Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip: Kunst und Theorie des Helldunkels 1300–1550 9783110547320, 9783110500356

In the Italian theory and practice of art of the Renaissance, the term chiaroscuro primarily refers to the articulation

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German Pages 426 [428] Year 2018

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Chiaroscuro as an Aesthetic Principle. The Art and Theory of Chiaroscuro in the Early Modern Period An Introduction
Helldunkel statt Farbe. Sind niederländische Grisaillemalereien eine Schwierigkeit oder eine Leichtigkeit?
Peint à ymaiges de blanc et de noir. Beobachtungen zum chiaro e scuro der Grisaille in der niederländischen Buchmalerei
Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler. Petronius’ „Monocremos“ als Inspiration für die Selbstreferentialität der Malerei?
Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti
Scholastic Aesthetics and the Medieval ‘Origins’ of Relief/rilievo
Helldunkelrelief. Leonardos da Vinci anima della pittura und Aristoteles’ Poetik
Emphasis. On Light, Dark, and Distance
Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting
Tratti, che servono per l’ombre. Drei Deutungsansätze frühneuzeitlicher Betrachtung von Schraffur und chiaroscuro
Am Übergang zum Sichtbaren. Graphische Techniken und das Helldunkel
Farbe, Gold und Teig. Druckgraphische Experimente im 15. und 16. Jahrhundert
Hell/Dunkel/Grau. Rilievo schiacciato und chiaroscuro
Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark? Some Remarks on Sixteenth-Century Sculpture and the Language of Art North of the Alps
Gravures en couleurs « XXL ». Une monumentalité picturale ?
Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jahrhunderts
Studien in Terra verde. Bedeutungsebenen grünmonochromer Malerei der italienischen Renaissance
Emphatic Presence. Architectural Chiaroscuro
Istoriette di chiaroscuro. Monochromatic Details in Roman Fresco Decoration of the Sixteenth Century
Bildnachweise
Personenregister
Dank
Farbtafeln
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Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip: Kunst und Theorie des Helldunkels 1300–1550
 9783110547320, 9783110500356

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Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip

Claudia Lehmann, Norberto Gramaccini, Johannes Rößler und Thomas Dittelbach (Hrsg.)

Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip Kunst und Theorie des Helldunkels 1300–1550

Diese Publikation konnte dank der großzügigen Unterstützung durch die Ellen J. Beer-Stiftung, Bern, realisiert werden.

ISBN 978-3-11-050035-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-054732-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-054712-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Names: Lehmann, Claudia, 1970- editor. Title: Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip : Kunst und Theorie des Helldunkels 1300–1550 / Claudia Lehmann [and 3 others] (Hrsg.). Description: Berlin ; Boston : De Gruyter, [2018] | Includes index. | German, English, and French. Identifiers: LCCN 2018009471| ISBN 9783110500356 (hardback : acid-free paper) | ISBN 9783110547320 (PDF) | ISBN 9783110547122 (EPUB) Subjects: LCSH: Chiaroscuro. | Art, Italian. | Art, Renaissance--Italy. | Art, European--To 1600. | Aesthetics, European. | BISAC: ART / General. | ART / History / General. | ART / Color Theory. | ART / History / Renaissance. | ART / Techniques / Color. Classification: LCC N6915.5.C45 C45 2018 | DDC 709.45/0902--dc23 LC record available at https://lccn.loc.gov/2018009471 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Leonardo da Vinci, Draperie pour une figure assise, um 1470, Paris, Musée du Louvre, © bpk | RMN – Grand Palais | Thierry Le Mage Satz: LVD GmbH, Berlin Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis

Claudia Lehmann Chiaroscuro as an Aesthetic Principle The Art and Theory of Chiaroscuro in the Early Modern Period An Introduction. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Stephan Kemperdick Helldunkel statt Farbe Sind niederländische Grisaillemalereien eine Schwierigkeit oder eine Leichtigkeit?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Joris Corin Heyder Peint à ymaiges de blanc et de noir Beobachtungen zum chiaro e scuro der Grisaille in der niederländischen Buchmalerei.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Frank Zöllner Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler Petronius’ „Monocremos“ als Inspiration für die Selbstreferentialität der Malerei?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Jennifer Bleek Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Christopher R. Lakey Scholastic Aesthetics and the Medieval ‘Origins’ of Relief/rilievo. . . . . . . . . . . . 125

6 Inhaltsverzeichnis Albert Boesten-Stengel Helldunkelrelief Leonardos da Vinci anima della pittura und Aristoteles’ Poetik. . . . . . . . . . . . . 141 David Summers Emphasis On Light, Dark, and Distance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Hu Wei Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Elvira Bojilova Tratti, che servono per l’ombre Drei Deutungsansätze frühneuzeitlicher Betrachtung von Schraffur und chiaroscuro. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Iris Brahms Am Übergang zum Sichtbaren Graphische Techniken und das Helldunkel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Lothar Schmitt Farbe, Gold und Teig Druckgraphische Experimente im 15. und 16. Jahrhundert.. . . . . . . . . . . . . . . 241 Iris Wenderholm Hell/Dunkel/Grau Rilievo schiacciato und chiaroscuro. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Emile van Binnebeke Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark? Some Remarks on Sixteenth-Century Sculpture and the Language of Art North of the Alps. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Séverine Lepape Gravures en couleurs « XXL » Une monumentalité picturale ?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Britta Dümpelmann Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jahrhunderts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

Inhaltsverzeichnis

Almut Schäffner-Knoblach Studien in Terra verde Bedeutungsebenen grünmonochromer Malerei der italienischen Renaissance. . . . 333 Mari Yoko Hara Emphatic Presence Architectural Chiaroscuro. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Monica Latella Istoriette di chiaroscuro Monochromatic Details in Roman Fresco Decoration of the Sixteenth Century. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Bildnachweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Farbtafeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

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Claudia Lehmann

Chiaroscuro as an Aesthetic Principle The Art and Theory of Chiaroscuro in the Early Modern Period An Introduction*

Mention of chiaro and scuro can already be found in Italian writings on art from the end of the 14th century. Cennino Cennini refers to them in his Libro dell’arte (around 1390) in close connection to his remarks on rilievo, the three-dimensional formation of bodies and objects. While rilievo is achieved by modeling a color in its various light gradations, Alberti believed that the three-dimensional formation of bodies and objects relied on black and white, as adding black to an object color results in a near-natural rendering of darkening, and adding white results in the lighting of that color. These thoughts were later expanded upon by Leonardo da Vinci in his writings. In their function, chiaro and scuro are, without exception, prerequisites for representation itself, and, consequently, for the reproduction (mimesis) of nature. Vasari was the first to explicitly describe chiaro and scuro as a mode of representation for monochrome painting. Chiaro and scuro also prove essential when using one form of art to imitate another and thereby confront those very principles that themselves define the art. In the following sections I will illustrate what was meant by “chiaroscuro” in the time before its formal use as a linked term. In doing so, I will be dealing with a term that describes a plurality of interrelated phenomena and will be looking, in particular, at the conditions produced by the dualism of light and shadow or darkness (lume e

* Work on this article was made possible by the support from the Gerda Henkel Foundation. The introduction to the history and theories of chiaroscuro was composed with my former students at the University of Bern in mind. I would like to sincerely thank Norberto Gramaccini and Beate Fricke for their support and Laura Aellig, Cinzia Marti, Alice Fankhauser, Riccardo Legena, and Michèle Seehafer for their assistance and help in preparing for the conference Chiaroscuro as an Aesthetic Principle 1300–1500, which took place in Bern in April 2016. I also extend my thanks to Ellen van Benschoten for translating my text into English.

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Claudia Lehmann

ombra, oscuritá), black and white (nero e bianco).1 By making connections to the art-­ historical writings on painting by Cennino Cennini, Leon Battista Alberti, and Giorgio Vasari, I intend to trace chiaroscuro’s historical development with regards to the phenomena described by “chiaro” and “scuro,” as well as the word’s usage and establishment as a fixed term.2 In art theory texts from the Quattro- and Cinquecento, chiaro and scuro are considered principally within the context of painting. They relate to a) the formation of plasticity and the illusion of three-dimensionality and depth as part of the rilievo and b) the distribution of light and shadow as determined by a specific light source. In the realization or application of chiaro and scuro in the context of light and shadow, black and white are of utmost relevance. Finally, c) chiaro and scuro are articulated in the goal of painting itself, described as the attempt – primarily through the contrasts of chiaro and scuro – to arrange represented objects in a visually harmonious manner. Chiaro and scuro thus describe an aesthetic principle – one that not only determines the compositional structure of the artwork, but which refers also to the inherent strategies addressed to viewer’s visual perception of the work.

Cennino Cennini (c. 1370–1440) Chiaroscuro and Rilievo In Cennino Cennini’s Libro dell’arte (c. 1390), chiaro and scuro define the plasticity and three-dimensionality of painted bodies and objects – their rilievo. To achieve this effect, Cennini proposes three stages of tonal modeling, referring to his teacher Agnolo Gaddi’s manner of depicting flesh tones in cheeks to illustrate this: “Poi abbi tre vasellini, i quali dividi in tre parti d’incarnarzione; che la più scura, sia per la metà più chiara che la rossetta; e l’altre due di grado in grado più chiara l’una che 1 The following articles do not focus on metaphysical or symbolic references to light and dark; for this reason, this subject matter will receive no further consideration. See also, et al. Victor I. Stoichita, Eine kurze Geschichte des Schattens (Munich: Fink, 1999). 2 An alternative approach to this topic can be found in other titles. My intention in this essay is to proceed from theoretical texts in order to conceive of chiaroscuro. This topic could be approached differently, by, for example, starting with concrete artworks and the analysis of these works. Such an approach has been taken up by Andreas Prater in his work on Caravaggio’s chiaroscuro painting. Andreas Prater, Licht und Farbe bei Caravaggio. Studien zur Ästhetik und Ikonologie des Helldunkels (Stuttgart: Franz Steiner, 1992), and by Ernst Strauss, Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto (Munich: Deutscher Kunstverlag, 1972). – On the terminological history of “chiaroscuro” see René Verbraeken Clair-Obscur, – histoire d’un mot (Nogent‑le-Roi: Librairie des Arts et Métiers – Éditions Jacques Laget, 1979).



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l’altra. Or piglia il vasellino della più chiara, e con pennello di setole ben morbido, mozzetto, togli della detta incarnazione, con le dita premendo il pennello; e va’ ritrovando tutti i rilievi del detto viso. Poi piglia il vasellino della incarnazione mezzana, e va’ ricercando tutti i mezzi del detto viso, e mani e pie’ e imbusto, quando fai uno ignudo. Togli poi il vasellino della terza incarnazione, e va’ nella stremità dell’ ombre, lasciando sempre, in nella stremità, che ’l detto verdeterra non perda suo credito; e per questo modo va’ più volte sfumando l’ una incarnazione con l’ altra, tanto che rimanga bene campeggiato, secondo che natura ’l promette.”3

Lightness can be broken down into three gradients. Following the mixing process in the dishes of color, each will exhibit the appropriate color pigment. Tonal modeling is dependent on the gradation between light and dark tones in a particular color. Modeling a color with white brings it to its lightest color value, through which the corresponding protuberant plasticity or volume – the rilievo of the depicted body – can be visualized. The receding parts of a body are represented with darker color tones. A middle color tone is applied between these two extremes.4 Tonal modeling on the basis of a color output affects the representation of objects, which are set apart by their mass and volume. Cennini also presents this principle in his remarks on the representation of mountains: “Del modo di colorire una montagna in fresco o in secco. Se vuoi fare montagne in fresco e in secco, fa’ un colore verdaccio, di negro una parte, d’ocria le due parti. Digrada i colori, in fresco, di bianco senza tempera; e in secco, con biacca e con tempera; e dà’ loro quella ragione, che dai a una figura di scuro o di rilievo. E quando hai a fare le

3 Cennino Cennini, Il Libro dell’arte, ed. Gaetano and Carlo Milanesi (Florence: Felice Le Monnier, 1859), ch. 67, 47–48; Cennino Cennini, The Craftsman’s Handbook. The Italian Il Libro dell’Arte, trans. Daniel V. Thompson, Jr. (New York: Dover Publications, Inc., 1933), ch. 67, 45–46: “Then take three little dishes, which you divide into three sections of flesh color; have the darkest half again as light as the pink color, and the other two, each one degree lighter. Now take the little dish of the lightest one; and with a very soft, rather blunt, bristle brush take some of this flesh color, squeezing the brush with your fingers; and shape up all the reliefs of this face. Then take the little dish of the intermediate flesh color, and proceed to pick out all the half tones of the face, and of the hands and feet, and of the body when you are doing a nude. Then take the dish of the third flesh color, and start into the accents of the shadows, always contriving that, in the accents, the terre-verte may not fail to tell. And go on blending one flesh color into another in this way many times, until it is well laid in, as nature promises.” 4 Cennini does not presuppose a pure local color. The three colors are always mixed with some white, as are the dark tones, which receive a comparatively smaller amount of white. On Cennini’s color modeling for rilievo, see also Marta Cencillo Ramirez, Das Helldunkel in der italienischen Kunsttheorie des 15. und 16. Jahrhunderts und seine Darstellungsmöglichkeiten im Notturno (Munster: Lit, 2000), 24–28; Marcia B. Hall, “From Modeling Techniques to Color Modes,” in Color and Technique in Renaissance Painting. Italy and the North, ed. Marcia B. Hall (New York: J. J. Augustin, 1987), 1–29, see 1–3.

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montagne, che paiano più a lungi, più fai scuri i tuo’ colori; e quando le fai dimostrare più appresso, fa’ i colori più chiari.”5

Here, Cennini describes rilievo modeling using three tones based on a type of verdaccio, green tone, mixed with ochre, black, and white respectively, causing it to function as a grisaille. Proximity is implied by rendering the mountains in lighter tones, while distance is approximated in making the mountains darker. The farthest mountain appears darker than the closest one since the mountains, as any other body, must be provided with mass and volume (rilievo). The rilievo is expressed by the more distant parts of a body appearing darker and those closer appearing light. In addition to this passage on light and dark, it can also be observed that these dark segments evoke a sense of spatial depth in the contrast between a light and dark color surface. The lighter surfaces protrude optically, thus contrasting surfaces appear spatially removed from one another.6

White and Black Cennini places black and white within the context of producing a painted work, namely one completed by adding highlights and shading. This he explains in terms of depicting a face: “Quando hai date le tue incarnazioni, fanne un’ altra molto più chiara, squasi bianca; e va’ con essa su per le ciglia, su per lo rilievo del naso, su per la sommità del mento e del coverchio dell’ orecchio. Poi togli un pennello di vaio, acuto; e con bianco puro fa’ i bianchi delli occhi, e in sul la punta del naso, e un pochettino dalla proda della boccha, e toccha cotali rilievuzzi, gentili. Poi abbia un poco di negro in altro vasellino, et con detto pennello profila il contorno delli occhi sopra le luci delli occhi; e fa’ le nari del naso, e buchi dentro dell’orecchie. Poi togli in un vasellino un poco di sinopia scura, 5 Cennini-Milanesi, Il Libro dell’arte, ch. 85, 59; Cennini-Thompson, The Craftsman’s Handbook, ch. 85, 54–55: “If you want to do mountains in fresco or in secco, make a verdaccio color, one part of black, the two parts of ocher. Step up the colors, for fresco, with lime white and without tempera; and for secco, with white lead and with tempera. And apply to them the same system of shadow and relief that you apply to a figure. And the farther away you have to make the mountains look, the darker you make your colors; and the nearer you are making them seem, the lighter you make the colors.” 6 See also Peter Marshall, “Two Scholastic Discussions of the perception of Depth by Shading,” Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 44 (1981): 170–75; Ernst H. Gombrich, “Licht, Form und Oberfläche in der Malerei des 15. Jahrhunderts nördlich und südlich der Alpen,” in ibid. (ed.) Die Entdeckung des Sichtbaren. Zur Kunst der Renaissance, vol. 3 (Stuttgart: Klett-Cotta, 1987), 33–54. It is apparent that this concept of light and dark will be a determining factor in those instances where chiaro­scuro is considered essential for the construction of a composition, especially as an alternative or addition to an illusion of depth rendered in linear perspective. See also, in particular, Leonardo da Vinci's statements in his Trattato della Pittura. – Cennini does not deal with questions of composition.

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profila gli occhi di sotto e il naso d’ intorno, le ciglia, la bocca; e ombra un poco sotto il labbro di sopra, che vuole pendere un poco più scuretto ch il labbro di sotto.”7

Cennini provides instruction on how to apply light, highlight, and shading. With the phrase “Quando hai date le tue incarnazioni” and statement “e va’ con essa su per […] lo rilievo del naso,” it is clear that the rilievo of depicted objects has already been implemented. Light, highlight, and shading form the final steps in the execution of a painting.8 The recommended arrangement of these elements on a face proves invariable to this end.9 Light, highlight, and shading represent traits that can afterwards be applied to the rilievo. Black only plays a role in the shading of a body, though Cennini does not cite black in realizing the impact of rilievo.10 Rather, rilievo is achieved by modeling one color in its various tones, whereby only white is mixed into the pigment for gradual lightening.

Leon Battista Alberti (1404–72) In contrast to Cennini, Leon Battista Alberti bases his considerations of painting and chiaroscuro also on optical phenomena and insights into visual perception.11 Alberti  7 Cennini-Milanesi, Il Libro dell’arte, ch. 67, 48; Cennini-Thompson, The Craftsman’s Handbook, ch. 67, 46: “When you have applied your flesh colors, make another much lighter one, almost white; and go over the eyebrows with it, over the relief of the nose, over the top of the chin and of the eyelid. Then take a sharp minever brush; and do the whites of the eyes with pure white, and the tip of the nose, and a tiny bit on the side of the mouth; and touch in all such slight reliefs. Then take a little black in another little dish, and with the same brush mark out the outline of the eyes over the pupils of the eyes; and do the nostrils in the nose, and the openings in the ears. Then take a little dark sinoper in a little dish; mark out under the eyes, and around the nose, the eyebrows, the mouth; and do a little shading under the upper lip, for that wants to come out a little bit darker than the under lip.”   8 See Gombrich, “Licht, Form und Oberfläche,” 39. In the sense of picture-making, Gombrich understands “biancheggiare” purely as a configuration of increased whitening, which reveals the highest elevations of the relief or else is an expression of the strongest light. See also Cennini-Thompson, The Craftsman’s Handbook, ch. 88, 55, on highlights and the depiction of mountains: “If you want to acquire a good style for mountains, and to have them look natural, get some large stones, rugged, and not cleaned up; and copy them from nature, applying the lights and the dark as your system requires.” On Cennini’s use of “biancheggiare” and “lumi” in this context and on the use of the so‑called “rule of Philoponus,” which states that light segments appear to optically protrude between darker segments, see Gombrich, “Licht, Form und Oberfläche,” 38–43.   9 For an example of images, see icons and early Christian wax effigies. See Paul Hills, The Light of early Italian Painting (New Haven & London: Yale University Press, 1987), ch. 1, 3–29. – On the separation of light and color in Cennini’s works, see also Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 24. 10 Unless this concerns grisaille, for which black can be an essential color. 11 Alberti has this in common with Lorenzo Ghiberti (1378–1455), who, in the third commentary of his Commentarii, is trying to apply the natural scientific knowledge of his time, especially on optics, to

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focuses primarily on the perception of objects within specific conditions of light and shadow, as well as on the adequate reproduction of objects visualized in a painting, as affected through both means of representation and technique. In his treatise on painting, De pictura (1435) or also Della pittura (1436),12 Alberti reveals how to capture such a moment in a painting. For this purpose, he proposes a geometrization of space in keeping with Euclid’s postulates. In addition, he conceives of a structure for spatial perception, against which the proportionality of represented objects can be measured, and for which the composition in its entirety takes precedence. He thus formulates an official definition of painting that can essentially be broken down into three fundamental parts: “Dividesi la pittura in tre parti, qual divisione abbiamo presta dalla natura. E dove la pittura studia ripresentare cose vedute, notiamo in che modo le cose si veggano. Principio, vedendo qual cosa, diciamo questo esser cosa quale occupa uno luogo. Qui il pittore, descrivendo questo spazio, dirà questo suo guidare uno orlo con linea essere circonscrizione. Apresso rimirandolo conosciamo come più superficie del veduto corpo insieme convengano; e qui l’artefice, segnandole in suoi luoghi, dirà fare composizione. Ultimo, più distinto discerniamo colori e qualità delle superficie, quali ripresentandoli, ché ogni differenza nasce da’ lumi, proprio possiamo chiamarlo recezione di lumi. Adunque la pittura si compie di cironscrizione, composizione, e ricevere di lumi.”13

This view of painting influences Alberti’s understanding of light and dark. Generally, the three-dimensionality and colorfulness of an object can only be perceived in the presence of light: the arts. See, in particular, Der dritte Kommentar Lorenzo Ghibertis. Naturwissenschaften und Medizin in der Kunsttheorie der Frührenaissance, prefaced, annotated and translated by Klaus Bergdolt (Weinheim: VCH, 1988). 12 Leon Battista Alberti, Della Pittura/Über die Malkunst, ed., prefaced, translated and annotated by Oskar Bätschmann and Sandra Gianfreda (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002); Leon Battista Alberti, De Statua. De Pictura. Elementa Picturae/Das Standbild. Die Malkunst. Grundlagen der Malerei, ed., prefaced, translated and annotated by Oskar Bätschmann and Christoph Schäublin (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000). 13 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 30 and 31, 112; Leon Battista Alberti, On Painting, translated, with introduction and notes by John R. Spencer (New Haven/London: Yale University Press, revised edition 1966), 67–68: “Painting is divided into three parts; these divisions we have taken from nature. Since painting strives to represent things seen, let us note in what way things are seen. First, in seeing a thing, we say it occupies a place. Here the painter, in describing this space, will say this, his guiding an outline with a line, is circumscription. Then, looking at it again, we understand that several planes of the observed body belong together, and here the painter drawing them in their places will say that he is making composition. Finally, we determine more clearly the colours and qualities of the planes. Since every difference in them is born from light, we can properly call their representation the reception of light. Therefore, painting is composed of circumscription, composition and reception of light.”



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

“Dicono i filosofi nulla potersi vedere quale non sia luminato e colorato. Adunque tengono gran parentado i colori coi lumi a farsi vedere, e quanto sia grande vedilo, che mancando il lume mancano i colori, e ritornando il lume tornano i colori.”14

How an object is perceived depends greatly on the light and shadow conditions it is exposed to. Color, in particular, is connected to light. Colors are only perceptible in light: no light, no color. Light takes on an active relationship to color and can considerably change the way colors appear on objects. Generally, light makes color brighter (chiaro), while shade makes colors darker (fusco): “Parmi manifesto che i colori pigliano variazione dai lumi, poi che ogni colore posto in ombra pare non quello che è nel chiarore. Fa l’ombra il colore fusco, e il lume fa chiaro ove percuote.”15

If the position of light changes, or if the light under which the object is perceived should fall differently, while the viewer’s position in relation to the perceived object remains the same, then the spatial appearance of the object, its color and form, necessarily changes for the viewer. This change, applied to the process of pictorial representation, concerns the surface of depicted objects, and can be seen in connection to the third part of painting, the reception of light: “Vedesi nelle superficie speriche e concave, sendo ad uno lume, hanno questa parte oscura e quella chiara; e bene che sia quella medesima distanza e posizione di centrica linea, ponendo il lume altrove vedrai quelle parti, quali prima erano chiare, ora essere 14 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 9, 78; Alberti-Spencer, On Painting, 49: “The philosophers say that nothing can be seen which is not illuminated and coloured. Therefore, they assert that there is a close relationship between light and colour in making each other visible. The importance of this is easily demonstrated for when light is lacking colour is lacking and when light returns the colours return.” 15 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 9, 78; Alberti-Spencer, On Painting, 49: “It seems obvious to me that colours take their variations from light, because all colours put in the shade appear different from what they are in the light. Shade makes colour dark; light, where it strikes, makes colour bright.” See also Herbert Siebenhüner, Über den Kolorismus der Frührenaissance, vornehmlich dargestellt an dem “trattato della pittura” des L. B. Alberti und an einem Werke des Piero della Francesca, (Phil. Diss., University of Leipzig 1935), (Schramberg: Gatzer & Hahn, 1935), 20–21. He discusses the related functionality of light and color by explaining the pyramid of vision in terms of beams of light and direction of vision. On the term “fusco,” ibid., 23, note 62. This describes obscure, dark, dim, and weak light, not shading. There are two other ways light can change color: a) when, for example, light is reflected, then a reflex color (the color an object has under a particular lighting effect) appears; b) the further an object is from the viewer, the weaker its color appears. See Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 11, 80–83; para. 7, 76–77. One also finds reference to the phenomenon of air and color perspective in Siebenhüner, Über den Kolorismus, 23. Leonardo later takes up this phenomenon explicitly as air and color perspective.

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oscure, e quelle chiare quali erano oscure; e dove attorno fussino più lumi, secondo loro numero e forza vedresti più macole di chiarore e di oscuro.”16

Light and shadow will fall differently depending on the illuminating light source, thus altering the perception of an object or body accordingly. Understood in this manner, light and shadow do not belong to the object or body itself.17 In contrast to the color and form of an object, Alberti sees light and shadow as accidental.18 Light and dark can therefore only be perceived as comparative values in relation to one another as light or dark.19

Light and Shadow/White and Black According to Alberti, light and shadow, and thereby also chiaroscuro, are created using black and white: “[…] dicemmo che ’l bianco et ’l nero al pittore esprimea l’ombra et il chiarore […].”20 In painting, white and black should imitate light and shadow. For this to succeed, it is imperative to study both light and shadow: 16 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 8, 78; Alberti-Spencer, On Painting, 49: “(There is yet a third thing which makes the plane appear to change. This comes from the reception of light.) You see that spherical and concave planes have one part dark and another bright when receiving light. Even though the distance and position of the centric line are the same, when the light is moved those parts which were first bright now become dark, and those bright which were dark. Where there are more lights, according to their number and strength, you see more spots of light and dark.” 17 This thought was only conditionally self-evident at the time. See Cennini’s related statements on light and shadow above. On Cennini’s conception of light, see Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei (Berlin: Gebr. Mann Verlag, 1977), 85. 18 See Moshe Barasch, Light and Color in the Italian Renaissance Theory of Art (New York: New York University Press: 1978), 29–30, with critique of earlier research that doesn’t conceive of light and shadow as accidental in this way. 19 On accidents, see Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 18, 90: “E conviensi a queste dette cose agiugnere quella oppinione de’ filosofi, e’ quali affermano, se il cielo, le stelle, il mare e i monti, e tutti gli animali e tutti i corpi divenissono, così volendo Iddio, la metà minori, sarebbe che a noi nulla parrebbe da parte alcuna diminuta. Imperò che grande, picciolo, lungo, brieve, alto, basso, largo, stretto, chiaro, oscuro, luminoso, tenebroso, e ogni simile cosa, quale perché può essere e non essere agiunta alle cose, però quelle sogliono i filosofi appellarle accidenti, sono sì fatte che ogni loro cognizione si fa per comperazione. […] Per questa ragione nella pittura paiono cose splendidissime ove sia quivi buona proporzione di bianco a nero, simile a quella sia nelle cose dal luminoso all’ombroso. Così queste cose tutte si conoscono per comperazione. In sé tiene questa forza la comperazione, che subito dimostra in le cose qual sia più, qual meno o equale.” Color and form are seen as substantial characteristics of an objects. On forza di comparazione in Alberti, see David Summers’ entry in the following volume. 20 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 46, 140; Alberti-Spencer, On Painting, 82: “I have said that white and black express to the painter shade and light; […].”



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

“Così adunque in prima studino circa i lumi e circa all’ombre, e pongano mente come quella superficie più che l’altra sia chiara in quale feriscano i razzi del lume, e come, dove manca la forza del lume, quel medesimo colore diventa fusco.”21

Alberti concretely explains how the painter should apply white and black: “Ma quanto ad imitare il chiarore col bianco e l’ombra col nero, ammonisco molto abbino studio a conoscere distinte superficie, quanto ciascuna sia coperta di lume o d’ombra. Questo assai da te comprenderai dalla natura; e quando bene le conoscerai, ivi con molta avarizia, dove bisogni, comincerai a porvi il bianco, e subito contrario ove bisogni il nero, però che con questo bilanciare il bianco col nero molto si scorge quanto le cose si rilievino. E così pure con avarizia a poco a poco seguirai acrescendo più bianco e più nero quanto basti.”22

Light and shadow are created by the gradual application of white and black.23 Thus, the painter is able to strike a balance between the contrast of black and white, which in turn keeps him from making the whites too bright, or the blacks too deep.24 In its 21 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 46, 142; Alberti-Spencer, On Painting, 82: “(I prefer a good drawing with a good composition to be well coloured.) Therefore let us study first of all light and shade, and remember how one plane is brighter than another where the rays of light strike, and how, where the force of light is lacking, that same colour becomes dusky.” 22 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 46, 142; Alberti-Spencer, On Painting, 83: “As for imitating the bright with white and the shadow with black, I admonish you to take great care to know the distinct planes as each one is covered with light or shadow. This will be well enough understood by you from nature. When you know it well, with great restraint you will commence to place the white where you need it, and, at the same time, oppose it with black. With this balancing of white and black the amount of relief in objects is clearly recognized. Thus with restraint little by little continue raising more white and more black as much as you need.” 23 On the concrete application of black and white on a surface, see also the introduction from Oskar Bätschmann on Alberti, Della Pittura, 22. This does not propose mixing black and white with color but rather a gradual application. See also para. 47, ibid., 144, on the painter’s procedure for applying black and white: “Così farebbono: prima quasi come leggerissima rugiada per infino all’orlo coprirebbono la superficie di qual bisognasse bianco o nero; di poi sopra a questa un’altra, e poi un’altra; e così a poco a poco farebbono che dove fusse più lume, ivi più bianco da torno, mancando il lume, il bianco si perderebbe quasi in fummo. E simile contrario farebbero del nero.” See also Barasch, Light and Color, 19, and his reference to similar statements found in Cennini’s Libro dell’arte, ch. 31, in which this process is presented in terms of washed drawings. With regards to light, shadow, black and white and color, see also Marcia B. Hall, “From Modeling Techniques to Color Modes,” 5–12, especially 6; James Ackerman, “Alberti’s Light,” in Studies in Late Medieval and Renaissance Painting in Honor of Millard Meiss, ed. Irving Lavin and John Plummer (New York: New York University Press, 1977), 2 ed., vol. 1, 1–27. 24 Alberti, Della Pittura, para. 18, 90, “Per questa ragione nella pittura paiono cose splendidissime ove sia quivi buona proporzione di bianco a nero, simile a quella sia nelle cose dal luminoso all’ombroso.”

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purest form, white does ultimately provide light and luster,25 whereas black conveys the absence of light, darkness, the realm in which things are imperceptible and thereby made inexpressible. This means that the colors of bodies and objects represented in paint will become brighter and more open when painted with white, or else they will become “emptied” when masked in black: “Vedesi dall’ombra i colori alterati: crescendo l’ombra s’empiono i colori, e crescendo il lume diventano i colori più aperti et chiari. Per questo assai si può persuadere al pittore che ’l biancho e ’l nero non sono veri colori, ma sono alterazione degli altri colori.”26

Because they function in this way, Alberti did not believe white and black could be considered colors. White and black act like light and shadow – they are accidental, and how they are weighted depends on the light conditions envisioned by the painter for his painting, these being either based on the location at hand and related to the viewer’s positioning, or else a light source from within the painting.27 It is because of white and black that the bodies and objects appear in a particular manner: “Però che

See also Barasch, Light and Color, 24–25; Gombrich, “Licht, Form und Oberfläche,” 45–47. Barasch sees a particular aesthetic of light at work in the moderate application of black and white, which also corresponds to Alberti’s notions of morality. 25 White and black are not applied as local colors. See also Alberti’s statements, para. 47, Alberti-­Bätsch­ mann, De Pictura, para. 47, 284/286: “Idcirco in albis vestibus pingendis unum ex quattuor generibus colorum suscipere opus est, quod quidem apertum et clarum sit. Idque ipsum contra in nigro fortassis pallio pingendo alium extremum quod non longe ab umbra distet, veluti profundi et nigrantis maris colorem sumemus.” 26 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 10, 80; Alberti-Spencer, On Painting, 50: “In shadows colours are altered. As the shadow deepens the colours empty out, and as the light increases the colours become more open and clear. For this reason the painter ought to be persuaded that white and black are not true colours but are alterations of other colours.” 27 White and black do not change the primary colors, of which there are a four, according to Alberti. White and black help give rise to new colors. Alberti, Della Pittura, para. 9, 80: “Adunque quattro sono generi di colori, e fanno spezie sue secondo se gli agiunga oscuro o chiarore, nero o bianco, e sono quasi innumerabili.” He goes on to write in para. 10, ibid.: “Adunque la permistione del bianco non muta e’ generi de’ colori, ma ben fa spezie. Così il nero colore tiene simile forza con sua permistione fare quasi infinite spezie di colori. Vedesi dall’ombra i colori alterati: crescendo l’ombra s’empiono i colori, e crescendo il lume diventano i colori più aperti e chiari. Per questo assai si può persuadere al pittore che ’l bianco e ’l nero non sono veri colori, ma sono alterazione degli altri colori, però che il pittore truova cosa niuna con la quale egli ripresenti l’ultimo lustro de’ lumi, altro che il bianco, e così solo il nero a dimostrare le tenebre. Aggiugni che mai troverai bianco o nero, il quale non sia sotto qualcuno di quelli quattro colori.” See also the introduction from Oskar Bätschmann on Alberti, Della Pittura, 21–22, with literature references: ibid., 52, note 74; Charles Parkhurst, “Leon Battista Alberti’s Place in the History of Color Theories,” in Color and Technique in Renaissance Painting. Italy and the North, ed. Marcia B. Hall (New York: J. J. Augustin, 1987), 161–204.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

il lume e l’ombra fanno parere le cose rilevate, così il bianco e ’l nero fa le cose dipinte parere rilevate […].”28 “Fanno parere le cose rilevate” only becomes concretely explicable as the illusion of a three-dimensional extension of the represented body. Proceeding from these initial considerations of Alberti, it can also be said that, just as light makes things visible, so too do white and black, applied in accordance with each painter’s respective compositional strategy, reveal the particular conditions of visibility in a painted representation.29 In this regard, the intellectual property, the ingegno or invenzione, of the painter constitutes a key point of departure. These observations on light and dark in their relation to surfaces and the recezione di lumi correlate with Alberti’s observations on the composition of such surfaces. An aesthetic principle is revealed here, one which is tied to chiaro and scuro and which already makes reference to Leonardo’s sfumato: “Nasce della composizione delle superficie quella grazia ne’ corpi quale dicono bellezza. Vedesi uno viso, il quale abbia sue superficie chi grandi e chi piccole, quivi ben rilevate e qui ben drento riposto, simile al viso delle vecchierelle, questo essere in aspetto bruttissimo. Ma quelli visi s’aranno le superficie giunte in modo che piglino ombre e lumi ameni e suavi, né abbino asperitate alcuna di rilevati canti, certo diremo questi essere formosi e dilicati visi.”30

Already in Cennini do we find mention of smooth transitions between light and dark, and this in combination both with the representation of relief planes and the placement of light and shadow.31 Cennini and Alberti both associate this delicate phrasing 28 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 46, 140; Alberti-Spencer, On Painting, 82: “It is worth all your study and diligence to know how to use these two well [meaning white and black], because light and shade make things appear in relief. Thus white and black make painted things appear in relief […].” See also Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 27–28. 29 A situation thought to be volatile or in flux can be fixed using painting techniques. The painter achieves this by applying the rules laid out in Alberti’s definition of the representation of reality in painting with the use of a mathematic, geometrically-constructed picture frame. The painter can secure the situation with the help of a velum (a thread grid), among other things. 30 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 35, 120; Alberti-Spencer, On Painting, 72: “The primary parts of painting, therefore, are the planes. That grace in bodies which we call beauty is born from the composition of the planes. A face which has its planes here large and there small, here raised and there depressed – similar to the faces of old women – would be most ugly in appearance. Those faces which have the planes joined in such a way that they take shades and lights agreeable and pleasantly, and have no harshness of the relief angles, these we should certainly say are beautiful and delicate faces.” 31 See Cennini, Il Libro dell’arte, ch. 67, on the smooth transitions between light and dark in connection to the representation of relief surfaces, and see, ibid., ch. 31, on these transitions in relation to the placement of light and shade. Here, Cennini describes how to draw on and shade colored paper with watercolor and use white to create dimension. He also explains the procedure for conveying dark parts

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of the transitions between light and dark with the idea of grace and beauty – the task of the painting being to make this idea visible.32

Chiaroscuro and the principle of pictorial arrangement or the “amicizia argument” Alberti uses chiaro and scuro in yet an additional context, one that has nothing to do with the placement of light and shadow, white and black, or rilievo. In the third part of his treatise on painting, Alberti explains how to arrange the colors to ensure the appearance of grace (grazia). To this end, the arrangement of light colors in contrast to dark colors is of significance. This arrangement concerns the distribution of color across a surface. Alberti gives notes on which colors are best placed beside one another for a work of grace. He explains this using the example of a representation of Diana and her virgins: “Vorrei nella pittura si vedessero tutti i generi e ciascuna sua spezie con molto diletto e grazia a rimirarla. Sarà ivi grazia quando l’uno colore apresso, molto sarà dall’altro differente che se dipignerai Diana guidi il coro, sia a questa ninfa panni verdi, a quella bianchi, all’altra rosati, all’altra crocei, e così a ciascuna diversi colori, tale che sempre i chiari sieno presso ad altri diversi colori oscuri. Sarà per questa comparazione ivi la bellezza de’ colori più chiaria e più leggiadra. E truovasi certa amicizia de’ colori, che l’uno giunto con l’altro li porge dignità e grazia. Il colore bianco non solo appresso il cenericcio e appresso il croceo, ma quasi presso a tutti posto, porge letizia. I colori oscuri stanno fra i chiari non sanza alcuna dignità, e così i chiari bene s’avolgano fra gli oscuri. Così adunque, quanto dissi, il pittore disporrà suo colori.”33 with watered-down ink and elevating light parts of the rilievo with white-blue. In shading, one must make sure that the transitions are rendered smoothly and appear like smoke (fumo). A similar explanation of shading can also be found in reference to terraverde painting, see ibid., ch. 177. See also Frank Büttner, Giotto und die Ursprünge der neuzeitlichen Bildauffassung. Die Malerei und die Wissenschaft vom Sehen in Italien um 1300 (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2013), ch. 4, 38–51, see 45, where he emphasizes that this process of modeling through transitioning smoothly from light to dark presents a new mode of representation. This is to be seen in contrast to the Mediaeval “undare,” which, according to Büttner, ibid., 43–45, is first described by Heraclius in De coloribus et artibus Romanorum. Another term for “undare” is “matizare.” The term defines a tri-color principle that states that light and dark can be re‑applied again and again to any object; this does not designate a continual transition from light to dark. On the development of the new mode of representation of chiaroscuro, appearing initially in Giotto, see also Ernst Strauss, “Zu den Anfängen des Helldunkels,” in Ernst Strauss, Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto (Munich: Deutscher Kunstverlag, 1972), 26–40. 32 On blurred transitions as aesthetic expression, see Barasch, Light and Color, 24–25. 33 Alberti-Bätschmann, Della Pittura, para. 48, 146; Alberti-Spencer, On Painting, 84–85: “I should prefer that all types and every sort of colour should be seen in painting for the great delight and pleasure of the observer. Grace [grazia] will be found, when one colour is greatly different from the others near it. When you paint Diana leading her troop, the robes of one nymph should be green, of another white, of another rose, of another yellow, and thus different colours to each one, so that the clear colours are

Chiaroscuro as an Aesthetic Principle



Here, Alberti is interested in impressing grace through the harmonious arrangement of colors across a surface.34 In this context as well, chiaro and scuro are applied in the pursuit of an aesthetically-defined goal: to present grace (grazia), beauty (bellezza), and diginity (diginitá).35 According to Alberti, chiaro and scuro constitute the defining aesthetic principle underlying the arrangement of colors, the distribution of light and shadow through black and white, as well as the resultant appearance of relief planes (rilievo).36

Giorgio Vasari (1511–74) Vasari primarily discusses light and dark in two ways: He treats light and dark as contrasts in the service of the harmonious unity of the pictorial arrangement and in connection to rilievo. Both he sees as closely related.

Chiaroscuro and Rilievo Elevations are suggested on figures by placing them in a certain “light” or by gradually darkening the background. Vasari’s observations on this matter relate to his definition of painting: “Ell’è dunque un piano coperto di campi di colori, in superficie o di tavola o di muro o di tela, intorno a’ lineamenti detti di sopra, i quali per virtù di un buon disegno di linee always near other different darker colours. This contrast [comparazione] will be beautiful where the colours are clear and bright. There is a certain friendship of colours [amicizia de’ colori] so that one joined with another gives dignity and grace [dignità e grazia]. Rose near green and sky blue gives both honour and life. White not only near ash and crocus yellow but placed near almost any other gives gladness. Dark colours stand among light with dignity and the light colours turn about among the darks. Thus, as I have said, the painter will dispose his colours.” See also David Summers, “The Stylistics of Color,” in Color and Technique in Renaissance Painting. Italy and the North, ed. Marcia B. Hall (New York: J. J. Augustin, 1987), 205–20. According to Barasch, Light and Color, 31, the fact that Alberti does not differentiate between actual colors and mixed color tints in this context is indication that a separation between scientific observation and aesthetic considerations is fundamental. 34 This does not concern adjusting the brightness of different colors. This is first explicitly handled by Leonardo. See John Shearman, “Leonardo’s colour and chiaroscuro,” Zeitschrift für Kunstgeschichte 25 (1962): 13–47. 35 See Barasch, Light and Color, 31–32. 36 See Barasch, Light and Color, 32. Alberti developed different criteria for evaluating the representation of light and shadow, as well as of color. For light, he chooses smooth transitions between light and dark values to convey grace. For color, he recommends a clear differentiation, even a contrast, between color planes as a guiding principle. According to Barasch, these distinct criteria indicate that Alberti differentiated between light and color with regards to not only science but aesthetics as well.

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girate circondano la figura. Questo sì fatto piano, dal pittore con retto giudizio mantenuto nel mez[z]o chiaro e negli estremi e ne’ fondi scuro et accompagnato tra questi e quello da colore mez[z]ano tra il chiaro e lo scuro, fa che, unendosi insieme questi tre campi, tutto quello che è tra l’uno lineamento e l’altro sì rilieva et apparisce tondo e spiccato, come s’è detto. Bene è vero che questi tre campi non possono bastare ad ogni cosa minutamente, attesoché egli è necessario dividere qualunche di loro almeno in due spezie, faccendo di quel chiaro due mez[z]i e di quello scuro due più chiari, e di quel mez[z]o due altri mez[z]i che pendino l’uno nel più chiaro e l’altro nel più scuro. Quando queste tinte d’un color solo, qualunche egli si sia, saranno stemperate, si vedrà a poco a poco cominciare il chiaro e poi meno chiaro e poi un poco più scuro, di maniera ch’a poco a poco troverremo il nero schietto.”37

On the composition of light and dark, Vasari supposes three basic shades for any base color: one light, one dark, and one in‑between. These three basic shades are further broken down into two additional half-shades. The darker color shade produces two lighter tints, just as the light shade forms two additional half tints, and the middle shade produces one lighter and one darker tint. This is how Vasari explains how to reduce the lightness of a given color. A single base color determines these three basic shades along with their half tints, the darkest of which is black.38 Black indicates the darkest spot on a shape as it recedes within the contours of a represented figure; it refers to the internal structure, meaning it is concerned with the three-dimensional formation of shape – rilievo. Starting with any base color – or else with the light and dark values of that color – the positioning of light and dark shades, including those in‑between, characterizes a principle of monochromaticity.

37 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 15, 113–14; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 15, 208–9: “A painting, then, is a plane covered with patches of colour on the surface of wood, wall, or canvas filling up the outlines spoken of above, which, by virtue of a good design [disegno] of encompassing lines, surround the figure. If the painter treat his flat surface with right judgement, keeping the centre light and the edges and the background dark and medium colour between the light and dark in the intermediate spaces, the result of the combination of these three fields of colour will be that everything between the one outline and the other stands out and appears round and in relief. It is indeed true that these three shades cannot suffice for every object treated in detail, therefore it is necessary to divide every shade at least into two half shades making of the light two half tints, and of the dark two lighter, and of the medium two other half tints which incline one to the lighter and the other to the darker side. When theses tints, being of one colour only whatever may be, are gradated, we see a transition beginning with the light, and then the less light, and then a little darker, so that little by little we find the pure black.” 38 Of relevance are the gradations in color tints from half-tints to black as the darkest tint. White is not relevant in this regard. While painting during Cennini’s time is still distinguished by color modeling and a tendency for increased brightness, the painter from the 16th century onwards behaves differently, modeling instead for increased darkness.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

Chiaroscuro as a Mode of Representation in Monochrome Painting In contrast to the above-mentioned authors, Vasari formulates a concrete definition describing chiaroscuro as painting with a reduced color spectrum, which can be understood as monochrome painting: “Vogliono i pittori che il chiaroscuro sia una forma di pittura che tragga più al disegno che al colorito, perché ciò è stato cavato da le statue di marmo, contrafacendole, e da le figure di bronzo et altre varie pietre.”39 This definition is brought in at the beginning of the 25th chapter in the introduction to painting and relates to Vasari’s statements on murals in chiaroscuro style. Concerning the placement of light and dark, Vasari writes the following: “Di questa sorte, di terretta si fanno i campi con la terra da fare i vasi, mescolando quella con carbone macinato o altro nero per far l’ombre più scure e bianco di trevertino con più scuri e più chiari, e si lumeggiano col bianco schietto e con ultimo nero a ultimi scuri finite. […] E con queste ancora s’imitino le figure di bronzo, le quali col campo di terra gialla e rosso s’abbozzano e con più scuri di quello nero e rosso e giallo si sfondano, e con giallo schietto si fanno i mez[z]i, e con giallo e bianco si lumeggiano. E di queste hanno i pittori le facciate e le storie di quelle con alcune statue tramez[z]ate, che in questo genere hanno grandissima grazia.”40

39 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 25, 139; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 25, 240: “Monochromes [Chiaroscuro] according to the painters are a kind of picture that has a closer relation to drawing than to work in colour because it has been derived from copying marble statues and figures in bronze and various sorts of stone.” 40 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 25, 140–41; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 25, 240–41: “[…] the backgrounds are laid in with potters’ clay, and with this is mixed powdered charcoal or other black for the darker shadows, and white of travertine. There are many gradations from light to dark; the high lights are put in with pure white and the strongest shadows are finished with the deepest black. […] In this style too must bronze figures be imitated; they are sketched in on a background of yellow and red earth, the darker shades put in with blended tints of black, red, and yellow, and middle tints with pure yellow, and the high lights with yellow and white. And with these painters have composed decorations on the facades, intermingling statues, which in this kind of work give a most graceful effect [grandissima grazia].” “Si sfondano” and “si lumeggiano” refer to the darkening and lightening of picture backgrounds (campi). This technique is different in its application to festive decoration on canvas, for which other colors and materials are necessary. However, the principle of the distribution of light and shadow remains the same and is described again with more differentiation than in the context of the terreta technique: “Those pictures however intended for arches, plays, or festivals, are worked after the canvas has been prepared with clay, that is, with that pure earth (terretta) before mentioned which potters use, mixed with size, and the back of the canvas must be moistened while the artist is painting on it, that the darks and lights of his work may unite better with the ground of clay. It is customary to mix the blacks with a little tempera; white leads are used for the white, and red lead to simulate relief in things that appear to be of bronze, and Naples yellow (giallino) to put in the high lights over the red lead, and for the backgrounds and the darks the same red and yellow earths

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This description of the technique makes clear the extent to which light and dark refer to light and shadow, and how light and shadow can be realized in painting by using white and black. On the one hand, white, in its purest form, indicates a shape’s highest elevations, while black reveals its deepest shadows. On the other hand, as evident in his definition of painting, Vasari is also describing how to use the varying intensities of lightness or darkness in each shade of color in order to create a chiaroscuro relief. In the context of terretta painting, the range of color is restricted to black and white. Red and yellow are added when using the terretta technique to imitate bronze.41 Chiaroscuro relief can appear in its purest form in monochrome murals. This is particularly the case when it is used to imitate monochrome stone or bronze sculptures in the medium of painting. Chiaroscuro hereby constitutes the guiding principle ensuring the sculptural emergence of depicted form. With regards to terretta murals, chiaroscuro is tied to yet another characteristic indicative of these works: monumentality and impact over great distance: “Vogliono avere tali specie fierezza, disegno, forza, vivacità e bella maniera, et essere espresse con una gagliardezza che mostri arte e non stento, perché si hanno a vedere et a conoscere di lontano.”42 “Chiaroscuro” thus concerns a form or mode of representation that refers to the optical effect of a painting or picture and can be construed as a decidedly achromatic or mono-chromatic principle, in which the dynamic between chiaroscuro and rilievo is exponentially mediated. It is in connection with chiaroscuro that the rilievo’s full impact first unfolds, namely as power, in getting painted subjects to appear as sculpture or like real, three-dimensional bodies. Here, rilievo and chiaroscuro are fundamentally linked. It is only because of this unity of rilievo and chiaroscuro that an artwork can affect on the viewer a tremendous power and vivacious presence.43 and the same blacks that I spoke of in connection with fresco work; these make the half tints and shadows.” Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 25, 241–42. 41 This is a play on the four-color lesson of antiquity: The art of mural paintings is placed on a level with the lauded painting of antiquity, a high appraisal. Permanence and the successful passing on of antique techniques are additional characteristics that place this art on a level with that of antiquity. This concerns primarily mosaic and inlay work. 42 Vasari-Barocchi, Le Vite, Kap. 25, 140; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 25, 241: “Such works [in terretta technique] must have boldness [fierezza], intention [disegno], power [forza], vivacity [vivacità], and grace [bella maniera], and must be expressed with an artistic freedom and spirit and with nothing cramped about them, because they have to be seen and recognized from a distance.” There can be no interpretation of these terms in the context of this introduction, but they might become more tangible through the following explanations. 43 This position can be construed with much more complexity than is able to be done here in an introductory capacity. The relation between monochrome rilievo and its assumed impact in terms of its energetic presence will only be touched upon and, due to space restrictions, cannot be discussed in greater depth. For more, see the article by Mari Yoko Hara in this book.

Chiaroscuro as an Aesthetic Principle



Chiaroscuro, Rilievo and the Picture Plane Elsewhere it becomes clear that rilievo (in combination with chiaroscuro) can be understood beyond its reference to the internal structure of figures. For this purpose, light and shadow serve a central purpose in the distribution of light and dark: “Nella pittura servono i lineamenti in più modi, ma particolarmente a dintornare ogni figura, perché quando eglino sono ben disegnati e fatti giusti et a proporzione, l’ombre che poi vi si aggiungono et i lumi sono cagione che i lineamenti della figura che si fa ha grandissimo rilievo e riesce di tutta bontà e perfezzione.”44

Light and shadow accentuate line-work and the contour of figures in a manner that lends three-dimensionality to those forms being portrayed. This may not only concern the internal structure of the figures, but also the place or space surrounding their contours. It is here that the relationship between these contoured figures and the diverse picture planes is negotiated. This can be understood as a comprehensive principle of representation that covers both the composition of the picture’s planes and the entire picture surface in equal measure. This link will be made clearer with regards to the following statement on picture depth: “Debbonsi perdere negli scuri certe parti delle figure e nella lontananza della istoria, perché, oltra che se elle fussono nello apparire troppo vive et accese confonderebbono le figure, elle dànno ancora, restando scure et abbagliate, quasi come campo, maggior forza alle altre che vi sono inanzi.”45

Vasari attributes a loss of color or lightness to a proportional increase in distance from the viewer’s eye or in picture depth. Accentuating the contour lines of a figure will increase the plasticity of not only the picture’s internal forms but also its picture planes. In lifting a light foreground up from a dark background, the contours of a figure are accentuated to enhance not only the plasticity of the figures but the picture planes surrounding them as well. The degree to which the pictorial planes relate to the rilievo is significantly

44 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 15, 112; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 15, 207: “In Painting, the lines are of service in many ways, but especially in outlining every figure, because when they are well drawn, and made correct and in proportion, the shadows [ombre] and lights [lumi] that are then added give the strongest relief to the lines of the figure and the result is all excellence and perfection.” 45 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 127; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 220: “Certain parts of the figures must be lost in the obscure tints and in the background of the group; for, if these parts were to appear too vivid and fiery, they would confound the distinction between the figures, but by remaining dark and hazy almost as background they give even greater force to the others which are in front.” This passage relates to Vasari’s statements on a composition replete with contrasts.

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determined by the contrast of light and dark.46 Here, chiaroscuro refers to and defines the relationship between pictorial planes and the contoured figures present therein.47

Chiaroscuro and the Arrangement of Colors Chiaroscuro enters into yet another context concerning the contrast of light and dark, and this in relation to the arrangement of colors in a representation the goal of such an arrangement being to effect a sense of a comprehensive visual harmony among the painted figures: “Tutte le pitture adunque, o a olio o a fresco o a tempera, si debbon fare talmente unite ne’ loro colori, che quelle figure che nelle storie sono le principali venghino condotte chiare, mettendo i panni di colore non tanto scuro adosso a quelle dinanzi che quelle che vanno dopo gli abbino più chiari che le prime, anzi, a poco a poco, tanto quanto elle vanno diminuendo a lo indentro, divenghino anco parimente di mano in mano, e nel colore delle carnagioni e nelle vestimenta, più scure.48 […] Né si debbono vestire gli ignudi di colori tanto carichi di corpo che dividino le carni da’ panni, quando detti panni atraversassino detti ignudi, ma i colori de’ lumi di detti panni siano chiari simili alle carni o gialletti o rossigni o violati o pagonazzi, con cangiare i fondi scuretti o verdi o azzur[r]i o pagonazzi o gialli, purché trag[g]hino a lo oscuro e che unitamente si accompagnino nel girare delle figure con le lor ombre, in quel medesimo modo che noi veggiamo nel vivo che quelle parti che ci si apresentano più vicine all’occhio più hanno di lume, e l’altre, perdendo di vista, pèrdono ancora del lume e del colore. Così nella pittura si debbono adoperare i colori con tanta unione, che e’ non si lasci uno scuro et un chiaro sì spiacevolmente ombrato e lummeggiato che e’ si faccia una discordanza et una disunione spiacevole […].”49 46 This link between figure and background form a central theme in the writings of Leonardo da Vinci to foster a discussion of rilievo and chiaroscuro in painting. See in particular David Summers, “Chiaroscuro, or the rhetoric of realism,” in Leonardo da Vinci and Optics, ed. Francesca Fiorani and Alessandro Nova (Venice: Marsilio Editori, 2013), 29–53; Shearman, “Leonardo’s colour and chiaroscuro,” 13–47. On picture backgrounds and the terms “campo” und “piano,” see Jeroen Stumpel, “On Grounds and Backgrounds. Some Remarks on Composition in Renaissance Painting,” Simiolus 18.4 (1988): 219–43. 47 These statements would have to be expanded upon. This is not possible within the scope of this introduction and limited space, and can therefore only be touched upon. 48 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 125; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 218–19: “All pictures then whether in oil, in fresco, or in tempera ought to be so blended in their colours [unite ne’ loro colori] that the principal figures in the groups are brought out with the utmost clearness, the draperies of those in front being kept so light that the figures which stand behind are darker than the first, and so little by little as the figures retire inwards they become also in equal measure gradually lower in tone in the colour both of the flesh tints and of the vestments.” 49 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 125–26; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 219: “Nor ought one to clothe the nude with heavy colours that would make too sharp a division between the flesh and the draperies when the said draperies pass across the nude figures, but let the colours of the



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

With this clause, “ma i colori de’ lumi di detti panni siano chiari simili alle carni,” Vasari advises that proximal colors should approximate one another in intensity of lightness. This does not concern which specific colors ought to be placed alongside one another, but rather how to balance the color value and perhaps even account for tonal unity amongst the objects portrayed.50 Light and dark are to be adjusted in accordance with the color value arrangement of subjects in a painting. Any successful realization of unifying contrasts depends on impressing upon the viewer an image of visual harmony.51 Intrinsic to this goal is the idea of unione, a term Vasari defines as follows in chapter 18 of his Introduction to the Arts:52 “L’unione nella pittura è una discordanza di colori diversi accordati insieme […].”53 In this regard, chiaroscuro is connected to the complexion and contrasting color values of a picture. As such, chiaro­scuro serves as a basic principle of color.

Chiaroscuro, light and shadow In all of the contexts presented thus far, light and dark refer to the placement of light and shade. This seems, however, to take place independently of a specific light source.54 The following statement clarifies this phenomenon:

lights of the drapery be delicate and similar to the tints of the flesh, either yellowish or reddish, violet or purple, making the depths either green or blue or purple or yellow, provided that they tend to a dark shade and make a harmonious sequence in the rounding of the figures with their shadows; just as we see in the life, that those parts that appear nearest to our eyes, have most light and the others, retiring from view, lose light and colour. In the same manner the colours should be employed with so much harmony that a dark and a light are not left unpleasantly contrasted in light and shade, so as to create a discordance and a disagreeable lack of unity […].” 50 These are the main demands of painting as already discussed extensively by Leonardo da Vinci in his writings. The term “tonal unity” refers to John Shearman, “Leonardo’s colour and chiaroscuro,” 18. 51 Vasari draws a comparison here to music, which must sound harmonious if it is to please the ear. He relates an excess of light in color to dissonant, hard-sounding tones. 52 See also Matteo Burioni’s explanations in Giorgio Vasari, Kunstgeschichte und Kunsttheorie. Eine Einführung in die Lebensbeschreibungen berühmter Künstler, trans. Victoria Lorini and ed., annotated and prefaced by Matteo Burioni and Sabine Feser (Berlin: Verlag Klaus Wagenbach, 2004), 199–204. See also Roland LeMollé, Georges Vasari et le vocabulaire de la critique d’art dans les “Vite” (Grenoble: ellug, 1988), ch. 1, 19–42. 53 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 124; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 218: “Unity in painting is produced when a variety of different colours are harmonized together […].” 54 See Moshe Barasch, “Licht und Farbe in der italienischen Kunsttheorie des Cinquecento,” Rinascimento 11.2 (1960): 207–300, 247. Barasch finds in Vasari’s writings single observations on light. The focus of Barasch’s article centered on Paolo Lomazzo’s metaphysical theory of light. For more on this, see Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 67–78, as well as Maria Rzepinska, “Tenebrism in Baroque Painting and Its Ideological Background,” Artibus et Historiae 7, No. 13 (1986): 91–112, and more in

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“[Così nella pittura si debbono adoperare i colori con tanta unione, che e’ non si lasci uno scuro et un chiaro si spiacevolmente ombrato e lummeggiato che e’ si faccia una discordanza et una disunione spiacevole,] salvo che negli sbattimenti, che sono quell’ombre che fanno le figure adosso l’una all’altra, quando un lume solo percuote adosso a una prima figura che viene ad ombrare col suo sbattimento la seconda. E questi ancora, quando accaggiono, voglion esser dipinti con dolcezza et unitamente, perché chi gli disordina viene a fare che quella pittura par più presto un tappeto colorito o un paro di carte da giucare che carne unita o panni morbidi o altre cose piumose, delicate e dolci.”55

Should the painter, in this regard, adhere strictly to precepts set by the natural angle of light, as he might, for example, in scenes representing natural settings involving hard, sharp shadows cast by objects in that light, then he might encounter overlaps on account of which some elements of the painting appear very shaded or are elsewhere invisible, and where others are rendered garish by the light. An effect of the sort ought to be avoided. To ensure that the painted subjects make an impactful, lifelike, and lively impression, the painter must come up with a specific artistic device for the composition and, analogously, for the adequate distribution of light and dark. One could also say that it is this which makes his art and which accounts for the disegno and bella maniera. Here is where the painter’s intelligence comes in. The painter relies on it in order to avoid this unflattering effect and to arrange the light and shade, as well as the intensity of light and dark, in a painting even when it does not correspond to a predefined, natural light source. The above-cited passage reveals the principle of the distribution of light and shadow as an artistic principle that keeps the representation of figures, as well as the total impression of the work, from being disturbed by bothersome sections of dark shadow, which could potentially overlie the figures. Here, it seems to be a matter of a convincing arrangement of light and dark, with “convincing” understood not in reference to a natural ratio of light and shade but in terms of the pictorial logic. Chiaroscuro thereby functions as a fundamental component of the composition, defining the pictorial arrangement’s potential impact upon the viewer. 98–100. Related to the instruction to perform tone modeling in a box in order to study the conditions of light and shadow, Vasari discusses the concrete play of light in ch. 16 of his Introduction to the Arts. 55 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 126; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 219: “In the same manner the colours should be employed with so much harmony that a dark and a light are not left unpleasantly contrasted in light and shade, so as to create a discordance and a disagreeable lack of unity, save only in the case of the projections, which are those shadows that the figures throw one on to the other, when a ray of light strikes on a principal figure, and makes it darken the second with its projected shadow. And these again when they occur must be painted with sweetness and harmony, because he who throws them into disorder makes that picture look like a coloured carpet or a handful of playing cards, rather than blended flesh or soft clothing or other things that are light, delicate, and sweet.”



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

The principle of the distribution of light and dark, with an emphasis on black and white as the pictorial equivalent of light and shadow and independent from the suggestion of a definite light source, can also be found in the context of other artistic techniques, such as that of mosaic or marble inlay for flooring. Regarding the relation between mosaic and painting, Vasari states:56 “[…] diciamo che egli è maestria veramente grandissima condurre i suoi pezzi cotanto uniti che egli apparisca di lontano per onorata pittura e bella, attesoché in questa spezie di lavoro bisogna e pratica e giudizio grande con una profondissima intelligenza nell’arte del disegno; […]. E chi intende nel disegno la forza degli sbattimenti e del dare pochi lumi et assai scuri, con fare in quegli certe piazze o campi, costui sopra d’ogni altro lo farà bello e bene ordinato. Vuole avere il musaico lodato chiarezza in sé con certa unita scurità verso l’ombre, e vuole essere fatto con grandissima discrezione, lontano dall’occhio, a ciò che lo stimi pittura e non tarsia commessa.”57

A crucial component in the development of a mosaic is the clear distribution of light and shadows and, therefore, of light and dark. Of comparable significance is the harmonious balance of dark tones within the shadows. Vasari emphasizes, in particular, the quality of cast shadows, which must be forceful. At the same time, only a few lights are to be integrated as planes or fields into the many dark areas. Such statements clearly indicate that lights are to be thought of as planes that either border the shadow planes or are else integrated into them (in the form of a painted reflection of light). All in all, light and dark must be positioned in the service of realizing visual unity,58 appearing, and from a great distance especially, as optical harmony. Vasari perceives this 56 Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 29, 251–57. Because of the technique, Vasari sees mosaic as the most permanent form of painting. 57 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 29, 147–48; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 29, 251–52: “[…] let us say that very great mastery is needed to arrange the pieces so harmoniously that the mosaic appears at a distance a genuine and beautiful picture, seeing that this kind of work demands great experience and judgement and a profound knowledge of the art of design. […] [The following concerns only the design of a mosaic, meaning its execution on the board underlying the representation.] The artist who understands the force of shadows in the design and of giving few lights and many darks, leaving in these certain vacant spaces or fields, he above all others will make his mosaic beautiful and well arranged. Mosaic to be praised must have clearness in itself, with a certain harmonious obscurity towards the shadows, and must be executed far from the eye with the greatest discretions that it may be esteemed painting and not inlaid work.” Vasari then compliments antique mosaic artists, with whom he sees a perfection of this art form. 58 In a mosaic, this will ideally make it seem like a fresco. See Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, 257. – Applicable are also Vasari’s statements on monumental inlay for flooring. In this context, one can also see how light and shadow emerge as planes. See Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, 258–60, on inlay work from antiquity to Beccafumi. On Beccafumi’s work, see Barbara Stoltz, “Mono­ chromie und Druckbild im Cinquecento. Domenico Beccafumis Mischtechniken zwischen Kupfer-

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phenomenon of an optically energetic impatic over great distance – an essential characteristic for monumentality – as a central feature for murals in chiaroscuro style as well. However, in contrast to terretta murals, chiaroscuro does not refer here to the formation of rilievo. These cited passages reveal the principle of the distribution of light and dark as light and shadow to be the same as the one Vasari formulates in his chapter on the harmony of contrasting color values. Here, too, it is clear one is not strictly following an angle of light but rather an artistic device that keeps the representation of figures and total harmonious impression from being disrupted by irritating planes of dark.

Chiaroscuro and the Painter’s Intelligence In painting, light and shadow59 and light and dark are placed in a pictorial arrangement in accordance with the force of the painter’s talent, intelligence, and judgment. This becomes even clearer in a passage Vasari includes in his introduction to painting that concerns the arrangement of light and dark within a compositional scheme: “Fatte dunque le mestiche, cioè mescolati insieme questi colori, volendo lavorare o a olio o a tempera o in fresco, si va coprendo il lineamento e mettendo a’ suoi luoghi i chiari e gli scuri et i mez[z]i e gli abbagliati de’ mez[z]i e de’ lumi, che sono quelle tinte mescolate de’ tre primi, chiaro, mez[z]ano e scuro; i quali chiari e mez[z]ani e scuri et abbagliati si cavano dal cartone overo altro disegno che per tal cosa è fatto per porlo in opra; il qual è necessario che sia condotto con buona collocazione e disegno fondato e con giudizio et invenzione, attesoché la collocazione non è altro nella pittura che avere spartito in quel loco dove si fa una figura, che gli spazii siano concordi al giudizio dell’occhio e non siano disformi, che il campo sia in un luogo pieno e nell’altro vòto […].”60 stich und Chiaroscuro-Holzschnitt,” in Die Farbe Grau, ed. Magdalena Bushart and Gregor Wedekind (Berlin/Boston: DeGruyter, 2016), 113–39. 59 On shadows in painting, see Stoichita, Eine kurze Geschichte des Schattens; Ernst H. Gombrich, Schatten. Ihre Darstellung in der abendländischen Kunst (Berlin: Wagenbach, 2009). Leonardo da Vinci intensively discusses the phenomenon of shadows in all its nuances. Alberti gives mention to cast shadows, but does not consider it in more detail. 60 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 15, 113–14; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 15, 209: “Having then made the mixtures, that is, these colours mixed together, and wishing to work with oil or tempera or in fresco, we proceed to fill in the outlines putting in their proper place the lights and darks, the half tints and the lowered tones of the half tints and the lights. I mean those tints mixed from the three first, light, medium and dark, which lights and medium tints and darks and lower tones are copied from the cartoon or other design which is made for any work before we begin to put it into execution. It is necessary that the design be carried out with good arrangement, firm drawing, and judgement and invention, seeing that the composition in a picture is not other than the parcelling out of the places where the figures come, so that the spaces be not unshapely but in accordance with the judgement of the eye [giudizio del’ occhio], while the field is in one place well covered and in another void.”

Chiaroscuro as an Aesthetic Principle



The remark “Fatte dunque le mestiche, cioè mescolati insieme questi colori […], si va coprendo il lineamento e mettendo a’ suoi luoghi i chiari e gli scuri et i mez[z]i e gli abbagliati de’ mez[z]i e de’ lumi, che sono quelle tinte mescolate de’ tre primi, chiaro, mez[z]ano e scuro,”

concerns the concrete procedure for the sequential construction of a painting: The painter is to first place the lines and contours (lineamenti), then he is to add light and dark tints, along with their respective shade gradations (mettendo a’ suoi luoghi i chiari e gli scuri e i mez[z]i).61 The process described here is to be understood as a preliminary study, or else the continuation of a preliminary sketch. It is important the approach be well thought through, so as to ensure a successful arrangement (collocazione buona), interplay, conception (disegno fondato) and composition of lines and of light and dark. Power of judgement (giudizio) and inventiveness (invenzione) are essential qualities in this situation. The successful distribution of lineamenti and chiari and scuri depends greatly on the painter’s intellectual faculty. In Vasari’s definition of painting, chiaroscuro is explicitly concerned with intellectual performance or capability. Vasari cites this capability taking Raphael’s paintings as exemplification: “E nella sommità, dove sì fatto lume percuote, sempre vi sarà dolcez[z]a et unione. Et in quelle pitture che aranno queste parti, si conoscerà che la intelligenza del pittore arà con la unione del colorito campata la bontà del disegno, dato vaghezza alla pittura e rilievo e forza terribile alle figure.”62

Here, Vasari is referring to an optimal lighting situation, which the painter can apply to confer upon the picture a harmonious appearance. This light source is imagined to originate from above the scene. Proceeding from here, a soft color palette should be chosen that will in turn create a harmonious atmosphere and bestow grace (vaghezza) upon the painted subject.63 The delicate coordination of color and harmonious atmosphere are reference to an effect of painting already proposed by previous art theorists:

61 In this context, chiaroscuro works as a principle of monochromaticity and is closely tied to the concept of disegno. 62 Vasari-Barocchi, Le Vite, ch. 18, 128; Vasari-Maclehose, Introduction to the Arts, ch. 18, 220: “One can recognize in those pictures which possess these qualities that the intelligence of the painter [la intelligenza del pittore] has by the harmony of his colours [unione del colorito] assured the excellence of the design [disegno], given charm [vaghezza] to the picture, and prominence [rilievo] and stupendous force [forza terribile] to the figures.” 63 Vasari is following Leonardo da Vinci’s advice, alluding to the principle of sfumato, of the smooth transitions between the light and dark parts of a painting. See Shearman, “Leonardo’s colour and chiaroscuro,” 13–47, and Barasch, Light and Color, 44–89.

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the delicate transition between gradations of light and dark.64 With this, Vasari expresses an aim of painting with a purely aesthetic motivation. This is also evident in the harmonious arrangement of dissonant color values as mentioned above, which does, ultimately, concern the entire composition of painted figures. In these instances, chiaroscuro forms the central aesthetic principle determining the effects of the visual unity of the pictorial arrangement (unione) and grace (vaghezza) in a painting. Vasari is providing here a condensed clarification of the range of meanings hitherto applied to chiaroscuro. In this vein, the vaghezza of painting is based primarily on contrasts of light and dark. It contributes to a harmonious arrangement of light and dark colors and is therefore to be understood as a basic principle of color. Light and shadow are similarly harmoniously arranged. They are then nevertheless defined in painting as pure spots of light and shadow, as black and white, or monochrome in a color field of black and white. Rilievo, which concerns not only the internal structure of individual figures but which, in terms of the entire surface and pictorial arrangement, including the design of picture plane, arises primarily from a monochromatically-defined principle of chia­ roscuro.65 Seen in this way, chiaroscuro is related in equal measure to both a monochromatic as well as coloristic principle. In the process of painting, these two “systems” overlap. This method is manifest in the expression of the painter’s intelligence. Colore and disegno are equally determined by the principle of chiaroscuro and thus are related to one another.66

64 See Barasch, Light and Color, 73. 65 On chiaroscuro in Vasari, see LeMollé, Georges Vasari, ch. 2, 43–60. LeMollé, 56, differentiates between Vasari’s use of chiaro scuro and chiaro e scuro and recognizes two different concepts belying their usage. This he defines as a monochrome principle and discusses it in his chapter on Vasari’s “chiaroscuro” term; the other he understands as a coloristic principle and discusses it in his chapter on Vasari’s term “unione.” 66 LeMollé, Georges Vasari, 24, relates the idea of unione to the harmonious balance between disegno and colore: “[…] unione s’apparente à la difficulté de la synthèse au niveau des couleurs: préserver la valeur des contrastes dans une harmonie d’ensemble tout en maintenant l’autonomie de chaque partie. A ce premier degré, unione se présente comme une harmonie colorée. Toutefois, avant de poursuivre sa démonstration, Vasari s’empresse de faire une mise au point: lorsque le délicat équilibre discordanza/ accordati est rompu, il n’y a plus unione et c’est le dessin lui-même qui en pâtit (il disegno ne viene ad essere offeso); Vasari fait de cette notion un a priori essentiel et unione apparâit comme étant à la fois la présence et la garantie du dessin dans l’oeuvre peinte.” For Vasari, the number, order, and combination of colors is guided by the concept of disegno, which gives unione a very specific function: “[…] l’unione est l’élément unificateur entre le dessin et la représentation chromatique du monde; en conclusion, unire pour Vasari consiste à choisir dans la langue du dessin des formes que l’on combine ensuite dans la langue de la couleur.” LeMollé, Georges Vasari, 27.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

Filippo Baldinucci (1625–96) The entry on “chiaroscuro” in the Vocabolario del Toscano can be read as a condensed summary of the insights and thoughts on chiaroscuro from prior decades and art theorists, in which the effectual sum of all that was previously written on the topic was compiled, but without the complexity that comes with addressing individual threads of the topic.67 Baldinucci cites prominent artists of the 16th century such as Andrea del Sarto (1486–1530) or Fra Bartolomeo (1472–1517) who produced monochrome art in the mode of chiaroscuro. However, the painting practice of one like Caravaggio (1571–1610), for whom the principle of chiaroscuro is central, is not mentioned.68 Furthermore, Baldinucci also makes no initial mention of light and shadow as phenomena in his remarks on “chiaroscuro.” This is perhaps an important reminder that the form of chiaroscuro painting practiced by the artists Baldinucci references is different to the one used by Caravaggio, that Caravaggio’s painting has nothing to do with “chiaroscuro” in the conventional sense – as summarized by Baldinucci in his lexicon. Caravaggio’s chiaroscuro is not necessarily dependent on the formulation of a rilievo. It is not based on the distribution of light and dark as they correspond to a particular construction – one that has been determined by and is proportionally oriented in accordance with the laws of perspective. Nor is it based on a distribution of light and dark that attempts a harmonious total impact through the contrasts arising from the placement of colors and light and shadow. Caravaggio places a condensed light in his paintings, one that emphasizes the contrast of light and dark.69 The strongly accentuated light is almost

67 Filippo Baldinucci, Vocabolario toscano dell’arte del disegno: nel quale si esplicano i propri termini e voci, non solo della pittura, sculptura et architettura ma ancora di altri arti […]: con la notizia De’nomi o qualità delle gioie, metalli, pietre dure, marmi, pietre tenere, saffi, legnami […] (Florence: Per Santi Franchi, 1681), 33. 68 Caravaggio’s chiaroscuro is already mentioned by one of the first critics of his art, Giulio Mancini (1588–1630). In his paper Considerazioni sulla pittura, vol. 1, critical edition and introduction by Adriana Marucchi, presented by Lionello Venturi (Rome: Accademia nazionale dei Lincei, 1956), 108, he states: “Proprio di questa schola [di Caravaggio] è di lumeggiar con lume unito che venghi d’alto senza reflessi, come sarebbe in una stanza da una fenestra con le pariete colorite di negro, che così, havendo i chiari e l’ombre molto chiare e molto oscure, vengono a dar rilievo alla pittura, ma però con modo non naturale, nè fatto, nè pensato da altro secolo o pittori più antichi, come Raffaelo, Titiano, Correggio et altri. Questa schola in questo modo d’operare è molto osservante del vero, che sempre lo tien davanti mentre ch’opera […].” This passage makes clear that there was already a sense for the otherness of Caravaggio’s chiaroscuro painting during the time in which he lived. 69 Leonardo da Vinci rejects this condensed light and instead suggests a diffuse light. A condensed light is only applied when demanded by the subject or message of a picture, as in, for example, night scenes, notturne. See Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 104, 105.

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capable of fading the bodies and objects it falls on.70 The dark is also present and bathes everything that comes into contact with it in total darkness by making it imperceptible to the viewer, giving a new value or meaning to darkness itself. This sudden effect only seems possible because it presupposes an active darkness that is of both artistic and psychological significance.71 In contrast to the dark, the light also conveys an active power. Chiaroscuro, understood in this way, can be a vehicle to express pathos and drama.72

Chiaroscuro North of the Alps In the Netherlands and north of the Alps, chiaroscuro is referenced in contexts similar to those presented in the art historical texts from Italy. However, the term “chiaroscuro” itself is not found prior to the 18th century in the vocabulary of Dutch art trea-

70 Kaspar H. Spinner, “Helldunkel und Zeitlichkeit. Caravaggio, Ribera, Zurbaran, G. de La Tour, Rembrandt,” Zeitschrift für Kunstgeschichte 34 (1971): 169–83, [172–73], posits an antimony between color and light. Because Caravaggio applies color as purely as possible, he is able to produce another effect of chiaroscuro than, for example, Ribera or Rembrandt, who shade their colors and avoid using local colors. 71 Rzepinska, “Tenebrism in Baroque Painting,” 92, addresses an aspect of darkness she sees as essential to the so‑called “maniera tenebrosa,” which emerged around 1600 and characterizes a new kind of painting. Rzepinska conceives of darkness as a positive element. She determines that darkness, in contrast to light, is not discussed by itself in the treatises on art and optics from the Middle Ages and Renaissance. Rather, darkness is referenced much more in the mystical writings of Juan de la Cruz, where it is seen as a possibility for accessing God. According to Prater, Licht und Farbe bei Caravaggio, 26–28, light refers to a semantic in Caravaggio’s paintings concerning the thematic or iconographic relation between the represented protagonists. Light and shadow surrounding the figures are at once directed towards the viewer before the picture and made for him – like a sign hinting at the inner process taking place beyond the representation. See also Schöne, Über das Licht in der Malerei, ch. 3, 135–43, as well as Heinz Jatho, Bildsemantik und Helldunkel. Ein Beitrag zur Bildsemiologie (Munich: Wilhelm Fink Verlag, 1976), 68–74. A detailed critique of Schöne’s illuminating light as it relates to the art of the 17th century, particularly in the Netherlands, where light becomes a constitutive element in the image, can be found in the introduction to the collection Lichtgefüge des 17. Jahrhunderts. Rembrandt und Vermeer – Spinoza und Leibniz, ed. Carolin Bohlmann, Thomas Fink, Philipp Weiss (Munich: Wilhelm Fink, 2008), 7–15, and in the entry by Philipp Weiss, “Das Licht des 17. Jahrhunderts,” in Lichtgefüge des 17. Jahrhunderts. Rembrandt und Vermeer – Spinoza und Leibniz, ed. Carolin Bohlmann, Thomas Fink, Philipp Weiss (Munich: Wilhelm Fink, 2008), 17–28, see 18–12. 72 Rzepinska, “Tenebrism in Baroque Painting,” 93, sees this as a “powerful European trend which introduced darkness, inseparable from light, as an iconic and psychological factor of essential significance” and examines how this artistic idiom is related to other branches of knowledge or culture.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

tises.73 When Karel van Mander (1548–1606) speaks of chiaroscuro, it is in reference to his adaptation of Vasari’s conclusions. Much like the Italian art theorists, he, too, proposes a smooth transition between light and dark, or light and shadow, in painting.74 Van Mander translates “chiaro” and “scuro” with “wit en swart” (white and black), or else he uses the expressions “hoogsel” (to heighten) and “diepsel” (to shadow), or, instead of “diepen” and “hogen,” he uses “schaduwen” and “dagen.”75 He also considers optical phenomena and their translation into painting. “Reflexie-const,” “glans/ luyster,” “spiegeling,” “weerglans,” and “reverberatie” form the central terms.76 They refer to those phenomena detectible in the representation of shine or luster, reflective lighting and reflections, and which come up in relation to light and dark.77 73 Ulrike Kern, Light and Shade in Dutch and Flemish Art (Turnhout: Brepols, 2014), 11–13, refers to Jacob Campo Weyerman. Mention of the term “chiaroscuro” at any time in the context of Dutch art literature refers less to the Italian writings and more to the theories on clair-obscur by the French critics. This primarily concerns the question regarding the compositional distribution of mass or groups of light and dark across the picture plane (tableau), for which two contrasting positions are presented – one in the texts and statements passed down from the antagonists Roger de Piles on the one side, and Abraham Bosse and Charles Lebrun on the other. The latter is also reflected in the Conférences of the Académie royale de peinture et de sculpture, which states that the perspectival direction of a picture and the integration of chiaroscuro in the corresponding spatial arrangement of represented objects is of central relevance for the composition; on this, see Weiss, “Das Licht des 17. Jahrhunderts,” 27–28; fundamental is Thomas Puttfarken, The Discovery of Pictorial Composition. Theory of Visual Order in Painting 1400–1800 (New Haven, Conn.: Yale University Press, 2000). 74 Kern, Light and Shade, 14–15. Philips Angel, a successor of Van Mander, in his text Lof der schilder-konst ties this to the concepts of “kracht” and “welstand,” terms which, in my opinion, can be understood as terminological references to an aesthetic concept of light and dark in their relation to the Italian idea of “forza” as it relates to vivification and force of impact, as well as in their orientation to Vasari’s idea of “unione” as the harmonious total effect of a picture. On Angel, see Kern Light and Shade, 15–16. In contrast to the sections on Italian theories, the statements on the Dutch theoretical positions on chiaroscuro appear relatively narrow in my introduction. This is due to the fact that my considerations are based on the positions seen in the texts of the Quattrocento and the beginning of the Cinquecento, which do not exist to that degree during the same time in the Netherlands or north of the Alps. 75 Kern, Light and Shade, 14, footnote 24, on terms. In footnote 25, ibid., the latter expressions are used with reference to the life of Pontormo. They refer to the placement of light and shadow. Whether Van Mander uses the latter expression in his Schilder-Boeck, particularly when speaking of light and shadow or lightening and shading, as well as the smooth, gradual transitions in a painted composition – thereby indicating that these terms might reference another meaning of light and dark in contrast to “wit en swart” – remains to be examined. 76 See also Emile van Binnebeke’s entry in the following volume. 77 This is also related to the concept of “netticheydt.” Walter S. Melion, Shaping the Netherlandish Canon: Van Mander’s Schilder-Boeck (Chicago: University of Chicago Press, 1991), ch. 4, 60–77. One finds in Leonardo’s writings detailed reference to the aesthetically-pleasing application of luster, reflective lights, and reflections in painting. Also see Francesca Fiorani, “Leonardo’s Optics in the 1470 s,” in Leonardo da Vinci and Optics, ed. Francesca Fiorani and Alessandro Nova (Venice: Marsilio Editori,

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“Wit en swart,” white and black, is used north of the Alps in account books or contracts, and regesta to describe works painted in the grisaille technique, such as Jeanne d’Évreux’s book of hours or the Parement de Narbonne.78 It is worth mentioning that one does not speak of gray painting or of painting in stone color in these contexts.79 The use of the term “wit en swart” indicates that it is the contrast between white and black, or light and dark, and not the color produced by mixing, that is decisive. The emphasis is placed on describing the work of art as one reduced in color, which might have implications that go beyond the designation of a specific color. The use of “wit en swart” thereby approaches a meaning of “chiaroscuro” as a mode of representation in monochrome painting.80

Topics Related to Chiaroscuro These thoughts on the use of chiaroscuro as presented in the writings of Cennini, Alberti, and Vasari should make clear that chiaroscuro does not describe a cohesive 2013), 265–93; Martin Kemp, The Science of Art. Optical Themes in Western Art from Brunelleschi to Seurat, 2nd ed. (New Haven/London: Yale University Press, 1992); John Shearman, “Leonardo’s colour and chiaroscuro,” 13–47. 78 See, e. g. Nathalie Roman, “La place des soies monochromes dans les arts autour de 1400,” in Aux limites de la couleur: monochromie & polychromie dans les arts (1300–1500), ed. Marion Boudon-Machuel, Maurice Brock and Pascale Charron (Turnhout: Brepols, 2011), 49–59; Susie Nash, “The Parement de Narbonne. Context and Technique,” in The Fabric of Images: European Paintings on Textile Supports in the Fourteenth and Fifteenth Centuries, ed. Catherine Villers (London: Archetypes Publications, 2000), 77–87; Manuela Krieger, Grisaille als Metapher. Zur Entstehung der Peinture en Camaïeu im frühen 14. Jahrhundert (Vienna: Holzhausen, 1995); Molly Teasdale Smith, “The Use of Grisaille as a Lenten Observance,” Marsyas 8 (1957): 43–54. 79 The former term, “stone color” or “steinfarben,” is seen for the first time in 1508 in reference to Dürer’s description of the grisailles adorning the outer wings of his Heller Altarpiece. For more, see the corresponding footnote in Kemperdick’s current contribution, in which he ascertains that the work is not attempting to mimic stone; “steinfarben” or “stone color” can therefore be seen purely as the designation of a color. Several recent publications have come out on the color gray, including, e. g. Die Farbe Grau, ed. Magdalena Bushart and Gregor Wedekind (Berlin/Boston: DeGruyter, 2016); Bildwelten des Wissens. Graustufen, ed. Horst Bredekamp, Matthias Bruhn and Gabriele Werner (Berlin: Akademie Verlag, 2011), Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik 8,2 (2011); John Gage, Kulturgeschichte der Farbe von der Antike bis zur Gegenwart (Ravensburg: O. Maier, 1994), 11–16; Gray is the Color. An Exhibition of Grisaille Painting, 13th–20th Centuries, exh. cat. Rice Museum, Houston/Texas 19.10.1973–19.1.1974 (Houston: Rice University Institute for the Arts, 1974). 80 The term “doodverven” can be found in reference to a monochrome study or underdrawing in Dutch tracts. This kind of underdrawing ultimately forms the picture’s mid-tone, determining the distribution of chiaroscuro. A prominent example is Jan van Eyck’s St. Barbara; on the term “doodverven,” see Melion, Shaping the Netherlandish Canon, 65, and Heyder's entry in the present book, 81–82.



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concept. Even if chiaroscuro were exclusively considered in its relation to rilievo, there would still be irregularity in emphasis or focus, particularly when the dualisms of light and shadow or black and white are at play. In some instances, the natural fall of light and shadow is decoupled from the formation of rilievo (Cennini) and, in others, there exists an indissoluble connection – which, as seen in Alberti, is defined through the accidental quality of light or, following Vasari, oriented also on the construction of a picture’s foreground, center, and background. This influences how one is to understand the function of chiaroscuro: as not only affecting the individual bodies and objects in a painting but also as making reference to the whole picture arrangement. For Vasari, this totality also encompasses the formation of the rilievo, which enables him to ultimately define chiaroscuro as a mode of representation in monochrome painting. Monochromy is also a point of discussion among the earlier authors, especially in its relation to the painting and artists of antiquity, who were among the first to experiment with and become famous for it. However, Vasari is the first to conceive of monochromy as a constitutive element in the definition of an art form, ultimately making it possible for “chiaroscuro” to be established as a fixed term that can be used to describe a particular form of art or particular mode of representation within an art form.81 Such a mode ultimately forges a link between modern and antique painting and, in so doing, conveys an idealization of the former.82 It also proposes a relation between monochrome painting and another art form, medium, particular materiality, or para­ gone to the predecessors of antiquity. The formation of this relation can be abstract or downright alienating. The representative writings of the aforementioned art theorists present a range of topics related to the use of chiaroscuro, the diversity of which is reflected in the research and in the entries that comprise the following publication. Generally, the research reflects an analysis of a single aspect of chiaroscuro. This often results in an uncertainty as to whether one can speak of “chiaroscuro” when, for example, investigating the relation to “wit en swart,” in which chiaroscuro references a 81 See, in particular, the art form of chiaroscuro drawing, which Cennini addresses at greater length in ch. 15 of his Libro dell’arte and Vasari presents in chs. 16 and 36 of his Introduction to the Arts. Here, Vasari describes at length the technique of the art forms under consideration. Vasari cites those characteristics that differentiate these from other types of drawings and graphics. With regards to clair-obscur woodcut, Vasari recognizes a characteristic component that appears to imitate washed brush drawings. Regardless of whether clair-obscur graphic works, such as those of Ugo da Carpi, open yet another spectrum of mimetic associations, it is still the case that the mimetic aim of art no longer lies solely in natural reality, a colorful everyday reality, but also in another form or genre of art, which can serve as a system of reference for mimetic reproduction. Hence, when viewing art, focus is placed on the artificiality, artistry, and aesthetic of each work of art respectively. For more, see below. 82 See, for example, Sabine Blumenröder, Andrea Mantegna – Die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Gebr. Mann Verlag, 2008).

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multi-faceted semantic with respect to black and white.83 In her seminal work on light and shadow in 17th century Dutch painting, Ulrike Kern consciously avoids use of the term “chiaroscuro,” citing that the problems of illumination in 17th century Dutch art are of greater significance and emphasizing optical phenomena and the accentuation of light and shadow in the painted composition, so that, because of its multiple meanings, the term “chiaroscuro” is not useful in this context.84 In her equally fundamental work on chiaroscuro graphic works, Elizabeth Savage tests a different approach to the term “chiaroscuro,” using it to exclusively define chiaroscuro drawings as seen in Italy in the last third of the 15th century, which have been referred to with the fixed expression “chiaroscuro drawings” since Cennini.85 Her approach simplifies use of the term and is certainly aiming for uniform commitment to that usage. Other connotations of the term “chiaroscuro” would therefore need to be described separately or else require the formulation of another term. This could be a way to consider the term’s spectrum of polysemantic meanings. The following book is an attempt to confront the multiplicity of meanings related to the phenomenon of chiaroscuro, as well as the complexity conveyed by “chiaroscuro” as a term, without investing it with a particular semantic bias. This has natural consequences that could be avoided with a different approach. Hence, much of what is addressed in this collection appears, at first glance, disparate and only conditionally of correlation. How, for example, do observations on early Netherlandish grisailles relate to chiaroscuro as discussed by Alberti and Leonardo or else as seen in Chinese painting? How does this tie in with studies of clair-obscur prints, chiaroscuro drawings, terraverde or terretta murals, or even to cross-media references to graphic works and monochrome sculptures? One can indeed identify many similarities – these serve as the foundation for the contributions, approaches, questions, and hypotheses that come up in the texts, which ultimately justify the term “chiaroscuro” as the expression of an aesthetic principle. Irrespective of the particular starting points pertinent to each individual study, the following aspects are considered central to a discussion of chiaroscuro as an aesthetic 83 See, e. g., Joris Corin Heyder in the following book. 84 Kern, Light and Shade, 11–13. Kern’s work precedes from light and shade in Dutch painting and traces comprehensively and in detail how light and shade were discussed in 17th century art theory tracts and what effect they might have on the composition of light and dark and of pictorial light. 85 Printing colour 1400–1700: History, Techniques, Functions and Receptions, ed. Ad Stijnman and Elizabeth Savage (Leiden: Brill, 2015), esp. Elizabeth Savage, “Colour Printing in Relief before c.1700: A Technical History,” 23–41; [23–24]. Séverine Lepape in her entry in the following volume raises objection to this limited use of the term “chiaroscuro,” see also Naoko Takahatake’s critic in her article, “Raphael and the chiaroscuro woodcut,” in Joachim Jacoby, Martin Sonnabend, Raffael als Zeichner – Raphael As Draughtsman: Die Beiträge des Frankfurter Kolloquiums, Städel Museum, Frankfurt am Main, 2015 (Petersberg: Imhof, 2015), 167–71, footnote 1.



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principle: 1) mimesis, as it relates to the imitation of nature, but also other art forms and media, which raises questions about cross-media referencing; 2) (energetic) presence or liveliness, which can be regarded as a heightened form of mimesis. In addition to these aspects, strategies of abstraction or alienation also play a crucial role. Mimesis and alienation constitute the two critical poles between which chiaroscuro unfolds as an aesthetic principle. It is between these coordinates that chiaroscuro delivers a work of art the viewer is able to aesthetically perceive and appreciate. The principle of alienation, or abstraction, is only rarely considered in these terms. This is also the case with Vasari, who discusses successful imitation in connection with chiaroscuro as a mode of representation in monochrome painting, as well as in the context of Ugo da Carpi’s clair-obscur prints. Yet, here, it is not nature but other forms of art that serve as a system of reference for imitation. Vasari also praises heightened imitation: In monochrome (monumental) mural paintings, this concerns the appearance of a protruding presence, which the viewer can perceive even at a great distance. An “as if ” comes into the discussion on the mode of representation – as if the chiaroscuro work were an imitation of bronze, as if the clair-obscur graphic were an imitation of a painting, and so on. Should another form of art serve as reference system for a chiaroscuro work, the particular artificiality of each work of art will be respectively emphasized and brought into focus during its realization in the new medium. The chiaroscuro technique is thus exceptionally suited to the imitation of materials and their specific surface structure, which can, on the other hand, produce an abstraction and alienation that is simultaneously lauded as an especially artful technique of imitation.86 A reduction in color intensity produces an alienating effect, as it ultimately means that the viewer’s gaze is directed to the work of art itself, its style and artistic quality. Only then does the artistic character of a piece become apparent. It seems paradoxical that one and the same study can be linked to both an enhanced quality of imitation and alienation. Yet both are united by the idea that they go hand‑in-hand with higher artistry or particular aesthetic quality. This apparent paradox, within which chiaroscuro’s effectiveness as an aesthetic principle unfolds, provides the framework for the following volume. The entries have been organized into a total of four thematic areas.

86 This aspect is taken up in modern research on chiaroscuro art, whether it is in the area of prints, drawing, painting, or sculpture – wherever a monochrome figure is implied. For more, see in particular the insightful study from Magdalena Bushart, “Mediale Fiktionen: Die Chiaroscuro-Holzschnitte von Hans Burgkmair und Jost de Negker,” in Technische Innovationen und künstlerisches Wissen in der Frühen Neuzeit, ed. Magdalena Bushart and Henrike Haug (Cologne, Böhlau, 2015), 169–87. Bushart posits that difference – the dissimilarity to what is being imitated – must also remain visible in the imitation. See also Britta Dümpelmann, Veit Stoß und das Krakauer Marienretabel. Mediale Zugänge, mediale Perspektiven (Zurich: Chronos, 2012).

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Grisaille North and South of the Alps If Jan van Eyck appears to imitate monochrome sculptures in his grisailles, then one could be speaking of an effect of alienation, as monochrome sculptures were rather uncommon during his time. Sculptures were generally painted.87 This form of alienation refers to another medium.88 With this in mind, Stephan Kemperdick addresses the question of what prompted the eschewal of bright colors in early Netherlandish painting and critically discusses a notion that frequently comes up in the research, namely one that maintains that the grisailles themselves are demonstrative of the artist’s theoretical position and thereby function as “painted art theory.”89 Kemperdick determines that this debate escalated with regards to paragone and the rivalry between painting and sculpture, and asks whether such a status dispute, characteristic of the arts in 16th century Italy, is even germane to the Netherlands of the early 15th century. To this end, he makes fundamental arguments that refute the discussion of paragone in the research. Kemperdick bases his argument on the function assigned to the grisaille, in which both color gradation and effort reflect the basic, immutable hierarchy between the exterior and interior of a winged retable. A striking example can be seen in Jan van Eyck’s Gent Altarpiece. In terms of their figural representations in chiaroscuro, not all grisailles can be characterized as sculptures. In his research on grisaille miniatures from the time of Philip the Good, Joris Corin Heyder shows that these in no way correspond with the goal of a mimetic rendering of sculpture. Even other argumentations eagerly taken up in the scholarly literature on the use of figures in grisaille painting are not convincing when applied in the context of Heyder’s miniatures. They neither demonstrate a painted sculpture, serve as a reflection of exemplary form play, nor can they be under-

87 See the entries in Jan van Eyck. Grisallas (exh. cat. Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, 2009), ed. Till-Holger Borchert (Madrid: Museo Thyssen-Bornemisza, 2009). On the valuation of monochrome sculpture around 1300 see Jürgen Michler, “Materialsichtigkeit, Monochromie, Grisaille in der Gotik um 1300,” in Denkmalkunde und Denkmalpflege. Wissen und Wirken. Festschrift für Heinrich Magirius zum 60. Geburtstag am 1. Februar 1994 (Dresden: Karl M. Lipp Verlag, 1995), 197–221. 88 This has resulted in an abundance of literature in the past years that have taken up the question of paragone in relation to Dutch grisaille. For examples, see notes on the relevant literature as well as the critical look at the term “grisaille” in the introduction from Magdalena Bushart and Gregor Wedekind, “Die Farbe Grau. Zur Geschichte einer künstlerischen Praxis,” in Die Farbe Grau, ed. Magdalena Bushart und Gregor Wedekind (Berlin/Boston: DeGruyter, 2016), IX‑XX, esp. XII, footnote 19, with recent bibliographical references as well as XVI-XVIII and footnote 41 on the term “grisaille” with reference to Charlotte Schoell-Glass’ critical discussion in her essay “En grisaille – Painting Difference,” in Text and Visuality, ed. Martin Heusser et al. (Amsterdam: Rodopi, 1999), 197–204. 89 Rudolf Preimesberger’s study “Zu Jan van Eycks Diptychon der Sammlung Thyssen-Bornemisza,” Zeitschrift für Kunstgeschichte 54 (1991): 459–89, still leads the way on this subject.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

stood as grisailles, in the sense of Michaela Krieger, as material-aesthetical reflexes, a “Kostbarkeitsmetapher” (“precious metaphor”). According to Heyder, a basic trait of the grisaille is its explicit artificiality, the success of which rests on the aesthetic potential of chiaroscuro painting, which, in turn, gives rise to a new monochrome aesthetic. The author conveys the nature of this aesthetic using examples from book painting from the time of Philip the Good of Burgundy. Frank Zöllner’s study looks at Sandro Botticelli’s monochromies with a particular focus on Botticelli’s Calumny of Apelles. Here, monochromy is used as an autonomous pictorial scheme, emancipated from its usual function as an explanatory device that was, until that point, characteristic of color-reduced painting. Zöllner determines that the work does not make use of a chronotopological model or presuppose Christian notions of health in constructing an understanding of antique history. This is the case in Botticelli’s other paintings with monochromata. Rather, of interest here is fulfilling the specific requirements necessary for creating a poetically-inspired historical painting with a humanistic frame of reference. In this regard, Zöllner raises the question of why contemplation of poetically-inspired painting in the Calumny takes place with the help, first and foremost, of monochrome painting.

Chiaroscuro and Rilievo in the Context of Art History Writings The texts in the second area of inquiry deal primarily with remarks made on chiaroscuro by 15th century Italian art theorists and look at chiaroscuro within reference to related terms and additional art-theoretical concepts, in particular those on rilievo, the development of a body’s plasticity and three-dimensionality, or on forza, a powerful influence particular of presence. Jennifer Bleek reformulates the question concerning the relationship between nature and art in Alberti, making the focus of her paper a study of material dimensions in Alberti’s thought. This is the first analysis of its kind to be conducted on the subject. Consequently, Bleek considers the role of chiaroscuro and the relation of corporeality and materiality. To illustrate her insights, she looks at Andrea Mantegna’s artistic practice on the basis of his grisailles. The theory and aesthetic of mediaeval reliefs and their relationship to the early Renaissance form the starting points for Christopher R. Lakey’s study. Basing his insights on artists’ handbooks, scholastic writings on optics, as well as scholastic commentaries on Aristotle’s De Anima, Lakey claims that there are similarities to be found between the discussions of both the construction and perception of various surface layers through the division of light and shadow, and the equal use of white and black pigment. All of these texts share a common scholastic vocabulary, mostly with regards to sensory perception and the viewer’s phenomenal relations. Taken together, they define the rich semantic possibilities of the relief in the Middle Ages and purport a

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sort of sculptural imagination that ultimately forms the foundation of art theory in the early Renaissance. In treatises on optics, like in those by Witelo, for example, the categories of relief and distance, corporeality and spatial distance, are applied to an artistic discourse as categories of visual perception, among other things. Color, light, shadow, and surfaces are intrinsic to both perceiving the natural world and representing it two-dimensionally – a connection made explicit in the 15th century by authors such as Leon Battista Alberti and Lorenzo Ghiberti. In referring back to texts that address such topics prior to this time, Lakey asks how an already broad interest in aesthetics and in the impact of relief was put into artistic practice and, in doing so, undertakes a new analysis of the grisailles by Giotto and Jean Pucelle. Albert Boesten-Stengel considers the chiaroscuro relief in the work of Leonardo da Vinci and analyzes sections from Leonardo’s Trattato della Pittura, including their transmission in translations from later centuries. Boesten-Stengel discusses two motives in particular that can be found in nos. 123 and 124 of the Codex Urbinas: the beautiful colors, over which the illusionistic chiaroscuro relief takes precedence, and the relief as the main concern and soul of painting. He ties this to Aristotle’s concept of drawing and painting “without colors” by using the key term “leukographein.” Boesten-Stengel then attempts to resolve the question of whether this term describes a simple outline or a chiaroscuro by analyzing the context of the term’s usage as well as it’s reformulation by Pliny the Elder, Lorenzo Valla, and Dante Alighieri. Boesten-Stengel thus arrives at an interpretation of Leonardo da Vinci’s chiaroscuro relief as related to leukography. David Summers examines the connection between chiaroscuro and emphasis. Emphasis does not use the devices of geometric optics, the modeling of shape, or of shadow; emphasis also does not imply a source of light. Rather, it creates an intense spatial environment respective to virtual shapes within a pictorial space. Basing his analysis on what Gombrich called “the rule of Philoponus,” which states that lighter surfaces, in contrast to darker ones, appear to stand out spatially and thereby lend the pictorial representation a greater sense of spatial depth without activating the rules of linear perspective, Summers determines that black and white not only indicate a contrast in values of light and dark but can also convey a spatial contrast between near and far and thus between visibility and non-visibility. Light and dark stand in opposition to one another – here, Summers refers to the rhetorically-defined terminology of chiaroscuro – in order to mutually enhance one another, or else make each other clearer through their contrast. The antithesis functions on two levels: one rhetorically ornamental; the other structural. With respect to the second level, chiaroscuro is understood to determine the total structure of the picture’s argumentation. Through contrast, chiaroscuro can achieve a maximum of visual presence with respect to the entire scene. In his entry, Summers discusses chiaroscuro in terms of the composition and analyzes this connection in the context of Leon Battista Alberti’s



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thoughts on chiaroscuro. He places the forza di comparazione at the center of his analysis as a means to discuss the polarity of light and dark as expressed by black and white. Hu Wei treats the topic of chiaroscuro in a comparative study, contrasting prominent works from the Trecento and early Italian Renaissance with Chinese artworks of similar distinction that feature the theme of chiaroscuro. In terms of the latter, Hu Wei focuses on the difference between studied “academic” painters and court painters. While the work of the former is distinguished by having dramatically changed the line structure and chiaroscuro of Buddhist icon painting and proven itself to be deeply rooted in Confucian and Daoist thought, the court painters pursue different goals. The “academic” painters in particular attempt to express their thoughts and spirituality through their painting, much as a poet does on paper. The primary goal of their art is to express the spiritual. In addition to its abilities in shaping, the expressive style of the paintbrush proves the most impactful method for visualizing this. For centuries, both groups of painters stood in competition to one another, thereby giving rise to two distinct aesthetics and methodic approaches to painting that not only span the entire history of Chinese art but ultimately define it. The chiaroscuro of Chinese painting is not the same as that which was defined in Italian art of the Trecento and Renaissance, not least because Western and Asian art express different mimetic concepts. Chinese artists – and “academic” painters in particular – created a new kind of representative mode of chiaroscuro specific to Chinese painting.

Graphic Arts and their Intermedial Relation to Painting and Sculpture In the first two sections, chiaroscuro was analyzed primarily within the context of mimetic, aesthetic and theoretical concepts – particularly in its relation to rilievo. In the following section, the authors consider chiaroscuro first and foremost within the context of cross-media relations between diverse forms of art, such as prints, drawing, painting, and sculpture. Here, chiaroscuro is conceived of as a critical aesthetic category that enables such cross-media relations in the first place. The principle of alienation is the ultimate result. This comprises yet another thematic focal point within this section. This principle was introduced in the first section as an aspect of paragone and is expanded upon and developed here with a focus on the graphic arts and their affiliated art forms, which – much more than nature itself – serve as a system of references. In her contribution, Elvira Bojilova considers the terminological value of shading in the discourse on chiaroscuro. Because of the soft, almost sfumato-like gradations between extreme light and shadow, shading is dealt with as an aspect of “chiaroscuro” over the course of the 16th century. A concrete definition of shading or systematic theoretization of the term did not exist prior to the 16th century. In order to determine

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the terminiological value of shading, Bojilova performs a semantically-oriented interpretation that envisions a hierarchy of shading that is broken down into three modes: the shaded pen drawing, the blurred chalk drawing, and the washed drawing. These ultimately provide the basis for the canon of shading as codified in the literature (Armenini, Cellini and Borghini). At the same time, this also generates a reflection on the quality of shading that produces chiaroscuro without semanticizing “shading” as a term. Bojilova’s study spans the field of tension between shading and chiaroscuro to conclude that, in this conext, chiaroscuro can be understood as both a graphical-aesthetical as well as rhetorical vehicle of mental constitution. Iris Brahms performs in her entry a historicization of chiaroscuro as an aesthetic category before 1500 and thereby analyzes graphic techniques (like the drawing techniques of colored paper, of brush washes, or the technical conditionality of silver and metal pencils) as the condition for chiaroscuro. In addition, she investigates how chiaroscuro takes on a life of its own in finished compositions – as seen, for example, in the Basel Mount of Olives study – in order to ascertain those various aspects that bring to focus the image’s aesthetic impact within the context of its official reception outside the studio. In her consideration of chiaroscuro drawing, Brahms analyzes the integration of color into a basically uncolored medium. Lothar Schmitt takes on the genealogical development of graphic arts, in which gold printing is considered an important predecessor to chiaroscuro prints. In his article, Schmitt attempts to show what constitutes this genealogy and starts from the observation that gold printing, rather than being seen as a separate discovery in graphic printing, is instead a creative innovation initiated by Hans Burgkmair and Lucas Cranach the Elder to adapt a process of image composition known already in letterpress printing in Augsburg. In resolving these questions, Schmitt configures the woodcuts of both German artists in relation to those of Ugo da Carpi and reexamines the differentiation between Italian chiaroscuro woodcuts, which follow the character of washed drawings, and German chiaroscuro woodcuts, which were supposedly unsuccessful in this regard. Iris Wenderholm examines the medial and aesthetic use of light and dark in the example of the Pugliese triptych and, in doing so, attempts to answer the question of whether chiaroscuro is applied here as a hierarchizing principle. Wenderholm posits that a paragonal discourse is evident in Fra Bartolomeo’s monochrome wings and hypothesizes that painted and sculptural chiaroscuro are to be understood in their relation to one another. Fra Bartolomeo’s wings don’t just frame Donatello’s relief, they also reflect its specific objectness and materiality. In the Pugliese triptych, Wenderholm recognizes a medial enhancement supplied by the artfully applied dramaturgy of chiaroscuro, which seems to actively impact the space occupied by the viewer. It is because of this occurrence that chiaroscuro can ultimately be understood as a rhetorical device in the medium of the picture.



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

Emile van Binnebeke looks at how the effects of light and shadow in the 15th and 16th centuries can be described in connection with Netherlandish sculpture. In attempting to determine as correct a terminology as possible, he cites Karel van Mander’s Schilder-Boeck, which gives indication as to how light and shadow effects were described during his time and in the era before his. Binnebeke ascertains that, although Karel van Mander is explaining chiaroscuro effects, he does not use a term to describe the dynamic between light and dark. In this context, Binnebeke looks at the terminology used by Van Mander in relation to Hendrik Goltzius’ highly innovative chiaroscuro woodcuts. “Reflexie-const,” “glans,” and “wederglans” form the primary terms here and can be applied to sculpture. “Reflexie-const” was already in use as a term in the 15th century to describe the connection between sculpture and the play of light and dark. Binnebeke discusses this connection in the context of the religious debates and corresponding rhetoric of the time, which subsequently entered into the vocabulary of artists. He closes his analysis by examining the effects of light, shadow, and color on alabaster reliefs from Mechelen and on the sculpture of Utrecht from the time of Philip of Burgundy. Séverine Lepape focusses on large-format color prints in the style of Frans Floris and by Andrea Andreani. Both artists play a decisive role with regards to the perception of clair-obscur prints from around 1550. In their colored graphics, both artists convey an approximation of painting. The history of the color woodcut serves as the basis for Lepape’s representation of this cross-media relation. Lepape also considers the intermedial relation between prints and drawings, and shows how both artists use a combination of various printing blocks to enhance the impact of their clair-obscur graphics. According to Lepape, the monumental graphics produced by these artists constitute a new medium – one that sparked a new debate among the artists on the paragone. In her article, Britta Dümpelmann discusses the correlation between sculpture and graphic arts. She concentrates particularly on the issues of when color reduction is geared primarily to the values of light and dark in either media, when color is reduced to abstract from the sculpture’s own materiality and to render other materials, and when color reduction actually reveals materialities or works artfully. She raises these issues in terms of the interrelationship between color reduction, chiaroscuro, and fictionality, as well of the effect of graphic prints on aesthetic perception. Dümpelmann illustrates her analysis using the example of monochrome wood sculptures by Veit Stoß, Hans Leinberger and other artists of the Northern Alps. Her study makes clear that, in forgoing color, one is essentially witnessing a binding element between graphic arts and sculpture. She states that, because of this, the values of light and dark appear stronger and more focus is given to the transformational representation or disclosure of material values. Dümpelmann sees the binding, superordinate principle of these developments of the 15th and 16th centuries to be that of fictionality.

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Chiaroscuro Murals The collection concludes with a series of entries examining chiaroscuro murals, the first of which considers various techniques of monochrome wall painting. Central to all three pieces is the issue of chiaroscuro painting’s impact, the presence of which raises the question of the extent of its compatability with the architectonic structure. The authors of this section thus create a space to critically discuss topics related to cross-mediality. Almut Schäffner-Knoblach analyzes aspects of the technique and meaning of verdaccio painting. She concentrates on questions of historical development and coloring technique, which produces an initial effect of alienation through the use of green tones. The example of Paolo Uccello’s John Hawkwood (1436) makes clear that the material’s limitation is not the principle concern here, rather, focus is placed on the effects of illusion, of color and chiaroscuro in seemingly broken perspective, and on their role as stratagem. This impressively demonstrates how, in reducing the color to green, the represented subject can be enriched. The ambivalence between the sculptural-haptic impression, or material illusion, and the translation or abstraction of color will be measured or applied differently in accordance with the artist, object and type of representation. In her article, Mari Yoko Hara touches open the topic of presence in the artistic discourse of the Renaissance. She points to Sebastiano Serlio’s mention of this topic with regards to monochrome murals. Serlio understands chiaroscuro not only as an optical picture but also as a representation that encroaches upon the spatial aspects of an architectonic project. Because of its illusory material effect, chiaroscuro painting is seen to be in harmony with the three-dimensionality of a building. It accentuates the building it decorates. According to Serlio, chiaroscuro paintings not only make the building appear solid and decorate it, they also endow it with a great presence. Mari Yoko Hara discusses this concept of architectonic presence and relates it to the real spatial impact of chiaroscuro. Chiaroscuro modeling constructs a three-dimensional form in geometric spatial relation to not only a light source, but also to the viewer’s line of sight. Protrusions produced in this way demand a physical and direct relationship to the viewer. They localize this relationship in time and place and draw attention to the problems of orientation, temporality, and sensory perception. By representing material textures and the effects of light, monochrome works articulate situational particularities of real time and space and emphasize the here and now. Chiaroscuro paintings can activate a space in various ways. Mari Yoko Hara explains how by using the example of earlier works by Baldassarre Peruzzi. Monica Latella examines the specific functions of the so‑called istoriette di chiaroscuro as seen in the didactic fresco cycles from the time of Pope Gregory XIII (1572– 85). According to Latella, the istoriette di chiaroscuro perform a key function in the



Chiaroscuro as an Aesthetic Principle

interpretation of the painted cycle, insofar as they serve as a visual translation of holy texts. The radical change in both Roman policy and the religious situation led to a change in the function of monochrome painting. In the second half of the 16th century, monochromy was no longer used for its imitative potential, rather it was valued and applied for the quality of color. The visual dignity of chiaroscuro thus assumed much greater importance than ever before within the decorative program. In this context, chiaroscuro painting was used as a figurative medium to illuminate the difference between various narrative layers. The istoriette di chiaroscuro could be taken up to illustrate an understanding of theological problems and thereby act rhetorically as visual sermons. Due to its “eloquence,” chiaroscuro painting was thus able to reveal more about the corresponding polychromatic image than it could by itself. The absence of color means the monochrome painting cannot completely fulfill the demand of mimesis. Hence, the viewer can perceive the monochromata as being uncoupled from the representative illusion. The result of such a perception is a fracture in the spatial and temporal unity of the entire fresco. The istoriette di chiaroscuro cross the threshold into painted fiction to position themselves at the liminal point between the space of the picture and the place from which the viewer looks at it.

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Helldunkel statt Farbe Sind niederländische Grisaillemalereien eine Schwierigkeit oder eine Leichtigkeit?

Wenn im Zusammenhang mit der niederländischen Kunst des 15. und frühen 16. Jahrhunderts von Grisaillen die Rede ist, versteht man darunter durchweg eine spezifische, für die Region und den Zeitraum charakteristische Spielart des Phänomens: Die Darstellung ungefasster Steinskulpturen im zweidimensionalen Medium der Malerei. An Stelle der prachtvollen, damals wie heute bewunderten Farbigkeit altniederländischer Gemälde tritt das unbunte Chiaroscuro, das plastische Formen lediglich durch hellere und dunklere Nuancen von Grau hervortreten lässt. Freilich mag der Begriff „Grisaille“ hier zugleich irreführend wirken, denn anders als etwa in zahlreichen späteren Camaïeu-Malereien oder in Zeichnungen stellt der Farbverzicht keine Abstraktion von einer vielfarbigen Wirklichkeit dar, sondern gibt graufarbige – steinerne – Gebilde in ihren natürlichen Farben wieder, was heißt, dass solche Grau in Grau gehaltenen Bilder auch hinsichtlich ihrer Farbigkeit als hochgradig mimetisch zu begreifen sind.1 Diese offensichtliche Eigenart der niederländischen Grisaillen ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Phänomens.

1 Michaela Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei des 15. Jahrhunderts. Bemerkungen zur neue­ ren Literatur“, Kunstchronik 42 (1996): 575–88, 576: „Streng genommen ist die niederländische Grisaille überhaupt keine monochrome, sondern eine polychrome Malerei, deren Buntheitsgrad allein durch die Lokalfarbe des Darstellungsgegenstandes auf ein Minimum herabgesetzt ist.“ Eine schöne Veranschaulichung dieses Umstands bieten die beiden Grisaillen des Meisters von Flémalle im Städel Museum, Frankfurt: Der Gnadenstuhl der „Flémaller Tafeln“ steht als Bildwerk aus weißem Stein in einer Nische aus bläulichem Stein; die fingierte Statue Johannes des Täufers (Abb. 2) auf der Rückseite des „Schächerfragments“ besitzt einen goldenen Metallbaldachin, siehe Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden (Ausst.-Kat. Städel Museum, Frankfurt a. M./Staatliche Museen zu Berlin. Gemäldegalerie, Berlin, 2008), hg. von Stephan Kemperdick, Jochen Sander (Ostfildern: Hatje Cantz, 2008), Nr. 6, 8.

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In früheren Zeiten hatten derartige Malereien, die fast durchweg auf den Außenseiten von Flügelaltären zu finden sind, erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erregt. Unter den vergleichsweise reichen historischen Schriftzeugnissen zur Wahrnehmung des berühmten Genter Altars der Brüder van Eyck,2 vermutlich dem Gründungswerk der niederländischen Grisaille (Taf. I), findet sich keine einzige Bemerkung über die fingierten Skulpturen der beiden Johannes, die prominent im Untergeschoss der Außenseite zu sehen sind. Offenbar ließ sich lediglich Marcus van Vaernewijck 1566 überhaupt zu jener äußeren Schauseite des Retabels aus und sprach über die beiden Stifterfiguren, ihre unschönen Gesichtszüge und ihre altmodische Kleidung, erwähnte die gemalten Statuen zwischen ihnen jedoch lediglich als „die Heiligen, nach denen er [der jeweilige Stifter] genannt war“, ohne deren Skulpturencharakter mit einem Wort zu erwähnen.3 Selbst die im frühen 19. Jahrhundert einsetzende und bald gewaltig anschwellende moderne Forschung zur Malerei der burgundischen Niederlande kümmerte sich zunächst wenig um die Grisaillen: In dem ersten Standardwerk zu dieser Kunst etwa sprachen Joseph Archer Crowe, Giovanni Battista Cavalcaselle und Anton Springer von den gemalten Skulpturen des Genter Altars als „wenig erfreulich“, denn der angeblich auch in der zeitgenössischen Plastik herrschende „schwere Faltenwurf “ sei dort nicht durch den Reiz der Farbe ausgeglichen.4 Als eigenständiges, sogar bedeutsames Phänomen wird die Fingierung von Steinfiguren hier ebenso wenig wahrgenommen wie im Gros der nachfolgenden Literatur. Das begann sich erst mit Erwin Panofskys Standardwerk Early Netherlandish Painting von 1953 zu ändern.5 Rudolf Preimesbergers grundlegender, 1991 erschienener Aufsatz zu Jan van Eycks Verkündigungs-Diptychon der Sammlung Thyssen-Bornemisza (Abb. 1) rückte die gemalten Skulpturen dann jedoch regelrecht ins Zentrum des Interesses an der altniederländischen Malerei.6 Es mag indes kein Zufall sein, dass sich diese vertiefte Ausein­ andersetzung an einem singulären Werk entzündet hat, das die gemalten Statuen im Unterschied zu allen anderen bekannten Beispielen nicht auf der untergeordneten

2 Vgl. Der Genter Altar der Brüder van Eyck. Geschichte und Würdigung (Ausst.-Kat. Staatliche Museen zu Berlin. Gemäldegalerie, Berlin 2014), hg. von Stephan Kemperdick und Johannes Rößler (Peters­ berg: Imhof, 2014). 3 Elisabeth Dhanens, Het retabel von het Lam Gods in de Sint-Baafskathedraal te Gent. Inventaris van het kunstpatrimonium van Oostvlaanderen VI (Gent, 1965), 109. 4 J. A. Crowe, G. B. Cavalcaselle, Geschichte der altniederländischen Malerei. Deutsche Original-Ausgabe. bearbeitet von Anton Springer (Leipzig: Hirzel, 1875), 57. 5 Erwin Panofsky, Early Netherlandish Painting. Its Origin and Character, 2 Bde. (Cambridge MA: Harvard University Press, 1953), 162. 6 Rudolf Preimesberger, „Zu Jan van Eycks Diptychon der Sammlung Thyssen-Bornemisza“, Zeitschrift für Kunstgeschichte 54 (1991): 459–89.



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Abb. 1  Jan van Eyck, Verkündigungs-Diptychon, ca. 1435/38, Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza.

Außenseite, sondern als Zentrum des Ganzen im Innern zeigt.7 Geradezu im Sinne klassizistischer Topoi wird solche graue Malerei seither vielfach als adäquater Träger von theoretischen Konzepten aufgefasst, eben als würde durch den Verzicht auf die sinnliche Buntfarbe dem Ideellen verstärkt Ausdruck verliehen. Tatsächlich sind die fingierten Skulpturen, hat man sich einmal auf sie eingelassen, frappierend: Sie wirken weit „echter“, täuschen die tatsächliche Anwesenheit dreidimensionaler Gebilde viel überzeugender vor, als es die malerische Darstellung „lebendiger“ Figuren je vermöchte. Denn eine solche Illusion kann nur von leblosen, unbeweglichen Dingen hervorgerufen werden,8 und Statuen sind eben leblose Dinge, die jedoch die Form menschlicher Figuren besitzen. Deshalb eignen sie sich ebenso für das Trompe-l’œil, das vorgibt, die dargestellten Dinge wären durch ein räumliches Kontinuum mit dem Betrachter verbunden oder ragten sogar in dessen eigenen, realen Raum hinein – letzteres wird insbesondere in dem genannten Verkündigungs-Dipty­ chon des Jan van Eyck auf subtilste Weise realisiert.9 In diesem Punkt gleichen die gemalten Plastiken den augentäuschenden Stillleben des 17. und 18. Jahrhunderts, die

7 Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza, vgl. Elisabeth Dhanens, Hubert und Jan van Eyck (Königstein: Langewiesche, 1980), 339–43; Colin T. Eisler, Early Netherlandish Painting. The Thyssen-Bornemisza Collection (London: Philip Wilson, 1989), Kat. 3. Die Außenseiten sind hier lediglich rot marmoriert. 8 Preimesberger, „Zu Jan van Eycks Diptychon“, 481. 9 Die Plinthen der Skulpturen scheinen unten fast unmerklich über das reale, geschnitzte Rahmenprofil hinauszuragen – Jan hat durch diese minimale Überschneidung als mehr oder weniger einziger Maler den überzeugenden Effekt erzielt, wohingegen spätere Künstler die vermeintliche Überschneidung zumeist übertreiben und damit als lediglich gemalt erkennbar machen.

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ihre Wirkung ebenfalls nur entfalten können, weil die dargestellten Objekte leblos und in natürlicher Größe wiedergegeben sind. Weil sie lediglich leblose Dinge wiedergeben, wurden solche täuschenden Bilder der Barockzeit allerdings einer niederen Gattung zugrechnet, denn in Historienbild oder Porträt kann das Trompe-l’œil allenfalls eine kleine Nebenrolle spielen. Auch hinsichtlich der hierarchisch niederen Stellung gehen ihnen die fingierten Statuen der alten Niederländer gewissermaßen voraus, denn diese befinden sich gewöhnlich – vom Eyck’schen Diptychon abgesehen – auf den hierarchisch untergeordneten Außenseiten von wandelbaren Flügelretabeln. Eingangs wurde schon bemerkt, dass die Außenseiten des Genter Altars in der älteren Literatur kaum beachtet wurden, was auf diesen geringeren Status zurückzuführen sein dürfte; die kunstinteressierten Besucher wollten offensichtlich das Beste, die wichtige, prachtvolle Innenseite bestaunen. Freilich stellen die altniederländischen Grisaillen durchweg menschliche Figuren und erhabene Gegenstände dar, Heilige und in den meisten Fällen sogar ein wichtiges Ereignis der Heilsgeschichte, die Verkündigung an Maria. Sie tun dies aber eben als Bild eines Bildes des Heiligen, nicht als Bild des Heiligen selbst. Dieses offenkundige Faktum wird in jüngerer Zeit viel diskutiert und sowohl im Sinne einer impliziten Kunsttheorie als auch im Hinblick auf Frömmigkeit und Theologie der Zeit gedeutet. Hans Belting etwa meint, dass die gemalten Skulpturen auf den Außenseiten von Retabeln einen „doppelten Blick“ begründeten, indem sie als Gegenstände der irdischen Welt auf die äußere Wahrnehmung verwiesen, während die farbigen Innenseiten eines Retabels wie des Genter Altars die den Sinnen real nicht zugängliche „innere Vorstellung“ von Gott und seinen Heiligen gewährten.10 Indes lässt sich eine Unterscheidung von Irdischem auf den Außenseiten, Göttlichem auf den Innenseiten bei zahlreichen Triptychen nicht bestätigen: Schon ein frühes Werk mit fingierter Skulptur auf der Außenseite, ein nur fragmentarisch überliefertes Triptychon des Meisters von Flémalle,11 zeigte innen die Kreuzabnahme Christi, also ein irdisches, zwar lange vergangenes, aber einst mit den Sinnen wahrnehmbares Ereignis. Auf der Außenseite des Genter Altars (Taf. I) wiederum erblickt man oben ebenfalls eine Begebenheit aus der irdischen Geschichte Christi, die Verkündigung, als „reale“ Szene, wenngleich in gedämpften Farben. Und wenn die beiden fingierten Johannes-Skulpturen im Register unter dieser Verkündigung zwar stets und bis heute dem realen, empirischen Raum des Betrachters angehören könnten, gilt dies für die neben ihnen untergebrachten Stifterfiguren ebenso wenig wie für die Verkündigung und die Prophetengestalten darüber oder für die Deesis, Adam und Eva und die Heiligen auf der Innenseite des Retabels. Joos Vijdt und Elisabeth Borluut, die Stifter, gehörten nach ihrem Tod nicht 10 Hans Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, in Die Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen Malerei, Hans Belting und Christiane Kruse (München: Hirmer, 1994), 33–93, 61 f. 11 Städel Museum, Frankfurt, vgl. Kemperdick und Sander, Der Meister von Flémalle, Nr. 8.



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mehr zur empirischen Welt des Betrachters, zum Hier und Jetzt12 – einmal ganz abgesehen davon, dass sie, wie alle Stifterfiguren in Gemälden, sich an einem Ort befinden, den lebende Menschen nicht einnehmen können; zeitgenössische Betrachter werden ebenso wenig wie wir heute gemeint haben, die beiden betenden Gestalten in einer Situation aus der realen Welt zu erblicken. Außen- und Innenseite eines Wandelretabels konstituieren also nicht per se einen Unterschied zwischen irdischen, sinnlich wahrnehmbaren und jenseitigen, nur seelisch zu schauenden Gegenständen. Man kann sich weiterhin fragen, ob ein Zeitgenosse, der Jan van Eycks viel zitiertes Diptychon zwecks frommer Meditation betrachtete, in den gemalten Skulpturen eine andere Aussage über die Verkündigung fand, als wenn er dort Gabriel und Maria als „lebende“ Figuren gemalt erblickt hätte – so wie man in zahlreichen Werken der Epoche, etwa auf Jans Washingtoner Flügelbild,13 die Verkündigung in natürlichen Farben und oft mit zahlreichen realistischen Details sehen kann. Eines dagegen wird man im Hinblick auf das Diptychon van Eycks feststellen können: Es ist ein äußerst künstliches und kunstreiches Werk, das fingierte Skulpturen an einer Stelle zeigt, wo weder echte noch gemalte Bildwerke zu erwarten wären. Der Überraschungseffekt, den das Diptychon dem zeitgenössischen, mit hochgradig mimetischen Bildern noch wenig vertrauten Betrachter beim ersten Aufklappen geboten haben muss, lässt sich vermutlich kaum hoch genug einschätzen: Zwischen den flachen Holzdeckeln, wo nichts Voluminöses Platz findet, kommen ihm plötzlich vollrunde, greifbar scheinende Statuetten entgegen. Dieser Effekt, der bislang noch wenig hervorgehoben wurde, scheint äußerst bedeutsam. Er glich vermutlich jener Überraschung, die die Brüder Limburg, die berühmten Buchmaler, ihrem Dienstherren, dem Duc de Berry, am Neujahrstag des Jahres 1411 bereiteten:14 Sie schenkten dem großen Bibliophilen ein Buch, das sich aber, als er es, begierig auf die Miniaturen, öffnen wollte, als ein täuschend echt bemalter Holzklotz erwies. Berry war indes nicht verärgert, wie die Quelle ausdrücklich berichtet, sondern hoch erfreut von dem Kunststück. Die Brüder Limburg wie Jan van Eyck spielten mit einer Erwartungshaltung und bedienten sich jeweils eines relativ kleinen, kostbaren Gegenstands, um ihre Kunstfertigkeit vorzuführen. Jan ging mit seinem Diptychon freilich subtiler und weit kunstreicher vor. Er zeigt sich gleichsam als Zauberer, der einen Gegenstand dort sichtbar werden lässt, wo dieser real nicht existieren könnte. Dass diese Demonstration von künstlerischem Genie den religiösen Zwecken einer Verkündigungsdarstel12 So bereits Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei“, 583. 13 The Road to Van Eyck (Ausst.-Kat. Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, 2012), hg. von Stephan Kemperdick und Friso Lammertse (Rotterdam: Museum Boijmans Van Beuningen, 2012), Nr. 83. 14 Die Brüder von Limburg. Nijmegener Meister am französischen Hof (1400–1416) (Ausst.-Kat. Museum het Valkhof, Nijmegen, 2005), hg. von Rob Dückers und Pieter Roelfs (Stuttgart: Belser, 2005), 22.

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lung förderlich war, leuchtet allerdings weniger ein. Die Möglichkeiten des Künstlers wie auch der Malerei an sich stehen im Vordergrund, weshalb Preimesbergers Auffassung von dem Diptychon als einem explizit als Kunstwerk zu begreifenden Stück plausibel ist. Jan van Eycks Verkündigungs-Diptychon ist jedoch weder der Ausgangspunkt der Skulpturenmalerei in den Niederlanden noch eines ihrer typischen Beispiele. Vielmehr hat der Maler, schon um die Mitte der 1430er Jahre, diese vielleicht von ihm selbst kreierte Darstellungsweise hier gleichsam abgewandelt und ihrem ursprünglichen Zweck entfremdet. Und auch die Kunstfertigkeit, die so deutlich aus dem Diptychon spricht, liegt letztlich nicht in der Fingierung der Skulpturen selbst begründet. Die Bewunderung für dieses kleine, so erstaunliche Werk dürfte indes wesentlich zu der Auffassung beigetragen haben, bei der Grisaille habe es sich um eine besonders anspruchsvolle Aufgabe für einen Maler gehandelt. Ausgesprochen oder zumindest implizit wird oftmals davon ausgegangen, dass die Künstler erstens mit den gemalten Skulpturen glänzten, weil diese eine difficulté vaincue, eine bewältigte Schwierigkeit, gewesen seien, und dass sie zweitens mit ihren gemalten Bildwerken die Möglichkeiten realer Plastik überboten und diese gleichsam in den Schatten ihres gemalten Chiaroscuro gestellt hätten. Die erste dieser Annahmen trifft jedoch schlicht nicht zu: Die Darstellung von Figuren in Grautönen ist erheblich einfacher als die in Buntfarben. Auch jede vollfarbige Figur wurde in Helldunkel modelliert, was, je nach Farbton, in einer unteren Farbschicht geschehen musste, auf die dann Lasuren gelegt wurden, etwa wenn ein tiefrotes Gewand in Zinnober mit dunkler Modellierung untermalt und dann mit Krapp- oder anderen Farblacken überzogen wurde, bis der gewünschte Ton oder die nötige Farbtiefe erreicht waren. Dass zudem die Abschattierung und Aufhellung von Buntfarben weit schwieriger ist als diejenige von Grauwerten, liegt auf der Hand, denn die Buntfarben müssen so abgetönt werden, dass sie ihren Farbwert behalten und nicht etwa in den Tiefen schmutzig erscheinen. Solche Erfahrungen lassen sich jederzeit leicht im Selbstversuch mit Pinsel und Farbe machen. Darüber hinaus erforderten die gezeichneten Vorstufen eines farbigen Gemäldes im 15. Jahrhundert gewöhnlich schon eine Modellierung, die den Skulpturenmalereien mehr oder weniger gleicht. Sorgsam ausgeführte Zeichnungen auf Papier nämlich, wie sie als Visierung oder „vidimus“ gefertigt wurden, gaben die Einzelheiten und die Modellierung einer Szene oder einer Figur häufig in feinstem Helldunkel. Einige wenige solcher Zeichnungen sind bewahrt geblieben (Abb. 2),15 und es wäre lediglich eine handwerkliche Aufgabe, sie in einem gleichartigen Gemälde in Schwarz-Weiß 15 Z. B. der Entwurf für ein Altarretabel mit der Kreuzigung und Szenen der Eligius-Legende, entstanden im Umkreis Rogier van der Weydens, Brüssel, um 1450; Paris, Musée du Louvre, Dép. des Arts Graphiques, Inv. 20654; siehe Altniederländische Zeichnungen von Jan van Eyck bis Hieronymus Bosch (Ausst.-Kat. Antwerpen: Rubenshaus, 2002), hg. von Fritz Koreny (Antwerpen: Rubenshaus, 2002),



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Abb. 2  Werkstatt Rogier van der Weydens, Weihe des Heiligen Eligius, Detail einer Entwurfszeichnung, um 1440, Feder auf Papier, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques.

zu vergrößern. In der uns interessierenden Zeit und Region aber galten derartige Zeichnungen nicht als Kunstwerke eigenen Rechts, sondern besaßen vornehmlich eine dienende Funktion auf dem Weg zum fertigen Werk, sei dies ein Gemälde oder eine Bildhauerarbeit.16 Jan van Eyck selbst hat uns mit seinem unfertigen Gemälde der Heiligen Barbara von 1437 zudem ein Beispiel hinterlassen, das eine sehr weitgehend in Grautönen ausgeführte und durchmodellierte Darstellung als Unterzeichnung eines farbig auszuführenden Gemäldes zeigt.17 Ein Bild in reinem Chiaroscuro ist in der altniederländischen Malerei also nicht mehr, sondern allenfalls weniger als eine vollfarbige Malerei. Solche Abstufung spricht ebenso aus einem Brief Albrecht Dürers an Jakob Heller von 1508, in welchem er seinem Auftraggeber schildert, welche Fortschritte ein von diesem bestelltes Triptychon gemacht habe:

Kat. 25; Rogier van der Weyden. Master of Passions (Ausst.-Kat. Museum M, Löwen, 2009), hg. von Lorne Campbell und Jan van der Stockt (Zwolle: Waanders, 2009), Kat. 51 (Bart Fransen). 16 Eine Skulptur etwa wird von der sorgfältigen Zeichnung des „Scupstoel“ aus dem Atelier van der Weydens vorbereitet; ein grundsätzlicher Unterschied zu einer Zeichnung, die einem Gemälde dient, ist nicht zu erkennen, siehe Koreny, Altniederländische Zeichnungen von Jan van Eyck, Nr. 23; Rogier van der Weyden. Master of Passions, Nr. 7 (Bart Fransen). 17 Es dürfte sich bei der Tafel um ein nicht ausgeführtes Gemälde, nicht um eine bildmäßige, abgeschlossene Zeichnung handeln; siehe zuletzt Kemperdick und Lammertse, The Road to Van Eyck, Nr. 85.

