schulzeit widmete er sich so intensiv dem Zeichnen von humoristischen Bildern, dass einer seiner Bilderwitze ca. 1927 in den Bremer Nachrichten abgedruckt wurde. Nach diesem ersten Erfolg arbeite er kontinuierlich für mehrere Publikationen, wie die Bremer Nachrichten und die Weser-Zeitung. Ab 1930 studierte Schmidt an der Staatlichen Kunstgewerbeschule Bremen, bis er Anfang 1933 nach Berlin zog, um dort einen schon lange gehegten Berufswunsch zu realisieren. Schmidt sah nämlich seine zukünf­ tigen Perspektiven in der Filmwirtschaft und so arbeitete er bei der UFA zuerst als Kameralehrling und dann in der Werbetrickfilm-Abteilung.1 Da beide Beschäftigungen aber nicht seinen Intentionen nahekamen, wid­ mete er sich wieder den Cartoons und erhielt nach einer vierwöchigen Probezeit vom Ullstein-Verlag eine Anstellung als Pressezeichner.2 Seine humoristisch angehauchten Alltagsreminiszenzen erschienen nun in den Ullstein-Zeitungen Berliner Morgenpost, B. Z. am Mittag und in der Ber­ liner Illustrierten Zeitung. Schmidts Arbeitssituation in den 1930er Jahren beschrieb 1953 ein Artikel des Spiegel'.

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Oie deutschen Comic-Künste und Autoren der 1950er Jahre »Über seine zeichnerischen Qualitäten gibt sich Schmidt trotz des -relativ ho­ hen Einkommens- keinen eitlen Selbsttäuschungen hin. Er hat das Verdikt ei­ nes alten Ullstein-Mannes akzeptiert: -Manfred, Du kannst zwar nicht zeich­ nen, aber Du hast Ideen und lieferst pünktlich.««

Als Schmidt in seinem ersten -zusammengezeichneten« Auto bei der Ull­ stein-Tankstelle vorfuhr, bat ihn der Tankwart, ein Ullstein-Faktotum, um ein ihm von allen Hauszeichnern gewährtes Privileg: aus den Mappen mit ihren Erfolgszeichnungen sich ein Blatt aussuchen zu dürfen. Schmidt überließ ihm stolz den Fundus seines jungen Ruhmes. Einen Tag später reichte ihm der Tankwart die Mappe zurück: »Besten Dank, Herr Schmidt, es war leider noch nichts dabei.« [...] -Ein ehr­ licher Mensch. Ich furchte, er würde auch jetzt noch nichts finden.« Er blickt selbst mit einem leichten Schaudern auf die circa 21000 Blätter mit seinem M. Sch.-Signum: -Soviel verstehe ich davon. Bei mir sieht jeder fünfte immer wieder wie der erste aus. Is’eben richtige Konfektion.««3

Neben seinen pointierten Cartoons verfasst Schmidt aber auch illustrierte Kurzgeschichten, die den Grundstein für seinen späteren literarischen Ruhm legen sollten. So erschien in der für die Landbevölkerung konzipierten Sonn­ tagszeitung des Ullstein-Verlages Die Grüne Post im September 1935 die Kri­ minalgeschichte Der Hilferufder Maud 0‘Key. Als Protagonist der Story agierte der weltberühmte Chicagoer Meisterdetektiv Nick Knatterton, der es auf sich allein gestellt mit den Gangs der US-Großstadt aufnahm. Dabei bediente er sich zahlreicher Gadgets, wie z.B. eines im Vollbart verborgenen Fallschirms, der ihm bei dem Sturz von einem Hochhaus das Leben rettete. Das Vorbild für diesen an sich kruden Plot, lieferten aus den USA importierte Detektiv­ serien wie Nat Pinkerton - Der König der Detectivs. Dieser erlebte seine Fälle sogar im deutschen Kino und Schmidt kannte seine gedruckten Abenteuer seit den 1920er Jahren aus einem Bremer Romanhefte-Antiquariat.4 Einer noch größeren Popularität erfreute sich Nick Carter - Amerikas grösster Detectiv der Namensgeber von Niek Knattertons Vornamen, dessen Geschichten schon 1907 Anlass zu Kritik gaben:5 »»Unser deutsches Volk scheint von einer Art Wahnsinns befallen. Wie un­ ter dem Zwange eines unheimlichen Wahnes drängt sich die Menge nach jenen schreiend-bunt gezierten Heften«, deren -Sensationsmache, skrupellose Schwindelei und verblödende Sprache sich kaum noch überbieten läßt.« So stand es 1907 in der Berliner Halbmonatsschrift -Ethische Kultur«, und beseelt von gleichem Ethos eiferte noch manch anderer Volkswart im Reich gegen die neue -Pest«. Denn eine gewaltige Sund-Flut von Groschenheft-Se­ rien, in denen Wildwestheroen wie Kit Carson und Meisterdetektive wie Nat Pinkerton für billige Wonnen sorgten, war nach der Jahrhundertwende über den Atlantik gekommen. Der damals berüchtigste aller Heftchen-Helden aber, verrufener noch als Sherlock Holmes, war Nick Carter - -Amerikas größter Detectiv« [...] Kein Zweifel: Nick Carter war ein Pionier, ein Avantgardist in mancher Hinsicht.

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Manfred Schmidt

[... ] Statt der endlosen, figurenreichen und in ihren vertrackten Handlungs­ knäueln kaum entwirrbaren Hundert-Heft-Romane ä la Karl Mays >Waldrös­ chen- erschien nun über den Straßen-, den Tabak- oder Papierwarenhändler erstmals ein Serienheld, der sich jede Woche in ein neues Abenteuer stürzte und es - immer sieghaft - innerhalb von 32 Seiten auch zum Abschluß brach­ te.«6

Neben den beiden Detektivserien animierten Schmidt die Filme von Harry Piel, in denen der Protagonist mit einem ähnlich hektischen Ak­ tionismus seine Abenteuer erlebte.7 Der mit dem Spitznamen »Dyna­ mit-Regisseur« belegte Schauspieler, Regisseur und Produzent drehte seit 1912 sogenannte »Action«-Filme, die besonders für ihre Raubtier- und Sprengstoffszenen bekannt waren. Harry Piels tollkühne Erlebnisse er­ schienen außerdem in verschiedenen Romanheft-Serien.8 Manfred Schmidts ironisch angehauchte Texte und Zeichnungen prä­ destinierten ihn geradezu für den Job des Bildkorrespondenten und so schickte ihn die Berliner Illustrierte Zeitung auf verschiedene Auslandsrei­ sen. Schmidt berichtete aus Monaco und London und fuhr im Sommer 1938 mit dem Luxusliner »Bremen« in die USA, um den Kampf Schmeling versus Louis zu kommentieren. Der Spiegel schildert diese Zeit in seinem Artikel Eine leichte Bonner Pflaume: »Zwei Jahre vor Kriegsausbruch machte er brave Zeichnungen mit braven Tex­ ten, und das kam an. Der Verlag schickte seinen Benjamin quer durch Europa und mit Schmeling nach Amerika. Schmidt erzählte mit Feder und Schreib­ maschine Standard-Borderlebnisse mit reichen älteren Amerikanerinnen und englischen Missionaren, mokierte sich gutmütig, aber mit leichtem anti-USDrall über Catcher-Kämpfe und Marathon-Tanzveranstaltungen.«’

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete Schmidts Bildreportagen und brachte ihn dafür in Kontakt mit der > Propagandakompanie« (PK) des Außenpolitischen Amtes der NSDAP (A.P.A.).,0Die PK rekrutierte ihn auf Grund einer regimefreundlichen Karikatur für die B. Z., so dass er an den Propaganda-Magazinen Paris Noir und Signal mit wirkte. Für Signal, eine Sonderausgabe der Berliner Illustrierten Zeitung, schuf Schmidt vor­ dergründig harmlose Kolportagen über das Soldatenleben, die genaue der Maxime der NS-Philosophie entsprachen:” »Als Zeichner für die Wehrmacht« (»dabei waren wir ehrliche Pazifisten«) wurde er Spezialist für die Karikatur jenes modernen, stets gut gelaunten NS-Landserkatschmareks, der Feldwebel und Ausbildung als notwendige Übel philosophisch über sich ergehen läßt. Sein harmloser Witz, seine unpro­ blematischen Zeichnungen entsprachen genau der Goebbelsschen Forderung des »Meckern erlaubt - Schimpfen verboten«.«12

Schmidts anscheinend systemkompatibler Humor zeigte sich auch in den Illustrationen von Hans Wendts Buch Stube 118 - Ein heiterer Tat-

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Die deutschen Comic-Künstler und Autoren der 1950er Jahre

Sachenbericht aus dem Leben der neuen Rekruten und dem Begleitbuch zum Wunschkonzert. Das Wunschkonzert war eine am Sonntagnachmittag im besetzten Europa ausgestrahlte Propaganda-Radiosendung, in der promi­ nente Künstler auftraten. Der für die Sendung zuständige Redakteur des Deutschlandsenders Wilhelm Krug wandte sich an Schmidt und dieser erinnert sich: »Vermittelt über Krug habe ich vom Propagandaministeri­ um den Auftrag erhalten, das Begleitbuch zum Wunschkonzert zu gestal­ ten.«13 Schmidt lieferte daraufhin >fröhliche< Zeichnungen, die im Verein mit den Fotos der Radiosendung, Sketche, Gedichte und faksimilierte Hörerbriefe illustrierten. Für das Cover schuf er ein Farbbild, dass das Zu­ sammengehörigkeitsgefühl der Zuhörerschaft symbolisieren sollte: Fünf Frontsoldaten lauschen sehnsuchtsvoll dem über ihre Köpfe gezeichneten Radioensemble. In der Mitte der »heiteren« Schar aus Sängern und Musi­ kern agieren Wilhelm Krug und Heinz Goedicke, der für die Sondermel­ dungen der NS-Propaganda zuständige Radiosprecher. Schmidts unkomplizierter, rationeller Zeichenstil weckte Anfang 1942 auch das Interesse der Deutschen Zeichenfilm GmbH, einer Tochterfirma der UFA. Das Zeichentrickstudio gehörte zu den Versuchen des NS-Regimes, der amerikanischen Filmwirtschaft eine gleichwertige Produktion entgegenzustellen. »In den 1930er Jahren wurden viele Trickfilmzeichner aus ganz Deutschland von der Goebbelsschen Propaganda-Maschinerie erfasst und dazu aufgeboten, ein deutsches Walt-Disney-Pendant zu schaffen und so der übermächtigen ►US-Fabrik< die Stirn zu bieten. Man studierte die Techniken von Disney und suchte gleichzeitig auch neue Wege. Teilweise wurde die Technik der Disney-Studios schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten kopiert, bereits 1931 versahen die deutschen Trickfilmzeichner - frei nach Walt Dis­ ney - die Hände der Figuren mit vier anstatt bisher fünf Fingern, was eine erhebliche Zeitersparnis bei der Erstellung der Figuren mit sich brachte. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs wurden die Trickfilme zunehmend auch für die Propaganda mit einbezogen. Der Trickfilm >Der Störenfried« von Hans Held zeigte, wie alle Tiere des Waldes Zusammenhalten, um den Stören­ fried - ein Fuchs - zu vertreiben. Die Igel, mit Wehrmachtshelmen, und die Wespen in typischer Fliegerformation, machten mobil. Doch Goebbels war wenig begeistert von den noch immer unbeholfen wirkenden Animationen. Er und Hitler träumten weiter von Disney-Filmen in der Qualität von »Schnee­ wittchen und die sieben Zwerge«.«14

1942 gründete Goebbels die Deutsche Zeichenfilm GmbH, deren Auf­ gabe es war, bis 1947 einen abendfüllenden Zeichentrickfilm herzustellen. Als Vorbereitung für dieses Projekt plante das Studio einen Kurzfilm, für das es u.a. die Zeichner Schmidt* und E.O. Plauen sowie den Theater­ kritiker Friedrich Luft rekrutierte.15 Die Produktion des 18-minütigen, farbigen Zeichentrickfilms Armer Hansi dauerte zwei Jahre und setzte zu-