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„Die fliegel seindt außwendig von stainfarben außgemalt, aber noch nit gefürneist, und innen seind sie gantz undermalt, das man darauf anfang außzumellen, und das corpus hab ich mit gar großem fleiß entworfen mit länger zeut, auch ist es mit 2 gar guten farben vnderstrichen, das ich daran anfache zu vndermalen[.]“18

Dürer hatte zunächst die Flügelaußenseiten von seiner Werkstatt in Grisaille ausführen lassen und machte sich dann an die Innenseiten, wobei er selbst sich vornehmlich der Mitteltafel, des „corpus“ annahm, das zugleich den größten technischen Aufwand erforderte. Die Hierarchie eines Flügelretabels spiegelt sich ganz klar in diesen Angaben; die äußeren Grisaillen nahmen dabei den niedrigsten Platz ein. Lenken wir den Blick noch einmal auf Jan van Eycks Verkündigungs-Diptychon zurück, so liegt dessen besonderes Raffinement nicht in der Wiedergabe der steinernen weißen Statuetten oder des geäderten roten Marmors an sich, sondern in dem so überaus präzisen Austarieren von realer physischer Form des Gebildes und illusionistischer Erweiterung durch Malerei. Das subtile Verschränken von gemalten (weißen) und realen, dreidimensionalen (roten) Rahmenleisten sowie das mit höchster Präzision nur minimal angedeutete Überschneiden des unteren Rahmens durch die gemalten Plinthen bewirken das erstaunliche Trompe-l’œil. Nicht minder wirksam sind die zarten Reflexe der Skulpturen im schwarzen Marmor der Hintergründe, die indes nichts für die Skulpturenmalerei Spezifisches sind, sondern vielmehr zu den wesentlichsten und vermutlich von den Zeitgenossen am meisten bewunderten Errungenschaften Eyck’scher Kunst gehören: Reflexion, Glanz und Spiegelung finden sich in allen seinen Gemälden; diese optischen Erscheinungen wurden von zeitgenössischen Malern begierig aufgegriffen und von einem Literaten wie Bartolommeo Fazio besonders hervorgehoben.19 Wird indes die Frage nach dem möglichen Schwierigkeitsgrad der Graumalerei nur gelegentlich gestreift, ist die Vorstellung, die Maler überträfen mit ihren Grisaillen bewusst die Möglichkeiten realer Skulptur, ein Gemeinplatz der jüngeren Forschung. Mitunter beruht diese Annahme allerdings auf ungenauen Beobachtungen, die an18 Brief vom 24.8.1508, Hans Rupprich, Dürers schriftlicher Nachlass, Bd. 1 (Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1956), 66. Zu dem Werk siehe zuletzt Dürer. Kunst, Künstler, Kontext (Ausst.-Kat. Städel Museum, Frankfurt a. M., 2013), hg. von Jochen Sander (München: Prestel, 2013), 218–25. 19 Zur künstlerischen Rezeption der Eyck’schen Licht- und Oberflächendarstellung etwa Stephan Kemperdick, „Heilige mit Schatten. Konrad Witz und die niederländische Malerei“, in Konrad Witz (Ausst. Kat. Kunstmuseum, Basel, 2011), hg. von Bodo Brinkmann, Katharina Georgi, Stephan Kemperdick et al. (Ostfildern: Hatja Cantz, 2011), 32–46. Zu Fazio siehe Michael Baxandall, „Batholommaeus Facius on Painting“, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 27 (1964): 90–107. Auf die Demonstration künstlerischer Fähigkeiten in Jans Grisaillen weist Melanie Holcomb hin. Melanie Holcomb, „Virtuosity in Black and White. From Drawing to Grisaille“, in Jan van Eyck. Grisallas (Ausst. Kat. Museo Thyssen-­ Bornemisza, Madrid, 2009), hg. von Till-Holger Borchert (Madrid: Museo Thyssen-Bornemisza, 2009), 254–66, 254.



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Abb. 3  Hugo van der Goes, Portinari-Altar, Außenseite, um 1475, Florenz, Galleria degli Uffizi.

scheinend a priori von der Annahme ausgehen, die Maler wollten die Bildhauer übertrumpfen. So ist von der Heilig-Geist-Taube in Hugo van der Goes’ Verkündigung des Portinari-Altars (Abb. 3) behauptet worden, der gemalte steinerne Vogel schwebe frei über dem Haupt der Jungfrau.20 Tatsächlich aber ist er mit einem deutlich gezeigten, schattenwerfenden Steg an der Rückwand „befestigt“. Ebenso wenig schwebt die durch ihre stilisierte Form klar als steinern gekennzeichnete Taube in Jan van Eycks Diptychon (Abb. 1) – zwar könnte man das auf den ersten Blick meinen, doch kann ihre Position ebenso plausibel dadurch erklärt werden, dass sie mit einem hinter ihr versteckten Steg auf dem schwarzen Hintergrund befestigt ist. Abermals spielt der Maler hier ein raffiniertes, sehr kalkuliertes Spiel mit der Wahrnehmung; er zeigt seine Meisterschaft, indem er einen Eindruck vom Schweben des Steinvogels hervorruft, sich – in diesem Punkt – zugleich aber an das technisch tatsächlich Mögliche hält. Doch auch abgesehen von solchen Details erwecken die gemalten Bildwerke beim modernen Betrachter offenbar häufig das Gefühl, überzeugender bzw. „lebendiger“ als reale Skulptur des 15. Jahrhunderts zu sein. Hatten Crowe und Cavalcaselle im 19. Jahrhundert noch die Übereinstimmung der fingierten Plastik mit der realen als Kennzeichen – und Manko – der Grisaillemalereien wahrgenommen, werden heute dagegen vornehmlich die Unterschiede zwischen beiden bemerkt, beispielsweise was die Bewegtheit der grauen Figuren in Gemälden wie Hugo van der Goes’ Verkündigung oder in Grisaillen Hans Memlings anbelangt. Allerdings liegen die Formgebung und die Detaillierung der gemalten Plastiken zumeist keineswegs außerhalb der Reichweite zeit-

20 Diesen Irrtum stellt schon Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei“, 584, richtig.

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genössischer Bildhauerei.21 Ganz im Gegenteil wurden oftmals naturalistische Effekte in den Bildwerken angestrebt, Gliedmaßen von Figuren in den freien Raum geführt, Stoffbahnen durch starke Unterschneidungen wie zarte Textilien gegeben. Besonders eindrucksvoll zeigen dies sicherlich die Steinskulpturen Claus Sluters in der Kartause von Champmol, wo der Prophet Jeremias vom 1395–1404 geschaffenen Mosesbrunnen ein Buch in Händen hält,22 dessen Seiten sich wie bei einem Windhauch aufzublättern scheinen – es hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Buch der Annunziata in Hugos Gemälde, das durch seine Blockhaftigkeit, ohne Seiten, klar zu erkennen geben soll, dass es eben aus Stein bestehe und daher keine Seiten habe. Tatsächlich sehen die gemalten Skulpturen in der altniederländischen Malerei nicht aus wie die überlieferte Bildhauerei ihrer Zeit, selbst wenn man von dem offensichtlichen, bereits viel kommentierten Umstand absieht, dass echte Bildhauerwerke damals durchweg gefasst oder zumindest teilgefasst, doch nicht rein materialsichtig waren. Die gemalten Skulpturen der Altniederländer sind keine Abbildungen von einst real existierenden Bildwerken, sondern Erfindungen der Maler, wie Hans Belting treffend festgestellt hat.23 Panofsky wie Belting meinen, dass die Maler nun gleichsam selbst Skulpturen hergestellt hätten, nachdem sie zuvor nur immer die plastischen Werke der Bildhauer hatten farbig fassen müssen.24 Ob dieser gut klingende Gedanke aber tatsächlich zutrifft, bleibt die Frage. Sicherlich erscheinen die gemalten Bildwerke sehr plastisch und raumeinnehmend – aber das trifft auf die „lebenden“, vielfarbigen Figuren der betreffenden Maler ebenso zu. Die beiden Johannes auf der Außenseite des Genter Altars (Taf. I) wirken in der Gesamtform oder den einzelnen Gewandfalten nicht dreidimensionaler als die farbigen Gestalten auf der Retabelinnenseite: Die Falten im grünen Umhang des Täufers auf den oberen Mitteltafeln etwa sind kein bisschen weniger plastisch, die Gesamtform nicht weniger rund als beim herabhängenden Mantel des als Steinfigur dargestellten Evangelisten außen; und ebenso stehen die Körper der farbigen Stifterfiguren den fingierten Steinbildwerken an Rundheit und Plastizität nicht nach. Ein Unterschied liegt hier freilich in den Gesichtern, die bei den „lebenden“ Figuren zarter, eben mit Darstellung der Hautoberfläche gegeben sind, wohingegen die naturalistische Wiedergabe der Epidermis bei fingierten Skulpturen aus genau dem gleichen Grund des Oberflächenverismus fehlen muss. Die gleiche Beobachtung kann man zwischen den Grisaillen und den farbigen Figuren des Meisters von Flémalle, Simon Marmions, Rogier van der Weydens, Hugo van der Goes’ und aller übrigen machen: In puncto Räumlichkeit und Plastizität stimmen sie über21 Auch dies bereits von Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei“, 580, 584, angemerkt. 22 Kathleen Morand, Claus Sluter. Artist at the Court of Burgundy (London: Harvey Miller, 1991), 91–120, 330–49, Tf. 33, 52, 53, 56. 23 Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, 62. 24 Panofsky, Early Netherlandish Painting, 162; Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, 62.



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ein. Unterschiede, die jeweils die Erkennbarkeit der gemalten menschlichen oder steinernen Gestalt gewährleisten, betreffen hingegen Oberflächeneigenschaften – Haut gegen Stein, Haare gegen Stein, Stoff gegen Stein – und natürlich die Farbe selbst. Panofsky hat dies erkannt, wenn er rekonstruiert, dass den Malern durch die Kenntnis von steinsichtigen Skulpturen, die sie in den Ateliers der Bildhauer sahen, als sie diese selbst fassten, der Weg gewiesen worden sei, ihre gemalten Figuren, vor allem auch die „lebenden“, plastisch-skulptural aufzufassen.25 Dem Problem der möglichen Anregungen für die Maler des frühen 15. Jahrhunderts kann hier nicht nachgegangen werden. In Bezug auf die prinzipielle Gleichartigkeit der plastischen Erscheinung gemalter Menschen und gemalter Skulpturen scheint mir Panofskys Erkenntnis aber völlig zutreffend. Wenn man von dieser Erkenntnis aus noch einen Schritt weiter geht, gelangt man schließlich zu der Erklärung, warum die gemalten Skulpturen für uns mitunter „lebendiger“ aussehen als wirkliche Steinbildwerke. Nach Belting ließen sich die Maler „allmählich dazu verführen, diese gemalten Skulpturen insgeheim mit einem Leben zu erfüllen, wie es kein Bildhauer vermochte.“26 Das ist in meinen Augen richtig und falsch zugleich: Falsch insofern, als es suggeriert, die Maler hätten diese Verlebendigung speziell an den gemalten Skulpturen vorgenommen, gewissermaßen deren Seins-­Status modifiziert. Tatsächlich scheint es aber so zu sein, dass die Maler von Jan van Eyck und dem Flémaller bis hin zu Hugo van der Goes, Memling und anderen ihre fingierten Skulpturen im Prinzip exakt so gestalteten wie ihre „lebenden“ Figuren, mit anderen Worten, dass es zwischen beiden keine prinzipiellen Gestaltungsunterschiede gibt. Man kann dies sehr schön an den beiden Seiten von Simon Marmions Altarflügeln aus St. Omer von 1459 sehen: Die steinernen Propheten der Außenseite sind in der gleichen Art gebildet wie die farbigen Figuren innen (Abb. 4).27 In Hugo van der Goes’ steinerner Verkündigung des Portinari-Altars erscheinen uns die Protagonisten in der Tat lebendig und beweglich, das aber genau deshalb, weil sie in ihrer Körperlichkeit, ihren Bewegungsmotiven, ihren sprechenden Gesichtern und Händen ebenso gestaltet sind wie die farbigen Figuren der Innenseite – der Vergleich eines lebenden und schwebenden Engels der Innenseite mit dem Gabriel der fingierten Skulptur verrät dies mehr als deutlich (Abb. 3 und Taf. II). Es macht aber die Kunst Hugos und seinen Stellenwert in der altniederländischen Malerei generell aus, dass seine Figuren so lebendig und sprechend erscheinen – man vergleiche nur seine kraftvollen, aus25 Panofsky, Early Netherlandish Painting, 162. 26 Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, 62. 27 Berlin, Gemäldegalerie SMB; zuletzt Stephan Kemperdick, „Der Totentanz auf Simon Marmions Altarflügeln aus Saint-Omer in der Berliner Gemäldegalerie“, in Der Berliner Totentanz. Geschichte – Restaurierung – Öffentlichkeit, hg. von Maria Deiters, Jan Raue und Claudia Rückert (Berlin: Lukas Verlag, 2014), 144–55.

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Abb. 4  Simon Marmion, Altarflügel aus St. Bertin in St. Omer, 1459, Details: Szene der Innenseite, Teil der Außenseite, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie SMB.

druckstarken Hände mit den zumeist sehr kleinen, etwas steifen Händen eines Jan van Eyck. Was Belting als eine Eigenart der Skulpturenmalerei deutet, ist, kurz gesagt, nichts anderes als die allgemeine Entwicklung der niederländischen Malerei des 15. Jahrhunderts. Durch diesen Umstand, die prinzipielle Übereinstimmung in der Gestaltung von „lebenden“ und „steinernen“ Figuren, wird zugleich eine andere Eigenart der altniederländischen Grisaillen umso verständlicher. Alle Maler bemühen sich, bestimmte, nur der Skulptur eigene Züge möglichst deutlich darzustellen: Jan van Eyck gibt die Gewandsäume dick, wie aus Marmor, die Haarlocken als kompakte, allenfalls gerillte Gebilde, während er Haar ansonsten in feinsten Fäden herabrieseln lässt. Rogier van der Weyden bringt überall stützende Stege zwischen hinterschnittenen Details an, so aufdringlich, wie es ein ambitionierter Bildhauer sicherlich vermieden hätte. Marmion zeigt seine Skulpturen mit dicken Gewandsäumen, mit leeren, blicklosen Steinaugen, wuchtigen Spruchbändern – auch diese hätte ein Bildhauer viel geschickter unterschneiden und damit papierdünn erscheinen lassen können – und, als besonderen Clou, die Harfe des König David ohne Saiten (Abb. 4) – wo ein Bildhauer das steinerne Instrument gewiss mit Drahtsaiten versehen hätte, wie man das bei etlichen skulptierten musizierenden Engeln ja auch tatsächlich finden kann. Hugo van der Goes gibt seinen so lebendigen Grisaillefiguren zumindest steindicke Gewandsäume, lässt das Buch der Jungfrau ohne Details und verpasst der schwebenden Taube, wie erwähnt, einen Steg. Die Augen allerdings haben bei ihm, wie schon beim Flémaller und bei Rogier, doch anders als bei Marmion, Iris und Pupille und damit Blick, doch wäre dies ein Detail, das einer wirklichen Skulptur durch Bemalung leicht zugefügt hätte werden



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können.28 Durch die Hervorhebung der skulpturentypischen Eigenschaften wollten die Maler also wohl vor allem sicherstellen, dass man die von ihnen gemalten Werke auch als Skulpturen erkennt, wozu, fast unnötig zu erwähnen, natürlich vor allem Farbverzicht gehört, denn eine gefasste Skulptur lässt sich nicht darstellen, zumindest nicht ohne größtes Verwechslungsrisiko. Wie bei allen übrigen Gegenständen in ihren Bildern auch, strebten die niederländischen Maler der ersten beiden Generationen bei den gemalten Skulpturen nach einer überzeugenden Materialvortäuschung. Mit der Frage nach dem Verhältnis der fingierten Skulpturen zu echten Bildhauer­ werken und der verantwortlichen Maler zu ihren Bildhauerkollegen, öffnet sich der Themenbereich, der die jüngere Forschung zur niederländischen Grisaille prägt. Offenkundig ist es das Bild im Bild, das uns an den gemalten Skulpturen jener Tafeln fasziniert. Denn derartige Bilder geben zweierlei Dinge zugleich wieder, das Artefakt sowie die von dem fingierten Artefakt dargestellte Figur: Die Jungfrau einer als Steinbildwerk gemalten Verkündigung ist eben auch immer die Jungfrau Maria – andernfalls würde ihre Darstellung auf der Außenseite eines Retabels keinen Sinn machen. Dies gilt freilich nur, wenn die fingierte Skulptur der Hauptgegenstand des Bildes ist; wenn dagegen eine kleine Skulptur in der gemalten Architektur einer vollfarbigen Verkündigung mit „lebenden“ Figuren vorkommt – was sehr häufig geschieht –, wird sie schwerlich die Aufmerksamkeit und das Interpretationsbedürfnis auf sich ziehen. Die kleine gemalte Prophetenfigur am Häuschen der Jungfrau ist kaum etwas anderes als die übrigen Ausstattungsgegenstände im Bild,29 bei denen es sich meistens ja ebenfalls um gemalte Artefakte handelt: Möbel, Vorhänge, Bücher, Vasen usw. Indem die Malerei in den hier interessierenden Gemälden eine andere Gattung der Bildkunst wiedergibt, die Skulptur, scheint sie zugleich eine Reflexion über diese beiden Medien zu implizieren. In den wenigen niederländischen und deutschen Texten des 15. und 16. Jahrhunderts, in denen derartige Grisaillemalereien überhaupt erwähnt werden, scheint jedoch keinerlei Ansatz zu einer Medienreflexion auf. In zeitgenössischen Verträgen werden die Steinimitationen lediglich als Bilder „in Schwarz und Weiß“ bezeichnet. Somit wird die Absenz der Farbe, nicht aber die Skulpturen­ imitation als Kennzeichen vermerkt: 1434 beispielsweise erhält der Genter Maler Saladin de Stoevere Aufträge für zwei Retabel, auf deren Außenseiten er die Verkündi-

28 Und späteren materialsichtigen Skulpturen, wie denen Tilman Riemenschneiders, auch tatsächlich zugefügt wurden; vgl. Tilman Riemenschneider. Master Sculptor of the Late Middle Ages (Ausst. Kat. National Gallery of Art, Washington, 1999), hg. von Julien Chapuis (New Haven: Yale University Press, 1999), 109–11. 29 Beispielsweise in der Verkündigung von Melchior Broederlams Altarflügeln aus Champmol, Dijon, Musée des Beaux-Arts, siehe Sophie Jugie, Les retables de la chartreuse de Champmol (Gent: Snoeck, 2014).

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gung bzw. Heilige „van witten en zwarten“ zu malen habe;30 dass es sich tatsächlich um gemalte Skulpturen handelte, geht aus dem Zusatz hervor, dass die betreffenden Figuren mit gemalten „metselrie“, also Architekturelementen, Baldachinen, zu versehen seien. Als 1515 in Brügge ein großes Gemälde von Hugo van der Goes wiederhergestellt werden sollte, wurde es als „paincte de blanc et noir de la main de maistre Hughes une annonciation“ beschrieben – vielleicht sah dieses nicht erhaltene Werk ähnlich aus wie Hugos monumentale „steinerne“ Verkündigung auf der Außenseite des Portinari-Altars von ca. 1475 (Abb. 3).31 Lediglich Albrecht Dürer gebraucht in den schon erwähnten Briefen an Jakob Heller von 1508 die Bezeichnung „von stainfarb“ für die in Grisaille gehaltenen Darstellungen auf den Flügelaußenseiten eines in Arbeit befindlichen Triptychons.32 Ob dies allerdings als Verdeutschung des bei Plinius d. Ä. vorkommenden Begriffs „color lapidum“ und damit als Hinweis auf die Antike zu verstehen ist,33 scheint mir fraglich, denn der Terminus war anscheinend eine geläufige Bezeichnung für eine gräuliche Farbe.34 Es ist zudem bemerkenswert, dass die von der Dürer-Werkstatt ausgeführten Grisaillen auf den Außenseiten des Heller-Altars gerade nicht als Imitation von Skulpturen zu verstehen sind, sondern als unfarbige Bilder einer eigentlich farbigen Wirklichkeit; sie entsprechen darin der Darstellungsweise etwa von Dürers Druckgraphik. Offenbar bezeichnet „stainfarb“ für Dürer die Farbigkeit, ganz wie das „witt en swart“ in den Niederlanden, nicht aber eine Material­ fiktion. Die Quellen sind also wenig ergiebig im Hinblick auf die Grisaillen und ebenso auf das zeitgenössische Verständnis von Malerei und Maler im Allgemeinen. Dieser Mangel hat in jüngerer Zeit zur Annahme einer im Bild selbst versteckten kunsttheoretischen Stellungnahme des Künstlers geführt, die folgerichtig als „gemalte Kunsttheo-

30 Edmond De Busscher, Recherches sur les peintres gantois, des XIVe et XVe siècles. Indices primordiaux de l’emploi de la peinture à l’huile à Gand (Gent: Hebbelynck, 1859), 28–30. 31 Elisabeth Dhanens, Hugo van der Goes (Antwerpen: Mercatorfonds, 1998), 395, doc. 33; der Portinari-Altar, Florenz, Uffizien, ebd., 250–301. 32 Rupprich, Dürers schriftlicher Nachlass, 65–67. Brief Dürers an Heller, 19.3.1508, 24.8.1508. 33 Borchert, Till-Holger, „Color lapidum. A Survey of late Medieval Grisaille“, in Jan van Eyck. Grisallas (Ausst. Kat. Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, 2009), hg. von Till-Holger Borchert (Ausst. Kat. Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, 2009), 239–53, 239. 34 In dem in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts niedergeschriebenen Liber illuministrarum aus Kloster Tegernsee, Cgm 821, wird „color ladipum“ zwei Mal beschrieben, als rötlich-graue und grünlich-­ graue Mischung; siehe Der “Liber illuministrarum“ aus Kloster Tegernsee. Edition. Übersetzung und Kommentar der kunsttechnologischen Rezepte, hg. von Anna Bartl, Christoph Krekel, Manfred Lautenschlager und Doris Oltrogge (Stuttgart: Steiner, 2005), 394, Nr. 166. In dem ganz praktisch-handwerklichen Zusammenhang von Dürers Worten – welcher Heller erläutert, wie weit er mit den verschiedenen Teilen des Triptychons vorangekommen sei – dürfte ein gelehrter Verweis ohnehin kaum zu erwarten sein.



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rie“ bezeichnet wurde.35 Die fingierten Statuen in Gemälden Jan van Eycks und seiner Nachfolger erscheinen dabei als privilegierte Zeugen solcher bildlich, nicht schriftlich ausgedrückter Theorie, denn sie entsagen in ihrem Grau nicht allein den sensualistischen Farben, sondern geben vor allem das eine Bildmedium in dem anderen wieder. Die Frage nach der „gemalten Kunsttheorie“ hat sich insbesondere auf den Paragone zugespitzt, den Wettstreit von Malerei und Bildhauerkunst, der im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts literarisch formuliert wurde.36 Seit Preimesbergers Aufsatz von 1991 hat er sich auch auf dem Gebiet der alten Niederlande als Selbstverständlichkeit etabliert.37 Dennoch stellen sich die grundlegenden Fragen, ob ein solcher Rangstreit erstens überhaupt in einer nicht-literarischen Form existiert haben kann und, zweitens, ob solche Gedanken für bildende Künstler von Belang gewesen wären, wenn diese sich nicht an einem gelehrten und damit schriftlichen Diskurs beteiligt haben.38 In einem traditionellen, auf die Hierarchie der Ausstattung von Kirchen und Altären bezogenen Sinne besaßen plastische Bildwerke eine Vorrangstellung vor Gemälden. Insbesondere nahmen sie in Retabeln, die verschiedene Medien vereinten, die Mitte des Ganzen ein. Was ihnen diesen Platz sicherte – selbst in Werken mit den feinsten altniederländischen Malereien auf den Innenseiten der Flügel und Grisaillen auf deren Außenseiten39 –, war ihre Dreidimensionalität selbst, also ihr faktisches 35 Dieser Begriff erscheint bei Matthias Winner im Zusammenhang mit Courbet und dem 19. Jahrhundert wohl mit mehr Recht. Matthias Winner, „Gemalte Kunsttheorie. Zu Gustave Courbets ‚Allégorie réelle‘ und der Tradition“, Jahrbuch der Berliner Museen 4 (1962): 150–85. Bezogen auf die Altniederländer dann etwa bei Christiane Kruse, „Eine gemalte Kunsttheorie im Johannes-Veronika-Diptychon von Hans Memling“, Pantheon 54 (1996): 37–49; Heike Schlie, Bilder des Corpus Christi. Sakramentaler Realismus von Jan van Eyck bis Hieronymus Bosch (Berlin: Mann, 2002), 295–301, die allerdings zurückhaltend bleibt. 36 Zum Paragone etwa Peter Hecht, „The paragone debate“, Simiolus 14 (1984): 125–36; Wettstreit der Künste. Malerei und Skulptur von Dürer bis Daumier (Ausst.-Kat. Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 2002), hg. von Ekkehard Mai und Kurt Wettengel (Wolfratshausen: Edition Minerva, 2002); Alessandro Nova, „Paragone-Debatte und gemalte Theorie in der Zeit Cellinis,“ in Benvenuto Cellini. Kunst und Kunsttheorie im 16. Jahrhundert, hg. von Alessandro Nova und Anna Schreurs (Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 2003), 183–202; Stefan Morét, „Der paragone im Spiegel der Plastik“, in Benvenuto Cellini, 203–16. 37 Zumindest in der deutschen Forschung. Lediglich Itzel macht sich davon frei und entwirft ein Gegenmodell, das in der Grisaille ein bildreformerisches Konzept sieht. Constanze Itzel, „Der Stein trügt. Die Imitation von Skulpturen in der niederländischen Tafelmalerei im Kontext bildtheoretischer Auseinandersetzungen des frühen 15. Jahrhunderts“ (Phil. Diss. Universität Heidelberg, 2003), http://d‑nb. info/976051303/34. 38 Selbst für Italien gibt Hecht zu bedenken, dass die Paragone-Debatte offenbar eine Sache der Schriftsteller, aber weniger der bildenden Künstler war. Hecht, „The paragone debate“, 124. Ähnlich Nova, „Paragone-Debatte“, 184 f., der auf eine inflationäre, zu willkürliche Anwendung des Begriffs hinweist. 39 Als Beispiel sei das Hochaltarretabel von 1459 aus St. Bertin in St. Omer genannt, das im Innern teilgefasste Silberstatuetten, auf den Flügeln aber Simon Marmions Malereien (Abb. 4) zeigte, innen

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Sein, nicht ihre ästhetische Erscheinung. Hingegen blieben fingierte Skulpturen, auch wenn die Maler sie noch so plastisch erscheinen ließen, de facto zweidimensional. Maler konnten also, um den Gedanken von Panofsky und Belting aufzugreifen, in ihren Gemälden eben keine Skulpturen schaffen. Ästhetisch dagegen war die Malerei spätestens seit der Wende zum 15. Jahrhundert das führende Bildmedium in den Niederlanden, und so setzte sie ihrerseits Maßstäbe für die Bildhauerkunst und wurde oft deren unmittelbares Vorbild. Anspruchsvolle Skulpturen konnten von Malern entworfen werden, wie es mehrfach für Rogier van der Weyden belegt ist. Beispielsweise lieferte er den in einer Reinzeichnung erhaltenen Entwurf für ein Kapitell des Brüsseler Rathauses, den die Steinmetze dann mehr oder weniger genau ausführten.40 Ebenso entwarf Rogier den Figurenschmuck für das Grabmal des Louis de Male, der in Bronze realisiert wurde.41 Die niederländischen Maler schufen also tatsächlich Skulpturen! Deren materielle Ausführung lag zwar in den Händen anderer, doch war das bei den Grisaillen auf den Außenseiten von Retabeln oftmals ebenso, wenn diese den Assistenten des Meisters anvertraut wurden. Trotz ihrer beschriebenen traditionellen Vorrangstellung unterscheidet sich die reale Plastik des 15. Jahrhunderts im Norden jedoch in einem entscheidenden Punkt von den Skulpturen der Antike und der italienischen Renaissance: Die nördlichen Bildwerke sind nicht allansichtig. Wenn sie sich an einem so hervorragenden Ort wie der Mitte eines Altarretabels befanden, waren sie als Reliefs oder reliefhafte Vollskulptur gestaltet, die auf architektonischen Basen ruhten und von Baldachinen überfangen wurden. Gleiches gilt für große Steinskulpturen an Kirchen- und Rathausfassaden oder für die Figuren, die mit dem Rücken an der Tumba eines Grabes befestigt waren, oder für die zahlreichen in Stein gemeißelten Epitaphien, die oftmals bildhafte (und mitunter auch nach dem Vorbild von zweidimensionalen Bildern gestaltete) Szenen in voller Polychromie aufwiesen.42 Damit fällt im Norden ein zentrales Argument des italienischen Paragone weg, nämlich dass Skulpturen verschiedene Ansichten einer Figur ermöglichten; einige italienische Maler suchten dem zu begegnen, indem sie ihren flachen Bildern mit Hilfe von Spiegelungen und ähnlichem ebenfalls eine Mehransichtigkeit der Gestalten beigaben. So malte Giorgione angeblich einen Heiligen farbige Legendenszenen, außen fingierte Skulpturen, Kemperdick, „Der Totentanz auf Simon Marmions Altarflügeln“. 40 Zur Zeichnung des sogenannten Scupstoel und dem teils erhaltenen Kapitell siehe Koreny, Altniederländische Zeichnungen von Jan van Eyck, Nr. 23; Campbell, Rogier van der Weyden, Nr. 7 (Bart Fransen). 41 Vgl. Lorne Campbell, „Rogier as a Designer of Works of Art in Media other than Oil on Panel“, in Rogier van der Weyden in Context. Papers presented at the Seventeenth Symposium for the Study of Underdrawing and Technology in Painting held in Leuven. 22–24 October 2009, hg. von Lorne Campbell, Jan van der Stock, Catherine Reynolds und Lieve Watteeuw (Leuven: Peeters, 2012), 23–43, 24–27. 42 Vgl. Douglas Brine, Pious memories. The wall-mounted memorial in the Burgundian Netherlands. Studies in Netherlandish Art and Cultural History 13 (Leiden: Brill, 2015).



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Georg, der sich in einem Bach und der polierten Rüstung so spiegelte, dass man ihn zugleich von mehreren Seiten sehen konnte, und Ähnliches mag für Werke wie ein Porträt von Savoldo gelten, in dem man einen Mann von vorne und, mittels eines gemalten Spiegels, auch von der Seite sehen kann.43 Gewiss dienen auch die Spiegelbilder in Jan van Eyck Verkündigungs-Diptychon dazu, mehr Ansichten als den frontalen Blick zu bieten, wobei diese jedoch sehr fragmentarisch bleiben. Nur wird man daraus keinen Wettstreit mit der Skulptur ableiten können, wenn der Gedanke eines solchen Paragone nicht, wie im Falle Savoldos, für die den Maler umgebende Kultur belegt ist.44 Im schwarzen Stein sieht man den Hinterkopf der Skulptur der Jungfrau, und den Zeitgenossen, die vielleicht noch nie ein gemaltes Spiegelbild erblickt hatten, muss auch dies wie Zauberei vorgekommen sein – es sei noch einmal auf Fazios fast ungläubiges Staunen über den Spiegel verwiesen, mit dessen Hilfe man in einem verlorenen Frauenbad von der Hand Jan van Eycks die Badenden, die man von vorne sah, zusätzlich von hinten erblicken konnte.45 Das muss ähnlich wie in Jans Londoner Arnolfini-Doppelbildnis von 1434 gewirkt haben,46 wo der Konvexspiegel im Zentrum ebenso die Protagonisten von hinten zeigt, zudem aber bekanntlich auch zwei kleine Gestalten, die außerhalb des Bildes, an der Stelle des Betrachters stehen. Diese Spiegelbilder zeigen größte Meisterschaft und verraten eine ganz frische Beobachtung von optischen Erscheinungen. Ohne Zweifel versucht der Maler die Möglichkeiten der Malerei zu erweitern, indem er der üblichen, frontalen Ansicht der Gegenstände noch eine zweite, durch Spiegelungen erzeugte zugesellte. Mittels des Spiegels im Arnolfini-­ Bildnis gelingt es ihm sogar, etwas vor dem Bild Befindliches, gleichsam uns, die Betrachter selbst in die Darstellung mit hineinzunehmen. Jan van Eyck wird sich bewusst gewesen sein, damit etwas in der Malerei nie zuvor Dagewesenes erzielt zu haben, womit er seine überlegene „science“, seine „Wissenschaft“ bzw. Kunst im modernen Sinne, bezeugte.47 Aber das alles hat mit Bildhauerei gar nichts zu tun. Im Zusammenhang mit der Paragone-Diskussion sei zudem ein selten thematisierter, doch wichtiger Punkt angesprochen: Wenn ein Maler die Überlegenheit seines Mediums gegenüber der Skulptur darstellen wollte, wäre es unsinnig gewesen, das durch das Fingieren von Bildwerken zu tun. Gerade die farbigen Gemälde zeigten doch, wie leicht und perfekt sie etwas wiedergeben konnten, das in der Skulptur allein durch die Fassung, also wiederum nur durch Malerei, zu bewerkstelligen war; darüber hinaus aber konnte sie auch Phänomene wie Lichtschein oder Durchsichtigkeit zeigen, 43 Hecht, „The paragone debate“, 125–27, Abb. 1; Morét, „Der paragone im Spiegel der Plastik“, 210, und weitere Beispiele dieser Art. Savoldos Bild des sogenannten „Gaston de Foix“ im Louvre, Paris. 44 Dies die Vermutung von Preimesberger, „Zu Jan van Eycks Diptychon“, 480 f. 45 Baxandall, „Batholommaeus Facius on Painting“. 46 Lorne Campbell, The Early Netherlandish School (Ausst.-Kat. National Gallery, London, 1998), 174–211. 47 Vgl. Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, 62 f.

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die ganz und gar jenseits der Möglichkeiten der Plastik liegen. Allem Anschein nach haben jedenfalls auch die italienischen Maler, die zum Paragone in eigener Sache Stellung nehmen wollten, dies nicht durch das Malen von Skulpturen getan, wie das erwähnte exemplarische Beispiel des Heiligen Georg von Giorgione deutlich macht. Ein Paragone im Sinne der italienischen Kunsttheorie kann daher in meinen Augen für die altniederländische Malerei nicht angenommen werden. Eine alternative, für jene nördlichen Regionen spezifische Spielart dieses Wettstreits ist indes von Michaela Krieger rekonstruiert worden, die dabei gleichsam eine Synthese aus Preimesbergers italianisierendem Modell und Beltings Überlegungen zum „doppelten Blick“ in der religiösen Malerei der burgundischen Niederlande versucht hat.48 Das resultiert in einem gegenteiligen Konzept zu demjenigen Preimesbergers: Die Malerei zeige ihre Überlegenheit nicht dadurch, dass sie die Plastizität und Räumlichkeit der Bildhauerei emuliere, sondern im Gegenteil dadurch, dass sie eben diese Eigenschaften der Skulptur als etwas „grob Materielles“ degradiere. Die farbige Malerei zeige, in Beltings Sinne, die überirdische Vision, während die Skulptur als dem rein Irdischen verhaftet abgewertet würde. Die in den Grisaillen betonten materiellen Aspekte der gemalten Skulptur – Steinfarbe, Stege, dicke Saumkanten etc. – würden also der Denunzierung dieser Bildkunst dienen.49 Kriegers These würde bedeuten, dass die Maler sich ihren angeblichen „Gegner“ in einer Art von selbstgemachtem Zerrbild zurechtstutzten, das dessen Schwächen besonders betont.50 Solches Vorgehen ist sicherlich in politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen gang und gäbe. Aber als Wettstreit der Künste? Zumal die besagten Grobheiten die reale Plastik, zumindest ab einem bestimmten Qualitätsniveau, gar nicht kennzeichneten. In einem großen Altarretabel hätte ein solcher Ansatz sich zudem selbst ad absurdum geführt, wenn außen die als materiell denunzierten, doch gemalten Bildwerke zu sehen waren, im kostbaren Innern aber reale vergoldete Schnitzwerke glänzten. Die Argumentation entsteht offenbar nur darum, weil auch Krieger nicht von der Vorstellung lassen kann, es müsse partout ein Wettstreit zwischen den verschiedenen Kunstgattungen vorliegen. Die Paragone-Idee hat sich in der Forschung zur altniederländischen Grisaille auf eine merkwürdig Weise festgesetzt. Erst 1991 explizit auf dieses Feld verpflanzt, wird sie fast durchweg als Selbstverständlichkeit akzeptiert. Sie mag dem Wunsch entgegenkommen, in den fraglichen Werken schließlich doch noch Begriffe und intellektuelle Auseinandersetzungen zu finden; zudem beruhigt sie, weil jene hoch geschätz48 Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei“, 586 f. 49 Auch Markschies meint, die Stege an gemalten Skulpturen seien ein Ironie des Malers gegenüber dem Bildhauer und dessen materiellen Beschränkungen. Alexander Markschies, „Monochrome and Grisaille. An European Overview“, in Jan van Eyck. Grisallas, 269. 50 Die Überlegungen verwundern umso mehr, als sie im selben Beitrag die Schwächen von Beltings Unterscheidung aufzeigt. Krieger, „Die niederländische Grisaillemalerei“, 583.



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ten Gemälde mit ihrer Hilfe letztlich auf antike Vorstellungen zurückgeführt werden können. Jedenfalls scheint es in der neueren Forschung kaum mehr nötig nachzuweisen oder zu diskutieren, ob es einen Wettkampf der Gattungen Malerei und Skulptur im Norden überhaupt gegeben habe: Die Existenz einer „fierce artistic rivalry between painting and sculpture“ wird aus den gemalten Bildwerken abgeleitet,51 die dadurch wiederum zum „Argument“ oder sogar zur „schlagenden Waffe in der Schlacht der künstlerischen Gattungen um die Vorherrschaft“52 werden  – die Niederlande als Schlachtfeld der Kunsttheorie, die offenbar als umso ausgeprägter und aggressiver vorgestellt wird, je weniger sie in den Schriften der Zeit einen Niederschlag gefunden hat. Denn der Gedanke des Wettstreits der Gattungen kommt in keinem einzigen zeitgenössischen Schriftzeugnis jener nördlichen Regionen vor; und soweit ich sehe, taucht er auch im 16. Jahrhundert in Texten aus den Niederlanden und Deutschland nicht auf. Dies sollte schon deshalb zu denken geben, weil die Diskussion um den Paragone dort, wo es ihn wirklich gab, in Italien, vornehmlich eine Sache der Schrift war.53 Auch deshalb ist das Konzept des Wettstreits der Künste in meinen Augen nicht auf die Niederlande an der Wende von Mittelalter zu Neuzeit anwendbar. Der niederländischen Kunst des 15. Jahrhunderts fehlten schlicht die Grundlagen für einen Paragone, nämlich die Existenz von Malerei und Skulptur als autonome, selbstbewusste Gattungen. Vor allem galt dies für die Skulptur, die eben keine selbstgenügsamen, rundumansichtigen Statuen hervorbrachte. Ob es überhaupt ein Bewusstsein von unterschied­ lichen Gattungen der Kunst gab, müsste ohnehin geklärt werden – auch diese moderne, in den Akademien beheimatete Vorstellung kann nicht einfach für frühere Zeiten vor­ ausgesetzt werden. Was aber die traditionelle Rangordnung der Gattungen im Altarretabel betraf, so war sie nicht aufzuheben und sollte auch nie aufgehoben werden. Hingegen entwarfen Maler Skulpturen und fassten die von den Bildhauern geschnitzten und gemeißelten Objekte, wodurch sie diese überhaupt erst vollendeten – beide Gewerke waren somit eng verschränkt, und eine klare Gegenüberstellung zweier unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten war nicht gegeben. Ganz grundlegend dürfte zu bedenken sein, dass die Paragone-Idee an sich als ein historisches Phänomen zu begreifen ist, das an Ort und Zeit gebunden war, nämlich an bestimmte gelehrte Kreise im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts, die wiederum eng mit dem Mäzenatentum fürstlicher Höfe zusammenhingen. Eine Universalie, die dem künstlerischen Tun per se innewohnt und auch ohne konkrete Hinweise vorausgesetzt werden kann, ist sie nicht. Das soll, wie schon gesagt, nicht heißen, dass Maler wie Jan van Eyck nicht über ihr Medium und seine Möglichkeiten reflektierten. Jan scheint sich bewusst gewesen zu sein und vorgeführt zu haben, dass er buchstäblich 51 Borchert, „Color lapidum“, 240. 52 Markschies, „Monochrome and Grisaille“, 270; im Original englisch. 53 Siehe Anm. 36.

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alles malen konnte, undurchdringliche Materialen ebenso wie transparente oder gänzlich körperlose Phänomene wie Spiegelungen. Und er konnte plastische Körper dort vortäuschen, wo sie tatsächlich nicht sind. Die niederländische Grisaille wird sich im Rahmen eines solchen Verständnisses entwickelt haben. Warum aber entstand diese Darstellungsform? Eine wesentliche Voraussetzung dürfte in der Funktion der Graumalereien liegen. Dabei ist es grundlegend, dass die Außenseiten von Altarretabeln, sofern diese auch auf den Flügelinnenseiten Malereien zeigten, traditionell in ihrer Pracht und insbesondere in ihrer Farbigkeit herabgestuft waren. Das gilt schon für das 14. Jahrhundert, etwa beim Altenberger Altar von ca. 1330, dessen Außenseiten weniger und billigere Farben aufweisen als die Innenseiten, die Bilder schlichter und weniger leuchtend wirkten.54 Dieser Umstand lässt sich an zahlreichen Beispielen in Deutschland nachweisen, ist für die Niederlande aber nur wenig berücksichtigt worden, vermutlich weil sich dort so gut wie gar keine entsprechenden Flügelretabel aus vor-eyckischer Zeit erhalten haben. Ein kleines Pariser Goldschmiedetriptychon der Zeit um 1400 mag das Phänomen indes auch im Westen veranschaulichen; die Emailbilder außen sind in Blau auf Gold gehalten, die der Flügelinnenseiten aber in Farben – in der Mitte befindet sich, ganz klassisch, eine Skulptur.55 Diese Abstufung von Farbe und Aufwand reflektiert die grundlegende, unwandelbare Hierarchie zwischen dem Äußeren und dem Inneren eines Flügelretabels – dem alltäglichen, eher bescheidenen Anblick folgt bei der Öffnung an wenigen hohen Feiertagen der Glanz. Wenig Farbe oder sogar Grau war also für die Außenseiten eines Retabels angezeigt, und sicherlich erwarteten die Auftraggeber dieses auch. An der Außenseite des Genter Altars (Taf. I) sieht man, wie Jan van Eyck das Problem bei der  –  natürlich von den Stiftern verlangten  – Verkündigung zu lösen suchte: Er reduzierte die Farbigkeit auf das Notwendigste, indem er die Protagonisten in weiße Gewänder kleidete und den Raum in den Naturfarben von Holz und Stein beließ. Mit dieser Verkündigung bewegte sich der Maler also ganz im Rahmen der Tradition – sie war keine sekundäre, auf die farblosen fingierten Skulpturen im Untergeschoss reagierende Gestaltung,56 sondern entsprach vielmehr der seit Langem

54 http://www.staedelmuseum.de / sites / default / files / download / altenbergeraltar_roentgenfluoreszenz-­ untersuchung_onlinepublikation.‌pdf. Teasdale-Smith hat 1959 in einem bekannten Aufsatz den Farb­ verzicht der Grisaille liturgisch gedeutet und mit der Fastenzeit, in der die Retabel geschlossen waren, in Verbindung gebracht. Indes ist das m. E. zu eng gefasst, denn die Retabel blieben den größten Teil des Jahres geschlossen. Die reduzierte Farbigkeit außen hat daher weniger mit der Fastenzeit als mit der grundlegenden Abstufung der Prächtigkeit zwischen Innen und Außen zu tun. Molly Teasdale-­ Smith, „The Use of Grisaille as a Lenten Observance“, Marsyas 8 (1959): 43–54 55 Rijksmuseum Amsterdam, siehe Kemperdick und Lammertse, The Road to Van Eyck, Kat. 22. 56 Solches scheint Belting, „Die Erfindung des Gemäldes“, 61, zu vermuten, der in der farbreduzierten Verkündigung offenbar eine Reaktion auf die Grisaillen darunter sieht.



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etablierten Darstellungsform für Retabelaußenseiten.57 Eine weitere wichtige, doch selten wahrgenommene Tradition, der die niederländischen Grisaillen folgten, lag zudem darin, die Flügelaußenseiten eines großen Retabels als monumentale Steinarchitektur zu gestalten: Bereits der Oberweseler Goldaltar oder der Kölner Klarenaltar, beide um 1350 entstanden, geben die Außenseite durch Steinfarbe und gemalte Fugen ganz dezidiert als eine gemauerte Wand, in der sich die Nischen mit den Figuren öffnen.58 Diese Figuren sind vollfarbig, werden jedoch offenbar als Reduktionsform der bunteren bzw. geschnitzten Figuren im Innern begriffen. Im unteren Geschoss seiner Außenseite aber zeigt der Genter Altar bildfeldgroß zwei fingierte Skulpturen. Es ist die innovative Möglichkeit, die traditionell geforderte Farbreduktion der Außenseite mit den neuen mimetischen Mitteln der Eyck’schen Malerei zu verbinden. Jan van Eyck oder sogar sein 1426 gestorbener Bruder Hubert – die Entstehungsgeschichte des Werks ist hochgradig umstritten – mag auf die gemalten Bildwerke statt auf „lebende“ Heilige verfallen sein, um die Farbreduktion der Außenseite zu bewahren. So musste er lediglich die vollfarbigen Stifter integrieren, was mit der gemalten Architektur machbar war. Zwei naturfarbene Heilige dazwischen aber hätten das gesamte untere Register zu einer bunten Angelegenheit gemacht. Aufgrund dieser Kombination der traditionellen mit der ganz neuen Variante der Farbreduktion ist die äußere Schauseite des Genter Altars heterogen, und dies scheint mir ein starker Hinweis darauf zu sein, dass es sich bei dem großen, bald schon höchlich bewunderten Retabel tatsächlich um ein Experimentierstück und das Gründungswerk der neuen Steinmalerei handelt. Der geniale Gedanke – und irgendjemand muss ihn zu einer bestimmten Gelegenheit gehabt haben – eine steinerne Skulptur zu malen, könnte hier erstmals aufgetaucht sein. Jedenfalls kam dabei wiederum eine längst etablierte Tradition ins Spiel, nämlich die in den Niederlanden und Deutschland fest verankerte Gewohnheit, Bildwerke innerhalb eines gemalten Bildes in Steinfarbe, Grau, wiederzugeben und dadurch als Artefakt kenntlich zu machen – so verfuhren schon Melchior Broederlam um 1395, der westfälische Berswordt-Meister um 1400 und zahlreiche franko-flämische Buchmaler, darunter die Brüder Limburg in ihren Belles Heures von ca. 1405–10, aus deren Verkündigung (Abb. 5) die van Eycks offenbar auch Anregungen für ihre Genter Variante des Themas zogen.59

57 Als schönes frühes Beispiel sei die Verkündigung in Naturfarben, doch starker Farbreduktion durch weiße Gewänder im Dortmunder Berswordt-Altar von ca. 1395 genannt, siehe Kemperdick und Sander, Der Meister von Flémalle, 119; Kemperdick und Lammertse, The Road to Van Eyck, 92, Abb. 7. 58 Zu den Werken siehe Wolf Norbert, Deutsche Schnitzretabel des 14. Jahrhunderts (Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002), 94–94 und 95–121. 59 Jugie, Les retables de la chartreuse de Champmol; Dückers, Roelfs, Die Brüder von Limburg, Abb. auf Seite 151 u. passim; zum Bezug zu den Eycks Otto Pächt, „Panofsky’s ‚Early Netherlandish Painting‘“, The Burlington Magazine 98 (1956): 110–16, 267–79, 114 f., Abb. 116 f.

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Abb. 5  Brüder Limburg, Verkündigung, Belles Heures des Jean des Berry, um 1405–09, New York, The Metropolitan Museum of Art, Cloisters Collection, Acc. no. 54.1.1., fol. 30v.

Aus der traditionellen Aufgabe einerseits, dem geläufigen Standard für die Darstellung von Skulpturen andererseits könnte also die niederländische Grisaille entstanden sein. Es hätte gleichsam genügt, die kleinen gemalten Skulpturen innerhalb von größeren Szenen zum Hauptgegenstand eines eigenen Bildfeldes zu erheben. Die Skulpturendarstellung wäre keine Schöpfung ex nihilo, sondern eine geniale Synthese. Jan van Eyck wollte in solchen auf Chiaroscuro reduzierten Bildern nun in der Tat seine Meisterschaft demonstrieren. Doch nicht so sehr wegen der eher geringen Schwierigkeit der Ausführung, und ebenso wenig als einen Wettkampf mit der Skulptur. Es scheint mir vielmehr genau der hier möglich gewordene, frappierende Illusionismus zu sein, der für den Maler attraktiv war und der sich allein in dieser Darstellungsform mit menschlichen Figuren verbinden ließ. Und vielleicht war es für ihn ebenso attraktiv, dass diese so frappierend „echten“ Darstellungen im bescheidenen Gewand der Graufarbigkeit daherkamen, ebenso wie sein Motto „AΛΣ.ΙΧH.ΧAN“, „so gut ich es vermag“, höchsten Stolz in Bescheidenheit verhüllt. Dass die als Steine gegebenen Heiligen zugleich in ihrem Realitätsgrad herabgestuft wurden, war im Zusammen-



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hang der Flügelretabel kein Problem, im Gegenteil: Dies entsprach der Tradition, nach der die „realeren“ Skulpturen in das Innere gehörten und Malereien auf Flügelaußenseiten oft sogar durch Farbreduktion weit stärker abstrahiert wurden als auf den Innenseiten. Der Illusionismus der gemalten Skulpturen ist jedenfalls der entscheidende Punkt in dem anscheinend einzigen zeitgenössischen Text, der sich über derartige Grisaillen auszulassen scheint. In dieser schon 1463 verfassten Beschreibung der Lukaskapelle an der Hauptkirche von Valenciennes wird das von Simon Marmion gemalte Retabel besonders gelobt und so ganz und gar als Kunstwerk, um nicht zu sagen Kunststück, wahrgenommen, dass nicht einmal seine Ikonographie erwähnt wird. Die Stein­ imitation aber beeindruckte den Verfasser dermaßen, dass nur ein anderes Detail sie übertreffen konnte, exakt das in der neuen niederländischen Malerei seit van Eyck am meisten bewunderte Phänomen, die Wiedergabe von Licht und Glanz: „Die Altartafel der besagten Lukaskapelle stammt von dem exzellenten Handwerker Marmion, sehr großer Bewunderung würdig; einzigartig in der Draperie, die von flacher Malerei ist, von der man aber schwören könnte, dass sie weißer Stein sei, wenn man nicht von ganz nahe hinsieht, und besonders hervorzuheben ist in der Altartafel die Kerze, die zu brennen scheint.“60

60 Denis Coekelberghs, „Les Grisailles de Van Eyck“, Gazette des Beaux-arts 71 (1968): 79–92, 80; meine Übersetzung nach dem französischen Original ebd.

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Peint à ymaiges de blanc et de noir Beobachtungen zum chiaro e scuro der Grisaille in der niederländischen Buchmalerei

In Grisaille gemalte Miniaturen gehören zu den markantesten künstlerischen Zeugnissen der niederländischen Buchmalerei zur Zeit Philipps des Guten und sind in Spielarten bis weit ins 16. Jahrhundert geläufig. In der Literatur über die monochrome Malerei des Mittelalters und der frühen Neuzeit haben sie allerdings bislang kaum eingehendere Deutung erfahren. Rasch drängt sich der Eindruck auf, die etwa von Jan Tavernier,1 Willem Vrelant2 oder Simon Marmion3 gemalten Grisaillen widersetzten sich bislang erprobter Erklärungsmuster: Weder liegen hier gemalte, von einem bild-

1 Obgleich Jan Tavernier zahlreiche Grisaillehandschriften illuminierte, stand das heute in Den Haag aufbewahrte Stundenbuch für Philipp den Guten (MMW, 76 F 2) stets im Zentrum der Aufmerksamkeit, Gerard Isaac Lieftinck, „Grisailles in the Book of Hours of Philip the Good in the Hague and the Master of Mary of Burgundy“, Oud-Holland 85 (1970): 237–42. Anne Korteweg hat die komplexe Genese des Stundenbuchs in einer beeindruckend scharfsinnigen Analyse aufgearbeitet, Anne S. Korteweg, „The Book of Hours of Philip the Good, Duke of Burgundy, in the Hague and Its Later Adaption“, in ‚Als ich can‘. Liber Amicorum in Memory of Professor Dr. Maurits Smeyers, hg. von Bert Cardon und Jan Van der Stock (Paris et al.: Peeters, 2002), 758–71. Sophia Rochmes entwickelte ausgehend von dieser Handschrift jüngst die Vorstellung eines „Burgundian court style of Grisaille“, der unmittelbar an die Person Philipps des Guten gebunden gewesen sei, Sophia Rochmes, „Philip the Good’s Grisaille Book of Hours and the Origins of a New Court Style“, Simiolus 38 (2015): 17–30, 28. Das Interesse an der Grisaillemalerei des Buchmalers spiegelt sich ferner in populäreren Darstellungen, etwa von Daniele Guernelli, „Il mondo in bianco e nero. Jean le Tavernier“, Alumina 46 (2014): 14–23. 2 Zahlreiche Beispiele der Grisaillemalerei Vrelants diskutiert: Bernard Bousmanne, ‚Item a Guillaume Wyelant aussi enlumineur.‘ Willem Vrelant. Un aspect de l’enluminure dans les Pays-Bas méridionaux sous le mécénat des ducs de Bourgogne Philippe le Bon et Charles le Téméraire (Turnhout: Brepols, 1997), passim. 3 Einen Überblick zu Marmions Grisaille-Stundenbücher mit Referenz zur älteren Literatur bietet Till-­ Holger Borchert, „Catálogo“, in Jan Van Eyck. Grisallas (Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, 3.11.2009–­ 31.1.2010), hg. von Till-Holger Borchert (Madrid: Fundación Colección Thyssen-Bornemisza, 2009), 120–219, vor allem: Kat. Nr. 13, 182–89 sowie Kat. 14, 190–95.

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theoretischen Diskurs inspirierte Imitationen von Stein vor, wie sie Constanze Itzel für die niederländische Tafelmalerei des 15. Jahrhunderts vorschlug,4 noch lässt sich aus demselben Grund ein paragonales Spiel ausmachen, wie es seit Rudolf Preimesbergers Aufsatz zum Madrider Diptychon von Jan van Eyck für die gemalte Skulptur in der niederländischen Tafelmalerei kontrovers diskutiert wird.5 Auch Bestrebungen, Grisaillen ganz allgemein als materialästhetische Reflexe – als „Kostbarkeitsmetaphern“ – aufzufassen, wie es durchaus überzeugend für die vielfach monochrome französische Buchmalerei des 14. Jahrhunderts durch Michaela Krieger vorgeschlagen wurde, greifen für die zahlreichen Beispiele aus der Zeit zwischen 1450 und circa 1500 nicht.6 Denn weder die Handschriften bescheideneren Typus’, wie etwa ein jüngst von Elizabeth Moodey vorgestelltes Gebetbuch in Princeton,7 noch Luxushandschriften, wie die Miracles de Notre-Dame von der Hand des Buchmalers Lieven van Lathem8 bieten ein materialästhetisches Vexierspiel. In der Mehrzahl der Beispiele unterläuft die eindeutige Indexikalisierung der nicht auf die Nachahmung der Natur zielenden Deckfarbenmalerei ein mögliches mimetisches Potential. Vielmehr scheint den niederländischen Grisaillen ein dezidiert artifizieller Grundzug zu eignen, den Krieger treffend als Ver4 Constanze Itzel, „Der Stein trügt: Die Imitation von Skulpturen in der Niederländischen Tafelmalerei im Kontext bildtheoretischer Auseinandersetzungen des frühen 15. Jahrhunderts“ (Phil. Diss., Universität Heidelberg, 2005). 5 Rudolf Preimesberger, „Zu Jan van Eycks Diptychon der Sammlung Thyssen-Bornemisza“, Zeitschrift für Kunstgeschichte 54 (1991): 459–89. Dem Grundgedanken einer begriffs- und bedeutungsaufgeladenen, einen „stumme[n] Paragone“ unterstellenden Lesart der Grisaillemalerei Jan van Eycks schloss sich Michaela Krieger in ihrer Sammelrezeption an: Michaela Krieger, „Die Niederländische Grisaille­ malerei des 15. Jahrhunderts. Bemerkungen zu neuerer Literatur“, Kunstchronik 49 (1996): 575–88. Gegen eine Deutung der steinimitierenden Grisaille als Paragone spricht sich Stephan Kemperdick überzeugend in seinem hier erscheinenden Beitrag aus, Stephan Kemperdick, „Helldunkel statt Farbe. Sind niederländische Grisaillemalereien eine Schwierigkeit oder eine Leichtigkeit?“ in: Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip. Kunst und Theorie des Helldunkels 1300–1550, hg. von Claudia Lehmann, Norberto Gramaccini, Johannes Rößler u. Thomas Dittelbach, Bern 2018, 49–71 [63 f.]. Auf die Potentiale eines impliziten Vergleichens zwischen Skulptur und Malerei und einer Parallelisierung zur Undarstellbarkeit der Inkarnation verweist Johannes Grave in dem vor der Veröffentlichung stehenden Beitrag: „Vergleich und Inkommensurabilität. Jan van Eycks Verkündigungs-Diptychon in Madrid“, hrsg. von. Franz-Josef Arlinghaus und Peter Schuster, Bielefeld. 6 Michaela Krieger, Grisaille als Metapher: Zum Entstehen der peinture en camaieu im frühen 14. Jahrhundert (Wien: Holzhausen, 1995). 7 Elizabeth Moodey, „Variations on Grisaille in a Newly Acquired Prayerbook (Princeton Ms. 223)“, in Manuscripta Illuminata. Approaches to Understanding Medieval & Renaissance Manuscripts, hg. von Colum Hourihane (Princeton: Princeton University 2014), 47–67. 8 Pars pro toto sei auf ein Cutting in der Handschriftensammlung des J. P. Getty Museums verwiesen: Los Angeles, The J. P. Getty Museum, Ms. 103, cf. http://www.getty.edu/art/collection/objects/248414/lieven-van-lathem-jean-mielot-miniature-from-the-miracles‑of-our-lady-flemish-about-1460/[zuletzt abgerufen am: 24.9.2016].



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fremdung beschrieb.9 Zahlreiche Grisaillen konterkarieren mit ihrer – hier zunächst pauschal unterstellten10 – Finesse in der Ausführung zudem auch die Vorstellung, dass Miniaturen dieser Art, wie von Molly Teasdale Smith11 und Gloria Konig Fiero12 vorgeschlagen, unter dem Einfluss der Devotio moderna in erster Linie als Demuts- und Bescheidenheitsbezeugungen bzw., der Darstellung Marta Osterstrom Rengers folgend,13 als zeit- und kostensparende Technik einer quasi seriellen Produktion verstanden werden müssen. Auch wenn ein Zusammenhang von bestimmter Graumalerei zur Fastenzeit ebenso wenig bestritten werden kann, wie die starke Abhängigkeit der von Osterstrom Renger diskutierten Gruppe von Handschriften rund um den Meister der Delfter Grisaillen von Vorlagen, lässt sich aus den genannten Studien kein Allgemeinheitsanspruch für die niederländischen Grisailleminiaturen insgesamt ableiten. Der Beitrag unternimmt den Versuch, die verstärkte Hinwendung der flämischen und holländischen Buchmaler zur Technik der Grisaille weniger als Zeugnis eines historischen Kontinuums auszuweisen14 oder sie, wie etwa jüngst Sophia Rochmes, in ihrer Situierung in einen spezifisch höfischen Kontext zu diskutieren,15 sondern im ästhetischen Potential der Helldunkelmalerei ein entscheidendes Argument für ihren Erfolg zu suchen.

I. De blanc et de noir Kunst- oder farbtheoretische Reflexionen nördlich der Alpen, die das Phänomen der monochromen Malerei diskutieren würden, haben sich aus der Entstehungszeit der Miniaturen nicht erhalten. Die wenigen Referenzen auf Grisaillen im französischen und niederländischen Sprachraum finden sich in Rechnungen und Inventaren. Man ist geneigt, ihnen wenig Erkenntnispotential für die Klärung dieses facettenreichen ästhetischen Phänomens einzuräumen; immerhin aber offenbart eine knappe Übersicht von einschlägigen Passagen ein über die Sprachräume hinweg konstantes Ver9 Krieger, „Die Niederländische Grisaillemalerei“, 576. 10 Einwände gegen eine technische Raffinesse des Malens in Grautönen haben nicht nur Marta Osterstrom Renger, „The Netherlandish Grisaille Miniatures. Some Unexplored Aspects“, Wallraf-­Richartz-Jahrbuch 44 (1984): 145–73, hier 169–70, und Michaela Krieger in Reaktion auf Preimesbergers Vorstellung einer dafür notwendigen Meisterschaft vorgebracht, Krieger, „Die Niederländische Grisaillemalerei“, 582, sondern auch Stephan Kemperdick in seinem aktuellen Beitrag, „Helldunkel statt Farbe“, 54. 11 Molly Teasdale Smith, „The Use of Grisaille as a Lenten Observance“, Marsyas 8 (1957): 43–54. 12 Gloria Konig Fiero, „Devotional Illumination in Early Netherlandish Manuscripts: A Study of the Grisaille Miniatures in Thirteen Related Fifteenth Century Dutch Book of Hours“ (PhD diss., The Florida State University, 1980). 13 Osterstrom Renger, „The Netherlandish Grisaille“, 149–59. 14 Osterstrom Renger, „The Netherlandish Grisaille“, 147–48. 15 Rochmes, „Philip the Good’s Grisaille Book of Hours“, 27–28.

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Abb. 1  Jean Pucelle, Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, Verkündigung, 1324–28, Pergament, 9,2 × 6,2 cm, New York, The Metropolitan Museum, The Cloisters Collection 54.1.2.

ständnis der Technik als Malerei in „Weiß und Schwarz“.16 Schon im 1402 verfassten Inventar des Herzogs von Berry wird das Stundenbuch der Jeanne d’Évreux (Abb. 1) für den Gebrauch des Dominikanerordens folgendermaßen beschrieben:17 „Item, unes petites heures de Nostre Dame, nommées Heures de Pucelle, enluminées de blanc et de noir, à l’usaige des Prescheurs.“18 16 Inès Villela-Petit hat zurecht darauf hingewiesen, dass unter dieser Formulierung letztlich eine Anzahl verschiedener Phänomene verstanden wurden: „Ainsi, sous l’expression ,historié de blanc et de noir‘ qu’emploient les inventaires, se rélèvent en fait des manières très différentes: le ,style sec‘ proche du dessin, le dessin d’encre modelé, le dessin rehausé de lavis et de touches de couleurs ou grisaille teintée, la grisaille sur fond orné.“ Inès Villela-Petit, „Historié de blanc et de noir: La tradition du ,portait d’encre‘ dans l’enluminure parisienne des Xive et Xve siècles,“ in Aux limites de la couleur: monochromie et polychromie dans les arts (1300–1650), hg. von Marion Boudon-Machuel, Maurice Brock und Pascale Charron (Turnhout: Brepols, 2011), 25–34, 32. 17 Zum Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, New York, The Metropolitan Museum, Acc. No. 54.1.2, insbesondere: Barbara D. Boehm, Abigail Quandt u. William D. Wixom, Das Stundenbuch der Jeanne d’Évreux/ the Hours of Jeanne D’Evreux/le livre d’heures de Jeanne d’Évreux: Faksimile und Kommentarband (Luzern: Faksimile Verlag Luzern, 2000). Weiterführende Literatur und hochaufgelöste Abbildungen finden sich unter: http://www.metmuseum.org/art/collection/search/470309 [zuletzt abgerufen am: 25.9.2016]. 18 Jules Guiffrey, Inventaires de Jean, duc de Berry (1401–1416) (Paris: Leroux, 1894), Bd. 1, 223, Nr. A. 850.



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Abb. 2  Jean d’Orléans, Parament von Narbonne, um 1375, Seide, 78 × 208 cm, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, MI 1121.

Das verleitete etwa Barbara D. Boehm zur Annahme, mit der Wahl der Technik habe man gezielt an das schwarzweiße Habit des Ordens der Dominikaner erinnern wollen.19 Bezeichnend ist ein solcher Vorschlag vor allem deshalb, weil er ganz auf den sprachlichen Gegensatz von „blanc et noir“ abhebt, der von den Miniaturen überhaupt nicht eingelöst wird. Liturgische Textilien und Bekleidung, wie das heute prominent im Louvre ausgestellte, für den französischen König Karl V. und seine Frau Johanna von Bourbon durch Jean d’Orléans in den 1370er Jahren geschaffene Parament von Narbonne (Abb. 2),20 wurden in ganz ähnlichen Formulierungen charakteri-

19 Boehm, Das Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, 330, Anm. 42; dazu auch: Moodey, „Variations on Gri­ saille“, 47, Anm. 9. 20 Allgemein zum Parament von Narbonne, Musée du Louvre des Arts Graphiques, MI 1121: Susie Nash, „The ‚parement de Narbonne‘. Context and Technique“, in The Fabric of Images. European Paintings on Textile Supports in the Fourteenth and Fifteenth Centuries, hg. von Caroline Villers (London: Archetype Publ., 2000), 77–87 sowie Paris 1400. Les arts sous Charles VI (Musée du Louvre, 22.3.–12.7.2004), hg. von Elisabeth Taburet-Delahaye (Paris: Fayard, 2004), Kat. Nr. 8, 47–48. Zur Frage der Zuschreibung von Teilen der 1404 begonnenen Très Belles Heures de Notre-Dame an Jean d’Orléans: Eberhard König, Die Très Belles Heures de Notre-Dame des Herzogs von Berry. Handschrift Nouv. Acq. lat. 3093, Bibliothèque nationale, Paris (Luzern: Faksimile Verlag Luzern, 1992), 62–75.

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siert. In den Inventaren Karls V., seines Sohns Karl VI. und des burgundischen Herzogs Philipp des Guten heißt es etwa über die sogenannten chapelles, sie seien: „[…] de samyt blanc pourtraicte de noir […],“21 „[…] de satin blanc de pourtraiture de blanc en noire pour le karesme […],“22 sowie „[…] de satin blanc, painturé(e) de noir […].“23 Zielte das Forschungsinteresse bislang auf die Verknüpfung des Paraments mit der vorösterlichen Fastenzeit und mündete im naheliegenden Versuch, die Grisaille als konsequente Realisierung jenes auf Schlichtheit und Demut bedachten Brauchs darzustellen, die Altäre bis zum Triduum sacrum mit bemalten bzw. bestickten Tüchern zu verhüllen, so bleibt eine solche Argumentation notwendigerweise auf die religiöse Malerei beschränkt. Doch sowohl die vornehmlich französischen Arbeiten des 14. Jahrhunderts, als auch die ein Jahrhundert später gefertigten niederländischen Handschriften in Grisaille kommen etwa zu gleichen Teilen in Handschriften religiösen wie profanen Inhalts vor. Die ästhetische Anverwandtschaft der Seidenmalerei Jean d’Orléans’ im Parament von Narbonne und der Buchmalerei Jean Pucelles liegt außerdem gerade nicht in dem als Bußübung erfahrenen Verlust von Farbigkeit, sondern stattdessen im Genuss der facettenreichen Gestaltungsmöglichkeiten der Graumalerei auf kostbarem Grund. Die Reduktion geschieht bei Pucelle ebenso wie bei Jean d’Orléans nach ähnlichem Muster: In einer sicher richtigen Engführung hat Inès 21 Zweites Inventar des Königs Karl V. von 1379–80: Jules Labarte, Inventaire du mobilier de Charles V. (Collection des documents inédits sur l’histoire de France, troisième série, Archéologie) (Paris: Imprimerie Nationale, 1879), XII. 22 Inventar „Chapelles du roi Charles VI“ von 1424: Constant Leber, Collections des meilleures dissertations, notices et traités particuliers relatifs à l’histoire de France composée, en grande partie, de pièces rares, ou qui n’ont jamais été publiées séparément pour servir a completer toutes les collections de mémoires sur cette matière (Paris: G. A. Dentu, 1838), 224. 23 Inventaire des joyaux d’or et d’argent de Philippe le Bon, duc de Bourgogne, 12. Juillet 1420, Nr. 4101, Léon de Laborde, Les ducs de Bourgogne, études sur les lettres, les arts et l’industrie pendant le XVe siècle (Paris: Plon, 1851), Bd. 2, 246. Die von Smith, „The Use of Grisaille“, 44–45, entlehnte, aber irreführende Verknüpfung dieser Textpassage mit dem Parament von Narbonne bei Borchert, „Catálogo,“ 219. Susie Nash und Nathalie Roman haben dagegen gezeigt, dass in keinem der bekannten Inventar­ einträge das berühmte Parament gemeint sein kann, Nash, „The ‚parement de Narbonne‘“, 78, Anm. 28, sowie Nathalie Roman, „La place des soies monochromes dans les arts autour de 1400“, in Aux limites de la couleur: monochromie et polychromie dans les arts (1300–1650), hg. von Marion Boudon-­ Machuel, Maurice Brock und Pascale Charron (Turnhout: Brepols, 2011), 49–59.



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Villela-Petit daher die pourtraiture de noir bzw. painturée de noir auf hellem Grund mit Zeichnungen verglichen.24 Im Bewusstsein dieser technischen Schnittmengen wies Krieger der Grisaille dennoch ein größeres mimetisches Potential als der Zeichnung zu25 – sicher ein streitbarer Vorschlag, der womöglich auch unter dem Eindruck der disegno-colore-Problematik auf die sinnlich-akzidentielle Qualität der nur vermeintlich farbneutralen Grisaillen abzielte.26 Denn eigentlich, das hatte schon Krieger klar erkannt, handle es sich bei der niederländischen Grisaille „streng genommen“ nicht um „monochrome, sondern […] polychrome Malerei, deren Buntheitsgrad allein durch die Lokalfarbe des Darstellungsgegenstandes auf ein Minimum herabgesetzt“ sei.27 Umso erstaunlicher mag es sein, dass man auch in der Mitte des 15. Jahrhunderts bis hinein ins 16. Jahrhundert an der Formulierung „blanc et noir“ festhielt, wie etwa die vom conseiller à la Chambre des comptes Jean le Doulz verfasste Abrechnung der Arbeiten des Buchmalers Jan Tavernier für die Erweiterung eines Stundenbuchs für Philipp des Guten belegt:28 „[…] für den Buchmaler Johannes Tavernier, wohnhaft in unserer Stadt Oudenarde, die [genannte] Summe […] für mehrere Bilder und Bordüren, die er für uns – wie nachfolgend erläutert – gemacht hat: Nämlich in einem unserer Stundenbücher hat er in verschiedenen Farben [pluseurs couleurs] einen Kalvarienberg mit unserem gekreuzigten Herrn Jesus Christus, umstehenden Figuren auf Pferden sowie zwei rahmenden Bordüren gemalt; dafür erhält er zweieinhalb Écu. […] Außerdem, hat er 230 große und kleine Miniaturen in Weiß und Schwarz [de blanc et de noir] für verschiedene neu verfasste Suffragien und Gebete gemacht, die dem oben genannten Stundenbuch beigefügt werden; jede Miniatur für einen halben Ecú, das macht insgesamt 115 Ecú [.]“29

24 „Les enluminures à l’encre de carbon et rehauts de couleurs trouvent en effet un parallèle dans le dessin à la pointe d’argent qui donne un fin trait grisé ou brunâtre sur planchette de buis apprêtée en blanc. Les matériaux et la technique sont différents, mais l’esthétique est apparentée: ils fondent sur la ligne brune ou noire, rehaussée de teintes en lavis.“ Villela-Petit, „Historié de blanc et de noir“, 32. 25 „[…] der mimetische Anspruch einer Zeichnung ist beschränkt, weil sie ex definitione nur einen bestimmten Aspekt der Erscheinungswelt wiedergibt.“ Krieger, „Die Niederländische Grisaillemalerei“, 576. 26 Hier vor allem mit Blick auf die seit der Renaissance eingeführte Unterscheidung zwischen der Zeichnung als Ausdruck des Geistigen, Essentiellen – dem disegno interno – im Gegensatz zu den in Farbe ausgeführten Bildern als Emanationen des Sinnlich-Akzidentiellen – des colore, cf. z. B. die Ausführungen bei Max Imdahl, Farbe: Kunsttheoretische Reflexionen in Frankreich (München: Fink, 1987), 36–38. 27 Krieger, „Die Niederländische Grisaillemalerei“, 576. 28 Zum Stundenbuch Philipps des Guten, cf. Anm. 1. 29 „[…] à Johannes le Tavernier, historieur et enlumineur, demourant en nostre ville d’Audenarde, à cuy icelle somme […] pour pluseurs parties de histoires et enluminures de livres qu’il a fait pour nous, cy après déclarées. C’est assavoir, pour, en certaines noz heures avoir fait et paint, de pluseurs couleurs, le Mont du Calvaire et sur icellui Nostre Seigneur crucifié, et à l’environ pluseurs personnages à cheval

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Die Gegenüberstellung und deutlich bessere Bezahlung für die – explizit – in Farbe ausgeführte Kreuzigungsminiatur führte zur voreiligen Annahme, die Grisaille sei als eine besonders rasch auszuführende, preisgünstige Alternative zur herkömmlichen Buchmalerei genutzt worden. Wahrscheinlicher aber ist es, die finanzielle Differenz vor allem auf die erhöhten Kosten des Malers für entsprechende Pigmente und Edelmetalle, wie Lapislazuli und Gold, zurückzuführen, nicht aber auf die geringere Wertschätzung.30 Das zumindest legt die Gegenüberstellung farbiger und in Grisaille ausgeführter Miniaturen aus dem Œuvre eines in beiden Techniken bewandten Malers wie Jan Tavernier nahe, in denen Blau, Rot, Grün und Gold einerseits, Tintenschwarz und Bleiweiß andererseits die sehr unterschiedlichen Materialaufwendungen kontrast­ reich vor Augen führen.31 Auch jenseits des höfischen Kontexts trifft man im französischen wie im niederländischen Sprachraum regelmäßig auf die Formel „Weiß und Schwarz“. So vermerkte etwa Aernoudt Bazekin im Brügger Gildeboek der Librariers, dem Rechnungsbuch der Buchmachergilde, unter den Ausgaben des Rechnungsjahres 1490 folgenden Posten: „[…] außerdem die zwei neuen Altarflügel in Weiß und Schwarz [van witte ende van zwaerte], nämlich: Die Heiligen Arnold und Nikolaus, die ich, Arnold Basekin sowie Jan de Clerc, haben anfertigen lassen auf Kosten der Gilde[.]“32 avec deux vignettes à l’entour, pour ce ii escuz et demi […]. Item, avoir fait, de blanc et de noir, deux cens trente histoires, tant grandes comme petites, servant à pluseurs suffrages et oroisons, que de nouvel avons faits escripre pour mectre et adjoindre en nos dictes heures, au pris de demi escu la pièce l’une parmi l’autre valent CXV escuz.“ Cf. Lilles, Archives départementale du Nord, Fonds de la Chambre des comptes de Lille, B.2018, 3.4.1455, in: Rochmes, „Philip the Good’s Grisaille Book of Hours“, 29. Kursivierung und Übersetzung ins Deutsche durch den Verfasser. 30 Die bislang ausführlichste Darstellung für die in den Rechnungsbüchern dokumentierten Farbenpreise hat Susie Nash für die Zeit Philipps des Kühnen vorgelegt. Im durchschnittlichen Vergleich ist Bleiweiß das günstigste Pigment. Susie Nash, „‚Pour couleurs et autres choses prise de lui […]‘ The Supply, Acquisition, Cost and Employment of Painters’ Materials At the Burgundian Court, c. 1375– 1419“, in Trade in Artists’ Materials. Markets and Commerce in Europe to 1700, hg. von Jo Kirby, Susie Nash und Joanna Cannon (London: Archetype 2010), 97–182. 31 Besonders sinnfällig wird der Vergleich bei der Gegenüberstellung zweier Kreuzigungsdarstellungen des Künstlers in einem Stundenbuch für den Gebrauch von Rom (Paris, Bibliothèque nationale, NAL 3225, fol. 13, um 1450), cf. François Avril, „Jean le Tavernier. Un nouveau livre d’heures“, Revue de l’art 126 (1999): 9–22. Abb. 4 sowie dem Stundenbuch Philipps des Guten, Den Haag, Koninklijke Bibliotheek, Ms. 76 F  2, fol. 20, um 1455, cf. https://www.kb.nl/en/themes/middle-ages/book‑ofhours‑of-­philip‑of-burgundy/list‑of-images [zuletzt abgerufen am: 27.09.2016]. 32 „[…] Sond(er) de twee nieuwe duere van witte ende van zwaerte, te wetene: Sinte Aernoudt en(de) Sinte Niclaeus, die Ic, Aernoudt Basekin, en(de) Jan de Clerc hebben ghedaen maken oncost der ghilde […],“ in Brügge, Stadsarchief, Inventaris van het archief van het voormalige gild van de Librariers en van de vereniging van schoolmeesters te Brugge, Nr. 76; Rekeningen van het gilde 1454–1523, fol. 135v, Rechnungsjahr 1490. Transkription, Übersetzung ins Deutsche und Kursivierung durch den Verfasser.



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Auch wenn hier nicht Buch- sondern Tafelmalerei beschrieben wird, zeugen diese und noch wesentlich jüngere Dokumente, wie etwa das Inventar Margaretes von Österreich,33 davon, dass die Grisaille kontinuierlich als Paarung der Werte Schwarz und Weiß wahrgenommen wurde. Unwahrscheinlich ist es, in diesem Sprachgebrauch einen Verweis auf die in der mittelalterlichen Farbtheorie und noch von Leon Battista Alberti34 zitierte Vorstellung von Weiß und Schwarz als die beiden Enden der Farb­ skala zu vermuten. Keinem Kanzleischreiber wird die aus der Optiktheorie des Aristoteles35 hervorgegangene Idee eines zwischen Schwarz und Weiß eingeschlossenen Farbspektrums  –  und damit einer in der Grisaille tatsächlich allzu oft realisierten Polychromie – im Moment der formelhaften Benennung des zu inventarisierenden Gegenstands gegenwärtig gewesen sein. Karel van Mander gebrauchte am Anfang des 17. Jahrhunderts für die Charakterisierung von grisaillehafter Malerei an markanter Stelle den Begriff des „Totfärbens“, der in eine andere, neue Richtung zielt: In seiner Lebensbeschreibung der Brüder Jan und Hubrecht van Eyck kommt er voller Erstaunen auf die Antwerpener Barbara36 zu sprechen, die er für eine detailliert ausgearbeitete Unterzeichnung eines unfertigen 33 „Ung petit tableaul d’ung Dieu de pityé estant es bras de Nostre Dame; ayant deux feulletz dans chascun desquelz y a ung ange et dessus les dits feulletz y a une annunciade de blanc et de noir. Fait le tableaul de la main de Rogier et les ditz feulletz de celle de maistre Hans“, cf. Inventar Margarethes von Österreich, 1516–1524, Nr. 124, in Joseph A. Crowe, G. B. Cavalcaselle u. Anton Springer, Geschichte der Altniederländischen Malerei (Leipzig: 1875), 419. Kursivierung durch den Verfasser. 34 „Neque tamen eos philosophantes aspernor, qui de coloribus ita disputant, ut species colorum esse numero septem statuant, album atque nigrum, duo colorum extrema.“ Leon Battista Alberti, De Pictura Praestantissima, et Nvnqvam Satis Laudata Arte Libri Tres Absolutissimi (Basel: 1540), Lib. 1, 19; vollständiges Digitalisat: http://daten.digitale-sammlungen.‌de/~db/0002/bsb00028317/image_1 [zuletzt abgerufen am: 28.9.2016]; cf. auch die kritische zweisprachige Ausgabe: Leon Battista Alberti, De Pictura. Über die Malkunst, hg. von Oskar Bätschmann (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002), 210–11. Albertis Abhängigkeit von der Farblehre des Aristoteles hat Edgerton akribisch aufgearbeitet; dort auch der Verweis auf das voranstehende Zitat, Samuel Y. Edgerton, Jr., „Alberti’s Colour Theory: A Medieval Bottle Without Renaissance Wine“, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 32 (1969): 109–134, 114. Jedoch bezieht Alberti schließlich eine eigenständige Position, indem er Weiß und Schwarz aus dem Spektrum der echten Farben ausklammert: „Ergo pictori satis persuaderi potest album et nigrum minime esse veros colores des colorum alteratores, ut ita loquar.“ Bätschmann, De Pictura, 212–13. 35 „Na(m) vtroru(n)que species septem habentur. si quis, vti co(n)sentaneum est, fuscum colorem non alium quam nigrum posuerit. Reliquuum enim est, vt flauus color ad album, sicuti sapor duclis ad pingu(m), pertineat. Puniceus verò, purpureus. viridis,&cæruleus, album&nigrum interiacent. cæteri, ex horum mistura gignuntur.“ Aristoteles, Libri, De Sensu et Sensibili I; De Memoria et Reminiscentia I; De Somno (Paris: Thomas Richardus, 1549), Kap. 4, 7–8. Kursivierung durch den Verfasser; cf. auch: Edgerton, „Alberti’s Colour Theory,“ 114. 36 Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Inv. Nr. 410, 32,3 × 18,3 cm, 1437, https://rkd. nl/explore/images/2154 [zuletzt abgerufen am: 27.9.2016].

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Gemäldes hielt. Des Malers – so van Mander – „dootverwe was veel […] scherper gedaen, als ander Meesters“.37 Der bereits im 16. Jahrhundert vereinzelt nachzuweisende Begriff doodverven38 meint in der Zeit Rembrandts ganz selbstverständlich monochrome Vorzeichnungen auf Tafelbildern;39 die etymologische Spur legt jedoch nahe, dass bei der hier angesprochenen Bedeutungsbildung des Begriffs die affektive Qualität der unbunten Malerei – ihr vermeintlich lebloser Charakter – wohl eine zentrale Rolle spielte.40 In der niederländischen Buchkunst mag man für die eindeutig auf die Fastenzeit bezogenen Arbeiten gern einen Bezug zum doodverven rekonstruieren wollen, nachweisen lässt er sich aber in den verfügbaren Quellen nach meiner Kenntnis nicht. In Anlehnung an den zeitgenössischen Sprachgebrauch begeben sich die folgenden Abschnitte auf die Suche nach Schnittmengen zum ästhetischen Prinzip des chiaro e scuro, das ebenfalls im dichotomischen Verhältnis zwischen Weiß und Schwarz, hell und dunkel, verhandelt wurde. Produktionsästhetische Merkmale der niederländischen Grisaille des 15. Jahrhunderts rücken dabei in den Vordergrund; zugleich wird auf einer zweiten Ebene der Versuch einer Synthese unternommen, die dem „Dazwischen“, den Grauwerten und ihrem Zusammenspiel mit Farben nachspürt. Hier liegt – so die Hypothese – ein zentrales, jedoch in der zeitgenössischen Wahrnehmung nicht versprachlichtes Motiv für die verstärkte Hinwendung zur Grisaille.

37 „Ioannes heeft oock veel conterfeytselen nae t’leven ghedaen, en alle met grooter vlijt en pacientie, makende veel tijts daer achter seer nette en schoon Landtschappen. Sijn dootverwe was veel suyverder en scherper gedaen, als ander Meesters opghedaen dinghen wesen mochten, alsoo my wel voorstaet, dat ick een cleen conterfeytselken van een Vrouw-mensch van hem hebbe ghesien, met een Landtschapken achter, dat maer gedootverwet was, en nochtans seer uytnemende net, en glat, en was ten huyse van mijn Meester, Lucas de Heere, te Gent.“ Carel van Mander, Het Schilder-Boeck: Waerin vooreerst de leerlustighe ieught den grondt der edel vry schilderconst in verscheyden deelen wort voorghedragen, daer naindry deelen t’leven der vermaerde doorluchtighe schilders des ouden en nieuwen tyds; eyntlyck d’wtlegghinghe op den metamorphoseon Pub. Ovidii Nasonis, oock daer beneffens wtbeeldinghe der figueren (Utrecht: Davaco Publ., 1604 [1969]), fol. 202–202v. Kursivierung durch den Autor. In der noch immer gültigen niederländisch-deutschen Ausgabe von Floerke werden dootverwe und gedootverwet neutral mit ‚Untermalung‘ und ‚untermalen‘ übersetzt. Hanns Floerke, Das Leben der Niederländischen und Deutschen Maler des Carel van Mander. Textabdruck nach der Ausgabe von 1617, niederl./dts. Ausgabe (München/Leipzig: Georg Müller, 1906), 45. 38 Hessel Miedema, „Over Kwaliteitsvoorschriften in het St. Lucasgilde, over ‚doodverf ‘“, Oud-Holland 101 (1987): 141–47. 39 Ernst Van de Wetering, „Painting Materials and Working Methods“, in A Corpus of Rembrandt Paintings, hg. von J. Bruyn u. a. (Den Haag et al.: Martinus Nijhoff Publishers, 1982), 11–33, hier 20–24. 40 So nennt das Middelnederlandsch Woordenboek in der ersten Bedeutung für Doodverf: „Kleur van een doode, lijkkleur. Thans niet meer algemeen“ und in der zweiten, die für den kunsthistorischen Zusammenhang entscheidende: „Verf die niet bestemd is aan de oppervlakte te komen, grondverf “, cf. http://gtb.inl.‌nl [zuletzt abgerufen am: 28.9.2016].

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II. Noir/Zwaerte/Nero – Scuro Ist das Verhältnis von „Blanc et noir“ bzw. „Witte ende Zwaerte“ überhaupt mit der Formel „Chiaro e Scuro“ zu parallelisieren, obgleich bereits die Mehrdeutigkeit des „Hell und Dunkel“ gegenüber dem „Weiß und Schwarz“ eine vielschichtigere Semantik anspricht? Die italienische Kunstliteratur des 16. Jahrhunderts bietet für „Chiaro e Scuro“ mit Leonardo da Vinci und Giorgio Vasari zwei prominente, aber auseinanderstrebende Lesarten: In seinem Malereitraktat verbindet Leonardo die Lemmata „Schwarz, Weiß“ unmittelbar mit dem chiaro scuro, indem er die durch Schwarz und Weiß erreichte Wegnahme und Erzeugung von Farbe als ein Grundprinzip der Malerei darstellt, da diese aus „Schatten und Lichtern zusammengesetzt wird, d. h. aus Hell und Dunkel“.41 Vasari hingegen verbindet in der Einleitung seiner Viten den Terminus chiaro scuro dezidiert mit der monochromen Malerei: „Gemäß den Malern ist der Chiaro scuro eine Form der Malerei, die mehr zum disegno tendiert als zum Kolorit, da er durch die Nachahmung von Statuen aus Marmor, Bronze und anderem Steinmaterial entstanden ist[.]“42

Während also Leonardo das Hell-Dunkel und explizit auch die Begriffe Schwarz und Weiß auf ihre optische Qualität hin zu definieren versucht, ruft Vasaris historisierender Zugang die mimetische Qualität monochromer Malerei auf. Eine typische Variation der an Jean Pucelles Arbeiten orientierten Grisaille in französischen Handschriften für den königlichen Hof hat sich in einem Exemplar der Grandes chroniques de France bewahrt.43 In den kolorierten Umrisszeichnungen verfangen die auf das Mischen von Farben bezogenen Überlegungen Leonardos aller41 „Nero, bianco, benche questi non sono messi fra i colori, per che l’uno è tenebre e l’altro è luce, cioè l’uno è priuatione e l’altro è generatiuo, io no’ li uoglio per questo lasciare indietro, per che in pittura sono li principali, con cio sia che la pittura sia composta d’ombre et di lumi, cioè di chiaro et scuro,“ in Heinrich Ludwig (Hg.), Lionardo Da Vinci. Das Buch von der Malerei. Nach dem Codex Vaticanus (Urbinas) 1270, ital./dts. Ausgabe (Wien: Wilhelm Braumüller, 1882), Bd. 2, § 213, 246–47. Kursivierung durch den Verfasser. 42 „Del dipingnere nelle mura di chiaro e scuro di varie terrette, e come si contrafanno le cose di bronzo, e delle storie di terretta per archi o per feste, a colla che è chiamato a guazzo, et a tempera: Vogliono i pittori, che il chiaro scuro sia una forma di pittura, che tragga piú al disegno che al colorito, perché ciò è stato cavato da le statue di marmo, contrafacendole, e da le figure di bronzo et altre varie pietre.“ Giorgio Vasari, Le vite de’ piú eccellenti pittori scultori e architettori, hg. von Luigi Grassi (Mailand: Edizioni per il Club del Libro, 1962), Bd. 1, Kap. XXV, 139. Kursivierung durch den Verfasser. Deutsche Übersetzung in: Giorgio Vasari, Einführung in die Künste der Architektur, Bildhauerei und Malerei: Die künstlerischen Techniken der Renaissance als Medien des ‚disegno‘, hg. von Matteo Burioni (Berlin: Wagenbach, 2006), 120–21. 43 Valenciennes, Bibliothèque municipale, Ms. 637, 43,5 × 30,6 cm, zw. 1400–1410. Anne D. Hedeman, The Royal Image. Illustrations of the ‚Grandes Chroniques de France‘, 1274–1422 (Berkeley et al.: Uni-

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Abb. 3  Grandes chroniques de France, Schlachtendarstellung zwischen den Franzosen und Römern, zw. 1400–10, 43,5 × 30,6 cm, Valenciennes, Bibliothèque municipale, ms. 637.

dings nicht, wie das Beispiel einer dynamischen Schlachtenszene zwischen den Heeren der Franzosen und Römer (Abb. 3) zeigt: In ihrem Kontur mit schwarzer Farbe vereindeutigte Ritter zu Pferd und zu Felde prallen im Kampf aufeinander; Binnen­ strukturen werden durch hellgraue bzw. hellblaue Lavierungen geklärt, farbige Akzente etwa durch das ungemischte Rot des strömenden Blutes gesetzt. Das Schwarz definiert hier ganz und gar die Form und ist nicht Hinwegnahme (priuatione) sondern Hinzufügung (generatiuo) zu einem hellen Fond, der in den nicht bearbeiteten Partien als eigenständiger Farbwert in Erscheinung tritt. Anders verhält es sich im Stundenbuch der Jeanne d’Évreux (Abb. 1),44 in dem die plastische Modellierung eines Körpers durch das in zahlreichen Nuancen abgestufte Schwarz bis hin zur Farbe des Pergaments als hellstem Ton erreicht wird. In einem stark reduzierten Farbspektrum bezeichnen hier die in Schwarz ausgeführten Partien Schattenwerte, die aber selbst in den dunkelsten Tönen keinen klaren Kontur ausbilden.45 Während also in den mit lavierten Federzeichnungen eng verwandten Umrisszeichnungen der Grandes chroniques gerade das Gegenteil dessen passiert, was Leonardo unter chiaro e scuro fasst, nämlich die Fixie-

versity of California Press, 1991), 264–66. Für Abb. der Handschrift, cf. http://www.enluminures. culture.fr/documentation/enlumine/fr/rechguidee_00.‌htm [zuletzt abgerufen am: 30.9.2016]. 44 Zum Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, cf. Anm. 17. 45 Leonardo hatte wiederholt die Nichtexistenz des Konturs in der Natur hervorgehoben. Janis Bell sieht darin das stärkste, aus der Beobachtung gewonnene Argument für seine Theorie einer prospettiva di notitia, i. e. die Schärfenperspektive, Janis Bell, „Sfumato, Linien und Natur“, in Leonardo Da Vinci. Natur im Übergang. Beiträge zu Wissenschaft, Kunst und Technik, hg. von Frank Fehrenbach (München: Wilhelm Fink Verlag, 2002), 229–56, [246].



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rung von termini delli corpi, könnten die Modulationen des Schwarz im Stundenbuch der Jeanne d’Évreux tatsächlich als priuatione des Grundtons – hier das warme Ocker des Pergaments – begriffen werden. Die Möglichkeiten eines effektvollen Chiaro e scuro hatte der Buchmaler der Grandes chroniques nicht in gleicher Weise ausgeschöpft wie gut siebzig Jahre zuvor Jean Pucelle. Technisch mit Pucelles Arbeiten verwandt sind dafür zahlreiche, hin und wieder sogar mit Silberstift gearbeitete Miniaturen der unter dem Notnamen des „Meisters der Delfter Grisaillen“ subsummierten Gruppe von Buchmalern.46 Eine direkte oder indirekte Verbindungslinie zum Pariser Hofmaler lässt sich allerdings genauso wenig ziehen wie zu den in der Regierungszeit Philipps des Guten einsetzenden niederländisch-burgundischen Grisaillen. Denn gemeinsam ist den hier exemplarisch herausgegriffenen frühen Beispielen die Konzentration auf die Modulation mit Schwarz, die in der niederländischen Grisaille eine neue Qualität erlangt.

III. Blanc/Witte/Bianco – Chiaro In der Tat formten die im Auftrag Philipps des Guten tätigen Buchmaler wie Jan Taver­ nier oder Dreux Jehan – vielleicht angeregt durch höfische Goldschmiede und Emailleure47 – eine neue monochrome Ästhetik, so dass im Anschluss an die jüngsten Erklärungsversuche für das plötzlich verstärkt auftretende Interesse an der Grisaille durch Elizabeth Moody48 und Sophia Rochmes tatsächlich von „a new visual language of grisaille“49 gesprochen werden kann. Doch was zeichnet diese „neue visuelle Sprache der Grisaille“ aus? Und lässt sie sich gerade in ihren künstlerischen Qualitäten tatsächlich als dynastisch-antiquarische Referenz zur Grisaillemalerei des französi46 Zu den Malern der sogenannten Delfter Grisaillen, Leon M. J. Delaissé, A Century of Dutch Manuscript Illumination (Berkeley et al.: University of California Press, 1968), 30–32 sowie Osterstrom Renger, „The Netherlandish Grisaille Miniatures“, passim. 47 Entsprechende schwarzgrundige Emailarbeiten mit Darstellungen in Emailweiß und Gold wurden bereits in den 1420er Jahren für den burgundischen Hof angefertigt, cf. z. B. Till-Holger Borchert, „Die Vorliebe für Grisaillen am Herzoghof “, in Karl der Kühne (1433–1477), Kunst, Krieg und Hofkultur (Historisches Museum Bern, 25.4.–24.8.2008; Bruggemuseum & Groeningemuseum Brügge, 27.3.– 21.6.2009), hg. von Susan Marti, Till-Holger Borchert und Gabriele Keck (Brüssel: Mercatorfonds, 2008), 180–85, 185, Abb. 68. Eines der berühmtesten Stücke ist der Prunkbecher mit der Darstellung von Affen in Akanthusranken, New York, Metropolitan Museum, Acc. no. 52.50, circa 1425–50, cf. http://www.metmuseum.org/toah/works‑of-art/52.50/[zuletzt abgerufen am: 30.9.2016]. 48 Moodey, „Variations on Grisaille“, passim. 49 Rochmes, „Philip the Good’s Grisaille Book of Hours“, 19. Eine Vertiefung dieses Ansatzes darf in der kurz vor der Veröffentlichung stehenden Dissertationsschrift erwartet werden, Sophia Rochmes, „Color’s Absence: The Visual Language of Grisaille in Burgundian Manuscripts“ (PhD diss., University of California, 2015).

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Abb. 4  Traités sur la noblesse, Buonaccorso da Montemagno übergibt sein Werk dem Comte de Montferrat, um 1475, 21,6 × 15,3 cm, Paris, Biblio­ thèque Sainte-Geneviève, ms. 1793, fol. 4.

schen Hofes begreifen? Das ist zumindest vor dem Hintergrund fraglich, dass mit der Camaïeu d’or eine der Grisaille verwandte, ubiquitär in der französischen Buchmalerei des 15. Jahrhunderts vorkommende Technik der exklusiven „Wiederaufnahme“ einer höfischen Mode zuwiderläuft.50 Hinzu kommen gänzlich in Grisaille ausgeführte französische Stundenbücher, wie die des Lyoneser Ateliers von Guillaume Lambert,51 die nicht etwa in der Tradition Pucelles verharren, sondern – ganz in Analogie zur flämischen Grisaille – vor einem dunklen Fond mit Weiß modellieren. Die Gegenüberstellung zweier Miniaturen in einer heute in Paris verwahrten Sammelhandschrift52 mögen den ästhetischen Schnitt der Grisailleproduktion zur Zeit Philipps des Guten auf den Punkt bringen: Die Handschrift wird mit einer Dedikations­ miniatur zu einem Traités sur la noblesse eröffnet (Abb. 4), in der Buonaccorso da Monte­ magno dem Comte de Montferrat sein Werk überreicht; aus einem grauen Basso continuo heraus werden die Licht- und Schattenpartien aufgehellt bzw. abgedunkelt, mit Bleiweiß hat hier der wohl im Hainaut arbeitende Künstler also etwa echte Lichtpunkte gesetzt. Dagegen dürfte es sich bei einer Miniatur in derselben Handschrift (Abb. 5), die den Traktat De nobilitate liber von Poggio Bracciolini illustriert und in der drei beim Disput gezeigte Gelehrte allein mittels grauer Lavierungen auf unbehandeltem Grund modelliert wurden, wohl um eine unvollendete Vorstufe handeln. Gerade in diesem Nebeneinander wird der modale Unterschied deutlich, der zwischen den Grisaillen des frühen französischen Typus und jenen neueren burgundischen 50 Elliot Adam, Le Camaïeu d’or dans l’enluminure en France au XVe siècle. Une technique de réduction du coloris (MA., Paris-Sorbonne, 2016). 51 Elizabeth Burin, Manuscript Illumination in Lyons: 1473–1530 (Turnhout: Brepols, 2001), 7–24. 52 Paris, Bibl. Sainte-Geneviève, ms. 1793, 21,6 × 15,3 cm, um 1475, cf. http://www.calames.abes.fr/pub/ ms/BSGB11339 [zuletzt abgerufen am: 30.9.2016]. Zur Zuschreibung: Hanno Wijsman in: http:// www.‌cn-telma.fr/luxury-bound/manuscrit2605/[zuletzt abgerufen am: 1.10.2016].

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Abb. 5  Poggio Bracciolini, De nobilitate liber, Drei Gelehrte beim Disput, um 1475, 21,6 × 15,3 cm, Paris, Bibliothèque Sainte-Geneviève, ms. 1793, fol. 21.

Ursprungs besteht: Für die Vorzeichnung, an deren unfertigem Charakter aufgrund des nur mit Linien vorgezogenen Rahmens kaum Zweifel bestehen kann, arbeitete der Buchmaler mit den farblichen Qualitäten des Pergaments. Die burgundische Graumalerei zeichnet sich dagegen in der Regel durch die Verwendung von opaken Deckfarben aus. Der Weißton ist dabei zwar in Analogie zur painturé de noir eindeutig, doch nicht eigentlich „klar“ im Sinne des lichten, transparent zu denkenden „chiaro“, das durch das nach Leonardo farblos vorgestellte Weiß erzielt wird.53 Wie ein Nachwort zu dieser in ihrer Erscheinung opaken Qualität lesen sich die knappen Bemerkungen Cooper des Jüngeren aus dem Jahr 1634, die sich unter dem Lemma „Enlumineur“ – also „Illuminierung“ bzw. Buchmalerei – in der sogenannten Mayerne Handschrift erhalten haben und noch die überlieferten Kenntnisse spätmittelalterlicher Werkstätten mitteilen: „Alles was wir sehen, wird unterschieden entweder der Proportion oder der Farbe nach oder durch Proportion und Farbe zugleich. Die Ursachen dieser Verschiedenheiten sind vornehmlich Licht und Schatten. An Stelle des Lichtes soll eine glänzende Farbe gesetzt werden, wie Weiß, Gold, Silber, deren Glanz jegliche Art oder Mischung an den gemalten Gegenständen gleichsam wie lebend wiedergibt. Für die dunklen und Schattenpartien werde dunkle, hauptsächlich schwarze (Farbe) gesetzt.“54 53 „Per che’l bianco nonè colore: Il bianco nonè colore, ma è in potentia ricettiua d’ogni colore, quando esso è in campagnia alta, tutte le sue ombre sono azzure […].“ Ludwig, Lionardo Da Vinci, Bd. 2, § 247, 268–69. 54 „Cuncta sub visum cadentia aut proportione & coloribus aut simul proportione & coloribus discernuntur. Discretionis autem ejus LUX & VMBRÆ praecipuae causae sunt. Lucis loco poni solet color nitens velut albus; aureus, argentus, cuiuscumque etiam speciej aut mixturae nitorem in rebus depictis quasi viuum referens. Obscurus porro ater aut niger vmrarum noctisque regione locantur. Reliqui generales croceus, rubeus, viridis, et caeruleus numerantur.“ Cf. Mayerne Manuscript, London, British Library, Sloane Ms. 2052, fol. 79, in: Ernst Berger, Beiträge zur Entwicklungs-Geschichte der Maltechnik.

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Cooper der Jüngere denkt die Lichtgestaltung von einem dunklen Grund her; mit Bleiweiß oder Metallfarben gesetzte Lichtpunkte stehen für ein opakes Herausleuchten, wie es anhand einer Dreux Jehan zugeschriebenen Miniatur in der L’istoire de trés vaillans princes des Jan du Quesnes gut nachzuvollziehen ist.55 Im theoretischen Interesse für die effekthafte Gestaltung des Hell und Dunkel, des chiaro e scuro, geriet die Art und Weise des grundierenden Mitteltons dabei überwiegend aus dem Blickfeld und dürfte im Werkstattgebrauch ohnehin als Selbstverständlichkeit betrachtet worden sein. Das erst bei Runge im Zentrum der Farbkugel platzierte und von der zeitgenössischen Kunst gar zur „generativen Matrix aller Farben“56 erklärte Grau blieb in der sprachlichen Reflexion lange Zeit zwischen seinen Extrempolen Weiß und Schwarz verborgen.

IV. et/ende/e: Couleur/Kleuren/Colore Die Grautöne werden in der burgundischen Buchmalerei fast nie ins Extrem des „Blanc et Noir“ getrieben. Stattdessen gesellen die Maler ihnen gern Farben zu, die mal aus den Bordüren, mal aus den Miniaturen selbst in lokalfarbiger Buntheit aufscheinen. Die Reduktion von Farbigkeit und ihre gleichzeitige, punktuelle Präsenz führt zu einer Intensivierung, die auf verschiedene Weise im Medium genutzt werden konnte.57 Die Buchmaler instrumentalisierten den Kontrast zwischen Grisaillen und buntfarbiger Malerei in einigen Fällen zur Kennzeichnung einer historischen Distanz, dann wieder zur Markierung eines inhaltlichen Bedeutungsunterschieds. Entsprechend verdeutlichte etwa ein Mitarbeiter der Werkstatt Willem Vrelants in einem heute in Glasgow aufbewahrten Heilsspiegel58 den Unterschied zwischen Antitypus und Typus in der Konfrontation eines vollfarbigen neutestamentlichen Bildes und dreier graufarbiger

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Quellen für Maltechnik während der Renaissance und deren Folgezeit (XVI.–XVIII. Jahrhundert) in Italien, Spanien, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und England; nebst dem De Mayerne Manu­ skript (München: Verlag von Georg D. W. Callwey, 1901), 243. Übersetzung zitiert nach Berger. L’istoire de trés vaillans princes monseigneur Jehan d’Avennes, comte de Pontyeu […], Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, Ms. 5208 réserve, fol. 92v, 30,0 × 23,7 cm, um 1460–65, cf. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/ btv1b52501151k [zuletzt abgerufen am: 30.9.2016]. Michael Diers, „Grauwerte. Farbe als Argument und Dokument“, in Who’s Afraid of. Zum Stand der Farbforschung, hg. von Anne Hoormann und Karl Schawelka (Weimar: Universitäts-Verlag, 1998), 276–301 [282]. Hierzu die Überlegungen von Iris Brahms, „Wie bunt ist Grau? Zu Farbgrundzeichnungen der Frühen Neuzeit“, in Die Farbe Grau, hg. von Gregor Wedekind und Magdalena Bushart (Berlin: De Gruyter, 2016), 89–112. Le Miroir de l’Humaine Salvation, Glasgow, The Hunterian Museum Library, Ms. 60, um 1450–55, Adrian Wilson u. Joyce L. Wilson, A Medieval Mirror: ‚Speculum Humanae Salvationis‘, 1324–1500 (Berkeley et al.: University of California Press, 1984), 73–76 sowie http://special.lib.‌gla.ac.uk/manuscripts/search/detail_c.‌cfm?ID=​34374 [zuletzt abgerufen am: 30.9.2016].



Peint à ymaiges de blanc et de noir

typologischer Beiordnungen aus dem Alten Testament. Dieser didaktische Einsatz von Grisaille findet nicht nur hier, sondern auch in einem wohl kurze Zeit später entstandenen, heute in Chicago befindlichen Heilsspiegel erneut Anwendung.59 Es ist die in verstreuten Gedankensplittern Aby Warburgs vage angedeutete Zitierund Distanzierungsmöglichkeit der Grisaille, die sich besonders für die Darstellung weit zurückliegender, mithin gar legendenhafter Inhalte eignete. 60 Dabei muss die stets eine Fremdartigkeit und/oder temporale Hürde anzeigende Graumalerei nicht zwangsläufig funktionsgeleitet sein. Zahlreiche Beispiele lassen ein nachvollziehbares Aussagemuster vermissen.61 Nicht auszuschließen sind außerdem personengebundene Vorlieben, denn während einige Maler wie Jan Tavernier oder Willem Vrelant zahlreiche Grisaillen vor allem für Philipp den Guten und den engsten höfischen Zirkel geschaffen haben, gibt es eine größere Zahl von in den Niederlanden tätigen Buchmalern, von denen sich keine Grisaillemalerei erhalten hat. Das ästhetische Phänomen Grisaille kann daher kaum zu einer kurzfristigen Modeerscheinung erklärt werden, an der sich alle Maler beteiligten und die dann spurlos verebbte. Vielmehr sind Wiederaufnahmen und sogar Weiterentwicklungen monochromer Buchmalerei in der Gent-Brügger Malerei noch bis weit ins 16. Jahrhundert nachzuweisen.62 In Stundenbüchern und religiösen Erbauungsschriften mag das Nebeneinander von Bunt- und Grautönen vielleicht sogar das affektive Erlebnis des frommen Betrachters gesteigert haben, wie etwa in der von Dreux Jehan und dem Meister des Brüsseler Romuléon für einen unbekannten Auftraggeber illustrierten Invention et translation du corps de Saint Antoine (Taf. III).63 Impulsiv wird der Mittelton der 59 Le Miroir de l’Humaine Salvation, Chicago, Newberry Library, Ms. 40, um 1455, Wilson und Wilson, A Medieval Mirror, 77–80 sowie https://i-share.carli.illinois.edu/nby/cgi-bin/Pwebrecon.‌cgi?DB=​ local&v1=​1&BBRecID=​715922 [zuletzt abgerufen am: 30.9.2016]. 60 Charlotte Schoell-Glass, „Warburg über Grisaille. Ein Splitter über einen Splitter,“ in Aby Warburg. Akten des Internationalen Symposions Hamburg 1990, hg. von Horst Bredekamp et. al. (Weinheim: VCH, Acta Humaniora, 1991), 207–8; cf. auch: Diers, „Grauwerte“, 285. 61 Elliot Adam hat versucht, die Funktionsweisen der Camaïeu d’or nach Gebrauch zu kategorisieren, ein Unterfangen, das durch den oft willkürlichen Einsatz der Technik nur bedingt Erfolg hatte, Adam, „Le Camaïeu d’or“, 201–8. 62 Als Beispiel sei etwa auf die in Camaïeu d’or gemalten alttestamentlichen Szenen aus dem Leben König Davids verwiesen, die eine Folge von Textseiten (fol. 166v–172v) des Spinola-Stundenbuchs rahmen und versuchsweise dem Meister der Lübecker Bibel zugeschrieben worden sind, cf. http:// www.getty.edu / art / collection / objects / 1401 / master‑of-james‑iv-of-scotland-master‑of-the-dresden-prayer-book-master‑of-the-lubeck-bible‑et-al-spinola-hours-flemish-about-1510-1520/[zuletzt abgerufen am: 28.9.2016]. 63 Los Angeles, The J. P. Getty Museum, Ms. Ludwig XI 8, 24,8 × 17,6 cm, um 1465–70, cf. http://www. getty.edu/art/collection/objects/1408/dreux-jean‑or-workshop-and-master‑of-the-brussels-romuleon-and-workshop-invention‑et-translation‑du-corps‑de-saint-antoine-flemish-about-1465-1470/ [zuletzt abgerufen am: 28.9.2016].

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grauen Lavierung durch zeichnerische Akzente in Gold und Bleiweiß aufgelockert, die Fleischfarbe des in Anbetung vor dem heiligen Antonius knienden Ritters durch ein zartes Apricot soweit angedeutet, dass das Ergebnis stets zwischen belebter und unbelebter Darstellung balanciert und hieraus sein eigentliches Potential entwickelt. Das gilt in gleicher Weise für die Miniatur eines 1468 entstandenen Recueil des histoires,64 in dem der mittelalterlich gerüstete Herkules in synchroner Darstellung den Löwen im Wald von Némée bezwingt. Erst die graugrundige Bordüre schafft Gewissheit über die Darstellung als Semi-Grisaille, denn das dichte Grün der Bäume und der silbrige Glanz der Rüstung bergen durchaus mimetisches Potential.

V. Grisaille In den in einen Mittelton geführten Farbwerten Schwarz und Weiß und der Konfrontation des resultierenden Graus mit deutlich artikulierten, eingestreuten Buntfarben liegt womöglich die interessanteste Eigenart der niederländischen Grisaille: Der ganz auf die subtile Modulation des colore hin ausgerichtete Chiaro scuro wird maßvoll eingesetzt, die opak durchgearbeiteten Deckfarbenmalereien geraten im Zusammenspiel mit Bildnarrativen in ein ambivalentes Verhältnis zwischen Wirklichkeitsnachahmung und ‑verfremdung. Ganz in diesem Sinne ließe sich in der Miniatur mit der Darstellung des die Kunst der Malerei entdeckenden Königs Arthur (Taf. IV) in einem Lancelot-Graal65 eine gezielte, durch den Buchmaler intendierte Lenkung des Blicks unterstellen: Der König betrachtet eine Wand mit offenkundig in Grisaille gemalten Liebesszenen, die durch in Gold gearbeitete Glanzpunkte und verschattete Raumpartien in überzeugendem Chiaroscuro gezeigt werden. Dass die Malerei, oder präziser, ihre Kunstfertigkeit, ausgerechnet als graufarbige, nicht steinimitierende Wandmalerei in Szene gesetzt wurde, weist eine bemerkenswerte Richtung: Neben den zahlreichen kontextabhängigen Deutungsansätzen ragt in den allermeisten aus den burgundischen Niederlanden stammenden Beispielen ihr künstlich-kunstfertiger Charakter heraus. Die Grisaille steht zumindest in dieser Miniatur für all das, was das Vermögen der Malerei insgesamt ausmacht. Es mag ein entscheidender Grund dafür gewesen sein, dass sich die Grisaille ausgerechnet am musisch stilisierenden Hofe Philipps des Guten in ihrem breitesten Ausdrucksspektrum entfaltete.

64 Raoul Lefèvre, Recueil des histoires, Paris, Bibliothèque nationale, Arsenal Ms. 3692, 36,3 × 26,5 cm, fol. 95, um 1468, cf. http://expositions.bnf.fr/flamands/grand/fla_277.‌htm [zuletzt abgerufen am: 28.9.2016]. 65 Lancelot-Graal, Paris, Bibliothèque nationale, Ms. français 116, 49,0 × 34,0 cm, circa 1470–75, cf. http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b6000093b [zuletzt abgerufen am: 29.9.2016].

Frank Zöllner

Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler Petronius’ „Monocremos“ als Inspiration für die Selbstreferentialität der Malerei?

Die in der Forschung mit Begriffen wie Grisaille oder Monochromie bezeichnete farb­ reduzierte Malerei erreicht in der Frührenaissance zweifellos einen Höhepunkt. Vor allem für die Ansprüche einer immer komplexer werdenden Bilderzählung war monochrome Malerei ein wichtiges Medium der Narration und eine interessante Gestaltungsoption.1 Es verwundert daher nicht, dass zu den Protagonisten dieses Bildmodus’ bedeutende Vertreter der Renaissance zählen, unter ihnen Andrea Mantegna, Luca Signorelli und Domenico Ghirlandaio. Farbreduzierte Malerei dient bei diesen Künstlern der Kennzeichnung unterschiedlicher Zeitebenen innerhalb eines Bildes oder eines Bildzyklus, etwa mit der typologischen Gegenüberstellung von Narrativen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Zudem nimmt die Monochromie eine Art Kommentarfunktion ein, etwa wenn einfarbig gemalte Nebenszenen die im Normalmodus geschaffenen Hauptszenen um wichtige Aussagen ergänzen oder ihnen antithetisch gegenüberstehen. Hierbei ahmt monochrome Malerei oft Skulptur oder Relief nach, so dass die einfarbigen Nebenszenen gegenüber den Hauptszenen visuell etwas zurücktreten. Dieser Kontrast zwischen farbigen und monochromen Bildern suggeriert dem Betrachter einen Medienwechsel, der eine chronotopologische Ordnung in der Bilderzählung konstituiert.2 Monochromie ist demnach eine Art „Epochenmarkierung“, wie beispielsweise die Darstellung der Propheten in Signorellis Marien-

1 Zur monochromen Malerei und ihrer Geschichte vgl. vor allem Klaus Kraft, Zum Problem der Grisaille-­ Malerei im italienischen Trecento (Phil. Diss., München, 1956); Sabine Blumenröder, Andrea Mantegna – die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Gebrüder Mann, 2008); Almut Schäffner, Terra verde: Entwicklung und Bedeutung der monochromen Wandmalerei der italienischen Renaissance (Weimar: VDG, 2009). 2 Zum Begriff des Chronotopos vgl. Wolfgang Kemp, Die Räume der Maler: Zur Bilderzählung seit Giotto (München: Beck, 1996).

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Abb. 1  Luca Signorelli, Muttergottes mit Kind, zwei Propheten und Johannes d. T., um 1489–90, Tempera auf Holz, 170 × 117,5 cm, Florenz, Uffizien.

bild in den Uffizien zeigen, in dem die beiden monochrom gemalten Prophetentondi oberhalb der zentralen Szene die alttestamentliche Zeit markieren und dabei zugleich das Hauptbildfeld mit der neutestamentlichen Szene mit Maria und dem Christusknaben kommentieren.3 Zu dieser Unterscheidung zwischen einer alttestamentlichen prophetischen und einer aktuelleren neutestamentlichen Zeit gesellt sich in der Mitte eine Darstellung Johannes d. T., der als Scharnierfigur zwischen den beiden Abschnitten der Heilsgeschichte vermittelt (Abb. 1).4 Eine signifikante und für die Kunst der Renaissance charakteristische Erweiterung erfährt dieses chronotopologische Modell dann, wenn die Gegenüberstellung alttestamentlicher und neutestamentlicher Typologie um pagane Narrative ergänzt wird, was oft mithilfe des Zitats antiker oder antik anmutender Kunstwerke bewerkstelligt wird. Ghirlandaio ist der Protagonist dieser Erweiterung. So ergänzt er beispielsweise auf 3 Blumenröder, Andrea Mantegna, 162–64 und 169. 4 Die aktuelle Forschung sieht Signorellis Thematisierung der Zeiten der Heilsgeschichte sogar auf die Aktfiguren im zentralen Bildfeld angewendet; vgl. Laurence B. Kanter und Tom Henry, Luca Signorelli, übers. von Barbara Geratz Matera (München: Hirmer, 2002), 112 und 172.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

einer heute in Berlin verwahrten Tafel die biblische Judith-Geschichte des Vordergrundes um eine monochrome Darstellung mit antiken Versatzstücken im Hintergrund (Taf. V). Die antikisierenden Reliefs, die formal römischen Sarkophagreliefs, die den Figuren der Attika an der Ostseite des Konstantinsbogens nachempfunden sind, lassen für einen Moment die „interpretatio christiana“ aufscheinen, jene zentrale Denkfigur der europäischen Renaissance also, nach der Texte und Bilder des Altertums als Präfigurationen der christlichen Heilserwartung zu deuten seien.5 Und auch der Künstler selbst verortet sich in diesem Geschichtskonstrukt, wenn er auf dem links erkennbaren Relief in römischen Ziffern die Datierung seines Bildes auf das Jahr 1489 vermerkt. Eine ähnliche, jedoch ungleich komplexere Gegenüberstellung farbiger und monochromer Bilder findet sich in Ghirlandaios Fresken für die Grabkapelle Francesco Sassettis in Santa Trinità in Florenz.6 Hier werden Elemente paganer Überlieferung, antike Geschichtsvisionen, alttestamentliche Prophetien und Elemente der christlichen Erlösungslehre zu einem dichten Geflecht sinnhafter Bezüge verworben. Die in den Fresken der Kapellenstirnwand, des Kapellenraums und im Altarbild inszenierte Kontinuität zwischen der antiken und der christlichen Zeit spiegelt die für Humanismus und Renaissance konstitutive „concordia omnium philosophorum et theologorum“7 unmittelbar wider und ist damit zentraler Bestandteil frühneuzeitlicher Geschichtsdeutung. Eine für die intellektuelle Kultur der Neuzeit kennzeichnende Geschichtsdeutung gelangte also nicht zuletzt mithilfe der Monochromie zum Ausdruck. Der Florentiner Maler Sandro Botticelli scheint hierzu auf den ersten Blick nur wenig beigetragen zu haben. In der aktuellen Forschung zur monochromen Malerei findet er fast gar keine Berücksichtigung,8 und das nicht ganz zu unrecht, denn von den rund 100 sicher zugeschriebenen Gemälden Botticellis weisen gerade einmal fünf monochrome Bildpartien auf und dies meistens eher zurückhaltend. Es sind sein Fresko in der Sixtinischen Kapelle mit dem Aufruhr gegen das Gesetz des Moses aus den Jahren 1481 bis 1482, der Barnabas-Altar aus den Jahren 1487 bis 1489, die zwi5 Jean Seznec, Das Fortleben der antiken Götter: die mythologische Tradition im Humanismus und in der Kunst der Renaissance (München: Fink, 1990); Joscelyn Godwin, The Pagan Dream Of The Renaissance (London: Thames & Hudson, 2002). 6 Aby Warburg, „Francesco Sassettis letztwillige Verfügung (1907)“, in Aby Warburg, Ausgewählte Schriften und Würdigungen, hg. von Dieter Wuttke (Baden-Baden: Valentin Koerner, 1980), 137–63; Eve Borsook und Johannes Offerhaus, Francesco Sassetti and Ghirlandaio at Santa Trinità, Florence. History and Legend in a Renaissance Chapel (Doornspijk: Davaco Publishers, 1981), 43–45; Steffi Roettgen, Wandmalerei der Frührenaissance in Italien, Bd. 2: Die Blütezeit 1470–1510 (München: Hirmer, 1997), 146–47. 7 D. P. Walker, The Ancient Theology: Studies in Christian Platonism from the Fifteenth to the Eighteenth Century (London: Duckworth, 1972); Cesare Vasoli, Profezia e ragione: studi sulla cultura del ’500 and ’600 (Neapel: Morano, 1974), 175. 8 Eine Ausnahme ist Blumenröder, Andrea Mantegna, 184 f. (Botticellis Verleumdung des Apelles).

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Abb. 2  Sandro Botticelli, Aufruhr gegen das Gesetz Mosis (Die Rotte Korah), 1481–82, Fresko, 348 × 570 cm, Rom, Sixtinische Kapelle.

schen 1491 und 1494 entstandene Verleumdung des Apelles sowie zwei Tafeln mit den Geschichten der Lukrezia und Virginia, die um 1504 von Botticelli selbst und teilweise wohl auch von seiner Werkstatt ausgeführt wurden. Hinzu kommt ein Botticelli strittig zugeschriebenes Gemälde mit Maria, Christusknaben und Johannes dem Täufer aus den 1490er Jahren.9 Die einfachste Form der Monochromie findet sich in Botticellis Fresko mit dem Aufruhr gegen das Gesetz des Moses, auch bekannt als die Rotte Korah. Dort gibt der im Hintergrund dargestellte Konstantinsbogen mit seinen monochrom gemalten Skulpturen und Reliefs der ganzen Szene einen römisch-antiken Beigeschmack, der den Anspruch auf den „primatus Papae“ des römischen Papsttums unterstreicht (Abb. 2).10 Die Monochromie ist hierbei weniger ein bewusst gewähltes Stilelement, sondern eher durch das Sujet bedingt, das eine steinfarbene Darstellung des geschichtsträchtigen antiken Monuments erforderte.   9 Für ein Resümee der Forschung und Analysen der genannten Werke siehe Frank Zöllner, Sandro Botticelli, 2. Aufl. (München/Berlin/London/New York: Prestel, 2009), 96–99, 150–53, 162–69, 216– 21, 231, 250–53, 267–69, 278–79. Im Folgenden knüpfe ich an diese Ausführungen an. 10 Leopold D. Ettlinger, The Sistine Ceiling Before Michelangelo. Religious Imagery and Papal Primacy (Oxford: Clarandon Press, 1965); Zöllner, Botticelli, 96–99, 216–21.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

Abb. 3  Sandro Botticelli, Muttergottes und Kind mit vier Engeln und sechs Heiligen (Barnabas-Altar), um 1487, Tempera auf Holz, 268 × 280 cm, Florenz, Uffizien.

Etwas komplizierter wird es im Barnabasaltar mit seinen zwei monochrom gemalten Tondi rechts und links oberhalb des Thrones der Madonna, die eine Verkündigung zeigen (Abb. 3). Im Bildraum darunter konstituiert eine „Sacra Conversazione“ mit Maria, Christus und den Heiligen Katharina von Alexandrien, Augustinus, Barnabas, Johannes dem Täufer und Ignatius von Antiochien sowie mit dem Erzengel Michael den Bezug zur damals aktuellen Auftraggebersituation in der Florentiner Augustinerkirche San Barnaba. Die Auswahl der Heiligen spiegelt also ganz klassisch die Belange der Stifter und des Kirchenortes und damit aktuelle Anforderungen bzw. Ansprüche wider.11 Die beiden Grisailletondi hingegen zielen nicht auf Aktualität, sondern sie thematisieren eine vorvergangene Zeit, namentlich den vor der Geburt Christi mit der Verkündigung definierten Zeitabschnitt. Eine dritte chronologische Ebene wird von zwei Engeln inszeniert, die den Thron Marias flankieren und Werkzeuge der Passion Christi in Händen halten, namentlich Dornenkrone links und Kreuznägel rechts. Sie weisen auf die Passion des Erlösers voraus. Eine noch intensivere Nutzung der monochromen Malerei findet sich in Botticellis Gemälden mit den Geschichten der Lukrezia und der Virginia.12 Auf der Lukreziatafel entfaltet sich das Narrativ in drei Szenen des Vordergrunds (Abb. 4): Ganz links greift der etruskische Königssohn Sextus Tarquinius die tugendhafte Lukrezia an und ver11 Zöllner, Botticelli, 150–53. Zum Barnabasaltar siehe jetzt auch Damian Dombrowski, Die religiösen Gemälde Sandro Botticellis. Malerei als pia philosophia (Berlin/München: Deutscher Kunstverlag, 2010), 276–92. 12 Hans Körner, Botticelli (Köln: Dumont, 2006), 350–53; Zöllner, Botticelli, 267–69.

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Abb. 4  Sandro Botticelli (und Werkstatt?), Geschichte der Lucrezia, um 1500 oder 1504 (?), Tempera (?) und Öl auf Holz, 83,5 × 180 cm, Boston, Isabella Stewart Gardner Museum.

sucht, ihre sexuelle Gunst zu erzwingen. Die danach folgende Vergewaltigung Lukrezias ist nicht dargestellt, ebenso wenig ihr Selbstmord, wohl aber, unter dem Arkadenbogen rechts, ihr Ohnmachtsanfall. Die Bilderzählung erreicht ihren dramatischen Höhepunkt in der Mitte der Tafel: Um den Leichnam Lukrezias versammelt sich dort das empörte römische Volk, um unter der Führung des Junius Brutus die grausame und ungerechte Herrschaft der etruskischen Könige zu beenden. Die monochrom gemalten, fingierten Reliefs an den Architekturen stellen Episoden aus der Bibel und der römischen Historie dar, darunter links vorn drei Szenen aus der Judith-Geschichte. Das Pendant oberhalb der Arkade rechts zeigt drei Szenen aus der Vita des römischen Tugendhelden Horatius Cocles (Livius, 2.10; Valerius Maximus, 2.2). Auch auf der Stirnseite des Triumphbogens im Mittelgrund finden sich Begebenheiten aus der römischen Geschichte, ebenso auf den Reliefs oberhalb der beiden kleineren Bögen, namentlich zwei Episoden aus dem Leben des Tugendhelden Mucius Scaevola. Die Reliefs darüber zeigen links die Geschichte von Marcus Curtius (Livius, 7.6; Valerius Maximus, 5.6). Das mittlere Relief des Triumphbogens illustriert einen römischen Triumph, während auf der Säule direkt davor der alttestamentliche König und Tugendheld David erkennbar ist. Mit Rückgriff auf die Tugendexempla des Alten Testaments und der römischen Geschichte erfüllt die Monochrommalerei hier also erneut die für das Medium typische Kommentarfunktion. Dasselbe gilt auch für die Virginiatafel mit ihrer Inszenierung und ihrer mono­ chromen Kommentierung eines ähnlichen Opfer-Tugend-Narrativs.13 Botticellis Ein-

13 Herbert Horne, Botticelli: Painter of Florence (Florenz: S.P.E.S. 1986), 284.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

satz reduziert farbiger Malerei beschränkt sich also auf die Kommentarfunktion und auf die Verwendung des chronotopologischen Modells. Seine Herangehensweise ist konventionell und unspektakulär. Ganz anders sieht es mit seiner Verleumdung des Apelles aus (Taf. VI). Das mit seiner brillanten Feinmalerei qualitativ herausragende Gemälde ist zwar schon vielfach gedeutet worden, allerdings kaum mit Blick auf seine Verwendung farbreduzierter Malerei im Bildhintergrund.14 Von den rund 65 mono­ chrom gemalten Detailszenen und fingierten Skulpturen, die hinter und neben dem zentralen Bildgeschehen ein breites Panorama unterschiedlichster Sujets ausbreiten, sind fast alle identifizierbar. Die in Ockertönen gehaltenen und gelegentlich mit Gold gehöhten Monochrommalereien müssen selbst einen Vergleich mit Mantegnas und Signorellis Paradebeispielen der Grisaillemalerei nicht scheuen. Ganz im Gegenteil, kein anderer Künstler des Quattrocento hat eine vergleichbare Zahl identifizierbarer Sujets in der monochromen Malerei auf einem Gemälde vereint, kein anderer Maler mit der Darstellung einer so großen Zahl unterschiedlicher Motive eine vergleichbar gute Kenntnis antiker und nachantiker Quellen zur Schau gestellt. Doch wenden wir uns zunächst dem Vordergrund des Bildes mit seinem farbenfroh gestalteten Personal zu. Im Kern geht es um eine bei Lukian überlieferte Geschichte, die auch Leon Battista Alberti in seinem Malereitraktat erwähnt und zwar als Beispiel für eine wünschenswerte, von Poesie und Redekunst inspirierte Innova­ tionsfreudigkeit der Maler. Als Vorbild wird hier ausdrücklich Apelles vorgestellt. Der antike Maler war, so der bei Alberti fast wörtlich wiederholte Bericht Lukians, von seinem Malerkollegen Antiphilos verleumdet worden, und er hatte diesen Umstand in einem Gemälde dargestellt.15 Gegenstand der Intrige und des wohl fiktiven,16 in jedem Fall aber nicht mehr erhaltenen antiken Gemäldes war die Behauptung des Antiphilos, dass sein Kollege und Konkurrent Apelles an einer Verschwörung gegen

14 Zur „Verleumdung des Apelles“ vgl. Horne, Botticelli, 256–63; Ronald Lightbown, Sandro Botticelli: Life and Work, 2 Bde. (London: Paul Elek, 1978), Bd. 1, 122–26, und Bd. 2, 88–90; Stanley Meltzoff, Botticelli, Signorelli and Savonarola. Theologia poetica and Painting from Boccaccio to Poliziano (Florenz: Olschki 1987); Zöllner, Botticelli, 162–69 und 250–53. 15 Lukian, „Die Verleumdung“, in Lukian, Werke in drei Bänden, hg. von Jürgen Werner und übers. von Christoph Martin Wieland, 3 Bde., 2. Aufl. (Berlin/Weimar: Aufbau-Verlag 1981), Bd. 3, 268–70; Leon Battista Alberti, Das Standbild: Die Malkunst. Grundlagen der Malerei, hg., eingel. und übers. von Oskar Bätschmann und Christoph Schäublin (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000), 82–87, 294–97 (§ 53). – Zu Botticelli und seinen Quellen vgl. auch David Cast, The Calumny of Apelles: a study in the humanist tradition (New Haven, London: Yale University Press, 1981), 29–54 und 198–200. 16 Vgl. hierzu Harald Mielsch, „Die Verleumdung des Apelles: ein frühhellenistisches Gemälde?“ Vorträge der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Geisteswissenschaften, 33. Sitzung am 6. Juni 2012 in Düsseldorf (Paderborn/Wien/München/Zürich: Schöningh, 2012).