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mindest durch die Verwendung elektronischer Musik neue Maßstäbe.16 Komponiert wurde die Musik von Oskar Sala, der später Weltruhm mit seiner Soundcollage für Hitchcocks Die Vogel erlangte. Der fertiggestellte Trickfilm Armer Hansi vermittelte eine sentimental verbrämte Version der nationalsozialistischen Unrechtsphilosophie: Der Kanarienvogel Hansi flieht aus seinem Käfig und sucht in der weiten Welt sein Glück. Doch die vermeintliche Freiheit erweist sich als ein Hort steter lebensbedrohender Gefahren und so kehrt er in den sicheren Schutz seines Gitterkäfigs zurück Armer Hansi wurde am 28. Januar 1944 bei der Pre­ miere von Heinz Rühmanns Feuenangenboiole als Vorfilm uraufgeführt. Schmidts kurze Karriere bei der Zeichenfilm GmbH endete im Herbst 1942. Ein »nicht sehr guter Freund« hatte ihn wegen einer despektierli­ chen Äußerung über das NS-Regime denunziert und so wurde Schmidt zu den Panzergrenadieren in Eberswalde abkommandiert. Hier begegnete er seinem späteren Freund und Zeichenkollegen Vicco von Bülow (Loriot), der diese Zeit lakonisch kommentierte: »Die Jahre zwischen 1940 und 1945 boten mir reichlich Gelegenheit zu Kostümierungen aller Art, wie zum Beispiel 1940 als Komparse im Schillerfilm Triumpfeines Genies. Und dann in einer Nebenrolle in einem scheußlichen Stück von 1942 bis 1945. Den Regisseur möchte ich nicht nennen«.17 Schmidt entging der Verlegung zur 6. Armee in Stalingrad nur durch eine bewusst falsche Eintragung in seinem Wehrpass, die seine Profession »Zeichner« durch die eines Militärkartografen ersetzt hatte. Auf Grund dieser Klassifizierung arbeitete er zuerst in der Kartenersatzabteilung in Jüterborg und dann erneut in einer Propagandakompanie. In der in Lem­ berg stationierten PK zeichnete er Landser-Cartoons für die Armeezei­ tung Panzer voran und illustrierte außerdem nach seiner Versetzung zur PK-Süd in Rom Propagandaflugblätter, mit denen die Moral der in Euro­ pa kämpfenden US-Armeen untergraben werden sollte. Im Frühjahr 1945 wurde Schmidt in der Nähe des Bodensees von einer französischen Einheit gefangen genommen, für die der polyglotte Journa­ list sofort die Funktion eines Dolmetschers übernahm. Nach Kriegsende arbeitete Schmidt ab 1946 für die von Erich Kästner18 herausgegebene Zeitung Pinguin}'’ Die im Rowohlt-Verlag erscheinende Zeitung verfolgte das Ziel, die im Nationalsozialismus aufgewachsene Ju­ gend wieder an die Demokratie heranzuführen und unterstützte mit ihrer Serie »Verlorene Kinder suchen ihre Eltern« die Zusammenführung der im Krieg auseinandergerissenen Familien. Eine Auswahl von Schmidts Beiträgen erschien 1947 bei Rowohlt in dem Bilderbuchfür Überlebende?0 Für die zehn Geschichten schrieb Wer­ ner Fink ein Vorwort, das aber in der noch im selben Jahr vom West-Ver-

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lag herausgegebene Neuauflage nicht mehr enthalten war.21 Beide Aus­ gaben erwiesen sich als ein finanzieller Misserfolg, obwohl sie Schmidts Bekenntnis zur Demokratie und zum friedlichen Leben enthielten und sie auf seinen Erfahrungen in der NS-Zeit basierten: »Obwohl er die NS-Jahre ohne spürbaren Knacks überlebte, hat er etwas zu­ rückbehalten, was er selbst seinen >antimilitaristischen Tick« nennt: der Haß gegen den Kommiß erreicht bei dem zunächst phlegmatisch wirkenden Man­ fred Schmidt eine erstaunliche Tiefe. Zeugnis dieses Geisteswandels ist jenes 1947 bei Rowohlt erschienene Bilderbuch für die Überlebenden. Es steckt so etwas wie ein Kleine-Leute-Bekenntnis in dieser absichtlich auf Volksschul­ niveau heruntergeschraubten Propagandafibel gegen die großen Zeiten und die großen Worte, für den gesunden Menschenverstand und für Toleranz, für Kompromiß und niemals pro Kommiß. Mit einer, seiner ganzen früheren und späteren unverbindlichen Männchen-Malerei entgegengesetzten Ironie hackte Schmidt vor allem gegen den Soldatenstand. Umso erstaunter war er, als alte Bekannte aus Presse und Propaganda diese Dokumentation seines zivilistischen Ticks nicht ernst nehmen wollten.«22

Weitere Beiträge textete und zeichnete Schmidt für die verschiedenen Ul­ lstein-Zeitungen wie die Neue Berliner Illustrierte. Neben den politisch-ka­ rikaturistischen Cartoons verfasste er aber auch weiterhin Kurzgeschich­ ten, von denen eine seinen weiteren Lebensweg entscheidend beeinflussen sollte. Im Februar 1946 druckte die in Konstanz herausgegebene Landpost eine Kriminalgroteske mit folgendem Titel ab: Der Schuss in den künstli­ chen Hinterkopfoder: Wer raubte Evelyn Beerbottle? Oder: Das Geheimnis des schwarzen Fußes mit rotem Herz. Die Story enthielt eine Neubearbeitung seines 1935 erschienenen Krimis Der Hilferufder Maud O’Key und als Pro­ tagonist agierte wieder Meisterdetektiv Nick Knatterton. Der Mann mit dem markanten Profil hatte allerdings sein amerikanisiertes Image abge­ legt und erinnerte nun mit den großkarierten Kleidungsstücken und der charakteristischen Shagpfeife auffallend an Hans Albers Darstellung in dem UFA-Film Der Mann, der Sherlock Holmes war.2i Dieser Film ins­ pirierte Schmidt nach seiner eigenen Aussage und so präsentierte er mit Knatterton einen typischen Helden der 1930er Jahre. Im April 1948 erschien als erste Illustrierte nach dem Zweiten Welt­ krieg die Zeitschrift Quick mit einer Startauflage von 110000 Exemplaren. 24 In ihrer Redaktion trafen sich die Journalisten des alten Ullstein-Verlages wieder und auch Schmidt wurde in das neugegründete Team eingebunden. Für das wöchentlich herausgegebene Magazin lieferte er Cartoons und einmal eine illustrierte Bodensee-Reportage. Harmlose Unterhaltung, die ganz dem Geist der Zeit entsprach. »Als der Zeichner Manfred Schmidt seinen Comic-Helden im Dezember 1950 zum Leben erweckte, waren die Deutschen noch ganz damit beschäftigt,

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sich wieder aufzurappeln. Zwischen Ruinen und Neuaufbau boten die jungen Illustrierten mit ihrem Glamour eine willkommene Ablenkung. Die in Mün­ chen beheimatete Quick galt als die erfolgreichste dieser heimlichen Verführe­ rinnen. Sie lockte mit Ansprüchen auf eine bessere Zukunft: >Dem Quick-Le­ ser gehört die Welt.« Welche Welt? Die Welt der Quick war eine Traumwelt, ein exotisches Märchen von schönen prauen und fernen Ländern. «2S