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den ägyptischen König Ptolemäus IV. beteiligt gewesen sei. Dieser König ist ganz rechts dargestellt, flankiert von den weiblichen Personifikationen der Unwissenheit links und des Misstrauens rechts. Vor ihm stehen die dunkelbraun gekleidete männliche Gestalt des Neides und die weibliche Personifikation der Verleumdung; sie wird von der Arglist rechts und der Täuschung links begleitet. Zu Füßen der drei Frauen gewahrt der Betrachter den fast vollständig nackten Apelles, den die Personifikation der Verleumdung an den Haaren gepackt hat, um ihn vor den Thron des Königs zu schleifen. Weiter links im Bild sind die als alte Frau verkleidete Reue und neben ihr die Personifikation der Wahrheit in Gestalt einer nackten jungen Frau zu erkennen. Auffällig ist deren Verwandtschaft mit der Venus aus Botticellis wohl kurz zuvor entstandenem Gemälde mit der Ankunft der Venus. Ausgerechnet mit der Figur der Wahrheit zitiert Botticelli also ein eigenes Werk und damit sich selbst. Im Vordergrund hat Botticelli somit ein antikes Gemälde des Apelles nachempfunden, das letztlich zu dessen Rehabilitierung und zur Bestrafung seines Verleumders Antiphilos führte. Etliche Deutungen in der Forschung gehen dann auch in die Richtung, dass Botticelli mit seinem Gemälde auf eine ganz konkrete, gegen ihn selbst oder gegen seinen vermuteten Adressaten Antonio Segni gerichtete Verleumdung reagieren wollte.17 Diese Deutungen lassen sich allerdings nicht mit dem Hintergrund in Einklang bringen, denn dafür sind die zahlreichen dort illustrierten Motive zu heterogen, sowohl was ihren Inhalt als auch was deren Quellen anbelangt. Sie stammen aus dem Alten Testament, der antiken Mythologie und Geschichte sowie aus der nachantiken volkssprachlichen Literatur Italiens. Hierbei wird nicht, wie das etwa in vielen anderen Monochromien des Quattrocento der Fall ist, das chronotopologische Modell bemüht oder ein Geschichtsverständnis konstruiert, das in den antiken Historien eine Präfiguration christlicher Heilsvorstellungen sieht (obwohl etliche der dargestellten Episoden eine solche Konstruktion durchaus zugelassen hätten). Es geht vielmehr, wie im folgenden noch zu eruieren sein wird, um die Erfüllung bestimmter Anforderungen einer poetisch inspirierten Geschichtsmalerei und deren humanistischen Referenzrahmen. Die farbreduzierte Malerei wird von Botti­ celli zudem als autonomes Bildmittel eingesetzt, emanzipiert von einer eher dienenden Kommentarfunktion, die bis dahin für die Mono­chromie kennzeichnend war. Die Sujets in den Nischen und Reliefs des Hintergrunds erschließen sich nur einem belesenen und sehr genau beobachtenden Betrachter. Zu den sicher erkennbaren Figuren zählen die drei Statuen auf den Stirnseiten der Pfeiler: Links David aus dem Alten Testament, in der Mitte der Heilige Georg und ganz rechts der Apostelfürst Paulus (Abb. 5; Schema Nr. 12, 26, 35). Am rechten äußeren Rand hinter Ptolemäus IV. ist zweifelsfrei Judith zu erkennen, auf den beiden Reliefs direkt darüber und darunter zwei dazugehörige Geschichten (Schema Nr. 39–41). Ebenso sicher identifiziert sind einige Darstellungen

17 Vgl. den Überblick der Deutungen in Zöllner, Botticelli, 253.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

Abb. 5  Schema von Sandro Botticelli, Verleumdung des Apelles mit Identifizierung der Einzelszenen.

in den Gewölbefeldern: Ganz links oben finden sich Episoden aus Boccaccios Geschichte des Nastagio degli Onesti, in der Mitte Taten des römischen Helden Mucius Scaevola und Bellerophons Kampf gegen die Chimäre sowie in der Kassettierung des Bogens rechts Episoden aus Boccaccios Ninfale Fiesolano und Lukians Verleumdung des Apelles (Schema Nr. 1, 14–15, 28–29). Andere Reliefs oberhalb der Nischen zeigen profane Episoden aus der Antike oder aus den Schriften Boccaccios. Über die inhaltliche Bestimmung der Reliefs direkt unterhalb der Nischen herrscht weniger Einigkeit. Etwas besser sieht es hingegen mit den ganz unten auf den Sockeln platzierten Darstellungen aus: Ganz links finden sich vorwiegend Sujets aus den Schriften Dantes und der Antike (Schema Nr. 8–9), während auf der rechten Seite insgesamt drei Reliefs als sicher identifiziert gelten: Direkt unter dem Thron des Ptolemäus findet sich in Schrägansicht dargestellt eine Allegorie des Hochmuts, daneben eine bei Lukian beschriebene Kentaurenfamilie und ganz rechts die Göttin Minerva (Schema Nr. 42–43, 45). Einige aus dem Altertum übernommene Sujets sind direkte Nachschöpfungen antiker Bildbeschreibungen. Das gilt allem Anschein nach für das querformatige Relief in der Kämpferzone der Arkade links (Schema Nr. 2), das den Sturz des Hippolytos nach Philostrats Eikones (2.4) illustriert. Das Relief auf der Stirnseite des mittleren Pfeilers stellt einen Löwen zusammen mit drei Amorknaben dar (Schema Nr. 25), was recht genau der Beschreibung eines antiken Reliefs in der Naturgeschichte des Plinius (36.41)

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entspricht. Am rechten Bildrand schließlich, unterhalb des Ptolemäusthrones, ist die bereits genannte Kentaurenfamilie dargestellt (Schema Nr. 43). Dazu später mehr. Botticelli knüpft mit dieser Nachahmung antiker Ekphrasis an seine eigene Praxis als Maler an, denn in etwa demselben Zeitraum hatte er mit zwei größeren Gemälden, mit der Venus und Mars sowie mit der sogenannten Geburt der Venus, bereits zwei Beispiele für diesen Typus der Nachahmung von Ekphrasis geschaffen. Zudem nimmt Botticelli in seiner Verleumdung des Apelles nicht nur auf Texte Bezug, sondern auch auf noch existierende Gemälde bzw. auf deren Sujets. Dazu zählen die schon genannten Darstellungen mit Szenen aus Boccaccios Geschichte von Nastagio degli Onesti (Schema Nr. 1). Eben dieses Sujet hatte er einige Jahre zuvor in einer Serie von vier Gemälden dargestellt. Ähnlich verhält es sich mit der am äußeren Rand rechts in einer Nischenfigur thematisierten Geschichte der Judith (Schema Nr. 39–41). Sie zitiert seitenverkehrt ein Frühwerk Botticellis, die heute in den Uffizien in Florenz verwahrte Rückkehr Judiths nach Betulia. Wie bereits mit der Personifikation der Wahrheit im Hauptfeld des Gemäldes knüpft Botticelli also auch im Bildhintergrund an Beispiele aus seinem eigenen malerischen Oeuvre an. Bemerkenswert sind auch Botticellis Grisailledarstellungen mit antiken Sujets, die man als eine Auseinandersetzung mit der Malerei und ihrer Theorie deuten kann. Das gilt zunächst natürlich für die Darstellung der Haupthandlung im Vordergrund, die insofern den besonderen Status des Malers thematisiert, als das gemalte Bild einer Verleumdung wirkungsvoll genug war, um eben diese Verleumdung unwirksam zu machen und die Reputation des Malers wiederherzustellen. Zudem gehen zwei der Darstellungen des Hintergrundes auf den Status der Malerei im weitesten Sinne ein. Das erste Beispiel findet sich im rückwärtigen Bereich des mittleren Arkadendurchganges und ist aufgrund der perspektivischen Verkürzung nur mit Mühe zu erkennen (Schema Nr. 22). Dargestellt ist ein Affe, der vor einem Baum mit einer daran hängenden Maske sitzt. Stanley Meltzoff hat vor einiger Zeit die These vertreten, dass mit Affe und Maske zwei unterschiedliche Konzepte der Naturnachahmung zu verbinden seien, die „imitatio“ und die „mimesis“. Letztere sei mehr als nur niederes Nachahmen der Natur und daher das höherwertige Konzept. Hieran schließt Meltzoff die weitergehende These an, dass Botticelli mit seiner Verleumdung des Apelles eine humanistische Konzeption von Poesie gegen einen antipoetischen und antihumanistischen Savonarola habe verteidigen wollen.18 Wahrscheinlich geht diese Deutung etwas zu weit, denn tatsächlich fehlen überzeugende Belege sowohl für einen so dezidiert anti-poetischen Savonarola als auch für einen anti-savonarolanisch eingestellten Botticelli.19 Vielmehr 18 Meltzoff, Botticelli, 152–57. 19 Vgl. Maria Calì, „La ‚Calunnia‘ del Botticelli e il Savonarola“, Arte documento 3 (1989): 88–99. – Zum sogenannten „Savonarola-Problem“ vgl. Zöllner, Botticelli, 175; Dombrowski, Die religiösen Gemälde, 389–420.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

dürfte der Affe mit der Maske ganz einfach als Verweis auf das schon seit dem Mittelalter mit dem Motto „Ars simia naturae“ verbundene Konzept der akribischen Naturnachahmung zu verstehen sein.20 In jedem Fall aber stützt auch der Affe mit der Maske die These, dass Botticelli in seiner Verleumdung des Apelles im weitesten Sinne die Malerei und zudem ihre Theorie thematisiert. Das zeigt auch das bereits mehrfach genannte Bildfeld zu Füßen des Ptolemäus mit einer Kentaurenfamilie. Erneut ist das Sujet durch Lukian überliefert, der zudem eine interessante Deutung der von ihm geschilderten Episode beisteuert. Lukian veranschaulicht mit seiner Ekphrasis und deren Exegese den begrenzten Wert künstlerischer Erfindungen am Beispiel einer Anekdote über den antiken Maler Zeuxis: Der habe sich mit den gängigen Sujets wie Götterbildern und Schlachtendarstellungen meistens gar nicht mehr befasst, denn er interessierte sich in erster Linie für neue, bis dahin noch unbearbeitete Bildgegenstände. Ein solches Sujet illustrierte Zeuxis mit dem Bild einer Kentaurenfamilie, das sofort von allen Kritikern überschwänglich gelobt worden sei. Doch habe Zeuxis das Gemälde angesichts des Lobes sofort einpacken lassen, denn die außerordentlich positive Resonanz war ihm zuwider, weil das Publikum nur die Neuheit des Sujets und nicht sein malerisches Können zu würdigen gewusst habe: „Diese Herren loben gerade, was das Schlechteste an einem Kunstwerk ist: auf die Schönheit der Ausarbeitung, auf das, worauf der Künstler, wenn es ihm gelungen ist, sich am meisten zugute tut, legen sie keinen Wert; wenn’s nur was Neues ist, alles Übrige gilt ihnen gleichviel.“21

Tatsächlich war ja Botticelli selbst ein großer Neuerer in der Kunstgeschichte. Allein die Erfindung des großformatigen mythologischen Gemäldes und die Verarbeitung einer großen Zahl komplexer und teilweise entlegener altsprachlicher Texte bezeugen seinen Status als einer der innovativsten Künstler seiner Zeit. Man mag daher bezweifeln, dass er mit der Darstellung der Kentaurenfamilie nun wirklich diese Deutung Lukians illustrieren wollte. Unbestreitbar erscheint mir jedoch, dass er auch mit dem Sujet der Kentaurenfamilie die Malerei als solche thematisiert und dies im Modus der Monochromie. Zudem ist dieses fingierte Relief nicht nur sehr gut sichtbar platziert, 20 Vgl. Horst W. Janson, Apes and Ape Lore in the Middle Ages and the Renaissance (London: The Warburg Institute, 1952), 287–94; Alessandro Nova, „Paragone-Debatte und gemalte Theorie in der Zeit Cellinis“, in Kunst und Kunsttheorie im 16. Jahrhundert, hg. von Alessandro Nova und Anna Schreurs (Köln/ Weimar/Wien: Böhlau 2003), 183–202, bes. 194–95. Zur Ikonographie der Maske, die aber erst ab dem 16. Jahrhundert die „Mimesis“ symbolisiert, vgl. zudem Eckhard Leuschner, Persona, Larva, Maske. Ikonologische Studien zum 16. bis frühen 18. Jahrhundert (Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien: Peter Lang, 1997), 279–300. 21 Lukian, „Zeuxis oder Antiochius“, in Lukian, Werke in drei Bänden, hg. von Jürgen Werner und übers. von Christoph Martin Wieland, 3 Bde., 2. Aufl. (Berlin/Weimar: Aufbau-Verlag 1981), Bd. 2, 200–6.

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sondern auch noch die größte der Szenen des Hintergrundes. Malerei als Thema der Malerei wird hier also in einer besonders auffälligen Art und Weise dargestellt. Es ist bekanntlich nicht schwer, für ein komplexes Renaissancegemälde eine Fülle antiker und nichtantiker Quellen zusammenzusuchen und aus diesem Textkorpus eine Gesamtdeutung zusammenzubasteln. Die Menge der zur Verfügung stehenden Texte verführt bekanntlich nicht selten zu sehr weitgehenden Deutungen. Als Resultat meiner hermeneutischen „Bastelstunde“ möchte ich mich daher beschränken und lediglich die These vertreten, dass Botticelli mit seiner Verleumdung des Apelles den Status der Malerei als eine der Poesie ebenbürtige Kunst vorstellt und dies insbesondere auch mit Blick auf sein eigenes malerisches Oeuvre. Tatsächlich nimmt die Verleumdung des Apelles nicht nur mehrfach Bezug auf die eigenen Werke, sondern sie spiegelt auch recht exakt die Vorgehensweise Botticellis in seinen mythologischen Gemälden wider. Auch dort, etwa in der Primavera, bezieht sich seine Bildgestaltung sowohl auf eine kühne Kombination sehr unterschiedlicher Texte als auch auf die poetischen Konventionen antiker und zeitgenössischer Dichter, die ihm Angelo Poliziano als humanistischer Berater nahegebracht hatte.22 Hierbei bleibt allerdings die Frage zu beantworten, warum die Reflexion über eine poetisch inspirierte Malerei in der Verleumdung des Apelles ausgerechnet mithilfe monochromer Malerei geschieht, in einem Medium also, das bei Botticelli bis dahin keine große Rolle gespielt hatte. Die Frage stellt sich vor allem auch, weil das Gemälde herausragend und singulär ist – so in der beispiellos dichten Konzentration antiker und nichtantiker Geschichten auf engstem Raum. Zudem weicht Botticelli hier von der für die Monochromie üblichen Kommentarfunktion und vom gängigen chronotopologischen Modell ab. Die Hinwendung zur Monochromie muss zudem überraschen, weil Apelles, mit dem sich Botticelli ja in seinem Gemälde in Beziehung setzt, bis dahin nicht unbedingt als Schöpfer reduziert farbiger Werke bekannt war. Als Protagonist dieses Mediums galt vielmehr seit der Antike Zeuxis. Das jedenfalls legen die antiken Quellen in der heute bekannten Form nahe (Plinius, Naturalis historia, 35.36 (64)).23 Nun gibt es allerdings ein Textzeugnis, das zumindest in korrupter Form, den (aus heutiger Sicht möglicherweise irrigen) Schluss zulässt, dass auch Apelles in der Antike auf dem Gebiet der Monochromie etwas geleistet habe. Es ist ein Passus aus dem Saty22 Aby Warburg, Sandro Botticellis ‚Geburt der Venus‘ und ‚Frühling‘: eine Untersuchung über die Vorstellungen von der Antike in der italienischen Frührenaissance (Hamburg: Leopold Voss, 1893), Wiederabdruck in Aby Warburg, Ausgewählte Schriften und Würdigungen, hg. von Dieter Wuttke (Baden-­ Baden: Koerner, 1980), 11–64; Charles Dempsey, The Portrayal of Love: Botticelli’s Primavera and Humanist Culture at the Time of Lorenzo the Magnificent (Princeton: Princeton University Press, 1992). 23 C. Plinius Secundus d. Ä., Naturkunde lateinisch-deutsch, Buch XXXXV, hg. und übers. von Roderich König (München: Heimeran Verlag, 1978), 54. – Vgl. auch Kraft, Problem der Grisaillen-Malerei, 59; Blumenröder, Andrea Mantegna, 221–25; Schäffner, Terra verde, 21–22.



Sandro Botticelli als Apelles und als Grisaillemaler

ricon des Petronius, der in freier moderner, etwas ergänzter Übersetzung folgendermaßen lautet: „Ich kam in eine Gemäldegalerie, die durch verschiedenartige Gemälde Bewunderung verdient. Ich sah dort auch Werke von der Hand des Zeuxis, die noch nicht von den Unbilden der Zeit zerstört waren, auch Reste von Werken des Protogenes, die mit der Natur selbst um die Wahrheit rangen. Und ich studierte sie mit einer Art ehrfürchtigem Schauer. Aber nun erst ein Werk des Apelles, das die Griechen ‚Monoknemos‘ nennen [also ‚die Göttin auf einem Bein stehend‘]. Auch ich betete sie an: mit solcher Feinheit waren die bildlichen Darstellungen dem Leben nachgebildet, dass man an eine Seelenmalerei glauben möchte.“24

Für den entscheidenden und zugleich problematischsten Satz „Iam vero Apellis quam Graeci monocnemon appellant, etiam adoravi“ gab es lange Zeit unterschiedliche Emendations-, Übersetzungs- und Deutungsvarianten, da die für das Satyricon des Petronius ohnehin schon komplizierte Texttradition an dieser Stelle besonders widersprüchlich ist.25 Die oben zitierte Variante beruht letztlich auf einer bereits im 16. Jahrhundert von Joseph Justus Scaliger vorgenommenen Emendation, der das evident korrupte und daher vollkommen sinnlose „monocremon“ durch „monocnemon“ ersetzte.26 Abgesehen von dieser heute in der Klassischen Philologie akzeptierten Emendation, gab es jedoch mehrere Textvarianten mit unterschiedlichen Graden der Korruption, darunter auch die Lesart „Tarn vero Apellis, quam Graeci monocremon appellant etiam adorati.“27 Bereits vor, aber auch noch nach der Intervention Scaligers haben daher Humanisten und Philologen etliche Vorschläge der Emendation gemacht. Diese Vorschläge für die Korrektur des Begriff „monocremon“ reichen von „mono­hemeron“, „monochemeron“, „monokrepida“ und „monoglenon“ bis zu „mono­ chromaton“ und schließlich auch „monochromon“.28 Besonders naheliegend wäre

24 „In pinacothecam perveni vario genere tabularum mirabilem. Nam et Zeuxidos manus vidi nondum vetustatis iniuria victas, et Protogenis rudimenta cum ipsius naturae veritate certantia non sine quodam horrore tractavi. Iam vero Apellis quam Graeci monocnemon appellant, etiam adoravi. Tanta enim subtilitate extremitates imaginum erant ad similitudinem praecisae, ut crederes etiam animorum esse picturam.“ Petronius, Satyricon 83.1–3, zitiert nach Titus Petronius Arbiter, Petronii Arbitri Satyricon reliquiae, hg. von Konrad Müller (Stuttgart, Leipzig: Teubner, 1995), 82. 25 Titus Petronius Arbiter, Satyrgeschichten, lateinisch und deutsch von Otto Schönberger (Berlin: Akademie Verlag, 1992), 35–37; Petronius, Petronii Arbitrii, III–XXXVIII; Peter Habermehl, Petronius, Satyrica 79–141 (Berlin/New York: De Gruyter, 2006), XXXV–XXXVI. 26 Habermehl, Petronius, 79–141. 27 Hugo Blümner, „Noch einmal die ‚Monoknemos‘ des Apelles“, Archäologische Zeitung 42 (1884): 133– 38, 135; Habermehl, Petronius, 66. 28 Petronius, Petronii Arbitri Viri Consvlaris Satyricon: Svlpiciae Satyra De Edicto Domitiani. Omnia & ampliora & emendatiora/Ex recognitione Iani Dovsae, additis eiusdem Praecidaneis cum auctario (Lei-

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eigentlich die Vermutung gewesen, mit „monocremon“ sei „monochromon“ gemeint, womit Petronius auf die Verdienste des Apelles als Schöpfer monochromer Bilder habe hinweisen wollen. Tatsächlich lässt sich diese Auffassung noch in der älteren Philologie29 und in der Kunstliteratur des 17. bis 19. Jahrhunderts nachweisen, so etwa in Carlo Datis Vite dei pittori antichi30 oder in dem von Julius Sillig als Hauptautor verantworteten Catalogus artificum, auch erschienen und weit verbreitet unter dem Titel Dictionary of the Artists of Antiquity.31 Ob allerdings die im Umkreis Botticellis aktiven Humanisten wie Angelo Poliziano die korrupte Lesart des Petroniustextes in „monocromon“ emendierten und der Künstler sich hierdurch zu einem monochrom gemalten Gemälde inspirieren ließ, ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht mit Sicherheit zu sagen. Gleichwohl könnte die ab dem 16. Jahrhundert bezeugte Ansicht, dass Apelles ein berühmtes monochromes Bild geschaffen habe, ein Ansporn für Botti­ celli gewesen sein, ein Gemälde mit der Verleumdung des Apelles im Medium farbreduzierter Malerei zu schaffen. In jedem Fall sollte dieses Gemälde fortan nicht allein als ein wichtiges Beispiel für die Thematisierung von Malerei durch Malerei und daher als wichtiges Indiz ihrer Selbstreferentialität32 gelten, sondern auch als ein Hauptwerk der reduziert farbigen Malerei.

den: Paetius, 1585), 32; Petronius Arbiter Satyricon. Tomus primus curante Petro Burmanno (Utrecht: Wande Water, 1709), 2. Aufl., Amsterdam 1743 (Nachdruck Hildesheim/New York: Georg Olms, 1974), 531; Peter Habermehl, Petronius, Satyrica 79–141. Ein philologisch-literarischer Kommentar (Berlin/New York: De Gruyter, 2006), 66–67. 29 Petronius, Titi Petroni[i] Arbitri Equitis Romani Satyricon. Et Diversorum Poetarum Lusus in Priapum/ Cum selectis variorum Commentariis. Accedunt Pervigilium Veneris. Ausonii Cento nuptialis. Cupido cruci-affixus, Atque alia nonnulla, notis doctorum Virorum inlustrata/Accurante Simone Abbes Gabbema (Utrecht: Zyll & ab Ackersdyck, 1654), 79. 30 Carlo Roberto Dati, Vite de pittori antichi (Florenz: Stamperia della Stella, 1667), 67. 31 Julius Sillig und Edmund Henry Barker, Dictionary of the Artists of Antiquity. Architects, Carvers, Engravers, Modellers, Painters, Sculptors, Statuaries, and Workers in Bronze, Gold, Ivory, and Silver (London: Black and Armstrong, 1836), 22 (zuerst erschienen als [Karl Julius Sillig,] Catalogus artificum. Sive Architecti, statuarii, sculptores, pictores, caelatores et scalptores, graecorum et romanorum, literarum ordine dispositi a Iulio Sillig (Dresden, Leipzig: Arnold, 1827), 74). – Vgl. auch Blümner, „Monoknemos“, 135. 32 Vgl. hierzu Hermann Ulrich Asemissen und Gunter Schweikhart, Malerei als Thema der Malerei (Berlin: Akademie Verlag, 1994); Claudia Denk, Rezension von Georg‑W. Költzsch: Der Maler und sein Modell. Geschichte und Deutung eines Bildthemas (Köln: DuMont 2000), in KUNSTFORM 2 (2001), Nr. 1, letzter Zugriff am 23. September 2016 https://www.arthistoricum.net/kunstform/rezension/ausgabe/2001/1/; Valeska von Rosen, „Selbstbezüglichkeit“, in Metzlers Lexikon Kunstwissenschaft: Ideen, Methoden, Begriffe, hg. von Ulrich Pfisterer, 2. Aufl. (Stuttgart/Weimar: Metzler, 2011), 406–9.

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Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti1

In der Kunstgeschichte wurde der Frage, was das chiaroscuro bzw. Helldunkel in Leon Battista Albertis Kunsttheorie ausmacht, anhand der Lektüre seines Malereitraktats Della Pittura vielfach nachgegangen.2 Die Analyse der materiellen Dimensionen in Albertis Denken ist hingegen erst in letzter Zeit in den Fokus getreten. So zeichnet sich etwa bei Charles H. Carman der Versuch ab, das Denken des Humanisten in neuem Licht zu deuten.3 Die Frage nach dem Verhältnis von Natur und Kunst wird neu gestellt und damit einhergehend thematisiert, ob Natur für die Renaissance die körperliche Substanz der Dinge bedeute oder ob sie auf eine Vorstellung zugrundeliegender Gesetze bezogen sei.4 Der vorliegende Text befasst sich entsprechend mit der Frage der materia, die mit Stofflichkeit, Körperlichkeit, damit dem rilievo und letztlich dem Verhältnis von Natur und Kunst zusammenhängt. Albertis Traktat über die Malkunst soll im Folgenden einem close-reading unterzogen werden.5 Dabei soll zunächst eine kurze Zusammenfassung des bislang in der 1 Dieser Aufsatz ist verfasst in Anlehnung an das gleichnamige Kapitel meines Buches Apparition, Körper, Bild. Das Helldunkel in Malerei und Film (Paderborn: Fink, 2016). 2 Vgl. Marta Cencillo Ramirez, Das Helldunkel in der italienischen Kunsttheorie des 15. und 16. Jahrhunderts und seine Darstellungsmöglichkeiten im Notturno (Münster: Lit, 2000), mit ausführlichen bibliografischen Angaben. 3 Vgl. Charles H. Carman, Leon Battista Alberti and Nicolas Cusanus. Towards an Epistemology of Vision for Italian Renaissance Art and Culture (London: Ashgate, 2014), 16: „The overarching point that I am seeking to stress is that the Renaissance is not so much a beginning of anthropocentrism as it is a point of discovering how the divine is perceived to be evident in the natural world […].“ 4 Vgl. ebd. 5 Für eine historisch-systematische Einordnung des Traktats ist anzumerken: Alberti (1404–72) lebte unter anderem in Rom und Florenz, wobei er 1428 erstmals in Florenz nachweisbar ist. Ab 1431 war Alberti Sekretär im Umkreis von Papst Eugen IV. in Rom, mit dem er nach dessen Vertreibung 1434

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Forschung diskutierten Bildbegriffs Albertis erfolgen und weiter auf die Rolle des Helldunkels sowie das Verhältnis von Körperlichkeit und Materialität im Zusammenhang mit der malerischen Praxis eingegangen werden. Darüber hinaus ist der Begriff der istoria, der Narration, ein relevanter Aspekt. Textgrundlage ist grundsätzlich die italienische Fassung des Traktats, da die Künstler der Frührenaissance vermutlich mit ihr zu arbeiten pflegten.6 Im Anschluss an die Diskussion des Traktats werden Bildwerke analysiert, die deutliche plastische Effekte aufweisen oder in Grisaille ausgeführt sind. Alberti war als Architekt, Bildhauer und Maler sowie Theoretiker tätig. Da von ihm selbst jedoch kein Bildmaterial überliefert wurde, ist ein vertiefter Blick auf Arbeiten von Andrea Mantegna zur Verdeutlichung der erarbeiteten Thesen geboten. Mantegnas Werke werden als Fallbeispiel gewählt, weil die Beziehung zu Albertis Lehren hier besonders deutlich wird. Es gilt als gesichert, dass Mantegna Albertis Traktat über die Malkunst kannte, diese Schrift nicht nur genau studierte, sondern auch als Vorlage nutzte.7

I. Das Bild als finestra aperta Der bislang diskutierte Bildbegriff Albertis verbindet sich mit der Konzeption des Bildes als geöffnetes Fenster. Im ersten Buch des aus insgesamt drei Büchern bestehenden Traktats, den sogenannten Lehrstücken, heißt es hierzu: „Als Erstes zeichne ich auf der zu bemalenden Fläche (dove io debbo dipingere) ein rechtwinkliges Viereck von beliebiger Größe; von diesem nehme ich an, es sei ein offenstehendes Fenster (finestra aperta), durch das ich betrachte, was hier gemalt werden soll […].“8 nach Florenz übersiedelte. In der Zeit zwischen 1435 und 1436 verfasste er dort vermutlich zuerst in italienischer Sprache den Traktat über die Malkunst, Della Pittura, und übersetzte ihn danach selbst ins Lateinische. Die italienische Fassung ist bezeichnenderweise dem Architekten Filippo Brunelleschi, Erbauer der Florentiner Domkuppel und Erfinder der Zentralperspektive gewidmet; zur Priorität der italienischen vor der lateinischen Fassung von Albertis Traktat vgl. zuletzt Carman, Leon Battista Alberti and Nicolas Cusanus, XV. 6 In Einzelfällen wird auf die ausführlichere, lateinische Version rekurriert, mit der sich Alberti wohl an seine humanistisch gebildeten Zeitgenossen richtete. In beiden Fällen werden deutsche Übersetzungen aus anerkannten zweisprachigen Ausgaben angeführt und die für die Argumentation wichtigen original­ sprachlichen Termini in Klammern beigefügt. 7 Vgl. Michael Baxandall, Giotto and the Orators. Humanistic Observers of Painting in Italy and the Discovery of Pictorial Composition, 1350–1450 (Oxford: Clarendon Press, 1971), 133 f. 8 Leon Battista Alberti, Della Pittura/Über die Malkunst, hg., eingeleitet, übers. u. komm. von Oskar Bätschmann und Sandra Gianfreda (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002), Buch I, Kap. 19, 92 f.: „Principio, dove io debbo dipingere scrivo uno quadrangolo di retti angoli quanto grande io voglio, el quale reputo essere una finestra aperta per donde io miri quello che quivi sarà dipinto […].“

Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti

Die Konzeption des Bildes als geöffnetes Fenster baut auf der Vorstellung einer nahezu vollkommenen Durchsichtigkeit der Bildfläche auf, so als wäre sie von „durchsichtigem Glas“,9 wie es an einer früheren Stelle des Traktats heißt, das quer „durch die Sehpyramide“10 verläuft. Hier spricht sich eine neue Bildauffassung aus, wonach der wiedergegebene Gegenstand allein den Bedingungen des menschlichen Sehens unterliegt. Die Rede von einer Transparenz des Bildes geht einher mit einer medialen Selbstverleugnung des Bildes.11 Dieser bislang vor allem verhandelte Bildbegriff Albertis wird im ersten Buch des Traktats naturwissenschaftlich begründet. Das Bild ist hier auf eine Konzeption zugrundeliegender Gesetze bezogen, nämlich die der Geometrie und Optik. Dieser Bildbegriff verbindet sich im zweiten Buch mit der Forderung nach istoria,12 nach einer Bilderzählung. Durch das erwähnte Fenster schaut das Subjekt gleichsam in eine naturalistisch gestaltete, narrativ verfasste Welt, die, je nach Lesart dieser konzeptuellen Realität, einer anthropomorphischen Perspektive unterworfen ist oder in umfassender Transzendenz aufgeht.13 Die genannten Perspektiven versucht die folgende Argumentation um eine dritte Lesart zu ergänzen, die stärker auf die Inkongruenzen in Albertis Text eingeht. Zentral ist hierbei der Begriff des rilievo.14 Der Zusammenhang von chiaroscuro und rilievo besteht im plastischen Erscheinen auf der Fläche, welches bei Alberti durch Verdunkelung und Aufhellung der Lokalfarben erzeugt wird. Der Terminus rilievo findet bei Alberti meistens in der Form von „rilevato“ Verwendung, also der adjektivischen im Unterschied zur seinerzeit schon etablierten substantivierten Form. Er wird erstmals im zweiten Buch benutzt, wo sich mit ihm die schlichte Forderung verbindet, dass ein Gemälde eine ausgeprägt plastische Erscheinung sowie Ähnlichkeit mit dem (Natur‑) Vorbild aufzuweisen habe.15 Die nächste Erwähnung des Terminus erfolgt ebenfalls im zweiten Buch, wo er als integraler Bestandteil einer grundlegenden Analogie zwi-

  9 Ebd., Kap. 12, 84 f.: Die Formen der gesehenen Gegenstände seien auf der Fläche darzustellen, „als ob die Fläche aus durchsichtigem Glas wäre (che se essa fusse di vetro tralucente).“ 10 Ebd.: „Daher wird ein Gemälde nichts anderes sein als die Schnittfläche durch die Sehpyramide (Sarà adunque pittura non altro che intersegazione della pirramide visiva) […].“ 11 Vgl. Lambert Wiesing, „Fenster, Fernseher und Windows“, in ders., Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2005), 99–106, hier 99: „Das materielle Bild an einer Wand gleicht einem Fenster, weil ein Betrachter in beiden Fällen durch ein Medium hindurchschaut, ohne dieses Medium selbst zu thematisieren.“ 12 Zum Begriff der istoria vgl. Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 35, 121 und Kap. 40, 129. 13 Vgl. Carman, Leon Battista Alberti and Nicolas Cusanus, 138: „The ‚window‘, then, permits a view into a conceptual reality, as much, or more so than it simply reflects back to us our own world.“ 14 Zum Begriff des rilievo vgl. Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 32, 117 und Kap. 46, 141 sowie Buch III, Kap. 58, 161. 15 Ebd., Buch II, Kap. 32, 117.

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schen Naturerscheinung und plastischer Darstellung auftaucht.16 Im dritten Buch wird der Begriff erneut aufgegriffen und in ein Verhältnis zum konkreten plastischen Bildwerk gesetzt.17 Alberti empfiehlt den Malern, eher Skulpturen als Gemälde zu kopieren, um sich in der Darstellung dreidimensionaler Körperlichkeit auf der zweidimensionalen Malfläche zu üben. Bemerkenswert mit Blick auf den Begriff des rilievo ist im gegenwärtigen Zusammenhang, wie er mit der erwähnten Frage nach der Bedeutung der Natur zusammenhängt. Da der Begriff im Umfeld der Verkörperungsstrategien der Malerei eine Rolle spielt, stellt sich die Frage, inwieweit die physikalische Substanz der Realität oder der Rekurs auf eine Konzeption zugrundeliegender Gesetzmäßigkeiten semantisch für ihn konstitutiv sind. Sieht man sich die Konzeption des Bildes als geöffnetes Fenster unter dieser Fragestellung genauer an, gibt es mehrere mögliche Ansatzpunkte. Einer ist, von der in dem oben angeführten Zitat zum Bild als Fenster erwähnten „zu bemalenden Fläche“ auszugehen.18 Eine hierfür relevante Stelle vom Beginn des Traktats soll analysiert werden. Es handelt sich dabei um die bemerkenswerte und viel diskutierte Rede von der Entgegensetzung des Verfahrens der Mathematiker und der Maler im ersten Kapitel des ersten Buches. Hier heißt es zunächst über die Mathematiker, dann über die Maler: „Jene messen allein mit dem Verstand die Formen der Dinge, losgelöst von allem Stofflichen (materia). Wir aber, die wir die Dinge zur Anschauung gebracht haben wollen, werden uns an eine sozusagen handfestere Minerva (più grassa Minerva) halten […].“19

Alberti wendet sich mit der Anspielung auf Minerva als Göttin des Handwerks gegen eine einseitige Betonung des Messverfahrens der Mathematiker. Er spricht sich gegen eine Sichtweise aus, deren Zielsetzung allein die Rationalisierung der Naturformen ist. In Ergänzung dazu fordert er, das Stoffliche oder das Materielle in der Malpraxis zu berücksichtigen. Für die Analyse heißt das zu untersuchen, worin dieses Materielle bei Alberti genau besteht. Zu vermuten ist, dass es ihm nicht allein um die illusionistische Darstellung von Körperhaftigkeit auf der Malfläche geht. Stattdessen soll gezeigt werden, dass die erwähnte Rede von der „zu bemalenden Fläche“ ein möglicher Ansatzpunkt ist, Materialität schon auf der Ebene der Bildproduktion zu bedenken. Es ist zutreffend, dass Alberti von den materiellen Bedingungen der Bildproduktion im

16 Ebd., Kap. 46, 141. 17 Ebd., Buch III, Kap. 58, 161. 18 Zur Anerkennung des Bildes als bemalter Fläche bei Alberti vgl. Klaus Krüger, Das Bild als Schleier des Unsichtbaren. Ästhetische Illusion in der Kunst der frühen Neuzeit in Italien (München: Fink, 2001), 29–34. 19 Alberti, Della Pittura, Buch I, Kap. 1, 66 f.: „Quelli col solo ingegno, separata ogni materia, mesurano le forme delle cose. Noi, perché vogliamo le cose essere poste da vedere, per questo useremo quanto dicono più grassa Minerva […].“

Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti

Malereitraktat weitgehend abstrahiert. Umso aufmerksamer müssen die Textstellen studiert werden, in denen sich Spuren eines materiellen Denkens zeigen. Jede Einzelheit der anschaulichen Daten gehört nach Otto Pächt zugleich zwei verschiedenen Bezugssystemen an, einem räumlichen und einem flächigen.20 Mit der Einbeziehung der bemalten Fläche in die Konzeption des Bildes kann dieses Modell um ein drittes Bezugssystem oder eher Bezugsfeld erweitert werden. In diesem Modell ist dann jede Einzelheit drei Bereichen zugeordnet: einem räumlichen, einem flächigen und einem materiellen. Die Funktion der materiellen Dimension in Albertis Bildbegriff ist in diesem erweiterten Modell genauer zu bestimmen. Es ist im Kontext der Verkörperungsstrategie der Malerei zu klären, in welchem Verhältnis die bemalte Fläche zu Flächenprojektion und Raumdarstellung steht. Ferner muss geklärt werden, wie diese Fläche sich zur Funktion narrativer Malerei verhält. Um diesen Fragen nachzugehen, sind im Folgenden Textstellen zur Sehpyramide, zu den Flächen, zum Lichteinfall sowie zur Skulptur als Vorbild für die Erzeugung des rilievo in der Malerei zu untersuchen.

II. Techniken des Sehens im materiellen Bezugsfeld Mit der Vorstellung vom Bild als Fenster sowie als Schnitt durch die Sehpyramide, verbindet sich eine bedeutende Thematik, wie sie Oskar Bätschmann formuliert hat: „Das diffizilste Problem war, die Sehpyramide Euklids mit den Variablen des Sehens zu verbinden, zu denen der Zentralstrahl, die Abstände zwischen Flächen und Spitze, die Zahl und die Stellung der Flächen ebenso gehören wie auch Licht, Schatten und Farben.“21 Besonders das hier angesprochene Verhältnis der mathematischen Fixierung des Sehens zu den Spielräumen des menschlichen Sehens soll im Folgenden genauer untersucht werden. An dieser Stelle zeichnen sich einige instruktive Widersprüche in Albertis Bildbegriff ab. Denn die im Zitat erwähnten Variablen des Sehens stehen der geometrischen Vermessung der Naturformen entgegen, sind aber gleichzeitig mit Faktoren wie dem Licht verknüpft. Das Licht aber ist das Fundament für den Begriff des rilievo und damit die Verkörperungsstrategie der Malerei. Das Sehen ist bei Alberti nicht einfach eine Tätigkeit, sondern wird im Anschluss an die „Lehre der Philosophen“22 als Vorgang des Messens mit Sehstrahlen erörtert. Das Sehen wird folglich als körpergebundene Messtechnik bestimmt. Die Sehstrahlen werden hierbei mit ganz feinen Fäden verglichen, die im Inneren des Auges, wo der Sehsinn seinen Ort hat, miteinander verknüpft sind. Von hier erstrecken sie sich bis zur 20 Vgl. Otto Pächt, „Gestaltungsprinzipien in der westlichen Malerei des 15. Jahrhunderts“, Kunstwissenschaftliche Forschungen 2 (1933): 75–100, hier 76. 21 Alberti, Della Pittura, 11 (Einleitung Bätschmann). 22 Ebd., Buch I, Kap. 5, 71.

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gegenüberliegenden Fläche.23 Es ist eine Bewegung des Erstreckens bzw. Ausstreckens der Sehstrahlen, in der das Sehen die Formen der Flächen erfasst. Das entspricht der Sendetheorie des Sehens, von der, wie sich der lateinischen Fassung des Traktats entnehmen lässt, Alberti Kenntnis hatte, auf die er jedoch auch dort nicht wesentlich näher eingeht.24 Alberti unterscheidet äußere, mittlere und zentrale Sehstrahlen. Sie sind durch Dynamiken geprägt, die teils bewusst gesteuert sind, teils auf Umgebungsreize reagieren. Mit den äußeren Strahlen werden die Längen gemessen. Die mittleren Sehstrahlen hingegen nehmen Farben und Licht der Flächen an. Über sie heißt es: „Und diese verhalten sich so, wie man es dem Chamäleon nachsagt, einem Tier, das jeweils von der ihm nächsten Umgebung die Farbe annimmt. Denn von der Stelle, an der die Strahlen die Fläche berühren, bis hin zum Auge nehmen sie Farben und Licht der Fläche so an, dass du sie an jeder Bruchstelle stets auf die gleiche Art beleuchtet und gefärbt vorfinden würdest.“25

Während die mittleren Strahlen auf Umgebungsreize reagieren, sind die zentralen Strahlen für die Fokussierung zuständig. Der Zentralstrahl trage als der „kräftigste und lebhafteste […] viel zur Bestimmtheit des Sehens“26 bei. Während die mittleren Sehstrahlen in einer Form von passiver Nachahmung mit der Umgebung interagieren, sind die aktiven zentralen Strahlen auf etwas Bestimmtes gerichtet. Die mittleren Strahlen bringen in die Formen gerichteter Bewegung der übrigen Sehstrahlen eine zusätzliche, irreguläre Dynamik ein. Diese Beobachtung der unterschiedlichen dynamischen Aspekte des Sehens differenziert das pyramidale Sehstrahlenmodell erheblich und zeigt in dessen Inneren einen Bereich spontaner Wechselwirkung mit einem Äußeren auf. Die mittleren Sehstrahlen lassen sich tendenziell der Empfangstheorie des Sehens zuordnen, die Alberti ebenfalls nicht näher thematisiert.27 Von Interesse 23 Vgl. ebd., 71 ff. 24 Leon Battista Alberti, De Statua. De Pictura. Elementa Picturae/Das Standbild. Die Malkunst. Grundlagen der Malerei, hg., eingeleitet, übers. und komm. von Oskar Bätschmann und Christoph Schäublin (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000), Buch I, Kap. 5, 201. Die Sendetheorie des Sehens geht auf Platon zurück und ist dadurch definiert, dass Eindrücke durch ausgesandte Sehstrahlen zum Gesichtssinn gebracht werden; vgl. hierzu David C. Lindberg, Auge und Licht im Mittelalter. Die Entwicklung der Optik von Alkindi bis Kepler (Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1987), insbes. 22–27. 25 Alberti, Della Pittura, Buch I, Kap. 7, 76 f.: „ […] e questi fanno quanto si dice il cameleone, animale che piglia d’ogni a sé prossima cosa colore, imperò che da dove toccano le superficie perfino all’occhio, così pigliano colori e lume qual sia alla superficie, che dovunque li rompesse, per tutto li troveresti per uno modo luminati e colorati.“ 26 Ebd., Buch I, Kap. 8, 76 f.: „Questo uno razzo, fra tutti gli altri gagliardissimo e vivacissimo, […] molto vale alla certezza del vedere.“ 27 Vgl. Alberti, De Pictura, Buch I, Kap. 5, 201; die Empfangstheorie des Sehens verbindet sich mit Aristoteles und wird bestimmt durch die These, dass Eindrücke zum Gesichtssinn gebracht werden, ohne dass Sehstrahlen ausgesandt werden; vgl. hierzu Lindberg, Auge und Licht, 27–32.

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ist hierbei, dass die mittleren Sehstrahlen sich an Farben und Licht der jeweiligen Fläche anpassen, wogegen die darauffolgende Beschreibung des Bildes als eines Schnittes durch die Sehpyramide deutlicher als eine abstrahierende Setzung gekennzeichnet wird. Dieser Schnitt wird gemäß einem vorgegebenen Abstand, einem festgelegten Zentralstrahl und mit bestimmter Beleuchtung auf einer gegebenen Fläche dargestellt.28 Auch wenn in dieser Auffassung des Gemäldes von der beschriebenen Variabilität, der chamäleonhaften Dimension des Sehens wieder Abstand genommen wird, kommt Alberti auf den mit den mittleren Strahlen verknüpften Bereich des Sehens doch im weiteren Verlauf des Textes immer wieder zurück. Das lässt sich insbesondere an der Behandlung der Flächen im Malereitraktat zeigen.

III. Fläche, Raum und materia Noch heute wird in der Rezeption des Bildes als geöffnetes Fenster primär auf das geometrisch bestimmte Verhältnis von Fläche und Raum rekurriert. Die Fläche wird als eine geometrische Projektionsfläche verstanden, die von der materiellen Malfläche nichts weiß.29 Es gibt jedoch einen Zusammenhang zwischen Projektionsfläche und materieller Malfläche.

Fläche und Raum In der Darlegung der proportionalen Projektion mit den Gesetzen der Perspektive kann Alberti auf experimentell gewonnenen Erkenntnissen Brunelleschis aufbauen.30 Ein Hilfsmittel bei der Umsetzung ist der sogenannte quadrierte Fußboden. Zu diesem auf die Malfläche projizierten Boden finden sich auch im zweiten Buch instruktive Passagen. So heißt es in diesem Buch über die Vermessung größerer Flächen: „Zu diesem Zweck müssen wir uns vergegenwärtigen, was in den Lehrstücken […] über den quadrierten Fußboden (pavimento) wie über den Zentralstrahl und die Zentrallinie dargelegt wurde. Auf dem mit Linien und Parallelen eingeteilten Fußboden sind Mauern und ähnliche Flächen aufzurichten, die wir aufliegende nennen.“31

28 Vgl. Alberti, Della Pittura, Buch I, Kap. 12, 85. 29 Vgl. Wiesing, „Fenster, Fernseher und Windows“, 106. 30 Zu den bahnbrechenden Perspektivexperimenten Brunelleschis vgl. Alexander Markschies, Brunelleschi (München: C. H. Beck, 2011), 39 ff. 31 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 33, 118 f.: „Ma dobbiamo ricordarci di quanto di sopra ne’ dirozza­ menti dicemmo […] de’ paraleli del pavimento, e del centrico punto e linea. Nel pavimento scritto con sue linee e paraleli sono da edificare muri e simili superficie quali appellammo giacenti.“

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In der lateinischen Version spricht Alberti von „aufruhenden Flächen (superficies incumbentes)“.32 In beiden Fällen aber ist die Rede von einem Aufbau des Raumkastens aus einem perspektivisch vorgestellten Fundament. So heißt es in der italienischen Version, der Maler solle mit den „Fundamenten (dai fondamenti)“33 beginnen. In der lateinischen Fassung ist von einem Ausgang von den „Grundlagen (ab fundamentis)“34 die Rede. Das weitere Vorgehen wird Schritt für Schritt erläutert. Der Künstler beginnt mit der Vermessung der Fundamente, dann folgen die Mauern etc. Das Verfahren zur Konstruktion größerer Flächen ist eines von Grundriss und Aufriss des gesehenen Gegenstands.35 Der Forschung zum Topos des Grundes lässt sich in diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine Besonderheit in Albertis Ausdrucksweise entnehmen. Matteo Burioni zufolge finden bei Alberti Bezeichnungen aus dem Wortfeld von „Grund“ Verwendung, wobei mit Grund hier Fundament bzw. Fußboden gemeint ist: „Bei dieser Errichtung des Bildes aus dem Fundament […] zeigt Albertis Sprachgebrauch an, dass die nach Sehgesetzen erfolgende Konstruktion des Raumkastens im Blicken und Begreifen des Betrachters als Errichtung erscheint.“36 Das Bild wird gewissermaßen wie ein Gebäude auf einem Fundament errichtet. Ebenso findet sich bei Burioni ein Hinweis auf Erwin Panofskys bekannten Aufsatz zur Perspektive. Was Alberti in dem Zitat als Fußboden (pavimento) bezeichnet, werde bei Panofsky mit dem Wort „Grund­ ebene“37 benannt. Wie der Fußboden fungiert die Grundebene als Standfläche für Figuren und Objekte. Der Blick aus dem Fenster ist folglich als ein Blick in einen konstruierten Raumkasten mit einer Standfläche zu denken, auf der im Nachhinein Figuren und Objekte positioniert werden. Mit der perspektivischen Grundebene wird eine Spielart von Grund fassbar. Es ist die geometrische Definition dieses Terminus. Wie Alberti aber selbst in der oben zi32 Alberti, De Pictura, Buch II, Kap. 33, 252 f. 33 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 33, 119. 34 Alberti, De Pictura, Buch II, Kap. 33, 253. 35 Vgl. Frank Büttner, „Rationalisierung der Mimesis. Anfänge der konstruierten Perspektive bei Brunelleschi und Alberti“, in Mimesis und Simulation, hg. von Andreas Kablitz und Gerhard Neumann (Freiburg i. Br.: Rombach Wissenschaften. Reihe Litterae, Bd. 52, 1998), 55–88, hier 62: „Die entscheidende und in ihren Wirkungen epochemachende Überlegung ist nun, daß das Bild nichts anderes ist, als der Schnitt durch die Sehpyramide. Auf diesem Axiom basiert dasjenige Verfahren zur Konstruktion perspektivischer Bilder, das in der neueren Kunstgeschichte die weiteste Verbreitung gefunden hat: die Konstruktion aus Grundriß und Aufriß des darzustellenden Objektes.“ 36 Matteo Burioni, „Grund und campo. Die Metaphorik des Bildgrundes in der frühen Neuzeit oder: Paolo Uccellos Schlacht von San Romano“, in Der Grund. Das Feld des Sichtbaren, hg. von Gottfried Boehm und Matteo Burioni (München: Fink, 2012), 95–149, hier 99. 37 Ebd.; zum Terminus „Grundebene“ vgl. Erwin Panofsky, „Die Perspektive als symbolische Form“ [1927], in ders., Deutschsprachige Aufsätze, hg. von Karen Michels und Martin Warnke (Berlin: Akademie Verlag, 1998), Bd. 2, 664–757, hier 718.

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tierten Stelle zu Beginn des ersten Buches schreibt, reicht das Verfahren der Mathematiker nicht aus, um die Dinge zur Anschauung zu bringen. Der Begriff des rein geometrisch konstruierten Raumes bedarf einer Ergänzung. Das in dem angeführten Zitat erwähnte Stichwort für diese Ergänzung lautet materia. Um zu klären, was damit im Verhältnis zu Fläche und Raum genauer gemeint ist, soll im Folgenden eine Relektüre verschiedener Textstellen unternommen werden. Der Fokus wird dabei der erwähnten materiellen Malfläche gelten. Es stellt sich die Frage, inwieweit durch diese materielle Dimension die von Alberti selbst erwähnte Physiologie des Sehens zu ihrem Recht gelangt.

Fläche und materia Ausgehend von der hier zugrundegelegten Kernbedeutung von materieller Malfläche ist das Wort Fläche bei Alberti zu differenzieren. Fläche ist im Malereitraktat (1) auf die Bildproduktion, (2) auf den Prozess des Sehens und (3) auf die Objekte selbst bezogen. Mit Blick auf die Bildproduktion findet das Wort Verwendung als „Schnittfläche“, „zu bemalende Fläche“ und „Projektionsfläche“. Hinzu kommen die Flächen von Hilfsmitteln wie dem sogenannten Velum. In Bezug auf den Prozess des Sehens wird die Fläche als „Schnittfläche“ und als erscheinende Fläche bestimmt. Mit Blick auf die Objekte selbst kommt die Fläche als Oberfläche von Körpern ins Spiel. Funktion und Bildlichkeit der materiellen Malfläche sollen im Folgenden im Verhältnis zu den anderen genannten Flächen näher betrachtet werden.

Fläche und Velum Zunächst soll die Arbeitsweise des Malers in diesem Zusammenhang untersucht werden. Das Problem, das sich Alberti insbesondere im ersten Buch stellt, sind vor allem die zur Schnittfläche schräg liegenden Flächen wie sie etwa Gegenstände bilden. Albertis Lösung des Problems besteht im zweiten Buch in der Erfindung des sogenannten Velums (velo). Das italienische Wort velo kann mit „Schleier“, „Tuch“ oder „Velum“ in die deutsche Sprache übersetzt werden. Alberti definiert es wie folgt: „Es ist ein hauchdünnes Tuch aus losem Gewebe, nach Belieben gefärbt, und mit etwas dickeren Fäden in eine beliebige Anzahl von Parallelen unterteilt. Dieses Velum stelle ich zwischen das Auge und den gesehenen Gegenstand, und zwar so, dass die Sehpyramide das lose Gewebe des Tuches durchdringt.“38

38 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 31, 114 f.: „Egli è uno velo sottilissimo, tessuto raro, tinto di quale a te piace colore, distinto con fili più grossi in quanti a te piace paraleli, qual velo pongo tra l’occhio e la cosa veduta, tale che la piramide visiva penetra per la rarità del velo.“

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Bei dem Velum handelt es sich also um ein praktisches Hilfsmittel, das der Übertragung des gesehenen Gegenstands auf die Fläche des Bildes dienen sollte. James Elkins zufolge könnten Albertis Konzeption des Bildes als Fenster und das Velum sich gegenseitig beeinflussen.39 Nach Elkins ist dieses Hilfsmittel weniger ein geometrisches als vielmehr ein optisches Mittel. Es helfe, perspektivische Blicke zu produzieren, ohne die geometrischen Regeln zu kennen.40 Es war vermutlich zusätzlich zur Anwendung der Regeln der perspektivischen Konstruktion im Gebrauch. Im Folgenden wird näher auf die materielle Dimension dieses Hilfsmittels eingegangen. Es ist zu zeigen, dass die materiellen Eigenschaften des Velums oder ähnlicher Mittel im Sprachgebrauch Albertis wiederkehren, und zwar an Stellen, die mit der geometrischen Grundlegung des Bildes selbst verbunden sind. Hierfür sind Sätze aufschlussreich, die im ersten Buch fallen. So heißt es in der anfänglichen Begründung des Bildes aus dem Punkt, der Linie und der Fläche in Bezug auf das erwähnte Wissen der Mathematiker: „Als erstes müssen wir wissen […], dass ein Punkt ein Zeichen ist, das sich nicht in Teile zerlegen lässt. Unter Zeichen verstehe ich hier insgesamt das, was sich auf einer Fläche (alla superficie) in der Weise zeigt, dass es vom Auge wahrgenommen werden kann (che l’occhio possa verderla).“41

Die Flächen des gesehenen Gegenstands werden mittels nebeneinandergelegter Linien erzeugt. In diesem Zusammenhang zieht Alberti einen instruktiven Vergleich mit „Fäden“.42 Hierbei kommt ein Sprachgebrauch jener Materialien ins Spiel, mit denen die Maler in der Malpraxis Umgang hatten, wie Leinen bzw. feines Gewebe in Bezug auf die zu bemalende Fläche. Zu Albertis Lebzeiten waren aber Tafel oder Wand als Bildträger im Gebrauch, erst später kam Leinwand als Bildträger zum Einsatz. Wenn Alberti hier von Fäden spricht, ist insofern noch nicht die Leinwand als Bildträger gemeint. Wahrscheinlicher ist, dass er an das erwähnte Mittel des Velums als Fadengitter denkt. Diese Semantik von Stoff, also Leinen oder Gewebe, scheint in folgendem Zitat in Anspruch genommen zu werden, demzufolge die Fläche aus dem erwähnten Nebeneinander von Linien entsteht: „Mehrere nebeneinander liegende Linien bilden eine Fläche, ähnlich wie mehrere Fäden ein Gewebe.“43 Hier werden Linien mit Fäden 39 Vgl. James Elkins, The Poetics of Perspective (Ithaca/London: Cornell University Press, 1994), 49: „Alberti may have borrowed the image of a window from his own velo, a device he used to exhibit perspective effects to his friends.“ 40 Vgl. ebd. 41 Alberti, Della Pittura, Buch I, Kap. 2, 66 f.: „Dico in principio dobbiamo sapere il punto essere segno quale non si possa dividere in parte. Segno qui appello qualunque cosa stia alla superficie per modo che l’occhio possa vederla.“ 42 Ebd. 43 Ebd.: „Più linee, quasi come nella tela più fili accostati, fanno superficie.“

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und die Fläche mit dem Gewebe verglichen. Durch den Vergleich wird eine Ähnlichkeitsrelation hergestellt, mehr noch, es wird eine Analogie gebildet. Es kommt eine Sichtweise der Projektionsfläche zur Sprache, in der sich ein Aspekt von Stofflichkeit, der materia, erhält. Die zu bemalende Fläche löst sich in der geometrischen Projektion nicht auf, sondern wird transformiert. In Bezug auf die Flächen von Körpern finden sich ähnliche Betrachtungen. So heißt es zur abschließenden Definition der Fläche: „Eine Fläche ist also ein bestimmter äußerster Teil des Körpers, die man nicht an so etwas wie Tiefe erkennt, sondern nur an ihrer Länge und ihrer Breite und zudem an ihren Eigenschaften.“44 Die Fläche wird hier als messbarer Teil des Körpers bestimmt; sie wird in der Bedeutung von Oberfläche erfasst. Dass Alberti eigens darauf hinweist, dass die Fläche ein bestimmter äußerster Teil des Körpers ist, ist insofern bemerkenswert, als diese so im Verhältnis zu einem materiellen Objekt definiert wird. Die Formen der Dinge werden hier insofern nicht allein verstandesmäßig gemessen, sie sind nicht losgelöst von allem Materiellen. Das zeigt sich noch deutlicher, wenn Alberti im Zusammenhang mit der Diskussion der beständigen Eigenschaften der Fläche, etwa Art der Umgrenzung und Form der Fläche, Termini aus dem Wortfeld des Körpers verwendet. So bestimmt er die zweite beständige Qualität der Fläche als eine, „die sozusagen wie eine Haut (buccia) den ganzen Rücken (dosso) der Fläche bedeckt.“45 Durch die Verwendung der Worte Haut und Rücken tritt eine biomorphe Bedeutung in das ansonsten überwiegend mathematische Begriffsfeld. Wenn danach von den Arten des Flächenrückens die Rede ist, die einmal einförmig und eben, einmal sphärisch, konvex oder konkav seien,46 besteht die Bereitschaft, diese geometrischen Formen unter einem biomorphen Blickwinkel wahrzunehmen. Auf diese Weise wird in Albertis Sprachgebrauch jede Einzelheit auch einem dritten, materiellen Bezugsfeld zugeordnet, das an dieser Stelle einen fast organischen Charakter annimmt.

Fläche und Farben Im Malereitraktat finden die Eigenschaften von Flächen Berücksichtigung. Im Fokus steht hierbei die Unterscheidung zwischen beständigen und unbeständigen Eigenschaften. Beständige Eigenschaften der Flächen sind Begrenzungslinie und Form der Fläche, wie bereits oben erwähnt. Zu den unbeständigen Eigenschaften gehören Alberti zufolge Lichteinfall und Lage. Die Eigenschaften der Fläche werden in folgender Textstelle näher bestimmt:

44 Ebd., 66 ff.: „Ed è superficie certa parte estrema del corpo, quale si conosce non per la sua alcuna profondità, ma solo per sua longitudine e latitudine e per sue ancora qualità.“ 45 Ebd., Kap. 4, 70 f.: „[…] quale sta quasi come buccia sopra tutto il dosso della superficie.“ 46 Ebd.

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„Von diesen Eigenschaften gehören einige so beständig der Fläche an, dass sie sich nicht von ihr wegnehmen lassen, es sei denn du veränderst die Fläche. Andere Eigenschaften sind von der Art, dass sie trotz gleich bleibender Form der Fläche einen Anblick bieten, der dem Betrachter verändert erscheint.“47

Albertis Unterscheidung zwischen beständigen und unbeständigen Eigenschaften berücksichtigt externe Einflussfaktoren wie den Einfall des Lichts und die Lage, und bringt die Erkenntnis mit sich, dass diese die Erscheinungsweise von Gegenständen beeinflussen können. So heißt es bei Marta Cencillo Ramirez: „Das Licht und der Schatten auf den Körpern gehört ihm [dem Gegenstand; d. Verf.] also nicht wesentlich an, sondern hängt von unserem Sehvermögen ab, das je nach Lage und Beleuchtung diese verändert wahrnimmt. Alberti betont, daß die Beschaffenheit der Fläche geändert erscheint.“48

Für die geometrische Vermessung von Flächen sind solche externen Einflüsse irrelevant. Für den Maler jedoch sind sie wichtig. Das zeigt sich auch daran, dass Alberti diese Beobachtung im zweiten Buch wieder aufnimmt und fortführt. Die Malkunst wird in diesem Buch in drei Bereiche gegliedert, in Umschreibung, Komposition und Lichteinfall (ricevere di lumi).49 Mit dem Lichteinfall wird hier ein variables Element erneut aufgegriffen. Es ist Alberti zufolge, wie die anderen erwähnten Gebiete der Malerei, der Natur entliehen (presta dalla natura).50 Die Natur dient insofern als Vorbild für lichtphysikalische Überlegungen, wie der Lichteinfall, und optische Modelle, wie die Sehpyramide, die auf das Bild übertragen werden. Das Thema des Lichteinfalls verbindet sich unmittelbar mit Albertis Farbtheorie. Wichtig ist im gegenwärtigen Zusammenhang des chiaroscuro die Rolle von Schwarz und Weiß. Ihre Funktion ist primär die Darstellung von Licht und Schatten. Instruktiv ist zudem, wie Schwarz und Weiß als Funktion des Lichts mit den anderen Farben in Wechselwirkung treten. Die polychromen Farben sind nach Alberti für den Maler wie Grundstoff – „come materia“51 – dem er mehr oder weniger Schatten oder Licht hinzufügt. Das Vorgehen ist Alberti zufolge die Aufhellung und Verdunkelung der Lokalfarben. Die Verteilung von Hell und Dunkel auf der Fläche soll empirisch den Tatsachen entsprechen:

47 Ebd., Kap. 2, 6 f.: „Delle qualità alcune così stanno perpetue alla superficie che, se non alteri la superficie, nulla indi possano muoversi. Altre sono qualità tali, che rimanendo il medesimo essere della superficie, pur così giaciono a verderle che paiono a chi le guarda mutate.“ 48 Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 8. 49 Vgl. Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 30, 113. 50 Vgl. ebd. 51 Ebd., Kap. 46, 140.

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„So soll man deshalb zuerst erforschen, was Licht und Schatten betrifft, und feststellen, dass eine Fläche, auf welche die Lichtstrahlen auftreffen, heller als eine andere ist und dass die entsprechende Farbe sich verdunkelt, wo die Kraft des Lichtes fehlt.“52

Variable Elemente wie der Lichteinfall werden in diesem Stadium des malerischen Prozesses als zu berücksichtigende externe Faktoren ins Spiel gebracht. Ferner wird beobachtet, dass bei keinem Körper ein Teil erhellt wird, ohne dass sich der entgegengesetzte Teil verschattet. Deshalb wird empfohlen, Schwarz und Weiß abwechselnd in äußerst dünnen Schichten aufzutragen. Mit dieser Technik des kontinuierlichen Ausbalancierens der Helldunkel-Kontraste könne der Maler leicht erkennen, wie die Dinge hervortreten.53 Einige Sätze später wird dieser Punkt vertieft. Die Maler, so heißt es hier, sollten dabei so vorgehen: „[A]ls erstes sollen sie die Fläche bis zum Saum [die Begrenzungslinie; d. Verf.] mit dem erforderlichen Weiß und Schwarz ähnlich wie mit einem leichten Tau bedecken, nachher darüber eine weitere und noch eine andere Schicht anbringen (di poi sopra a questa un’ altra, e poi un’ altra). Und so würden sie allmählich erreichen, dass dort, wo mehr Licht ist, mehr Weiß vorhanden ist; wo aber das Licht fehlt, würde sich das Weiß beinahe in Rauch auflösen (si perderebbe quasi in fummo). Und auf eine ähnliche Weise sollen sie beim Schwarz vorgehen.“54

Bei Alberti wird durch das mehrfache Auftragen von Farbschichten der Effekt einer Konturauflösung erzielt. Die wahrgenommenen Objekte werden im Prozess der malerischen Praxis nach und nach aus den bestimmten Konturen ihrer beharrenden Dinglichkeit gelöst. In der Folge empfiehlt Alberti dem Maler, in der Regel vor dem Auftragen des hellsten Farbtons innezuhalten, weil dieser über nichts Anderes als über weiße Farbe verfüge, womit er den äußersten Glanz vollkommen geglätteter Flächen darzustellen vermöchte.55 Erscheint ein Gemälde durch die häufige Verwendung von Bleiweiß auf farblicher Ebene formal tendenziell geschlossen, lässt sich mit Alberti auf dieser Ebene von einer Unabgeschlossenheit der Form sprechen. Es geht hier nicht um zwei sich widersprechende oder ausschließende Verfahren, sondern um einen Mehrwert, der an dieser Stelle ins Spiel gebracht wird. Bei der Erzeugung des rilievo 52 Ebd., 142 f.: „Così adunque in prima studino circa i lumi e circa all’ombre, e pongano mente come quella superficie più che l’altra sia chiara in quale feriscano i razzi del lume, e come, dove manca la forza del lume, quel medesimo colore diventa fusco.“ 53 Vgl. ebd. 54 Ebd., Kap. 47, 144 f.: „[P]rima quasi come leggerissima rugiada per infino all’orlo coprirebbono la superficie di qual bisognasse bianco o nero; di poi sopra a questa un’altra, e poi un’altra; e così a poco a poco farebbono che dove fusse più lume, ivi più bianco da torno, mancando il lume, il bianco si perderebbe quasi in fummo. E simile contrario farebbero del nero.“ 55 Vgl. ebd.

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der Figuren wird durch das beschriebene Verfahren Albertis die zusätzliche Entfaltung atmosphärischer Werte oder eine Wechselwirkung mit der Umgebung der Figuren und Objekte ermöglicht.

Fläche und Plastizität Die Erzeugung plastischer Präsenz, des rilievo, ist nach Alberti eines der wichtigsten Ziele der Malerei. In diesem Zusammenhang wird ein weiterer Aspekt der Fläche in die Diskussion eingebracht, die Fläche als Grenzwert oder Schnittstelle zwischen Bild und jenem erweiterten materiellen Bezugsfeld, das weiter oben beschrieben wurde. Im dritten Buch des Traktats ist die Rede davon, dass Gesichter wie gemeißelt aus der Bildfläche hervortreten sollten. Zentral ist in diesem Zusammenhang erneut der Begriff des rilievo, auf Deutsch „Erhebung“. Die erste Erwähnung des Begriffs im Malereitraktat findet sich, wie bereits weiter oben erwähnt, im zweiten Buch im Abschnitt über den Umriss. Die zweite Nennung des Terminus erfolgt ebenfalls im zweiten Buch. Hier ruft Alberti zunächst die von ihm schon an anderer Stelle beschriebene Kraft der Beleuchtung in Erinnerung, die Farbe zu verändern. Daran anschließend beschreibt er, dass das höchste Streben und die höchste Kunst des Malers im überlegten Gebrauch von Schwarz und Weiß liege und es sich für die gute Verwendung dieser beiden empfehle, alle Mühe und allen Fleiß aufzuwenden:56 „Denn so wie Licht und Schatten die Dinge plastisch erscheinen lassen, bewirken Weiß und Schwarz die Erscheinung der gemalten Dinge im Relief (le cose dipinte parere rilevate) und sie bringen jenen Ruhm ein, den man dem Maler Nicias aus Athen verlieh.“57

Die eindrücklichsten Beispiele beschreibt er daraufhin folgendermaßen: „Zusammen mit Gelehrten und Ungelehrten werde ich jene Gesichter loben, die aus der Tafel (della tavola) hervorzutreten scheinen wie in Stein gehauen (come scolpiti), und ich werde jene Gesichter bemängeln, in denen keine andere Kunst außer vielleicht in der Zeichnung zu sehen ist.“58

56 Vgl. ebd., Kap. 46, 141. 57 Vgl. ebd., 140 ff.: „Però che il lume e l’ombra fanno parere le cose rilevate, così il bianco e ’l nero fa le cose dipinte parere rilevate, e dà quella lode quale si dava a Nitia pittore ateniese.“ Der Hinweis auf Nikias geht zurück auf eine Stelle bei Plinius, in welcher es über den antiken Maler heißt, er habe auf Licht und Schatten geachtet und dafür gesorgt, dass die Bilder plastisch wirkten (ut eminerent e tabulis picturae); vgl. C. Plinius Secundus d. Ä., Naturkunde, hg. und übers. von Roderich König u. a. (Darm­ stadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1978), Buch XXXV, Kap. 131, 94 f. 58 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 46, 142 f.: „Io, coi dotti e non dotti, loderò quelli visi quali come scolpiti parranno uscire fuori della tavola, e biasimerò quelli visi in quali vegga arte niuna altra che solo forse nel disegno.“

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Die Licht- und Schattengebung eines Gemäldes ist dann als gelungen anzusehen, wenn die Bildfiguren oder bloß Teile von ihnen, etwa das Gesicht, möglichst plastisch, und das heißt: beinahe skulptural, aus der Bildfläche hervortreten. Der Stellenwert der Skulptur wird auch noch an anderen Stellen deutlich, zum Beispiel, wenn den Malern empfohlen wird, eher eine mittelmäßige Skulptur als ein hervorragendes Gemälde zu kopieren. „[D]enn von den gemalten Dingen erwirbst du nichts anderes als die Kenntnis der Ähnlichkeit, während du von den skulptierten Dingen sowohl die Ähnlichkeit lernen als auch die Kenntnis und Nachbildung von Licht (conoscere e ritrarre i lumi) erwerben kannst.“59

Skulptur, Licht und Schatten sowie Malerei sind hier aufs Engste miteinander verwoben. Das zeigt sich insbesondere an Formulierungen wie „Nachbildung von Licht“ (ritrarre i lumi), womit, ausgehend vom Wortstamm des verwendeten italienischen Verbs, wortwörtlich ein Herausziehen der Lichter und damit eine Greifbarkeit des Lichts suggeriert wird. Dass es sich hierbei um ein analytisches Vorgehen handelt, wird nicht zuletzt an Albertis besonderer Wertschätzung der Tätigkeit des Malers deutlich. So räumt er der Begabung des Malers gegenüber jener des Bildhauers den Vorrang ein, weil Ersterer sich um schwierigere Dinge bemühe.60 Das plastische Erscheinen der Figuren und Dinge auf der Fläche wird im Sinne eines haptischen Zutagetretens beschrieben. So gesehen ist das scheinbare Heraustreten der Figuren aus dem Bildgrund einem Herausziehen aus der Natur (ritrarre) vergleichbar, und als eine Verkörperungsstrategie zu begreifen, die den Bildgrund nicht als unhintergehbare Fläche, sondern als elastischen bzw. durchlässigen Grund versteht. Dieser fungiert dann als Schnittstelle zwischen dem Bild und dem materiellen Bezugsfeld.

IV. Istoria und das Verhältnis von Natur und Kunst Das rilievo, die plastische Erscheinung der Figuren, ist für die istoria, die narrative Funktion der Malerei zentral. Denn je stärker die figurale Präsenz ist, desto überzeugender kann die erzählte Bildgeschichte sein. Im Folgenden ist zu zeigen, dass es in Albertis Traktat eine bemerkenswerte Verbindung zwischen der Ebene der Narration und dem Verhältnis von Kunst und Natur gibt. Nach Albertis Begriff von istoria treten die Figuren in einen szenischen Verweisungszusammenhang, in dem jede Einzelheit 59 Ebd., Buch III, Kap. 58, 160 f.: „[P]erò che dalle cose dipinte nulla più acquisti che solo sapere asimigliarteli, ma dale cose scolpite impari asimigliarti, e impari conoscere e ritrarre i lumi.“ 60 Vgl. ebd., Buch II, Kap. 27, 109.

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auf eine andere bezogen ist. „Es ist darauf zu achten, dass alle Körper in einem Vorgang nach ihrer Größe und ihrer Handlung zueinander passen.“61 Ferner müssten alle Körper bezüglich ihrer Aufgabe und Größe dem entsprechen, was in der istoria geschehe.62 Dies betrifft Alberti zufolge auch die Komposition des Bildes. Hier sei ebenfalls auf den Verweisungszusammenhang zu achten.63 Der Betrachter vollzieht die Bezüge nach und daraus ergibt sich der Bildsinn. Angeführte Beispiele für Geschichten sind überwiegend antike Mythologien und Historienbilder.64 Um das Verhältnis von Kunst und Natur in diesem Zusammenhang zu klären, gilt es, auf die Funktion narrativer Malerei zu sprechen zu kommen. Hierfür ist eine Textstelle besonders geeignet, die bei Alberti einerseits mit dem Begriff der istoria, andererseits mit jenem der Fläche verbunden ist: „Die bedeutendste Leistung des Malers [ist] nicht das kolossale [Gemälde], sondern der Vorgang (istoria). […] Teile des Vorgangs sind die Körper (corpi), Teile der Körper sind die Glieder, Teile der Glieder die Flächen. Also sind die Flächen die ersten Teile des Malens.“65

Alberti geht hier sukzessive von der istoria über die Körper (corpi) bis zu den Flächen zurück. Letztere sind ihm zufolge die ersten Teile des Malens. Die Flächen sollen dabei so komponiert werden, dass sie „sanfte und zarte Schatten und Lichter einfangen und keine harten Kanten aufweisen.“66 Durch die Wechselwirkung der Flächen mit dem Licht wird die Malerei an dieser Stelle in Beziehung zur natürlichen Umgebung gesetzt. Diese Bezugnahme mag nicht der Realität der Natur entsprechen. Denn letztlich legt Alberti, wie weiter oben gezeigt, eine bestimmte Beleuchtung, Perspektive und Distanz fest. Dennoch finden sich im Malereitraktat zahlreiche Textstellen, die diese Fixierung auch wieder infrage stellen. Es sind Stellen, die zum Teil minutiös die Malweise schildern, wobei diese mit subtilen Naturerscheinungen in einen Dialog treten.67 Vielleicht könnte man mit Blick auf diese Textstellen von einer Natur der Realität sprechen, die sich in der Malweise artikuliert. Denn auffallend ist, dass gerade dort, wo Alberti die

61 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 39, 126 ff.: „Conviensi che i corpi insieme si confacciano in istoria con grandezza e con adoperarsi.“ 62 Vgl. ebd., 129. 63 Vgl. ebd., Kap. 40, 129. 64 Ein von Alberti erwähntes Bildbeispiel mit religiösem Sujet: die Navicella Giottos in Rom; vgl. ebd., Kap. 42, 135. 65 Alberti, Della Pittura, Buch II, Kap. 35, 120 f.: „Grandissima opera del pittore non uno collosso [sic], ma istoria. […] Parte della istoria sono i corpi, parte de’ corpi i membri, parte de’ membri la superficie. Le prime adunque parti del dipignere sono le superficie.“ 66 Ebd.: „[…] che piglino ombre e lumi ameni e suavi, né wino asperitate alcuna di rilevati canti […].“ 67 Vgl. Alberti, Della Pittura, Buch I, Kap. 9, 10 und 11 sowie Buch II, Kap. 46, 47 und 48.

Das Helldunkel, das Verhältnis von Natur und Kunst und die Frage der materia bei Leon Battista Alberti

Abb. 1  Andrea Mantegna, Grablegung Christi, ca. 1470/75, Kupferstich und Kaltnadel, 29,9 × 44,2 cm, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett.

Erzeugung von Effekten in technischer Hinsicht darlegt, die Variablen des Sehens, des Lichts, kurz, die Beziehung zwischen Natur und Kunst besonders deutlich wird.

V. Bildbeispiele Andrea Mantegnas Im Folgenden sollen einige der Überlegungen Albertis anhand konkreter Bildwerke präzisiert werden. Bekannte Bildbeispiele für das rilievo als Verkörperungsstrategie der Malerei finden sich bei Giotto di Bondone (um 1266–1337), Masaccio (1401–28) und Andrea Mantegna (1431–1506). Während Masaccios Errungenschaften nach allgemeiner Einschätzung die Theoriebildung Albertis selbst beeinflussten,68 hinterließ Albertis Malereitraktat Spuren im Werk jüngerer Künstler, etwa bei Mantegna.69 Im nachfolgenden Textabschnitt soll Mantegnas Kupferstich der Grablegung Christi (Abb. 1)70 von circa 1470/75 unter dem Aspekt der Tonalität betrachtet werden, weil dieser sich auf besondere Weise mit dem Thema des Helldunkels verbindet. In diesem Zusammenhang ist eine Beobachtung von Werner Busch von Relevanz. In 68 Vgl. Carman, Leon Battista Alberti and Nicolas Cusanus, 66 ff.; Cencillo Ramirez, Das Helldunkel, 29. 69 Wie eingangs dieses Artikels schon erwähnt wurde, hatte Mantegna sehr wahrscheinlich Kenntnis von Albertis Traktat über die Malkunst, vgl. Baxandall, Giotto and the Orators, 133 f.; vermutlich begegnete ihm Alberti während dessen Zeit in Mantua ab 1460 zudem persönlich, vgl. Hans Belting, Giovanni Bellini. Pietà. Ikone und Bilderzählung in der venezianischen Malerei (Frankfurt a. M.: Fischer, 1985), 36 f.; vgl. hierzu auch Alberti, De Pictura, 102 f. (Einleitung Bätschmann/Schäublin). 70 Bei der Abbildung handelt es sich um einen schwarzweißen Abzug; zu dieser Grafik Mantegnas vgl. Walter L. Strauss (Hg.), The Illustrated Bartsch (New York: Abaris Books, 1978 ff.), Bd. 25 (Mark J. Zucker, Early Italian Masters, New York 1984), 73–85; Baxandall, Giotto and the Orators, 133 f.; Belting, Giovanni Bellini, 36–40.

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seiner Betrachtung des Stichs weist Busch auf einen bemerkenswerten technischen Aspekt hin. Mantegna habe die Möglichkeiten des malerischen rilievo in den verschiedensten Medien ausgelotet: „Ihm war bewusst, dass Tonalität nicht nur ein Schwarz-Weiß-Phänomen ist, sondern in der farbigen Modellierung gleichermaßen eine Rolle zu spielen hat. So hat er bei der Grablegung nicht nur im ersten Zustand eine reine Kaltnadelanlage versucht, sie dann aber, weil der Abzug zu schwach und unausgeglichen ausfiel, verworfen und die Platte mit dem Kupferstichel grundsätzlich überarbeitet, sondern er hat auch farbige Abzüge vorgenommen, etwa in einem Braun-Rot-Gelbton.“71

Eine ähnliche Beobachtung macht Busch bei einer der Grisaillen Mantegnas. Bei diesen Grisaillen handelt es sich um eine Gruppe von zwölf Gemälden, die zwischen 1490 und 1506 zu datieren sind.72 Die Themen der Gemälde stammen aus dem Bereich des Alten Testaments oder der antiken Geschichte. Dargestellt sind figürliche Szenen auf einem schmalen Streifen vor einem farbig gestalteten Marmorgrund. Die Arbeiten zielen sehr deutlich auf plastische Effekte; das rilievo ist bei allen extrem stark ausgeprägt. Einige der Gemälde zeigen anstelle von Steinimitationen fingierte Bronzestatuetten im Vordergrund. Sie alle weisen jedoch einen farbig gestalteten Marmorgrund auf. Bei manchen der nachgeahmten Steinreliefs wird ein ungewöhnlicher Effekt erzielt: Die in heller Grisaille angelegten Figuren im Vordergrund weisen zum Teil eine polychrome Tönung auf. Busch zufolge färbe der buntfarbige Marmor des Hintergrunds auf die steinfarbigen Figuren im Vordergrund ab, was optische Lichtspiegelungen veranschauliche.73 Letzterer Punkt ist im gegenwärtigen Zusammenhang von Relevanz, weil dadurch ein Weg aufgezeigt wird, wie das Bild den Eigensinn des Materiellen innerbildlich freisetzen kann. Das rilievo der Figuren und die farbigen Lichtspiegelungen sind tendenziell voneinander getrennt. Der Grund dafür ist der, dass die farbigen Lichtspiegelungen nicht als eine Imitation, sondern als ein „momentan Erscheinendes“74 wahrgenommen werden. Ihnen kommt insofern der Status einer Realität im Sinne einer natürlichen Erscheinung im Bild zu. Vergleichbare Realitätsmomente finden sich in der großformatigen Grisaille Der Einzug des Kultes der Kybele nach Rom von circa 1505/06 (Taf. VII).75 Zu sehen ist eine dicht zusammengedrängte Gruppe zumeist römisch gewandeter Gestalten, die

71 Werner Busch, Das unklassische Bild. Von Tizian bis Constable und Turner (München: C. H. Beck, 2009), 22. 72 Vgl. hierzu grundlegend Sabine Blumenröder, Andrea Mantegna – Die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Gebr. Mann, 2008). 73 Vgl. hierzu und zum Folgenden Busch, Das unklassische Bild, 23. 74 Ebd., 25. 75 Blumenröder, Andrea Mantegna, 14.

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steinfarben wiedergegeben und so aufgereiht sind, dass der heutige Betrachter an die feierlichen Prozessionen auf römischen Marmorreliefs erinnert wird.76 In Kombination mit der gewählten grauen Steinfarbe erscheint die plastische Präsenz der Figuren gesteigert. Bemerkenswert ist zudem der farbige Marmor im Hintergrund. Es ist ein leuchtend bunter, von mäandernden Formen geprägter Stein, der ein Eigenleben zu führen scheint. Erst auf den zweiten Blick bemerkt man eine hauchdünne Fuge, die den Stein in zwei ungleich große Hälften trennt und als zwei unterschiedliche Marmorblöcke definiert.77 Bei dem Verhältnis von Vorder- und Hintergrund wird man von der Forschung auf einen Helldunkel-Kontrast verwiesen. Tatsächlich lässt sich an einigen Partien des Gemäldes ein dunklerer Grund erkennen, der dem heller gestalteten Vordergrund der Figuren zusätzliche Plastizität verleiht, etwa im Bereich des gestikulierenden, mit Turban und Gewand kostbar gekleideten Alten in der rechten Bildhälfte. Paul Kristeller beschreibt das gesamte Gemälde „als Relief von weißmarmornen Figuren auf buntfarbigem Marmorgrunde“78 und legt damit den Akzent auf einen Kontrast in der Farbgebung. Sabine Blumenröder schlägt eine andere Materialdeutung vor, wenn sie das Relief als eine monumentale Kamee interpretiert.79 Auch sie zieht aber den Vergleich zum Helldunkel-Kontrast, wenn sie den Bezug zu einem Passus von Alberti herstellt. „Die Vorstellung von einem ‚wie gemeißelten‘ Gemälde führt direkt zu Mantegnas Grisaillen: Als habe er Alberti beim Wort genommen, demonstriert er seine Könnerschaft auf dem Gebiet des Hell-Dunkel und der malerischen Möglichkeit zur Erzeugung von optischer Dreidimensionalität.“80

Diese Aussage bezieht sich insgesamt auf Mantegnas Grisaillen und trifft auch auf einige Bildelemente des Gemäldes Der Einzug des Kultes der Kybele zu. Mantegna nutzt den farblichen Kontrast, um die plastischen Werte der Darstellung zu steigern. Es ist das absichtsvolle Nebeneinander von Hell und Dunkel, das die Bildfiguren plastisch auf der schmalen Bühne agieren lässt. Dabei sind es die dunklen Farben, die im Zusammenspiel mit den helleren Farben den Effekt von figuraler Plastizität intensivieren. In diesem Zusammenhang könnte Mantegna die Wirkung des dunkleren Steins im Hintergrund für die plastische Wirkung des gesamten Bildes kalkuliert haben, wie auch Kristeller und Blumenröder vermuten. Darüber hinaus scheint der Steingrund in dem oberen, buntfarbigen Teil bei ihm ein Eigenleben zu führen. Es ist zum Beispiel nicht zu sehen, wo die mäandernden 76 Ebd. 77 Siehe auch ebd. 78 Zit. nach ebd., Anm. 3. 79 Vgl. ebd., 14. 80 Ebd., 223.

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Formen einsetzen und wo sie enden. An der Fuge kommt es zu einer kaum merklichen Unterbrechung der Bewegung. Gerade diese Dimension einer leichten Brechung trägt zur Bewusstwerdung der Eigendynamik der natürlichen Formen bei. Beachtlich sind zudem die von Busch schon an anderer Stelle beobachteten Lichtspiegelungen. Der bunte Marmor im Hintergrund färbt auf manche der in hellem Grau in Grau gemalten Figuren im Vordergrund ab (Taf. VIII). Die Gelb-, Braun-, Rot- und Grüntöne, die sich in das Grau dieser Figuren mischen, verweisen auf farbige Lichtspiegelungen. Die fest umrissenen Figuren im Vordergrund sind in einen narrativen Verweisungszusammenhang eingebunden. Die Lichtspiegelungen aber treten als Realitätsmomente in Erscheinung. In diesen Zonen des Gemäldes vollzieht der Blick des Betrachters eine Wechselwirkung nach, die anders ist als jene des Bildsinns als einer Erzählung von actio und reactio. Und von dort wandert der Blick zurück zu den Figuren, an denen sich die Lichtspiegelungen zeigen. Bildsinn und Erscheinungswirklichkeit treten auf diese Weise in einen imaginären Dialog. Anders gesagt: Mantegna scheint in diesen Zonen des Gemäldes ein besonderes Sensorium für einige der oben analysierten Passagen aus Albertis Della Pittura zu haben. Ähnlich wie bei Alberti die Figuren mit ihrem rilievo auch in ein Verhältnis zu subtilen Naturerscheinungen gesetzt werden, nutzt Mantegna hier natürliche Lichterscheinungen, um die narrative Funktion der Malerei auch im Verhältnis von Natur und Kunst zu thematisieren.

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Scholastic Aesthetics and the Medieval ‘Origins’ of Relief/rilievo

The history of art is ripe with accounts of its origins, from the myth of Narcissus and the beginnings of painting, to the story about the potter Butades who invented relief sculpture when he pressed clay on the wall to preserve the outline of his daughter’s lover’s shadow, traced by her hand before he left for the battlefield.1 Both stories have ancient roots, in Ovid, Pliny, Quintilian, and, perhaps, Philostratus the Elder, to be precise.2 Leon Battista Alberti also famously recounted these tales in what has come to be understood as the first “modern” art treatise, De Pictura (1435).3 Due to Alberti’s conscious debt to the ancient authorities and his suppression of medieval texts, usually a direct line is drawn from Pliny to Alberti without acknowledging any medieval contributions to the art of painting, particularly with regard to its technical or aesthetic aspects.4 The most pervasive of these teleologies occurs in the myth of the origin or discovery of perspective in fifteenth-century Florence.5

1 On the origins of painting, see David Summers, Vision, Reflection, and Desire in Western Painting (Chapel Hill: University of North Carolina Press, 2007); Victor I. Stoichita, A Short History of the Shadow (London: Reaction Books, 1999); Oskar Bätschmann, Nicolas Poussin: Dialectics of Painting (London: Reaction Books, 1990), 45–61. 2 On Philostratus the Elder and Narcissus, see Summers, Vision, Reflection, and Desire, 145. 3 Alberti, De Pictura, book 11, chap. 26. See Cecil Grayson, ed. and trans., On Painting and On Sculpture: The Latin Texts of De Pictura and De Statua (London: Phaidon, 1972), 60–63. 4 The work of David Summers is a welcome exception to this type of history. See especially his diachronic account of image making, Real Spaces: World Art History and the Rise of Western Modernism (London: Phaidon, 2003). On Alberti and his medieval sources, see Dominque Raynaud, Optics and the Rise of Perspective (Oxford: The Bardwell Press, 2014), 21–24; V. Zoubov, “Leon Battista Alberti et Les Auteurs Du Moyen Áge,” Mediaeval and Renaissance Studies 4 (1959): 245–66. 5 This subject is too vast to survey here. See especially Erwin Panofsky, Perspective as Symbolic Form, trans. Christopher S. Wood (New York: Zone Books, 1997).

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However, Hubert Damisch, one contemporary art historian central to the debate on perspective’s history, provides an interesting origins model that can account for both medieval contributions and ancient ones. For Damisch, the history of perspective is parallel to that of geometry, and he believes that if perspective, like geometry, was discovered, and not invented, one should be able to recognize that it was “founded on a whole perceptual, sensory body of previous knowledge, from which it constructed a new departure.”6 That is to say, if it is assumed that perspective has an origin, one should be able to track its development through the various historical stratifications of “perceptual” and “sensory” knowledge and the various permutations of the phenomenal relationships between objects and observers built into representational systems and theories. If this is true, one should be able to pinpoint, more or less, how these relationships developed in each period and what traits or characteristics of perspective ensued from period to period, creating what Damisch called a “new departure,” from one to the next. The subject of this essay is not perspective per se, but rather, the theory and aesthetics of relief in the Gothic Middle Ages and its relationship to the early Renaissance. Damisch, however, offers a productive framework with which one can construct this history for a number of reasons: First, while the Renaissance’s debt to ancient sources for relief – notably Pliny the Elder – has been well researched, the concept of relief in the Middle Ages has not generally been excavated in a history of painting, save a few notable examples.7 Nevertheless, looking at a range of primary sources, among them artistic handbooks, scholastic treatises on optical theory, and scholastic commentaries on Aristotle’s De Anima, one can find commonalities in the concern for the creation and perception of different surface levels through the disposition of light and shadow and the use of black and white pigments respectively. These texts all convey a shared scholastic vocabulary based on sense perception and the phenomenal relations of beholding. Taken together, they define the rich semantic possibilities of relief in the Middle Ages – a kind of sculptural imagination out of which, or departing from which, as Damisch would argue, one can perceive early Renaissance art theory emerging. Second, perspective and relief have been connected to one another in art theory since Alberti’s De Pictura. This connection is based primarily on a painter’s ability to create veridical objects in a geometrically conceivable space in two dimensions using

6 Yve-Alain Bois, Denis Hollier, and Rosalind Krauss, “A Conversation with Hubert Damisch,” October 85 (1998): 5–6. Cf. Damisch, The Origin of Perspective, trans. John Goodman (Chicago: University of Chicago Press, 1994). 7 Most important in this regard is Paul Hills, The Light of Early Italian Painting (London: Yale University Press, 1987). On Alberti’s debt to Pliny the Elder, see Grayson, “Introduction: The Art of Painting,” in On Painting and On Sculpture; Luba Freedman, “Rilievo as an artistic term in renaissance art-theory,” Rinascimento 29 (1998): 217–47.



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optical theory as a guiding principle. Consider the following statement made by Alberti: “If I am not mistaken, we do not ask for infinite labor from the painter, but we do expect a painting that appears markedly in relief (paia rilievata/maxime prominens) and similar to the objects presented.”8 The degree of an object’s or a body’s relief, then, contributed to the success of a picture produced through the newly discovered technology of linear perspective. With these phrases, Alberti described what a fifteenth-century Italian humanist expected from a perspectival painting. Alberti here used a curious term to advance his claims as such: rilievo in Italian, the etymology of which is somewhat of an enigma, as it is a translation of Latin terms promineo, emineo, or asperitas. This essay will not be too concerned with the vernacular rilievo except to say that the term was not used very often during the Middle Ages. For instance, it does not appear in Dante’s La Divina Commedia in his famous discussion of relief sculpture found in Canto X of the Purgatorio.9 Boccaccio occasionally used rilievo in his amorous poems in the context of female breasts surging under clothing,10 and, of course, the term was used and understood in the artistic discourse of the Trecento and Quattrocento. Cennino Cennini was supposedly the first author to use the term as a technical word for painters in his late fourteenth century Il Libro dell’Arte in chapters instructing artists how to use light and shadow in order to achieve a sense of volume in the modeling of a figure or an object.11 However, Cennini utilized the same term to designate a kind of sculpted object or a form projected from a surface, such as a halo or crown.12 There were earlier artistic manuals that discussed modeling with the use of black and white to produce the effects of relief for viewers, as Paul Hills has demonstrated.13 These manuals include the so‑called Compositiones variae (Lucca Codex 490), an eighth century translation of an earlier Greek text; the tenth century Mappae clavicula (Selestat MS 17); and the Compendium artis picturae from the twelfth cen-

 8 Alberti, De Pictura, 69.   9 The term Dante uses here is intaglio. See La Divina Commedia, II: Purgatorio, ed. Natalino Sapegno (Florence: La Nuova Italia,1956), 108–9. 10 See François Quiviger, “Relief in the Mind: Observations on Renaissance Low Relief Sculpture,” in Depth of Field: Relief Sculpture in Renaissance Italy, ed. Donal Cooper and Marika Leino (Bern: Peter Lang, 2007), 175–77. 11 Cennino Cennini, Il Libro dell’Arte, ed. Fabio Frezzato (Vicenza: Neri Pozza Editore, 2003), 66. Cf. Freedman, “Rilievo as an artistic term,” 221–24; Michael Baxandall, Painting and Experience in Fifteenth-­ Century Italy (Oxford: Oxford University Press, 1972), 121. 12 Cennini, Il Libro dell’Arte, chap. 31: “Poi in sulle stremità de’ rilievi, nella maggior altezza, togli un pennello con punta, e va’ cholla biacha tocchando cholla punta del detto pennello, e va’ raffermando la sommità de’detti bianchetti.” 13 Hills, The Light of Early Italian Painting, 19.

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tury (Brussels, BR, 10147–58).14 In one such example from these so‑called recipe books, the anonymous author of the Mappae clavicula instructs readers how best to model objects with light and shade. They should “mix azure with white lead, darken it with indigo, lighten it with white lead” (Azorium misce cum albo plumbo, incide de indico, matiza de albo plumbo).15 Lastly, there is also an etymological relationship between the Latin relevare and rilievo. In the Trattato della Perfezione, Ugo Panziera (d. 1330) emphasized this relationship when he famously described a painted relief in terms of the anagogical ascent from the material to the sublime, in which Christ seems “incarnate and rilevato” or raised (incarnate e rilevato).16 One further example is a relatively unknown, early fifteenth-century Latin manuscript called the Libellus ad faciendum colores, an artistic manual concerned with the art of painting that predates Alberti and references earlier medieval texts. It is an interesting manuscript in a variety of ways, including its use of a scholastic vocabulary in reference to Albertus Magnus’ texts on stones and minerals (De mineralibus, c. 1250) and Roger Bacon’s writings on colors.17 In Part 2, chapter XXX (Nota modum incarnandi facies et alia membra), the author instructs readers on how to make “faces and other members of the body” in relief in order to appear “human,” or “incarnate,” explaining what colors to use and how to model them using black and white to most effectively produce a fleshy image that seems to be alive.18 In addition to its usage in vernacular poetry and artistic manuals, the concept and aesthetics of relief appeared in optical treatises and commentaries on Aristotle’s De Anima, which were the two most important sources for the science of optics and the aesthetics of vision in the late medieval period and, arguably, the early Renaissance.19 14 For an overview of these manuals, see Salvador Viñas Muñoz, “Original Written Sources for the History of Mediaeval Painting. Techniques and Materials: As List of Published Texts,” Studies in Conservation 43.2 (1998): 114–24. 15 Cyril Stanley Smith and John G. Hawthorne, Mappae Clavicula: A Little Key to the World of Medieval Techniques, Transactions of the American Philosophical Society, N. S. 64.4 (1974), 27. For the Latin, see Thomas Phillips, “Letter from Sir Thomas Phillips […],” Archaeologia 32 (1847): 188. 16 For an analysis of Panziera’s text in relation to medieval painting, see Lars Jones, “Visio Divina? Donor Figures and Representations of Imagistic Devotion: The Copy of the ‘Virgin of Bagnolo’ in the Museo dell’Opera del Duomo, Florence,” in Victor M. Schmidt (Ed.), Italian Panel Painting of the Duecento and Trecento (Washington, D. C.: National Gallery of Art, 2002), 31–55. Cf. Summers, The Judgment of Sense: Renaissance Naturalism and the Rise of Aesthetics (Cambridge: Cambridge University Press, 1987), 313–14. 17 Cristiana Pasqualetti, Il Libellus ad faciendum colores dell’Archivio di Stato dell’Aquila. Origine, contesto e restituzione del ‘De arte illuminada’, (Florence: SISMEL, 2011), xxxiii–xxxv. 18 Ibid., 164: “[…] et finaliter cum multo albo et pauco rubeo, sicut vis colorare incarnaturam, liquidissimo modo totam incarnationem linias, sed magis loca relevata quam umbrata.” 19 On this point, see Summers, Judgement of Sense; Jack Greenstein, “On Alberti’s ‘sign’: Vision and composition in quattrocento painting,” Art Bulletin 79.4 (1997): 669–99. On the medieval commentary



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A reason to focus on this tradition is the evidence in De Pictura that Alberti understood the perceptual qualities of relief, as well as its practical application in painting. It is known that Alberti had access to and knowledge of geometric optics elucidated by Alhacen (d. 1040/41) and his Latin commentators, and Alberti seems to echo their concern for the relationship between the surface of objects in the world and beholders mediated via light, as well as a concern for the properties of convex and concave surfaces in relation to light and shadow. In chapter 46, he says: “Just as the incidence of light and shade makes it apparent where surfaces become convex and concave, or how much any part slopes and turns this way or that, so the combination of white and black achieves what the Athenian painter Nicias was praised for, and what the artist must above all else desire: that things he paints should appear in maximum relief (maxime eminere videantur).”20

This very specific description of the relationship between light, shadow, and convex and concave surfaces does not appear in the sections of Pliny’s Natural History that Alberti cites as ancient examples of relief in painting.21 Of Nicias, Pliny only says that he was a master of light and shade but mentions nothing regarding surfaces or objects in the world. However, these concerns do appear in a variety of scholastic texts, the most important being Alhacen’s eleventh century Kitab al‑Manazir (Book of Optics), which was translated into Latin as De aspectibus in the late twelfth or early thirteenth century.22 In Book 1 of this treatise, the Islamic philosopher and scientist discusses visible surfaces in terms of relief, when he claimed that one could only observe the sculpture subtiles – a kind of relief – if the object was tilted or inclined in some way, which implies the visible aspect of the object changed. Alhacen described the process in the following manner: “Afterward, if the observer inclines that body away from the [original] location so that the reflection takes place to another spot outside the location of his eyes, and if, in this case, a moderate light shines upon that body, then the observer will make out the entradition of the De Anima, see Medieval Perspectives on Aristotle’s De Anima, ed. Russel L. Friedman and Jean-Michel Counet (Louvain: Peeters, 2013); Sander W. De Boer, The Science of the Soul: The Commentary Tradition on Aristotle’s De Anima, c. 1260–1360 (Leuven: Leuven University Press, 2013). 20 Alberti, De pictura, 88: “Nam veluti luminum et umbrae casus id efficit ut quo loco superficies turgeant, quove in cavum recedant, quantumve quaeque pars declinet ac deflectat [appareat], sic albi et nigri concinnitas efficit illud quod Niciae pictori Atheniensi laudi dabatur quodve artifice in primis optandum est: ut suae res pictae maxime eminere videantur.” 21 Pliny the Elder, Natural History, LCL 394, book 35, xxvi, 131. 22 See Alhacen’s Theory of Visual Perception: A Critical Edition, with English Translation and Commentary, of the First Three Books of Alhacen’s De aspectibus, trans. A. Mark Smith (Philadelphia: American Philosophical Society, 2001–2008).

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gravings (sculpturas) in it that he had not made out when the light was reflected from the body to his eyes.”23

Alhacen demonstrated here that the material differentiation between body and surface, or figure and surface, could be perceived in accordance with a change in the object’s position in relation to the eye. He explained this in terms of the surface’s relation to light and shadow: depending on where the light falls in relationship to the sculpture subtiles and the observer’s line of sight, certain forms on the surface or in the planar field can be perceived as material provided the observer was in the correct viewing position. The surface is not simply polished or flat: it is in relief. We can follow this concept by understanding how asperitas – that is the roughness of a surface, a term also used by Vitruvius to designate relief 24 – expressed a visible intention, or a characteristic, of an object. Alhacen introduced this notion in De aspectibus, which was commented upon by many authors from the thirteenth through fifteenth centuries. There are twenty-two visible intentions, including distance, position, and corporeity. For Alhacen, asperitas was a visible characteristic that conveyed the material make‑up of the object to the eye and relayed a virtual image to the mind. Alhacen explicated this idea while describing an incident when an observer looked at a rough surface. He explained how the luminosity and the color issued from a surface reached the interior of the eye, stating: “when light reaches the depressed portions, it will also create shadows, so the raised portions will be exposed to light and revealed. If shadows are formed in the depressed portions, but no shadows exist on the raised portions, the form of light will vary on the surface of that body.”25 This idea was echoed in the work of Witelo, whose 1275 Perspectiva provided important commentary on Alhacen’s De aspectibus and was read by both Lorenzo Ghiberti and Alberti. Witelo followed Alhacen closely in describing what affect the twenty-two visible intentions had on aesthetics, that is, an object’s beauty or its ‘correct’ appearance.26 For instance, the asperitas of woven fabrics was pleasing to the eye, 23 Alhacen, De aspectibus, book 1, 4.11: “Deinde si inspiciens inclinaverit illud corpus ab illo loco ita quod reflexio fiat ad alium locum extra locum visus sui, et fuerit cum hoc super corpus illud lux temperata, tunc inspiciens comprehendet sculpturas que sunt in eo quas non comprehendebat in reflexione lucis a corpore ad suum visum.” 24 Cf. Vitruvius’ description of Apaturius of Alabanda’s stage designs in Thales De architectura, LCL 251, trans. Frank Granger (Cambridge, Mass., 1962), vol. 1, book 7.5: “itaque cum aspectus eius scaenae propter asperitatem eblandiretur omnium vissus et iam id opus probare fuissent parati.” 25 Alhacen, De aspectibus, 3.189: “Et cum in partes profundas venerint umbre, et super prominentes etiam non fuerit aliqua umbra, diversabitur forma lucis in superficie illius corporis.” 26 On Witelo’s aesthetics, see Eva Tea, “Witelo: Prospettico del Secolo XIII,” L’Arte. Rivista di Storia dell’Arte Medioevale e Moderna, ed. Adolfo Venturi, XXX (1927): 3–30. Tea discussed how, following Alhacen, Witelo understood all twenty-two visible intentions to correspond to the idea of beauty.



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as well as the asperitas of “other things” (aliorum).27 One should consider reliefs among those other items for consideration, because throughout the text, Witelo suggests the concept of relief in the Middle Ages was not only considered an artistic technique, but also a quality of visual perception. Witelo spoke to the visible quality of asperitas and how he understood a real object in the world to contain protuberances and hollows on the surface, casting shadows and allowing certain aspects of the object to appear differently when viewed under certain conditions (especially with regard to lighting). In Proposition 139 he argued: “Since roughness consists in the differences in the situation of the surface of a body, it is clear that the prominent parts cause shadow when light falls on the surface of that body. Therefore, the prominent parts of a body’s surface will be open to light and revealed, and in the depressions beneath the higher parts, shadows will reach out, mixing with the light that falls there.”28

There is an obviously parallel to relief carving in this instance, and accordingly, Witelo also theorized relief in painting. In proposition 141, for instance, Witelo explained how the distance between an observer and an object – in this case, the object being explicitly referred to as an “painted image” (picte ymaginis) – might cause an observer to err in his or her perception of the object’s relief (asperitas): “Also an excessive distance causes an error in the visual perception of roughness and smoothness, so that hairs or lines depicted in any painted image, roughness is judged on account of a line of separation, and this is because the sense is accustomed to seeing roughness in real hairs. […] Likewise, if a moderately rough body is placed opposite the eye from a great distance, it will be judged as smooth, because from such a great distance the difference of the parts or the projection of the shadows of the prominent parts over the lower ones [cannot] be discerned, and so smoothness is judged in.”29 27 Witelo, Perspectiva, book 4, prop. 148: “Asperitas etiam facit pulchritudinem, villositas enim pannorum katenatorum et aliorum placet visui.” See Carl J. Kelso, Jr., “Witelonis Perspectivae Liber Quartus/Book IV of Witelo’s Perspectiva. A Critical Edition and English Translation” (PhD diss., University of Missouri-Columbia, 2003), 578. 28 Witelo, Perspectiva, book 4, prop. 139: “Cum asperitas sit diversitas situs partium superficei corporis, palam quod partes premineentes umbram faciunt quando lux inciderit superficiei illius corporis. Partes ergo preminentes erunt manifeste luci et discooperte, et in partes profundas perveniunt umbre permiscentes lucem illis partibus incidentem.” See Kelso, Jr., “Witelonis Perspectivae,” 309; 564. 29 Witelo, Perspectiva, book 4, prop. 141: “Superflua etiam longitudo distantie errorem ingerit visioni asperitatis et lenitatis, unde in pictis capillis vel pilis alcuius picte ymaginis propter longitudinem distantiae estimatur asperitas, ideo quia sensus consueuit accipere asperitatem in capills veris […] Similiter etiam, si a magna distantia opponatur visui corpus in quo est modica asperitas, putabitur lenitas, quia a talia distantia non potest discerni diversitas partium aut proiectio umbre partium eminentium super depressas, unde iudicatur in eo lenitas.” See Kelso, Jr., “Witelonis Perspectivae,” 311, 566.

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If an observer is located too far away from the object, the asperitas, or apparent three-dimensionality, seemingly disappears into planarity, pure surficiality. The relief, of course, never goes away. Upon closer inspection, the observer understands the hair to contain a certain materiality or roughness (or volume), which distinguishes it from other hairs and other parts of the body that are not hairs. In this way, asperitas or relief should be understood as a sign per se. The categories of relief and distance, corporeality and spatial disposition, were transmitted to artistic discourses as categories of visible perception through optical treatises like Witelo’s. An important development in this tradition occurred in the work of Lorenzo Ghiberti, who wrote a long section on optical theory in his I commentarii in which he cited Witelo and Alhacen, most likely having accessed the only Italian translation of De aspectibus made by Guerruccio Federighi in the fourteenth century.30 There are many other texts one could discuss in which a distinctly perspectival and sculptural language emerges to describe human perception and aesthetics. In the Arbor Vitae Crucifixe Jesu (c. 1305), Ubertinus de Casali described St. Francis’ mind as impressed with the physical cross of Christ in terms of a wax seal impressing into skin (sculpturam sigilli).31 William Durandus, in his wildly popular liturgical text, the Rationale Divinorum Officiorum (1284), compared the variety of paintings, sculptures, and reliefs displayed in a church to the diversity of virtues and analogized relief sculptures that project out of the wall (sculpturae prominentes) to the virtues “naturally implanted in the faithful.”32 Distance is an important trope in both Roger Bacon’s moralizing tome on perspective (Perspectiva, c. 1265)33 and in Thomas Aquinas’ commentary on De Anima (c. 1268). Aquinas even described the relationship between a

30 See Graziella Federici Vescovini, “Contributo per la storia della fortuna di Alhazen in Italia: Il Volgarizzamento del Ms. Vat. 4595 e il ‘Commentario Terzo’ del Ghiberti,” Rinascimento n. s. 5 (1965): 17–49; Enrico Narducci, “Intorno ad una traduzione Italiana, fatta nel secolo decimoquarto del trattato d’ottica d’Alhazen, Matematico del secolo undecimo, e ad altri lavori di questi scienziato,” Bullettino di Bibliografia e di Storia delle Scienze, Matematiche, e Fisiche IV (Rome, 1871): 1–48. 31 Ubertinus de Casali, Arbor Vitae Crucifixe Jesu, ed. Charles T. Davis (Turin: Bottega d’Erasmo, 1961), 436b: “Sed tertio uirtute dilectionis fuerunt impressa perfective. Nam igneus Ihesus scintillans diuinitate et humana facie apparente supra cor et corpus Francisci tam flammeum ignem et uigorosum effudit: ut fieret cor suum tamquam cera liquescens: quia divinus amor habet uim liquefatiua ut est dictum et uim figuratiuam ad modum cere fluentis in sculpturam sigilli. Sic Franciscus et mente et carne totus fluxit intra sculpturam uulnerum apparentis dilecti et transformatus est amans in amatum.” I would like to offer my sincere thanks to Carolyn Muessig for this source and transcription. 32 Guilelmus Durandus, The Rationale Divinorum Officiorum (Fons Vitae, 2007), book 1, chap. 3. 33 Bacon, Perspectiva, Pars II, dist. 3: “Remotio igitur comprehenditur quando corpora continuata sunt inter visum et rem, et hoc in mediocri distantia et tunc quando visus illa corpora aspexerit et mensuras eorum certificaverit.” See David C. Lindberg, ed. and trans., Roger Bacon and the Origins of Perspectiva in the Middle Ages (Oxford: Clarendon Press, 1996), 210–11.



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beholder and visible objects in terms of a visual pyramid in his section on the proper objects of sight.34 Two additional commentaries on De Anima convey how pervasive concepts of relief were in the Middle Ages, as both discuss the perception of relief in painting. In the first, written in Paris in the middle of the fourteenth century, Nicole Oresme addresses a problem of visual theory espoused both by Aristotle and the perspectivists, beginning with Alhacen. In Book 2, Question 14, Utrum numerus et figura sint sensibilita communia (Whether figure and number are common sensibles), he addressed the problem of different modes of vision and how Aristotle distinguished between objects proper to one mode of sensation, or the proper sensibles (e. g. light and color are proper only to sight), and multiple modes of sensation, or the common sensibles.35 In explaining how there are “two modes of difference” in things figured, the circumference and the “parts of the thing figured,” he claimed: “[C]oncavity is known by perceiving the distances of the parts – namely that the middle parts are more distant from the vision than the extremities. […] But convexity is known by perceiving that the parts of the middle are less distant than the extremes; and planeness in fact is known by perceiving an equality of the distance of the parts, or at least a regularity. […] And, therefore, in paintings, because of the intension and remission of colors, sometimes we judge a plane surface to be concave, or convex and stand out [in relief], because, just as the color is more intense in one place than in the other, so also is the species in the eye.”36

And in another text, an anonymous commentator on Aristotle’s De Anima following Oresme, argued:

34 Thomas Aquinas, Sentitia libri ‘De Anima’, book 2, chap. 15, 118–35/434/: “The reason, then, why distance impedes sight is that every body is seen under the angle of some triangle (or more accurately, pyramid). The base of this [pyramid] is located in the thing seen, the angle is located in the eye of the one seeing.” See Robert Pasnau, ed. and trans., A Commentary on Aristotle’s De Anima (New Haven: Yale University Press, 1999), 225. 35 See Peter Marshall, “Two Scholastic Discussions of the perception of Depth by Shading,” Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 44 (1981): 170–75. The following translation is modified from Marshall’s. 36 Nicole Oresme, Quaestiones in Aristotelis De Anima: “Tunc concavitas cognoscitur percipiendo distantias partium, scilicet quod partes mediae magis distant a visu quam extremitates […] Sed convexitas cognoscitur percipiendo quod partes medie minus distant quam extreme; et planicies vero cognoscitur percipiendo equalitatem distancie parcium, vel saltem regularitatem. […] Et ideo in picturis propter intensionem et remissionem colorum aliquando iudicamus planum esse concavum, vel convexum et supereminens, qui, sicut color est intensus in uno loco magis quam in alio, ita etiam species in oculo.” Cf. Benoît Patar, Nicolia Oresme Expositio et Quaestiones in Aristotelis De Amina (Louvain: Peeters, 1995), 225.

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“And, therefore, when painters wish to indicate on some plane surface that some part of this surface should appear to stand out [in relief], they color this part with a color which has more light, like with white color; however, the part which they wish to appear to be depressed they color with a color which has less light and with a dark color, like the color of black.”37

According to Peter Marshall, this discussion of relief is not found in other Aristotelian commentators, and he is hesitant to claim they followed a particular textual source for this discussion. However, it is clearly evident that both authors had knowledge of the technique of relief in painting from contemporary practice, either through workshop knowledge or a familiarity with recipe books, and combined that knowledge with that of optical theory. There is some logic to the combination of artistic theory and visual theory, even prior to the Renaissance. Color, light, shadows, and surfaces were common both to perception of the natural world and its representation in two dimensions. While this connection is made explicit in the fifteenth century, in the written works of Alberti and Ghiberti specifically, this essay offers a variety of texts that speak directly to this process in the Gothic era. The question then becomes how can one see this broad interest in the aesthetics and effects of relief worked out in artistic practice? One way to consider this question is through examining works by Giotto di Bondone (d. 1337) and Jean Pucelle (d. 1355), two of the most innovative painters of the fourteenth century. It is not coincidental that precisely during this period, from the late thirteenth century through the fourteenth centuries, there began to appear in their paintings not only the sophisticated use of black and white pigment in modeling, but also the conscious mimicking of sculptural forms in the application of grisaille and physical materials to the surface. We can trace these occurrences in major intellectual centers of the time, Padua and Paris. Beginning with Giotto, it has become a truism that one finds the contours of depicted bodies to follow a strictly “sculptural” trajectory, as the degree of relief becomes more and more refined. Writers on art since Giorgio Vasari praised Giotto for his ability to render figures in relief to such an extent that they seemed real. Of his famous Navicella mosaic, which was once located above the entrance to Old Saint Peter’s in Rome, Vasari claimed “the wind fills a sail which ­ iotto seems to be in such high relief (rilievo) that it looks real.”38 The heights to which G brought modeling in relief also earned him a place of pride in Bernard Berenson’s

37 “Et ergo quando pictores in aliqua superficie plana volunt facere quod aliqua pars illius superficiei appareat super eminens, illam colorent colore qui multum habet de luce sicut colore albo; partem autem quam volunt apparere esse depressam colorant colore qui modicum habet de luce et colore obscuro sicut est color nigri.” See Marshall, “Two Scholastic Discussions,” 172. 38 Giorgio Vasari, The Lives of the Artists, trans. Julia Conaway Bondanella (Oxford: Oxford University Press, 1991).



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Fig. 1  Giotto, Betrayal of Christ, c. 1305, Padua, Arena Chapel.

history of Florentine painters, due to Giotto’s ability to “rouse the tactile sense.”39 The tactile sense is tied to our embodied experience. Giotto’s ability to arouse this in viewers is based primary on his play of light and shadow, so as to mimic the surface effects of sculpted bodies. In the Betrayal of Christ from the Arena Chapel (c. 1305), it is quite clear that ­Giotto modeled the drapery of Judas and Peter after bodies in space (fig. 1). The crinkled, vertical folds of Peter’s over-garment that one of the Romans holds tightly seem less ‘real’ than sculptural. The drapery folds of these two figures convey to what extent Giotto understood the disposition of light and shadow on concave and convex surfaces, based on his own observation of ancient or medieval sculptures or, likely, both.40 Similarly, as Frank Büttner has quite convincingly demonstrated, the development of rilievo in the later Middle Ages was one way that artists could respond to the advances

39 Bernard Berenson, Italian Painters of the Renaissance (London: Phaidon, 1952), 44. On Berenson and tactile values, see Alison Brown, “Bernard Berenson and ‘Tactile Values’ in Florence,” in Bernard Berenson: Formation and Heritage, ed. Joseph Connors and Louis A. Waldman (Boston: The Harvard Center for Italian Renaissance Studies, 2014). 40 It is difficult to know his exact sources for this type of observation, though the sculpted works of Nicola and Giovanni Pisano come to mind as likely medieval touchstones. On this question, see Michaela Krieger, Grisaille als Metapher. Zum Entstehen der Peinture en Camaïeu im frühen 14. Jahr­hun­dert (Vienna: Verlag Holzhausen, 1995), 54–60.

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made in optical theory.41 Understanding reflection, refraction, and concave and convex surfaces was part and parcel of both the perspectivist tradition and artistic practice. In this image, the undulating levels of the draperies precisely recall Witelo’s description of asperitas and what makes objects in relief beautiful. While Giotto’s relationship to intellectuals such as Pietro Abano and to optical theory has been well addressed,42 what has not been examined is how his work at the Arena Chapel trades on both aspects of relief: the physical and the perceptual. One can see this quite clearly at the dado level of the Arena Chapel where he frescoed personifications of the Virtues and Vices in monochrome grey, akin to grisaille. The personifications occupy illusionistic niches at the level of the beholder, implying that they are part of the beholders’ world, marking a hierarchical and representational difference from the historical narratives above which are painted in naturalistic hues (fig. 2).43 As has been observed previously, they are painted with such a high degree of relief, that they seem to jut out into the real space of the chapel as if fully sculpted bodies had been placed on the facades of Gothic churches.44 Yet, Giotto was never an artist that limited himself to just one set of creative devices, and what a viewer can also see is how he used material relief in the frescoes of both Justice and Injustice, playing up relief ’s perceptual and physical properties (fig. 3). Both figures are fictive relief sculptures sitting in a niche projected onto the picture plane, while the scenes playing out underneath them project from the surface of the wall. The surface is built up to such a degree that you can actually see its three-dimensionality, however slight, when you are standing in front of the fresco. This is best understood by comparing an image of Injustice photographed in raking light to a more static image (fig. 4 and plate IX). This type of relief is akin to stuccowork, and Giotto achieved a certain sense of depth and volume both on the picture plane, through the illusory modeling of his figures to 41 Frank Büttner, Giotto und die Ursprünge der neuzeitlichen Bildauffassung: Die Malerei und die Wissenschaft vom Sehen in Italien um 1300 (Darmstadt, DE: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2013), 72–85. 42 On Giotto’s relationship to Abano, see most recently Philippe Cordez, “Les marbres de Giotto. Astrologie et naturalisme à la Chapelle Scrovegni,” Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 55.1 (2013): 9–26. The bibliography on Giotto’s relationship to medieval optics is too vast to survey here. See most recently, Jean Wirth, L’Image a la fin du Moyen Age (Paris: Cerf, 2011), 16–46. 43 Cf. Péter Bokody, Images-within-Images in Italian Painting (1250-1350) (Cambridge: Cambridge University Press, 2015), 90–94; Gaetano Curzi, “Giotto ‘finxit’: Figurazione, rappresentazione degli edifice e illusionismo del materiali nella pittura di Giotto,” Rivista d’arte 11.5 (2011): 1–38. On difference and grisaille, see Charlotte Schoell-Glass, “En grisaille – Painting Difference,” Text and Visuality: Word & Image Interactions 3, ed. Martin Heusser (Amsterdamn: Rodopi B. V., 1999), 197–204. 44 Richard Steiner has connected Giotto’s ability to paint these figures in relief to the Latin term prominentia, a term used by Pliny the Elder and Alberti to designate relief in painting, but he does not connect this to the scholastic language of optics. See “Paradoxien der Nachahmung bei Giotto: die Grisaillen der Arenakapelle zu Padua,” in Die Trauben des Zeuxis: Formen künstlerischer Wirklichkeitsaneignung, ed. Hans Körner, et al (Hildesheim: Georg Olms Verlang, 1990), 68–74.



Fig. 2  Giotto, Spes (Hope), c. 1305, Padua, Arena Chapel.

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Fig. 3  Giotto, Iustitia (Justice), c. 1305, Padua, Arena Chapel.

Fig. 4  Giotto, Iniustitia (Injustice), c. 1305, Padua, Arena Chapel.

replicate relief sculptures, and beyond the picture plane, through the projection of the figures out of the planar field. While there is precedent for dado work in grisaille, or monochrome, in medieval Italy, of which Giotto could have known, his genius in this instance lies in his doubling of relief effects.45 Add to this, the sculpted forms of the halos which glimmer in natural light due to the applied gold leaf, and what we are left with is an intensity of sculptural effects throughout the Arena Chapel in direct tension with the illusionistic and perspectival qualities of the narratives.46 Taken together with his interest in medieval optical theory and the revival of Roman art, Giotto produced a stunning total45 For example, there are virtues and vices depicted at the dado level in Santa Maria, Summaga, from the twelfth century. See Jill Bain, “Signifying Absence: Experiencing Monochrome Imagery in Medieval Italy,” in A Wider Trecento: Studies in 13th and 14th Century European Art Presented to Julian Gardner, ed. Louise Bourdua and Robert Gibbs (Leiden: Brill, 2012), 5–20. On the persistence of grisaille on wall painting in Italy after Giotto, see Thomas Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde. Untersuchungen zum Kolorit des frühen 15. Jahrhunderts in Italien (Hildesheim: Georg Olms Verlag, 1993). 46 On gilded halos in the work of Giotto, see Christopher R. Lakey, “The Materiality of Light in Medieval Italian Painting,” in Medieval Materiality, ed. Anne. E. Lester and Katie C. Little, Special Issue of English Language Notes 53.2 (2015): 119–36; Vera-Simone Schulz, “Bild, Ding, Material: Nimben und Goldgründe italienischer Tafelmalerei in transkultureller Perspektive,” Zeitschrift für Kunstgeschichte 79.4 (2016): 508–41.

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ity of contemporaneous Gothic practices meant to overwhelm a beholder and to aesthetically move them to a higher level of reality. Finally, a few years later, at the height of Gothic sculptural production in Paris, Jean Pucelle produced the Hours of Jeanne d’Évreux (1324–28) for the Queen of France who was married to Charles IV. In this manuscript, Pucelle applied iron gall ink, black carbon ink, and lead white with pen and brush, to create the effects of relief one can see most effectively worked out in the drapery folds of the figures found throughout the manuscript (plate X and fig. 5).47 While it has been argued that the figures – perhaps because of their diminutive size – recall relief in small scale ivory or goldsmiths work, it seems to me that one can see quite clearly, for example in The Betrayal of Christ and The Annunciation, how Pucelle molded the plastic values of his figures after large-scale stone sculptures he saw in situ.48 By simulating one source of natural light falling horizontally from the viewer’s right, across the page of the Betrayal, Pucelle was able to highlight the most prominent (namely, in the Latin sense of prominentia or projection) aspects of the figures’ bodies – Christ’s lower torso, the Roman guard’s left arm, and Judas’ face – while, at the same time, rendering those objects and figures standing behind Christ in darker tones. The body of the Apostle just to Christ’s right is rendered almost completely black. In this way, Pucelle achieved an analogous effect in two dimensions of what he saw the sculptures on facades do in terms of light and shadow and surface values. Furthermore, the juxtaposition of horizontal and vertical drapery folds of the Virgin Annunciate seems clearly modeled after jamb figures all’antica (e. g. the school of Reims), or at the very least, a statuette carved fully in‑theround. Similar to the figures in The Betrayal, the most prominent parts of the Virgin’s robe are highlighted on one plane, while the deeper recessions of bunched clothing are painted black. Remarkably, Pucelle heightened this effect by differentiating the grisaille with other colors, or rather juxtaposing them. This type of juxtaposition recalls Aristotle’s theory of color, the dominant theory of color during the scholastic Middle Ages though importantly critiqued and modified by Robert Grosseteste, Roger Bacon, and Theodoric of Freiberg.49 In sections on the common and proper sensibles, both in his 47 On the technical aspects of this manuscript see, Abigail Quandt, “Technical Aspects of the Hours of Jeanne d’Évreux,” in Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, ed. Barbara Boehm (Munich, 2000), 119–93; Pascale Charron, “Color, Grisaille, and Pictorial Techniques in Works by Jean Pucelle,” in Jean Pucelle: Innovation and Collaboration in Manuscript Painting, ed. Kyunghee Pyun and Anna D. Russakoff (London: Harvey Miller, 2013), 91–107. 48 See Edith Ballas, “Jean Pucelle and the Gothic Cathedral Sculptures: A Hypothesis,” Gazette des BeauxArts 91 (1982): 39–44; Krieger, Grisaille als Metapher, 120–58. 49 On this point, see Katherine Tachau, “Words for Color: Naming, Signifying, and Identifying Color in the Theologies of Roger Bacon and His Contemporaries,” in The Word in Medieval Logic, Theology and Psychology (Turnhout: Brepols, 2009), 49–64; Charles Parkhurst, “Roger Bacon on Color: Sources,



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Fig. 5  Jean Pucelle, The Entombment and The Flight into Egypt, The Hours of Jeanne d’Évreux, fols. 82v–83r, c. 1324–28, New York, The Metropolitan Museum of Art, The Cloisters Collection.

Meteorologica and De Sensu, Aristotle discussed the optical effects of juxtaposing colors against black and white in terms of bringing out certain qualities of both: “Bright dyes too show the effect of contrast. In woven and embroidered stuffs, the appearance of colors is profoundly affected by their juxtaposition with one another (purple, for instance appears different on white and on black wool), and also by differences of illumination.”50 Like De anima, both texts were included in the twelfth and thirteenth century Aristotelian translation movement that so profoundly affected the course of scholastic philosophy and aesthetics during the Gothic period.51 Parallel to Theories & Influence,” in The Verbal and the Visual: Essays in Honor of William Sebastian Heckscher, ed. Karl-Ludwig Selig and Elizabeth Sears (New York, 1990), 151–201. 50 Meteorologica, book III. 4, in The Works of Aristotle, III, ed. and trans. W. D. Ross (Oxford: Clarendon Press, 1931), 374a. Cf. Richard Sorabji, “Aristotle, Mathematics, and Colour,” The Classical Quarterly 22.2 (1972): 293–308. 51 See Pieter L. Schoonheim, Aristotle’s Meteorology in the Arabico-Latin Tradition (Leiden: Brill, 2000).

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Giotto’s juxtaposing the monochrome figures against colored backgrounds in the Arena Chapel, Pucelle often set his figures against richly colored backdrops, some even made from precious materials like lapis lazuli.52 This is most evident in the scene of Christ’s entombment (fig. 5) or the Annunciate’s fiery red halo (plate X). In sum, what Pucelle accomplished is twofold: First, he emphasized the figures’ sculptural qualities through the juxtaposition of difference – the difference between black and white in modeling and the difference between the grisaille figures and their backgrounds. The juxtapositions in his paintings raise the level of his artistry by bringing attention to their status as illusionistic representations. Second, he recalls Giotto’s treatment of various media, real and imagined, in the Arena Chapel (and we know Pucelle traveled to Italy and saw the Arena Chapel),53 in order to overwhelm his audience with the sheer richness of form, material, and craftsmanship. All of the texts and images discussed here speak to the rich possibilities of a sculptural imagination that existed in the late Middle Ages, preceding Alberti and the humanist’s usage of rilievo. Yet, no argument is posited for a strict bifurcation between the medieval period and the early Renaissance. Rather, in the formation of a scholastic aesthetics that privileged plastic forms, interesting connections occurred that informed a general theory of relief that Alberti first codified in 1435. This is precisely why Damisch’s notion of origin is important: it can take into account the ways in which theories of relief in the early Renaissance developed out of previous knowledge, not just from ancient sources, but also from those closer in time. The optical treatises and Aristotelian commentaries spoke to the truth of vision and the truth to nature. Both were concerned with objects in the world and one’s relationship to them. Thus, in a culture where these texts were pervasive and monumental relief sculpture became the media par excellence, it should come as no surprise that painters as innovative and ambitious as Giotto and Jean Pucelle would turn their attention to reproducing a full range of sculptural effects in two dimensions. As Jeffrey Hamburger has argued in a provocative discussion of Jan Van Eyck’s grisailles, because of its association with relics and cult statues, sculpture had a claim to a higher level of authority in the Middle Ages, and painters began to reproduce a “corporeal similitude” to assert their own authority as artists.54 However, one could argue that this happened in grisaille before the artistry of oil paint could bring these effects to their stylistic apex.

52 On this, see Quandt, “The Grisaille,” in Stundenbuch der Jeanne d’Évreux, 332. 53 See Charron, “Color, Grisaille, and Pictorial Techniques,” 105. 54 See Jeffrey Hamburger, “Seeing and Believing: The Suspicion of Sight and the Authentication of Vision in Late Medieval Art and Devotion,” in Imagination und Wirklichkeit: Zum Verhältnis von mentalen und realen Bildern in der Kunst der frühen Neuzeit, ed. Klaus Krüger and Alessandro Nova (Mainz, 2000), 47–69.

Albert Boesten-Stengel

Helldunkelrelief Leonardos da Vinci anima della pittura und Aristoteles’ Poetik

Carl Justi schreibt in seiner Velázquez-Monographie von 1888 mit Blick auf dessen Gemälde Las meninas (Madrid, Museo del Prado): „Wahrlich, wol nie ist jenes Dogma des Leonardo da Vinci, dass der Rilievo ‚die Seele der Malerei‘ sei, dass in dem Schein des erhabenen, von der Fläche losgelösten Körpers ‚die Schönheit und das erste Wunder‘ dieser Kunst liege, mit soviel Ueberzeugung verstanden, mit solcher Macht des Könnens befolgt und durch die Bewunderung der Künstler und Laien in seiner Richtigkeit bewährt worden.“1

Mit Vokabeln aus Religion und Offenbarung, „Dogma“, „Seele“, „das erste Wunder“ und die biblische Beteuerungsformel „wahrlich“, bereitet Justi die ganz ungewöhnliche Sentenz vor, die Velázquez’ erster Biograph Palomino dem geistreichen Neapolitaner Luca Giordano in den Mund legte: Las meninas, das sei die „Theologie der Malerei“. Es ist, als könne der Italiener nur von einem dieser ingeniösen Spanier erwarten, die Kontradiktion von Glauben und Illusion, von Wahrheit der Religion und Täuschung der Kunst so kühn zu vereinen.2 Was hier bei Justi durch Anführungsstriche als wörtliches Zitat nach Leonardo auftritt, hat der Kunsthistoriker näher betrachtet aus 1 Carl Justi, Diego Velazquez und sein Jahrhundert, 2 Bde. (Bonn: Cohen, 1888), Bd. 2, 316. In Justis Kapitel zu Las Meninas gibt es noch eine weitere explizite Erwähnung Leonardos auf Seite 313: „Eine Zusammenstellung wie diese kann nur vom Zufall an die Hand gegeben sein. Solche alltägliche Scenen, selbst wenn sie malerisch dankbar sind, werden, weil sie immer gesehn werden, gar nicht gesehen, der Künstler müsste denn ein Fremder sein. Nur der Zufall, so oft ein glücklicher Erfinder (nach Leonardo), konnte das Bild darin entdecken.“ Justi spielt wohl auf die berühmte Passage Leonardos zu den Zufalls­ flecken an, zitiert auch in Fußnote 87 des vorliegenden Beitrags. 2 Albert Boesten-Stengel, „Carl Justi als Theologe der Malerei. Zu seiner Deutung von Velázquez’ Las Meninas“, in Carl Justi und die Kunstgeschichte, hg. von Bettina Marten, Roland Kanz (Frankfurt am Main/Madrid: Vervuert, 2016), 83–92.

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vier verschiedenen Textstellen in Heinrich Ludwigs Ausgabe des Codex urbinas lat. 1270 mit deutscher Übertragung (Wien 1882) zusammengefasst. Der Ausdruck „Seele der Malerei“ findet sich in Ludwigs Nr. 124: „Was ist schwieriger, Schatten und Lichter oder aber gute Zeichnung. Ich sage, dass das an eine gewisse Schranke Gebundene schwieriger sei, als was frei ist. Die Grenzen der Schatten gehen nach bestimmter Abstufung, und wer dessen unkundig ist, dessen Sachen werden ohne Rundung sein. Die Rundung [in Leonardos Italienisch: rilievo] ist aber die Hauptsache und die Seele der Malerei. Die Zeichnung ist frei; denn man wird unzählige Gesichter sehen, die sämmtlich von einander abweichen, das eine hat eine lange, das andere eine kurze Nase. So kann sich also auch der Maler diese Freiheit nehmen, und wo Freiheit ist, da gibt es keine Regel.“3

Das „erste Wunder“ steht in Nr. 45: „Das erste Wunder, das in der Malerei zu Tage tritt, ist, dass das, was nicht von der Oberfläche der Bildwand getrennt ist, von der Mauer oder sonstigen Ebene abgehoben erscheint und das feinste Urtheil täuscht.“4

Das Wort „Schönheit“ findet sich zwar schon in der Nr. 124 vorhergehenden Passage Nr. 123, gilt dort aber nur der Schönheit der Farben, denen der Maler die Kunst des optischen rilievo vorziehe: „Eine Malerei wird für die Beschauer nur dadurch wunderbar, dass sie das, was nichts ist, wie erhaben und von der Wand losgelöst aussehen lässt, die Farben bringen aber einzig den Meistern Ehre, die sie bereiteten, denn durch sie wird keine andere Bewunderung hervorgebracht, als die ihrer Schönheit, und die ist nicht Verdienst des Malers, sondern dessen, der die Farben gemacht hat. Und es kann eine Sache in hässliche Farben gekleidet sein, darum aber doch die Bewunderung der Beschauer erregen, weil sie rund-erhaben aussieht.“5 3 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, hg. von Heinrich Ludwig, 3 Bde. (Wien: Wilhelm Braumüller, 1882), Bd. 1, 173; Leonardo da Vinci, Libro di Pittura. Codice Urbinate lat. 1270 nella Biblioteca Apos­ tolica Vaticana, hg. von Carlo Pedretti, kritische Transkription von Carlo Vecce, 2 Bde. (Florenz: Giunti, 1995), Bd. 1, 199, Nr. 124: „Qual è piú difficile, o l’ ombre e lumi, o pure il disegno bono./Dico essere piú difficile quella cosa ch’è constretta a un termine, che quella ch’è libera. L’ombre hanno i loro termini a certi gradi, e chi n’è ignorante, le sue cose fieno sanza rilevo, il quale rilevo è la importanzia e l’anima della pittura. Il disegno è libero, imperò ché si vedrà infiniti volti, che tutti saranno varîi. E chi averà naso longo e chi un corto. Adunque il pittore pò ancora lui pigliare questa libertà, e dove è libertà non è regola.“ 4 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, Bd. 1, 97; Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 167, Nr. 45: „La prima maraviglia che apparisce nella pittura è il parer spiccato dal muro od altro piano, ed ingannare li sottili giudicii con quella cosa che non è divisa dalla superfizie della pariete; […].“ 5 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, Bd. 1, 173; Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd, 1, 199, Nr. 123: „Qual è di piú importanzia, o che la figura abbondi in bellezza di colori, o in dimostrazione di gran rilevo./Solo la pittura si rende alli contemplatori di quella per fare parere rilevato e spiccato dalli

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Erst Passage Nr. 412 misst dem gemalten rilievo selbst den Vorzug des „Schönen und Wunderbaren“ bei: „Die erste Absicht des Malers ist, zu machen, dass eine ebene Fläche sich als ein erhabener und von der Fläche losgelöster Körper darstelle, und wer in dieser Kunst den Anderen am weitesten voraus ist, der verdient das grösste Lob. Und selbiger Forschungszweig, oder vielmehr selbige Krone unserer Wissenschaft verdankt das dasein dem Vorhandensein von Schatten und Lichtern, oder aber dem Hell und Dunkel. Demnach meidet, wer die Schatten meidet, den Ruhm der Kunst bei edlen Geistern und gewinnt sich Ruhm bei der unwissenden Menge, die in Bildern nach nichts Anderem verlangt als nach Schönheit der Farben, worüber sie gänzlich des Schönen und Wunderbaren vergisst, das darin liegt, Flaches körperlich erhaben erscheinen zu lassen.“6

In der im Vergleich zum Codex urbinas gekürzten italienischen Erstausgabe des Trattato della Pittura (Paris 1651), die in Velázquez’ Bibliothek7 vorhanden war, ist nur die letzte der oben zitierten Passagen enthalten.8 Der Kunsthistoriker hätte noch auf die ebenfalls in Velázquez’ Bibliothek vorhandene Abhandlung De la pintura, su antiguemuri quel ch’è Nulla, e li colori sol fanno onore alli maestri che li fanno, perché in loro non si causa altra maraviglia che bellezza, la quale bellezza non è virtú del pittore, ma di quello che gli ha generati, e può una cosa esser vestita di brutti colori, e dar di sé maraviglia alli suoi contemplanti pel parere di rilevo.“ Original unbekannt. 6 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, Bd. 1, 405; Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 303–4, Nr. 412: „La prima intenzione del pittore è fare ch’una superficie piana si dimostri corpo rilevato e spiccato da esso piano; e quello ch’in tal arte piú eccede gli altri, quello merita maggior laude, e questa tale investigazione, anzi corona di tale sciencia, nasce da l’ombre e lumi, o voi dire chiaro e scuro. Adonque chi fugge l’ombre fugge la gloria de l’arte apresso alli nobili ingegni, e l’acquista presso l’ignorante vulgo, li quali nulla desiderano nella pittura altro che bellezza di colori, dimenticando al tutto la bellezza e maraviglia del dimostrare di rilievo la cosa piana.“ Original unbekannt. 7 Im Nachlassinventar als Nr. 558, „Leonardo de Vinci, de la pintura“. Vgl. Pedro Ruiz Pérez, Hg., De la pintura y las letras. La biblioteca de Velázquez (Sevilla: Conseria de Cultura, 1999). 8 Leonardo da Vinci, Trattato della pittura di Leonardo da Vinci, novamente dato in luce, con la vita dell’autore, scritto da Raffaele du Fresne. Ci sono giunti i tre libri della pittura e il trattato della scultura di Leon Battista Alberti con la vita del medesimo […] (Paris: Giacomo Langlois, 1651). Der Text der ersten Ausgabe folgt der wohl in den 1570er Jahren in Florenz angefertigten, im Vergleich zum Codex Urbinas gekürzten Redaktion. Sie übernimmt von dessen acht Teilen lediglich überwiegend die Teile 2, 3 und 4, darunter allerdings den sehr folgenreichen Teil 2 „De’ precetti dei Pittori“. Zu Herkunft und Verbreitung der Kurzfassung von Leonardos Malereitraktat vgl. Carlo Pedretti, in Carlo Pedretti (Hg.), The Literary Works of Leonardo da Vinci: Compiled and edited from the original Manuscripts by Jean Paul Richter, 2 Bde. (Oxford: Phaidon, 1977), Bd. 1, 12–31; Claire Farago (Hg.), Re-reading Leonardo: The Treatise on painting across Europe (1550–1900) (Burlington: Ashgate, 2009). Eine Konkordanz von Erstausgabe und Codex urbinas findet sich in Carlo Pedretti, Leonardo da Vinci on Painting: A Lost Book (Libro A) Reassembled from the Codex Vaticanus Urbinas 1270 and from the Codex Leicester (Berkeley: University of California Press, 1964), 241–51.

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dad y grandezas (Sevilla 1649)9 von dessen Schwiegervater Francisco Pacheco verweisen können, der in dem Kapitel zum relievo der Malerei gleich nach dem bekannten Helldunkel-Abschnitt aus Leon Battista Albertis De pictura10 eine Nr. 412 des Codex urbinas entsprechende Passage nach einem italienischen oder spanischen Exzerpt in seinem Besitz paraphrasiert:11 „Atiendasse a este Documento que es maravilloso. La primera intention del pintor, es hazer que en una superficie plana, se muestren los cuerpos relevados, i apartados del plano. Aquello que en tal arte mas excede a los otros aquello merece mayor alabança. I esta investigacion (antes la corona de tal ciencia) dan las sombras i luzes, o el claro i oscuro. De suerte que si huyes de las sombras huyes la gloria de l’arte, acerca de los buenos ingenios; i la alcanças a cerca de los ignorantes, i del vulgo. Los quales no dessean otra cosa que la hermosura de los colores, non conosciendo el RELIEVO, i bondad de tal ciencia.“12

Justis unverholen ungenaues Zitieren ohne Quellenangabe gibt uns zu verstehen, dass es gar nicht darauf ankomme, wie der Maler aus Sevilla von Leonardos „Dogma“ Kenntnis erlangt hätte. Der Name des Florentiner Malers „Leonardo“ steht für einen Kanon der hervorragenden und zugleich universal gültigen Kunstwerke aller Zeiten. Der Ausdruck „Seele der Malerei“ aber, das konnte dem Altphilologen, Theologen, Philosophen und dann Kunsthistoriker Justi nicht entgangen sein, zielt genau auf den klassischen Autor, der hier als intertextuelle Folie der Aufzeichnungen Leonardos zu erkennen ist. Im 6. Kapitel der Poetik des Aristoteles (1450a–b) heißt es: „ἀρχὴ μὲν οὖν καὶ οἷον ψυχὴ ὁ μῦθος τῆς τραγῳδίας, δεύτερον δὲ τὰ ἤθη· παραπλήσιον γάρ ἐστιν καὶ ἐπὶ τῆς γραφικῆς· εἰ γάρ τις ἐναλείψειε τοῖς καλλίστοις φαρμάκοις χύδην, οὐκ ἂν ὁμοίως εὐφράνειεν καὶλευκογραφήσας εἰκόνα· ἔστιν τε μίμησις πράξεως καὶ διὰ ταύτην μάλιστα τῶν πραττόντων.“13 „Das Erste (Prinzip, Hauptsache) also und gleichsam die Seele der Tragödie ist der Mythos, an zweiter Stelle kommen die Charaktere. Es ist wie in der Malerei. Denn wenn einer gar die schönsten Farben ringsum verteilt, wird er doch nicht so gefallen wie mit

  9 Im Nachlassinventar als Nr. 455, „Libro de pintura y su antiquedad.“ Vgl. Pedro Ruiz Pérez (Hg.), De la pintura y las letras. La biblioteca de Velázquez (Sevilla, 1999). 10 Leon Battista Alberti, De pictura, in Leon Battista Alberti, Opere volgari. Trattati d’arte, hg. von Cecil Grayson (Bari: Laterza, 1973), 1–107, hier 82 (Abschnitt 46). 11 Zu den Exzerpten aus Texten Leonardos bei Pacheco siehe Javier Navarro de Zuvillaga, „The Trattato in Seventeenth- and Eighteenth-Century Spanish Perspective and Art Theory,“ in Farago (Hg.), Re-Reading Leonardo, 327–48, hier 331–33; auch Charlene Villaseñor Black., „Pacheco, Velazquez and the Legacy of Leonardo in Spain“, in Farago (Hg.), Re-Reading Leonardo, 349–74. 12 Francisco Pacheco, De la pintura, su antiguedad y grandezas (Sevilla: Simon Faxardo, 1649), 303–4. 13 Aristoteles, Aristotle’s Ars Poetica, hg. von R. Kassel (Oxford: Clarendon Press, 1966), 1450a–b.

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dem leukographischen Bild (eines Gegenstandes). Und sie (die Tragödie) ist Darstellung von Handlung und vor allem dadurch (auf diese Weise) Darstellung handelnder Menschen.“14

Auf Anhieb sind zwei der verbalen Motive in den Abschnitten Nr. 123 und 124 des Codex urbinas wiederzuerkennen. Da sind die schönen Farben, denen das illusionistische Helldunkel-Relief vorgezogen wird. Und da ist die Hauptsache und Seele, nun direkt auf die Malerei bezogen. Bei aller De- und Rekomposition der aristotelischen Textvorlage, bleiben in Leonardos Diktion die rhetorisch-poetischen Mittel zur Modellierung der Botschaft erhalten. Hendiadyoin (arche men kai hoion psyche …) und Hyperbaton (… ho mythos tes tragodias) verleihen der Rede Relief und Nachdruck. Mythos ist in der Poetik ein Synonym für die systasis pragmaton (1450a, Komposition der Handlungen), die Aristoteles auch (1450b23) kai proton kai megiston tes tragodias (das Erste und Wichtigste der Tragödie) nennt. Das wichtigste Mittel aber in dem zitierten Abschnitt der Poetik ist das Enthymem (to enthymema: Gedanke, Einfall). Es sieht aus wie ein unvollständiger, sogar fehlerhafter und trügerischer Syllogismus, der dem Leser oder Zuhörer überlässt, das Fehlende oder den Fehler hinzuzudenken. Das vorliegende Enthymem realisiert den Topos eines Beweises aus dem gleichartigen Fall, wie ihn Aristoteles selbst in seiner Rhetorik (1397a) entwirft. Im Deutschen könnte das Argument etwa lauten: Mit dem Mythos und den Charakteren verhalte es sich im Fall der Tragödie so, da es sich zum Beispiel in der Malerei auch so verhalte. Nur das Verb leukographein wird zusätzliche philologische Schwierigkeiten bereiten. Es ist sonst weder bei Aristoteles noch einem anderen Autor der Antike belegt. Vielleicht wurde es ad hoc aus dem Adjektiv leukos (weiß, hell, leuchtend, rein) und dem Verb graphein (einritzen, zeichnen, schreiben, malen) gebildet. Das vorangestellte Bestimmungswort leuko bezeichnet demnach eine Qualität des Malens oder des Gemalten. War hier an eine konkrete Technik, das Malmittel, oder an die optische Wirkung des durch techne (Kunst) erzeugten gedacht? Der Autor fasst sich kurz. Er scheint doch gerade beim Leser die Vertrautheit mit dem Gemeinten vorauszusetzen, wenn die Analogie verdeutlichen soll, worauf es im Fall der Tragödie ankomme. Neuzeitliche Übersetzungen bieten für Aristoteles’ Leukographie etwa folgende Alternativen an: „wer eine klare Umrißzeichnung herstellt“ (Fuhrmann)15 „der auf einen weißen Grund zeichnet“ (Gigon)16

14 Eigene Übersetzung. 15 Aristoteles, Poetik: griechisch-deutsch. Übersetzt von Manfred Fuhrmann (Stuttgart: Reclam, 1994), 23. 16 Aristoteles, Poetik. Übersetzung und Einleitung von Olof Gigon (Stuttgart: Reclam, 1961), 32.

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„der völlig mit weiß malet“ (Winckelmann)17 „qui creta singula distincte delineat“ (der mit nur einer Kreide deutlich zeichnet) (Daniel Heinsius, 1643)18 „se di chiaro e di scuro avesse figurata una imagine“ (Lodovico Castelvetro, 1570)19 „an outline picture of something in black and white“ (James I. Porter)20

Vordergründig erhellt sich das Gemeinte aus der textinternen Opposition der „schönsten Farben“ zu „Weiß“. Wenn die Farben kallistoi pharmakoi genannt werden, sind das kostbare und kostspielige Pigmente. Weiße Pigmente (z. B. Kreide) dagegen sind billig und leicht verfügbar.21 Die Opposition scheint damit nicht ausgeschöpft. Denn leukos bezeichnet sonst je nach Kontext weißes Material, Pigment, aber auch das farb­lose Licht, die klare Helligkeit.22 Siehe auch das lateinische Wort lux. Einige Wörterbücher nennen im Umkreis der europäischen Sprachen zum Vergleich das fränkische blank und daraus das italienische bianco. Wir könnten demnach paraphrasieren: „Denn wenn einer gar die teuersten Pigmente ringsum verteilt, wird er nicht so gefallen wie einer, der sogar ganz ohne Farbe die sichtbare Erscheinung einer Figur erzeugt.“ Die neuzeitlichen Übersetzungen schwanken offenbar darin, wie sie sich Aristoteles’ Zeichnen oder Malen „ohne Farbe“ vorstellen sollen: als bloßen Umriss oder doch als Helldunkel.23 In Plinius’ Naturalis historia gilt der Maler Zeuxis als einer der Ersten in einer Gattung wohl einfarbiger Gemälde: „pinxit et monochromata ex albo“.24 17 Johann Joachim Winckelmann, Johann Winkelmanns Geschichte der Kunst des Alterthums, 2  Bde. (Wien: Akademischer Verlag, 1776), Bd. 1, 583. 18 Aristoteles, Aristotelis De Poetica liber. Daniel Heinsius […] latine vertit […] (Leiden: Balduini, 1611), 14. 19 Lodovico Castelvetro, Poetica d’Aristotele vulgarizzata e sposta, hg. von Werther Romani, 2 Bde. (Rom, Bari: Laterza, 1978), Bd. 1, 182. Ebenso kommentiert Castelvetro auf seinen Seiten 193–94. 20 James I. Porter, The Origins of Aesthetic Thought in Ancient Greece: Matter, Sensation, and Experience. (Cambridge: Cambridge University Press, 2010), 95. 21 John Shearman, „Leonardo’s Colour and Chiaroscuro“, Zeitschrift für Kunstgeschichte 25 (1962): 13– 47, hier 30. Shearman scheint, ohne Aristoteles als Quelle von Leonardos Ausdrucksweise zu kennen oder zu nennen, richtig zu verstehen, dass mit den „schönen Farben“ reine, leuchtende Pigmente gemeint sind.: „There is a text which is often chosen to show that Leonardo was interested only in the chiaroscuro, and that colour itself meant little or nothing to him […]. It cannot be too strongly emphasized that bellezza di colori does not mean ,beauty of colour‘ in the modern sense, but the harsh brilliance of pure pigment; what Leonardo has in mind is not the choice between a picture brilliantly and subtly coloured (for example, his own Last Supper) and a grisaille, but between a painting of, say, Ghirlandaio, and his own: the contrast is between the Quattrocento and the Cinquecento.“ 22 Pierre Rodrigo, „L’histoire d’un contresens: Leukographia chez Aristote“, diotima 31 (2003): 104–14. 23 James I. Porter, The Origins of Aesthetic Thought in Ancient Greece: Matter, Sensation, and Experience. (Cambridge: Cambridge University Press, 2010), 95. 24 Plinius, Naturalis Historia, 35, 64. Mit dem als „Plinio“ apostrophierten Titel in Leonardos Liste der Bücher in seinem Besitz ist wohl die italienische Überssetzung des Cristoforo Landino (Venedig, 1476, auch 1481, 1489) gemeint. Augusto Marinoni, „I libri di Leonardo“, in Leonardo da Vinci, Scritti letterari, Nuova edizione accresciuta, hg. von Augusto Marinoni (Mailand: Rizzoli, 1974), 239–57, hier 241, Nr. 12.

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Der lateinische Ausdruck ex albo stellt uns wieder vor das weiße Pigment oder die lichthafte Wirkung. Nicht bei der Leukographie, aber nur wenige Zeilen zuvor in demselben Kapitel (1450a) der Poetik erscheint eben der Name Zeuxis: „ἔτι ἄνευ μὲν πράξεως οὐκ ἂν γένοιτο τραγῳδία, ἄνευ δὲ ἠθῶν γένοιτ’ ἄν· αἱ γὰρ τῶν νέων τῶν πλείστων ἀήθεις τραγῳδίαι εἰσίν, καὶ ὅλως ποιηταὶ πολλοὶ τοιοῦτοι, οἷον καὶ τῶν γραφέων Ζεῦξις πρὸς Πολύγνωτον πέπονθεν· ὁ μὲν γὰρ Πολύγνωτος ἀγαθὸς ἠθογράφος, ἡ δὲ Ζεύξιδος γραφὴ οὐδὲν ἔχει ἦθος.“25 „Ferner könnte ohne Handlung keine Tragödie zustandekommen, wohl aber ohne Charaktere. Denn die Tragödien der Neueren sind größtenteils ohne Charaktere, und überhaupt ist dies bei vielen Dichtern der Fall. Ebenso verhält sich unter den Malern Zeuxis zu Polygnot; Polygnot war nämlich ein guter Maler von Charakteren, die Gemälde von Zeuxis hingegen zeigen keine Charaktere.“26

Nach Zeuxis’ Gemälden ohne Charaktere folgt im Diskurs der Poetik die Leukographie, das Bild ohne Farben. Zu beachten ist die Verteilung von Plural und Singular. Den vielen Charakteren im Plural steht die eine Komposition der Handlungen, systasis pragmaton, im Singular gegenüber, den verteilten Farben die organisierte Einheit des einen, prägnanten Bildes.27 Die Charaktere und analog die bunten Farben vermögen für sich genommen die Einheit der Tragödie oder des Bildes nicht zu stiften. Aristoteles erklärt im weiteren Kontext: Das Schöne beruhe auf der bestimmten Ausdehnung (Größe) der Wahrnehmungsgegenstände und ihrer Anordnung (Poetik 1450b35). Das ist im Fall der Tragödie die systasis pragmaton, Komposition der Handlungen. Demnach (Poetik 1451a) „müssen die Geschehnisse so zusammengefügt sein, daß sich das Ganze verändert und durcheinandergerät, wenn irgendein Teil umgestellt oder weggenommen wird. Denn was ohne sichtbare Folgen vorhanden sein oder fehlen kann, ist gar nicht Teil des Ganzen.“28 Die Charaktere sind für die Tragödie etwas Zusätzliches. Sie können auch fehlen. Die Einheit der Handlung ist das Wichtigste. Sie ist die eigentliche Natur (physis) dieser Kunst, damit aber auch das, was sich in ihren ersten Anfängen noch nicht so deutlich zeigt.29 Den frühen Dichtern und Anfängern gelingen die Charaktere meist besser als die Fügung der

25 Aristoteles, Aristotle’s Ars Poetica, 1450a. 26 Aristoteles, Poetik: griechisch-deutsch, übersetzt von Manfred Fuhrmann, 21. 27 Zu erinnern ist an die aus dem Bereich optischer Wahrnehmung genommenen Qualifizierungen der Darstellungskraft der Rede in der lateinischen Rhetorik, clarus und distinctus im Gegensatz zu obscurus und confusus, klar und deutlich im Gegensatz zu trüb und verschwommen. 28 Aristoteles, Poetik: griechisch-deutsch, übersetzt von Manfred Fuhrmann, 29. 29 Aristoteles, Poetik 1449a; Aristoteles, Poetik: griechisch-deutsch, übersetzt von Manfred Fuhrmann, 15: „Ihre Entwicklung hörte auf, sobald sie die eigentliche Natur verwirklicht hatte.“

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Geschehnisse.30 Die reifen Künstler und die Neueren kommen dagegen sogar ganz ohne Charaktere aus.31 Leonardos Abschnitt Nr. 123 betrachtet die Farben als ein lediglich Hinzukommendes, der Malerei nicht Wesentliches – mit der gedanklichen Zuspitzung, dass sogar hässliche Farben ihrer Vortrefflichkeit keinen Abbruch täten: „Und es kann eine Sache in hässliche Farben gekleidet [vestita di brutti colori] sein, darum aber doch die Bewunderung der Beschauer erregen, weil sie rund-erhaben aussieht.“32 Man lese danach Winckelmanns Bemerkung in seiner Geschichte der Kunst des Altertums (1764/1776): „Die Farbe trägt zur Schönheit bey, aber sie ist nicht die Schönheit selbst […]. […] so wie die Farbe des Metalls, und des schwarzen oder grünen Basalts, der Schönheit alter Köpfe nicht nachteilig ist. […] Es offenbaret sich also in uns eine Kenntniß des Schönen auch in einer ungewöhnlichen Einkleidung desselben, und in einer der Natur unangenehmen Farbe […].“33

Ebenso unterscheidet Immanuel Kant in seiner Kritik der Urteilskraft (1790/1793) die wesentliche Schönheit der Zeichnung vom hinzukommenden Reiz der Farben.34 30 Aristoteles, Poetik 1450a35; Aristoteles, Poetik: griechisch-deutsch, übersetzt von Manfred Fuhrmann, 23: „Ein weiterer Beweis ist, daß Anfänger in der Dichtung eher imstande sind, in der Sprache und den Charakteren Treffendes zustandezubringen, als die Geschehnisse zusammenzufügen. Dies ist auch bei den ersten Dichtern fast ausnahmslos der Fall.“ 31 Mit Edmund Husserls phänomenologischer Analyse gesprochen handelt es sich um eine einseitige Fundierung, aber doch nicht so, dass zuerst die Handlung vollkommen „da“ sein müsste, bevor Charaktere „hinzukommen“ dürften, vielmehr werden die Charaktere überflüssig, wenn die Handlung klar und schlüssig durchgebildet ist. Zum Begriff der Fundierung siehe Edmund Husserl, Logische Untersuchungen, Zweiter Band: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis, I. Teil, 2. Aufl. (Halle: Niemeyer, 1913), 261–65. 32 Lionardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, Bd. 1, 173; Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 199, Nr. 123. 33 Winckelmann, Johann Winkelmanns Geschichte der Kunst des Alterthums, Bd. 1, 258. 34 Porter, The Origins of Aesthetic Thought in Ancient Greece, 95, erinnert bei Aristoteles’ Leukographie an Kants Bevorzugung der Form gegenüber der Farbe in § 14 seiner Kritik der Urteilskraft. Immanuel Kant, Werke in zehn Bänden, hg. von Wilhelm Weischedel, 4. Aufl. (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, 305 (Text nach der 2. Auflage der Kritik der Urteilskraft, Berlin 1793): „In der Malerei, Bildhauerkunst, ja allen bildenden Künsten, in der Baukunst, Gartenkunst, sofern sie schöne Künste sind, ist die Zeichnung das Wesentliche, in welcher nicht, was in der Empfindung vergnügt, sondern bloß, was durch seine Form gefällt, den Grund aller Anlage für den Geschmack ausmacht. Die Farben, welche den Abriß illuminieren, gehören zum Reiz; den Gegenstand an sich können sie zwar für die Empfindung belebt, aber nicht anschauungswürdig und schön machen: vielmehr werden sie durch das, was die schöne Form erfordert, mehrenteils gar sehr eingeschränkt, und selbst da, wo der Reiz zugelassen wird, durch die erstere allein veredelt. Alle Form der Gegenstände der Sinne (der äußern sowohl als mittelbar auch des innern) ist entweder Gestalt, oder Spiel: im letztern Falle ent-

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Winckelmanns Einkleidung, Leonardos vestita di brutti colori und Kants Reiz versetzen die Farben in die Rolle des ornatus der klassischen Rhetorik. Auch Pierre Jean Mariettes schmucklos Evidenz zeichnerischer Mitteilung versteht die Farben so. Er erklärt 1733 aus Anlass seiner Aufnahme in die Florentiner Accademia del Disegno in einem Brief an den Sekretär der Akademie: „[…] per mezzo del solo disegno egli è facile di esprimersi agli occhi de’ riguardanti, d’una maniera da essere inteso. Un sol tratto di penna, o di carbone fa riconoscere la cosa, che uno vuole esprimere. Il colore da per se solo è incapace di farlo […].“35

Zeichnung genügt hier nicht nur der Tugend des geringsten Aufwands, sondern auch des ohne Umschweife und Verstellung direkt hervorgebrachten.36 Eine entsprechende Hierarchie der Hauptsache und des Nachgeordneten, des Wesentlichen und des (passend oder unpassend) Hinzukommenden finden wir in Leon Battista Albertis Abhandlung De re aedificatoria, deren erste, in Florenz 1485 erschienene Druckausgabe oder eine heute unbekannte italienische Übersetzung Leonardo wahrscheinlich be-

weder Spiel der Gestalten (im Raume, die Mimik und der Tanz); oder bloßes Spiel der Empfindungen (in der Zeit). Der Reiz der Farben, oder angenehmer Töne des Instruments, kann hinzukommen, aber die Zeichnung in der ersten und die Komposition in dem letzten machen den eigentlichen Gegenstand des reinen Geschmacksurteils aus; und daß die Reinigkeit der Farben sowohl als der Töne, oder auch die Mannigfaltigkeit derselben und ihre Abstechung zur Schönheit beizutragen scheint, will nicht so viel sagen, daß sie darum, weil sie für sich angenehm sind, gleichsam einen gleichartigen Zusatz zu dem Wohlgefallen an der Form abgeben, sondern weil sie diese letztere nur genauer, bestimmter und vollständiger anschaulich machen, und überdem durch ihren Reiz die Vorstellung beleben, indem sie die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand selbst erwecken und erhalten.“ – Zeichnung, hier ein Synonym für Formgebung und Form, ist bei Kant und anderen Autoren nicht zwingend als Darstellung (von etwas) gemeint. Daher betrifft sie auch die Baukunst. Anders bei Winckelmann: Im Fall der Skulptur sieht er nicht davon ab, dass sie wie in Aristoteles’ mimetischen Künsten als Darstellung von etwas gefällt, lediglich wie die Helldunkel-Zeichnung unter Absehung von der Farbe. 35 Ein einziger Strich der Feder oder Zeichenkohle lasse die Sache erkennen, die einer ausdrücken wolle. Die Farbe für sich genommen vermöge das nicht. Das Original des Briefs ist unbekannt. Der Text erschien erstmals als Nr. CVIII: „Al. Segretario dell’ Accad. del Disegno. Firenze“, in: Giovanni Gaetano Bottari, Raccolta di lettere sulla pittura, scultura ed architettura, Bd. 2 (Rom: Pagliarini, 1757), 309–12, das Zitat auf Seite 310. 36 Zur unverzüglichen Richtigkeit der Zeichnung siehe Albert Boesten-Stengel: „‚Mit einem einzigen Zuge der Feder […]‘. Die rhetorische Tradition der Zeichnungskritik, zeichnerische poiesis und Nachzeichnung bei Winckelmann und Stanisław Kostka Potocki,“ in Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) i/und Stanisław Kostka Potocki (1755–1821). Mistrzowie i uczniowie/Meister und Schüler: Materiały z Międzynarodowej Konferencji zorganizowanej w Muzeum Pałacu Króla Jana III w Wilanowie Warszaw 8–9 maja 2014 r., hg. von Pawel Jaskanis, Max Kunze (Mainz: Verlag Franz Philipp Rutzen, Wiesbaden: in Kommission bei Harrassowitz Verlag, 2016), 155–70.

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saß.37 Im sechsten Buch seiner Abhandlung unterscheidet Alberti pulchritudo (Schönheit, Vortrefflichkeit) von ornamentum (Schmuck, Verzierung). Wie Aristoteles mit Blick auf die systasis pragmaton in Poetik 1451a38 definiert Alberti, Schönheit sei eine gewisse harmonische Anordnung der Teile zu einem Ganzen, so dass nichts hinzugefügt, weggenommen oder vertauscht werden könne, ohne es zu verschlechtern.39 Ornamentum sei dagegen eine hinzukommende Verstärkung (subsidiaria) des Lichts der Schönheit oder gleichsam Ergänzung (complementum).40 Albertis Ausdruck concinnitas verrät seine Herkunft aus Ciceros De oratore, der zwei Wörter ungleicher Etymologie, aber ähnlicher Lautung, concinnus (harmonisch, treffend) und cincinnus (künstliche Haarlocke, Schnörkelei), gegeneinandersetzt, so als unterscheide kaum mehr als ein Buchstabe das von sich aus Schöne von dem durch Verzierung Verdorbenen. Cicero vergleicht dabei den ornatus der Rede mit der Wirkung von Farben: Der allzu kräftigen (bunten, leuchtenden) Farbigkeit der neuen Gemälde werde man rasch überdrüssig, während die Kargheit gewisser alter Bildtafeln dauerhaft anziehe.41 So sei die wohlkomponierte Rede (concinnus) dem Prunk (cincinnus) vorzuziehen. Mit zusätzlichen Reizen sei sparsam und vorsichtig zu verfahren. Wenn der Schmuck der Rede gleichsam leuchte und hervortrete, sei Sorge zu tragen, dass sie zum Kontrast auch wieder eine gewisse Schattierung und ein Zurückweichen aufweise.42 Jedes Zuviel, aber auch jedes Zuwenig schadet. Es geht um die Ökonomie der notwendigen 37 Leonardos Bücherverzeichnis nennt „Battista Alberti in architettura“: Marinoni, „I libri di Leonardo“, in Leonardo da Vinci, Scritti letterari, 242, Nr. 19. Siehe auch Pietro C. Marani, „Leonardo e Leon Battista Alberti“, in Leon Battista Alberti, hg. von Joseph Rykwert, Anne Engel, Ausst. Kat. Mantua (Mailand: Electa, 1994), 358–67, hier 360. 38 Quintilian, Inst. oratoria 10, 7, 5, fordert (im Anschluss an Aristoteles) eine primär wohlgeordnete Sequenz der Argumente der Rede, „ut mutari aut intervelli sine confusione non possint“, zu der ein Schmuck der Rede nur verstärkend und angemessen hinzuzukommen habe. Hans W. Hubert, „Lineamenta und pulchritudo – Anmerkungen zu Albertis Architekturentwurf “, in Leon Battista Alberti: Humanist, Architekt, Kunsttheoretiker, hg. von Joachim Poeschke, Candida Syndikus (Münster: Rhema, 2008), 209–26, hier 225–26, begnügt sich mit der Vermutung, dass Aristoteles’ Begriff von Schönheit aus dessen Poetik über die lateinische Rhetorik an Alberti gelangt sei. 39 Leon Battista Alberti, De re aedificatoria (Florenz: Laurenti, 1485), lib. VI, fol. 2v.: „[…] ut sit pulchritudo quidem certa cum ratione concinnitas universarum partium, in eo cuius sint: ita ut addi aut diminui aut immutari possit nihil, quam improbabilius reddat.“ Kommentiert bei Rudolf Wittkower, Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus, (München: dtv, 1983), 33. 40 Alberti, De re aedificatoria, lib. VI, fol. 2v.: „[…] erit quidem ornamentum quasi subsidiaria quaedam lux pulchritudinis atque velut complementum.“ 41 Cicero, De oratore 3, 98–102. Siehe auch Ernst H. Gombrich, „The Debate on Primitivism in Ancient Rhetoric“, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 29 (1966): 24–38, hier 32. 42 Cicero, De oratore 2, 102: „Qua re ‚bene et praeclare‘ quamvis nobis saepe dicatur; ‚belle et festive‘ nimium saepe nolo; quamquam illa ipsa exclamatio ‚non potest melius‘ sit velim crebra; sed habeat tamen illa in dicendo admiratio ac summa laus umbram aliquam et recessum, quo magis id, quod erit inluminatum, exstare atque eminere videatur.“

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und hinreichenden Mittel zur Erreichung eines Zwecks und die an Aristoteles’ Tugendmitte orientierte Ethik des maßvollen Ausdrucks und keiner Verstärkung bedürfenden Schönheit. Leonardo als Kompilator nach der aristotelischen Physik, Optik oder Farbenlehre. Das ist schon ein Gemeinplatz. Die vielleicht auch nur schattenhaften Spuren der Poetik werden dabei leicht übersehen. Ernst Gombrich meinte 2001 im Katalog der Mailänder Ausstellung zum Cenacolo, es sei gewiss unwahrscheinlich, dass Leonardo sie gelesen habe.43 Aber was heißt gelesen? Philologische Vorsicht meldet an, in Leonardos zwar eigenhändigen, aber nicht voraussetzungslosen Aufzeichnungen viele andere Stimmen zu vernehmen, jene „maestri ed autori“, an die eine Notiz Leonardos in Anlehnung an die Diktion der Divina Commedia44 erinnert, um dann doch zu empfehlen, dem sprachlichen Vorbild der Philosophen und Dichter die eigene Beobachtung nach der Natur vorzuziehen.45 Woher rührt Leonardos Treffsicherheit, Leukographie als Helldunkel-rilievo auszulegen? Wie und wann kam Leonardo mit Aristoteles’ Poetik in Berührung, mit Hilfe welcher lebender maestri und welcher schriftlicher autori legte er ihn dann zur Versprachlichung seiner eigenen Beobachtungen und Gedanken aus? Der Codex urbinas gilt als eine wohl durch Francesco Melzi nach ihm zugänglichen originalen Aufzeichnungen Leonardos erstellte Kompilation.46 Von den eingangs als Quellen Justis genannten vier Textstellen ist bislang nur für Nr. 124, die mit dem Ausdruck anima della pittura das Indiz der Aristoteles-Rezeption aufweist, eine Vorlage in eigenhändigen Aufzeichnungen Leonardos gefunden, nämlich in Manuskript A des Institut de France.47 Eine rasch mit rotbraunem Stift niedergeschriebene Kostenaufstellung48 mit dem Datum „10. Juli 1492“ auf Blatt fol. 114 hat sich in der Leonardo-­ 43 Ernst Gombrich operiert in einem Vorwort zum Katalog der Mailänder Ausstellung des Cenacolo (2001) mit einigen Begriffen aus der Poetik des Aristoteles, um dann doch einzuschränken, es sei gewiss unwahrscheilich, dass Leonardo sie gelesen habe. Ernst H. Gombrich, „Prefazione“, in Il genio e le passioni. Leonardo e il Cenacolo, hg. von Pietro C. Marani, Ausst. Kat. Mailand (Mailand: Skira, 2001), 25–27, hier 25: „È improbabile che Leonardo da Vinci abbia letto la Poetica di Aristotele, ma si potrebbe sostenere che il suo modo di concepire l’obiettivo della pittura somigli da vicino alla definizione della tragedia formulata da Aristotele.“ 44 Dante Alighieri, Divina Commedia, inferno 1, 85, Anrede an Vergil: „tu sei lo mio maestro e l’ mio autore“. 45 Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 216–7, Nr. 173. 46 Carlo Pedretti, Leonardo da Vinci on Painting: a Lost Book (Libro A) (Berkeley: University of California Press, 1964), 260–64, nennt seine Gründe, den hauptsächlichen Schreiber des Codex urbinas anhand von Schriftproben Melzis zu identifizieren. 47 Die Passage findet sich in Paris, Institut de France, Ms A, fol. 81 recto. Das sogenannte Manuskript A besteht aus Institut de France, ms. 2172 und ms. 2185 (zeitweilig Ashburnham 1875/2 und Paris, Bibliothèque Nationale, ms. it. 2038). Faksimile und Traskription in Leonardo da Vinci, Il manoscritto A. Trascrizione diplomatica e critica di Augusto Marinoni, 2 Bde. (Florenz: Giunti, 1990). 48 Paris, Institut de France, ms 2185 (= A1), fol. 34 verso.

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Literatur zur Datierung des ganzen Konvoluts verfestigt.49 Wie aber verhalten sich die Nutzungen dieses einen Blattes zum übrigen Konvolut? Nichts hindert anzunehmen, dass die Aufzeichnungen von Ms A auch später als 1492 entstanden sein könnten.50 Unter den 116 Büchern, die Leonardo laut einer Liste im Codex Madrid II wohl 1504 aus Anlass seiner Abreise nach Piombino in Florenz zurückließ, befanden sich ein „libro di g[i]org[i]o valla“.51 Augusto Marinoni identifiziert den libro mit De expetendis et fugiendis rebus (Venezia 1501), einem nach Sachgebieten geordneten Handbuch zu Themen der artes liberales. Sein Verfasser war der Humanist Giorgio Valla, Hauslehrer der Sforza in Mailand, Magister in Pavia und seit 1485 bis zu seinem Tod 1500 in Venedig.52 Claudio Scarpati vermutet dagegen, nach bestimmten intertextuellen Spuren in Leonardos Notizen um 1508 im Manuskript F des Institut de France, dass es sich bei dem libro in Leonardos Besitz um die als Collectio (Venezia 1498) bekannte Sammlung der lateinischen Übersetzungen desselben Humanisten nach griechischen Texten antiker Autoren handelte, welches Buch der Künstler bei seinem erneuten Florentiner Aufenthalt ab Februar 1503, vielleicht weil er sich für die darin enthaltenen kleinen Werke Galens interessierte, erworben haben sollte.53 Zu erwägen 49 Siehe die Datierungen in Leonardo da Vinci, Scritti letterari, hg. von Marinoni, 268; Carlo Vecce, „Scritti di Leonardo da Vinci“, in Letteratura Italiana. Le opere, hg. von Alberto Asor Rosa (Turin: Einaudi, 1993), Bd. 2, 95–124. Zur Rolle von Ms A in Argumentationen zu Leonardos Helldunkel siehe auch Claire J. Farago „Leonardo da Vinci’s Color and Chiaroscuro Reconsidered: The Visual Force of Painted Images“, The Art Bulletin 73 (1991): 53–78. 50 Genetische Kritik wird folgende Beobachtungen festhalten. Beide Seiten des Blatts weisen großflächige, mit Geometrieinstrumenten, Zirkel und Lineal, angefertigte Federzeichnungen auf: Fol. 114 recto einen Rapport gleichseitiger Dreiecke, fol. 114 verso einen Rapport ineinander geschlungener Ringe. Wenigstens zwei Notizen in Feder auf fol. 114 recto, von denen eine thematisch zu den übrigen Aufzeichnungen des Konvoluts passen dürfte, sind über die Striche der geometrischen Figur hinweggeschrieben, gehören also einer nachfolgenden Nutzung des Blattes an. Die Beschriftung in Rötel und also auch das Datum auf fol. 114 verso wurde dagegen bei Anfertigung der geometrischen Muster überzeichnet, scheint also die erste Nutzung der noch leeren Seite zu dokumentieren. 51 Carlo Maccagni: „Riconsiderando il problema delle fonti di Leonardo: L’elenco di libri ai fogli 2 verso – 3 recto del Codice 8936 della Biblioteca Nacional di Madrid (1970)“, in: Leonardo da Vinci. Letture Vinciane I–XII (1960–1972), hg. von Paolo Galluzzi (Florenz: Giunti, 1974), 283–309, hier 296. 52 Augusto Marinoni, „I libri di Leonardo“, in Leonardo da Vinci, Scritti letterari, hg. von Marinoni, 239–57, hier 241 und 246. 53 Claudio Scarpati, „Per la biblioteca di Leonardo: ‚Libro di Giorgio Valla‘“, Aevum 74 (2000): 669–73. Das Titelblatt und zugleich Inhaltsverzeichnis lautet: „Georgio Valla Placentino interprete./Hoc in volumine hec continentur/Nicephori logica/Georgij valle libellus de argumentis/Euclidis quartus decimus elementorum/Hypsiclis interpretatio eiusde[m] libri euclidis/Nicephorus de astrolabo/Proclus de astrolabo/Aristarchi samij de magnitudinibus/[et] distantijs solis [et] lune/Timeus de mundo/Cleonidis musica/Eusebii pamphili de quibusdam/theologicis ambiguitatibus/Cleomedes de mundo/Athenagore philosophi de resurrectione/Aristotelis de celo/Aristotelis magna ethica/Aristotelis ars poetica/Rhazes de pestile[n]tia/Galenus de in equali distemperantia/Galenus de bono corporis habitu/Galenus de co[n]

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Abb. 1  Giorgio Valla, Collectio, Venezia 1498, fol. 97 recto (Ausschnitt).

ist aber auch eine Gelegenheit bei Leonardos kurzem Venedig-Aufenthalt im März 1500.54 Die Collectio enthält Vallas lateinische Neuübersetzung der Poetik des Aristoteles nach einem griechischen Manuskript, zugleich ist sie deren erste gedruckte Ausgabe überhaupt.55 Die uns interessierende Stelle (Abb. 1), entsprechend Poetik 1450a‑b, lautet nach Auflösung der Abbreviationen: „Principium igitur et velut anima tragoediae est fabula secundo loco mores: est namque propemodum ut in pictura nam si quis unus [‑m] modo passim relinquit de pulcherrimis pigmentis non similiter oblectaverit simulacrum albore compingens estque actionis imitatio et ob hic praecipue agentium […].“56 firmatione corporis hu[m]ani/Galenus de presagitura/Galenus presagio/Galeni introductorium/Galenus de succidaneis/Alexander aphrodiseus de causis febrium/Pselus de victu humano. Auf dem Kolophon: Impressus Venetiis per Simonem Papiensem dictum Bevilaquam, 1498. Die ultimo septembris.“ 54 Vgl. Pietro C. Marani, „Leonardo a Veneziae nel Veneto: documenti e testimonianze“, in Leonardo & Venezia, hg. von Giovanna Nepi Scirè, Pietro C. Marani, Ausst. Kat. Venedig (Mailand: Bompiani, 1992), 23–36. 55 Vittore Branca (Hg.), Giorgio Valla tra scienza e sapienza: Studi di Gianna Cardenal, Patrizia Landucci Ruffo, Cesare Vasoli (Florenz: Olschki, 1981). Johan Ludvig Heiberg, „Beiträge zur Geschichte Georg Vallas und seiner Bibliothek“, Beiheft zum Centralblatt für Bibliothekwesen 16 (1896): 1–129, hier 70: In einem Brief vom 8. August 1492 an Jacopo Antiquari bezieht sich Valla auf Lektionen zu Vitruvs De architectura, die er im selben Jahr an der Scuola di San Marco abgehalten habe. Ein undatierter Brief Vallas erwähnt Lektionen zur Poetik des Aristoteles; Eugène Napoleon Tigerstedt, „Observations on the Reception of the Aristotelian Poetics in the Latin West“, Studies in the Renaissance 15 (1968): 7–24, hier 15–6; Edgar Lobel, „The Greek Manuscripts of Aristotle’s Poetics“, Bibliographical Society’s Transactions 9 (1933), Suppl.: 8, identifiziert das von Giorgio Valla benutzte griechische Manuskript als Modena, Biblioteca Estense universitaria, α.T.8.03 (ms. gr. 100); zu diesem Manuskript siehe André Wartelle, Inventaire des manuscripts grecs d’Aristote et de ses commentateurs (Paris: Les Belles Lettres, 1963), 76, Nr. 1043. 56 Giorgio Valla, Collectio (Venedig 1498), fol. 97 recto. Eigene Übersetzung: „Das Erste also und gleichsam die Seele der Tragödie ist die Erzählung, an zweiter Stelle die Charaktere. Es ist fast wie in der

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Valla übersetzt Aristoteles’ Leukographie mit simulacrum albore compingens.57 Lateinisch albor (das Weiße, Helligkeit, aber auch die Weißung, Aufhellung) hat seinen nachantiken Auftritt in Dantes purgatorio XVI, 142–143: „Vedi l’albor che per lo fummo raia/già biancheggiare, e me convien partirmi […].“58 Die in den Synonymen albo und bianco ausgedrückte Qualität wird poetisch in Subjekt und Prädikat oder Ursache und Wirkung aufgespalten und in Tätigkeit gesetzt. Vedi l’albor biancheggiare meint dann die beginnenden Aufhellung, bevor das Tageslicht den Dingen ihre Lokalfarbe verleiht. Biancheggiare, für das Gewahrwerden farblos heller Bilder, steht bereits in purgatorio X, 70–72: „I’ mossi i piè del loco dov’io stava,/per avvisar da presso un’altra istoria,/che […] mi biancheggiava.“59 Wir befinden uns im Kreis der Hochmütigen. Der Jenseitswanderer erblickt an der schimmernden Marmorklippe des Läuterungsberges Bilder di marmo candido e addorno d’intagli von solcher Vortrefflichkeit, dass ein Polyklet und sogar die Natur selbst sich im Wettstreit geschlagen geben müssten.60 Der Kommentar von Giuseppe Vandelli versteht Dantes intagli als altorilievi, Hochreliefbilder von übernatürlicher Perfektion und Schönheit.61 Genauer aber ist intaglio der terminus technicus für jene auch als Siegelstempel verwendete, vertiefend bearbeitete Schmucksteine, die gegen das Licht gehalten ex negativo eine ganz immaterielle Illusion volumetrischer Körper freisetzen. Diese Vorstellung wird dann unmittelbar anschließend in purgatorio X, 33–45, weiterentwickelt, wo der Vers in der ersten der von Demut handelnden Historien, die auf der Marmorwand erschienen, von Marias Ausspruch „Ecce ancilla Dei“ sagt, dass dieser sich zum „Ave“ der Botschaft des Verkündigungsengels wie die Einprägung eines Siegels in Wachs verhalte. Nicht von Menschenhand geschaffene, farblose Bilder haben einen an Aristoteles’ Diktion erinnernden Ort bereits in der spätantiken Literatur. In Philostrats Vita Apolonii kommt das Gespräch auf Zeichnungen ganz ohne Farbe, die doch, sofern sie

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Malerei. Denn wenn einer nur ringsumher die schönsten Pigmente verteilt, wird er doch nicht so gefallen wie einer, der ein Abbild in Helligkeitsnuancen hinmalt.“ Konsultiert wird hier die über http:// www.bnf.‌fr als NUMM-058498, Bibliothèque nationale de France, online zugängliche Mikrofilm-Reproduktion (Cambridge, Mass.: Omnisys, [ca. 1990]). Die lateinische Übersetzung (1278) des Willem van Moerbeke, O. P.(Gulielmus de Moerbecum; 1215– 35‑c. 1286) lautet: „Principium quidem igitur et velut anima tragodie fabula, secundum autem mores. Consimile enim est et in pictura; si enim aliquis inunxerit pulcherrimis farmacis habundanter, non utique similiter letificabit et albo depingens ymaginem.“ Aristoteles, De arte poetica. Translatio Guillelmi de Moerbeka, hg. von Laurentius Minio-Paluello (Brüssel: Desclée de Brouwer, 1968), 10. Eigene Übersetzung: „Du siehst die Dämmerung, die sich in der Trübe ausbreitet, schon hell werden, und ich muß mich entfernen […].“ Eigene Übersetzung: „Ich bewegte die Füße von der Stelle, wo ich mich befand, um aus der Nähe eine andere Historie zu betrachten, die mir hell wurde.“ Dante Alighieri, La Divina Commedia, purgatorio 10, 28–33. Dante Alighieri, La Divina Commedia. Testo critico della Società Dantesca Italiana riveduto. Col commento scartazziniano rifatto da Giuseppe Vandelli, 21. Aufl. (Mailand: Ulrico Hoepli, 1979), 384.

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etwas darstellen, auch Malerei zu nennen seien. Zuvor lautet die Frage: Seien nicht ebenso die wechselnden Figuren in den am Himmel vorüberziehenden Wolken Nachahmungen (Bilder von etwas) zu nennen, wenn auch solche, die keine Menschenhand, sondern ein Gott oder der Zufall hervorbrächten?62 In Dantes Verb biancheggiare ist das Bild nicht mehr der einst vom Künstler hergestellte Zustand, sondern der aktuelle Vorgang in der Wahrnehmung des Betrachters, sein allmähliches Auftauchen. So scheint auch mit Giorgio Vallas simulacrum albore compingens zunehmende Beleuchtung die Dinge Gestalt annehmen zu lassen, sie soeben vor unsere Augen hinzumalen.63 Dämmerung lautet auch in Justis Beschreibung von Las meninas die Verzeitlichung des Helldunkels. Die Gestalten beginnen sich vom Grund zu lösen, zu runden (mit welcher Vokabel Ludwig Leonardos optisches rilievo übersetzte) und schließlich sogar zu bewegen: „Wie bei Rembrandt öfters, glaubt man erst nur einfarbige Dämmerung zu sehen, mit einzelnen Lichtoasen. Beim Verweilen scheint sich in der Fläche ein geheimnisvolles Leben zu regen; das Unbestimmte klärt sich auf, geht auseinander; die Farben kommen hervor, eine Gestalt nach der anderen rundet sich, ja einige scheinen sich zu drehen, die Züge, die Augen sich zu bewegen.“64

Aus alledem geht nicht hervor, dass Leonardo der Erste gewesen wäre, der aus der Passage der Poetik den Ausdruck anima della pittura extrahierte. Spätere Kunstliteratur apostrophiert nicht das Helldunkel-Relief, sondern schlicht die Zeichnung oder sogar die Farbe als „Seele der Malerei“. Der bis vor wenigen Jahren ungedruckt geblie62 Philostrat, Flavii Philostrati Opera, hg. von Carl Ludwig Kayser (Leipzig: Teubner, 1870), Bd. 1, lib. 2, cap. 22: „ἀλλὰ καὶ γραμμὴν καὶ τὸ ἄνευ χρώματος, ὃ δὴ σκιᾶς τε ξύγκειται καὶ φωτός, ζωγραφίαν προσήκει καλεῖν“. Eigene Übersetzung: „[…] aber auch die Zeichnung ganz ohne Farben, die (nur) aus Schatten und Licht besteht, verdient, Malerei genannt zu werden.“ Bei Philostrats Zeichnung ganz ohne Farbe müssen wir nicht an Feder, Pinsel oder Kreide, sondern an die Einritzung und Einkerbung, zum Beispiel mit dem Griffel auf einer wachsbestrichenen Tafel, denken, die durch bloße Schrägbeleuchtung zum Bild ex negativo wird. Philostrats Passage wird bei Ernst Gombrich, Art and Illusion: A Study in the Psychology of Pictorial Representation, 5. Aufl. (London, 1977), 155, als Beispiel für den Anteil des Betrachters erörtert. Relevant für die Rezeption in Italien ist die lateinische Übersetzung durch den Florentiner Alemanno Rinuccino nach Philostrats griechischem Text, erschienen erstmals in Philostrati de vita Apollonii Tyanei libri octo. Idem libri latini interprete Alemano Rinuccino florentino. Eusebius contra Hieroclem qui Tyaneum Christo conferre conatus fuerit. Idem latinus interprete Zenobio Acciolo Florentino ordinis Praedicatorum (Venedig: Aldus, 1502); dann auch als Phylostratus de vita Apollonii Tyanei scriptor luculentus a Philippo Beroaldo castigatus (Venedig 1504 ca.). 63 Ganz so kennt Carl Abels berühmter Essay Vom Gegensinn der Urworte (Leipzig: Friedrich, 1884) nicht nur Wörter und Wortstämme, die nachmals getrennte Begriffe zusammenfassen (wie das lateinische altus mit der Bedeutung hoch-tief), sondern auch jene, die den Übergang zu einer entgegengesetzten Qualität anzeigen. 64 Justi, Diego Velazquez und sein Jahrhundert, Bd. 2, 317–18.

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bene Discorso sopra l’eccellenza dell’ opere di Andrea del Sarto (1567) des Florentiners Francesco Bocchi gilt als der erste Versuch, eine Theorie der Malerei oder besser Kriterien ihrer kritischen Beurteilung nach dem Muster der Terminologie der Poetik aufzustellen. Bei Bocchi wird aus Aristoteles’ Leukographie: „il disegno […] la più importante parte che nella pittura si trovi […] quasi l’anima della pittura.“65 Die Zeichnung sei der wichtigste Teil in der Malerei und gleichsam ihre Seele. Auf dieselbe Stelle der Poetik beruft sich Gabriele Paleotti in seinem Discorso intorno alle imagini sacre e profane (1582). Einfache Linien. sofern sie etwas darstellen, seien allen Farben vorzuziehen.66 Widerspruch blieb nicht aus. In Roger de Piles’ Conversation sur la connaissance de la Peinture (1677) ist es nicht die Zeichnung, sondern die Farbgebung, welche allererst ein Gemälde beseele.67 Bei Leonardos Verbindung ad hoc von anima della pittura und Helldunkelrelief kommt es vielleicht auf die Schreibumgebung an. In Manuskript A des Institut de 65 Francesco Bocchi, Discorso sopra l’eccellenza dell’opere d’Andrea del Sarto, pittore fiorentino, Florenz, Biblioteca degli Uffizi, Ms. 9, ins. 1, foll. 1–34, hier fol.5; abgedruckt als Anhang in Robert Williams, „A Treatise by Francesco Bocchi in Praise of Andrea del Sarto“, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 52 (1989): 111–39, hier 124: „Che il disegno sia la più importante parte che nella pittura si trovi, non è di bisogno che con molte parole noi lo proviamo, perché piglisi una figura colorita con quella eccellenza et con quella perfettione che si può maggiore, et habbia ancora rilevo, et sia fatta con dolcezza et con quell’altre parti che a farla sopra modo bella si richiede, nondimeno senza questo disegno, che noi dichiamo per esser egli quasi l’anima della pittura, sarà ella languida et cascante, et come morta in ogni suo membro apparirà.“ 66 Gabriele Paleotti, „Discorso intorno alle imagini sacre e profane (1582)“, in Trattati d’arte del Cinquecento, hg. von Paola Barocchi, Bd. 2 (Bari: Laterza, 1961) 117–509, hier 210: „Il fine della pittura serà l’assomigliare la cosa rappresentata, che alcuni chiamano l’anima della pittura, perché tutte l’altre cose, come la vaghezza, varietà de’ colori et altri ornamenti, sono accessorie ad essa; onde disse Aristotele nella Poetica che, di due pitture, quella che serà piena di bei colori, ma non assomiglierà, serà stimata inferiore a quella che serà formata di semplici linee et assomiglierà; e la ragione è, perché quella contiene uno accidente della pittura e questa abbraccia quello che è il fondamento e nervo di essa, che consiste nello esprimere bene quello che vogliamo imitare.“ Der Ausdruck anima della pittura kehrt wieder auf den Seiten 442–43: „L’anima della pittura è il giovare, e dove non è questo fine è come un corpo morto, che diremo di queste, che non solo non giovano, ma possono intricare le menti de’ semplici in mille errori?“ Siehe auch Seite 498–99: „Cominciandosi dunque dal primo, diciamo che, essendo la pittura arte d’imitazione e che sta tutta nel rassomigliare le cose naturali o artificiali o imaginarie al vivo o al vero, come altrove si è detto, è necessario, a chi vuole onoratamente essercitarla, possedere intieramente l’arte chiamata del disegno, che da alcuni è detta l’anima della pittura e fondamento principale di quest’arte.“ 67 Roger de Piles, Conversations sur la connaissance de la Peinture et sur le jugement qu’ont doit faire des tableaux (Paris: Nicolas Langlois, 1677), 272: „[…] l’âme de la Peinture est le Coloris. L’âme est la derniere perfection du vivant, & ce qui luy donne la vie: or personne ne dira jamais qu’une figure dessinée avec des simplex lignes soit vivante […].“ Auf diese Stelle macht aufmerksam Verena Krieger, „Die Farbe als ‚Seele‘ der Malerei. Transformationen eines Topos vom 16. Jahrhundert zur Moderne“, Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 33 (2006): 91–112, hier 99.

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France ist eine konsistente Gruppe von Paraphrasen nach Albertis De pictura (1435) zu erkennen, ohne dass dessen Name auch nur ein Mal fällt.68 Albertis Kunstkritik verleiht den Kriterien der Beurteilung die Gestalt von Maximen und Empfehlungen. So stellt er in Abschnitt 46 die im Bild fingierte Beleuchtung der Dinge und ein entsprechendes Helldunkel als vorrangige Aufgabe des Malers dar, unabhängig von und vor aller Einkleidung in bunte Farben.69 Wie bei Plinius heißt der erste Gründer und Meister in dieser Kunst des optischen Reliefs Zeuxis. Die betreffenden Zeilen verraten in Diktion und Aussage mehr noch das Sprachvorbild Ciceros. Welche Anzeichen aber finden wir bei Leonardo, dass er diesen Diskurs zur Kenntnis genommen oder aufgegriffen hätte? Alberti lässt den Abschnitt in die Empfehlung münden, der Maler solle den Reliefeffekt des gemalten Helldunkels mit Hilfe eines planen Spiegels kon­ trollieren und emendieren.70 68 Pietro C. Marani, „Leonardo e Leon Battista Alberti“, in Leon Battista Alberti, hg. von Joseph Rykwert, Anne Engel, Ausst. Kat. Mantua (Mailand: Electa, 1994), 358–65, hier 360; Vasilij P. Zoubov, „Léon-Battista Alberti et Léonard de Vinci“, Raccolta Vinciana 18 (1960): 1–14; Pedretti, Leonardo da Vinci on Painting, 59–61 und 117. 69 John Shearman hält Albertis Abhandlung für den wohl frühesten Beleg einer dann im italienischen 16. Jahrhundert maßgeblichen Einstellung, den bunten und leuchtenden Farben (der Malerei des Quattrocento) die Effekte des Helldunkels vorzuziehen. Siehe John Shearman, „Leonardo’s Colour and Chiaroscuro“, Zeitschrift für Kunstgeschichte 25 (1962), 13–47, hier 41: „This reversal of taste, which from the literary evidence is as true of Venice as of Florence, has two facets: that true beauty does not lie in material richness, and that the proper business of painting is the pursuit of light and shade, or rilievo. It seems probable that both ideas may reflect the influence of classical aesthetics. The first proposition is to be found already in Alberti’s della Pittura in a form that presupposes an antique source.“ 70 Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 80–82 (2. Buch, Abschnitt 46): „Certo affermo che alla grazia e lode della pittura la copia e varietà de’ colori molto giova. Ma voglio così estimino i dotti, che tutta la somma industria e arte sta in sapere usare il bianco e ’l nero, e in ben sapere usare questi due conviensi porre tutto lo studio e diligenza. Però che il lume e l’ombra fanno parere le cose rilevate, così il bianco e ’l nero fa le cose dipinte parere rilevate, e dà quella lode quale si dava a Nitia pittore ateniese. Dicono che Zeusis, antiquissimo e famosissimo dipintore, fu quasi prencipe degli altri in conoscere la forza de’ lumi e dell’ombre: agli altri poco fu data simile loda. Ma io quasi mai estimerò mezzano dipintore quello quale non bene intenda che forza ogni lume e ombra tenga in ogni superficie. Io, coi dotti e non dotti, loderò quelli visi quali come scolpiti parranno uscire fuori della tavola, e biasimerò quelli visi in quali vegga arte niuna altra che solo forse nel disegno. Vorrei io un buono disegno ad una buona composizione bene essere colorato. Così adunque in prima studino circa i lumi e circa all’ombre, e pongano mente come quella superficie più che l’altra sia chiara in quale feriscano i razzi del lume, e come, dove manca la forza del lume, quel medesimo colore diventa fusco [dunkel, trüb, weniger leuchtend]. E notino che sempre contro al lume dall’altra parte corrisponda l’ombra, tale che in corpo niuno sarà parte alcuna luminata, a cui non sia altra parte diversa oscura. Ma quanto ad imitare il chiarore col bianco e l’ombra col nero, ammonisco molto abbino studio a conoscere distinte superficie, quanto ciascuna sia coperta di lume o d’ombra. Questo assai da te comprenderai dalla natura; e quando bene le conoscerai, ivi con molta avarizia, dove bisogni, comincerai a porvi il bianco, e subito contrario

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Antike Poetik und Rhetorik denkt die Perfektionierung des Werks als Zusammenspiel einer vorschlagenden, vollführenden und einer prüfenden, verwerfenden, korrigierenden Instanz. Alberti sagt, der Spiegel sei ein guter Richter. Erstaunlich sei, wie jeder Fehler des Gemalten im Spiegel betrachtet als Deformation sich zeige: „E saratti a ciò conoscere buono giudice lo specchio, né so come le cose ben dipinte molto abbino nello specchio grazia: cosa maravigliosa come ogni vizio della pittura si manifesti diforme nello specchio. Adunque le cose prese dalla natura si emendino collo specchio.“71

Das erinnert an die bei Plutarch dem Demosthenes zugeschriebene Innovation, dass der Redner seine Gestik vor einem großen Spiegel einstudierte.72 Quintilian greift diese Nachricht auf und bringt sie den bildenden Künstlern noch näher, indem er die sichtbare actio des Redners mit den lebhaften Wirkungen gemalter Bilder vergleicht. Wenn der Glanz des Spiegels dem Demosthenes nur seitenverkehrte Bilder zurückwarf, beglaubigten sie doch seinen eigenen Augen, wie die Gesten und Bewegungen ausfielen.73 Zwei auseinanderliegende Stellen in Leonardos Manuskript A, die im Codex urbinas reproduziert sind, setzen Albertis kritischen Gebrauch des Spiegels voraus. Die eine bleibt nahe an Albertis Studium beleuchteter Körper und ihrer Erscheinung im Bild: „Quando tu voi vedere se la tua pittura tutta insieme ha conformità co’ la cosa ritratta di naturale, abbi un specchio, e favvi dentro specchiare la cosa viva, et paragona la cosa specchiata co’ la tua pittura, e considera bene se ’l tuo subbietto de l’una e l’altra similtudine ha conformità insieme. E sopratutto lo specchio si de’ pigliare per suo maestro […]. […] Lo specchio e la pittura mostra le similitudini delle cose circondata a ombra e lume, l’una e l’altra pare assai di là dalla sua superficie. E se tu conosci che lo specchio per mezzo de’ lineamenti e ombre e lumi ti fa parrere le cose spiccate, et avendo tu fra ove bisogni il nero, però che con questo bilanciare il bianco col nero molto si scorge quanto le cose si rilievino. E così pure con avarizia a poco a poco seguirai acrescendo più bianco e più nero quanto basti. E saratti a ciò conoscere buono giudice lo specchio, né so come le cose ben dipinte molto abbino nello specchio grazia: cosa maravigliosa come ogni vizio della pittura si manifesti diforme nello specchio. Adunque le cose prese dalla natura si emendino collo specchio.“ 71 Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 82 (2. Buch, Abschnitt 46). 72 Plutarch, Demosthenes, 11,1–2. 73 Quintilian, Inst. oratoria, 11, 3, 67–68: „Nec mirum si ista, quae tamen in aliquo posita sunt motu, tantum in animis valent, cum pictura, tacens opus et habitus semper eiusdem, sic in intimos penetret adfectus ut ipsam vim dicendi nonnumquam superare videatur. Contra si gestus ac vultus ab oratione dissentiat, tristia dicamus hilares, adfirmemus aliqua renuentes, non auctoritas modo verbis sed etiam fides desit. Decor quoque a gestu atque motu venit. Ideoque Demosthenes grande quoddam intuens speculum componere actionem solebat: adeo, quamvis fulgor ille sinistras imagines reddat, suis demum oculis credidit quod efficeret.“

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li tuoi colori l’ombre e lumi più potenti che quelli de lo specchio, certo, se tu li saprai ben compore insieme, la tua pittura parrà ancora lei una cosa naturale vista in un grande specchio.“74

Die andere Textstelle verschiebt die Aufmerksamkeit von der Kritik auf die Selbstkritik: „Noi sappiamo certo che gli errori si cognoscono più in l’altrui opere che nelle sue, e spesso riprendendo gli altrui piccoli errori, non vedrai li tuoi grandi. […] Ma per tornare alla promessa di sopra, dico che nel tuo dipingere tu debbi tenere un specchio piano, e spesso riguardarvi dentro l’opera tua, la quale [vi] fia veduta per lo contrario, e parratti di mano d’altro maestro, e [lì] giudicherai meglio gli errori tuoi ch’ altramente.“75

Lieber entdecke man Fehler in Werken anderer als in den eigenen. In der Verkehrung durch den Spiegel könne einem das selbst hervorgebrachte Gemälde wie etwas von der Hand eines Fremden erscheinen, und um so leichter erkenne man eben die eigenen Fehler. Wenn bei Quintilian der seitenvertauschende Spiegel dem Redner dennoch erlaubt, die Wirkung seiner Gesten genau zu erkennen, ist es bei Leonardo gerade der Vorzug des „verkehrten“ Spiegelbildes, das eigene Werk zu neuer Sichtbarkeit zu verfremden. Es ist ein Falsches, das doch unsere Neigung, eigene Fehler zu übersehen, überlistet. Die Forderung, zum soeben selbst Hervorgebrachten, den Einfällen und ersten Entwürfen, eine kritische Haltung einzunehmen, gehört zur schriftlichen Vorbereitung der Rede. Quintilian übersetzt sie in einen zeitlichen Abstand: „Die beste Methode des Verbesserns ist zweifellos die, das Geschriebene für eine Zeitlang beiseitezulegen und nach einer Pause zu ihm wie zu etwas Unbekanntem und Fremdem zurückzukehren, damit uns die eigenen Werke nicht gleich Neugeborenen schmeicheln.“76 Jenes Zurückkehren zu etwas gleichsam Fremdem leistet nun im Feld des Visuellen der Spiegel. Er erlaubt, dem selbst Gemalten den Rücken zuzukehren, um es über die Schulter hinweg im Spiegel zu betrachten. In Leonardos Ausdrucksweise scheint darüber hinaus die biblische Folie der ungleichen Bewertung fremder und eigner Fehler und Verfehlungen durch, die Sentenz vom Splitter im Auge des

74 Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 302, Nr. 408 – entspricht Institut de France, Ms A 104v (24v). Pacheco, De la pintura, 303, nennt und paraphrasiert Albertis Helldunkel-Passage und Empfehlung des Spiegels und schließt eine Spiegel-Empfehlung aus einem ihm vorliegenden Leonardo-Exzerpt an, welche die hier zitierte Passage zusammenzufassen scheint. 75 Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 301, Nr. 407 – entspricht Institut de France, Ms A 108 (28). 76 Quintilian, Inst. oratoria, 10, 4, 2: „Nec dubium est optimum esse emendandi genus si scripta in aliquod tempus reponantur, ut ad ea post interuallum uelut noua atque aliena redeamus, ne nobis scripta nostra tamquam recentes fetus blandiantur.“ In Aristoteles’ Nikomachischer Ethik (1120b 10–15) sind es Eltern und Dichter, die ihre eigenen Geschöpfe mehr lieben als die anderer. Das Emendieren erfordert also, zum Eigenerzeugnis eine kritische Distanz einzunehmen.

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Bruders in Matthäus 7,3 und Paulus’ Brief an die Römer.77 Entwurf und Korrektur werden zum Schauplatz der Emendierung nicht nur des beabsichtigten Werks, sondern der Kunst und des Künstlers. Die ethische Fundierung der bei Luigi Grassi treffend autocritica78 genannten künstlerischen Praxis verdeutlicht eine Maxime im Codex urbinas: „Tristo è quel maestro del quale l’opera avanza il giudizio suo. E quello si drizza alla perfezzione de l’arte, del quale l’opra è superata dal giudizio.“79 Das ist ein trauriger Meister, dessen Werk seinem Urteilsvermögen überlegen ist. Dagegen begibt sich der auf den Weg der Perfektionierung, dessen Werk von seinem Urteil übertroffen wird. Ebenfalls in Manuskript A angesiedelt ist die als Nr. 124 des Codex urbinas wiederkehrende Frage, was „schwieriger“ sei, Licht und Schatten oder einfach die gute Zeichnung: „Qual è piú difficile, o ombra e lumi, oppure il disegno bono. Dico essere piú difficile quella cosa ch’è costretta a un termine che quella ch’è libera. L’ombre hanno i loro termini a certi gradi, e chi n’è ignorante, le sue cose fieno sanza rilievo, il quale rilievo è la importanzia e l’anima della pittura. Il disegno è libero, imperò che se vederai infiniti volti, fieno tutti vari: chi ha naso lungo o corto. Adunque il pittore po ancora lui pigliare questa libertà, e dov’è libertà, non è regola.“80

Leonardos Notiz zielt wohl auf Albertis nachfolgenden Abschnitt 47 in De pictura, wo dieser behauptet, Malern ohne Erkenntnis bereite große Schwierigkeit, die Abwandlung des Helldunkels auf unebenen Oberflächen nachzuahmen. Wenn sie aber erst einmal die Umrisse der Flächen genau gezeichnet und den Sitz der Helligkeit bestimmt hätten, sei es ein Leichtes, das Helldunkel (nach einer dann von Alberti beschriebenen Methode) stufenweise mit Weiß und Schwarz aufzutragen. In seiner italienischer Fassung: „Questa alterazione de’ colori inganna gli sciocchi pittori, quali se,

77 Brief an die Römer 2,1, im Wortlaut der Vulgata: „[…] in quo enim iudicas alterum te ipsum condemnas eadem enim agis qui iudicas […].“ Leonardo variiert diesen Gedanken in Institut de France, Ms A 106 (26), dann wiedergegeben in Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 182, Nr. 75: Der Mensch lasse sich von seinen eigenen Werken betrügen. Eher lerne man aus den Fehlern anderer, solle aber auch die von anderen geäußerte Kritik anhören und erwägen. 78 Zum zeichnerischen Entwerfen als Mittel und Schauplatz der autocritica siehe Luigi Grassi, „I concetti di schizzo, abbozzo, macchia, ‚non finito‘ e la costruzione dell’opera d’arte,“ in Studi in onore di Pietro Silva (Florenz: Le Monnier, 1957), 97–106. 79 Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 172, Nr. 57; auch 175, Nr. 62 und 301, Nr. 406. Eine eigenhändige Notiz dieses Wortlauts und also ein Anhaltspunkt der Datierung und des Kontextes haben sich in den erhaltenen Aufzeichnungen Leonardos bisher nicht gefunden. 80 Diplomatische Transkription durch Augusto Marinoni nach Leonardos Rechtsnachlinks-Schrift in Leonardo da Vinci, Il manoscritto A. Trascrizione diplomatica e critica di Augusto Marinoni, 2 Bd. (Florenz: Giunti, 1990), Bd. 1, 162, und Faksimile, Bd. 2, fol. 81 recto.

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come dicemmo, bene avessono disegnato gli orli delle superficie, sentirebbono facile il porvi i lumi.“81 Und in der lateinischen: „Haec autem coloris in non planis superficiebus alteratio difficultatem exhibet ignavis pictoribus. Sed si, ut docuimus, recte fimbrias superficierum pictor conscripserit luminumque sedes discriminarit, facilis tum quidem erit colorandi ratio.“82 Indizien intertextueller Anknüpfung sind offenkundig, aber doch so, dass nicht zu entscheiden ist, ob Leonardo die italienische oder die lateinische Fassung oder ein uns unbekanntes Exzerpt vorlag. Albertis „bene […] disegnato“ kehrt in Leonardos „disegno bono“ (gute Zeichnung) wieder, lateinisch „alternatio difficultatem exhibet ignavis pictoribus“ (Abwandlung, die Malern ohne Erkenntnis Schwierigkeit bereite) in Leonardos „difficile“ (schwierig) und „chi n’è ignorante“ (wer ohne Erkenntnis davon ist). Die weitere, aber vielleicht nicht die einzige weitere Vorlage ist Aristoteles’ Poetik. Bei der Beliebigkeit und Variabilität der Gesichter, entsprechend Aristoleles’ viele Charakteren in Poetik 1450a, seien die Umrisse ein Leichtes, die richtigen Schattierungen dagegen das Schwierige. Die gemalten Dinge derer, die darin ohne Erkenntnis seien, blieben ohne Relief. Fraglich aber, ob Leonardo implizit Albertis einfacher Methode der Abstufung des Helldunkels zustimmt. Er entwertet Albertis bene disegnato. Denn die Zeichnung (von Gesichtern) sei frei.83 Leonardos termini a certi gradi, Grenzen in gewissen Abstufungen, sind dagegen die eigentliche Herausforderung und also anima della pittura, deren Schwierigkeit keine Methode vereinfachend beikommt.84 Mit dem lateinischen certus oder italienischen 81 Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 84 (Abschnitt 47): „Questa alterazione de’ colori inganna gli sciocchi pittori, quali se, come dicemmo, bene avessono disegnato gli orli delle superficie, sentirebbono facile il porvi i lumi. Così farebbono: prima quasi come leggerissima rugiada per infino all’orlo coprirebbono la superficie di qual bisognasse bianco o nero; di poi sopra a questa un’altra, e poi un’altra; e così a poco a poco farebbono che dove fusse più lume, ivi più bianco da torno, mancando il lume, il bianco si perderebbe quasi in fummo. E simile contrario farebbero del nero.“ 82 Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 85 (Abschnitt 47): „Haec autem coloris in non planis superficiebus alteratio difficultatem exhibet ignavis pictoribus. Sed si, ut docuimus, recte fimbrias superficierum pictor conscripserit luminumque sedes discriminarit, facilis tum quidem erit colorandi ratio. Nam levissimo quasi rore primum usque ad discriminis lineam albo aut nigro eam superficiem, ut oporteat, alterabit. Dehinc aliam, ut ita loquar, irrorationem citra lineam, post hanc aliam citra hanc, et citra eam aliam superaddendo assequetur, ut cum illustrior locus apertiori colore pertinctus sit, tum idem deinceps color quasi fumus in contiguas partes diluatur.“ 83 Siehe dagegen Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 94 (Abschnitt 55), wo Alberti den angehenden Malern empfiehlt, die Vielfalt des Aussehens der Menschen einzustudieren: „E sono le differenze de’ membri non poche e molto chiare. Vedrai a chi sarà il naso rilevato e gobbo; altri aranno le narici scimmie o arovesciate aperte; altri porgerà i labri pendenti; alcuni altri aranno ornamento di labrolini magruzzi. E così essamini il pittore qualunque cosa a ciascuno membro essendo più o meno, il facci differente.“ 84 Siehe auch Leonardos Bemerkung zum lucidare (Durchpausen) in Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 304, Nr. 413. Anders als bloße Umrisslinien seien die Schattierungen des rilievo nicht einfach durch mechanisches Nachziehen zu reproduzieren.

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certo gibt der Redner eine ihm bewusste und doch verbal nicht konkretisierte Genauigkeit zu verstehen, gegenüber der im Fall der Malerei selbst der feinste Pinsel sich grob ausnimmt. Sie will gesehen, erkannt und soweit möglich nachgebildet, nicht aber in Worten beschrieben sein.85 Darf man, durch Nr. 124 ermutigt, nach weiteren Spuren der Poetik in Leonardos Notizen suchen? In welcher Um- und Anverwandlung ist eine Rezeption zu erkennen? Zum Beispiel in der berühmten Passage zum componimento inculto.86 „Or non hai tu mai considerato li poeti componitori de’lor versi, alli quali non dà noia il fare bella lettera, né si cura di canzellare alcuni d’essi versi, rifaccendoli migliori? Adonque, pittore, componi grossamente le membra delle tue figure, e attendi prima alli movimenti apropriati alli accidenti mentali de li animali componitori della storia che alla bellezza e bontà delle loro membra. Perché tu hai a intendere che, se tal componimento inculto ti reuscirà apropriato alla sua inuenzione, tanto maggiormente satisfarà, essendo poi ornato della perfezzione apropriata a tutte le sue parte. Io ho gia veduto nelli nuvoli e’ muri machie, che m’anno deste a belle inventioni di varie cose le quali machie anchora che integralmente fussino in sé private di perfectione di qualonque membro non manchavano di perfectione nelli loro movimenti o altre actioni.“87

Vielleicht dachte Leonardo bei den Verfertigungen der Dichter an Werkmanuskripte in Feder auf Papier mit ihren Streichungen und Varianten wie die Francesco Petrarcas zu seinem canzoniere.88 Leonardos Passage ist durchsetzt mit Ausdrücken aus der 85 Robert Klein, „Giudizio et gusto dans la théorie de l’art au Cinquecento“, in Robert Klein, La forme et l’intelligible. Écrits sur la Renaissance et l’art moderne, hg. von André Chastel (Paris: Gallimard, 1970), 342–52; David Summers, The Judgment of Sense. Renaissance Naturalism and the Rise of Aesthetics (Cambridge/Mass.: Cambridge University Press, 1987). 86 Albert Boesten-Stengel, „Leonardos da Vinci cose confuse, Ernst Gombrichs dreamlike loose of controls und Zeichnen als kritische Genese“, in Die Halbschlafbilder in der Literatur, den Künsten und den Wissenschaften, hg. von Roger Paulin, Helmut Pfotenhauer (Würzburg: Königshausen & Neumann, 2011), 13–42. 87 Leonardo da Vinci, Libro di Pittura, Bd. 1, 221–22, Nr. 189; Original unbekannt. Eigene Übersetzung: „Oder hast du nie die Dichter beobachtet, wenn sie ihre Verse komponieren, die sich nicht damit plagen, schöne Buchstaben zu machen, und die es auch nicht bekümmert, einige Verse zu tilgen und durch bessere zu ersetzen? Also, Maler, komponiere grob die Glieder deiner Figuren, und achte eher auf die Bewegungen, daß sie den geistigen Ereignissen der Lebewesen, aus denen die Historie zusammengesetzt ist, gemäß seien, als auf die Schönheit und Sorgfalt ihrer Glieder. Du mußt nämlich verstehen, daß, wenn dir eine solche unkultivierte Zusammensetzung ihrer Invention angemessen gelingen sollte, sie um so mehr, schließlich geschmückt durch die allen ihren Teilen angemessene Perfektion, befriedigen wird. Ich habe schon in Wolken und auf Mauern Flecken gesehen, die mich zu schönen Erfindungen verschiedener Dinge erweckten, welchen Flecken, auch wenn sie in sich völlig jeder Perfektion irgendeines Gliedes ermangeln, es doch nicht an Perfektion in ihren Bewegungen und anderen Handlungen fehlt.“ 88 Francesco Petrarca, Biblioteca Apostolica Vaticana, ms. lat. 3196, ist ediert als Il codice degli abbozzi (Vat. lat. 3196) di Francesco Petrarca, hg. von Angelo Romano (Rom: Bardi, 1955); zu Petrarcas Ge-

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lateinischen Poetik und Rhetorik. Dies bringt sie in die Nähe von Albertis De pictura und erlaubt zugleich zu erkennen, worin Leonardo Albertis Konzept korrigiert. Hier hilft eine Bemerkung Lodovico Castelvetros. In seiner italienischen Übersetzung (1570) von Poetik 1450a–b nennt er die eine Handlung des Dramas favola und die vielen Charaktere costumi.89 Er kommentiert den von Aristoteles gewählten Vergleich mit den Figuren bei Zeuxis und Polygnot. Gewiss, sagt Castelvetro, gebe es sowohl Dramen als auch Gemälde ohne costumi. Doch seien die costumi für die Malerei von größerer Wichtigkeit: „[…] percioché i costumi nella dipintura sono stimati assai, e per la difficultà che è in fargli sono la prima parte, secondo la testimonianza di Leon Battista Alberti […], ma nella tragedia non sono stimati tanto e si pospongono alla favola, come qui dice Aristotele.“90 Tatsächlich erhebt Alberti die Abwechslung und Vielfalt der Dinge zum ersten Reiz des narrativen Bildes (historia) – im Wortlaut der von Castelvetro (wahrscheinlich nach der Basler Ausgabe von 1540) konsultierten lateinischen Fassung von De pictura: „Primum enim quod in historia voluptatem afferat est ipsa copia et varietas rerum.“91 Dagegen erkennt und anerkennt Leonardo im zeichnerischen Rohentwurf den Vorrang der Bildhandlung. Fehle den Figuren die Konkretisierung der Gliedmaßen, seien sie doch perfekt in der Veranschaulichung von Bewegungen und Handlungen. Der danach hinzukommenden Detailliertheit weist er durch die Wendung ornato della perfezzione apropriata explizit die Rolle der Einkleidung, des ornatus der lateinischen Rhetorik und Poetik, zu. So als behaupte er wie Aristoteles für das Drama, es komme in der Malerei zuerst auf die Darstellung von Handlung und nur insofern auch auf die Darstellung handelnder Menschen an.

dichtentwürfen siehe Karlheinz Stierle, Francesco Petrarca. Ein Intellektueller im Europa des 14. Jahrhunderts (München: Hanser, 2003), 775; Louis Hay, Les manuscrits des écrivains (Paris: Hachette, 1993), 17; Louis Hay, „Défense et illustration de la page“, Genesis 37 (2013): 33–53, hier 37–38. 89 Lodovico Castelvetro, Poetica d’Aristotele vulgarizzata e sposta, hg. von Werther Romani, 2 Bde. (Rom: Laterza, 1978), Bd. 1, 182: „Adunque principio, e come anima, è la favola della tragedia. E la seconda cosa sono i costumi; percioché cosa simile aviene ancora nella pittura, poiché così non diletterebbe altri, avendo distesi bellissimi colori confusamente, [come farebbe] se di chairo e di scuro avesse figurata una imagine. E è rassomiglianza d’azzione e, per cagione di questa, massimamente di coloro che operano.“ 90 Castelvetro, Poetica d’Aristotele vulgarizzata e sposta, Bd. 1, 192. Siehe auch Seite 187: „Laonde Leon Battista Alberti fiorentino soleva dire che i costumi erano la principal parte nella pittura, percioché si richiedeva maggior fatica e industria a rappresentargli che a fare altro.“ 91 Alberti, De pictura, hg. von Grayson, 69 (Abschnitt 40).

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Emphasis On Light, Dark, and Distance

This essay is a continuation and reexamination of arguments in an article from several years ago entitled “Chiaroscuro, or the Rhetoric of Realism.”1 These arguments have been adjusted in light of participation in the conference leading to the present anthology, and thus this text attempts to address more explicitly the primary question addressed in the earlier article. Why is it that, once devised, chiaroscuro composition continued to coincide with the presentation of a certain type of subject matter, from late Raphael and Caravaggio, to Rembrandt and Goya, to Courbet, Menzel, and Eakins? The jagged forms and electric sun of Picasso’s Guernica fit this pattern, as does much black and white photography. Warhol’s Disaster series moves from black-andwhite photography to contrasts of chemical colors. Expressionist prints, films and film noir treat “dark” themes in stark black and white. This essay will posit that the specific impulse to chiaroscuro composition was rhetorical, the achievement of the greatest and most persuasive visible presence, but that the realization of such presence touched deeper perceptual roots, with expressive consequences occurring to the present day. Chiaroscuro combines what will be here called emphasis  –  immediate contrast of value – with the unified field of vision affected by perspective (and photography), that is, by the representation of the geometry of light in relation to a viewer. It is essentially important for the historical appearance of chiaroscuro that it states value contrast within the unified field of vision. Such contrast has the value of the sudden, astonishing, or startling. Because this reaction is pre-conceptual and preverbal, it is close to the Kantian aesthetic but precedes the pleasure that constitutes aesthetic judgment, as sensation precedes reflection upon sensation.

1 David Summers, “Chiaroscuro: Or the Rhetoric of Realism,” in Leonardo da Vinci and Optics: Theory and Pictorial Practice, eds. Francesca Fiorani and Alessandro Nova (Florence: Marsilio, 2013), 28–53.

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Light/dark contrast is deeply ingrained in our perceptual apparatus, and difference in value (or luminance) is fundamental to “our perception of depth, three-dimensionality, movement […] and spatial organization.”2 Such biologically indispensable perception is dependent upon parts of the visual system insensitive to color, evolutionarily older than the sensitivity to color that humans share with other primates. These foundations of visual experience might be presumed to result in basic implications both for the practice and experience of imitations of appearances in painting. Such imitation is complicated by conditions of representation, not the least of which is the limitation imposed by the disrelation between light and dark and white and black pigments. One cannot gaze too long at the sun, or see at all without light, and depicted light might seem to fall more closely within the range of normal vision than natural light does. To look at the matter a little differently, painting, like sight itself, tends to favor the mean. The discrepancy between vision and its representation, however, rather than simply demonstrating the limitations of painting as the imitation of appearances, seems to have set a further limit for painterly ambition, as we shall see. The eye shuns extremes, yet there are also extremes to be represented and expressed. At least since the time of Aristotle, the elements of vision have been defined as light, dark, and color, and it has been noted that colors, revealed by light and obscured by dark, have their own values.3 Purple is darker than yellow, and all colors may be seen to fall between the extremes of white and black, much as colors are visible in light, and invisible in darkness. People were obviously well aware of this long before Aristotle, and are still aware of it, whether or not they have read anything at all about the science of vision. Such self-evidence, however, should alert one to the great difficulty in understanding types of representation to which one has become most accustomed. Precisely because they display such an extraordinary range of optical observation, visual memory, and description, it is difficult to grasp the primordiality of the Palaeo­ lithic paintings at Chauvet (fig. 1). The irregular stone surfaces cannot have been brightly illuminated for either painters or users, and these surfaces were scraped, which, more than smoothing in preparation, broadened the range of values available to the painter. The animals are defined by black contours that exploit the irregularity of surfaces to assume a kind of quivering particularity. These lines seem as much to characterize living surfaces as to outline a recognizable animal. Shapes are modeled inward from these contours, sometimes sufficiently to make the whole form appear to be in light, sometimes more completely, to make it seem as if all brighter surfaces are nearer and contours are farther away. Dark contours are often emphasized through 2 Margaret Livingstone, Vision and Art: The Biology of Seeing (New York: Abrams, 2014), 31, 118–27. 3 Aristotle, De anima, II. vii, 413a–b. On the Soul: Parva Naturalia: On Breath, trans. W. S. Hett, (Cambridge, Mass./London: Loeb Classical Library, 1975), 103–4; and John Shearman, “Leonardo’s Colour and Chiaroscuro,” Zeitschrift für Kunstgeschichte XXV (1962): 13–47.



Emphasis

Fig. 1  Panel of the Lions: Herd of Rhinoceroses, Palaeolithic paintings, Chauvet.

contrasting incision and scraping. More broadly, there is extensive overlapping (which includes the viewer’s position in their effect), the likes of which will not be seen again until Egyptian art. Events are shown (head-butting rhinoceroses, for example), as are unified movements of large groups, again in implicit relation to a standing viewer. Such unification will not be seen again until Mesolithic painting. These gaps notwithstanding, many of the issues that will be addressed here are already present in these earliest depictions. That being the case, it is still important that these issues are variables, with long histories. The St. Lawrence mosaic from the mausoleum of Galla Placidia in Ravenna (fig. 2) will be analyzed here, so as to introduce three kinds of illumination to be examined. The treatment of light in this mosaic is partly geometric/optical, partly white-dominant/dark-recessive, and partly emphatic. The first approach is most familiar: light falls from the left onto the cabinet holding the books of the Evangelists, casting approximately consistent shadows on the optic plane below. Like the cabinet, the saint himself, dancing toward his doom, casts a shadow on the darkening optic plane. His robes are modeled, as if struck by light, a second feature of geometric optics. The whole cabinet, however, is not similarly illuminated, and the closest edges are white. Finally, many of these edges are emphasized by the surrounding darkness, accentuated by the dusky background.

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Fig. 2  Martyrdom of St. Lawrence, c. 425–450, mosaic, Ravenna, Mausoleum of Galla Placidia.

Emphasis and Line Emphasis is the third and most basic type of illumination. In Figure 2, a darker blue surrounds both the cabinet and St. Lawrence, with the hue most striking around the saint’s halo. Whatever other meaning this blue might hold, it is significant here as a direct contrast of value to the forms the color surrounds. Thus, emphasis is achieved by optical means – light and dark in direct opposition – but it does not use the devices of geometric optics, modeling, and shadow casting. Emphasis does not imply a source of light. Examples of emphasis are to be found far and wide in painting, drawings, and prints. Sometimes, emphasis creates intense ambient spaces immediate to virtual forms within a pictorial space. El Greco (fig. 3) often used very dramatic emphasis, the spatial isolations and tensions of which settle neither into perspective space nor into full chiaroscuro. As it happens, emphasis is a rhetorical term, which Quintilian listed among the ornaments of rhetoric because, he said, it does not just make things intelligible, it makes them more intelligible4 or, as we might still say, more “emphatic.” The word 4 Quintilian, Institutio oratoria, VIII. ii. 11., trans. H. E. Butler (Cambridge, Mass./London: LCL, 1996), III, 203. Perspicuitas is heightened, and understanding is assisted by emphasis, the definition of which

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Fig. 3  El Greco, Laocoon and his Sons, 1610–14, oil on canvas, Washington, National Gallery of Art.

emphasis originates directly from the Greek language, meaning to show, appear, or become visible, referring especially to reflections. Like other terms to be discussed here – phantasia, for example – emphasis is closely related to phaos, light. Yet, suggestive as all that may be, one need not place emphasis on rhetoric, as emphasis is a venerable and pervasive pictorial practice. In order to consider emphasis more closely, it is instructive to re‑examine a natural philosophical text, first cited by E. H. Gombrich, that appeals to the example of a practice of painters.5 It is from a commentary on Aristotle’s Meteorology by the fifth to sixth century philosopher and theologian Johannes Grammaticus, or Philoponus. As this essay will explain more fully, in the Meteorology, Aristotle argued that the power of sight diminishes with distance, and he characterized this diminution as increasing “darkness,” concluding that “objects seen at a distance appear darker because our sight is close to ornament. Such ornaments may say more than the words mean, and Quintilian also discusses emphasis in relation to irony and hidden meanings. 5 E. H. Gombrich, The Heritage of Apelles: Studies in the Art of the Renaissance (Ithaca: Cornell University Press, 1976), 3–18.

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fails to reach them.”6 In pre-philosophical usage, such now-loaded terms as idea simply meant “look” or “appearance,” and were thus akin to phantasma, (again from phaos, “light”). Aristotle’s “darkness” must mean that we cannot discern the identifying characteristics of an object we see at a distance, as if we had been deprived of the light in which it is fully seen. There is still a significant metaphorical range in words like “dark” and “obscure.” An argument may be “obscure,” and one may still say that things are “obscured” by distance in time and space, meaning, not that they are in the dark, but that they are not discernible. In his commentary, Philoponus writes that “If you put white and black upon the same surface and then look at it from a distance, the white will always seem much nearer and the black further off. Hence, when painters want something to look hollow, such as a well, cistern, a ditch or a cave, they color it black or brown. But, when they want something to look prominent, such as the breasts of a girl, an outstretched hand, or the legs of a horse, they lay black on the adjoining areas in order that these will seem to recede and the parts between them will seem to come forward.”

An earlier author, the so‑called Longinus (first to third century C. E), the author of the treatise On the Sublime, had written to other purposes that, “Though the colors of shadow and of light lie in the same plane, side by side, yet the light immediately leaps to the eye and appears not only to protrude but actually to be much nearer.”7 Gombrich dubbed the illusion of the greater proximity of light in juxtaposition to dark the “rule of Philoponus,” and convincingly followed its application in examples of two-dimensional art from Antiquity to the Renaissance. The general principle is that the comparison of white and black is not only a contrast of value, it is an apparent spatial contrast, a contrast of near and far, and, as this essay will posit, a contrast of visibility and non-visibility. Ingenuity may be displayed by the successful inversion of rules of practice, and Pliny tells us that all painters who wish relief (eminentia) to be seen make the colors whitish, and make black those that they wish to put out of sight.”8 Pausias of Sikyon, however, painted a famous scene of sacrifice in which an ox was shown frontally rather than in profile, and entirely black, so that, paradoxically, shadow became substance; his great accomplishment was not only in creating visibility for the invisible, but also in making the extent of volume apparent when all dimen6 Aristotle, Meteorologica, 374b14–15, trans. H. D. P. ​Lee (Cambridge, Mass./London: LCL, 1987), 37. 7 “Longinus,” On the Sublime, 17; trans. W. Hamilton Fyfe, in Aristotle, The Poetics, “Longinus” On the Sublime, Demetrius, On Style (Cambridge, Mass./London: LCL, 1982), 183–85. 8 Pliny the Elder, Naturalis historiae, XXXV. xl. 126–128, trans. H. Rackham (Cambridge, Mass./London: LCL, 1995), 353–55.



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sions were diminished, that is, foreshortened. What is of interest is the connotative range of condere, translated here as “to put out of sight.” This word also means to bury, to close the eyes of the dead, to conceal. At some point, new metaphors had to be adopted to describe the representation of the passage in and out of visibility.

Dark and Distance Using the most basic optical means – light and dark, or white and black – emphasis alters and heightens the appearance of represented forms, in a way, however, that is indifferent to the geometry of light, suggesting once again that emphasis is rooted in a deeper opticality; one see the edges of things in terms of value contrasts in the visual field, which means that, at the retinal basis of visual images, edges precede lines. Lines are analogous to the next phase of visual perception, and the basis for other perceptual and mental operations. The priority of edges, however, lingers, and, as this essay has demonstrated, emphasis of contour continued to be used to heighten the local presence of forms in more general virtual spaces, with the effect being to define places within virtual spaces. The identification of diminishing visibility with darkness facilitated the depiction of individual figures, or small groups of figures, more vividly, and also supported the gradual darkening of shallow optical planes; when generalized, however, the scheme has an obvious limitation: a deep space will be black at the horizon. Many examples of darkening shallow optic planes exist, and Gentile da Fabriano, for example, employed this perennial device for individual figures in polyptych panels. He literally extended the formula into landscape depth in his Adoration of the Magi, with a succession of shallow spaces. The foreground optic plane begins with the traditionally bright and broken stony edge, which quickly darkens. The dove of the Holy Spirit and the arc of haloes below illuminate the similarly craggy edge of the cave from which the ox and the ass observe the Epiphany – also, the manifestation of light – shining before them. The shell of this unlikely geological formation turns quickly from white through grey to black. Immediately behind is another bright, rocky edge, the meandering path of the Magi, which recedes into a dark horizon set against the gold sky. This conservative solution, a series of light‑todark passages to a final dark horizon, although ingenious, also demonstrates, again, that the ancient identification of darkness with distance could not be generalized as a persuasive description of deep and continuous space. The simple formula of the “rule of Philoponus” was as incompatible with what was to come, as were the dark horizon, the golden sky, and the gilt trappings of the Magi and their entourage.

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Extramission and Intromission Ancient optics, formulated late at the end of the fourth century B. C. by Euclid, were geometric from the start, based on the visual angle, or pyramid, with the apex located at the viewer’s eye.9 Debate focused on the question of whether sight was an active power, issuing from the eye (extramission) or whether this capacity was the result of the entry of rays of light into the eye (intromission). Extramission was probably the earlier theory, and certainly most prevalent, perhaps because of the intuitive sense that vision, which is so close to attention and action, is itself active. Perhaps, the plausibility of extramission is related to the Mediterranean “evil eye.” Rather, more philosophically, the perspective may have been that like seeks like, and that the light of the mind and the eye mingles with external light, retrieving images from the external world. Extramission was defended by Plato and Euclid (and, as was previously shown, Aristotle followed his teacher on the subject in his Meteorology). Vitruvius assumed extramission when he wrote that the dimensions of an architrave must be altered according to the height at which it is seen, because “the higher the glance of the eye rises, it pierces with more difficulty the denseness of the air; therefore, it fails owing to the amount and power of the height, and reports to the senses the assemblage of an uncertain quantity.” 10 Distance need not have been darkness for Vitruvius – in some Roman painting, forms dissolve in white, as if in atmosphere – but the activity of sight still weakens with an extremity of diminished visibility. With extramission in mind, we may consider one of Gombrich’s examples of the Rule of Philoponus, a mosaic from Caesarea (plate XI). Trunk, fruit, and branches are modeled from a central stripe of white through color to dark contours, and closer leaves are lighter. How are we to explain the central stripe? According to the Rule of Philoponus, the central stripe is the closest surface of the tree, and the dark edges are its farthest visible surfaces, progressing out of sight. Color exists between these limits. It might be thought that the white stripe is a highlight, a reflection, but if that were the case, it could not be central with respect to the eye. Reflections (as will be discussed) are defined by simple geometry, and if one looks directly at a reflective form illuminated from the right, the reflection must be to the right of one’s line of sight. The central line in the mosaic, however, is on the line of sight, suggesting again that the source of light is the viewer’s eye. If that is so, as it is according to the idea of extramission, then the central stripe might be the light brought back by the eye’s own light. Extramission, in short, is compatible with the Rule of Philoponus, and if one takes the   9 David C. Lindberg, Theories of Vision from Al‑Kindi to Kepler (Chicago/London: University of Chicago Press, 1976), 1–17. 10 Vitruvius, De architectura, III. v. 9, trans. Frank Granger (Cambridge, Mass./London: LCL, 1983), I, 179.



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object seen (or represented as seen) to be the base of the visual angle, then the white stripe on the tree trunk is most visible because it is closest to the eye, and sight itself weakens – darkens – as one passes on both sides toward “darkness” and disappearance. A far more nuanced version of this rule is to be seen in the form of St. Lawrence in Figure 2. The alternative to extramission was intromission, that vision is the action of light upon and within the eye itself. As this essay has shown, although Aristotle assumed extramission when he wrote his Meteorology, he was usually inclined to what has turned out to become the modern view, reasoning that the complexity of the eye and its surfaces was purposeful, since Nature does nothing in vain. In fact, a theory of light capable of accounting for intromission did not surface until the late Middle Ages, with the optics of Ibn al‑Haytham and his Western followers. Extramission was not only impossible to generalize for the entire visual field, it was difficult to explain such familiar phenomena as the casting of shadows and reflection, and if the lines of sight weaken with distance, it is challenging to explain how we can see the stars, at the same time that it is problematic to explain why we cannot see at night. In general, the field of optics was an important precursor to empirical science, and in Antiquity, observation and representation must have exerted constant pressure toward discovering more accurate formulations for optical theory. The precise shadows, reflective surfaces, and reflections into shadows in the Street Musicians mosaic of Dioscurides of Samos, for example, are perhaps best explained in terms of a theory of light that did not yet exist.

Emphasis, Contour, and Place Of all the great losses in the history of art, one of the most extensive is the monumental Greek painting of the late fifth and fourth centuries B. C. E. ​The murals at Kazanlak are a pale but still visible reflection of this monumental painting (fig. 4). In this case, the new device of shading informs light and shadow, the parallel lines creating a kind of optical mix in the modeling. Once again, however, light is at the center, and the hatching follows the cylindrical volumes to generate dark contours, where the forms are to be understood as passing out of sight, and are, thus, given an emphatic contour. This contour is considered “emphatic,” so as to indicate that this shape demonstrates how the form has come fully out of darkness, (or invisibility) and into light and sight. The line is in effect the invisibility, the indistinctness, or the “darkness” from which the form emerges. In this painting from the Amazon sarcophagus (fig. 5), the struggle depicted seems to occur outside a temple. Beyond the rocky optic plane, though, the deeper space is uniformly dark, and emphasis articulates an immediate space for the figures. There is light, internal modeling, with other illusionistic devices accompanying this emphasis, like foreshortening, overlapping, and positioning on an optic plane.

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Fig. 4  Groom, Thracian Tomb (detail), c. 300 BC, mural painting, Kazanlak.

One sees these figures as if emerging from obscurity or non-visibility into light, and yet, their definition retains the retinal, pre-linear force of edges defined by value contrast. As previously described, emphasis poses questions similar to those that the ancient (and pre-modern) problem of place, or topos, also raises. Around 200 C. E., Sextus Empiricus reviewed an ancient debate on this puzzling issue, ultimately withholding judgment on the matter.11 The Aristotelians, he says, assert that place “is the limit of what encloses insofar as it encloses,” so that, he explains, “my place is the surface of the air that forms a mould round my body.” This apparent analogy to lost wax bronze casting demonstrates the difficulty in defining location in the absence of a concept of isometric space, and such definitions of place created difficulty in accounting for move-

11 Sextus Empiricus, Outlines of Pyrrhonism, III, 131, trans. R. G. Bury (London/New York: LCL, 1933), 415; for Aristotle’s own arguments see, Physics, IV. iv; Alberti echoes this premodern tradition in most basic terms. “Since painting represents things seen, let us note in what way things are seen […]. Seeing something (qualcosa) we say to be a thing which (cosa quale) occupies a place (luogo); here the painter, describing this space (spazio) will say his guiding an outline with a line to be circumscription.” Leon Battista Alberti, De Pictura, (Redazione volgare), ed. Lucia Bertolini (Florence: Edizioni Polistampa, 2011), 259.



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Fig. 5  Amazon Sarcophagus, c. 350 BC, marble, Florence, Museo Archeologico.

ment, because, as its critics objected, since location was not only where something exists, a change in place must indicate a shift from being to non-being for the site from which the movement began. This thorny, non-modern dilemma might seem beside any possible point, but perhaps it affords some insight into fundamental questions of representation. An edge, or a drawn contour defines not just a form, but also the locality of that form, and the suggestion forthwith is that these examples grapple with the fundamental problem of the representation of the place and, thus, the space of virtual forms in a virtual environment. Once again, the modeling of virtual forms based on the equation of darkness and distance favors the representation of shallow space, of single figures, small groups, and friezes of figures, and, as shall be demonstrated, any generalization of the principle worked against any representation of deep space. Important adjustments in the use of line must have become indispensable with the beginnings of optical naturalism. Greek vase painters had modeled their figures with sharp edges and crisp contours, in a medium that always foregrounded the value contrast. In these terms, the substitute pigment for black-figured Greek vase painting precedes the relatively illuminated figures of red-figure painting, and in white-ground painting, line replaces value contrast altogether, creating the appearance, not just of lighted forms, but of lighted forms in brightly lit space. Line replaces edge. Pliny’s praise for the drawing of the later painter Parrhasius is consistent with the significance of emphasis that this essay previously posited. Painters conceded the mastery of Parrhasius in drawing contours (in liniis extremis), “which is the highest subtlety in painting.” Many have excelled in modeling, Pliny writes, but few have won distinction

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in creating the contours. “For the contour ought to round itself off and so terminate as to suggest the presence of other parts behind it also, and disclose even what it hides.”12 The drawing of Parrhasius is long since lost, but perhaps the drawings of Leonardo, Michelangelo, and the artists following them, with their constantly shifting and sliding contours that seemingly adapt to receding modeled surfaces, were inspired from an imaginary competition with Parrhasius.

Modeling and the Geometry of Vision As I have suggested at various points, light, dark, and color are not simply the elements of vision: they are the core of a system including the geometric description of vision. Light is active, and not only bears and reveals color, but travels in straight lines, casting shadows and reflections. The geometric description of vision locates the eye at a point and tends to frame a virtual space as a unified field of vision, implying a similar unity for any possible field of vision. Modeling is the representation of forms having emerged into light. Modeling (or “relief ”) is the gradation of value within a shape, contiguous with the inner contour (not with the outside, as in emphasis), as if in response to a source of light opposite the darkened side. Thus, modeling implies virtual space in a way much more definite than emphasis. A circle drawn on a white surface is a two-dimensional shape, but when modeled from dark on one side with respect to the center, the circle becomes an apparent sphere, a three-dimensional form in virtual space. The “shading” (as modeling is often called) is complete if the virtual form casts a shadow to its dark side, which both acknowledges the implicit light source and implies a second surface upon which the shadow is cast, thus further specifying the virtual dimension and providing a foundation for further construction in this context. This simple scheme may be and has been endlessly elaborated in “realistic” illusions of all kinds. Although one is inclined to take modeling for granted, it is unusual in the wider history of art, and was, for all intents and purposes, unique to Western painting in its Classical and Neoclassical phases. One would look in vain for modeling in Egyptian painting or Maya painting, for example, both of which are generally comparable to early Greek painting. In all three cases, forms are described as if in a uniform surrounding light, that is, without a distinct light source and, thus, without shadows, or as if light were reflected into all shadows to maintain local color.

12 Pliny the Elder, Naturalis historiae, XXXV. xxxvi. 67–68, trans. H. Rackham (Cambridge, Mass./London: LCL, 1995), 310–11.



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Light, dark, and shadow have deep symbolic meanings in many languages, and, at a more technical level, broad resistance seems to exist among painters regarding the mixing of “pure” colors with either black or white. There are anecdotes of objections to the inclusion of dark shadows in portraits from both East and West. The modeling of figures in Indian and Chinese painting is careful and subtle, and, if examples of modeling may be found, there is no tradition in which pictorial light is investigated and thematized nearly as consistently and thoroughly as it has been in Western painting. Vision, Reflection, and Desire in Western Painting argues that the beginnings of the Western science of optics coincided with the beginnings of Western optical naturalism in painting.13 After the middle of the fifth century B. C., Athenian painters began to practice skiagraphia, or shadow painting, which Pliny the Elder praised as a great breakthrough, calling it the first painting “to hold the eyes.”14 This can be taken to mean that painters began to model their forms and figures, that is, to depict them as if they occluded light from a source in virtual space, in which case, they are partly in shadow, and might also cast shadows. Vitruvius tells us that the painter who invented skenographia, Agatharcus of Samos, wrote a treatise on his invention, the first one on the art of painting in the history of Western art.15 According to Vitruvius, this discourse still sparked the interest of the philosophers Anaxagoras (who died in 428 B. C.) and Plato’s philosophical archenemy Democritus (c. 460–370 B. C.) who wrote commentaries on the tract. Anaxagoras and the atomist Democritus are major figures in the early history of Greek natural philosophy, and, if one can believe Vitruvius, the treatise of Agatharcus would have been a fundamental document in the history of both Western art and science. Unfortunately, all of these texts survive only in Vitruvius’s account. Since both are part of the same system, it might be expected that skenographia, or scene painting, would have begun in Athenian tragedy at about the same time skiagraphia began. As previously presented in the section on extramission and intromission, this system also entails the inclusion of a viewer in the world of light, dark, and color, which is seen by every person under a “visual angle,” and from a “point of view.” As optics, shadow-painting and scene-painting together constituted a representation

13 Summers, Vision, Reflection, and Desire in Western Painting, (Chapel Hill: University of North Carolina Press, 2007). 14 Pliny the Elder, Naturalis historiae, XXXV. xxxv. 60, trans. H. Rackham (Cambridge, Mass./London: LCL, 1995), 307. 15 Vitruvius, De architectura, VII. Preface. v., trans. Frank Granger (Cambridge, Mass./London: LCL, 1983), II, 71; and David Summers, “The Heritage of Agatharcus: On Illusionism and Theatre in European Painting,” in The Beholder: The Experience of Art in Early Modern Europe, eds. Thomas Frangenberg and Robert Williams (Aldershot: Ashgate, 2006), 9–33.

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Fig. 6  Room of the masks, House of Augustus, after 30 BC, fresco painting, Rome, Palatine.

of vision, as well as hypotheses about vision as a physical process, providing a schema for further analysis, correction and invention, with applications, adaptations, and mechanizations to the present. Perhaps the paintings of Apollodorus were the first to “hold the eye,” precisely because they were representations, not just of forms, but also of sight itself. Skiagraphia and skenographia are combined in scene paintings like those from the House of Augustus on the Palatine in Rome (fig. 6). The architecture demonstrates the shallow but consistent reduction of equal quantities with respect to a diminishing visual angle defined by the point of view and line of sight. Concurrently, light casts crisp shadows, and highlights respond to a light source. This raises the issue of surfaces in light. One scans a visual field for relative illumination and for detail. A modeled form is clearly illuminated, and this provides information about its color. However, reflections also indicate the textures of surfaces; glass, silk, and wool, for example, all reflect light differently. Uniform modeling generalizes texture, as if every form in a visual field were made of the same material in the same light. “Classical” styles tend to avoid the depiction of reflections (not to mention refractions). Highlights indicate reflections, which can double the specificity of the point of view. Namely, in reflection, the angle of incidence, the apex of which is defined by the highlight, establishes a second, more emphatic relationship to the viewer’s position. If the angle of incidence



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equals the angle of reflection, then, at least in principle, the base of the triangle corresponding to the source of light coincides with the “point of view” for the visual angle defining a geometric, spatial construction.

Chiaroscuro Michael Baxandall argued that Leon Battista Alberti’s characterization of his historia as a “composition” was a direct adaptation of the classical, rhetorical term compositio to painting.16 Through the centuries, “composition” has become a broader term, referring to the general formal and aesthetic order of a whole work. The abstract paintings of Mondrian, Kandinsky, and many thereafter are often simply titled “composition,” yet it is most significant that the word has always referred to artful order, and implies choice, judgment, and even vision on the painter’s part. It was the frequently repeated aim of the art of rhetoric to present the matter at hand before the eyes of the listener. One may consider Quintilian on the importance of contrast, and the importance of the appeal to vision. Of all the thoughts that might serve as premises for argument, the best that arise yield contraries, “which are seen to stand out among others as Homer among poets, and Rome among cities.” Doubling of phrases may reinforce thoughts, but those that arise from contraries are better. “That truly is most beautiful which is brightened by some contrast” (pulcherrima, cum aliqua comparatione clarescit). Comparison itself produces eminence, and even beauty.17 According to Alberti, composition is that “reason of painting with which the parts of the things seen are placed together in the painting.”18 He immediately connects composition with ratio (as opposed to measure) and with the inventive powers of the painter, stating that “the greatest work of the painter is not a colossus, but a history; the history earns more praise for the ingegno [of the artist] than any colossus.”19 Chiaroscuro is a kind of composition, a way of “placing together,” or perhaps more precisely, of binding together the entire field of the painting. Leonardo da Vinci wrote

16 Michael Baxandall, Giotto and the Orators: Humanist Observers of Painting in Italy and the Discovery of Pictorial Composition (Oxford: Oxford University Press, 1971). 17 On the appeal to vision as a principle of rhetoric, see Aristotle, Rhetoric 1405b and passim. The “Art” of Rhetoric, trans. J. H. Freese (Cambridge, Mass./London: LCL, 1982), 358–59. Quintilian, Institutio oratoria, VIII. v. 7, and VIII. v. 18–19, trans. H. E. Butler (Cambridge, Mass./London: LCL, 1996), III, 287 and 291. 18 Alberti, De Pictura, (Redazione volgare), ed. Lucia Bertolini (Florence: Edizioni Polistampa, 2011), 267 19 Ibid.

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frequently about chiaro e scuro, and around 1510,20 recommended that painters should “put the dark figure in a bright background, and if the figure is bright, put it in a dark background. And if it [the figure] is both bright and dark, put the dark in a bright background and the bright part in a dark background.” As an example of such a prescription for composition we may consider Leonardo’s first Madonna of the Rocks (plate XII). Rhetoric is the art of eloquence, of speaking out, of speaking extraordinarily in order to persuade. “Persuasion” incorporates suadere, to recommend as pleasant, in turn incorporating suavis, sweet, thus appealing to sense, especially to the sense of taste, or to the pleasures of sense as exemplified by the pleasures of taste. As this essay has previously stated, the appeal of rhetoric is visual, but in the specific sense of an address to the images of memory and imagination, with the goal of setting the matter under discussion as if before the eyes of listeners. At a level of vividness induced by the skillful manipulation of language, words become the thing, verba become res, and the listener’s mind, or that of the audience, or the jury, is changed. The skill of a painter in creating the experience of seeing three dimensions in two might be perceived as a type of persuasion – the viewer is not really seeing what she or he sees – but composition, in addition, is a highly artful means of providing forms in a visual field with a vivid presentation, and chiaroscuro composition accentuates this. In rhetorical terms, chiaroscuro is an antithesis – things set in opposition to one another in order to mutually heighten or clarify one another through contrast. Antithesis always “brightens” but does so at two fairly distinct levels.21 The first is more properly ornamental. As is well known, Leonardo da Vinci, like Alberti before him, recommended the pairing of opposites – back to front, young and old, female and male, beautiful and ugly, for example  – the idea being that, in opposition, each component intensified the other and, thus, supports the purposes of engagement and persuasion. The varietà of the four servant women in Ghiberti’s Jacob panel pleases the viewer, ornamenting and brightening the relief, making a sacred history appropriately sweeter to the mind’s eye. Leonardo’s old man and youth vividly contrast the phases of human flesh. The second level of antithesis is more properly structural, governing the construction of entire arguments. The chiaro e scuro of Leonardo’s Madonna of the Rocks (see again plate XII) might be seen to embellish and distinguish its sacred theme, at the same time providing a maximum visual presence for the entire scene through contrast. With the immediate precedent of 20 C. Farago, “Leonardo’s Color and Chiaroscuro Reconsidered. The Visual Force of Painted Images,” The Art Bulletin LXXIII (1991): 63–68. 21 See Quintilian, Institutio oratoria, VIII. iv. 6–9, trans. H. E. Butler (Cambridge, Mass./London: LCL, 1996), III, 267.



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perspective as a geometry of light connecting virtual space with the viewer, chiaroscuro concentrates light (and dark) at their extremes, separating the force of light from ratio, at the same time returning to the primordial, perceptual, and expressive value of emphasis. At its limits, Leonardo’s pictorial space metamorphoses into geological time, finally dissolving into the elements of water and air, in a kind of proto-sublimity. Vasari wrote that Leonardo tirelessly tested the system of value contrasts by searching for even darker blacks so as to further accentuate the whites.22 As a result, it might even be possible to contrast one black pigment with another, or to contrast darker colors with darker blacks. By seeking the greatest contrast to white and the least contrast to colors, Vasari says that Leonardo finally created paintings that seemed to have been rendered at night rather than in the light of day. This might seem like dismissive criticism, but Vasari, who praised Leonardo as the originator of “the third manner that we wish to call modern” finally remarks that Leonardo did these investigations “in search of finding greater relief, and of finding the end and perfection of art.” When he sums up Leonardo’s accomplishment, Vasari writes that “in the art of painting he joined to the manner of coloring in oil a certain darkness (oscurità), whence he has given to the moderns great force and relief in their figures.” In short, Leonardo’s oscurità sought to realize the perfection of modern painting. Chiaroscuro could be manipulated at either extreme, and posed very considerable practical and aesthetic challenges. Mariotto Albertinelli, Vasari tells us, believed that paintings without rilievo e forza, together with dolcezza, were not to be held in high regard. Forms could not “be made to emerge from the plane” without shadows, but if the shadows are too dark, then color is muted (coperto). Color is dolce, but if it remains pure, then the forms will have no force. The greatest possible relief, in short, was incompatible with the most beautiful color, an aesthetic conundrum both basic and subtle. Albertinelli repainted an Annunciation many times, making the color brighter then darker, more lively and dazzling, then less. Finally, he attempted to find a white more vivid (più fiero) than lead white, which he sought to purify in order to make the brights brighter “according to his manner.”23 In sum, chiaroscuro is an artful concentration of light and dark in painting, but it is also an emphasis in the embrace of perspective unity. Chiaroscuro completed the meaning of perspective, but melded the unity of point of view with the subjective force, and finally through the retinal force, that of light/dark contrast. In Leonardo’s St. John the Baptist (fig. 7) the darkness – more than a “background” – is a spatial 22 Giorgio Vasari, Le Vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori nelle redazione del 1550 e 1568, eds. Rosanna Bettarini and Paola Barocchi (Florence: S. P. E. S. ​Studio per edizione scelte, 1976), IV, testo, 23–24. 23 Ibid., 109–11.

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Fig. 7  Leonardo da Vinci, St. John the Baptist, c. 1513–16, oil on wood, Paris, Musée du Louvre.

matrix in and from which anything might appear. What has appeared, however, has the character of immediacy, that previously unseen, yet to be named, or never to be named. As this essay has shown, classical writers on rhetoric generally recommended that art should be hidden, so that the listener does not become suspicious of the intent to persuade. In Longinus’ grand manner, however, artifice is concealed by its own “very brilliance. Much in the same way that dimmer lights vanish in the surrounding radiance of the sun, so the all-embracing atmosphere of grandeur obscures the rhetorical devices. We see something of the same kind in painting.” Among Renaissance writers, Pomponius Gauricus drew on Greek sources, writing of a “superior perspective,” where optical perspective is heightened and illuminated by displays of skill, among them emphasis, the depiction of actions in such a way as to imply what follows, to supplement and animate that which is seen.24

24 Pomponius Gauricus, De sculptura, ed. Paolo Cutolo (Naples: Edizioni Scientifiche Italiane, 1999), 217–21. David Summers, “Michelangelo’s Battle of Cascina, Pomponius Gauricus, and the Invention of a Gran Maniera in Italian Painting,” Artibus et Historiae XXVIII, no. 56 (2007): 165–76.



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Forza In his Della Pittura, Alberti wrote that painting itself possesses a “divine force (forza),” surpassing Ciceronian friendship, in not only making the absent present, but also “making the dead seem almost alive after many centuries, so that, with much admiration for the artist, they are recognized with great pleasure.” At another level of impact, he states, the tyrant Cassander “trembled in his whole body” when he saw an image of Alexander the Great. Images contribute greatly to piety, and to the worship “of the gods adored by the peoples.” “The hand of the painter,” increases all value, and gold itself, “worked by the art of painting,” is weighed in the balance (si contrapesa) against a greater quantity of the metal. Lowly lead, when shaped by the hand of Phidias or Praxiteles, is more precious than silver. Zeuxis gave his works away because their value was beyond price, and no value might satisfy one who, modeling and painting animals, seems almost to be a god.25 In Alberti’s De pictura, the Latin equivalent of forza is vis, the first meaning of which is physical power, but also with the sense of faculty or capacity, as “imagination” was often called the vis imaginativa, the faculty of the mind capable of calling up images. The “force” of painting is based upon creating appearances, and, as argument proceeds, forza consistently refers to sight itself, and to the activity of light (and dark). The same color varies in appearance according to the forza of the light it receives, and all colors other than black and white are the “material” to which light and dark are joined.26 Colors and their variants in light are qualities, but light itself is a “force.” There is lingering puzzlement over the question of whether white and black are colors, and Alberti, while arguing that there are only four true colors, corresponding to the four elements, also admits that “having spoken of white and black, we will speak of the other colors.”27 Certainly, there are white and black pigments, as well as white and black things to be painted, and the problem arises from the equation of white and light. Alberti writes of white as competing unequally with light, which is a physical force in its own right, one that affects colors, but also affects the eye at the same time. “But remember never to make any surface so white that it cannot be made much whiter; even for the whitest garments (candidissimi panni), it is necessary to stop far below the ultimate whiteness.”28 The force of white as the representation of light is always evident in contrast, and is most nearly evident in the direct contrast of white to black. 25 L. B. Alberti, De Pictura, (Redazione volgare), ed. Lucia Bertolini (Florence: Edizioni Polistampa, 2011), 247. 26 Ibid., 288–89. 27 Ibid., 295. 28 Ibid., 293–94.

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On the topic of extramission and intromission,29 Alberti wrote in De pictura that the ancients disputed the issue, but he took no position, perhaps because in either case, the geometry was the same for his purposes. The “element” of Alberti’s system is the surface, which is colored and, in itself, is relatively permanent. The rays of the visual pyramid vary according to forza and function. Some “extrinsic” rays form lines, or contours, of shapes as surfaces pass from sight; other “median” rays convey the colors of the surfaces within these contours to the eye. For the viewer, shapes and colors seem “to vary according to changes in place and illumination.”30 These are the “accidents” of size, shape, color, and light that will be subject to the forza di comparatione in Alberti’s “intersection” of the visual pyramid, and they owe to the forza del vedere (namely, to optics); with a change in the eye’s position, items appear larger or smaller, or of another shape or color, all of which we “measure with seeing.” Alberti’s third ray, the centric ray, draws the expanse of rays into a whole and meets the horizon to complete the framed space as a field of vision. The painter seeks rilievo, but also beauty. “I, with the learned and unlearned, will praise those faces that, as if sculpted, seem to issue forth from the panel, and condemn those faces in which no art other perhaps than disegno is to be seen.”31 The first part of painting, as this essay has shown, is surface, and the composition of surfaces yields grace and “what they call beauty,” to be seen when there are “surfaces joined in such a way that they take shadow and light amenably and sweetly, without any asperity or sharp angles (rilevati canti).”32 (In the Latin version of his treatise, Alberti added concinnitas to grace and beauty.) Pliny did state that modeled forms were the first to “hold the eyes,” and Zeuxis was a prince among painters because he understood the forza of lights and shadows. The best painters, however, understand the “forza that every light and shadow holds over every surface.”33 A painting’s light and dark hues should be balanced and modulated with the “dew” and “smoke” of black and white, which, as these delicate metaphors again underscore, is never pure white or black. Painters who use white and black immoderately must be called to task, especially those who “sin” in their overuse of white. Alberti states that to love the open and clear is natural, and thus, the taste of those misusing black will improve, but he cautions that “the painter has nothing else than white with which to show the highest luster of the most highly polished sword,” and only black to indicate the “deepest shadows of night.” It is “for this reason” that white and black must be used 29 Rocco Sinisgalli, Leon Battista Alberti: On Painting: A New Translation and Critical Edition, (Cambridge: Cambridge University Press, 2010), 127–28. 30 Alberti, De Pictura, (Redazione volgare), ed. Lucia Bertolini (Florence: Edizioni Polistampa, 2011), 211. 31 Ibid., 290–91. 32 Ibid., 268. 33 Ibid., 290.



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most judiciously. Their reckless use negates the possibility of the “the force of well composed white next to black seen in vases that […] appear to be of silver, of gold, and of glass, and seem to glisten, even though painted.” White, he declares, should be sold to painters at a price higher than the most precious gems.34 With all of these examples, it may be noted, that the sword, as well as gold, silver and glass, even gems, are reflective, and the items themselves are relatively incidental. It is in their depiction, however, that the forza of light as such, heightened by opposition to dark, as such, is actually implied and most fully represented. As for colors, they are composed through the placement lighter against darker (white – not pure white – next to green, yellow next to red). “It will be in this comparatione that the beauty of colors most bright and charming, and a certain friendship of colors, is found.” Juxtapositions of colors may express honor, happiness, and dignity. At this point, Alberti rejects the use of gold in painting. There is more admiration and praise for the painter “imitating the rays of gold with color […] when there is [real] gold on a flat panel we see sparkling when there ought to be darkness, and what ought to be bright appears black.”35 Alberti uses the term forza in another fundamentally significant way, which is complementary to the others. It is well known that he compared his painting to a window or pane of glass. This metaphor seems most often to be taken literally, when it was clearly meant to characterize a transparent intersection of the visual pyramid and thus, to illustrate the geometric principle of similarity. The ultimate intersection is the seat of vision in the eye. Taken literally, the window implies that the painter’s task is to describe an objective world of quantities, the world outside the window. Alberti insists, however, that the intersection itself demonstrates the world as a set of relations. The “window” represents a section of a visual pyramid perpendicular to the line of sight; this section might be of any functional size, but the ratios, the proportions, and relative proportions, of whatever is seen in any section are the same. Alberti agrees with the philosophers (unnamed) who say that if God wished to diminish the heavens, stars, seas, mountains, animals, and bodies by half, we would never know the difference. If the relations visible in all possible intersections are the same, however, it is among the relations that judgments must be made, and he declares the principle that “what the philosophers call ‘accidents’, because they may or may not belong to things,” are known per comparatione. “Large and small, long and short, high and low, broad and narrow, bright and dark, luminous and shadowy, and all things similar,” are known by comparison. Aeneas was tall, but next to Polyphemus, he would have seemed uno piccinnacolo. Compared to Ganymede, other renowned beauties would have seemed ugly. The fair among the Spanish are dark among the Germans. Ivory 34 Ibid., 294–95. 35 Ibid., 296–98.

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and silver seem white, but are merely pale next to a swan, or to snow. “For this reason,” he states that, “in painting, things seem most splendid when there is a good proportion of white and black […] In itself, comparison has this force, that it immediately demonstrates what is more, less, and equal among items. Whence one calls ‘large’ that which is greater than this small, and ‘largest’ that which is larger than this large; [one calls] ‘lucid’ that which is brighter than this dark, most ‘lucid’ what is brighter than this bright.”36 In this case, the “force” in the interaction of forces that Alberti is outlining, is not only the forza del vedere of the painter – the shared capacity to see, shared with all sighted people – but the judgment of the painter/viewer, and the crucial word is “this,” questa. Here and now, in just these circumstances, Aeneas is tall; in just these other circumstances, however, he is tiny, his actual measure notwithstanding. Alberti invokes the great skeptic Protagoras, who said that “man is the mode and measure of all things, meaning that all the accidents of things are known through the accidents of man (my italics) […] however well small bodies are painted in a painting, these will seem large and small in comparison to whatever human being is painted there.”

It is most important that Alberti refers to the “accidents” of man, and he continues that “the painter Timanthes appreciated this forza di comparatione; he painted in a little tiny panel a gigantic sleeping Cyclops […] with some satyrs measuring his thumb, such that comparing the one who lay there with the satyrs, he seemed grandissimo.”37 The entire painting played with scale and represented size. Whatever precedents might be found for Alberti’s argument, he has made an extraordinary claim. In the philosophical language to which he is referring, “accidents” are the opposite of “substance,” which is underlying, and relatively permanent. Alberti has defined “accidents” not only as “objective” changes in forms themselves – the ripening apple turned from green to red, and appears purple as the sun sets – but the apple also changes appearance as one moves in relation to it, that is, as its appearance is subject to the forza del vedere. It is only as relations that quantities and qualities, large and small, bright and dark, beautiful and ugly, are comparable among themselves. Comparatione is itself a force that “in itself, immediately” demonstrates what is more, less, and equal. Qualities may be accidents, but so are specific circumstances, 36 Ibid., 233–36. 37 Ibid. For Protagoras, see Aristotle, Metaphysics, X. i. 19–20 (1053a–b); Metaphysics. Books X–XIV, trans. Hugh Treddenick (Cambridge, Mass./London: LCL, 1977), 11. Although Aristotle rejects the idea of measure involved as merely metaphorical, he associates it with perception (aisthesis) and knowledge (episteme). Scholastic commentary on this important text before Alberti might yield significant results.



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and the sight of satyrs measuring a thumb may indicate more about the dimensions of a Cyclops than the actual measurements of a giant. To this point, Alberti says, he has written about the “force of seeing” and the intersection, now he turns to his own practice. Having drawn a rectangular format, he decides how tall he would like his largest figure to be, and divides that height by three to get the module for his famous construction and composition. Yet, what is the forza di comparatione that shows us immediately what is more, less, and equal? In addition, in what ways are they more, less, and equal? For that matter, what is it that makes opposition of value heighten, and the powerful analogy for heightening it was in the rhetorical tradition? In order to begin to answer this last question, this essay will examine a previously discussed text. In the passage from Aristotle’s Meteorology, Philoponus explains that the philosopher is examining night sky phenomena “of brief duration,” like shooting stars, which he attributes to the interaction of the elemental spheres, of which fire is the highest. He calls one of these phenomena “chasms” (chasmata), and says that they have an appearance of depth “because the light breaks out from a dark blue or black background.” This is the observation that Philoponus illustrated by analogy to the painterly practice. Aristotle’s text is not easily comprehended, but he is certainly saying that chasms, dark to begin with, appear darker and deeper by contrast to the bright light that they generate. “Chasms,” which cannot be seen in the daytime because of the light of the sun, appear to be red, the only color that provides “contrast with the background of darkness.”38 There is not only visibility by virtue of contrast, there is, Aristotle says, also the illusion of depth created by the sudden appearance of light. The illusion of deeper space is the subjective effect of contrast that both Philoponus and the pseudo-­ Longinus stress. Black next to white seems to recede, and it is the word “seems” that is most significant. Leonardo da Vinci had an Italian translation of Aristotle’s Meteorology by 1490,39 and it is crucial that the geometry of optics permitted him to consider visual phenomena at vastly different scales. Leonardo was, for example, fascinated from the beginning by reflections of light into shadow, which he painted in the shop of Verrocchio (as did Verrocchio himself), but, literally, at a universal scale, he could also imagine how the Earth might look from the moon, or how the Earth’s seas might be reflected onto the moon. In the Leicester Codex,40 he wrote that, at new moon, the shadowed 38 Aristotle, Meteorologica, 342b15 ff., trans. H. D. P. ​Lee (Cambridge, Mass./London: LCL, 1987). 39 Janis Bell, “Aristotle as a Source for Leonardo’s Theory of Colour Perspective after 1500,” Journal of the Warburg and Courtauld Institutes LVI (1993): 100–18. 40 Leonardo da Vinci, The Codex Leicester – Notebook of a Genius (Sydney: Powerhouse Publishing, 2000). Notes on the pages of the codex are by Carlo Pedretti. See also The Notebooks of Leonardo da

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part closest to the bright crescent appears darker, but appears brighter on the opposite side, against the night sky. Leonardo explained the partial illumination of the darkened part of the moon as the reflection of Earth’s oceans, and appearances may be clarified by covering the bright crescent with a hand, in which case the whole shadowed moon will be brighter against the night sky. By the same token, if the shadowed moon is covered, the crescent of the sun’s light is still brighter. These contrasts can only be “subjective” effects, and point to the limits of perception, and of knowledge through perception. The subjective, however, is not so easily dismissed. Alberti’s forza di comparatione is also subjective, which, through the example of his new painting, asserts a new relationship between the viewer and the world. People are, as Alberti wrote in the dedication of his Della pittura to Brunelleschi, “finding arts and sciences unheard of, and never before seen.” Out of old ingredients – ancient rhetoric – and new developments – then-modern optics – Alberti began to fashion the bases for the representation of the world from a point of view. Equating white with light and black with darkness, Alberti preserved the possibility of their contrast, or of the force of their contrast, as most vivid for the viewer. This not only fulfilled the goal of perspective as a geometry of light – perspicuitas, clarity – but also, at the same time, addressed the very basis of our vision as animals, thus indicating a new world of both natural and psychological forces. Leonardo began the exploration of the world of visual force. Light and dark in and of themselves, however, are beyond human vision, and finally point to sublimity. If the aesthetic is the beautiful, it lies within the limits of human vision, in the world of color illuminated, and if the two worlds may accommodate one another, they can never be wholly reconciled, as their tension may be retained and exploited. The composition of white and black as light and dark far surpasses the expressive value of the colors of pigments themselves, resulting in a kind of immediacy and apprehension at the ungrasped in perception. A miracle is an extraordinary sight, an atrocity is a dark deed. Chiaroscuro may be the awesome enfolding dark of Rembrandt’s Prodigal Son, or the unsparing revelation of human cruelty in Goya’s Disasters of War.