Die Illustrierte Quick präsentierte Anfang der 1950er Jahre dem noch darbenden Bundesbürgern eine erste Vision des »Wirtschaftswunders« an­ hand des durchaus realen Vorbildes der amerikanischen Lebensart. Durch sie sah sich Schmidt genau wie Wascher, Hegen oder Kohlhoff mit ei­ nem bisher in Deutschland verpönten Produkt konfrontiert: den US-Comic-Heften. Ihre konsequente gewinnorientierte Adaption der alten Wil­ helm Busch-Bildergeschichten weckte aber weniger Schmidts Bewun­ derung, als vielmehr seinen stets kritischen Widerspruchsgeist. Ironisch kommentiert er das seinen Kollegen anscheinend verborgen gebliebene satirische Potential der »neuen« Kunstform: »Der Zufall ließ mir kurz nach dem Kriege ein buntes, aus den USA impor­ tiertes Heftchen mit dem Titel »Superman« in die Hände fallen. Das war eine Bildergeschichte, wo den handelnden Personen textgefüllte Blasen aus Mund, Nase, Ohren oder Stirn quollen, je nachdem, ob sie etwas sagten, hörten, rochen oder gar dachten. Spiralen um den Kopf deuteten schwindendes Bewußtsein an, Sternchen einen vorangegangenen Schlag aufs Kinn oder andere empfind­ liche Körperstellen. Ein Handlungsablauf, der in einem Roman viele Seiten füllen würde, war hier auf ein einziges kleines Bild komprimiert, so erzielte man eine fast 95-prozentige Lesezeitersparnis. Ich nahm mir vor, diese primi­ tivste aller Erzählformen so gründlich zu parodieren, daß den Leuten die Lust an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittenen Stumpfsinnliteratur verging. Vom »Superman« befruchtet, kam ich in einer stürmischen Herbst­ nacht des Jahres 1950 und unter Rotwein-Anästhesie ziemlich schmerzfrei mit dem spitzköpfigen Meisterdetektiv Nick Knatterton nieder.«24

Schmidt hatte für seine schon in zwei Versionen abgedruckte Detektivsto­ ry endlich das geeignete Transportmedium gefunden und so offerierte er sie Anton Sailer, dem zuständigen Quic^-Redakteur: »Durchglüht von einem neuen Einfall kam - lang, hager, schlaksig und mit einem scheuen Lächeln - der Zeichner Manfred Schmidt auf die Redaktion der Illustrierten »Quick«: er wolle die gezeichneten amerikanischen Fortset­ zungsbildergeschichten, die Comics, parodieren. Schmidt sagte, er denke so an zehn Fortsetzungen. Die »Quick«-Redakteure stemmten die Ellbogen auf den Schreibtisch und sagten: »Nee, Manfred, fünfe tun’s auch.««27

Diese Darstellung aus den frühen 1950er Jahren ergänzte Schmidt im Vorwort der ÄTM/rer/on-Gedenkausgabe noch um folgende Details: »Anton Sailer gab dieser Ausgeburt meiner Phantasie eine Lebensdauer von acht Wochen, was ich für übertrieben hielt. Sailer konterte: »Wenn Sie viel

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Im Dezember 1950 erschien in der Quick Nr. 49 die erste Folge der Nick Knatterton-Geschichte Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf mit dem Titel: Ein schwarzer Fuß kommt durch die Scheibe. Das Abenteuer begann ohne den Protagonisten besonders vorzustellen - mit einem kurzen Einführungstext: »Meisterdetektiv Nick Knatterton sitzt in seiner Bibliothek, nachdem er vor wenigen Minuten mal wieder einen Fall geklärt hat. Aber die wohlverdiente Ruhe ist, wie so oft, trügerisch. Mitten hinein läutet das Telefon«. Mit diesen bewusst lakonisch gewählten Worten eröffnete Schmidt die Parodie eines Mediums, das zu diesem Zeitpunkt die meisten Leser in der BRD noch gar nicht bewusst wahrnahmen. 1950 hatten we­ der die MickyMaus, noch die zahllosen Lehning- oder Gerstmayer-Heftserien ihren Siegeszug angetreten und an den Kiosken hing vollkommen konkurrenzlos nur Willi Kohlhoffs Texasreiter Hot Jerry. Unter diesen Umständen verwunderte es nicht, dass Nick Knatterton ein Vakuum füllte, das für Länder wie die USA, Belgien oder Frankreich einfach undenkbar gewesen wäre. Statt anthropomorpher Tiere oder eines fliegenden Man­ nes vom Krypton eroberte nun ein mit Knickerbocker bekleideter Pfei­ fenraucher die Herzen der Zeitschriftenleser und befand sich damit in bester Gesellschaft. Wie bei Tintin verlieh ihm die Kniebundhose aus dem 19. Jahrhundert eine zeidose Aura, die ihn außerhalb jeglicher Modeströ­ mungen stellte. Nick Knatterton, das war eine so überspitzte Persiflage der 1950er Jahre, dass sie von dem Gros der Leser für eine augenzwinkernde Spiegelung der Realität gehalten wurde. Anstatt einer Parodie hatte Man­ fred Schmidt ganz im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Intention die intelligente Blaupause für den deutschen Comic geschaffen: »Der spontane Erfolg des allwöchentlich veröffentlichten Streifens hatte gleich mehrere Gründe. Allein die Form des Comics war damals ein Knüller. In den Vereinigten Staaten hatte sich diese Kunst der Erzählung seit Anfang des Jahrhunderts stetig weiterentwickeln können, während man in Deutsch­ land immer noch der altmodischen Bildergeschichte den Vorzug gab. Manfred Schmidt bediente sich nun sehr geschickt der Ausdrucksform des Comics. Er übernahm keineswegs blind die Vorgaben amerikanischer Comic-strips, son­ dern schuf sich rasch sein eigenes Repertoire an Erzählmustern und Darstel­ lungsweisen. Besonders auffällig war seine Verwendung von Textboxen, die mit einem dicken Pfeil zugeordnet waren. Diese erklärenden Texte waren nur zum geringen Teil zum Verständnis der Handlung wichtig. Sie dienten der ironi­ schen Überhöhung. «29

Als reine Ironie musste der kritische Leser auch die von Schmidt dar­ gestellte bundesrepublikanische Wirklichkeit auffassen. Wie in den vom Konsum diktierten Seiten der Quick existierten in seiner BRD keine mit