Vinci, ed. Jean Paul Richter (New York: Dover Publications, 1970), II, 162–65; and Martin Kemp, Leonardo da Vinci, The Marvelous Works of Nature and Man (Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 1982), 331–41.

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Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

1. The Disappearance of Lines in Giotto’s Paintings Clothing drapery can be regarded as one of the key elements in studying the historical change of iconographic painting from the medieval to the Renaissance periods. If one examines Giotto’s (1266–1337) Maesta, along with his teacher Cimabue’s Maesta Madonna as examples, there is a notable distinction between the clothing drapery of Giotto’s Madonna and that of Cimabue’s. In Giotto’s Maesta (fig. 1), the Madonna wears a dark blue, outer robe and a white inner robe. The striking aspects of this depicted drapery are found on Madonna’s chest and her knees. The protruding female breasts and knees beneath the robe are extremely well-modeled, as if they almost extrude from the painting’s surface. Giotto deliberately created at least two visual structures, so as to achieve the bulge in the breasts and knees. First, he darkened the parts of the robe around the bulging sections and then brightened the protuberances. Thus, the contrast between the bright and the dark forms the three-dimensional sense of the rising and falling of the Madonna’s body under the virgin’s robes. Secondly, Giotto accurately constructed the drapery’s shape according to the rising and falling of the body. For example, due to the Madonna’s sitting position, her legs and knees have been covered, and the blue robe clings directly to them. Giotto purposely left both knees undraped, so as to indicate that the Madonna’s legs and knees rested there under the robe. On the other hand, in Cimabue’s Maesta Madonna (fig. 2), the drapery of the Virgin’s robe is arranged in a carefully-designed, linear structure. One does not see the clearly bulging breasts and knees under the Madonna’s robe, as one does in Giotto’s Maesta. Cimabue employed clear, decorative lines, so as to indicate the structure of the clothing’s drapery, and along those lines, he darkened one side, in order to create its sunken dip. Since there are many decorative, short, white lines scattered across the

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Fig. 1  Giotto, Maestà, c. 1310, tempera on wood, 325 × 204 cm, Florence, Uffizi.

Madonna’s dark blue and bright red robes, a clear distinction in Cimabue’s style of depicting drapery is not easily visible. However, the details of the red robe’s drapery around the Madonna’s right foot indicate exactly how the linear structure of drapery falls. The lines demonstrate not only the outer contour but also the spatial relationship of the overlapping drapery. The sunken sections and the back drapery are consistently darkened, so as to create projection for the adjacent, bright portions. In fact, both Cimabue and Giotto utilized this method of brightening and darkening, yet executed it in two different ways. Cimabue relied completely on the linear structure of clothing drapery while Giotto based his method on his depiction of the solid body under the clothing. Giotto’s aim was to model a more three-dimensional, natural body under the clothing. All his artistic skills with drapery design and the presentation of brightening and darkening served a purpose. Giotto’s most important innovation was the weakening of the linear structure, through the elimination of the linear structure and the intensification of the contrast between light and shadow. Giotto deliberately employed much lighter contour lines for the light section, rather than the traditional, dark-brown contour lines. For example, the color for the contour lines on the light part of the Madonna’s right hand is so light that it appears



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

Fig. 2  Cimabue, Madonna S. Trinità, 1260–80, tempera on panel, 385 × 223 cm, Florence, Uffizi.

as though these lines have disappeared (plate XIII). However, only the contour lines of the dark portion of the Madonna’s right hand are painted in dark brown, which creates not only a contrast between the light section but also a strong, three-dimensional quality for the hand itself. Giotto also lightened the color of the drapery’s contour lines on the Madonna’s white robe and, through this manner of brightening and darkening, achieved the drapery’s rise and fall as well as the structuring of the Madonna’s body without indicating any clear, dark, linear form. This decomposition of the linear structure, along with three-dimensional modeling, resulted in an artistic innovation of the formalized, iconographic image and a new aesthetic direction for a more natural depiction appearing by the end of the thirteenth century. This development can also be perceived in Masaccio’s (1401–28) Madonna and Child with Angels (fig. 3). One hundred and sixteen years after Giotto’s Maesta, Masaccio created a style of painting more naturalistic than Giotto’s. Among the many techniques that Masaccio utilized in the naturalistic painting style of this painting include an accurate application of perspectives, a correct knowledge of anatomy, and a realistic depiction of clothing drapery, etc. Its most impressive effect can be found in

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Fig. 3  Masaccio, Madonna and Child with Angels, 1426, tempera on panel, 135.5 × 75 cm, London, National Gallery.

his creation of intense contrast in light and shadow. He emphasized this dichotomy far more boldly than any other painters prior to, so much so that the Madonna’s face appears to be almost entirely obscured in darkness. This arrangement must have shocked Masaccio’s audience, who were probably accustomed to viewing the Madonna with a clear, bright face. This technique also demonstrated that Masaccio favored the construction of a realistic, visual effect more than the depiction of the iconographic meaning itself. Comparing the light and shadow in Masaccio’s Madonna with that of Giotto, one can clearly perceive that Masaccio strengthened this contrast effect more than Giotto did, through the utilization of side-lit chiaroscuro.

2. Two Types of Light Sources Leonardo da Vinci (1452–1519) mentioned the painter’s aim and objective in Chapter 178 of his treatise on painting:



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

“The first object of a painter is to make a simple, flat surface appear like a relief, and some of its parts detached from the ground; he who excels all others in that part of the art, deserves the greatest praise. This perfection of the art depends on the correct distribution of lights and shades, called chiaro-scuro.”1

Thus, constructing a relief-like, three-dimensional visual effect on a simple, flat surface was a painter’s first aim at that time. Accurate depiction and arrangement of light and shadow is the basic method for achieving this three-dimensional, visual effect. A painter could achieve this precisely and, as a result, would be regarded as a master. What Leonardo da Vinci mentioned demonstrates that during the fifteenth century, conveying a realistic, three-dimensional effect in painting was the primary aesthetic focus and the exact execution of chiaroscuro was the only standard for the finest of painters. In order to achieve a powerful, three-dimensional visual effect, painters would utilize a strong contrast of light and shadow whenever possible. However, depicting sidelight became a more successful method for constructing this relief-like result, rather than representing a frontal light source. With the illumination of sidelight, any small concave and convex curvatures can be seen clearly. This characteristic of sidelight illumination can create a perfect, three-dimensional, visual effect. Thus, this depiction of sidelight became a significant, stylistic difference between the chiaroscuro of Masaccio’s Madonna and that of Giotto’s. Masaccio’s innovative employment of the side-lit source produced such a strong, three-dimensional effect that the Madonna’s face appears presented almost entirely in darkness. The frontal light source had been depicted for quite some time. Giotto employed frontal light in his Maesta, as did Cimabue in his Maesta Madonna. The light source in the mosaic mural painting Madonna and Child of the Hagia Sophia in Istanbul (fig. 4) is also frontal, which causes concave shapes to appear darkened and convex ones brightened; as the more pronounced the curvatures, and the closer their location is placed relative to the frontal light source, the brighter they will appear in the painting. Although the frontal light does not produce as clear of shadows or darkened shades in the figure’s face as those from the sidelight, this frontal source was still a standard method for originally achieving a three-dimensional, visual effect in two-dimensional painting. One can examine the Madonna at the Hagia Sophia in Istanbul as a work typically emblematic of Byzantine style. This mosaic mural was completed during the twelfth century, almost two hundred years prior to Giotto’s artistic innovations. In the Madonna’s face, convex elements like her forehead, nose-bridge, chin, and the rounding of her cheeks, are all brightened, while her eye sockets, neck, and the edge of her

1 Leonardo da Vinci, A Treatise on Painting, trans. John Francis Rigaud (London: G. Bell & sons, 1835).

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Fig. 4  Byzantine Madonna and Child, 12th century, Istanbul, Hagia Sophia.

cheeks are darkened. Thus, her facial features present a certain three-dimensionality. In addition, the Madonna’s face could be clearly perceived without any significant darkening. During the Byzantine era, a clear, iconographic image depiction was paramount for the public.

3. The Deconstruction of Hellenistic, Linear Structure in the Chinese Style The iconographic image, the light and shadow, and the semi-abstract, linear structure of Cimabue’s Maesta Madonna could be traced back to the medieval iconographic form, like that of the Madonna of the Porec Cathedral in Croatia from 550. As a new Christian society arose in fourth-century Europe, the naturalistic images of ancient Greece and Rome did not favor the Christian aesthetic. Symbolic and semi-abstract images were deemed more appropriate for the depiction of God and his devotees. With the spread of Buddhism and trading from Central Asia to China via the Silk Road, Buddhist icons painted in a strong, clearly Hellenistic style finally reached



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

Fig. 5  Fragment of a fresco depicting a winged spirit, 3rd century, China, Xinjiang, Miran, Temple M III, Collection of the National Museum.

China. As an example, a gilt bronze, seated Buddha Shakyamuni in the Gandhara style has been proven to originate from China around the second century. Another important example, a portion of fresco-fragment, found at a temple in Miran, Xinjiang circa the third century, depicts a winged figure (fig. 5). This image, recognized as an angel or putto, clearly demonstrates that there was a close, cultural relationship between Hellenistic art and that of Central Asia and Western China. The painted forms of Buddhist icons in China, for that matter, had the same roots as those of European, medieval, iconographic paintings. The following section will examine what developed with regards to the linear structure and the chiaroscuro of Buddhist icon painting in China. Chinese painters, particularly the so‑called, scholarly painters, dramatically altered the linear structure and chiaroscuro of Buddhist icon painting. Chinese scholars (or literati) were a very special social class in China. Their primary responsibility was to maintain the ritual system, inherit cultural traditions, and establish social values for the nobility and the public. They served at the court, without significant political influence. As a consequence, they were deeply rooted in both Confucian and Daoist thought. Scholars either occupied an official role serving the emperor or they lived in seclusion. When scholars began to engage in painterly activities as amateurs, they brought many significant changes to the art form. For instance, Chinese scholars did not enjoy the same painting aims that professional court painters and artisans did. Their approach was a means to express their thoughts and reflect their spirituality, similar to the act of writing poetry or essays. This spiritual expression in painting was their primary goal. In addition to modeling skills, expressive brushwork was their effective means for demonstrating the spirit of the image and that of the painter. Su Shi (1037–1101), a statesman, poet, calligrapher, and culture movement leader during the eleventh century, claimed that a discussion of painting relative to formal

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likeness reflected a childlike understanding.2 For him, formal likeness indicated a certain restraint in the expression of spirituality. Mimicking the realistic, visual world should never be the true aim of painting. It is quite distinctive to note that in this period, both professional court painters and amateur scholarly painters functioned concurrently in Chinese painting circles, creating two distinct aesthetics and methods throughout the entire painting history of China. Professional painters continued to refine the method of linear structure and chiaroscuro of central Asia, while amateur scholarly painters developed a uniquely Chinese presentation, quite different from Giotto’s approach. The manner of deconstruction of the linear structure of Buddhist icons is an important process in the integration of the Hellenistic and the native-Chinese painting styles. According to the Guhua Pinlu texts of Xie He (active in the sixth century), the author mentioned that the brushstrokes of ancient Chinese painting were imprecise and illustrative, until the appearance of Wei Xie, a painter active during the early fourth century.3 This historical text reflects the original state of Chinese painting. However, Wei Xie learned his brushstroke technique from Cao Fuxing (active during the third century).4 Cao Fuxing learned Buddhist figure painting from a monk named Hui, who came from Central Asia. Thus, the fine brushstrokes of Wei Xie could be connected to the influence of the exotic Buddhist icons that the Western monk shared. Zhang Yanyuan (815–907) mentioned an important change in the linear structure of drapery depicted from the fourth through the eighth centuries in his ninth century treatise, Li Dai Ming Hua Ji, (Record of Famous Painters of All the Dynasties), a text regarded as the first treatise on general history of Chinese painting. In Book Two, he specifically wrote a chapter discussing the brushwork by Gu Kaizhi, Lu Tanwei, Zhang Sengyou, and Wu Daozi, respectively. This important, historical text not only explains the characteristic of each master’s brushwork, but also demonstrates how native, calligraphic brushstrokes occupied a key role in foreign Buddhist figure painting. These four painters were regarded as four masters representative of their time. Gu was active in the fourth century. Lu was Gu’s student and worked in the fifth century. Zhang was active in the sixth century. Wu was a master in the eighth century. Thus, the timeline is clearly conveyed. The brushwork development of these four masters also reveals the process of the integration of central Asian and Chinese-native painting skills. The 2 Su Shi, Two Poems Made for Zhubu Wang of Yanlin, “If anyone discusses painting in terms of formal likeness, his understanding is nearly that of a child. When someone composes a poem, it must be a certain poem; he is definitely not a man who knows poetry. There is one basic rule in poetry and painting: natural genius and originality.” 3 Xie He, Guhua Pinlu (Classification of Painters), “The First Classification.” 4 Zhang Yanyuan, Li Dai Ming Hua Ji, (Record of Famous Painters of All the Dynasties), Book 2.



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continuity of Gu’s and Lu’s brushwork is uninterrupted in its meticulous exactitude and detail, which reflects the influence of icons from central Asia. The rich collection of Kizil and Turpan Buddhist wall paintings in the Asian Art Museum in Berlin demonstrates the close aesthetic relationship in the samples from the Mathura style. A typical characteristic is a tight set of numerous, parallel, draping lines. Just as Guo Ruoxu (circa 1080) described the famous term, “Wu’s girdles were wind-­ tossed, while Cao’s garments had just come out of water”5 in Tuhua Jianwen Zhi, the descriptive “come out of water” displays Cao’s brushwork style as that of closely set parallels with tightly clinging robes. Guo Ruoxi indicates that Cao was a non-Chinese painter from the Cao region, an oasis city-state in Central Asia: “Cao Zhongda of the Northern Qi (550–577) was a native of the realm of Cao, who was highly esteemed for his skill in painting Indian icons […] while Wu Daozi of Tang is known as Wu. Wu’s brushwork had an appearance of rounded curves, and his robes billowed upward; Cao’s brushwork was in a style of close-set parallels, and his robes clung tightly. It was for this reason that later men held that Wu’s girdles were windtossed, while Cao’s garments had just come out of water.”6

Zhang Yanyuan carefully described how Lu Tanwei, Zhang Sengyou, and Wu Daozi used calligraphic brushwork in their painting: “[…] Gu Kaizhi’s brushstrokes are strong in firmness and uninterrupted in continuity. Wang Xianzhi (344–386) made ‘one-stroke-calligraphy’. Later Lu Tanwei also made one-stroke-painting without breaks in the continuity of its brushwork. Zhang Senyou made his dots, dragged strokes, hacking strokes, and sweeping strokes in accordance with Lady Wei’s (272–349) Battle Strategy of the Brush (Essay on use of brush in calligraphy). Wu Daozi learned his brush methods from Zhang Xu (675–c. 750). Wu Daozi broke up and left spaces between his (ink) dots and strokes.”7

Lu Tanwei’s one stroke painting was inspired by the calligrapher Wang Xianzhi’s onestroke calligraphy. Zhang Sengyou learned brushstroke from the calligrapher Lady Wei. Wu Daozi acquired his brush methods from Zhang Xu (675–c. 750), a famous calligrapher for his running-cursive script at that time. Thus, three of the four masters actually learned their brushwork from calligraphers. Wang Xianzhi’s calligraphy work of Ya Tou Wan (fig. 6) clearly demonstrates his so‑called, one-stroke calligraphy. For example, the movement of the last ending stroke 5 Guo Ruoxu, Tuhua Jianwen Zhi (An Account of My Experience in Painting), “On the Styles and Methods of Cao and Wu.” 6 Ibid. 7 Zhang Yanyuan, Li Dai Ming Hua Ji (Record of Famous Painters of All the Dynasties), Book 2, “On the brush work by Gu, Lu, Zhang, and Wu.”

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Fig. 6  Wang Xianzhi, detail of Ya Tou Wan Bolus, ink on silk, hand-scroll, Shanghai, Shanghai Museum.

of the first character becomes the starting stroke for the second character. The last ending stroke of one sentence line turns into the starting stroke for the next line. It is not necessary that every ending stroke should show a clear ink trace, which connects to the beginning stroke of the next character. One-stroke actually means the continuous movement of the brush without breaking. Although the tip of the brush sometimes leaves the surface of the writing media, the movement continues into the air. Through to the Mathura style of close set, numerous, and parallel, draping lines, it is easier to understand how Lu Tanwei used the one-stroke in painting the foreign, Buddhist icon. Wu Daozi’s Buddhist icon demonstrates a native Chinese style. The term “Wu’s girdles were wind-tossed” reflects not only that Wu Daozi’s Buddhist icon pattern is completely different from that of the central Asian pattern, but also that his brushstrokes are not thin and continuous, nor of foreign character, but rather, are swift and stark. The brushstrokes of Wu are executed with calligraphic strokes of a running style. He broke up lines and left spaces between dots and strokes, as he deliberately emphasized the movement of brush, pressing, lifting, turning, dragging, and sweeping, etc. The painting works of the Bodhisattva from the eighth century in Dunhuang, now located in the British Museum (plate XIV), can demonstrate Wu Daozi’s style of broken and simplified brushwork. As a result, around the middle of the eighth cen-



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

tury, the fine lines and tight, linear structure of central Asian Buddhist icons developed into a more simplified, expressive, and broken calligraphic brushstrokes with a looser, linear structure. From the end of the thirteenth century to the beginning of the fourteenth century, the contemporary period of Giotto, Zhao Mengfu (1254–1322), an important master, led a revival of scholarly painting, turning the aesthetic direction of Chinese painting away from that of the thirteenth century naturalist court painting toward an expressive painting. He claimed that the real aim of painting should have nothing to do with achieving formal likeness but should express the painter’s spirituality: “It is very important to cherish Gu Yi (the spirit of antiquity) in painting. When there is no Gu Yi (the spirit of antiquity) in painting, it would not be good, no matter how delicately it has been painted. The painters nowadays only know how to use brush in a delicate way and to paint color brightly. Then they regard themselves as good painter. They hardly know that all kinds of defects would appear in their works when Gu Yi (the spirit of antiquity) is lost. How can such works be appreciated!”8

Zhao Mengfu also demonstrated that a painting’s brushwork should be the same as that of calligraphy, again emphasizing its importance. Free and expressive calligraphic brushwork could bring out a painter’s Gu Yi, the spirit of antiquity or ancient literati, while the delicate brushwork of court painting would restrict the expression of the painter’s spirituality. He once wrote a postscript to his own painting: “When I depict stone, I use the brushstroke of ‘flying white’. And, I use the calligraphic brushstroke of Zhuan style (zhou) to express tree trunks and branches. When I paint bamboo, I use the same brushstroke as the one of standard script (Bafa). When someone also notices that, he must know that painting and calligraphy originally are the same.”9

The words of “flying white,” “Zhou,” and “Bafa” are all the terms describing calli­ graphic brushwork. Thus, Zhao Mengfu’s claim changed the manner of “tracing” into freehand “writing” and simplified the linear structure dramatically. As opposed to Giotto’s device of weakening linear structure so as to intensify the contrast between light and shadow, Zhao Mengfu’s intention was to simplify artistic language. Giotto’s aim was a more realistic depiction, while Zhao Mengfu’s was a freer expression of spirituality

8 The postscript was collected by Zhang Chou, “Qinghe Shuhua Fang,” 1616. 9 The postscript written by Zhao Mengfu on his own painting, Elegant Rocks and Sparse Trees, ink on paper, 27.5 × 62.8 cm, Palace Museum, Beijing.

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Fig. 7  Bodhisattvas Holding a Lotus, Buddhism mural painting, India, Ajanta Buddhism Cave.

4. The Third Kind of Light Source Xu Song (active during the Tang Dynasty) recorded in his Jiankang Shilu (Historical Records of Capital Jiankang) that Zhang Sengyou (active in the early sixth century) had used ancient Indian painting skills to apply color to his linear structure: “It is said that by Zhang Zengyou, the gate of the temple has been fully painted with the flowers of concave or convex effect. The way of painting the flowers is from Tianzhu (ancient India), which mainly uses red, blue and green. When people look at the flowers from far distance, they display a visual effect of being concave and convex. However, when the flowers are looked from a very close distance, they turn into being flat. People were all surprised at it and named the temple Ao Tu Si (Temple of Concave and Convex).”10

Zhang Sengyou painted in ancient Indian manner, which demonstrated that the style of light and shadow depiction from ancient India or Central Asia had influenced many Chinese-native painters, including master Zhang Sengyou. During the sixth century, Chinese people were still unfamiliar with this painting skill and its format for conveying light and shadow. 10 Xu Song’s (active during the Tang Dynasty, in the seventh through ninth centuries) recording in his Jiankang Shilu (Historical Records of Capital Jiankang).



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

Fig. 8  Giuseppe Castiglione and Lang Shining (1688–1766), detail of Emperor Qian Long in Armor, 332.5 × 232 cm, painting on silk, Beijing, Palace Museum.

A piece of sixth century mural painting in the Ajanta Buddhism Cave, Bodhisatt­ vas Holding a Lotus (fig. 7), reveals the actual appearance of the Indian painting style. In the Bodhisattva’s face, her forehead, nose-bridge, chin, and the rounding of her cheeks, are all brightened, while her eye sockets, neck, and the edges of cheeks are darkened. In the illumination of frontal light, a relief-like visual effect of concave and convex curvature is precisely depicted. This is reminiscent of the Madonna’s face at Hagia Sophia in Istanbul. The so‑called, ancient Indian style of depicting concave and convex shapes actually shared the same stylistic foundation as that of Byzantine Europe. Side-lit chiaroscuro, which achieves a powerful, three-dimensional visual effect, was never utilized in Chinese painting. Even Giuseppe Castiglione (1688–1766), the famous Italian missionary who served at the Chinese court during the eighteenth century, had to abandon side-lit chiaroscuro, so as to avoid casting Emperor Qian Long’s face in shadow (fig. 8). The reason is that Chinese painters, especially scholarly painters, were never interested in copying the real world or constructing a three-dimensional visual effect. On the contrary, they were more interested in a painterly expression of their interior emotional world. Several eminent changes in scholarly painting, such as the discussion of the artistic image, the substitution of ornamental hues with monochromatic color, and the rise of landscape and flower/bird subjects in painting, all provided a significant foundation for the unique type of chiaroscuro prevalent in China.

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Fig. 9  Wen Tong, Bamboo in Monochrome Ink, 113.6 × 105.4 cm, ink on silk, Taipei, National Palace Museum.

In the opinion of these scholarly painters, realistic and delicate depiction was not effective for expressing spirituality. For example, Jin Hao (870–930), a famous landscape painter, demonstrated the distinction between lifelike presentation (似 Si) and reality (真 Zhen) through a dialogue between a master and himself in his treatise: “What do you call Si and what do you call Zhen? Si means to achieve the form of the object but to leave out its spirit. Reality means that both spirit and substance are strong. Furthermore, if spirit is conveyed only through the outward appearance and not through the image in its totality, the image is dead.”11

Si means to achieve the form and outward appearance of the object but to leave out its spirit. Zhen means that both spirit and substance are prevalent. The totality of outward appearance and inner spirit is considered the highest standard for painting. The artistic image, balanced between life-like depiction and artifice, would be the appropriate means for expressing spirituality.

11 Jin Hao, Bi Fa Ji (A Note on the Art of the Brush).



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

Fig. 10   Diagram showing the three different light sources.

The scholarly painter’s substitution of ornamental hues for a monochromatic color palette was a further step towards simplifying the exotic painting form. Zhang Yanyuan claimed that the polychromatism could still be devised through an appropriate organization of the ink alone: “Grasses and trees spread forth their glory without depending upon cinnabar and azurite; clouds and snow whirl and float aloft, and are white with no need for ceruse. Mountains are green without needing malachite, and the phoenix is iridescent without the aid of the five colors. For this reason, one may have fulfilled one’s aim when the five colors are all present in management of ink alone. If one’s mind dwells on the five colors, then the images of things will go wrong.”12

Here the cinnabar, azurite, ceruse, and malachite paints mentioned are actually the primary colors widely utilized in Central Asian painting during that time. Starting from the eighth century, a number of scholars, including the famous poet-painters Wang Wei (701–761) and Wang Mo (circa 800), began to explore the style of ink and wash. Zhang Yanyuan once mentioned that he had seen Wang Wei using innovative, broken-ink techniques in landscape painting. Zhu Jingxuan (circa 840), an important scholar and art historian during the ninth century, mentioned Wang Mo’s distinct manner of ink-wash painting in his Treatise, Tang Chao Ming Hua Lu.13 Wen Tong’s (1018–79) Bamboo in Monochrome Ink (fig. 9) can be examined as an example of chiaroscuro in scholarly painting. Wen Tong was not only an important scholar and poet but also a famous painter during the Northern Song dynasty. He was 12 Zhang Yanyuan, Li Dai Ming Hua Ji (Record of Famous Painters of All the Dynasties), Book 2, “On Painting Materials, Tracing and Copying.” 13 Zhu Jingxuan, Tang Chao Ming Hua Lu (Record of Famous Painters of the Tang dynasty), “Untrammeled Class.”

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Fig. 11  Xia Gui, Landscape in Album Leaf Form, ink on silk, 22.5 × 25.4 cm, Tokyo National Museum.

Su Shi’s cousin and shared a similar artistic sensibility with Su Shi. Bamboo was a typical subject in scholarly painting, as many of bamboo’s characteristics could be metaphors for human morality. Wen Tong was famous for painting bamboo, with this painting rendered in monochromatic ink. Wen Tong used only a single brushstroke to depict each bamboo leaf without rendering the contours of any leaves, only their formed in varying shades of darkness. Some leaves are light grey, and others are quite dark, almost black. The S‑shaped bamboo trunk travels downward from the upper left corner and rises toward the right side, imbuing the painting with a powerful vitality. Wen Tong purposely painted nothing in the background, leaving a massive, empty space. As a result, the background becomes the brightest component of the painting, while the entirety of the bamboo is blackened to varying degrees of shading. The stark contrast between light and shade creates the impression that the light source is located behind the entirety of the bamboo. This depiction could be called back lighting. As opposed to the frontal and side lighting, the back lighting does not create a relief-like, three-dimensional, visual effect but, rather, a silhouette-like image. Here is a diagram indicating three different light sources (fig. 10). Since the silhouetted image is very dark, it perfectly satisfies the scholarly painter’s need for expressing spirituality with simplified depiction. The bold, confident brushstrokes directly fulfill the artist’s modeling needs and manifest the desired aesthetic image residing between realistic and non-representational depiction. The variegated shading of the bamboo leaves reveals that each leaf occupies a different spatial position, as if the lighter the leaf, the closer it is to the source of the back light.



Three Types of Chiaroscuro and Their Artistic Contexts in European and Chinese Painting

Fig. 12  Photo of the West Lake in Fog, photographed by cwxcbrc in 2013.

Another example that displays this typical Chinese style of light and shadow is Xia Gui’s (active in the late twelfth century and early thirteenth century) landscape paintings, with Landscape in Album Leaf Form (fig. 11) as an example. Xia Gui was a famous landscape painter who served at the Southern Song court. His painterly style is renowned for its radical abbreviation of the older landscape design and form in the context of the small painting. Xia Gui depicted a standard, typical composition, the so called “one-corner” or “half-side,” in this landscape. He employed very light ink for the distant hills and formed a smooth shading with water at their feet, as though the hills were enveloped in clouds. He utilized very dark dots of ink for the trees at the foreground and light dots for groves of distant trees. The clear expanse between the foreground trees and distant hills is astutely rendered as thick fog. Xia Gui did not paint a single stroke for clouds, fog and river; however, a sensible space is formed as the brightest element in the painting. The clear contrast of light and shade depicts the scene backlit through the fog, just like the countryside in the southern region of the Yangtze River in China (fig. 12). The trees and huts located in distance are lighter, while the closer wooden bridge and trees are much darker. More importantly, the partly hidden but still visible, distant hills and trees pique the viewer’s imagination and create a poetic space. This was another important motive for the Chinese scholarly painters: to achieve a combination of painting and poetry by using backlit chiaroscuro. It is the scholarly aesthetic that inspired the powerful ideal to simplify the process of complicated craftsmanship, resulting in the replacement of multi-colored with

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monochromatic ink and wash, and the substitution of delicate depiction with simple, expressive brushstrokes. As a result, this aesthetic choice encouraged the concept of the artistic image residing between realism and non-representation, consequently resulting in the deliberate creation of empty space so as to construct a more poetic, pictorial landscape and, thus, creating a unique, Chinese style of chiaroscuro.

Elvira Bojilova

Tratti, che servono per l’ombre Drei Deutungsansätze frühneuzeitlicher Betrachtung von Schraffur und chiaroscuro*

Etymologische Wörterbücher der deutschen Sprache nennen bis dato unter dem Lemma ‚Schraffur‘ die schattenerzeugende Funktion selbiger direkt an zweiter Stelle: „(eine Fläche) mit feinen parallel oder kreuzweise laufenden Strichen bedecken, (eine Zeichnung) schattieren […].“1 Wenngleich diese und vergleichbar knappe Definitio­ nen nicht primär unter ästhetischen oder gar kunsthistorischen Gesichtspunkten erfolgten, kommt die Engführung nicht von ungefähr; ihre Wurzeln reichen bis in die Anfänge der theoretischen Reflexion von Schraffur in der italienischen Kunsttheorie des Cinquecento. Sucht man im 16. Jahrhundert wiederum nach einer systematischen Theoretisierung wie sie beispielsweise von Abraham Bosse vorgenommen wurde, sucht man vergebens. Stattdessen findet sich gleich in doppelter Hinsicht das, was als Subsumierung der Schraffur beschrieben werden könnte: Sie kann einerseits in der italienischsprachigen Traktatliteratur des 16. Jahrhunderts als tratto, tratteggio und streckenweise als linea oder lineamento gefasst werden, ohne dass diesen Begriffen * Ich danke dem Kunsthistorischen Institut in Florenz – Max-Planck-Institut für die Unterstützung meiner Doktorarbeit, im Rahmen derer dieser Text entstand sowie Frank Fehrenbach, Robert Felfe und Maria Teresa Costa, die hilfreiche Hinweise zum ursprünglichen Vortragsmanuskript boten. 1 Wolfang Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (Berlin: Akademie-Verlag, 1989), Bd. 3, 1567. Dieser Konnex wird auch in anderen Lexika genannt, beispielsweise im Grimm’schen Wörterbuch, das zudem noch das französische Äquivalent, hachure, nennt, und zumindest ein wesentliches rezeptionsästhetisches Charakteristikum der Schraffur benennt: ihre Laufweite, hier mit besonderem Schwerpunkt auf der Dichte: „Schraffieren, verb. dichte reihen paralleler oder auch gekreuzter linien ziehen, um die schatten auszudrücken, bei zeichnern und kupferstechern […].“ Weiter unter ‚Schraffierung‘: „[…] bei zeichnern und kupferstechern die gleichlaufenden oder gekreuzten schattenstriche, hachure, als einfache und gegen- oder kreuzschraffierung unterschieden […].“ Jakob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch ([Nachdruck der Erstausgabe Leipzig: Hirzel 1899] München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1984), Bd. 15, 1618. Hervorhebungen übernommen.

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feste Semantiken eingeschrieben wären. Ihre Assoziation mit und eindeutige Interpretation als Schraffur ergibt sich aus dem jeweiligen Kontext der Schriften. Es verwundert daher nicht, dass sich ‚feste Repertoires‘ unterschiedlicher Schraffurmodi, denen eindeutige Bedeutungen zukommen, erst auf dem Gebiet der Heraldik (Farbtöne) und Kartographie (abfallendes Gelände, Gewässer etc.) verzeichnen lassen. In visueller Hinsicht liegt der Schraffur einerseits ein transitives Moment inne. Sie kann mimetisch-faktische und/oder rein optisch-indikative und damit rezeptionsästhetische Qualitäten besitzen. Andererseits wird unter kunsttheoretischen Kategorien verhandelt, wovon chiaroscuro neben Äquivalenten und Derivaten von morbidezza die wohl bedeutendste ist. Diese Vielzahl an divergierenden Termini bzw. ästhetischen Leitbegriffen, in deren lexikalischen Feld Schraffur vorkommt, scheint einer theoretischen Auseinandersetzung mit Schraffur im Wege zu stehen und ihre Bedeutung in der Kunsttheorie des 16. Jahrhunderts radikal in Frage zu stellen. Im Weiteren sollen zugespitzt und thesenhaft drei Subkategorien aufgezeigt werden, die je unterschiedliche Facetten des Janusgesichts „Schraffur/chiaroscuro“ profilieren: Das sind die explikatorischen Versuche einer terminologischen Fassung, die Nobilitierung der Schraffurtechniken berühmter Künstler sowie der metaphernhafte Gebrauch. Die Ambiguität frühneuzeitlicher Reflexion von Schraffur liegt in diesem Moment des Oszillierens zwischen Subsumierung und expliziter Nobilitierung spezifischer Schraffurtechniken: Die Bedeutung der Schraffur innerhalb des frühneuzeitlichen Kunstdiskurses droht stets unter besagten Termini und ästhetischen Prinzipien zu verschwinden, ist jedoch gleichsam – paradoxerweise gerade aufgrund dieser semantischen Vielfalt – omnipräsent.

I. Eine an Semantik orientierte Lesart offenbart den terminologischen Stellenwert der Schraffur innerhalb des Diskurses zum chiaroscuro. In nuce: Die sanften und sfumato-artigen Übergänge zwischen diesen due estremi, Licht und Schatten, sind es, weswegen die Schraffur im Verlauf des 16. Jahrhunderts weitgehend unter chiaroscuro verhandelt wird. Die Rolle der Schraffuren ist auf die im graphischen Medium vermittelnde Instanz zugespitzt: Pfeifers „feine[n] Striche[n]“ kam innerhalb theoretischer Diskurse – sicher nicht zuletzt durch Leon Battista Albertis Reanimation des antiken Topos von Apelles’ linea summae tenuitatis – primär die Aufgabe zu, einen fließenden und für das Auge sanften Übergang von lichten zu verschatteten Partien zu generieren: den durch ‚Zwischenstriche‘ generierte Mittelton, den Abraham Bosse als entre-deux beschreiben sollte2 – ein Gedanke, der mit Leonardos detaillierten Be-

2 Abraham Bosse, Manière de graver à l’eau forte et au burin (Paris 1645), 2. Teil, 75–77.



Tratti, che servono per l’ombre

schreibungen des Halbschattens („ombre mezzane“) antizipiert wurde,3 vorerst jedoch ohne wie bei Bosse die graphische Gestaltung selbst zu implizieren. Dass die schraffierte Federzeichnung, die im Wesen dem Kupferstich am ähnlichsten sei, als der schwierigste Zeichenmodus apostrophiert wird, hängt unmittelbar damit zusammen. Während ein gelungener sfumato-Effekt mit farbigen Kreiden durch Verwischung kanonisch als einfachster Modus beschrieben wird,4 sei selbiger mit der Schraffur der Feder weitaus schwieriger zu erreichen. Mit dieser Hierarchisierung geht eine implizite Bewertung der Schraffur einher, denn nur die wenigsten, schreibt Benvenuto Cellini im Jahr 1568, seien meisterhaft im Umgang mit der schraffierenden Feder: „Colla penna si disegna intersegando una linea sopra l’altra, e dove si vuol fare piu ombre, si sopprapone piu linee, e dove manco, vi si fanno manco linee, fintanto che si viene a lasciare la carta bianca per i lumi. Questo modo di disegnare si è difficilissiomo, e sono pocchissimi quei che ànno disegnato ben di penna […].“5

Damit setzt Cellini den Kanon seiner Zeit fest, denn ähnliche Gedanken lassen sich wenig später auch bei Raffaello Borghini6 und Giovanni Battista Armenini finden, im Verlauf des 17. Jahrhunderts gar noch in Giulio Mancinis Considerazioni sulla pittura.7 Zwischen der schraffierten Federzeichnung und der verwischten Kreidezeichnung angesiedelt, läge indes der Modus der lavierten Zeichnung, die zudem wahlweise gehöht oder auf farbigem Papier ausgeführt sein kann, um einen höheren Helldunkel-­ 3 Leonardo da Vinci: Ash. I, fol. 7a, zitiert nach Jean Paul Richter, The literary works of Leonardo da Vinci (London: Oxford University Press, 1939), Bd. 1, § 555, 333. 4 Joachim von Sandrart sollte die Kreidezeichnung hingegen als die schwerste Übung beschreiben: „Es ist zwar schwer/aber die gewöhnliche meisterhafte Manier/daß man auf graulicht Papier mit schwarz schattiret/und mit weiß erhöhet: deren sich die meisten gebrauchen.“ Joachim von Sandrart, Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste (Nürnberg 1675), I, Buch 3, 62. 5 Benvenuto Cellini, Due trattati, uno dell’ oreficeria, l’altro della scultura (Florenz [1568] 1731), Kap. VI, 134. 6 „Si può disegnare con la penna sola, lasciando i lumi della carta, il qual modo è molto difficile, ma molta a maestra mano conveniente.“ Raffaello Borghini, Il Riposo (Florenz 1584), Bd. 2, 140. 7 „Onde nella prima specie [del disegno] sarà con inchiostro e penna, et appresso il taglio con lasciare o col porre. Qual specie è differenze da quella di carbone e di lapis, perchè queste possono augomentare e scemare la loro ombra con unir li lor tratti per via di panno o di mano et così far maggior or minor oscurità e chiarezza, che nella penna/non avien così perchè, se subito fatto il tratto volessiomo unore, si guastarebbe e si scarabocciarebbe, onde bisogna in quel cambio multiplicar et ingrossar il tratto, che nel carbone o lapis si può multiplicare et appresso unire secondo la profondità et oscurità che si ricerca. […] E questa è la seconda specie del disegno al quale si riduce il chiaro oscuro, ma però a quel modo dell’acquarella, differente solo da esso poichè, questo si fa con colori o distemperati con l’aqua […]. Fra tutte queste specie non è dubio che quella fatta con penna e con tratti sia la prima […].“ Giulio Mancini, Considerazioni sulla pittura, zitiert nach Adrian Marucchi, Bd. 1, 15–16.

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Kontrast zu erzeugen. Nicht ohne rhetorische wie inhaltliche Reminiszenzen an Cellini schreibt Armenini: „Il primo adunque dicemo esser quello che si fa con penna solamente, tratteggiando dove si vede che vanno l’ombre, e si fa su la carta bianca, et è simile a quei dissegni, che son fatti su le stampe di rame. Il secondo è con l’acquarello invece dell’ombre, su le medesime carte, così il terzo ha quell’istesso ordine, ma è su le carte tinte di qualche colore, per farvi apparire i lumi nelle sommità, i quali vi sono di piú che a gli altri, e l’ultimo vien fatto col lapis rosso o nero.“8

Kreidezeichnungen, die keine Effekte der Verwischung oder Verwischung und Schraffur aufweisen, werden hingegen in den Traktaten marginalisiert. Eine der wenigen Referenzen findet sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts bei Karel van Mander: „Doeselen/dats crijt met boom-wol verdryven Meuchdy/of rueselich soetkens verwercken Sonder artseren/of met yet te wrijven: Wilt ghy in artseren constich beclyven/Van dunne tot grof u slaghen wilt stercken/Dats van boven afhalen/met opmercken Musculen/oft anders wel uyt te beelden/Als of al de Gratien daer in speelden.“9

Van Manders Anweisung zur Zeichnung ist inhaltlich dicht und berührt viele der bereits genannten Aspekte: Feinheit der verwischten Kreiden einerseits, aber auch eine Dichte, die die Schraffur selbst im Prozess des Überlagerns generieren kann, andererseits. Wenngleich stets im Dienst des chiaroscuro, ist damit gleichsam ein zentrales Charakteristikum der Schraffur benannt: ihre Fähigkeit zur Verdichtung und Entzerrung. Armeninis Formulierung, dass die Schraffur als Vehikel für Schatten dient („tratti, che servono per l’ombre“), ist vor diesem Hintergrund wortwörtlich zu nehmen.10 Diese Subsumierung der Schraffur unter ästhetische Kategorien wird zudem durch den metaphysisch aufgeladenen disegno-Begriff katalysiert, der seinerseits wiederum nicht nur die lineare Ausführung, sondern auch das chiaroscuro implizieren kann. Diese semantischen Zuspitzungen seien hier mit lediglich je einem Beispiel illustriert: „Ritrai prima disegni di bono maestro fatto su l’arte naturale e non di pratica; poi di rilevo, in compagnia del disegno [tratto] da esso rilevo; poi di bono naturale, il quale devi metter in uso.“11

  8 Giovanni Battista Armenini, De’ veri precetti della pittura (Ravenna 1587), Bd. 1, 68.   9 Karel van Mander, Die Grundlage der edlen und freien Malerkunst, worin ihre Gestalt, Ihre Art und ihr Wesen der lernbegierigen Jugend in verschiedenen Teilen in Form eines Gedichtes vorgetragen wird, nied./dts. Ausg., übers. und hg. von Rudolf Hoecker ([Haarlem 1604] Den Haag: Martinus Nijhoff, 1916), § 20, 62. 10 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 1, 69. 11 Trattato della pittura, zitiert nach Heinrich Ludwig, Lionardo da Vinci: Das Buch von der Malerei nach dem Codex Vaticanus (Urbinas) (Wien 1882), Bd. 1, § 82, 140.

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Sowie ferner: „Il vero disegno non è altra cosa che l’ombra del rilievo, di modo che il rilievo viene a essere il padre di tutti e disegni […].“12

In diesem Diskurs sind lediglich Konturlinien – von Alessandro Allori als semplice linee,13 von Federico Zuccari als semplice lineamento bezeichnet14 – sowohl von Schatten als auch von Licht gänzlich frei. Sie bilden auf diese Weise gleichermaßen den Komplementärbegriff zur Schraffur wie zum chiaroscuro: „Li termini delle corpi sono minore discorso et ingegno che le ombre e lumi, per cause chelli lineamenti de membri, che non sono piegabili, sono inmutabili e sempre son que’ medesimi, ma li siti e quantità delle ombre sono infiniti.“15

Diese Dichotomie bildet einen jähen Gegenpol zur sich gleichzeitig vollziehenden künstlerischen Praxis; einmal mehr vermag der schriftliche Diskurs zur Schraffur kaum die künstlerische Diversität einzufangen. Eindrücklich demonstrieren Zeichnungen jener Zeit, dass starke Konturen in der Wahrnehmung des Betrachters durchaus verschattete Qualitäten auszubilden vermögen (Abb. 1).16 Die Engführung der Termini ‚Schraffur‘/‚Lineament‘ wird dagegen vor allem in Musterbüchern, die um 1600 zunehmend an Popularität gewannen, anschaulich. Ohne beigefügten Text entwickelt beispielsweise Luca Ciamberlanos Scuola perfetta ein für diese Gattung typisches zweikolonniges System (Abb. 2), das den Betrachter sukzessive von der reinen Linienkonstruktion – dem disegno-Begriff am nächsten stehend17 – zur ausschraffier12 Cellini, Due trattati, Kap. VI, 135. 13 Alessandro Allori, Ragionamenti delle regole del disegno (Florenz 1560), zitiert nach: Paola Barocchi, Scritti d’arte del Cinquecento (Mailand/Neapel, 1973), Bd. 2, 1944. 14 Federico Zuccari, Idea de’ pittori, scultori et architetti ([Turin 1607] Rom 1768), Bd. 2, 69. 15 Trattato della pittura, zitiert nach Ludwig, Lionardo da Vinci, Bd. 1, § 121, 170. Vgl. hierzu Silvia Bordini, Trattato della pittura. Condotto sul Codice Vaticano Urbinate 1270, § 118, 56, wo statt minore maggiore ediert wurde. Zur Dichotomie von Kontur und chiaroscuro: weiteres dazu in David Rosand, „Um 1500“, in Öffnungen. Zur Theorie und Geschichte der Zeichnung, hg. von Wolfram Pichler und Friedrich Teja Bach (München: Fink, 2009), 95. Ebenso: Alexander Nagel, „Leonardo and sfumato“, Anthropology and Aesthetics 24 (1993): 11 und 17. 16 Vgl. hierzu: David Rosand, The Meaning of the Mark: Leonardo and Titian (Kansas City: Spencer Museum of Art, 1988), 38 f. 17 Der Konnex von disegno und lineamento findet sich bereits bei Leonardo: „Due sono le parti principali, nelle quali si divide la pittura, cioè lineamenti, che circondono le figure de corpi finiti, li quali lineamenti si diamanda disegno; la seconda è detta ombra.“ Zitiert nach Ludwig, Lionardo da Vinci, Bd. 1, § 133, 178. Freilich wechselt auch hier die Terminologie. Neben lineamento finden sich noch semantische Nuancierungen wie Profilierungen („profilato“) oder auch ‚Ränder‘ der Objekte („termini“). Janis Bell übersetzt beispielsweise Leonardos Begriff der figura mit „Umriss“. Janis C. Bell, „Sfumato, Linien und Natur“, in Leonardo da Vinci: Natur im Übergang, hg. von Frank Fehrenbach

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Abb. 1  Leonardo da Vinci, Kopf des Hl. Bartholomäus (Letztes Abendmahl), ca. 1495, rote Kreide auf rötlichem Papier, 19,3 × 14,8 cm, Windsor Castle, RL 12548r.

ten und schattierten Figur anleitet, wobei jene Blätter, auf denen dem Kontur am wenigsten Bedeutung zukommt, die größte Relief- und chiaroscuro-Wirkung entfalten. Hier kehrt sich ein Primat um: Der Kontur, dem im Allgemeinen in den Kunsttraktaten jener Zeit die weitaus prominentere Rolle zugesprochen wird, wird von der visuell überragenden Qualität der Schraffur auf Ciamberlanos Tafeln in den Hintergrund gedrängt. Neben diesen zweikolonnigen Bildtafeln finden sich auch welche, auf denen unterschiedliche Schraffurtechniken andersartige Wirkungsweisen evozieren.18 Eindrucksvoll demonstrieren das zwei Tafeln (Abb. 3 und 4), die sich wie These und Antithese zueinander verhalten: Beide zeigen einen jungen Mann, dessen Gesicht durch einen Schrei oder durch Schmerz verzerrt und mit Tränen überströmt ist. Die Schraffur beider Tafeln könnte unterschiedlicher kaum sein. Während sie auf Abb. 3 in einer feinen, aber weitgehend geraden Parallelschraffur gestaltet ist, entwickelt die (München: Fink, 2002), 232. Für den Diskurs von disegno/linea/lineamento lassen sich weitere Quellen anführen, so schreibt beispielsweise Francesco Bocchi: „Il disegno adunque dichiamo esser quelle linee, le quali corcondano e racchiuggono quale corpo et qualche forma, che, o dipinta, o rilievo, ci rappresenta per il mezzo dette linee la bontà sua et la sua perfettione.“ Bocchi 1567, zitiert nach Robert Williams, „A Treatise by Francesco Bocchi in Praise of Andrea del Sarto“, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 52 (1989): 122–23. 18 Treffend beschreibt Lukehart Ciamberlano System als „[…] an overview of progressive practical training; a hierachy of the senses from sight to taste (top to bottom); and a division between amateur and professional practices (left to right).“ Peter Lukehart, „The practice and pedagogy of drawing in the Accademia di S. Luca“, in Lernt Zeichnen! Techniken zwischen Kunst und Wissenschaft, 1525–1925, hg. von Maria Heilmann et al. (Passau: Klinger, 2015), 53.



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Abb. 2  Luca Ciamberlano, Scuola perfetta per imparare a disegnare tutto il corpo humano […], Rom 1626, Detail der Tafel 1, Kupferstich.

subtil kurvierte und flexible Parallelschraffur der darauffolgenden Abbildung eine für den Betrachter sich markant abzeichnende Muskulatur, die die Anspannung der Figur um ein vielfaches deutlicher transportiert. Profilierungen der Muskulatur wie chiaroscuro ergeben sich erst aus der gelungenen Gewichtung von Schraffur und ihr fast im rechten Winkel gegenüberstehenden Kreuzschraffur. Am deutlichsten ist das in der Wangenpartie des Mannes auf Abb. 4 zu sehen. Das ebenfalls feiner gestaltete chiaroscuro der letztgenannten Tafel erscheint dabei jedoch nahezu beiläufig. Die beiden Tafeln lassen einen Schluss zu, der vorschnell gefasst wäre: Es gibt kein Moment, in dem sich, vergleichendem Sehen zum Trotz, die Scuola perfetta wie ein ‚Lexikon‘ unterschiedlicher Verwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten von Schraffur im Sinne der Semiotik präsentiert.19 Auch hier ist der Schraffur – abermals und auf andere Weise – keine feste Semantik eingeschrieben. Analog zu den besprochenen Schriften, in denen sich Stellenwert und spezifische Reflexion erst aus der detaillierten Synopse eines close readings ergeben, demonstrieren die Tafeln erst in der Zusammenschau, dass beispielsweise eine im Bildhintergrund diagonal verwendete Parallelschraffur in dem einen Bildmotiv einfallendes Licht ‚bezeichnet‘, auf einer anderen Tafel hingegen als dunkler Fond zu interpretieren ist. Simultan, aber weitgehend unabhängig vom Versuch, das sprachlich schwer Fassbare der Schraffur zu semantisieren, entsteht eine 19 Zum Konnex von vergleichendem Sehen und Semiotik: Johannes Grave, „Vergleichen als Praxis.Vorüberlegungen zu einer praxistheoretisch orientierten Untersuchung von Vergleichen“, in Die Welt beobachten. Praktiken des Vergleichens, hg. von Angelika Epple und Walter Erhart (Frankfurt am Main: Campus, 2015), insb. 152–54.

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Abb. 3  Luca Ciamberlano, Detail der Tafel 14, Kupferstich.

Reflexion über die chiaroscuro erzeugende Qualität der Schraffur sowie ihre unterschiedlichen Modi, die gänzlich ohne Begriffe fungiert. In diesem Sinne scheint Ciamberlanos Werk Raffaello Borghinis Feststellung geradezu zu visualisieren: „Da principo bisogna ritrar cose […] à poco à poco à far bene i dintorini, i lineamenti, e l’ombre, le quai cose piu con l’opera che con le parole si possono far conoscere.“20

II. Lediglich peripher und damit außerhalb des hier gezeigten theoretischen Kanons wird die grundlegende Bedeutung der Schraffur als gestalterisches Element graphischer Künste explizit nobilitiert. Während im Verlauf des 16. Jahrhunderts auffällig wenige konkrete Kunstwerke im Zusammenhang mit Schraffurtechniken genannt werden, stechen zwei Beschreibungen umso deutlicher ins Auge. In Dürers Todesjahr 1528 führt Erasmus von Rotterdam eine Charakterisierung seines künstlerischen Schaffens ins Feld, die konsequent und unmittelbar an den Gebrauch von Linien geknüpft ist. Hier artikulieren sich klares Verständnis und Bewusstsein dafür, dass Schraffuren weit

20 Borghini, Il Riposo, Bd. 1, 139.



Tratti, che servono per l’ombre

Abb. 4  Luca Ciamberlano, Detail der Tafel 15, Kupferstich.

mehr erzeugen können als Schatten und Licht („umbras, lumen“). Er schreibt Dürers Linienverbänden Qualitäten zu, die als graphische Voraussetzung (quasi‑)immaterieller, gar akustischer Naturerscheinungen wie „Nebel, Donnerschläge, Wetterleuchten“, verborgener Mechanismen wie die „menschlichen Affekte“ fungieren und „selbst die Stimme“ der Menschen zu transportieren vermögen.21 Für Giovanni Battista Armenini nimmt Dürers Schraffur in seinem De’ veri precetti della pittura aus dem Jahr 1587 eine nicht minder zentrale Rolle ein. In der standardisierten Zeichenpraxis des Kopierens der Techniken berühmter Künstler solle jeder einzelne Schraffurstrich dabei auf exakt die gleiche Weise, wie er sich im Original präsentiert, übernommen werden. Ausnahmen gibt es wahrlich: Im Fall von Dürers Stichen solle und könne dies – bezeichnenderweise – jedoch nur grob erfolgen, denn der Schüler liefe Gefahr, sich in Dürers minuziösen „trattolini troppo minuti“ zu ver-

21 „At Apelles coloribus, licet paucioribus manusque ambitiosis, tamen coloribus adiuvabatur. Durerus quanquam et alias admirandus, in monochromatis, hoc est nigris lineis, quidquid non exprimit? umbras, lumen, splendorem, eminentias, depressiones […] Observat exacte symmetrias et harmonias. Quin ille pingit, et quae pingi non possunt, ignem, radios, tonitrua, fulgetra, fulgura, vel nebulas, ut aiunt, on patriete, sensus, affectus omnes, denique totum hominis animum in habitu corporis relucentem; ac pene vocem ipsam.“ Erasmus Desiderius: De recta Latini Graecique sermonis pronuntiatione Des. Erasmi Roterodami dialogus, in hac nouissima ditione locupletatus (Basel [1528] 1547), 45.

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lieren. Unmöglich sei es daher auch für den erfahrenen Künstler, Dürers Schraffensystem en détail zu kopieren: „Ma dipoi, perché molti in ciò si perdono troppo, io non intendo né manco consiglio niuno che si voglia invaghire su quei trattolini troppo minuti, i quali sono in alcune carte in stampa, sí come sono quelle d’Alberto Durero, di maniera che da essi si consuma il tempo per non saperli levare da quello loro minutezze […].“22

Ein prominentes Beispiel, dessen Erwähnung an dieser Stelle nahe gelegen hätte, wird nicht zur Sprache gebracht: Marcantonio Raimondis Kopien nach Dürer. Übertroffen wird Dürers Schraffur in ihrer Zartheit, so Karel van Mander sicher nicht ohne natio­ nalen Stolz und in Anlehnung an Giorgio Vasari, lediglich von Lucas van Leyden: „[…] en is oock de waerheyt, dat hy soo wel ordineerde, en datmen in zijn dinghen siet die natuerljcke waerneminge van t’ verschieten en t’ verflouwen der achter-uytern, welcke soo in de beste dinghen van Durer in de Landtschappen niet te sein zijn […].“23

Mehr noch als Dürer verstand sich vor diesem Horizont Lucas van Leyden darauf, Lichter und Schatten mittels „feiner Striche“ an die Gesetzmäßigkeiten der Optik zu binden („zijn so hart niet aengheroert“).24 Einmal mehr stehen fließende Übergänge von hell zu dunkel, Vorder- und Hintergrund im Zentrum der Diskussion, wie sie auch in Joachim von Sandrarts Teutsche Akademie in zahlreichen Viten insbesondere von Kupferstechern topisch werden.25 Ebenso wie Dürers Stiche erreichen jene Lucas van Leydens durch kontrastierendes Schwarz und Weiß der Schraffur, das „so fein verwischt“ („soo soet ghedommelt“) erscheint, chromatische Farbwerte, „dass man es mit […] Farbe nicht anders machen könnte“.26 Zu einem ähnlich lobenden Urteil wie bei Dürer kommt Armenini auch in Bezug auf die Zeichnungen Leonardos, von denen er einige selbst gesehen haben will, be-

22 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 1, 70. 23 Karel van Mander, Das Leben der niederländischen und deutschen Maler des Carel van Mander, dts./nied. Ausg., übers. von Hanns Floerke ([Amsterdam 1617] München/Leipzig: Georg Müller, 1906), Bd. 1, 110. Auch zuvor wurde bereits van Leydens Fähigkeit, so fein wie nur möglich in Kupfer zu stechen, betont „[…] soo heel suyver alst mogelijck is te snijden“, van Mander, Niederländische und deutsche Maler, Bd. 1, 108. 24 Van Mander, Niederländische und deutsche Maler, Bd. 1, 110. Übersetzung nach ebd., 111. 25 Markant ist beispielsweise Sandrarts Gegenüberstellung von Jacques Callot, dessen schraffierte Übergänge „[…] ingemein allezeit gegen dem Liecht sich zärtlich […]“ verlieren und Matthäus Merian, dessen harte Schraffur er bemängelt („[…] und wann nur die Endstriche auf dem Liecht nicht also stumpf und hart abgeschnitten/sondern nach Erforderung der Sachen selbst lind hin verloffen und zart aus gegangen wären/würde er damit alles verbessert haben.“). Sandrart, Teutsche Academie, I, Buch 2, 50.  26 Van Mander, Niederländische und deutsche Maler, Bd. 1, 110. Übersetzung nach ebd., 111.



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gründet dies jedoch explizit mit der außergewöhnlichen Verteilung des Helldunkels mittels Schraffur bei besagten Blättern. Je länger er sie betrachtete, desto unwahrscheinlicher schien es ihm, dass sie von der Hand eines anderen Künstlers sein könnten – und das zu einer Zeit, in der vermehrt Kopien seiner Zeichnungen im Umlauf waren: „[…] per i lumi, & l’ombra ta[n]to straordinarij, che quanto più io vi consideraua, tanto piu mi pareua impossibile ad imitarli, non che à farli per le mani d’altrui.“27

Fraglich bleibt dabei in der Tat, um welche Zeichnungen es sich handelt, da keine Beschreibungen folgen.28 Man kann daher nur mutmaßen, ob er bei dem Blatt, auf das er immer wieder zu sprechen kommt, die hinsichtlich des chiaroscuro wohl komplexeste Studie zum Letzten Abendmahl (Taf. XV) im Sinn hatte oder ob er sich – wie bereits in zahlreichen anderen Passagen seines Traktats  – auch hier widerspricht. Denn obwohl eigentlich vom Gegenteil überzeugt, machte er bei Leonardo womöglich eine Ausnahme und sprach denen in seiner eigenen Hierarchie am niedrigsten angesiedelten, weil am einfachsten herzustellenden Kreidezeichnungen so hohen Wert zu (Abb. 1), dass sie nicht kopierbar seien. Das mittels Schraffur erzeugte chiaroscuro wird in dem Moment, da es als nicht kopierbar und genuin einer spezifischen Künstlerhandschrift zugehörig nobilitiert wird, zu weit mehr als einem ästhetischen Paradigma. Ungleich Leonardo selbst, dessen Niederschriften zu den pastelli zeitlich mit der Entstehung des Letzten Abendmahl korrelieren,29 oder Lomazzo, der in seinem eigenen Trattato della pittura, nur drei Jahre vor Armeninis Traktat entstanden, ebenfalls auf besagte Studien eingeht, spielt für Armenini die Farbe der Kreiden keinerlei Rolle.30 Lediglich Lomazzos Malereitraktat geht darauf ein, dass selbst dem Helldunkel bestimmte Farben zugrundeliegen. Das Verb colorire, das im Zentrum der Aussage steht, bleibt jedoch ambivalent, bezeichnet es doch gleichermaßen das farbliche Ausgestalten wie das Malen im Allgemeinen:31

27 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 2, 132. 28 Lediglich der Kopf des Judas wird genannt: Armenini, De’ veri precetti, Bd. 2, 143. 29 Carmen Bambach, „Leonardo’s notes on pastel drawing“, Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 52 H. 2/3 (2008): 177. 30 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 2, 133. 31 Bambach, „Leonardo’s notes“, 181–82, mit Verweis auf Filippo Baldinuccis Definiton der pastelli: „Pastelli m. Diuersi colori di terre e altro, macinati e mescolati insieme, e con gomma e zucchero candito condensati e assodati in forma di tenere pietruzze appuntate; de’ quali servonosi i Pittori a disegnare e colorire figure sopra carta, senza adoprar materia liquida; lauoro che molto s’assomiglia al colorito a tempera e a fresca.“ Filippo Baldinucci, Vocabolario toscano dell’arte del disegno (Florenz, 1681), 119.

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„Il che si fa in carta, e molto fu usato da Leonardo Vinci, il quale fece le teste di Christo e de l’apostolo a questo modo, eccellenti e miracolose, in carta. Ma quanto è difficile il colorire in questo nuovo modo, tanto è egli facile a guastarsi.“32

Obwohl die These aufgestellt wurde, Armenini kannte womöglich diverse theoretische Schriften von der Hand Leonardos,33 bietet sein Traktat keinerlei Anhaltspunkt zur Annahme, dass darunter auch dessen Überlegungen fielen, Schraffur und ihre schattenerzeugende Funktion an Gesetzmäßigkeiten der Optik zu binden. Erstmals in der Geschichte ihrer Reflexion rückt Leonardo zu Beginn des 16. Jahrhunderts harte und scharf profilierte sowie weiche und feinteilige Schraffur in einen optisch-regelhaften Zusammenhang. Erstere würden sich für nahsichtige, letztere für fernsichtige Objekte eignen: Leonardos elaborierte Beschreibung des Übergangs von lichten zu verschatteten Partien des Bildes, als seien diese scheinbar ohne Schraffuren entstanden, ist damit paradigmatisch für den engen Konnex von Schraffur und sfumato: „E per questo tu, pittore, che sotto il nome di praticho fingi la ueduta di una testa ueduta da uicina distanza con pennellate terminate, e tratteggiamenti aspri e crudi, sappi che tu te inganni. perche in qualunque distanza tu ti finga la tua figura, essa è sempre finita in quel grado, chella si troua, ancora che in lunga distanza si perda la notiztia delli suoi termini, e non mancha per questo, che non si ueda un finito fumoso e non termini e profilamenti spediti e crudi.“34

Tratteggiamenti aspiri e crudi, harte und grobe Schraffuren – aber auch Konturen –,35 dort einzusetzen, wo sie den Regeln der Perspektive und Optik zuwiderlaufen, zöge unweigerlich einen ästhetischen Mangel des Kunstwerks nach sich. Von der direkten Beobachtung natürlicher Lichtverhältnisse geschult, würden Schraffur und Übergänge von Licht zu Schatten idealerweise vielmehr so erscheinen, als seien sie ohne Schraffen gezeichnet. Subtil, fein und von einer rauchigen Qualität habe man insbesondere die Übergänge von Licht und Schatten zu gestalten („ombre e lumi sien’uniti

32 Giovanni Paolo Lomazzo, Trattato dell’arte della pittvra, scoltvra, et architettvra (Mailand 1584), Bd. 3, 193. 33 Allgemeiner Verweis: Edward J. Olszewski, „On the true precepts of the art of painting. Giovanni Battista Armenini“ (PhD diss., University of Minnesota, 1974), 12. Mit spezifischer Angabe auf die von Armenini paraphrasierte Kritik Leonardos an Michelangelo (MS E und Libro A): Carlo Pedretti, On painting – A lost book (Libro A); with a chronology of Leonardo’s „Treatise on painting“ (London: Owen, 1965), 137. 34 Zitiert nach: Ludwig, Lionardo da Vinci, Bd. 1, § 128, 176. Zum richtigen Verhältnis von Hell und Dunkel („[…] il mezzano è bono“) sowie deren Missverhältnis, das analog als crudo beschrieben wird: Leonardo da Vinci, B. N. 2038, fol. 33b, zitiert nach Richter, Literary works, Bd. 1, § 516, 315. 35 Cf. Nagel, „Sfumato“, 9.

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sanza tratti o’segni, à uso di fumo“)36 – als seien sie vielmehr veli sopra veli, wie es Giovan Paolo Lomazzo wohl am eloquentesten in Worte fasste.37 Damit ist gleichsam eine ästhetische Maxime markiert, die bis weit ins das 19. Jahrhundert nicht aufgegeben werden wird.38

III. Gleich der chiaroscuro-Zeichnung, bei der die Schraffur in ihrer extremsten Ausprägung so undurchdringbare Linienverbände darstellt, dass die Konturen und Binnenzeichnungen bis zur Unkenntlichkeit verunklart werden, kann für Armenini der menschliche Geist selbst verschattet sein und vermag in diesem Zustand den Kontur der Objekte nicht zu erkennen. Dieser Zustand stellt sich vor allem dann ein, schreibt er im 8. Kapitel des ersten Bandes seines Malereitraktates,39 wenn der Schüler selbstverliebt seine Werke betrachtet, keine Urteilskraft, giuditio,40 hat, der ihn erleuchte und die Mängel des eigenen Stils erkennen lässt: „[…] perciò che ci è a tutti chiaro che non si vien mai ne’ primi principii bene a conoscere il vero lume, mai si adombra e si figura solamente la virtù dell’ingegno, sí come l’ombra il corpo, onde apena si comprende la spoglia, credendone vedere assai.“41 36 „Quando tu, dissegnatore, uorai fare bono et utile studio, usa nel tuo discegnare di far àdaggio, e giudicare infra i lumi quali et quanti tenghino il primo grado di chiarezza, e similmente infra l’ombre quali sieno quelle, che sono piu scure che l’altre, et in che modo si mischiano insieme, e le quantità, e paragonare l’una con l’altra; et i lineamenti à che parte si direzzono, e nelle linee quanta parte d’essa torce per l’uno o’ l’altro uerso, e duo’è piu o’men’euidente, e cosi larga o’sottile; et in ultimo chelle tue ombre e lumi sien’uniti sanza tratti o’segni, à uso di fumo.“ Leonardo da Vinci: B. N. 2038, fol. 27b, zitiert nach Richter, Literary works, Bd. 1, § 492, 306. 37 „[…] con una nobil furia di colorito esprimendo in loro diligentamente e gli adamenti suoi, dandogli le ombre, & i lumi variaramente, con veli sopra veli.“ Giovanni Paolo Lomazzo, Idea del tempio della pittura (Mailand 1590), 50. 38 Exemplarisch sei hier nur auf Charles Blanc verwiesen: „Mais pour que l’amincissement des hachures soint bien gradué, pour que l’éxecution soit partout brilliante et unie, l’artiste a besoin de repasser plusieurs fois dans le premiers sillons de burin.“ Charles Blanc, Grammaire des arts du dessin, architecture, sculpture, peinture (Paris 1880), 622. Zur „Zartheit der Schraffur“ exemplarisch: Bartsch, Kupferstichkunde, Bd. 1, 84. Vgl. beispielsweise zu Dürers Schraffur, die seine Kupferstiche wie mit „Seidenpapier“ überzogen aussehen ließe: Georg Johann Sulzer, Allgemeine Theorie der schönen Künste in einzeln: nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf Einander folgenden Artikeln abgehandelt (Leipzig: Weismann, [1771] 1792), Bd. 4, 328. 39 Armenini, De’ veri precetti, 59–69. 40 Zum Vergleich: giudizio bei Leonardo und Lomazzo: David Summers, The judgment of sense. Renaissance naturalism and the rise of aesthetics (Cambridge: Cambridge University Press, 1987), 170–77. 41 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 1, 60. Es lassen sich weitere Passagen ausmachen, in denen Armenini ähnliche Gedanken äußert: „[…] poiché non deve seguirsi il giudicio solamente dell’occhio esteriore,

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Abb. 5  Leonardo da Vinci, Studie zur Anna Selbdritt, ca. 1508, Feder und Tinte über schwarzer Kreide, graue Lavierung, weiß gehöht, 26,5 × 19,9 cm, London, British Museum, Inv. 1875-06-12-17r.

Chiaroscuro erfährt an dieser Stelle eine doppelte Bedeutung: Wie einleitend die Schraffur, so kann der chiaroscuro in seiner frühen Verwendungsform als polysemantisch beschrieben werden. Chiaroscuro ist hier nicht nur ein zeichnerisch-ästhetisches, sondern vielmehr auch rhetorisches Vehikel einer mentalen Konstitution. Die richtige Setzung der Schatten – und damit implizit der zeichnerischen Schraffur – gelingt nur dem hellen giuditio, der die dingliche Welt zu erfassen vermag. Einzig der durch kontinuierliche Übung hell erleuchtete Geist vermag es, Welt zu erfassen, Konturen klar zu erkennen und das naturgegebene Wesen eines im Dunklen liegenden giuditio in sein Gegenteil zu verkehren. An dieser Stelle kehrt sich ein weiteres Primat um, nämlich jenes, das chiaroscuro-Zeichnung ausmacht: Die schattenlosen, klaren Konturen sind im übertragenen Sinn für die menschliche Erkenntniskraft die erstrebenswerteren; sie sind diejenigen, die die Welt im wahrsten Sinne des Wortes profilieren („profilar quello sottilissamente fino à che vede hauer finito tutti i contorni“).42 Die dunklen Partien hingegen, gleich einem blinden Fleck, verunklaren Gegenstände, entrücken sie dem kognitiven Erfassen und halten sie in einer Schwebe. Ihr Pendant findet diese il quale può facilmente essere abbigliato dalla vaghezza di quelle varie tinte; e nel troppo facil sarebbe, se così fosse, il giudicar l’opere di questa arte, ma ricorrer bisogna all’occhio dell’intelletto, il quale, illuminato dalle debite regole, conosce il vero in tutte le cose.“ Ebd., Bd. 1, 23–24. Ferner ist die Rede von den „giudicio de’ più chiari intelletti de’ tempi nostri.“ Ebd., Bd. 1, 25. 42 Armenini, De’ veri precetti, Bd. 1, 53.



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Metapher in der zeichnerischen macchia (Abb. 5), die wohl die extremsten Formen von Schraffur und vor allem chiaroscuro annehmen kann und die zuerst aufgetragene Schraffur in Armeninis Verständnis beispielsweise bei der Verwischung farbiger Kreiden wieder tilgt und damit negiert. Die Elogen an Dürers und Leonardos Schraffur gewinnen eine weitere Verständnisebene: In beiden Fällen ist sie derart fein, dass sie fast nicht mehr wahrnehmbar ist. Dass die schraffierte und nicht gewischte Kreidezeichnung im Rahmen des hier aufgezeigten Diskurses vernachlässigt wurde, verwundert umso mehr, da der poröse Charakter des Materials insbesondere für visuelle Eindrücke geeignet ist, die durchaus gesucht wurden, nämlich ein quasi-malerischer Effekt der Zeichnung, der auf die Linearität der Schraffur verzichtet.43 Während die Schraffur auf dem Recto kaum mehr als solche erkennbar ist, zieht Leonardo auf dem Verso der Zeichnung die Konturen der Figurenkomposition fein säuberlich nach und lässt eine Dualität entstehen wie sie parallel in Schriften des selbigen Jahrhunderts Einzug findet. Die Evaluation beider könnte in Theorie und Praxis der Kunst jedoch kaum unterschiedlicher ausfallen: Nicht den klaren – im Sinne Armeninis Metapher hell erleuchteten – Konturen liegt hier die größte Kraft inne, sondern der dunklen, verunklarenden macchia, die die Konturen der Figurengruppe ebenso wie ihre Ausschraffierung in tiefe Schatten taucht und zu einer „[reinen] Konzentration graphischer Energien“ werden lässt.44 Gerade durch die Umrandung der Figurengruppe durch reine Lineamentzeichnungen, die vorläufigen Stadien der Studie zugehörig sind, tritt dieser Effekt umso deutlicher zu Tage. Die Schraffur und Lavierung selbst sind es, die die Komposition in immer mehr veli sopra veli hüllt – und sie fast verschwinden lassen. Gleichzeitig wird die implizierte Transparenz der veli in eine Opazität verkehrt. Sie ist weniger ein uniti sanza tratti als Folge einer Überlagerung, sukzessive Verdichtung und wortwörtliche Überzeichung, deren ästhetische Wirkkraft gerade in der Verunklärung und epistemologischen Schwebe dargestellter Objekte besteht. Die einleitend aufgeworfene These, Schraffur bewege sich in ihrer theoretischen Reflexion zwischen Subsumierung und Sublimierung, sei selbst am Rande des Verschwindens und doch allseits präsent, kommt in Leonardos Studie eines Eichenblattes (Taf. XVI) in praktischer Hinsicht zum Tragen: Sie selbst tritt in der Verdichtung eng geführter Parallelschraffuren für das Auge zurück und lässt stattdessen ein ausgewogenes Helldunkel,

43 Ferrante Imperato erwähnt in seinem Werk Dell’Historia Naturale beispielsweise zwar die Eigenschaft der Kreide („grafio rosso“) durchaus akkurate Lineamente erzeugen zu können („giustezza de lineamenti“), betont aber vor allem die Möglichkeit, mit ihnen ein einheitliches chiaroscuro zu erzeugen („gratia  & vnion di adombratura“). Ferrante Imperato, Dell’historia natvrale di Ferrante Imperato napoletano libri XXVIII: nella qvale ordinatamente si tratta della diuersa condition di miniere e pietre: con alcune historie di piante & animali, sin’hora non date in luce (Neapel 1599), 122. 44 Rosand, „Um 1500“, 101.

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dessen Träger sie ist, hervortreten; visuell resoniert sie zwischen mimetisch-faktischer und rein optisch-indikativer Funktion. Einmal im Zusammenhang mit Schraffur gelesen, manifestiert sich in Leonardos Diktum uniti sanza tratti eine Aporie, die nicht aufgelöst werden kann. Die Schraffur ist per definitionem Zeichen und Spur, sfumato hingegen künstlerische Technik, die ebendiese Zeichen und Spuren zu negieren sucht. Diese Eigenschaft der Schraffur, in der graphischen Verdichtung für das Auge nahezu unsichtbar zu werden, birgt weitreichende Implikationen, die sich vornehmlich erst im Wahrnehmungsraum des Betrachters entfalten. In dieser Feststellung liegt die Erklärung für die breite, teils ambivalente Terminologie, die das lexikalische Feld der Schraffur über weite Strecken der Frühen Neuzeit prägt: Laufweiten und Führungen der Schraffur, die unterschiedliche Grade und Intensitäten der Verdichtung und Entzerrung produzieren, für das Auge hart oder weich wirkende Linienführungen, tonale Abstufungen und damit einhergehendes rilievo und chiaroscuro sind nur wenige Aspekte einer dezidiert rezeptionsästhetisch orientierten Betrachtung der Schraffur  – avant la lettre.

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Am Übergang zum Sichtbaren Graphische Techniken und das Helldunkel*



Fortan bestehen zwischen den Dingen und mir verborgene Kräfte, eine ganze Vegetation möglicher Phantasien, die der Leib nur durch den fragilen Akt des Blicks in Schach hält.



Maurice Merleau-Ponty 1

Verschiedene Vorstellungen zum chiaroscuro, clair-obscur und Helldunkel stoßen in der Forschungsgeschichte aufeinander. Der moderne Kunstbetrachter verknüpft diese Kategorie unmittelbar mit dem das Sehen ermöglichenden Element: dem Licht, das – wenn es sich tageszeitenabhängig oder situativ mäßigt auch die Sichtbarkeit der uns umgebenden Dinge verringert und dem Schatten sein Wirkungsspiel überlässt. Ähnlich – um einen großen Spannungsbogen zu eröffnen – wurden auch von vorchrist­ lichen Denkern Dunkelheit und Licht mit Schwarz und Weiß in Beziehung gesetzt.2 Zieht man entscheidende Positionen der Koloritgeschichte zu Rate, ist mit dem ab * Hiermit liegt ein auf das Thema des Tagungsbandes fokussierendes Exzerpt meiner 2016 erschienenen Dissertation Zwischen Licht und Schatten. Zur Tradition der Farbgrundzeichnung bis Albrecht Dürer (Paderborn: Fink, 2016) vor. In Teilen geht die Argumentation darüber hinaus. 1 Maurice Merleau-Ponty, Das Sichtbare und das Unsichtbare, hg. von Claude Lefort, übers. von Regula Giuliani und Bernhard Waldenfels (München: Fink, 1986), 24. Siehe weiterführend: Kunst. Bild, Wahrnehmung. Blick. Merleau-Ponty zum Hundertsten, hg. von Antje Kapust und Bernhard Waldenfels (München: Fink, 2010). 2 David. C. Lindberg, Auge und Licht im Mittelalter. Die Entwicklung der Optik von Alkindi bis Kepler (Frankfurt am Main: Suhrkamp 1987), 18–24; Aristoteles, Über die Farben. Erläutert durch eine Übersicht der Farbenlehre der Alten von Karl Prantl (Aalen: Scientia, 1978), 38–58; Thomas Lersch, Art. „Farbenlehre“, in Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte (RDK), hg. von Otto Schmitt, Bd. 7 (München: Beck, 1981), Sp. 158–159.

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dem 18. Jahrhundert auf Kunst angewendeten deutschen Begriff „Helldunkel“ weit mehr als eine bloße Licht-Schatten-Modellierung gemeint. Christian Ludwig von ­Hagedorn schreibt in seinen Betrachtungen über die Mahlerey von 1762: „So haben viele gelehrte Männer Clair-obscur durch Licht und Schatten übersetzt. Gleichwohl hat das Helle und Dunkele ausgebreitetere Grenzen.“3

In Anlehnung an Plinius hebt Hagedorn auf tonos (Spannung) und splendor (Glanz) als Komponenten eines gelungenen Helldunkels ab. Ohne an dieser Stelle die Komplexität der Hagedorn’schen Ausführungen zum Helldunkel auch nur skizzieren zu können, geht daraus hervor, dass mit abgemischten Farbwerten bei gemäßigter Beleuchtung weniger eine Klarheit der Formen als ein ineinander verschränktes Gefüge von Halbschatten erreicht werden sollte. Die Darlegungen zielen auf eine durchgängige Abtönung, aus der sich die Formen herauslösen, ohne eine prägnante Plastizität im Sinne einer Formklarheit und ‑eingrenzung einzugehen. Und so scheint auch in der sowohl im Italienischen wie im Französischen erst ab dem 17. Jahrhundert gebräuchlichen Zusammenfügung von chiaroscuro oder clair-obscur über eine zuvor unübliche Verwendung solcher Komposita hinaus eine weitere Gewichtung zu liegen. Zweifelsohne ist bereits vor dieser ersten Definition zum „Helldunkel“ vieles dahingehend in der Kunst facettenreich angelegt, wenn nicht gar durchgestaltet, und spiegelt sich in Maler-Handbüchern und Traktaten zur Kunst. Nach einem Versuch zur Historisierung des Helldunkels als ästhetische Kategorie vor 1500 schließen sich in meinem Beitrag kurze Abschnitte zu graphischen Techniken als Voraussetzung des Helldunkels, zur Verselbständigung des Helldunkels in abgeschlossenen Kompositionen sowie zur Integration von Farbe in einem toposhaft unfarbigen Medium an. Abschließend – und das scheint ein zunächst prekäres Resümee zu sein – stelle ich dem geläufigen Begriff „Helldunkelzeichnung“ den Terminus „Farbgrundzeichnung“ entgegen.

Zur Historisierung einer ästhetischen Kategorie Der Tagungsbandtitel „Chiaroscuro als ästhetisches Prinzip“ intendiert, nicht nur das Beleuchtungsphänomen als erkenntnisreiches Mittel naturgetreuer Wiedergabe zu

3 Christian Ludwig von Hagedorn, Betrachtungen über die Mahlerey, 2 Bde. (Leipzig: Wendler, 1762), Bd. 2, 182. Ich danke Johannes Rößler für eine erhellende Diskussion. – Als Marta Cencillo Ramírez in ihrer Arbeit Das Helldunkel in der italienischen Kunsttheorie des 15. und 16. Jahrhunderts und seine Darstellungsmöglichkeiten im Notturno (Münster et al.: Lit.-Verlag, 2000), 6, 67, 232, den Paradigmenwechsel der Wahrnehmung vom „Ding an sich“ zum „Ding als Phänomen“ grundlegend untersuchte, verwendete sie in den deutschen Übersetzungen der Quellentexte konsequent den Begriff „Helldunkel“ und unterstellte dem Terminus somit alle im historischen Wandel befundene Komplexität.



Am Übergang zum Sichtbaren

positionieren, sondern vielmehr dem Chiaroscuro als mitunter fokussierende und verstärkt analytische Darstellungskomponente eine eigenständige Ästhetik zuzusprechen, die sich fundamental in unchromatischen Darstellungsverfahren manifestiert. Ob und wie sehr es sich von der Hagedorn’schen Weiterführung prinzipiell unterscheidet, wird hier anhand von graphischen Techniken verfolgt. Es wird dabei versucht, die Werke in ihrer eigenen Historizität zu verankern, gleichwohl sich der gegenwärtige Zeithorizont in die Betrachtung unumgänglich einschreibt. Dazu ein knapper Auszug aus Maurice Merleau-Pontys Darlegungen zur menschlichen Wahrnehmung, deren Bedingtheiten, Einschränkungen und Beförderung: „Doch ist uns die Wahrnehmungssynthese eine zeitliche Synthesis, Subjektivität auf der Wahrnehmungsebene nichts anderes als Zeitlichkeit, und eben dies ermöglicht es uns, dem Wahrnehmungssubjekt seine Undurchsichtigkeit und Geschichtlichkeit zu belassen.“4

Zu bedenken ist freilich auch, dass der Aufruf des Themas Chiaroscuro mit seiner ästhetischen Bestimmung vom jeweiligen Zeitgeschmack geprägt ist. Mit Peter Bürger etwa gilt es daher, die nunmehr aus verschiedenen Beobachtungen und Quellen zusammenzusetzende, wenn nicht gar zu entwickelnde „ästhetische Theorie [an sich] zu historisieren“5 und sich die aktuellen Entstehungskontexte einer solchen Betrachtung bewusst zu machen: „Dass ästhetische Theorien, mögen sie noch so sehr auf übergeschichtlich gültige Erkenntnis ihres Gegenstandes ausgehen, doch selbst deutlich durch die Epoche geprägt sind, der sie sich verdanken, ist eine Einsicht, die sich post festum meist relativ leicht gewinnen lässt. Wenn ästhetische Theorien geschichtlich sind, dann muss eine kritische Theorie des Gegenstandsbereichs Kunst, die sich um Aufhellung ihres eigenen Tuns bemüht, ihre eigene Geschichtlichkeit durchschauen. Anders ausgedrückt: Es gilt, die ästhetische Theorie zu historisieren.“6

Weitgehend soll daher die postume Sichtweise des 18. Jahrhunderts oder der Gegenwart vermieden und einem breiten Spektrum an unterschiedlichen Erscheinungsformen des Chiaroscuro Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es wird zunächst großzü4 Maurice Merleau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung, übers. von Rudolf Boehm (Berlin: De Gruyter, 1966), 276. 5 Peter Bürger, Theorie der Avantgarde (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1974), 20. Außerdem ders., Aktualität und Geschichtlichkeit (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1977), 126: „Wenn es zutrifft, daß die Geschichte bestimmte Momente an der Literatur verdeckt, andere dagegen überhaupt erst sichtbar macht, dann wird eine ihre eigene Geschichtlichkeit reflektierende Interpretation gegen das von der geschichtlichen Entwicklung Verdeckte historische Kenntnisse setzen, zugleich aber das von heute aus Erkennbare herauszuarbeiten suchen.“ 6 Bürger, Theorie der Avantgarde, 20.

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giger mit dem Phänomen umgegangen und insbesondere dem Medium der Zeichnung eine Pionierleistung zuerkannt, wie sie in der Konsequenz möglicherweise weder in der Malerei – sei es Buch-, Tafel- oder Freskomalerei – noch in Schriften zur Kunst manifest wird. Denn aus den Bedingtheiten des zeichnerischen Instrumentariums entstehen in der Tat Vorformen des Helldunkels – so wie es von Hagedorn und Koloritforschern des 20. und 21. Jahrhunderts verstanden wird. Jene allerdings legen großen Wert darauf, dass das Helldunkel nach ihrem Verständnis kein unfarbiges Prinzip sei, weshalb Ernst Strauss die Grisaille davon absetzte und vor allem resümierte, dass sie – also die Grisaille – „in dem Maße zurückzutreten beginnt wie das Helldunkel an Bedeutung gewinnt“.7 An dieser chiasmatischen Wendung zeigt sich tatsächlich eine abweichende Perspektive auf die Dinge. Gleichwohl das Helldunkel im späteren Verständnis vor allem mit der Buntfarbe assoziiert wird, scheinen die unchromatischen Medien durch ihre besondere Fokussierung auf Lichtwerte einen erheblichen Beitrag zu praktischen wie theoretischen Erkenntnissen in dieser Richtung zu leisten. Wenn sich Strauss entsprechend seiner Definition folgerichtig von der Herleitung des Helldunkels aus farblosen Herstellungsverfahren distanziert, wie sie bei Plinius angelegt ist, so scheint dieser kategoriale Ausschluss zu scharf. Bekanntlich wird in der Naturalis historia anhand hellenistischer Artefakte die monochrome Darstellungsweise zum ersten Mal schriftlich genannt und als Vorstufe8 zur hoch gerühmten vierfarbigen Malerei gewertet, die aus Weiß, Gelb, Rot und Schwarz bestand, wie sie Apelles verwendete.9 Obgleich der Eintonmalerei, wo Schatten mit Linien nachgezogen worden seien,10 zunächst eine Vorstufe zur komplexeren Malerei in Buntfarben zukommt, wird eine derartige Hierarchisierung dadurch relativiert, dass später – aber schon zu Zeiten der vierfarbigen Malerei – kein Geringerer als Zeuxis11 ebenso einfarbig in   7 Ernst Strauss: Koloritgeschichtliche Untersuchungen zur Malerei seit Giotto und andere Studien (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1983), 49.   8 Gaius Plinius Secundus, Naturalis Historiae. Farben, Malerei, Plastik. Lateinisch/Deutsch, hg. von Roderich König (München: Artemis & Winkler, 1978), Bd. 35, 20–23, § 15–16.   9 Außerdem stellt Plinius die Vierfarben-Malerei über eine vielfarbige, die mit einer breit gefächerten Palette von Pigmenten angefertigt wurde und daher das Material fokussiere, während die Anerkennung des Geistes dabei ins Hintertreffen geriete (Plinius, Naturalis Historiae, 35, 44–47, § 50). 10 Plinius, Naturalis Historiae, 35, 44–47, § 15. – Siehe auch Marcus Fabius Quintilianus, Institutionis Oratoriae. Ausbildung des Redners, hg. von Helmut Rahn, 2 Bde. (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975), 754–57, 10,3–5; vgl. Leon Battista Alberti, Das Standbild. Die Malkunst. Grundlagen der Malerei, hg. von Oskar Bätschmann, Christoph Schäublin und Kristine Patz (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000), 281, 46: Aglaophin sei mit einer ‚einfachen‘ Farbe zufrieden gewesen. 11 Nach berühmter Legende täuschte er Vögel mit gemalten Trauben und wurde nur von Parrhasios mit einem illusionistisch ins Höchste perfektionierten Vorhang übertroffen. Plinius, Naturalis Historiae, 54–55, § 65; Ernst H. Gombrich, Meditationen über ein Steckenpferd. Von den Wurzeln und Grenzen der Kunst (Wien: Europaverlag, 1973), 23.



Am Übergang zum Sichtbaren

Weiß malte: „pinxit et monochromata ex albo“.12 Unchromatische Malerei war demnach ein eigenständiges Ausdrucksverfahren, das parallel zur buntfarbigen Darstellung angewendet werden konnte.

Technische Aspekte als Voraussetzung und Gelegenheit Es bedürfe der Fantasie, so Cennino Cennini, mittels künstlerischer Fertigkeit nie gesehene Dinge aus dem alles umgebenden Schatten der Natur herauszuheben und zur Darstellung zu bringen.13 Cennini schlüsselt die Komponenten des zeichnerischen und bildkünstlerischen Verfahrens auf und benennt als Voraussetzung der Wahrnehmung und Ausführung sowohl den äußeren Umstand des Sonnenlichtes als auch die körperlichen Gegebenheiten des Augenlichtes und der Hand. Vor dem ersten Strich sollen die Ausmaße und Raumverhältnisse der ausgewählten Szene oder Figur wahrgenommen werden.14 Aus der genauen Beobachtung der Dinge in den gegebenen Lichtverhältnissen erwächst der Anspruch einer angemessenen Wiedergabe von Dunkelheiten und Helligkeiten. Der daraus hervorgehende rilievo – wie Cennini Plastizität und Tiefenwirkung bezeichnet – werde am besten bei gemäßigtem Lichteinfall, luce temperata, erreicht (§ 8).15 Wohl ist dabei vordergründiges Ziel eine plastisch überzeugende Darstellung,16 doch birgt das kalkulierte Helldunkel zumindest innerhalb der Konturen auch die Besonderheit eines homogenen Licht-Schatten-Gefüges, welches sich mit Anbruch des 16. Jahrhunderts auf die gesamte Raumdarstellung aus-

12 Plinius, Naturalis Historiae, 54–55, § 64. Zu darüber hinausgehenden Überlegungen aufgrund einer kritischen Übersetzung siehe den Beitrag von Albert Boesten-Stengel in diesem Band. 13 „[E] quest’è un arte che si chiama dipingere, che conviene avere fantasia e hoperazione di mano, di trovare cose non vedute, chacciandosi sotto ombra di naturali, e fermarle con la mano, dando a dimostrare quello che nonne sia.“ Cennino Cennini, Il libro dell’arte, hg. von Fabio Frezzato (Vicenza: Pozza, 2003), 62, § 1. Vgl. Wolf-Dietrich Löhr, „Dantes Täfelchen, Cenninis Zeichenkiste. Ritratto, disegno und fantasia als Instrumente der Bilderzeugung im Trecento“, Das Mittelalter 13 (2008): 152– 83, 169. 14 Cennino Cennini, Das Buch von der Kunst oder Tractat der Malerei, übers. von Albert Ilg (Wien: Wilhelm Braumüller, 1871), 19, § 29: „Bist du in den Kirchen oder Capellen und fängst zu zeichnen an, so betrachte zuerst die Raumverhältnisse der Darstellung oder Figur, welche du nachzeichnen willst.“ Cennini, Il libro dell’arte, 82: „Quando se’ per le chiese o per chapelle e inchominci a disegniare, raghuarda prima di che spazio ti pare o storia o figuhra che vuogli ritrarre.“ 15 Cennini, Il libro dell’arte, 67, § 8. 16 Cennini überschreibt § 9 mit: „Wie du nach der Beschaffenheit des Lichtes deinen Figuren das Helldunkel geben sollst und solcherweise ihr Relief verleihst.“ Cennini, Das Buch von der Kunst, 8, § 9; Cennini, Il libro dell’arte, 67: „Come tu de’ dare, [secondo] la ragion della lucie, chiaro e schuro alle tue fighure, dotandole di ragione di rilievo.“

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Abb. 1  Werkstatt oder Umkreis des TucherMeisters, Apokalyptischer Christus, Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv. B 29.

wirken sollte.17 Nicht nur Cennini, sondern auch nach Sicht heutiger Forschung wird in der spezifischen Zeichentechnik kolorierter Papiere einerseits ganz pragmatisch die Verwendung zwischen den Extremen Dunkel und Weiß gespannter Zeichenmittel begünstigt, andererseits aber auch über die Einbindung der zugrundeliegenden Farbigkeit eine ganzheitliche, mithin atmosphärische Raumerfassung suggeriert. Bekanntlich sind solche Blätter seit dem frühen 14. Jahrhundert erhalten, von denen hier eine Bandbreite verschiedener Techniken und möglicher Erscheinungsbilder angeführt seien. Mit Pisanello wird die leichte rötliche Tönung von Papieren gebräuchlich, die möglicherweise zunächst den Zweck hatte, Papier von minderer Qualität zu veredeln. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts wird das Verfahren in Süddeutschland speziell mit dem Meister des Tucher-Altares und darauf mit Michael Wolgemut in Nürnberg gängig, wobei die Zutat der Weißhöhung als gemeinhin letzter und abschließender Arbeitsschritt optional war. An der Zeichnung des Apokalyptischen Christus aus der Werkstatt oder dem Umkreis des Tucher-Meisters (Abb. 1)18 wird zweierlei deutlich: 17 Siehe weitere Literatur dazu Cennini, Il libro dell’arte, 67–8, Anm. c. 18 Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv. B 29; Stephanie Buck und Guido Messling, Zeichnen vor Dürer. Die Zeichnungen des 14. und 15. Jahrhundert in der Universitätsbibliothek Erlangen, mit Beiträgen von Iris Brahms, hg. von Hans Dickel (Petersberg: Imhof, 2009), 84–86, Nr. 31 (Stephanie Buck).



Am Übergang zum Sichtbaren

Obgleich das Weiß in seinem zumeist opaken Auftrag über die mit dunklen Zeicheninstrumenten ausgeführte Darstellung gelegt wird und in zarten Schraffuren bis hin zu brillierenden Glanzlichtern erscheint, ist dieser letzte Zeichenschritt nicht zwingend an eine nahezu geschlossene Modellierung der ersteren Zeichenvorgänge gebunden. Vielmehr konnte mit Weiß bereits gehöht werden, auch wenn Partien einer kompositorisch angelegten Darstellung konturlinienbetont und skizzenhaft verblieben, wie es bei den am unteren Bildrand sitzenden Heiligen der Fall ist. Dies kann viele Gründe haben, wurde die Höhung bei diesen Figuren ausschließlich für die Draperie verwendet und dort besondere Beachtung einer gelungenen Licht-Schatten-Modellierung geschenkt, während von einer genaueren Gestaltung der Gesichter und Hände zunächst abgesehen wurde. Besonderen Beitrag für eine plastische Erscheinung leistet indes der getönte Fond, hält er die kontrastierende Modellierung wortwörtlich im Grunde zusammen und lässt den Eindruck eines körperlichen Gefüges entstehen, in das letztlich Gesicht und Hände eingebunden sind. Was in der Binnenmodellierung verfestigend wirkt, erscheint um die Figuren herum ohne weitere figurative Angaben als lufthaltiger Raum, der in seiner unendlichen Dimension doch nicht nur leer, sondern ob der Kolorierung eigens charakterisiert ist, ohne tatsächlich konkret fassbar zu werden. Aus dem sparsamen Zeichenvortrag entsteht eine Undifferenziertheit, die vom heutigen Betrachter gern aufgenommen und assoziativ fortgeschrieben wird. Es bedarf kaum einer detailreichen Klärung, auf welcher Wolkenformation der segnende Gottessohn thront, um ihm jene hier evozierte Schwerelosigkeit zuzutrauen. Dass es sich hier jedoch um eine vorläufige Konstellation handelt, verrät das Blatt an verschiedenen Stellen, dürfte es gar auf eine Malerei zurückgehen, auf deren partiell überschneidende Rahmung die zumindest an den Seiten erhaltene Einfassungslinie rekurriert. Während dort der Hintergrund mit Details weitergestaltet gewesen sein dürfte, war das für den Zeichner sekundär, denn er ersetzte diese Gestaltung arbeitsökonomisch durch den so modern wirkenden Fond. Gleichwohl dies pragmatisch motiviert gewesen sein dürfte, wird die dem Goldgrund eines Gemäldes äquivalente Wirkkraft auch dem damaligen Betrachter nicht entgangen sein. Um ein solches Schweben indes zu beheben, bedient sich Andrea Mantegna programmatisch in der Druckgraphik wie Zeichnung eines den Figuren umliegenden Schraffurensaumes (Abb. 2). Auf den bräunlichen Papieren seiner lavierten Federzeichnungen, denen mitunter aufwendige farbige Modellierungen hinzugefügt wurden,19 erfährt diese Anschauung eine komplexe Durchgestaltung, heben sich die Figuren somit vom Fond ab und werden zugleich eingebunden. Daher ist nachvollziehbar, wenn Werner Busch diesen Gestaltungs-

19 Mars, Diana und Iris (?), London, British Museum, Inv. 1861-8-10-2, 364 × 317 mm. Andrea Mantegna, hg. von Jane Martineau (New York, London: Abrams, 1992), 449–50, Nr. 146 (David Ekserdjian).

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Abb. 2  Andrea Mantegna, Sitzende Madonna, London, British Museum, Inv. 1845,0825.603.

schritt als wichtiges Element auf dem Weg zu einem vereinheitlichenden Helldunkel wertete.20 Wie sehr die einheitliche, nicht zwingend kolorierte Grundlage graphischer Arbeiten gute Voraussetzung für dezidierte Erkenntnisse in dieser Richtung bietet, sei an einer Reihe von Erlanger Blättern mit stehenden Madonnen (Abb. 3–5)21 verdeutlicht, die darüber hinaus die Bedeutung des Lichtstudiums auch in didaktischer Hinsicht veranschaulicht. Die Herausforderungen einer homogenisierten, auf eine Beleuchtungsquelle ausgerichteten Binnenmodellierung stehen hier in eklatant unterschied­lichen Techniken zum Vergleich, um sowohl deren Anwendung als auch die ästhetischen Prämissen der Lichtgestaltung hervorzuheben. Stellt sich das stark in Mitleidenschaft gezogene Farbgrundblatt (Abb. 3) als Arbeit um 1490 heraus, dürften die über einige Zwischenstufen hinweg letztlich auf dieses Werk zurückgehenden Zeichnungen (Abb. 4–5) um die Jahrhundertwende angefertigt worden sein. Während ersteres mit feinteiligen Schraffuren, präzisen Linien und subtiler Kolorierung allzu aufwendig für die nachfolgenden Variationen ausgeführt war, griffen die Nachahmer in großzügigem Duktus 20 Werner Busch, Das unklassische Bild. Von Tizian bis Constable und Turner (München: Beck, 2009), 19–20. 21 Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv. B 89, B 92, B 93; Buck und Messling, Zeichnen vor Dürer, 334–39, Nr. 120–22 (Iris Brahms).



Abb. 3  Schwaben, Stehende Madonna, Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv. B 89.

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Abb. 4  Schwaben, Stehende Madonna, Erlangen, Graphische Sammlung der Universitäts­ bibliothek, Inv. B 92.

Abb. 5  Schwaben, Stehende Madonna, Erlangen, Graphische Sammlung der Universitäts­ bibliothek, Inv. B 93.

zu einer summarischen Schattenmodellierung auf unbehandeltem Papier. Die anspruchsvolle Aufgabe bestand aber nicht allein in der Variation der Techniken, sondern beinhaltete zugleich, die Modellierung entsprechend eines veränderten Lichteinfalls von links bzw. von rechts aus einstudierter Erfahrung umzusetzen. Dabei wird dem blanken Papier wohl nicht nur aus arbeitsökonomischen Gründen die Wirksamkeit einer lichten Raumhaltigkeit überantwortet. Es gehört vielmehr zu den wesentlichen Aushandlungsprozessen des Zeichnens, die materielle Grundlage als Ausgangspunkt für die Evokationskraft der Darstellung und damit für die über den Zeichenvorgang zu differenzierende Wirkungsdimension von Nähe und Ferne in Anspruch zu nehmen.22 Was auf dem Farbgrundblatt entsprechend der feinen und vor allem austarierten Kontrastierung als gemäßigte Lichtsituation wahrnehmbar wird, zeigt sich auf den späteren Blättern letztlich auch in der Binnenstruktur als überhelle Beleuchtungsregie, was 22 Diesem Phänomen durch sämtliche Medien wie Epochen hinweg ist ein von Gottfried Boehm und Matteo Burioni herausgegebener Band gewidmet: Der Grund. Das Feld des Sichtbaren (München: Fink, 2012).

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den fokussierenden Studiencharakter der Blätter um ein Weiteres hervorhebt. Sind hier die Pinsellavierungen einer erleichternden Handhabe geschuldet, um mit zarten Schattierungen nicht voreilige Dunkelheiten zu riskieren, wurden weiche Übergänge einer Schattenmodellierung schon weit früher zur Prämisse. So beschreiben sie etwa bereits beim Meister der Worcester Kreuztragung die unterschiedlichen Stofflichkeiten.23 Anders als die Pinsellavierung scheint sich eine geordnete Schraffurentechnik mit einzeln sichtbaren, parallelen Strichen und teilweise überlagerten Kreuzschraffuren erst im Zuge der zunehmend florierenden Druckgraphik herauszubilden.24 Doch auch hiermit, und anders als auf dem Erlanger Madonnenblatt (Abb. 3), das auf eine feste Körperlichkeit abzielt, konnte eine lichte Schattenmodellierung ebenso hervorgerufen werden. Auf dem Dresdener Rundblatt einer Verkündigung (Taf. XVII)25 entsteht eine Auflösung linearer Konturen durch eine unterbrochene, gestrichelte Formbeschreibung, die unmerklich in die Schraffuren der verschatteten Zonen übergeht. Die Figuren wirken demzufolge bei gemäßigter Beleuchtung vollends in das Raumgefüge aufgenommen, da die Zeichenmanier in verschatteten Partien nicht ganz klare Übergänge der einzelnen Details erwirkt, wenn beispielsweise in den Zwischenräumen von Draperien zum Lesepult die Formgrenzen von der Verschattung überspielt werden. Einerseits mag dies auf einen stark auf malerische Effekte gerichteten Stil zurückzuführen sein, der nach Schwaben lokalisiert werden kann,26 andererseits könnte dies schon allein wegen des Formats auf eine Äquivalenz mit Grisaillescheiben hinführen, für die 23 Siehe etwa die beiden für sein Oeuvre in der Forschung anerkannten Zeichnungen: London, British Museum, Verspottung Christi, Inv. 1895-9-15-962; John Rowlands und Giulia Bartrum, Drawings by German artists and artists from German-speaking regions in Europe in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. The fifteenth century, and the sixteenth century by artists born before 1530 (London: British Museum Press, 1993), 8, Nr. 10; Grünewald und seine Zeit, hg. von Dietmar Lüdke, Jessica Mack-Andrick und Astrid Reuter (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2007), 264–65, Nr. 78 (Jessica Mack-Andrick). Frankfurt a. M., Städel, Trauernde und Soldaten unter dem Kreuz, Inv. 6976; Stephanie Buck, Wendepunkte deutscher Zeichenkunst. Spätgotik und Renaissance im Städel (Frankfurt am Main: Städel, 2003), 36–37, Nr. 2. 24 Vgl. folgende Beiträge zur linienbetonten Federzeichnung in der süddeutschen Tradition des 15. Jahrhunderts (Buck), die sich mitunter direkt aus der Schulung an Druckgraphik ergab (Roth): Stephanie Buck, „Tradition als Herausforderung. Dürers früheste Figurenstudien“, in Der frühe Dürer, hg. von Daniel Hess und Thomas Eser (Nürnberg: Verlag des Germanischen Nationalmuseums, 2012), 90– 100; Michael Roth, „Überlegungen zur zeichnerischen Aneignung druckgraphischer Arbeiten des 15. Jahrhunderts“, in Original – Kopie – Zitat, hg. von Wolfgang Augustyn und Ulrich Söding (Passau: Klinger, 2010), 353–71; Michael Roth, „The Young Dürer and Drawing for a Purpose“, in The Young Dürer. Drawing the Figure, hg. von Stephanie Buck und Stephanie Porras (London: The Courtauld Gallery, 2013), 72–87. 25 Dresden, Kupferstich-Kabinett, Inv. C 2094; Brahms, Zwischen Licht und Schatten, 171–73, Taf. III.53. 26 Fritz Koreny, „Aspekte deutscher Zeichenkunst der Spätgotik. Materialien zur Deutung regionaler Stilmerkmale“, in Aspekte deutscher Zeichenkunst, hg. von Iris Lauterbach und Margaret Stuffmann (München: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, 2006), 11–27, 22–23.



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Abb. 6   Niederlande, Gefangennahme Christi, London, British Museum, Inv. 1883-7-14-77.

solche Zeichnungen – zumindest in der niederländischen Tradition belegt27 – als Visierung dem Auftraggeber vorgelegt wurden. Im vorliegenden Zusammenhang jedoch lässt sich ein Bestreben nach einer zwischen Figur und Raum verstärkt vermittelnden Helldunkelwirkung festhalten, die das Lineare in Schwingungen versetzt und eine atmosphärische Gesamterscheinung hervorruft. Hingegen ermöglichen schon die technischen Bedingtheiten von Silber- und Metallstiften durch zarte Kontraste ein ausgeglichenes, in sich stimmiges Gefüge von Helldunkelwerten, zumal sie sich auf farbigen Grundierungen geradezu matt-schimmernd, aber kaum prägnant abheben (Abb. 6).28 Denn die häufig harten Legierungen der Minen erlauben einen nur leichten Abrieb auf der grundierten Fläche, so dass eng aneinandergelegte Striche zu tonalen Effekten führen, die mancher als malerisch bezeichnen würde. Fast störend, wären sie wie auf dem Londoner Blatt einer Gefangennahme Christi infolge der Erhaltung nicht eklatant abgerieben, erscheinen daher die Weißhöhungen in ihrem vormals sättigenden, opaken Auftrag, weshalb in der Frühzeit solcher Zeichnungen doch häufiger auf Glanzlichter verzichtet wurde.29

27 Timothy B. Husband, Ilja M. Veldman, Ellen Konowitz und Zsuzsanna van Ruyven-Zeman, The Luminous Image. Painted Glass Roundels in the Lowlands, 1480–1560 (New York: The Metropolitan Museum of Art, 1995), 57–9, Nr. 8, 70–2, Nr. 16, 73–4, Nr. 19. 28 Niederlande, Gefangennahme Christi, London, British Museum, Inv. 1883-7-14-77; Altniederländische Zeichnungen von Jan van Eyck bis Hieronymus Bosch, hg. von Fritz Koreny, Erwin Pokorny und Georg Zeman (Antwerpen: Rubenshuis, 2002), 26–28, Nr. 1 (Georg Zeman). 29 Brahms, Zwischen Licht und Schatten, 96–97.

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Abb. 7  Mair von Landshut, Thronender Heiland, Wien, Albertina, Inv. 4847.

Nach dieser letztlich willkürlichen Zusammenstellung von Handzeichnungen, die stellvertretend für äußerste Sensibilität eines reichen Spektrums an Aushandlungsprozessen des Helldunkels vor 1500 stehen soll, sei dieses Phänomen in der äußersten Reduktion der Mittel und Farbigkeit, also mit den Extremkontrasten von Weiß auf Schwarz noch einmal auf den Punkt gebracht: Zu den insgesamt raren, wenngleich über das gesamte 15. Jahrhundert hindurch erhaltenen Erscheinungsbildern von Farbgrundblättern gehören jene, die mit Weiß auf schwarzer Grundierung ausgeführt wurden. Einerseits konnten hiermit Einzelmotive in materialevozierender Modellierung, die in Zusammenhang mit Email stehen mag, in lockerer Anordnung ausgeführt sein.30 Andererseits wurden vollständige Kompositionen in einer Art Umkehrung der üblichen graphischen Verteilung von Schwarz und Weiß um30 Vgl. Oberrhein, um 1430/40, Musterblatt mit Evangelistensymbolen, verschiedenen Tieren und einem Wilden Mann, Frankfurt a. M., Städelsches Kunstinstitut, Inv. 638; Buck, Wendepunkte deutscher Zeichenkunst, 41–42, Nr. 4.



Am Übergang zum Sichtbaren

gesetzt. Mairs von Landshut Thronender Heiland (Abb. 7)31 verlangt als geschlossene Komposition in der Hinsicht vermehrte Aufmerksamkeit, als hierfür im Wortsinn der Begriff „Helldunkelzeichnung“ angewendet werden könnte. Denn über die Reduktion auf die in größtem Kontrast zueinander stehenden Zeichenmittel hinaus fällt die Grundierungsfarbe mit der tiefsten Verschattung zusammen. Gleichsam erscheint die Darstellung von stärkster Dunkelheit durchdrungen, während den Aufhöhungen nun die gesamte Spannbreite der Lichtdarstellung überantwortet ist. Wenn Erwin Panofsky in Anbetracht von blankem, also weißem Papier von einer „Symbolform eines leeren Raumes“ sprach, der mit „jener spezifisch neuzeitlichen Unendlichkeitsvorstellung“ verbunden sei,32 so könnte ein solcher Eindruck rein formal gesehen auch hier entstehen. Doch vermittelt die Grundierung zum einen durch die Präsenz von Schwarz und zum anderen durch die konturbetonte, formfixierende Zeichenmanier in Weiß weitaus weniger eine Tiefendimension, als dass die dunkle Fläche immer wieder raumgebunden in den Vordergrund tritt. Dabei unterliegt dem Einsatz von Weiß ein klares Prinzip, treten Glanzlichter und Lichtkanten besonders hervor, während Binnenmodellierungen leichter schraffiert sind und weiche Übergänge schaffen. Derselbe Versuch ist auch im Kreuzgratgewölbe des Hintergrunds unternommen, wenngleich die Prägnanz gegenüber dem Vordergrund kaum relativiert ist. Es liegt demnach nicht allein am mehrdeutigen Einsatz des Zeichenmittels für die Modellierung sowie für die strukturelle Formbeschreibung, wenn eine vereinheitlichte Helldunkelbehandlung durchbrochen scheint; vielmehr trägt zu einem wesentlichen Teil die optische Prägnanz von Dunkelheit bei, die bei Nacht so finster ausfallen kann, dass kaum mehr die eigene Hand vor Augen steht. Um dies für die überzeugende Darstellung von Tiefenraum zu vermeiden, sollten ferne Landschaften nach Alberti und Leonardo hell und diffus wiedergegeben werden. Denn sonst haben allein Glanzlichter ausreichend Kraft, wie Sterne am Nachthimmel in den Vordergrund zu treten.

Helldunkelprinzip in vollständigen Kompositionen Gehört nun die Behandlung des Umfeldes einer Figur zur effektvollen Zutat, diese in einen Bildraum zu integrieren, ist mit einer grundlegenden Einfärbung des Bildfeldes 31 Wien, Albertina, Inv. 4847; Alfred Stix (Hg.), Die Zeichnungen der deutschen Schulen bis zum Beginn des Klassizismus, Beschreibender Katalog der Handzeichnungen in der Graphischen Sammlung Albertina, Bd. IV/V (Wien: Schroll, 1933), 32, Nr. 213 (Tietze/Tietze-Conrat). 32 Erwin Panofsky, „Das erste Blatt aus dem ‚libro‘ Giorgio Vasaris. Eine Studie über die Beurteilung der Gotik in der italienischen Renaissance. Mit einem Exkurs über zwei Fassadenprojekte Domenico Beccafumis“, Städel-Jahrbuch 6 (1930): 25–72, 31.

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eine Zusammenführung und Gesamterscheinung einer Darstellung befördert. An einem sowohl großformatigen als auch aufwändig gefertigten Stück einer abgeschlossenen, ja bildhaften Komposition, die von einer allseitigen Einfassungslinie umgeben ist, seien verschiedene Aspekte herausgestellt, die insbesondere im Kontext einer offiziellen Rezeption außerhalb der Werkstatt die ästhetische Wirkung und deren inhaltliche Komponente zentral werden lassen. An der Baseler Ölbergdarstellung (Taf. XVIII)33 lässt sich festhalten, dass die Verzweiflung des Gottessohnes insofern fulminant wird, als sie in der bewegten Oberflächenstruktur der eng gefältelten Draperien sowie der zerklüfteten, steil aufragenden Felsen widerscheint. Im Gegensatz hierzu vermitteln die sanften Ebenen des Gartens Gethsemane eine friedvolle Stimmung, die sich zwischen den Felsformationen bis in die Tiefe hin zur in wenigen, zarten Strichen angedeuteten Stadt erstreckt. Im Zuge der weichen Modellierung von Licht und Schatten tritt das zugrundeliegende Grün in unterschiedlichen Abtönungen hervor. Ein zur realen, buntfarbigen Welt alternatives Farbkonzept wird entworfen, das in der Verschränkung von evozierter und gebrochener Illusion ein intensiviertes Verständnis des Rezipienten einfordert. Aus der visuellen Aktivierung des Blattes und dem daraus hervorgehenden Erkenntnisgewinn resultiert in inhaltlicher Kongruenz mit dem Sujet der Anschein dämmriger Lichtverhältnisse, welche in ihrer auf ein Minimum reduzierten Farbwirkung und in ihrer kühlen Konnotation als Nacht begreifbar werden. Gleichwohl zielt der Zeichenduktus allenfalls mittelbar auf diese ikonographisch schlüssige Assoziation ab.34 Zwar wird mit Hell und Dunkel in weichen Übergängen weitgehend tonal modelliert, doch entsteht das Phänomen undeutlicher Formen bei Nacht nicht aus unklaren Konturen. Stattdessen sind die Formen deutlich eingefasst, ja, die inhaltlich wie stilistisch bedeutsam bizarren Formen treten durch eine linienbetonte Zeichenweise erst hervor, die mithin den Eindruck schimmernden Mondlichtes hervorruft. Die Linie umgibt und akzentuiert die plastisch erscheinenden Oberflächen, vermittelt eine prägnante Ausdrucksstärke und bleibt dabei Form und Komposition verpflichtet, ohne sich der vereinheitlichenden Wirkkraft des Fonds vollends einzugliedern. So entsteht der Anschein von reduziertem Licht aus der Balance zwischen den kontrastierenden Zeichenmitteln und deren tonaler Modellierung auf der harmonisch eingebundenen Grundierungsfarbe und wird nicht zuletzt aus der Kenntnis um die überlieferten Umstände befördert.

33 Basel, Kunstmuseum, Inv. U.XVI 27, 448 × 311 mm. Christian Müller (Hg.), Von Dürer bis Gober. 101 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel (Basel: Hirmer, 2009), Nr. 9 (Bodo Brinkmann). 34 Zum Gebet bei Nacht Tzotcho Boiadjiev, Die Nacht im Mittelalter (Würzburg: Königshausen & Neumann, 2003), 280–89.



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Helldunkel und Farbe Wird hier eine Auffassung vertreten, das Helldunkel durchaus in unbunten Darstellungsverfahren zu ermitteln, sollte Buntfarbe nicht vollkommen unbedacht bleiben. Häufig nämlich wurden vor allem bildhaft gestaltete Farbgrundzeichnungen mit einem Inkarnat als Mittel zur Verlebendigung versehen. Die unbunten Farben der Grundierung wurden offenbar trotz älterer Vorstellungen von der vitalen Grünkraft viriditas35 und der hervorgehobenen Schönheit dieser Farbe36 etwa als unpassend empfunden; gleichwohl wurde mitunter die zarte Hautfarbe lasierend aufgetragen und die Grundierung keineswegs vollständig überdeckt. Besonders eindrucksvoll geht Hans Baldung in seinem berühmten Selbstbildnis37 mit der Verbindung des zugrundeliegenden Grüntons und der Lichtmodellierung um: Er verwendet für die glatte Haut des Gesichts rosafarbige Schraffuren und ruft somit eine effektvolle Verdichtung von Licht und Farbe hervor.

Und dennoch: Farbgrundzeichnung statt Helldunkelzeichnung Anknüpfend an den eingangs geäußerten Anspruch, jedwede Theorie zu historisieren, wird hier von der Verwendung des Begriffs „Helldunkelzeichnung“ Abstand genommen. Mit der Vermeidung des durch historische Denkmodelle aufgeladenen Terminus soll der Blick auf die Objekte geöffnet werden, um eine neue Perspektivierung zu ermöglichen. Es soll daher dem am rein technischen Bestand orientieren Terminus „Farbgrundzeichnung“ Vorrang gegeben werden, denn im wahrsten Sinne grundlegender Unterschied von anderen Zeichentechniken ist die farbige Grundierung. Diese Bezeichnung trifft auch zwanglos auf jene Blätter zu, deren Modellierung nicht um Weißhöhungen erweitert und deren Grundierung somit nicht zum Mittelton wurde. Was dem farbigen Fond indes durchweg eingeschrieben zu sein scheint, ist die „virulente Tendenz der tonalen Angleichung der gesamten Bildfläche“.38 Frank Fehrenbach zeichnete eine mit Alberti programmatisch und in Traktaten des 16. und 17. Jahrhunderts fundamen35 Siehe Gabriele Lautenschläger, „Viriditas. Ein Begriff und seine Bedeutung“, in Hildegard von Bingen. Prophetin durch die Zeit, zum 900. Geburtstag, hg. von Edeltraud Forster (Freiburg et al.: Herder, 1998), 224–37; Christel Meier, „Die Bedeutung der Farben im Werk Hildegards von Bingen“, Frühmittelalterliche Studien 6 (1972): 245–355, bes. 280–90. 36 Lersch, Art. „Farbenlehre“, Sp. 173. 37 Basel, Kunstmuseum, Inv. U.VI.36; Müller, Von Dürer bis Gober, Nr. 16 (Tilman Falk). 38 Frank Fehrenbach, „Calor nativus – Color vitale. Prolegomena zu einer Ästhetik des ‚Lebendigen Bildes‘ in der Frühen Neuzeit“, in Visuelle Topoi. Erfindung und tradiertes Wissen in den Künsten der italienischen Renaissance, hg. von Ulrich Pfisterer und Max Seidel (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2003), 151–70, 160.

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tal werdende Forderung nach Abstimmen und Vereinigen der Farben nach, die letztlich auf Belebung des Unbelebten abzielt. Es ist daher zu fragen, inwieweit der zugrundeliegenden Farbe insbesondere, da es sich zumeist um gebrochene oder unbunte Farben handelt, von jeher ein Moment der Verlebendigung anhaftet, der lediglich durch die Hinzufügung von Inkarnat eine Steigerung erhält. Letztlich lässt sich auch danach fragen, ob nicht schon dem blanken, unbehandelten Papier allein durch die zugrundeliegende Einheitlichkeit eine solche Wirkung zukommt. Doch führen diese Überlegungen an dieser Stelle zu weit. Eines jedoch widerspricht der Annahme einer generellen Verlebendigung farbiger Fonds, handelt es sich doch um durchgehend einfarbige Flächen, die nicht aus einem harmonisch gestalteten Farbgefüge bestehen und damit eine von Alberti eingeforderte amicitia allein zu den Linien und Lavierungen der Zeicheninstrumente entwickeln können.39 Um eine solche Verbindung jedoch zu stärken, gehört ein weicher Zeichenmodus hinzu, dessen Potential nach 1500 zunehmend ausgelotet wurde. Er kam dort zum Erliegen, wo sich der zeichnerische Vortrag selbst thematisierte, um etwa den Ausdruck von Erfindungskraft in diesem Medium hervorzuheben. Abschließend sei festgehalten, dass die über die Licht-Schatten-Gestaltung hinausgehende Definition des seit dem 18. Jahrhundert im Deutschen für Kunst diskutierten Begriffes „Helldunkel“ nicht ungebrochen auf frühere Zeiten anzuwenden ist. Dass sowohl Werke als auch Schriften zur Lichtgestaltung in Zeichnungen und Malerei eine komplexere Umsetzung des allem Sichtbaren zugrundeliegenden Phänomens andeuten oder anlegen, mithin die Problematik einer solchen Kategorie in der buntfarbigen Darstellung thematisieren, zeigt eine weitgehende Sensibilisierung, die in der Zeichentechnik farbig grundierter Papiere nördlich der Alpen vielleicht fassbarer wird als in der dort ausgeführten Tafelmalerei vor 1500. Denn obgleich es sich um ein farbreduziertes Verfahren handelt, liegt die besondere Auslotung des Helldunkels in der Zusammenschau von Figur und Raum oder besser in der unlöslichen Verschränkung des Figurativen mit der atmosphärisch aufgefassten, lufthaltigen Umgebung, wodurch sich die Darstellung aus dem Grund heraushebt, nicht jedoch abhebt oder herauslöst, sondern in einem ausgewogenen Spannungsverhältnis zur Evokationskraft des Grundes steht, so dass ein in sich verschränktes, zusammenhaltendes Gefüge hervorgeht. Insofern ist das Helldunkel in der monochromen Malerei ebenso wenig zwingend wie in der buntfarbigen Malerei und könnte beispielsweise von einer Prämisse auf Materialillusion und Plastizität abgelöst sein.40 Gleichwohl sind Beleuch39 Leon Battista Alberti, Das Standbild. Die Malkunst. Grundlagen der Malerei, hg. von Oskar Bätschmann und Christoph Schäublin, Mitarbeit Kristine Patz (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000), 288–89, § 48: „Atqui est quidem nonnulla inter colores amicitia ut iuncti alter alteri gratiam et venustatem augeat.“ 40 Siehe hierzu Vasaris Kritik der inkonsequenten Farbbehandlung in Paolo Uccellos monochromem Wandzyklus mit Szenen aus dem Leben der Hl. Väter im Kreuzgang von S. Miniato al Monte in Flo-



Am Übergang zum Sichtbaren

tungsphänomene in reduzierter Farbigkeit zunächst unkomplizierter zu erkunden, von wo derartig gewonnene Erkenntnisse in die Buntfarbigkeit übertragen und dort fortgeschrieben werden können. So dienten Farbgrundzeichnungen prinzipiell einer Vereinheitlichung der Tonwerte, die für die Ausführung von Malerei produktiv gemacht werden konnte. Mitnichten ist hierin eine Gegenüberstellung im Sinne von einfach – schwierig oder primitiv – komplex angestrebt. Teilen der Zeichnung soll vielmehr eine Pionierstellung zugewiesen werden, in welcher der Grund als Mittelwert einen wesentlichen Bestandteil zur raffinierten Differenzierung leistet, was sich historisch mit unione dei colori41 bezeichnen lässt.

renz: Giorgio Vasari, Das Leben des Paolo Uccello, Piero della Francesca, Antonello da Messina und Luca Signorelli, hg. von Hana Gründler und Iris Wenderholm (Berlin: Wagenbach, 2012), 20, 103–4, Anm. 18. Vgl. dazu Thomas Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde. Untersuchungen zum Kolorit des frühen 15. Jahrhunderts in Italien (Hildesheim/Zürich/New York: Olms, 1993), 98–100. 41 Fehrenbach, „Calor nativus,“ 159; Pietro Aretino über Tizian: Pietro Aretino, Lettere sull’arte, hg. von Ettore Camesasca, 5 Bde. (Mailand: Editore del Milione, 1957), Bd. 1, 78 (7.11.1537).

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Farbe, Gold und Teig Druckgraphische Experimente im 15. und 16. Jahrhundert*

Das ästhetische Prinzip des Chiaroscuro wird in der Druckgraphik meist mit einer Gruppe von Farbholzschnitten in Verbindung gebracht, die seit etwa 1510 dies- und jenseits der Alpen entstanden. Deren Entwicklung durch Künstler wie Hans Burgkmair und Ugo da Carpi gingen jedoch Experimente voraus, in denen nach technischen Lösungen gesucht wurde, um Bilder und Bücher mit vergleichbaren Effekten zu vervielfältigen. Die Entwicklung des Chiaroscuro-Holzschnitts fand demnach in einem Kontext statt, dessen Voraussetzungen wohl komplexer waren als gedacht. In Anbetracht der Seltenheit von Quellen zur Frühzeit der Druckgraphik ist es ein erstaunlicher Überlieferungszufall, dass die „Erfindung“ des Golddrucks durch verlässliche Nachrichten und erhaltene Werke dokumentiert wird. Im Augsburger Stadtarchiv befinden sich zwei Briefe, die Konrad Peutinger Ende September 1508 an Kurfürst Friedrich den Weisen und seinen Bruder Herzog Georg von Sachsen sandte. Der an Friedrich, eine Abschrift mit Korrekturen Peutingers, wurde am 24. September verfasst, der an Georg, ein Konzept von Peutingers Hand, stammt vom Folgetag. In einem dritten Brief, den das Hauptstaatsarchiv Dresden bewahrt, antwortete Georg von Sachsen einige Wochen später auf das an ihn gerichtete Schreiben.1 Die Fakten sind hinlänglich

* Der Beitrag ist im Rahmen des SNF-Forschungsprojekts „Digitale Materialität“ der Universität Basel entstanden. Für ihre Unterstützung im Rahmen des Projekts danke ich Andrea Bianco, Peter Fornaro und Barbara Schellewald. Für technische Fragen des Teigdrucks war der Gedankenaustausch mit Theresa Schlagheck (Bayerische Staatsbibliothek München) wichtig; bei der Textredaktion war Heidi Feldmann behilflich, wertvolle inhaltliche Anregungen stammen von Beate Böckem. Ihnen danke ich an dieser Stelle ebenfalls sehr. 1 Erich König, Konrad Peutingers Briefwechsel (München: C. H. Beck, 1923), 99, Nr. 57.

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bekannt.2 Schon 1851 hat Theodor Herberger die entsprechenden Passagen aus den Augsburger Briefen publiziert.3 Demnach hatte Degenhart Pfeffinger, Kämmerer des Kurfürsten, 1507 dem in Augsburg lebenden Peutinger gedruckte Darstellungen von geharnischten Reitern geschickt, die von Friedrichs Hofmaler hergestellt worden waren. Peutinger schreibt, er sei von diesen Bildern dazu angeregt worden, auf eigene Kosten in Zusammenarbeit mit heimischen Künstlern ebensolche Ritter mit Gold und Silber auf Pergament und Papier so zu drucken, wie dies bei einem Buch Peutingers vorher bereits geschehen war. Die Augsburger Holzschnitte schickte Peutinger den beiden Fürsten zur Begutachtung. Bereits Herberger erkannte, dass der sächsische Hofmaler, von dem im Brief an Friedrich den Weisen die Rede war, Lucas Cranach d. Ä. sein musste. Da Peutinger in Verbindung mit Hans Burgkmair d. Ä. stand, lag es ebenfalls nahe, dass er zu den Augsburger Künstlern gehörte, von denen Peutinger schrieb. Bei Durchsicht des druckgraphischen Werks der beiden Künstler ließen sich passende Arbeiten identifizieren. Es sind der mit „LC“ monogrammierte und mit dem kursächsischen Wappen bezeichnete Heilige Georg Cranachs und die beiden von Burgkmair signierten Reiter, die den Heiligen Georg und Kaiser Maximilian zeigen.4 Von Cranachs Georg sind zwei im Golddruck gefertigte Exemplare auf blauem Grund in Dresden und London bekannt, von denen meist der besser erhaltene Londoner Druck (Taf. XIX) herangezogen wird.5 2 U. a. zusammengefasst in: Eduard Flechsig, Cranachstudien (Leipzig: Hiersemann, 1900), Bd. 1 (mehr nicht erschienen), 32–37; Tilman Falk, Hans Burgkmair: Studien zu Leben und Werk des Augsburger Malers (München: Bruckmann, 1968), 70–71; David Landau und Peter Parshall, The Renaissance Print: 1470–1550 (New Haven/London: Yale University Press, 1994), 184–91. 3 Theodor Herberger, Conrad Peutinger in seinem Verhältnisse zum Kaiser Maximilian I.: Ein Beitrag zur Geschichte ihrer Zeit, mit besonderer Berücksichtigung der literarisch-artistischen Bestrebungen Peutingers und des Kaisers (Augsburg: Butsch, 1851), 25–26. 4 Cranach: Heiliger Georg. Adam Bartsch, Le Peintre graveur, 21 Bde. (Wien: Degen, 1803), Bd. 7, 284, Nr. 65; Burgkmair: Heiliger Georg, Bartsch 1803, Bd. 7, 208, Nr. 23, Kaiser Maximilian zu Pferd, Bartsch, Le Peintre graveur, Bd. 7, 211, Nr. 32. 5 Zum Exemplar im British Museum (1895,0122.264) siehe u. a. Campbell Dodgson, „Rare Woodcuts in the Ashmolean Museum Oxford – II: Other Woodcuts by Burgkmair“, Burlington Magazine 39 (1921): 68–75, 68; Giulia Bartrum, German Renaissance prints 1490–1550, Ausst.-Kat. London, British Museum 1995 (London: British Museum Press, 1995), 171–72, Nr. 173; Susan Dackerman, Painted prints: The revelation of color in Northern Renaissance & Baroque engravings, etchings & woodcuts, Ausstellung Baltimore Museum of Art, 6.10.2002–5.1.2003 (University Park, Pa: Pennsylvania State University Press, 2002), 114–16, Nr. 11. Das Dresdener Exemplar abgebildet in Weltsichten: Meisterwerke der Zeichnung, Graphik und Photographie, Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, hg. von Wolfgang Holler und Claudia Schnitzer (München, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2004), 64 sowie in Thomas Lang, „Simprecht Reinhart: Formschneider, Maler, Drucker, Bettmeister – Spuren eines Lebens im Schatten von Lucas Cranach d. Ä.“, in Das ernestinische Wittenberg. Spuren Cranachs in Schloss und Stadt, hg. von Heiner Lück u. a. (Petersberg: Michael Imhof, 2015), 93–138, 96. Dem Wortlaut von Peutingers Brief an Kurfürst Friedrich zufolge – „kurisser, von gold und silber … mit



Farbe, Gold und Teig

Abb. 1  Hans Burgkmair d. Ä., Maximilian I. zu Pferde, Holzschnitt mit Gold- und Silberhöhung, Oxford, Ashmolean Museum (Douce bequest).

Auch die beiden Holzschnitte Burgkmairs sind in mehreren Exemplaren überliefert, von denen meist die Drucke in Oxford abgebildet werden.6 Der dortige Heilige Georg ist blau, der Maximilian (Abb. 1) rot grundiert. Er ist zudem in einer Kombination von Gold- und Silberhöhungen ausgeführt, die Peutingers Beschreibung des von ihm verdem truck gefertiget“ – müsste es entweder mehrere Exemplare gegeben haben, von denen einige mit Gold-, andere mit Silberhöhung gedruckt wurden, oder es handelte sich um Drucke, in denen Goldund Silberhöhung kombiniert wurden. 6 Zu den beiden Exemplaren im Ashmolean Museum (Heiliger Georg [WA1863.3041] und Maximilian [WA1863.3055]) siehe u. a. Dodgson, „Rare Woodcuts“, 69; Bartrum, German Renaissance prints, 133–36, Nr. 132 und 134; Dackerman, Painted prints, 117–19, Nr. 12 A und B; das dort besprochene Exemplar aus Cleveland (Cleveland Museum of Art, Inv. Nr. 1950.71; http://www.clevelandart.org/ art/1950.72), ist der einzige Druck des Maximilian-Holzschnitts im ersten Zustand mit Weiß- statt Metallhöhung.

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wendeten Druckverfahrens „von gold und silber“ entspricht.7 Eduard Chmelarz und Friedrich Lippmann haben die entsprechenden Holzschnitte bereits Ende des 19. Jahrhunderts besprochen und mit den Augsburger Quellen in Zusammenhang gebracht.8 Sogar das mit Golddruck ausgestattete Buch, von dem der Brief an Herzog Georg berichtet, ist noch vorhanden. Es handelt sich um Peutingers eigene Inschriftensammlung, die 1505 unter dem Titel Romanae vetustatis fragmenta in der Offizin von Erhard Ratdolt gedruckt wurde.9 Eine in Rot, Schwarz und Gold ausgeführte Pergamentausgabe (Abb. 2) befindet sich in Chicago, ein weiteres Exemplar in Wien.10 In der Forschung zur farbigen Druckgraphik, die in den letzten Jahren intensiv vorangetrieben wurde, sind die Holzschnitte von Cranach und Burgkmair viel beachtet worden, denn das Wechselspiel der Künstler in Wittenberg und Augsburg, die durch Peutinger in Wettstreit zueinander gesetzt wurden, brachte herausragende Werke der Druckgraphik hervor.11 Besonders aufmerksam wurde der Stellenwert dieser Werke für die Entstehung der Gattung des Chiaroscuro-Holzschnitts diskutiert. Denn während die genannten Golddrucke selten sind und kaum Nachfolge fanden, wurden sowohl von Holzschnitten Cranachs als auch Burgkmairs später Farbdrucke mit mehreren Platten angefertigt, bei denen kein Gold verwendet, dafür aber der Ton des Papiers als Helligkeitswert eingesetzt wurde.12 In Cranachs Fall geschah dies viel  7 Eine Kombination aus Gold- und Silberdruck, jedoch ohne farbige Grundierung, zeigt auch das Exemplar im Kupferstichkabinett der Staatlichen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz (Inv. Nr. 3–1924); dazu Max Geisberg, „Burgkmairs St. Georg“, in Festschrift für Max J. Friedländer zum 60. Geburtstage (Leipzig: Seemann 1927), 77–80. Ein vergleichbares Exemplar des reitenden Maximilian befindet sich in Chicago (Art Institute, Clarence Buckingham Collection, 1961.3; http://www.artic.edu/aic/collections/artwork/12791).   8 Eduard Chmelarz, „Jost de Negker’s Helldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg“, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 15 (1894): 392–97; Friedrich Lippmann, „Farbenholzschnitte von Lucas Cranach“, Jahrbuch der Königlich Preussischen Kunstsammlungen 16 (1895): 138–42.   9 Konrad Peutinger: ROMANAE. VETVSTATIS. FRAGMENTA. IN. AVGVSTA. VINDELICORVM. ET. EIVS. DIOECESI. Augsburg: Erhard Ratdolt 1505 (VD 16 P 2079). Zur Inschriftensammlung siehe Franz Josef Worstbrock (Hg.), Deutscher Humanismus 1480–1520: Verfasserlexikon, 3 Bde (Berlin: De Gruyter, 2005–2015), Bd. 3, Sp. 13–15. Zu Erhard Ratdolt siehe u. a. Gregory Jecmen und Freyda Spira, Imperial Augsburg: Renaissance prints and drawings, 1475–1540, Ausstellung Washington, D. C., National Gallery of Art 2012 (Farnham: Lund Humphries, 2012), 68–74. 10 Chicago, Newberry Library (ZP 547.R11); abgebildet in Landau und Parshall, The Renaissance Print, 187, Abb. 196; Wien, Österreichische Nationalbibliothek (CP. 1.C.4); Jecmen und Spira, Imperial Augsburg, 74. 11 Achim Gnann, In Farbe! Clair-obscur-Holzschnitte der Renaissance: Meisterwerke aus der Sammlung Georg Baselitz und der Albertina in Wien, Ausstellung Wien, 29.11.2013–16.2.2014 (München: Hirmer, 2013), 11. 12 Siehe u. a. Landau und Parshall, The Renaissance Print, 191–202 und Bartrum, German Renaissance prints, 135–136, Nr. 133 und 135.



Farbe, Gold und Teig

Abb. 2  Konrad Peutinger, Romanae vetustatis fragmenta, Augsburg: Erhard Ratdolt 1505, Chicago, Newberry Library (ZP 547.R11).

leicht als unmittelbare Reaktion auf die konkurrierenden Augsburger Werke. Für die Holzschnitte Burgkmairs ist der Wechsel vom Gold- zum Chiaroscuro-Druck mit dem Namen des Formschneiders Jost de Negker in Verbindung gebracht worden, der ab etwa 1510 für einige Jahre in Augsburg an den Druckprojekten Maximilians arbeitete und unter anderem auch die beiden Holzschnitte Burgkmairs mit zusätzlichen Tonplatten und einer eigenen Signatur versah (Abb. 3).13 Die Abstufung der Farbe vom Weiß des Papiers über die Tonplatten zum Schwarz der Konturen gilt deshalb oft als sein Beitrag zur Entwicklung der Technik. Und da an dieser Stelle der Entwicklung die Chiaroscuro-Holzschnitte Ugos da Carpi ansetzen, der am 24. Juli 1516 in Venedig um ein Patent der Serenissima für die angeblich von ihm erfundenen Technik „di stampare

13 Ein Digitalisat des hier gezeigten Beispiels aus Amsterdam (Rijksprentenkabinet, RP‑P‑OB-4348) ist zu finden unter: http://hdl.handle.net/10934/RM0001.COLLECT.30848.

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chiaro et scuro, cosa nova, et mai più non fatta“14 ersuchte, zeichnet sich eine Genealogie ab, welche die in Peutingers Briefen genannten Graphiken zu bedeutenden Vorläufern dieser Entwicklung machen. Doch ist damit schon alles Wichtige gesagt? Wohl kaum. Um sich dem Thema detaillierter zu widmen, ist es unerlässlich, die drei Briefe im Wortlaut zu lesen. Deshalb werden die folgenden Transkriptionen der frühneuhochdeutschen Texte von Übertragungen in den heutigen Sprachgebrauch begleitet:15 1. Brief von Konrad Peutinger an Kurfürst Friedrich von Sachsen, Augsburg, 24.9.1508 „In verschinem jare hat E. f. G. camerer, herr Degenhart Peffinger, mir kurisser, von gold und silber durch E. f. G. maler mit dem truck gefertiget, geantwurt, mich damit bewegt, solliche kunst alhie auch zuwegen zu pringen. Und wiewol ich des ain costen getragen, so hab ich doch von gold und silber auf pirment getruckt kurisser zuwegen gebracht, wie E. f. G. ich hiemit ain prob zuschicke, E. f. Durchleuchtigkait undertäniglich bittende, wollen die aus gnaden besichtigen und mir zu erkennen geben, ob die also gut getruckt seien oder nit. Und dweil E. f. G. ich vormaln gebetten hab, bei meinem gnedigisten herren von Meydenburg und sunst in iren fürstentumb von alten keiserlichen und kuniglichen freiheiten die anefaung und tittel, auch die datum derselben brieve des jars Christi, keisertumbs oder kunigreichs zu ziere meins furgenomen keiserbuchs zuwegen bringen, ist mir noch nichts worden, das also noch zu erlangen undertanigs fleis dinstlich bitte, und ob E. f. G. sunst ichts neus hette, mir sollichs auch aus gnaden mitzutailen etc. Dat. Augspurg sontags nach Mauritii anno Domini etc. octavo. Undertaniger Conrat Peutinger doctor.“16 „Im vergangenen Jahr hat mir der Kämmerer Eurer Fürstlichen Gnade, Herr Degenhart Pfeffinger, Kürassiere geschickt, die der Maler Eurer Fürstlichen Gnade mit Gold und Silber im Druck angefertigt hat. Damit regte er mich dazu an, solche Kunstwerke auch hier zuwege zu bringen. Und obwohl ich dafür Kosten übernahm, habe ich mit Gold und Silber auf Pergament gedruckte Kürassiere zuwege gebracht, von denen ich Eurer Fürstlichen Gnade hiermit eine Probe zuschicke, indem ich Eure Fürstliche Durchlaucht untertänig

14 Manuela Rossi (Hg.), Ugo da Carpi, l’opera incisa: Xilografie e chiaroscuri da Tiziano, Raffaello e Parmigianino, Ausstellung Carpi, 12.9.–15.11.2009 (Carpi: Città di Carpi, 2009), 182, Nr. 37. 15 Die folgenden Übertragungen stammen vom Autor. Sie dienen nicht als kritisch-editorische Übersetzung, sondern sollen die inhaltliche Aussage der Briefe möglichst präzise und verständlich wiedergeben. 16 Es handelt sich in der vorliegenden Form um eine Reinschrift mit Korrekturen Peutingers, die so nicht versandt worden sein kann. Zitiert nach König, Konrad Peutingers Briefwechsel, 97–98, Nr. 55. Siehe auch Adolf Buff, „Rechnungsauszüge, Urkunden und Urkundenregesten aus dem Augsburger Stadtarchive, Teil 1“, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 13 (1892): I–XXV, XI, Nr. 8560.



Farbe, Gold und Teig

Abb. 3   Hans Burgkmair d. Ä., Heiliger Georg, 1508, Holzschnitt mit später ergänzter Tonplatte von Jost de Negker, Amsterdam, Rijksprentenkabinet (RP-P-OB-4348).

bitte, Ihr mögt die Gnade haben, sie zu betrachten und mir mitzuteilen, ob sie ebenso gut gedruckt sind oder nicht. Und unterdessen hatte ich Eure Fürstliche Gnade einmal gebeten, mir bei meinem gnädigen Herrn von Magdeburg und anderen in Eurem Fürstentum alte kaiserliche und königliche Freiheiten, deren Anfänge und Titel sowie die Jahreszahl dieser Schreiben zur Ehre des Kaisertums und Königreichs für das von mir bearbeitete Kaiserbuch zu beschaffen, doch habe ich nichts erhalten. Solches zu erlangen, bitte ich angemessen und mit untertänigem Fleiß, und wenn Eure Fürstliche Gnade sonst etwas Neues hätte, möge er es mir mitteilen. Augsburg, den 24. September 1508. Untertäniger Konrad Peutinger, Doktor“

2. Brief von Konrad Peutinger an Herzog Georg von Sachsen, Augsburg, 25.9.1508 „Dem durchleichtigen hochgelerten fursten und herren Georgen, herzogen zu Sachsen, landgraven in Turingen, margraven zu Meißen, kais. Mt. und des heiligen Reichs erbgubernatorn in Frießlanden etc., meinem gnadigen herren.

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Durchleichtiger hochgeborner furst, gnadiger herre etc. Ich hab mit mein kunstlern alhie gefunden, von gold und silber auf pirment und papir zu trucken, wie E. f. G. vormalen von mir ain buchlin hat. Hiemit E. f. G. getruckt kurisser zuschick, undertaniglich bittende, wollen die aus gnaden besichtigen und mir zu erkennen geben, wie E. f. G. solch kunst gefalle etc. Dat. Augspurg montags vor Michahelis anno etc. 8. E. f. G undertaniger Conrat Peutinger, beider recht doctor zu Augspurg.“17 „Dem durchlauchtigsten, hochgelehrten Fürsten und Herrn Georg, Herzog von Sachsen, Landgraf von Thüringen, Markgraf zu Meißen, der Kaiserlichen Majestät und des heiligen Reichs Erbstatthalter in Friesland etc., meinem gnädigen Herrn. Durchlauchtiger hochgeborener Fürst, gnädiger Herr etc. Ich habe mit meinen Künstlern hier herausgefunden, wie man mit Gold und Silber auf Pergament und Papier drucken kann, in der Art, wie Eure Fürstliche Gnade einmal von mir ein Büchlein erhielt. Hiermit sende ich Eurer Fürstlichen Gnade Kürassiere zu und bitte, Ihr mögt die Gnade haben, sie zu betrachten und mir mitzuteilen, wie Eurer Fürstlichen Gnade solche Kunstwerke gefallen. Augsburg, den 25. September 1508. Eurer Fürstlichen Gnade untertäniger Konrad Peutinger, Doktor beider Rechte in Augsburg.“

3. Brief von Herzog Georg von Sachsen an Konrad Peutinger, Dresden, 17.10.1508 „An doctor Cunradten Peutinger zu Augspurg. Ist geschrieben: Nachdem er meim g. h. einen neuen druk von golt und silber uff pergament und papir, auch darneben zwen kurisser zugeschickt, hat S. G. besichtigt, und gefellet die kunst S. G. wol und dasselbige zu sunderlichem gefallen angenommen und S. f. G. hetten im itzt zur zeit widderumb eine verehrung zugesant. So sint S. G. darzu itzt nicht geschickt, wellen sich aber mit der zeit dermaßen gegen im bezeigen, damit er widderumb S. f. G. gnedigen willen spuren solle. Dat. ut supra (= 17.10.1508)“18 „An Doktor Konrad Peutinger in Augsburg. Dort steht: Nachdem er meinem Gnädigen Herrn einen neuen Druck von Gold und Silber auf Pergament und Papier und zusätzlich zwei Kürassiere zuschickte, hat sie Seine Gnade angesehen. Die Kunstwerke gefallen Seiner Gnaden gut und wurden mit besonderem Wohlwollen angenommen. Seine Fürstliche

17 Zitiert nach König, Konrad Peutingers Briefwechsel, 98–99, Nr. 56. Siehe auch Buff, „Rechnungsauszüge“, XI, Nr. 8561; in der Transkription von Theodor Herberger (Herberger, Conrad Peutinger, 26, Anm. 82) folgt noch eine ausführlichere Schlusswendung: „wie E. F. G. solch kunst gefalle mich daneben E. F. G. vndertanigen diensten alzeit vngesparts fleis willig erpiettende zc. zc.“ 18 Dresden, Hauptstaatsarchiv, Kopial 112, S. 234 v. Zitiert nach: König, Konrad Peutingers Briefwechsel, 99, Nr. 57. Siehe auch: Falk, Hans Burgkmair, 115, Nr. 36 c. Mehrere Formulierungen („ist geschrieben“, „meim g. h.“ usw.) zeigen, dass es sich um eine Abschrift handelt.



Farbe, Gold und Teig

Gnade hätte ihm zur jetzigen Zeit erneut ein Geschenk zugesandt. Zwar habe Seine Gnade dies jetzt nicht getan, doch will sie sich ihm bei Gelegenheit so erkenntlich zeigen, dass er seinerseits den gnädigen Willen Seiner Fürstlichen Gnade spüren wird. Am 17. Oktober 1508“

Bei aufmerksamer Lektüre der Briefe stellen sich zahlreiche Fragen, von denen hier nur ausgewählte angesprochen werden sollen. Eine von ihnen gilt der Rolle, die Konrad Peutinger in den drei Quellen zukommt. Peutinger war Stadtschreiber Augsburgs und seit 1506 Kaiserlicher Rat. Er stand bereits mit Burgkmair für die Illustrationen zum Kaiserbuch19 in Verbindung und betreute später teils die Druckprojekte Maximilians I. Unter solchen Vorzeichen war er also tatsächlich ein kompetenter Korrespondenzpartner, um sich über drucktechnische Neuerungen auszutauschen. Warum aber hatte er die Cranach-Holzschnitte erhalten? Geschah dies vielleicht, um den sächsischen Hofkünstler durch Pfeffingers Vermittlung mit Peutinger in Kontakt zu bringen, der im höfischen Umfeld Maximilians illustrierte Druckprojekte vorbereitete? Peutingers erster Brief erlaubt darauf keine Antwort, weil der Ausgangspunkt dieser Korrespondenz, Degenhart Pfeffingers Schreiben, fehlt. Unklar ist zum Beispiel, ob Pfeffinger im Namen Friedrichs des Weisen oder aus eigenem Antrieb schrieb. Von dieser Konstellation hängt ab, warum Peutinger dem Kurfürsten und nicht dessen Kämmerer antwortete, auch wenn natürlich möglich ist, dass er einen weiteren Brief an Pfeffinger sandte. Für den Status des Holzschnitts ist dies insofern von Bedeutung, weil Peutinger durch die als Geschenk übersandte Cranach-Graphik dem Absender verpflichtet war. Der Holzschnitt selbst könnte durchaus für die Absicht sprechen, dass Cranach den Augsburger Gefolgsleuten Maximilians nähergebracht werden sollte oder wollte. Denn mit dem reitenden Georg wurde ein Heiliger gewählt, mit dem sich der Habsburger als Förderer des von seinem Vater gegründeten Georgs-Ordens in besonderem Maße identifizierte. Hinzu kommt die mit dem Buchstaben „A“ verzierte Schabracke, die sich in ähnlicher Form auf Cranachs erstem Turnierholzschnitt von 1506 findet. Die Darstellung des Heiligen könnte also zusätzlich auf das Turnierwesen anspielen, welches sich mit der Sphäre des turnierbegeisterten „letzten Ritters“ Maximilian gut vereinbaren lässt und ihn mit der Hofkultur Friedrichs verbindet.20 War also Cranachs Holzschnitt von vor19 Zu Peutingers Kaiserbuch siehe Worstbrock, Deutscher Humanismus 1480–1520, Bd. 3, Sp. 17–19. Zu Burgkmairs Holzschnitten für das Kaiserbuch siehe u. a. Tilman Falk, Rudolf Biedermann und Heinrich Geissler (Hg.), Hans Burgkmair: Das graphische Werk. 1473–1973, Ausstellung Stuttgart, Staatsgalerie, Graphische Sammlung 14.8.–14.10.1973 (Stuttgart: Cantz, 1973), Kat.-Nr. 77. 20 Siehe Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich, Ausstellung Coburg, 22.8.–7.11.2010, hg. von Matthias Müller u. a. (Berlin: Lukas Verlag, 2010), 228–29, Nr. 1.5.03. Giulia Bartrum (Bartrum, German Renaissance prints, 167–68 und 171) vermutete, das „A“ könne für „Alt­ öster­reich“ stehen, während Barbara Welzel annahm, es bedeute „Austria“; für beide Lesarten scheinen jedoch verlässliche Nachweise zu fehlen. Barbara Welzel, „Zur Vielfältigkeit eines Bildmediums. Monochrome und illuminierte Druckgraphik im frühen 16. Jahrhundert“, in Der Bordesholmer Altar

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neherein geplant, um Maximilian zu gefallen und mit der neuen Drucktechnik vorzuführen, was der Künstler des Kurfürsten für den zukünftigen Kaiser zu bieten hatte? Eine zweite Frage betrifft einen grundsätzlichen Sachverhalt: Ist in den Briefen wirklich von einer drucktechnischen Erfindung die Rede? Die Tatsache, dass Degenhart Pfeffinger goldgehöhte Holzschnitte nach Augsburg schickte und Konrad Peutinger sie zu emulieren versuchte, bedeutet nicht unbedingt, dass diese Technik neu war, sondern zunächst einmal, dass Künstler aus Peutingers Umfeld sie noch nicht kannten und deshalb der Wunsch entstand, Cranachs Vorbild zu folgen. Tatsächlich ging es darum, ein im Augsburger Buchdruck bereits bekanntes Verfahren für die Gestaltung von Bildern zu adaptieren. In diesem Sinne hat Tilman Falk den im Briefwechsel geschilderten Sachverhalt interpretiert: Lucas Cranach wurde durch Ratdolts Golddruck der Romanae vetustatis fragmenta, die Peutinger zuvor an den sächsischen Hof gesandt hatte, dazu angeregt, das Verfahren für den Bilddruck anzuwenden.21 Cranachs Holzschnitt wäre demnach keine technische Erfindung, sondern eine gestalterische Innovation. Unabhängig von der Frage nach der Erfindung ist deshalb die eigentliche Botschaft in Peutingers Antwortbriefen, dass die Augsburger Künstler, mit denen er zusammenarbeitete, das gleiche konnten wie Cranach. In Kombination mit der bereits geäußerten Vermutung, dass Cranach aus sächsischen Hofkreisen als Kandidat für Druckprojekte im Umfeld Maximilians protegiert worden sein könnte, wäre Peutingers Reaktion deshalb in einer alternativen Lesart auch als Hinweis darauf interpretierbar, dass man in Augsburg ohne fremde Hilfe zurechtkam. Bei Durchsicht der drei Quellen fällt zudem auf, dass Peutinger die Namen der Künstler mit denen er in Augsburg an den Golddrucken arbeitete, nicht nennt. Wir können vermuten, dass damit vielleicht Burgkmair und Ratdolt gemeint waren, aber entscheidend ist, dass im Brief an Friedrich es Peutinger selbst ist, der „von gold und silber auf pirment getruckt kurisser zuwegen gebracht“ hat, während er im Brief an Georg betont, „ich hab mit mein kunstlern alhie“ in Augsburg diese Leistung vollbracht. Im einen Fall wird kein Künstler genannt, im anderen Fall wird eine anonyme Mehrzahl von Personen erwähnt, die – so ist das „meine Künstler“ wohl zu verstehen – Peutinger untergeordnet sind. Peutingers Anregung und Förderung sind also aus seiner Sicht wichtiger als etwa die Umsetzung durch einen Formschneider. Die Betonung des eigenen Anteils erfolgte wohl, um seine Kompetenz und Autorität in den Vordergrund zu rücken, mit der er im Sinne Maximilians I. tätig war.22 Das heisst des Hans Brüggemann: Werk und Wirkung, hg. von Uwe Albrecht, Akten des internationalen Colloquiums „Das Bordesholmer Retabel“, Schleswig, 10.–12.10.1994 (Berlin: Reimer, 1996), 181–90, 187. 21 Falk, Biedermann, Geissler, Hans Burgkmair, Kat. Nr. 21–22. 22 Anja Grebe, „Dürer in Chiaroscuro: Early Modern Graphic Aesthetics and the Posthumous Production of Colour Prints“, in Printing colour 1400–1700: History, Techniques, Functions and Receptions, hg. von Ad Stijnman und Elizabeth Savage (Leiden: Brill, 2015), 171–79, 172–73.



Farbe, Gold und Teig

aber auch, dass Peutinger weniger an den Künstlern gelegen war als an der Förderung kulturpolitischer Interessen, denen ihre Werke ein Mittel sind. Dies geschieht im allgemeinen Rahmen des frühneuzeitlichen Gabentauschs, der an den Höfen der Zeit als differenzierte Form der Kommunikation diente. Peutinger übernimmt dabei eine aktive Rolle, indem er Burgkmairs Holzschnitte nicht nur an den Kurfürsten schickte, sondern auch an dessen Bruder. Mit dem Begriff „kurisser“, den er in beiden Briefen für das Motiv aller Holzschnitte verwendete, stellte Peutinger sicher, dass Burgkmairs Werke als angemessene Gegengabe zu denen Cranachs wahrgenommen wurden und dass die beiden sächsischen Fürsten sich auch untereinander verlässlich über die Werke verständigen konnten, die sie von Peutinger erhalten hatten. Die Antwort, in der Georg von Sachsen betont, er werde sich bei anderer Gelegenheit dem Absender gegenüber in angemessener Weise erkenntlich zeigen, verdeutlicht, dass Burgkmairs Holzschnitte gleich von Beginn an eine Rolle im höfischen Geschenkwesen übernahmen und vom Empfänger genau so verstanden wurden, wie sie vom Absender intendiert waren. Hierher gehört auch, dass Peutinger in seinem Brief an Friedrich unmittelbar nach seinen Aussagen zu den als Geschenk übersandten Holzschnitten darauf zu sprechen kommt, dass er den Kurfürsten zuvor um Mithilfe bei der Arbeit an seinem Kaiserbuch gebeten hatte. Er wollte damals, dass der Kurfürst bei seinem Bruder Ernst, dem Erzbischof von Magdeburg, nachfragte, Auszüge von kaiserlichen und königlichen Urkunden zur Verfügung zu stellen; doch war die erste Anfrage erfolglos geblieben. Deshalb wird die Übersendung der Golddrucke von der erneuten Bitte um Unterstützung begleitet. Auf diese Weise versuchte Peutinger den Kurfürsten in die Propaganda Maximilians I. einzubinden, die er selbst mit dem Projekt des Kaiserbuchs betrieb, um so nicht zuletzt seine eigene Stellung bei Hofe zu fördern. Obwohl Peutinger im Rang weit unter dem Kurfürsten und dessen Bruder stand, konnte er offenbar so auftreten, weil er im Interesse Maximilians handelte. Die beiden Holzschnitte, die Burgkmair im Auftrag Peutingers ausführte, zeigen dies sehr deutlich, denn sie würdigen Maximilian, den Förderer des Georgs-Ordens in Parallele zum „Vorkämpfer der Christlichen Streiter“ (CHRISTIANORVM MILITVM PROPVGNATOR) und in zeitlicher Nähe zur Annahme des Kaisertitels in Trient als „IMP. CAES. MAXIMIL. AVG.“23 Das Motiv des reitenden Kaisers auf Burgkmairs Holzschnitt und die von Peutinger geäußerte Bitte, „keisertumbs oder kunigreichs zu ziere“ Urkundenabschriften zu schicken, schaffen im Briefwechsel zwischen Augsburg und Sachsen einen gemeinsamen Nenner.

23 Dazu u. a. Bartrum, German Renaissance prints, 133 und Welzel, „Zur Vielfältigkeit eines Bildmediums“, 187.

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Auch zur Konstellation, in welche die Holzschnitte Lucas Cranachs und Hans Burgk­ mairs mit denen Ugos da Carpi meist gestellt werden, ergeben sich Fragen.24 Insbesondere ist unsicher, ob Ugos Gesuch um ein Privileg der Serenissima überhaupt mit den Arbeiten der deutschen Künstler in Verbindung steht. Weitaus näher liegt die jüngst geäußerte Vermutung, das Gesuch reagiere auf die Tätigkeit von Lucantonio degli Uberti, der scheinbar im gleichen Jahr wie Ugo in Venedig Chiaroscuro-Holzschnitte anfertigte.25 Zu prüfen wäre aber wohl ebenfalls die Differenzierung zwischen italienischen Chiaroscuro-Holzschnitten, die dem Charakter lavierter Zeichnungen folgen, und deutschen Chiaroscuro-Holzschnitten, in denen dies – so das Vorurteil – nicht gelingt.26 Die Interpretation, dass die entsprechenden italienischen Werke der Gestaltungsweise lavierter Zeichnungen folgen, die Ugo da Carpi als Farbholzschnitte vervielfältigte, geht auf Giorgio Vasaris Viten in der Ausgabe von 1568 zurück.27 Es ist deshalb anachronistisch, sie zurate zu ziehen, um die 60 Jahre zuvor entstandenen Druckgraphiken von Cranach und Burgkmair zu beurteilen. Denn die deutschen Künstler verfolgten mit ihren Holzschnitten andere Ziele. Zwar orientieren auch sie sich an der zeitgenössischen Zeichenpraxis, nur sind es Werke anderer Art. Nördlich der Alpen waren nämlich weißgehöhte Zeichnungen auf farbig grundiertem Papier verbreitet. Ihnen folgen die Golddrucke Cranachs und Burgkmairs deutlich, auch wenn Cranach im Heiligen Georg, bei dem der Landschaftshintergrund manuell nachbearbeitet wurde, um das helle Papier partiell von der dunklen Grundierung zu befreien, mit

24 Zu Ugo da Carpi zuletzt u. a. Naoko Takahatake, „Ugo da Carpi“, Print Quarterly 23 (2010): 317–21; Linda Stiber Morenus, „The Chiaroscuro Woodcut Printmaking of Ugo da Carpi, Antonio da Trento and Niccolò Vicentino: Technique in Relation to Artistic Style“, in Printing colour 1400–1700: History, Techniques, Functions and Receptions, hg. von Ad Stijnman und Elizabeth Savage (Leiden: Brill, 2015), 123–39, 124–27; Naoko Takahatake, „Ugo da Carpi’s Diogenes“, in Printing colour 1400–1700, 116–22; Magdalena Bushart, „Mediale Fiktionen: Die Chiaroscuro-Holzschnitte von Hans Burgkmair und Jost de Negker“, in Technische Innovationen und künstlerisches Wissen in der Frühen Neuzeit, hg. von Magdalena Bushart und Henrike Haug (Köln u. a.: Böhlau, 2015), 169–87, 169–70; dort (172–74) auch zu Peutinger, Cranach und Burgkmair. 25 Grundlage der Argumentation ist die Zuschreibung einer 1516 datierten gegenseitigen Kopie Lucantonios nach einem Chiaroscuro-Holzschnitt von Hans Baldung aus dem Jahre 1510 (London, British Museum; 1852,0612.105); dazu: Elizabeth Savage, „A Printer’s Art: The Development and Influence of Colour Printmaking in the German Lands, c. 1476–c. 1600“, in Printing colour 1400–1700, 91–102, 101–2 und Takahatake, „Ugo da Carpi’s Diogenes“, 121, Anm. 34. In das Jahr 1516 wird Ugos Kopie nach Tizians Heiligem Hieronymus datiert, die als ältester Chiaroscuro-Holzschnitt des Künstlers gilt (Takahatake, „Ugo da Carpi’s Diogenes“, 116). 26 U. a. Elizabeth Savage, „Colour Printing in Relief before c. 1700: A Technical History“, in Printing colour 1400–1700, 23–41, 23–24; Grebe, „Dürer in Chiaroscuro“, 172. 27 Evelyn Lincoln, The Invention of the Italian Renaissance Printmaker (New Haven/London: Yale University Press, 2000), 78–80; Morenus, „The Chiaroscuro Woodcut Printmaking“, 123.



Farbe, Gold und Teig

Abb. 4  Mair von Landshut, Geburt Christi, 1499, Kupferstich mit Höhungen in Weiß und Gelb, London, British Museum (E,1.213).

der optischen Wirkung solcher Zeichnungen experimentiert.28 Derartige Farbgrundzeichnungen wurden unter anderem von Albrecht Altdorfer zu einer autonomen Gattung weiterentwickelt.29 Zu Altdorfers Zeiten gab es im Norden auch schon Versuche, die Erscheinungsweise solcher Zeichnungen in Druckgraphiken zu übertragen. Erfolgreich gelang dies Mair von Landshut um 1500.30 Von ihm sind einige Kupferstiche auf farbig grundiertem Papier erhalten, von denen mehrere derjenigen mit dunkler Grundierung – meist braun oder blau – gezeichnete Höhungen besitzen (Abb. 4). Diese Hö-

28 U. a. Dackerman, Painted prints, 114. 29 Zu dieser Art Zeichnungen siehe u. a. Iris Brahms, „Wie bunt ist Grau? Zu Farbgrundzeichnungen der frühen Neuzeit“, in Die Farbe Grau, Tagung am Institut für Kunstgeschichte der Johannes Gutenberg-­ Universität Mainz im April 2013, hg. von Magdalena Bushart und Gregor Wedekind (Berlin/Boston: De Gruyter, 2016), 89–112. 30 Zu den Druckexperimenten Mairs von Landshut siehe zuletzt Iris Brahms, Zwischen Licht und Schatten. Zur Tradition der Farbgrundzeichnung bis Albrecht Dürer (Paderborn: Fink, 2016), vor allem 102–4.

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Abb. 5  Hl. Veronika, Teigdruck mit hellgelber Höhung, Heidelberg, Universitäts­ bibliothek (EBD 003).

hungen sind aber oft nicht einfach in Weiß ausgeführt, sondern bisweilen in einer Kombination aus Weiß und Gelb.31 Eine solche Farbkombination der aufgesetzten Lichter erinnert an glänzendes Metall. Eine vergleichbare Art der Höhung, die mit einiger Sicherheit versucht, das Glänzen von Gold zu imitieren, findet sich auf zwei Heidelberger Teigdrucken (Abb. 5).32 31 Beispiele sind die Exemplare von Delila schert Simson in Frankfurt am Main und Wien (Max Lehrs, Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (Wien: Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst, 1932): Bd. 8, 296–97), die Exemplare der Geburt Christi (ebd., 298–300, Nr. 5) in Basel, Coburg, London (British Museum) und Paris (Bibliothèque Nationale), das Blatt mit „Greis und Jüngling in Halbfigur“ Berlin (ebd., 312–13, Nr. 15) und die Exemplare der Begrüßung an der Haustür in Paris (Louvre) und Wien. 32 Heidelberg, Universitätsbibliothek, EBD  002 (Kreuzigung; http://heidicon.ub.‌uni-heidelberg.de/ id/204536) und EBD 003 (Hl. Veronika; http://heidicon.ub.‌uni-heidelberg.de/id/204537); Rudolf Sillib, Holz- und Metallschnitte aus der Großh. Universitäts-Bibliothek Heidelberg (Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts, 9), (Straßburg: Heitz 1907), 7–8, Nr. 2–3.



Farbe, Gold und Teig

Anders als sonst bei Teigdrucken üblich, verwenden diese beiden Exemplare keine golden getönte Zinnfolie. Stattdessen hat der Drucker die fehlende Metallschicht durch schwefelgelbe Lichter ersetzt, die ähnlich verwendet werden wie die Höhungen in den dunkelgrundigen Kupferstichen Mairs. Es sind gerade das ungewöhnliche Fehlen der Metallfolie in den beiden Heidelberger Teigdrucken und der Ausgleich mithilfe von manuellen Höhungen, die umso deutlicher zeigen, wie kennzeichnend der goldene Glanz für diese Art der Druckgraphik war. Da Teigdrucke, die meist im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden, auch noch in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts hergestellt wurden, liegt es nahe zu fragen, in welchem Verhältnis die Golddrucke Cranachs und Burgkmairs zu ihnen stehen. In der kunsthistorischen Forschung sind entsprechende Überlegungen weitgehend ausgeblendet worden. Schon der unpassende Name „Teigdruck“ wird die Vermutung verhindert haben, dass diese in Wirklichkeit sehr eindrucksvollen Werke mit ihrem komplexen Schichtaufbau und der filigran geprägten Metalloberfläche etwas mit den Golddrucken Cranachs und Burgkmairs zu tun haben könnten. Nur Max Geisberg hat vor gut hundert Jahren in einem Aufsatz die beiden Gattungen der Goldund Teigdrucke zumindest gemeinsam erwähnt, wenngleich auch er keinen direkten Zusammenhang herstellte.33 Im Gegenteil – Geisberg betonte vor allem die Unterschiede: Die Zerbrechlichkeit des bald trocken und spröde werdenden Materials, das nur einen kleinen Maßstab gestattete und immer an eine feste unbiegsame Unterlage, meist die Innenseiten der hölzernen Buchdeckel gebunden war, bestimmten dieser Technik nur ein kurzes Leben und nahmen ihr von vornherein jede Möglichkeit, an größere, monumentalere Aufgaben heranzutreten.34 Tatsächlich sind die meisten Teigdrucke kleinformatig und der schlechte Erhaltungszustand fast aller Exemplare scheint Geisbergs Urteil über die spröden Teigdrucke, die höheren Zielen nicht gerecht werden, zu bestätigen. Das ikonographische Spektrum der fast ausschließlich christlichen Darstellungen auf Teigdrucken weicht von dem ab, was den Akteuren der kaiserlichen und kursächsischen Hofkunst vorschwebte. Und auch in ihrer Funktion unterscheiden sich Teigdrucke, die meist als Buchschmuck in Handschriften und Inkunabeln für den religiösen Gebrauch eingesetzt wurden, von den Werken Cranachs und Burgkmairs. Was in Geisbergs Sinn ebenfalls gegen eine Parallelisierung der Teigdrucke mit den Golddrucken von 1507 und 1508 sprechen könnte, ist ihre substituierende Materialität, bei der gelb überstrichene Zinnfolie anstelle von Gold tritt und so ein hoher Wert vorgetäuscht wird. In vergleichbarer Weise wurden auch für die mit Druckverfahren

33 Max Geisberg, „Die Holzschnittbildnisse des Kaisers Maximilian“, Jahrbuch der Königlich Preussischen Kunstsammlungen 32 (1911): 236–48, 242–44. 34 Geisberg, „Die Holzschnittbildnisse“, 243–44.

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imitierten brokatartigen Stoffe minderwertige Fasern eingesetzt.35 Für das Anspruchsniveau der höfischen Repräsentation liefen solche Produkte der angestrebten Exklusivität zuwider. Und auch zur materialbedingten Dauerhaftigkeit des Goldes, die im humanistischen Kontext vielleicht Allusionen auf das „aere perennius“-Motiv des Horaz36 ermöglichte, passten die preiswerten Ersatzwerkstoffe keinesfalls. Ob dem humanistischen Umfeld Maximilians bewusst gewesen sein könnte, dass die Verwendung von Gold für Kaiserportraits bereits in der Antike zwiespältig beurteilt wurde, wäre an dieser Stelle allerdings ebenfalls zu erwägen.37 Geisbergs Verdacht, die Teigdrucke seien zu fragil gewesen, muss relativiert werden, denn es ist unklar, ob bereits in den Jahrzehnten nach ihrer Herstellung die mangelnde Haltbarkeit des Verfahrens zum Vorschein trat. Die wenigen in gutem Zustand überlieferten Vertreter dieser seltenen Gattung (Taf. XX) deuten zumindest an, wie kontrastreich die mit Druckerschwärze übertragenen Motive auf der golden schimmernden Zinnfolie erkennbar waren und wie das eingeprägte Relief im Licht glitzerte.38 Deshalb zeigen sich gerade in ihrer jeweiligen Erscheinungsweise durchaus Parallelen zwischen Teigdrucken und Golddrucken. Sie werden wohl nicht durch eine bewusste Adaption der materiellen Eigenschaften von Teigdrucken durch Cranach und Burgkmair zustande gekommen sein. Aber dennoch waren sie während der Zeit, als die beiden Künstler in Sachsen und Augsburg ihre Verfahren des Golddrucks erprobten, gegenwärtig und hatten die Wahrnehmungsmuster für die Verwendung von Glanzeffekten im Bilddruck seit Jahrzehnten vorgeprägt. Ein solches ästhetisches Charakteristikum der Teigdrucke dürfte ihre Interaktion mit dem Licht gewesen sein, die dort sichtbar wurde, wo Teigdrucke in Bücher integriert waren. Während man beim Lesen des Buches die Seiten mit den aufgeklebten oder eingebundenen Teigdrucken umblätterte, reagierte der Glanz des Lichts auf die ausgeführte Bewegung.

35 Doris Oltrogge, „Colour Stamping in the Late Fifteenth and Sixteenth Centuries: Technical Sources and Workshop Practice“, in Printing colour 1400–1700: History, Techniques, Functions and Receptions, hg. von Ad Stijnman und Elizabeth Savage (Leiden: Brill, 2015), 51–64, 56; Jutta Zander-Seidel, „So wirt es gut und erhaben, gleich als der sammet: Textile Gewebeimitationen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit“, Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums (1995): 216–27. 36 Hor. carm. III, 30; einige verwandte Gedankengänge – darunter bei Pindar, Cicero, Properz und Ovid – verzeichnet Thomas Pekáry, Imago res mortua est: Untersuchungen zur Ablehnung der bildenden Künste in der Antike (Stuttgart: Steiner, 2002), 43–45. 37 Dazu u. a. Manfred Clauss, Kaiser und Gott: Herrscherkult im römischen Reich (München/Leipzig: Saur, 2001), 291–94. 38 Die ikonographisch passenden Teigdrucke, die den Heiligen Georg darstellen, sind zu schlecht erhalten, um sie hier als Vergleich zu zeigen (Wilhelm Ludwig Schreiber, Handbuch der Holz- und Metallschnitte des XV. Jahrhunderts (Leipzig: Hiersemann, 1928), Bd. 6, 27–28, Nr. 2844a-2847). Stattdessen dient die besonders gut erhaltene Madonna im Strahlenkranz aus dem Bestand des Germanischen Nationalmuseums (Schreiber, Handbuch, 1, Nr. 2827) als Referenzwerk.



Farbe, Gold und Teig

Diese Eigenschaft haben die Teigdrucke mit anderen Werken gemeinsam. Wie bereits mehrfach angedeutet, gab es nämlich zum Zeitpunkt der „Erfindung“ von Cranach und Burgkmair auch noch eine andere Form des Golddrucks. Sie wurde im Bereich der Buchproduktion entwickelt – darauf nimmt Peutinger in seinem Schreiben an Georg von Sachsen eindeutig Bezug: „Ich hab […] gefunden, von gold und silber auf pirment und papir zu trucken, wie E. f. G. vormalen von mir ain buchlin hat.“ Dieser Hinweis, Peutinger habe dem Herzog zuvor bereits ein mit Gold gedrucktes Buch geschenkt, verweist auf die Pionierleistung des Augsburger Druckers Erhard Ratdolt, obwohl auch er – genau wie Hans Burgkmair – im Brief an Georg nicht namentlich genannt wird. Von 1491 bis 1505 hatte Burgkmair für Bücher Ratdolts Illustrationen gestaltet, darunter des Öfteren Farbholzschnitte.39 Er dürfte also mit Ratdolts Errungenschaften vertraut gewesen sein. Und zu guter Letzt war es Konrad Peutinger, für den Ratdolt 1505 noch einmal Golddrucke anfertigte, als er einige Vorzugsexemplare von dessen Inschriftensylloge anfertigte. Als Lucas Cranachs Holzschnitt mit der Darstellung des Heiligen Georg 1507 in Augsburg eintraf, werden Peutinger und Burgk­ mair deshalb weniger die drucktechnische Leistung, sondern die Idee gewürdigt haben, das Verfahren für die Herstellung von Bildern anstelle von Texten einzusetzen, um sie mit Glanzeffekten auszustatten, die zuvor nur mithilfe von Teigdrucken möglich waren. Die frühen Versuche, Golddruck zu erproben, ereignen sich im Kontext der individualisierenden Anpassung von gedruckten Büchern: Bei der großen Zahl an illuminierten Inkunabeln reicht das Spektrum von einfachen Bemalungen, die von den einstigen Besitzern selbst ausgeführt wurden, bis hin zu aufwendigen Miniaturen, bei denen kräftige Deckfarben und Goldhöhungen zum Einsatz kamen. Gerade diese letzte Art der Illuminierung, die in manchen Fällen darunter befindliche Holzschnitte überlagert und im Schwarzweiß der gedruckten Textseiten erlesene Akzente setzt, ist typisch für Buchstiftungen.40 Eine Überlegung wird es hier gewesen sein, den gedruckten Kodex als mechanisch reproduziertes Produkt durch individuelle Zutaten aufzuwerten, die mit der Person des Stifters verbunden waren. Nicht zufällig sind oft deren Wappen Bestandteil der Buchmalereien. Eine entsprechende Individualisierung konnte aber auch dort geschehen, wo ein gedrucktes Buch verschenkt und gleichzeitig durch maßgeschneiderte Bildausstattung an denjenigen angepasst wurde, dem es dediziert wurde.

39 U. a. das Breviarium Frisingense von 1491 (ISTC ib01162000) und das Missale Pataviense von 1505 (VD 16 M 5582). 40 Dazu Karl-Georg Pfändtner, „Masse Exklusiv – Funktion und Gebrauch illuminierter Inkunabeln und Drucke des deutschsprachigen Raums im 15. und 16. Jahrhundert“, Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 58 (2009): 205–24, 214–17.

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Für die hier im Vordergrund stehende Frage ist von Interesse, dass bei solchen Eingriffen ins Buch häufig Goldapplikationen zum Einsatz kamen. Nicht nur der Wert und der Glanz, sondern auch der handwerkliche Aufwand, der erforderlich war, um Metallauflagen anzubringen, und zuletzt der nobilitierende Gebrauch der Chrysographie in spätantiken und mittelalterlichen Handschriften41 werden dazu beigetragen haben, Goldhöhungen zu verwenden. In diesem Umfeld sind vermutlich die Gründe zu suchen, warum bereits im 15. Jahrhundert Anstrengungen unternommen wurden, Texte in Gold zu drucken. Denn was Ratdolt, Cranach und Burgkmair verbindet, ist die exklusive Gestaltungsform, die sich an erlesene Adressaten richtet. Erhard Ratdolt entwickelte das Verfahren, mit Blattgold zu drucken, während seiner Tätigkeit in Venedig. Verwendet hatte er es in seiner Euklid-Ausgabe von 1482.42 Wichtig ist dabei aber nicht nur die innovative Technik, sondern auch der Zweck, dem sie dient: Denn der erste Golddruck ist keineswegs für die ganze Auflage eingesetzt worden, sondern nur, um in einzelnen Exemplaren einen Widmungsbrief an den Dogen Giovanni Mocenigo auszuzeichnen. Mit dem neuen Druckverfahren und der kostbaren Anmutung wandte sich Ratdolt also an eine mäzenatisch tätige Elite, die er vermutlich auf sein handwerkliches Können aufmerksam machen wollte. In Venedig, das für Gelehrte wie Peutinger als Zentrum des Buchdrucks im Zeichen des Humanismus galt, entstanden in der Folgezeit auch Bücher für den Augsburger Markt, in denen Ratdolt mit mehrfarbigen Holzschnitten arbeitete.43 Von Italien aus sandte er zwei Jahre später in ganz passender Weise ein mit Golddruck ausgezeichnetes Euklid-Exemplar dem Augsburger Karmeliterkloster44 als Geschenk, bevor er 1486 in die alte Heimat zurückkehrte, wo er sich mit dem Druck liturgischer Schriften beschäftigte. Deshalb dürfte dieses Geschenk dazu beigetragen haben, bereits vor der Rückkehr sein Talent in Augsburg bekannt zu machen. Ebenfalls für einen exklusiven Adressaten entstand dort bald ein mit mehreren Farbstöcken gedrucktes Portrait

41 Vera Trost, Gold- und Silbertinten: Technologische Untersuchungen zur abendländischen Chrysographie und Argyrographie von der Spätantike bis zum hohen Mittelalter (Wiesbaden: Harrassowitz, 1991). 42 Elementa geometriae, Venedig: Erhard Ratdolt, 25.5.1482 (ISTC ie00113000; ein Digitalisat des Exemplars der Bayerischen Staatsbibliothek ist zu finden unter: urn:nbn:de:bvb:12-bsb00037426–7). Zu den Golddrucken Ratdolts siehe u. a. Victor Carter, Lotte Hellinga und Tony Parker, „Printing with gold in the fifteenth century“, The British Library Journal 9 (1983): 1–13; Claus W. Gerhardt, „Wie haben Ratdolt und Callierges Ende des 15. Jahrhunderts in Venedig ihre Drucke mit Blattgold hergestellt“, Gutenberg Jahrbuch 59 (1984): 145–50. 43 Breviarium Augustanum, Venedig 30.4.1485 (ISTC ib01146900); dazu Savage, „Colour Printing in Relief “, 30–31; zu den Farbdrucken Ratdolts siehe ebd., 29–32 und zuletzt u. a. Elizabeth Savage, „New evidence of Erhard Ratdolt’s working practices: The after-life of two red frisket-sheets from the Missale Constantiense (ca. 1505)“, Journal of the Printing Historical Society, New Series 22 (2015): 81–97. 44 Pfändtner, „Masse Exklusiv“, 217.



Farbe, Gold und Teig

Friedrichs von Zollern, der seit 1486 Bischof von Augsburg war.45 1488 gelang dann in Ratdolts Offizin auch der erste heute bekannte Druck, in dem Goldfarbe anstelle von Blattgold verwendet wurde: Johannes von Thuroczs Chronica Hungarorum.46 In diesem Fall wandte sich Ratdolt mit seiner Meisterleistung an den ungarischen König Matthias Corvinus, denn in zwei Pergamentexemplaren dieses Buchs, welche aus der Bibliotheca Corviniana stammen, ist die Widmungsvorrede des Herausgebers Theobald Feger an den König in Gold gedruckt.47 Und da die Vorrede nicht nur den sorgfältigen Druck sondern auch die schönen Illustrationen48 lobt, hob der goldglänzende Text der Vorzugsausgabe die Leistung Ratdolts besonders hervor. Mit dieser Art Wirkung rechneten wohl auch die am sächsischen und kaiserlichen Hof in Umlauf gebrachten Golddrucke Cranachs und Burgkmairs. Was für die Frage nach der Entstehung des Golddrucks aus diesen Beispielen deutlich wird, ist, dass nicht allein die technische Erfindung ausschlaggebend ist, sondern das Anspruchsniveau und der hochrangige Empfängerkreis, dem ein zwar mechanisch reproduziertes, aber dennoch nur in wenigen Exemplaren hergestelltes Werk dediziert wird. Das virtuose berufliche Können des Druckers, der ein solches Werk zueignet, nimmt demnach die Gestalt einer exklusiven Kostbarkeit an. In den folgenden Jahren wurde diese Idee der besonders gestalteten Drucke für die höfische Repräsentation von Maximilian I. genutzt.49 Dazu gehören die auf Pergament gedruckten Vorzugsexemplare des 1517 erschienenen Theuerdank, die als Geschenke an Persönlichkeiten aus Maximilians Umfeld dienten.50 Ein charakteristisches Beispiel dafür, wie die Exklusivität der drucktechnischen Herstellung mit der dem Kaiser vorbehaltenen Theuerdank-Fraktur und traditionellen Formen der Buchausstattung zusammenwirken kann, ist das Exemplar der Universitätsbibliothek

45 Obsequiale Augustense, Augsburg: Erhard Ratdolt, 1.2.1487 (ISTC io00001000). 46 Johannes de Thurocz: Chronica Hungarorum, Augsburg: Erhard Ratdolt für Theobald Feger, 3.6.1488 (ISTC it00361000). 47 Budapest, Bibl. nat. 1143 und 1143b (Géza Sajó und Erzsébet Soltész (Hg.), Catalogus incunabulorum quae in bibliothecis publicis Hungariae asservantur, 2 Bde. (Budapest: Academia scientiarum Hungarica 1970), 991–992, Nr. 3324); dazu ausführlich in: Arpád Mikó und Edina Zsupán, Mátyás Corvinái a Nemzet Könyvtárában (Budapest: Kossuth Kiadó 2008), 141–144; ein Digitalisat findet sich unter: http://oszkdk.oszk.hu/DRJ/2599#. 48 „Addidi et non parum venustas picturas: quo legendi labor picturae varietate leuatus gratior omnibus occurreret.“ 49 Welzel, „Zur Vielfältigkeit eines Bildmediums“, 182–83; Pfändtner, „Masse Exklusiv“, 220–23. 50 Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberuembten helds vnd Ritters herr Tewrdannckhs […], Nürnberg: Johann Schönsperger d. Ä. 1517 (VD 16 M 1649). Dazu u. a. Falk, Biedermann, Geissler, Hans Burgkmair, Kat. Nr. 175; Welzel, „Zur Vielfältigkeit eines Bildmediums“, 183.

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Innsbruck.51 Es stammt aus dem Besitz des Pfennigmeisters von Maximilian I., Ulrich Pfinzing, dessen Bruder Melchior an der Bearbeitung des Textes mitgewirkt hatte, und wurde mit aufwendiger Kolorierung geschmückt. Bereits zwei Jahre zuvor war mit dem Hodoeporicon von Riccardo Bartolini,52 welches die Reise des damaligen Bischofs von Gurk, Matthäus Lang, zum Wiener Fürstentag beschreibt, ähnlich verfahren worden. Auch hier wurden Pergamentexemplare gedruckt, von denen einzelne für bedeutende Kongressteilnehmer Kolorierungen erhielten. Obwohl es Zufall sein mag, so ist doch bemerkenswert, dass ausgerechnet Matthäus Lang,53 dessen Familie aus Augsburg stammte, der bereits unter Friedrich III. in der kaiserlichen Kanzlei gearbeitet hatte und ein einflussreicher Ratgeber von Maximilian I. war, als Adressat eines weiteren Golddrucks bekannt ist. Denn sein mit Goldhöhungen ausgezeichnetes und mehreren Farb­ platten gedrucktes Wappen zieren Vorzugsexemplare von Ludwig Senfls Liber selectarum cantionum, eine großformatige Ausgabe mit Notendruck, die von Sigmund Grimm und Marx Wirsung in Augsburg gedruckt wurde.54 Senfl war Mitglied von Maximilians Hofkapelle, und kein Geringerer als Konrad Peutinger verfasste das Vorwort. Auch dieser Golddruck stammt also aus dem Umfeld der kaiserlichen Hofkultur, ist im Zentrum des frühen Farbdrucks – Augsburg – entstanden und zudem unter Beteiligung von Peutinger, der als Koordinator der Druckprojekte Maximilians und als Initiator der frühen Golddrucke Burgkmairs wirkte. Hier zeichnet sich erneut ab, dass diese Werke weniger auf die gestalterischen Impulse der ausführenden Künstler, sondern wohl eher auf die Interessen der involvierten Vertreter des kaiserlichen Hofs zurückzuführen sind, die hinter diesen Initiativen der kulturellen Repräsentation des Hauses Habsburg stehen.

51 Innsbruck, Universitätsbibliothek (42. B. 2); zu diesem Band u. a. Wilfried Seipel, Hispania – Austria: Die Katholischen Könige, Maximilian I. und die Anfänge der Casa de Austria in Spanien, Kunst um 1492, Ausstellung Innsbruck, Schloss Ambras und Wien, Kunsthistorisches Museum, 3.7.–20.9.1992, (Mailand: Electa, 1992), 309–10, Nr. 125 und zuletzt kurz: Beate Böckem, Jacopo de’ Barbari: Künstlerschaft und Hofkultur um 1500 (Köln u. a.: Böhlau, 2016), 233, Anm. 430. 52 Riccardo Bartolini: ODEporicon (…), Wien: Hieronymus Vietor, Johannes Wiedemann, 1515 (VD 16 B 569). 53 Zu Matthäus Lang siehe u. a.: Contemporaries of Erasmus: A biographical register of the Renaissance and Reformation, hg. von Peter G. Bietenholz, 3 Bde. (Toronto: University of Toronto Press, 1985– 1987), Bd. 2, 289. 54 Ludwig Senfl: LIBER SELECTARVM CANTIONVM QVAS VVLGO MVTETAS APPELLANT (…), Augsburg: Sigmund Grimm und Marx Wirsung 1520 (VD 16 S 5851); ein Exemplar mit dem Wappen in Farbdruck befindet sich in Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek (Ra 16 Lib 1; http://digital.‌wlb-stuttgart.de/purl/bsz370164814); Elisabeth Giselbrecht und Elizabeth Upper (Savage), „Glittering Woodcuts and Moveable Music: Decoding the Elaborate Printing Techniques, Purpose and Patronage of the Liber selectarum cantionum (1520)“, Senfl-Studien 1 (2011): 17–67.



Farbe, Gold und Teig

Ein weiteres Mal bestätigt sich dies, wenn man die beiden verbleibenden Golddrucke berücksichtigt, die bislang noch nicht erwähnt wurden.55 Denn auch sie stammen aus diesem Umfeld. Zum einen handelt es sich um die Kopie nach Albrecht Dürers Portrait-Holzschnitt Kaiser Maximilians, der nach dessen Tod mit einer Goldhöhung gedruckt wurde. Exemplare dieses Drucks befinden sich in Bamberg und Gotha.56 Etwa zur gleichen Zeit entstand der auf Pergament und mit Goldhöhung gedruckte Portraitholzschnitt, der Maximilians Nachfolger Karl V. zeigt und 1519 vermutlich aus einer Zusammenarbeit von Hans Weiditz, Jost de Negker und der Offizin von Grimm und Wirsung hervorging.57 Elizabeth Savages Vermutung, dass es Karls mangelndes Interesse an der Förderung von Druckprojekten war, die der kurzen Blüte des Golddrucks in den beiden ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ein Ende bereitete, verweist in die bereits angedeutete Richtung: Die Golddrucke sind eng an das höfische Milieu unter Maximilian I. gebunden. Blickt man noch einmal zurück auf die Zeitspanne, in der Golddrucke hergestellt wurden, so wird dieser Eindruck bekräftigt. Zwar beginnt sie am kursächsischen Hof, doch wird die Idee in zeitlicher Nähe zu Maximilians Annahme des Kaisertitels in Augsburg aufgegriffen und von da an, so weit bekannt ist, ausschließlich dort weitergeführt. In Burgkmairs Holzschnitten wird das Motiv des Reiters zudem in eine Form gebracht, die dem antiken Vorbild des berittenen Herrschers folgt und so für die Repräsentation Kaiser Maximilians besonders geeignet war. Der exklusive Adressaten­ kreis bleibt dabei und in späteren Graphiken auf den Habsburger und Akteure aus seiner engeren Umgebung konzentriert. Dort, wo solche Golddrucke zum Einsatz kommen, scheinen sie durchweg von Praktiken der höfischen Repräsentation bestimmt, um dem Anspruch auf Magnifizenz bildlichen Ausdruck zu verleihen. Vom ersten bis zum letzten Moment war es zudem Konrad Peutinger, der meist in das Zustandekommen der Golddrucke involviert war. Während die ausführenden Künstler wechseln, scheint bei den Buchprojekten, in denen mit Golddrucken experimentiert wurde, eine Kontinuität vorzuherrschen, bei der das technische Können auf die Offizinen von Ratdolt sowie später Grimm und Wirsung beschränkt blieb. In Anbetracht der langjährigen Verbindungen zwischen Burgkmair und Ratdolt, die beide in Kontakt mit Peutinger standen, liegt die Vermutung nahe, dass Ratdolt bei der Herstellung der 1508 entstanden Golddrucke zumindest beratend beteiligt gewesen sein

55 Eine kurze Zusammenstellung aller Golddrucke bietet bereits Dodgson, „Rare Woodcuts“, 68–69. 56 Bamberg, Staatsbibliothek (Inv. Nr. I G 55) und Gotha, Stiftung Schloss Friedenstein, Kupferstich­ kabinett (Inv. Nr. 8, 26). Zu diesem Portraitholzschnitt siehe Geisberg, „Die Holzschnittbildnisse“ und zuletzt Grebe, „Dürer in Chiaroscuro“. 57 Zu diesem Holzschnitt, der in einem Exemplar des British Museums (1862.0208.55) überliefert ist, ausführlich: Elizabeth Savage, „Jost de Negker’s Woodcut Charles V (1519): An Undescribed Example of Gold Printing“, Art in Print 5, 2 (2015): 9–15.

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könnte. Die eingangs im Vordergrund stehende Frage nach der „Erfindung“ des Golddrucks ist unter diesen Vorzeichen zu eng gefasst. Die technischen Voraussetzungen liegen in der experimentierfreudigen Phase der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der sowohl die metallgehöhten Teigdrucke als auch die Golddrucke in Ratdolts Inkunabeln, entstanden. Die ambitionierte Hofkultur Maximilians war ein angemessener Rahmen, in dem die prachtvolle Wirkung der Werke von Cranach, Burgkmair und ihren Nachfolgern erprobt werden konnte.

Iris Wenderholm

Hell/Dunkel/Grau Rilievo schiacciato und chiaroscuro



Chiaroscuro is by no means confined to dark pictures; […]. It may be defined as that power which creates space; we find it everywhere and at all times in nature; opposition, union, light, shade, reflection, and refraction all contribute to it.1

John Constable definiert 1836 in seiner dritten Lecture vor der Royal Academy, was chiaroscuro für ihn bedeutet: vor allem die Kraft (power), Plastizität und Raum zu erschaffen. Dies ist eine Definition, die ähnlich bereits bei Leon Battista Alberti begegnet, wo die Kraft (vis) an den Akt der compositio und die Naturnachahmung gebunden ist.2 Diesen Gedanken fortführend, begreift Constable chiaroscuro als visuelle Qualität von Natur überhaupt und als Voraussetzung für das Sehen und Erkennen von Differenz. Im Folgenden sei anhand eines singulären Werkes der Frühen Neuzeit die Frage untersucht, wie Hell und Dunkel medial und ästhetisch eingesetzt werden können. Das Besondere an dem vorliegenden Beispiel ist, dass es innerhalb eines einzigen Werkes, aber mit Hilfe von zwei verschiedenen Bildmedien, chiaroscuro als 1 Lecture III (9. Juni 1836), zit. nach Charles R. Leslie, Memoirs of the Life of John Constable (London: Longman, 1845), 347; vgl. Werner Busch, Das unklassische Bild. Von Tizian bis Constable und Turner (München: Beck, 2009), 223. 2 „Was nun meine Person betrifft, so kommt mir überhaupt nicht als Maler vor (oder bestenfalls als ein mittelmäßiger), wer nicht vollkommen einsieht, was Schatten und Lichter insgesamt auf den verschiedenen Flächen je ausrichten. […] Man möge ganz besonderen Eifer darauf verwenden, diejenigen Flächen kennenzulernen, auf denen sich Licht oder Schatten niedergelassen haben. Trefflich werden uns darin die Natur und die Gegenstände selbst unterrichten.“ (De pictura II, 46, zit. nach Leon Battista Alberti, Das Standbild  –  Die Malkunst  – Grundlagen der Malerei, hg. von Oskar Bätschmann und Christoph Schäublin (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000), 283.

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Abb. 1  Fra Bartolomeo und Donatello, Pugliese-Triptychon, um 1498/1425–35, Florenz, Uffizien und Boston, Museum of Fine Arts (Rekonstruktion nach Wilkins 2002).

Bildmittel verwendet. Wie zu zeigen sein wird, ist dies nur im Kontext des frühneuzeitlichen Kunstdiskurses zu verstehen. Die bei Constable auf optische Grundlagen gestellte Kraft dürfte bei dem vorliegenden Bildbeispiel zudem eine literarische Komponente besitzen, in der die raumschaffende Kraft zuerst eine verlebendigende Kraft ist. Es sei hier der Frage nachgegangen, ob es sich bei dem Einsatz von chiaroscuro um ein hierarchisierendes Prinzip handeln kann.

cosa rarissima – Das Pugliese-Triptychon im Urteil der Zeitgenossen Durch Giorgio Vasari ist bekannt, dass sich einst ein kleines Triptychon im Besitz des Florentiner Kaufmanns Piero del Pugliese befunden hat, das ein zunächst recht sonderbar anmutendes Konstrukt darstellt (Abb. 1).3 Wie Vasari sowohl in der Vita Fra Bartolomeos als auch in derjenigen Donatellos berichtet, handelte es sich dabei um ein Werk, bei dem ein Flachrelief von Donatello mit Flügeln „di chiaro e scuro“ von der Hand des Fra Bartolomeo gerahmt wurde (Taf. XXI), ein älteres Werk also nach3 Dazu ausführlich Iris Wenderholm, Bild und Berührung. Skulptur und Malerei auf dem Altar der italienischen Frührenaissance (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2006), 144–48 und Anhang Kat. 22.

Hell/Dunkel/Grau

Abb. 2  Jan van Eyck, Verkündigungsdiptychon, ca. 1435/38, Madrid, Museo Thyssen-­Bornemisza.

träglich mit moderner Malerei ergänzt wurde.4 Als formale und funktionale Referenz für dieses Triptychon aus dem privaten Kontext des Pugliese-Palastes liegt hier die frühe niederländische Malerei mit vielen Beispielen monochromer Flügel nahe, von denen einige durch die engen Handelsbeziehungen zu Flandern nach Florenz und in andere nord- und mittelitalienische Städte gelangten (Abb. 2).5 Das Pugliese-Triptychon hat sich in seiner ursprünglichen Zusammenstellung nicht erhalten und kann nur hypothetisch rekonstruiert werden. Über die Zuweisung der Flügel herrscht Klarheit: Die Tafeln zeigen auf den Außenflügeln die Darstellung der Verkündigung an Maria in monochromer Malerei, während die Innentafeln die Anbetung des Kindes sowie die Beschneidung in polychromer Malweise zeigen. Sie befinden sich heute in den Uffizien in Florenz. Die Identifizierung des Reliefs ist weit4 Laut Filippo Baldinucci, der chiaroscuro in seinem Vocabolario toscano aufführt, ist der Begriff dabei gleichbedeutend mit „monochromato“, kann also ohne weiteres auf Fra Bartolomeos Seitenflügel in den Uffizien bezogen werden. Filippo Baldinucci, Vocabolario toscano dell’Arte del disegno (Florenz: Per Santi Franchi al segno della Passione, 1681), 33, s. v. chiaroscuro. 5 Dazu siehe den Überblick in Ingrid Alexander-Skipnes, Cultural exchange between the Low Countries and Italy (1400–1600) (Turnhout: Brepols, 2007) sowie von Michael Rohlmann, „Flanders and Italy, Flanders and Florence. Early Netherlandish painting in Italy and its particular influence on Florentine art. An overview“, in Italy and the Low Countries – artistic relations, hg. von Victor M. Schmidt und Gert Jan van der Sman (Florenz: Centro Di, 1999), 39–67.

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Abb. 3  Desiderio da Settignano, Madonna Dudley, London, Victoria & Albert Museum.

aus schwieriger. Von der Forschung werden zwei Werke als möglich erachtet: Donatellos Relief der Madonna delle nuvole im Museum of Fine Arts in Boston (Taf. XXII) oder das ursprünglich Donatello zugeschriebene, heute Desiderio da Settignano zu­erkannte Relief der Madonna Dudley im Victoria and Albert Museum in London (Abb. 3).6 In beiden Fällen handelt es sich um Darstellungen der Muttergottes, die sich durch ihr extrem flaches Relief und ihre stark geritzte Binnenzeichnung auszeichnen. Die Vermutung liegt nahe, dass Fra Bartolomeos Flügel, die rund 70 Jahre nach dem Relief entstanden sind, mehr beisteuern als eine funktionale Ergänzung des Madonnenreliefs und einen paragonalen Diskurs eröffnen. Dabei wird von der Hypothese ausgegangen,

6 Zu der Debatte vgl. zusammenfassend Gloria Fossi, Uffizi: Art, history, collections (Florenz: Giunti, 2004) mit Verweis auf die neueren Forschungen sowie grundlegend Georg Swarzenski, „Donatello’s Madonna in the Clouds and Fra Bartolommeo“, Bulletin of the Museum of Fine Arts 40 (1942): 64–77; Artur Rosenauer, Donatello (Mailand: Electa, 1993), 106, Kat. 22 und David G. Wilkins, „Opening the Doors to Devotion: Trecento Triptychs and Suggestions concerning Images and Domestic Practice in Florence“, in Italian Panel Painting of the Duecento and the Trecento, hg. von Victor M. Schmidt (Washington: National Gallery of Art, 2002), 381–83.

Hell/Dunkel/Grau

Abb. 4  Filippino Lippi, Die Vision des Heiligen Bernhard, 1485 (ehem. Florenz, S. Maria alle Campora), Florenz, Badia (S. Maria Assuntanella).

dass das malerische und das plastische chiaroscuro in Relation gesetzt werden und das Relief als jegliche Körperlichkeit negierend, die Augen blendend inszeniert wird. Eine der Voraussetzungen für die Entstehung des intermediären Tabernakels dürfte der humanistisch-gelehrte Umkreis des mutmaßlichen Auftraggebers Piero del Pugliese sein.7 Sein Engagement für bedeutende Retabelstiftungen ist bekannt, so tritt er als Stifter oder im Rollenporträt in Werken des Piero di Cosimo, Filippino Lippi und anderer bedeutender Maler der Zeit auf (Abb. 4). Piero del Pugliese übernahm die höchsten politischen Ämter der Stadt Florenz und war als Seidenhändler international vernetzt, kann also der frühen niederländischen Malerei als Handelsgut begegnet sein. Sein spezifisch literarisches Interesse manifestiert sich in einer eigenhändig hergestellten Abschrift von Vergils Aeneis. 7 Zu Piero del Pugliese vgl. Dennis Geronimus, Piero Di Cosimo: Visions Beautiful and Strange (New Haven: Yale Uni. Press, 2006), 193 ff.; Jill Burke, Changing patrons. Social identity and the visual arts in Renaissance Florence (University Park, Pa: Pennsylvania State Univ. Press, 2004).

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Giorgio Vasaris Beschreibung des Triptychons verrät seine Wertschätzung des Stückes, die vermutlich auch vor dem Hintergrund seines großen Interesses an den zeitgleichen Debatten um den Paragone zu erklären ist: In der Vita des Donatello heißt es, dieser schuf „[…] eine Madonna mit dem Kind im Arm, die in Marmor als rilievo schiacciato ausgeführt und unvergleichlich schön ist, vor allem, weil sie ein rahmendes Tabernakel aus wundervollen Miniaturszenen umgibt, die Fra Bartolomeo gestaltet hat […].“8 Aus seinem sonst oftmals objektivierenden Stil, in dem Vasari die Erzeugnisse seiner Zeitgenossen und ihrer Vorgänger aufreiht, bricht er an dieser Stelle bewusst aus: So ist es in der Vita Fra Bartolomeos eine „cosa rarissima“, die Donatellos Relief darstelle, während er Fra Bartolomeos Werk als ein Ölgemälde erwähnt, „che non è possibile a olio poter far meglio“ und als „mirabili“ bezeichnet. Und auch Donatellos Relief sei von einer Form, „de la quale non è possibile vedere cosa più bella“. Die medialen Eigenheiten fasst Vasari dabei in prägnante Begriffe: Es sei ein Tabernakel mit einem Madonnenrelief „di bassissimo rilievo“ bzw. aus „marmo di schiacciato rilievo“, also gepresstem Relief, das von zwei sportellini „dipinse pure a olio di chiaro e scuro“ gerahmt werde, „per maggiormente onorarla“ oder, wie es in der Vita Donatellos heißt, als „fornimento“. Es kann festgehalten werden, dass es Vasari nicht um eine Betonung der Differenz der Medien geht, sondern um Einzigartigkeit, Kostbarkeit und Kunstfertigkeit des Ensembles. Durch seinen Verweis auf den Rahmen, fornimento, und die Hoheitsformel der Flügel in „chiaro e scuro“, die Donatellos Relief rahmen, wird das Tabernakel von Vasari primär als Kunstprodukt vorgestellt und seine besondere Bildform herausgestellt. Bei beiden Teilen des Triptychons handelt es sich um Kunstwerke, in denen sich die Künstler in technischer Hinsicht besonders hervorgetan hatten: Donatello mit der Erfindung des rilievo schiacciato und Fra Bartolomeo mit seinem Experimentieren in monochromer Malerei. Fra Bartolomeos Flügel rahmen Donatellos Relief nicht nur und bezeugen durch die vorgebrachte Wertschätzung eine erste Donatello-Renaissance, sondern reflektieren dessen spezifische Objekthaftigkeit und Materialität. Dabei liefert die Tatsache, dass Fra Bartolomeo laut Vasari mit kleinen plastischen Holzmodellen arbeitete, an denen er für die größere Erzeugung von Lebensnähe und Lebendigkeit Licht und Schattenverteilung studieren konnte, ein Argument für die Annahme, dass von einem medien­ reflexiven Bewusstsein seines künstlerischen Arbeitens auszugehen ist.9 Gesteigert 8 Zitiert nach Giorgio Vasari, Das Leben des Donatello und des Michelozzo, hg. von Ulrich Pfisterer (Berlin: Wagenbach, 2013), 47–49. 9 „Aveva openione fra’ Bartolomeo, quando lavorava, tenere le cose vive innanzi, e per poter ritrar panni et arme et altre simil cose fece fare un modello di legno grande quanto il vivo che si snodava nelle congenture, e quello vestiva con panni naturali; dove egli fece di bellisime cose […].“ Zit. nach Giorgio Vasari, Le Vite de’ più eccellenti Pittori Scultori e Architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, hg. von Ro-

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Abb. 5  Donatello, Cavalcanti-Verkündigung, um 1435, Florenz, S. Croce.

wird diese Beobachtung, wenn man die Tatsache zugrundelegt, dass Fra Bartolomeo ein ganz konkretes plastisches Bild für seine monochrome Verkündigungsdarstellung vor Augen stand, auf das er sich zu beziehen scheint: Donatellos Hochrelief der Cavalcanti-Verkündigung (Abb. 5), zu der Fra Bartolomeos Flügel durch Raumkonzeption, Zweiteilung der Bildebene und Körperhaltung der Protagonisten in erstaunlicher formaler Nähe stehen.10

Konzepte von Raum in chiaroscuro Wenn mit Donatellos Cavalcanti-Verkündigung eine bekannte Bildfindung aufgegriffen wird, so ist dies für die Raumkonzeption des intermediären Pugliese-Triptychons bedeutend. Die Malerei der Schrein-Außenflügel nimmt nicht nur die monochrome Tonalität des Cavalcanti-Reliefs auf, sondern reflektiert auch dessen spezifische Konzeption von Raum und Körper: Berücksichtigt man den Kompositcharakter des Trip

sanna Bettarini und Paola Barocchi, 6 Bde. (Florenz: Sansoni, 1966–1987), hier Bd. 4 (1568/1976), 101, ausführlicher zu der Stelle auch Wenderholm, Bild und Berührung, 59. 10 Diese Beobachtung verdanke ich Wolf-Dietrich Löhr.

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tychons mit den monochromen Außenflügeln und dem rilievo schiacciato als Hauptbild, so scheint in der Gesamtwirkung die Negierung von Räumlichkeit entscheidend zu sein. Dies wird in Fra Bartolomeos Flügeln vor allem in der Darstellung des Wandbereichs sichtbar, da dieser nicht weiter gestaltet oder räumlich differenziert ist, sondern als fingierte Steinwand stehengelassen wurde. Hier ist die Wandfläche und sogar der Fußboden, der in vergleichbaren Gemälden der Zeit meist mit Marmor- oder Terrakottafliesen bedeckt ist, als monochrome, durchgehende Steinfläche gezeigt. Bis auf einen kaum erkennbaren Türdurchblick in der Bildmitte, der das Medium der Malerei mit seinen Möglichkeiten des perspektivischen Fensterausblicks thematisiert, konzentriert sich Fra Bartolomeo allein auf die vor der Wand dargestellten Protagonisten und modelliert mit Weiß und Schwarz allein die Körper der Figuren aus dem als flach begriffenen, einfarbigen Bildfeld heraus. Das rilievo, das er durch die Hinzufügung von Licht und Schatten erzielt, gilt in der Frühen Neuzeit als das zentrale Kriterium für die Erzeugung von Lebensnähe.11 Als Beleg für die Festschreibung der vorgängigen kunsttheoretischen Debatten sei Filippo Baldinucci angeführt, der rilievo als „Termine di Pittura, e dicesi quella pittura aver rilievo, la quale, a forza di bene aggiustati lumi ed ombre, sembra esser rilevato dal piano“12 definiert. Mit dem „sembra esser“ verweist Baldinucci auf die Potentialität der Malerei, aus der gelungenen Verteilung von Licht und Schatten Körperlichkeit und Raumhaltigkeit auf flachem Grund erzeugen zu können. Das entscheidende Kriterium in der im frühen Cinquecento einsetzenden Paragone-­ Debatte lag vor allem in der Plastizität und damit unterstellten Naturnähe der Medien Skulptur und Malerei. Bewertungsmaßstab war hierbei das fingierte oder tatsächliche rilievo einer Figur, das durch Licht und Schatten, ombre e lumi, erzeugt wurde: War dies in Baldassare Castigliones Il Cortegiano ein Argument für den höheren Rang der Malerei, da nur sie Licht und Schatten hervorbringen und formen könne,13 kann jedoch anhand von Donatellos Werken in rilievi schiacciati gezeigt werden, dass auch ein skulpturales Bildmedium über eine dezidierte Hell-Dunkel-Regie verfügen konnte, da diese Form des extremen Reliefs das Licht reflektierte, einfing und wie eine Linie lenkte. In der Verteilung von chiaro e scuro, und damit in der Ausbildung von fingierter Dreidimensionalität und Körperlichkeit, orientiert sich Fra Bartolomeo an den spezifischen Eigenschaften des hinter den Flügeln verborgenen Flachreliefs und tritt mit diesem, so die Annahme, in einen Dialog. Hier ist darauf hinzuweisen, dass sich sowohl 11 Zur Begriffsgeschichte von rilievo als Eigenschaft von Skulptur und Malerei sowie als Gattungsterminus für das Relief siehe Andrea Niehaus, Florentiner Reliefkunst von Brunelleschi bis Michelangelo (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1998), besonders 17–45. 12 Baldinucci, Vocabolario toscano dell’Arte del disegno, 135, s. v. rilievo. 13 Zitat nach Wenderholm, Bild und Berührung, 16, Anm. 119 (Castiglione I. Buch Kap. 51).

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Donatellos als auch Desiderios Reliefs dadurch auszeichnen, dass auf ihnen in sehr graphischer Weise Schatten erzeugt wird, indem Dunkelheit von den weich gearbeiteten Übergängen eingefangen wird, und der Gesamteindruck eher derjenige einer gleißend-hellen, polierten Marmoroberfläche mit feinen Linien ist. Die Nähe von rilievo schiacciato und disegno bzw. circonscrizione ist frappierend und wurde auch von Giorgio Vasari gesehen, der auf die „amor de’ contorni“ dieses feinsten Reliefstils hinwies.14 Die Umrisslinien, die in dem Relief viel eher die Körper definieren als plastische Tiefe erzeugen, werden in den Flügeln aufgenommen und malerisch weiterentwickelt. Im Medium des monochromen Bildes wird dabei paradoxerweise mehr Schatten erzeugt als im plastischen Medium des Reliefs. Dies fällt vor allem bei der Darstellung der Muttergottes auf, deren Gesten teilweise diejenigen des Reliefs spiegeln, durch die malerischen Mittel jedoch subtil mit mehr Volumen ausgestattet werden, wohingegen im Flachrelief alle Körperlichkeit entzogen wird und das Volumen vielmehr als fingierte Zweidimensionalität und präzise plastische Zeichnung auftritt. Fra Bartolomeos Behandlung des chiaroscuro soll hier als hierarchisierend bezeichnet werden, da er eine mediale Steigerung zwischen Malerei und Relief erschafft.15

Stufen des Verstehens – gleißende Inkarnation Die Szene der Verkündigung erstreckt sich über zwei Bildhälften. Im Gegensatz zu den bekannten Bildlösungen der frühen niederländischen Malerei handelt es sich jedoch bei Fra Bartolomeos Flügeln nicht um fingierte Skulpturen, sondern, wie ausge14 So heißt es in dem der Malerei zugeordneten 25. Kapitel der Einführung in die drei Künste des disegno (Introduzione alle tre arti del disegno cioè architettura, pittura e scoltura, e prima dell’architettura (1568)): „Den Malern zufolge ist der chiaroscuro eine Form der Malerei, die mehr zum disegno tendiert als zum Kolorit, da er durch die Nachahmung von Statuen aus Marmor, Bronze und anderem Steinmaterial entstanden ist.“ (zitiert nach Giorgio Vasari, Einführung in die Künste der Architektur, Bildhauerei und Malerei. Die künstlerischen Techniken der Renaissance als Medien des disegno, hg. von Matteo Burioni (Berlin: Wagenbach, 2006), 120. Dazu grundlegend Roland Kanz, „Linien rahmen Körper. Albertis circonscrizione und Donatellos Konturschatten im rilievo schiacciato“, in Rahmen zwischen Innen und Außen. Beiträge zur Theorie und Geschichte, hg. von Hans Körner und Karl Mösen­eder (Berlin: Reimer, 2010), 100. Kanz, 93 f., weist darauf hin, dass Alberti in seinem Malereitraktat den Begriff der circonscrizione demjenigen des disegno in seiner Definition der vorbildlichen historia vorzieht. Dies führt Kanz auf den bedeutenden Rang zurück, der circonscrizione innerhalb eines perspektivisch konstruierten Raumes für die Erfassung eines Körpers zukommt. 15 Voraussetzung für diese Annahme ist, chiaroscuro als rhetorisches Bildmittel zu begreifen, wie es zuerst David Summers getan hat, da durch das sorgfältig komponierte chiaroscuro Highlights und visuelle Betonungen gesetzt werden; vgl. David Summers, „Chiaroscuro, or the rhetoric of realism“, in Leonardo da Vinci and optics. Theory and pictorial practice, hg. von Francesca Fiorani und Alessandro Nova (Venedig: Marsilio, 2013), bes. 31 ff.

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führt, um ein fingiertes Relief, vielleicht eine Rezeption von Donatellos Cavalcanti-­ Verkündigung. Damit ist der mimetische Diskurs ein anderer: Es geht nicht um die Entlarvung der Augentäuschung, ob es sich um fingierte oder um tatsächliche Skulpturen handelt, sondern es geht um die Darstellung und Evokation eines aktiv in den Betrachterraum hineinwirkenden Geschehens, um Bildwerdung und Verlebendigung durch die Kraft des chiaroscuro, um die Vorbereitung auf das kostbare Innere, um die Erzeugung von Evidenz. Bei Fra Bartolomeos Flügeln steht das Spiel mit taktilen Qualitäten und der Sugges­ tion von Lebendigkeit im Vordergrund, da durch die Nähe des gemalten Lichts zu Wirkungsweisen des natürlichen Lichts die Licht- und Schattenverteilung als Verlängerung des Bildraums in den Betrachterraum gelesen werden kann. Das wirkungsästhetische Kalkül der Außenflügel dürfte auf eine Betonung der Wirklichkeitsnähe und Steigerung der Lebendigkeit gerichtet sein, die den Betrachter von der Tatsächlichkeit und Erreichbarkeit des künstlerisch Produzierten überzeugten. Im Moment der Öffnung des Triptychons erfolgt eine Umkehrung der Rezeptionssituation: War auf den Grisaille-Flügeln zwar durch stärkeres chiaroscuro eine größere Plastizität wahrnehmbar, die paradoxerweise nur mit malerischen Mitteln auf einem flachen Bildgrund erzeugt wurde, so erscheint im Innern ein Relief aus tatsächlich tastbarem, bearbeitetem Stein, von blendendem, gleißend-weißem Marmor, das sich dem Sehsinn zu entziehen scheint. Hier bleibt kaum ein Schatten hängen und die feinsten Qualitäten des Reliefs können eher mit dem Tast- als mit dem Sehsinn erfasst werden. Die Betrachterlenkung im Hinblick auf Enthüllung und Präsentation geschieht mithilfe unterschiedlicher Grade an chiaroscuro: dem malerischen, stärkeren chiaroscuro der Flügel und dem reliefierten, schwächeren chiaroscuro des Reliefs. Versteht man den geringer werdenden Licht/Schatten-Kontrast im Sinne einer sukzessiven Entmaterialisierung, so wäre der noch hinter Donatellos Relief liegende Zielpunkt die (innere, unsichtbare) beato visio, auf die das Triptychon hinführen soll. Denn ganz im Sinne Didi-Hubermans ist die Verkündigung nicht nur als historia zu verstehen, sondern als „Ort und Zeit eines Mysteriums“.16 Das bedeutet in dem vorliegenden Beispiel, dass trotz unterschied­licher Raumkonzeptionen durch die Technik des chiaroscuro in beiden Bildmedien ein mediales Ereignis geschaffen wird, das der Erzeugung von Evidenz dient. Dabei kommt in den Grisaille-Flügeln der Tatsache besondere Bedeutung zu, dass es sich um eine fingierte Reliefdarstellung der Verkündigung handelt, in der es auf ästhetischer und inhaltlicher Ebene um Inkarnation und Sichtbarmachung geht. Zugleich ist dem Triptychon rein strukturell mit der Möglichkeit des Öffnens der Verweis auf die potentielle Enthüllung des eigentlichen Zentrums eingeschrieben.17 Diese mediale Steigerung mit der kunstvoll eingesetzten Dramaturgie des chiaroscuro dürfte sich auf der einen Seite 16 Georges Didi-Huberman, Fra Angelico. Unähnlichkeit und Figuration (München: Fink, 1995), 70. 17 Dazu siehe Wilkins, „Opening the Doors to Devotion“.

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als rhetorisches Mittel im Medium des Bildes verstehen, auf der anderen jedoch eine inhaltliche Begründung haben. Das Verkündigungsrelief ist ein Topos des italienischen Kunstgesprächs seit Dantes Divina Commedia, so dass Fra Bartolomeo und sein Auftraggeber vermutlich sehr bewusst die Form eines (fingierten) Verkündigungsreliefs als kostbaren Rahmen und Ausgangspunkt wählten. Den Flügeln in chiaroscuro dürfte eine literarische Referenz unterliegen, die zu ihrer ästhetischen Wirkung beiträgt. In einer der Schlüsselszenen der Divina Commedia besitzt ein marmornes Relief eine dezidierte Schwellenfunktion: Am Eingang des Fegefeuers trifft Dante in Begleitung Vergils auf ein Tor mit drei Reliefs, von denen das erste die Verkündigung an Maria zeigt. Das Relief ist höchst kunstvoll gearbeitet, da es, so Dante, Gott selbst gefertigt habe:18 „[…] da bemerkte ich, dass ja die Felswand […] aus reinem Marmor war und mit so schön gemeißelten Figuren geschmückt, dass nicht nur Polyklet, sondern die Natur beschämt gewesen wäre. Der Engel, der den Bescheid zur Erde brachte, es sei der über Jahre herbeigesehnte Friede nun da und der lange verschlossene Himmel wieder offen, erschien mit seiner freundlichen Geste vor uns so lebensecht gemeißelt, dass er gar nicht wie ein stummes Bildnis wirkte. Man hätte schwören mögen, er sage ‚Sei gegrüßt!‘, war doch dort auch jene abgebildet, die den Schlüssel führt, mit dem der Zugang zur Hohen Liebe sich auftut, und deren Gebärde ausdrückte: ‚Sieh her, ich bin die Magd Gottes!‘, gerade so deutlich, wie eine Figur in Wachs geprägt sein kann.“19

Das Relief dürfte als „farbloses“ Bild zu denken sein, das seine erzählerische Evidenz und Lebendigkeit allein durch Zeichnung und chiaroscuro erlangt. Durch seine Kunstfertigkeit und Materialität von reinstem weißen Marmor stellt es die Kunst des griechischen Bildhauers Polyklet und sogar die Natur selbst in den Schatten. In diesem Sinne hat Robert Fajen konstatiert, dass der göttliche Bildhauer die Grenzen des Mediums selbst überwinde.20 Die Grenzen von Wahrnehmung und Darstellung ver18 Dazu Andreas Kablitz, „Jenseitige Kunst oder Gott als Bildhauer. Die Reliefs in Dantes Purgatorio (Purg. X–XII)“, in Mimesis und Simulation, hg. von Andreas Kablitz und Gerhard Neumann (Freiburg: Rombach, 1998), 309–56. 19 „[…] quand’io conobbi quella ripa […]/esser di marmo candido e adorno d’intagli sì, che non pur Polic­ leto, ma la natura lì avrebbe scorno./L’angel che venne in terra col decreto della molt’anni lacrimata pace, ch’aperse il ciel del suo lungo divieto,/dinanzi a noi pareva sì verace quivi intagliato in un atto soave, che non sembiava imagine che tace./Giurato si sarìa ch’el dicesse Ave!; perchè iv’era imaginata quella ch’ad aprir l’alto amor volse la chiave;/e avea in atto impressa esta favella Ecce ancilla Dei, proprïamente come figura in cera si suggella.“ (zitiert nach Dante Alighieri, La commedia. Purgatorio = Läuterungsberg, übers. u. komm. von Hartmut Köhler (Stuttgart: Reclam, 2011), Bd. 2, 183–87 (Purg. X, 29–45)). 20 Robert Fajen, „Lectura Dantis: Purgatorio, Canto X“, Deutsches Dante-Jahrbuch 87/88 (2012/2013): 108.

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schwimmen vor Dantes Augen, die Lebendigkeit des Repräsentierten ist eine äußerst starke Suggestion. Am Ende der Ekphrasis wird mit der berühmten Wendung des esto visibile parlare (Purg. X, 95) das unerhört Neue und Einzigartige der göttlichen Reliefkunst unterstrichen, und damit die Schlüsselszene der Inkarnation als lebendige Darstellung beschrieben. Robert Fajen hat in seiner sehr dichten Lektüre von Dantes Purgatorio herausgestellt, dass im zehnten Gesang auch explizit ästhetische Fragen verhandelt werden, und bezieht den künstlerisch-schöpferischen Akt des Imitierens, Imaginierens und Fingierens in den Horizont von Dantes Kategorisierung des Hochmuts mit ein. Aus diesem Grund dürfte der Eintritt Dantes und Vergils in den untersten Kreis des Fegefeuers der Ort sein, an dem eine Reflexion über den Stellenwert von Kunst stattfindet.21 Cristoforo Landino weist in seinem Stellenkommentar des Verkündigungsreliefs im Comento sopra la Comedia (1481) explizit auf die durch kunstvolle Behandlung des Marmors erreichte Verlebendigung der Figuren hin: „Et come l’imagine dell’Angelo era intagliata sì artifitiosamente, che pareva, che dicesse, Ave; così quella di Maria, pareva, che consentisse al divin precetto, & per summa humilità dicesse. Ecce ancilla Dei.“22 Die Bekanntheit und große Verbreitung von Landinos Kommentar, der die Florentiner Stadt- und Kulturgeschichte würdigt, kann vorausgesetzt werden und dürfte gerade für den humanistisch interessierten Piero del Pugliese einen besonderen Reiz gehabt haben. Bewusst hat sich Fra Bartolomeo daher, so die Annahme, nicht nur in einen Mitstreit mit seinem berühmten Landsmann Donatello, sondern auch in die poetische Topik von Dantes berühmter Schilderung des Verkündigungsreliefs eingeschrieben. Er nutzt den Topos von der Kunstfertigkeit des Reliefs, der Lebendigkeit ohne Farbe, um seine Arbeit als Maler in chiaroscuro zu nobilitieren. In dem Pugliese-­ Triptychon dürfte das chiaroscuro nicht nur – mit Alberti und Constable – als Kraft verstanden werden, die Raum erschafft. Die monochromen Flügel sind hier als Auftakt und Reflektionsrahmen zu deuten, die einen Diskurs vorgeben, in dem nicht nur künstlerisches Vermögen und Schöpfungskraft, sondern in einem ästhetischen Rahmen Verlebendigung und Inkarnation thematisiert werden. Indem Fra Bartolomeo explizit ein fingiertes Relief auf die Außenflügel bringt, schreibt er sein eigenes Werk und auch dasjenige von Donatello in den literarischen Diskurs von göttlicher Kunst und Schöpfung ein, der in der Divina Commedia vorgeprägt ist. Das chiaroscuro nimmt hierbei einen zentralen Stellenwert ein, da erst durch sein ästhetisches Potential Plastizität, Lebendigkeit und optische Verunsicherung entstehen können. Über das Repräsen21 Fajen, „Lectura Dantis“, 99. 22 Cristoforo Landino, Comento sopra la Comedia, Florenz: Niccolò della Magna, 1481. Hier zitiert nach Niehaus, Florentiner Reliefkunst, 201, Anm. 157 nach der Ausgabe Dante, con l’espositione di Christoforo Landino, et di Alessandro Vellutello, sopra la Comedia dell’Inferno, del Purgatorio, et del Paradiso, hg. von Francesco Sansovino (Venedig: Giovanni Battista & Melchior Sessa et fratelli, 1564), 199r.

Hell/Dunkel/Grau

tierte hinaus wird in der Kombination von Malerei und Skulptur die Reflexion über chiaroscuro greifbar, und dies als ganz bewusste Inversion der den Medien eigenen Qualitäten: Malerei, die flach ist, wird mit hoher Plastizität fingiert, Reliefskulptur, die plastisch und materiell tastbar ist, wird entmaterialisiert, diaphan und zeichnerisch. Dabei ist das Prinzip der Inszenierung des älteren Kunstwerks Donatellos kein ästhetisches Spiel. Plastische Malerei und malerische, lichthaltige Skulptur erlauben in der intensiven Betrachtung, zu der ein kleines Andachtsbild einlädt, den Ascensus zum Numinosen. In diesem Sinne scheint das Pugliese-Triptychon mehr zu sein als ein Relikt frühester Form von meraviglia-Ästhetik.

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Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark? Some Remarks on Sixteenth-Century Sculpture and the Language of Art North of the Alps

Chiaroscuro and Sculpture: the Northern European Context The absence of the term “chiaroscuro” in theoretical writing on sculpture north of the Alps during the sixteenth century in the so‑called German-speaking countries, despite the word’s Italian origin, has not yet been identified as an omission in theoretical art history. Yet, its absence raises the question as to why this was not identified as such. This article seeks an answer to this question raised by the seeming lack of comparable phenomenon in northern European thinking, writing on, and artistic creation of light and dark effects in sculpture north of the Alps. “Chiaroscuro” is a term that describes the effects of light of over three-dimensional form but also the suggestion of relief by the play of light and dark in two-dimensional artistic creations, creating an illusion of depth. Though “chiaroscuro” was already in use in Italian fifteenth-­century art theory, this theoretical art term became quite fashionable at the end of the nineteenth and the beginnings of the twentieth century, in the wake of the burgeoning Renaissance Studies in Art History. Since such a phenomenon was not described in northern art theoretical writing and thinking of the fourteenth and fifteenth centuries, it is important to determine what could be utilized as correct terminology applicable to light and dark effects in sculpture in late medieval and early Renaissance sculpture north of the Alps. The term “relief ” or “rilievo” comes to mind most immediately, which is understandable, but this word is seldom mentioned and, if so, primarily to indicate that sculpture in general has a certain depth, as opposed to sculpture in the full round. How were light and dark effects in sculpture described in the sixteenth century? If “relief ” is not a word that fully describes these qualities, how were they then termed? This article presents a new theoretical framework that offers possible explanations for some of the parallel phenomena that are involved in the art theoretical process of

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thinking, writing, and creative progress involved with matters of light and dark in sculpture roughly between 1470 and 1570. For a semblance of how the effects of light and dark were described in this period, one can examine a slightly later source: Karel van Mander’s 1604 Schilder-Boeck. While Van Mander (1548–1606) addresses painters and engravers almost exclusively, his writing demonstrates how light and dark effects in art in general were referred to at the turn of the seventeenth century. This reference is probably the best-known source for current knowledge of fifteenth and sixteenth century northern artists, and Van Mander utilized a wide vocabulary for describing light and dark effects in art – a lexicon firmly anchored in his education as an artist in the mid-sixteenth century. In the following chapter, Van Manders terminology will be analyzed so as to gain a better understanding of the origins of his terminology.

Van Mander and the Language of Art In his seventh chapter entitled “Van de Reflecty, Reverberaty, teghen-glans of weerschijn,” Van Mander writes about the role of light and dark in painting, and he determines that reflection is one of the most difficult aspects of painting. In this chapter, he delineates chiaroscuro effects but does not use this term to describe the dynamics of light and dark. He utilizes the word “reflexion” and the terms “weerschijn” and “teghen glans,” which mean shine or re‑reflexion of light onto a certain object or its reflexion or shadow. Only a few scholars have examined Van Mander’s terminology in this chapter. The word “reverberaty” cannot be translated with the English noun “reverberation,” which is commonly used regarding the dissemination of sound. Yet, what are the alternatives?1 Usage for these different terms and vocabulary is particularly engaging, as, within this context, Van Mander refers to the engraver Hendrik Goltzius (1558–1617), an artist renowned for his highly inventive chiaroscuro woodcuts that Van Mander dedicated an entire Leven or biographical sketch to. Goltzius’ technique would lead to engravings of eternal beauty granting him, according to Van Mander, the same level of authority equal to that of Michelangelo.2 Van Mander identifies antiquity and nature as Goltzius’ true sources of inspiration, in an attempt to draw a parallel to the Italian masters and not only demonstrate that Netherlandish painting’s origins are based on the same principles as those described by Vasari in his Vite for Italian art, but also indicate that Netherlandish artists equal their Italian counterparts in capacity, 1 Walter S. Melion, Shaping the Netherlandish Canon: Van Mander’s Schilder-Boeck (Chicago: University of Chicago Press, 1991), chap. 4. 2 Melion, Shaping the Netherlandish Canon, 35.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

sometimes even surpassing them. Before further examination of Van Manders life of Goltzius relative to reflexie-const, one must first define Van Mander’s usage and the word’s origins.

On Reflexie-const Walter Melion provided a concise summary of the meaning of some of the terms Van Mander used when describing reflexie-const.3 For Melion, reflexie-const is a combination of various aspects of inherent optical aspects of light on a certain object that each have a different weight and importance and are interconnected but not necessarily intended to be used by the artist at the same time. The most important term is “spiegeling” or the mirroring of the object itself, which is an independent image that originates from nature. Another important term is “reflectie” or the reflection of colored light on an object, hinting at its form but not picturing the object reflected. Van Mander says that when reflectie is at its maximum, it becomes spiegeling. Another important feature of reflexie-const is glans or luyster, both words with a slightly different meaning. “Glans” is the same as polish, while the meaning of “luyster” is sheen. Both words indicate the way light is reflected by the quality of an object’s surface. Van Mander does not discuss “glans” at length but prefers to speak of another type of reflection namely “tegenglans,” “weerschijn” or “weerglans,” three words that mean that the object re‑reflects sheen, which is colored by the light from which it is cast. Van Mander states that “weerglanzen” or making something reflect is the highest skill an artist can aim at, while “weerglanzen” is akin to representing a landscape, still life, scenes from hell, or light from forges because making something “weerglans” or reflect, is like persuading the eyes to retrace the paths travelled by rebounding light.4 Finally, Van Mander explains “reverberatie” as two natural phenomena. First, the term denotes the way that light, natural or artificial, behaves in darkness. Van Mander cites the example of moonlight silvery sheen. Second, “reverberatie” is the reflection of one’s imagination in the sky, like a cloud can resemble a dog, the face of an old man, or a ship at sea. Artists are to be familiar with all of these different aspects of reflexie-const. Melion illustrated Van Mander’s vocabulary with demonstrative paintings examples. While Van Mander never explicitly used the word “shadow,” his writings clearly indicate that the effects of tegenglans, and weerglans, as well as spiegeling may occur in areas identified as shadows. It is in the obscurity and darkness that these phenomena are most easily identified. 3 Ibid., 73–77. 4 Ibid., 74.

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These phenomena were not new. In fact, the vivid manipulation of light and dark was part of the artistic language ever since woodcut and engraving were invented, although in the beginning, this format was still quite simple and not yet fully developed. The invention of book printing clearly boosted the art of woodcut and eventually engraving.5 Before examining various artists’ visualization of schijn and weersschijn or glans and tegenglans, and the application of these theories, according to Van Mander’s explication, it is necessary to create a theoretical framework that can elucidate how reflexie-const such an important image element had become. To do so requires examining earlier artists from whom Van Mander borrowed visual language: Dirck Volkertsz. Coornhert, and Maarten van Heemskerk. Van Mander was a pupil of Dirck Volkertsz. Not only an artist and engraver of the work of Maarten van Heemskerck (to be returned to later), Coornhert (1522–90) was also a writer, theologian, philosopher, and playwright. It is not known who taught Coornhert the art of engraving6 but it is clear from the hundreds of prints that he mastered the interplay of light and shadow. His technique was well developed, and his skills in applying scratchings and hatchings in sketching figures, forms, and landscapes as well as in molding, and sculpting volume into the drawing of figures and volumes, had great influence on later, northern, both Dutch and German, artists, like Van Mander and Goltzius, whom he taught as well. Their collaboration and the art theory that supports their creative vision and development are fundamental to understanding how Van Mander’s reflexie-const employed such a powerful artistic vocabulary. Second, these important influences help explain why sculpture north of the Alps changed dramatically not only due to the idolatry debate, but also because of the radical changes in sculpture’s iconography and execution during the first half of the sixteenth century. What is Coornhert’s position in this theoretical framework? First, one must turn to humanist rhetoric. Developed by fifteenth and sixteenth-century humanists, it provides a theoretical framework only to the extent that it was employed primarily by a handful of erudite scholars and artists, though most artists could not read Latin. However, during the first decades of the sixteenth century, some of the most important rhetorical treatises were translated into the vernacular, either in French, German, English, or Dutch. The explosive growth of book printing and the rapid artistic development of engraving that kept apace resulted in a broad dissemination of texts and images. However, the iconic world, or Bilderwelt in German, of the sixteenth century was larger than that of only fine art; theatre, for instance, was a familiar aspect of daily life, 5 Andrew Pettegree, Brand Luther. 1517. Printing, and the Making of the Renaissance (New York: Penguin Press, 2015), 151. 6 Ilja. M. Veldman, Maarten van Heemskerk and Dutch Humanism (Amsterdam/Maarsen: Meulenhoff 1977), especially 55–93 on the relationship between Heemskerk and Coornhert.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

and plays contained a huge amount of icons.7 Plays were an important source for the transmission of ideas on morality and belief.8 So, if plays are an accepted part of the world of artistic icons and fantasies, and if rhetoric, as a result of the humanists’ study of classical literature, strongly influenced play, one could ask if rhetoric affected art by introducing visual rhetoric in the creative language that artists used. It is known that in the early sixteenth century, play rhetoric became increasingly important, and the internal structure of plays often demonstrate aspects of rhetorical theory.9 If this premise is accepted, a theory of visual rhetoric for the sixteenth century could be developed. Visual rhetoric as a concept was first introduced in the 1980 s in the communication sciences. In the 1990s, the highly philosophical debate concentrated on the difference between the meaning of visual rhetoric and semantics. These two were often seen as congruent or even similar. Sonja K. Foss was one of the first to study visual rhetoric as a scheme so as to analyze and evaluate images.10 Her approach advances the possibility for alternative interpretations of the visual elements of an image, so as to permit alternative meanings to surface from the image, using key rhetorical principles for alternative communication of the image to the viewer. Others, like Kostelnick and Roberts, argued: “The ‘canonical approach’ to studying visual rhetoric relates visual concepts to the canons of Western classical rhetoric (inventio, dispositio, elocutio, memoria and pronuntiatio).”11 They identify six of these components that determine the rhetorical impact of a document: arrangement, emphasis, clarity, conciseness, tone, and ethos. The theoretical framework, proposed here, utilizes these canonical terms as visual rhetorical keys to decipher the image. If these terms are applied to Coornhert’s engravings for Heemskerk, it becomes evident that he utilizes rhetoric   7 Ben Parsons and Bas Jongenelen, Comic Drama in the Low Countries, c. 1450–1560. A critical anthology (Cambridge: Brewer, 2012), 1–20. In their introduction, both authors discuss the role of comic drama as part of the everyday life in the Low Countries, in which certain groups like the “Rederijckers,” who were part of the rising middle class, produced religious and morally-inspired plays and drama. They underline the fact that comic drama and plays were an essential part of the social structures of the early sixteenth century. From the authors’ overview of the so‑called “Rederijckers kamers” it is very clear that this middle class contained the artisanal and mercantile class, including the painters, engravers, and sculptors, even musicians (Rederijkerskamer Den Boecke, Brussels).   8 Anneke C. G. Fleurkens, Stichtelijke Lust. De toneelspelen van D. V. Coornhert (1522–1590) als middelen tot het geven van morele instructie (Hilversum: Uitgeverij Verloren, 1994), 35–43.  9 Fleurkens, Stichtelijke Lust, 58–117. 10 Sonja K. Foss, “A Rhetorical Scheme for the Evaluation of Visual Imagery,” Communication studies 45 (1994): 213–24, and Sonja K. Foss, “Framing the Study of Visual Rhetoric: Toward a Transformation of Rhetorical Theory,” in Defining Visual Rhetoric, eds. Charles A. Hill and Marguerite Helmers (London: Routledge, 2004), 303–13. 11 Charles Kostelnick and David D. Roberts, Designing Visual Language: Strategies for Professional Communicators (Boston: Allyn and Bacon, 1998).

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theory in a visual manner. First, if one examines “arrangement” (“the organization of visual elements so that readers can see their structure”12), one can see that Coornhert’s compositions are all well-structured, employing figures, personifications, attributes, and landscape elements. Second, regarding “emphasis” (making certain parts more prominent than others by changing its size, shape and color): Coornhert utilizes light and shade, reflection and re‑reflection, as strong identifiers of the distinction between what is more and less important. Third, regarding “clarity” (to “decode the message, to understand it quickly and completely”): Coornhert adds names of personifications and emblematic texts to his prints. When examining conciseness, which, according to Kostelnick and Roberts, is “generating designs that are appropriately succinct to a particular situation,” Coornhert constrains his visual vocabulary to the strictest minimum usage for the highest effect. The last two components, tone and ethos, are more difficult to explain in the context of Coornhert’s printmaking. According to Kostelnick and Roberts, tone “reveals the designer’s attitude towards the subject matter.” Tone, thus, involves a choice of subject matter and composition with the purpose or goal of engendering inclusive viewing. This signifies that the subject cannot function without the four other elements. Inclusive viewing, thus, appeals to the frame of reference of the viewer. The last element, that of ethos, addresses the context in which Coornhert’s prints were made with a particular audience in mind. Checking and applying this theoretical framework demonstrates that Coornhert applied visual rhetoric techniques. In Coornhert’s writing on his own religious belief, aesthetics occupied an important position. Yet, it is his plays that shed a compelling light on how the process from thinking to creative representation transformed. Here, Coornhert developed a truly visual vocabulary in which personification and attributes play an important role, yet, even more importantly, he deliberately used light and shade as well as reflection and re‑reflections to emphasize the particular role of the attributes. In her study of Coornhert’s plays, Fleurkens demonstrates that Coornhert mastered the art rhetoric extremely well, and that in the rhetorical dispute “inventio” was an essential key but that moral instruction was always his quintessential and ultimate objective.13 In a certain sense, Coornhert’s thoughts on rhetoric and dialectics were firmly rooted in the existing literary tradition. Although his rhetorical technique was not especially innovative, it was essentially, fundamentally new, as he developed new ethical-religious and moral thoughts regarding fundamental questions. In chapter four, Fleurkens analyzes moral instruction in Coornhert’s plays.14 In her introduction, she summarizes the various, late-medieval literary, theatrical, and theoretical traditions that Coornhert used. She demonstrates what he derived from contemporary 12 Kostelnick and Roberts, Designing Visual Language. 13 Fleurkens, Stichtelijke Lust, 76–77. 14 Ibid., 118–19.



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humanist reasoning, in which fixed ideas were questioned, as opposed to late medieval traditional reasoning. Coornhert combined the new ethical-religious arguments on how to live well with these traditional theories. In his engravings, as in his plays, Coornhert developed a type of visual rhetorical method in order to visually support the message of the engraved subject matter. In his engravings for Heemskerk, one can ascertain how Coornhert’s visual rhetoric work; how he uses classical rhetorical technique with visual elements as the composition, the disposition of figures in the scene, personifications to characterize the subject matter of the print, light, shade, and the reflection of light to emphasize its content, and text to underline the purpose of the engraving and its message for his audience. If the theoretical framework built here is distinctive for Coornhert and Heems­ kerk’s employment of visual rhetoric, as a consequence, it must have strongly influenced Van Mander in the development of his vocabulary.15 However, when studying Van Mander and Coornhert, one must realize that both artists were strongly influenced by the historic developments of their time. The religious revolution that took place during the first half of the sixteenth century and the mind altering effect of Luther and others’ opposition to idolatry, heavily affected thought on sculpture, its production, and use. When Van Mander wrote about Goltzius, the art of reflection already enjoyed quite a long history. The historical events of the early sixteenth century had established their long lasting effect of sculpture. Artistic theory, strongly influenced by rhetoric and the religious debate, had undergone significant changes. The beginning of the sixteenth century found a fierce debate on idolatry amongst clergymen and humanists like Erasmus, Karlstadt, Luther, and Agrippa of Nettesheim, amongst others. This humanist and theological discourse amongst non-Catholic reformers on idolatry was intensified by the opinions of Andreas Karlstadt, a professor at Wittenberg University, who became one of the fiercest Bilderstürmer. In his 1522 issued discussion Von Abtuhung der Bylder, he argued that having sculptures of saints was wrong because of the First Commandment that no false Gods shall be worshiped, that painted images of saints were evil and that it was right to destroy them, following the scripture. Luther, on the other hand, first condemned the worship of images and painted sculpture, but it was probably due to his contact with the painter Lucas Cranach that he softened his disapproval and accentuated the strong but positive, didactic power of images:16

15 Ilja M. Veldman, De wereld tussen Goed en Kwaad. Late prenten van Coornhert (Den Haag: SDU uitgeverij 1990), Introduction, 9–10. And Ilja M. Veldman, Leerrijke reeksen van Maarten van Heemskerk (Den Haag and Haarlem: Staatsuitgeverij, 1986), 13–18. 16 Jeffrey Chipps Smith, German Sculpture of the later Renaissance c. 1520–1580. Art in an Age of Uncertainty (Princeton: Princeton University Press, 1994), 32. Also Andrew Pettegree, Brand Luther. 1517. Printing, and the Making of the Renaissance (New York: Penguin Press, 2015). Pettegree sketches the beginning of the Reformation and stresses the importance on Cranach and book printing at Wittenberg.

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“Of this I am certain, That God desires to have his works heard and read, especially the passion of our Lord. But it is impossible for me to hear and bear it in mind without forming mental images of it in my heart. For whether I will or not, When I hear of Christ, an image of a man hanging on a cross takes form in my heart, just as the reflection of my face naturally appears in the water when I look into it. If it is not a sin but good to have the image of Christ in my heart, why should it be a sin to have it in my eyes? This is especially true since the heart is more important than the eyes.”17

Within this context, the word reflection was also used in relation to sculpture and idolatry by another humanist: Heinrich Cornelius Agrippa of Nettesheim (1486– 1535). He published a treatise entitled De incertitudine et vanitate scientiarium et artium atque excellentia verbi dei declamatio or On the Uncertainty and Vanity of the Sciences and the Arts printed in Antwerp in 1531.18 Agrippa of Nettesheim was a coeval of Erasmus of Rotterdam and a Lutheran. His De Incertitudine is a theological treatise that garnered a highly respected reputation throughout Europe during the 1530 s after its publication. In this treatise, Agrippa also addresses the arts. After writing on music, dance, fencing, pantomime, theatre, geometry, optics, and painting he writes about sculpture and modeling.19 Agrippa of Nettesheim, like other reformers, rejected idolatry and pomp.20 He is one of the rare reformers writing in detail about the role of arts in the 1530s. In chapters on geometry, optics, and perspective,21 Agrippa indicates that he believes these sciences are to be the basis of the arts, and that these are the cause and encouragement of blasphemy all together, as all arts like “Painting, Measuring of Land, Agriculture, Founders, Statuaries, Smiths, Carpenters, and all that make use of Wood, or Metals, all borrow their experience from Geometry.”22 In De Incertitudine, an entire chapter is dedicated to mirrors and how they are to be used or misused. His opinion regarding the use of mirrors and reflection not only is a reflection of the (in)direct debate on art as part of the sciences, but his mode of discussing the matter also reverberates contemporary vocabulary and reflects the late-medieval literary use of the mirror – “Spiegel” – as a literary form to communicate moral messages. This practice changed dramatically under the influence of the hu17 Smith, German Sculpture of the later Renaissance, 33. 18 This is an interesting treatise written by Agrippa of Nettesheim when he was in the service of Margaret of Austria in Malines. See Marc van der Poel, Cornelius Agrippa, Humanist theologian and his disclamations (Leiden/New York/Köln: Brill, 1997). 19 His source is Pomponius Gauricus, De sculptura (1504), ed. Paolo Cutolo (Naples: Edizioni Scientifiche Italiane s. p. a., 1999). Agrippa probably became acquainted with the De sculptura during his stay in Pavia. 20 http://quod.lib.umich.edu/e/eebo/A26566.0001.001 De Incertitudine, chap. LVI, 164. 21 http://name.umdl.umich.edu/A26566.0001.001 De Incertitudine, chap. XXIII, 68. This chapter is entiteled “Of Optick and Perspective: Nearest of Kin to Geometry, Is the Art Perspective: Now Perspective is an Art, That Teaches a Threefold Way of Seeing Direct, Reflex’d, and Broken.” 22 http://name.umdl.umich.edu/A26566.0001.001 De Incertitudine, chap. XXII, 67.



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manist debate. The renewed study of classical rhetoric altered from a scholastic approach to a rhetorical one in which arguments were no longer fixed but new and modernized, as Fleurkens has shown, as uncertainty and doubt dissipated, so as to engender new arguments, insights, and opinions.23 Agrippa von Nettesheim’s De Incertitudine, extreme in its use of irony, is not only a good example of this change in rhetorical attitude, but it also became a valuable resource in the quest for the vocabulary of reflexie-const and the attitude of contemporary thought towards the importance and use of art. It demonstrates that morals, religion, sculpture, rhetoric, and reflexie-const are all strongly intertwined and lived at the heart of the contemporary humanist debate. As a result, Agrippa’s influence might be considered much greater than believed up until now.24 Thus, reflexie-const was already an issue in the mid-1530s, and Coornhert and Heemskerck must have been aware of this humanist debate on the arts and may well have had access to Nettesheim’s controversial publication, as it was widely available. If that was the case, it would not be very surprising that, in the wake of his teacher Coornhert, Van Mander must have had knowledge of this earlier debate, its accompanying vocabulary, and eventually adapted his thought in his writings. The way in which Van Mander described reflexie-const, elucidates not only the reflection of light on the object or the reflection of the surroundings of the object by the object, it also concerns the reflection of the objects by shadows on the background. The art of reflection or reflexie-­ const that Van Mander carefully defined with his intriguing vocabulary so as to describe Goltzius’ art, in fact, contains an important aspect of sculpture and of the study after sculpture, not only in Italy but also north of the alps, and this can be traced back to the beginning of the sixteenth century. To determine how visual rhetoric might have influenced sculpture, one must examine Van Mander again. His Life of Hendrik Goltzius teaches much regarding the art of reflection. Yet, Goltzius had his own method for reproducing light and dark effects, in which sculpture occupied an important role.

On Goltzius’ Drawing after Sculpture Goltzius was trained as an artist and draftsman in the late 1570s but was strongly ­influenced by other artists of an earlier generation, such as Willem Danielsz. Van Tetrode (1525–80). In chapter two of Van Mander’s book, the term “invent” or “inven23 Fleurkens, Stichtelijke Lust, 79. 24 The fact that the Cologne theologians in 1510 and the Louvain theologians in 1531 found his opinions blasphemy have not yet been studied at length. Nonetheless, his publication of the De Incertitudine was widespread and read by all great humanists. Agrippa corresponded with Erasmus on De Incertitudine, and he had asked Erasmus’ opinion about his book. Van der Poel, Cornelius Agrippa, 116–20.

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tion” is introduced and directly linked to drawing or teyckenconst but presented as a counterpart to nature. Van Mander defines invention as working uyt syn selven and as uyt den gheest, which equals inventing composition from one’s memory.25 Drawing could be executed either from life or memory of life that finally depends on a process of remembering forms and other elements that are brought together in the drawing.26 Invention, thus, is to be recognized on the same level as drawing from life, and this was presented by Vasari as the essence of Italian art equalizing nature. Yet, Goltzius proved not only to draw uyt den gheest. There is proof that he drew models as contemporary sculpture. It is known, for example, that he had access to sculptures by the Delft sculptor Willem Danielsz. Van Tetrode.27 Likely between 1568 and 1573, Tetrode worked on a bronze Hercules, of which a drawing by Pieter de Jode, a late 1580s student of Goltzius, survived (fig. 1).28 This drawing suggests that in Goltzius’ atelier, an object like the bronze was used to practice the art of reflexie-const. Although the general condition of the drawing is not ideal, it nevertheless clearly demonstrates the artist’s attempt to render the proper reflections as described by Van Mander. Every important muscle of Hercules’ body has been carefully drawn and perfectly highlighted in white. The highlights are the reflections of light on the bronze. The reflection or weerglans is something that was highly appreciated in combination with bronzes. It not only inspired Goltzius and his students but, in fact, confirms the long standing tradition of drawing after sculptures as models, so as to enhance the artist’s quality as a draftsman, and thus, it is equal proof of the intrinsic value of reflexie-­const in northern sculpture. The question addressed at the beginning of this essay – that of how were light and dark effects in sculpture thought of, described, and artistically processed in the period 1470–1570 – needs to be connected to another phenomenon which is firmly linked to sculpture and an essential key to the understanding of the artistic reaction to a drasti25 Melion, Shaping the Netherlandish Canon, 51. 26 Ibid., 51: “Invention, then, involves the amalgamation of images retrieved from the memory, where they have been inscribed by the effort to draw.” 27 Emile van Binnebeke, “Willem Danielsz. Van Tetrode (ca.1525–1580). De Delftse Praxiteles,” unpublished dissertation (Universiteit Utrecht, 2003), vol. I, cat. no. 38, 161, vol. 2, 101. Tetrode had been an assistant to Benvenuto Cellini for the Perseus in the late 1540 s in Florence and had worked in the atelier of Gugliemo della Porta in Rome. When Tetrode returned to the Netherlands in 1567, he presumably had taken some of his models or drawings back to Delft. Van Binnebeke, “Willem Danielsz. Van Tetrode,” vol. I, cat. no. 16, 121. 28 The bronze of Hercules was probably made during the period of 1568–73, when he simultaneously worked on his opus magnum, the altar for the Old Church in Delft. Tetrode abandoned this altar when he was forced to flee his hometown during the second iconoclast wave that hit Delft. He must have left in quite a hurry, because his models were found in the private collection of the silversmith Thomas Cruse in Delft in 1625. There, the abandoned models must have been accessible for other artists like Goltzius. Abraham Bredius, Künstler-inventare, Urkunden zur Geschichte der Holländischen Kunst des XVI, XVII, und XVIII Jahrhunderts (Den Haag: Martinus Nijhoff, 1915–1921), vol. IV, 1456–57.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

Fig. 1  Pieter de Jode, Hercules Pomarius after Willem Danielsz. Van Tetrode, c. 1592.

cally and rapidly changing European society. If, as suggested here above, Van Mander’s language of art in matters of light and dark originated from the early sixteenth century debate on art, religion, and morals, there might be more examples in sculpture that reflect this new attitude. The following provides three examples as further illustration.

Color Effects on Alabaster Reliefs from Mechelen In 2011, Alexandra Lipinska published an exhibition catalogue on Dutch alabaster sculpture from the sixteenth and seventeenth centuries. In her essay, entitled Matter of Light and Flesh: Alabaster in the Netherlandish Sculpture of the 16th and 17th Century, she argued that alabaster sculpture was a much cheaper and more desirable material as a substitute for Italian marble.29 She also argued that the market for alabaster from 29 A. Lipinska and J. Kriegseisen, Matter of Light and Flesh. Alabaster in the Netherlandish Sculpture of the 16th and 17th Century, 15/11/2011–15/03/2012, Cat. Exhib., National Museum in Gdansk (Gdansk, 2011), 39.

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Malines functioned in close relationship to the rapid growth of the Antwerp stock exchange and the lively, international art trade. Second, Lipinska suggested that due to this development, there was a relationship between the international character of Antwerp, as it became a center for new religious movements, and the trade of alabaster reliefs.30 The success of alabaster reliefs from Malines could be explained due to the additional influence of the Court of Margaret of Austria upon artistic productivity in Malines, as well as the activity of Jan Mone, based there between 1524 and 1542 as court artist. The activity of Jan Mone at the Malines Court coincided with the period Agrippa of Nettesheim resided at the court of Emperor Charles V in Malines as historiographer and archivist. Moreover, it was in Malines that Agrippa wrote and published his De Incertitudine. It is quite probable that Jan Mone and Agrippa of Nettes­ heim may have known each other. Also, Mone, being at the heart of the Empire in the Low Countries, was well aware of all the shifts in religious matters. Alabaster reliefs became increasingly popular and what made these alabaster reliefs from Malines interesting for the Antwerp merchants was their luxurious execution and high-quality carving, combined with the new fashion of numerous references to Classical antiquity and Christianity. One of the finest examples of such a luxury alabaster is a relief sometimes attributed to Jan Mone of the Emperor Charles V and Isabella of Portugal, now in the Castle of Gaasbeek, which dates from 1526 (plate XXIII).31 It depicts the Emperor and his wife at half-length in high relief, surrounded by a triumphal arch decorated with classical motifs in schiacciato relief, with the sitters flanked on the left and right by heraldic shields. This relief undoubtedly previously had some sort of polychromatic decoration, most likely some gilding, and various colors like red and black, so as to accentuate the facial details or clothing. Though the schiacciato relief is very shallow, its linearity creates a rather graphic appearance, and the slight color accents would have enhanced the readability. Yet, these aspects do not withstand the fact that it was the refexie-const effect, generated from the shallow relief in combination with the limited use of color and gold accents, which provided the sculpture’s strength. For that matter, it may well have had the same glans and tegenglans effect as the diptych with busts from at the Royal Museums for Art and History in Brussels (fig. 2). This sculpture depicts an idealized double portrait of a man in classical armor and a woman in a contemporary sixteenth century dress. The crowned helmet and epaulettes, as well as the man’s beard, are elaborately gilded. The white of the alabaster of the woman’s dress is accentuated by slight gilding with red details for her jewelry. Both figures are set against a bronze-colored background with gilded foliage, with the entire scene set in a gilded frame with gilt cartouches, foliage, and grotesque animals.

30 Lipinska, Matter of Light and Flesh, 37. 31 Ibid., 41, Fig. 8.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

Fig. 2  Anonymous, Allegorical double portrait Mars and Venus, Alabaster, Brussels, KMKG-MRAH, inv. nr. AL.3.

The colorful and luxurious appearance is not merely decorative. The translucent material encourages the use of color and gold, all of which contribute to the mastering of reflexie-const the noble character of the work of art. Similar effects in strong dark and light can be found in several mausoleums in the Netherlands. The tomb of Duke Charles of Egmond in the Church of St. Eusebius (fig. 3) is a fine example of reflexie-const sculpture, in the sense that it is built out of black marble with sixteen reliefs in white marble and alabaster.32 Various traces of polychromatic paint layers and remnants of gilding can be found on the sculptures. The anonymous sculptor of the tomb succeeded in combining various precious building materials, blending them into one of the most impressive examples of chiaroscuro effect in sculpture. The vibrant effect of the tomb stands in sharp contrast to the much more colorful figure of the Duke, who is depicted kneeling down in full armor in a niche several meters above the tomb. The use of realistic color underscores the fact that here, Charles is depicted alive. Yet, could this contrast between the colorful living Duke and his dead effigy, depicted in black and white with a little gilding, mean that 32 H. Portheine jr, “Het graf, de graftombe en het beeld onder de Baldakijn van Hertog Karel van Egmond in de Eusebius of Groote kerk van Arnhem,” Bulletin Koninklijk Nederlandse Oudheidkundige Bond (KNOB) (1911): 16–32; H. J. F. ​Franssen, “De bijzetting van Karel van Egmond. Wetenswaardigheden over het graf en, de stoffelijke resten van hertog Karel van Gelre (1467–1538),” Bulletin (KNOB) 3 (1990): 22–25: Gerard Nijsten, In the Shadow of Burgundy: The Court of Guelders in the Late Middle Ages (Cambridge: Cambridge University Press, 2004), 286–88, fig. 36.

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Fig. 3  The Tomb of Duke Charles of Egmond, c. 1536, Arnhem, Eusebius Church.

the tomb and its setting not only highlighted the importance of the Duke but could it also functioned as a successful example of glans and tegenglans in a more conceptual, artistic manner, highlighting the masterful design?

Light and Dark: Color Effects in Utrecht Painted Sculpture A third example of glans and tegenglans or schijn and weerschijn can be observed in some painted fragments of sculpture found in 1997 under the pavement of the bell tower in the parish church of the village of Doorn, near Utrecht, in the Netherlands. These fragments belong to a Renaissance wall monument that was once located in the chapel in the northern transept of the church. The wall monument had been broken by beeldenstormers in 1566 and can probably be dated to shortly after 1530.33 When the fragments were excavated, they were studied by a group of experts. The restorer

33 Jeroen Stümpel, “Het gebroken beeld. De Renaissance reliëfs in zesduizend woorden van onzekerheid,” in De Sint-Maartenskerk te Doorn. Vroegrenaissance monument, bouwsculptuur en bouwgeschiedenis, ed. Gerard van Wezel (Zwolle: W‑Books, 2015), 67.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

Fig. 4  Anonymous, Fragment of a dress from the Parish church at Doorn, the Netherlands, c. 1520.

of the fragment, Aleth Lorne, found some very intriguing, painterly effects.34 First, she realized that on some fragments, azurite blue was not to be found in the lower part of folds but on a pink, light blue or red-ochre ground layer (fig. 4). This technique is unique for sculpture and can be compared with different sculptures that originate from Utrecht ateliers at the beginning of the sixteenth century. Another fascinating fact is that the pigments were used in their pure form and that the thicker the layers were applied as ground layer, the more strongly the color seemed to have been intensified. The thicker pigment layer was found especially on the top the folds, while thinner layers were applied within the fold. As a result, the red ground layer alters the pigment layer, creating a shifting effect. This technique of not employing the deep blue azurite in the folds but utilizing grey and light-green as under layer evokes a surprisingly strong reflexie-const effect. The blue azurite seems to fade into the deep folds, and by this create an effect of changing colors, the same effect that can be observed in taffeta or silk. This has never been observed before. This painterly effect might be related to the changes brought about in Utrecht painting through the painter Jan van Scorel, after his return home from Italy in 1522, when he became the court painter for Philip of Burgundy.35 A second surprising feature of the Doorn reliefs is that the painters of the sculptures deliberately applied shading in such a way that it is clear that they were well aware not only of the location of the wall monument but also of the light and dark effects. The painter of the Doorn wall monument must have had a very strong knowledge of 34 Aleth Lorne, “Typisch Utrechts. De Renaissance polychromie van de stenen reliëfs,” in De Sint-Maartenskerk te Doorn, 68–81, especially 78. 35 However, they could also be related to earlier artistic developments in Utrecht. In Utrecht, some other sculpture fragments were excavated that indicated similar painterly effects. The fragments can be connected to the now-lost castle of Philip of Burgundy.

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Fig. 5  Anonymous, Fragment from the Parish church at Doorn, the Netherlands, c. 1520.

Fig. 6  Anonymous, Fragment with painted illusionistic shadows from the Parish church at Doorn, the Netherlands, c. 1520.

the laws of perspective and also of the behavior of light and shade, as it is in the shades that lies the art of reflection (fig. 5). We can observe that the shadows are very cleverly applied to the architectural scheme, and that no chance was left to enhance the reflexie-­ const effects already imposed but not yet enlightened by the painted illusionistic shadows (fig. 6). The umbra and half shadows are clearly marked in the upper part of the fragment left to the capital and the arch, as well as on the stylized architrave. Although little is known regarding the development of polychromy on architecture in Utrecht, it seems that the appreciation of complex polychromy systems at the courts of Philip of Burgundy, the bishop, and of the Dom chapter is of importance for gaining a better understanding of the above-described development of painted architectural wall monuments, epitaphs, and other related sculpture. Klinckaert has demonstrated that sculpture boomed in Utrecht during the first two decades of the sixteenth century, due to the building of the nave of the Dom, as well as extensive building activity in other parish churches and monasteries.36 Nevertheless, these aspects of initial developments in painted sculpture in Utrecht are not yet fully explored, and the discovery of these painterly aspects by Aleth Lorne and the apparent artistic and contemporary scientific debate on aspects of reflexie-const seems to be very important. Recent findings of traces of a similar polychromatic paint layer system on another stone 36 Jan Klinkaert, “t Utrecht om te besien … Het Utrechtse beeldhouwersambacht in de late middeleeuwen, 1430–1528,” in De Sint-Maartenskerk te Doorn, 48–63.



Chiaroscuro – A Matter of Light and Dark?

sculpture from Utrecht, especially on sculpture formerly attributed to the Master of the Utrecht female head, seem to suggest that these developments on polychromatic reflection effects are slightly older than the Doorn reliefs and could probably be similar to developments in northern France.37

Conclusion Reflexie-const and sculpture are clearly connected throughout the sixteenth century. There is every reason to believe that the origins date back to the last quarter of the fifteenth century. It is also clear that the religious troubles throughout Europe played an important role in the changes in sculpture, and activated artistic innovation not only in its content, but also in appreciation of the play of light and shadow or – as Van Mander puts it – “glans” and “weerglans.” Although chiaroscuro is not part of artistic theory north of the Alps, reflexie-const, which involves the play of light and dark, certainly is. Yet, in addition to light and shadow effects, it involved colors as well. Reflexie-const, thus, transcends chiaroscuro in a certain way. It means that Van Mander was the first to capture an already existent and rather complex tradition. Up until now, Van Mander’s reflexie-const was perceived solely as the domain of painters and engravers. However, now it has become clear that in sculpture, reflexie-const already played an important role at an early stage in the sixteenth century. Van Mander’s Schilderboeck contains a vocabulary on reflexie-const that finds its origins possibly in late fifteenth century practice and surely in early sixteenth century literature on rhetoric and the arts. As demonstrated above, the interplay was strongly influenced by the arguments on faith and idolatry and introduced to artists via rhetoric. Coornhert’s engravings and plays strongly influenced later generations of artists by adopting visual rhetoric. In Malines, sculptors developed attractive polychromatic alabaster reliefs with strong light and dark effects, which were sold to an international clientele via Antwerp. Reflexie-const forms a rather firmly established practice for the arts in Utrecht in the early Renaissance, as the fragments in the church of Doorn and other sculpture related to ecclesiastic commissions seem to prove.

37 Author’s communication with Aleth Lorne. See for these reliefs: M. Leeflang and K. van Schooten (eds.), Middeleeuwse beelden uit Utrecht 1430–1530 (Utrecht: Ludion, 2012), cat. ns. 74, 75 and 77, 319–21, 324–25.

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Gravures en couleurs « XXL » Une monumentalité picturale ?

L’estampe en couleurs, technique expérimentée au début du XVIe siècle pour rendre au mieux les différentes nuances de couleurs au sein d’une gravure, a fait récemment l’objet de plusieurs expositions et travaux.1 Ses liens avec les dessins sur papier teinté ont beaucoup attiré l’attention des chercheurs qui ont mis en valeur la concomitance des deux phénomènes et ont montré combien l’engouement pour le dessin avait fourni un contexte favorable à l’élaboration de ces estampes. Peu d’études ont cependant porté sur la question des estampes imprimées en couleurs de grand format qui furent réalisés principalement par deux artistes à partir des années 1550. Frans Floris fut ainsi l’auteur de dessins d’une Grande Chasse à l’ours gravée à Anvers peut-être par Joos Gietleughen, en trois bois sur six feuilles de papier qui assemblées, totalisait près de 2,70 m (unique exemplaire conservé à la BnF, Dé­ partement des Estampes). Andrea Andreani s’était également fait une spécialité dans la gravure monumentale en couleurs. On lui doit un Sacrifice d’Abraham en quatre planches sur dix feuilles réalisé en 1586 mesurant près d’1,70 m, une estampe du Passage de la Mer Rouge en 1589 imprimée sur six feuilles de plus d’1 m, et entre 1593 et 1599, la très célèbre suite des Triomphes de César d’après Mantegna, en neuf planches qui mises bout à bout, constituent une frise de plus de 3,50 m. A quelles intentions répondaient ces estampes monumentales, qui combinaient deux tours de force, l’impression sur chaque feuille de plusieurs matrices et l’assemblage rigoureux afin que la composition ne soit pas rompue d’une feuille de papier à l’autre ? Les auteurs de ces clairs-obscurs « XXL » souhaitaient-ils rivaliser avec la pein1 Achim Gnann, In Farbe! Clair-obscur-Holzschnitte der Renaissance : Meisterwerke aus der Sammlung Georg Baselitz und der Albertina in Wien (Wien : Albertina; München : Hirmer, 2013); Ad Stijnman et Elizabeth Savage, Printing colours 1400–1700 : history, techniques, functions and receptions (Leiden/ Boston : Brill, 2015).

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ture, marquant le pas avec la tradition antérieure qui liaient ces gravures en couleurs au dessin ? Nous tenterons de répondre à cette question en examinant plusieurs exemplaires de grandes estampes en couleurs et en analysant avec détail des estampes de taille plus modeste gravées par Andreani ou d’après Floris, car ces deux artistes semblent bien avoir joué un rôle déterminant dans l’évolution de la perception de l’estampe en clair-obscur.