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zerbombten Ruinen bedeckten Baulücken in den Städten oder eine sow­ jetische Besatzungszone. Schmidts Deutschland präsentierte sich als ein Land, in dem es nur so von Millionären und Gangstern wimmelte, die direkt aus einem Fritz Lang-Film der 1930er Jahre entsprungen schienen. Ihre Brieftaschen waren stets gut gefüllt und eine kleine Reise in den son­ nigen Süden eine Selbstverständlichkeit. Ob Venedig, Paris oder die USA, die weite Welt schien den umtriebigen Deutschen wieder problemlos of­ fen zu stehen und man musste schon Schmidts Sprechblasen genau lesen, um die verschleierte Kritik zu entdecken. Pointiert kritisierten Schmidts oft boshafte Texte das Zeitgeschehen der Adenauer-Ära, ohne dabei »Otto Normalverbraucher« mit in die Respektlosigkeiten einzubeziehen. Schmidt wusste eben, was man von ihm erwartete; er sollte die Leser der Quick ja nicht verprellen, sondern zum Lachen bringen. Für dieses hehre Ziel wagte er sogar eine »Majestätsbeleidigung« und stellte den Kanzler Konrad Adenauer schon einmal als weisen alten Indianerhäuptling oder schlauen Zirkuselefanten dar. Satire gemixt mit den umtriebigen Abenteuern der frühen Pulp-Magazine; dieser geistige Spagat erforderte auf die Dauer seinen Preis. Wo­ che für Woche saß Schmidt in seinem Landhaus am Stambergersee und zeichnete eine neue Nick Knatterton-Folge (»Herrgott, so ein Schmarren«), deren Schaffungsprozess ihm immer mühsamer erschien: »Allmählich aber werden die Witzeleien, die Bonmots und selbst die Aben­ teuer-Parodien dünner. Zeichner Schmidt kommt mit den neuen Fortsetzun­ gen oft nur unter Termindruck nieder. »Ich kann nur, wenn ich muß.« [...] Jetzt droht Manfred Schmidts auf zehn Fortsetzungen berechnete Knatterton-Phantasie der Erschöpfungstod. Aber bei weit über 100000 verkauften Knatterton-Büchern und zahllosen Beweisen, daß viele >Quick«-Leser in erster Linie Knatterton-Fans sind, lehnen Verlag und Redaktion Schmidts Bitten («Lasst ihn doch sterben«) ab. Karikaturist Schmidt, für den die Comics-Parodien eine Haupteinnah­ mequelle sind, betrachtet seine Knatterton-Plackerei selbstkritisch mit einem Freimut, hinter dem viel Klugheit steckt: >Es muß nicht aus mir heraus. Ich bin kein Künstler. Es gibt keine freiwillig gemachte Zeichnung von mir. Ich lie­ fere meine Männchen auf Bestellung, so wie andere Reißnägel oder Brötchen liefern.« Und er liefert seine Blätter aus einem ganz stichhaltigen Grund: »Es bringt relativ viel ein.««30

Anfang 1956 aber erschien Schmidt der Leidensdruck so groß, dass er beschloss, Knatterton in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken. Die­ sen »mörderischen« Entschluss hatten vor ihm aus denselben Gründen schon zwei Ikonen der Kriminalliteratur gefasst. Sir Conan Doyle ließ seinen Protagonisten Sherlock Holmes in den Reichenbach-Fall stürzen und Ian Fleming vergiftete James Bond in Venedig.31 Ganz so gnadenlos wollte Schmidt nicht vorgehen und verheiratete dafür Nick Knatterton mit 183

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der Millionenerbin Linda Knips. Das rührende >HochzeitsfotoKleine Nachtmusik« ausgelöst wurde. Untermalt von diesen zärtlichen Klängen rollte die wüste Keilerei ab, bei der zwei Dutzend Gangster zu Boden und sämtliche Einrichtungsgegenstände des Lokals zu Bruch gingen. Auf die Idee mit der Mozart-Untermalung bin ich heute noch stolz. Die Presse (lauter Freunde und Kollegen) besprach den Film besser, als er war.«54

Die Premiere des Films Nick Knattertons Abenteuer - Der Raub der Gloria Nylon erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem Knattertons Popularität den Zenit der kommerziellen Vermarktung erreicht hatte.35 Nicks markantes Gesicht zierte als Werbeträger Kartenspiele, Abziehbilder, Malbücher, Getränkeetiketten und Apfelsinenpapier. Eine besondere Verwendung für Knattertons Abenteuer fand die bayrische Landeshauptstadt, die Schmidt so beschreibt: »Die Münchner Straßenbahn druckte als Werbung für die städtischen Frei­ bäder Knattertonzeichnungen mit kurvenreichen Badenixen auf die Rück­ seiten von Millionen Straßenbahnfahrscheinen. Daraufhin gab es einen Rie­ senkrach im Stadtrat der bajuwarischen Landeshauptstadt. Die sittenstrenge CSU-Stadträtin Zenta Hafenbrädl (sie hieß wirklich so!) wetterte in heiligem Zorn gegen «Unzucht auf Kinderfahrscheinen« und hatte damit einen beacht­ lichen Lacherfolg im bundesdeutschen Blätterwald.«36

Nick Knattertons manchmal etwas zweifelhafter Ruhm verhalf natür­ lich auch seinem geistigen Vater Manfred Schmidt zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Als Überraschungsgast erschien er in den Fernsehshows von Kulenkampff, Frankenfeld, Lou van Burg und Heinz Schenk. Dieser »Ruhm« wog aber nicht die immer stärker werden­ de Belastung durch die wöchentlich neu zu schaffenden Knatterton-Aben­ teuer auf, die Schmidt nun endgültig beenden wollte: »Auf weichen Knien flehte ich die Redaktion an, den stahlharten Meister­ detektiv sterben zu lassen. Die Antwort war höhnisches Gelächter. Aber da kam mir ein Wunder zu Hilfe. Als ich am nächsten Morgen meinen Bleistift widerwillig dem Papier näherte, auf dem die nächste Knattertonfolge entste­ hen sollte, widersetzte sich mein Zeigefinger, der in Zusammenarbeit mit dem Daumen den Stift zu halten hatte. [...] Der eiligst hinzugezogene Psychiater stellte die (leider nur mich) überzeugende Diagnose: Der innere Widerwillen gegen die Knatterton-Zeichnungen war so groß geworden, daß mein Gehirn dem Zeigefinger die Willens-Zuführ sperrte. Ein echter Dachschaden, der mir sehr gelegen kam.«57

Mit der Folge Hund am Gesäß und Gattin am Hals endeten in der Quick Nr. 51/1959 scheinbar Nick Knattertons Kriminalfalle ein zweites Mal. Doch so schnell wollte man in der Redaktion den Werbeträger des Maga­

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zins nicht gehen lassen und so reaktivierte ihn Schmidt noch einmal 1964 für eine allerletzte Episode. Das Geheimnis der Superbiene führte Nick in den Dunstkreis von Politikern, Waffenfabrikanten und Geheimdiensten und in einen Fall, an dessen Ende er nur desillusioniert feststellen konnte: »Kombiniere: Hier gibt es nichts mehr zu kombinieren!«38 Diesem Abschiedssatz konnte und wollte Schmidt nichts hinzufügen und widmete sich nun wieder einem Metier, dass er schon dreißig Jahre früher erfolgreich ausgeübt hatte: Der ironischen Reisereportage. Schon in seiner Zeit als Bildkorrespondenten der Berliner Illustrierten Zeitung und B. Z. hatte er kritisch seine Umwelt beobachtet und das Ergebnis mit satirischem Federstrich festgehalten: »Auf seiner ersten Paris-Seite in der >BZ< schilderte er: den Verkehr, die Mistinguette, die Boulevard-Cafés und die Bistros, also das Alltäglichste, das je­ dem Paris-Pilger sofort auffallen muß und worüber auch einer, der nie in Paris war, sprechen kann. Was er an Nicht-Alltäglichem, an Einfällen und etwas ausgefallenen Skizzen mitbrachte, gaben ihm die Redakteure missmutig zu­ rück. Damals hämmerte sich ihm jene journalistische Maxime des geringsten Widerstandes ein, die bei Illustrierten und Massenblättern mit unverändertem Erfolg praktiziert wird: >Man darf sein Publikum nie enttäuschen, nie aus sei­ nen Vorurteilen und Illusionen reißen.sauberen< Comic im Stil der Illustrierten Klassiker herausbringen wollte. Mit der Nr. 7 ging die Serie an Lehning über, für den dieses Objekt eine Bereicherung seines bisherigen Sortiments dar­ stellte. Die ab Dezember 1953 erscheinenden, in schwarzweiß gedruck­ ten Hefte, waren die ersten so genannten Großbände des Verlages und Hans-Jürgen Linden betreute redaktionell ihren Inhalt. Mit seiner aus vielen Lehning-Heften bekannten Formulierung »Euer Hans-Jürgen« pflegte er Leserbriefe oder Vorschauen auf kommende Ausgaben zu un­ terzeichnen. Nach seiner Trennung vom Verlag verwendete die Redaktion die Unterschrift quasi als Markenzeichen weiter und druckte z.B. in den von Wäscher geschaffenen Piccolo-Serien unter den Club-Nachrichten auf der zweiten Seite ab.

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Linden verließ, wie viele von Lehnings Mitarbeitern, aus finanziellen Gründen den Verlag und das letzte unter seiner Regie entstandene Heft der Abenteuer der Weltgeschichte ist wahrscheinlich die Nr. 28. Zugleich mit seinem Ausscheiden kündigte auch der letzte noch vom Regenten-Verlag übernommene Zeichner, und so verpflichtete Lehning für die Gestaltung der nächsten Bände Wäscher, der im August 1955 die Nr. 27 Kampf mit dem Bären entwarf. Den Text des Heftes verfasste noch Linden, während der neue Redakteur Knoop schon den Plot zweier weiterer Ausgaben lie­ ferte: Nr. 31 Troja in Flammen, Nr. 32 Andreas Hofer. Für alle drei Bände betrieb Wäscher ernsthafte Recherchen, und die in einer Aquarelltechnik getuschten Covers erinnerten teilweise an seine Filmplakate. Lehning, der sein mit den Abenteuer der Weltgeschichte begonnenes Großband-Sortiment erweitern wollte, übernahm nun auch die in Itali­ en erschienen farbigen Akim-Sonderbände unter der Bezeichnung Piccolo Sonderband. Als Startnummer präsentierte er im Januar 1954 Augusto Pedrazza Originalausgabe Akims großes Abenteuer und beauftragte dann Wä­ scher für die nächste Nummer, ein Sigwn/-Heft zu zeichnen. Wäscher und Adler verfassten daraufhin den zweiten Piccolo Sonderband-. Sigurd - Auf der Insel der Dämonen. Dieses Heft war der Auftakt für weitere 21 Bände, die Wascher bis zum Juli 1958 schuf und die auch Abenteuer der anderen, nicht von ihm kreierten Protagonisten enthielten. Lehning besaß nämlich von einigen seiner Piccolo-Serien kein spezielles Material, und so zeich­ nete Wascher für diese Reihen abgeschlossene Geschichten: Nr. 5 Fulgor Piraten im Weltall, Nr. 7 Peterle - Feinde im Dschungel, Nr. 11 Jezab - Der schwarze Edelstein, Nr. 13 Raka - Planet des Grauens. Die Sonderbände ermöglichten es Wäscher erstmalig, ohne die engen, vom Piccolo-Format vorgegebenen Beschränkungen zu arbeiten, und so konnte er endlich hervorragende grafische Leistungen präsentieren. Als Beispiel sei nur die Nr. 15 Sigurd - Das Geisterschiff genannt, die aber andererseits leider auch die Schwächen der stets auf Billigproduktionen getrimmten Lehning-Serien aufzeigte. Wäscher hatte für dieses Heft ex­ tra ein Titelbild im Stil der zur gleichen Zeit erschienenen Abenteuer der Weltgeschichte getuscht, das aber die schlechte Dmcktechnik fast zur Un­ kenntlichkeit veränderte. Gerhard Adler erinnert sich: »Wascher hatte mit dem Lehning-Verlag schon damals Schwierigkeiten wegen der Qualität der Kolorierung. Er war ständig unzufrieden, so z.B. bei den Titelbildern der Sonderhefte.«1’ Wischer schuf nicht nur Comics für Lehning, sondern übersetzte auch einige der in Italien eingekauften Serien. In Deutschland besaßen die sie­ ben Reihen folgende Serientitel: 1. Blitz — Der Zeitungsjunge, 2. Jim - Der Cowboy, 3. Ralf, 4. Ralf - Der Sheriff, 5. Ralf - Der Scout, 6. Kit - Der