Estampes en couleurs et dessins La genèse de la gravure sur bois imprimée en plusieurs couleurs est étroitement contemporaine de la pratique du dessin à l’encre sur papier coloré ou préparé, rehaussé de grands aplats de lavis et de gouache blanche qui connut dès les années 1450 un vif succès. D’abord expérimentée en Allemagne, à Augsbourg avec Burgkmair, et à Wittenberg avec Cranach au cours de la première décennie du XVIe siècle, la technique de l’estampe en couleurs a consisté (et consiste toujours dans ses grands principes pour la gravure sur bois), à tailler dans une planche de bois les principales lignes de la composition (on désignera par la suite dans l’article cet élément comme la planche de trait) et dans autant d’autres matrices qu’il faut de couleurs différentes, les accents pour chaque couleur (ces planches étant appelées dans le reste du texte planches de teinte). L’image était ainsi obtenue à partir de deux ou plusieurs matrices, chacune comportant des lignes différentes, encrée dans une nuance de couleur propre et superposée sur la même feuille de papier, en imprimant généralement la teinte la plus claire avant la plus foncée et en terminant par la planche de trait. De cette sorte, l’estampe ainsi réalisée ressemblait à un dessin au lavis. Après Burgkmair et Cranach, des artistes comme Baldung Grien ou Wechtlin à Strasbourg se mirent à créer des gravures de cette sorte, de la même manière qu’ils réalisaient des dessins au lavis et à la gouache blanche. L’invention de cet art de l’estampe en couleurs n’est donc pas dissociable d’une pratique artistique graphique plus large, fondée sur une esthétique de l’ombre et de la lumière. En 1516, Ugo da Carpi, éditeur et graveur sur bois fit la demande d’un privilège à Venise, puis à Rome en 1518, portant sur la mise au point de la gravure en couleurs, en se targuant d’être le premier à l’avoir inventée : l’extrait du privilège a souvent été lu comme établissant clairement un rapport entre cette nouvelle forme d’estampe et le dessin : Et havendo io trovato modo novo di instampare chiaro et scuro, cosa nova, et mai piu non fatta : et è cosa bella, et utile a molti chi havera piacer di disegno.2 Il est le 2 Manuela Rossi, Ugo da Carpi, l’opera incisa : xilografie e chiaroscuri da Tiziano, Raffaello e Parmigianino : mostra, Loggia di primo ordine di Palazzo dei Pio, Carpi, 12 settembre–15 novembre 2009 (Carpi : Città di Carpi, 2009), 182, note 2. Naoko Takahatake laisse néanmoins entendre que le terme de disegno



Gravures en couleurs « XXL »

premier à donner un nom à cette production, le « clair-obscur », terme qui reste encore très largement employé en histoire de l’art pour nommer les estampes en couleurs, et plus particulièrement les gravures italiennes.3 Ses gravures les plus célèbres interprètent des compositions de Titien, Raphaël et Parmesan, parmi lesquelles un certain nombre de dessins préparatoires peuvent encore être identifiés.4 Il est donc légitime de considérer que ce premier âge de l’estampe en couleurs est lié au développement du dessin pour lui-même, en tant qu’expression artistique de plus en plus considérée comme la première pensée d’une individualité. Mais le développement de l’estampe en couleurs ne peut être réduit au seul but d’imiter le dessin. En effet, dans de nombreux foyers artistiques, la gravure en couleurs semble parfois dialoguer autant avec la peinture ou la sculpture qu’avec le dessin. En Italie, dès la fin des années 1510, l’estampe en chiaroscuro traduit des inventions issues de la peinture murale et du stuccato, même si un dessin intermédiaire entre souvent en jeu pour réaliser l’estampe. C’est le cas des fresques pour le Palazzo Madama, qui donnèrent lieu à plusieurs dessins en clair-obscur, dont un a été repris par Ugo da Carpi pour sa gravure en clair-obscur Venus et les putti;5 tout comme l’on peut considérer que l’estampe de la Mort d’Ajax, par Vicentino d’après Polidoro da Caravaggio, est directement inspirée d’un décor peint par ce dernier et/ou par Maturino vers 1520 pour la façade d’une maison à Rome, aujourd’hui non identifiée.6 Mais le rapprochement de l’estampe en couleurs avec la peinture devient nettement plus évident avec deux artistes : Frans Floris et ses épigones à Anvers entre 1550 et 1570 et Andrea Andreani dans le Nord

pourrait renvoyer davantage à la question plus vaste de conception, ou de projet, plutôt qu’au dessin lui-même : Naoko Takahatake, « Raphael and the chiaroscuro woodcut », in Joachim Jacoby, Martin Sonnabend, Raffael als Zeichner – Raphael As Draughtsman : Die Beiträge des Frankfurter Kolloquiums (Städel Museum, Frankfurt am Main, 2015), 167. 3 Voir Elizabeth Savage, « Colour Printing in Relief before c. 1700 : A Technical History », in Stijnman et Savage, Printing colours, sur la question de la terminologie et de l’emploi du terme chiaroscuro. Elle considère que le mot ne doit être utilisé que pour parler d’estampes qui cherchent à imiter le dessin en clair-obscur italien. Nous ne reprendrons pas pour notre part cette acception, qui nous semble relever d’une interprétation trop restrictive. 4 Takahatake, « Raphael », 167–71; voir également Paul Joannides, « Drawings by Raphael and his immediate followers made for or employed for engravings and chiaroscuro woodcuts », in Jacoby et Sonnabend, Raffael als Zeichner, 149–66. 5 Adam Bartsch, Le Peintre-Graveur : les clairs-obscurs des maîtres italiens, t. XII (Vienne : Impr. J.‑V. Degen, 1811), 107, n° 3. Abrégé ensuite B. XII. Le dessin d’après lequel l’estampe a été réalisée se trouve conservé à la Max Kumpfmüller collection. Trois autres appartenant au même cycle sont conservés au Louvre. Voir Dominique Cordellier, Bernadette Py, Raphaël, son atelier, ses copistes, Musée du Louvre, Inventaire des dessins italiens, V (Paris, 1992), 578. 6 B. XII, 99 n° 9. Rolf Kultzen, Alessandro Marabottini, « Polidoro da Caravaggio », Rome, 1969, recension in The Art Bulletin 55/4 (1973) : 638; Pierluigi Leone de Castris, Polidoro da Caravaggio. L’opera completa (Naples, 2001), 167, note 2.

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de l’Italie lors des deux dernières décennies du XVIe siècle. C’est ce que nous nous proposons d’examiner.

L’estampe en clair-obscur à Anvers Il revient à Nancy Bialler7 et à Edward Wouk8 d’avoir bien exploré la production de gravure dans cette aire géographique, dans des publications qui font aujourd’hui référence. Avant que Frans Floris (1517–70) ne s’y intéresse, la gravure en clair-obscur n’avait jamais été pratiquée en Flandres ni dans les Pays-Bas. Qu’un artiste comme Frans Floris, peintre et dessinateur, au courant de toutes les innovations graphiques et conscient du rôle essentiel que pouvait jouer l’estampe dans la diffusion des compositions (il donna plus de 250 dessins à des graveurs professionnels) s’intéresse à la gravure en couleurs ne doit pas nous surprendre. Floris connaissait à l’évidence l’estampe en clair-obscur, soit par l’intermédiaire de son voyage à Rome entre 1541 et 1542, soit parce qu’il était au cœur d’un réseau d’artistes qui s’échangeaient les dernières nouveautés, et assurément, l’estampe en couleurs devait en faire partie. Vingt estampes en couleurs lui ont été attribuées stylistiquement, et quatre ont sans doute été réalisées d’après ses propres dessins. L’examen de ces quelques feuilles laisse entrevoir l’originalité de Floris en la matière. A l’évidence, les gravures n’ont pas été taillées par lui, comme du reste aucun des burins pour lesquels il a donné des dessins. Mais il semble très probable qu’il ait supervisé l’exécution de ces quatre gravures sur bois, décidant de ce que le bois de trait devait contenir et de ce que les planches de teinte apporteraient, et laissant le soin de tailler les matrices par un graveur professionnel, vraisemblablement Jodocus de Curia ou Joos Gietleughen, un graveur sur bois originaire de Courtrai. S’il ne fallait retenir qu’un exemple frappant de l’utilisation de l’estampe en couleurs rivalisant avec l’art de la peinture, ce serait la Chasse à l’ours et au taureau (fig. 1).9 Gravée en 1555, longue de 2,71 m, cette estampe imprimée sur six feuilles de papier, a été obtenue en imprimant trois bois de teinte. Ses dimensions hors normes en fit, à l’époque où elle fut imprimée, l’estampe en couleurs la plus grande jamais réalisée. Car

7 Nancy Bialler, Chiaroscuro Woodcuts : Hendrick Goltzius (1558–1617) and his time : exhibition, Rijks­ museum, Amsterdam, 14 November 1992–10 January 1993, the Cleveland museum of art, Cleveland, 9 February–11 April 1993 (Amsterdam : Rijksmuseum; Ghent : Snoeck-Ducaju & Zoon, 1992), 24–30. 8 Edward H. Wouk, The New Hollstein Dutch & Flemish etchings, engravings and woodcuts, 1450–1700. Frans Floris. Part I (Rotterdam : Sound & Vision interactive; Amsterdam : the Rijksprentenkabinet, 2011), liv-lvii; Edward H. Wouk, « ‹Divine, August and Immortal› : The Potentials and Limitations of Colour Printing in the Low Countries, c. 1555 », in Stijnman et Savage, Printing colours, xxx. 9 Bialler, Chiaroscuro Woodcuts, cat. 5, 40–44; Wouk, The New Hollstein, part 1, n° 9, 18–26.



Gravures en couleurs « XXL »

Fig. 1  Joos Gietleughen d’après Frans Floris, Chasse à l’ours et au taureau, 1555, gravure en couleurs en trois planches, 43,1 × 262,5 cm, Paris, Bibliothèque nationale de France, RESERVE AA-6 FLORIS.

en effet, il ne s’agissait pas seulement d’échapper aux écueils de l’impression en grand format, telle qu’elle avait été pratiquée pour le Triomphe du Christ d’après Titien, et notamment de l’édition, connue sans doute de Floris, publiée à Gand par Joos Lam­ brecht en 1543, ou encore par Pieter Coecke van Aelst, pour les Modes et façons des Turcs, une estampe en frise comptant dix gravures sur bois et publiée après la mort de Coecke van Aelst à Anvers en 1553. Dans le cas de la chasse à l’ours et au taureau, s’ajoutait le problème du repérage des bois de teintes entre eux, qui n’était pas une mince affaire. Le résultat, à quelques détails près, fut d’une grande virtuosité. Comme l’a bien montré Edward Wouk, cette estampe monumentale se concevait comme une frise antique, à la manière des fresques que Floris avait sans doute étudiées à Rome, et qui avait connu un regain d’intérêt grâce à Polidoro da Caravaggio. Les différentes teintes employées, vert, marron ou ocre, rappellent à l’évidence cet art et notamment les décors peints pour les façades de palais romains.10 Techniquement, l’imprimeur a combiné les différentes matrices pour renforcer cet effet pictural : la planche de trait ne délimite pas complètement le tracé des figures. Le noir est employé pour renforcer certaines parties mais il ne constitue pas un tracé en continu : la planche de teinte la plus foncée est souvent requise pour compléter un bras, une jambe, et donne une tonalité de lumière, comme on peut le voir pour l’ours, où toute la partie gauche est imprimée avec la planche de teinte foncée, le noir étant surtout employé pour rendre la partie droite de l’animal, les poils et les éléments saillants de la tête. Quant à la planche de teinte la plus claire, elle sert à poser les aplats et à créer le volume. Ce 10 Sur l’utilisation par Floris de l’estampe en couleurs comme manière de retrouver les modèles antiques et diffuser les nouveautés italiennes, voir Wouk, « ‹Divine, August and Immortal› », 248–49.

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faisant, tel un peintre, l’imprimeur a su utiliser la combinaison des différentes tonalités pour indiquer le sens de la lumière, accentuer des éléments et donner du dynamisme à la scène. Certaines lignes des bois sont rapidement exécutées et ont été visiblement conçues pour être appréciées à une certaine distance. A l’évidence, la technique comme la taille très inusuelle de l’objet indiquent que cette estampe était conçue pour être exposée au mur, ce qui explique le faible nombre d’épreuves conservées.11 La Tête d’une dryade gravée d’après Floris (ca. 1560), unique épreuve connue conservée à la BnF (tableau XXIV),12 démontre aussi le lien entre l’estampe en couleurs et le medium de la peinture. Comme l’a fort bien montré Edward Wouk, cette œuvre est de mêmes dimensions que les nombreuses têtes peintes que Floris réalisa sur des panneaux peints à l’huile, ou bien sur des papiers ou des toiles collées ensuite sur panneau.13 Ces têtes étaient considérées comme des morceaux d’étude et destinées aux membres de l’atelier de l’artiste, qui pouvaient ainsi travailler sur la représentation de type humain ou sur l’expression d’émotions. Elles avaient la même fonction que les « tronies » que les peintres néerlandais du XVIIe siècle réaliseront au XVIIe siècle. Or ici, la tête de dryade n’est pas un morceau de peinture, mais une estampe qui a l’intérêt de pouvoir être imprimée à plusieurs exemplaires et circuler parmi les élèves de Floris pour qu’ils s’exercent à la copier. Mais au‑delà d’un usage lié à l’atelier, il ne faut pas oublier qu’une telle production était recherchée par les amateurs d’art, qui voyaient dans ces têtes non pas tant une esquisse préparatoire, mais une composition d’un artiste en vogue, digne d’entrer dans leurs collections. Certains détails matériels montrent également que Floris et ses imprimeurs souhaitaient faire de leurs gravures en couleurs de petites peintures. Une épreuve connue de David jouant de la harpe devant Saul, datée de 1555, gravure imprimée en quatre bois,14 a été tirée sur du lin. Conservée à la Fondation Custodia15 et encore montée sur un châssis (fig. 2), l’estampe est malheureusement en mauvais état et la planche de teinte la plus claire n’est quasiment plus lisible. Sans être courante, l’impression sur tissu n’est pas rare dans le domaine de l’estampe, mais ici, combinée avec l’idée que la gravure est composée de quatre bois en couleurs interdépendants, le bois de 11 Wouk, The New Hollstein, en recense quatre exemplaires, la plus complète étant celle conservée à Paris, BnF, RESERVE AA6-Floris. 12 Wouk, The New Hollstein, part. I, n° 8, 16. 13 Wouk, « ‹Divine, August and Immortal› », 254–55 avec bibliographie et renvoi à deux études de têtes peintes à l’huile sur papier (Dresde, Kupferstichkabinett, inv. 1967–52, Tête d’une jeune femme aux cheveux blonds, sans doute une étude pour la déesse Aphrodite dans le tableau représentant un Jugement de Pâris, Saint-Pétersbourg, 1559; et une autre tête passée en vente à New York, Conalghi, Exhibition of Old Master Drawings, May-June 1998, n °8. 14 Bialler, Chiaroscuro Woodcuts, n° 3; Wouk, The New Hollstein, part. 1, n° 1. 15 Fondation Custodia inv. 1981, 19. Épreuve pour la première fois mentionnée par Bialler.



Gravures en couleurs « XXL »

Fig. 2  Joos Gietleughen d’après Frans Floris, David jouant de la harpe pour apaiser Saul, 1555, gravure en couleurs en quatre planches imprimées sur toile de lin, 33,6 × 48,2 cm, Paris, Fondation Custodia, collection Frits Lugt, INV. 1981-P. 19.

trait étant réduit à sa plus simple expression (fig. 3), on doit légitimement se poser la question de l’effet recherché. En choisissant comme support une toile de lin, Floris souhaitait donner à cette estampe l’apparence d’un petit tableau à la tempera sur toile. Il ne s’agit pas d’un cas isolé. Adriaen Thomasz Key, peintre actif à Anvers, a laissé son monogramme sur deux estampes en couleurs, Nabuchodonosor jetant les Hébreux dans la fournaise,16 et Joab tuant Absalon,17 ca. 1570, chacune imprimée en trois couleurs. L’influence de Floris est évidente, même si le bois de trait des estampes est plus présent dans les estampes gravées d’après Key que dans celles de Floris, et que la combinaison des trois matrices est plus frustre. Néanmoins, on sait grâce à une épreuve imprimée sur lin de la gravure de Nabuchodonosor,18 que le même phénomène d’imitation de la peinture sur toile était à l’œuvre chez Key. Plus encore, Nancy 16 Bialler, Chiaroscuro Woodcuts, n° 8. 17 Bialler, Chiaroscuro Woodcuts, n° 7. 18 Paris, Galerie Paul Prouté, ancienne collection, aujourd’hui vendue. Nous n’avons pas donc pas eu l’occasion de l’examiner en détail; reproduite dans Bialler Chiaroscuro Woodcuts, n° 8.

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Fig. 3  Joos Gietleughen d’après Frans Floris, David jouant de la harpe pour apaiser Saul, gravure en couleurs en quatre planches, 33,6 × 48,2 cm, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Collection Edmond de Rothschild, INV 4373LR. Photographie en infrarouge.

Bialler a été la première à remarquer qu’un nombre non négligeable d’épreuves de cette même estampe était imprimé sur un papier qui avait été travaillé pour qu’il ait l’aspect d’une toile :19 ce qu’elle appelle « cloth texture », semble avoir été obtenu en ajoutant au moment de l’impression des matrices une pièce de toile sous le papier humidifié de l’estampe, qui a pris dans sa trame l’empreinte du textile. Le procédé peut paraître complexe, mais il l’était sans doute moins que d’imprimer directement sur tissu, cette matière étant par définition délicate à manipuler pour avoir une bonne impression, a fortiori encore plus quand on imagine qu’il fallait imprimer sur cette pièce de toile trois ou quatre matrices successivement. L’intérêt commercial était donc bien réel, mais l’engouement pour ce type d’expérimentation s’explique aussi par la vogue que connaissait la peinture sur toile et l’importance des décorations murales dans les intérieurs d’humanistes à Anvers.

19 Elle cite trois exemples, au British Museum, à Paris et à Vienne.



Gravures en couleurs « XXL »

Andrea Andreani et l’estampe en couleurs au carrefour des arts Andrea Andreani est né en 1558 ou 1559, sans doute à Mantoue et est mort en 1629.20 A l’inverse des deux artistes précédemment mentionnés, Andreani n’est ni un peintre, ni un dessinateur (en tous les cas, aucun dessin ne lui a été actuellement attribué). Il s’agit d’un graveur et d’un éditeur d’estampes. Sa production d’estampes en couleurs s’élève à vingt feuilles, parmi lesquelles plusieurs de très grand format. Très largement critiqué par une historiographie qui était largement restée sur des considérations naïves de valorisation de l’invention par rapport à l’interprétation, Andreani n’a pas reçu l’étude qui permettrait de mieux comprendre son intérêt pour l’estampe en couleur. Il a en effet pratiqué cet art bien après les premières expérimentations très recherchées d’Ugo da Carpi, Vicentino ou Antonio da Trento. Il a même pu récupérer un stock non négligeable de matrices de chiaroscuri de Vicentino et a continué de les imprimer, en y ajoutant son monogramme, parfois plus de quarante ans après leur première édition. Parallèlement, il a composé à partir de modèles réalisés par de grands artistes des gravures en couleurs inédites qui eurent un certain succès, à en juger par le nombre d’exemplaires encore aujourd’hui disponibles, et le fait qu’il réussit à dédicacer la plupart de ses estampes à un riche collectionneur, un amateur de peintures ou de sculptures, ou une personnalité influente dans les affaires politiques ou religieuses de la ville dans laquelle il était installé. Le goût pour l’art du clair-obscur était bien présent encore en Italie, comme le montre très bien Monica Latella dans son essai sur cet art à Rome dans les années 1580. Mais Andreani a su faire évoluer l’art du clair-obscur. Si certaines feuilles dialoguent avec le dessin au lavis, de nombreuses prennent pour invention des sculptures ou des peintures.

Andreani et Titien L’artiste qui lui inspira des estampes en grand format est à l’évidence Titien. Andreani réalisa en effet une copie du Triomphe du Christ quand il séjournait à Rome avant

20 Voir Marie-Noëlle Gayral, Andrea Andreani, artiste du clair-obscur gravé en bois. DEA à l’Université de Paris I – Panthéon Sorbonne, année 2000–2001, 3 vols. : tome 1 : Synthèse; tome 2 : Inventaire des estampes conservées à la BnF; tome 3 : dossier iconographique annexe. Pour les redécouvertes autour de la biographie d’Andreani, Maria Elena Boscarelli, « Andrea Andreani incisore mantovano », Grafica d’arte 2 (1990) : 9–13 et la même, « New documents on Andrea Andreani », Print Quarterly 1/3 (1984) : 187–88. Voir également Narcisa Fargnoli, « Andrea Andreani Mantovano intagliatore in Siena », in Fiorella Sricchia Santoro, L’arte a Siena sotto i Medici, 1555–1609, mostra, Siena, Palazzo pubblico, 3 maggio–15 settembre 1980 (Rome : De Luca, 1980), 225–30.

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1584,21 qu’il n’imprima cependant pas en couleurs. Mais d’une certaine manière, on peut dire les estampes monumentales faites d’après les dessins de Titien ont constitué une double référence pour Andreani : pour leur monumentalité, mais également parce qu’elles comportaient déjà la question sous-jacente de la tonalité. Vasari a souligné combien l’art du dessin par Titien se distinguait nettement de celui pratiqué par les artistes de l’Italie centrale. La couleur prédominante de Titien et le sens de la ligne, plutôt secondaire, l’éloignait des dessins d’artistes romains. Titien se distingue également par son utilisation du dessin qu’il ne réservait pas à des études préparatoires, préférant travailler directement sur la toile en disposant sa matière en de larges et vigoureux aplats avec des touches cassées laissant une surface rude de peinture brute.22 Il n’est pas inintéressant de noter que l’un des premiers graveurs et éditeurs de grandes estampes d’après Titien est Ugo da Carpi, qui a laissé son nom dans la monumentale estampe du Sacrifice d’Abraham, le même qui a réalisé quelques années plus tard les premiers chiaroscuri italiens connus. Titien gravé « en XXL » constituait donc une sorte de prélude nécessaire à l’art de la gravure en couleurs, car la transcription de son univers dans des estampes posait intrinsèquement la question de la lumière et du dégradé tonal. En copiant une gravure monumentale d’après Titien, Andreani n’utilisait pas seulement un grand nom qui lui permettrait de s’assurer un succès commercial. Il reprenait à son compte la relation complexe de la gravure et de la couleur. Il est donc logique, que quelques années plus tard, en 1589, Andreani décida cette fois‑ci de réaliser une grande gravure d’après Titien, mais cette fois‑ci en couleurs, le Passage de la Mer Rouge (fig. 4).23 Le sujet avait déjà été exploré par Titien, qui avait donné dans les années 1514–15 des dessins pour qu’une estampe gigantesque de 1,22 m × 2,20 m soit imprimée, mais en noir et blanc.24 Andreani réduisit la taille de l’estampe (74 cm × 1,14 m) et décida de décomposer le sujet en trois parties et en quatre bois imprimés le plus souvent dans sa couleur préférée, le marron. Cependant, une épreuve conservée à la Fondation Custodia,25 est imprimée en bleu-gris, couleur sans doute privilégiée ici pour rendre au mieux l’élément aquatique prédominant. Si le bois de trait est très présent et délimite clairement les contours de chaque élément, les autres bois sont apposés selon l’art de la peinture : un gris clair permet de donner la tonalité générale à l’ensemble de l’estampe (dans la partie inférieure notamment sur les troupes de Pharaon) et d’imprimer certaines parties absentes du bois de

21 David Rosand and Michelangelo Muraro, Titian and the Venetian woodcut : exhibition, Washington, National gallery of art, 1976, Dallas, Museum of fine arts, 1976, Detroit, the Detroit institute of arts, 1977 (Washington : International exhibitions foundation, 1976), 17. 22 Rosand et Muraro, Titian and the Venetian woodcut, 8–9. 23 B. XII 25, n° 6; Gayral, Andrea Andreani, t. II, INV 12, 79–83 (pour les épreuves de la BNF). 24 Rosand et Muraro, Titian and the Venetian woodcut, 70–87, n° 4. 25 Paris, Fondation Custodia, INV 2009‑P. 12.



Gravures en couleurs « XXL »

Fig. 4  Andrea Andreani d’après Titien, Le Passage de la mer rouge, 1589, gravure en couleurs en quatre planches, 74 cm × 1,14 m, Paris, Fondation Custodia, collection Frits Lugt, INV 2009-P. 12.

trait, comme les vagues ou certaines nuées, donnant un effet plus doux à son estampe que s’il avait employé le noir comme dans l’estampe de Titien, et les deux autres planches de bleu, l’un clair et l’autre foncé tirant vers le gris, sont appliqués par-dessus dans les zones du ciel, comme de larges aplats de peinture et avec un ou des pigments très grossièrement broyés, de sorte que l’on peut distinguer à l’œil nu leur matérialité. Dans un grand nombre d’estampes de grand format que nous avons pu observer, Andreani a eu fréquemment recours à une astuce technique pour que l’assemblage des différentes feuilles de papier passe le plus inaperçu possible : il a laissé des joints en réserve à chaque extrémité des feuilles qu’il imprimait (sauf la première à gauche et la dernière à droite), ce qui lui permettait de les coller les unes aux autres et d’assurer une continuité dans la lecture des différents bois. L’estampe ainsi montée semble être une œuvre d’un seul tenant, à la manière d’une grande toile ou d’une grande frise.

Andreani à Sienne Lors de son séjour à Sienne, Andreani s’intéressa de près à l’art de Domenico Beccafumi, peintre, sculpteur et graveur lui-même d’estampes en couleurs. Andreani fit deux clairs-obscurs d’après le chef d’œuvre de Beccafumi, le pavement de marbre du Duomo : le Sacrifice d’Abraham (1586) (tableau XXV), et Moïse brisant les tables de la Loi (1590).

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La première consiste en une gravure imprimée en trois parties sur dix feuilles de papier, quatre matrices étant utilisées pour donner la couleur, soit au total, 12 matrices.26 Les couleurs sont employées en de larges aplats : le paysage dans sa partie droite avec Isaac prenant congé de sa mère est par exemple obtenu uniquement avec les deux bois de teinte intermédiaires en marron. Le bois de teinte le plus foncé a servi à mettre en valeur certains éléments, comme l’arbre tout à droite, ou l’ange apparaissant dans le ciel. L’art de la marqueterie partage avec l’art de la gravure en couleurs l’art du clairob­scur.27 Vasari utilise dans la vie de Beccafumi le mot chiaroscuro pour désigner aussi l’un (cose di pietra a uso di chiaroscuro) que l’autre (stampe di legno per far carte di chiaroscuro). Les deux techniques permettent d’obtenir cette esthétique si valorisée, et quand Vasari décrit la technique employée par Beccafumi pour faire le pavement, on ne peut s’empêcher de penser aux nombreuses analogies avec la gravure en couleurs :28 Domenico répondit au prince qu’il ne pouvait se rendre de suite auprès de lui, parce qu’il avait entrepris de terminer dans la cathédrale une portion du pavé commencé jadis par Duccio. Notre artiste avait en effet heureusement imaginé d’améliorer cet ouvrage où les traits de la plupart des sujets étaient déjà gravés avec le ciseau et remplis d’un enduit noir accompagné de marbres colorés, ainsi que le fond des figures. Mais Domenico trouva que l’on pouvait parfaitement former un clair-obscur en produisant les ombres à l’aide de marbres gris opposés aux marbres blancs employés pour les lumières. Il fit donc un essai qui réussit de telle sorte qu’il commença aussitôt dans cette manière le plus beau, le plus vaste et le plus magnifique pavé qui ait jamais été fait. Ce qui intéressait ici Andrea Andreani était bien évidemment les perspectives commerciales que pouvait représenter la vente d’estampes d’après le fameux peintre siennois. Dans les années 1580, Beccafumi était toujours célèbre et devenu une référence majeure à Sienne. Son art de la marqueterie, utilisant les variations de tonalité d’une seule couleur, était considéré comme une œuvre de la plus grande modernité. Mais Andreani voulait sans doute confronter son art de graveur avec celle de Beccafumi, et de transposer sur le papier, dans un magnifique tour de force, les mêmes effets de lumière que Beccafumi était parvenu à obtenir avec de la pierre.

26 B. XII 22, n° 4; Gayral, Andrea Andreani, t. II, INV 8, 65–68. 27 Marco Collareta, « Pittura comessa di bianco e nero. Domenico Beccafumi nel pavimento del Duomo di Siena », in Alessandro Bagnoli, Roberto Bartalani et Michele Maccherini éd., Domenico Beccafumi e il suo tempo : mostra, Siena, 16 giugno‑4 novembre 1990 (Milan : Electa, 1990), 652–66. 28 Giorgio Vasari, Vies des peintres, sculpteurs et architectes, Léopold Leclanché trad. et Philippe-Auguste Jeanron éd. (Paris : Jules Tessier, 1841), vol. 7, 102–3.



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A Sienne également, Andreani collabora de près avec le peintre Alessandro Casolani.29 Ce dernier lui fournit des dessins, mais également des peintures comme modèles de gravures en couleurs, dont une, la Déploration du Christ,30 très célèbre mais malheureusement devenue très rare, est une transcription à l’échelle d’une toile de l’artiste peinte en 1593 à la demande d’Ottavio Preziani pour l’église Santi Quirico e Giulitta de Sienne.31 Imprimée sur 13 feuilles de papier en quatre matrices, l’estampe en couleurs d’Andreani cherche à suivre très étroitement les effets picturaux observables sur la toile et il n’est pas impossible que Casolani ait pour cela fourni à Andreani un carton : les lignes du bois de trait sont extrêmement fluides, et taillées avec beaucoup de liberté, pour donner la semblance de coups de pinceau. Les couleurs des bois de teinte sont transparentes, comme si Andreani avait travaillé avec de l’aquarelle. Sur l’épreuve conservée à l’Albertina,32 peut-être parce que l’impression n’a pas été jugée parfaite, peut-être aussi pour rendre encore plus floues les frontières entre estampe et peinture, des zones ont été retravaillées à l’aquarelle.

Les Triomphes de César d’après Mantegna Nous terminerons enfin avec les estampes en couleurs qu’Andreani réalisé d’après les Triomphes de Mantegna. En 1593, Andreani décida de quitter Sienne pour s’installer à Mantoue, sans doute un retour dans sa ville d’origine, et de graver les toiles représentant le triomphe de César, près d’un siècle après qu’elles aient été peintes. Consistant en neuf estampes imprimées avec quatre bois, plus le frontispice comportant la dédicace, cette suite est la dernière création connue d’Andreani et la plus ambitieuse (fig. 5).33 Cette réalisation se fit avec la protection et le soutien entier de Vincenzo Gonzaga, héritier de Francesco I Gonzaga, à l’origine de la commande auprès de Mantegna, car Andreani travailla près de six ans à reprendre les toiles d’origine et à les

29 Sur cet artiste, Alessandro Bagnoli, Il Piacere del colorire. Percorso artistico di Alessandro Casolani (1552/53–1607) : guida alla mostra (Florence : Centro Di, 2002). Sur les relations entre Andreani et Casolani, Gayral, Andrea Andreani, t. I, 47–49. 30 L’Arte a Siena, n° 91, 231–232 (exemplaire de Florence repr.); Gnann, Auf Farbe, 418, n° 207 (exemplaire de Vienne reproduit). 31 Bagnoli et La Porta, Il Piacere, n° 26 (repr.) 32 Vienne, Albertina, INV DG24096 et DG24097. Pour une numérisation de cette œuvre consulter http://sammlungenonline.albertina.‌at/?query=​Inventarnummer=​[DG24096]&showtype=​record http://sammlungenonline.albertina.‌at/?query=​Inventarnummer=​[DG24097]&showtype=​record 33 B. XII, 101–104, n° 11. Caroline Karpinski, « Mantegna’s Triumphs in Andreani’s form », Apollo (2001) : 39–45.

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Fig. 5  Andrea Andreani d’après Andrea Mantegna, Les Triomphes de César. Pl. 7: Les Captifs, ca. 1593–99, gravure en couleurs en trois bois, rehauts d’or sur soie violette, 375 × 370 mm, Paris, Fondation Custodia, coll. Frits Lugt, INV 1995-P. 2.

transcrire sur le papier.34 Il fut aidé dans cette tâche par Bernardo Malpizzi (1553– 1623), peintre mantouan, qui réalisa des modelli à taille réduite à partir desquelles Andrea Andreani travailla. Dans la suite gravée, le bois de trait est toujours présent, mais contrairement aux autres clairs-obscurs de l’artiste, il est réduit à son minimum. Ce sont les bois de teinte qui donnent le modelé interne à l’intérieur des formes principales ou les ombres. En juxtaposant parfois jusqu’à trois couleurs et en jouant avec le blanc de la réserve de papier, Andreani parvient sur quelques centimètres seulement de papier à faire cohabiter un riche gamme tonale et à ce qu’un simple morceau de tunique prenne forme. Les personnages au premier plan sont imprimées avec les bois de teinte les plus clairs, tandis que celles à l’arrière-plan le sont avec le bois de teinte le plus foncé. Par ce procédé, essentiellement pictural, Andreani parvient à des transitions subtiles, tout en assurant un repérage optimal à ses différents bois. Chaque dégradé de couleurs semble ainsi se fondre les uns dans les autres. Assemblées les unes aux autres, et scandées par des pilastres imprimés que l’on pouvait ajouter entre chaque scène, même s’il n’est pas exclu qu’elles pouvaient aussi rester une simple suite à consulter en volume, les planches du triomphe de César d’après Mantegna constituaient une frise de plus de 3,5 mètres. 34 Sur les documents attestant la protection de Vincenzo Gonzaga, Boscarelli, New Documents, 187, notes 2–5 et Karpinski, « Mantegna’s Triumphs », 40 et 45, note 11 avec plus ample bibliographie.



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Sans doute à la demande de son protecteur, Andreani produit une version de luxe de la série, puisqu’on connaît plusieurs épreuves imprimées sur soie violette, avec des rehauts d’or appliqués à la main, dont une conservée à la Fondation Custodia.35 Le violet était destiné à imiter la pourpre impériale et à donner cette fois‑ci à l’ensemble la semblance d’une tenture précieuse. Malgré la fidélité des clairs-obscurs aux toiles de Mantegna, il semble quelque peu réducteur de qualifier les gravures d’Andreani d’estampes de reproduction. Surtout, cette commande ou ce soutien de circonstance, on ne sait, en dit long sur le statut de l’estampe en couleurs à la fin du XVIe siècle : que Vincenzo Gonzague ait accepté de financer cette longue entreprise montre bien qu’il voyait dans l’art de la gravure en couleurs un nouveau moyen artistique, puissant et séduisant, de rendre hommage à sa famille, en se plaçant dans la continuité directe de son glorieux aïeul. On mesure ainsi le chemin parcouru par l’estampe en couleurs en un peu moins d’un siècle. Puisant dans des sources antiques mais au service d’une esthétique toute moderne, la gravure en clair-obscur pouvait ainsi renvoyer à un glorieux passé qu’elle revisitait et s’inviter comme nouveau medium à invoquer dans le débat du paragone si cher aux artistes de la Renaissance, aux côtés de la peinture, de la sculpture et du dessin.

35 INV 1995, 2. Erik Hinterding, Chiaroscuro Woodcuts from Frits Lugt collection in Paris : exhibition, Tokyo, the National Museum of Western art, 8 October–11 December 2005 (Tokyo : National Museum of Western Art, 2005), vol. 2, English text supplement, n° 69i.

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Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jahrhunderts

Analogien zwischen Skulptur und Druckgraphik Analogien zwischen Skulptur und Druckgraphik wurden vor allem in motivischer Hinsicht wiederholt betont, etwa wenn Tilman Riemenschneider nach Stichen von Martin Schongauer (Abb. 1 und 2), Hinrik Bornemann nach Holzschnitten von Albrecht Dürer oder Hans Daucher nach Vorlagen sowohl von Dürer als auch Jacopo de Barbari und Marcantonio Raimondi arbeiteten.1 Auch wurde in diesem Zusammenhang gesehen, dass Riemenschneider in seinem Münnerstädter Retabel 1 Vgl. Jan Nicolaisen, „Die Verwendung der Kupferstiche Martin Schongauers in der Schnitzwerkstatt Tilman Riemenschneiders“, in Le beau Martin. Études et mises au point, Actes du colloque organisé par le Musée d’Unterlinden à Colmar les 30 septembre, 1er et 2ème octobre 1991, hg. von Albert Châtelet (Colmar, Musée d’Unterlinden, 1994), 251–83; Hartmut Krohm, „Der Schongauersche Bildgedanke des ‚Noli me tangere‘ aus Münnerstadt – Druckgraphik und Bildgestalt des nichtpolychromierten Flügelalters“, in Flügelaltäre des späten Mittelalters, hg. von Hartmut Krohm und Eike Oellermann (Berlin: Reimer, 1992), 84–102; Fritz Koreny, „Riemenschneider and the Graphic Arts“, in Tilman Riemenschneider, c. 1460–1531. Proceedings of the Symposium ‚Tilman Riemenschneider: A Late Medieval Master Sculptor‘ held 3–4 December 1999 in Washington, hg. von Julien Chapuis (New Haven et al.: Yale University Press, 2004), 99–111; Christine Kitzlinger, „Die künstlerische Umsetzung graphischer Vorlagen im Passionszyklus des Bordesholmer Retabels“, in Der Bordesholmer Altar des Hans Brüggemann: Werk und Wirkung. Akten des internationalen Colloquiums ‚Das Bordesholmer Retabel‘ Schleswig, 10.–12. Oktober 1994, hg. von Uwe Albrecht (Berlin: Reimer, 1996), 109–64; Ulrich Schäfer, „Der Umgang des Bildschnitzers mit Druckgraphik – vorgefertigter Entwurf, Kompositionshilfe, bewußtes Zitat“, in ebd., 99–108; Georg Habenicht: „Die ungefassten Altarwerke des ausgehenden Mittelalters und der Dürerzeit“ (Göttingen 2002) [http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2002/habenicht/habenicht.‌pdf; letzter Zugriff am 7.9.2016], 47 ff., und ders., Das ungefasste Altarretabel. Programm oder Provisorium (Petersberg: Imhof, 2016), 29 f.; Thomas Eser, Hans Daucher. Augsburger Kleinplastik der Renaissance (München, u. a.: Deutscher Kunstverlag, 1996), bes. 56–61.

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Abb. 1  Martin Schongauer, Noli me tangere, 1470–74, Kupferstich, London, British Museum.

„wenngleich auch mit dem Schnitzmesser […] ähnlich wie Schongauer eine Gestaltung in feinster Abstufung der Hell-Dunkelwerte an[strebte], wobei ihm die Lichtwirkung unmittelbar und in lebendigem Wechselspiel zur Verfügung steht. […] Der Modellierung mit Hilfe des Lichts kommt dabei größte Bedeutung zu.“2

Ganz ähnlich sprach Theodor Müller schon 1953 von der modellierenden Kraft des Lichtes bei Riemenschneider, durch welches die farbreduzierte Skulptur autonom werde.3 Vergleichbare Überlegungen stellte etwa Eike Oellermann an, doch wurde die Wechselbeziehung zwischen der Skulptur und den graphischen Künsten bisher weder stringent noch differenziert genug verfolgt.4 An dieser Stelle möchte ich einhaken und als zentrale Fragen fokussieren, wann die Farbreduktion in beiden Medien primär auf Hell-Dunkelwerte abzielt, somit Materialitäten abstrahiert oder übersetzt, und wann Farbreduktion Materialitäten tat-

2 Krohm, „Der Schongauersche“, 98 und 99. 3 „Der Verzicht auf die Fassung und Vergoldung der Skulpturen räumt der modellierenden Kraft des Lichtes eine neue Funktion ein. Plastik wird dadurch sozusagen autonom, nämlich unabhängig von der Steigerung ihrer räumlichen Akzente durch die Zuhilfenahme von Farbe.“ Adolf Feulner und Theodor Müller, Geschichte der deutschen Plastik (Bruckmanns Deutsche Kunstgeschichte, Bd. 2) (München: Bruckmann, 1953), 386. 4 Eike Oellermann, „Der Hochaltar zu St. Martin zu Lorch am Rhein“, in Krohm und Oellermann, Flügelaltäre, 8–22, hier 17 ff.



Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jh.s

Abb. 2  Tilman Riemenschneider, Noli me tangere aus dem Münnerstädter Retabel, 1490–92, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kultur­ besitz, Bode-Museum.

sächlich offenlegt oder auch kunstvoll fingiert. Im Hintergrund steht die Überlegung, in welchem Zusammenhang Farbreduktion, Helldunkel und Fiktionalität stehen und welche wahrnehmungsästhetischen Folgen dabei mit der Druckgraphik verbunden waren. Diese scheint mir nicht nur im Hinblick auf die Etablierung der Farbreduktion, sondern auch und vor allem hinsichtlich des Verhältnisses von Bildidee und Ausführung eine größere Tragweite gehabt zu haben als dies bislang – vor allem in Bezug auf die Frühzeit der Druckgraphik – Berücksichtigung fand.5

5 Grundlegende Forschungsbeiträge lieferte hier Peter Schmidt; vgl. Peter Schmidt, „Die Anfänge des vervielfältigten Bildes im 15. Jahrhundert oder was eigentlich reproduziert das Reproduktionsmedium Druckgraphik?“, in Übertragungen. Formen und Konzepte von Reproduktion in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. von Britta Bußmann und Albrecht Hausmann (Berlin: De Gruyter, 2005), 129–56; ders. „Materialität, Medialität und Autorität des vervielfältigenden Bildes. Siegel und andere Bildmedien des Mittelalters in ihren Wechselwirkungen“, in Die Bildlichkeit korporativer Siegel im Mittelalter, hg. von Markus Späth (Köln: Böhlau, 2009), 89–111; ders., „Die Erfindung des vervielfältigten Bildes. Reproduktion und Wahrheit im 15. Jahrhundert“, in Imagination und Repräsentation. Zwei Bildsphären der frühen Neuzeit, hg. von Horst Bredekamp, Christiane Kruse und Pablo Schneider (München: Fink, 2010), 119–47. Forschungen zu einer kunsttheoretischen Reflektion früher Druckgraphik legte zuletzt Barbara Stoltz vor; vgl. Barbara Stoltz, „Das Bild-Druckverfahren in der Frühen Neuzeit“, Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 39 (2012): 93–117; und dies. „Ars Nova? Die Neue Kunst? Die Bedeutung der Druckgraphik in der Kunstliteratur des 15. und des frühen 16. Jahrhunderts“, in Ars nova. Frühe Kupferstiche aus Italien. Katalog der italienischen Kupferstiche von den Anfängen bis um 1530 in

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Anfänge und Valenzen der Farbreduktion in der Druckgraphik Im Hinblick auf das regelrecht flächendeckende, im 15. Jahrhundert nahezu alle Künste umfassende gestalterische Prinzip der reduzierten Farbpalette wäre es wohl zu weit gegriffen, im Kupferstich einen Initialzünder dieser Entwicklung zu sehen. Zweifellos kann er jedoch als ein entscheidender Motor und Multiplikator des Farbverzichts der Künste im 15. Jahrhundert gelten. Anders als im frühen Holzschnitt, dessen Entstehungsgeschichte man um 1400 ansetzt und für den eine ausgesprochen summarische und aus heutiger Sicht oftmals grob wirkende Kolorierung als eine unverzichtbare Zutat gelten kann, erwies sich der Kupferstich von Beginn an, d. h. wohl seit den 1430er Jahren, als ein Medium, das – entweder nur zart oder gar nicht koloriert – als primär schwarz-weiße Kunst Eigenwertigkeit für sich in Anspruch nahm.6 Das gestalterische Prinzip, allein mit schwarzen Linien auf weißem oder annähernd farb­ losem Grund Lichter und Tiefen zu modellieren und so Materialitäten in das System der gravierten Linie zu übersetzen, dürfte angesichts der Multiplizierbarkeit und hohen Wertschätzung des Kupferstichs auch andere Künste angeregt haben. In den Stichen Martin Schongauers fand es einen folgenreichen Kulminationspunkt, den Albrecht Dürer insofern übertraf, als er dem Holzschnitt eine vergleichbar filigrane und delikate Präzision abverlangte wie sie im Kupferstich möglich geworden war.7 Dies brachte Dürer, dessen internationaler Ruhm wesentlich im Holzschnitt begründet liegt, nicht

der Sammlung des Dresdener Kupferstichkabinetts, hg. von Gudula Metze, Ausst.-Kat. Dresden 2013/2014 (Petersberg: Imhof, 2013), 19–29. 6 David Landau und Peter Parshall, The Renaissance Print 1470–1550 (New Haven und London: Yale University Press, 1994); Peter Parshall und Rainer Schoch (Hg.), Die Anfänge der europäischen Druckgraphik. Holzschnitte des 15. Jahrhunderts und ihr Gebrauch, Ausst.-Kat. Washington und Nürnberg (Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 2005); Susan Dackerman (Hg.), Painted prints: the revelation of color in Northern Renaissance & Baroque engravings, etchings & woodcuts (Pennsylvania State University Press: Baltimore Museum of Art, 2002); Ad Stijnman und Elizabeth Savage (Hg.), Printing colour 1400–1700. History, techniques, functions and receptions (Leiden: Brill, 2015). 7 Lothar Schmitt, Martin Schongauer und seine Kupferstiche. Materialien und Anregungen zur Erforschung früher Druckgraphik (Weimar: VDG, 2004); Erwin Panofsky, „Reorientation in the Graphic Arts; The Culmination of Engraving, 1507/11–1514“, in ders., The Life and Art of Albrecht Dürer. With a new introduction by Jeffrey Chips Smith (Princeton University Press: Princeton und Oxford, 2005), 132–71; Rainer Schoch, „ALBERTVS DVRER NORICVS FACIEBAT. Bemerkungen zur Rolle der Druckgraphik im Werk Albrecht Dürers“, in Albrecht Dürer. Das druckgraphische Werk, Bd. 1: Kupferstiche, Eisenradierungen und Kaltnadelblätter, hg. von Rainer Schoch, Matthias Mende und Anna Scherbaum (München et al.: Prestel, 2001), 9–23, bes. 15–18; Richard S. Field, „The Woodcuts and Woodblocks of Albrecht Dürer: Inspiration, Standardization, and Reformation of an Art“, in Seven Perspectives on the Woodcut. Presentations from A Heavenly Craft Symposion and Exhibition, hg. von Daniel De Simone (Washington, DC: Library of Congress, 2008), 10–39.



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zuletzt das bekannte Künstlerlob des Erasmus ein, der den Nürnberger 1528 in De recta Latini Graecique sermonis pronuntiatione als ein Apelles des Schwarz-Weiß feierte: „Was vermochte Dürer aber, in anderen Dingen ebenso bewundernswert, nicht mit den monochromatischen, das heißt: mit den schwarzen Linien darzustellen? Schatten, Licht, Glanz, Wölbungen und Vertiefungen […]. Er beachtete sorgfältig die Proportion und die Harmonie. Sogar malte er Dinge, die nicht gemalt werden können: Feuer, Licht­ strahlen, Donner, Wetterleuchten, Blitze, oder auch Wolken […], alle Sinneseindrücke und Gefühle, überhaupt den sich im Körper ausdrückenden Geist des Menschen, ja fast dessen Stimme. Diese geglückten und dazu schwarzen Linien, stellt er vor die Augen, sodass, würde eine Kolorierung hinzugefügt, man diesen Werken nur ein Unrecht antäte. Und gibt es etwas mehr Bewundernswertes als ohne der Blendung der Farbe etwas zu schaffen, was Apelles mit ihrer Hilfe schuf?“8

Mit der Reduktion der künstlerischen Mittel war eine Steigerung der künstlerischen Meisterschaft verbunden, welche über die Vierfarbenmalerei des Apelles hinausging: Schließlich kam sie nicht nur mit der schwarzen Linie auf weißem Grund allein aus, sondern brachte diese – wie bei Dürer – zudem in einem zunächst artfremden Medium kunstvoll hervor. Die zarte Textur der Linien musste selbstverständlich sichtbar bleiben, so dass auch der Holzschnitt in der Folge auf Farbe zu verzichten begann. Die Entwicklung der Farbreduktion war damit keinesfalls abgeschlossen und wäre auch kaum angemessen beschrieben, wenn man sie ausschließlich als ein visuelles System schwarzer Linien auf (annähernd) weißem Grund betrachtete. Vielmehr führten diese Entwicklungen in der Druckgraphik zu einem gesteigerten Bewusstsein im Umgang mit Farbe und Linie, bewirkten eine Ausdifferenzierung der beteiligten Handwerke (Reißer, Stecher, Drucker, Brief- und Kartenmaler) und deren Zuordnung zu den verschiedenen Künsten.9 In letzter Konsequenz bereiteten diese Entwicklungen die von Lucas Cranach, Hans Burgkmair d. Ä. und Ugo da Carpi ehrgeizig umkämpfte Erfin-

8 Zitiert nach Stoltz, „Ars Nova“, 20 (mit lateinischem Originaltext in Anm. 7, 28); Schoch, „ALBERTVS DVRER“, 9; Dagmar Preising, „Albrecht Dürer. Apelles des Schwarz-Weiss“, in Albrecht Dürer. Apelles des Schwarz-Weiss, Ausst.-Kat. Aachen 2004/2005, hg. von Dagmar Preising, Ulrike Villwock und Christine Vogt (Aachen: Suermondt-Ludwig-Museum, 2004), 11–13; Peter Schmidt, „Wieso Holzschnitt? Dürer auf Medien- und Rollensuche“, in Der frühe Dürer, Ausst.-Kat. Nürnberg 2012, hg. von Daniel Hess und Thomas Eser (Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 2012), 146–59; Lothar Schmitt, „Der frühe Dürer und der Kupferstich im 15. Jahrhundert“, in: ebd., 160–70; und zuletzt Hans Körner, „Albrecht Dürer. Der Apelles der schwarzen Linien“, in Dürer. Kunst – Künstler – Kontext, Ausst.-Kat. Frankfurt 2013/2014, hg. von Jochen Sander (München et al.: Prestel, 2013), 75–79. 9 Vgl. hierzu bes. Susan Dackerman, „Painted Prints in Germany and in the Netherlands“, in dies., Painted prints, 9–47; und Richard S. Field, „Der frühe Holzschnitt: was man weiß und was man nicht weiß“, in Parshall/Schoch, Die Anfänge, 19–35, bes. 24 ff.

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dung des Farbholzschnittes vor – eine Technik, die im druckgraphischen Werk Dürers bezeichnenderweise gerade nicht vorkommt.10 Die Wahrnehmung früher druckgraphischer Techniken und deren Vorläufer oszillierte zwischen Zeichnung – was sich seit Theophilus belegen lässt und in Vasaris Ausdruck disegno stampato kulminiert – und Skulptur, was in der Berufsbezeichnung des Holz- oder Metallschneiders als sculptor und der Bezeichnung ihres Arbeitsanteils im Werkprozess als sculpsit greifbar wird.11

Erscheinungsformen und Wirkungsweisen farbreduzierter Skulptur Die in dieser Terminologie angelegte Analogie zur farbreduzierten Skulptur könnte größer kaum sein, wenn diese im 15. Jahrhundert nicht nur Motive, sondern auch gestalterische Prinzipien der graphischen Künste übernahm. Die Sichtbarkeit des Materials sowie der Spuren des Schnitzmessers auf der Oberfläche des Bildkörpers wurden hier zu einem unumgänglichen Qualitätsmerkmal, das weit über eine bildkritische Positionierung der Retabelskulptur hinaus als künstlerische Stellungnahme zu lesen ist.12 Spätestens mit dem 1483 vollendeten Lorcher Hochaltarretabel, dessen Meister „mit ihrem Werk bereits nur Fortführende und nicht Erfinder der neuen Kunst“ gewesen sein dürften, hatte die Farbreduktion Eingang in die Gestaltung der 10 Vgl. aus der Fülle der vorliegenden Literatur Landau/Parshall, The Renaissance Print, 179–202, und zuletzt Achim Gnann, In Farbe! Clair-obscur-Holzschnitte der Renaissance. Meisterwerke aus der Sammlung Georg Baselitz und der Albertina in Wien (München: Hirmer, 2013); zum Fehlen des Farb­ holzschnittes im Oeuvre Dürers vgl. Schoch, „ALBERTVS DVRER“, 15 und Anja Grebe, „Dürer in Chiaroscuro: Early Modern Graphic Aesthetics and the Posthumous Production of Colour Prints“, in: Stijnman/Savage, Printing colour, 173 ff. 11 Stoltz, „Das Bild-Druckverfahren“, 110 f., Anm. 1; Stoltz, „Ars Nova“, 22. Zudem wurden an die gedruckten Resultate Normen der Malerei, der pittura, angelegt und diese als Malerei beschrieben; vgl. Stoltz, „Das Bild-Druckverfahren“, 93 und Stoltz, „Ars Nova“, 25–28. Dem ist einschränkend hinzuzufügen, dass die Wahrnehmungs- und die damit zusammenhängenden Beschreibungskategorien von Malerei und Graphik zur Zeit Dürers noch nicht ausdifferenziert waren, sondern häufig vielmehr synonym verwendet wurden; vgl. Preising 2004, „Albrecht Dürer. Apelles“, 11 f. 12 Georg Habenicht hat die im Titel seines jüngst erschienenen Buches zugespitzt gestellte Frage, ob das ungefasste Altarretabel „Programm oder Provisorium“ sei, dahingehend beantwortet, dass einzelne ungefasste Retabel zwar durchaus von Künstler und Auftraggeber intendiert gewesen sein mögen, die historischen Prozesse in ihrer Gesamtheit aber zu komplex und darin zu schleichend gewesen seien, um an deren Anfang eine bahnbrechende künstlerische Leistung zu stellen; vgl. Habenicht, Das ungefasste Retabel. Obgleich der Studie die differenzierte Lektüre eines breiten Quellenspektrums zugrundeliegt, führt der Anspruch, die Frage grundsätzlich beantworten zu wollen, zwangsläufig dazu, dass die künstlerische Aussagekraft einzelner Erscheinungsformen zu wenig Berücksichtigung findet.



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nordalpinen Holzskulptur gefunden.13 Das an der Oberfläche des Bildkörpers offengelegte Material der Skulptur bot dabei ein unerschöpfliches Spektrum an Möglichkeiten, die Substanz der künstlerischen Arbeit zu vereinheitlichen, sie gänzlich offenzulegen oder auch suggestiv in ein anderes Material zu verwandeln. Inwiefern aber sind die zweidimensionalen graphischen Künste auf Papier tatsächlich mit der dreidimensionalen in Holz ausgeführten Skulptur vergleichbar, wann stellt die Farbreduktion Licht- und Schattenwerte ins Zentrum, wann zielt diese stärker auf – offengelegte oder fingierte – Materialitäten? Von den graphischen Künsten unterscheidet sich die Skulptur bei aller Parallelität der Entwicklung in zwei wesentlichen Punkten: Zum einen in der Sprache des Bildkörpers als Trägermedium, – in den graphischen Künsten das Papier, in der Skulptur Holz oder Stein – zum anderen im Hinblick auf den rilievo. Wo die schraffierte Linie die Illusion von Licht und Schatten künstlich erzeugt und so greifbare, dreidimensionale Körperlichkeit in Erscheinung treten lässt, ist der ohnehin dreidimensionale Körper der Skulptur mit seinem naturgegebenen rilievo auf natürliches Licht und auf natürlichen Schatten hin gearbeitet.14 Indem er auf den veränderlichen Einfall von Licht und Schatten im Raum reagiert, kann der skulpturale Körper selbst zum Schöpfer und Gestalter von Hellund Dunkelwerten werden. Tilman Riemenschneiders durchbrochene Retabelrückwände in Rothenburg und Creglingen sind viel diskutierte Beispiele, die in Verbindung mit den farbreduzierten Oberflächen der Skulptur seit Justus Bier wiederholt als Bedingung für das Spiel mit den natürlichen Lichtbedingungen im Raum verstanden wurden.15 Selbstverständlich ist in gleichem Maße an die Inszenierung durch und auf künstliches Licht hin im Kirchenraum zu denken. So wird im Anniversarium des Karmeliterklosters, der vielzitierten Quelle zum Bamberger Retabel von Veit Stoß 13 Oellermann, „Der Hochaltar zu St. Martin“, 21. 14 Vgl. aus der Fülle der Literatur allgemein zum rilievo: Luba Freedman, „Rilievo as an Artistic Term in Renaissance Art Theory“, Rinascimento 29 (1989): 217–47; zum rilievo der Zeichnung bei Cennino Cennini vgl. Wolf-Dietrich Löhr, „Dantes Täfelchen, Cenninis Zeichenkiste. Ritratto, disegno und fantasia als Instrumente der Bilderzeugung im Trecento“, Das Mittelalter 13 (2008): 148–79, bes. 171– 79; zum naturgegebenen rilievo der Skulptur: Frank Balters, Der grammatische Bildhauer. Kunsttheorie und Bildhauerkunst der Frührenaissance. Alberti – Ghiberti – Leonardo – Gauricus (Phil. Diss., Aachen, Rhein.-Westf. Techn. Hochschule 1991), bes. 137 (zur Gestaltung, nicht Erzeugung des rilievo durch den Bildhauer bei Leon Battista Alberti) und 259–65 (zum kunstvoll erzeugten rilievo in der Malerei gegenüber dem naturgegebenen rilievo bei Leonardo) sowie Andrea Niehaus, Florentiner Relief­kunst von Brunelleschi bis Michelangelo (München: Deutscher Kunstverlag 1998), bes. 23 f. (zum naturgegebenen rilievo der Skulptur bei Alberti), und 35–39 (zur Unterscheidung von rilievo finto und rilievo naturale bei Leonardo). 15 Habenicht, „Die ungefassten Altarwerke“, 27 ff., mit Verweis auf Justus Bier, Tilmann Riemenschneider (Würzburg: Verlagsdruckerei Würzburg, 1930–1978, 4 Bde.), hier Bd. 1, 13; Vgl. auch die Dissertation von Christof Trepesch: Studien zur Dunkelgestaltung der deutschen spätgotischen Skulptur. Begriff, Darstellung und Bedeutung des Dunkels (Frankfurt/M. et al.: Lang, 1994).

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(Taf. XXVI), primär aus konservatorischen Gründen von Andreas Stoß im Jahre 1520 verfügt: „Und es sollen keine großen Kerzen auf den Altar gestellt werden wegen des Rauches. Zwei kleine Kerzen genügen. Die übrigen sollen fern vom Altar ihren Platz finden.“16 Nun ist die Aufstellung von Kerzen, sind Stiftungen von Kerzen an sich zunächst nicht ungewöhnlich, doch stellt sich gerade für Bamberg in Verbindung mit der Lichtregie die Frage nach einer punktuell negativ bewerteten Monotonie der Oberflächen: „Dieser glattflächige Vortrag in der Kunst von Veit Stoß wurzelt noch in der Spätgotik. Wir begegnen ihm auch am Krakauer Altar. In ihm zeigt sich der alte Schnitzer technisch als nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Es erscheint durchaus wahrscheinlich, daß diese Oberflächenmonotonie auf einen belebenden farbigen Abschluß hin konzipiert worden ist.“17

Nimmt man die geglätteten Oberflächen und beruhigten Formen im Bamberger Retabel als künstlerisch intendierte Evokation des Werkstoffs Bronze ernst, erhält deren scheinbare Monotonie einen gänzlich anderen Sinn: von der runden, prallen Körperlichkeit, die sich unter den Gewändern abzeichnet, über reizvoll gestaltete Oberflächen von Naturmaterialien bis hin zu Rüstungen scheinen alle Details – unterstützt durch eine besonders pigmentierte Lasur – darauf hingearbeitet zu sein, so viel einfallendes Licht wie möglich zurückzuwerfen.18 Umgekehrt besteht für den skulpturalen, durch die Farbreduktion offengelegten Bildkörper selbstverständlich auch die Möglichkeit, Schattenwirkungen mithilfe der üblichen Mittel Tremolierung, Wuggelung und Punzierung zu untermalen oder diese ganz und gar künstlich zu erzeugen. Für Hans Leinbergers Castulus-Reliefs des Moosburger Altars etwa hat Johannes Taubert den Einsatz von 23 verschiedenen Punzen festgestellt, die Leinberger in mehr tupfender als schneidender Manier nicht nur zur Wiedergabe von Materialitäten, sondern vor allem auch zur Unterstützung der Lichtführung eingesetzt hat.19 Ein prominentes Beispiel in diesem Zusammenhang ist auch die kreuzweise übereinandergelegte Ritzung, welche Veit Stoß dem tremolierten Grasbewuchs auf der Plinthe seines Florentiner Rochus eingeschrieben hat, um so einen vom natürlichen Lichteinfall unabhän16 Reinhold Schaffer, „Zur Frage nach der Bemalung von Schnitzwerken“, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 28 (1928): 358–63, hier 362 (mit lat. Originaltext ebd., Anm. 3); vgl. auch jüngst Habenicht 2016, Das ungefasste Altarretabel, 182, Anm. 182. 17 Georg Habenicht, „Anmerkungen zum ungefassten Zustand des sogenannten Bamberger Altars“, Zeitschrift für Kunstgeschichte 1 (1997): 482–513, hier 506. 18 Vgl. Britta Dümpelmann, Veit Stoß und das Krakauer Marienretabel. Mediale Zugänge, mediale Perspektiven (Zürich: Chronos, 2012), 190 f. 19 Johannes Taubert, „Zur Oberflächenbehandlung des Castulus-Reliefs von Hans Leinberger“, in ders., ­Farbige Skulpturen. Bedeutung, Fassung, Restaurierung (München: Callwey, 1978), 89–96; vgl. auch Habenicht, „Die ungefassten Altarwerke“ (wie Anm. 1), 37 f. und Habenicht, Das ungefasste Altarretabel, 26 f.



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gigen, feststehenden Schatten abzubilden. Subtiler und schärfer zugleich kann man das Argument der Maler, die Skulptur könne keine immateriellen Phänomene abbilden, wohl kaum entkräften.20 In der künstlichen Hervorbringung von Licht und Schatteneffekten steht die Skulptur den graphischen Künsten am nächsten. Lichter und Schatten müssen auf dem Papier stets künstlich gesetzte bleiben, können nicht natürlich geworfene sein. Der – sofern nicht pigmentierte – helle Papierton ist dabei sowohl Träger der Linie wie er auch die Lichter selbst setzt, dies in bisweilen kühner Prononciertheit, die sich schon beim Meister der Spielkarten beobachten lässt.21 Wird der Papierton so großflächig offengelegt, dass von Lichtsetzung keine Rede mehr sein kann, wird stattdessen die Materialität des Papiers selbst zum Thema des Bildes. Der Holzschnitt mit seinen waghalsig dünnen, einzeln im Block stehenden Stegen nähert sich dann in seiner Wirkung der Zeichnung, und der bloße Papierton übernimmt die Rolle medialer Selbstreflexion. Magdalena Bushart hat dies für bestimmte Holzschnitte, vor allem am heiligen Christophorus von Albrecht Altdorfer dargelegt.22 Eine Reduktion der Mittel und eine hieraus resultierende Textur der Linien erweisen sich somit als Gradmesser, an denen künstlerische Meisterschaft in Erscheinung treten und schätzbar werden kann. Höchstes Künstlerlob brachte dies nicht nur Albrecht Dürer, sondern auch Bildschnitzern wie Veit Stoß ein. Die Sichtbarkeit der Spuren des Schnitzmessers auf der Oberfläche kristallisierte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zunehmend als Kriterium exzellenter Schnitzkunst heraus – nichts anderes interessiert Vasari in seiner Einführung in die Künste, wo er den Rochus als mustergültiges Beispiel vollendeter Holzschnitzkunst, als miracolo di legno, lobt: „Diese Figur wird bis heute in Santissima Annunziata in Florenz unter der Kanzel aufbewahrt, damit man die Vortrefflichkeit des Künstlers in all ihren Facetten zu sehen bekommt. Ohne eine Spur von Farbe oder Malereien zeigt sie sich in dem eigentlichen Holzton nur mit der ihr von Maître Jean verliehenen Politur und Vollendung und ist

20 Jörg Rasmussen, „,… far stupire il mondo.‘ Zur Verbreitung der Kunst des Veit Stoß“, in Veit Stoß. Die Vorträge des Nürnberger Symposions, hg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, Schriftleitung Rainer Kahsnitz (München: Deutscher Kunstverlag, 1985), 107–22, hier 121; Alexander Markschies, „,Un miracolo di legno‘ – Der Rochus des ,Janni Francese‘“, in Wege zur Renaissance. Beobachtungen zu den Anfängen neuzeitlicher Kunstauffassung im Rheinland und den Nachbargebieten um 1500, hg. von Norbert Nussbaum u. a. (Köln: SH‑Verlag, 2003), 341–63; Dümpelmann, Veit Stoß, 198 f. Zur Rochusfigur vgl. jüngst auch Alfredo Bellandi (Hg.), Fece di scoltura di legname e colorì. Scultura del Quattrocento in legno dipinto a Firenze, Ausst.-Kat. Florenz 2016 (Florenz: Giunti, 2016), 258, Kat. 48. 21 Körner, „Albrecht Dürer. Der Apelles“, 75. 22 Magdalena Bushart, „Schwarz auf weiß. Medienreflexion im druckgraphischen Werk Albrecht Altdorfers“, in Bildwelten des Wissens 8,2 (2010): 74–85.

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unter allen in Holz geschnitzten Werken, die man zu Gesicht bekommt, das allerschönste.“23

Nachdrücklicher noch formuliert dies Vincenzo Borghini, von dem man vermutet, Vasari den Rochus als Exemplum vorgeschlagen zu haben, 1564 in seiner Selva di Notizie: „Die Stärke und Kraft des Bildhauers liegen allein in den vom Schnitzmesser/ Meißel gegebenen Konturen und wenn irgendein in der Kunst Unbeholfener Farben verwendet, lässt er die Natur dieser Kunst hinter sich zurück“24 Die von der Künstlerhand ins Werk gesetzte Skulptur rückt mit ihrer charakteristischen, jeweils ganz individuellen Faktur der skulpturalen Oberfläche so offenkundig als kunstvolle Erfindung in den Blick, dass – so Baxandall – der Betrachter sich regelrecht nachträglich an dessen nach wie vor gegebene Funktion als religiöses Bildwerk erinnern muss.25

Fiktionalität als verbindendes und übergeordnetes Prinzip Auf die Bildträger zurückkommend möchte ich nun die Frage nach dem Grad sowie der Art der Fiktionalität in farbreduzierter Graphik und Skulptur stellen. Die Art der Wiedergabe von Materialwerten spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Schon allein aufgrund des Papiers als Träger und der Aufgabe, sowohl Plastizität und Räumlichkeit sowie Materialitäten grundständig in das System der schraffierten Linie zu übersetzen, 23 Giorgio Vasari, Einführung in die Künste der Architektur, Bildhauerei und Malerei. Die künstlerischen Techniken der Renaissance als Medien des disegno. Erstmals übers. von Victoria Lorini, hg., kommentiert und eingeleitet von Matteo Burioni (Berlin: Wagenbach, 2006), 97. Vgl. den italienischen Originaltext, zitiert nach: Giorgio Vasari, Le vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, hg. von Rosanna Bettarini, kommentiert von Paola Barocchi (Florenz: Sansoni, ­1966–1987, 6 Bde.), hier Bd. 1, 110: „acciò si veggia in tutte le sue parti l’eccellenza dell’artefice, è stata conservata insino a oggi questa figura nella Nunziata di Firenze sotto il pergamo, senza alcuna coperta di colori o di pitture, nello stesso color del legname e con la sola pulitezza e perfezzione che maestro Ianni le diede, bellissima sopra tutte l´altre che si veggia intagliata in legno.“ 24 „E perch’i’ ho detto ch’e e colori non sono (de) gli scultori, no vo’ dire che non le possin colorire le lor figure, se le vogliano, come fanno i ceraiuoli o quei che fanno ritratti di gesso; […] la forza dello scultore e la virtù consiste ne’ dintorni dati dallo scarpello, e se qualche goffo ne l’arte usa i colori, esce della natura di quell’arte et i lor medesimi se ne ridono et appena gl’accettano fra loro“ in: Benedetto Varchi und Vincenzio Borghini, Pittura e scultura nel Cinquecento, hg. von Paola Barocchi (Livorno: Sillabe, 1998), 115. Vgl. auch den Verweis auf den impliziten Ausschluss von Farbe aus dem Diskurs der Skulptur durch Leonardo bei Frank Fehrenbach, „Eine Zartheit am Horizont unseres Sehvermögens,“ Kritische Berichte 38 (2010): 33–44, hier 37: Da die Skulptur keine Farbe besitze (del colore nulla) sei die Bildhauerkunst in intellektueller Hinsicht weniger komplex, sie erfordere meno discorso. 25 Michael Baxandall, Die Kunst der Bildschnitzer. Tilman Riemenschneider, Veit Stoss und ihre Zeitgenossen, 4. Auflage (München: Beck, 2004), 210 f.



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eignet den graphischen Künsten ein hoher Abstraktionsgrad. In der Vita Michelangelos veranschaulicht dies ein Bericht von Vasari darüber, wie der Florentiner einen Stich des „Deutschen Martin“ zunächst in eine Zeichnung und von hier in ein farbiges Gemälde übersetzt:26 „Weil all das von der Natur gnädig mitgegebene Wissen und Können durch Studium und Kunst weiter verfeinert wurden, erntete Michelangelo Tag für Tag eher göttliche als menschliche Früchte. Ganz deutlich begann sich dies in dem Bild zu offenbaren, das er nach einem Stich des Deutschen Martin ausführte und das ihm höchstes Ansehen einbrachte. Als nämlich eine in Kupfer gestochene Szene jenes Martin damals nach Florenz gelangte, die den von den Teufeln geplagten Heiligen Antonius zeigte, kopierte Michelangelo sie mit der Feder so, daß man keinen Unterschied sah, und führte sie dann in Farbe aus. Um einige der skurrilen Teufelsgestalten dort nachzubilden, kaufte er Fische mit ungewöhnlich gefärbten Schuppen und stellte in diesem Werk dann so viel Können unter Beweis, daß es ihm Ansehen und Ruhm eintrug.“27

Wem, wenn nicht Michelangelo, darf man so viel Phantasie unterstellen, dass er die skurrilen Teufelsgestalten ohne unmittelbares Vorbild der Natur hätte malen können? Dass Vasari ihn in seiner Erzählung für die Übersetzungsleistung des Stiches in Farbe auf echte Fische mit ungewöhnlich gefärbten Schuppen zurückgreifen lässt, kann doch kaum plastischer vor Augen stellen, dass der von Beatus Rhenanus so genannte Apelles von Colmar hier eine in sich zwar voll funktionierende, jedoch abstrahierte

26 Öl und Tempera auf Holz, 47 × 35 cm, Privatbesitz (England); vgl. Kathleen Weil-Garris Brandt u. a. (Hg.), Giovinezza di Michelangelo, Ausst.-Kat. Florenz und Mailand 1999 (Florenz und Mailand: Artificio Skira, 1999), Kat. 45, 329 f. (als Werkstattarbeit von Domenico Ghirlandaio), vgl. auch die ebd. aufgeführten Erwähnungen des Gemäldes bei Ascanio Condivi (1553) und Benedetto Varchi (1564). 27 Zitiert nach: Giorgio Vasari, Das Leben des Michelangelo. Neu übers. und kommentiert von Victoria Lorini, hg., kommentiert und eingeleitet von Caroline Gabbert (Berlin: Wagenbach, 2006), 35 f. Vgl. den italienischen Originaltext, zitiert nach Vasari, Le vite, Bd. 4, 8: „E ciò era che tutto il sapere e potere della grazia era nella natura essercitata dallo studio e dall’arte; per che in Michelagnolo faceva ogni dì frutti più divini [che umani], come apertamente cominciò a dimostrarsi nel ritratto che e’ fece d’una carta di Martino Tedesco stampata, che gli dette nome grandissimo. Imperò che, essendo venuta allora in Firenze una storia del detto Martino, quando i Diavoli battano Santo Antonio, stampata in rame, Michelagnolo la ritrasse di penna, di maniera che non era conosciuta, e quella medesima con i colori dipinse: dove, per contrafare alcune strane forme di Diavoli, andava a comperare pesci che avevano scaglie bizzarre di colori; e quivi dimostrò in questa cosa tanto valore che e’ ne acquistò e credito e nome.“ Die Passage (ausgehend von einer abweichenden Lesart von „andava a comparare pesci che avevano scaglie bizzarre di colori“; nach der Edition von Bettarini/Barocchi als „verglich Michelangelo diese mit Fischen, die in ihrer Farbigkeit bizarre Schuppen hatten“) bei Ulrike Heinrichs, Martin Schongauer. Maler und Kupferstecher. Kunst und Wissenschaft unter dem Primat des Sehens (München et al.: Deutscher Kunstverlag, 2007), 208 ff.

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Form von Wirklichkeit abgebildet hat.28 Diese evoziert Materialitäten einerseits zwar mit einer stupenden Plastizität und frappierenden Greifbarkeit, entzieht sich andererseits einer konkreten – ihrerseits wiederum abbildbaren – Mimesis jedoch, so dass Vasari Michelangelo auf die Natur als Farbgeberin und direkte Mittlerin zurückgreifen lässt. Ähnlich scheint der Fall gelagert, wenn farbreduzierte Skulptur die Technik der Punzierung und Tremolierung zur differenzierenden, strukturierenden und somit ordnenden Angabe von Oberflächen nutzt, wofür Tilman Riemenschneider und Hans Leinberger besonders prägnante Beispiele sind. Georg Lill stellt die Palette der Möglichkeiten, die Hans Leinberger in den Castulus-Reliefs ausspielte, plastisch vor Augen: „Einzelne Quader sind gerillt (gewuckelt wie der Schnitzer sagt). Bei den Textilien wird genau zwischen wolligem Stoff, flockigem Pelz, faserigem Hanfstrick unterschieden. Die eisernen Panzer sind geschuppt, kariert oder gemustert. Dagegen setzen sich wieder feinere Stoffe, Helme, Waffen, glatt ab. An den Bäumen sind die borkige Rinde in ihrer geplatzten Oberfläche, das glättere Innenholz, ebenso wie die lang herabhängenden Kiefernadeln genau beobachtet und wiedergegeben. […] Mit subtilster Schnitzerkunst werden mit den verschiedensten feinen und groben Eisen diese Linien gezogen, das Holz unterschnitten, leicht aufgerauht oder dann wieder geglättet.“29

Für Riemenschneiders zahlreiche ausgefeilte Punzen hat Michele Marincola zuletzt vorgeschlagen, über Anleihen zur Buchgestaltung nachzudenken – nicht ohne Grund stelle Riemenschneider wiederholt an exponierten Stellen aufwändig gravierte Buchrücken aus.30 Analog zu den graphischen Künsten dienen die dem Schnitzer zur Verfügung stehenden Mittel der Ritzung, Punzierung und Tremolierung in diesen Fällen also der ordnenden und strukturierenden Angabe von Oberflächen und übersetzen Materialitäten in das System der gravierten oder schraffierten Oberfläche. Anders als beim nicht pigmentierten Papier interagiert dieses Spiel der Linie auf der Oberfläche jedoch mit der vitalen Materialität des Holzes, die Bildschnitzer auf unterschiedlichste Weise vereinheitlichen, reduzieren, betonen oder auch verunklären konnten. Ein so naheliegendes wie gängiges Prinzip, das vor allem beim Einsatz verschiedener Holzarten in einem Retabel zum Tragen kam und im weiter gefassten Kontext skulptierter Möbel auf eine relativ lange Tradition zurückblickt, ist die schützende und vereinheitlichende Behandlung der Holzoberflächen mithilfe leicht gefärbter, meist leim- aber

28 Beatus Rhenanus, Germanicarum libri tres 1531, hg. und übers. von Felix Mundt (Tübingen: Niemeyer, 2008), 343. 29 Georg Lill, Hans Leinberger. Der Bildschnitzer aus Landshut. Welt und Umwelt des Künstlers (München: Bruckmann, 1942), 94. 30 Michele Marincola, „Riemenschneider’s Use of the Decorative Punch in Unpolychromed Sculpture“, in Julien Chapuis (Hg.), Tilman Riemenschneider, c. 1460–1531, 131–47.



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auch gummigebundener, oft ölhaltiger Lasuren.31 Diese bewirkten nicht nur eine neutralisierende Vereinheitlichung, sondern auch eine tonale Aussteuerung des Holztons. Tilman Riemenschneider verwendete eine solche unter Beimischung von Eisenoxyden, Ocker, Schwarz, Gips und Bleiweiß für das Rothenburger Heiligblutretabel, das Detwanger Retabel sowie das Windsheimer Zwölfbotenretabel.32 Für das Münnerstädter Retabel konnte gezeigt werden, dass Riemenschneider so exklusive wie kostbare Farbstoffe wie die des Färbermaulbeerbaums und des Perückenstrauchs verwendete, um der Holzoberfläche eine gelbliche Tönung zu verleihen.33 Hans Brüggemann wiederum mischte seiner leimgebundenen Lasur für das Bordesholmer Retabel Pflanzenschwarz, Rotocker und Weiß bei, während Hans Leinberger einen Film aus Naturbister in Leimbindung über die Holzoberfläche seines Moosburger Altars legte – jede Werkstatt entwickelte ihre eigenen Rezepturen, die je nach Auftrag individuell angepasst wurden.34 Auch wenn die beschriebenen, zart eingefärbten Lasuren die Farbwirkung des Holztons im Sinne eines Filters mitbestimmten, standen die Sprache des Materials sowie die darin eingeschriebenen Spuren der künstlerischen Arbeit im Fokus zeitgenössischer Wahrnehmung. So zeigte sich der bereits angesprochene Rochus von Veit Stoß Vasari „in dem eigentlichen Holzton nur mit der ihr von Maître Jean verliehenen Politur und Vollendung“.35 Mit seinen so kühn wie virtuos zerklüfteten Falten31 Barbara Rommé und Hans Westhoff, „Spätgotische holzsichtige Retabel im deutschsprachigen Südwesten und die Retabel von Daniel Mauch“, in Daniel Mauch. Bildhauer im Zeitalter der Reformation, Ausst.-Kat. Ulm 2009, hg. von Brigitte Reinhardt und Eva Leistenschneider (Ostfildern: Hatje Cantz, 2009), 96–111, bes. 100, mit Hinweis auf die Oberflächenbehandlung skulptierter Möbel und Verweis auf Hans Michaelsen, „Transparente Überzüge auf Holzoberflächen im 16. und 17. Jahrhundert“, in Barbara Rommé, Das holzsichtige Kunstwerk. Zur Restaurierung des Münstermann-Altarretabels in Rodenkirchen/Wesermarsch (Hameln: Niemeyer, 2002), 165–77; ebenso Manfred Koller, „Die Retabel von Kefermarkt, Mauer und Zwettl; Holzfarbigkeit und Teilfassungen“, in Zwettler Altar im Kontext der spätgotischen Kunst Mitteleuropas, hg. von Bohdana Fabiánová und Zdeněk Vácha (Brno und Mikulov: Regionální Muzeum, 2008), 213–23, hier bes. 214 f., und jüngst Habenicht, Das ungefasste Altarretabel, 22 f., 30 f. und 59. 32 Eike Oellermann, „Erkenntnisse zur ursprünglichen Oberflächengestalt des Münnerstädter Magdalenen-Altares – Möglichkeiten einer Rekonstruktion“, in Tilman Riemenschneider. Frühe Werke, Ausst.-­ Kat. Würzburg und Berlin 1981 (Regensburg: Pustet, 1981), 318–22, hier 318; und Habenicht, Das ungefasste Altarretabel, 23. 33 Siehe hierzu: Rudolf Göbel und Christian-Herbert Fischer, „Der Münnerstädter Altar von Tilman Riemenschneider. Neues zu seiner Oberflächenveredelung“, Maltechnik-Restauro 6 (2001): 456–59, und dies., „New Findings on the Original Surface Treatment of the Münnerstadt Altarpiece“, in Julien Chapuis (Hg.), Tilman Riemenschneider, c. 1460–1531, 125–29. 34 Vgl. Koller, „Die Retabel von Kefermarkt“, 214 f., und Habenicht, Das ungefasste Altarretabel, 20 ff. 35 Siehe oben, Anm. 23. Bis heute konnten tatsächlich keinerlei Spuren einer ursprünglichen Farbfassung festgestellt werden; vgl. Hartmut Krohm, „Due sculture di Veit Stoss. L’arte dell’intaglio nel suo massimo compimento intorno al 1500“, in Bellandi (Hg.), Fece di scoltura, 139–59, hier 147. Das dunkle Erscheinungsbild des Lindenholzes deutet indes auf eine pigmentierte Lasur hin, die von Vasari mit

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kaskaden von papierner Dünnheit und wachsgleicher Weichheit lieferte er einen eindrucksvollen visuellen Beweis dafür, dass Künstler wie Veit Stoß selbst dem wider­ ständigen und eigenwilligen Material Holz „jene weiche Qualität des Fleisches verleihen [können], die wir beim Metall, beim Marmor und den anderen Skulpturen aus Stuck, Wachs oder Ton sehen“ – eine Qualität, die Vasari dem Holz in seiner Einführung in die Künste unmittelbar zuvor noch explizit abgesprochen hatte.36 Die auf der Holzoberfläche in Form von Arbeitsspuren sichtbare Künstlerhand von Veit Stoß hat den naturgegebenen, widerständigen rilievo des Holzes in so kunstvolle Formen übersetzt, dass die Betonung des Werkstoffes eine nur mehr folgerichtige Konsequenz der künstlerischen Umsetzung zu sein scheint. Die skulpturale Substanz fiel mit der Oberfläche in eins. Einige Werke gehen noch einen Schritt weiter und stellen ihre hölzerne Substanz gänzlich ungefiltert und dabei umso ostentativer aus. Daniel Mauchs kleinformatige, sogenannte Berselius-Madonna, zwischen 1529 und 1535 für den Berselius genannten Mönch Pascal Bierset am Lütticher Benediktinerkloster Saint-Laurent geschaffen, trägt am Sockel eine Inschrift, welche die Kunstfertigkeit ihres Schöpfers höher kaum loben könnte. Auf der Vorderseite ist in Kapitalis zu lesen: QVID MIRARE TVOS AETAS ANTIQUA MIRONES/DESINE DANT PALMAM SAECULA PRISCA NOVI „Was bewunderst Du, Altertum, deine Myronen!/Lass ab davon! Die altehrwürdigen Jahrhunderte überreichen die Siegespalme den Neuen“, während die Rückseite die Zeilen trägt: AETATIS VALEANT ILLUSTRA SIGNA VETVSTAE/CVNCTA NIHIL FACIUNT AD DANIELIS OPIS „Die berühmten Bildwerke des Altertums mögen Lebewohl sagen/Sie alle sind nichts gegenüber dem Werk Daniels“. Die rechte und linke Schmalseite schließlich geben unmissverständlich zu verstehen, wer Schöpfer und Auftraggeber dieser delikaten Holzstatuette sind: DANIEL/MAVC/HIVS FECIT „Daniel Mauch hat [dieses Werk] gefertigt“ (rechts) und SVM/BER/SELII „Ich gehöre Berselius“ (links).37 Letzteren darf man wohl auch als Autor dieses Künstlerlobes annehmen, zählte Berselius in Lüttich doch zu einem hochgebildeten Kreis Geistlicher und verfasste lateinische Distichen für Malereien in seiner Abteikirche.38 Die fein nuancierte Behandlung der Holzoberfläche, die von Teilvergoldung, partieller Polyder „Politur“ angesprochen sein dürfte. Neuere Restaurierungsberichte zu deren Zusammensetzung liegen leider nicht vor; bekannt ist allein, dass die Figur 1935 von einem 1857 aufgetragenen Ölfarbenanstrich befreit wurde, der sie den umgebenden Marmorplastiken angleichen sollte; vgl. Thomas Eser, „Ein Leuchter, drei Rätsel, ein Kartenspiel. Nürnberger Kunst in Italien“, in Quasi Centrum Europae. Europa kauft in Nürnberg 1400–1800, hg. von Hermann Maué u. a., Ausst.-Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 2002), 44–71, hier 56. 36 Vasari, Einführung in die Künste, 95 ff. 37 Brigitte Reinhardt und Eva Leistenschneider (Hg.), Daniel Mauch, 284–88, Kat. 39, und Martin Hirsch, „Ein neuer Myron – Daniel Mauch in Lüttich“, in ebd., 76–85, bes. 78–81. 38 Hirsch, „Ein neuer Myron“, 80 f.



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chromie und leichter Tönung bis hin zur Ausstellung des hellen Lindenholzes selbst reicht, führt das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten dieses neuen Myron von Lüttich eindrucksvoll vor Augen – keine geringeren Partien als das Inkarnat Christi, der Madonna und der Putten sind denn auch jene, an denen Daniel Mauch das im wahrsten Sinne des Wortes bloße, nackte Holz selbst offengelegt hat.39 Die Spekulationen über den ursprünglichen Aufstellungsort der Figur reichen über das Studierzimmer des Berselius bis hin zur klostereigenen Bibliothek oder einem vergleichbar repräsentativen Ort außerhalb der Klausur.40 Wenn auch in sakralem Kontext entstanden, so weisen das kleine Format sowie das Künstlerlob in Verbindung mit dieser hochraffinierten Gestaltung klar in den Kontext der Kunstkammer, wo vergleichbare Objekte seit dem beginnenden 16. Jahrhundert in großer Zahl überliefert sind.41 Auch Tilman Riemenschneiders feingliedriger Adam aus Nussholz (Taf. XXVII), 1866 aus der Sammlung eines Wiener Kunstmalers erworben und seit 1975 wieder als eigenhändige Arbeit in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien ausgestellt, dürfte einem solchen Zusammenhang entstammen. Anders als mehrere spätere – heute entfernte – Überzüge, welche eine starke Glanzwirkung erreicht hatten, zunächst vermuten ließen, spielte diese Statuette jedoch gerade nicht mit der Wirkung einer bronzenen Skulptur, sondern stellte an der Oberfläche die Materialität ihrer aus Nussholz bestehenden Substanz in Reinform aus.42 Sinnfälliger könnte die Begriffs­ geschichte von „materia“, die geradewegs auf das (Nutz‑)Holz selbst zuläuft, kaum vom und im Werk selbst enggeführt sein; zumal zeitgenössische theologische wie philosophische Schriften dem Schnitzen einer Skulptur oder eines Löffels aus Holz in produktions- wie rezeptionsästhetischer Hinsicht ein hohes erkenntnistheoretisches 39 Vgl. die Zusammenfassung des restauratorischen Befundes von Myriam Serck-Dewaide in: Reinhardt und Leistenschneider, Daniel Mauch, 286. 40 Hirsch, „Ein neuer Myron“, 80 f. 41 Vgl. ebd., 80, sowie die zahlreichen Beispiele in Renate Eikelmann (Hg.), Conrat Meit. Bildhauer der Renaissance. ,desgleichen ich kein gesehen …‘, Ausst.-Kat. München 2006 (München: Hirmer, 2006), 160–79, Kat. 26–35. 42 Vgl. den Katalogeintrag von Jens-Ludwig Burk in Eikelmann (Hg.), Conrat Meit, 168, Kat. 30. Für die Informationen zum restauratorischen Befund nach der jüngsten Reinigung im Jahre 2008 danke ich herzlich Georg Prast, Wien, sowie den kritisch-wachen Augen der Studierenden in meinem Seminar „Reiz der Reduktion. Monochromie in den Bildkünsten des ausgehenden Mittelalters und der Frühen Neuzeit“, Wintersemester 2015/16, Freie Universität Berlin. Allusive Materialtransformationen von Bronze oder auch Goldschmiedearbeiten waren gerade im Kunstkammerkontext durchaus anzutreffen; vgl. etwa die Adam-und-Eva-Gruppen von Conrat Meit in Eikelmann (Hg.), Conrat Meit, 68–71, Kat. 1 (Buchsbaum, braun lasiert), und 80–83, Kat. 4 (Buchsbaum, vieltonig patiniert) sowie die Thronende Madonna von Daniel Mauch, welche nicht nur mithilfe ihrer originalen Goldfassung, sondern auch durch ihre voluminösen Körperrundungen bei gleichzeitiger Gebundenheit an das Relief die Eigenschaften einer goldenen Treibarbeit übernimmt; Brigitte Reinhardt und Eva Leistenschneider (Hg.), Daniel Mauch, 289–91, Kat. 40.

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Potential beimaßen.43 Den inhaltlich-formalen Entsprechungen von Sehen und Erkennen, nackter Körperlichkeit und offengelegter Materialität weiter nachzugehen, wäre in diesem Zusammenhang sicher lohnenswert – im Folgenden sollen jedoch einige signifikante Werkbeispiele die Möglichkeiten suggerierter Material­trans­formation vor Augen führen.44 Hier darf das bereits angesprochene Bamberger Retabel von Veit Stoß an erster Stelle stehen, dessen Bronze evozierende Oberflächenwirkung Pigmentzugaben wie Walnüssen und Tee in Verbindung mit einer charakteristischen Poliertechnik geschuldet ist.45 In ausgeprägter Form setzte Veit Stoß dieses Verfahren auch für das Kruzifix in St. Lorenz ein, für das Eike Oellermann im Anschluss an eine zu Beginn der 1980er Jahre durchgeführte Restaurierung festgestellt hat: „Bei dem Versuch, die auffallend glänzende, glättende und Tiefenlicht verleihende Tränkung mit färbenden Stoffen und einer Sättigung des Lindenholzes mit öligen Bindemitteln zu beschreiben, haben alle Autoren die Nähe zu einer aus Bronze gegossenen Skulptur betont.“46

Die Negierung des eigentlichen Werkstoffes Holz unterstrich Veit Stoß zusätzlich durch die Wahl eines leicht gekrümmten Stamms, der ihn zu einer sanften Biegung des Oberkörpers führte.47 Abermals entkräftet Veit Stoß damit die unter anderem von Vasari verbreitete Ansicht, dass man dem harten Material Holz nicht dieselbe Weichheit des Fleisches verleihen könne wie dies für andere Werkstoffe möglich sei.

43 Vgl. W. Detel, [Art.] „Materie, I. Antike“, in Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer (Basel: Schwabe, 1971–2007, 13 Bde.), Bd. 5, 1980, Sp. 870 f. In „de vera conversione mentis ad deum“ etwa vergleicht der Abt Johannes Trithemius von Sponheim das Schnitzen einer Figur mit der rechten Formung der Seele als Vorbereitung für die Begegnung mit Gott, vgl. Michael Baxandall, „Veit Stoß, ein Bildhauer in Nürnberg“, in Veit Stoß in Nürnberg. Die Werke des Meisters und seiner Schule in Nürnberg und Umgebung, Ausst.-Kat. Nürnberg 1983, Konzeption und Redaktion von Rainer Kahsnitz (München: Deutscher Kunstverlag, 1983), 9–25, hier 23 (interessanterweise hatte für Johannes Trithemius Papier aufgrund seiner Vergänglichkeit einen verhältnismäßig geringen Wert; vgl. Schmitt, Martin Schongauer, 69); Nicolai de Cusa, Idiota de mente. Der Laie über den Geist, Lateinisch-Deutsch, hg. und übers. von Renate Steiger (Hamburg: Meiner, 1995), hier bes. 13–23. 44 Vgl. hierzu die Kapitel „Kleinplastik und Aktdarstellung in Spätgotik und Renaissance“, 159–79, Kat. 26–35, sowie „Vorbilder und Vergleiche in Graphik und Malerei“, 182–213, Kat. 36–51, in Eikelmann (Hg.), Conrat Meit. 45 Dümpelmann, Veit Stoß, 187. 46 Eike Oellermann, „Drei Kreuze – drei Geschichten. Spurensuche und Interpretation anläßlich der Restaurierungen“, St. Lorenz. Schriftenreihe des Vereins zur Erhaltung der Lorenzkirche in Nürnberg (e. V.) 44 (1999): 17–45, hier 36. 47 Ebd.



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Eine in Grundzügen vergleichbare, zuerst 1532 von Helius Eobanus Hessus, dann 1547 von Johann Neudörfer beschriebene und von Joachim von Sandrart weitverbreitete Transformation – hier nun erweichten, „gemilderten“ und scheinbar gegossenen Steines – erreichte auch Adam Kraft. In seinem Sakramentshaus für St. Lorenz schuf er eine stupende, den Kirchenraum ostentativ überragen wollende monumentale Preziose aus zunächst nicht näher definierbarem Stein (gleichwohl Eobanus Hessus wiederholt behauptete, sie sei aus weißem Marmor gebildet).48 Wo sich filigranstes, offensichtlich wider die Natur aus dem harten Stein geformtes Ast- und Rankenwerk entlang des Bündelpfeilers organisch in die ganze Höhe des Chorraumes aufrichtet, treten darunter liegende eiserne Armierungen zum Vorschein, die diesen Kunstgriff möglich machen – eine Konstruktionsweise, um die Neudörfer ebenfalls wusste.49 Auch ein im oberen Geschoss eingestellter, aus Holz geschnitzter Salvator stellte kein Hindernis dar, das Werk als aus einem steinernen Werkblock gearbeitet auszugeben: Das gesamte Sakramentshaus war ursprünglich mit „Steinfarb“, einer vereinheitlichenden, Stein-imitierenden Schlemme überzogen.50 Für das Jahr 1500 ist eine Reinigung und Wartung dokumentiert, bei der „maister Adams hausfraw ein trinck gelt fur stain mel zu klopfen“ bekommen hat – die „Steinbfarb“ wurde also noch zu Lebzeiten von Adam Kraft erneuert.51 Sind auf diese Weise Werkprozess und tatsächliche Materialität bereits verschleiert, wurde eine zusätzliche Verunklärung durch eine über der vereinheitlichenden Steinfarb liegende Teilpolychromie der Gesichter und Landschaftshintergründe (Dächer, Baumkronen, Himmel) erreicht.52 Farbreduktion, Fiktionalität und Materialimitation stehen hier in einem so offenen, polyvalenten Verhältnis, dass auf materialästhetische Wirkungen vielmehr angespielt wird, als dass diese in einer faktisch-konkreten Weise konsequent ausgespielt würden. Ähnlich offen gehaltene Allusionen lassen sich auch in den graphischen Künsten beobachten, wo Künstler wie Hans Burgkmair d. Ä. durch den Einsatz von Farbe Materiali­täten im Holzschnitt zwar in einer anderen Greifbarkeit, weniger abstrahiert als 48 Eike Oellermann, „,… soll alles auff das werklichst kunstlichst und aller reinist gemacht werden …‘ Zur Arbeitsweise des Adam Kraft“, in Adam Kraft. Die Beiträge des Kolloquiums im Germanischen Nationalmuseum, hg. von Frank Matthias Kammel (Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum, 2002), 132 f.; vgl. jüngst auch Krohm, „Due sculture“, 146. 49 Corine Schleif, „500  Jahre Sakramentshaus: Erklärung  –  Verklärung, Deutung  – Umdeutung“, in St. Lorenz ’96. 500 Jahre Sakramentshaus: Ergreifendes Heil, Ergreifen des Heils (Nürnberg: Verein zur Erhaltung der Lorenzkirche, 1996), 3–47, hier 24. 50 Die Bezeichnung „Steinfarb“ verwendete auch Basilius Amerbach in seinem Inventar für Hans Holbeins d. J. Diptychon Christus im Elend und die trauernde Maria, Kunstmuseum Basel, Inv. 317; vgl. Elisabeth Landolt, „Sammeln in der Renaissance. Das Amerbach-Kabinett. Beiträge zu Basilius Amerbach“, in Ausst.-Kat. Basel, 1991 (Basel: Öffentliche Kunstsammlung, 1991), 145. 51 Schleif, „500 Jahre Sakramentshaus“, 24; Oellermann „,… soll alles auff das‘“, 142–44. 52 Oellermann „,… soll alles auff das‘“, 144.

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im schwarz-weißen Kupferstich abzubilden vermögen. Doch oszillieren diese „medialen Fiktionen“ unaufgehoben zwischen Zeichnung und Holzschnitt, zwischen Holzschnitt und Bildnismedaille sowie zwischen Holzschnitt und Kalksteinrelief.53 Wie Séverine Lepape im vorliegenden Band luzide anschaulich macht, lassen sich hier die monumentalen Holzschnitte von Frans Floris, Andrea Andreani und anderen anschließen. Die „Schwester“ des Farbholzschnitts, die Farbgrundzeichnung, verortet Iris Brahms am Übergang zur Sichtbarkeit und hebt den Farbgrund als zentrale Voraussetzung für die Wahrnehmbarkeit der Hell- und Dunkelwerte hervor, die als genuine Ausdrucksmittel des Mediums gelten können. Materialimitationen treten innerhalb der Farbgrundzeichnung zwar grundsätzlich auf, doch tun sie dies zum einen vergleichsweise spät und verharren zum anderen – vergleichbar der Druckgraphik – meist auf der Ebene einer allusiven Evokation, sind im engeren Sinne also keine mimetischen Imitationen.54 So vielfältig sich die graphischen Künste auch wechselseitig an der Schwelle zueinander sowie zu gänzlich anderen Medien verorten mögen – sie verbleiben doch stets in einem Schwebezustand, der keine finale Aufhebung anstrebt, sondern als ein Dazwischen, als kunstvolle Fiktion, existieren will und muss.55 Angesichts des Materials als primärer wie genuiner Substanz der Skulptur scheint es dagegen kaum verwunderlich, wenn in diesem Medium das Spiel mit offengelegten, verunklärten oder repräsentierten Materialitäten mit einer Konsequenz und Greifbarkeit betrieben wird, wie es die graphischen Künste mithilfe der Farbe stets nur andeuten, aber nie gänzlich ausdeuten können. In ihrem medienreflexiven Spiel mit echten oder fingierten Materialwerten der Skulptur, bei dem sich Materialsichtigkeit und Farbe, Substanz und Oberfläche aufs Engste durchdringen, dürften Bildhauer eine Möglichkeit gefunden haben, dem naturgegebenen rilievo ihres Mediums, dem bekanntlich ein geringerer Abstraktionsgrad eignet als den zweidimensionalen Künsten, einen höheren Schwierigkeitsgrad aufzuerlegen und so den Grad kunstvoll erschaffener Fiktionalität zu erhöhen. Im Farbverzicht lässt sich also grundsätzlich ein verbindendes Element zwischen den graphischen Künsten und der Skulptur sehen, doch kann dieser abhängig von Medium und Kontext hier stärker Hell- und Dunkelwerte ansprechen, dort mehr auf die Offenlegung oder transformierende Repräsentation von Materialwerten abheben. Als verbindendes und übergeordnetes Prinzip dieser Entwicklungen im 15. und 16. Jahrhundert lässt sich das der Fiktionalität bestimmen.

53 Magdalena Bushart, „Mediale Fiktionen. Die Clairobscur-Holzschnitte von Hans Burgkmair und Jost de Negker“, in dies. und Henrike Haug (Hg.), Technische Innovation und künstlerisches Wissen in der Frühen Neuzeit (Köln et al.: Böhlau, 2015), 169–87. 54 Vgl. Iris Brahms, „Materialästhetik – Materialillusion – Medienreferenz“, in dies., Zwischen Licht und Schatten. Zur Tradition der Farbgrundzeichnung bis Albrecht Dürer (München: Fink, 2016), 183–95. 55 Vgl. die Ausstellung Imitation und Interpretation. Kunstvolle Täuschungen in Zeichnung und Druckgraphik, Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, 6.5.–3.8.2014, von Britta Dümpelmann (ohne Katalog, Saalblatt im Archiv des Kunstmuseums Basel).



Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jh.s

Abb. 3  Jacopo de Barbari, Maria lactans, ca. 1501–03, Kupferstich, London, British Museum.

Ausblick: Die Trennung von Bildidee und Ausführung und ihre Folgen Wie ich zum Abschluss in aller Kürze andeuten möchte, dürfte die Fiktionalität als gestalterisches Prinzip wiederum entscheidende Impulse von der Erfindung der Druckgraphik erhalten haben  – ermöglichte sie doch dem zeitgenössischen Blick, Bildidee und Ausführung getrennt voneinander wahrzunehmen, was in produktionswie rezeptionsästhetischer Hinsicht Folgen von größter Tragweite gehabt haben wird. Dass die Hybridität des neuen Mediums, das – wie eingangs gesehen – rezeptionsästhetisch zwischen Skulptur, Zeichnung und Malerei oszillierte, wohl gerade auch intermediale Transferprozesse zwischen den Künsten angeregt hat, sei in diesem Kontext nur am Rande bemerkt. Sowohl in den Kalksteinreliefs und deren zahlreichen Abgüssen von Hans Daucher als auch den graphischen wie skulpturalen Werken des Meisters HL wird dieser Gedanke fassbar. Hans Daucher setzte graphische Vorlagen Dürers, Raimondis oder Jacopo de Barbaris in ein Modello aus Kalkstein um, von welchem er wiederum verschiedenste Abgüsse, zum Teil polychrom, zum Teil andere Materialien wie Terrakotta oder Zinn/Silber imitierend, herstellte (vgl. Abb. 3 und 4). Die Praxis, Kalksteinreliefs seriell in Form von Gipsabgüssen zu wiederholen, ist an sich nicht neu und war in Augsburg spätestens seit Mitte des 15. Jahrhunderts verbreitet.56 Auch in Florenz lässt sich dieses Verfahren seit Mitte des 15. Jahrhunderts in den Werkstätten von Donatello oder Desiderio und Geri da Settignano beobachten. Deren 56 Vgl. die Serie von acht Kalksteinreliefs nach frühen deutschen Einblattholzschnitten im Augsburger Dom- und Diözesanmuseum (um 1435–50), die in einen Altaraufsatz aus den 1520er/1530er Jahren montiert sind; Eser, Hans Daucher, 51 f., und Melanie Thierbach, Renate Mäder und Kathrin Rott-

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Abb. 4  Hans Daucher, Maria Lactans mit dem Papagei, um 1515, alte Gipsabformung nach einem verlorenen Relief, Graszeichnung nachträglich mit V-förmigen Ritzungen nach­ gezogen, schwarzgrau gefasst, Basel, Historisches Museum.

von Terracotta- oder Marmorreliefs abgenommene Gipsabgüsse versahen Maler wie Neri di Bicci mit feinster Polychromie und aufwändig punzierten Goldauflagen oder fertigten auch ganz in Malerei ausgeführte Wiederholungen eines Motivs an.57 Hans Daucher verfolgte demgegenüber offenbar ein spezifisches Interesse an fingierten Materialien. Kein geringerer als der Basler Sammler Basilius Amerbach besaß insgesamt vier seiner Gipsabgüsse, von denen zwei in Terrakotta-imitierender Fassung behandelt sind und zwei eine Zinn oder Silber imitierende Fassung in Rebschwarz mit Hautleim-Bindemitteln tragen. Im Inventar D von 1585/87 hat Amerbach explizit die Metallimitate vermerkt: „Item vier gÿpsin täfelin ingefast vf dem ersten Maria, Jesus kneblin, Josef, vnd etlich engel … keiser Maximilian der erst … im letsten ein fraw sougt ir kind. dise zwe letsten sind verstaniölt.“58 Anhand des Übersetzungsprozesses, den die Vorlagen und deren unterschiedliche Ausformungen in den Daucherschen Reliefs durchlaufen, wird das Verhältnis von Bildidee und Ausführung gerade auch im Hinblick auf die Bewertung der beiden Aspekte besonders greifbar. Eines der Kalksteinreliefs, ursprünglich wohl für den portugiesischen König Manuel I. in Lissabon als Adressaten bestimmt und heute im Augsburger Maximilianmuseum ausgestellt, mann (Hg.), Katalog Diözesanmuseum St. Afra. Festschrift für Weihbischof Josef Grünwald zum 75. Geburtstag (Lindenberg: Josef Fink, 2012), 118–21, Kat. 68. 57 Vgl. Bellandi, Fece di scoltura, 188–93, Kat. 14–16. 58 Vgl. Eser, Hans Daucher, 190–99, Kat. 22–25, zitiert nach 190, 192 und 195.



Farbreduktion und Fiktionalität in der Skulptur und den graphischen Künsten des 15. und 16. Jh.s

Abb. 5  Meister HL, Schmerzensmann (nach Albrecht Dürers Schmerzensmann, um 1500, Bartsch VII.42.20), um 1533, Kupferstich, Wien, Graphische Sammlung der Albertina.

gestaltete Daucher mit eingelegten farbigen Ziersteinen derart preziös, dass sich daran eine Aufwertung des Modells als Endprodukt ablesen lässt, das selbst wiederum die plastische Ausführung einer graphischen Vorlage ist.59 Meister HLs charakteristische künstlerische Handschrift schrieb sich seinen Skulpturen in gleichem Maße ein wie seinen druckgraphischen Blättern. Immer wieder bezieht er sich dabei klar erkennbar auf ein – gedrucktes oder gemaltes Vorbild – Dürers Schmerzensmann, den er in ein graphisches Blatt übersetzte oder Baldungs Marienkrönung, die Motivgeber sowohl für sein Breisacher Retabel als auch für das in Niederrotweil war (vgl. Abb. 5).60 Wie eng die Verbindung des Schnitzens von Holz und des Schneidens von Kupfer für ihn selbst dabei war, wird ganz besonders deutlich in der Signatur seiner Stiche in Form eines Täfelchens oder Cartellinos, das bezeich59 Das Relief trägt das Wappen Portugals und befand sich bis im 19. Jahrhundert in portugiesischem Herrschaftsbesitz; vgl. Eser, Hans Daucher, 99–105, Kat. 4, und 50–5. 60 Vgl. Jeffrey Chipps Smith, „Master H. L. and the challenge of invention in different media“, in Invention. Northern Renaissance studies in honor of Molly Faries, hg. von Julien Chapuis (Turnhout: Brepols, 2008), 175–89.

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nenderweise mit einem Stechbeitel in Holz gerammt ist. Die Trennung von Bildidee und Ausführung, welche die Druckgraphik ermöglichte, scheint jedem einzelnen fecit einen nicht minder hohen Wert beigemessen zu haben wie einem invenit. Idee und Ausführung waren nun in ein produktives Konkurrenzverhältnis gestellt, das den Blick des Betrachters ungleich stärker auf die jeweilige Machart einer jeden Ausführung lenkte. Diese war ihrerseits – als eine von vielen möglichen Ausführungen – stets selbst eine Erfindung, und zeigte sich dem Betrachter somit in Form einer ebenso kunstvoll wie geistreich realisierten Fiktion.

Almut Schäffner-Knoblach

Studien in Terra verde Bedeutungsebenen grünmonochromer Malerei der italienischen Renaissance

Del lavorare camere o logge a verdeterra in secco. Mit dieser kurzen Inhaltsangabe ist das Kapitel CLXXVII in Cennino Cenninis Libro dell’arte aus dem späten 14. Jahrhundert überschrieben, in dem die Arbeitsabläufe zur figürlichen Wanddekoration in Grüner Erde schriftlich fixiert werden.1 Diese Form der Malerei bildet einen Teilbereich der sogenannten monochromen Wandmalerei Italiens, insbesondere im späten 14. und im 15. Jahrhundert. Dabei handelt es sich genau genommen nur um farblich reduzierte Darstellungen, da zumindest drei bis vier Farbtöne verwendet werden. Dennoch hat sich der Terminus monochrom hierfür etabliert. In diesem Kontext stehen die Begriffe Grisaille oder Chiaroscuro, die über ihre wörtliche Bedeutung hinaus farblich reduzierte Darstellungen mit dominierenden Farbtönen definieren, etwa durch den Ausdruck der Grüngrisaille.2 Die bisherigen Studien zu diesem Themenfeld haben sich verschiedenen Aspekten der Monochromata im Allgemeinen gewidmet,3 in Teilaspekten der grün-dominier-

1 Cennino Cennini, Il Libro dell’arte, commentato e annotato da Franco Brunello, con una introduzione di Liciso Magagnato (Vicenza: Pozza, 1982), 194, 195. 2 Zu den Begriffsdefinitionen zusammenfassend: Annika Weise, „Es ist nicht alles grau, was sich Grisaille nennt: Zur Ambivalenz einer Farbe“, Kunstchronik, 66.12 (2013): 554–61; Sabine Blumenröder, Andrea Mantegna – die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Mann, 2008), 221–24; Thomas Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde: Untersuchungen zum Kolorit des frühen 15. Jahrhunderts in Italien (Hildesheim u. a.: Olms, 1993), 8–19; Almut Schäffner, Terra verde: Entwicklung und Bedeutung der monochromen Wandmalerei der italienischen Renaissance (Weimar: VDG, 2009), 21–27. 3 Zu den Studien zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 15–17; insbesondere zur Grisaille: Michaela Krieger, Grisaille als Metapher: Zum Entstehen der Peinture en Camaïeu im frühen 14. Jahrhundert (Wien: Holzhausen, 1995); Blumenröder, Andrea Mantegna, vor allem 143 ff.

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ten Malerei.4 Dieser Zweig der Grünmalereien ist Gegenstand meiner Untersuchungen,5 die Aspekte zur Anwendung und Bedeutung dieser Technik beleuchten. Die figürliche monochrome Wandmalerei der italienischen Renaissance ist vor allem im mittelitalienischen Raum verbreitet. Unter den Wanddekorationen sind unter anderem Farbformen mit Gelbem und Rotem Ocker bis zur Grüntönung zu finden. Dabei handelt es sich um natürliche Farberden, die zu den ältesten bekannten Farbmitteln zählen.6 Malereien in Terra verde sind ab etwa der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts überliefert, vor allem ab 1400 im mittel- und norditalienischen Raum. Sie werden neben der Anweisung von Cennini in verschiedenen zeitgenössischen Quellen ausdrücklich erwähnt, etwa in Künstlerviten oder Beschreibungen von teils verlorenen Kunstwerken,7 wodurch die Besonderheit dieser Monochromata deutlich wird. So überliefert Giorgio Vasari eine der frühesten szenischen Darstellungen in der Vita des Ambrogio Lorenzetti. Er spricht von „otto storie di verde terra molto pulitamente“,8 die Lorenzetti in einem Raum des Palazzo Pubblico in Siena gemalt habe. Die Malereien, wohl um 1345 entstanden, sind nicht mehr existent.9 Es könnte sich um die „Szenen aus der römischen Geschichte“ gehandelt haben, die der Sieneser Chronist Agnolo di Tura in der Cronaca Maggiore von Siena vermerkt.10 Im zweiten Viertel bis Ende des 15. Jahrhunderts ist ein verdichtetes Vorkommen der Terra verde-­   4 Eine erste Grundlage zur Erfassung und Benennung der Terra verde-Dekoration schuf Klaus Kraft mit Fokussierung der Wandmalerei des italienischen Trecento: Klaus Kraft, „Zum Problem der Grisaille-­ Malerei im italienischen Trecento“ (Phil. Diss. Universität München, 1956). Thomas Dittelbach hat vor allem eine Basis für die farblich differenzierte Betrachtung der monochromen Wanddekoration des Quattrocento gelegt. Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde, vor allem 30, 31 und Katalog.  5 Schäffner, Terra verde. Derzeit nimmt sich Katharine Stahlbuhk dieses Themas unter neuen Aspekten in den Recherchen zu Ihrer Dissertation an: „Oltre il colore. Die monochrome Wandmalerei Italiens im 14. und 15. Jahrhundert“ (Universität Hamburg).   6 Vgl. Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde, 30–32.   7 Vgl. Vasari in den Viten z. B. des Ambrogio Lorenzetti oder Masaccio, weiterhin dokumentiert unter anderem im Codice Magliabechiano, Libro di Antonio Billi oder bei Antonio Manetti, siehe zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 62, 63.   8 Giorgio Vasari, Le vite de’ più eccellenti pittori scultori ed architettori scritte da Giorgio Vasari pittore aretino, con nuove annotazioni e commenti di Gaetano Milanesi (Florenz: Sansoni, 1906), Bd. I, 523 (Vita des Ambrogio Lorenzetti): „Fece ancora nel palazzo della Signoria di Siena in una sala grande la guerra d’Asinalunga […] e nel medesimo palazzo fece otto storie di verde terra molto pulitamente.“ Sollte die Notiz korrekt sein, wäre somit die grünmonochrome Malerei in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Siena etabliert vertreten.  9 Vasari, Vite, Bd. I, 523, Anm. 4: „furono dipinte nel 1345, ma da gran tempo sono perdute“. 10 Maria Monica Donato, „Il pittore del Buon Governo. Le opere ‚politiche‘ di Ambrogio in Palazzo Pubblico“, in Pietro e Ambrogio Lorenzetti, hg. von Chiara Frugoni (Florenz: Le lettere, 2002), 201–58, hier 208, 209; entsprechend kommentiert in: Giorgio Vasari, Die Leben der Sieneser Maler, neu ins Deutsche übersetzt von Victoria Lorini, hg., kommentiert und eingeleitet von Wolfgang Loseries (Berlin: Wagenbach, 2013), 45 und 153, Anm. 10.



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Dekoration zu verzeichnen. Hierbei spielt der Florentiner Raum eine wichtige Rolle. Paolo Uccello nobilitiert die Malerei durch die Kunst der Perspektivenkonstruktion und des disegno. Er betont die ästhetische Komponente, bei der die Darstellung farblich entrückt wird, und lässt sie zugleich in ihrer räumlichen Dimension des rilievo real greifbar erscheinen. Die jüngsten Themen des Florentiner Kunstdiskurses werden ins Bild gesetzt – dabei eines der zentralen Motive: die Kunst des perspektivischen Spiels im Kontext des Paragone. Die Abhandlungen Leon Battista Albertis zu Perspektive, Licht und Schatten sowie Farbe und Farbwerten finden hier ihren Niederschlag.11 Im Zentrum der folgenden Betrachtung stehen entwicklungsgeschichtliche und kolorittechnische Fragen zu Darstellungen, die durch die Verwendung des Grüntons zunächst eine Verfremdung erfahren, sich also nicht in erster Linie durch Lokalkolorit, sondern durch eine unnatürlich anmutende Farbkomponente Grün auszeichnen. Eine Grundlage bilden dabei die Eigenschaften der Materialien und die technische Zusammensetzung. Daher erfolgt ein kurzer Exkurs zur Definition des Pigments und seiner Verwendung.

Terra verde Terra verde12 ist eines von verschiedenen Grünpigmenten, die den Malern des ausgehenden Mittelalters neben Verdeazzurro (Malachit) und Verderame (Grünspan) sowie pflanzlichen Erzeugnissen vorwiegend für die Buchmalerei zur Verfügung standen.13 Vorkommen sind im mitteleuropäischen Raum vor allem in Norditalien nachgewiesen. Die Region im Gebiet des Gardasees war und ist für ihre Qualität der Grünen Erde berühmt.14 Entsprechend verzeichnen Dokumente aus dem venezianischen Pigmenthandel unter den Grüntönen einen dominanten Anteil der „terra da uerona“.15 Weitere Vorkommen befanden sich nach Angaben Cenninis bei Colle Val d’Elsa nahe 11 Leon Battista Alberti, Della pittura: Über die Malkunst, hg. von Oskar Bätschmann und Sandra Gianfreda (Darmstadt: WBG, 2002), insbesondere I, 9, 78–83 und II, 46, 140–45. 12 Ein Verwitterungsprodukt aus komplexen wasserhaltigen Eisensilikaten; Thomas Brachert, Lexikon historischer Maltechniken: Quellen, Handwerk, Technologie, Alchemie (München: Callwey, 2001), 106. 13 Daniel Thompson, The materials and techniques of medieval painting, with a foreword by Bernhard Berenson (London: Allen & Unwin,1956), 160; zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 51. 14 Freundlicher Hinweis und Auskunft der Fa. Kremer, Aichstetten, und der Fa. Dolci, Verona; siehe auch: Roland Krischel, „Zur Geschichte des venezianischen Pigmenthandels. Das Sortiment des Jacobus de Benedictis à coloribus“, in Sinnliche Intelligenz, hg. von Rainer Budde, Wallraf-Richartz-Jahrbuch 63 (2002): 93–158, hier 118. 15 Roland Krischel, „The Venetian pigment trade in the sixteenth century“, in Colors between two worlds. The Florentine codex of Bernardino de Sahagùn, hg. von Gerhard Wolf und Joseph Connors, in Zusammenarbeit mit Louis A. Waldman (Mailand u. a.: Officina Libraria, 2011), 317–32, hier 323.

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Florenz.16 Das Material eignet sich für die großflächige Verwendung in der Wandmalerei. Als natürliches Erdpigment ist es licht- und wetterbeständig in allen Techniken.17 Das vergleichsweise kostengünstige Material galt gerade bei großflächiger Verwendung als adäquater Ersatz für das teure Malachit.18 Die Anweisung Cenninis schließt nicht aus, dass grünmonochrome Malereien auch mit anderen Grünpigmenten ausgeführt wurden. Abgesehen von den historischen Quellen und technischen Analysen spricht schlicht der Vorteil in Verarbeitungstechnik und Praxis für die überwiegende Anwendung der Terra verde.

Maltechnik und Bildaufbau Cennini beschreibt die Anfertigung von Dekorationen in Gemächern oder offenen Hallen mit Grüner Erde in Secco-Technik.19 Demnach wird zunächst fein geriebene Grüne Erde ben macinata mit Leim für den Gipsgrund vermengt. Die Masse wird mit einem großen Pinsel zwei bis drei Mal über das gesamte zu bearbeitende Wandfeld aufgestrichen. Nach Abtrocknung wird mit Kohle die Zeichnung aufgebracht und mit Tinte oder schwarzer Farbe verstärkt. Nach dem Abwischen der Kohle erfolgt das Überstreichen der Fläche mit einer Mischung aus Wasser und Honig, die mittels eines Schwamms aufgebracht wird. Anschließend legt man die Schatten mit schwarzer Farbe an, dann mit aus Eitempera bereitetem Bleiweiß die Lichter der Figuren. Über diesen Figuren kann man ergänzend zum Beispiel Ocker oder Cinabrese, einen Rotton, anbringen und verschiedene Ornamente erstellen. Weiterhin wird zur Disposition gestellt, den Hintergrund in Blau zu gestalten.20 Das Verfahren kann man nach Cennini auch im feuchten Putz durchführen, indem man mit Terra verde „anmörtelt“.21 Ebenso verweist Cennini auf die Tafelmalerei, in der

16 Cennini, Il Libro dell’arte, Kap. XLV, 47. 17 Krischel, „Zur Geschichte des venezianischen Pigmenthandels“, 117. 18 Siehe hierzu vergleichend die Pigmentpreise des Florentiner Handels bei: Susanne Kubersky-Piredda, „The market for painters’ materials in Renaissance Florence“, in Trade in artists’ materials, markets and commerce in Europe to 1700, hg. von Jo Kirby, Susie Nash und Joanna Cannon (London: Archetype Publ., 2010), 223–43, hier 252 und 232. 19 Cennini, Il Libro dell’arte, Kap. CLXXVII, 194, 195. 20 Vgl. Schäffner, Terra verde, 81, 82. 21 „[…] samaltando e campeggiando col detto verde terra“. Cennini, Il Libro dell’arte, 195. Vgl. die Übersetzung bei Ilg: Cennino Cennini, Das Buch von der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cenini da Colle di Valdelsa, übersetzt mit einl. Noten und Reg. vers. von Albert Ilg (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, hg. von R. Eitelberger v. Edelberg), I, (Erstdruck 1871), (Osnabrück: Zeller, 1970), 128.



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ähnlich verfahren wird.22 Grundsätzlich entsprechen die Techniken dem von Cennini überlieferten System. Das Secco-Verfahren überwiegt, allerdings existieren zahlreiche Mischformen zwischen Fresco und Secco, deren Übergänge fließend sind.23 Daraus erklärt sich auch der meist schlechte Erhaltungszustand der Malereien. Wie die Varietät des technischen Aufbaus ist auch die Ausdehnung der grünmonochromen Schicht unterschiedlich, die von vollständig grundierten Flächen bis zu ausschließlich grün gestaltetem Raum oder grünmonochromen Figuren reichen kann.

Exemplarische Betrachtungen überlieferter Werke Die folgende Auswahl grünmonochromer Malerei gibt einen Einblick in das Spektrum und den Entwicklungsverlauf im 14. und 15. Jahrhundert.

Prato, Palazzo Datini Im Innenhof des Palazzo Datini befand sich ein Zyklus von ehemals sieben Tugenden (und Lastern) und profanen Allegorien bzw. Uomini illustri,24 Ende des 14. Jahrhunderts entstanden, der nurmehr fragmentarisch erhalten ist (Taf. XXVIII). Aus den Dokumenten des Archivio Datini geht der Maler Niccolò di Piero Gerini hervor.25 Die Wandmalereien entstanden im Auftrag des Prateser Kaufmanns Francesco di Marco Datini, einem wohlhabenden Bürger der Stadt.26 Die Archivalien geben mithin Aufschluss, weshalb die Malereien in Terra verde in Auftrag gegeben wurden. In dem überlieferten Schriftverkehr des Agenten Datinis, Domenico da Cambio, informiert dieser Datini im Juni 1390 über die Möglichkeiten der Ausmalung. Darunter findet sich eine Passage zur Gestaltung in Terra verde, die als schön und kostengünstig eingeschätzt wird,27 „[…] la potete fare di verde terra che-sarebbe bello e di piccolo costo […]“, allerdings deutlich teurer als in „bigio“ (Grau), aber auch als bessere Dekorarbeit 22 Siehe hierzu bei Cennini auch das nachfolgende Kap. CLXXVIII: „Come si può inverniciare una tavola lavorata di verde terra.“ 23 Zu Fresco-Secco: Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde, 61–63; vgl. Schäffner, Terra verde, 81–87. 24 Siehe hierzu: Daniela Zachmann, Wandmalerei in Wohnhäusern toskanischer Städte im 14. Jahrhundert: Zwischen elitärem Selbstverständnis und kommunalem Wertesystem (München: Deutscher Kunstverlag, 2016), 54 ff. 25 ASP, Datini, 1173, Niccolò di Piero; siehe hierzu: Zachmann, Wandmalerei, 54–56. 26 Zu Datini und der Geschichte des Palazzo: Palazzo Datini a Prato. Una casa fatta per durare mille anni, hg. von Jérôme Hayez und Diana Toccafondi (coordinamento editoriale di Maria Raffaella de Gramatica), 2 Bde. (Prato: Polistampa, 2012), hier Bd. 1. 27 Siehe hierzu auch die Aufstellungen zu Pigmentpreisen in: Kubersky-Piredda, „The market for painters’ materials“, insbesondere 225 und 232.

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„[…] il verde terra e di piu costo che l’bigio […] ma sara piu riccho lavorio […]“.28 Er rät nach Rücksprache mit entsprechenden Malern zur Terra verde-Malerei, die wesentlich schöner sei „[…] piubella di verde terra […]“29 und letztlich auch zur Ausführung kommt. Hier sprechen neben ökonomischen vor allem ästhetische Gründe für die Farbwahl.30 Die teils skulpturenähnlich gestalteten, teils bewegten Figuren vermitteln dem Betrachter ein oszillierendes Bild zwischen einerseits szenischer Wiedergabe und andererseits einer in Arkaden platzierten, als Heroen präsentierten Figurensammlung.31 Hervorzuheben ist der überwiegend in Rotbraun erhaltene Hintergrund, der hier offensichtlich die Funktion einer Grundierung hatte; teilweise sind darüber Fragmente in Blau zu erkennen.32

Bozen, Schloss Runkelstein Im Grenzgebiet des Südtiroler Raums beginnt im annähernd gleichen Zeitraum, um 1400, die Umsetzung eines monumentalen Bildprogramms auf Schloss Runkelstein. Unter der Herrschaft der Familie Vintler, welche die Burg 1385 erwarb, entstand eine reiche Bilddekoration, darunter mehrere Zyklen in Terra verde-Malerei.33 Diese thematisieren im Westpalas Wappen und Tierdarstellungen, im Hof und der Bogenhalle des Sommerhauses einen Zyklus der Sieben Freien Künste, Herrscherportraits sowie eine Illustration zum Ritterepos Wigalois des Wirnt von Grafenberg. Im ersten Stockwerk des Sommerhauses wurde ein Raum mit der Illustration zu Tristan und Isolde ausgestattet (Abb. 1).34 Der Auftrag zu den Malereien geht auf Niklaus Vintler (circa 28 ASP, Datini, 329, Brief vom 25. Juni 1390, Domenico di Cambio an Francesco di Marco Datini. 29 ASP, Datini 329, Brief vom 26. Juni 1390, Domenico di Cambio an Francesco di Marco Datini, beide Dokumente in: Schäffner, Terra verde, 385, sowie bei: Hayez et al., Palazzo Datini, Bd. 2., 449, 450. 30 Ein erwähnenswertes Detail ist dabei, dass Francesco di Marco Datini auch im Pigmenthandel tätig war. Dies generiert nicht zwangsläufig eine unmittelbare Verbindung zu der grünmonochromen Dekoration, doch ist die Möglichkeit des Einflusses aus dem Wissen des Farbhandels und einer Kenntnis der „zeitgemäßen“ Dekorform zu berücksichtigen. Siehe hierzu: Julia A. Delancy, „Shipping Colour. Valute, pigments, trade and Francesco di Marco Datini“, in Trade in artists’ materials, 74–85. 31 Vgl. zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 334–37. 32 Vgl. zur Grundierung: Max Doerner, Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, 20. Auflage, hg. von Thomas Hoppe (Leipzig: Messedruck, 2001), 75. 33 Zu Geschichte und den Dekorationsprogrammen von Runkelstein: André Bechtold, Schloss Runkelstein: Die Bilderburg (Bozen: Athesia, 2000) sowie: Leo Andergassen, Artus auf Runkelstein: Der Traum vom guten Herrscher (Bozen: Athesia, 2014). 34 Zum Bildprogramm des Sommerhauses: Kristina Domanski und Margit Krenn, „Die profanen Wandmalereien des Sommerhauses“, in Schloss Runkelstein, 99–154; zum Tristanzyklus: Andrea Gottdang, „‚Tristan‘ im Sommerhaus der Burg Runkelstein: Der Zyklus, die Texte und der Betrachter“, in Literatur und Wandmalerei I.: Erscheinungsformen höfischer Kultur und ihre Träger im Mittelalter, Freiburger Colloqium 1998, hg. von Eckhart Conrad Lutz, Johanna Thali und René Wetzel (Tübingen: Niemeyer,



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Abb. 1  Tristan im Bade, Tristan-Zimmer (Detail), um 1400 (?), Bozen, Schloss Runkelstein, Sommerhaus, Westwand.

1345–1413) zurück, der ein ausgeprägtes Interesse an Repräsentation und höfischer Lebensform hatte. Er stammte aus dem städtisch-bürgerlichen Milieu und stieg unter den Habsburger Landesherrn in die höchsten Dienste der fürstlichen Verwaltung auf.35 Die Terra verde-Malereien weisen einen überwiegend identischen Farbaufbau auf. Die Darstellungen sind auf grünem Grund aufgebracht, dunkel gezeichnet und weiß gehöht. Allerdings ist der Zustand der zum Teil sehr schlecht erhaltenen oder durch spätere Eingriffe veränderten Dekorationen zu berücksichtigen.36 Der Tristanzyklus, der mehrfach verändert wurde, erweist sich dabei in seiner zeitlichen Einordnung als

2002), 435–60; möglicherweise war eine lokale Künstlergruppe oder Meister nördlicher Herkunft am Werk; zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 182–202. 35 Armin Torggler, „Das Runkelsteiner Sommerhaus – ein ‚Artushof ‘?“, in Artus auf Runkelstein, 137–58, hier 137. 36 Durch die zeichnerischen Dokumentationen der Malereien durch Waldstein sowie Seelos und Zingerle aus dem 19. Jahrhundert sind einige Zyklen der grünmonochromen Malereien weitestgehend überliefert.

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problematisch.37 Während die übrigen Malereien in ein gliederndes Dekorsystem eingefasst sind, reihen sich bei der Tristanillustration die Szenen in einem Dekorband ähnlich einem Wandteppich aneinander. Sehr wahrscheinlich darf die Buchmalerei als inspirierendes Moment angenommen werden. Eine mögliche Motivation für die grün­ dominierte Darstellung des Tristan lässt sich aus der Tradition der farblichen Gestaltung des Ritterepos ablesen, bei der die Figur des Tristan überwiegend mit Grün verbunden wird.38 Die Weltchronik des Heinrich von München, die sich nachweislich im 14. Jahrhundert im Besitz der Vintler befand, diente wohl als Vorbild für das Dekor der Herrscherporträts an den Arkaden des Sommerhauses.39 Man kann daher von einem Übertrag der Buchmalerei auf das Medium Wand ausgehen,40 ein Phänomen, das für mehrere Terra verde-Zyklen mit profan-historischem bzw. literarischem Hintergrund in Frage kommt. Der Kontext der buntfarbenen Zyklen innerhalb der Burg evoziert die Frage einer bewussten Differenzierung zwischen den Koloritformen. Die zweifelsohne prachtvolle Anlage beispielsweise des Garelzyklus neben dem Tristanzimmer muss nicht zwangsläufig in hierarchische Konkurrenz zu den Monochromata treten.41 Eine kostengünstige Ausstattung gerade für den Außenbereich der Bogenhalle ist naheliegend, doch darf auch der ästhetische Wert im Zuge einer sich neu etablierenden Dekorform nicht unterschätzt werden.

Florenz, Santa Maria del Fiore Das gemalte Reiterstandbild des Heerführers John Hawkwood in S. Maria del Fiore (Taf. XXIX), von Uccello 1436 geschaffen, tritt durch die Darstellung eines plastischen Denkmals unmissverständlich in Wettstreit mit der Bildhauerei.42 Vor rotbraunem Hintergrund sind in Grün über einem mächtigen Sockel der Sarkophag sowie das Reiterstandbild des Heerführers dargestellt. Das monumentale Grabmal sollte zunächst in Marmor ausgeführt im Dom aufgestellt werden.43 Erste Entwurfszeichnungen von 37 Freundlicher Hinweis von Adriano Salvoni. Emmenegger weist den Zyklus in seiner heutigen Erscheinungsform gänzlich der maximilianischen Zeit zu (Restaurierungsbericht Emmenegger 1988, Landesdenkmalamt Bozen). 38 Michel Pastoureau, Vert: histoire d’une couleur (Paris: Seuil, 2013), Kap. „Un héros vert: Tristan“, 83, 84. 39 René Wetzel, „Runkelsteiner Kaiserreihe und Runkelsteiner ‚Weltchronik‘ – Handschrift im Trialog von Bild, Text und Kontext“, in Artus auf Runkelstein, 405–33. 40 Vgl. hierzu auch den Beitrag in dieser Publikation von Séverine Lepape. 41 Vgl. hierzu die Ausführungen von Diana Wiehn, „Der Garel-Zyklus auf Schloss Runkelstein – ein Rekonstruktionsversuch“, in Artus auf Runkelstein, 203–42, hier 208. 42 Siehe hierzu: Hugh Hudson, Paolo Uccello. Artist of the Florentine Renaissance Republic (Saarbrücken: VDM, 2008), 130 ff. 43 Bereits 1363 erging von der Kommune der Beschluss, dem Condottiere Hawkwood ein marmornes Denkmal zu setzen (dokumentiert bei Matteo Villani), welches 1393 in dem Dokument der Domopera



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Agnolo Gaddi und Giuliano Arrighi, entsprechend der Festlegung der Domopera von 1395, waren möglicherweise bereits in Grüner Erde angefertigt worden.44 Die konkrete Ausführung wurde jedoch erst mit der Auftragsvergabe an Uccello 1436 vorgenommen, bekanntermaßen realisiert als Wandgemälde. Dabei wird explizit eine Wandmalerei in terra viridi verlangt.45 Eine unmittelbare Begründung für die Wahl der Grün­ erde geht daraus nicht hervor. Am Denkmal des Hawkwood hat sich die Auseinandersetzung mit der Bedeutung des grünen Farbtons am deutlichsten konkretisiert. Neben der idealen Grundlage für eine plastische Wiedergabe fokussiert sich die Wahrnehmung der Farbe vor allem auf das Materialimitat – bei der Wiedergabe eines (in Marmor geplanten) Reiterstandbildes naheliegend. In diesem Fall geht es konkret um das Imitat von Stein oder Bronze. Die Wiedergabe grünen Steins ist in der Formulierung des Sockels noch nachvollziehbar, wird allerdings durch die farblich bereicherte Darstellung von Pferd und Reiter deutlich konterkariert. Ein Bronzeimitat ist materialikonologisch im Zusammenhang mit der aufblühenden Antikenrezeption im Florentiner Quattrocento grundsätzlich naheliegend.46 Insbesondere Eve Borsook hat dies in ihren Studien dargelegt,47 wobei ihre These berechtigterweise hinterfragt worden ist.48 Abgesehen von der bereicherten Farbkomposition innerhalb der Reiterdarstellung ist hervorzuheben, dass bronzene Bildwerke nicht genuin grün sind. Es müsste sich also um die Wiedergabe patinierter Bronze handeln. Eine derartig historisierende Auffassung des Materials ist zur Zeit der Entstehung des Hawkwoodgemäldes mit einem Fragezeichen zu versehen und müsste bei der angenommenen konsequent realistischen Ausführung auch farblich

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mit „lapidibus et figuris marmoreis et signis armorum de quibus“ nochmals bestätigt wurde (Beschluss der operai vom 22. August 1393); Eve Borsook, „Per memoria della fede e virtù sua“, Art History (Renaissance studies in honor of Joseph Connors), hg. von Israels Machtelt und Louis A. Waldmann (2013): 122, 123. Kraft, „Zum Problem der Grisaille-Malerei“, 48, 49; Borsook, „Per memoria“, 123 f. „Item conduxerunt Paulo Uccello ad pingendum Johannem Hauto in faccie ecclesie maioris ubi erat pittus prius dictus dominus Johannes de terra viridi et pro salario alias eorum offitium ordinando.“ (Arch. Dell’Opera di S, Maria del Fiore, II.2.1, c.254 r.; Dokumente hierzu zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 387) Vgl. hierzu Norberto Gramaccini, Mirabilia: Das Nachleben antiker Statuen vor der Renaissance (Mainz: Zabern, 1996); ders.: „Antike Statuen auf mittelalterlichen Plätzen“, in Stadtgestalt und Öffentlichkeit: Die Entstehung politischer Räume in der Stadt der Vormoderne, hg. von Stephan Albrecht (Köln u. a.: Böhlau, 2010), 275–86. Eve Borsook, „L’Hawkwood d’ Uccello et la ‚Vie de Fabius Maximus‘ de Plutarque“, Revue de l’art 55 (1982): 44–51, hier 46; dies., „The power of illusion: Fictive tombs in Santa Maria del Fiore“, in Santa Maria del Fiore: The Cathedral and its sculpture, acts of the International Symposium for the VII Centenary of the Cathedral of Florence (Florenz, Villa I Tatti, 5–6 Juni 1997), hg. von Margaret Haines (Fiesole: Cadmo, 2001), 59–78, hier 69. Vgl. Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde, 105.

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anders umgesetzt worden sein.49 Vielmehr wird mit den Illusionseffekten, mit Farbe und Helldunkel in Verbindung mit der gebrochenen Perspektive im Sinne eines Kunstgriffes gespielt. Der dunkel kontrastierende Hintergrund hebt dabei das nahezu grün leuchtende Motiv des Reiterstandbildes deutlich hervor. Die Modellzeichnung zum Denkmal des Hawkwood verbindet ausdrücklich die Medien Zeichnung und farblich reduzierte Wandmalerei miteinander.50 Sie dokumentiert eine bewusste Kombination des kontrastierenden rotbraunen Grundes mit der Grünmalerei, die sich in zahlreichen Werken erhalten hat und damit außerhalb der Grundierungsfunktion für Blautöne, wie etwa in den Malereien des Palazzo Datini, auch eine eigenständige Rolle erhält.

Florenz, Santa Maria Novella, Chiostro verde Uccello steigert in seinen Wandgemälden im Bilderzyklus des Chiostro verde51 das Prinzip des Helldunkels zu einem artifiziellen Spiel mit der Perspektive.52 Die Szenen der Schöpfungsgeschichte, von Uccello um 1430 geschaffen, sind farblich bereichert und haben einen noch vergleichsweise reliefähnlichen Charakter, dessen dreidimensionaler Eindruck mit wiederum malerischen Elementen kombiniert wird. In den Darstellungen der Sintflut (um 1446) gelangt das Prinzip des Helldunkels durch die Raffinesse der Perspektivenkonstruktion zu einem Höhepunkt illusionistischer Malerei (Taf. XXX). Die kontrastierende Farbkombination der Grüntöne mit Rotocker begünstigt die plastische Formulierung und entrückt gleichzeitig die Szenen mittels ihrer dynamischen Wirkung in eine visionäre, nahezu jenseitige Ebene.53 Die Kraft und Dynamik der Bildkomposition ist neben dem perspektivischen Moment auch der Wirkung dieser Farbkontraste geschuldet. Das oszillierende Moment zwischen Illusions-

49 Der Farbton der Bronze ist äußerlich, je nach Legierung und Nachbehandlung nach dem erfolgten Guss goldenbraun bis schwärzlich, das Material grundsätzlich messingfarben. Zu den Bronzelegierungen der florentinischen Renaissance: Edgar Lein, Ars aeraia: Die Kunst des Bronzegießens und die Bedeutung von Bronze in der florentinischen Renaissance (Mainz: Zabern, 2004), 78–85. 50 Siehe hierzu ausführlich: Lorenza Melli, „A new investigation on the preparatory drawing for the equestrian monument to John Hawkwood by Paolo Ucello: Its genesis and relationship with the fresco“, in La peinture dans les Pays-Bas au 16e siècles, hg. von Hélène Verougstraete und Roger Van Schoute (Leuven: Peeters 1999), 261–72. 51 Zu Geschichte und Restaurierung: Alberto Felici, Serena Pini und Andrea Vigna „Il Chiostro verde nel complesso di Santa Maria Novella a Firenze: storia e restauri“, OPD Restauro, 19.2007 (2008): 13–48. 52 Hudson, Paolo Uccello, 251–53, 283–85 mit ausführlicher Bibliografie. 53 Zur Restaurierung der Wandgemälde Uccellos: Fabrizio Bandini, Alberto Felici, Cecilia Frosinini und Andrea Vigna, „Una presentazione preliminare del restauro in corso delle storie della genesi di Paolo Uccello nel Chiostro verde di Santa Maria Novella“, in Officina pratese, tecnica stile storia, (Florenz: Edifir, 2014), 329–38.



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Abb. 2  Umkreis des Giovanni di Francesco (?), Geschichte des Joseph von Ägypten, Krönungsszene, ca. 1450–60, Florenz, Palazzo Rucellai.

malerei und visionärem Szenario erweist sich hierbei als Kunstgriff, ein zeitgleiches Spiel zwischen den Betrachtungsebenen. Die übrigen Wandbilder des Kreuzgangs aus den Händen verschiedener Meister sind, soweit in ihrem Zustand erkennbar, auf grünem Grund aufgebaut, dunkel gezeichnet und mit Grünabstufungen und Weißhöhungen modelliert. Im Gegensatz zu dem virtuosen Perspektivspiel Uccellos überwiegt hier ein vergleichsweise einfacher, zeichnend-reliefartiger Charakter.54

Florenz, Palazzo Rucellai In der Altana des Palazzo Rucellai entstanden um die Mitte des 15. Jahrhunderts Terra verde-Dekorationen zur alttestamentlichen Geschichte des „Joseph von Ägypten“, zur Vision des Heiligen Bernhard sowie Eremitenszenen, wahrscheinlich im Auftrag von Giovanni Rucellai (Abb. 2).55 Sie werden unter anderem dem Umkreis des Giovanni 54 Zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 268–77. 55 Hierzu grundlegend: Alessandra Malquori, „Tempo d’aversità: Gli affreschi dell’altana di Palazzo Rucellai“, (Florenz: Olschki, 1993); dies., „Gli affreschi dell’altana di Palazzo Rucellai“, in Leon Battista Alberti e l’architettura. Catalogo della mostra, hg. von Massimo Bulgarelli, Arturo Calzona et al. (Cinisello Balsamo: Silvana, 2006), 348–55.

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di Francesco zugeschrieben.56 Vor grünem Grund sind die Figuren durch dunkle Kontur umrissen und mit Weiß gehöht. Insbesondere bei der Darstellung der Josephsgeschichte wird das Spiel mit der Kunst der Perspektivenkonstruktion und dem Einfluss Uccellos deutlich.57 Die Malereien dekorierten ehemals drei Seiten der Altana. Möglicherweise war angrenzend eine Art Studiolo eingerichtet, ein Faktor, der die aufwändige Dekoration für einen weitgehend offenen Raum begründen könnte.58

Rom, Tor de’ Specchi Das ehemalige Refektorium des Klosters Tor de’ Specchi wurde mit einem Zyklus zu den Versuchungen der Heiligen Francesca Romana (Taf. XXXI), der Gründerin des Klosters, ausgestattet.59 Die Szenen dekorieren die Nordwand des Refektoriums. Die Bildfelder sind in zwei Register eingestellt, die mittels einer gemalten Pilasterarchitektur gegliedert werden. Thema sind verschiedene Visionen der Heiligen. Die Malereien, um 1485, stammen aus dem Umkreis von Antoniazzo Romano.60 Figuren und Gegenstände sind vor grünem Hintergrund dunkel konturiert und mit weiß gehöht, Details in Gelbem Ocker und Rot hervorgehoben. Die ebenfalls in grünmonochromer Technik gehaltene Scheinarchitektur legt die Imitation eines grünen Steins bzw. Reliefs nahe. Die Szenenkonzeption und die Bewegung in der „Zeichnung“ mit bereichertem Kolorit konterkarieren diesen Eindruck. Das Geschehen wird verfremdet und in eine visionäre, dem real Fassbaren entzogene Szene gerückt, gleichsam die Vision der Heiligen über das Medium Farbe für den Betrachter kenntlich gemacht. Hierfür spricht auch die Themenwahl der Dämonendarstellung.61 Gleichzeitig erscheinen die Szenen mittels der Helldunkelmodellierung räumlich greifbar – ein Spiel zwischen Betonung des Plastischen und dem visionären Moment.62

Wege der Entwicklung Welche Faktoren können Grundlage und Vorläufer für die Grünmalerei sein? 56 Genannt werden ebenfalls Rosselli Pier Francesco und Fra Filippo Lippi; zusammenfassend hierzu: Malquori, „Gli affreschi dell’altana“, 354. 57 Hierzu zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 232–36. 58 Vgl. Malquori, Tempo d’aversità, 80. 59 Ausführlich bei: Kristin Böse, Gemalte Heiligkeit: Bilderzyklen neuer Heiliger in der italienischen Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts (Petersberg: Imhof, 2008), 72–89. 60 Patrizia Marchetti, La casa delle Oblate di Santa Francesca Romana a Tor de’ Specchi (Viterbo: BetaGamma, 1996), 11. 61 Vgl. Böse, Gemalte Heiligkeit, 74–76. 62 Schäffner, Terra verde, 348–51.



Studien in Terra verde

Die Grünuntermalung Bezüglich einer flächendeckenden Grüntönung kommt der Tradition der Untermalung sowohl in der Tafelmalerei als auch in der Wandmalerei besondere Bedeutung zu. Die Verwendung des sogenannten Verdaccio, die bis in die Antike reicht, weist auf eine Anwendung der grünen Farbe im Stadium der Grundierung hin.63 Die Mischung dieses grünlichen Farbtons kann sich aus Ocker, Schwarz und Bianco San Giovanni zusammensetzen; ebenso werden Rezepturen aus Terra verde und Terra nera angegeben.64 Das Verdaccio wurde für die Untermalung und Schattenbahnen des Inkarnats benutzt und war als solches im Mittelalter vor allem in der byzantinischen Kunst und im Mittelmeerraum verbreitet. Die Sieneser Schule des Trecento baute ihre Temperatechnik des Inkarnats auf Grünerdeuntermalungen als bewusst gewähltem Kontrastton auf.65 Die Schlussfolgerung, Terra verde-Malerei als unvollendete Wanddekoration im Stadium der Grundierung zu bezeichnen, führt sicherlich zu weit, doch wird die Rolle der Vorform und Verwandtschaft mit der flächendeckenden Grünuntermalung deutlich.

Zeichnung – Modello Die Bedeutung der Monumentalzeichnung und Sinopie war Gegenstand verschiedener Studien zur Monochrommalerei.66 Aufgrund des farblichen und technischen Aufbaus soll an dieser Stelle vielmehr auf die Bedeutung der Hand- und Modellzeichnung eingegangen werden. Unter der sich etablierenden Gattung der Modellzeichnung sind ab dem dritten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts Beispiele zu verzeichnen, die eine deutliche Verwandtschaft zur monochromen Wandmalerei erkennen lassen. Verstärkt um 1400 treten im mittelitalienischen Raum Zeichnungen mit farbigem, vorzugsweise grünem Grund auf, die eine dunkle Konturführung mit Weißhöhung aufweisen.67 63 Max Doerner, Malmaterial, 90, 126, im Zusammenhang mit der Hermenaia des Malermönchs Dionysios und Cenninis Il Libro dell’arte, 339, 340. 64 Cennini, Il Libro dell’arte, 77, Anm. 14.; vgl. Brachert, Lexikon historischer Maltechniken, 195, 257. 65 Kurt Wehlte, Werkstoffe und Techniken der Malerei (Ravensburg: Maier, 1985), 174. 66 Hier sei stellvertretend auf die ausführlichen Darstellungen verwiesen bei: Dittelbach, Das mono­ chrome Wandgemälde, 75–95; Schäffner, Terra verde, 65–69. 67 Siehe hierzu: Lorenza Melli, „Disegni intorno a Lorenzo Monaco“, in Intorno a Lorenzo Monaco: Nuovi studi sulla pittura tardogotica, hg. von Daniela Parenti und Angelo Tartuferi (Livorno: Sillabe, 2007), 88–99; Katharina Christa Schüppel mit Irene Brückle: „Zur Ästhetik des Monochromen um 1400: Zwei Zeichnungen Lorenzo Monacos aus der Sammlung des Berliner Kupferstichkabinetts“, in Fantasie und Handwerk: Cennino Cennini und die Tradition der toskanischen Malerei von Giotto bis Lorenzo Monaco, hg. von Wolf-Dietrich Löhr und Stefan Weppelmann (München: Hirmer, 2008), 201–23, sowie Jana Graul, „Il principio e la porta del colorire: Zur Rolle farbiger Fonds in der Zeichnung des

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Wie Cennini in seiner Anweisung zur Präparierung von Zeichenflächen ausführt, lässt sich der hier bevorzugt verwendete Grünton gleichermaßen gut dunkeln wie auch aufhellen.68 Von daher ist die Farbe als Grundlage für eine detaillierte und räumlich differenzierte Skizze besonders geeignet. Herausragend ist dabei eine Zeichnung aus der Zeit um 1350, welche die Gefangennahme und das Martyrium des Heiligen Minias thematisiert.69 Die mit Weiß abgesetzte und gehöhte Zeichnung ist nachweislich auf grüner Grundierung aufgebracht und mit rotem Hintergrund versehen.70 Die Verfahrensweise sowie der optische Eindruck kommen der monochromen Wandmalerei sehr nahe.71 Aufgrund seiner Preziosität mit dem in der Handzeichnung seltenen Purpur-Grund könnte es sich um ein Präsentationsblatt handeln, das für den Auftraggeber zur Vorstellung eines größeren Werkes, etwa eines Freskos, diente.72 Konkret nachweisbar wird der Zusammenhang, wie gezeigt, bei der Modellzeichnung zum Reitermonument des Hawkwood. Die farbig grundierte Zeichnung, in diesem Fall explizit für Terra verde-Malerei intendiert, ist Ausgangspunkt für das monochrome Wandgemälde.

Miniatur – Buchmalerei In wechselseitiger Beeinflussung stehen Buchillustration und monochromes Wanddekor. Früheste Anregung zur Grisaille geben die Miniaturen aus dem Kreis um Jean Pucelle.73 Illustrierte Exemplare zu Francesco Petrarcas De viris illustribus aus dem Kreis um Cristoforo Cortese zeigen einen klaren Bezug zur grünmonochromen

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14. und 15. Jahrhunderts“, Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 52.2008 (2010) (Dai materiali allo stile: atti del convegno internazionale, Florenz, Kunsthistorisches Institut, 22–23 September 2008, hg. von Marzia Faietti, Lorenza Melli und Alessandro Nova): 7–22. „[…] e puoi fare le tue tinte o in rossetta o in biffo o in verde, o azzurine o berrettine […]. È vero che la tinta verde comunemente per la più gente, s’usa più e più, ed è più comunale sì per l’aombrare e sì per lo imbiancheggiare.“ (Cennini, Il libro dell’arte, Kap. XV, 15, 16); vgl. Graul, „Il principio e la porta del colorire“, 9. New York, Pierpont Morgan Library, I. 1. Siehe hierzu: Bernhard Degenhart und Annegret Schmitt, Corpus der italienischen Zeichnungen, Bd. I.1, 76–78, mit Zuschreibung an den Umkreis des Bernardo Daddi; William M. Griswold und Rhoda Eitel-­ Porter, in 100 Meisterzeichnungen aus New York: The Morgan Library & Museum zu Gast in München, Ausstellungskatalog (München: Hirmer, 2008), 20, 21, mit Zuschreibung an Cenni di Francesco di Ser Cenni; Graul, „Il principio e la porta del colorire“, 10, Abb. auf Seite 8. Vgl. zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 72–75. Griswold und Eitel-Porter, 100 Meisterzeichnungen, 20. Siehe hierzu: Jean Pucelle, innovation and collaboration in Manuscript painting, hg. von Kyunghee Puyn und Anna D. Russakoff (Turnhout: Brepols, 2013), darin insbesondere der Beitrag von Pascalle Charron, „Color, Grisaille and Pictorial Techniques in Works by Jean Pucelle“, 91–107.



Studien in Terra verde

Wandmalerei.74 Figuren und Landschaft sind in grünen Tönen gehalten, mit roten und ockerfarbenen Akzenten, wie etwa im Reitergemälde des Hawkwood, der Horizont ist blau koloriert. In einer Handschrift zu den Reisen des Ritters John Mandeville aus der Mitte des 14. Jahrhunderts finden sich weitere Beispiele für die Anwendung der grünmonochromen Technik. Die Illustrationen, 28 kolorierte Silberstiftzeichnungen wohl aus der Hand eines Meisters des Internationalen Stils um 1400, möglicherweise böhmischer Provenienz,75 zeigen auf durchgehend grünem Grund Gegenstand und Figur mit dunkler Kontur gezeichnet und weiß gehöht, bereichert mit Ockertönen. Allerdings weisen die Figuren überwiegend ein Inkarnat auf, wodurch die Abstraktion der Farbigkeit relativiert und in die Nähe des Lokalkolorits gerückt wird.

Bedeutungsebenen der Grünmalerei: Eine Verflechtung verschiedener Motivationsstränge? In den bisherigen Studien zur monochromen Malerei stehen neben ökonomischen Gründen und dem illusionistischen Materialimitat der Bezug zu Passion, asketischem Lebensideal und Fastenzeit im Mittelpunkt.76 Diese Aspekte können Teilbereiche der Grisaille- und Grünmalerei erklären, nicht aber grundsätzlich die Begründung der Farbwahl. Die besondere Bedeutung grünmonochromer Darstellungen ist zunächst an der zunehmenden Verbreitung und ihrem jeweiligen Kontext ablesbar.77 Die Dokumentation des Palazzo Datini legt eine ästhetische Motivation nahe, die insbesondere für 74 Triest, Biblioteca Civica A. Hortis, Ms. Petr. I, 43. Eines der Blätter zeigt den Triumph des Publius Cornelius Scipio, wohl Anfang des 15. Jahrhunderts. Hierzu: Andrea De Marchi, in Petrarca e il suo Tempo (Mailand 2006), 419–22 und Abb. auf Seite 270. Herausragend ist die Illustration der Handschrift in New York, Morgan Library and Museum, MS G. 36; siehe hierzu: Lilian Armstrong, „A manuscript of Francesco Petrarcas libro degli uomini illustri illuminated by Cristoforo Cortese in early Quattrocento Venice“, Artibus et Historiae 34 (2013): 67, 73–100. 75 London, British Library Add. ms. 24189. Siehe hierzu: Mojmìr Svatopluk Frinta, „Searching for the Sources of inspiration of the Master of the Travels of John Mandeville“, Wiener Jahrbuch für Kunst­ geschichte 57 (2008): 7–30. 76 Vgl. stellvertretend und zusammenfassend: Krieger, Grisaille, 54 ff.; Schäffner, Terra verde, 131–45; Jill Bain, „Signifying Absence: Expieriencing monochrome Imagery in Medieval painting“, in A wider Trecento: Studies in 13th and 14th-century European art presented to Julian Gardner, hg. von Louise Bourda und Robert Gibbs (Leiden: Brill, 2012), 5–20. Thomas Dittelbach konzentrierte sich in seiner Untersuchung auf sakrale Objekte, die sich überwiegend in Laien- und Augustinerbruderschaften befinden und hat in diesem Zusammenhang die augustinische Abbild- und Erkenntnistheorie auf entsprechende Aussagen untersucht; Dittelbach, Das monochrome Wandgemälde, 149–63. 77 Vgl. hierzu: Schüppel und Brückle, „Zur Ästhetik des Monochromen um 1400“.

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die Werke im profanen Bereich gültig sein dürfte. Hier kommt der Metapher der Kostbarkeit78 Bedeutung zu, wobei wechselseitige Beeinflussungen mit sakralen Motiven sowohl über die Künstler als auch den gesellschaftlichen Austausch anzunehmen sind. Die Reduktion auf Helldunkelwerte betont die räumlichen Dimensionen der Darstellung. Dieser Effekt wird durch den Grünton optimiert, der seit der Antike als Farbwert der Mitte definiert wird,79 auf dem sich maximal hellen und dunkeln lässt. Uccello steigert diesen plastisch-räumlichen Effekt ins Virtuose (Taf. XXX). Die daran anknüpfende realistische Auffassung, welche die Grünmalerei überwiegend mit dem Imitat von Bronze begründet, kann daher nur einen Teilbereich betreffen. Vasari definiert die Chiaroscuro-Malerei mit farbigen Erden unter anderem als Illusionsmalerei von Bronze.80 Die unterschiedlichen Techniken, das zeichnerische Moment und die Farbkombinationen in der Grünmalerei des 15. Jahrhunderts schließen diesen Aspekt als Pauschalurteil aus. Die Malereien fordern vielmehr zu einer differenzierten Betrachtung auf. Es gilt die individuell motivierte Grundlage für die Anwendung der Technik zu untersuchen, mit der eine ästhetisch anspruchsvolle Darstellung erreicht werden kann, die ein subtiles Spiel mit den Betrachter- und Realitätsebenen erlaubt. Ein weiterer Faktor für die Wahl der Terra verde lässt sich in der geographischen Streuung des Pigmentes vermuten. Mit den überlieferten Vorkommen in der Region des Gardasees und südlich von Florenz ist die Konzentration der Objekte auf den mittel- und oberitalienischen Raum unmittelbar nachvollziehbar. Grundsätzlich verfremdet das Grün die Darstellung und versetzt die figürliche Szene tendenziell auf eine andere Realitätsebene. Die Koloritgeschichte des Farbtons vermittelt Konnotationen, die sowohl im sakralen als auch profanen Bereich eine Rolle gespielt haben dürften. Die Farbe verkörpert prinzipiell die Vorstellung des jugendlich Frischen und der Schönheit sowie der Kraft und des Standhaften.81 Im christlichen Kontext steht Grün unter anderem für Lebenskraft, Unerschütterlichkeit des Glaubens und Auferstehung.82 Die wiederum auf den Farbton der Mitte anspie78 Krieger, Grisaille, insbesondere 155–58. 79 Aristoteles, Kleine Schriften zur Naturgeschichte (Parva naturalia), hg., übertragen und erläutert von Paul Gohlke (Paderborn: Schöningh, 1961), II, 8, 146; Aristoteles, Probleme (Problemata), hg., übertragen und erläutert von Paul Gohlke (Paderborn: Schöningh, 1961), XXXI, 20, 360; vgl. John Gage, Die Kulturgeschichte der Farbe: Von der Antike bis zur Gegenwart (Ravensburg: Meier, 1994) 13, 61. 80 Vasari, Vite, Bd. 1, Kap. XI, 190–92. „Del dipingere nelle mura di chiaro e scuro di varie terrette; e come si contrafanno le cose di bronzo, e delle storie di terretta per archi o per feste, a colla, che è chiamato a guazzo et a tempera.“ 81 Vgl. Pastoureau, Vert, 54 ff. 82 Siehe hierzu: Magnolia Scudieri und Michele Ciliberto, „Un’ipotesi per il verde“, in La biblioteca di Michelozzo a San Marco. Tra recupero e scoperta, hg. von Magnolia Scudieri und Giovanna Rasario (Florenz: Giunti, 2000), 45–48, insb. 45. Die Bedeutung der Lebenskraft bildet mit dem Begriff der viriditas einen tragenden Faktor in den Schriften der Hildegard von Bingen; hierzu: Gabriele Lauten-



Studien in Terra verde

lende Ausgeglichenheit sowie auch eine beruhigende Wirkung auf den Sehsinn83 dürften einer der Gründe für die entsprechenden farblichen Ausstattungen von Bi­blio­ theken sein.84 Die ästhetisch-höfische Dimension,85 vor allem in der Dekoration des profanen Raumes, verweist dabei auf ein gewisses Modemoment. Deutlich wird eine Ambivalenz zwischen plastisch-haptischem Eindruck oder Materialillusion und farblicher Entrückung bzw. Abstraktion, die je nach Künstler, Objekt und Art der Darstellung unterschiedlich gewichtet oder parallel eingesetzt werden. In jedem Fall besteht die besondere Herausforderung darin, die Reduktion auf die grüne Farbe in eine Bereicherung des Dargestellten umzuwandeln.

schläger: „Viriditas: Ein Begriff und seine Bedeutung“, in Hildegard von Bingen: Prophetin durch die Zeiten, zum 900. Geburtstag, hg. von Edeltraud Forster (Freiburg u. a.: Herder, 1998), 224–37. Vgl. zusammenfassend: Schäffner, Terra verde, 149–51. 83 Dies stellte bereits Isidor von Sevilla in den Etymologiae fest; Isidori Hispalensis Episcopi, Ethymologiarum sive Originum libri XX, hg. von H. Hart (Oxford: Oxford University Press, 1911), lib. VI, xi, 3. 84 Vgl. die Bibliothek von S. Marco in Florenz, Biblioteca Malatestiana (Cesena), oder die Biblioteca di S. Domenico in Bologna (Scudieri und Ciliberto, ipotesi, 45). 85 Vgl. Pastoureau, Vert, Kap. „Une couleur courtoise“, 51 ff.

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According to some estimates, chiaroscuro (monochrome) fresco paintings adorned nearly four hundred buildings in the historic center of Rome on their exteriors by the end of the sixteenth-century.1 What fueled the genre’s popularity, in part, were pragmatic concerns: fresco painting on plaster was quicker and cheaper to execute than structural ornaments in masonry or carpentry. Monochromatic painting also appealed to architectural patrons during the city’s early modern building boom because it evoked triumphant Romanitas.2 The look of a structure densely covered in high relief – whether fictive or real – conveyed the heroic ideals of antiquity and positioned its patrons as heirs to that legacy. One need only think of the common practice of immuring found relief sculpture and epigraphic inscriptions directly into the fabric of residential structures to understand the importance of rilievo for the Roman built environment. Such spolia fragments on display tethered the present to the past and touted ancient lineage

1 I would like to thank the American Academy in Rome where I carried out research for this study, as well as the Samuel H. Kress Foundation for its generous support. Massimo Caputo, “Le facciate graffite e dipinte degli edifici romani tra XV e XVI secolo,” in Le corti rinascimentali: committenti e artisti, ed. Luciana Cassanelli (Rome: Sinnos, 2004), 147; Cecilia Pericoli-Ridolfini ed., Le case romane con facciate graffite e dipinte (Rome: Amici dei Musei di Roma, 1960); Maria Errico, Stella Finozzi and Irene Giglio, “Ricognizione e schedatura delle facciate affrescate e graffite a Roma nei secoli XV e XVI,” Bollettino d’arte 33/34 (1985): 53–134; Monika Schmitter, “Falling through the Cracks: the Fate of Painted Palace Façades in Sixteenth-Century Italy,” in The Built Surface: Architecture and the Pictorial Arts from Antiquity to the Enlightenment, ed. Christy Anderson (Burlington VT: Ashgate, 2002), 130–61; Georgia Clarke, “History, Politics, and Art on Palace Façades in Early Sixteenth-Century Rome,” in Some Degree of Happiness: studi di storia dell’architettura in onore di Howard Burns, eds. Maria Beltramini and Caroline Elam (Pisa: Edizioni della Normale, 2010), 233–58 and 726–27. See also the forthcoming volume edited by Antonella Fenech Kroke, Facciate dipinte e a sgraffito in Italia, XV–XVII secolo [2017]. 2 On this point, see the essay by Séverine Lepape in this volume.

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as well as cultural pedigree.3 Relief ornament, in other words, held distinctive values as an architectural aesthetic, independent of its representational content. One of the fundamental characteristics of chiaroscuro is its ability to transcend boundaries of media. In technical terms, chiaroscuro is a representational device that traces the behavior of natural or artificial light projected onto material surfaces. It renders light’s geometry through contrast, composing the visual field according to luminous values. The juxtaposition of brightness and darkness makes representations more persuasive, because it heightens the value of each component.4 Pedagogical programs in Renaissance artistic workshops encouraged the mastery of relief modeling precisely because a good understanding of light’s behavior was considered essential to rendering form.5 Florentine artists like Ghirlandaio and Verrocchio trained their apprentices to draw natural light falling on drapery as an exercise in modeling.6 The sculptor Baccio Bandinelli had his assistants capture antique statuettes in flickering candlelight, so that they may come to understand the relationship between artificial illumination and plastic form.7 Through such graphic training, painters and sculptors acquired the ability to render volume, texture, distances, proportion, and reflection in their work, all of which are crucial for achieving optical naturalism. These elements, however, are also fundamentally spatial in nature.8 Its strong intermediality suggests that chiaroscuro relief modeling has the ability to participate in the production of architectural spaces.

3 At the mid fifteenth-century Palazzo Porcari in Rome, for instance, relief sculpture was displayed to fabricate a fictional family genealogy. At the Palazzo Podocatari, ancient inscriptions lent authority to the Greek academy that Cardinal Ludovico Podocatari (1429–1504) hosted there. Kathleen Wren Christian, Empire Without End: Antiquities Collections in Renaissance Rome, c. 1350–1527 (London and New Haven: Yale University Press, 2010), 63–89, 192–93, and 352–54. 4 David Summers, “Chiaroscuro, or the Rhetoric of Realism,” in Leonardo da Vinci and Optics: Theory and Pictorial Practice, eds. Francesca Fiorani and Alessandro Nova (Venice: Marsilio, 2013), 29–53. 5 Ernst Gombrich, The Heritage of Apelles: Studies in the Art of the Renaissance (New York: Phaidon, 1976); David Summers, Real Spaces: World Art History and the Rise of Western Modernism (New York: Phaidon, 2003), 467–547. For period accounts of the technique, see Cennino Cennini, Il libro dell’arte, book I, chap. 15; Benvenuto Cellini, Discorso sopra l’arte del disegno, in Scritti d’arte del Cinquecento, ed. Paola Barocchi (Turin: Einaudi, 1979), vol. 8, 1929. 6 Jean Cadogan, “Linen Drapery Studies by Verrocchio, Leonardo and Ghirlandaio,” Zeitschrift für Kunst­ geschichte 46 (1983): 27–62. 7 Ben Thomas, “The Academy of Baccio Bandinelli,” Print Quarterly 22 (2005): 3–14. 8 On shadow projections and descriptive geometry in architecture, see Robin Evans, “Architectural Projection,” in Architecture and Its Image: Works from the Canadian Centre for Architecture, eds. Eve Blau and Edward Kaufman (Montréal: Canadian Centre for Architecture, 1989), 18–35; Nicholas Savage, “Shadow, Shading and Outline in Architectural Engraving from Fréart to Latrouilly,” in Dealing With the Visual: Art History, Aesthetics, and Visual Culture, eds. Caroline van Eck and Edward Winters (Burlington, VT: Ashgate, 2005), 242–83.



Emphatic Presence

While the subjects depicted in early modern chiaroscuro façade frescos ranged broadly from simple repetitive patterns of stonework to the pictorially more taxing narrative compositions, these works commonly mimicked stone, stucco, or bronze in appearance. Emphasis on material qualities is noticeable in this pictorial genre, particularly when compared to the equally popular sgraffito. The latter mural technique engraves figural motifs or geometric patterns onto built structures by scoring the white surface plaster and revealing the dark plaster layer below.9 The two mural types achieve fundamentally different effects, even as they both treat buildings as monumental surfaces for monochromatic representation. In contrast to the sgraffito that wraps a structure like a laced fabric garment, chiaroscuro imagery asserts unity with the building’s tectonic mass. Simulating matter and physical phenomena, chiaroscuro murals seek the effects of projected relief that blurs the boundaries between structure and ornament, or what Vitruvius calls prominentia in his discussion of the architectural orders.10 The device, as the comparison to sgraffito makes obvious, opens architecture unequivocally to questions of perception. The handful of period accounts on architecture that discuss chiaroscuro at our disposal touch upon this very issue of perception. Sebastiano Serlio, for example, outlined the architectural merits of the pictorial genre in 1537, when he described monochromatic façade frescos as a useful instrument for structural composition.11 First insisting that polychromatic ornament ruins the integrity of buildings by degrading tectonic bodies into transparent screens, Serlio then advises those who wish to decorate a façade “wisely” to, instead: “[…] simulate marble or some other stone, carving whatever you wanted into it. You could also simulate niches containing bronze figures in high relief, and even some istoriette […], because making objects in this way [in chiaroscuro] will keep the [built] work solid and worthy of praise by those who can tell real from false.”12

  9 Alina Payne, “Renaissance Sgraffito Façades and the Circulation of Objects in the Mediterranean,” in Synergies in Visual Culture – Bildkulturen im Dialog, eds. Manuela de Giorgi, Annette Hoffmann and Nicola Suthor (Munich: Wilhelm Fink, 2013), 228–41. 10 Vitruvius, De Architectura, IV. 2; Anne Marie Sankovitch, “Structure/Ornament and the Modern Figuration of Architecture,” The Art Bulletin 80 no. 4 (1998): 687–717. 11 Michael Bury, “Serlio on the Painted Decoration of Buildings,” in Some Degree of Happiness, 259–72 and 728–32. 12 Sebastiano Serlio, Regole generali d’architettura (Venice, 1537), chap. XI; Vaughan Hart and Peter Hicks, Sebastiano Serlio on Architecture (New Haven and London: Yale University Press, 1996), 378. “E perciò avendosi ad ornare alcuna facciata di edificio col pennello certo è che non se le conviene apertura alcuna che finga aria, or paesi, le qual cose vengono a rompere l’edificio, e d’una forma corporea e soda la trasformano in una trasparente, senza fermezza, come edificio imperfetto or ruinato. […] Ma se con giudizio saldo si vorrà ornar coi pennelli una facciata, si potrà finger di marmo, o d’altra pietra, sculpendo in essa ciocche si vorrà, di bronzo ancora in alcuni nicchi si potran fingere

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At stake here is the issue of perception. Grisaille is preferable to polychromy when painting a built surface, because modeling honors rather than masks a building’s structural mass. Serlio understands chiaroscuro not only as optical imagery but also as representations that intervene in the spatial aspects of an architectural project. Note his use of the verb scolpire (to carve) in his discussion of pictorial intervention. By virtue of its illusory material effects, chiaroscuro painting works in harmony with a building’s plasticity. Serlio’s endorsement of monochromatic ornament on the basis of tectonic solidity echoes the common Italian critique of Gothic architecture that exalted the appearance of weightlessness in masonry construction. Ultimately for Serlio, however, the virtue of chiaroscuro ornament lay in its ability to highlight a building’s sense of presence. He contends that chiaroscuro painting accentuates the edifice it adorns, as evidenced by the works of the Sienese painter-architect Baldassarre Peruzzi, his mentor.13 “In this respect, Baldassarre Peruzzi from Siena had superb judgment (as always in all his works). It was during the pontificate of Julius II that he was to adorn with painting some façades of palaces in Rome, and he painted them with his own hand some simulated marble objects, that is, sacrifices, battles, istorie, and buildings. These features not only keep the building solid and decorate them, but also confer on them great presence.”14

It is precisely this concept of architectural presence that I wish to address in this essay. If chiaroscuro generates emphasis in art as David Summers and others have argued, how exactly then does this rhetorical device impact the visuality of inert built structures that are neither figurative nor representational?15 Focusing on a series of works that Peruzzi executed in the early sixteenth-century, this paper considers the real spatial agency of chiaroscuro. Peruzzi’s monochromatic

de le figure di tutto rilievo, et ancora qualche istoriette finte pur di bronzo. Perché cosi facendo manterrà l’opera soda e degna di lode appresso di tutti quelli che conoscono il vero dal falso.” 13 Serlio worked with Peruzzi in Rome from as early as 1514 until 1527. William Dinsmoor, “The Literary Remains of Sebastiano Serlio,” The Art Bulletin 24 (1942): 55–91; Myra Nan Rosenfeld, Serlio on Domestic Architecture (New York: Dover Publications, 1978), 11 and 18; Christoph Frommel, “Serlio e la scuola romana,” in Sebastiano Serlio, ed. Christof Thoenes (Milan: Electa, 1989), 39–49; Maurizio Ricci, “Peruzzi e Serlio a Bologna,” in Jacopo Barozzi da Vignola, eds. Richard Tuttle et al. (Milan: Electa, 2002), 119–25. 14 Serlio, Regole generale, chap. 11. “Et in ciò bellissimo giudizio hebbe (come sempre in tutte le sue opere) Baldessar Petrucci Senese, il qual volendo ornare col pennello alcune facciate di palazzi in Roma al tempo di Julio II, fece di sua mano in quelle alcune cose finte di marmo, cioè sacrifici, battaglie, historie, et architetture. Le quali non solamente mantengano gli edifici sodi et ornati, ma gli arricchiscano grandemente di presenza.” 15 Summers, “Chiaroscuro, or the Rhetoric of Realism,” 51–53.



Emphatic Presence

wall paintings demonstrate a fascination with the situated body and a deep interest in optics as an instrument for spatial design. Similar concerns come to light in his tectonic translations of the graphic chiaroscuro. In built works, such as the Palazzo Massimo alle Colonne that are examined in the latter portion of the essay, Peruzzi fully exploits the architectural potential of relief modeling to activate a dramatic spatial experience. Arguing that tectonic chiaroscuro contends with the situated body, as opposed to the metaphorically animated body, this essay serves to demonstrate a range of approaches to the subject of presence in Renaissance artistic discourse.

Situational Painting Monochromatic wall painting had gained great popularity in Rome by the late fifteenth-century, but the height of its vogue was the 1510s and ’20s. By all accounts, Peruzzi was a key figure in the artistic circle leading this trend. He showed interest and competence in chiaroscuro modeling early, practicing it in a variety of methods adventurously and pushing the technique to achieve new artistic effects. He received much critical acclaim for his expertise with the form, both during and after his lifetime. The graphic representation of virtual light appears in period accounts as Peruzzi’s artistic signature. “Baldassarre drew very well in every manner, with great judgment and diligence,” wrote Giorgio Vasari, “but more with the pen, in water-colors, and in chia­ roscuro than in any other way.”16 In his True Precepts of Painting from 1587, Giovanni Battista Armenini named Peruzzi as the foremost modern relief painter, even awarding him equal standing with Apelles for his virtuosity in this technique.17 Peruzzi’s fame, in part, rested on the chiaroscuro that he practiced in a whole array of media – façade paintings, prints, interior paintings, portable panel paintings, and figurative as well as architectural drawings. He was among the few artists in Cinquecento Rome who collaborated with Ugo da Carpi – the inventor of the commercial multi-block chiaroscuro woodblock print that successfully synthesized line engraving and tonal printing.18 The venture suggests that the painter-architect’s compositional style naturally complemented the printmaker’s invention. 16 Vasari-Milanesi, vol. 4, 610. “Disegnò Baldassarre eccellentemente in tutt’i modi, e con gran giudizio e diligenza, ma più di penna, d’acquerello e chiaroscuro, che d’altro; come si vede in molti disegni suoi che sono appresso gli artefici e particolarmente nel nostro libro in diverse carte.” Vasari dispensed such praise most likely in response to Peruzzi’s later drawings like the satirical Mercury Purged that belonged to his own extensive drawing collection, to which he refers here. 17 Giovanni Battista Armenini, De’ veri precetti della pittura (Ravenna, 1587), III.14. 18 David Landau and Peter Parshall, The Renaissance Print: 1470–1550 (New Haven and London: Yale University Press, 1994), 150–59; Raimondo Sassi, “Ugo incisore di chiaroscuri da Peruzzi, Raffaello e Parmigianino,” in Ugo da Carpi: l’opera incisa; xilografie e chiaroscuri da Tiziano, Raffello e Parmi-

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Peruzzi’s best-known works in chiaroscuro, though, were large-scale murals. He produced monochromatic pictorial adornment for up to a dozen structures in Rome over his thirty-year career there, transporting this graphic genre from its confining context on paper to monumental architectural surfaces.19 Pushing the boundaries from a technical standpoint as well, Peruzzi worked in a specific fresco method called terretta (earth colors). This was a monochromatic painting technique based on the Tuscan tradition that employed a plaster ground mixed with fine potter’s clay, colored in varying intensity with crushed charcoal for dark shadows and powdered travertine for white highlights.20 The terretta method produced works that imitate materials like marble, plaster, or bronze with tonal sophistication. The warm earth-tone ground softened the harsh contrast of black and white and recalled the legendary classical four-palette paintings of Apelles and Zeuxis.21 Contemporary artists appreciated the technique for its “boldness, disegno, power, vivacity, and beautiful manner.”22 The terretta technique spread among Cinquecento façade painters in no small part due to Peruzzi’s example. Among others, the thriving specialist workshop of Polidoro da Caravaggio and Maturino Fiorentino famously championed the method in Rome.23 Monochromatic wall paintings characteristically deploy relief modeling as a spatial instrument. This strategy is evident, for example, in the mural cycle in the Salone Riario in the bishop’s palace of Ostia Antica (plate XXXII). Commissioned by Cardinal Raffaele Riario, a team of collaborators that likely included Jacopo Ripanda, Cesare da Sesto, Michele del Becca da Imola, and Baldassarre Peruzzi, transformed the interior gianino, ed. Manuela Kahn-Rossi (Carpi: Città di Carpi, 2009), 60–81; Christopher Witcombe, Print Publishing in Sixteenth-Century Rome: Growth and Expansion, Rivalry and Murder (London: Harvey Miller, 2008), 217–21. 19 See list of works by Peruzzi in the appendix of Frommel’s Baldassarre Peruzzi als Maler und Zeichner. 20 Giorgio Vasari, “Introduzione alle tre arti del disegno,” in Le vite de’ più eccellenti pittori, scultori ed architettori, ed. Gaetano Milanesi (Florence: Sansoni, 1878), vol. 1, 191. “Di questa sorte di terretta si fanno campi con la terra da fare vasi, mescolando quella con carbone macinato o altro nero per fare l’ombre più scure, e bianco di travertino, con più scuri e più chiari; e si lumeggiano col bianco schietto, e con ultimo nero a ultimi scuri finte. Vogliono avere tali specie fierezza, disegno, forza, vivacità e bella maniera; ed essere espresso con una gagliardezza che mostri arte e non stento, perché si hanno a vedere ed a conoscere di lontano.” 21 Sarah Blake McHam, Pliny and the Artistic Culture of the Italian Renaissance: The Legacy of the Natural History (New Haven and London: Yale University Press, 2013), 234–36. 22 Vasari, Introduzione alle tre arti del disegno, 191. 23 Kristina Hermann-Fiore, “La retorica romana delle facciate dipinte de Polidoro,” in Raffaello e l’Europa, ed. Marcello Fagiolo and Maria Luisa Madonna (Rome: Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato, 1990), 267–95; Stefania Macioce, “In margine all’attività di Polidoro, pittore di facciate,” in Baldassarre Peruzzi: pittura, scena, e architettura nel Cinquecento, eds. Marcello Fagiolo and Maria Luisa Madonna (Rome: Istituto della Enciclopedia Italiana, 1987), 647–68; Pierluigi Leone de Castris, Polidoro da Caravaggio, l’opera completa (Naples: Electa Napoli, 2001), 108–72.



Emphatic Presence

walls entirely using grisaille painting.24 While an interior work, the mural engaged with architectural problems through its scale and composition. The grisaille painting fills the monumental hall with colossal sculptural relief panels inspired by scenes from the Column of Trajan.25 The main narrative scenes are composed using no more than three or four colors in varying intensity, imitating marble and its gradations under natural light. Shading on the panels is calculated in accordance with the behavior of the real natural light streaming across the wall surfaces. Existing light sources like the windows in the salone determine the direction and intensity of shading in the painting. Shadows are darker and more pronounced in areas adjacent a window, for example, which increases legibility of the scenes relative to the volume of the incoming light. These details indicate that the artists observed site-specific illumination carefully in preparing the composition.26 The attention to real spatial problems that the Salone Riario frescos exhibit speaks to the double mimesis that chiaroscuro murals typically enact. While works in this 24 Vasari’s attribution of this cycle to Peruzzi is problematic. The mention only appears in the second edition (1568) of the Vite, and the cycle is located in Ostia Antica’s fortified castle, rather than the bishopric next door where this mural is. These, and other stylistic reasons led Frommel to dismiss the attribution entirely. But since there exists a plan of the bishopric drawn by Peruzzi’s hand (Uffizi A458r.), Squarzina and others maintain Peruzzi’s involvement. Silvia Danesi Squarzina, “Gli affreschi dell’appartamento Riario nell’Episcopio di Ostia Antica,” in Baldassare Peruzzi 1481–1536, eds. Christoph Frommel et al. (Venice: Marsilio, 2005), 169–80, and 526–32; Annalisa Perissa Torrini, “Considerazioni su Cesare da Sesto nel periodo Romano,” Bollettino d’Arte 68 (1983): 75–96; Gabriele Borghini, “Baldassarre Peruzzi, Cesare da Sesto, e altre presenze nell’episcopio di Raffaelle Riario ad Ostia,” Il salone Riario nell’Episcopio di Ostia Antica (Rome: De Luca, 1981): 11–50; Christoph Frommel, Baldassare Peruzzi als Maler und Zeichner (Vienna: Schroll, 1967–68), 60–61; Paolo Venturoli, “Amico Aspertini a Gradara – Nota su Jacopo Ripanda e la giovinezza di Baldassarre Peruzzi,” Storia dell’Arte 1 no. 4 (1969): 432–38; David Frapiccini, “Una nuova interpretazione per gli affreschi dell’Episcopio Ostiense: il cardinale Raffaele Riario e La riabilitazione cristiana di Traiano,” in Prìncipi di Santa Romana Chiesa: i cardinali e l’arte, ed. Marco Gallo (Rome: Gangemi, 2013), 15–30. 25 Another inspiration was surely the group of massive three-and‑a-half-meters tall reliefs now located in the Palazzo dei Conservatori, which depict the triumphs of Marcus Aurelius. Long held in the Church of Saints Luca and Martina in the Forum, these relief panels were bequeathed to the Roman Senate by Leo X in 1515. Phyllis Pray Bober and Ruth Rubenstein, Renaissance Artists and Antique Sculpture, A Handbook of Sources (London: Harvey Miller, 1986), 199–200, no. 167. 26 Vasari, Introduzione alle tre arti del disegno, 191; Gerald Brown and Louisa Maclehose, Vasari on Technique (London: J. M. Dent, 1907), 214–15. “Many masters also before making the composition [for a fresco] on the cartoon, adopt the plan of fashioning a model in clay on a plane and of setting up all the figures in the round to see the projections, that is, the shadows caused by a light being thrown on to the figures, which projections correspond to the shadow cast by the sun, that more sharply than any artificial light defines the figures by shade on the ground. And so portraying the whole of the work, they have marked the shadows that strike across now one figure, now another, whence it comes that on account of the pains taken the cartoons as well as the work reach the most finished perfection and strength, and stand out from the paper in relief.”

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genre attempt to persuade viewers of their subject matter just as any pictorial representation might, they also insist strongly upon their material presence in the physical space beyond the frame. Chiaroscuro modeling projects a plastic form out in geometrical spatial relation to both a light source and the viewer’s line of sight. Projections rendered in this method therefore claim a physical and immediate relationship with the viewing subjects, locating them in time and space, and drawing attention to problems like orientation, temporality, and sensorial experience. By representing material textures and effects of light, monochromatic works like the fresco in the Salone Riario articulate the situational particularities of real time and real space, and emphasize the here and now. In other words, chiaroscuro relief modeling speaks to the experience of being‑in-the-world. We find Peruzzi exploring the architectural potential of this idea in greater detail at the Villa Farnesina along the Tiber – his first ex novo construction. The U‑shaped villa for the Sienese merchant banker Agostino Chigi was painted entirely in terretta on its exterior between 1509 and 1511, according to Peruzzi’s compositions (fig. 1).27 This commission was a monumental undertaking as far as contemporary pictorial projects were concerned. The sheer metric dimensions of the villa’s surface area easily surpassed that of the Sistine Chapel ceiling.28 In just under three years, Peruzzi and his team painted fifty-six scenes filled with larger than life-sized figures. The scenes, inspired by mythological accounts, set new iconographical standards and established a thematic counterpoint to Michelangelo’s polychromatic fresco that featured the universal history of Christianity. The elements have been unkind to these paintings over the years.29 Yet it is still possible to reconstruct the villa’s original appearance from visual records like drawings and fresco fragments that have survived in situ (plate XXXIII). Classicizing female

27 On the façade see, Christoph Frommel, Die Farnesina und Peruzzis architektonisches Frühwerk (Berlin: Walter de Gruyter, 1961), 38; Frommel, Baldassarre Peruzzi als Maler und Zeichner, 64–65; Frommel, “La villa Farnesina,” in La Villa Farnesina a Roma | The Villa Farnesina in Rome [Mirabilia Italiae series vol. 12], ed. Christoph Frommel et al. (Modena: Franco Cosimo Panini, 2003), 29–30 and 79–81; Paolo Marconi, “Le facciate della Farnesina Chigi e del Palazzo Massimo alle Colonne: Osservazioni sulle tecniche esecutive e problemi di conservazione e restauro,” in Baldassarre Peruzzi: pittura, scena, e architettura, 699–718; Giovanni Belardi, Villa Chigi alla Lungara: il restauro dei prospetti (Rome: Quasar, 2010); Anka Ziefer, “Marte e Venere sorpresi da Vulcano: la fortuna iconografica di un affresco perduto di Baldassarre Peruzzi per la villa Farnesina a Roma,” in Some Degree of Happiness, 207–31, and 722–25; James G. Turner, “Peruzzi and the Villa Farnesina Facade: Two Drawn Fragments Reconsidered,” Master Drawings 53, no. 3 (2015): 275–94. 28 Frommel, La Villa Farnesina a Roma, 79. 29 By the mid-eighteenth century, the frescos were beyond repair. Francesco Milizia, Le Vite de’ più celebri architetti d’ogni nazione e d’ogni tempo, precedute da un Saggio sopra l’architettura (Rome, 1768), 194.



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Fig. 1  Anonymous French Artist, Villa Farnesina, north facade, early-to-mid-sixteenth-century, dark brown ink, black chalk, and incised lines on paper, 43.5 × 57 cm, New York, The Metropolitan Museum of Art [inv. 49.92.53].

allegories in terretta located on the eastern spandrels around the ground-floor arches reveal themselves in cream coloring against a dark, warm background, highlighted in white and shaded in black. Void and mass dramatically enhance one another in an eye-catching chiaroscuro, which would provide the villa’s flat façade with volume, movement, and pronounced effects of tondo rilievo. The tonality of these pictorial fragments also mimics plaster’s off-white color, matching the palette of the high-relief cast-plaster frieze that runs along the building right below the cornice. Peruzzi likely sought the appearance of material consistency between these reliefs of dancing putti and his terretta painting in order to unify the building’s entire visual field.30

30 The Sienese commentator Giulio Mancini noted that the paintings on the villa’s façade were of a “chiaroscuro that imitates relief in stucco.” Giulio Mancini, Considerazioni sulla pittura, Viaggio per Roma, ed. Adriana Marucchi and Luigi Salerno (Rome: Accademia nazionale dei Lincei, 1956 [1614–21]), 38, 270, and 311.

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With its surface modeled in optical painting, the Villa Farnesina appeals directly to the beholder’s physical experience, whether one approaches the building on foot from the Via della Lungara or by boat from the Tiber on the other end of the property. Virtual illumination articulates the real-spatial presence of plastic forms, and brings the architectural structure itself into apparent being. The façade paintings call attention to the villa’s tectonic body as an object of spectatorship worthy of critical judgment. It was this implied presence that Vasari evoked when he remembered the Villa Farnesina as a structure “non murato ma veramente nato,” not constructed but indeed born.31 The building is an organic body. Vasari’s high praise posits Peruzzi’s work dichotomously between culture and nature: the artifice of the maker was of such virtuosity that the artifact betrayed no sign of his hand. This was of course a common literary trope in the period. Yet the compliment is also undoubtedly a response to the Villa’s chiaroscuro modeling, and its incessant emphasis on situational presence. These two murals from Peruzzi’s early Roman oeuvre illustrate how large-scale chiaroscuro paintings activate a space. They emphasize immediate situational conditions and comment on a beholder’s experience of the here and now. The sense of presence that these works call forth involves no metaphorical animation or notional fiction of enchanted materials.32 Rather, it concerns a corporeal presence whose locus is an encounter – a presence that resonates with Maurice Merleau-Ponty’s principle that “being is synonymous with being situated.”33

Tectonic Chiaroscuro The coincidence between the geometry of light and the beholder’s line of sight is a theme that Peruzzi also takes up in his built works. Modeled in real light (as opposed to fictional light), these buildings play with the notion of the situated body. A moment of inflection in this coherent line of research was the Palazzo Massimo alle Colonne, one of Peruzzi’s last architectural projects (fig. 2). Noted for its technical refinement 31 Giorgio Vasari, Le vite de’ più eccellenti pittori, scultori ed architettori, ed. Gaetano Milanesi (Florence: Sansoni, 1879), vol. 4, 593. 32 On the notion of enlivening in Renaissance art, Frank Fehrenbach, “Coming Alive: Some Remarks on the Rise of ‘Monochrome’ Sculpture in the Renaissance,” Source: Notes in the History of Art 30 no. 3 (2011): 47–55; Alina Payne, “Living Stones, Crying Walls: The Dangers of Enlivenment in Architecture from Renaissance Putti to Warburg’s Nachleben,” in Secret Lives of Artworks: Exploring the Boundaries Between Art and Life, eds. Caroline van Eck, Joris van Gastel, and Elsje van Kessel (Leiden: Leiden University Press, 2014), 308–40; Caroline van Eck ed. Art, Agency and Living Presence: From the Animated Image to the Excessive Object (Leiden: Walter de Gruyter, 2015). 33 Maurice Merleau-Ponty, Phenomenology of Perception, trans. Colin Smith (London: Routledge, 1962), 252.



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Fig. 2  Palazzo Massimo alle Colonne (façade), 1533–36.

and sophisticated formal expressions, the Palazzo Massimo is a building that resists quick discernment.34 Its signature, a curved façade that unfurls like fabric between two adjoining buildings, is perforated in the lower-center by a spacious Doric-order portico. The main entrance through this portico opens to a long, dark, barrel-vaulted corridor (andito) that leads to a light-filled, off-axially positioned trapezoidal courtyard, then to a loggia, a secondary courtyard thereafter followed by a tall back entrance, which then finally opens onto Piazza de’ Massimi and to Piazza Navona beyond (fig. 3). The sequence of starkly heterogeneous types and scales of spaces defies expec-

34 On the palazzo Massimo, Valeria Cafà, Palazzo Massimo alle Colonne di Baldassarre Peruzzi: storia di una famiglia romana e del suo palazzo in rione Parione (Venice: Marsilio, 2007); Arnaldo Bruschi, “Roma, dal Sacco al tempo di Paolo III (1527–50),” in Storia dell’architettura italiana: il primo Cinquecento, ed. Arnaldo Bruschi (Milan: Electa, 2002), 166–75; Mark Wilson Jones, “Palazzo Massimo and Baldassarre Peruzzi’s Approach to Architectural Design,” Architectural History 31 (1988): 59–106; Christoph Frommel, “Palazzo Massimo alle Colonne,” in Baldassarre Peruzzi: pittura, scena e architettura, 241–62; Armando Schiavo, “I vicini di Palazzo Braschi,” Capitolium 41 (1966): 21–44; Heinrich Wurm, Der Palazzo Massimo alle Colonne (Berlin: De Gruyter, 1965).

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Fig. 3  Palazzo Massimo alle Colonne (interior view from the entrance corridor).

tations for symmetry and uniformity that are hallmarks of Renaissance buildings. The footprint of the medieval family palace, which had been destroyed in 1527 during the Sack of Rome, determined the layout of the new structure at least in part.35 Even so, the palace’s final plan still presents surprising design decisions. Through a rich array of original tectonic forms combined with creative variation, Peruzzi here produced an inexhaustible architectural body that unfolds empirically across time and space. The designer refused to render architecture into an instantly consumable icon. This approach to spatial composition is most obvious in the palace’s main courtyard – one that Alois Riegl once called the most picturesque internal spaces in all of Renaissance Rome (fig. 4).36 Each of the four elevations around this atrium differs in height and surface articulation. Every visible angle of the courtyard thus presents a 35 Stefano Ray, “Peruzzi architetto e la coerenza di una ricerca,” in Baldassarre Peruzzi: pittura, scena, e architettura, 55–56; Cafà, Palazzo Massimo, 156–69. 36 Alois Riegl, The Origins of Baroque Art in Rome, trans. Andrew Hopkins and Arnold White (Los Angeles: Getty Publications, 2010 [1908]), 144.



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Fig. 4  Palazzo Massimo alle Colonne (counter-façade seen from the main courtyard).

fresh appearance and responds performatively to a moving viewer. Peruzzi differentiates the four elevations around the courtyard volumetrically rather than superficially, meaning that he textured surfaces by juxtaposing formal variables in a series of extrusions and recessions that interact with natural light in dramatically different ways. What defines the overall composition is bold modeling, as themes like mass, plasticity, and texture take center stage. Illumination clearly guides the design, not only because it satisfies practical needs of visibility, but also because it acts as a device that dramatizes the setting, captivating the viewer’s attention and controlling our movements. The palace’s architectural chiaroscuro is most evident on the curved opus isodomum façade, where the juxtaposition of strongly contrasting luminous values immediately confronts the viewer who approaches the building from the Via del Paradiso axis (see fig. 2).37 The six, white travertine columns that hold up the curved entablature seem to project out in full relief from this vantage point. Peruzzi utilizes stark con-

37 Cafà, Palazzo Massimo, 263–72.

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trasts between lit and shaded areas to accentuate the structure’s modeled forms. The same columns have been described memorably as bodies consumed by shade.38 However, we might also say that their presence stands vividly against darkness in contrast, recalling the rhetorical pairing of opposites known as antithesis used to intensify the value of each element. Through the main opening on the exterior of the building, one glimpses a series of interior spaces sequenced in contrasting gradations of luminosity (see fig. 3). The calculated arrangement of variegated lighting in succession rhythmically reveals the building’s profundity and solicits our visual and somatic engagement. The palace’s depths are invitingly dramatized to stimulate the sensorial imagination. If building alone can control light among the sister arts – heightening it, sculpting it, and framing it – architecture is also paradoxically dependent upon light to reveal its own material form. It is this symbiotic relationship between illumination and architectural presence that the Palazzo Massimo articulates. Peruzzi continues to deploy contrasting luminous values throughout the palace’s surfaces, as he forces solids and voids to compete with one another. Light shapes both structure and ornament alike. In the main courtyard, illumination acts as an aesthetic instrument that coalesces the structure together as a unit. The slanting light-wells (some real, some blind), strung along horizontally across the entire space between the ground floor level and the piano nobile above, manipulate our perception to give unity and regularity to the atrium’s otherwise potentially incoherent design. Pockets of deep shade also perforate the counter-façade (see fig. 4). We need only consider the elevation of the counter-façade to understand Peruzzi’s careful organization of spatial units like corridors, light-wells, loggia, and halls, arranged on multiple floors. The elevation is a grid-like lattice structure in chiaroscuro, devised completely in terms of light and shade. From among the drawings by Peruzzi for the Palazzo Massimo, the most useful sheet to examine in this brief study would be Uffizi 531 A recto, where the architect configures the entrance portal (fig. 5). The upper-right-hand-corner of the portal is drawn in ink and wash first in one corner of the paper. Notes are then taken in a darker pen to indicate very precise measurements over the earlier rendering of virtual light. This is a considerably advanced design for the portal’s details, where Peruzzi is considering the entire ensemble in its sculptural rilievo, imagining its concrete presence projected into space. The portal is represented in raking light that strikes the architectural detail at an angle and intensity that would never occur naturally in this setting. The drawing speaks to both Peruzzi’s absolute facility with chiaroscuro rendering and the importance that such relief projections have in his planning process. The structure

38 Frommel, “Palazzo Massimo alle Colonne,” 250; Summers, “Chiaroscuro,” 41–50.



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Fig. 5  Baldassarre Peruzzi, Studies for the Palazzo Massimo alle Colonne, 1532–33, ink and wash on paper, 23.8 × 18.1 cm, Florence, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi [UA531r.].

is imagined first in the design phase as an illuminated body modeled in virtual light, which is subsequently given detailed measurements to achieve the intended visual effects. Calculation of light’s behavior assisted Peruzzi in determining plastic forms and proportional relationships. In this sense, chiaroscuro was not merely an optional rendering method, but a critical mode of thinking. The sensitivity that Peruzzi demonstrates in his built work toward real spatial problems like plasticity, volume, illumination, material texture, surface, and the viewer’s somatic movements, clearly recall the methods with which he designed.

Emphatic Presence The study of Peruzzi’s late building reveals a Renaissance painter-architect who turned to the techniques and ideas germane to monochromatic painting in the conceptualization of a tectonic project. His research in applied optics transcended boundaries of media and produced an architecture that is fundamentally visual. At the Palazzo Mas-

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simo, Peruzzi tackled modeling plastically rather than graphically, using abstract forms with masterful economy in place of monochromatic representation. Tectonic chiaroscuro enabled him to create a setting that surprises, provokes, and delights: a building that heightens quotidian spatial experiences to the realm of the memorable. If the originality of this project demonstrates anything, it is that chiaroscuro modeling offered a wide range of experimental possibilities for architectural design that no prescriptive rule from a treatise could. Modeling in real light amplified architecture’s rhetorical capacity and impact as an art form. The presence that this structure emanates is an empirical, rather than a notional, one – a real construct that transcends mere metaphors of animation.

Monica Latella

Istoriette di chiaroscuro Monochromatic Details in Roman Fresco Decoration of the Sixteenth Century

In the religious-themed fresco cycles of sixteenth century Rome, the istoriette di chiaroscuro,1 narrative, monochromatic details that rendered episodes taken from the Bible or from the lives of saints and martyrs, were common. In a pictorial composition, the presence of the istoriette, along with the consequent alternation of color/non color, had a specific, significant function: taking advantages of the relationship between monochrome and polychrome, the fresco cycles were used as a didactic means to convey lessons to the faithful. In her study on the grisailles of Mantegna, Sabine Blumenröder states that monochrome painting has been seen as having an exclusively imitative aim since the discovery of the Laocoon. According to the scholar, this significant purpose, conferred upon monochrome painting during the fifteenth century, would have been limited to the reproduction of ancient marbles.2 Undoubtedly, in the first pivotal works of art of the sixteenth century, the istoriette di chiaroscuro aimed to reproduce ancient reliefs explicitly: a case in point is the Raphaelesque dado decoration in the Vatican Loggia. There on the second floor of the Vatican Palace, Raphael clearly demonstrated his ambition, as well as his ability to reproduce an all’antica space, using ancient art forms: the grotesques, the stuccos, and, through the monochrome painting, the marble re-

1 Giorgio Vasari adopted the expression “istoriette di chiaroscuro” initially in the first edition (1550) of his Le vite de’più eccellenti pittori […] to refer to the monochromatic narrative details typical of some works of art of the fifteenth and sixteenth centuries. From that time, up to the eighteenth century, the expression became a constant in art literature, as well as in guidebooks and inventories that described works of art. 2 Sabine Blumeröder, Andrea Mantegna, die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Mann, 2008), 187.

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liefs.3 Raphael’s lesson in style had a profound influence on all sixteenth century fresco production. This was also the case with the monochromatic insets: they would become quite standardized in later pictorial cycles. Yet, over the years, with the radical changes in the Roman political and religious situation, the function of monochrome painting would commensurately change. In the second half of the century, monochrome was no longer utilized for its imitative potential, but for its coloristic one. In a polychromatic context, the istoriette di chiaroscuro, striking for their lack of color, became rhetorical devices capable of conferring several nuances of meaning in a pictorial composition. Many scholars have extensively analyzed the concept of ut rhetorica pictura, an embryonic theory in existence since the classical oratory period, recurring frequently in the successive tracts of art literature.4 Nevertheless, this paper intends to consider the use of color as an eloquent medium through which the fresco cycles executed during the Counter-Reformation could be understood as the pictorial translation of contemporary Catholic sermons; thus, these paintings could be understood, as visual homilies. During the Council of Trent, the value and use of sacred images had been thoroughly discussed. In response to the Reformation’s strong opposition to the depiction of images, the Roman Church encouraged their production. Evoking the words of Gregory the Great who affirmed that pictures served to instruct the illiterate, the Catholic Church considered the images as an efficient means to nourish the faith of the observers. Such reciprocity between word and image fashioned the painter as an orator. According to Gabriele Paleotti, whose work systematized the canons of an 3 The ancient, iconographic sources used by Raphael in the decoration of the Vatican Loggia have been widely discussed so far. The study realised by Nicole Dacos is one of the most interesting. See Nicole Dacos, Le Logge di Raffaello. L’antico, la Bibbia, la bottega, la fortuna (Milan: Jaka Book), 2008. About the use of the monochrome painting in the dado’s decoration in the other Vatican Rooms see Flavia Dietrich-England, Die Sockelzone der Stanza di Eliodoro: ein Entwurf Raffaels (Weimar: VDG), 2006; Giangiacomo Martines. “La Colonna Traiana e i chiaroscuri della Sala di Costantino in Vaticano: note sul monocromo,” Bollettino d’arte 71 (1986): 31–36; Rolf Quednau, Die Sala di Costantino im Vatikanischen Palast (Hildesheim: Olms, 1979). 4 Giotto and the Orators. Humanist Observers of Painting in Italy and the Discovery of Pictorial Composition 1350–1450, written by Michael Baxandall in 1971, has undoubtedly been the pioneering study about the relationship between visual arts and rhetoric. There is a vast bibliography about the use of the images as rhetoric devices; among the most interesting studies, see: Caroline van Eck, Classical Rhetoric and the Visual Arts in Early Modern Europe (Cambridge: Cambridge University Press, 2007); Valeska von Rosen, “Die Enargeia des Gemäldes. Zu einem vergessenen Inhalt des Ut‑pictura-poesis und seiner Relevanz für das cinquecenteske Bildverständnis,” Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 27 (2000): 171–208; John Shearman, Only Connect … Art and Spectator in the Italian Renaissance (The A. W. Mellon Lectures in the Fine Arts, 1988) (Princeton: Princeton University Press, 1992), 192–226; Jacqueline Lichtenstein, La couleur éloquente: rhétorique et peinture à l’âge classique (Paris: Flammarion, 1989).



Istoriette di chiaroscuro

impeccable religious picture, like an orator persuades his audience with his words, the painter must achieve the same narrative result using pictures.5 This results in an interpretation of the pictorial cycles as architectures of meaning that were employed to make a visual translation of the sacred books. The istoriette di chiaroscuro occupied a key position in these architectures of meaning. It was common to insert episodes from the Old Testament, in the form of chiaroscuro paintings, close to fully colored, evangelical scenes. This practice, which found its peak during the papacy of Gregory XIII, can also be observed in some medieval works of art and, above all, in fifteenth-century altarpieces.6 In 1578, Pope Gregory XIII commissioned Niccolò Circignani to paint the fresco decoration of the Meridian Room in the Tower of the Winds.7 The decorative program consists of several scenes depicting people from Biblical history struggling in windstorms and, then, being saved from the same squalls. According to Egnazio Danti, who conceived the iconographic program and codified it in the Anemographia, the depiction of the winds had significance not only as an allusion to the tower’s function, but also from the perspective of current events: the wind was a metaphor for heresy. Then, the entire fresco has to be parsed from an eschatological perspective. According to Biblical verse, humanity’s past indicated that the adverse winds of heresy had always existed and, moreover, were helpful to Christians: resisting heresy is a means to attain eternal life. The walls of the Meridian Room are decorated with three faux tapestries that depict evangelical miracles linked to the wind. On the south wall, Circignani painted Christ Stills the Storm on the Lake of Tiberias and Heals the Possessed at Gerasa; on the west wall, Paul’s Shipwreck at Malta and The Miracle of the Viper; in the southwest corner, The Apocalyptic Angels Still the Four Winds; and on the north and east walls, the North Wind and the East Wind respectively. The fully-colored

5 “Oltre agli effetti sopra considerati, ce n’è un altro importante e notevole che deriva dai dipinti cristiani, quello volto a persuadere il popolo, come nel caso degli oratori. Per mezzo della pittura il popolo può essere convinto ad aderire ad un aspetto della religione, oltre al fatto, già sottolineato che la pittura per il popolo ha la stessa funzione che hanno i libri.” (I, XXI) Gabriele Paleotti, Discorso sulle immagini sacre e profane, trans. Gian Franco Freguglia (Rome: Libreria editrice Vaticana, 2002), 69. 6 Denise Zaru, “Ut rhetorica pictura: genèse et fonctions del reliefs monochromes en trompe-l’œil dans la peinture italienne de la Renaissance,” in Aux limites de la couleur. Monochromie et polychromie dans les arts (1300–1600); actes du colloque international organisé par l’Institut national d’histoire de l’art (Paris) et par le Centre d’Ėtudes Supérieures de la Renaissance (Tours), les 12 et 13 juin 2009, eds. Ma­ rion Boudon-Machuel, Maurice Brock, and Pascale Charron (Turnhout: Brepols, 2011), 69–76; Sabine Blumenröder, “Andrea Mantegna’s Grisaille Paintings: Colour Metamorphosis as a Metaphor for History,” in Symbols of Time in the History of Art, eds. Christian Heck and Kristen Lippincott (Turnhout: Brepols, 2002), 41–55. 7 Nicola Courtright, The Papacy and the Art of Reform in Sixteenth-Century Rome: Gregory XIII’s Tower of the Winds in the Vatican (Cambridge: Cambridge University Press, 2003).

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decoration is completed with a dado embellished with thirteen monochromatic octagons that illustrate Old Testament episodes where the wind represented the Jewish people’s various determined efforts to overcome difficult situations. Having to depict the entire biblical history, Egnazio Danti chose to stress the difference between the time sub lege (under the law, with the bestowing of the Ten Commandments) and the time sub gratia (of grace, with the coming of Christ), so as to make the meaning more easily intelligible. To achieve his outcome, Danti resorted to the employment of monochrome painting to represent the period sub lege. The chromatic variation, drawing the boundary line between Old and New Testament, is the key to the interpretation of the meaning beyond the surface value of the entire cycle. Two years later, Gregory XIII commissioned the decoration of the ceiling of the Gallery of Maps in the Vatican (plate XXXIV).8 It is an elaborate fresco decoration, aimed at emphasizing the Pope’s centrality, made up of several cycles closely connected through references and allusions. Among the various narrations, there is also the so‑called Cycles of the Sacrifices. It consists of twenty-four scenes painted in yellow-brown monochrome and rendered the theme of ritual sacrifice in the Old Testament. The absence of color distinguishes these scenes from the fully-colored ones that depict miracles from the early Christian era until the present. The alternating color/ non-color depiction is utilized again, to emphasize the different temporalities of the represented scenes. During the papacy of Sixtus V, it was common to emphasize the typological interpretation of the Old Testament through the juxtaposition of monochromatic and polychromatic paintings. The first fresco decoration commissioned by Felice Peretti was created for the Sistine Chapel in Santa Maria Maggiore. In their studies on the intricate decoration of the Chapel, Steven Ostrow and Alessandro Zuccari posit the existence of an undeniable parallel between the pictorial program of the Sistine Chapel and the sacred, Franciscan oratory. Common at the time of the Counter-Reformation and adopted by the Pope during his homilies, the Franciscan sermo thematicus consisted of dense and accurate biblical quotes combined with complicated references to the doctrines debated during the Council.9 Thus, the grandiose decorative program of the Sistine Chapel should be interpreted as a visual sermon. As such, the frescoes, in fact, adhere closely to the sacred texts, so as to explain Catholic dogma to the faithful. Within this heterogeneous program, two chiaroscuro pictures rendered in golden-brown tones are also found at the Chapel’s entrance. The first monochromatic 8 Simona Battisti, “Gregorio XIII e la Galleria delle Carte Geografiche in Vaticano,” Ricerche di Storia dell’Arte 67 (1999): 70–80; Lucio Gambi and Antonio Pinelli, La Galleria delle Carte Geografiche in Vaticano (Modena: Panini, 1996). 9 Steven F. Ostrow, L’arte dei papi. La politica delle immagini nella Roma della Controriforma (Rome: Carocci, 2002), 63–117; Alessandro Zuccari, I pittori di Sisto V (Rome: Palombi, 1992), 9–32.



Istoriette di chiaroscuro

Fig. 1  Salvatore Fontana, Annunciation and the Story of Manoah and His Barren Wife, Rome, Santa Maria Maggiore, Sistine Chapel.

fresco represents The Story of Manoah and His Barren Wife, and the second depicts the Martyrdom of the Seven Maccabean Brethren and Their Mother. The meaning of these two istoriette becomes evident in light of the two, corresponding images painted above. An angel visits the barren wife of Manoah to inform her that she will bear a son, Samson, chosen to free the children of Israel. This is a typological precedent for the Annunciation found above (fig. 1). Likewise, the Martyrdom of the Maccabean Brethren is a prefiguration of the Massacre of the Innocents (fig. 2). An analysis of these frescoes indicates that the monochrome painting accentuates the reference to a previous period of Sacred History and, thus, effectively impresses upon the devoted beholder the Catholic doctrine’s position of fundamental harmony between the two Testaments. A comparable utilization of monochrome painting can be observed in the decoration of the barrel vault of the eastern Loggia in the Lateran Palace, as well as in the Benediction Loggia in San Giovanni in Laterano. Painted under the direction of Nebbia and Guerra, both decorations focused on the relationship between the present and the past in the history of Christianity.10 10 Regarding the decoration of the eastern Loggia in the Lateran Palace see: Corinne Mandel, Sixtus V and the Lateran Palace (Rome: Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato, 1994), 162–66; Maria L. Madonna,

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Fig. 2  Salvatore Fontana, The Massacre of the Innocents and the Martyrdom of the Seven Maccabean Brethren and Their Mother, Rome, Santa Maria Maggiore, Sistine Chapel.

In 1594, Giovanni Balducci painted the central nave of the Santa Prassede cathedral.11 Rendered in a full-color, faux-architectural format, the main cycle depicts the scenes of the Passion of Christ. These scenes are flanked by smaller brown istoriette that portray biographical moments of Joseph the Hebrew, the antitype of Christ, according to the Catholic catechism. In the aforementioned examples, the chiaroscuro painting was adopted as a figurative medium to highlight the difference between the distinct narrative levels. The istoriette, clarifying the reciprocity existing between the two Testaments, were visual devices adopted to simplify the worshippers’ education. A valid interpretation exists to explain such recurring analogies between monochrome painting and the Old Testament in patristic literature. In fact, the Church Fathers had examined the typological Roma di Sisto V. Le arti e la cultura (Rome: De Luca, 1993), 118. Regarding the frescoes in the Benediction Loggia, see Madonna, Roma di Sisto V, 122–126; Liliana Barroero, “Il Palazzo Lateranense: il ciclo pittorico sistino,” in Il Palazzo Apostolico Lateranense, ed. Carlo Pietrangeli (Florence: Nardini, 1991), 217–21. 11 Maurizio Caperna, La Basilica di Santa Prassede. Il significato della vicenda architettonica (Rome: Edizioni Quasar, 1999).



Istoriette di chiaroscuro

symbolism existing between Old and New Testament since the Middle Ages. In their texts, the Old Testament’s imperfection was described through a visual metaphor: the Old Testament is like an achromatic picture; if color is added, the work will become perfect as the New Testament. For these reasons, the use of monochrome suggests not only an ancient time but also the Old Testament’s state of incompleteness.12 The Catholic Church introduced the typological interpretation of the Bible into its dogma during the Middle Ages, so as to persuade the heretics who refused the Old Testament’s doctrine. Forced to address a new heresy that rejected the Catholic biblical interpretation, at the end of sixteenth century, the Roman Church strongly affirmed the creed of the correspondences among the Books of the Bible through a revisiting of the medieval typological meanings of the sacred religious texts. Taking this context into account, the utilization of color served as an efficacious ally for the creators of the decorative programs, as this usage facilitated the beholders’ comprehension of elaborate theological theories. In this period, the chromatic variation in fresco cycles occupied another role, along with that of differentiating temporal levels: it demonstrated examples of the life to follow in order to attain eternal salvation. This role corresponds to a second type of iconography popular during the second half of the century, with an example found in Federico Zuccari’s 1566 decoration of the Farnese Palace’ Chapel, located in Caprarola. The walls of the round space are painted with thirteen, full-color images of saints. Each saint’s niche base is decorated with a yellow istorietta di chiaroscuro that depicts the main episode from his life, usually the scene of his martyrdom (plate XXXV).13 The iconographic source of this fresco cycle must have been the Sala dei Chiaroscuri in the Vatican Palace, executed by Raphael and Giovanni da Udine in 1517. In fact, in 12 In his Epistola ad Hebraeos, 17.5 (PG 63,130), Saint John Chrysostomos wrote: “‘For’ – he says – ‘the Law having a shadow of the good things to come not the very image of the things.’ For as in painting, so long as one only draws the outlines, it is a sort of shadow but when one has added the bright paints and laid in the colours, then it becomes an image. Something of this kind also was the Law.” The medieval patristic literature utilizes metaphors that describe the Old Testament as an incomplete painting. For the reciprocity existing between these medieval writings and the monochrome painting, see Monica Latella, “Grisaille e Antico Testamento: ipotesi sull’origine dell’utilizzo della pittura a monocromo nelle rappresentazioni bibliche,” in In corso d’opera 2. Ricerche dei dottorandi in Storia dell’Arte della Sapienza, eds. Claudia Di Bello, Riccardo Gandolfi, and Monica Latella (Rome: Campisano Editore) (forthcoming). 13 Italo Faldi, Il Palazzo Farnese di Caprarola (Turin: Seat, 1981); Italo Faldi, “L’opera di Federico Zuccari nel Palazzo Farnese di Caprarola,” in Federico Zuccari e Dante, Torre de’ Passeri (PE), 26 settembre–­ 30  novembre 1993, ed. Corrado Gizzi (Milan: Electa, 1993), 75–82; Paolo Portoghesi, Caprarola (Rome: Manfredi, 1996); Loren Patridge, “Federico Zuccari at Caprarola, 1561–1569: the documentary and graphic evidence,” in Der Maler Federico Zuccari. Ein römischer Virtuoso von europäischem Ruhm, Rom und Florenz 23–26 Februar 1993, ed. Matthias Winner (München: Hirmer, 1999), 159–84; Cristina Acidini Luchinat, Taddeo e Federico Zuccari: fratelli pittori del Cinquecento (Milan: Jandi Sapi Editori, 1998–1999), vol. 1, 156–226.

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Fig. 3  Raphael and Giovanni da Udine, Sala dei Chiaroscuri, Rome, Vatican Palaces.

1560, Pius IV hired the Zuccari brothers to renovate the Raphaelesque decoration that had been partially destroyed on the orders of Pope Paul IV.14 Raphael and his workshop had used terrette to make twelve independent figures of saints inserted in faux-aediculae. Beneath each saint was an istorietta di chiaroscuro illustrating a biographical scene, as in the frescoes of Caprarola (fig. 3). In all likelihood, the Raphael’s choice of terrette for painting the saints could have resulted from his desire to continue the pictorial tradition of the cycles of famous men by converting that format to Christianity. Originating in the classical era as a series of statues, this iconography manifested in the Humanist period as a series of independent figures executed in terrette. Each figure was usually combined with a titulus and an elogium, which helped the observer to identify the personage portrayed, in addition to providing information about his virtues. Hence, as a sort of exemplum virtutis, the elogium had a didactic purpose. In the manner of Petrarch, Raphael substituted the ‘written’ elogium with a ‘visual’ elogium in the Sala dei Chiaroscuri: so as to simplify comprehension and mem14 John A.Gere, Taddeo Zuccaro: His Development Studied in His Drawings (London: Faber and Faber, 1969), 191; Acidini Luchinat, Taddeo e Federico Zuccari, 136, vol. 1, 153; Giulio Cornini, “La Sala vecchia degli Svizzeri e la Sala dei Chiaroscuri”, in Raffaello nell’Appartamento di Giulio II e Leone X, eds. Guido Cornini, Anna M. De Strobel, and Maria Serlupi Crescenzi (Milan: Electa, 1993), 81–117.



Istoriette di chiaroscuro

orization for the beholder, he painted a depiction of the saint’s deeds in the space allocated for the text that exalted their virtues.15 The monochromatic text was substituted with a monochromatic image. To return to the Zuccari’s frescoes, some dissimilarities are discernable when compared to the Raphaelesque model. The isorietta is still in monochromatic, while the devotional image of the saint is fully colored. The latter could no longer reproduce the hues of lifeless stone as, due to the decrees of the Counter-Reformation, vivid and verisimilar coloring was a crucial element for sustaining the faithful’s devotion and encouraging their contemplation. The vibrant image is the primary element with a strong visual impact for the viewer. Conversely, the monochromatic representation draws the eyes’ attention gradually. The istorietta is less communicative than a vivid, multi-colored image and, thus, lessens the spectator’s attention to the image.16 Hence, within the analyzed frescoes, the istorietta has a specific task: to interpret the corresponding devotional image, as if it were a predella. The monochromatic detail provides the interpretative codex to define, clarify, and explain the corresponding multichromatic decoration. The monochromatic inset reveals more about the corresponding image through that detail’s eloquence. The viewer experiences a combination of two, distinct typologies of religious images: a cult image, which has a devotional value, and a narrative representation. Sixten Ringbom’s perspective, outlined in the first pages of his study on the rise of the dramatic close‑up, can be helpful for understanding the usage of the above mentioned istoriette. In Ringbom’s opinion, different religious approaches from the faithful correspond, accordingly, to different types of images. He recognizes a “pathetic approach” and a “didactic approach.”17 Within the frescoes ana15 The use in the Italian Renaissance of the iconography of the “famous men” has been analysed efficaciously by Maria Monica Donato in “Gli eroi romani tra storia ed ‘exemplum’. I primi cicli umanistici di Uomini Famosi,” in Memoria dell’antico nell’arte italiana, ed. Salvatore Settis (Turin: Einaudi, 1985), vol. 2, 97–152. The paper by Anna Cavallaro is also interesting: Anna Cavallaro, “Il tema degli Uomini Illustri dal Medioevo al Rinascimento,” in Temi profani e allegorie nell’Italia centrale del Quattrocento, ed. Anna Cavallaro (Rome: Vecchiarelli, 1995), 5–19. One of the first fresco cycles where the elogium was replaced by the istorietta is the decoration in the Sala degli Uomini Illustri in Padua. According to the scholars, the decorative programme was conceived by Francesco Petrarch. See Julius von Schlosser, L’arte di Corte del secolo decimoquarto, trans. Gian Lorenzo Mellini (Milan: Edizioni di Comunità, 1895); Theodor E. Mommsen, “Petrarch and the decoration of the Sala Virorum Illustrium in Padua,” Art Bulletin 34 (1952): 95–106; Donato, “Gli eroi romani tra storia ed ‘exemplum’,” 103–24. 16 John Shearman, Only Connect … Art and Spectator in the Italian Renaissance (The A. W. Mellon Lectures in the Fine Art, 1988) (Princeton: Princeton University Press, 1992), 192–93. 17 Ringbom identifies two distinct approaches to religious art: the didactic approach, connected to the narrative depictions, and the theological approach, linked to the cult images. Furthermore, he adds a more psychological and emotional approach to the religious images, which is called the “pathetic approach.” See Sixten Ringbom, Icon to Narrative: the Rise of the Dramatic Close‑up in 15th Century Devotional Painting, second edition (Doornspijk: Dovaco, 1984), 11–23 and Erwin Panofsky, “Imago

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lyzed here, these two levels of piety are emphasized by the juxtaposition of monochrome and polychrome. The visual effect of the colorful devotional image evokes a pathetic reaction in the devoted observer, resulting in a deep and immediate piety. The narrative figuration surpasses the pathetic sphere and elicits a more rational and meditative response. The stylistic format of an independent figure combined with an istorietta di chiaroscuro was more or less a constant in the decorations of Roman Chapels during the second half of sixteenth century. Some years later, for instance, in 1572–73, Federico Zuccari revisited this pattern in the decoration of the Chapel in the Villa d’Este.18 Here, sibyls and prophets are portrayed alongside their istoriette. In the same year, Giovanni Battista Naldini, completed the fresco decoration of the Altoviti’s Chapel dedicated to Saint John the Baptist, in Trinità dei Monti. The altar is flanked by two independent figures: Zachariah, the father of Saint John, and Isaiah, the prophet who foresaw the coming of the Baptist. Both figures have a small frame on the corresponding dado, where their martyrdom is painted, in grisaille (fig. 4).19 A similar example can be found in the Scarlatti Chapel in San Giovanni dei Fiorentini, which Pomarancio painted in 1586.20 Next to the altar, the figures of Saint Peter and Saint Paul are depicted, together with two small, square details painted in an orange-brown monochrome. The istoriette portray The Delivery of the Keys to Saint Peter and The Preaching of Saint Paul. Pomarancio would revisit this figurative model in many other Roman fresco cycles. Niccolò Circignani’s 1585 fresco decoration for the Morelli Chapel’s ceiling also exemplifies the juxtaposition of devotional and narrative images, along with the employment of depictions aimed at pathetic/didactic devotion, through the emphasized contrast between monochrome and polychrome (fig. 5).21 In two lateral lunettes, the martyrdoms of Saint Peter and Saint Paul are portrayed on opposing walls. A bright Pentecost scene is rendered in the center of the

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Pietatis. Ein Beitrag zur Typengeschichte des ‘Schmerzensmanns’ und der ‘Maria Mediatrix’,” in Festschrift für Max J. Friedländer zum 60. Geburstage (Leipzig: Seemann, 1927), 261–308. David R. Coffin, The Villa d’Este at Tivoli (Princeton: Princeton University Press, 1960); Acidini Luchinat, Taddeo e Federico Zuccari, vol. 2, 6–42; Patrizia Tosini, “Girolamo Muziano e la nascita del paesaggio alla veneta nella Villa d’Este a Tivoli. Con alcune osservazioni su Federico Zuccari, Livio Agresti, Cesare Nebbia, Giovanni de’ Vecchi ed altri,” Rivista dell’Istituto Nazionale di Archeologia e Storia dell’Arte 54 (1999): 189–232. Colette Di Matteo, L’église et le couvent de la Trinité-des-Monts à Rome. Les décors restaurés (Dijon: Ėditions Faton, 2015), 41, 198–99. Suzan Marie Germond, “Florentine patronage in Rome in the Church of San Giovanni dei Fiorentini (583–1822)” (PhD diss., Stanford: University of California, 1995), 58–65; Madonna, Roma di Sisto V, 210–12. Alessandro Zuccari, “Aggiornamenti sulla decorazione cinquecentesca di alcune cappelle del Gesù,” Storia dell’Arte 50/52 (1984): 27–30; Madonna, Roma di Sisto V, 186–87.



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Fig. 4  Giovanni Battista Naldini, Isaiah, Rome, Trinità dei Monti, Altoviti Chapel.

decoration. The four pendentives are displayed with the personifications of the cardinal virtues inserted in round, stucco frames. The eight, remaining small areas depict episodes from the lives of Saint Peter and Saint Paul in monochrome. Again, Paleotti’s 1582 Discorso intorno alle immagini sacre e profane elucidates the rhetorical role of the eight, small monochromatic scenes in this fresco cycle, along with the role of all the works of art analyzed thus far. Taking inspiration from classical rhetoric, the Bolognese archbishop quotes the Augustinian De doctrina christiana, identifying the three main purposes of the religious image as “dilettare, insegnare, e movere.”22 The pictorial realism of the scenes in the lunettes serves the function of movere (moving) the faithful’s soul and stimulating empathy. The vivid colors make the depicted elements “presenti agli uomini.”23 This feeling of a ‘living presence’ that enters the beholder’s space and captivates him stimulates the pathetic response. However, the monochrome image, 22 In chapter 21 of the first book of his Discorso intorno alle immagini, Paleotti compares the tasks of the painter with those of the orator and, then, continuing the comparison with oratory, gives a brief version of the religious aim of the images. Chapters 22–25 are dedicated to the description of single tasks in depth. See Gabriele Paleotti, Discorso sulle immagini sacre e profane, trans. Gian Franco Freguglia (Rome: Libreria editrice Vaticana, 2002), 69–80. 23 Paleotti, Discorso sulle immagini, 72 (book 1, chap. 22).

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Fig. 5  Niccolò Circignani (called Pomarancio), Cappella Morelli, Ceiling, Rome, Chiesa del Gesù.

with its reduced palette, reaches the viewer only after the empathic act and produces a different response, encouraging the worshipper to meditate on the images. After the identification with the portrayed saint, the viewer is led to the ‘didactic’ approach (insegnare); the monochrome painting increases his awareness of the portrayed saint’s virtues. Along with the aim of completing the subject matter of a decorative program, the istoriette di chiaroscuro’s chief purpose is to enhance the knowledge of the faithful; their simplicity facilitates the beholder’s comprehension of the depicted examples. Examining the istoriette from a stylistic viewpoint could reconfirm the significant value of the monochromatic elements inserted into the colorful cycles. The deep shading, the brushstrokes of white lead, and the pronounced chiaroscuro effect perfected to reproduce the plasticity of marble all elements typical of the first monochromatic works, slowly disappeared during sixteenth century. While the diminutive, narrative scenes are completed in one color, they no longer pretend to resemble the sculpted marble or bronze. In addition to the marked contrasts of light and shadow, the crowded compositions, along with the overlapping levels depicted in typical, ancient reliefs, were all disappearing. The new monochrome paintings were characterized by an extraordinary simplicity in their composition and by a lightness of brushstroke that



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reminded the viewer of chiaroscuro wood engravings, watercolor drawings, and even elementary, stylus-drawn sketches drawn with on a golden sheet. Considering this stylistic development, it seems inaccurate to assert that the monochrome painting was only connected to the dispute about the supremacy and the nobility between Painting and Sculpture. Over the years, as the grisaille inset ceased to serve as a simple, decorative element of faux architecture in the background of a picture, this element lost its stylistic reference to the relief and reinforced its function as an eloquent expedient, supporting the detail’s semiotic value. In the art works of the fifteenth century, the grisaille was already utilized as a medium that interpreted the decoration as a whole. Nevertheless, while relegated to a background position, the inset required fine attention from the beholder so as to understand the component’s role in the pictorial composition. During the sixteenth century, however, the chiaroscuro detail achieves a more important visual dignity in the decorative program. From its status as a hypotactic, figurative structure with a secondary position, the chiaroscuro painting evolved to a paratactic structure, where the monochromatic scenes occur on the same visual level as the polychromatic ones. The viewer perceived the monochromatic depiction, which acquired an independent ontological value, as detached from the pictorial fiction, as if the scene were beyond the space of the Albertian window. Because of the absence of color, the monochrome painting does not completely fulfill the demand for mimesis, which might be why the observer perceives the element as detached from the representational illusion. This perception creates a fracture or, according to Louis Marin, an “interruption”24 in the spatial and temporal unity of the entire fresco. As Omar Calabrese wrote in 1985, the istorietta di chiaroscuro surpasses the threshold of pictorial fiction, to place itself in a liminal position between the picture space and the location from which the viewer observes the painting, thus creating a continuum.25 As a result, the worshipper gazing at the religious image and facing the monochromatic element, might experience a feeling of proximity to his spatiality. This perception of 24 “L’interruption, de son côté, insisterait sur l’ouverture dans une continuité ou une continuation, d’un écart, d’un intervalle, distance, espacement, différence d’un délai ou d’un retardement; et aussi sur les effets d’un tel écart pour le spectateur ou l’auditeur.” Louis Marin, “Ruptures, Interruptions, Syncopes dans la représentation de peinture,” in Ellipses, Blancs, Silences. Actes du colloque de Cicada, ed. Bertrand Rougé (Pau: Publications de l’Université de Pau, 1992), 77–86. 25 “[…] è lo spazio dell’illusionismo, quello che tende a dare una relazione di continuità fra la scena rappresentata e il luogo di fruizione da parte dello spettatore.” Omar Calabrese, La macchina della Pittura: pratiche teoriche della rappresentazione figurativa tra Rinascimento e Barocco (Bari: Laterza, 1985), 45. Also Victor Stoichita and Paul Philippot have analyzed the hybrid value of the grisaille and its position in the space. See Victor Stoichita, Breve storia dell’ombra. Dalle origini della pittura alla Pop-Art, trans. Benedetta Sforza (Milan: Il Saggiatore, 2015), 67–68; Paul Philippot, “Les grisailles et les ‘degrés de réalité’ de l’image dans la peinture flamande des XVe et XVIe siècles,” Bulletin – Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique 15 (1966): 225–42.

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closeness makes the monochrome painting a perfect expedient to communicate the deeper meaning of an artwork and to condense the complexity of a homily in a fresco cycle. With these remarks in mind, it is possible to free monochrome painting from consideration solely in relation to classical art or marble imitation. The painting device’s utilization, in fact, could also be understood as the result of intentional choices related to ideological and doctrinal precepts. The evolving value of the monochromatic detail conforms well to the Warburgian concept of Nachleben: over the centuries, it reiterates and strengthens itself and undergoes metamorphosis, depending on the features of the time when it reappears.

Bildnachweise

Coverabbildung Leonardo da Vinci, Draperie pour une figure assise, um 1470, Paris, Musée du Louvre, Département des Art graphiques, Inv.Nr. 2255-recto, © bpk | RMN – Grand Palais | Thierry Le Mage.

Kemperdick Abb. 1 KIK-IRPA, Brüssel; Abb. 2 Stephan Kemperdick; Abb. 3 Elisabeth Dhanens, Hugo van der Goes (Antwerpen 1998); Abb. 4 Gemäldegalerie SMB, Foto: Autor; Abb. 5 New York, Metro­ politan Museum of Art; © Metropolitan Museum of Art.

Heyder Abb. 1 Charles Sterling, La peinture médiévale à Paris, 1300–1500 (Paris/Lausanne: Bibliothèque des arts, 1987); Abb. 2 Elisabeth Taburet-Delahaye und François Avril (Hg.), Paris 1400. Les arts sous Charles VI., Ausst.-Kat., Musée du Louvre, Paris (Paris: Fayard, 2004), S. 47, Taf. 8; Abb. 3 Anne D. Hedeman, The Royal Image. Illustrations of the „grandes Chroniques De France“, 1274–1422 (Berkeley, Calif. [u. a.]: University of California Press, 1991), S. 151, Abb. 99; Abb. 4, 5 http://www.calames.abes.fr/pub/ms/BSGB11339.

Zöllner Abb. 1 Laurence B. Kanter und Tom Henry, Luca Signorelli, übers. von Barbara Geratz Matera (München: Hirmer, 2002), S. 113; Abb. 2–5 Frank Zöllner, Sandro Botticelli (München/Berlin/ London/New York: Prestel, 2005), S. 95, S. 150, S. 268, S. 163.

Bleek Abb. 1 Werner Busch, Das sentimentalische Bild. Die Krise der Kunst im 18. Jahrhundert und die Geburt der Moderne (München: Beck, 1993), S. 61.

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Lakey Fig. 1 Photo Alinari, Courtesy of the Johns Hopkins University Visual Resource Center; figs. 2–4 Laura Jacobus, Giotto and the Arena Chapel: art, architecture & experience (London: Harvey Miller Publishers, 2008); fig. 5 New York, Metropolitan Museum of Art; © Metropolitan Museum of Art.

Boesten-Stengel Abb. 1 Giorgio Valla, Collectio, Venezia 1498, fol. 97 recto (Ausschnitt). Abbildung nach der über http://www.bnf.‌fr als NUMM-058498, Bibliothèque nationale de France, online zugänglichen Mikrofilm-Reproduktion (Cambridge, Mass.: Omnisys, [ca. 1990]).

Summers Figs. 1–7 Artstor.

Hu Fig. 1 https://en.wikipedia.org/wiki/Giotto#/media/File:Giotto_Ognissanti_Madonna_white_ ground.‌jpg; fig. 2 John T. Paoletti und Gary M. Radke, Art in Renaissance Italy (Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall, 1997), S. 59, Abb. 1.27; fig. 3 https://en.wikipedia.org/wiki/Masaccio#/ media/File:Masaccio_031.‌jpg; fig. 4 https://en.wikipedia.org/wiki/Hagia_Sophia#/media/File:Comnenus_mosaics_Hagia_Sophia.‌jpg; fig. 5 Valerie Hansen, The Silk Road (Oxford: Oxford University Press, 2012), Plate  5B; fig. 6 《晋唐宋元书画国宝展》(Chinese National Treasures of Painting and Calligraphy from the Jin, Tang, Song and Yuan Dynasties), 故宫博物院、辽宁省博物 馆、上海博物馆合编 (the Palace Museum, Liaoning Province Museum, Shanghai Museum), 上海书画出版社 (Shanghai: Shanghai Calligraphy and Painting Publishing House, 2002), S. 54; fig. 7 王镛 (Wang Yong),《印度艺术》(Art of India), 中国人民大学出版社 (Beijing: Renmin University of China Press, 2004), S. 210; fig. 8 https://en.wikipedia.org/wiki/Qianlong_Emperor#/ media/File:The_Qianlong_Emperor_in_Ceremonial_ Armour_on_Horseback.‌jpg; fig. 9 https://en.wikipedia.org/wiki/Wen_Tong#/media/File:Wen_Tong_Babmbuk.‌jpg; fig. 10 Hu Wei; fig. 11 http://www.tnm.jp/modules/r_collection/index.‌php? controller=​dtl&colid=​TA339; fig. 12 http://img.pconline.com.cn/images/upload/upc/tx/photoblog/1303/15/c2/18926214_ 18926214_1363315921683_mthumb.‌jpg.

Bojilova Abb. 1 Frank Zöllner und Johannes Nathan, Leonardo da Vinci 1452–1519, Vol. I, The Complete Paintings (Köln: Taschen, 2011), S. 131; Abb. 2–4 Luca Ciamberlano, Scuola perfetta per imparare a disegnare tutto il corpo humano […], (Rom 1626), Det. Taf. 1, Det. Taf. 14, Det. Taf. 15; Abb. 5 Luke Syson und Keith Larry, Leonardo da Vinci. Painter at the Court of Milan (London:

Bildnachweise

National Gallery Co., 2011), 262; Abb. 6 Frank Zöllner und Johannes Nathan, Leonardo da Vinci 1452–1519, Vol. II, The Graphic Work (Köln: Taschen, 2011), S. 278.

Brahms Abb. 1, 3–5 Hans Dickel (Hg.), Zeichnen vor Dürer. Die Zeichnungen des 14. und 15. Jahrhundert in der Universitätsbibliothek Erlangen, bearb. von Stephanie Buck [u. a.], mit Beiträgen von Iris Brahms (Petersberg: Imhof, 2009), S. 85, S. 335, S. 337, S. 339; Abb. 2, 6 London, British Museum; ©Trustees of the British Museum; Abb. 7 Iris Brahms, Zwischen Licht und Schatten. Zur Tradition der Farbgrundzeichnung bis Albrecht Dürer (Paderborn: Fink, 2016), Taf. III.53, Taf. III.57, Taf. III.52.

Schmitt Abb. 1 David Landau und Peter Parshall, The Renaissance Print: 1470–1550 (New Haven/London: Yale University Press, 1994), S. 189, Abb. 198; Abb. 2 Gregory Jecmen und Freyda Spira, Imperial Augsburg: Renaissance prints and drawings, 1475–1540, Ausstellung Washington, D. C., National Gallery of Art 2012 (Farnham: Lund Humphries, 2012), S. 74; Abb. 3 Amsterdam, Rijksprentenkabinet (RP‑P‑OB-4348); Abb. 4 London, British Museum; ©Trustees of the British Museum, London (E,1.213); Abb. 5 Lothar Schmitt.

Wenderholm Abb. 1 Iris Wenderholm, Bild und Berührung. Skulptur und Malerei auf dem Altar der italienischen Frührenaissance (München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2006), S. 145, Abb. 35; Abb. 2 Hans Belting und Christiane Kruse, Die Erfindung des Gemäldes (München: Hirmer, 1994), Taf. 57; Abb. 3 London, Victoria & Albert Museum; © Victoria and Albert Museum, London; Abb. 4 James H. Beck, Malerei der italienischen Renaissance (Köln: Könemann, 1999), Abb. 164; Abb. 5 Artur Rosenauer, Donatello (Mailand: Electa, 1993), S. 135, Kat. 35.

Binnebeke Fig. 1 © Private Collection, New York and Photographic department Rijksmuseum, Amsterdam; fig. 2 © KMKG-MRAH; fig. 3 © Stichting Eusebius; fig. 4 © RCE and J. van Galen (Photo­ grapher); figs. 5, 6 © SRAL, Maastricht.

Lepape Fig. 1 Illustration prise de la banque d’images de la BNF, Paris, Bibliothèque nationale de France, RESERVE AA-6 FLORIS; figs. 2, 4, 5 Illustrations prise directement à la Fondation Custodia Paris, Fondation Custodia, collection Frits Lugt, INV. 1981‑P. 19, INV. 2009‑P. 12, INV. 1995‑P. 2; fig. 3 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Collection Edmond de Roth­ schild, INV 4373LR. Photographie en infrarouge. Copyright C2RMF, Laurence Clivet.

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384 Bildnachweise

Dümpelmann Abb. 1, 3 London, British Museum; ©Trustees of the British Museum, London; Abb. 2 Julien Chapuis (Hg.), Tilman Riemenschneider, c. 1460–1531. Proceedings of the Symposium ‚Tilman Riemenschneider: A Late Medieval Master Sculptor‘ held 3–4 December 1999 in Washington (New Haven [u. a.]: Yale University Press, 2004), S. 142; Abb. 4 Basel, Historisches Museum; Abb. 5 Wien, Graphische Sammlung Albertina.

Schäffner-Knoblach Abb. 1 Kristina Domanski und Margit Krenn, „Die profanen Wandmalereien des Sommerhauses,“ in Schloss Runkelstein. Die Bilderburg, hg. von André Bechtold (Bozen 2000), S. 99–154, Abb. auf S. 141, Abb. 198; Abb. 2 Almut Schäffner-Knoblach.

Hara Fig. 1 New York, Metropolitan Museum of Art; © Metropolitan Museum of Art; figs. 2–4 Archi­ vision; fig. 5 Florenz, Galleria degli Uffizi, GDSU.

Latella Figs. 1, 2, 5 Monica Latella; fig. 3 Photo courtesy Fototeca Vaticana; fig. 4 Photo courtesy Biblio­ theca Hertziana – Max Planck Institut für Kunstgeschichte, Rom.

Tafeln Taf. I Otto Pächt, Van Eyck (München 1988); Taf. II Elisabeth Dhanens, Hugo van der Goes (Antwerpen 1998); Taf. III © The J. P. Getty Museum; Taf. IV http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b6000093b; Taf. V Gemäldegalerie SMB, Foto: Stephan Kemperdick; Taf. VI Frank Zöllner, Sandro Botticelli (München/Berlin/London/New York: Prestel, 2005), S. 167; Taf. VII, VIII Sabine Blumenröder, Andrea Mantegna – Die Grisaillen. Malerei, Geschichte und antike Kunst im Paragone des Quattrocento (Berlin: Gebr. Mann Verlag 2008), Farbabbildung 1 [Farbabbildungen ohne Paginierung]; Taf. IX Giuseppe Basile (Hg.), Giotto nella Cappella Scrovegni: materiali per la tecnica pittorica: studi e ricerche dell’Istituto centrale per il restauro = Giotto in the Scrovegni Chapel: materials used in the painting technique studies and research by Istituto centrale per il restauro (Rom: Istituto poligrafico e Zecca dello Stato, Libreria dello Stato, 2005); Taf. X New York, Metropolitan Museum of Art; © Metropolitan Museum of Art; Taf. XI, XII Artstor; Taf. XIII https://en.wikipedia.org/wiki/Giotto#/media/File:Giotto_Ognissanti_Madonna_white_ground.‌jpg; Taf. XIV長澤和俊,《NHK大英博物館》 (The British Museum) Book 5, 日本放送出版恊会 (1991), S. 70; Taf. XV Luke Syson und Keith Larry, Leonardo da Vinci. Painter at the Court of Milan (London: National Gallery Co., 2011), S. 262; Taf. XVI Frank Zöllner und Johannes Nathan, Leonardo da Vinci 1452–1519, Vol. II, The

Bildnachweise

Graphic Work (Köln: Taschen, 2011), S. 278, S. 506; Taf. XVII, XVIII Iris Brahms, Zwischen Licht und Schatten. Zur Tradition der Farbgrundzeichnung bis Albrecht Dürer (Paderborn: Fink, 2016), Taf. III.53, Taf. III.57, Taf. III.52; Taf. XIX London, British Museum; ©Trustees of the British Museum, London (1895,0122.264); Taf. XX Peter Parshall (Hg.), The woodcut in fifteenth-century Europe, Conference held 18.–19.11.2005 in Washington, D. C. (New Haven, Conn.: Yale Univ. Press, 2009), S. 327, Abb. 15; Taf. XXI Serena Padovani (Hg.), Fra’ Bartolomeo e la scuola di San Marco, Ausst.Kat. (Florenz: Giunta Regionale Toscana [u. a.], 1996), S. 68, Abb. 10; Taf. XXII John Pope-Hennessy: Donatello Sculptor (New York/London/Paris: Abbeville Press, 1993), Abb. 258; Taf. XXIII © Kasteel Gaasbeek; Taf. XXIV, XXV Illustrations prise de la banque d’images de la BNF, BNF, RESERVE CC-100 (A)-FOL; BNF, RESERVE AA‑6 Andreani; Taf. XXVI Britta Dümpelmann; Taf. XXVII Georg Prast, Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie; Taf. XXVIII, XXX, XXXI Almut Schäffner-Knoblach; Taf. XXIX [public domain], via Wikimedia Commons; Taf. XXXII, XXXIII Mari Yoko Hara; Taf. XXXIV Photo courtesy Fototeca Vaticana; Taf. XXXV Monica Latella.

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Personenregister

Abano, Pietro  136 Abel, Carl  155 Aelst  s. Coecke Agatharchos von Samos  177 Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius  283, 284, 285, 288 Alberti, Leon Battista  9, 10, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 30, 36, 37, 38, 41, 42, 81, 97, 105–121, 123–130, 134, 136, 140, 144, 149, 150, 157–161, 163, 174, 179, 180, 183, 184–187, 208, 235, 237, 238, 263, 264, 271, 274, 317, 335, 379 Albertinelli, Mariotto  181 Albertus Magnus  128 Alexander der Große  183 Alhazen  129, 130, 132, 133, 173 Alighieri  s. Dante Allori, Alessandro  211 Altdorfer, Albrecht  253, 319 Amerbach, Basilius  330 Anaxagoras 177 Andrea del Sarto  33 Andreani, Andrea  45, 295–297, 303–309, 328, Tafel XXV Angel, Philips  35 Antiphilos  97, 98 Antiquari, Jacopo  153 Antoniazzo Romano  344, Tafel XXXI Antonio da Trento  303 Apaturius von Alabanda  130 Apelles  97, 98, 103, 104, 208, 215, 226, 315, 355, 356

Apelles von Colmar  321 Apollodorus 178 Aquili, Antonio  s. Antoniazzo Romano Aquin, Thomas von  132 Aristoteles 41, 42, 81, 110, 126, 128, 133, 138, 139, 141, 144, 145, 147, 149, 150, 151, 153, 154, 156, 159, 161, 163, 166, 169, 170, 172, 173, 186, 187, 188 Armenini, Giovanni Battista  44, 209, 210, 215–219, 221, 355 Arrighi, Giuliano  341 Bacon, Roger  128, 132, 138 Baldinucci, Filippo  33, 217, 265, 270 Balducci, Giovanni  372 Baldung, Hans (Grien)  237, 252, 296, 331 Barbari, Jacopo de  311, 329 Bartolini, Riccardo  260 Bartolomeo, Fra  33, 44, 264, 266, 268, 269, 270–274, Tafel XXI Bazekin, Aernoudt  80 Becca, Michele del  356 Beccafumi, Domenico  29, 305, 306, Tafel XXV Berselius  s. Bierset Berswordt-Meister 69 Bicci, Neri di  330 Bierset, Pascal (Berselius)  324, 325 Boccaccio, Giovanni  99, 127 Bocchi, Francesco  156, 212 Borghini, Raffaello  44, 209, 214

388 Personenregister Borghini, Vincenzo  320 Borluut, Elisabeth  52 Bornemann, Hinrik  311 Bosse, Abraham  35, 207, 208, 209 Botticelli, Sandro  41, 91, 93–98, 100–102, 104, Tafel VI Bourbon, Johanna von (Königin von Frankreich)  77 Bracciolini, Gianfrancesco Poggio  86 Broederlam, Melchior  61, 69 Brüggemann, Hans  323 Brunelleschi, Filippo  106, 111, 188 Bürger, Peter  225 Burgkmair d. Ä., Hans  44, 241–245, 247, 249–252, 255, 257–262, 296, 315, 327 Butades 125 Callot, Jacques  216 Cambio, Domenico da  337 Cao Fuxing  196 Cao Zhongda  197 Caravaggio   s. Polidoro da Caravaggio, Michelangelo Merisi, gen.  10, 33, 34, 165 Carpi  s. Ugo da Casali  s. Ubertinus de Casolani, Alessandro  307 Castelvetro, Lodovico  146, 163 Castiglione, Baldassare  270 Castiglione, Giuseppe  201 Cellini, Benvenuto  44, 209, 210 Cennini, Cennino  9–13, 16, 17, 19, 22, 36–38, 127, 227, 333–337, 346 Cesare da Sesto  356, Tafel XXXII Chigi, Agostino  358 Chrysostomos, Johannes  373 Ciamberlano, Luca  211–215 Cicero, Marcus Tullius  150, 157 Cimabue  189, 190, 191, 193 Circignani, Niccolo  369, 376, 378 Clerc, Jan de  80 Coecke, Pieter van Aelst  299 Constable, John  263, 264, 274 Cooper d. J. (ca. 1635)  87, 88 Coornhert, Dirk Volkertsz.  280, 281, 282, 283, 285, 293 Correggio, Antonio da  33 Cortese, Cristoforo  346 Corvinus, Matthias (ungarischer König)  259

Cosimo, Piero di  267 Courbet, Gustave  63, 165 Cranach d. Ä., Lucas  44, 242, 244, 249–252, 255, 257–259, 262, 296, 315, Tafel XIX Curia, Jodocus de  298 Dante Alighieri  42, 99, 127, 154, 155, 273, 274 Danti, Egnazio  369, 370 Dati, Carlo  104 Datini, Francesco di Marco  337, 338 Daucher, Hans  311, 329, 330, 331 Democritus 177 Demosthenes  157, 158 Desiderio da Settignano  266, 329 Dietrich von Freiberg  s. Theodericus Dioskurides von Samos  173 Donatello  44, 264, 266, 268, 269, 270–272, 274, 275, 329, Tafel XXII Duccio di Buoninsegna  306 Dürer, Albrecht  36, 55, 56, 62, 214–216, 221, 261, 311, 314–316, 319, 329, 331 Eakins, Thomas  165 El Greco  168, 169 Erasmus von Rotterdam  214, 283, 284, 285, 315 Ernst von Sachsen (Erzbischof von Magdeburg)  251 Euklid  14, 172, 258 Eugen IV. (Papst)  105 Évrard d’Espinques  Tafel IV Évreux  s. Jeanne d’ Eyck, Hubert van  69, 81, Tafel I Eyck, Jan van  36, 40, 50, 51, 53, 54, 55, 56, 57, 59, 60, 63, 65, 68, 69, 70, 71, 74, 81, 140, 265, Tafel I Fabriano  s. Gentile da Fazio, Bartolommeo  56 Federighi, Guerruccio  132 Feger, Theobald  259 Floris, Frans  45, 295, 296–302, 328, Tafel XXIV Fontana, Salvatore  371, 372 Francesco, Giovanni di  343, 344 Franz von Assisi  132 Friedrich III. (Kaiser)  260 Friedrich der Weise (Kurfürst von Sachsen)  241, 242, 246, 249–251 Friedrich von Zollern (Bischof von Augsburg)  259

Personenregister Gaddi, Agnolo  341 Galen 152 Gauricus, Pomponius  182, 284 Gentile da Fabriano  71 Georg (Herzog von Sachsen)  241, 244, 247, 248, 251, 257 Gerini, Niccolo di Piero  337 Ghiberti, Lorenzo  13, 42, 130, 132, 134, 180 Ghirlandaio, Domenico  91–93, 352, Tafel V Gietleughen, Joost  295, 298, 299, 301, 302, Tafel XXIV Giordano, Luca  141 Giorgione  64, 66 Giotto di Bondone  42, 120, 121, 134–137, 140, 189–193, 196, 199, Tafel IX, Tafel XIII Giovanni da Udine  373, 374 Goes  s. Hugo van der Goltzius, Hendrik  45, 278–280, 283, 285, 286 Gonzaga, Vincenzo  307, 309 Gonzaga, Francesco I  307 Goya, Francisco de  165, 188 Grafenberg  s. Wirnt von Grafenberg Grammaticus, Johannes  s. Philoponus Gregor der Große (Papst)  368 Gregor XIII. (Papst)  46, 369, 370 Grien  s. Baldung Grimm, Sigmund  260, 261 Grosseteste, Robert  138 Gu Kaizhi  196 Guerra, Giovanni  371 Guo Ruoxu  197 Hagedorn, Christian Ludwig von  224–226 Hawkwood, John  46, 340, 341, 342, 346, 347 Heemskerk, Maarten van  280, 281, 283, 285 Heinrich von München  340 Heller, Jakob  55, 62 Hessus, Helius Eobanus  327 Homer 179 Horaz 256 Hugo van der Goes  57–60, 62, Tafel II Husserl, Edmund  148 Ibn al-Haytham  s. Alhazen Imola  s. Michele del Becca da Isabella von Portugal  288

Jean de Berry (Herzog)  53, 70, 76 Jean d’Orléans  77, 78 Jean le Doulz  79 Jeanne d’Évreux (Königin von Frankreich)  36, 76, 84, 85, 138 Jehan, Dreux  85, 88, 89, Tafel III Jin Hao  202 Jode, Pieter de  286, 287 Justi, Carl   141, 144, 151 Kandinsky, Wassily  179 Kant, Immanuel  148, 149 Karl IV. (König von Frankreich)  138 Karl V. (Kaiser)  261, 288 Karl V. (König von Frankreich)  77, 78 Karl VI. (König von Frankreich)  78 Karl von Egmont (Herzog)  289, 290 Karlstadt, Andreas  283 Kassander 183 Key, Adriaen Thomasz.  301 Klinckaert, Jan  292 Kraft, Adam  327 Lady Wei  197 Lambert, Guillaume  86 Landino, Cristoforo  146, 274 Lambrecht, Joos  299 Lang, Matthäus (Bischof von Gurk)  260 Lang Shining  201 Lathem, Lieven van  74 Lebrun, Charles  35 Leinberger, Hans  45, 318, 322, 323 Leonardo da Vinci  9, 10, 12, 15, 19, 21, 26, 27, 30, 33, 35, 38, 42, 83, 84, 87, 141, 142, 144, 145, 146, 148, 149, 151–153, 155–163, 176, 179, 180–182, 187, 188, 192, 193, 208, 211, 212, 216–222, 235, 317, 320, Tafel XII, Tafel XV, Tafel XVI Leyden, Lucas van  216 Limburg (Brüder)  53, 69, 70 Lippi, Filippino  267 Livius, Titus  96 Lomazzo, Giovanni Paolo  27, 217, 219 Longinus (Ps.)  170, 182, 187 Lorenzetti, Ambrogio  334 Louis de Male  s. Ludwig II. (Graf von Flandern) Ludwig II. (Graf von Flandern)  64 Lukian  97, 99, 101

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390 Personenregister Lu Tanwei  196–198 Luther, Martin  283 Mair von Landshut  234, 235, 253, 255 Malpizzi, Bernardo  308 Mancini, Giulio  33, 209, 359 Mander, Karel van  35, 45, 81, 82, 210, 216, 278, 279, 280, 283, 285, 286, 287, 293 Mandeville, Jean de  347 Mantegna, Andrea  41, 91, 97, 106, 121–124, 229, 230, 295, 307, 308, 367, Tafel VII, Tafel VIII Manuel I. (König von Portugal)  330 Margarete von Österreich  81, 288 Mariette, Pierre Jean  149 Marmion, Simon  58, 59, 60, 63, 71, 73 Masaccio  121, 191, 192, 193 Maturino Fiorentino  297, 356 Mauch, Daniel  324, 325 Maximilian I. (Kaiser)  242, 243, 245, 249–251, 256, 259–262 Meister der Delfter Grisaillen  75, 85 Meister der Lübecker Bibel  89 Meister des Brüsseler Romuléon  89 Meister H. L.  331 Meister von Flémalle  49, 52, 58–60 Melzi, Francesco  151 Memling, Hans  57, 59, 81 Menzel, Adolph von  165 Merleau-Ponty, Maurice  223, 225 Michelangelo Buonarroti  176, 218, 278, 321, 322, 358 Michele del Becca da Imola  Tafel XXXII Mocenigo, Giovanni (Doge von Venedig)  258 Moerbeke, Willem van  154 Mone, Jan  288, Tafel XXIII Mondrian, Piet  179 Montemagno, Buonaccorso da  86 Montferrat, Herzog von  86 München  s. Heinrich von Myron  324, 325 Naldini, Giovanni Battista  376, 377 Nebbia, Cesare  371 Negker, Jost de  245, 247, 261 Nettesheim  s. Agrippa von Neudörfer, Johann  327 Nikias  118, 129, 157

Orléans  s. Jean d’ Oresme, Nikolaus von  133 Ovid 125 Pacheco, Francisco  144, 159 Paleotti, Gabriele  156, 368, 377 Palomino, Antonio  141 Panziera, Ugo  128 Parmigianino 297 Parrhasius von Ephesus  175, 176 Pausias von Sikyon  170 Peretti di Montalto, Felice  s. Sixtus V. Peruzzi, Baldassarre  46, 354–360, 362–366, Tafel XXXII Petrarca, Francesco  162, 346, 374 Petronius  91, 103, 104 Peutinger, Konrad  241–252, 257, 258, 260, 261 Pfeffinger, Degenhart  242, 246, 249, 250 Pfinzing, Melchior  260 Pfinzing, Ulrich  260 Phidias 183 Philipp II. (Herzog von Burgund, der Kühne)  80 Philipp III. (Herzog von Burgund, der Gute)  41, 73, 78, 79, 85, 86, 89, 90 Philipp von Burgund (Bischof von Utrecht)  45, 291, 292 Philoponus  13, 42, 169–172, 187 Philostrat d. Ä.  99, 125, 154, 155 Picasso, Pablo  165 Piles, Roger de  35, 156 Pisanello, Antonio  228 Pisano, Giovanni  135 Pisano, Nicola  135 Platon  110, 172, 177 Plinius d. Ä.  42, 62, 99, 102, 118, 125, 126, 129, 136, 146, 157, 170, 175, 177, 184, 224, 226 Plutarch 158 Podocatari, Ludovico  352 Poggio  s. Bracciolini, Gianfrancesco Polidoro Caldara da Caravaggio  297, 299, 356 Poliziano, Angelo  104 Polygnot  147, 163 Polyklet 273 Pomarancio  s. Circignani Pontormo, Jacopo da  35 Praxiteles 183 Protagoras 186

Personenregister Protogenes 103 Ptolemäus IV. (ägyptischer König)  98, 99, 101 Pucelle, Jean  42, 76, 78, 83, 85, 134, 138, 140, Tafel X Pugliese, Piero del  264, 265, 267, 269, 274, 275 Quesne, Jan du  88 Quian Long (Kaiser von China)  201 Quintilian, Marcus Fabius  125, 158, 159, 168, 179 Raffael  31, 33, 165, 297, 367, 368, 373, 374, 375 Raimondi, Marcantonio  216, 311 Ratdolt, Erhard  244, 245, 250, 257, 258, 261, 262 Rembrandt Harmensz. van Rijn  34, 82, 155, 165, 188 Rhenanus, Beatus  321 Riario, Raffaele (Kardinal)  356 Ribera, Jusepe de  34 Riemenschneider, Tilman  61, 311–313, 317, 322, 323, 325, Tafel XXVII Rinuccino, Alemanno  155 Ripanda, Jacopo  356, Tafel XXXII Rogier van der Weyden  54, 55, 58, 60, 64, 81 Rotterdam  s. Erasmus von Runge, Philipp Otto  88 Sandrart, Joachim von  209, 216, 327 Sarto  s. Andrea del Sassetti, Francesco  93 Savoldo, Giovanni Girolamo  65 Savonarola, Girolamo  100 Scaliger, Joseph Justus  103 Schongauer, Martin  311, 312, 314, 321 Scorel, Jan van  291 Segni, Antonio  98 Senfl, Ludwig  260 Serlio, Sebastiano  46, 353, 354 Sesto  s. Cesare da Settignano  s. Desiderio da Sextus Empiricus  174 Signorelli, Luca  91, 92, 97 Sillig, Julius  104 Sixtus V. (Papst)  370 Sluter, Claus  58 Stoevere, Saladin de  61 Stoß, Andreas  318 Stoß, Veit  45, 317–319, 323, 324, 326, Tafel XXVI Su Shi  195, 204

Tavernier, Jan  73, 79, 80, 85, 89 Tedrode, Willem Danielsz. van  285, 286 Theodericus von Vriberch (Freiberg)  138 Theophilus Presbyter  316 Thuroczs, Johannes von  259 Timanthes 186 Titus Petronius Arbiter  s. Petronius Tizian  33, 252, 297, 299, 303–305 Trento  s. Antonio da Trithemius, Johannes  326 Tucher-Meister (Umkreis)  228 Tura, Agnolo di  334 Uberti, Lucantonio degli  252 Ubertinus de Casali  132 Uccello, Paolo  46, 238, 335, 340–343, Tafel XXIX, Tafel XXX Udine  s. Giovanni da Ugo da Carpi  37, 39, 44, 241, 245, 252, 296, 297, 303, 304, 315, 355 Vaernewijck, Marcus van  50 Valerius Maximus  96 Valla, Giorgio  152–155 Valla, Lorenzo  42 Vandelli, Giuseppe  154 Vasari, Giorgio  9, 10, 21–24, 27–32, 35–37, 39, 83, 134, 181, 216, 238, 252, 264, 268, 271, 278, 286, 306, 316, 319–324, 334, 348, 355, 360 Velázquez, Diego  141, 143 Vergil  267, 274 Verrocchio, Andrea del  187, 352 Vicentino, Batista  297, 303 Vijdt, Joos  52 Villani, Matteo  340 Vinci  s. Leonardo da Vinci Vintler (Familie)  338, 340 Vintler, Niklaus  338 Vitruv  130, 153, 172, 177 Vreland, Willem  73, 88, 89 Wang Mo  203 Wang Wei  203 Wang Xianzhi  197, 198 Warhol, Andy  165 Wechtlin, Johannes  296

391

392 Personenregister Wei   s. Lady Wei Wei Xie  196 Weiditz, Hans  261 Wen Tong  202–204 Weyden  s. Rogier van der Weyerman, Jacob Campo  35 Winckelmann, Johann Joachim  148, 149 Wirnt von Grafenberg  338 Wirsung, Marx  260, 261 Witelo  42, 130–132, 136 Wolgemut, Michael  228 Wu Daozi  196, 197, 198

Xia Gui  204, 205 Xie He  196 Xu Song  200 Zeuxis  101–103, 146, 147, 157, 163, 183, 184, 356 Zhang Sengyou  196, 197, 200 Zhang Xu  197 Zhang Yanyuan  196, 197, 203 Zhao Mengfu  199 Zhu Jingxuan  203 Zuccari (Brüder)  374, 375 Zuccari, Federico  211, 373, 376

Dank

Die Herausgeber des vorliegenden Buches danken der Ellen J. Beer Stiftung, die in großzügiger Weise sowohl die gleichnamige Tagung 2016 in Bern als auch die Drucklegung des Tagungsbandes unterstützt hat. Wir danken Christina Wheeler für das umsichtige Lektorat der englischsprachigen Beiträge und Nadia Wipfli für ihre unermüdliche Hilfe in allen organisatorischen Belangen. Cinzia Marti und Laura Aellig, Alice Fankhauser, Riccardo Legena und Laura Koller haben durch ihr Engagment zum Erfolg der Tagung beigetragen. Michael Cole, Sybille Ebert-Schifferer und Wolf-Dietrich Löhr möchten wir für ihre Moderation danken. Ein Dank ergeht ­zudem an Katja Richter und Anja Weisenseel vom De Gruyter Verlag für die gute Zusammenarbeit.

Farbtafeln

Farbtafeln

Taf. I  Jan und Hubert(?) van Eyck, Genter Altar, 1432, Außenseite, Gent, St. Bavo.

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398 Farbtafeln

Taf. II  Hugo van der Goes, Portinari-­ Altar, Details: Engel der Innenseite und der Außenseite, um 1475, Florenz, Uffizien.

Farbtafeln

Taf. III  Dreux Jehan, Invention et translation du corps de Saint Antoine, Ritter in Anbetung des Heiligen Antonius, ca. 1465–70, Los Angeles, The J. P. Getty Museum, Ms. Ludwig XI 8, fol. 50.

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400 Farbtafeln

Taf. IV  Werkstatt des Évrard d’Espinques, Lancelot-Graal, Arthur entdeckt die Malerei, 1470–75, 49 × 34 cm, Paris, Bibliothèque nationale de France, Ms. français 116, fol. 688v.

Taf. V  Domenico Ghirlandaio, Judith mit ihrer Magd, 1489, Tempera auf Holz, 44,5 × 31,1 cm, Berlin, Gemäldegalerie.

Taf. VI  Sandro Botticelli, Verleumdung des Apelles, um 1494–95, Tempera auf Holz, 62 × 91 cm, Florenz, Uffizien.

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401

402 Farbtafeln

Taf. VII  Andrea Mantegna, Der Einzug des Kultes der Kybele nach Rom, ca. 1505/06, Tempera auf Leinen, 73,5 × 268 cm, London, National Gallery.

Taf. VIII  Andrea Mantegna, Der Einzug des Kultes der Kybele nach Rom (Ausschnitt), ca. 1505/06, London, National Gallery.

Farbtafeln

Taf. IX  Giotto, detail of Iniustitia (Injustice), c. 1305, Padua, Arena Chapel.

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Taf. X  Jean Pucelle, The Betrayal of Christ and The Annunciation, The Hours of Jeanne d’Évreux, fols. 15v–16r, c. 1324–28, New York, The Metropolitan Museum of Art, The Cloisters Collection.

404 Farbtafeln

Farbtafeln

Taf. XI  Tree, 6th century AD, mosaic, Caesarea.

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406 Farbtafeln

Taf. XII  Leonardo da Vinci, Madonna of the Rocks, 1484–84/85, oil on canvas, Paris, Musée du Louvre.

Farbtafeln

Taf. XIII  Giotto, Maestà, c. 1310, tempera on wood, 325 × 204 cm, Florence, Uffizi (detail).

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408 Farbtafeln

Taf. XIV  Detail of Bodhisattva, 8th century, ink and color on silk, Dunhuang, London, British Museum.

Farbtafeln

Taf. XV  Leonardo da Vinci, Halbfigur eines Apostels (Letztes Abendmahl), ca. 1495, Silberstift und braune Feder auf blau grundiertem Papier, 14,6 × 11,3 cm, Wien, Graphische Sammlung der Albertina, Inv. 17614.

Taf. XVI  Leonardo da Vinci, Eichenzweig und Färberginster, ca. 1505/10, Rötel auf hellrot präpariertem Papier, weiß gehöht, 18,8 × 15,4 cm, Windsor Castle, RL 12422r.

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410 Farbtafeln

Taf. XVII  Schwaben, Verkündigung, Dresden, Kupferstich-Kabinett, Inv. C 2094.

Farbtafeln

Taf. XVIII  Niederrhein/Niederlande, Gebet am Ölberg, Basel, Kunstmuseum, Inv. U.XVI 27.

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412 Farbtafeln

Taf. XIX  Lucas Cranach d. Ä., Heiliger Georg, 1507, Holzschnitt mit Goldhöhung, London, British Museum (1895,0122.264).

Farbtafeln

Taf. XX  Madonna im Strahlenkranz, Teigdruck, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (K 7).

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414 Farbtafeln

Taf. XXI  Fra Bartolomeo, Flügel des Pugliese Triptychons, 1498, Florenz, Uffizien.

Farbtafeln

Taf. XXII  Donatello, Madonna in den Wolken, Boston, Museum of Fine Arts.

Taf. XXIII  Jan Mone, Double portrait of Emperor Charles V and his wife Margaret of Austria, Belgium, Gaasbeek, Castle Gaasbeek.

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416 Farbtafeln

Taf. XXIV  Joos Gietleughen d’après Frans Floris, Tête de Dryade, ca. 1555 (?), gravure en couleurs en quatre planches, 34,8 × 24,9 cm, Paris, Bibliothèque nationale de France, RESERVE CC-100 (A)-FOL.

Taf. XXV  Andrea Andreani d’après Domenico Beccafumi, Le Sacrifice d’Abraham, 1586, gravure en couleurs en quatre planches, 75,5 × 170,5 cm, Paris, Bibliothèque nationale de France, RESERVE AA-6 Andreani.

Farbtafeln

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418 Farbtafeln

Taf. XXVI  Veit Stoß, ehemaliges Hochaltarretabel für die Karmeliterkirche in Nürnberg (sogenannter Bamberger Altar), Detail aus dem Mittelschrein, 1520–23, Bamberg, Dom.

Farbtafeln

Taf. XXVII  Tilman Riemenschneider, Adam, um 1494/1505, Nussholz, Höhe (ohne Sockel): 24 cm, Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer.

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420 Farbtafeln

Taf. XXVIII  Prudenzia, Zyklus der Tugenden (Detail), Ende 14. Jahrhundert, Prato, Palazzo Datini.

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Taf. XXIX  Paolo Uccello, Reiterdenkmal des John Hawkwood, 1436, Florenz, S. Maria del Fiore.

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422 Farbtafeln

Taf. XXX  Paolo Uccello, Chiostro Verde, Detail Sintflut, um 1446, Florenz, S. Maria Novella, Ostflügel.

Taf. XXXI  Umkreis des Antoniazzo Romano, Versuchung der Heiligen Francesca Romana, Detail, um 1485, Rom, Kloster Tor de’ Specchi, ehem. Refektorium.

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Taf. XXXII  Baldassarre Peruzzi and Michele del Becca da Imola with Cesare da Sesto and/or Jacopo Ripanda, Fresco scenes from the Salone Riario in the Bishop's Palace of Ostia Antica, c. 1505–10.

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Taf. XXXIII  Baldassarre Peruzzi, Villa Farnesina, east façade with surviving original fragments in terretta, c. 1510.

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Taf. XXXIV  Detail from the Gallery of Maps, Rome, Vatican Palaces.

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426 Farbtafeln

Taf. XXXV  Detail from the Chapel of the Farnese Palace in Caprarola.