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Ranger, 7. Rocky - Sohn der großen Walder. Ermutigt durch diese Arbeit, schlug Wäscher Lehning vor, nicht nur Serien aus Italien zu importie­ ren, sondern vielmehr die Bücher des »italienischen Karl May«, Emilio Salgari, als Comic herauszubringen.20 Dieses Vorhaben scheiterte aber an den hohen Lizenzforderungen der Familie Salgari, und Lehning wandte sich lieber wieder anderen Projekten zu. Vor allem interessierte ihn das genauso billig wie die Piccolos zu produzierende Kolibri-Format, für das er schon zwei Western-Serien in Italien eingekauft hatte.21 Die Importe ergänzte er durch den von Bob Heinz gezeichneten Funny Jan Maat Der lustige Seemann.11 Da aber die vom Druckhaus vorgegebene Belegung der Druckbögen vier verschiedene Comic-Reihen benötigte, beauftragte er Wäscher mit der Herausgabe einer weiteren Eigenproduktion, die der ihm auch prompt lieferte. Jörg - Vom Trossbuben zum General erschien im September 1954, und Wascher, den dieses Sujet begeisterte, betrieb um­ fangreiche Studien, um die Geschichte historisch so akkurat wie möglich zu gestalten. Inhaltlich schilderte er den Dreißigjährigen Krieg aus der Sicht des Bauernsohns Jörg, der zwar nicht wie im Titel versprochen zum General aufstieg, aber immerhin bis zum Hauptmann avancierte. Von der grafischen Gestaltung her wirkte Jörg wie ein verjüngtes Ebenbild Sigurds, einschließlich der von einer schwarzen Strähne durchzogenen blonden Locke. Bei der weiteren Handlung folgte Adlers Manuskript teilweise Schil­ lers Wallenstein-Trilogie und verwandelte den kaiserlichen Feldherren Albrecht von Wallenstein in den Marschall Waldstein. Die bei den steten Kriegshandlungen zwangsläufig geschilderten Grausamkeiten rückten die Serie allerdings sehr schnell in das Visier der Bundesprüfstelle, so dass Lehning darauf reagieren musste. Um der drohenden Zensierung zuvor­ zukommen, ließ er Wäscher die Jörg-Kolibris ohne jede Erklärung in der Nr. 20 mit einem lapidaren Hinweis enden, der anstatt der erwarteten Fortsetzung eine neue Serie ankündigte: »In der nächsten Woche beginnt eine neue spannende Kolibri-Bilder-Serie, die euch sicher viel Freude ma­ chen wird: Gert Randolf.*11 Im Februar 1955 präsentierten Wäscher als Ersatz für den beendeten Jörg die Kolibri-Serie Gert, die, um das vertraute Ambiente zu erhalten, wieder im Siebzehntenjahrhundert spielte. Gert, der wie der kleine Bruder von Sigurd und Jörg aussah, begann sein Abenteuer in Lübeck, das sich schnell zu einer uninspirierten Adaption von Robert Louis Stevensons Schatzinsel weiterentwickelte. Bewusst vermied Wäscher dabei alle anstö­ ßigen oder gewaltverherrlichenden Bilder und gestaltete die Hefte inhalt­ lich so schlicht, dass sie nicht an den Erfolg der Vorgängerserie anknüpfen konnten und deshalb nach 24 Ausgaben eingestellt wurde.

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Noch während der Recherchen für die Jörg-Kolibris, beendete Adler aus nicht geklärten privaten Gründen seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Wäscher, und dieser suchte nun notgedrungen über eine Kleinanzeige einen neuen Texter und fand ihn schließlich in Rasmus Jagelitz. Dieser erinnert sich: »Wäscher war damals offenbar sehr in Druck. Seine Fließbandarbeit drohte zum Erliegen zu kommen, denn sein Vetter, Gerhard Adler, der bis dahin die Geschichten erfunden hatte, wollte nicht mehr weitermachen. Über die Grün­ de erfuhr ich nichts; sie waren mir auch gleichgültig. Jedenfalls nahm ich den Auftrag >Sigurd< weiter mit Leben zu erfüllen, an.«24

Nachdem Wäscher den Inhalt und die Arbeitsweise der vorangegange­ nen Sigurd- und Jörg-Hefte vorgestellt hatte, erklärte sich Jagelitz mit den Konditionen einverstanden und fertigte bis zum 17. Oktober 1954 ein Si­ gurd-Manuskript an. Wäscher hatte keine Anderungswünsche und fortan schrieb Jagelitz völlig nach eigenem Ermessen. Er erfand sowohl die Sto­ ry, wie die Titel, Personen- und Ortsnamen. Danach schrieb er die Texte und legte eine detailierte Beschreibung für jedes einzelne Bild an: Totale, halbseitig, ganzseitig, so dass die vollständige Anleitung einem Drehbuch ähnelte. »Für ein Sigurd-Manuskript brauchte ich immer 8 Seiten DIN A 4, und das jeden Mittwoch. Zuerst hatte ich dazu eine Woche Zeit, aber bald schon kam Wäscher zu mir und bat mich, >Jörg< zu machen [...] Da hieß es dann, ein Manuskript in höchstens 2 Abenden fertigzustellen.«25

Die aus Sachzwängen entstandene Mitarbeit von Rasmus Jagelitz wirkte sich positiv auf die Sigurd-Serie aus. Unter Adler hatte der Protagonist immer mehr in das Fantasy-Genre abdriftende Abenteuer erleben müssen und gegen Riesenspinnen, Drachen und Flugsaurier gekämpft. Seit dem Piccolo Nr. 37 bereiste er einen mystisch geschilderten Orient, der nichts mit dem historischen Kontext des Mittelalters gemein hatte. Jagelitz been­ dete diesen Plot und schickte den Helden in die Heimat zurück, wo er ihn wie in den Anfängen der Serie mit der deutschen Sagenwelt konfrontierte. Geschickt integrierte er dabei seine Vorliebe für Karl May in die laufende Handlung und bereicherte sie als erstes mit dem von May geschilderten Raubritter Dietrich von Quitzow.26 Diese Begegnung sollte aber nicht der einzige Hinweis auf May bleiben, da Jagelitz ein besonderes Faible für den sächsischen Schriftsteller besaß: »Da wird z.B. Sigurd ein Rappe geschenkt, den ich >Riz< nenne. Bei Karl May hieß ein ähnliches Pferd Rih. In dem gleichen Heft geraten die Freunde in den Verdacht, Verbrecher zu sein. Ihr Widersacher ist ausgerechnet ein Bäcker! [...] Nun, bei Karl May, ich glaube im SCHUT, wird Kara Ben Nemsi eben­ falls von einem Bäcker in die Falle gelockt.«27

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Jagelitz betreute auch die Jörg-Kolibris ab Nr. 14, deren drohende Zen­ sierung nicht die einzige Warnung der Bundesprüfstelle dargestellt hatte. Auch die Hauptserie des Verlages, Pedrazzas^im erhielt schon mehrmals eine Abmahnung und im Dezember 1954 erfolgte nun eine Indizierung für die Dauer von drei Wochen. Um diese Zeit zu überbrücken, beendete Lehning einfach den erfolgreichen Akim - Der Sohn des Dschungels und ließ von Wäscher innerhalb einer Woche eine neue Serie herausbringen. Die Herr des Dschungels-Piccolos beinhalteten aber wiederum Ahim, der in der von Wäscher gezeichneten Variante wie ein in den Urwald verirr­ ter schmalbrüstiger Sigurd wirkte. Nach drei Heften endete das laufen­ de Abenteuer derart, dass anschließend wieder Pedrazzas Original-^im nahtlos angehängt werden konnte. Ab dem April 1955 zeichnete sich für Wäscher immer deutlicher ab, dass der Lehning-Verlag in einer schweren finanziellen Krise steckte. Um sich deshalb ein zweites Standbein zu schaffen, arbeitete Wäscher nun für kurze Zeit zusätzlich für den Gerstmayer-Verlag. Gerstmayer hatte den zweiten Star der jungen deutschen Gomic-Szene unter Vertrag: Helmut Nickel, der die ersten drei Ausgaben der Serie Titanus - Die Utopische Bilderzeitung gezeichnet hatte. Wäscher übernahm nun die Reihe, ohne auf Nickels Bearbeitung von Claus Eigks Roman Die Stunde Null einzu­ gehen und führte dafür seinen Helden Terry Star ein. Den Titelhelden der Serie löschte er zusammen mit allen Handlungsträger samt ihrer Ge­ heimstadt Niflheim in zwei Sätzen aus dem Plot: »Voller Entsetzen starrt Terry Star auf den Bildschirm. Eine furchtbare Atomexplosion vernichtet Niflheim«.28 Neben dieser rigorosen Änderung des ursprünglichen Plots fügte Wäscher außerdem die Zweitstory Lederstrumpfn die zwei von ihm geschaffenen Hefte ein. Als Held dieses Wildwest-Abenteuers, in dem Coopers Lederstrumpf nicht einmal vorkam, agierte der deutsche Aussied­ lersohn Rolf, der genau wie Jörg und Gert wieder wie eine verjüngte Si£wn/-Variante aussah.2’ Im Juni 1955 musste der Lehning-Verlag, genau wie es Wischer be­ fürchtet hatte, einen Vergleich schließen. Bedingt durch die zu hohen Kosten der Illustrierten Wir zwei hatte sich Lehning verkalkuliert und bis er die Situation wieder in den Griff bekommen konnte, verwalteten Treuhänder den Verlag. In dieser Zeit erschienen die SrgwMit Akim ist Schluss. Wir brauchen bis Montag das erste Heft einer neuen Dschungel-Serie.r-Großbände. Alle holländischen Äim-Bände wurden pikanterweise trotz der einstweiligen Ver­ fügung vom deutschen Druckhaus Sonthofen hergestellt. 56 Förster (Hg.): Das große Hansrudi Wäscher-Buch, S. 87. 57 Ebd.

58 Ebd., S. 18. 59 Bruno Brasil ist absolut Deckungsgleich mit William Vances anderen Schöpfun­ gen Ramiro, Ray Ringo, Bob Moräne, XIII, und Nickels Sidekicks Xury, Peter, Bob und Nabuco gleichen einander wie eineiige Vierlinge. Ja, selbst der gro­ ße Uderzo entwickelte schon 1952 mit Jehan Pistolet eine Figur, die er dann als Hubert von Töne und Laverdure zweimal erfolgreich kopierte. Laverdures Partner Tanguy wiederum fand sein entsprechendes Spiegelbild in der Figur des Galliers Tragicomix. Außerdem seien auch noch Georges Remis Mitarbeiter Bob de Moor (Barelli) und Edgar P. Jacobs (Blake und Mortimer) erwähnt, die ihre eigenen Arbeiten fast Detailg^treu im Stil der von ihnen mitentwickelten Tintin-Alben ausfuhrten. 60 Gerhard Förster: Interview mit Helmut Nickel. In: Die Sprechblase 99 (1989), S. 13.

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61 Der schottische Romancier Sir Walter Scott (15. 08.1771-21. 09.1832) ver­ fasste über 50 historische Werke. Besondere Popularität erreichten die Romane Rob Roy (1817) und Ivanhoe (1819), den MGM 1952 mit Robert Tailor in der Hauptrolle verfilmte. 62 Hansrudi Wascher: Bildabenteuer 23 (1966), S. 22. 63 In Kenia wandte sich von 1952-1^57 die Unabhängigkeitsbewegung der Mau-Mau gegen die britische Kolonialherrschaft. Die Revolte wurde von den Briten niedergeschlagen, führte aber letztendlich zur Unabhängigkeit Kenias.

64 Sir Henry Rider Haggard (1856-1925) ging als 19-jähriger nach Südafrika und wurde dort später Senator des Gerichtshofes von Pretoria. Während des Buren-Krieges kehrte er nach England zurück und begann über die Erfahrun­ gen seiner afrikanischen Erlebnisse zu schreiben. Der Roman König Salomons Diamanten machte ihn weltberühmt, und mit der Fortsetzung Allan Quatermain schuf er den klassischen »Lost Race«-Roman. Haggard verfasste bis zu seinem Tod in London über 40 Werke. 65 Für die Sigurd-2. Piccolo-Serie zeichnete Wäscher folgende Covers neu: Nr. 11,19,23,28-87.

66 Förster (Hg.): Das große Hansrudi Wäscher-Buch, S. 27. 67 In den Srjunf-Großbänden Nr. 133 bis 202 beschreibt Wäscher in der Tradi­ tion Mays ein in vielen Nebensträngen ausuferndes Abenteuer, das in seinem Duell gegen Raubritter Laban in der Arena des großen Drudius gipfelt. 68 Förster (Hg.): Das große Hansrudi Wäscher-Buch, S. 88.

69 Ebd., S. 27. 70 Ebd., S. 47.

71 Ebd., S. 27. 72 Die vom Lehning-Drachen-Verlag herausgebrachten Großbände enthielten pro Heft drei kolorierte Piccolos auf Hochglanzpapier. Nachdruck: Sigurd-\. Piccolo-Serie Nr. 1-21. Die Cover entsprachen den S(gur